Investmentgesetze: Band 3 §§ 214 - 360 KAGB 9783110492217, 9783110490541

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Investmentgesetze: Band 3 §§ 214 - 360 KAGB
 9783110492217, 9783110490541

Table of contents :
Die Bearbeiter der 4. Auflage
Vorwort zur 4. Auflage
Vorwort zur 3. Auflage
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
KAPITEL 2. Publikumsinvestmentvermögen
Abschnitt 3. Offene inländische Publikums-AIF
UNTERABSCHNITT 1. Allgemeine Vorschriften für offene inländische Publikums-AIF
§ 214. Risikomischung, Arten
§ 215. Begrenzung von Leverage durch die Bundesanstalt
§ 216. Bewerter
§ 217. Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung
UNTERABSCHNITT 2. Gemischte Investmentvermögen
§ 218. Gemischte Investmentvermögen
§ 219. Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen
UNTERABSCHNITT 3. Sonstige Investmentvermögen
§ 220. Sonstige Investmentvermögen
§ 221. Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme
§ 222. Mikrofinanzinstitute
§ 223. Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien
§ 224. Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen
UNTERABSCHNITT 4. Dach-Hedgefonds
§ 225. Dach-Hedgefonds
§ 226. Auskunftsrecht der Bundesanstalt
§ 227. Rücknahme
§ 228. Verkaufsprospekt
§ 229. Anlagebedingungen
UNTERABSCHNITT 5. Immobilien-Sondervermögen
§ 230. Immobilien-Sondervermögen
§ 231. Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen
§ 232. Erbbaurechtsbestellung
§ 233. Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko
§ 234. Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften
§ 235. Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften
§ 236. Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer
§ 237. Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen
§ 238. Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften
§ 239. Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung
§ 240. Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften
§ 241. Zahlungen, Überwachung durch die Verwahrstelle
§ 242. Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts
§ 243. Risikomischung
§ 244. Anlaufzeit
§ 245. Treuhandverhältnis
§ 246. Verfügungsbeschränkung
§ 247. Vermögensaufstellung
§ 248. Sonderregeln für die Bewertung
§ 249. Sonderregeln für das Bewertungsverfahren
§ 250. Sonderregeln für den Bewerter
§ 251. Sonderregeln für die Häufigkeit der Bewertung
§ 252. Ertragsverwendung
§ 253. Liquiditätsvorschriften
§ 254. Kreditaufnahme
§ 255. Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen
§ 256. Zusätzliche Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen
§ 257. Aussetzung der Rücknahme
§ 258. Aussetzung nach Kündigung
§ 259. Beschlüsse der Anleger
§ 260. Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen
ABSCHNITT 4. Geschlossene inländische Publikums-AIF
§ 261. Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen
§ 262. Risikomischung
§ 263. Beschränkung von Leverage und Belastung
§ 264. Verfügungsbeschränkung
§ 265. Leerverkäufe
§ 266. Anlagebedingungen
§ 267. Genehmigung der Anlagebedingungen
§ 268. Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen
§ 269. Mindestangaben im Verkaufsprospekt
§ 270. Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen
§ 271. Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter
§ 272. Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung
KAPITEL 3. Inländische Spezial-AIF
ABSCHNITT 1. Allgemeine Vorschriften für inländische Spezial-AIF
§ 273. Anlagebedingungen
§ 274. Begrenzung von Leverage
§ 275. Belastung
§ 276. Leerverkäufe
§ 277. Übertragung von Anteilen oder Aktien
ABSCHNITT 2. Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF
UNTERABSCHNITT 1. Allgemeine Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF
§ 278. Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter
§ 279. Häufigkeit der Bewertung, Offenlegung
§ 280. Master-Feeder-Strukturen
§ 281. Verschmelzung
UNTERABSCHNITT 2. Besondere Vorschriften für allgemeine offene inländische Spezial-AIF
§ 282. Anlageobjekte, Anlagegrenzen
UNTERABSCHNITT 3. Besondere Vorschriften für Hedgefonds
§ 283. Hedgefonds
UNTERABSCHNITT 4. Besondere Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen
§ 284. Anlagebedingungen, Anlagegrenzen
ABSCHNITT 3. Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF
UNTERABSCHNITT 1. Allgemeine Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF
§ 285. Anlageobjekte
§ 286. Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung
UNTERABSCHNITT 2. Besondere Vorschriften für AIF, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten erlangen
§ 287. Geltungsbereich
§ 288. Erlangen von Kontrolle
§ 289. Mitteilungspflichten
§ 290. Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle
§ 291. Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts
§ 292. Zerschlagen von Unternehmen
KAPITEL 4. Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen
ABSCHNITT 1. Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen
UNTERABSCHNITT 1. Allgemeine Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen
§ 293. Allgemeine Vorschriften
§ 294. Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften
§ 295. Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften
§ 296. Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität
UNTERABSCHNITT 2. Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf Privatanleger und für den Vertrieb und den Erwerb von OGAW
§ 297. Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten
§ 298. Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW
§ 299. Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF und ausländische AIF
§ 300. Zusätzliche Informationspflichten bei AIF
§ 301. Sonstige Veröffentlichungspflichten
§ 302. Werbung
§ 303. Maßgebliche Sprachfassung
§ 304. Kostenvorausbelastung
§ 305. Widerrufsrecht
§ 306. Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen
UNTERABSCHNITT 3. Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger
§ 307. Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern und Haftung
§ 308. Sonstige Informationspflichten
ABSCHNITT 2. Vertriebsanzeige und Vertriebsuntersagung für OGAW
UNTERABSCHNITT 1. Anzeigeverfahren beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland
§ 309. Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland
§ 310. Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland
§ 311. Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW
UNTERABSCHNITT 2. Anzeigeverfahren für den Vertrieb von inländischen OGAW in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 312. Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung
§ 313. Veröffentlichungspflichten
ABSCHNITT 3. Anzeige, Einstellung und Untersagung des Vertriebs von AIF
§ 314. Untersagung des Vertriebs
§ 315. Einstellung des Vertriebs von AIF
UNTERABSCHNITT 1. Anzeigeverfahren für den Vertrieb von Publikums-AIF, von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland
§ 316. Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Publikums-AIF im Inland
§ 317. Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger
§ 318. Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger
§ 319. Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger
§ 320. Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland
UNTERABSCHNITT 2. Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger im Inland
§ 321. Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 322. Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 323. Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 324. Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 325. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 326. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 327. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 328. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 329. Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von von ihr verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 330. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ihr verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland
§ 330a. Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllen, beim beabsichtigten Vertrieb von AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland
UNTERABSCHNITT 3. Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 331. Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum; Verordnungsermächtigung
§ 332. Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 333. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 334. Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von ausländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 335. Bescheinigung der Bundesanstalt
UNTERABSCHNITT 4. Verweis und Ersuchen für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger
§ 336. Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010
KAPITEL 5. Europäische Risikokapitalfonds
§ 337. Europäische Risikokapitalfonds
KAPITEL 6. Europäische Fonds für soziales Unternehmertum
§ 338. Europäische Fonds für soziales Unternehmertum
KAPITEL 7. Europäische langfristige Investmentfonds
§ 338a. Europäische langfristige Investmentfonds
§ 338b. Geldmarktfonds
KAPITEL 8. Straf-, Bußgeld- und Übergangsvorschriften
ABSCHNITT 1. Straf- und Bußgeldvorschriften
§ 339. Strafvorschriften
§ 340. Bußgeldvorschriften
§ 341. Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen
§ 341a. Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbar gewordenen Bußgeldentscheidungen
§ 342. Beschwerdeverfahren
ABSCHNITT 2. Übergangsvorschriften
UNTERABSCHNITT 1. Allgemeine Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften
Vorbemerkung vor §§ 343–360
§ 343. Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften
§ 344. Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften und für andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
§ 344a. Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz
UNTERABSCHNITT 2. Besondere Übergangsvorschriften für offene AIF und für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten
§ 345. Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren
§ 346. Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen
§ 347. Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen
§ 348. Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen und Gemischte Investmentaktiengesellschaften
§ 349. Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen und Sonstige Investmentaktiengesellschaften
§ 350. Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF
§ 351. Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die nicht bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren
§ 352. Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes
UNTERABSCHNITT 3. Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF
§ 352a. Definition von geschlossenen AIF im Sinne von § 353
§ 353. Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF
§ 353a. Übergangsvorschriften zu den §§ 261, 262 und 263
§ 353b. Übergangsvorschriften zu § 285 Absatz 3
§ 354. Übergangsvorschrift zu § 342 Absatz 3
UNTERABSCHNITT 4. Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW
§ 355. Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW
§ 356. Übergangsvorschriften zum Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
§ 357. Übergangsvorschriften zu § 100a
§ 358. Übergangsvorschriften zu § 95 Absatz 1 und § 97 Absatz 1
§ 359. Übergangsvorschrift zu § 26 Absatz 7 Satz 3, § 82 Absatz 6 Satz 2 und § 85 Absatz 5 Satz 4
§ 360. Übergangsvorschrift zum Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen
Sachregister

Citation preview

Großkommentare der Praxis

I

II

Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme

Investmentgesetze Großkommentar 4., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Dr. Jürgen Baur Rechtsanwalt in Köln, Prof. Dr. Falko Tappen Steuerberater, Hochschule Worms – University of Applied Sciences, Elnaz Mehrkhah Rechtsanwältin in Frankfurt am Main und Dr. Caspar Behme Universität Heidelberg/LMU München

Dritter Band §§ 214–360 KAGB Bearbeiter: §§ 214–217: Christoph Schmid §§ 218–224: Damir Barac §§ 225, 283, 284: Marco Zingler §§ 226–229: Martin Zackor/Katja Simone Wülfert §§ 230–232: Christopher Winter §§ 233–235: Nina-Luisa Siedler §§ 236–260: Stephan Reiss §§ 261–267, 285–288: Sebastian Hartrott §§ 268–270: Nico Dorenkamp §§ 271–272: Jens Grimm/Peter Lenz §§ 273–277, 280–282: Andrea München §§ 278, 279: Tilman Schultheiß §§ 289–292, 314–320: Caspar Behme §§ 293–308: Frank Zingel/Robert Oppenheim §§ 309–313: Robert Oppenheim/Ulf Klebeck

III

§§ 321, 323: Karin Lichtenstein §§ 322, 324, 329: Katrin Ebel §§ 325–328, 330–330a: Anna Lucia Izzo-Wagner/ Volker Baas §§ 331–336: Sebastian Tusch §§ 337, 338: Thomas Jesch § 338a: Anna Lucia Izzo-Wagner/Lea Maria Siering/ Till Otto § 338b: Lea Maria Siering/Juliane Fitzke §§ 339–341: Tom Herberger § 344: Finn Gerlach/Tom Herberger §§ 341a–343, 344a, 345, 347–356, 358–360: Finn Gerlach § 346: Petra Reinholz § 357: Peter Schäfer/Finn Gerlach

Stand der Bearbeitung: 21.7.2019

Zitiervorschlag: z.B.: Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Behme § 317 KAGB Rn. 17.

Sachregister: Christian Klie

ISBN 978-3-11-049054-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-049221-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-049078-7 Library of Congress Control Number: 2019930495 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen www.degruyter.com

IV

Die Bearbeiter der 4. Auflage

Die Bearbeiter der 4. Auflage Die Bearbeiter der 4. Auflage Die Bearbeiter der 4. Auflage https://doi.org/10.1515/9783110492217-202

Marc von Ammon, LL.M., Rechtsanwalt/Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln Prof. Dr. Heribert M. Anzinger, Universität Ulm Dr. Volker Baas, Rechtsanwalt, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main Damir Barac, Wirtschaftsprüfer, GAR Gesellschaft für Aufsichtsrecht und Revision mbH WPG, Frankfurt am Main Dr. Jürgen Baur, Rechtsanwalt, AACHENER GRUNDVERMÖGEN Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Köln Dr. Caspar Behme, Universität Heidelberg/LMU München Dr. Florian Bentele, Rechtsanwalt, Eschborn/Syndikusrechtsanwalt bei Allianz Global Investors GmbH, Frankfurt am Main Bastian Bubel, Rechtsanwalt, Lampertheim Lidija Delčev, Diplom-Ökonomin, Ernst & Young GmbH, Eschborn Manfred Dietrich, Rechtsanwalt, Norton Rose Fulbright Luxembourg SCS, Luxembourg Nico Dorenkamp, Rechtsanwalt/Steuerberater, Vistra GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München René Dubois, Rechtsanwalt, Dentons Europe LLP, München Katrin Ebel, Volljuristin, Hannover David Eckner, LL.M. (KCL), Universität Düsseldorf Dr. Björn Enders, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater/Diplom-Finanzwirt (FH)/ Licencié en Droit (Paris II), DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Anne Engelhardt, Kaiserslautern Liliane Feller, Rechtsanwältin, München Marc Fellner, Rechtsanwalt/Steuerberater, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Andreas Fiand, Diplom Finanzwirt, Oberfinanzdirektion Karlsruhe Juliane Fitzke, Rechtsanwältin, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Berlin Dr. Burkhard Führmeyer, Rechtsanwalt, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Thomas Geese, Steuerberater, Société Générale Securities Services GmbH, Unterföhring Finn Gerlach, Rechtsanwalt, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Berlin Dr. Matthias Geurts, Rechtsanwalt, Noerr LLP, Frankfurt am Main Dr. Harald Glander, LL.M., Rechtsanwalt, Simmons & Simmons LLP, Frankfurt am Main Lissie Goldbach, Rechtsanwältin, Baker McKenzie LLP, Luxembourg Jens Grimm, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, München Tim Hackemann, Rechtsanwalt/Steuerberater, Ernst & Young GmbH, Eschborn Alexander Hagen, Rechtsanwalt/Steuerberater, Clifford Chance Deutschland LLP, Frankfurt am Main Dr. Mathias Hanten, M.B.L., Rechtsanwalt, Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main Sebastian Hartrott, Rechtsanwalt, HANNOVER LEASING GmbH & Co. KG, Pullach Dr. Carlo Heck, Rechtsanwalt, Lapithus Management S.à.r.l., Luxembourg Martin Heinsius, Rechtsanwalt/Steuerberater, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Tom Herberger, Referent im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Berlin Frank Herring, Rechtsanwalt, Allen & Overy LLP, Frankfurt am Main Dr. Florian Herrmann, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Langwieser Rechtsanwälte Partnerschaft, München, Berlin Nadine Hesser, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Arbeitsrecht, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Timo Hillebrand, Diplom Wirtschaftsjurist (FH), Ernst & Young GmbH, Eschborn Prof. Dr. Fabian Hinrichs, Rechtsanwalt, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Dr. Daniel Hoffmann, Bundesverband Deutscher Banken e.V., Berlin Martin Hüwel, Rechtsanwalt, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main Dr. Anna Lucia Izzo-Wagner, LL.M. Eur., Rechtsanwältin, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main Christof Gerhard Jenett, Rechtsanwalt/Steuerberater, Ernst & Young GmbH, Eschborn Dr. Thomas A. Jesch, Bundesverband Institutioneller Investoren e.V., Frankfurt am Main

V https://doi.org/10.1515/9783110492217-202

Hinweis: Intern: neu für Bd. 01, 02, 03

Die Bearbeiter der 4. Auflage

Dirk Jessen, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, Mazars GmbH & Co. KG, Hamburg Dr. Matthias Josek, DWS Investment GmbH, Frankfurt am Main Valeska Karcher, LL.M., Rechtsanwältin, Allen & Overy LLP, Frankfurt am Main Dr. Bert Kimpel, Rechtsanwalt/Steuerberater/Fachanwalt für Steuerrecht, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main Dr. Jens Kirchner, Rechtsanwalt, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main Dr. Ulf Klebeck, Rechtsanwalt Christian Klein, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, VISTRA Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfung, Köln Dr. Fabian Klein, Rechtsanwalt, Ashurst LLP, Frankfurt am Main Dr. Florian Kloster, Assistenzprofessor am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Internationales und Liechtensteinisches Steuerrecht, Universität Liechtenstein, Vaduz Nils König, Steuerberater, Rechtsanwalt, Peine Dr. Stefan Königer, Steuerberater, Ernst & Young GmbH, Stuttgart Dr. Jan Könnecke, Rechtsanwalt, Könnecke Naujok, Frankfurt am Main Jannes Kracke, Rechtsanwalt, HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH, Hamburg Lukas Krönke, Rechtsanwalt, Langwieser Rechtsanwälte, München Andreas B. Lammel, Rechtsanwalt, Kas Bank, Frankfurt am Main Dr. Florian Leclerc, Verwaltungsgericht Sigmaringen Peter Lenz, Wirtschaftsprüfer, VISTRA Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfung, Köln Karin Lichtenstein, Rechtsanwältin, Schiffdorf Norman Mayr, LL.M., Rechtsanwalt, P+P Pöllath + Partners, Frankfurt am Main Elnaz Mehrkhah, Rechtsanwältin, Frankfurt am Main Horst Mertes, Rechtanwalt, Steuerberater, Frankfurt am Main Jens Moericke, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Dr. Sascha Morgenroth, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Simmons & Simmons LLP, Frankfurt am Main Nic Müller, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, KPMG Luxembourg, Société coopérative Andrea München, LL.M., Rechtsanwältin/Avocat à la Cour, CMS Hasche Sigle, Frankfurt am Main/ Luxembourg Dr. Markus München, LL.M., Rechtsanwalt/Steuerberater, Allen & Overy LLP, München Jürgen Nagler, Rechtsanwalt/Steuerberater, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main Dr. Robert Oppenheim, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, lindenpartners, Berlin Till Otto, Rechtsanwalt, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main Andreas Patzner, Rechtsanwalt/Steuerberater, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main Petra Reinholz, Rechtsanwältin, Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin Stephan Reiss, Rechtsanwalt, Ernst & Young Law GmbH, Frankfurt am Main Dr. Maximilian von Rom, Rechtsanwalt, Gleiss Lutz, Frankfurt am Main Dr. Peter Schäfer, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, Fachkanzlei Schäfer, Commerzbank AG, Hanau/Frankfurt am Main Christian Schinzl, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, Frankfurt am Main Christoph Schmid, Rechtsanwalt, Würzburg Ingolf Schneider-Deters, Rechtsanwalt/ Steuerberater, Nuveen Real Estate, Frankfurt am Main Leif Schubert, Mag. rer. publ., Rechtsanwalt, Allen & Overy LLP, Frankfurt am Main Dr. Tilman Schultheiß, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner, Dresden/Frankfurt am Main Dr. Oliver von Schweinitz, Rechtsanwalt/Steuerberater/Fachanwalt für Steuerrecht/Attorney-at-Law (New York), LPA-GGV Partnerschaftsgesellschaft, Frankfurt am Main Dr. Nina-Luisa Siedler, Rechtsanwältin, DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin Sabrina Siemko, Rechtsanwältin, Darmstadt Dr. Lea Maria Siering, Rechtsanwältin, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, Berlin Peggy Steffen, Rechtsanwältin, Frankfurt am Main Prof. Dr. Falko Tappen, Steuerberater, Hochschule Worms-University of Applied Sciences Dr. Sebastian Taschke, Rechtsanwalt, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main

VI

Die Bearbeiter der 4. Auflage

Marcel Tschatsch, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfergesellschaft, München Sebastian Tusch, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Ani Valcheva, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Dr. Christopher Virreira Winter, Rechtsanwalt, Dalli Group, Stolberg Daniel Wahn, Richter am Landgericht in Bad Kreuznach Simon Weber, Rechtsanwalt, Berlin Frank Wiese, Rechtsanwalt, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main Christopher Winter, Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg Katja Simone Wülfert, Rechtsanwältin, Société Générale Securities Services GmbH, Unterföhring Martin Zackor, Rechtsanwalt, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main Heinz Zimmermann, Rechtsanwalt/Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, DLA Piper UK LLP of Counsel, Köln Dr. Frank Zingel, Rechtsanwalt, lindenpartners, Berlin Marco Zingler, Rechtsanwalt/Dipl.-Finanzwirt (FH), Allen & Overy LLP, Frankfurt am Main

VII

Die Bearbeiter der 4. Auflage

VIII

Vorwort zur 4. Auflage

Vorwort zur 4. Auflage Vorwort zur 4. Auflage Vorwort zur 4. Auflage https://doi.org/10.1515/9783110492217-203 Im wissenschaftlichen Schrifttum zum Investmentrecht nimmt der vorliegende Kommentar eine Sonderstellung ein: Seine Wurzeln reichen bis in die 1970er Jahre zurück; als am 22. Juli 2013 das KAGB in Kraft trat, war er der erste Großkommentar zu dem neuen Gesetz. Sechs Jahre später steht er neben einer Hand voll anderer Kommentare; seine einzigartige, den wissenschaftlichen Diskurs und die praktische Rechtsanwendung gleichermaßen prägende Stellung ist freilich unangefochten. Damit dies so bleibt, war eine Neuauflage erforderlich. Wie kaum ein anderes Rechtsgebiet steht das Investmentrecht im Zentrum eines in erster Linie durch europäische Entwicklungen entfachten Regulierungs-Tsunamis. Innerhalb von fünf Jahren sind mehr als 20 Gesetze in Kraft getreten, die sich in teils größerem, teils geringerem Umfang auf die Regelungen des KAGB ausgewirkt haben. Die vorliegende Auflage ist auf dem Stand 1.8.2019, berücksichtigt also noch die Änderungen, die sich aufgrund des Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1002) ergeben haben, das am 21.7.2019 in Kraft getreten ist. Neuauflagen eines Großkommentars, an dem eine Vielzahl von Beteiligten mitwirkt, bringen es mit sich, dass sich Änderungen im Bearbeiterkreis ergeben. Von Herausgeberseite wird der Kommentar ab der vierten Auflage von Elnaz Mehrkhah und Dr. Caspar Behme neu begleitet, da die anspruchsvolle Aufgabe der inhaltlichen und persönlichen Betreuung eines so großen Autorenkreises durch zwei Herausgeber nicht länger zu bewältigen war. Elnaz Mehrkhah hat sich bereits um die dritte Auflage sehr verdient gemacht, weshalb ihre Aufnahme in den Herausgeberkreis schon im Vorwort zur Vorauflage angekündigt worden war. Dr. Caspar Behme, der schon in der Vorauflage die §§ 289 bis 292 sowie die §§ 314 bis 320 KAGB bearbeitet hat, gehört zu den wenigen Rechtswissenschaftlern in Deutschland, die sich von universitärer Seite mit dem Kapitalanlagerecht befassen, und wird den Kommentar auch in den kommenden Auflagen wissenschaftlich betreuen. Auch im Autorenkreis haben sich einige Änderungen ergeben. Die Herausgeber bedanken und verabschieden sich zugleich von den Autoren, die ausgeschieden sind, und begrüßen besonders herzlich jene Autoren, die den Bearbeiterkreis ab dieser Auflage ergänzen und bereichern. Dank schulden die Herausgeber in erster Linie den Autoren, die – teils unter erheblichem Zeitdruck – ihre Bearbeitungen aktualisiert und inhaltlich gegenüber der Vorauflage erweitert haben. Die formale Überarbeitung des gesamten Manuskripts wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Mitarbeit von Frau Stefanie Heindl, Frau Carolin von Hagen und Herrn Felix Thießen. Der Dank der Herausgeber gilt schließlich dem Verlag, namentlich Frau Claudia Loehr und Herrn Christian Klinkert, für ihre umsichtige Begleitung des Publikationsprozesses und ihre Geduld. Im Interesse größerer Benutzerfreundlichkeit haben sich Herausgeber und Verlag entschlossen, das Werk in nunmehr fünf statt bislang drei Bänden vorzulegen. Die ersten drei Bände enthalten die Kommentierung des KAGB. Band 4 und 5, die etwas später erscheinen werden, behandeln das Investmentsteuerrecht und die Investmentgesetzgebung in Luxemburg. Frankfurt a.M., Köln und Heidelberg im September 2019 Dr. Jürgen Baur/Prof. Dr. Falko Tappen/Elnaz Mehrkhah/Dr. Caspar Behme

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Hinweis: Intern: neu in Bd. 01, 02, 03

Vorwort zur 3. Auflage

Vorwort zur 3. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Die 3. Auflage des Kommentars Investmentgesetze erscheint 18 Jahre nach der 2. Auflage. 1996 war maßgebende Rechtsgrundlage für das Investmentsparen in Deutschland sowohl in zivilrechtlicher, aufsichtsrechtlicher als auch in steuerrechtlicher Hinsicht das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG). Den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile und die steuerliche Behandlung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen regelte das Auslandinvestment-Gesetz (AuslInvestmG). Zur Fortentwicklung der Fondsidee und zugleich zur Förderung des Investmentstandortes Deutschland trugen die verschiedenen Finanzmarkförderungsgesetze von 1990, 1994 (2. FMFG), 1998 (3. FMFG) und 2002 (4. FMFG) bei. Eine Zäsur und zugleich eine strukturelle Anpassung an die europarechtlichen Entwicklungen in den OGAW-/UCITS-Richtlinien brachte 2003 das Investmentmodernisierungsgesetz. Dieses Gesetz hat das KAGG und das AuslInvestmG aufgehoben und durch das Investmentgesetz (InvG), in das die Organisations-, Aufsichts- und Vertriebsvorschriften, und durch das Investmentsteuergesetz (InvStG), in das die steuerrechtlichen Vorschriften beider Gesetze übernommen wurden, ersetzt. Die Fortentwicklung des europäischen Investmentrechts, aber auch die Notwendigkeit eines modernen und leistungsfähigen Regulierungs- und Aufsichtsrahmens zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Fondsbranche, erforderten weitere Anpassungen des InvG durch das Investmentänderungsgesetz (InvÄndG) von 2007. Durch dieses Gesetz ist die Kreditinstitutseigenschaft von Kapitalanlagegesellschaften entfallen. Die Genehmigungspraxis der Aufsichtsbehörde wurde weiter vereinfacht und im Spezialfondsbereich wurden institutionelle Investoren von Regelungen entlastet, die dem Schutz von Privatanlegern dienen. Weitere Änderungen brachte die Umsetzung der EUOGAW IV-Richtlinie in deutsches Recht und 2011 das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz mit seinen Neuregelungen für Immobilien-Sondervermögen. Mit der OGAW IV-Richtlinie wurde der EU-Pass für Fondsgesellschaften geschaffen. Eine in Vorbereitung befindliche OGAW V-Richtlinie enthält vor allem Schutzvorschriften für die Anleger. Von größerer Bedeutung als die OGAW-Richtlinien ist für die Investmentbranche die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie). Die AIF-Manager benötigen zukünftig eine europaweit geltende Erlaubnis für das Fondsmanagement. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinie zum Anlass genommen, zugleich den grauen Kapitalmarkt umfassend zu regulieren. Hierzu hatte es bereits 1977 erste Ansätze mit einem nicht realisierten Entwurf eines Gesetzes über den Vertrieb von Anteilen an Vermögensanlagen gegeben (BR-Drucks. 407/77). Die Umsetzung der AIFMRichtlinie erfolgte in dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das seit dem 22.7.2013 in Kraft ist, und durch das zugleich das InvG aufgehoben wurde. Durch das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarkts vom 18.7.2014, auch Reparaturgesetz genannt, ist ergänzend neben redaktionellen Anpassungen eine Abgrenzung offener und geschlossener Investmentvermögen nach den EU-Vorgaben erfolgt. Das KAGB bleibt zu einem Teil in der Systematik des InvG und ergänzt es durch ein geschlossenes Regelwerk für alle Fondsmanager und alle Typen von Investmentfonds einschließlich der bisher nicht regulierten Fonds, wie z.B. Private Equity-Fonds oder geschlossene Immobilienfonds. Mit dem KAGB werden neue Begriffe eingeführt. So tritt an die Stelle des Begriffs der Kapitalanlagegesellschaft (KAG) der Begriff der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG). Diese unterscheidet sich nach Art des verwalteten Investmentvermögens in OGAW-KVG und AIF-KVG. Der Begriff der Depotbank wird durch den der Verwahrstelle ersetzt. Zu erwähnen ist weiterhin, dass das KAGB gleichzeitig aufgrund europarechtlicher Vorgaben zum sog. rein materiellen Fondsbegriff zurückkehrt, wonach grundsätzlich jede verX

Vorwort zur 3. Auflage

tragliche und gesellschaftsrechtliche Struktur erfasst sein kann, sofern ein Investmentvermögen gegeben ist. Unter den Begriff des Investmentvermögens fällt jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, wenn er von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger zu investieren, und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Fonds, die den materiellen Anforderungen des KAGB nicht genügen, stellen unerlaubtes Investmentgeschäft dar. Mit der Einführung der AIF ergab sich ebenfalls die Notwendigkeit, die steuerrechtlichen Vorschriften des InvStG zu ändern. Dies geschah durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) vom 18.12.2013. Unter das InvStG in der geänderten Fassung fallen neben offenen Fonds nunmehr auch alle geschlossenen Fonds. Halten OGAW und offene AIF die vorgegebenen Anlagebestimmungen ein, werden sie als Investmentfonds bezeichnet. Es gelten für die Anleger wie bisher günstige Steuerregelungen. Soweit dies nicht der Fall ist, greifen die neuen Konzepte der Investitionspersonen- bzw. Investitionskapitalgesellschaft. Es ist zu befürchten, dass es gerade die Investitionskapitalgesellschaften sind, die zu steuerlichen Überraschungen bei Investoren führen werden, da unter Umständen weder Teileinkünfteverfahren noch Freistellungsverfahren Anwendung finden können. Auch die Anwendbarkeit des Außensteuergesetzes wirft interessante neue Fragestellungen auf. Die große Zahl von Gesetzesänderungen seit Erscheinen der 2. Auflage und zuletzt das KAGB und das InvStG in der Fassung des AIFM-StAnpG machten eine grundlegende Neuauflage des Kommentars unumgänglich. Die Kommentierung beschränkt sich wesentlich auf die vorgenannten Gesetze und in einem separaten Band, der als Nachzügler erscheint, die Investmentgesetzgebung in Luxemburg. Der Verfasser der beiden ersten Auflagen sah sich nicht mehr in der Lage, alleine die Kommentierung auf den neuesten Stand zu bringen und zu verantworten, auch wenn er schon in den Vorauflagen von Fachleuten aus der Investmentpraxis unterstützt worden ist und zusätzlich eigene Erfahrungen als Geschäftsführer einer Wertpapier-KAG und später einer Immobilien-KAG einbringen konnte. Auf Initiative des Verlags wurden über längere Zeit Kontakte zu jüngeren Fachautoren geknüpft. Als erfolgreich erwies sich der Kontakt zu Herrn Professor Dr. Falko Tappen, der als Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater zunächst bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Frankfurt, und dann bei DLA Piper UK LLP, Frankfurt, tätig war. Gegenwärtig berät Professor Dr. Tappen neben seiner Hochschultätigkeit an der Fachhochschule Worms im Rahmen der von ihm gegründeten Kanzlei TCS Treuhand Steuerberatungsgesellschaft mbH. Sowohl der Verfasser der Vorauflagen als auch Herr Rechtsanwalt Professor Dr. Tappen beschlossen, die Neuauflage als Herausgeber zu begleiten. Die wesentliche Arbeit lag bei Herrn Rechtsanwalt Professor Dr. Tappen, der den Kreis der Autorinnen und Autoren aussuchte und mit ihnen nicht nur die vorbereitenden Gespräche führte, sondern auch deren Kommentierungen begleitete und über die gesamte Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung stand. Als besonderer Glücksfall erwies sich Frau Elnaz Mehrkhah, Doktorandin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin/Trainee Lawyer bei DLA Piper UK LLP, die den Kontakt zu allen Autorinnen und Autoren und den verantwortlichen Redakteuren beim Verlag hielt, die Manuskripte einforderte und überprüfte und durch ihren unermüdlichen Einsatz entscheidend zum Gelingen dieses Werkes beitrug. In ihren Händen lag in Kooperation mit dem Verlag auch die erfolgreiche Durchführung einer Autorenkonferenz am 12.6.2013 in Frankfurt am Main. Ihr gebührt mithin unser ganz besonderer Dank für ihre hervorragende fachkompetente Unterstützung und ihr persönliches Engagement bei allen fachlichen und administrativen Belangen. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns sehr – nach Rücksprache und mit Zustimmung der Verantwortlichen beim De Gruyter Verlag – bereits jetzt ankündigen zu XI

Vorwort zur 3. Auflage

können, Frau Elnaz Mehrkhah ab der nächsten Auflage als Herausgeber für unser Werk gewonnen zu haben und sie im Herausgeber-Team begrüßen zu dürfen. Weiterhin gilt der besondere Dank der Herausgeber allen, die bei der Fertigstellung der 3. Auflage tatkräftig mitgewirkt haben, zunächst dem Verlag Walter de Gruyter, insbesondere Herrn Eike Böttcher, und in seiner Nachfolge, Frau Dominique Tank. Die Herausgeber danken selbstverständlich den Autorinnen und Autoren, die uns teils im Team, teils alleine ihre Expertise in der Kommentierung zur Verfügung gestellt haben, und auch dafür, dass sie in der Vorbereitungszeit nicht den Mut verloren haben, trotz wiederholter Gesetzesänderungen mit großer Geduld und großem Verständnis und neben der täglichen Arbeitsbelastung an diesem umfangreichen Werk mitzuarbeiten. Wir hoffen aber, dass die Mühe sich gelohnt hat und freuen uns auf Anregungen, Hinweise und konstruktive Kritik aus der Leserschaft. Köln und Frankfurt am Main, Oktober 2014 Rechtsanwalt Dr. Jürgen Baur Rechtsanwalt, Steuerberater Professor Dr. Falko Tappen

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Vorwort zur 2. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage Vorwort zur 2. Auflage Vorwort zur 2. Auflage Seit Erscheinen der 1. Auflage sind 26 Jahre vergangen. Die Anlage in Investmentfonds erfreut sich allgemeinen Interesses. Dieses weltweite Phänomen beschränkt sich nicht auf die Industrienationen, sondern hat auch die jungen Märkte („emerging markets“) erfaßt. Privatpersonen (über Publikumsfonds), Institutionen und Unternehmen (insbes. über Spezialfonds) bedienen sich in gleicher Weise der vielfältigen Anlagemöglichkeiten und Verwaltungsvorteile der Investmentanlage. Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), die maßgebende Rechtsgrundlage für die Investmentfonds in Deutschland, und das Auslandinvestment-Gesetz (AuslInvestmG), das den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile und die steuerliche Behandlung ausländischer Investmenterträge regelt, sind mehrfach geändert worden. Wesentliche Änderungen ergaben sich aus der Körperschaftsteuerreform 1976, dem (1.) Finanzmarktförderungsgesetz von 1990 mit der Anpassung an die OGAW-Richtlinie (Richtlinie 85/611/EWG), den Vertriebserleichterungen für EG-Investmentanteile, dem Zugang zu den Derivaten und der Deregulierung für Spezialfonds, dem Zinsabschlaggesetz von 1992, dem Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz von 1993 mit der Einführung der Besteuerung des Zwischengewinns und dem 2. Finanzmarktförderungsgesetz von 1994 mit Erweiterungen der Anlagemöglichkeiten im derivativen Geschäft, der Zulassung von Geldmarktfonds und der Einbeziehung ausländischer Geldmarktfonds in das AuslInvestmG. Durch das Zweite Vermögensbeteiligungsgesetz von 1986 ist das KAGG um Vorschriften für Beteiligungs-Sondervermögen erweitert worden, deren praktische Anwendung jedoch noch aussteht. Die Vielzahl von Gesetzesänderungen erforderte eine umfassende Revision des Kommentars. Um den Umgang mit den Erläuterungen zu erleichtern, wurde ein Randnummernsystem eingeführt. Dem Kommentar ist vorangestellt eine allgemeine Einleitung, die in Teil I Begriffe des Investmentsparens erläutert, in Teil II einen Überblick über die Europäischen Harmonisierungsbestrebungen gibt und in Teil III Grundinformationen zur Situation der Investmentfonds (UCITS/Mutual Funds) in den Mitgliedstaaten der EG/Vertragsstaaten des EWR sowie in der Schweiz, in Japan und in den USA vermittelt. Die Neufassung des Kommentars ist das Ergebnis einer Vielzahl von Gesprächen mit der Aufsichtsbehörde, mit Fachkollegen und Wirtschaftsprüfern. Die bis Ende 1995 veröffentlichten Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen und der Finanzverwaltung sowie die wesentliche Literatur sind berücksichtigt. Ich nehme die Gelegenheit wahr, allen, die mich bei der mehrjährigen Vorbereitung mit ihren Anregungen unterstützt haben, zu danken. Stellvertretend gilt ein besonderer Dank meiner Sekretärin, Frau Mittné, die sich mit großer Sorgfalt und Geduld meinem wiederholt geänderten Manuskript angenommen und die Reinschrift gefertigt hat. Mein Dank gilt auch dem Verlag Walter de Gruyter für die verlegerische Betreuung und die Bereitschaft, die bereits gesetzten Texte entsprechend den Gesetzesänderungen zu aktualisieren. Köln, im Februar 1996

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Jürgen Baur

Vorwort zur 1. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage Vorwort zur 1. Auflage Vorwort zur 1. Auflage Seit 1957 der Gesetzgeber dem Investmentsparen mit dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) eine eigene Ordnung gegeben hat, ist es dieser Anlageform gelungen, sich in der Bundesrepublik einen festen Platz neben dem Kontensparen und dem klassischen Wertpapiersparen zu erringen. Der rechtliche Rahmen des KAGG hat sich bewährt. Anlässe zu höchstrichterlicher Rechtsprechung wurden nicht gegeben. Um so größer ist die Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen, die sich mit dieser Fundgrube rechtstheoretischer Erörterungen befassen. Auch in der Praxis entstanden Probleme, wenn es galt, den gesetzlichen Rahmen in der bestmöglichen Weise zu nutzen. Da der 1957 erschienene Kommentar von Tormann und Siara und auch die Erläuterungen von Dürre, Full und Beyer-Fehling naturgemäß der Entwicklung nicht vorausgreifen konnten, erschien mir die Novellierung des KAGG anläßlich der Verabschiedung des Auslandsinvestmentgesetzes ein guter Anlaß, in einer neuen Kommentierung die Erkenntnisse der Jahre seit 1957 zu verarbeiten. Hierbei habe ich versucht, vor allem dem Standpunkt der Praxis Rechnung zu tragen, der ich auf Grund meiner jetzigen Tätigkeit und meiner früheren Mitarbeit im Bundesverband deutscher Banken besonders nahe stehe. Eine juristisch reizvolle Aufgabe war es für mich, gleichzeitig das Auslandsinvestmentgesetz zu erläutern. Dieses Gesetz besitzt viele Berührungspunkte mit dem KAGG. Andererseits wird erstmals versucht, durch die Regelung des Vertriebs ausländischer Investmentanteile eine äußerst vielgestaltige Rechtsmaterie in einem Teilbereich in den Griff zu bekommen. Wenn sich dabei Lücken und mehrdeutige Begriffe im Gesetz nicht vermeiden ließen, so habe ich mich bemüht, praktische Lösungen anzustreben. Sollte deren Richtigkeit bezweifelt werden, so bin ich gerne bereit, meine Ergebnisse zu überdenken und will mich auch einer besseren Erkenntnis nicht verschließen. Daher bin ich für jede Anregung dankbar, die mir aus dem Kreise meiner Leser zugetragen wird. Abschließend darf ich noch ein Wort des Dankes sagen an alle, die zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen haben. Besonders verbunden bin ich für Hinweise und Vorschläge Frau Rechtsanwältin Friedel Bodenstein, Justitiarin der Commerzbank AG, Herrn Rechtsanwalt Dr. Dieter Holzheimer, Geschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Herrn Assessor Heinz Jacobs, vormals Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Investmentgesellschaften, jetzt Geschäftsführer des Bundesverbandes Investmentvertrieb Deutschland, Herrn Heinrich Stein, Abteilungsdirektor der Deutsche Bank AG, Herrn Dr. Ernst C. Stiefel, Attorney and Counsellor at Law (New York) und Rechtsanwalt (Düsseldorf), und Herrn ORR a.D. Hans Ziganke, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Köln und Frankfurt am Main, Februar 1970

Jürgen Baur

XIV

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis | XXV Literaturverzeichnis | XXXIX Unterabschnittsüberschriften nur hier im InhVZ!!

Kapitalanlagegesetzbuch Kapitel 2 Publikumsinvestmentvermögen Abschnitt 3 Offene inländische Publikums-AIF Unterabschnitt 1 Allgemeine Vorschriften für offene inländische Publikums-AIF § 214 Risikomischung, Arten | 1 § 215 Begrenzung von Leverage durch die Bundesanstalt | 5 § 216 Bewerter | 10 § 217 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung | 18 Unterabschnitt 2 Gemischte Investmentvermögen § 218 Gemischte Investmentvermögen | 20 § 219 
 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen | 22 Unterabschnitt 3 Sonstige Investmentvermögen § 220 Sonstige Investmentvermögen | 58 § 221 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme | 59 § 222 Mikrofinanzinstitute | 93 § 223 Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien | 100 § 224 Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen | 102 Unterabschnitt 4 Dach-Hedgefonds § 225 Dach-Hedgefonds | 104 § 226 Auskunftsrecht der Bundesanstalt | 117 § 227 Rücknahme | 119 § 228 Verkaufsprospekt | 121 § 229 Anlagebedingungen | 125 Unterabschnitt 5 Immobilien-Sondervermögen § 230 Immobilien-Sondervermögen | 127 § 231 Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen | 134 § 232 Erbbaurechtsbestellung | 148 § 233 Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko | 154 XV

Inhaltsverzeichnis

§ 234 § 235 § 236 § 237 § 238 § 239 § 240 § 241 § 242 § 243 § 244 § 245 § 246 § 247 § 248 § 249 § 250 § 251 § 252 § 253 § 254 § 255 § 256 § 257 § 258 § 259 § 260

Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften | 163 Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften | 184 Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer | 193 Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen | 195 Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an ImmobilienGesellschaften | 198 Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung | 200 Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften | 206 Zahlungen, Überwachung durch die Verwahrstelle | 211 Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts | 213 Risikomischung | 214 Anlaufzeit | 216 Treuhandverhältnis | 218 Verfügungsbeschränkung | 219 Vermögensaufstellung | 223 Sonderregeln für die Bewertung | 231 Sonderregeln für das Bewertungsverfahren | 238 Sonderregeln für den Bewerter | 241 Sonderregeln für die Häufigkeit der Bewertung | 243 Ertragsverwendung | 245 Liquiditätsvorschriften | 249 Kreditaufnahme | 258 Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen | 264 Zusätzliche Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen | 271 Aussetzung der Rücknahme | 274 Aussetzung nach Kündigung | 283 Beschlüsse der Anleger | 288 Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen | 291

Abschnitt 4 Geschlossene inländische Publikums-AIF § 261 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen | 302 § 262 Risikomischung | 317 § 263 Beschränkung von Leverage und Belastung | 322 § 264 Verfügungsbeschränkung | 327 § 265 Leerverkäufe | 330 § 266 Anlagebedingungen | 332 § 267 Genehmigung der Anlagebedingungen | 340 § 268 Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen | 347 § 269 Mindestangaben im Verkaufsprospekt | 367 § 270 Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen | 402 § 271 Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter | 423 § 272 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung | 429

XVI

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 3 Inländische Spezial-AIF Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften für inländische Spezial-AIF § 273 Anlagebedingungen | 432 § 274 Begrenzung von Leverage | 433 § 275 Belastung | 434 § 276 Leerverkäufe | 436 § 277 Übertragung von Anteilen oder Aktien | 438 Abschnitt 2 Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF Unterabschnitt 1 Allgemeine Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF § 278 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter | 440 § 279 Häufigkeit der Bewertung, Offenlegung | 447 § 280 Master-Feeder-Strukturen | 450 § 281 Verschmelzung | 451 Unterabschnitt 2 Besondere Vorschriften für allgemeine offene inländische Spezial-AIF § 282 Anlageobjekte, Anlagegrenzen | 455 Unterabschnitt 3 Besondere Vorschriften für Hedgefonds § 283 Hedgefonds | 457 Unterabschnitt 4 Besondere Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen § 284 Anlagebedingungen, Anlagegrenzen | 477 Abschnitt 3 Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF Unterabschnitt 1 Allgemeine Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF § 285 Anlageobjekte | 496 § 286 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung | 500 Unterabschnitt 2 Besondere Vorschriften für AIF, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten erlangen § 287 Geltungsbereich | 503 § 288 Erlangen von Kontrolle | 508 § 289 Mitteilungspflichten | 510 § 290 Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle | 531 XVII

Inhaltsverzeichnis

§ 291 § 292

Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts | 549 Zerschlagen von Unternehmen | 556

Kapitel 4 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen Abschnitt 1 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen Unterabschnitt 1 Allgemeine Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen § 293 Allgemeine Vorschriften | 570 § 294 Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften | 581 § 295 Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften | 583 § 296 Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität | 590 Unterabschnitt 2 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf Privatanleger und für den Vertrieb und den Erwerb von OGAW § 297 Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten | 592 § 298 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW | 602 § 299 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF und ausländische AIF | 604 § 300 Zusätzliche Informationspflichten bei AIF | 611 § 301 Sonstige Veröffentlichungspflichten | 614 § 302 Werbung | 615 § 303 Maßgebliche Sprachfassung | 619 § 304 Kostenvorausbelastung | 620 § 305 Widerrufsrecht | 622 § 306 Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen | 629 Unterabschnitt 3 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger § 307 Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern und Haftung | 641 § 308 Sonstige Informationspflichten | 647 Abschnitt 2 Vertriebsanzeige und Vertriebsuntersagung für OGAW Unterabschnitt 1 Anzeigeverfahren beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland § 309 Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland | 649 XVIII

Inhaltsverzeichnis

§ 310 § 311

Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland | 659 Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW | 669

Unterabschnitt 2 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von inländischen OGAW in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 312 Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung | 680 § 313 Veröffentlichungspflichten | 690 Abschnitt 3 Anzeige, Einstellung und Untersagung des Vertriebs von AIF § 314 Untersagung des Vertriebs | 694 § 315 Einstellung des Vertriebs von AIF | 715 Unterabschnitt 1 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von Publikums-AIF, von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland § 316 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Publikums-AIF im Inland | 718 § 317 Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger | 728 § 318 Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger | 757 § 319 Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger | 765 § 320 Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland | 773 Unterabschnitt 2 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger im Inland § 321 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 796 § 322 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 809 § 323 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 823 § 324 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 832 XIX

Inhaltsverzeichnis

§ 325

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 841 § 326 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 851 § 327 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 861 § 328 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 870 § 329 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von von ihr verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 882 § 330 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ihr verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland | 895 § 330a Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllen, beim beabsichtigten Vertrieb von AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland | 912

Unterabschnitt 3 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 331 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum; Verordnungsermächtigung | 924 § 332 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum | 933 § 333 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen XX

Inhaltsverzeichnis

Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum | 937 § 334 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von ausländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum | 941 § 335 Bescheinigung der Bundesanstalt | 945 Unterabschnitt 4 Verweis und Ersuchen für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger § 336 Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 | 946

Kapitel 5 Europäische Risikokapitalfonds § 337

Europäische Risikokapitalfonds | 950

Kapitel 6 Europäische Fonds für soziales Unternehmertum § 338 Europäische Fonds für soziales Unternehmertum | 958

Kapitel 7 Europäische langfristige Investmentfonds § 338a Europäische langfristige Investmentfonds | 964 § 338b Geldmarktfonds | 976

Kapitel 8 Straf-, Bußgeld- und Übergangsvorschriften Abschnitt 1 Straf- und Bußgeldvorschriften § 339 Strafvorschriften | 982 § 340 Bußgeldvorschriften | 999 § 341 Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen | 1063 § 341a Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbar gewordenen Bußgeldentscheidungen | 1067 § 342 Beschwerdeverfahren | 1086

XXI

Inhaltsverzeichnis

Abschnitt 2 Übergangsvorschriften Unterabschnitt 1 Allgemeine Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften Vorbemerkung vor §§ 343–360 | 1098 (neu eingefügt) § 343 Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften | 1104 § 344 Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften und für andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum | 1118 § 344a Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz | 1120 Unterabschnitt 2 Besondere Übergangsvorschriften für offene AIF und für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten § 345 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren | 1121 § 346 Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen | 1135 § 347 Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen | 1142 § 348 Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen und Gemischte Investmentaktiengesellschaften | 1145 § 349 Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen und Sonstige Investmentaktiengesellschaften | 1149 § 350 Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene SpezialAIF | 1152 § 351 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die nicht bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren | 1157 § 352 Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes | 1163 Unterabschnitt 3 Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF § 352a Definition von geschlossenen AIF im Sinne von § 353 | 1167 § 353 Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF | 1170 § 353a Übergangsvorschriften zu den §§ 261, 262 und 263 | 1194 § 353b Übergangsvorschriften zu § 285 Absatz 3 | 1196 § 354 Übergangsvorschrift zu § 342 Absatz 3 | 1198 Unterabschnitt 4 Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW § 355 Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW | 1199 § 356 Übergangsvorschriften zum Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz | 1209 XXII

Inhaltsverzeichnis

Übergangsvorschriften zu § 100a | 1210 hier Daten ausgetauscht Übergangsvorschriften zu § 95 Absatz 1 und § 97 Absatz 1 | 1214 Übergangsvorschrift zu § 26 Absatz 7 Satz 3, § 82 Absatz 6 Satz 2 und § 85 Absatz 5 Satz 4 | 1218 § 360 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen | 1219 (neu eingefügt) § 357 § 358 § 359

Sachregister | 1223

XXIII

Inhaltsverzeichnis

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110492217-205 a.A./A.A. a.E. a.F. a.M. aaO ABCP abgedr. Abk. abl. ABl. (EG-ABl./EU-ABl.) ABS Abs. Abschn. abw. abzgl. AcP AEUV AFG AG

AGB AIF AIFM AIFM-DV

AIFM-RL

AIFM-UmsG

AIFM-UmsG-DisE

AIFM-UmsG-RegE

AIMA AktG alfi allg. allg.M. Alt. AltZertG amtl. Amtl. Anz. Amtl. Begr. Amtsbl. AnfG

anderer Ansicht am Ende alte Fassung anderer Meinung am angegebenen Ort Asset-Backed Commercial Paper abgedruckt Abkommen ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Asset-Backed Security Absatz Abschnitt abweichend abzüglich Archiv für die civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (konsolidierte Fassung aufgrund des am 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon) Schweizer Anlagenfondsgesetz 1. Aktiengesellschaft 2. Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) 3. Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternative Investment Fund/Alternativer Investmentfonds Alternative Investmentfonds Manager AIFM-Durchführungsverordnung (EU) Nr. 231/2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2012 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) vom 4.7.2013, BGBl. I 2013, S. 1981 Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG), Stand 20. Juli 2012 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG), BT-Drucksache 17/12294 vom 6.2.2013 Alternative Investment Management Association Aktiengesetz Association of the Luxembourg Fund Industry allgemein allgemeine Meinung Alternative Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen amtlich Amtlicher Anzeiger Amtliche Begründung Amtsblatt Anfechtungsgesetz

XXV https://doi.org/10.1515/9783110492217-205

Hinweis: Intern: neu für Bd. 01, 02, 03

Abkürzungsverzeichnis

Anh. Anl. AnlV Anm. AnsFuG

AntAnlVerlV

AnzV AO AP App. AR ArchBürgR arg. e Art. Artt. AT Aufl. AuM AuslInvestmG AV AVB AvmG AWD AWG Az. Baden-Württ. BaFin BAI BAKred BankArch BankBiRILiG

BAnz BAO BauSparG BAV BAWe BayObLG BayObLGZ BB BBankG BBK BCBS Bd. BDSG Bearb. BeckRS

Anhang 1. Anlage 2. Anleitung Anlageverordnung Anmerkung Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz) vom 5.4.2011, BGBl. I 2011, S. 538. Entwurf der Verordnung zur Konkretisierung der in § 28 Abs. 3 des InvG vorgesehenen Entschädigungsverfahren und zur Anpassung der InvRBV und der InvPrüfV Anzeigenverordnung Abgabenordnung Arbeitsrechtliche Praxis Appendix Aufsichtsrat Archiv für Bürgerliches Recht Argument aus Artikel Artikel (Pl.) Allgemeiner Teil Auflage Assets under management Auslandsinvestment-Gesetz Ausführungsverordnung Allgemeine Vertragsbedingungen Altersvermögensgesetz Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen Baden-Württemberg Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesverband für Alternative Investments e.V. Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bank-Archiv, Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (Bankbilanzrichtlinie-Gesetz) vom 30.11.1990, BGBl. I 1990, S. 2570 Bundesanzeiger Bundesabgabenordnung Bausparkassengesetz Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen Bundesaufsichtsamt für das Wertpapierwesen Bayerisches Oberlandesgericht Entscheidungen des Bayrischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebs-Berater Bundesbankgesetz Buchführung, Bilanz, Kostenrechnung Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Band Bundesdatenschutzgesetz Bearbeitung Beck-Rechtsprechung

XXVI

Abkürzungsverzeichnis

Begr. Beil. Bek. v. Bekl. ber. Beschl. Bespr. betr. BetrVG BeurkG BewG BFH BGB BGBl. BGH BGHR BGHSt BGHZ BiRiLiG

BTDrucks. BuB BuBa Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVI bzgl. BZSt bzw.

Begründung Beilage Bekanntmachung vom Beklagter Berichtigt Beschluss Besprechung betreffend Betriebsverfassungsgesetz Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofes Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) vom 19.12.1985, BGBl. I 1990, S. 2355 Bank für internationalen Zahlungsausgleich Bundeskartellamt Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Blatt Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Börsengesetz Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungs-Verordnung) Board of Supervisors Bundesratsdrucksache Bundesregierung Beispiel beispielsweise Bundessteuerblatt 1. Bundestag 2. Besonderer Teil Bundestagsdrucksache Bankrecht und Bankpraxis Deutsche Bundesbank Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundesverband Investment und Asset Management e.V. bezüglich Bundeszentralamt für Steuern beziehungsweise

c.i.c c.p. CCP

culpa in contrahendo ceteris paribus Central Counterpart

BIZ BKartA BKR Bl. BMF BMJ BMWi BörsG BörsZulV BOS BRDrucks. BReg Bsp. bspw. BStBl BT

XXVII

Abkürzungsverzeichnis

CD CD-ROM CDO CDS CDU CEBS CESR CFD CFlaw CFTC CLO CMBS CP CRD CRD IV

CRR

CSSF CSU CTA

d.h. DAV DAX DB DBA DBW DCF DD DepotG DerivateV

ders. dies. Dipl. DiskE Diss. DJT DM DÖV DR DRiG DrittelbG DRiZ Drucks. DStR DSWR dto.

Certificate of Deposit Compact Disc – Read-Only Memory Collateralized Debt Obligation Credit Default Swap Christlich Demokratische Union Committee of European Banking Supervisors Committee of European Securities Regulators Computational fluid dynamics Corporate Finance Law Commodity Futures Trading Commission Collateralized Loan Obligation Commercial Mortgage Backed Securities Commercial Paper Capital Requirements Directive Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen über Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 Commission de Surveillance du Secteur Fiancier Christlich Soziale Union 1. Commodity Trading Advisor 2. Contractual Trust Arrangements das heißt Deutscher Anwaltsverein Deutscher Aktienindex Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Discounted Cashflow Due Diligence Depotgesetz Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Derivateverordnung) derselbe dieselbe(n) Diplom Diskussionsentwurf Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark Die öffentliche Verwaltung 1. Deutsches Recht 2. Depositary Receipt Deutsches Richtergesetz Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat Deutsche Richterzeitung Drucksache Deutsches Strafecht Datenverarbeitung – Steuern – Wirtschaft – Recht (Zeitschrift) dito/gleichfalls/ebenso

XXVIII

Abkürzungsverzeichnis

DVBl. DZWIR

Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

E-Register e.V. EAEG EBA ebd. EBIT ECOFIN EDV EFAMA EFSF EFTA EG EG-ABl. EG-AktG EGBGB EGMR EGStGB EGV

elektronisches Register eingetragener Verein Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz European Banking Authority ebenda Earnings before Interest and Tax Vertretung der Europäischen Wirtschafts- und Finanzminister Elektronische Datenverarbeitung European Fund and Asset Management Association Europäisches System der Finanzaufsicht European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Aktiengesetz Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Konsolidierte Fassung aufgrund des Vertrags von Nizza, EG-ABl. C 325 vom 24.12.2002 ehemalige European Investment Bank European Investment Fund Einführung einheitlich Einleitung Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation Europäische Kommission für Menschenrechte Expected Loss European Long-Term Investment Fund Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (European Market Infrastructure Regulation, EMIR) Europäische Konvention für Menschenrechte endgültig Entscheidung Entwurf Ergebnis Erläuterung Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Europeen Securities and Markets Authority) Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) European Systemic Risk Board Einkommensteuer Einkommensteuergesetz

ehem. EIB EIF Einf. einh. Einl. EIOPA EK-DatenschutzRL

EKMR EL ELTIF ELTIF-VO EMIR-Verordnung

EMRK endg. Entsch. Entw. Erg. Erl. ESMA ESMA-Verordnung

ESRB ESt EStG

XXIX

Abkürzungsverzeichnis

et al. etc. ETF EU EuG EuGH EuGHE EuGrCh EuInsVO EuLF EUR EuR EuSEF EuSEF-VO EUV EuVECA EuVECA-VO EuZW evtl. EWG EWiR EWR EWS exkl. EZB f. FAQs FATF FCA FCP ff. FiMaNoG (1.)

FiMaNoG (2.)

FinDAG FinDAGKostV FinMarktAnpG FMFG Fn. Fondskategorien-RL

FR FRA

et alii (und andere(n)) et cetera Exchange Traded Fund Europäische Union Europäisches Gericht Erster Instanz Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Europäische Grundrechtecharta Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (Europäische Insolvenzverordnung) European Law Forum Euro Europarecht European Social Entrepreneurship Fund Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum Vertrag über die Europäische Union (konsolidierte Fassung aufgrund des am 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon) European Venture Capital Fund Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Risikokapitalfonds Europäische Zeitung für Wirtschaftsrecht eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht exklusive Europäische Zentralbank folgende (Seite) Frequently Asked Questions Financial Action Task Force Financial Conduct Authority Fonds Commun de Placement folgende (Seiten) Erstes Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz) vom 30.6.2016, BGBl. I 2016, S. 1514 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz) vom 23.6.2017, BGBl. I 2017, S. 1693 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsgesetz) Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.2014, BGBl. I 2014, S. 934 Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien (Fondskategorien-Richtlinie) Finanz Rundschau Forward Rate Agreement

XXX

Abkürzungsverzeichnis

FRUG FS FSA FSB FX

Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz Festschrift Financial Services Authority Financial Stability Board Foreign Exchange

G GAAP GATS GATT GBl. GbR gem. GemInvV GewA GewO GewStG GG ggf. GK GKG GmbH GmbHG GmbHR GoA GoB Grds; grds. GroMIKV GRUR GS GuV GVBl. GVG GVOBl. GWB GwG

Gesetz General Accepted Accounting Principles General Agreement on Trade in Service General Agreement on Tariffs and Trade Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Gemischte Investmentvermögen Gewerbearchiv Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Geschäftsführung ohne Auftrag Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Grundsatz; grundsätzlich Großkredit- und Millionenkreditverordnung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen

GwGEG 2017

h.L. h.M. Halbbd. HandelsR Hdb. HGB HR HRR Hrsg. hrsg. v. Hs./Hs HTML http HV

XXXI

herrschende Lehre herrschende Meinung Halbband Handelsrecht Handbuch Handelsgesetzbuch Handelsregister Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber herausgegeben von Halbsatz Hypertext Markup Language hypertext transfer protocol Hauptversammlung

Abkürzungsverzeichnis

i.d.F. i.d.R. i.e. i.E. i.e.S. i.H.v. i.R. i.R.d. i.S.d. i.S.v. i.V.m. i.w.S. IA IAS IDW IFG IHK IMF InhKontrollV insb./insbes. InsO InstitutsVergV InvAG InvAG m.f.K. InvAG m.v.K. InvÄndG

InvG InvKG InvMaRisk InvModG

InvPrüfbV

InvRBV

InvStG InvV InvVerOV

IORP IOSCO IPMA IPO IPR IRR

in der Fassung in der Regel id est (das heißt) im Ergebnis im engeren Sinne in Höhe von im Rahmen im Rahmen des/im Rahmen der im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Impact Assessment International Accounting Standards Institut der Wirtschaftsprüfer Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz) Industrie- und Handelskammer International Monetary Fund Inhaberkontrollverordnung insbesondere Insolvenzordnung Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten Investmentaktiengesellschaft Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz) vom 21.12.2007, BGBl. I 2007, S. 3089 Investmentgesetz Investmentkommanditgesellschaft Mindestanforderungen für das Risikomanagement von Investmentgesellschaften Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15.12.2003, BGBl. I 2003, S. 2676 Verordnung über die Inhalte der Prüfungsberichte für Kapitalanlagegesellschaften, Investmentaktiengesellschaften und Sondervermögen (Investment-Prüfungsberichtverordnung) Verordnung über Inhalt, Umfang und Darstellung der Rechnungslegung von Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften sowie die Bewertung der einem Investmentvermögen zugehörigen Vermögensgegenstände (Investment-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung) Investmentsteuergesetz Investmentvermögen Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsregeln nach dem Investmentgesetz (Investment-Verhaltens- und Organisationsverordnung) Institutions for Occupational Retirement Provision Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden International Primary Markets Association Initial Public Offering Internationales Privatrecht Internal Rate of Return

XXXII

Abkürzungsverzeichnis

ISDA IT IWB IWF

International Swaps and Derivatives Association Informations- und Telekommunikationstechnologie 1. Internationale Wirtschaftsbriefe 2. NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht Internationaler Währungsfonds

J.L. Econ. & Org. JA JbFfSt JBl. JMBl. JR JurA JURA JuS JW JZ

The Journal of Law, Economics, & Organization Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Justizblatt Justizministerialblatt Juristische Rundschau Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KAG KAGB KAGG KAMaRisk

KGaA KMU krit. KSt KVG KWG Kz.

Kapitalanlagegesellschaft Kapitalanlagegesetzbuch Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften Kapitel Kapitalertragssteuer Verordnung über den Gegenstand der Prüfung und die Inhalte der Prüfungsberichte für externe Kapitalverwaltungsgesellschaften, Investmentaktiengesellschaften, Investmentkommanditgesellschaften und Sondervermögen (Kapitalanlage-Prüfungsberichte-Verordnung) Verordnung über Inhalt, Umfang und Darstellung der Rechnungslegung von Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften und Investmentkommanditgesellschaften sowie über die Bewertung der zu dem Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenstände (Kapitalanlage-Rechnungslegungsund -Bewertungsverordnung) Verordnung über die Schlichtungsstelle nach § 342 des Kapitalanlagegesetzbuches (Kapitalanlageschlichtungsstellenverordnung) Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsregeln nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Kapitalanlage-Verhaltensund -Organisationsverordnung) Kaufmann Kraftfahrzeug 1. Kammergericht 2. Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kleine und mittlere Unternehmen kritisch Körperschaftssteuer Kapitalverwaltungsgesellschaft Kreditwesengesetz Kennziffer

LBO LG LIBOR lit.

Leveraged Buy-Out Landgericht London Interbank Offered Rate littera

Kap. KapErtrSt KAPrüfbV

KARBV

KASchlichtV KAVerOV

Kfm. Kfz KG

XXXIII

Abkürzungsverzeichnis

LP LS Ltd.

Limited Partnership Leitsatz Private Company Limited by Shares

M. m. m. Anm. m. Bespr. m.a.W. m.w.N. m.W.v. M&A MaComp

MitbestG Mitt. MMR Mod. Mrd.

Meinung mit mit Anmerkung mit Besprechung mit anderen Worten mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom Mergers & Acquisitions BaFin Rundschreiben 4/2010 (WA) – Mindestanforderungen an die ComplianceFunktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Geschäftszeichen WA 31-Wp 2002- 2009/0010, 7. Juni 2010 Verlautbarungen über Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission Mindestanforderungen an das Risikomanagement Management Board Ministerialblatt Mortgage Backed Security Monatsschrift für Deutsches Recht Mikrofinanzinstitut Milano Indice Borsa Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen Multimedia und Recht (Tatbestands-)Modalität Milliarden

n.F. n.v. Nachw. NAV NJ NJOZ NJW NJW-CoR

neue Fassung nicht veröffentlicht Nachweise Net Asset Value/Nettoinventarwert Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Computerreport

MaH MAR

MaRisk MB MBl. MBS MDR MFI MIB MiFID

MiFID II

MiFIR

XXXIV

Abkürzungsverzeichnis

NJW-RR Nr. NRW NZA NZG

Neue Juristische Wochenschrift, Rechtssprechungsreport Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

o. o.ä. ÖBA OECD

OHG OLG ÖPP OTC OVG OWiG

oben oder ähnliches Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen Organization for Economic Cooperation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen Organismen für gemeinsame Anlagen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren Richtlinie 2009/65/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-IV-Umsetzungsgesetz) vom 22.6.2011, BGBl. I 2011, S. 1126 OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft OGAW-Richtlinie Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 der Kommission vom 17.12.2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen vom 3.3.2016, BGBl. I 2016, S. 348 Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Öffentlich-Private Partnerschaft over-the-counter Oberverwaltungsgericht Ordnungswidrigkeitengesetz

p.a. PDF PEX PfandBG PRIIPs

per anno portable document format (Dateiformat) Deutscher Pfandbriefindex Pfandbriefgesetz Packaged Retail and Insurance-based Investment Products

RdF RdSchr. RechKredV

Recht der Finanzinstrumente Rundschreiben Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute Referentenentwurf Regierungsbegründung Regierungsentwurf Real Estate Investment Trust

OECD-MA OGA OGAW OGAW IV-RL

OGAW-IV-UmsG

OGAW-KVG OGAW-RL OGAW-V-DV

OGAW-V-UmsG

RefE RegBegr RegE REIT

XXXV

Abkürzungsverzeichnis

REITG Repo REX RG RGBl. RGSt RGZ RIW RL Rn. Rs. Rspr. RTS RVG Rz. S.

Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen Repurchase Agreement (Rückkaufvereinbarung) Deutscher Rentenindex 1. Reichgericht 2. Reichsgesetz Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Randnummer Rechtssache Rechtsprechung Regulatory Technical Standard Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Randziffer/Randzahl

Sp. SPD SPV st. Rspr. StGB StPO str.

1. Satz 2. Seite(n) Siehe siehe auch Supreme Court siehe oben siehe unten Société Anonyme (Aktiengesellschaft) scilicet (das heißt, ergänze) Société en Commandite Simple Societas Europaea – Europäische Gesellschaft U.S. Securities and Exchange Commission Société d'Investissement à Capital Variable Sammlung sogenannte Sonstige Investmentvermögen Solvabilitätsverordnung (Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen) Spalte(n) Sozialdemokratische Partei Deutschlands Special Purpose Vehicle ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch Strafprozessordnung strittig

Teilbd. teilw. TGV TKG Tz.

Teilband teilweise Teilgesellschaftsvermögen Telekommunikationsgesetz Teilziffer

u. u.ä. u.a. u.U. UAbs.

und und ähnliches unter anderem unter Umständen Unterabsatz

s. s.a. S.Ct. s.o. s.u. SA sc. SCS SE SEC SICAV Slg. sog. SoInvV SolvV

XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

UBGG UG UmwG UmwStG unstr. Unterabs. UrhG Urt. URV US usf. USt UStG usw. UWG

Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften Unternehmergesellschaft Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz unstrittig Unterabsatz Urheberrechtsgesetz Urteil Verordnung über das Unternehmensregister United States und so fort Umsatzsteuer Umsatzsteuergesetz und so weiter Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. v.H. VAG VaR Var. VerbrKrG Verf. VerkProspG VerkProspVO VermAnlG VermVerkProspV VersR VertriebsR VG VGF VGH vgl. VO Voraufl. Vorb. VVG VwGO VwVfG VZ

vom/von von Hundert Versicherungsaufsichtsgesetz Value at Risk Variante Verbraucherkreditgesetz Verfasser Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte Gesetz über Vermögensanlagen Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht Vertriebsrecht Verwaltungsgericht Verband Geschlossene Fonds Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Vorauflage Vorbemerkung Versicherungsvertragsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Veranlagungszeitraum

WA WEG weit. WFA WG WIR WM WpAIV WPD WpDPV

Wertpapieraufsicht Wohnungseigentumsgesetz weitere(n) Wohnungswirtschaftlicher Fachausschuss beim IW Wechselgesetz Wirtschaftsrecht Wertpapier-Mitteilungen Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Wertpapierdarlehenssysteme Verordnung über die Prüfung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes Wertpapierdienstleistungsunternehmen Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen

WpDU WpDVerOV

XXXVII

Abkürzungsverzeichnis

WPg WPG WpHG WpÜG WRP WRV WTO WuB WuW www

Die Wirtschaftsprüfung Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wettbewerb in Recht und Praxis Weimarer Reichsverfassung World Trade Organization Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb world wide web

Z z.B. z.T. ZBB ZEuP ZfgK ZfIR ZfK ZGR ZHR Ziff. ZIP ZIS zit. ZKA ZPO ZR

(in Zusammenhängen) Zeitschrift, Zeitung, Zentralblatt zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für kommunale Wirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik zitiert Zentraler Kreditausschuss Zivilprozessordnung 1. Zivilrecht 2. Zentralregister 3. Zollrecht Zivilsenat zustimmend zutreffend zuzüglich Zeitschrift für Zivilprozessrecht

ZS zust. zutr. zzgl. ZZP

XXXVIII

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Intern: Neues LitVZ für Bd. 01, 02 u. 03

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Köhler/Bornkamm Kopp/Schenke Krafka/Kühn Kümpel/Hammen Kümpel/Hammen/ Ekkenga Kümpel/Wittig Laars Landmann/Rohmer Langenbucher/ Bliesener/Spindler Laufhütte/ Rissing-van Saan/ Tiedemann Laux/Ohl Lehmann Leible/Lehmann Lenenbach Liebich/Mathews Lüdicke/Arndt Lutter/Bayer/Schmidt

Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Weber Martini Maurer Maurer/Waldhoff Maunz/Dürig Meyer/Veil/Rönnau Mitsch Möllers/Kloyer

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Renz/Jäger/Maas Reuter Richardi Rössler/Troll Roth Sachtleber Sapunov Schäcker Schäfer

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A. Einführung

§ 214

KAPITEL 2 Publikumsinvestmentvermögen Unterabschnittsüberschriften werden nun doch aufgenommen !!!

ABSCHNITT 3 Offene inländische Publikums-AIF UNTERABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften für offene inländische Publikums-AIF § 214 Risikomischung, Arten § 214 Risikomischung, Arten Schmid A. Einführung https://doi.org/10.1515/9783110492217-001

Offene Publikums-AIF müssen nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein und dürfen nur als Gemischte Investmentvermögen gemäß den §§ 218 und 219, als Sonstige Investmentvermögen gemäß den §§ 220 bis 224, als DachHedgefonds gemäß den §§ 225 bis 229 oder als Immobilien-Sondervermögen gemäß den §§ 230 bis 260 aufgelegt werden.

Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Fock Gemischte Sondervermögen, WM 2006 2160; Loritz/Uffmann Der Geltungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) und Investmentformen außerhalb desselben, erste Überlegungen, auch zum Auslegungsschreiben der BaFin vom 14.6.2013, WM 2013 2193; Volckens/Panzer Inhalt und Reichweite des Grundsatzes der Risikomischung im Hinblick auf die investmentrechtliche Qualifizierung ausländischer Immobilienvermögen, IStR 2005 426; Zetzsche/ Preiner Was ist ein AIF?, WM 2013 2101.

Aufsichtspraxis Rundschreiben 14/2008 (WA) der BaFin, Gz.: WA 41-Wp 2136-2008/0001, abgedruckt unter www.ba fin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/rs_0814_wa.html (zit.: BaFin-Rundschreiben 14/2008); BaFin-Schreiben vom 28.7.2009 an den BVI, GZ: WA 41-Wp 2136-2008/0001, Grundsatz der Risikomischung, Goldfonds, abgedruckt in Beckmann/Schulz/Vollmer, Kz. 412 Nr. 66 (zit.: BaFin-Schreiben vom 28.7.2009); BaFin-Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006 Datum: 14.6.2013, geändert am 9.3. 2015, abgedruckt unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentschei dung/WA/ae_130614_Anwendungsber_KAGB_begriff_invvermoegen.html (zit.: BaFin-Auslegungsschreiben vom 14.6.2013); ESMA Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) in der Fassung vom 30.1.2014 (ESMA/2013/611) (zit.: ESMA-Leitlinien)

A. B.

Systematische Übersicht Einführung | 1 Grundsatz der Risikomischung | 3

C.

Zulässige Fondsarten | 13

A. Einführung A. Einführung § 214 leitet die gesetzlichen Regelungen zu offenen inländischen Publikums-AIF 1 in Abschnitt 3 des Kapitels über Publikumsinvestmentvermögen im Anschluss an die Regelungen für OGAW-Sondervermögen ein. 1 https://doi.org/10.1515/9783110492217-001

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§ 214

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Risikomischung, Arten

Die Regelung des § 214 umfasst zwei grundsätzliche Bereiche: (a) die Bedingung, dass offene Publikums-AIF nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein müssen, und (b) dass sie nur in Form bestimmter Fondstypen, die abschließend aufgelistet werden, aufgelegt werden dürfen. B. Grundsatz der Risikomischung B. Grundsatz der Risikomischung

Bereits in der historischen Betrachtung der Idee des Investmentsparens kristallisieren sich die entscheidenden Merkmale eines Investmentfonds heraus.1 Eines dieser Merkmale ist die Risikoverteilung. Da die kollektive Kapitalanlage die Diversifikation der Anlagegegenstände in weit größerem Maße erlaubt als die nicht-kollektive, singuläre Kapitalanlage, ist im Gegenzug zu diesem Vorteil auch das Erfordernis wahrgenommen worden, das eingelegte Geld auch so verteilt anzulegen, dass ein Verlust einzelner Werte nicht zum Verlust des gesamten Portfolios führt. Neben der Streuung der Chancen soll auch die Streuung der Risiken dem Wesen des Investmentfonds immanent sein. Das Gegenspiel aus Ertragschancen und Risikoverteilung ist ein Pendel, das je 4 nach Ausrichtung des jeweiligen Investmentfonds entweder mehr in Richtung Ertragschancen (und damit regelmäßig einhergehend höherem Risiko) oder mehr in Richtung Risikoarmut (und damit regelmäßig verbundenen geringeren Ertragschancen) ausschlägt.2 Es darf jedoch nicht nur in eine der beiden Richtungen ausschlagen. Diese geforderte Risikoverteilung resultierte im Grundsatz der Risikomischung 5 oder auch Risikostreuung. Dies bedeutet, dass die dem Investmentvermögen zufließenden Gelder z.B. in mehreren Wertpapieren, Grundstücken oder in Wertpapieren unterschiedlicher Emittenten angelegt werden. 6 Der Grundsatz der Risikomischung diente im AuslInvestmG zur Definition des Anwendungsbereichs, insbesondere zur Abgrenzung ausländischer Investmentanteile von anderen Anlageformen.3 Nach der OGAW IV-Richtlinie ist die Risikostreuung eines der beiden wesentlichen Merkmale, um den Begriff des OGAW zu bestimmen (Art. 1 Abs. 2 lit. a OGAW IV-Richtlinie). In der AIFM-RL hingegen ist die Risikomischung nicht ausdrücklich zur Bestimmung des Anwendungsbereichs vorgesehen. Sie enthält insbesondere auch keine Verpflichtung zur Risikomischung.4 ESMA sieht allerdings eine Vereinbarung über die Einhaltung von anderen Einschränkungen zur Risikostreuung als ein mögliches Indiz für eine Vereinbarung über eine Anlagestrategie an, die letztlich zu einem AIF führen kann.5 Anders als im aufgehobenen Investmentgesetz ist der Grundsatz der Risikomischung im KAGB nicht mehr Bestandteil der Definition des § 1 Abs. 1 von Investmentvermögen, wird aber für Publikums-AIF als zwingende Vorgabe in die Regelung des § 214 aufgenommen.6 Für OGAW verweist § 1 Abs. 2 insofern auf die Erfüllung der entsprechenden Vorgaben der OGAW IV-Richtlinie. 3

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1 Vgl. hierzu und zum Folgenden Baur Einl I Rn. 3–5 sowie § 1 Rn. 15ff.; eingehend Brülin S. 7 f.; eine ausführliche Darstellung des Grundsatzes und seiner Herleitung in den verschiedenen Gesetzesfassungen findet sich auch bei Volckens/Panzer IStR 2005 426 ff.; informativ auch Moritz/Klebeck/Jesch/ Kretzschmann KAGB, § 214 Rn. 18 ff. 2 Vgl. Brülin S. 8; siehe auch die allgemeine Darstellung zur Risikodiversifizierung und Korrelationseffekten zwischen Risiken bei Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Josek AIFM, Art. 15 Rn. 34 ff. 3 Siehe § 1 Abs. 1 S. 1 AuslInvestmG. 4 Siehe Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Josek AIFM, Art. 4 Rn. 36. 5 Siehe ESMA-Leitlinien IX., Leitlinien zur „festgelegten Anlagestrategie“ Rz. 20 Buchstabe (d) Ziffer (vi)). Die BaFin hat diesen Gedanken in Ziffer I. 5. des BaFin-Auslegungsschreibens vom 14.6.2013 übernommen. 6 BTDrucks. 17/12294 S. 263.

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B. Grundsatz der Risikomischung

§ 214

Generell wird unter der Risikomischung die Auswirkung auf das Risiko einer unsicheren Vermögensposition verstanden, die dann entsteht, wenn verschiedene riskante Objekte zu einem Portfolio zusammengefasst werden.7 Die jeweiligen Gesetze, vom AuslInvestmG über das InvG bis nunmehr zum KAGB enthalten in den verschiedenen Regeln zu den Anlagegrenzen und Emittentengrenzen spezifische Vorgaben, die den Grundsatz der Risikostreuung oder Risikomischung schon sehr weitgehend konkretisieren und bezogen auf die jeweiligen Fondstypen ausgestalten. Darüber hinaus ist der Grundsatz der Risikomischung aber auch über die Beachtung der Anlagegrenzen hinaus zu wahren, womit er die Anforderungen an die Portfolioausgestaltung weiter ausformt. Wenn ein Investmentvermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein soll, dann muss bereits die Ausgestaltung des Vermögens nach dem objektiven Geschäftszweck auf die Risikomischung gerichtet sein; eine nur tatsächliche Risikomischung wird nicht für ausreichend erachtet.8 Ebenso wird die nur zufällige Erreichung der Risikomischung als nicht genügend angesehen, wenn vielmehr andere Überlegungen zur Bildung und Zusammensetzung des Vermögens ausschlaggebend waren.9 Der Grundsatz der Risikomischung soll dabei nach dem Verständnis der BaFin sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht gelten.10 Nach den bis dato noch nicht aufgehobenen Verlautbarungen der BaFin hierzu11 soll das quantitative Kriterium durch die Investition in mehr als drei Vermögensgegenstände erreicht werden.12 Die qualitative Anforderung bezieht sich auf die unterschiedlichen Anlagerisiken.13 Die Risikomischung wird für die verschiedenen Fondstypen von Publikums-AIF jeweils in spezieller Art und Weise ausgestaltet, um so eine typgerechte Differenzierung zu erreichen. Das Gesetz enthält hierzu jeweils in den Anlagerestriktionen die grundlegenden Vorgaben. Zum Beispiel bestimmt § 218 für die Anlagegrenzen von Gemischen

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7 Brinkhaus/Scherer/Zeller KAGG, § 1 Rn. 12. 8 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 1 Rn. 46 mit weiteren Nachweisen zur entsprechenden Auslegung der Rechtsprechung. Siehe auch den Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum BaFin-Rundschreiben 14/2008, dort Ziffer 6: „Maßgebend dafür, ob ein Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist, ist der objektive Geschäftszweck. Für die Bestimmung des objektiven Geschäftszwecks sind die Vertragsbedingungen, die Satzung oder vergleichbare Bestimmungen entscheidend. Soll danach das Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt werden, so ist der Anwendungsbereich des InvG eröffnet. Entspricht jedoch das spätere tatsächliche Anlageverhalten nicht dem Grundsatz der Risikomischung, so ist dies als ein Verstoß gegen die Bestimmungen des InvG bzw. die Vertragsbedingungen, die Satzung oder vergleichbare Bestimmungen zu qualifizieren. In diesem Fall kommt eine Untersagung des weiteren öffentlichen Vertriebs der Investmentanteile gemäß § 140 Absatz 3 Nr. 4 oder Absatz 4 Nr. 3 InvG in Betracht.“ 9 Siehe hierzu das Rundschreiben 14/2008 Ziffer I. 1. b): „Die Ausgestaltung des Vermögens muss nach seinem objektiven Geschäftszweck auf die Risikomischung gerichtet sein. Eine Risikomischung liegt regelmäßig vor, wenn das Vermögen zum Zwecke der Risikostreuung in mehr als drei Vermögensgegenständen mit unterschiedlichen Anlagerisiken angelegt ist. Das Halten der Vermögensgegenstände muss Anlagezwecken und nicht etwa der Unterhaltung von Liquidität dienen. Demgemäß genügt die zufällige Herbeiführung einer Risikomischung nicht, wenn für die Bildung und Zusammensetzung des Vermögens auch andere Überlegungen als die Herbeiführung einer Risikomischung maßgebend sind. Der Grundsatz der Risikomischung gilt nach § 2 Abs. 8 Satz 2 InvG auch dann als gewahrt, wenn das Vermögen in nicht nur unerheblichem Umfang Anteile an einem oder mehreren anderen Vermögen enthält und diese anderen Vermögen unmittelbar oder mittelbar nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sind. […]“ 10 Siehe zur Herleitung und Übersicht auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Josek AIFM, Art. 15 Rn. 40. 11 Siehe die Angaben in Fn. 9. 12 Vgl. auch Patzner/Döser InvG, § 1 Rn. 3 ff. 13 Siehe auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 1 Rn. 47.

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§ 214

Risikomischung, Arten

Sondervermögen, dass zunächst die Vorschriften der §§ 192 bis 211, die auch die Regelungen zu Anlagegrenzen von OGAW umfassen, entsprechende Anwendung finden. Sonderregeln für die Anlagegrenzen von Gemischten Sondervermögen sind sodann in § 219 enthalten, hier insbesondere in den Absätzen 5 und 6 zunächst zur Streuung (Absatz 5) und nachfolgend zu einem besonderen Ausnahmefall (Absatz 6), welcher die Nachbildung eines Wertpapierindex durch ein Gemischtes Investmentvermögen regelt. In diesem Fall können die Grenzen gelockert werden, wenn eben zugleich durch die Verfolgung einer Indexstrategie unter Wahrung der Vorgaben des § 219 Abs. 6 auch eine angemessene Risikomischung auf anderem Wege erreicht werden kann.14 Auch für die anderen zulässigen Fondstypen von offenen inländischen Publikums-AIF sind ähnliche Regelungen zu beachten (siehe zum Beispiel § 221 für die Sonstigen Sondervermögen, § 225 für Dach-Hedgefonds, §§ 231 und 237 für Immobilien-Sondervermögen).15 Aber auch von geschlossenen inländischen Publikums-AIF ist der Grundsatz der Risikomischung einzuhalten, siehe § 262 Abs. 1 Satz 1. Gemäß § 262 Abs. 1 Satz 2 gilt der Grundsatz nach Abs. 1 Satz 1 allerdings unter bestimmten Umständen als erfüllt. Schließlich gilt er für allgemeine offene inländische Spezial-AIF, siehe § 282 Abs. 1, Hedgefonds (§ 283 Abs. 1 i.V.m. § 282), sowie für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 Abs. 1 i.V.m. § 282 Abs. 1), nicht aber für geschlossene inländische Spezial-AIF.16 Es ist für die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Risikomischung irrelevant, in wel11 cher Rechtsform gemäß § 91 ein offener inländischer Publikums-AIF ausgestaltet ist. So darf auch der Unternehmensgegenstand einer Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital gemäß § 110 Abs. 2 ausschließlich die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel nach einer festen Anlagestrategie und dem Grundsatz der Risikomischung zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage sein. Für den im Gesellschaftsvertrag einer offenen Investmentkommanditgesellschaft festgelegten Unternehmensgegenstand wird dies in § 125 Abs. 2 vorgeschrieben.17 Da § 214 den Grundsatz der Risikomischung als eine der beiden zwingenden Vorga12 ben für die Ausgestaltung der offenen inländischen Publikums-AIF aufstellt – die andere Voraussetzung ist die Wahrung des Typenzwangs im zweiten Teil der Norm – wird zwar keine Definition des Grundsatzes eingeführt, jedoch klargestellt, dass der Grundsatz allgemein gültig ist und stets und gerade eben zusätzlich zu den speziellen Ausformungen in den Anlagegrenzen der einzelnen Fondstypen zu beachten ist, soweit dies dort vorgesehen ist.18 Bei den Regelungen zu den einzelnen Fondstypen handelt es sich um Konkretisierungen, die den allgemeinen Grundsatz nicht ersetzen wollen und können. Durch die Aufstellung des allgemeinen Grundsatzes spielt stets auch die Frage mit, zu welchem Zweck der Grundsatz aufgestellt wurde und welche Zielrichtung er für die Ausgestaltung der Portfolien beinhaltet. Dieses Ziel besteht zunächst im Schutzcharakter des Grundsatzes: es handelt sich um eine besondere Ausprägung des Anlegerschutzes bei Publikumsinvestmentvermögen, Verlustrisiken und Gewinnchancen zu mischen.19 Da es sich bei der AIFM-RL nicht um eine spezifische Produktregulierung20 wie der OGAW-

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14 Zu diesem Aspekt der Gemischten Sondervermögen siehe auch Fock WM 2006 2160 (2167). 15 Siehe hierzu detailliert die Kommentierungen zu den einzelnen Fondstypen. 16 So Burgard/Heimann WM 2014 821 (824). 17 Siehe hierzu die Kommentierungen zu § 110 Rn. 11, 12 sowie § 125 Rn. 6. 18 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Kretzschmann KAGB, § 214 Rn. 20. Differenzierend Weitnauer/ Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 214 Rn. 15ff., wonach der Vorgabe nur deklaratorische Bedeutung zuzumessen sei. 19 Siehe hierzu oben Rn. 4 sowie die allgemeine Darstellung zum Grundsatz der Risikomischung im InvG bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 1 Rn. 47. 20 Siehe hierzu auch Moritz/Klebeck/Jesch/Kretzschmann KAGB, § 214 Rn. 15.

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Begrenzung von Leverage durch die Bundesanstalt

§ 215

Richtlinie handelt, und der weite Anwendungsbereich der AIFM-RL eine Differenzierung von Investmentvermögen nach produktbezogenen Aspekten, wie z.B. der Risikostreuung, nicht gestattete, lag nach Ansicht des Verfassers der Gedanke nahe, dass der deutsche Gesetzgeber einzelne bewährte, produktbezogene und anlegerschützende Gestaltungselemente aus der OGAW-Richtlinie berücksichtigte und adaptierte, um diese für Publikums-AIF nutzbar zu machen. Hierdurch gelang es aber auch, die bislang im InvG geregelten Arten von nicht-OGAW-konformen Investmentvermögen in das KAGB zu überführen, da diese gemäß § 1 Satz 2 InvG bereits nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein mussten. Die AIFM-RL lässt für entsprechende Ausgestaltungen der EU-Mitgliedstaaten Raum, gemäß Erwägungsgrund 10 soll insbesondere die Regelung für AIF weiterhin auf nationaler Ebene erfolgen.21 C. Zulässige Fondsarten Die für offene Publikums-AIF, d.h. AIF-Sondervermögen oder AIF-Investmentak- 13 tiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, zulässigen Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen und geltende sonstige Produktregeln ergeben sich aus den Unterabschnitten 2 bis 5 dieses Abschnitts 3, je nachdem ob der offene Publikums-AIF als (a) Gemischtes Investmentvermögen gemäß den §§ 218 und 219,22 (b) Sonstiges Investmentvermögen gemäß den §§ 220 bis 224,23 (c) Dach-Hedgefonds gemäß den §§ 225 bis 229,24 oder (d) Offenes Immobilien-Sondervermögen gemäß den §§ 230 bis 26025 aufgelegt werden soll. Offene Publikums-AIF, die nicht den Regelungen eines dieser Unterabschnitte entsprechen, sind unzulässig.26 Fondstypen, die noch nach dem InvG zulässig waren, die jedoch keine oder nur eine 14 geringfügige praktische Bedeutung erlangten, wurden in diesen abschließenden Katalog nicht mehr aufgenommen.27

§ 215 Begrenzung von Leverage durch die Bundesanstalt § 215 Begrenzung von Lererage durch die Bundesanstalt Schmid Begrenzung von Leverage durch die Bundesanstalt https://doi.org/10.1515/9783110492217-002

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat der Bundesanstalt zu zeigen, dass die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft angesetzte Begrenzung des Umfangs des eingesetzten Leverage angemessen ist und dass sie diese Begrenzung stets einhält. (2) 1 Die Bundesanstalt bewertet die Risiken, die aus dem Einsatz von Leverage durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erwachsen könnten; sie beschränkt nach Information der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, des

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21 Moritz/Klebeck/Jesch/Kretschmann KAGB, § 214 Rn. 15 hält die Norm im Hinblick auf die AIFM-RL für richtlinienkonform. 22 Siehe im Detail die Kommentierung zu den §§ 218 f. 23 Siehe im Detail die Kommentierung zu den §§ 220 ff. 24 Siehe im Detail die Kommentierung zu den §§ 225 ff. 25 Siehe im Detail die Kommentierung zu den §§ 230 ff. 26 BTDrucks. 17/12294 S. 263.; zu den Konsequenzen vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Kretzschmann KAGB, § 214 Rn. 7 und 8. 27 Siehe hierzu die allgemeinen Hinweise, u.a. auch zu Altersvorsorge-Sondervermögen, InfrastrukturSondervermögen und Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen bei Emde/Dreibus BKR 2013 89 (94).

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§ 215

Begrenzung von Lererage durch die Bundesanstalt

Europäischen Ausschusses für Systemrisiken und der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des AIF den Umfang des Leverage, den die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einsetzen darf, wenn sie dies zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. 2 Alternativ ordnet die Bundesanstalt sonstige Beschränkungen in Bezug auf die Verwaltung des AIF an, sodass das Ausmaß begrenzt wird, in dem der Einsatz von Leverage zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem oder des Risikos von Marktstörungen beiträgt. 3 Die Bundesanstalt informiert die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des AIF ordnungsgemäß über die diesbezüglich eingeleiteten Maßnahmen. (3) 1 Die Information gemäß Absatz 2 erfolgt spätestens zehn Arbeitstage vor dem geplanten Wirksamwerden oder der Erneuerung der eingeleiteten Maßnahme. 2 Die Mitteilung enthält Einzelheiten der vorgeschlagenen Maßnahme, die Gründe für diesen Vorschlag und den Zeitpunkt, zu dem die Maßnahme wirksam werden soll. 3 Unter besonderen Umständen kann die Bundesanstalt verfügen, dass die vorgeschlagene Maßnahme innerhalb des in Satz 1 genannten Zeitraums wirksam wird. (4) 1 Die Bundesanstalt berücksichtigt bei ihrer Entscheidung über Maßnahmen die Empfehlung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, die diese nach der Information gemäß Absatz 2 Satz 3 oder auf Grundlage der Information nach Absatz 2 Satz 1 ausspricht. 2 Sieht die Bundesanstalt eine Maßnahme vor, die dieser Empfehlung nicht entspricht, unterrichtet sie die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde hiervon unter Angabe der Gründe. (5) Für die Bedingungen, unter welchen die Maßnahmen nach Absatz 2 angewendet werden, gilt Artikel 112 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 entsprechend.

A. B. C.

Systematische Übersicht Einführung | 1 Angemessenheit des Einsatzes von Leverage | 6 Risikobewertung durch die BaFin | 10

D. E. F.

Einschränkung des Einsatzes von Leverage | 11 Prozessualer Ablauf | 14 Verhältnis zwischen ESMA und BaFin im Rahmen dieser Beurteilung | 18

A. Einführung A. Einführung 1

Als eine weitere allgemeine Vorschrift, die generell für offene inländische Publikums-AIF gilt, wird in § 215 der BaFin die Möglichkeit der Begrenzung von Leverage eingeräumt. In §§ 263 Abs. 2 und § 274 Abs. 1 wird auf § 215 verwiesen. In Umsetzung der AIFM-RL fanden die Regelungen zur Nutzung von Leverage Ein2 gang in das KAGB. Gemäß § 1 Abs. 19 Ziff. 25 S. 1 bezeichnet Leverage jede Methode, mit der die Verwaltungsgesellschaft den Investitionsgrad eines von ihr verwalteten Investmentvermögens durch Kreditaufnahme, Wertpapier-Darlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht.1 Leverage ist also eine Methode, durch die sich das Exposure des AIF im Verhältnis zu seinem Nettoinventarwert erhöht. Sie wird als ein Schlüsselbegriff der AIFM-RL angesehen.2 Dieser Begriff umfasst im

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Siehe detailliert hierzu die Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Ziff. 25. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Josek AIFM, Art. 15 Rn. 333.

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B. Angemessenheit des Einsatzes von Leverage

§ 215

KAGB nunmehr auch die bislang aus der OGAW-Richtlinie bekannte Möglichkeit,3 den Investitionsgrad eines OGAW insbesondere durch den Einsatz von Derivaten bzw. Techniken und Instrumenten, die sich auf Derivate beziehen, zu erhöhen. 4 Anders als in der AIFM-RL ist in der OGAW-Richtlinie eine Beschränkung des Inves- 3 titionsgrades dahingehend vorgesehen, dass das mit Derivaten verbundene Gesamtrisiko den Gesamtnettowert der Portfolios des OGAW nicht überschreiten darf.5 Allerdings hat eine Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 29 Abs. 4 für jedes von ihr verwaltete Investmentvermögen, also für OGAW und AIF gleichermaßen, ein Höchstmaß an Leverage festzulegen.6 Dieses ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 5 DerivateV von der Kapitalverwaltungsgesellschaft regelmäßig zu überwachen.7 Art. 25 AIFM-RL stellt als eine der Regelungen der AIFM-RL, die für AIFM gelten, die 4 bestimmte Arten von AIF verwalten,8 in Abschnitt 1 besondere Vorbedingungen für AIFM auf, die hebelfinanzierte AIF verwalten. Hierbei geht es um die Nutzung der Informationen durch die zuständigen Aufsichtsbehörden, die diese über den Einsatz von Leverage und dessen Begrenzung erhalten, die aufsichtsbehördliche Zusammenarbeit und die Beschränkungen der Hebelfinanzierung. Hierbei wird die Zielrichtung der Vorgaben aus Art. 25 Abs. 1 AIFM-RL schon sehr 5 deutlich: es geht um die Beurteilung und gegebenenfalls Eindämmung des Beitrags, den die Nutzung von Hebelfinanzierungen zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem leisten, das Risiko von Marktstörungen und mögliche Risiken für das langfristige Wirtschaftswachstum.9 Diese Ziele sollen nicht nur auf einzelstaatlicher, sondern auch auf europäischer Ebene verfolgt werden, weswegen Art. 25 in Zusammenhang mit Art. 50 ein System der Zusammenarbeit der verschiedenen europäischen Aufsichtsbehörden und der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde aufstellt, das die vorgenannten Risiken erkennen und eindämmen soll. B. Angemessenheit des Einsatzes von Leverage B. Angemessenheit des Einsatzes von Leverage In Umsetzung von Art. 25 Abs. 3 S. 1 AIFM-RL10 stellt Absatz 1 für die AIF-Kapitalver- 6 waltungsgesellschaft das Erfordernis auf, der BaFin zu zeigen, dass die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft angesetzte Begrenzung des Umfangs des eingesetzten Leverage angemessen ist und dass sie diese Begrenzung stets einhält. Die Regelung enthält keine Definition der Angemessenheit. Aus dem Zusammen- 7 spiel mit den bereits eingangs erwähnten Zielrichtungen der Vorschrift wie auch der nachstehend erläuterten Risikobewertung durch die BaFin wird deutlich, dass sich die Angemessenheit nur beurteilen kann im Sinne einer Angemessenheit, d.h. auch Tauglichkeit, die dargestellten Risiken zu vermeiden bzw. einzudämmen.

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3 Siehe Art. 51 Abs. 2 und 3 OGAW IV-Richtlinie. 4 Die Definition in § 1 Abs. 19 Ziff. 25 S. 1 gilt für OGAW und AIF, wohingegen die Kriterien, die nach § 1 Abs. 19 Ziff. 25 S. 2 gefordert werden, nur für AIF gelten; vgl. auch Emde/Dornseifer Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89 (96). 5 Nach Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821 (823), soll sich für Publikums-AIF die Zulässigkeit des Einsatz eines angemessenen Leverage aus § 215 ergeben. 6 Siehe hierzu genauer die Kommentierung zu § 29 Abs. 4. 7 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 215 Rn. 5. 8 Siehe Kapitel V der AIFM-RL. 9 Siehe Erwägungsgrund 49 der AIFM-RL. 10 BTDrucks. 17/12294 S. 263.

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Begrenzung von Lererage durch die Bundesanstalt

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Dabei enthält der Wortlaut des Abs. 1 zunächst zwei Verpflichtungen: die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss abstrakt darstellen, dass die angesetzte Begrenzung des eingesetzten Leverage angemessen ist. Sie muss aber auch nachweisen, dass sie die Begrenzung nicht nur aufgestellt hat, sondern diese auch einhält. In ihrer Verwaltungspraxis setzt die BaFin voraus, dass der Nachweis der Angemessenheit i.S.d. § 215 Abs. 1 für Publikums-Investmentvermögen durch die Angaben im Verkaufsprospekt und für Spezial-AIF durch die Angaben nach § 307 Abs. 1, welche der BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens zum Vertrieb zur Verfügung gestellt werden, gewährleistet wird. Die BaFin behält sich vor, weitere Informationen in Bezug auf die Angemessenheit der Leverage-Begrenzung anzufordern.11 Sodann geht die BaFin davon aus, dass eine Anzeigepflicht besteht, nach der die 9 BaFin über etwaige Anpassungen der Leverage-Begrenzung sowie ein Überschreiten dieser Begrenzung unverzüglich zu informieren ist.12 C. Risikobewertung durch die BaFin

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Basierend auf den Informationen, die die BaFin aufgrund des vorstehend beschriebenen Absatz 1 erhält, bewertet die BaFin gemäß Absatz 2 S. 1, 1. Halbs. die Risiken, die aus dem Einsatz von Leverage durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erwachsen könnten.13 D. Einschränkung des Einsatzes von Leverage D. Einschränkung des Einsatzes von Leverage

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Absatz 2 setzt Art. 25 Abs. 3 S. 2 und 3 AIFM-RL um.14 Nach Absatz 2 S. 1, 2. Halbs. beschränkt15 die BaFin den Umfang des Leverage, den die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einsetzen darf, unter bestimmten Voraussetzungen: (a) zum einen muss die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority; ESMA),16 den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board; ESRB)17 und soweit anwendbar die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaats des AIF informieren. Diese Unterrichtungsverpflichtung auf europäischer Ebene dient der grenzüberschreitenden Abstimmung der Handlungsalternativen, da schließlich auch die zu beobachtenden Risiken, die durch die Maßnahmen verhindert oder eingedämmt werden sollen, auf europäischer Ebene auftreten oder auftreten können. (b) Zum anderen besteht diese Möglichkeit für die BaFin nur, wenn sie aufgrund ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Einschränkung der Nutzung von Leverage geboten ist, um die Stabilität und Integrität des Finanzsystems zu gewährleisten.

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11 so im BaFin-Vermerk vom 9.8.2013 zu Fragen zur Umsetzung der AIFM-RL in Bezug auf Eigenmittel und Leverage: Ergebnisprotokoll der Sitzung am 19.6.2013, GZ: WA 41-WP 2136-2011/0090; hierzu auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 215 Rn. 6 (für Mitteilungspflicht) und Rn. 7 m.w.N. 12 Siehe Fn. 11 aaO. 13 Zur Bewertung durch die BaFin siehe auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 215 Rn. 11 sowie eingehend Moritz/Klebeck/Jesch/Lindemann KAGB, § 215 Rn. 133 f. 14 BTDrucks. 17/12294 S. 263. 15 Näheres zu den Handlungsmöglichkeiten der BaFin Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 215 Rn. 12–14, siehe auch Moritz/Klebeck/Jesch/Lindemann KAGB, § 215 Rn. 135 ff. 16 Nähere Informationen sind auf der Homepage der ESMA abrufbar unter http://www.esma.europa.eu/ de/content/investor-corner-esma-who-we-are-and-what-we-do.de. 17 Nähere Informationen sind auf der Homepage des ESRB abrufbar unter https://www.esrb.europa.eu/ about/background/html/index.de.html.

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F. Verhältnis zwischen ESMA und BaFin im Rahmen dieser Beurteilung

§ 215

Alternativ zur vorgenannten Beschränkung des Leverage ordnet die BaFin sonstige 13 Beschränkungen in Bezug auf die Verwaltung des AIF an, mithilfe derer das Ausmaß begrenzt wird, in dem der Einsatz von Leverage zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem oder des Risikos von Marktstörungen beiträgt (Absatz 2 S. 2). Nach Absatz 2 S. 3 findet auch in diesem Fall ein ordnungsgemäßer Informationsaustausch zwischen BaFin, ESMA, ESRB und ggf. den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaats des AIF über die nach dieser Alternative eingeleiteten Schutzmaßnahmen statt.18 E. Prozessualer Ablauf Wie vorstehend beschrieben, ist ein Informationsaustausch zwischen BaFin, ESMA, 14 ESRB und ggf. weiteren Aufsichtsbehörden gesetzlich vorgeschrieben. Die Information, die nach Absatz 2 durch die BaFin an die anderen beteiligten Aufsichtsbehörden zu richten ist, muss nach Absatz 3 S. 1 spätestens zehn Arbeitstage vor dem geplanten Wirksamwerden oder vor der Erneuerung einer bereits eingeleiteten Maßnahme erfolgen. Die anderen Aufsichtsbehörden sollen folglich im Vorfeld unterrichtet werden, um die Maßnahme vor deren Einleitung prüfen zu können. Die Mitteilung der BaFin über die geplante Maßnahme muss daher auch gewissen 15 inhaltlichen Mindestanforderungen genügen, um diese Prüfung der anderen Aufsichtsbehörden zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. So schreibt Absatz 3 S. 2 vor, dass die Mitteilung nachfolgende Informationen enthalten soll: (a) Einzelheiten zu der vorgeschlagenen Maßnahme, (b) die Gründe für den Vorschlag dieser Maßnahme und (c) den Zeitpunkt, zu dem die Maßnahme wirksam werden soll. Aus dem Zusammenspiel von Absatz 3 S. 1 und S. 2 folgt für den vorgenannten 16 Punkt (c), dass regelmäßig zumindest ein Zeitraum von zehn Tagen zwischen der Mitteilung und dem in der Mitteilung genannten gewünschten Zeitpunkt der Wirksamkeit der Maßnahme liegen muss. Nach Absatz 3 S. 3 kann die BaFin jedoch unter besonderen Umständen, mithin besondere Eile erfordernden Umständen, verfügen, dass die vorgeschlagene Maßnahme innerhalb dieses Zeitraums bereits wirksam wird. Hierzu wird eine Abwägung der drohenden Risiken, wie vorstehend beschrieben, führen können, wenn eine Verzögerung des Eintritts der Maßnahme die Gefährdung steigern könnte. Absatz 3 setzt Artikel 25 Absatz 4 der AIFM-RL um.19 Absatz 5 verweist hinsichtlich 17 der Bedingungen, unter welchen die Maßnahmen nach Absatz 2 angewendet werden, auf die AIFM-DV und erklärt diese EU-Verordnung für Publikums-AIF für entsprechend anwendbar.20 F. Verhältnis zwischen ESMA und BaFin im Rahmen dieser Beurteilung F. Verhältnis zwischen ESMA und BaFin im Rahmen dieser Beurteilung Absatz 4 setzt Artikel 25 Absatz 8 der AIFM-RL um.21 18 Die Zusammenarbeit zwischen den an diesem Verfahren beteiligten Aufsichtsbehör- 19 den dient der Koordination und Abstimmung der Maßnahmen über europäische Grenzen

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Zu diesem Informationsaustausch siehe auch Art. 50 AIFM-RL. BTDrucks. 17/12294 S. 263. BTDrucks. 17/12294 S. 263. BTDrucks. 17/12294 S. 263.

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Bewerter

hinweg. Um dem Ziel der europaweiten Aufsicht basierend auf einheitlichen Standards näher zu kommen, erscheint dies auch sinnvoll und notwendig. Gleichwohl kann sich die BaFin nach Absatz 4 unter gewissen Umständen gegenüber 20 den anderen Aufsichtsbehörden mit den von ihr geplanten Maßnahmen durchsetzen. Zunächst spricht die ESMA eine Empfehlung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahme aus nach einer erfolgten Unterrichtung entweder über die geplante Beschränkung des Einsatzes von Leverage (nach Absatz 2 S. 1) oder über die geplante Anordnung von anderen Maßnahmen (nach Absatz 2 S. 3). Gemäß Absatz 4 S. 1 berücksichtigt die BaFin diese Empfehlung bei ihrer Entscheidung über die zu treffende Maßnahme. Sollte die BaFin jedoch eine andere Maßnahme geplant haben, als die in der Empfehlung der ESMA enthaltene, so kann sie diese dennoch nach Absatz 4 S. 2 vorsehen, muss jedoch die ESMA hierüber unter Angabe der Gründe unterrichten.

§ 216 Bewerter § 216 Bewerter Schmid https://doi.org/10.1515/9783110492217-003 (1) 1 Die Bewertung der Vermögensgegenstände ist durchzuführen 1. entweder durch einen externen Bewerter, der eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft ist, die unabhängig vom offenen Publikums-AIF, von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und von anderen Personen mit engen Verbindungen zum Publikums-AIF oder zur AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist, oder 2. von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst, vorausgesetzt die Bewertungsaufgabe ist von der Portfolioverwaltung und der Vergütungspolitik funktional unabhängig und die Vergütungspolitik und andere Maßnahmen stellen sicher, dass Interessenkonflikte gemindert und ein unzulässiger Einfluss auf die Mitarbeiter verhindert werden. 2 Die für einen Publikums-AIF bestellte Verwahrstelle kann nicht als externer Bewerter dieses Publikums-AIF bestellt werden, es sei denn, es liegt eine funktionale und hierarchische Trennung der Ausführung ihrer Verwahrfunktionen von ihren Aufgaben als externer Bewerter vor und die potenziellen Interessenkonflikte werden ordnungsgemäß ermittelt, gesteuert, beobachtet und den Anlegern des Publikums-AIF gegenüber offengelegt. (2) Wird ein externer Bewerter für die Bewertung herangezogen, so weist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach, dass 1. der externe Bewerter einer gesetzlich anerkannten obligatorischen berufsmäßigen Registrierung oder Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder berufsständischen Regeln unterliegt, 2. der externe Bewerter ausreichende berufliche Garantien vorweisen kann, um die Bewertungsfunktion wirksam ausüben zu können, und 3. die Bestellung des externen Bewerters den Anforderungen des § 36 Absatz 1, 2 und 10 entspricht. (3) Die Kriterien und der Inhalt der erforderlichen beruflichen Garantien des externen Bewerters nach Absatz 2 Nummer 2 bestimmen sich nach Artikel 73 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (4) Ein bestellter externer Bewerter darf die Bewertungsfunktion nicht an einen Dritten delegieren. (5) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft teilt die Bestellung eines externen Bewerters der Bundesanstalt mit. 2 Liegen die Voraussetzungen von Absatz 2 nicht Schmid https://doi.org/10.1515/9783110492217-003

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Systematische Übersicht

§ 216

vor, kann die Bundesanstalt die Bestellung eines anderen externen Bewerters verlangen. (6) Wird die Bewertung nicht von einem externen Bewerter vorgenommen, kann die Bundesanstalt verlangen, dass die Bewertungsverfahren sowie Bewertungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch den Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung des Publikums-AIF zu überprüfen sind. (7) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bleibt auch dann für die ordnungsgemäße Bewertung der Vermögensgegenstände des Publikums-AIF sowie für die Berechnung und Bekanntgabe des Nettoinventarwertes verantwortlich, wenn sie einen externen Bewerter bestellt hat. 2 Ungeachtet des Satzes 1 und unabhängig von anders lautenden vertraglichen Regelungen haftet der externe Bewerter gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für jegliche Verluste der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die sich auf fahrlässige oder vorsätzliche Nichterfüllung der Aufgaben durch den externen Bewerter zurückführen lassen. Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Miederhoff Rolle des Bewerters von Vermögenswerten nach KAGB für OGAW und AIF im Vergleich, RdF 2016 22; Schultheiß Die Haftung von Verwahrstellen und externen Bewertern unter dem KAGB, WM 2015 603; Sedlmaier Die Investment-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung – Überblick und kritische Würdigung, WM 2010 1437; Strücker/Mühlbauer/Stadter Der Wirtschaftsprüfer als Bewerter, WPg 2017 1400.

Gesetzesmaterialien Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG vom 30.4.2009, KOM(2009) 207 endgültig 2009/0064 (COD), abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/internal_market/investment/docs/alternative_investments/fund_managers_proposal _de.pdf (zit.: Vorschlag der EU-Kommission vom 30.4.2009); Kompromissvorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft, Interinstitutional File: 2009/0064 (COD) 6795/3/10 REV 3 EF 17 ECOFIN 120 CODEC 144 Revised Note vom 10. März 2010 (zit.: Kompromissvorschlag vom 10.3.2010).

Aufsichtspraxis BaFin-Rundschreiben 07/2015 (WA) – Anforderungen bei der Bestellung externer Bewerter für Immobilien und Immobilien-Gesellschaften, GZ: WA 41-Wp 2137-2013/0216 vom 29.7.2015, geändert am 1.9.2015, abgedruckt unter httwww.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2015/rs_1507_wa_ bewerter.html (zit.: BaFin-Rundschreiben 07/2015 (WA); BaFin-Fachartikel Kleinschmidt/Schneider KAGB: Änderungen in den Verordnungen zur Prüfung, Rechnungslegung und Bewertung von Investmentvermögen und Kapitalverwaltungsgesellschaften vom 2.12.2013, abgedruckt unter www.bafin.de/SharedDocs/ Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2013/fa_bj_2013_12_kapitalanlagegesetzbuch.html.

Systematische Übersicht A. B. C.

D.

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Systematische Übersicht Entstehungsgeschichte und Hintergrund, Begriff der Bewertung | 1 Arten von Bewertern | 5 Interne Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft | 7 Externe Bewerter

Begriff und Definition | 10 Voraussetzungen | 12 Mitsprache der BaFin | 22 Verantwortlichkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft und Haftung des externen Bewerters | 23 Verwahrstelle als externer Bewerter | 25

I. II. III. IV.

E.

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§ 216

Bewerter

A. Entstehungsgeschichte und Hintergrund, Begriff der Bewertung Aus der Gesetzesbegründung folgt, dass Absatz 1 Art. 19 Abs. 4 AIFM-RL für Publikums-AIF umsetzt.1 In Umsetzung von Art. 19 Abs. 5 AIFM-RL nennt Absatz 2 bestimmte Anforderungen, die bei der Bestellung eines externen Bewerters von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zwingend einzuhalten sind und für deren Erfüllung diese nachweispflichtig ist.2 Absatz 3 verweist für die Kriterien und den Inhalt der erforderlichen beruflichen Garantien des externen Bewerters auf die AIFM-DV.3 Absatz 4 setzt Art. 19 Abs. 6 AIFM-RL für Publikums-AIF um4 und Absatz 5 setzt Art. 19 Abs. 7 AIFM-RL um.5 Absatz 6 setzt Art. 19 Abs. 9 AIFM-RL für Publikums-AIF um. Das durch die AIFM-RL eingeführte neue Erfordernis einer externen Bewertungs2 stelle war im Laufe des EU-Gesetzgebungsverfahrens umstritten. So sah der erste Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission in Art. 16 Abs. 1 eine obligatorische, vom AIFM unabhängige Bewertungsstelle für Fondsanteile und Vermögensgegenstände vor.6 Erläuterungsgrund (13) dieses Vorschlags7 führte hierzu aus, dass eine verlässliche und objektive Anlagebewertung für den Schutz der Anlegerinteressen von entscheidender Bedeutung sei, und es solle vorgeschrieben werden, dass die Bewertung ein vom AIFM unabhängiges Unternehmen durchführt. Durch Kompromissvorschläge der EU-Ratspräsidentschaften8 wurde die Möglichkeit geschaffen, die Bewertung auch intern durchzuführen, ergänzt durch die Anforderung, dass in jedem Fall die funktionale Unabhängigkeit der Bewertung sicherzustellen sei, wenn der AIFM eine Performance Fee oder andere ergebnisabhängige Vergütungen erhält. In allen anderen Fällen sollte die funktionale Unabhängigkeit nach Art, Umfang und Komplexität jedes AIF sichergestellt werden. In der endgültigen Fassung der AIFM-RL war der ursprüngliche Art. 16 Abs. 1 des Vorschlags der EU-Kommission vom 30.4.2009 schließlich entfallen. Gemäß Art. 19 Abs. 4 AIFM-RL ist nunmehr die Bewertung entweder durch den AIFM selbst oder durch einen externen Bewerter durchzuführen, in beiden Fällen unter Wahrung der funktionellen Unabhängigkeit. Fordert die Bundesanstalt eine Überprüfung der Bewertung sowie der Bewertungs3 verfahren, hat diese im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch den Abschlussprüfer zu erfolgen.9 Absatz 7 setzt Art. 19 Abs. 10 AIFM-RL für Publikums-AIF um.10 Absatz 1 behandelt die Bewertung von Vermögensgegenständen durch einen Bewer4 ter, nicht aber auch die Preisfeststellung, d.h. die Ermittlung und Bekanntgabe des Nettoinventarwerts bzw. Ausgabepreises eines Publikums-AIF. Hierin unterscheidet sich § 216 von § 212, der für OGAW sowohl die Bewertung des OGAW als auch des Nettoinventarwerts je Aktie oder Anteil gleichermaßen regelt.11 Für die Anwendbarkeit des § 216 kommt es in Anlehnung an den Erwägungsgrund 80 der AIFM-DV darauf an, ob die als 1

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BTDrucks. 17/12294 S. 263. BTDrucks. 17/12294 S. 263. BTDrucks. 17/12294 S. 264. BTDrucks. 17/12294 S. 264. BTDrucks. 17/12294 S. 264. Vorschlag der EU-Kommission vom 30.4.2009. Siehe nunmehr Erläuterungsgrund (29) der AIFM-RL. Vgl. zuletzt Art. 16 1.c(...) Kompromissvorschlag vom 10.3.2010. BTDrucks. 17/12294 S. 264. BTDrucks. 17/12294 S. 264. Siehe hierzu näher Miederhoff RdF 2016 22 (23f.).

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C. Interne Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft

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Bewerter in Frage kommende Person Bewertungen für einzelne Vermögenswerte, einschließlich Bewertungen, die eine subjektive Beurteilung erfordern, abgibt.12 B. Arten von Bewertern Das Gesetz sieht sowohl die Möglichkeit von internen, als auch von externen Bewer- 5 tern13 vor.14 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat somit ein Wahlrecht. Dabei bezieht sich ‚intern‘ auf eine Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Hingegen fasst ‚extern‘ alle Bewerter zusammen, die nicht aus der Kapitalverwaltungsgesellschaft heraus agieren, wobei die Kapitalverwaltungsgesellschaft in diesem Fall die Bewertungsfunktion auch nicht ausübt.15 Da Absatz 1, der die beiden Alternativen zusammen mit ersten Vorgaben darstellt, davon spricht, dass die Bewertung in diesem Sinne durchzuführen ‚ist‘, ist eine der beiden Alternativen zu wählen und es sind die mit der jeweiligen Alternative einhergehenden, speziellen Beschränkungen und Rahmenbedingungen einzuhalten. § 216 enthält vornehmlich Vorgaben für die externen Bewerter, spezifiziert jedoch 6 auch in gewissem Umfang die Rahmenbedingungen für die Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst. Nachfolgend werden diese Vorgaben für beide Fallgestaltungen detaillierter dargestellt. C. Interne Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft C. Interne Bewertung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft Nach Absatz 1 S. 1 Nr. 2 kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst die Rolle 7 des Bewerters übernehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeit der Bewertung von den Aufgaben der Portfolioverwaltung und vom Bereich der Vergütungspolitik funktional unabhängig ist. Dies wird sich organisatorisch im Aufbau regelmäßig bis zur Ebene der Geschäftsleitung zeigen müssen, um die Unabhängigkeit sicherzustellen. Weitere Voraussetzung ist, dass durch die Vergütungspolitik und andere Maßnah- 8 men sicherzustellen ist, dass Interessenkonflikte gemindert und ein unzulässiger Einfluss auf die Mitarbeiter verhindert wird. Interessant ist die qualitativ leicht unterschiedliche Formulierung, wonach Interessenkonflikte gemindert, ein unzulässiger Einfluss auf die Mitarbeiter jedoch verhindert werden muss. Bei letzterem geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine solche Beeinflus-

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12 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Kretzschmann KAGB, § 216 Rn. 23; nach Miederhoff RdF 2016 22 (24) soll § 216 nicht auf die Berechnung des Nettoinventarwerts durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft anwendbar sein. 13 Bei der näheren Beschreibung der externen Bewerter in Absatz 1 Ziffer 1 hat der Gesetzgeber die vom BVI im Rahmen der Konsultation des Gesetzentwurfs (siehe das Antwortschreiben des BVI vom 6. März 2013 an die Mitglieder des Finanzausschusses, abrufbar unter http://www.bvi.de/fileadmin/user_upload/ Regulierung/Positionen/KAGB/2013-03-06_BVI_-_schriftliche_Stellungnahme_zum_AIFM-UmsG.pdf) vorgebrachte Ansicht, dass die Formulierung im Plural zu fassen sei („… externe Bewerter, die … sind …“) und damit klargestellt werden solle, dass pro AIF auch mehr als ein externer Bewerter eingesetzt werden darf, nicht aufgegriffen. Artikel 19 Abs. 4 AIFM-RL, der zwar auch im Singular gefasst ist in diesem Punkt, schlösse nach Ansicht des BVI die Bestellung mehrerer externer Bewerter für ein Sondervermögen nicht aus; Miederhoff RdF 2016 22 (26) zieht offenbar aus dem Wortlaut des § 250 Abs. 1 Nr. 1 den Rückschluss, dass § 216 nicht der Möglichkeit entgegensteht, mehrere externe Bewerter für einen AIF zu bestellen. 14 Siehe auch Emde/Dreibus BKR 2013 89 (96). 15 Gemäß Anhang I Ziffer 2 Buchstabe a) iii) AIFM-RL gehören die Bewertung und Preisfestsetzung zu den anderen Aufgaben, die ein AIFM im Rahmen der kollektiven Verwaltung eines AIF zusätzlich ausüben kann. Sie zählen ausdrücklich nicht zu den mindestens von einem AIFM wahrzunehmenden Aufgaben (Portfolioverwaltung und Risikomanagement).

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sung so umfänglich der Steuerung unterliegt, dass sie ausgeschlossen, eben völlig verhindert werden können soll. Eine eben solchermaßen ‚unzulässige‘ Beeinflussung darf nicht stattfinden. Dahingegen können Interessenkonflikte nach dem durch den Wortlaut gewonnenen Eindruck wohl nicht in jedem Fall vollumfänglich aktiv gesteuert und damit gänzlich vermieden werden. Sie müssen jedoch mithin gemindert werden, was nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Bewertung so unabhängig und neutral wie möglich zu gestalten und durchzuführen, bedeuten muss, dass die Interessenkonflikte nicht nur zurückgefahren, sondern so weit als möglich gemindert werden und auf ein unvermeidbares Mindestmaß beschränkt werden müssen.16 Freilich wird diese Abgrenzung im praktischen Einzelfall nicht sehr einfach zu treffen sein. Eine weitere Voraussetzung ergibt sich aus Absatz 6. In den Fällen, in denen die Be9 wertung nicht von einem externen Bewerter vorgenommen wird und die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Bewertung selbst vornimmt, kann die BaFin verlangen, dass die Bewertungsverfahren sowie die Bewertungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch den Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung des Publikums-AIF zu überprüfen sind. D. Externe Bewerter D. Externe Bewerter I. Begriff und Definition 10

Der externe Bewerter wird zunächst in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 näher definiert. Es muss sich demnach um eine natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft handeln, die unabhängig vom offenen Publikums-AIF, von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und von anderen Personen mit engen Verbindungen zum Publikums-AIF oder zur AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist und die Bewertungen von Vermögensgegenständen durchführt.17 11 Hinsichtlich der engen Verbindung ist die Definition in § 1 Abs. 19 Ziff. 10 zu beachten, wonach eine enge Verbindung besteht, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaft und die natürliche oder juristische Person verbunden sind entweder (a) durch das unmittelbare oder mittelbare Halten durch ein oder mehrere Tochterunternehmen oder Treuhänder von mindestens 20 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte oder (b) als Mutter- und Tochterunternehmen, durch ein gleichartiges Verhältnis oder als Schwesterunternehmen.18 II. Voraussetzungen

Absatz 2 stellt verschiedene Erfordernisse auf, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die einen externen Bewerter bestellt, nachzuweisen hat. Sind diese nicht erfüllt, kann die BaFin gemäß Absatz 5 von ihrem Mitspracherecht Gebrauch machen, siehe hierzu Ziffer 22. Bei den Punkten, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Absatz 2 nach13 zuweisen hat, handelt es sich um das Folgende: Nr. 1 – Der externe Bewerter muss einer (a) gesetzlich anerkannten obligatorischen 14 berufsmäßigen Registrierung oder (b) Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder (c) berufsständischen Regeln unterliegen. Hierbei werden in der Praxis die Fälle (a) 12

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siehe zur Behandlung von Interessenkonflikten auch die Kommentierung zu § 27 Rn. 12 ff. Siehe Rn. 4; Erwägungsgrund 80 AIFM-DV. Siehe hierzu näher die Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Ziff. 10.

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D. Externe Bewerter

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und (c) häufig in Kombination auftreten und allein schon durch die Erfüllung der diversen berufsbegleitenden Pflichten auch Regeln im Sinne von (b) vorliegen. Vom Gesetz als ausreichend angesehen wird jedoch die Alternativität, was bedeutet, dass nur einer der Fälle erfüllt werden muss („oder“). Praktisch prädestiniert dürften gleichwohl beispielsweise Wirtschaftsprüfer für diese Rolle sein.19 Nr. 2 – Der externe Bewerter muss zudem ausreichende berufliche Garantien vor- 15 weisen können, um die Bewertungsfunktion wirksam ausüben zu können. Worum es sich hierbei handelt, bestimmt Absatz 3 näher. Hinsichtlich der Kriterien und des Inhalts der erforderlichen beruflichen Garantien des externen Bewerters wird auf Art. 73 der AIFM-DV verwiesen. Diese EU-Verordnung ist damit auch auf die Bewertungsverfahren von Publikums-AIF anwendbar. Die beruflichen Garantien bedürfen der Schriftform (Art. 73 Abs. 1 AIFM-DV) und dienen dem Nachweis darüber, dass der externe Bewerter in der Lage ist, die Bewertungsfunktion auszuüben. Art. 73 Abs. 2 AIFM-DV bestimmt den Inhalt der erforderlichen beruflichen Garantien näher. Demnach geht es um Belege für die Qualifikation des externen Bewerters und für dessen Fähigkeit, ordnungsgemäße und unabhängige Bewertungen vorzunehmen. Belege sind nach dieser Vorschrift auch erforderlich, um ausreichende Personal- und technische Ressourcen, adäquate Verfahren zur Wahrung einer ordnungsgemäßen und unabhängigen Bewertung, adäquates Wissen und Verständnis in Bezug auf die Anlagestrategie des AIF und die Vermögenswerte, mit deren Bewertung der externe Bewerter betraut ist, sowie ausreichend guten Leumund und ausreichende Erfahrung bei der Bewertung zu bestätigen. Art. 73 Abs. 3 AIFM-DV fordert zudem für die Fälle, in denen der externe Bewerter zu einer obligatorischen berufsmäßigen Registrierung bei der zuständigen Behörde oder einer anderen Stelle in dem Staat, in dem er seinen Sitz hat, verpflichtet ist, dass die berufliche Garantie die Bezeichnung dieser Behörde oder Stelle sowie die einschlägigen Kontaktangaben enthält. Die berufliche Garantie muss auch Angaben zu den Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder berufsständischen Regeln, denen der externe Bewerter unterliegt, enthalten. Nr. 3 – Bei der Bestellung des externen Bewerters sind neben bestimmten qualitati- 16 ven Anforderungen, die an den externen Bewerter zu stellen sind, auch bestimmte Regelungen, die für die Auslagerung gelten, entsprechend anwendbar. Die Bestellung des externen Bewerters muss den Anforderungen des § 36 Abs. 1, 2 und 10 entsprechen.20 Damit verweist die Norm auf die Auslagerungsvorschriften, die allgemein den Fall regeln, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft Aufgaben auf ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen auslagern kann. Der Verweis umfasst jedoch nicht vollumfänglich die gesamte Regelung der Auslagerung, sondern führt nur spezifisch zu den Absätzen 1, 2 und 10 des § 36. Dies ist dadurch bedingt, dass weitere Regelungen des § 36 in weitem Umfang die Auslagerung der Portfolioverwaltung oder des Risikomanagements betreffen, was hier nicht der Fall ist. § 216 Abs. 2 Ziffer 3 ist insofern als Rechtsfolgeverweis anzusehen. In ihrer Verwaltungspraxis geht die BaFin davon aus, dass die Bestellung des externen Bewerters keinen Fall des Outsourcings darstellt.21 Dem ist zuzustimmen, da die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Falle der Bestellung

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19 Zu den Möglichkeiten der Erwerbsbewertung von Beteiligungen an Gesellschaften mit Sachwertanlagen bei geschlossenen Publikums-AIF siehe Strücker/Mühlbauer/Stadter WPg 2017 1400 ff. 20 BTDrucks. 17/12294 S. 263 f. 21 Siehe BaFin-Rundschreiben 07/2015 (WA) Ziffer III.

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eines externen Bewerters die Bewertungsfunktion nicht auslagern kann, weil sie sie bereits nicht innehat.22 Der Verweis umfasst allerdings die Vorbedingungen, um überhaupt eine Auslagerung vornehmen zu dürfen, im Sinne von § 36 Abs. 1. Erfasst wird damit unter anderem die notwendige Rechtfertigung für die Vornahme einer Auslagerung, die Prüfung der angemessenen Ressourcen des Auslagerungsunternehmens und die Wirksamkeit der Überwachung des Auslagerungsunternehmens durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Verwiesen wird auch auf die erforderlichen Weisungsbefugnisse der Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber dem Auslagerungsunternehmen, in diesem Fall dem externen Bewerter. Soweit im Rahmen der Überwachungs- und Kontrollbefugnisse auch Weisungsbefugnisse vereinbart werden, dürfen sich die zu vereinbarenden Kontroll-, Eingriffs- und Weisungsbefugnisse nur auf den Umfang und den Inhalt der Beauftragung beziehen, nicht aber auf den Gutachteninhalt und das Bewertungsergebnis.23 Die drei vorgenannten Kriterien der Nummern 1 bis 3 müssen kumulativ vorliegen („und“). Nach Absatz 4 darf ein bestellter externer Bewerter nicht die Bewertungsfunktion an einen Dritten delegieren. Eine Subauslagerung ist damit grundsätzlich unterbunden und kann nicht durch die Sicherstellung einer lückenlosen Kontrollkette o.ä. gerechtfertigt werden. Die Bestellung eines externen Bewerters ist von der Auslagerung der internen Bewertungsfunktion einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder Teilen davon abzugrenzen. Diese Konstellation ist in § 216 nicht geregelt, aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Während ein Bezug von Informationen zur Bewerkstelligung der Bewertung bzw. die Beauftragung von externen Dienstleistern für anderweitige, reine Hilfsaufgaben, die unterhalb der Auslagerungsschwelle bleiben, als möglich angesehen wird, soll eine Auslagerung der internen Bewertung durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht zulässig sein.24 Die hierzu herangezogene Argumentation von Tollmann, dass im Falle einer Auslagerung der Bewertung die Voraussetzungen des Art. 19 (5) der AIFM-RL umgangen werden könnten bzw. dass die Heimatbehörde eines AIFM das Widerspruchsrecht nach Art. 19 (7) AIFM-RL verlieren würde, überzeugt nicht vollends, da eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch nach den allgemeinen Auslagerungsregeln des § 36 bzw. der Art. 75 ff. AIFM-DV weit reichende Sorgfaltspflichten bei der Auswahl und Überwachung des jeweiligen Dienstleisters hat, die einer Auslegung im Lichte der besonderen Regeln des § 216 Abs. 2 zugänglich sein dürften. Sie hat insbesondere auch sicherzustellen, dass die Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben ungehindert wahrnehmen können. Beeinträchtigt die Auslagerung die wirksame Beaufsichtigung einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 36 Abs. 5 bzw. Art. 79 AIFM-DV,25 so stehen der BaFin bereits aufgrund der ihr zustehenden, allgemeinen Ermächtigungsgrundlagen wirksame Mittel zur Durchsetzung ihrer Aufgaben zur Verfügung.

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22 Siehe Rz. 5, im Ergebnis wohl auch Miederhoff RdF 2016 22 (31); a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/ Kretzschmann KAGB, § 216 Rn. 86 m.w.N. 23 Siehe die Gesetzesbegründung BTDrucks. 17/12294 S. 263 f. 24 So Miederhoff RdF 2016 22 (31); Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Josek AIFM, Art. 19 Rn. 154 f. 25 Vgl. die Kommentierung zu § 36 Rz. 89.

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E. Verwahrstelle als externer Bewerter

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III. Mitsprache der BaFin Gemäß Absatz 5 teilt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Bestellung eines ex- 22 ternen Bewerters der BaFin mit. Die BaFin prüft das Vorliegen der Voraussetzungen von Absatz 2, d.h. der vorgenannten Ziffern 1 bis 3. Sofern die BaFin zu dem Ergebnis kommt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann sie die Bestellung dieses externen Bewerters ablehnen und die Einsetzung eines anderen externen Bewerters – der ebenfalls nach den beschriebenen Kriterien zu prüfen ist – fordern. IV. Verantwortlichkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft und Haftung des externen Bewerters Absatz 7 stellt klar, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch dann für die 23 ordnungsgemäße Bewertung der Vermögensgegenstände des Publikums-AIF sowie für die Berechnung und Bekanntgabe des Nettoinventarwerts verantwortlich bleibt, wenn sie einen externen Bewerter bestellt hat. Auch hierbei handelt es sich um eine Ausprägung allgemeiner Auslagerungsgrundsätze, die die Verantwortlichkeit grundsätzlich der Kapitalverwaltungsgesellschaft zuordnet. Gleichwohl bestimmt Absatz 7 S. 2, dass ungeachtet von Satz 1 – der vorstehend ge- 24 nannten Verantwortlichkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft – und unabhängig von ggf. anders lautenden vertraglichen Regelungen, der externe Bewerter gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für alle Verluste der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft haftet, die sich auf fahrlässige oder vorsätzliche, d.h. jegliche schuldhafte, Nichterfüllung der Aufgaben durch den externen Bewerter zurückführen lassen. Diese vom Gesetz vorgesehene Verteilung der Haftung für eventuelle Schadensersatzansprüche ist damit auch nicht durch gegenteilige vertragliche Abreden abdingbar, sondern gilt als gesetzliche Wertung.26 Sie beruht auf Art. 19 (10) AIFM-RL. E. Verwahrstelle als externer Bewerter E. Verwahrstelle als externer Bewerter Einen Spezialfall eines möglichen externen Bewerters greift Absatz 1 S. 2 auf im Hin- 25 blick auf die Übertragung der Aufgabe auf die Verwahrstelle des Publikums-AIF. Eine solche Bestellung soll nach dem 1. Halbsatz grundsätzlich zunächst nicht statthaft sein, es sei denn die Voraussetzungen, die weiterhin in diesem Satz 2 genannt werden, werden erfüllt. Diese Regelung spricht jedoch ausdrücklich davon, dass die Verwahrstelle nicht für einen Publikums-AIF als externer Bewerter bestellt werden kann, wenn sie Verwahrstelle dieses Publikums-AIF ist. Es geht dabei nicht um ein generelles Verbot der Bestellung von Verwahrstellen von Publikums-AIF als externe Bewerter, sondern nur um den möglichen Konfliktfall, dass die Verwahrstelle die Funktion als Verwahrstelle und externer Bewerter gerade für ein- und dasselbe Investmentvermögen übernähme. Die erste Voraussetzung ist eine funktionale und hierarchische Trennung der 26 Ausführung der Verwahrfunktionen von den Aufgaben als externer Bewerter.

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26 Ebenso Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum § 216 Rn. 24; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 216 Rn. 29 und 31, der für die Bewertung der Vermögensgegenstände eines Immobilien-Sondervermögens aufgrund der speziellen Aufgabenzuordnung des § 249 eine Verantwortlichkeit der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft für die inhaltliche Richtigkeit der Bewertung ablehnt und hier eine Haftungsbegrenzung im Innenverhältnis – entgegen der gesetzlichen Wertung des § 216 – annimmt; Differenzierend hierzu auch Schultheiß WM 2015 603 (607).

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§ 217

Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung

Eine solche Trennung wird in der Regel organisatorisch im Aufbau bis einschließlich der Ebene der Geschäftsleitung sicherzustellen sein, um die grundsätzliche Unabhängigkeit der Funktionen und Aufgaben zu gewährleisten.27 Als weitere Voraussetzung, die kumulativ zu erfüllen ist, wird genannt, dass poten27 zielle Interessenkonflikte (a) ordnungsgemäß ermittelt, (b) gesteuert, (c) beobachtet und (d) den Anlegern des Publikums-AIF gegenüber offengelegt werden. Es geht damit um eine Prüfung vorab, ob und wie Interessenkonflikte auftreten können; es kann nicht zugewartet werden, bis die potenziellen Interessenkonflikte auch tatsächlich vollumfänglich vorliegen. Aufgrund des Verweises auf die Ermittlung, Steuerung und Beobachtung werden umfangreiche und strukturiert implementierte Prozesse zu fordern sein. 27

§ 217 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung § 217 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung Schmid Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung https://doi.org/10.1515/9783110492217-004

(1) Die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie sind in einem zeitlichen Abstand durchzuführen, der den zum Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenständen und der Ausgabe- und Rücknahmehäufigkeit der Anteile oder Aktien angemessen ist, jedoch mindestens einmal im Jahr. (2) Die Kriterien zur Bestimmung der Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und zur Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie bestimmen sich nach den Artikeln 67 bis 74 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (3) 1 Die Offenlegung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie erfolgt gemäß § 170. 2 Die Bewertung der Vermögensgegenstände ist entsprechend den diesbezüglichen Anlagebedingungen offenzulegen; sie hat nach jeder Bewertung zu erfolgen. Absatz 1 setzt Artikel 19 Abs. 3 Unterabs. 1 bis 3 der AIFM-RL für Publikums-AIF um.1 Absatz 2 verweist für die Kriterien zur Bestimmung der Häufigkeit der Bewertung des Wertes des Investmentvermögens und zur Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie auf die AIFM-DV, die die Europäische Kommission auf Grundlage von Artikel 19 Absatz 11 Buchstabe c der AIFM-RL erlassen hat. Die AIFM-DV ist damit auch auf die Bewertung der Vermögensgegenstände von offenen Publikums-AIF anwendbar.2 Absatz 3 S. 1 dient der Klarstellung im Zusammenhang. Die Regelung ergibt sich bereits aus § 170. Satz 2 dient der Umsetzung von Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 5 der AIFM-RL für Publikums-AIF.3 In den ersten beiden Absätzen der Norm wird die Häufigkeit der Bewertung der 2 Vermögensgegenstände, die sich im Investmentvermögen befinden, sowie die Häufigkeit der Berechnung des Nettoinventarwerts je Anteil oder Aktie geregelt.4 Nach Ab1

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Vgl. hierzu als allgemeine Darstellung und Würdigung Sedlmaier WM 2010 1437 (1442).

1 BTDrucks. 17/12294 S. 264. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 264. 3 BTDrucks. 17/12294 S. 264. 4 Zur grundlegenden Unterscheidung zwischen Bewertung, also der Wertermittlung hinsichtlich einzelner Vermögensgegenstände, und der Berechnung als dem Rechenschritt zur Anteilwertermittlung vgl. insgesamt die Darstellung bei Volhard/El-Qalqili Die neuen Bewertungsvorschriften für AIF-Investmentvermögen, Der Betrieb 2013 2103 (2104).

Schmid https://doi.org/10.1515/9783110492217-004

18

Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung

§ 217

satz 1 hat dies beides in einem zeitlichen Abstand zu erfolgen, der nach den folgenden Kriterien bestimmt wird: (a) der zeitliche Abstand muss den zum Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenständen angemessen sein; (b) der zeitliche Abstand muss ferner der Ausgabe- und Rücknahmehäufigkeit der Anteile oder Aktien angemessen sein, und (c) der zeitliche Abstand darf maximal ein Jahr („mindestens einmal im Jahr“) betragen. Damit unterscheidet sich die Endfassung des Art. 19 Abs. 3 AIFM-RL deutlich von 3 dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine AIFM-RL vom 30.4.2009, wonach die Vermögenswerte und Anteile eines AIF mindestens einmal jährlich sowie bei jeder Ausgabe oder Rücknahme von Anteilen, wenn dies häufiger ist, zu bewerten gewesen wären.5 Gemäß Absatz 2 richten sich die Kriterien zur Bestimmung der Häufigkeit der Be- 4 wertung der Vermögensgegenstände und zur Berechnung des Nettoinventarwerts je Anteil oder Aktie nach den Art. 67 bis 74 der AIFM-DV. So bestimmt etwa Art. 72 der AIFM-DV in Absatz 1, dass der AIFM gewährleistet, dass bei allen von ihm verwalteten AIF der Nettoinventarwert je Anteil bei jeder Ausgabe oder Zeichnung oder Rücknahme oder Annullierung von Anteilen berechnet wird, mindestens aber einmal jährlich. In diesem Zusammenhang ist auch Art. 72 Abs. 4 AIFM-DV zu sehen, wonach der AIFM gewährleistet, dass die Anzahl der ausgegebenen Anteile regelmäßig überprüft wird, und zwar mindestens ebenso häufig, wie der Preis des Anteils berechnet wird. Art. 74 AIFMDV bestimmt für die Bewertung der von offenen AIF gehaltenen Finanzinstrumente, dass diese jedes Mal zu erfolgen hat, wenn der Nettoinventarwert je Anteil gemäß Art. 72 Abs. 1 AIFM-DV berechnet wird (Art. 74 Abs. 1 AIFM-DV). Nach Art. 74 Abs. 2 AIFM-DV erfolgt die Bewertung anderer Vermögensgegenstände, die von offenen AIF gehalten werden, mindestens jährlich sowie jedes Mal, wenn Belege vorliegen, dass die zuletzt vorgenommene Bewertung nicht mehr fair und oder ordnungsgemäß ist. Für die Bewertung der einzelnen Vermögenswerte schreibt Art. 67 Abs. 1 Unter- 5 absatz 2 AIFM-DV vor, dass der AIFM durch die Aufstellung von Bewertungsgrundsätzen gewährleisten soll, dass für alle relevanten Arten von Vermögensgegenständen, in die der AIFM zu investieren beabsichtigt, faire, angemessene und transparente Bewertungsmethoden zur Anwendung kommen. Zur genaueren Bestimmung und Ausgestaltung der Bewertungsmethoden für spezifische Arten von Vermögenswerten verweist Art. 67 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 AIFM-DV insbesondere auf nationalen Vorschriften, die Vertragsbedingungen und die Satzung des AIF. Diesbezüglich sind die allgemeinen Bestimmungen der §§ 168 und 169 sowie die besonderen Regelungen der KARBV zu berücksichtigen.6

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5 Siehe Art. 16 Abs. 1 Satz 2 des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG vom 30.4.2009, KOM(2009) 207 endgültig 2009/0064 (COD), abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/internal_market/investment/docs/ alternative_investments/fund_managers_proposal_de.pdf. 6 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 217 Rn. 3; Zur Verortung der Vorschriften zur Bewertung im KAGB und zu ihrem Verhältnis untereinander siehe Guzialowski Anlage in Real Assets: Bewertung als entscheidender Faktor zum Schutz der Anlegerinteressen, RdF 2017 203 (204); zu Einzelheiten zum Anpassungsbedarf der KARBV siehe auch Kleinschmidt/Schneider KAGB: Änderungen in den Verordnungen zur Prüfung, Rechnungslegung und Bewertung von Investmentvermögen und Kapitalverwaltungsgesellschaften, BaFin-Publikation vom 2.12.2013, abrufbar unter www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2013/fa_bj_2013_12_kapitalanlagegesetz buch.html.

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Schmid

§ 218

Gemischte Investmentvermögen

6

Gemäß Absatz 3 S. 1 erfolgt die Offenlegung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie nach § 170 und damit nach den dortigen Bestimmungen unter anderem in Bezug auf die zeitliche Frequenz der Veröffentlichung und das Veröffentlichungsmedium.7 Wie bereits eingangs8 aus der Gesetzesbegründung erwähnt, dient der Verweis auf § 170 der Klarstellung und der Herstellung des Zusammenhanges. Die eigentliche Regelung findet bereits aufgrund von § 170 Anwendung. 7 Nach Absatz 3 S. 2 ist die Bewertung der Vermögensgegenstände entsprechend den diesbezüglichen Anlagebedingungen offen zu legen und dies hat nach jeder Bewertung zu erfolgen.

UNTERABSCHNITT 2 Gemischte Investmentvermögen 78

§ 218 Gemischte Investmentvermögen § 218 Gemischte Investmentvermögen Schmid/Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-005 1 Gemischte Investmentvermögen sind offene inländische Publikums-AIF, die in Vermögensgegenstände nach Maßgabe des § 219 anlegen. 2 Auf die Verwaltung von Gemischten Investmentvermögen sind die Vorschriften der §§ 192 bis 211 insoweit anzuwenden, als sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294; Delegierte Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission vom 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds (EU-VO Nr. 694/2014 vom 17.12.2013); Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.2014.

A. Bezüge zum Investmentgesetz 1

§ 218 übernimmt grundsätzlich die Regelung des § 83 Abs. 1 InvG zur Bestimmung der anzuwendenden Vorschriften des KAGB. Lediglich Satz 1 wurde hinzugefügt und enthält nunmehr eine Definition was GemInvV sind.1 B. Normzweck B. Normzweck

2

Die Norm dient der Abgrenzung der GemInvV von anderen Fondstypen. Die Abgrenzung erfolgt neben der Definition der Abgrenzungsmerkmale eines GemInvV insbesondere durch die Bestimmungen des zulässigen Anlagenkatalogs. Insgesamt spiegelt sich hier die Tendenz des deutschen Gesetzgebers, Spezialregelungen für einzelne Fondstypen einzuführen anstatt übergreifende Rahmenbedingungen zu definieren, wider.2

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Siehe hierzu die Kommentierung zu § 170. Vgl. Rn. 1.

1 2

BTDrucks. 17/12294 S. 264. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lang InvG, Vor §§ 83–86 InvG Rn. 5.

Schmid/Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-005

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D. Anwendbare Vorschriften

§ 218

C. Definition

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Nach § 218 erster Satz weisen GemInvV vier Abgrenzungsmerkmale auf. Sie sind offene InvV, inländische InvV, Publikums-InvV und Alternative Investmentfonds.

3

Barac

Um als offene AIF zu qualifizieren, müssen nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 die Anlagebedin- 4 gungen der GemInvV vorsehen, dass die Anleger mindestens einmal pro Jahr das Recht zur Rückgabe ihrer Anteile haben. Diese derzeitige Regelung des deutschen Gesetzgebers steht nicht im Einklang mit der aktuellen Abgrenzung von offenen und geschlossenen AIF durch die EU-Kommission. Danach gelten AIF als offene AIF, wenn dessen Anteile vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase auf Ersuchen eines Anteilseigners nach dem Verfahren und mit der Häufigkeit, die in den Vertragsbedingungen oder in der Satzung, dem Prospekt oder den Emissionsunterlagen festgelegt sind, zurückgekauft oder zurückgenommen werden.3 Die Verordnung ist inzwischen durch die EU-Kommission erlassenen aber noch nicht vom EU-Parlament verabschiedet worden. Die Anpassung des KAGB an die EU-Vorgaben soll im Rahmen eines sog. Reparaturgesetzes erfolgen.4 GemInvV unterliegen dem inländischen Recht5 und als Publikums-AIF ist der An- 5 legerkreis nicht auf professionelle und semi-professionelle Anleger beschränkt. Anteile sind auch von Privatanlegern erwerbbar.6 § 218 erster Satz, zweiter Halbsatz verweist auf den Katalog erwerbbarer Vermögens- 6 gegenstände. Gegenüber OGAW ergibt sich ein erweitertes Anlageuniversum. Schon deswegen ergibt sich für GemInvV definitorisch aus § 1 Abs. 3, dass sie Alternative Investmentfonds sind. Einer expliziten Definition hätte es zwar nicht bedurft, dient aber der Klarstellung zur rechtlichen Einordnung der GemInvV. D. Anwendbare Vorschriften D. Anwendbare Vorschriften Neben den gesonderten Regelungen des § 219 zu den zulässigen Vermögensgegen- 7 ständen und Anlagegrenzen für GemInvV, bestimmt Satz 2, dass die Vorschriften des Kapitels 2 Abschnitt 2 für OGAW (§§ 192 bis 211) zur Anwendung kommen, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. Damit bleiben für GemInvV alle OGAW-konformen Vermögensgegenstände weiterhin erwerbbar. Die Anlagegrenzen für OGAW kommen ebenfalls weiterhin zur Anwendung. Ausnahmen sind in § 219 geregelt.7 § 218 regelt die Vorschriften, die „auf die Verwaltung von GemInvV“ anzuwenden 8 sind. Dabei kann es sich lediglich um die Portfolioverwaltung im engeren Sinne handeln, da die Norm lediglich die Vorschriften betreffend den Anlagenkatalog inklusiver dazugehöriger Anlagerestriktionen bestimmt. Auch ohne explizite Erwähnung in dieser Norm, sind auch die allgemeinen Vorschriften für offene inländische Publikumsinvestmentver-

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3 Artikel 1 Abs. 2 EU-VO Nr. 694/2014 vom 17.12.2013. 4 Artikel 2 Nr. 2a Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes. 5 § 1 Abs. 7 KAGB. 6 § 1 Abs. 6 KAGB. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lang § 83 InvG Rn. 1.

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Barac

§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

mögen, die z.B. die Rechnungslegung, die Bewertung oder den Vertrieb von Anteilen betreffen, anzuwenden. Ferner geht es in § 218 nur darum festzulegen, welche Vorschriften auf die GemInvV, 9 nicht aber auf die sie verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwahrstelle Anwendung finden.8 8

§ 219 
Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen § 219 Barac Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen https://doi.org/10.1515/9783110492217-006

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Gemischten Investmentvermögens nur erwerben: 1. Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 bis 198, 2. Anteile oder Aktien an a) inländischen AIF nach Maßgabe der §§ 218, 219 sowie Anteile an vergleichbaren EU- oder ausländischen AIF b) inländischen AIF nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 sowie Anteile an vergleichbaren EU- oder ausländischen AIF. (2) 1 Anteile oder Aktien nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a dürfen nur erworben werden, soweit der Publikums-AIF seine Mittel nach den Anlagebedingungen insgesamt zu höchstens 10 Prozent des Wertes seines Vermögens in Anteile an anderen Investmentvermögen anlegen darf. 2 Anteile oder Aktien nach 
Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b dürfen nur erworben werden, soweit der Publikums-AIF seine Mittel nach den Anlagebedingungen nicht in Anteile oder Aktien an anderen Investmentvermögen anlegen darf. (3) Absatz 2 gilt nicht für Anteile oder Aktien an anderen inländischen, EUoder ausländischen Publikums-AIF im Sinne des § 196 oder für Anteile oder Aktien an Spezial-AIF, die nach den Anlagebedingungen ausschließlich in die folgenden Vermögensgegenstände anlegen dürfen: 1. Bankguthaben, 2. Geldmarktinstrumente, 3. Wertpapiere, die zur Sicherung der in Artikel 18.1 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vom 7. Februar 1992 (BGBl. 1992 II S. 1299) genannten Kreditgeschäfte von der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bundesbank zugelassen sind oder deren Zulassung nach den Emissionsbedingungen beantragt wird, sofern die Zulassung innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt. (4) Ist es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach den Anlagebedingungen gestattet, für Rechnung des Gemischten Investmentvermögens Anteile oder Aktien nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b zu erwerben, gelten § 225 Absatz 3 und 4 Satz 2 und 3, § 228 Absatz 1 und § 229 Absatz 2 entsprechend. (5) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf in Anteile oder Aktien nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b insgesamt nur bis zu 10 Prozent des Wertes des Investmentvermögens anlegen. 2 Nach Maßgabe des § 207 Absatz 1 darf die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft in Anteile oder Aktien an einem einzigen Investmentvermögen nach § 196 Absatz 1 Satz 1 und 2 insgesamt nur in Höhe von bis zu

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 83 InvG Rn. 1.

Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-006

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A. Bezüge zum Investmentgesetz

§ 219

20 Prozent des Wertes des Investmentvermögens anlegen; § 207 Absatz 2 ist nicht anzuwenden. (6) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann die in § 209 bestimmten Grenzen für ein Wertpapierindex-OGAW-Investmentvermögen überschreiten, wenn nach den Anlagebedingungen die Auswahl der für das Gemischte Investmentvermögen zu erwerbenden Wertpapiere darauf gerichtet ist, unter Wahrung einer angemessenen Risikomischung einen bestimmten, allgemein und von der Bundesanstalt anerkannten Wertpapierindex nachzubilden. 2 § 209 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Schrifttum BaFin Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) (FAQ Eligible Assets), Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0001 vom 22. Juli 2013; dies. Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB (FAQ Übergangsvorschriften §§ 343 ff.), Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343 vom 18. Juni 2013; BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. MusterAnlagebedingungen.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294; Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung), EU-ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32; Richtlinie 2007/16/EG DER KOMMISSION vom 19. März 2007 zur Durchführung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Erläuterung gewisser Definitionen, EUABl. L 79 vom 20.3.2007, S. 11.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Bezüge zum Investmentgesetz | 1 Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände (Abs. 1) | 6 I. Anlagen in OGAW-konforme Vermögensgegenstände | 7 II. Anlagen in nicht OGAW-konforme Investmentvermögen | 9 III. Bestandsschutz für Sondervermögen nach InvG | 18 Verhinderung von Kaskadenstrukturen (Abs. 2) | 21

D. E.

F. G. H.

Ausnahme vom Kaskadenverbot (Abs. 3) | 29 Anwendung anderer Vorschriften bei Anlagen in Sonstige Investmentvermögen sowie vergleichbaren EUund ausländischen AIF (Abs. 4) | 31 Anlagegrenzen (Abs. 5) | 34 Erweiterte Anlagegrenzen
 (Abs. 6) | 38 Muster-Anlagebedingungen | 44

A. Bezüge zum Investmentgesetz A. Bezüge zum Investmentgesetz In der nachfolgenden Tabelle sind die aus dem aufgehobenen InvG ins KAGB über- 1 nommenen Vorschriften im Überblick dargestellt. InvG § 84 Zulässige Vermögensgegenstände Abs. 1 Nr. 1 Abs. 1 Nr. 2a

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§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Abs. 1 Nr. 2b Abs. 1 Nr. 2c Abs. 1 Nr. 3a Abs. 1 Nr. 3b Abs. 1 Nr. 3c Abs. 2 Satz 1 und 2 Abs. 2 Satz 3 Abs. 3 § 85 Anlagegrenzen § 86 Erweiterte Anlagegrenzen 2

§ 219 übernimmt einen Großteil der Vorschriften des InvG und fasst diese in einem einzelnen Paragraphen zusammen. Neben einigen redaktionellen Änderungen wurde die Anlagemöglichkeit in Immobilienfonds und in Hedgefonds nicht mit übernommen. Die Rückgabebeschränkungen des § 255 für Immobilien-Sondervermögen führen 3 dazu, dass die Rückgabe der Anteilscheine nur einmal im Kalenderjahr möglich ist. Dies steht im Widerspruch mit der kurzfristigen Rückgabemöglichkeit der Anteile an GemInvV. In der Vergangenheit ist es wiederholt zur Aussetzung der Anteilsscheinrücknahme 4 und auch zur Abwicklung von Immobilienfonds, im Wesentlichen aus Liquiditätsproblemen, gekommen. Die Aussetzung der Rücknahme der Anteilsscheine führte bei Gemischten-Sondervermögen, die im Rahmen ihrer Anlagestrategie hauptsächlich in solche Immobilienfonds investiert waren (sog. Dach-Immobilienfonds mit einer Immobilienquote über 50%), ebenfalls zur Schließung und Abwicklung. Gemäß § 283 sind Hedgefonds nur noch als inländische Spezial-AIF zulässig. Folge5 richtig sind sie aus dem Anlagekatalog für GemInvV gestrichen worden. Die praktische Relevanz dieser Anlagemöglichkeit für GemInvV war ohnehin eher sehr gering. Privatanleger können in Hedgefonds nur noch indirekt über Dach-Hedgefonds (§§ 225 ff.) investieren. B. Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände (Abs. 1) B. Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände (Abs. 1) 6

§ 219 enthält in Abs. 1 einen Katalog von Vermögensgegenständen, in die ein GemInvV investieren kann. Neben den Anlagen in Vermögensgegenstände, in die auch ein OGAW investieren kann, kommen zusätzliche Anlagen in Gemischte – und Sonstige Investmentvermögen in Frage. I. Anlagen in OGAW-konforme Vermögensgegenstände

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Abs. 1 Nr. 1 regelt die Zulässigkeit der Vermögensgegenstände nach den §§ 193 bis 198 als Anlage in einem GemInvV und verweist auf die Regelungen für OGAW in Kapitel 2 Abschnitt 2 des Gesetzes. Somit sind sämtliche Vermögensgegenstände, in die ein OGAW investieren darf, auch für ein GemInvV erwerbbar. Barac

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B. Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände (Abs. 1)

§ 219

Im Einzelnen darf ein GemInvV gemäß Abs. 1 Nr. 1 die folgenden Vermögensgegen- 8 stände erwerben: – Wertpapiere (§ 193), – Geldmarktinstrumente (§ 194), – Bankguthaben (§ 195), – Investmentanteile (§ 196), – Derivate (§ 197), – Sonstige Anlageinstrumente (§ 198). II. Anlagen in nicht OGAW-konforme Investmentvermögen Gemäß Abs. 1 Nr. 2 ist der Erwerb von Anteilen oder Aktien an Gemischten- und Sonstigen Investmentvermögen zulässig. Die Anlage in andere nicht OGAW-konforme Investmentvermögen wie z.B. Immobilien- und Hedgefonds ist nicht zulässig. Die Möglichkeit des Erwerbs von Anteilen an anderen GemInvV (Zielfonds) ist die konsequente Übertragung des Ansatzes, dass OGAW gemäß § 196 unter Beachtung bestimmter Anlagegrenzen in andere OGAW investieren dürfen. Da dem Zielfonds dasselbe Anlageuniversum unter denselben Restriktionen wie dem erwerbenden GemInvV zur Verfügung steht, erscheint es nur angemessen, den Erwerb zuzulassen. Die in der Literatur diskutierten unterschiedlichen Auffassungen haben durchaus ihre Berechtigung. Einerseits stellt sich die Frage, warum ein GemInvV ein indirektes Investment in einen Zielfonds, welches zusätzliche Kosten verursacht einer direkten Anlage vorzieht, und ob diese Strategie mit den Anlegerinteressen in Einklang steht. Andererseits sind durchaus Konstellationen vorstellbar, in denen z.B. das Portfoliomanagement der ZielfondsKapitalverwaltungsgesellschaft eine bessere Expertise zu einem bestimmten Anlageprodukt oder einer Anlageregion hat als das Portfoliomanagement der Kapitalverwaltungsgesellschaft des investierenden GemInvV. Die Entscheidung müsste im Einzelfall begründet und dokumentiert sein. Sonstige Investmentvermögen gemäß § 220 ff. sind offene inländische Alternative Investmentfonds, die in OGAW-konforme Vermögensgegenstände investieren dürfen. Ergänzend ist für SoInvV ein erweiterter Anlagenkatalog geregelt. Dadurch können GemInvV indirekt über den Erwerb von Anteilen an Sonstigen Investmentvermögen auch in Edelmetalle und unverbriefte Darlehensforderungen investieren. Mit der Möglichkeit über die Anlage in Sonstige Investmentvermögen wollte der Gesetzgeber die Attraktivität für die Anleger erhöhen. Ferner wird dadurch eine den GemInvV weitergehende Risikodiversifikation eröffnet. Allerdings lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung entnehmen, warum diese Vermögensgegenstände nur indirekt erworben werden dürfen. Darüber hinaus sind mit diesen beiden Fondstypen vergleichbare EU- oder ausländische AIF erwerbbar. Während das Gesetz EU-AIF und ausländische AIF unter den Begriffsbestimmungen des § 1 definiert, findet sich im Gesetz kein Hinweis, was unter der geforderten Vergleichbarkeit der Fondstypen zu verstehen ist. EU-AIF sind Investmentvermögen, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des Abkommens über dem Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen; ausländische AIF unterliegen dem Recht eines Drittstaates. Dieser weit gefassten Definition unterfallen alle Staaten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Aus dieser Definition erfolgt demnach keine länderbezogene Begrenzung. Die Abgrenzungskriterien zur Vergleichbarkeit lassen sich in drei Gruppen strukturieren: – Fondstyp-spezifische Kriterien 25

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§ 219

– –

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Fondstyp-unabhängige Kriterien Länderbezogene aufsichtliche Kriterien

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Zu den Fondstyp-spezifischen Kriterien gehören Merkmale, die bestimmten Fondstypen zuordenbar sind und die die Eigenschaft haben, Fondstypen untereinander unterscheidbar zu machen, wie bspw. der Katalog der erwerbbaren Vermögensgegenstände und die Rückgabemöglichkeiten. Zu den Fondstyp-unabhängigen Kriterien zählen etwa der Grundsatz der Risikomi16 schung, der Grad des Anlegerschutzes oder die Kontrollfunktion der Verwahrstelle, die unabhängig vom spezifischen Fondstyp Geltung haben. Länderbezogene aufsichtliche Kriterien betreffen die Vergleichbarkeit der Beaufsich17 tigung. Dabei muss der Grad der Beaufsichtigung vergleichbar sein. Dieser konkretisiert sich in den zu erfüllenden aufsichtlichen Anforderungen, wie z.B. Zulassungs- und Eigenmittelanforderungen, Meldepflichten an die Aufsicht, Prüfungs- und Rechnungslegungspflichten. Für EU-AIF dürfte dies im Hinblick auf das einheitliche Europäische Regelwerk (single rulebook) wie etwa die OGAW-RL, die AIFM-RL nur dort problematisch sein, wo die Umsetzung der entsprechenden Regelungen noch nicht oder nicht einheitlich erfolgte. Problematischer wird die Vergleichbarkeit der Beaufsichtigung bei 
Drittstaaten. Hierfür hat die BaFin ein Merkblatt zur Zusammenarbeit mit Aufsichten in Drittstaaten veröffentlicht. Aus diesem gehen die Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten hervor, mit denen die BaFin eine Kooperationsvereinbarung im Rahmen der AIFM-RL geschlossen hat und Handlungsempfehlungen wie bei nicht Vorliegen einer Vereinbarung vorzugehen ist. III. Bestandsschutz für Sondervermögen nach InvG Auf Grund des Wegfalls der Investitionsmöglichkeiten von GemInvV in Immobilienund Hedgefonds (vgl. Rn. 2), war es erforderlich eine Regelung für sog. „Altfonds“, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAGB bereits aufgelegt und in Anteilen von Immobilienfonds oder in Anteilen oder Aktien von Hedgefonds investiert waren, einzuführen. Der Gesetzgeber hat dies in § 348 mit einer speziellen Übergangsvorschrift für Gemischte Sondervermögen und Gemischte Investmentaktiengesellschaften geregelt. Demnach können diese „Altfonds“ die oben genannten Anteile oder Aktien weiter 19 halten. Ein Neuerwerb nach Inkrafttreten des KAGB ist ausgeschlossen. Ebenso sind die weiteren Übergangsfristen, wie z.B. die Umstellung der Anlagebedingungen, einzuhalten. Dieser Bestandschutz findet nur insoweit Anwendung, als der bei Inkrafttreten des KAGB gehaltene „Altbestand“ im Rahmen der Vorgaben des Investmentgesetzes gehalten wird. So sind bspw. Anlagegrenzüberschreitungen, die sich schon aus dem InvG ergeben haben, unter Wahrung der Anlegerinteressen, zeitnah zurückzuführen. In Zusammenhang mit der Umstellung der Verkaufsprospekte und Anlagebedin20 gungen stellt sich ferner die Frage, ob ein Hinweis auf den „Altbestand“ in diesen Dokumenten erforderlich ist. Die Bafin hat dies in Ihrem FAQ bejaht. Wenn auch die Formulierung der BaFin etwas vage erscheint („wird … notwendig sein; dürfte … erforderlich sein“), so scheint es aus Anlegerschutzgründen und Informationsverpflichtungen der KVG geboten, einem interessierten Anleger vor Erwerb der Anteile an einem GemInvV, darauf hinzuweisen, dass das Investmentvermögen noch in Anlagen investiert ist, die nach den neuen Vorschriften des KAGB nicht mehr zulässig sind. 18

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D. Ausnahme vom Kaskadenverbot (Abs. 3)

§ 219

C. Verhinderung von Kaskadenstrukturen (Abs. 2) Nachdem in Abs. 1 zunächst die zulässigen Investments für ein GemInvV definiert wurden, schränken die nachfolgenden Regelungen des § 219 den Erwerb bestimmter Anteile oder Aktien für das GemInvV ein. Die Regelung in Abs. 2 entspricht der Regelung des § 196 Abs. 1 Satz 3 für OGAWInvestmentanteile und wurde im § 219 Abs. 2 aufgegriffen. Mit der Regelung sollen Kaskadenstrukturen in Zielfonds verhindert werden. Das Kaskadenverbot des Abs. 2 beschränkt den Erwerb von Anteilen oder Aktien an Gemischten und Sonstigen Investmentvermögen sowie vergleichbaren EU- und ausländischen AIF. Einer expliziten Einschränkung der ebenfalls zum Erwerb zulässigen OGAWInvestmentanteile gemäß § 196 bedurfte es nicht, da diese gemäß § 196 Abs. 1 Satz 3 ohnehin einem Kaskadenverbot unterliegen. Das Instrument zur Verhinderung von Kaskadenstrukturen, dessen sich der Gesetzgeber bedient, besteht aus der vertraglichen Bindung der Zielfonds nicht bzw. nur begrenzt in andere Zielfonds zu investieren. Während der Zielfonds in Form eines GemInvV sowie vergleichbarer EU- und ausländischer AIF vertraglich noch bis max. 10% des Wertes seines Vermögens in andere Zielfonds investieren darf, ist dem Zielfonds in Form des 
Sonstigen InvV sowie vergleichbarer EU- und ausländischer AIF der Erwerb andere Zielfonds vertraglich gänzlich untersagt (auch 0% Grenze). Das GemInvV darf diese Zielfonds nur erwerben, wenn in deren Anlagebedingungen die genannten Beschränkungen schriftlich niedergelegt sind. Das Kaskadenverbot ist eine Ausprägung des Anlegerschutzes. Es verhindert die Entstehung von mehrstufigen Investmentstrukturen, bei denen der Anleger letztendlich nicht mehr erkennen kann, in welche Anlagen das GemInvV investiert und somit keine Transparenz mehr darüber hat, welche Chancen- und Risikostruktur seine Anlage tatsächlich ausweist. Zudem soll es verhindern, dass der Anleger durch Kosten, die innerhalb mehrstufiger Investmentstrukturen entstehen können, zusätzlich belastet wird bzw. mangels Kostentransparenz eine Verschleierung der Kosten stattfindet. Die in der Literatur teilweise geäußerte Ansicht, dass der Sinn und Zweck des Kaskadenverbots auch durch zusätzliche und vollumfängliche Transparenz erreicht werden könnte ist kritisch zu sehen. Der Gesetzgeber hat mit den Anlagebedingungen (§ 162), dem Verkaufsprospekt (§ 165), dem Jahresbericht (§ 101) und zahlreichen anderen Vorschriften zur Information des Anlegers (z.B. § 300 Zusätzliche Informationspflichten bei AIF) die Transparenz gegenüber dem Anleger so umfangreich geregelt, dass es fraglich erscheint, ob der Umfang und der Detailierungsgrad dieser Informationen vom Anleger bei seiner Anlageentscheidung ohne ein beachtliches Maß an Vorwissen und Fachkenntnissen sachgerecht berücksichtigt werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch die Einführung der wesentlichen Anlegerinformationen (§ 164) durch OGAW IV, bei denen die Einfachheit, Klarheit und Verständlichkeit für den Anleger im Vordergrund steht zu erwähnen. D. Ausnahme vom Kaskadenverbot (Abs. 3)

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D. Ausnahme vom Kaskadenverbot (Abs. 3) Die oben genannten Erwerbsbeschränkungen gelten nicht, wenn der Zielfonds aus- 29 schließlich in hoch liquiden Anlagen investieren darf. Der insoweit abschließende Katalog umfasst dabei Anlagen in – Bankguthaben – Geldmarktinstrumente 27

Barac

§ 219



30

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

zur Sicherung von Offenmarkt- und Kreditgeschäften der EZB zugelassene Wertpapiere.

Die Regelung ermöglicht GemInvV den Erwerb der vorgenannten Zielfonds auch dann, wenn diese ihre Liduiditätsanlage z.B. in einem Spezial-AIF gebündelt haben, der den Anforderungen des Abs. 3 entspricht. E. Anwendung anderer Vorschriften bei Anlagen in Sonstigen 
Investmentvermögen sowie vergleichbaren EU- und ausländischen 
Investmentvermögen (Abs. 4)

31

Falls nach den Anlagebedingungen das GemInvV in Sonstige InvV sowie vergleichbaren EU- und ausländischen AIF investieren darf, sind zusätzlich Vorschriften aus der Regulierung von Dach-Hedgefonds zu beachten. Im Einzelnen sind dies: – § 225 Abs. 3 – § 225 Abs. 4 S. 3 und 4 – § 228 Abs. 1 – § 229 Absatz 2.

32

Die Regelung wurde ursprünglich im Zuge des Investmentmodernisierungsgesetzes mit folgender Begründung aufgenommen: Wenn nach den Vertragsbedingungen Anteile an Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken dem Sondervermögen nach diesem Abschnitt beigemischt werden, sind von der Kapitalanlagegesellschaft Vorschriften zu beachten, die auch für den Erwerb von Zielfonds durch ein Dach-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken zu berücksichtigen sind.

33

Damit wurden einzelne Anlegerschutzvorschriften für Dach-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken für entsprechend anwendbar erklärt, soweit das GemInvV nach seinen Vertragsbedingungen diese erwerben durfte. Da mit der Einführung des KAGB und der damit einhergehenden Anpassung der zulässigen Vermögensgegenstände für Sonstige Investmentvermögen die Anlage in Hedgefonds gestrichen wurde, ist dem GemInvV der Erwerb von Hedegfondsanteilen weder direkt noch indirekt über den Erwerb von Anteilen an Sonstigen InvV möglich. Dadurch geht die Verweisung auf die zusätzlichen Anforderungen aus der Dach-Hedgefonds-Regulierung ins Leere und ist nicht mehr sachgerecht. F. Anlagegrenzen (Abs. 5) F. Anlagegrenzen (Abs. 5)

34

Die Anlagebegrenzung des Abs. 5 übernimmt inhaltlich identisch die Bestimmungen des aufzuhebenden § 85 InvG. Die Bestimmung ist dreiteilig aufgebaut. Im ersten Satz erfolgt eine Begrenzung der 35 Anlagemöglichkeiten in Sonstige InvV auf max. 10% des Wertes des GemInvV. Begründet wird dies damit, dass wirtschaftlich lediglich eine Beimischung angestrebt wird und Kapitalverwaltungsgesellschaften nicht in gleicher Weise ein Risiko-Messsystem vorhalten können wie solche, die die Auflegung und Verwaltung von Dach-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken betreiben. Da GemInvV ohnehin nicht mehr in Hedgefonds investieren dürfen, lässt sich die ursprüngliche Begründung zur Interpretation nicht mehr heranziehen. Die Übernahme der Bestimmung aus dem InvG in das KAGB erscheint eher als redaktionelles Versehen, den als begründete Anlegerschutzmaßnahme. Barac

28

G. Erweiterte Anlagegrenzen (Abs. 6)

§ 219

Satz 2 ist mit der OGAW IV-RL in das InvG eingeführt worden. GemInvV dürfen 36 Anteile an OGAW und anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital sowie Anteile an ausländischen offenen Investmentvermögen, die keine Anteile an EU-OGAW sind unter den dort genannten Voraussetzungen erwerben. Satz 2 zweiter Halbsatz stellt klar, dass die für OGAW geltende 30% -Grenze zu Anla- 37 gen in Nicht-OGAW für GemInvV nicht gilt. Demnach kann ein GemInvV bis zu 100% seines Wertes in Anteile an den zulässigen Investmentvermögen investieren, sofern die Investition in einziges Investmentvermögen nicht mehr als 20 Prozent des Wertes des GemInvV übersteigt. G. Erweiterte Anlagegrenzen (Abs. 6) G. Erweiterte Anlagegrenzen (Abs. 6) Abs. 6 erweitert die in § 209 bestimmten Anlagegrenzen für Wertpapierindex- 38 OGAW. § 209 Abs. 1 hebt die Emittentengrenzen des § 206 für Wertpapierindex-OGAW auf 20% des Wertes des Investmentvermögens an und erlaubt in § 209 Abs. 2 eine Anhebung dieser Grenze auf 35%, soweit davon nur Wertpapiere eines einzelnen Ausstellers betroffen sind. Unter den nachfolgend dargestellten Voraussetzungen können GemInvV auch diese erhöhten Ausstellergrenzen gemäß Abs. 6 überschreiten. Erste Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erweiterten Anlagegrenzen ist, 39 dass die Anlagebedingungen des GemInvV bestimmen, dass die Auswahl der zu erwerbenden Wertpapiere darauf ausgerichtet ist, unter Wahrung einer angemessenen Risikomischung einen bestimmten, allgemeinen und von der BaFin anerkannten Wertpapierindex nachzubilden. Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um einen bestimmten, allgemeinen und von 40 der BaFin anerkannten Wertpapierindex handelt. Gesetz und Gesetzesbegründung lassen offen, welche konkreten Anforderungen an einen bestimmten und allgemeinen Wertpapierindex zu stellen sind. Das ist in der praktischen Auslegung auch unerheblich, da die Anforderungen kumulativ zu erfüllen sind und somit die Anerkennung durch die BaFin in der Praxis das entscheidende Kriterium darstellen dürfte. Mit dem Verweis des Abs. 6 Satz 2 auf § 209 Abs. 1 Satz 2 zu den Anforderungen zur Anerkennung eines Wertpapierindex wird das Ermessen der BaFin eingeschränkt. Ein Wertpapierindex ist anzuerkennen wenn, 1. seine Zusammensetzung hinreichend diversifiziert ist, 2. er eine adäquate Bezugsgrundlage für den Markt darstellt, auf den er sich bezieht, 3. er in angemessenere Weise veröffentlicht wird. Zur Auslegung dieser drei Kriterien kann die EU-Richtlinie 2007/16/EG (Durchfüh- 41 rungsrichtlinie zur OGAW-Richtlinie) herangezogen werden. In Art. 12 der RL 2007/16/EG wird zur Konkretisierung was unter hinreichend diversifiziert zu verstehen ist, aber lediglich auf die Diversifizierungsvorschriften des Art. 22a Abs. 2 der RL 85/611 EWG zurückverwiesen. Die Bestimmung ist deshalb überflüssig. Zur Auslegung kann vielmehr unterstellt werden, dass jeder Index, der sich auf einen vorhandenen Markt bezieht unddamit die Vielfalt und den Wettbewerb unter den Marktteilnehmern abbildet auch eine unangemessene Risikokonzentration ausschließt. Den Nachweis hierüber wird die Kapitalverwaltungsgesellschaft führen müssen. Zur Bestimmung einer adäquaten Bezugsgrundlage führt Art. 12 Abs. 3 aus, dass 42 dies dann gegeben ist, wenn der Indexanbieter eine anerkannte Methodik anwendet, die in aller Regel nicht zum Ausschluss eines größeren Emittenten vom Markt, auf den sich der Index bezieht, führt. Die Formulierung ist so auszulegen, dass die Methodik zur Ermittlung 29

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§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

des Index so ausgestaltet sein muss, dass nicht durch eine etwaige Nichtbeachtung einzelner Emittenten die Marktverhältnisse nicht oder nur verzerrt wiedergegeben werden. Die Veröffentlichung in angemessener Weise ist gemäß Art. 12 Abs. 4 an zwei An43 forderungen geknüpft. Erstens muss der Index öffentlich zugänglich sein. Das dürfte z.B. immer dann der Fall sein, wenn die Veröffentlichung regelmäßig in einer Tageszeitung oder auf der allgemein zugänglichen Internetseite des Indexanbieters veröffentlicht wird. Des Weiteren muss der Indexanbieter von der Kapitalverwaltungsgesellschaft unabhängig sein. Indexanbieter und Kapitalverwaltungsgesellschaft dürfen dabei demselben Konzern angehören, sofern wirksame Regelungen zum Interessenkonfliktmanagement getroffen worden sind. An dieser Stelle erschließt sich allerdings nicht, in welchem logischen Zusammenhang eine angemessene Veröffentlichung des Index mit potentiellen Interessenkonflikten zu tun hat. H. Muster-Anlagebedingungen H. Muster-Anlagebedingungen 44

Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V., Frankfurt am Main hat als Orientierungshilfe Muster-Anlagebedingungen erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten abgestimmt. Die beigefügten Allgemeinen und Besonderen Muster-Anlagebedingungen berücksichtigen das InvStG und sind seit 1.1.2018 anwendbar.

GEMISCHTE SONDERVERMÖGEN ALLGEMEINE ANLAGEBEDINGUNGEN für

GEMISCHTE SONDERVERMÖGEN – Keine Umbrella-Konstruktion nach § 96 KAGB – (Stand: März 2017; Version mit InvStG 2018) Disclaimer: Die nachstehenden Muster-Anlagebedingungen, darin enthaltene Musterbausteine, Erläuterungen und Formulierungen orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben des KAGB. Sie sind vom BVI und seinen zuständigen Gremien erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten (und insbesondere nicht unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten) abgestimmt worden. Sie stellen eine Orientierungshilfe dar und sind nicht verbindlich; so können sie etwa in Reihenfolge, Formulierung und Inhalt geändert werden. Der Verwender ist gehalten, die Muster-Anlagebedingungen für seine individuelle Nutzung genau zu prüfen und ggfs. entsprechend anzupassen. Die Muster-Anlagebedingungen wurden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Da ggfs. anderslautende Rechtsauffassungen oder Fehler nicht ausgeschlossen werden können, erheben die Formulierungsvorschläge der Muster-Anlagebedingungen keinen Anspruch auf uneingeschränkte Rechtsgültigkeit. Der BVI übernimmt keine Haftung für den Inhalt der vorliegenden MusterAnlagebedingungen. Barac

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H. Muster-Anlagebedingungen

§ 219

Allgemeine Anlagebedingungen zur Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Anlegern und der …………………, (Sitz), („Gesellschaft“) für die von der Gesellschaft verwalteten Gemischten Sondervermögen, die nur in Verbindung mit den für das jeweilige Gemischte Sondervermögen aufgestellten „Besonderen Anlagebedingungen“ gelten. § 1 Grundlagen 1. 2.

3.

Die Gesellschaft ist eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und unterliegt den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). Die Gesellschaft legt das bei ihr eingelegte Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikomischung in den nach dem KAGB zugelassenen Vermögensgegenständen gesondert vom eigenen Vermögen in Form eines Gemischten Sondervermögens an. Über die sich hieraus ergebenden Rechte der Anleger werden Sammelurkunden ausgestellt. Der Geschäftszweck des Gemischten Sondervermögens ist auf die Kapitalanlage gemäß einer festgelegten Anlagestrategie im Rahmen einer kollektiven Vermögensverwaltung mittels der bei ihm eingelegten Mittel beschränkt; eine operative Tätigkeit und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der gehaltenen Vermögensgegenstände ist ausgeschlossen. Das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und dem Anleger richtet sich nach den Allgemeinen Anlagebedingungen (AABen) und Besonderen Anlagebedingungen (BABen) des Gemischten Sondervermögens und dem KAGB. § 2 Verwahrstelle

1.

2.

3.

4.

31

Die Gesellschaft bestellt für das Gemischte Sondervermögen eine Einrichtung im Sinne des § 80 Absatz 2 KAGB als Verwahrstelle; die Verwahrstelle handelt unabhängig von der Gesellschaft und ausschließlich im Interesse der Anleger. Die Aufgaben und Pflichten der Verwahrstelle richten sich nach dem mit der Gesellschaft geschlossenen Verwahrstellenvertrag, dem KAGB und den Anlagebedingungen. Die Verwahrstelle kann Verwahraufgaben nach Maßgabe des § 82 KAGB auf ein anderes Unternehmen (Unterverwahrer) auslagern. Näheres hierzu enthält der Verkaufsprospekt. Die Verwahrstelle haftet gegenüber dem Gemischten Sondervermögen oder gegenüber den Anlegern für das Abhandenkommen eines verwahrten Finanzinstrumentes im Sinne des § 81 Absatz 1 Nr. 1 KAGB durch die Verwahrstelle oder durch einen Unterverwahrer, dem die Verwahrung von Finanzinstrumenten nach § 82 Absatz 1 KAGB übertragen wurde. Die Verwahrstelle haftet nicht, wenn sie nachBarac

§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

weisen kann, dass das Abhandenkommen auf äußere Ereignisse zurückzuführen ist, deren Konsequenzen trotz aller angemessenen Gegenmaßnahmen unabwendbar waren. Weitergehende Ansprüche, die sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder unerlaubten Handlungen ergeben, bleiben unberührt. Die Verwahrstelle haftet auch gegenüber dem Gemischten Sondervermögen oder den Anlegern für sämtliche sonstigen Verluste, die diese dadurch erleiden, dass die Verwahrstelle fahrlässig oder vorsätzlich ihre Verpflichtungen nach den Vorschriften des KAGB nicht erfüllt. Die Haftung der Verwahrstelle bleibt von einer etwaigen Übertragung der Verwahraufgaben nach Absatz 3 Satz 1 unberührt. § 3 Fondsverwaltung 1.

2.

3.

Die Gesellschaft erwirbt und verwaltet die Vermögensgegenstände im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger mit der gebotenen Sachkenntnis, Redlichkeit, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Sie handelt bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Verwahrstelle und ausschließlich im Interesse der Anleger. Die Gesellschaft ist berechtigt, mit dem von den Anlegern eingelegten Geld die Vermögensgegenstände zu erwerben, diese wieder zu veräußern und den Erlös anderweitig anzulegen. Sie ist ferner ermächtigt, alle sich aus der Verwaltung der Vermögensgegenstände ergebenden sonstigen Rechtshandlungen vorzunehmen. Die Gesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger weder Gelddarlehen gewähren noch Verpflichtungen aus einem Bürgschafts- oder einem Garantievertrag eingehen; sie darf keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193, 194 und 196 KAGB verkaufen, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Gemischten Sondervermögen gehören. § 197 KAGB bleibt unberührt. § 4 Anlagegrundsätze

Das Gemischte Sondervermögen wird unmittelbar oder mittelbar nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt. Die Gesellschaft soll für das Gemischte Sondervermögen nur solche Vermögensgegenstände erwerben, die Ertrag und/oder Wachstum erwarten lassen. Sie bestimmt in den BABen, welche Vermögensgegenstände für das Gemischte Sondervermögen erworben werden dürfen. § 5 Wertpapiere Sofern die BABen keine weiteren Einschränkungen vorsehen, darf die Gesellschaft vorbehaltlich des § 198 KAGB für Rechnung des Gemischten Sondervermögens Wertpapiere nur erwerben, wenn a) sie an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder in einem dieser Staaten an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, b) sie ausschließlich an einer Börse außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder in einem dieser Staaten an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, soBarac

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H. Muster-Anlagebedingungen

§ 219

fern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) zugelassen ist,1 c) ihre Zulassung an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel oder ihre Zulassung an einem organisierten Markt oder ihre Einbeziehung in diesen Markt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach den Ausgabebedingungen zu beantragen ist, sofern die Zulassung oder Einbeziehung dieser Wertpapiere innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt, d) ihre Zulassung an einer Börse zum Handel oder ihre Zulassung an einem organisierten Markt oder die Einbeziehung in diesen Markt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach den Ausgabebedingungen zu beantragen ist, sofern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt zugelassen ist und die Zulassung oder Einbeziehung dieser Wertpapiere innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt, e) sie Aktien sind, die dem Gemischten Sondervermögen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zustehen, f) sie in Ausübung von Bezugsrechten, die zum Gemischten Sondervermögen gehören, erworben werden, g) sie Anteile an geschlossenen Fonds sind, die die in § 193 Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 KAGB genannten Kriterien erfüllen, h) sie Finanzinstrumente sind, die die in § 193 Absatz 1 Satz 1 Nr. 8 KAGB genannten Kriterien erfüllen. Der Erwerb von Wertpapieren nach Satz 1 Buchstaben a) bis d) darf nur erfolgen, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 193 Absatz 1 Satz 2 KAGB erfüllt sind. Erwerbbar sind auch Bezugsrechte, die aus Wertpapieren herrühren, welche ihrerseits nach diesem § 5 erwerbbar sind. § 6 Geldmarktinstrumente 1.

Sofern die BABen keine weiteren Einschränkungen vorsehen, darf die Gesellschaft vorbehaltlich des § 198 KAGB für Rechnung des Gemischten Sondervermögens Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, sowie verzinsliche Wertpapiere, die zum Zeitpunkt ihres Erwerbs für das Gemischte Sondervermögen eine restliche Laufzeit von höchstens 397 Tagen haben, deren Verzinsung nach den Ausgabebedingungen während ihrer gesamten Laufzeit regelmäßig, mindestens aber einmal in 397 Tagen, marktgerecht angepasst wird oder deren Risikoprofil dem Risikoprofil solcher Wertpapiere entspricht (Geldmarktinstrumente), erwerben. Geldmarktinstrumente dürfen für das Gemischte Sondervermögen nur erworben werden, wenn sie a) an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

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33

Die Börsenliste wird auf der Homepage der Bundesanstalt veröffentlicht (http://www.bafin.de).

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§ 219

2.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, b) ausschließlich an einer Börse außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, sofern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt zugelassen ist,2 c) von der Europäischen Union, dem Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einem anderen Mitgliedstaat oder einer anderen zentralstaatlichen, regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft oder der Zentralbank eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank oder der Europäischen Investitionsbank, einem Drittstaat oder, sofern dieser ein Bundesstaat ist, einem Gliedstaat dieses Bundesstaates oder von einer internationalen öffentlich-rechtlichen Einrichtung, der mindestens ein Mitgliedstaat der Europäischen Union angehört, begeben oder garantiert werden, d) von einem Unternehmen begeben werden, dessen Wertpapiere auf den unter den Buchstaben a) und b) bezeichneten Märkten gehandelt werden, e) von einem Kreditinstitut, das nach den im Recht der Europäischen Union festgelegten Kriterien einer Aufsicht unterstellt ist, oder einem Kreditinstitut, das Aufsichtsbestimmungen, die nach Auffassung der Bundesanstalt denjenigen des Rechts der Europäischen Union gleichwertig sind, unterliegt und diese einhält, begeben oder garantiert werden, oder f) von anderen Emittenten begeben werden und diese den Anforderungen des § 194 Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 KAGB entsprechen. Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur erworben werden, wenn sie die jeweiligen Voraussetzungen des § 194 Absatz 2 und 3 KAGB erfüllen. § 7 Bankguthaben

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Gemischten Sondervermögens Bankguthaben halten, die eine Laufzeit von höchstens zwölf Monaten haben. Die auf Sperrkonten zu führenden Guthaben können bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterhalten werden; die Guthaben können auch bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittstaat, dessen Aufsichtsbestimmungen nach Auffassung der Bundesanstalt denjenigen des Rechts der Europäischen Union gleichwertig sind, gehalten werden. Sofern in den BABen nichts anderes bestimmt ist, können die Bankguthaben auch auf Fremdwährung lauten. § 8 Investmentanteile 1.

Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft für Rechnung des Gemischten Sondervermögens Anteile an Investmentvermögen gemäß der Richtlinie 2009/65/EG (OGAW-Richtlinie) erwerben. Anteile an anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften mit veränderli-

_____ 2

Siehe Fußnote 1.

Barac

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H. Muster-Anlagebedingungen

2.

3.

4.

5.

6.3

§ 219

chem Kapital sowie Anteile an offenen EU-AIF und ausländischen offenen AIF, können erworben werden, sofern sie die Anforderungen des § 196 Absatz 1 Satz 2 KAGB erfüllen. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft darüber hinaus Anteile an Publikums-Sondervermögen nach Maßgabe der §§ 218 und 219 KAGB (Gemischte Sondervermögen), Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine einem Gemischten Sondervermögen vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an vergleichbaren EUoder ausländischen AIF erwerben. Anteile an Investmentvermögen gemäß den Absätzen 1 und 2 darf die Gesellschaft nur erwerben, wenn diese nach den Anlagebedingungen oder der Satzung der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital, des EU-Investmentvermögens, der EU-Verwaltungsgesellschaft, des ausländischen AIF oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft insgesamt höchstens 10 Prozent des Wertes ihres Vermögens in Anteilen an anderen inländischen Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen AIF anlegen. Diese Grenze gilt nicht für Anteile oder Aktien an anderen inländischen, EU- oder ausländischen offenen Publikumsinvestmentvermögen im Sinne des § 196 KAGB sowie für Anteile oder Aktien an offenen Spezialinvestmentvermögen, sofern diese nach den jeweiligen Anlagebedingungen ausschließlich investieren dürfen in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und Wertpapiere nach Maßgabe des § 219 Absatz 3 Nr. 3 KAGB. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft zusätzlich Anteile an Publikums-Sondervermögen nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 KAGB (Sonstige Sondervermögen), Aktien von Investment-aktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine einem Sonstigen Sondervermögen vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an vergleichbaren EUoder ausländischen AIF erwerben. Anteile oder Aktien an Investmentvermögen gemäß Absatz 4 dürfen nur erworben werden, wenn deren Vermögensgegenstände von einer Verwahrstelle verwahrt werden oder die Funktionen der Verwahrstelle von einer anderen vergleichbaren Einrichtung wahrgenommen werden und soweit diese Investmentvermögen ihre Mittel nach ihren Anlagebedingungen nicht ihrerseits in Anteile oder Aktien anderer Investmentvermögen anlegen dürfen. Satz 1 letzter Halbsatz gilt nicht für Anteile oder Aktien an anderen inländischen, EU- oder ausländischen offenen Publikumsinvestmentvermögen im Sinne des § 196 KAGB sowie für Anteile oder Aktien an offenen Spezialinvestmentvermögen, sofern diese nach den jeweiligen Anlagebedingungen ausschließlich investieren dürfen in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und Wertpapiere nach Maßgabe des § 219 Absatz 3 Nr. 3 KAGB. Die Gesellschaft darf nicht in Anteile an ausländischen offenen Investmentvermögen aus Staaten anlegen, die bei der Bekämpfung der Geldwäsche nicht im Sinne internationaler Vereinbarungen kooperieren. Darüber hinaus darf das Gemischte Sondervermögen Anteile oder Aktien an folgenden Investmentvermögen weiter halten, soweit diese zulässig vor dem 22.7.2013 nach den unten stehenden Regelungen erworben wurden:

_____ 3

35

Bei Neugenehmigung eines Fonds ist Abs. 6 nicht aufzunehmen.

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§ 219

a)

b)

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Immobilien-Sondervermögen gemäß §§ 66 bis 82 des Investmentgesetzes in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung (InvG) (auch nach deren Umstellung auf das KAGB) sowie mit solchen Sondervermögen vergleichbaren EU- oder ausländischen Investmentvermögen, und Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 InvG und/oder Aktien von Investmentaktiengesellschaften, deren Satzung eine dem § 112 InvG vergleichbare Anlageform vorsieht (auch nach deren Umstellung auf das KAGB), sowie mit solchen Investmentvermögen vergleichbaren EU- oder ausländischen Investmentvermögen.

§ 9 Derivate 1.

2.

Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft im Rahmen der Verwaltung des Gemischten Sondervermögens Derivate gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente gemäß § 197 Absatz 1 Satz 2 KAGB einsetzen. Sie darf – der Art und dem Umfang der eingesetzten Derivate und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente entsprechend – zur Ermittlung der Auslastung der nach § 197 Absatz 2 KAGB festgesetzten Marktrisikogrenze für den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente entweder den einfachen oder den qualifizierten Ansatz im Sinne der gemäß § 197 Absatz 3 KAGB erlassenen „Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch“ („DerivateV“) nutzen; Erläuterungen dazu enthält der Verkaufsprospekt. Sofern die Gesellschaft den einfachen Ansatz nutzt, darf sie regelmäßig nur Grundformen von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente oder Kombinationen aus diesen Derivaten, Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente sowie gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB zulässigen Basiswerten im Gemischten Sondervermögen einsetzen. Komplexe Derivate mit gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB zulässigen Basiswerten dürfen nur zu einem vernachlässigbaren Anteil eingesetzt werden. Der nach Maßgabe von § 16 DerivateV zu ermittelnde Anrechnungsbetrag des Gemischten Sondervermögens für das Marktrisiko darf zu keinem Zeitpunkt den Wert des Gemischten Sondervermögens übersteigen.

Grundformen von Derivaten sind: a)

Terminkontrakte auf die Basiswerte nach § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB mit der Ausnahme von Investmentanteilen nach § 196 KAGB; b) Optionen oder Optionsscheine auf die Basiswerte nach § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB mit der Ausnahme von Investmentanteilen nach § 196 KAGB und auf Terminkontrakte nach Buchstabe a), wenn sie die folgenden Eigenschaften aufweisen: aa) eine Ausübung ist entweder während der gesamten Laufzeit oder zum Ende der Laufzeit möglich und bb) der Optionswert hängt zum Ausübungszeitpunkt linear von der positiven oder negativen Differenz zwischen Basispreis und Marktpreis des Basiswerts ab und wird null, wenn die Differenz das andere Vorzeichen hat; c) Zinsswaps, Währungsswaps oder Zins-Währungsswaps; d) Optionen auf Swaps nach Buchstabe c), sofern sie die in Buchstabe b) unter Buchstaben aa) und bb) beschriebenen Eigenschaften aufweisen (Swaptions); e) Credit Default Swaps, die sich auf einen einzelnen Basiswert beziehen (Single Name Credit Default Swaps). Barac

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H. Muster-Anlagebedingungen

3.

4.

5.

6.

7.

§ 219

Sofern die Gesellschaft den qualifizierten Ansatz nutzt, darf sie – vorbehaltlich eines geeigneten Risikomanagementsystems – in jegliche Finanzinstrumente mit derivativer Komponente oder Derivate investieren, die von einem gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB zulässigen Basiswert abgeleitet sind. Hierbei darf der dem Gemischten Sondervermögen zuzuordnende potenzielle Risikobetrag für das Marktrisiko („Risikobetrag“) zu keinem Zeitpunkt das Zweifache des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko des zugehörigen Vergleichsvermögens gemäß § 9 der DerivateV übersteigen. Alternativ darf der Risikobetrag zu keinem Zeitpunkt 20 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens übersteigen. Unter keinen Umständen darf die Gesellschaft bei diesen Geschäften von den in den Anlagebedingungen oder von den im Verkaufsprospekt genannten Anlagegrundsätzen und -grenzen abweichen. Die Gesellschaft wird Derivate und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente zum Zwecke der Absicherung, der effizienten Portfoliosteuerung und der Erzielung von Zusatzerträgen einsetzen, wenn und soweit sie dies im Interesse der Anleger für geboten hält. Bei der Ermittlung der Marktrisikogrenze für den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente darf die Gesellschaft jederzeit gemäß § 6 Satz 3 der DerivateV zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Ansatz wechseln. Der Wechsel bedarf nicht der Genehmigung durch die Bundesanstalt, die Gesellschaft hat den Wechsel jedoch unverzüglich der Bundesanstalt anzuzeigen und im nächstfolgenden Halbjahres- oder Jahresbericht bekannt zu machen. Beim Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente wird die Gesellschaft die DerivateV beachten. § 10 Sonstige Anlageinstrumente

Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft für Rechnung des Gemischten Sondervermögens bis zu 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens in Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 198 KAGB anlegen. § 11 Emittentengrenzen und Anlagegrenzen 1. 2.

3.

37

Bei der Verwaltung hat die Gesellschaft die im KAGB, in der DerivateV und in den Anlagebedingungen festgelegten Grenzen und Beschränkungen zu beachten. Wertpapiere und Geldmarktinstrumente einschließlich der in Pension genommenen Wertpapiere und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten dürfen bis zu 5 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens erworben werden; in diesen Werten dürfen jedoch bis zu 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens angelegt werden, wenn dies in den BABen vorgesehen ist und der Gesamtwert der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente dieser Emittenten 40 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigt. Die Gesellschaft darf in Schuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen und Geldmarktinstrumente, die vom Bund, einem Land, der Europäischen Union, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder seinen Gebietskörperschaften, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, einem Drittstaat oder von einer internationalen Organisation, der mindestens ein Mitgliedstaat der Europäischen Union angehört, ausgegeben oder garantiert worden Barac

§ 219

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

sind, jeweils bis zu 35 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens anlegen. In Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen sowie Schuldverschreibungen, die von Kreditinstituten mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgegeben worden sind, darf die Gesellschaft jeweils bis zu 25 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens anlegen, wenn die Kreditinstitute aufgrund gesetzlicher Vorschriften zum Schutz der Inhaber dieser Schuldverschreibungen einer besonderen öffentlichen Aufsicht unterliegen und die mit der Ausgabe der Schuldverschreibungen aufgenommenen Mittel nach den gesetzlichen Vorschriften in Vermögenswerten angelegt werden, die während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibungen die sich aus ihnen ergebenden Verbindlichkeiten ausreichend decken und die bei einem Ausfall des Emittenten vorrangig für die fällig werdenden Rückzahlungen und die Zahlung der Zinsen bestimmt sind. Legt die Gesellschaft mehr als 5 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens in Schuldverschreibungen desselben Emittenten nach Satz 1 an, so darf der Gesamtwert dieser Schuldverschreibungen 80 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigen. Die Grenze in Absatz 3 darf für Wertpapiere und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten nach Maßgabe von § 206 Absatz 2 KAGB überschritten werden, sofern die BABen dies unter Angabe der betreffenden Emittenten vorsehen. In diesen Fällen müssen die für Rechnung des Gemischten Sondervermögens gehaltenen Wertpapiere und Geldmarktinstrumente aus mindestens sechs verschiedenen Emissionen stammen, wobei nicht mehr als 30 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens in einer Emission gehalten werden dürfen. Die Gesellschaft darf nur bis zu 20 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens in Bankguthaben nach Maßgabe des § 195 KAGB bei je einem Kreditinstitut anlegen. Die Gesellschaft hat sicherzustellen, dass eine Kombination aus: a) Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten, die von ein und derselben Einrichtung begeben werden, b) Einlagen bei dieser Einrichtung und c) Anrechnungsbeträgen für das Kontrahentenrisiko der mit dieser Einrichtung eingegangenen Geschäfte, 20 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigt. Satz 1 gilt für die in Absatz 3 und 4 genannten Emittenten und Garantiegeber mit der Maßgabe, dass die Gesellschaft sicherzustellen hat, dass eine Kombination der in Satz 1 genannten Vermögensgegenstände und Anrechnungsbeträge 35 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigt. Die jeweiligen Einzelobergrenzen bleiben in beiden Fällen unberührt. Die in Absatz 3 und 4 genannten Schuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen und Geldmarktinstrumente werden bei der Anwendung der in Absatz 2 genannten Grenzen von 40 Prozent nicht berücksichtigt. Die in den Absätzen 2 bis 4 und Absätzen 6 und 7 genannten Grenzen dürfen abweichend von der Regelung in Absatz 7 nicht kumuliert werden. Die Gesellschaft darf in Anteilen an einem einzigen Investmentvermögen nach Maßgabe des § 8 insgesamt nur in Höhe von bis zu 20 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens anlegen. Die Gesellschaft darf für Rechnung des Gemischten Sondervermögens nicht mehr als 25 Prozent der ausgegebenen Anteile eines anderen offenen inländischen, EU- oder ausländischen Investmentvermögens, das nach

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H. Muster-Anlagebedingungen

§ 219

dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände im Sinne der §§ 192 bis 198 KAGB angelegt ist, erwerben. 10. Die Gesellschaft darf in Anteile oder Aktien nach § 8 Absatz 4 insgesamt nur bis zu 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens anlegen. Auf diese Grenze sind Anteile oder Aktien, die das Gemischte Sondervermögen gemäß § 8 Absatz 6 b) hält, anzurechnen. 11. Die Gesellschaft darf für Rechnung des Gemischten Sondervermögens nicht in mehr als zwei Investmentvermögen in Form von Sonstigen Sondervermögen vom gleichen Emittenten oder Fondsmanager investieren. § 12 Verschmelzung 1.

2.

Die Gesellschaft darf nach Maßgabe der §§ 181 bis 191 KAGB a) sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten dieses Gemischten Sondervermögens auf ein anderes bestehendes oder ein neues, dadurch gegründetes Sondervermögen oder eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital übertragen; b) sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten eines anderen Sondervermögens oder einer Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital in das Gemischte Sondervermögen aufnehmen. Die Verschmelzung bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Die Einzelheiten des Verfahrens ergeben sich aus den §§ 182 bis 191 KAGB. § 13 Wertpapier-Darlehen

1.

2.

39

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Gemischten Sondervermögens einem Wertpapier-Darlehensnehmer gegen ein marktgerechtes Entgelt nach Übertragung ausreichender Sicherheiten gemäß § 200 Absatz 2 KAGB ein jederzeit kündbares Wertpapier-Darlehen gewähren. Der Kurswert der zu übertragenden Wertpapiere darf zusammen mit dem Kurswert der für Rechnung des Gemischten Sondervermögens demselben Wertpapier-Darlehensnehmer einschließlich konzernangehöriger Unternehmen im Sinne des § 290 Handelsgesetzbuch bereits als Wertpapier-Darlehen übertragenen Wertpapiere 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigen. Werden die Sicherheiten für die übertragenen Wertpapiere vom WertpapierDarlehensnehmer in Guthaben erbracht, müssen die Guthaben auf Sperrkonten gemäß § 200 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 KAGB unterhalten werden. Alternativ darf die Gesellschaft von der Möglichkeit Gebrauch machen, diese Guthaben in der Währung des Guthabens in folgende Vermögensgegenstände anzulegen: a) in Schuldverschreibungen, die eine hohe Qualität aufweisen und die vom Bund, einem Land, der Europäischen Union, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder seinen Gebietskörperschaften, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Drittstaat ausgegeben worden sind, b) in Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur entsprechend den von der Bundesanstalt auf Grundlage des § 4 Absatz 2 KAGB erlassenen Richtlinien oder c) im Wege eines umgekehrten Pensionsgeschäfts mit einem Kreditinstitut, das die jederzeitige Rückforderung des aufgelaufenen Guthabens gewährleistet. Die Erträge aus der Anlage der Sicherheiten stehen dem Gemischten Sondervermögen zu. Barac

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3.

4.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Die Gesellschaft kann sich auch eines von einer Wertpapiersammelbank oder von einem anderen in den BABen genannten Unternehmen, dessen Unternehmensgegenstand die Abwicklung von grenzüberschreitenden Effektengeschäften für andere ist, organisierten Systems zur Vermittlung und Abwicklung der Wertpapierdarlehen bedienen, welches von den Anforderungen der §§ 200 und 201 KAGB abweicht, wenn durch die Bedingungen dieses Systems die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleistet ist und von dem jederzeitigen Kündigungsrecht nach Absatz 1 nicht abgewichen wird. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, darf die Gesellschaft Wertpapierdarlehen auch in Bezug auf Geldmarktinstrumente und Investmentanteile gewähren sofern diese Vermögensgegenstände für das Gemischte Sondervermögen erwerbbar sind. Die Regelungen der Absätze 1 bis 3 gelten hierfür sinngemäß. § 14 Pensionsgeschäfte

1.

2. 3. 4.

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Gemischten Sondervermögens jederzeit kündbare Wertpapier-Pensionsgeschäfte im Sinne von § 340b Absatz 2 Handelsgesetzbuch gegen Entgelt mit Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten auf der Grundlage standardisierter Rahmenverträge abschließen. Die Pensionsgeschäfte müssen Wertpapiere zum Gegenstand haben, die nach den Anlagebedingungen für das Gemischte Sondervermögen erworben werden dürfen. Die Pensionsgeschäfte dürfen höchstens eine Laufzeit von 12 Monaten haben. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, darf die Gesellschaft Pensionsgeschäfte auch in Bezug auf Geldmarktinstrumente und Investmentanteile abschließen, sofern diese Vermögensgegenstände für das Gemischte Sondervermögen erwerbbar sind. Die Regelungen der Absätze 1 bis 3 gelten hierfür sinngemäß. § 15 Kreditaufnahme

Die Gesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite bis zur Höhe von 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens aufnehmen, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und die Verwahrstelle der Kreditaufnahme zustimmt. § 16 Anteile 1. 2.

3.

4.

Die in einer Sammelurkunde zu verbriefenden Anteilscheine lauten auf den Inhaber. Die Anteile können verschiedene Ausgestaltungsmerkmale, insbesondere hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlages, des Rücknahmeabschlages, der Währung des Anteilwertes, der Verwaltungsvergütung, der Mindestanlagesumme oder einer Kombination dieser Merkmale (Anteilklassen) haben. Die Einzelheiten sind in den BABen festgelegt. Die Anteile sind übertragbar, soweit in den BABen nichts Abweichendes geregelt ist. Mit der Übertragung eines Anteils gehen die in ihm verbrieften Rechte über. Der Gesellschaft gegenüber gilt in jedem Falle der Inhaber des Anteils als der Berechtigte. Die Rechte der Anleger bzw. die Rechte der Anleger einer Anteilklasse werden in einer Sammelurkunde verbrieft. Sie trägt mindestens die handschriftlichen oder vervielfältigten Unterschriften der Gesellschaft und der Verwahrstelle. Der Anspruch

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auf Einzelverbriefung ist ausgeschlossen. [Sofern für das Gemischte Sondervermögen in der Vergangenheit effektive Stücke ausgeben wurden und diese sich mit Ablauf des 31. Dezember 2016 nicht in Sammelverwahrung bei einer der in § 97 Absatz 1 Satz 2 KAGB genannten Stellen befinden, werden diese effektiven Stücke mit Ablauf des 31. Dezember 2016 kraftlos. Die Anteile der Anleger werden stattdessen in einer Sammelurkunde verbrieft und auf einem gesonderten Depot der Verwahrstelle gutgeschrieben. Mit der Einreichung eines kraftlosen effektiven Stücks bei der Verwahrstelle kann der Einreicher die Gutschrift eines entsprechenden Anteils auf ein von ihm zu benennendes und für ihn geführtes Depotkonto verlangen. Effektive Stücke, die sich mit Ablauf des 31. Dezember 2016 in Sammelverwahrung bei einer der in § 97 Absatz 1 Satz 2 KAGB genannten Stellen befinden, können jederzeit in eine Sammelurkunde überführt werden.] 4 § 17 Ausgabe und Rücknahme von Anteilen, Aussetzung der Rücknahme 1.

2.

3.

4.

5.

Die Anzahl der ausgegebenen Anteile ist grundsätzlich nicht beschränkt. Die Gesellschaft behält sich vor, die Ausgabe von Anteilen vorübergehend oder vollständig einzustellen. Die Anteile können bei der Gesellschaft, der Verwahrstelle oder durch Vermittlung Dritter erworben werden. Die BABen können vorsehen, dass Anteile nur von bestimmten Anlegern erworben und gehalten werden dürfen. Die Anleger können von der Gesellschaft jederzeit die Rücknahme der Anteile verlangen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Anteile zum jeweils geltenden Rücknahmepreis für Rechnung des Gemischten Sondervermögens zurückzunehmen. Rücknahmestelle ist die Verwahrstelle. Der Gesellschaft bleibt jedoch vorbehalten, die Rücknahme der Anteile gemäß § 98 Absatz 2 KAGB auszusetzen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen. Die Gesellschaft hat die Anleger durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger und darüber hinaus in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den in dem Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien über die Aussetzung gemäß Absatz 4 und die Wiederaufnahme der Rücknahme zu unterrichten. Die Anleger sind über die Aussetzung und Wiederaufnahme der Rücknahme der Anteile unverzüglich nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten. § 18 Ausgabe- und Rücknahmepreise

1.

Zur Errechnung des Ausgabe- und Rücknahmepreises der Anteile werden die Verkehrswerte der zu dem Gemischten Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände abzüglich der aufgenommenen Kredite und sonstigen Verbindlichkeiten (Nettoinventarwert) ermittelt und durch die Zahl der umlaufenden Anteile geteilt („Anteilwert“). Werden gemäß § 16 Absatz 2 unterschiedliche Anteilklassen für das Gemischte Sondervermögen eingeführt, ist der Anteilwert sowie der Ausgabe- und Rücknahmepreis für jede Anteilklasse gesondert zu ermitteln.

_____

4 Ergänzung nur erforderlich, wenn Gesellschaft auch Gemischte Sondervermögen mit Regelung zu effektiven Stücken in BABen verwaltet.

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2.

3.

4.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Die Bewertung der Vermögensgegenstände erfolgt gemäß §§ 168 und 169 KAGB und der Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und –Bewertungsverordnung (KARBV). Der Ausgabepreis entspricht dem Anteilwert am Gemischten Sondervermögen gegebenenfalls zuzüglich eines in den BABen festzusetzenden Ausgabeaufschlags gemäß § 165 Absatz 2 Nummer 8 KAGB. Der Rücknahmepreis entspricht dem Anteilwert am Gemischten Sondervermögen gegebenenfalls abzüglich eines in den BABen festzusetzenden Rücknahmeabschlags gemäß § 165 Absatz 2 Nummer 8 KAGB. Der Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge ist spätestens der auf den Eingang des Anteilsabrufs- bzw. Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag, soweit in den BABen nichts anderes bestimmt ist. Die Ausgabe- und Rücknahmepreise werden bei jeder Ausgabe und Rücknahme von Anteilen ermittelt. Soweit in den BABen nichts weiteres bestimmt ist, können die Gesellschaft und die Verwahrstelle an gesetzlichen Feiertagen, die Börsentage sind, sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres von einer Ermittlung des Wertes absehen; das Nähere regelt der Verkaufsprospekt. § 19 Kosten

In den BABen werden die Aufwendungen und die der Gesellschaft, der Verwahrstelle und Dritten zustehenden Vergütungen, die dem Gemischten Sondervermögen belastet werden können, genannt. Für Vergütungen im Sinne von Satz 1 ist in den BABen darüber hinaus anzugeben, nach welcher Methode, in welcher Höhe und aufgrund welcher Berechnung sie zu leisten sind. § 20 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Die Gesellschaft wird den Anleger gemäß den §§ 300, 308 Absatz 4 KAGB informieren. Die Einzelheiten sind in den BABen festgelegt. § 21 Rechnungslegung 1.

2. 3.

4.

5.

Spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres des Gemischten Sondervermögens macht die Gesellschaft einen Jahresbericht einschließlich Ertrags- und Aufwandsrechnung gemäß § 101 Absatz 1 bis 3 KAGB bekannt. Spätestens zwei Monate nach der Mitte des Geschäftsjahres macht die Gesellschaft einen Halbjahresbericht gemäß § 103 KAGB bekannt. Wird das Recht zur Verwaltung des Gemischten Sondervermögens während des Geschäftsjahres auf eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen oder das Ge-mischte Sondervermögen während des Geschäftsjahres auf ein anderes Sondervermögen oder eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital verschmolzen, so hat die Gesellschaft auf den Übertragungsstichtag einen Zwischenbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht gemäß Absatz 1 entspricht. Wird das Gemischte Sondervermögen abgewickelt, hat die Verwahrstelle jährlich sowie auf den Tag, an dem die Abwicklung beendet ist, einen Abwicklungsbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht gemäß Absatz 1 entspricht. Die Berichte sind bei der Gesellschaft und der Verwahrstelle und weiteren Stellen, die im Verkaufsprospekt und in den wesentlichen Anlegerinformationen anzugeben sind, erhältlich; sie werden ferner im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

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§ 22 Kündigung und Abwicklung des Gemischten Sondervermögens 1.

2.

3.

Die Gesellschaft kann die Verwaltung des Gemischten Sondervermögens mit einer Frist von mindestens sechs Monaten durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger und darüber hinaus im Jahresbericht oder Halbjahresbericht kündigen. Die Anleger sind über eine nach Satz 1 bekannt gemachte Kündigung mittels eines dauerhaften Datenträgers unverzüglich zu unterrichten. Mit dem Wirksamwerden der Kündigung erlischt das Recht der Gesellschaft, das Gemischte Sondervermögen zu verwalten. In diesem Falle geht das Gemischte Sondervermögen bzw. das Verfügungsrecht über das Gemischte Sondervermögen auf die Verwahrstelle über, die es abzuwickeln und an die Anleger zu verteilen hat. Für die Zeit der Abwicklung hat die Verwahrstelle einen Anspruch auf Vergütung ihrer Abwicklungstätigkeit, sowie auf Ersatz ihrer Aufwendungen, die für die Abwicklung erforderlich sind. Mit Genehmigung der Bundesanstalt kann die Verwahrstelle von der Abwicklung und Verteilung absehen und einer anderen Kapitalverwaltungsgesellschaft die Verwaltung des Gemischten Sondervermögens nach Maßgabe der bisherigen Anlagebedingungen übertragen. Die Gesellschaft hat auf den Tag, an dem ihr Verwaltungsrecht nach Maßgabe des § 99 KAGB erlischt, einen Auflösungsbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht nach § 21 Absatz 1 entspricht. § 23 Wechsel der Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle

1.

2.

3.

Die Gesellschaft kann das Gemischte Sondervermögen auf eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen. Die Übertragung bedarf der vorherigen Genehmigung durch die Bundesanstalt. Die genehmigte Übertragung wird im Bundesanzeiger und darüber hinaus im Jahresbericht oder Halbjahresbericht bekannt gemacht. Die Anleger sind über eine nach Satz 1 bekannt gemachte Übertragung unverzüglich mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten. Die Übertragung wird frühestens drei Monate nach ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger wirksam. Die Gesellschaft kann die Verwahrstelle für das Gemischte Sondervermögen wechseln. Der Wechsel bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. § 24 Änderungen der Anlagebedingungen

1. 2.

3.

Die Gesellschaft kann die Anlagebedingungen ändern. Änderungen der Anlagebedingungen bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Bundesanstalt. Soweit die Änderungen nach Satz 1 Anlagegrundsätze des Gemischten Sondervermögens betreffen, bedürfen sie der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates der Gesellschaft. Sämtliche vorgesehenen Änderungen werden im Bundesanzeiger und darüber hinaus in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien bekannt gemacht. In einer Veröffentlichung nach Satz 1 ist auf die vorgesehenen Änderungen und ihr Inkrafttreten hinzuweisen. Im Falle von Kostenänderungen im

_____

5 Dieser Einschub ist nur zu verwenden, wenn das Sondervermögen im Miteigentum der Anleger steht.

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4.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Sinne des § 162 Absatz 2 Nummer 11 KAGB, Änderungen der Anlagegrundsätze des Gemischten Sondervermögens im Sinne des § 163 Absatz 3 KAGB oder Änderungen in Bezug auf wesentliche Anlegerrechte sind den Anlegern zeitgleich mit der Bekanntmachung nach Satz 1 die wesentlichen Inhalte der vorgesehenen Änderungen der Anlagebedingungen und ihre Hintergründe sowie eine Information über ihre Rechte nach § 163 Absatz 3 KAGB in einer verständlichen Art und Weise mittels eines dauerhaften Datenträgers gemäß § 163 Absatz 4 KAGB zu übermitteln. Die Änderungen treten frühestens am Tag nach ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft, im Falle von Änderungen der Kosten und der Anlagegrundsätze jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten nach der entsprechenden Bekanntmachung. § 25 Erfüllungsort Erfüllungsort ist der Sitz der Gesellschaft.

GEMISCHTE SONDERVERMÖGEN BAUSTEINE für

BESONDERE ANLAGEBEDINGUNGEN für

GEMISCHTE SONDERVERMÖGEN (Stand: Mai 2017; Version mit InvStG 2018) Disclaimer: Die nachstehenden Muster-Anlagebedingungen, darin enthaltene Musterbausteine, Erläuterungen und Formulierungen orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben des KAGB. Sie sind vom BVI und seinen zuständigen Gremien erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten (und insbesondere nicht unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten) abgestimmt worden. Sie stellen eine Orientierungshilfe dar und sind nicht verbindlich; so können sie etwa in Reihenfolge, Formulierung und Inhalt geändert werden. Der Verwender ist gehalten, die Muster-Anlagebedingungen für seine individuelle Nutzung genau zu prüfen und ggfs. entsprechend anzupassen. Die Muster-Anlagebedingungen wurden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Da ggfs. anderslautende Rechtsauffassungen oder Fehler nicht ausgeschlossen werden können, erheben die Formulierungsvorschläge der Muster-Anlagebedingungen keinen Anspruch auf uneingeschränkte Rechtsgültigkeit. Der BVI übernimmt keine Haftung für den Inhalt der vorliegenden MusterAnlagebedingungen. Barac

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Besondere Anlagebedingungen zur Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Anlegern und der …………………, (Sitz), („Gesellschaft“) für das von der Gesellschaft verwaltete Gemischte Sondervermögen …………………, die nur in Verbindung mit den für dieses Gemischte Sondervermögen von der Gesellschaft aufgestellten „Allgemeinen Anlagebedingungen“ gelten. ANLAGEGRUNDSÄTZE UND ANLAGEGRENZEN Baustein 1 Vermögensgegenstände Bearbeiterhinweis Die erwerbbaren Vermögensgegenstände sind mit ihrer gesetzlichen Bezeichnung unter Bezugnahme auf die jeweiige Bestimmung in den AABen aufzuführen. Soll eine bestimmte Kategorie von Vermögensgegenständen nicht erworben werden, ist dies durch eine entsprechende Negativformulierung zum Ausdruck zu bringen. Es ist nicht notwendig, generell eine detaillierte Aufzählung der Arten von erwerbbaren Wertpapieren gemäß § 193 KAGB in die Anlagebedingungen aufzunehmen. Es sind nur dann konkrete Angaben darüber erforderlich, falls von den Möglichkeiten des § 193 KAGB in eingeschränktem Umfang Gebrauch gemacht werden soll. In einem solchen Fall hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft anzugeben, welche Arten von Wertpapieren ausschließlich erworben werden sollen oder welche Wertpapiere vom Erwerb ausgeschlossen werden sollen. Die Gesellschaft darf für das Gemischte Sondervermögen nur folgende Vermögensgegenstände erwerben: 1. Wertpapiere gemäß § 5 der AABen, (ausschließlich / ausgenommen) 2. Geldmarktinstrumente gemäß § 6 der AABen, 3. Bankguthaben gemäß § 7 der AABen, 4. Anteile oder Aktien an Investmentvermögen gemäß § 8 der AABen, 5. Derivate gemäß § 9 der AABen, 6. Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 10 der AABen.

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Bearbeiterhinweis Sofern die Gesellschaft den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände nicht ausdrücklich in Baustein 1 ausgeschlossen hat, sind im Baustein 1a und 2 etwaige Grenzen und Beschränkungen der erwerbbaren Vermögensgegenstände darzustellen. Die Bezeichnung des Sondervermögens darf gemäß § 4 Absatz 1 KAGB nicht irreführen. Baustein 1a Wertpapierdarlehens- und Pensionsgeschäfte Bearbeiterhinweis 1. Sofern keine Wertpapier-Darlehens- oder Pensionsgeschäfte getätigt werden sollen, ist folgende Formulierung zu verwenden: „Wertpapier-Darlehens- oder Pensionsgeschäfte gemäß den §§ 13 und 14 der AABen werden nicht abgeschlossen.“ 2.

3.

Des Weiteren können die Grenzen für Wertpapierdarlehens- oder Pensionsgeschäfte vorgesehen werden, z.B. eine Begrenzung der Laufzeiten für Pensionsgeschäfte auf unter 12 Monaten oder die Begrenzung des Geschäftsabschlusses mit bestimmten Kontrahenten. Sofern ein System zur Abwicklung und Vermittlung von Wertpapier-Darlehen eines „anderen Unternehmens“ i.S.d. § 13 Absatz 3 AAB genutzt werden soll, ist das Unternehmen hier zu nennen. Baustein 2 Anlagegrenzen

Bearbeiterhinweis 1. Sofern Wertpapiere erworben werden dürfen, ist deren Anteil am Gemischten Sondervermögen anzugeben, bzw. welche Art von Wertpapieren im Gemischten Sondervermögen überwiegt. 2. Sofern das Gemischte Sondervermögen in steuerlicher Hinsicht als Aktienfonds i.S.d. § 2 Absatz 6 InvStG oder als Mischfonds i.S.d. § 2 Absatz 7 InvStG qualifizieren soll, sind die folgenden Anlagegrenzen aufzunehmen. Für Aktienfonds im steuerlichen Sinne muss im ersten Satz eine 51%-Quote vorgesehen werden, für Mischfonds im steuerlichen Sinne eine 25%-Quote. Eine der alternativen Formulierungen am Ende bzgl. Anrechnung von Zielfonds auf die Quote ist nur aufzunehmen, sofern das Gemischte Sondervermögen Investmentanteile erwerben darf. „Mindestens des Wertes des Gemischten Sondervermögens werden in Kapitalbeteiligungen i.S.d. § 2 Absatz 8 Investmentsteuergesetz angelegt. Kapitalbeteiligungen in diesem Sinne sind – Anteile an Kapitalgesellschaften, die zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind; – Anteile an Kapitalgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig sind und dort der Ertragsbesteuerung für Kapitalgesellschaften unterliegen und nicht von ihr befreit sind;

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Anteile an Kapitalgesellschaften, die in einem Drittstaat ansässig sind und dort einer Ertragsbesteuerung für Kapitalgesellschaften in Höhe von mindestens 15% unterliegen und nicht von ihr befreit sind;

oder

oder “ Die vorstehende Formulierung stellt die aus steuerlicher Sicht mindestens notwendigen Anlagegrenzen dar. Die Grenzen können auch strenger formuliert werden. In Anlehnung an die Fondskategorien-Richtlinie könnte z.B. für einen Aktienfonds geregelt werden: „Mindestens 51% des Wertes des Gemischten Sondervermögens werden in Aktien angelegt, die zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind und bei denen es sich nicht um Anteile an Investmentvermögen handelt.“ 3.

Sofern das Gemischte Sondervermögen ein unbegrenzt zulässiges Zielinvestment für Spezialfonds i.S.d. § 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG darstellen soll, sollte die folgende Passage aufgenommen werden:

„Das Gemischte Sondervermögen beteiligt sich weder unmittelbar noch mittelbar über eine Personengesellschaft zu 10% oder mehr am Kapital einer Kapitalgesellschaft. Dies gilt nicht für Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung erneuerbarer Energien nach § 5 Nr. 14 des ErneuerbareEnergien-Gesetzes gerichtet ist.“ 4.

Sofern Pensionsgeschäfte mit Wertpapieren getätigt werden dürfen, ist zusätzlich folgende Formulierung aufzunehmen:

„Die in Pension genommenen Wertpapiere sind auf die Emittentengrenzen des § 206 Absatz 1 bis 3 KAGB anzurechnen.“ 5.

Sofern der Erwerb von Geldmarktinstrumenten vorgesehen ist, ist deren Anteil am Gemischten Sondervermögen anzugeben, bzw. ob ggf. von den Möglichkeiten des

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6.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

§ 6 der AABen nur eingeschränkt Gebrauch gemacht werden soll. Die Geldmarktinstrumente müssen nicht an einer Börse zum Handel zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sein. Allerdings entbindet der fest umrissene Kreis der Emittenten die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht davon, bei der konkreten Anlageentscheidung zu prüfen, ob für das jeweilige Instrument ausreichender Einlagenund Anlegerschutz besteht und zusätzlich die Kriterien des Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2007/16/EG erfüllt sind. Sofern Pensionsgeschäfte mit Geldmarktinstrumenten getätigt werden dürfen, ist zusätzlich folgende Formulierung aufzunehmen:

„Die in Pension genommenen Geldmarktinstrumente sind auf die Emittentengrenzen des § 206 Absatz 1 bis 3 KAGB anzurechnen.“ 7.

Sofern das Gemischte Sondervermögen von der Möglichkeit gemäß § 11 Absatz 2 der AABen Gebrauch machen will, d.h. Wertpapiere und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten bis zu 10% des Wertes des Gemischten Sondervermögens erwerben will, könnte dies wie nachfolgend vorgeschlagen geregelt werden:

„Wertpapiere und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten dürfen über 5 Prozent hinaus bis zu 10 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens erworben werden, wenn der Gesamtwert der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente dieser Emittenten 40 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens nicht übersteigt.“ 8.

Sofern der Fonds von der Möglichkeit gemäß § 11 Absatz 3 der AABen Gebrauch machen will, d.h. Wertpapiere und Geldmarktinstrumente öffentlicher Emittenten über 35% des Wertes des Gemischten Sondervermögens erwerben will, könnte dies wie nachfolgend vorgeschlagen geregelt werden.

Hierbei sind die in Frage kommenden Emittenten konkret zu benennen; als Bundesländer: z.B. Hessen, Bayern; die Europäische Union; als Mitgliedstaaten der Europäischen Union: z.B. Frankreich; als Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum: z.B. Norwegen; als Mitgliedstaaten der OECD: z.B. Kanada, Schweiz (vgl. die anliegende Liste der zulässigen Emittenten). Für jeden Fonds ist zu entscheiden, ob eine Anlage in Wertpapieren aller Staaten und sonstigen in § 206 Absatz 2 KAGB genannten Stellen möglich sein soll, oder ob man sich auf bestimmte einzelne öffentliche Emittenten beschränkt. „Die Gesellschaft darf in Wertpapiere und Geldmarktinstrumente folgender Emittenten Bundesrepublik Deutschland ……………………………………………… ……………………………………………… ……………………………………………… ……………………………………………… mehr als 35 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens anlegen.“ Sofern die Anlagebedingungen die Anlage von mehr als 35% des Wertes des Gemischten Sondervermögens in Wertpapiere und Geldmarktinstrumente eines der in § 206

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Absatz 2 KAGB genannten Emittenten vorsehen, muss jede schriftliche Werbung für den Erwerb von Anteilen des Gemischten Sondervermögens diese Emittenten benennen. Zwar bezieht sich § 302 Absatz 3 KAGB nur auf Schuldverschreibungen. Hierbei handelt es sich jedoch um ein redaktionelles Versehen. 9. Sofern Bankguthaben gehalten werden dürfen, ist der Anteil am Gemischten Sondervermögen anzugeben. Sofern z.B. für die Anlage in Bankguthaben eine Grenze vorgesehen ist und die Bankguthaben nur auf Fondswährung lauten dürfen, kann der nachstehende Textvorschlag verwendet werden: „Bis zu des Wertes des Gemischten Sondervermögens dürfen in Bankguthaben nach Maßgabe des § 7 Satz 1 der AABen gehalten werden. Die Bankguthaben dürfen abweichend von § 7 Satz 3 der AABen nicht auf Fremdwährung lauten.“ 10. Sofern Investmentanteile gemäß § 196 KAGB erworben werden dürfen, ist deren Anteil am Gemischten Sondervermögen anzugeben. Es sind konkrete Angaben erforderlich über: – die Grundsätze, nach denen die zu erwerbenden Anteile ausgewählt werden, insbesondere die Arten der Investmentvermögen, deren Anteile oder Aktien für das Gemischte Sondervermögen erworben werden dürfen; hier kann sich die Gesellschaft beispielsweise nach den Anlagebestimmungen der anderen Investmentvermögen oder nach dem letzten Jahres- oder Halbjahresbericht richten, –;– der Anteil des Gemischten Sondervermögens, der höchstens in Anteilen der jeweiligen Art gehalten werden darf. Beispiele: Falls keine weitere Konkretisierung (Arten der Sondervermögen) gegenüber den AABen erfolgen soll: „Bis zu … Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens dürfen in alle nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 der AABen erwerbbaren Investmentanteile angelegt werden.“ –

Falls eine weitere Konkretisierung (Arten der Sondervermögen) erfolgen soll:

„Bis zu … Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens dürfen in Investmentanteile nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 der AABen angelegt werden, die nach ihren Anlagebedingungen, Satzungen oder vergleichbaren Unterlagen bei Anteilen ausländischer offener Investmentvermögen überwiegend in … investieren.“ Die in der Vergangenheit bei der Bundesanstalt eingereichten Anlagebedingungen waren bezüglich den in Baustein 2 Nummer 10 bis 12 geforderten Angaben teilweise unvollständig oder enthielten Öffnungsklauseln. Die Gesellschaften werden dazu angehalten, künftig konkrete und abschließende Angaben in die Anlagebedingungen aufzunehmen. 11. Sofern Anteile an Publikums-Sondervermögen gemäß § 8 Absatz 2 der AABen (Gemischte Sondervermögen) und/oder Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine dem § 8 Absatz 2 der AABen vergleich-

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

bare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an vergleichbaren EU- oder offenen ausländischen Investmentvermögen erworben werden dürfen, sind der Anteil am Gemischten Sondervermögen sowie die wesentlichen Merkmale dieser Sondervermögen zu beschreiben. Formulierungsvorschläge, sofern keine spezielleren Grenzen vorgesehen sind: „Die Gesellschaft erwirbt bis zu … Prozent des Wertes des Sondervermögens Anteile an Gemischten Sondervermögen. Nach deren Anlagebedingungen können folgende Investitionen vorgesehen werden: – Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Bankguthaben, Investmentanteile nach § 196 KAGB, Derivate, Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 198 KAGB, Anteile oder Aktien an offenen Investmentvermögen gemäß §§ 219 Absatz 1 Nr. 2a) und 219 Absatz 1 Nr. 2b) KAGB. “ 12. Sofern Anteile an Publikums-Sondervermögen nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 KAGB (Sonstige Sondervermögen) und/oder Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine den §§ 220 bis 224 KAGB vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an EU- oder vergleichbaren offenen ausländischen Investmentvermögen erworben werden dürfen, sind zusätzlich gemäß § 219 Absatz 4 KAGB i.V.m. § 229 Absatz 2 KAGB konkrete Angaben erforderlich über: – die Grundsätze, nach denen die zu erwerbenden Zielfonds ausgewählt werden, – welche Anlagestrategie die Zielfonds verfolgen, – in welchem Umfang die Zielfonds im Rahmen ihrer Anlagestrategie zur Steigerung des Investitionsgrades Kredite aufnehmen oder Derivate einsetzen und Leerverkäufe durchführen dürfen und – ob die Vermögensgegenstände eines Zielfonds bei einer Verwahrstelle oder einem Prime Broker verwahrt werden. Sofern von diesen Anlagemöglichkeiten Gebrauch gemacht wird, ist ein entsprechender Zusatz in den betroffenen Abschnitt aufzunehmen, z.B.: „…die Gesellschaft darf insgesamt bis zu ... Prozent (Maximal 10 Prozent) des Wertes des Gemischten Sondervermögens in … anlegen.“ Rechtlicher Hinweis: In dem Verkaufsprospekt sind gemäß § 219 Absatz 4 KAGB zusätzliche Angaben nach § 228 Absatz 1 KAGB erforderlich. 13. Sofern das Gemischte Sondervermögen ein unbegrenzt zulässiges Zielinvestment für Spezialfonds i.S.d. § 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG darstellen soll und in Anteile an anderen AIF gemäß § 8 Absatz 1, 2 und/ oder 4 der AABen anlegen darf, sollte die folgende Beschränkung aufgenommen werden: „Das Gemischte Sondervermögen legt nur in Anteile oder Aktien an anderen AIF gemäß der AABen an, wenn das andere Investmentvermögen folgende Anlagegrenzen beachtet: – Es hält keine Unternehmensbeteiligungen in Form von Personengesellschaften. – Es investiert höchstens 20 Prozent seines Wertes in Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die weder zum Handel an einer Börse zugelassen noch in ei-

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nem anderen organisierten Markt zugelassen sind. Innerhalb dieser Grenze dürfen auch Unternehmensbeteiligungen in Form von Personengesellschaften gehalten werden, die vor dem 28. November 2013 erworben wurden. Es beteiligt sich weder unmittelbar noch mittelbar über eine Personengesellschaft zu 10% oder mehr am Kapital einer Kapitalgesellschaft. Dies gilt nicht für Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung erneuerbarer Energien nach § 5 Nr. 14 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gerichtet ist. Es legt nicht in Anteile an Hedgefonds an.“

Falls das Gemischte Sondervermögen gemäß den AAB bestandsgeschützte Anteile an Hedge-Zielfonds halten darf, sollte außerdem folgende Passage ergänzt werden: „Das Gemischte Sondervermögen hält keine Anteile oder Aktien an Hedgefonds gemäß der AABen.“ 14. Sofern Pensionsgeschäfte mit Investmentanteilen getätigt werden dürfen, ist zusätzlich folgende Wendung aufzunehmen: „Die in Pension genommenen Investmentanteile sind auf die Anlagegrenzen des §§ 207 und 210 Absatz 3 KAGB anzurechnen.“ 15. Sofern der Erwerb von Derivaten vorgesehen ist, ist anzugeben, in welchem Umfang die in den AABen eröffneten Möglichkeiten eingeschränkt werden sollen. Z.B.: „…DerivateEs dürfen keine Derivate oder Finanzinstrumente mit derivativer Komponente erworben werden, deren Basiswerte Aktien sind.“

Baustein 3 Anlageausschuss Bearbeiterhinweis Wenn für das Gemischte Sondervermögen ein Anlageausschuss besteht, ist wie folgt zu formulieren: „Die Gesellschaft bedient sich mit Blick auf das Gemischte Sondervermögen des Rates eines Anlageausschusses.“

ANTEILKLASSEN Baustein 4 Anteilklassen Alle Anteile haben gleiche Ausgestaltungsmerkmale; verschiedene Anteilklassen gemäß § 16 Absatz 2 der AABen werden nicht gebildet.

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§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Bearbeiterhinweis Wenn für das Gemischte Sondervermögen einzelne Anteilklassen gebildet werden sollen, die die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß § 10 InvStG erfüllen, ist stattdessen wie folgt zu formulieren: „Für das Gemischte Sondervermögen können die folgenden Anteilklassen im Sinne von § 16 Abs. 2 der AABen gebildet werden, die sich hinsichtlich der Anleger, die Anteile erwerben und halten dürfen, unterscheiden: „A“, „B“, … . Die Bildung von Anteilklassen ist jederzeit zulässig und liegt im Ermessen der Gesellschaft.“ Voraussetzung für eine Steuerbefreiung ist laut § 10 InvStG, dass die Beschränkung des Anlegerkreises in den Anlagebedingungen geregelt wird. Daher scheint es aus steuerlicher Sicht nicht ausreichend, wenn hier nur allgemein die Möglichkeit zur Bildung von Anteilklassen vorgesehen, und die bestehenden Anteilklassen nebst Ausgestaltungsmerkmalen im Verkaufsprospekt aufgelistet würden. Der Formulierungsvorschlag geht davon aus, dass die Beschränkung auf einen steuerbefreiten Anlegerkreis einziges Unterscheidungsmerkmal der Anteilklassen ist. Es wäre jedoch auch zulässig, dieses Merkmal mit anderen unterschiedlichen Ausgestaltungen zu kombinieren. ANTEILE, AUSGABEPREIS, RÜCKNAHMEPREIS, RÜCKNAHME VON ANTEILEN UND KOSTEN Baustein 5 Anteile Bearbeiterhinweis 1. Haben die Anleger Miteigentum an dem Sondervermögen, ist wie folgt zu formulieren: „Die Anleger sind an den jeweiligen Vermögensgegenständen des Gemischten Sondervermögens in Höhe ihrer Anteile als Miteigentümer nach Bruchteilen beteiligt.“ Verwaltet die Gesellschaft das Gemischte Sondervermögen als Treuhandvermögen, ist wie folgt zu formulieren: „Die Anleger sind an den jeweiligen Vermögensgegenständen des Gemischten Sondervermögens in Höhe ihrer Anteile als Gläubiger nach Bruchteilen beteiligt.“ 2. a)

Sofern das Gemischte Sondervermögen oder eine seiner Anteilklassen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 InvStG für eine Steuerbefreiung erfüllen soll, ist der Anlegerkreis mit einer der folgenden Formulierungsvorschläge zu begrenzen. Es ist auch möglich, beide Formulierungsvorschläge, d.h. beide Gruppen von Anlegern, zu kombinieren.

„Anteile an dürfen nur erworben und gehalten werden von

Barac

52

H. Muster-Anlagebedingungen



– – –

§ 219

inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung dienen und die die Anteile nicht in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb halten; inländischen Stiftungen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen; inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dienen, sowie den vorstehenden drei Spiegelstrichen vergleichbaren ausländischen Anlegern mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Amts- und Beitreibungshilfe leistenden ausländischen Staat.

Zum Nachweis der vorgenannten Voraussetzungen hat der Anleger der Gesellschaft eine gültige Bescheinigung nach § 9 Absatz 1 Nr. 1 oder 2 Investmentsteuergesetz zu übermitteln. Fallen bei einem Anleger die vorgenannten Voraussetzungen weg, so ist er verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Wegfall mitzuteilen. Steuerliche Befreiungsbeträge, die die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verwaltung des Sondervermögens erhält , sind grundsätzlich den Anlegern auszuzahlen. Abweichend hiervon ist die Gesellschaft berechtigt, die Befreiungsbeträge unmittelbar dem Sondervermögen zuzuführen; aufgrund dieser Zuführung werden keine neuen Anteile ausgegeben. Das verwendete Verfahren wird im Verkaufsprospekt erläutert.“ oder „Anteile an dürfen nur im Rahmen von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen erworben und gehalten werden, die nach den §§ 5 oder 5a des AltersvorsorgeverträgeZertifizierungsgesetzes zertifiziert wurden. Zum Nachweis der vorgenannten Voraussetzung hat der Anbieter des Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrags der Gesellschaft mitzuteilen, dass er die Anteile ausschließlich im Rahmen von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen erwirbt. Fällt die vorgenannte Voraussetzung weg, so ist der Anleger verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Wegfall mitzuteilen. Steuerliche Befreiungsbeträge, die die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verwaltung des Sondervermögens erhält , sind grundsätzlich dem Anbieter des Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrages auszuzahlen. Dieser hat sie zugunsten der Berechtigten aus dem jeweiligen Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrag wieder anzulegen. Abweichend hiervon ist die Gesellschaft berechtigt, die Befreiungsbeträge unmittelbar dem Sondervermögen zuzuführen; aufgrund dieser Zuführung werden keine neuen Anteile ausgegeben. Das verwendete Verfahren wird im Verkaufsprospekt erläutert.“ b) Für eine Steuerbefreiung des Gemischten Sondervermögens bzw. einer Anteilklasse gemäß § 10 InvStG ist neben der Begrenzung des Anlegerkreises auch erforderlich,

53

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§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

dass die Übertragbarkeit der Anteile ausgeschlossen wird. Bei Zuwiderhandlungen gegen das Übertragungsverbot sieht § 13 Absatz 1 InvStG außerdem eine Informationspflicht des Anlegers vor. Es kann wie folgt formuliert werden: „Abweichend von § 16 Absatz 3 der AABen dürfen die Anteile nicht übertragen werden. Überträgt ein Anleger dennoch Anteile, so ist er verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Übertrag mitzuteilen. Das Recht zur Rückgabe der Anteile nur an die Gesellschaft für Rechnung des Gemischten Sondervermögens gemäß § 17 Absatz 3 der AABen bleibt unberührt.“ Baustein 6 Ausgabe- und Rücknahmepreis Bearbeiterhinweis 1. Wird ein Ausgabeaufschlag erhoben, ist folgende Formulierung zu wählen: „Der Ausgabeaufschlag beträgt ....... Prozent des Anteilwerts. Es steht der Gesellschaft frei, einen niedrigeren Ausgabeaufschlag zu berechnen.“ 2.

Wird daneben oder alternativ ein Rücknahmeabschlag erhoben, ist folgende Formulierung zu wählen:

„Der Rücknahmeabschlag beträgt ... Prozent des Anteilwerts. Es steht der Gesellschaft frei, einen niedrigeren Rücknahmeabschlag zu berechnen.“ 3.

Im Hinblick auf zivilrechtliche Gesichtspunkte ist darüber hinaus anzugeben, ob der Rücknahmeabschlag dem Gemischten Sondervermögen oder der Gesellschaft zusteht. Es kann eine der folgenden Formulierungen gewählt werden: „Der Rücknahmeabschlag steht der Gesellschaft zu.“ oder „Der Rücknahmeabschlag steht dem Gemischten Sondervermögen zu.“

4.

5.

Sofern der Rücknahmeabschlag dem Gemischten Sondervermögen zustehen soll, darf die Gesellschaft keinen niedrigeren Rücknahmeabschlag berechnen oder von der Berechnung ganz absehen. Die Regelung des § 18 Absatz 3 der AABen sieht als Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge regelmäßig den auf den Eingang des Anteilsabrufsbzw. Rücknahmeauftrags folgenden Wertermittlungstag vor. Sofern hiervon abgewichen werden soll, ist hier eine entsprechende Regelung zu treffen. Z.B.:

„Abweichend von § 18 Absatz 3 der AABen ist der Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge spätestens der übernächste auf den Eingang des Anteilabrufs- bzw. Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag.“ 6.

Bei Gemischten Sondervermögen, die schwerpunktmäßig, d.h. zu mindestens 51% in Vermögensgegenstände investieren, die an einer ausländischen Börse gehandelt

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H. Muster-Anlagebedingungen

§ 219

werden („Länderfonds“), kann in Ergänzung zur Regelung des § 18 Absatz 4 der AABen auch an gesetzlichen Feiertagen in dem jeweiligen Land, die keine Börsenhandelstage sind, von einer Anteilspreisermittlung abgesehen werden: „Abweichend von § 18 Absatz 4 der AABen kann auch an gesetzlichen Feiertagen in … [Land], die keine Börsenhandelstage sind, von einer Ermittlung des Ausgabeund Rücknahmepreises abgesehen werden; das Nähere regelt der Verkaufsprospekt.“ Baustein 7 Kosten Einzelheiten finden sich im Musterbaustein für Kostenregelungen für Sondervermögen, der von der Bundesanstalt veröffentlicht wird.1 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Baustein 8 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Bearbeiterhinweis Hier ist anzugeben, auf welche Art und Weise die Gesellschaft die Anleger gemäß den §§ 300, 308 Absatz 4 KAGB informiert. Die Informationen nach § 300 Absatz 1 und 2 KAGB sind gemäß § 7 Ziffer 9 c) bb) KARBV im Anhang zum Jahresbericht aufzuführen. Die Informationen nach § 300 Absatz 4 (bzgl. Privatanlegern) sind mittels dauerhaftem Datenträger zu übermitteln sowie in einem weiteren im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium zu veröffentlichen, während § 308 Absatz 4 KAGB (bzgl. semi-professionellen oder professionellen Anlegern) nur die „unverzügliche Unterrichtung“ verlangt. Sofern gewünscht, können aus Gründen der Anlegergleichbehandlung jedoch auch die semi-professionellen und professionellen Anleger per dauerhaftem Datenträger informiert werden. Es könnte einheitlich wie folgt formuliert werden: „Die Informationen gemäß § 300 Absatz 1 und 2 KAGB sind im Anhang zum Jahresbericht enthalten. Die Informationen gemäß § 300 Absatz 4 sowie § 308 Absatz 4 KAGB werden den Anlegern per dauerhaftem Datenträger übermittelt. Die Informationen gemäß § 300 Absatz 4 KAGB sind daneben in einem weiteren im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium zu veröffentlichen.“

_____

1 Die Musterbausteine können auf der Homepage der Bundesanstalt abgerufen werden (http://www.bafin.de).

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Barac

§ 219

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

ERTRAGSVERWENDUNG UND GESCHÄFTSJAHR Baustein 9 Ausschüttung 1.

2.

Die Gesellschaft schüttet grundsätzlich die während des Geschäftsjahres für Rechnung des Gemischten Sondervermögens angefallenen und nicht zur Kostendeckung verwendeten Zinsen, Dividenden und sonstige Erträge aus. Realisierte Veräußerungsgewinne können ebenfalls zur Ausschüttung herangezogen werden. Ausschüttbare Erträge gemäß Absatz 1 können zur Ausschüttung in späteren Geschäftsjahren insoweit vorgetragen werden, als die Summe der vorgetragenen Erträge ... Prozent des jeweiligen Wertes des Gemischten Sondervermögens zum Ende des Geschäftsjahres nicht übersteigt. Erträge aus Rumpfgeschäftsjahren können vollständig vorgetragen werden.

Bearbeiterhinweis Maximal darf die Summe der vorgetragenen Erträge 15% des jeweiligen Wertes des Gemischten Sondervermögens zum Ende des Geschäftsjahres betragen. 3. 4.

Im Interesse der Substanzerhaltung können Erträge teilweise, in Sonderfällen auch vollständig zur Wiederanlage im Gemischten Sondervermögen bestimmt werden. Die Ausschüttung erfolgt jährlich innerhalb von vier Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres. Alternativ: – Thesaurierung der Erträge

Die Gesellschaft legt die während des Geschäftsjahres für Rechnung des Gemischten Sondervermögens angefallenen und nicht zur Kostendeckung verwendeten Zinsen, Dividenden und sonstigen Erträge sowie die realisierten Veräußerungsgewinne im Gemischten Sondervermögen wieder an. Bearbeiterhinweis Sofern ein Ertragsausgleichsverfahren nicht stattfindet, ist hierauf besonders hinzuweisen. Folgender Text könnte Verwendung finden: „Ein Ertragsausgleichsverfahren wird nicht durchgeführt.“

Baustein 10 Geschäftsjahr Das Geschäftsjahr des Gemischten Sondervermögens beginnt am ……… und endet am ……… Gemäß § 208 KAGB darf in Wertpapiere und Geldmarktinstrumente folgender Emittenten mehr als 35 Prozent des Wertes des Gemischten Sondervermögens angelegt werden, sofern dies in den Anlagebedingungen unter Angabe der betreffenden Emittenten vorgesehen ist. Barac

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H. Muster-Anlagebedingungen

– –

Die Bundesrepublik Deutschland Als Bundesländer: – Baden-Württemberg – Bayern – Berlin – Brandenburg – Bremen – Hamburg – Hessen – Mecklenburg-Vorpommern – Niedersachsen – Nordrhein-Westfalen – Rheinland-Pfalz – Saarland – Sachsen – Sachsen-Anhalt – Schleswig-Holstein – Thüringen



Europäische Union



Als EU-Mitgliedstaaten: – Belgien – Bulgarien – Dänemark – Estland – Finnland – Frankreich – Griechenland – Großbritannien – Irland – Italien – Kroatien – Lettland – Litauen – Malta – Polen – Luxemburg – Niederlande – Österreich – Portugal – Schweden – Slowakei – Slowenien – Spanien – Tschechische Republik – Ungarn – Republik Zypern – Rumänien

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§ 219

Barac

§ 220

Sonstige Investmentvermögen



Als Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum: – Island – Liechtenstein – Norwegen



Als Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die nicht Mitglied des EWR sind: Australien Japan Kanada Südkorea Mexiko Neuseeland Schweiz Türkei Vereinigte Staaten von Amerika Chile Israel

– – – – – – – – – – – –

Als andere Drittstaaten: […]



Als internationale Organisationen, der mindestens ein Mitgliedstaat der EU angehört: – EURATOM – […]

UNTERABSCHNITT 3 Sonstige Investmentvermögen § 220 Sonstige Investmentvermögen Barac

§ 220 Sonstige Investmentvermögen https://doi.org/10.1515/9783110492217-007

Auf die Verwaltung von Sonstigen Investmentvermögen nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 sind die Vorschriften der §§ 192 bis 205 insoweit anzuwenden, als sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. A. Bezüge zum Investmentgesetz 1

Die Vorschriften des § 220 übernehmen mit redaktionellen Anpassungen die Regelung des aufzuhebenden § 90g InvG.1 B. Normzweck B. Normzweck

2

Die Norm dient der Abgrenzung der SoInvV von anderen Fondstypen. Die Abgrenzung erfolgt mangels einer expliziten Definition der Abgrenzungsmerkmale ausschließlich durch die Bestimmungen des zulässigen Anlagenkatalogs. Ebenso wie bei den Gem-

_____ 1

BTDrucks. 17/12294 S. 265.

Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-007

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

§ 221

InvV spiegelt sich hier die Tendenz des deutschen Gesetzgebers, Spezialregelungen für einzelne Fondstypen einzuführen anstatt übergreifende Rahmenbedingungen zu definieren, wider.2 C. Einordnung des Fondstyps Entgegen der expliziten Definition des Fondstyps des § 218 Satz 1 für GemInvV hat 3 der Gesetzgeber in § 220 keine solche Definition bzw. Klarstellung, um welchen Fondstyp es sich bei SoInvV handelt, aufgenommen. Systematisch sind die Vorschriften zu den SoInvV in einem separaten Unterabschnitt des Kapitels 2 dem Abschnitt 3 „Offene inländische Publikums-AIF“ subsumiert. Da der Gesetzgeber in den nachfolgenden Bestimmungen zu den SoInvV den Anlegerkreis nicht auf Professionelle oder Semi-professionelle Anleger eingeschränkt hat und die Sonderregelungen für die Anteilsscheinausgabe und -rücknahme des § 223 auch nicht dazu führen, dass SoInvV geschlossene Fonds sind, ist diese systematische Subsumtion auch sachlich begründet. Insofern hätte es einer Klarstellung wie in § 218 für GemInvV auch nicht bedurft. D. Anwendbare Vorschriften Mit dem Verweis auf die §§ 192 bis 205 finden die entsprechenden OGAW-Regelun- 4 gen auch Anwendung auf SoInvV. Ähnlich wie bei den GemInvV wird somit Bezug auf die OGAW-Vorschriften als Grundlage für die Verwaltung der SoInvV genommen. Allerdings sind anders als bei den GemInvV nicht alle im Kapitel 2 Abschnitt 2 aufgeführten OGAW-Vorschriften in den Verweis einbezogen. Ausgenommen von der Anwendung sind bspw. die Emittentengrenzen für Wertpapiere oder die Erwerbsgrenzen von Anteilen an Investmentvermögen. Somit wäre z.B. auch der Erwerb aller Wertpapiere eines Emittenten möglich, welcher lediglich im allgemeinen Grundsatz der Risikomischung des § 214 und der Mischungserfordernisse aus § 221 Abs. 4 seine Einschränkung findet.3 Die Anwendung der §§ 192 bis 205 wird dadurch eingeschränkt, da sie nur insoweit 5 anzuwenden sind, als sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. Daraus ergibt sich eine Nachrangigkeit der §§ 192 bis 205 gegenüber den §§ 221 bis 224 für alle dort geregelten Themenkomplexe, sofern die §§ 192 bis 205 anlagepolitische oder sonstige Einschränkungen enthalten.4 Die nach folgenden Vorschriften der §§ 221 bis 224 zu SoInvV beziehen sich thema- 6 tisch auf – Zulässige Vermögensgegenstände, – Anlagegrenzen, – Ausgabe- und Rückgabemodalitäten von Anteilen und – Transparenzvorschriften. https://doi.org/10.1515/9783110492217-008

§ 221 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme § 221 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme Barac Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für ein Sonstiges Investmentvermögen nur erwerben:

_____ 2 3 4

Vgl. § 218 Rn. 2. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Knöfler/Ghedina § 90g InvG Rn. 2. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Krause/Angsten § 90g Rn. 12.

59 https://doi.org/10.1515/9783110492217-008

Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

1.

Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 bis 198, wobei sie nicht den Erwerbsbeschränkungen nach § 197 Absatz 1 unterworfen ist, 2. Anteile oder Aktien an inländischen Investmentvermögen nach Maßgabe der §§ 196, 218 und 220 sowie an entsprechenden EU-Investmentvermögen oder ausländischen AIF, 3. Edelmetalle, 4. unverbriefte Darlehensforderungen. (2) 1 Ist es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach den Anlagebedingungen gestattet, für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens Anteile oder Aktien an anderen Sonstigen Investmentvermögen sowie an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF zu erwerben, gelten § 225 Absatz 3 und 4 Satz 2 und 3, § 228 Absatz 1 und § 229 Absatz 2 entsprechend. 2 Ist es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach den Anlagebedingungen gestattet, für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens Anteile oder Aktien an inländischen Investmentvermögen nach Maßgabe des § 218 sowie an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF zu erwerben, gilt § 219 Absatz 2 und 3 entsprechend. (3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf in Anteile oder Aktien an anderen Sonstigen Investmentvermögen sowie an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF nur bis zu 30 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens anlegen. (4) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf in Vermögensgegenstände im Sinne des § 198 nur bis zu 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens anlegen. (5) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss sicherstellen, dass der Anteil der für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens gehaltenen Edelmetalle, Derivate und unverbrieften Darlehensforderungen einschließlich solcher, die als sonstige Anlageinstrumente im Sinne des § 198 erwerbbar sind, 30 Prozent des Wertes des sonstigen Investmentvermögens nicht übersteigt. 2 Derivate im Sinne des § 197 Absatz 1 werden auf diese Grenze nicht angerechnet. (6) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens und nur aufnehmen, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. (7) 1 Abweichend von § 200 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Wertpapiere auf bestimmte Zeit übertragen. 2 Ist für die Rückerstattung eines Wertpapier-Darlehens eine Zeit bestimmt, muss die Rückerstattung spätestens 30 Tage nach der Übertragung der Wertpapiere fällig sein. 3 Der Kurswert der für eine bestimmte Zeit zu übertragenden Wertpapiere darf zusammen mit dem Kurswert der für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens bereits als WertpapierDarlehen für eine bestimmte Zeit übertragenen Wertpapiere 15 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens nicht übersteigen. 4 Abweichend von § 203 müssen Pensionsgeschäfte nicht jederzeit kündbar sein. Schrifttum Schrifttum BaFin Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets), Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0001 vom 22. Juli 2013 (FAQ Eligible Assets); dies. Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343 vom 18. Juni 2013 (FAQ Übergangsvorschriften §§ 343 ff.); dies. Fragenkatalog zu § 53 InvG, Geschäftszeichen WA 41-Wp

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A. Bezüge zum Investmentgesetz

§ 221

2136-2008/005 vom 1.12.2009 (FAQ zu Kreditaufnahme); BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. Muster-Anlagebedingungen.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294; Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW, EU-Amtsblatt L 41 vom 13.2.2002, S. 35; Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) vom 16.7.2008, S. 9.

A. B.

Systematische Übersicht Bezüge zum Investmentgesetz | 1 Katalog zulässiger Vermögensgegenstände (Abs. 1) | 7 I. Anlagen in OGAW-konforme Vermögensgegenstände | 8 II. Erweiterter Anlagenkatalog | 10 III. Bestandsschutz für Sondervermögen nach InvG | 27

C.

D. E. F.

Anwendung anderer Vorschriften bei Anlagen in Sonstige Investmentvermögen sowie vergleichbaren EU- und ausländischen AIF (Abs. 2) | 30 Anlagegrenzen (Abs. 3 bis 6) | 31 Erleichterungen bei Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften (Abs. 7) | 37 Muster-Anlagebedingungen | 42

A. Bezüge zum Investmentgesetz A. Bezüge zum Investmentgesetz In der nachfolgenden Tabelle sind die aus dem aufgehobenen InvG ins KAGB über- 1 nommenen Vorschriften im Überblick dargestellt. InvG § 90h Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme Abs. 1 Nr. 1 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 1 Nr. 3 Abs. 1 Nr. 4 Abs. 1 Nr. 5 Abs. 2 Abs. 3 Abs. 4 Abs. 5 Abs. 6 Der neue § 221 übernimmt mit Ausnahme der in der nachfolgenden Rn. dargestellten 2 Änderungen und einigen redaktionellen Anpassungen den § 90h InvG. Nicht mit übernommen wurde die direkte Anlagemöglichkeit von SoInvV in Unter- 3 nehmensbeteiligungen. Ebenso sind Anteile an Immobilien- und Hedgefonds nicht mehr im Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände enthalten. Begründet wird der Wegfall der Assetklassen Unternehmensbeteiligungen und Immobilienfonds mit der Illiquidi61

Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

tät bzw. der eingeschränkten Rückgabemöglichkeit für Immobilienfonds-Anteile. Zum anderen sind Hedgefonds nach dem KAGB nur noch in Form von Spezial-AIF möglich. Bei der Neustrukturierung der SoInvV ist deutlich erkennbar, dass der Gesetzgeber 4 einen Schwerpunkt auf die Liquidität von SoInvV gelegt hat. Dies ist vor dem Hintergrund der Aussetzungen der Anteilsscheinrücknahme und Abwicklung von Sonstigen Sondervermögen in der Vergangenheit nachvollziehbar. Die Illiquidität der Sonstigen Sondervermögen war die Folge von Anlagen in Anteilen an Immobilienfonds, die wiederum auf Grund der Auswirkungen der Finanzmarktkrise 2008 ihrerseits die Anteilsscheinrücknahme aussetzen und die Sondervermögen in die Abwicklung durch die 
Depotbank geben mussten. Dieser Kaskadeneffekt von Anteilsscheinrücknahme-Aussetzungen und Abwicklung wird in Zukunft durch die neuen Vorschriften verhindert. Abs. 7 ist für SoInvV neu gefasst worden und enthält abweichende Vorschriften zu 5 Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften. Erforderlich wurde die Ausnahmeregelung des Abs. 7 auf Grund der im Rahmen der Einführung des KAGB teilweise neu geregelten Vorschriften zu Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften, die der Gesetzgeber nicht auf SoInvV ausdehnen wollte. Die Abs. 7 bis 9 des aufgehobenen § 90h InvG mit Vorschriften zu Mikrofinanzinsti6 tuten sind jetzt eigenständig in den neuen § 222 aufgenommen worden. B. Katalog zulässiger Vermögensgegenstände (Abs. 1) B. Katalog zulässiger Vermögensgegenstände (Abs. 1) 7

Der Katalog zulässiger Vermögensgegenstände wurde vom Gesetzgeber weit gefasst und damit begründet, dass die Nutzung von SoInvV als Innovationsplattform es zwingend erforderlich macht, die Anlagemöglichkeiten auszuweiten. Der Anlagekatalog ist mit dem KAGB zwar wieder eingeschränkt worden, enthält aber zusätzlich zu den OGAW-konformen Anlagemöglichkeiten gegenüber anderen Fondstypen immer noch einen erweiterten Anlagekatalog. I. Anlagen in OGAW-konforme Vermögensgegenstände

8

Abs. 1 Nr. 1 regelt die Zulässigkeit der Vermögensgegenstände nach den §§ 193 bis 198 als Anlage in einem SoInvV und verweist auf die Regelungen für OGAW in Kapitel 2 Abschnitt 2 des Gesetzes. Somit sind sämtliche Vermögensgegenstände in die ein OGAW investieren darf auch für ein SoInvV erwerbbar. Im Einzelnen darf ein SoInvV gemäß Abs. 1 Nr. 1 die folgenden Vermögensgegen9 stände erwerben: – Wertpapiere (§ 193), – Geldmarktinstrumente (§ 194), – Bankguthaben (§ 195), – Investmentanteile (§ 196), – Derivate (§ 197), – Sonstige Anlageinstrumente (§ 198). II. Erweiterter Anlagenkatalog

10

Bereits Abs. 1 Nr. 1 sieht eine Erweiterung zu den OGAW-konformen Vermögensgegenständen vor. Die Erwerbsbeschränkungen des § 197 Abs. 1 findet für SoInvV keine Anwendung. Damit ist es für SoInvV möglich, jegliche Derivate zu erwerben. Da § 197 
Abs. 2 und 3 noch anwendbar sind, ergeben sich Konsequenzen bei der Anwendung der DerivateV, die insoweit anwendbar ist, als sie sich auf § 197 Abs. 2 und 3 bezieht. Barac

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B. Katalog zulässiger Vermögensgegenstände (Abs. 1)

§ 221

Die BaFin hat zu der Frage, welche Erwerbsbeschränkungen bei der Anlage in Deri- 11 vate für SoInvV zu beachten sind, wie folgt Stellung genommen: Die Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für ein Sonstiges Investmentvermögen auch Derivate, die nicht auf die in § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB genannten Basiswerte beschränkt sind, erwerben. Es gilt jedoch eine Anlagegrenze von 30 Prozent für solche Derivate (§ 221 Absatz 5 Satz 1 KAGB). Bei der Berechnung der Auslastung dieser Anlagegrenze ist nicht auf den Marktwert des Derivats abzustellen, sondern auf das Underlying-Exposure, d.h. es ist als Anrechnungsbetrag das Delta-gewichtete Underlying heranzuziehen. Weiterhin darf sich das Marktrisikopotential durch den Einsatz von Derivaten höchstens verdoppeln und die Risiken müssen vom Risikomanagement erfasst werden. Ferner hat die BaFin erklärt, dass sie den Erwerb ausschließlich eines Derivates i.S.v. § 197 Abs. 1 Satz 1 dann für zulässig hält, wenn die Basiswerte i.S.d. § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB risikodiversifiziert sind und der Kontrahent Sicherheiten nach § 27 Absatz 7 DerivateV stellt. Diesen weitgehenden Anlagemöglichkeiten im Derivatebereich werden aus Anleger- 12 schutzgründen durch die Anlagegrenzen des Abs. 5 eingeschränkt, um etwaige Verluste entsprechend zu begrenzen. Der Erwerb von Anteilen oder Aktien an anderen Investmentvermögen ist ge- 13 mäß § 221 Abs. 1 Nr. 2 zulässig. Demnach dürfen Anteile oder Aktien an – Investmentvermögen gemäß § 196, – GemInvV gemäß § 218 und – SoInvV gemäß § 220 sowie – entsprechenden EU-Investmentvermögen oder ausländischen AIF erworben werden. Trotz der Streichung der Erwerbszulässigkeit von Anteilen an Immobilienfonds und Hedgefonds verbleiben damit dem Portfoliomanager eines SoInvV im Rahmen von Dachfondsstrategien noch umfangreiche Anlagemöglichkeiten. Die Regelungen zum Erwerb von Anteilen an anderen InvV enthalten nach dem Ge- 14 setzeswortlaut keine Vorschrift zum Kaskadenverbot analog zu § 219 Abs. 2. In der Literatur wird dieser Sachverhalt unterschiedlich kommentiert. Zum einen wird darauf verwiesen, dass die BaFin eine Regelungslücke festgestellt hat und diese mit Schreiben vom 13. Januar 2009 (WA 41-Wp 2136 2008/0061) dadurch schließt, in dem sie die analoge Anwendung von § 50 Abs. 1 Satz 3 InvG (neu § 196 Abs. 1 Satz 3) anordnet. Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass nicht ohne weiteres eine Regelungslücke unterstellt werden kann, da sich der Gesetzgeber ausgiebig mit den Grenzen für das SoInvV befasst hat und deswegen von einer durchdachten und abschließenden Würdigung der Problematik durch den Gesetzgeber auszugehen sei. Nach dieser Auffassung, welche auch durch Fondsanbieter und deren Interessenverbänden vertreten wird, ist nicht von einer analogen Anwendung auszugehen und eine offizielle Stellungnahme der BaFin abzuwarten sei. Unabhängig von der Frage, ob eine Regelungslücke vorliegt oder nicht, kann die 15 Frage diskutiert werden, ob die oben geschilderte Verhinderung von Kaskadenstrukturen auch bei SoInvV sachgerecht wäre. Hierzu ist es erforderlich den Sinn und Zweck des Kaskadenverbots zu betrachten. Die Regelung in Abs. 2 entspricht der Regelung des § 196 Abs. 1 Satz 3 für OGAWInvestmentanteile und wurde im § 219 Abs. 2 aufgegriffen. Im Erwägungsgrund 7 der EUDurchführungsRL 2001/108/EG zur OGAW-Richtlinie, welcher der Ausgangspunkt für 63

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§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

das Kaskadenverbot des § 196 Abs. 1 Satz 3 (früher § 50 Abs. 1 Satz 3 InvG) war, wird folgendes ausgeführt: Die Entwicklung von Anlagemöglichkeiten eines OGAW in OGAW und in andere Organismen für gemeinsame Anlagen sollte erleichtert werden. Deshalb muss unbedingt sichergestellt werden, dass durch derartige Anlagetätigkeiten der Anlegerschutz nicht verringert wird. Wegen der erweiterten Möglichkeiten eines OGAW, in Anteile anderer OGAW und/
oder Organismen für gemeinsame Anlagen zu investieren, müssen bestimmte Vorschriften für quantitative Anlagegrenzen, die Veröffentlichung von Informationen und zur Verhütung des Kaskade-Phänomens festgelegt werden.

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Auch der Vorschlag der EU-Kommission für die OGAW IV-Richtlinie enthält in den Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln Ausführungen darüber, dass undurchsichtige Kaskadenstrukturen zu vermeiden sind (dort im Zusammenhang mit Master/FeederStrukturen). Folgt man dem entsprechend der Auslegung, dass das Kaskadenverbot eine Ausprägung des Anlegerschutzes ist, stellt sich die Frage, inwieweit sich die Anlegerinteressen der jeweiligen Fondstypen unterscheiden. GemInvV und SoInvV sind Publikums-AIF und somit von allen Anlegerkategorien erwerbbar (vgl. auch §§ 1 Abs. 6 und Abs. 19 Nr. 31 bis 33). Auf Grund der unterschiedlichen Anlagekataloge kann man sicherlich auch unterschiedliche Anlegerinteressen im Zuge der Auswahlentscheidung für einen der beiden Fondstyp unterstellen. Jedoch ist kein nachvollziehbarer Grund erkennbar, warum Anleger beider Fondstypen bzgl. der Transparenz über die Chancen- und Risikostruktur und der Kosten ihrer Anlage unterschiedliche Interessen haben sollten. Diese Interessengleichheit verbunden mit dem Sinn und Zweck der Verhinderung von Kaskadenstrukturen, nämlich Anlegern Transparenz über ihre Anlage zu verschaffen, lassen die analoge Anwendung des § 197 Abs. 1 Satz 3 durchaus als sachgerecht erscheinen. Die in der Vergangenheit diskutierte Frage, ob Master-Feeder-Konstruktionen eine zulässige Anlage für SoInvV darstellen, ist bereits mit Änderung des InvG erfolgten durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz (Gesetz vom 22.6.2011 – BGBl. Teil I 2011 Nr. 30 25.6.2011 S. 1126) bejaht worden und wurden ebenfalls ins KAGB übernommen. Gemäß § 171 Abs. 1 Satz 3 ist die Anlage eines SoInvVals Feederfonds nur dann genehmigungs
fähig (und damit möglich), soweit es sich bei dem Masterfonds ebenfalls um ein SoInvV handelt. Ferner ist der Erwerb an entsprechenden EU-Investmentvermögen oder entsprechenden ausländischen AIF zulässig. Mit der Vorschrift wird somit auch der Erwerb von nicht inländischen AIF für ein für SoInvV, unter der Voraussetzung, dass sie den Anforderungen an SoInvV entsprechen, zulässig. Diese Erweiterung der Anlagemöglichkeit auf nicht inländische AIF unter bestimmten Voraussetzungen ist nahezu identisch mit der Erweiterung des § 219 Abs. 1 Nr. 2. Lediglich in der Formulierung unterscheiden sich beide Vorschriften dahingehend, dass die Vorschrift zu GemInvV lediglich die Formulierung vergleichbar vs. entsprechend verwendet. Der Unterschied ist rein formaler Natur und materiell unerheblich. Deswegen wird auf die Kommentierung zu § 219 Rn. 12 ff. verwiesen. Gemäß Abs. 1 Nr. 3 ist der direkte Erwerb von Edelmetallen für SoInvV zulässig. Bis zur Neustrukturierung des Kapitalanlagerechts anlässlich der Einführung des KAGB im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie waren Edelmetalle der einzige Sachwert der in investmentrechtlich regulierten Fonds (ausschließlich in Sonstigen Sondervermögen) zulässig war. Mit der Neustrukturierung wurden auch die geschlossenen Fonds der investmentrechtlichen Regulierung unterworfen. Damit einhergehend wurde auch ein Barac

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B. Katalog zulässiger Vermögensgegenstände (Abs. 1)

§ 221

Katalog für zulässige Sachwerte für geschlossene Fonds in § 261 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 aufgenommen. Edelmetalle sind dort nicht enthalten, was auf Grund der lediglich beispielhaften Aufzählung nicht automatisch bedeutet, dass Edelmetalle nur den offenen InvV als Anlageklasse vorbehalten sind. Andererseits sind die in § 261 Abs. 2 aufgeführten Sachwerte als Anlageklasse ausschließlich den geschlossenen Fonds vorbehalten. Eine Definition, was unter die Anlageklasse Edelmetalle subsumiert werden kann, enthält das Gesetz nicht. Zulässig wären prinzipiell demnach alle Metalle im Sinne einer naturwissenschaftlichen Definition (z.B. Gold, Silber, Kupfer, Platin). Einschränkungen, welche Edelmetalle für ein SoInvV erwerbar sind, ergeben sich u.a. aus den Bewertungsanforderungen der §§ 168, 169, 216, 217. Diese dürften für die gängigen an Börsen oder organisierten Märkten gehandelten Edelmetalle im Rahmen des New Investment Process der Kapitalverwaltungsgesellschaft problemlos als zulässig eingestuft werden. Der Vorteil der Assetklasse Edelmetalle liegt darin, dass sie keinem Emittentenrisiko unterliegt und insbesondere in schwierigen ökonomischen Situationen mit einhergehenden volatilen Börsenzeiten mit steigender Nachfrage nach Sachwerten zu rechnen ist. Abs. 1 schließt den Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände mit Nr. 4. unverbrieften Darlehensforderungen ab. SoInvV soll es damit ermöglicht werden, an der Marktentwicklung im Bereich der Mikrofinanzdienstleistungen und Konsumentenkredite zu partizipieren. Falls diese Intension des Gesetzgebers auch gleichzeitig als Einschränkung auf eine bestimmte Art der Darlehen gedacht war, so wurde versäumt diese Einschränkung auch in das Gesetz aufzunehmen. Das Gesetz enthält nämlich keine weiteren spezifischen Anforderungen oder Einschränkungen. Mangels weiterer Anforderungen z.B. an Besicherung oder Bonität des Darlehensgebers und mangels kodifizierter Einschränkung z.B. auf Mikrofinanzdienstleistungen und Konsumentenkredite, ist der Erwerb von Krediten jeglicher Art und Ausprägung zulässig, wie z.B. Immobilienkredite, Infrastrukturkredite, Unternehmensfinanzierungskredite. Die direkte Vergabe von Gelddarlehen ist InvV gemäß § 93 Abs. 4 untersagt. Zulässig wäre jedoch, wenn ein Dritter für eine juristische Sekunde einen Kredit ausreicht und diesen dann an das SoInvV weiterveräußert. Ob die dargestellten Gestaltungsformen tatsächlich so vom Gesetzgeber gewollt waren, kann heute auch im Rahmen der Diskussion auf internationaler Ebene um die Regulierung von Schattenbanken und Geldmarktfonds durchaus in Frage gestellt werden.

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III. Bestandsschutz für Sondervermögen nach InvG Auf Grund des Wegfalls der Investitionsmöglichkeiten von SoInvV in Unterneh- 27 mensbeteiligungen, Immobilien- und Hedgefonds (vgl. Rn. 3), war es erforderlich, eine Regelung für sog. „Altfonds“, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAGB bereits aufgelegt und in Anteilen von Immobilienfonds, in Anteilen oder Aktien von Hedgefonds oder in Unternehmensbeteiligungen investiert waren, einzuführen. Der Gesetzgeber hat dies in § 349 mit einer speziellen Übergangsvorschrift für Sonstige Sondervermögen und Sonstige Investmentaktiengesellschaften geregelt. Demnach können diese „Altfonds“ die oben genannten Anteile oder Aktien weiter 28 halten. Ein Neuerwerb nach Inkrafttreten des KAGB ist ausgeschlossen. Ebenso sind die weiteren Übergangsfristen wie z.B. die Umstellung der Anlagebedingungen, einzuhalten. Dieser Bestandschutz findet nur insoweit Anwendung, als der bei Inkrafttreten des KAGB 65

Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

gehaltene „Altbestand“ im Rahmen der Vorgaben des Investmentgesetzes gehalten wird. So sind bspw. Anlagegrenzüberschreitungen, die sich schon aus dem InvG ergeben haben, unter Wahrung der Anlegerinteressen zeitnah zurückzuführen. 29 In Zusammenhang mit der Umstellung der Verkaufsprospekte und Anlagebedingungen stellt sich ferner die Frage, ob ein Hinweis auf den „Altbestand“ in diesen Dokumenten erforderlich ist. Die Bafin hat dies in Ihrem FAQ bejaht. Wenn auch die Formulierung der BaFin etwas vage erscheint („wird … notwendig sein; dürfte … erforderlich sein“), so scheint es aus Anlegerschutzgründen und Informationsverpflichtungen der KVG geboten, einem interessierten Anleger vor Erwerb der Anteile an einem SoInvV, darauf hinzuweisen, dass das Investmentvermögen noch in Anlagen investiert ist, die nach den neuen Vorschriften des KAGB nicht mehr zulässig sind. C. Anwendung anderer Vorschriften bei Anlagen in Sonstigen 
Investmentvermögen sowie vergleichbaren EU- und ausländischen 
Investmentvermögen (Abs. 2) 30

Satz 1 entspricht der Vorschrift des § 219 Abs. 4. Insofern wird auf die Kommentierung an entsprechender Stelle verwiesen. Im Zuge des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes – 2. FiMaNoG wurde Abs. 2 um Satz 2 ergänzt. Der Verweis auf § 219 beseitigt die bestehende Unsicherheit und stellt klar, dass auch der Erwerb von Anteilen an Gemischten Investmentvermögen durch Sonstige Investmentvermögen dem Kaskadenverbot unterliegt.5 D. Anlagegrenzen (Abs. 3 bis 6) D. Anlagegrenzen (Abs. 3 bis 6)

Abs. 3 beschränkt die Anlage in anderen SoInvV und entsprechenden nicht inländischen AIF auf 30% des NAV. Der Gesetzgeber begründet die Vorschrift damit, dass sie der Abgrenzung von Sonstigen Sondervermögen, die Anteile an in- oder ausländischen Hedgefonds erworben haben, zu Dach-Hedgefonds nach Maßgabe des § 113 Abs. 1 InvG diene. Wenn aber im Zuge der Neustrukturierung der Vorschriften zu SoInvV der zulässige Erwerb von Hedgefonds gestrichen wurde, ist diese Begründung nicht mehr haltbar und die Vorschrift nicht mehr sachgerecht. 32 Gemäß Abs. 4 darf ein SoInvV max. 20% seines Wertes in sonstige Anlageinstrumente gemäß § 198 investieren. Laut Gesetzesbegründung diente diese Vorschrift ursprünglich einerseits der Abgrenzung von Sonstigen Sondervermögen zu Private EquityGesellschaften. Andererseits sollte sie die Einschränkung der Liquidität auf Ebene des Sondervermögens verhindern. Diese Begründung ist im Lichte der damals noch zulässigen Anlagen in Unternehmensbeteiligungen zu werten. Im Rahmen der Neustrukturierung der SoInvV durch das KAGB ist zumindest die Begründung hinfällig geworden, da SoInvV nicht mehr in Unternehmensbeteiligungen investieren dürfen. Allerdings ist aus der Begründung auch die Intension des Gesetzgebers hinsichtlich einer ausreichenden Liquidität des SoInvV erkennbar, welche die Erfüllung ihrer jederzeitigen Rücknahmeverpflichtung und Auszahlung des Anteilwertes gewährleisten soll. Ein erhöhtes Liquiditätsrisiko besteht bei den sonstigen Anlageinstrumenten ge33 mäß § 198 grundsätzlich auch. Da es sich bei den sonstigen Anlageinstrumenten gemäß § 198 im Vergleich zu den anderen für SoInvV zulässigen Vermögensgegenstände gemäß 31

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BTDrucksache 18/10936 S. 277.

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E. Erleichterungen bei Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften (Abs. 7)

§ 221

§§ 193 bis 197 grundsätzlich um Anlagen mit eingeschränkterer Liquidität handelt, hat der Gesetzgeber eine Obergrenze von 10% des NAV für inländische OGAW in § 198 vorgeschrieben. Gegenüber OGAW stellt die 20%-Grenze für SoInvV eine Erweiterung dar. Nach der Gesetzesbegründung gilt für Schuldscheindarlehen, die zugleich als 34 sonstige Anlageinstrumente i.S.d. § 198 anzusehen sind, nicht die nach Absatz 4 geltende Anlagegrenze von 20 Prozent, sondern ausschließlich die nach Absatz 5 vorgesehene Anlagegrenze von 30 Prozent. Damit soll der bislang bestehende Widerspruch behoben werden, dass für die mehrfach abtretbaren und fungibleren beziehungsweise unter 
Umständen mit geringerem Ausfallrisiko behafteten (z.B. dem Bund oder anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts gewährten) Schuldscheindarlehen eine engere Anlagegrenze (20%) zum Tragen kam als für die weniger fungiblen und unter Umständen risikoreicheren Schuldscheindarlehen (30%). Die Anlagen in Edelmetalle, Derivate und unverbriefte Darlehensforderungen 35 werden in Abs. 5 auf 30% des Wertes des SoInvV begrenzt. Die 30%-Grenze wurde eingeführt, um die notwendige Flexibilität einerseits, aber auch die sachgerechte Abgrenzung zu Hedgefonds andererseits herzustellen. Die Ausnahme von dieser Begrenzung für Derivate gemäß § 197 Abs. 1 ist sachgerecht, da auch für OGAW insoweit keine Beschränkung besteht. Zur Berechnung der Auslastung der Anlagegrenzen bei Derivaten wird auf die Kommentierung der Rn. 10 f. verwiesen. Die Kreditaufnahme ist für SoInvV in Abs. 6 auf 20% des NAV begrenzt. Gegenüber 36 OGAW (10%-Grenze gemäß § 199) stellt diese Grenze eine Erweiterung der Kreditaufnahmemöglichkeit dar. Die Kreditaufnahme ist allerdings an einige Voraussetzungen geknüpft. Zum einen müssen die Anlagebedingungen eine Kreditaufnahme vorsehen. Zum anderen müssen die Konditionen der Kreditaufnahme marktüblich sein. Mangels eindeutiger Gesetzesvorgaben hat die BaFin zur Frage, wann ein Kredit als kurzfristig anzusehen ist, im Fragenkatalog zu § 53 InvG (jetzt § 199) erklärt, dass bei der Beurteilung immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, aber Kredite die eine längere Laufzeit als ein Jahr aufweisen in keinem Fall mehr als kurzfristig anzusehen sind. Bzgl. Zustimmungspflicht der Verwahrstelle, Dokumentation der Marktkonformität etc. gelten die Kommentierung zu § 199 entsprechend. E. Erleichterungen bei Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften (Abs. 7) E. Erleichterungen bei Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäften (Abs. 7) Mit Abs. 7 hat der Gesetzgeber abweichende Vorschriften für Wertpapierdarlehen 37 gemäß § 200 (früher § 54 InvG) und Pensionsgeschäften gemäß § 203 für SoInvV geregelt. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Ausnahmen in Abs. 7 abschließender Natur sind und alle übrigen Vorschriften der §§ 200 und 203 auch auf SoInvV anwendbar sind. Bisher enthielten die Vorschriften für SoInvV keine explizite Regelung zu Wertpa- 38 pierdarlehen oder Pensionsgeschäften. Somit waren die bisher geltenden Regeln für OGAW wie für SoInvV gleichermaßen anzuwenden. Bei der Übernahme des früheren § 54 InvG in den § 200 KAGB hat der Gesetzgeber Änderungen vorgenommen, die er zumindest teilweise nicht auch auf andere Fondstypen als OGAW ausdehnen wollte. So begründet der Gesetzgeber die Neufassung von Abs. 7 damit, dass SoInvV von den strengeren an Wertpapierdarlehen und Pensionsgeschäfte bezüglich der Minimierung der Liquiditätsrisiken für OGAW ausnehmen wollte. Die in Abs. 7 geregelte Ausnahme von § 200 betrifft die im Zuge der Einführung des 39 KAGB gestrichenen Sätze 4 und 5 des § 54 Abs. 1 InvG. Die Streichung dieser beiden Sätze und die Neuformulierung, dass die KVG jederzeit zur Kündigung des Wertpapierdarlehns 67

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§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

berechtigt sein muss, begründet der Gesetzgeber damit, dass die Dispositionsmöglichkeit des OGAW weiter erhöht und das Liquiditätsrisiko beschränkt werden soll. Die Sätze 4 und 5 des § 54 Abs. 1 InvG wurden wortgleich als Abweichung zum neu40 en § 200 in § 221 Abs. 7 aufgenommen, so dass sich für SoInvV keine Änderungen zur bisherigen Rechtslage ergeben. Es dürfen nach wie vor Wertpapierdarlehen auf bestimmte Zeit (max. 30 Tage) und auch in der bisherigen Höhe von max. 15% des Wertes des SoInvV übertragen werden. Bei den Abweichungen zu § 203 handelt es sich ebenfalls um eine Ausnahme von 41 einer Neuregelung bei Pensionsgeschäften. Wie bisher dürfen Kapitalverwaltungsgesellschaften Pensionsgeschäfte mit einer maximalen Laufzeit von 12 Monaten für Rechnung eines OGAW abschließen (§ 203 Satz 3). Diese Regelung gilt wie bisher mangels einer Ausnahmeregelung ebenso für SoInvV. Die Neuformulierung in § 203 Satz 4, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch jederzeit zur Kündigung des Pensionsgeschäfts berechtigt sein muss, findet auf Grund der Ausnahmeregelung des Abs. 7 letzter Satz keine 
Anwendung für SoInvV. Somit bleibt es auch diesbezüglich bei der bisherigen Rechtslage für SoInvV. F. Muster-Anlagebedingungen F. Muster-Anlagebedingungen 42

Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V., Frankfurt am Main hat als Orientierungshilfe Muster-Anlagebedingungen erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten abgestimmt. Die beigefügten Allgemeinen und Besonderen Muster-Anlagebedingungen berücksichtigen das InvStG und sind seit 1.1.2018 anwendbar.

SONSTIGE SONDERVERMÖGEN ALLGEMEINE ANLAGEBEDINGUNGEN für

SONSTIGE SONDERVERMÖGEN – Keine Umbrella-Konstruktion nach § 96 KAGB – – Keine Mikrofinanz Investments gemäß § 222 KAGB – (Stand: März 2017; Version mit InvStG 2018) Disclaimer: Die nachstehenden Muster-Anlagebedingungen, darin enthaltene Musterbausteine, Erläuterungen und Formulierungen orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben des KAGB. Sie sind vom BVI und seinen zuständigen Gremien erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten (und insbesondere nicht unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten) abgestimmt worden. Sie stellen eine Orientierungshilfe dar und sind nicht verbindlich; so können sie etwa in Reihenfolge, Formulierung und Inhalt geändert werden. Der Verwender ist gehalten, die Muster-Anlagebedingungen für seine individuelle Nutzung genau zu prüfen und ggfs. entsprechend anzupassen. Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen

§ 221

Die Muster-Anlagebedingungen wurden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Da ggfs. anderslautende Rechtsauffassungen oder Fehler nicht ausgeschlossen werden können, erheben die Formulierungsvorschläge der Muster-Anlagebedingungen keinen Anspruch auf uneingeschränkte Rechtsgültigkeit. Der BVI übernimmt keine Haftung für den Inhalt der vorliegenden MusterAnlagebedingungen.

Allgemeine Anlagebedingungen zur Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Anlegern und der …………………, (Sitz), („Gesellschaft“) für das von der Gesellschaft verwaltete Sonstige Sondervermögen, die nur in Verbindung mit den für das jeweilige Sonstige Sondervermögen aufgestellten „Besonderen Anlagebedingungen“ gelten. § 1 Grundlagen 1. 2.

3.

Die Gesellschaft ist eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und unterliegt den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs („KAGB“). Die Gesellschaft legt das bei ihr eingelegte Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikomischung in den nach dem KAGB zugelassenen Vermögensgegenständen gesondert vom eigenen Vermögen in Form eines Sonstigen Sondervermögens an. Über die sich hieraus ergebenden Rechte der Anleger werden Sammelurkunden ausgestellt. Der Geschäftszweck des Sonstigen Sondervermögens ist auf die Kapitalanlage gemäß einer festgelegten Anlagestrategie im Rahmen einer kollektiven Vermögensverwaltung mittels der bei ihm eingelegten Mittel beschränkt; eine operative Tätigkeit und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der gehaltenen Vermögensgegenstände ist ausgeschlossen. Das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Anleger richtet sich nach den Allgemeinen Anlagebedingungen (AABen) und Besonderen Anlagebedingungen (BABen) des Sonstigen Sondervermögens und dem KAGB. § 2 Verwahrstelle

1.

2.

69

Die Gesellschaft bestellt für das Sonstige Sondervermögen eine Einrichtung im Sinne des § 80 Absatz 2 KAGB als Verwahrstelle; die Verwahrstelle handelt unabhängig von der Gesellschaft und ausschließlich im Interesse der Anleger. Die Aufgaben und Pflichten der Verwahrstelle richten sich nach dem mit der Gesellschaft geschlossenen Verwahrstellenvertrag, dem KAGB und den Anlagebedingungen. Barac

§ 221

3.

4.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Die Verwahrstelle kann Verwahraufgaben nach Maßgabe des § 82 KAGB auf ein anderes Unternehmen („Unterverwahrer“) auslagern. Näheres hierzu enthält der Verkaufsprospekt. Die Verwahrstelle haftet gegenüber dem Sonstigen Sondervermögen oder gegenüber den Anlegern für das Abhandenkommen eines verwahrten Finanzinstrumentes im Sinne des § 81 Absatz 1 Nr. 1 KAGB durch die Verwahrstelle oder durch einen Unterverwahrer, dem die Verwahrung von Finanzinstrumenten nach § 82 Absatz 1 KAGB übertragen wurde. Die Verwahrstelle haftet nicht, wenn sie nachweisen kann, dass das Abhandenkommen auf äußere Ereignisse zurückzuführen ist, deren Konsequenzen trotz aller angemessenen Gegenmaßnahmen unabwendbar waren. Weitergehende Ansprüche, die sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder unerlaubten Handlungen ergeben, bleiben unberührt. Die Verwahrstelle haftet auch gegenüber dem Sonstigen Sondervermögen oder den Anlegern für sämtliche sonstigen Verluste, die diese dadurch erleiden, dass die Verwahrstelle fahrlässig oder vorsätzlich ihre Verpflichtungen nach den Vorschriften des KAGB nicht erfüllt. Die Haftung der Verwahrstelle bleibt von einer etwaigen Übertragung der Verwahraufgaben nach Absatz 3 Satz 1 unberührt. § 3 Fondsverwaltung

1.

2.

3.

Die Gesellschaft erwirbt und verwaltet die Vermögensgegenstände im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger mit der gebotenen Sachkenntnis, Redlichkeit, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Sie handelt bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Verwahrstelle und ausschließlich im Interesse der Anleger. Die Gesellschaft ist berechtigt, mit dem von den Anlegern eingelegten Geld die Vermögensgegenstände zu erwerben, diese wieder zu veräußern und den Erlös anderweitig anzulegen. Sie ist ferner ermächtigt, alle sich aus der Verwaltung der Vermögensgegenstände ergebenden sonstigen Rechtshandlungen vorzunehmen. Die Gesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger weder Gelddarlehen gewähren noch Verpflichtungen aus einem Bürgschafts- oder einem Garantievertrag eingehen; sie darf keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193, 194 und 196 KAGB verkaufen, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Sonstigen Sondervermögen gehören. § 197 KAGB bleibt unberührt. § 4 Anlagegrundsätze

Das Sonstige Sondervermögen wird unmittelbar oder mittelbar nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt. Die Gesellschaft soll für das Sonstige Sondervermögen nur solche Vermögensgegenstände erwerben, die Ertrag und/oder Wachstum erwarten lassen. Sie bestimmt in den BABen, welche Vermögensgegenstände für das Sonstige Sondervermögen erworben werden dürfen. § 5 Wertpapiere Sofern die BABen keine weiteren Einschränkungen vorsehen, darf die Gesellschaft vorbehaltlich des § 198 KAGB für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens Wertpapiere nur erwerben, wenn a) sie an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen

§ 221

Handel zugelassen oder in einem dieser Staaten an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, b) sie ausschließlich an einer Börse außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder in einem dieser Staaten an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, sofern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („Bundesanstalt“) zugelassen ist,1 c) ihre Zulassung an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel oder ihre Zulassung an einem organisierten Markt oder ihre Einbeziehung in diesen Markt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach den Ausgabebedingungen zu beantragen ist, sofern die Zulassung oder Einbeziehung dieser Wertpapiere innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt, d) ihre Zulassung an einer Börse zum Handel oder ihre Zulassung an einem organisierten Markt oder die Einbeziehung in diesen Markt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach den Ausgabebedingungen zu beantragen ist, sofern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt zugelassen ist und die Zulassung oder Einbeziehung dieser Wertpapiere innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt, e) sie Aktien sind, die dem Sonstigen Sondervermögen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zustehen, f) sie in Ausübung von Bezugsrechten, die zum Sonstigen Sondervermögen gehören, erworben werden, g) sie Anteile an geschlossenen Fonds sind, die die in § 193 Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 KAGB genannten Kriterien erfüllen, h) sie Finanzinstrumente sind, die die in § 193 Absatz 1 Satz 1 Nr. 8 KAGB genannten Kriterien erfüllen. Der Erwerb von Wertpapieren nach Satz 1 Buchstaben a) bis d) darf nur erfolgen, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 193 Absatz 1 Satz 2 KAGB erfüllt sind. Erwerbbar sind auch Bezugsrechte, die aus Wertpapieren herrühren, welche ihrerseits nach diesem § 5 erwerbbar sind. § 6 Geldmarktinstrumente 1.

Sofern die BABen keine weiteren Einschränkungen vorsehen, darf die Gesellschaft vorbehaltlich des § 198 KAGB für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, sowie verzinsliche Wertpapiere, die zum Zeitpunkt ihres Erwerbs für das Sonstige Sondervermögen eine restliche Laufzeit von höchstens 397 Tagen haben, deren Verzinsung nach den Ausgabebedingungen während ihrer gesamten Laufzeit regelmäßig, mindestens aber einmal in 397 Tagen, marktgerecht angepasst wird oder deren Risiko-

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Die Börsenliste wird auf der Homepage der Bundesanstalt veröffentlicht (http://www.bafin.de).

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§ 221

2.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

profil dem Risikoprofil solcher Wertpapiere entspricht („Geldmarktinstrumente“), erwerben. Geldmarktinstrumente dürfen für das Sonstige Sondervermögen nur erworben werden, wenn sie a) an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, b) ausschließlich an einer Börse außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder außerhalb der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, sofern die Wahl dieser Börse oder dieses organisierten Marktes von der Bundesanstalt zugelassen ist,2 c) von der Europäischen Union, dem Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einem anderen Mitgliedstaat oder einer anderen zentralstaatlichen, regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft oder der Zentralbank eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank oder der Europäischen Investitionsbank, einem Drittstaat oder, sofern dieser ein Bundesstaat ist, einem Gliedstaat dieses Bundesstaates oder von einer internationalen öffentlich-rechtlichen Einrichtung, der mindestens ein Mitgliedstaat der Europäischen Union angehört, begeben oder garantiert werden, d) von einem Unternehmen begeben werden, dessen Wertpapiere auf den unter den Buchstaben a) und b) bezeichneten Märkten gehandelt werden, e) von einem Kreditinstitut, das nach den im Recht der Europäischen Union festgelegten Kriterien einer Aufsicht unterstellt ist, oder einem Kreditinstitut, das Aufsichtsbestimmungen, die nach Auffassung der Bundesanstalt denjenigen des Rechts der Europäischen Union gleichwertig sind, unterliegt und diese einhält, begeben oder garantiert werden, oder f) von anderen Emittenten begeben werden und diese den Anforderungen des § 194 Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 KAGB entsprechen. Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur erworben werden, wenn sie die jeweiligen Voraussetzungen des § 194 Absatz 2 und 3 KAGB erfüllen. § 7 Bankguthaben

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens Bankguthaben halten, die eine Laufzeit von höchstens zwölf Monaten haben. Die auf Sperrkonten zu führenden Guthaben können bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterhalten werden; die Guthaben können auch bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittstaat, dessen Aufsichtsbestimmungen nach Auffassung der Bundesanstalt denjenigen des Rechts der Europäischen Union gleichwertig sind, gehalten werden. Sofern in den BABen nichts anderes bestimmt ist, können die Bankguthaben auch auf Fremdwährung lauten.

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Siehe Fußnote 1.

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F. Muster-Anlagebedingungen

§ 221

§ 8 Investmentanteile 1.

2.

3.

4.

5.

6.3

Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens Anteile an Investmentvermögen gemäß der Richtlinie 2009/65/EG (OGAW-Richtlinie) erwerben. Anteile an anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital sowie Anteile an offenen EU-AIF und ausländischen offenen AIF, können erworben werden, sofern sie die Anforderungen des § 196 Absatz 1 Satz 2 KAGB erfüllen. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft darüber hinaus Anteile an Publikums-Sondervermögen nach Maßgabe der §§ 218 und 219 KAGB (Gemischte Sondervermögen), Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine einem Gemischten Sondervermögen vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an entsprechenden EU-Investmentvermögen oder ausländischen AIF erwerben. Anteile an Investmentvermögen gemäß Absatz 1 und 2 darf die Gesellschaft nur erwerben, wenn diese nach den Anlagebedingungen oder der Satzung der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital, des EU-Investmentvermögens, der EU-Verwaltungsgesellschaft, des ausländischen AIF oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft insgesamt höchstens 10 Prozent des Wertes ihres Vermögens in Anteilen an anderen inländischen Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen AIF anlegen. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft zusätzlich Anteile an Publikums-Sondervermögen nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 KAGB (Sonstige Sondervermögen), Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine einem Sonstigen Sondervermögen vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an vergleichbaren EUoder ausländischen AIF erwerben. Anteile oder Aktien an Investmentvermögen gemäß Absatz 4 dürfen nur erworben werden, wenn deren Vermögensgegenstände von einer Verwahrstelle verwahrt werden oder die Funktionen der Verwahrstelle von einer anderen vergleichbaren Einrichtung wahrgenommen werden und soweit diese Investmentvermögen ihre Mittel nicht ihrerseits in Anteile oder Aktien an anderen Sonstigen Sondervermögen sowie an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF investieren. Die Gesellschaft darf nicht in Anteile an ausländischen offenen Investmentvermögen aus Staaten anlegen, die bei der Bekämpfung der Geldwäsche nicht im Sinne internationaler Vereinbarungen kooperieren. Darüber hinaus darf das Sonstige Sondervermögen Anteile oder Aktien an folgenden Investmentvermögen weiter halten, soweit diese zulässig vor dem 22.7.2013 nach den unten stehenden Regelungen erworben wurden: a) Immobilien-Sondervermögen gemäß § 66 des Investmentgesetzes in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung (InvG) (auch nach deren Umstellung auf das KAGB) sowie mit solchen Sondervermögen vergleichbaren EU- oder ausländischen Investmentvermögen, und

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73

Bei Neugenehmigung eines Fonds ist Abs. 6 nicht aufzunehmen.

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§ 221

b)

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 InvG und/oder Aktien von Investmentaktiengesellschaften, deren Satzung eine dem § 112 InvG vergleichbare Anlageform vorsieht (auch nach deren Umstellung auf das KAGB) sowie mit solchen Investmentvermögen vergleichbaren EU- oder ausländischen Investmentvermögen.

§ 9 Derivate 1.

2.

3.

Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, kann die Gesellschaft im Rahmen der Verwaltung des Sonstigen Sondervermögens Derivate und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente einsetzen. Sie darf – der Art und dem Umfang der eingesetzten Derivate und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente entsprechend – zur Ermittlung der Auslastung der nach § 197 Absatz 2 KAGB festgesetzten Marktrisikogrenze für den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente entweder den einfachen oder den qualifizierten Ansatz im Sinne der gemäß § 197 Absatz 3 KAGB erlassenen „Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten, WertpapierDarlehen und Pensionsgeschäften in Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch“ („DerivateV“) nutzen; Erläuterungen dazu enthält der Verkaufsprospekt. Sofern die Gesellschaft den einfachen Ansatz nutzt, darf sie regelmäßig nur Grundformen von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente oder Kombinationen aus diesen Derivaten, Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente sowie gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB zulässigen Basiswerten im Sonstigen Sondervermögen einsetzen. Komplexe Derivate mit gemäß § 197 Absatz 1 Satz 1 KAGB zulässigen Basiswerten dürfen nur zu einem vernachlässigbaren Anteil eingesetzt werden. Der nach Maßgabe von § 16 DerivateV zu ermittelnde Anrechnungsbetrag des Sonstigen Sondervermögens für das Marktrisiko darf zu keinem Zeitpunkt den Wert des Sonstigen Sondervermögens übersteigen. Grundformen von Derivaten sind: a) Terminkontrakte auf die Basiswerte nach § 197 Absatz 1 KAGB mit der Ausnahme von Investmentanteilen nach § 196 KAGB; b) Optionen oder Optionsscheine auf die Basiswerte nach § 197 Absatz 1 KAGB mit der Ausnahme von Investmentanteilen nach § 196 KAGB und auf Terminkontrakte nach Buchstabe a), wenn sie die folgenden Eigenschaften aufweisen: aa) eine Ausübung ist entweder während der gesamten Laufzeit oder zum Ende der Laufzeit möglich und bb) der Optionswert hängt zum Ausübungszeitpunkt linear von der positiven oder negativen Differenz zwischen Basispreis und Marktpreis des Basiswerts ab und wird null, wenn die Differenz das andere Vorzeichen hat; c) Zins-Swaps, Währungs-Swaps oder Zins-Währungsswaps; d) Optionen auf Swaps nach Buchstabe c), sofern sie die in Buchstabe b) unter Buchstaben aa) und bb) beschriebenen Eigenschaften aufweisen (Swaptions); e) Credit Default Swaps, die sich auf einen einzelnen Basiswert beziehen (Single Name Credit Default Swaps). Sofern die Gesellschaft den qualifizierten Ansatz nutzt, darf sie – vorbehaltlich eines geeigneten Risikomanagementsystems – in jegliche Finanzinstrumente mit derivativer Komponente oder Derivate investieren. Hierbei darf der dem Sonstigen Sondervermögen zuzuordnende potenzielle Risikobetrag für das Marktrisiko („Risikobetrag“) zu keinem Zeitpunkt das Zweifache

Barac

74

F. Muster-Anlagebedingungen

4.

5.

6.

7.

§ 221

des potenziellen Risikobetrags für das Marktrisiko des zugehörigen Vergleichsvermögens gemäß § 9 der DerivateV übersteigen. Alternativ darf der Risikobetrag zu keinem Zeitpunkt 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens übersteigen. Unter keinen Umständen darf die Gesellschaft bei diesen Geschäften von den in den Anlagebedingungen oder von den im Verkaufsprospekt genannten Anlagegrundsätzen und -grenzen abweichen. Die Gesellschaft wird Derivate und Finanzinstrumente mit derivativer Komponente zum Zwecke der Absicherung, der effizienten Portfoliosteuerung und der Erzielung von Zusatzerträgen einsetzen, wenn und soweit sie dies im Interesse der Anleger für geboten hält. Bei der Ermittlung der Marktrisikogrenze für den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente darf die Gesellschaft jederzeit gemäß § 6 Satz 3 der DerivateV zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Ansatz wechseln. Der Wechsel bedarf nicht der Genehmigung durch die Bundesanstalt, die Gesellschaft hat den Wechsel jedoch unverzüglich der Bundesanstalt anzuzeigen und im nächstfolgenden Halbjahres- oder Jahresbericht bekannt zu machen. Beim Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente wird die Gesellschaft die DerivateV beachten. § 10 Sonstige Anlageinstrumente

1.

2.

Die Gesellschaft darf für das Sonstige Sondervermögen anlegen in a)4 Unternehmensbeteiligungen, soweit diese zulässig vor dem 22.7.2013 erworben wurden und der Verkehrswert der Beteiligungen ermittelt werden kann, und b) Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 198 KAGB. Die Gesellschaft darf für das Sonstige Sondervermögen Edelmetalle gemäß § 221 Absatz 1 Nr. 3 KAGB sowie unverbriefte Darlehensforderungen gemäß § 221 Absatz 1 Nr. 4 KAGB erwerben. § 11 Anlagegrenzen

1. 2.

3.

Bei der Verwaltung hat die Gesellschaft die im KAGB, in der DerivateV und in den Anlagebedingungen festgelegten Grenzen und Beschränkungen zu beachten. Die Gesellschaft darf in Anteile oder Aktien gemäß § 8 Absatz 4 nur bis zu 30 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens anlegen. Auf diese Grenze sind Anteile oder Aktien, die das Sonstige Sondervermögen gemäß § 8 Absatz 6 b) hält, anzurechnen. Die Gesellschaft darf für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens nicht in mehr als zwei Investmentvermögen gemäß § 8 Absatz 4 vom gleichen Emittenten oder Fondsmanager investieren. Die Gesellschaft muss sicherstellen, dass der Anteil der für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens gehaltenen Edelmetalle, Derivate und unverbrieften Darlehensforderungen einschließlich solcher, die als sonstige Anlageinstrumente im Sinne des § 198 KAGB erwerbbar sind, 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt. Derivate im Sinne des § 197 Absatz 1 KAGB werden auf diese Grenze nicht angerechnet.

_____ 4

75

Bei Neugenehmigung nach KAGB nicht aufzunehmen.

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§ 221

4.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Anlagen gemäß § 10 Abs. 1 dürfen 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens nicht übersteigen. § 12 Verschmelzung

1.

2.

Die Gesellschaft darf nach Maßgabe der §§ 181 bis 191 KAGB a) sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten dieses Sonstigen Sondervermögens auf ein anderes bestehendes oder ein neues, dadurch gegründetes Sondervermögen oder eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital übertragen; b) sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten eines anderen Sondervermögens oder einer Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital in das Sonstige Sondervermögen aufnehmen. Die Verschmelzung bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Die Einzelheiten des Verfahrens ergeben sich aus den §§ 182 bis 191 KAGB. § 13 Wertpapier-Darlehen

1.

2.

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens einem Wertpapier-Darlehensnehmer gegen ein marktgerechtes Entgelt nach Übertragung ausreichender Sicherheiten gemäß § 200 Absatz 2 KAGB ein WertpapierDarlehen auf unbestimmte oder bestimmte Zeit gewähren. Der Kurswert der zu übertragenden Wertpapiere darf zusammen mit dem Kurswert der für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens demselben Wertpapier-Darlehensnehmer einschließlich konzernangehöriger Unternehmen im Sinne des § 290 Handelsgesetzbuch bereits als Wertpapier-Darlehen übertragenen Wertpapiere 10 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens nicht übersteigen. Sofern für die Rückerstattung des Wertpapierdarlehens eine Zeit bestimmt ist, muss die Rückerstattung spätestens 30 Tage nach der Übertragung der Wertpapiere fällig sein. Der Kurswert der für eine bestimmte Zeit zu übertragenden Wertpapiere darf zusammen mit dem Kurswert der für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens bereits als Wertpapier-Darlehen für eine bestimmte Zeit übertragenen Wertpapiere 15 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens nicht übersteigen. Werden die Sicherheiten für die übertragenen Wertpapiere vom Wertpapier-Darlehensnehmer in Guthaben erbracht, müssen die Guthaben auf Sperrkonten gemäß § 200 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 KAGB unterhalten werden. Alternativ darf die Gesellschaft von der Möglichkeit Gebrauch machen, diese Guthaben in der Währung des Guthabens in folgende Vermögensgegenstände anzulegen: a) in Schuldverschreibungen, die eine hohe Qualität aufweisen und die vom Bund, einem Land, der Europäischen Union, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder seinen Gebietskörperschaften, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Drittstaat ausgegeben worden sind, b) in Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur entsprechend den von der Bundesanstalt auf Grundlage des § 4 Absatz 2 KAGB erlassenen Richtlinien oder c) im Wege eines umgekehrten Pensionsgeschäfts mit einem Kreditinstitut, das die jederzeitige Rückforderung des aufgelaufenen Guthabens gewährleistet. Die Erträge aus der Anlage der Sicherheiten stehen dem Sonstigen Sondervermögen zu.

Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen

3.

4.

§ 221

Die Gesellschaft kann sich auch eines von einer Wertpapiersammelbank oder von einem anderen in den BABen genannten Unternehmen, dessen Unternehmensgegenstand die Abwicklung von grenzüberschreitenden Effektengeschäften für andere ist, organisierten Systems zur Vermittlung und Abwicklung der Wertpapier-Darlehen bedienen, welches von den Anforderungen der §§ 200 und 201 KAGB abweicht, wenn durch die Bedingungen dieses Systems die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleistet ist. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, darf die Gesellschaft Wertpapier-Darlehen auch in Bezug auf Geldmarktinstrumente und Investmentanteile gewähren sofern diese Vermögensgegenstände für das Sonstige Sondervermögen erwerbbar sind. Die Regelungen der Absätze 1 bis 3 gelten hierfür sinngemäß. § 14 Pensionsgeschäfte

1.

2. 3. 4.

Die Gesellschaft darf für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens WertpapierPensionsgeschäfte im Sinne von § 340b Absatz 2 Handelsgesetzbuch gegen Entgelt mit Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten auf der Grundlage standardisierter Rahmenverträge abschließen. Die Pensionsgeschäfte müssen Wertpapiere zum Gegenstand haben, die nach den Anlagebedingungen für das Sonstige Sondervermögen erworben werden dürfen. Die Pensionsgeschäfte dürfen höchstens eine Laufzeit von 12 Monaten haben. Sofern in den BABen nichts Anderweitiges bestimmt ist, darf die Gesellschaft Pensionsgeschäfte auch in Bezug auf Geldmarktinstrumente und Investmentanteile abschließen, sofern diese Vermögensgegenstände für das Sonstige Sondervermögen erwerbbar sind. Die Regelungen der Absätze 1 bis 3 gelten hierfür sinngemäß. § 15 Kreditaufnahme

Die Gesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite bis zur Höhe von 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens aufnehmen, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und die Verwahrstelle der Kreditaufnahme zustimmt. § 16 Anteile 1. 2.

3.

4.

77

Die in einer Sammelurkunde zu verbriefenden Anteilsscheine lauten auf den Inhaber. Die Anteile können verschiedene Ausgestaltungsmerkmale, insbesondere hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlages, des Rücknahmeabschlages, der Währung des Anteilwertes, der Verwaltungsvergütung, der Mindestanlagesumme oder einer Kombination dieser Merkmale (Anteilklassen) haben. Die Einzelheiten sind in den BABen festgelegt. Die Anteile sind übertragbar, soweit in den BABen nichts Abweichendes geregelt ist. Mit der Übertragung eines Anteils gehen die in ihm verbrieften Rechte über. Der Gesellschaft gegenüber gilt in jedem Falle der Inhaber des Anteils als der Berechtigte. Die Rechte der Anleger bzw. die Rechte der Anleger einer Anteilklasse werden in einer Sammelurkunde verbrieft. Sie trägt mindestens die handschriftlichen oder vervielfältigten Unterschriften der Gesellschaft und der Verwahrstelle. Der Anspruch auf Einzelverbriefung ist ausgeschlossen. [Sofern für das Sonstige Sondervermögen in der Vergangenheit effektive Stücke ausgeben wurden und diese sich mit Ablauf des 31. Dezember 2016 nicht in Sammelverwahrung bei einer der in § 97 Absatz 1 Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Satz 2 KAGB genannten Stellen befinden, werden diese effektiven Stücke mit Ablauf des 31. Dezember 2016 kraftlos. Die Anteile der Anleger werden stattdessen in einer Sammelurkunde verbrieft und auf einem gesonderten Depot der Verwahrstelle gutgeschrieben. Mit der Einreichung eines kraftlosen effektiven Stücks bei der Verwahrstelle kann der Einreicher die Gutschrift eines entsprechenden Anteils auf ein von ihm zu benennendes und für ihn geführtes Depotkonto verlangen. Effektive Stücke, die sich mit Ablauf des 31. Dezember 2016 in Sammelverwahrung bei einer der in § 97 Absatz 1 Satz 2 KAGB genannten Stellen befinden, können jederzeit in eine Sammelurkunde überführt werden.] 5 § 17 Ausgabe und Rücknahme von Anteilen, Aussetzung der Rücknahme 1.

2.

3.

4.

5.

Die Anzahl der ausgegebenen Anteile ist grundsätzlich nicht beschränkt. Die Gesellschaft behält sich vor, die Ausgabe von Anteilen vorübergehend oder vollständig einzustellen. Die Anteile können bei der Gesellschaft, der Verwahrstelle oder durch Vermittlung Dritter erworben werden. Die BABen können vorsehen, dass Anteile nur von bestimmten Anlegern erworben und gehalten werden dürfen. Die Anleger können von der Gesellschaft jederzeit die Rücknahme der Anteile verlangen, soweit die BABen keine abweichende Regelung vorsehen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Anteile zum jeweils geltenden Rücknahmepreis für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens zurückzunehmen. Rücknahmestelle ist die Verwahrstelle. Der Gesellschaft bleibt jedoch vorbehalten, die Rücknahme der Anteile gemäß § 98 Absatz 2 KAGB auszusetzen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen. Die Gesellschaft hat die Anleger durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger und darüber hinaus in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den in dem Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien über die Aussetzung gemäß Absatz 4 und die Wiederaufnahme der Rücknahme zu unterrichten. Die Anleger sind über die Aussetzung und Wiederaufnahme der Rücknahme der Anteile unverzüglich nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten. § 18 Ausgabe- und Rücknahmepreise

1.

Zur Errechnung des Ausgabe- und Rücknahmepreises der Anteile werden die Verkehrswerte der zu dem Sonstigen Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände abzüglich der aufgenommenen Kredite und sonstigen Verbindlichkeiten (Nettoinventarwert) ermittelt und durch die Zahl der umlaufenden Anteile geteilt („Anteilwert“). Werden gemäß § 16 Absatz 2 unterschiedliche Anteilklassen für das Sonstige Sondervermögen eingeführt, ist der Anteilwert sowie der Ausgabe- und Rücknahmepreis für jede Anteilklasse gesondert zu ermitteln. Die Bewertung der Vermögensgegenstände erfolgt gemäß §§ 168 und 169 KAGB und der Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und -Bewertungsverordnung (KARBV).

_____

5 Ergänzung nur erforderlich, wenn Gesellschaft auch Sonstige Sondervermögen mit Regelung zu effektiven Stücken in BABen verwaltet.

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F. Muster-Anlagebedingungen

2.

3.

4.

§ 221

Der Ausgabepreis entspricht dem Anteilwert am Sonstigen Sondervermögen gegebenenfalls zuzüglich eines in den BABen festzusetzenden Ausgabeaufschlags gemäß § 165 Absatz 2 Nummer 8 KAGB. Der Rücknahmepreis entspricht dem Anteilwert am Sonstigen Sondervermögen gegebenenfalls abzüglich eines in den BABen festzusetzenden Rücknahmeabschlags gemäß § 165 Absatz 2 Nummer 8 KAGB. Der Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge ist spätestens der auf den Eingang des Anteilsabrufs- bzw. Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag, soweit in den BABen nichts anderes bestimmt ist. Die Ausgabe- und Rücknahmepreise werden bei jeder Ausgabe und Rücknahme von Anteilen ermittelt. Soweit in den BABen nichts weiteres bestimmt ist, können die Gesellschaft und die Verwahrstelle an gesetzlichen Feiertagen, die Börsentage sind, sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres von einer Ermittlung des Wertes absehen; das Nähere regelt der Verkaufsprospekt. § 19 Kosten

In den BABen werden die Aufwendungen und die der Gesellschaft, der Verwahrstelle und Dritten zustehenden Vergütungen, die dem Sonstigen Sondervermögen belastet werden können, genannt. Für Vergütungen im Sinne von Satz 1 ist in den BABen darüber hinaus anzugeben, nach welcher Methode, in welcher Höhe und aufgrund welcher Berechnung sie zu leisten sind. § 20 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Die Gesellschaft wird den Anleger gemäß den §§ 300, 308 Absatz 4 KAGB informieren. Die Einzelheiten sind in den BABen festgelegt. § 21 Rechnungslegung 1.

2. 3.

4.

5.

79

Spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres des Sonstigen Sondervermögens macht die Gesellschaft einen Jahresbericht einschließlich Ertrags- und Aufwandsrechnung gemäß § 101 Absatz 1 bis 3 KAGB bekannt. Spätestens zwei Monate nach der Mitte des Geschäftsjahres macht die Gesellschaft einen Halbjahresbericht gemäß § 103 KAGB bekannt. Wird das Recht zur Verwaltung des Sonstigen Sondervermögens während des Geschäftsjahres auf eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen oder das Sonstige Sondervermögen während des Geschäftsjahres auf ein anderes Sondervermögen oder eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital verschmolzen, so hat die Gesellschaft auf den Übertragungsstichtag einen Zwischenbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht gemäß Absatz 1 entspricht. Wird das Sonstige Sondervermögen abgewickelt, hat die Verwahrstelle jährlich sowie auf den Tag, an dem die Abwicklung beendet ist, einen Abwicklungsbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht gemäß Absatz 1 entspricht. Die Berichte sind bei der Gesellschaft und der Verwahrstelle und weiteren Stellen, die im Verkaufsprospekt und in den wesentlichen Anlegerinformationen anzugeben sind, erhältlich; sie werden ferner im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

§ 22 Kündigung und Abwicklung des Sonstigen Sondervermögens 1.

2.

3.

Die Gesellschaft kann die Verwaltung des Sonstigen Sondervermögens mit einer Frist von mindestens sechs Monaten durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger und darüber hinaus im Jahresbericht oder Halbjahresbericht kündigen. Die Anleger sind über eine nach Satz 1 bekannt gemachte Kündigung mittels eines dauerhaften Datenträgers unverzüglich zu unterrichten. Mit dem Wirksamwerden der Kündigung erlischt das Recht der Gesellschaft, das Sonstige Sondervermögen zu verwalten. In diesem Falle geht das Sonstige Sondervermögen bzw. das Verfügungsrecht über das Sonstige Sondervermögen auf die Verwahrstelle über, die es abzuwickeln und an die Anleger zu verteilen hat. Für die Zeit der Abwicklung hat die Verwahrstelle einen Anspruch auf Vergütung ihrer Abwicklungstätigkeit, sowie auf Ersatz ihrer Aufwendungen, die für die Abwicklung erforderlich sind. Mit Genehmigung der Bundesanstalt kann die Verwahrstelle von der Abwicklung und Verteilung absehen und einer anderen Kapitalverwaltungsgesellschaft die Verwaltung des Sonstigen Sondervermögens nach Maßgabe der bisherigen Anlagebedingungen übertragen. Die Gesellschaft hat auf den Tag, an dem ihr Verwaltungsrecht nach Maßgabe des § 99 KAGB erlischt, einen Auflösungsbericht zu erstellen, der den Anforderungen an einen Jahresbericht nach § 21 Absatz 1 entspricht. § 23 Wechsel der Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle

1.

2.

3.

Die Gesellschaft kann das Sonstige Sondervermögen auf eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen. Die Übertragung bedarf der vorherigen Genehmigung durch die Bundesanstalt. Die genehmigte Übertragung wird im Bundesanzeiger und darüber hinaus im Jahresbericht oder Halbjahresbericht bekannt gemacht. Die Anleger sind über eine nach Satz 1 bekannt gemachte Übertragung unverzüglich mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten. Die Übertragung wird frühestens drei Monate nach ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger wirksam. Die Gesellschaft kann die Verwahrstelle für das Sonstige Sondervermögen wechseln. Der Wechsel bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. § 24 Änderungen der Anlagebedingungen

1. 2.

3.

Die Gesellschaft kann die Anlagebedingungen ändern. Änderungen der Anlagebedingungen bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Bundesanstalt. Soweit die Änderungen nach Satz 1 Anlagegrundsätze des Sonstigen Sondervermögens betreffen, bedürfen sie der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates der Gesellschaft. Sämtliche vorgesehenen Änderungen werden im Bundesanzeiger und darüber hinaus in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien bekannt gemacht. In einer Veröffentlichung nach Satz 1 ist auf die vorgesehenen Änderungen und ihr Inkrafttreten hinzuweisen. Im Falle von Kostenänderungen im Sinne des § 162 Absatz 2 Nummer 11 KAGB, Änderungen der Anlagegrundsätze des Sonstigen

_____ 6

Dieser Einschub ist nur zu verwenden, wenn das Sondervermögen im Miteigentum der Anleger steht.

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F. Muster-Anlagebedingungen

4.

§ 221

Sondervermögens im Sinne des § 163 Absatz 3 KAGB oder Änderungen in Bezug auf wesentliche Anlegerrechte sind den Anlegern zeitgleich mit der Bekanntmachung nach Satz 1 die wesentlichen Inhalte der vorgesehenen Änderungen der Anlagebedingungen und ihre Hintergründe sowie eine Information über ihre Rechte nach § 163 Absatz 3 KAGB in einer verständlichen Art und Weise mittels eines dauerhaften Datenträgers gemäß § 163 Absatz 4 KAGB zu übermitteln. Die Änderungen treten frühestens am Tag nach ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft, im Falle von Änderungen der Kosten und der Anlagegrundsätze jedoch nicht vor Ablauf von 3 Monaten nach der entsprechenden Bekanntmachung. § 25 Erfüllungsort Erfüllungsort ist der Sitz der Gesellschaft.

SONSTIGE SONDERVERMÖGEN BAUSTEINE für

BESONDERE ANLAGEBEDINGUNGEN für

SONSTIGE SONDERVERMÖGEN (Kein Investment in Mikrofinanzprodukte gemäß § 222 KAGB) (Stand: Mai 2017; Version mit InvStG 2018) Disclaimer: Die nachstehenden Muster-Anlagebedingungen, darin enthaltene Musterbausteine, Erläuterungen und Formulierungen orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben des KAGB. Sie sind vom BVI und seinen zuständigen Gremien erarbeitet und mit der BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten (und insbesondere nicht unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten) abgestimmt worden. Sie stellen eine Orientierungshilfe dar und sind nicht verbindlich; so können sie etwa in Reihenfolge, Formulierung und Inhalt geändert werden. Der Verwender ist gehalten, die Muster-Anlagebedingungen für seine individuelle Nutzung genau zu prüfen und ggfs. entsprechend anzupassen. Die Muster-Anlagebedingungen wurden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Da ggfs. anderslautende Rechtsauffassungen oder Fehler nicht ausgeschlossen werden können, erheben die Formulierungsvorschläge der Muster-Anlagebedingungen keinen Anspruch auf uneingeschränkte Rechtsgültigkeit. Der BVI übernimmt keine Haftung für den Inhalt der vorliegenden MusterAnlagebedingungen.

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§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Besondere Anlagebedingungen zur Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Anlegern und der …………………, (Sitz), („Gesellschaft“) für das von der Gesellschaft verwaltete Sonstige Sondervermögen …………………, die nur in Verbindung mit den für dieses Sonstige Sondervermögen von der Gesellschaft aufgestellten „Allgemeinen Anlagebedingungen“ gelten.

ANLAGEGRUNDSÄTZE UND ANLAGEGRENZEN Baustein 1 Vermögensgegenstände Bearbeiterhinweis Die erwerbbaren Vermögensgegenstände sind mit ihrer gesetzlichen Bezeichnung unter Bezugnahme auf die jeweilige Bestimmung in den AABen aufzuführen. Soll eine bestimmte Kategorie von Vermögensgegenständen nicht erworben werden, ist dies durch eine entsprechende Negativformulierung zum Ausdruck zu bringen. Es ist nicht notwendig, generell eine detaillierte Aufzählung der Arten von erwerbbaren Wertpapieren gemäß § 193 KAGB in die Anlagebedingungen aufzunehmen. Es sind nur dann konkrete Angaben darüber erforderlich, falls von den Möglichkeiten des § 193 KAGB in eingeschränktem Umfang Gebrauch gemacht werden soll. In einem solchen Fall hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft anzugeben, welche Arten von Wertpapieren ausschließlich erworben werden sollen oder welche Wertpapiere vom Erwerb ausgeschlossen werden sollen. Die Gesellschaft darf für das Sonstige Sondervermögen nur folgende Vermögensgegenstände erwerben: 1. Wertpapiere gemäß § 5 der AABen, (ausschließlich / ausgenommen) 2. Geldmarktinstrumente gemäß § 6 der AABen, 3. Bankguthaben gemäß § 7 der AABen, 4. Anteile oder Aktien an Investmentvermögen gemäß § 8 der AABen, 5. Derivate gemäß § 9 der AABen, 6. Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 10 Abs. 1 der AABen 7. Edelmetalle gemäß § 10 Abs. 2 der AABen, 8. unverbriefte Darlehensforderungen gemäß § 10 Abs. 2 der AABen. Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen

§ 221

Bearbeiterhinweis Sofern die Gesellschaft den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände nicht ausdrücklich in Baustein 1 ausgeschlossen hat, sind im Baustein 1a und 2 etwaige Grenzen und Beschränkungen der erwerbbaren Vermögensgegenstände darzustellen. Die Bezeichnung des Sondervermögens darf gemäß § 4 Absatz 1 KAGB nicht irreführen. Baustein 1a Wertpapier-Darlehens- und Pensionsgeschäfte Bearbeiterhinweis 1. Sofern keine Wertpapier-Darlehens- oder Pensionsgeschäfte getätigt werden sollen, ist folgende Formulierung zu verwenden: „Wertpapier-Darlehens- oder Pensionsgeschäfte gemäß den §§ 13 und 14 der AABen werden nicht abgeschlossen.“ 2.

3.

Des Weiteren können die Grenzen für Wertpapier-Darlehens- oder Pensionsgeschäfte vorgesehen werden, z.B. eine Begrenzung der Laufzeiten für Pensionsgeschäfte von unter 12 Monaten oder eine Begrenzung des Geschäftsabschlusses mit bestimmten Kontrahenten. Sofern ein System zur Abwicklung und Vermittlung von Wertpapier-Darlehen eines „anderen Unternehmens“ i.S.d. § 13 Absatz 3 AAB genutzt werden soll, ist das Unternehmen hier zu nennen. Baustein 2 Anlagegrenzen

Bearbeiterhinweis 1. Sofern Wertpapiere erworben werden dürfen, ist deren Anteil am Sonstigen Sondervermögen anzugeben, bzw. welche Art von Wertpapieren im Sonstigen Sondervermögen überwiegt. 2. Sofern das Sonstige Sondervermögen in steuerlicher Hinsicht als Aktienfonds i.S.d. § 2 Absatz 6 InvStG oder als Mischfonds i.S.d. § 2 Absatz 7 InvStG qualifizieren soll, sind die folgenden Anlagegrenzen aufzunehmen. Für Aktienfonds im steuerlichen Sinne muss im ersten Satz eine 51%-Quote vorgesehen werden, für Mischfonds im steuerlichen Sinne eine 25%-Quote. Eine der alternativen Formulierungen am Ende bzgl. Anrechnung von Zielfonds auf die Quote ist nur aufzunehmen, sofern das Sonstige Sondervermögen Investmentanteile erwerben darf. „Mindestens des Wertes des Sonstigen Sondervermögens werden in Kapitalbeteiligungen i.S.d. § 2 Absatz 8 Investmentsteuergesetz angelegt. Kapitalbeteiligungen in diesem Sinne sind – Anteile an Kapitalgesellschaften, die zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind; – Anteile an Kapitalgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig sind und dort der Ertragsbesteuerung für Kapitalgesellschaften unterliegen und nicht von ihr befreit sind;

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§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme



Anteile an Kapitalgesellschaften, die in einem Drittstaat ansässig sind und dort einer Ertragsbesteuerung für Kapitalgesellschaften in Höhe von mindestens 15% unterliegen und nicht von ihr befreit sind;

oder

oder “ Die vorstehende Formulierung stellt die aus steuerlicher Sicht mindestens notwendigen Anlagegrenzen dar. Die Grenzen können auch strenger formuliert werden. In Anlehnung an die Fondskategorien-Richtlinie könnte z.B. für einen Aktienfonds geregelt werden: „Mindestens 51% des Wertes des Sonstigen Sondervermögens werden in Aktien angelegt, die zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind und bei denen es sich nicht um Anteile an Investmentvermögen handelt.“ 3.

Sofern das Sonstige Sondervermögen ein unbegrenzt zulässiges Zielinvestment für Spezialfonds i.S.d. § 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG darstellen soll, sollte die folgende Passage aufgenommen werden:

„Das Sonstige Sondervermögen beteiligt sich weder unmittelbar noch mittelbar über eine Personengesellschaft zu 10% oder mehr am Kapital einer Kapitalgesellschaft. Dies gilt nicht für Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung erneuerbarer Energien nach § 5 Nr. 14 des Erneuerbare-EnergienGesetzes gerichtet ist.“ 4.

Sofern der Erwerb von Geldmarktinstrumenten vorgesehen ist, ist deren Anteil am Sonstigen Sondervermögen anzugeben, bzw. ob ggf. von den Möglichkeiten des § 6 der AABen nur eingeschränkt Gebrauch gemacht werden soll. Die Geldmarktinstru-

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5.

§ 221

mente müssen nicht an einer Börse zum Handel zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sein. Allerdings entbindet der fest umrissene Kreis der Emittenten die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht davon, bei der konkreten Anlageentscheidung zu prüfen, ob für das jeweilige Instrument ausreichender Einlagenund Anlegerschutz besteht und zusätzlich die Kriterien des Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2007/16/EG erfüllt sind. Sofern Bankguthaben gehalten werden dürfen, ist der Anteil am Sonstigen Sondervermögen anzugeben. Sofern z.B. für die Anlage in Bankguthaben eine Grenze vorgesehen ist und die Bankguthaben nur auf Fondswährung lauten dürfen, kann der nachstehende Textvorschlag verwendet werden:

„Bis zu des Wertes des Sonstigen Sondervermögens dürfen in Bankguthaben nach Maßgabe des § 7 Satz 1 der AABen gehalten werden. Die Bankguthaben dürfen abweichend von § 7 Satz 3 der AABen nicht auf Fremdwährung lauten.“ 6.

7.

Gemäß § 224 Absatz 2 Nr. 3 KAGB ist der Anteil des Sonstigen Sondervermögens anzugeben, der mindestens in Bankguthaben, Geldmarktinstrumenten oder anderen liquiden Mitteln gehalten werden muss. Sofern Investmentanteile gemäß § 196 KAGB erworben werden dürfen, ist deren Anteil am Sonstigen Sondervermögen anzugeben. Es sind konkrete Angaben erforderlich über: – die Grundsätze, nach denen die zu erwerbenden Anteile ausgewählt werden, insbesondere die Arten der Investmentvermögen, deren Anteile oder Aktien für das Sonstige Sondervermögen erworben werden dürfen; hier kann sich die Gesellschaft beispielsweise nach den Anlagebestimmungen der anderen Investmentvermögen oder nach dem letzten Jahres- oder Halbjahresbericht richten, – der Anteil des Sonstigen Sondervermögens, der höchstens in Anteilen der jeweiligen Art gehalten werden darf. Beispiele: – Falls keine weitere Konkretisierung (Arten der Sondervermögen) gegenüber den AABen erfolgen soll:

„Bis zu .. Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens dürfen in alle nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 der AABen erwerbbaren Investmentanteile angelegt werden.“ –

Falls eine weitere Konkretisierung (Arten der Sondervermögen) erfolgen soll:

„Bis zu ... Prozent des Wertes des Sonstigen Sondervermögens dürfen in Investmentanteile nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 der AABen angelegt werden, die nach ihren Anlagebedingungen, Satzungen oder vergleichbaren Unterlagen bei ausländischen offenen Investmentvermögen überwiegend in … investieren.“ Die in der Vergangenheit bei der Bundesanstalt eingereichten Anlagebedingungen waren bezüglich den in Baustein 2 Nummer 7 bis 9 geforderten Angaben teilweise unvollständig oder enthielten Öffnungsklauseln. Die Gesellschaften werden dazu angehalten, künftig konkrete und abschließende Angaben in die Anlagebedingungen aufzunehmen.

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8.

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Sofern Anteile an Publikums-Sondervermögen gemäß § 8 Absatz 2 der AABen (Gemischte Sondervermögen) und/oder Aktien von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, deren Satzung eine dem § 8 Absatz 2 der AABen vergleichbare Anlageform vorsieht, sowie Anteile oder Aktien an vergleichbaren EU- oder offenen ausländischen Investmentvermögen erworben werden dürfen, sind der Anteil am Sonstigen Sondervermögen sowie die wesentlichen Merkmale dieser Sondervermögen zu beschreiben. Formulierungsvorschläge, sofern keine spezielleren Grenzen vorgesehen sind:

„Die Gesellschaft erwirbt bis zu … Prozent des Wertes des Sondervermögens Anteile an Gemischten Sondervermögen. Nach deren Anlagebedingungen können folgende Investitionen vorgesehen werden: – Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Bankguthaben, Investmentanteile nach § 196 KAGB, Derivate, Sonstige Anlageinstrumente gemäß § 198 KAGB, Anteile oder Aktien an offenen Investmentvermögen gemäß §§ 219 Absatz 1 Nr. 2a) und 219 Absatz 1 Nr. 2b) KAGB. “ 9.

Sofern Anteile oder Aktien an Sonstigen Sondervermögen gemäß § 8 Absatz 4 der AABen erworben werden dürfen, sind zusätzlich gemäß § 221 Absatz 2 KAGB i.V.m. § 229 Absatz KAGB konkrete Angaben erforderlich über: – die Grundsätze, nach denen die zu erwerbenden Zielfonds ausgewählt werden, – welcher Anlagepolitik die Zielfonds folgen, – in welchem Umfang die Zielfonds im Rahmen ihrer Anlagestrategie zur Steigerung des Investitionsgrades Kredite aufnehmen oder Derivate einsetzen und Leerverkäufe durchführen dürfen und – ob die Vermögensgegenstände eines Zielfonds bei einer Verwahrstelle oder einem Primebroker verwahrt werden.

Sofern von diesen Anlagemöglichkeiten Gebrauch gemacht wird, ist ein entsprechender Zusatz in den betroffenen Abschnitt aufzunehmen, z.B.: „…die Gesellschaft darf insgesamt bis zu ... Prozent (Maximal 30 Prozent) des Wertes des Sonstigen Sondervermögens in … anlegen.“ Rechtlicher Hinweis: In dem Verkaufsprospekt sind gemäß § 221 Absatz 2 KAGB zusätzliche Angaben nach § 228 Absatz 1 KAGB erforderlich. 10. Sofern das Sonstige Sondervermögen ein unbegrenzt zulässiges Zielinvestment für Spezialfonds i.S.d. § 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG darstellen soll und in Anteile an anderen AIF gemäß § 8 Absatz 1, 2 und/ oder 4 der AABen anlegen darf, sollte die folgende Beschränkung aufgenommen werden: „Das Sonstige Sondervermögen legt nur in Anteile oder Aktien an anderen AIF gemäß der AABen an, wenn das andere Investmentvermögen folgende Anlagegrenzen beachtet: – Es hält keine Unternehmensbeteiligungen in Form von Personengesellschaften.

Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen







§ 221

Es investiert höchstens 20 Prozent seines Wertes in Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die weder zum Handel an einer Börse zugelassen noch in einem anderen organisierten Markt zugelassen sind. Innerhalb dieser Grenze dürfen auch Unternehmensbeteiligungen in Form von Personengesellschaften gehalten werden, die vor dem 28. November 2013 erworben wurden. Es beteiligt sich weder unmittelbar noch mittelbar über eine Personengesellschaft zu 10% oder mehr am Kapital einer Kapitalgesellschaft. Dies gilt nicht für Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung erneuerbarer Energien nach § 5 Nr. 14 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gerichtet ist. Es legt nicht in Anteile an Hedgefonds an.“

Falls das Sonstige Sondervermögen gemäß den AAB bestandsgeschützte Anteile an Hedge-Zielfonds halten darf, sollte außerdem folgende Passage ergänzt werden: „Das Sonstige Sondervermögen hält keine Anteile oder Aktien an Hedgefonds gemäß der AABen.“ 11. Sofern der Erwerb von Derivaten vorgesehen ist, ist anzugeben, in welchem Umfang die in den AABen eröffneten Möglichkeiten eingeschränkt werden sollen. Z.B. „… Derivate Es dürfen keine Derivate oder Finanzinstrumente mit derivativer Komponente erworben werden, deren Basiswerte Aktien sind.“ Wendet die Kapitalverwaltungsgesellschaft den qualifizierten Ansatz an, ist gemäß § 224 Absatz 2 Nr. 1 KAGB anzugeben, welche Arten von Derivaten für das Sonstige Sondervermögen erworben werden dürfen. 12. Sofern der Erwerb von Edelmetallen und unverbrieften Darlehensforderungen für das Sondervermögen vorgesehen ist, sind gemäß § 224 Absatz 2 Nr. 1 und 2 KAGB deren Umfang und Art anzugeben. Baustein 3 Anlageausschuss Bearbeiterhinweis Wenn für das Sonstige Sondervermögen ein Anlageausschuss besteht, ist wie folgt zu formulieren: „Die Gesellschaft bedient sich mit Blick auf das Sonstige Sondervermögen des Rates eines Anlageausschusses.“

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§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

ANTEILKLASSEN Baustein 4 Anteilklassen Alle Anteile haben gleiche Ausgestaltungsmerkmale; verschiedene Anteilklassen gemäß § 16 Absatz 2 der AABen werden nicht gebildet. Bearbeiterhinweis Wenn für das Sonstige Sondervermögen einzelne Anteilklassen gebildet werden sollen, die die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß § 10 InvStG erfüllen, ist stattdessen wie folgt zu formulieren: „Für das Sonstige Sondervermögen können die folgenden Anteilklassen im Sinne von § 16 Abs. 2 der AABen gebildet werden, die sich hinsichtlich der Anleger, die Anteile erwerben und halten dürfen, unterscheiden: „A“, „B“, … . Die Bildung von Anteilklassen ist jederzeit zulässig und liegt im Ermessen der Gesellschaft.“ Voraussetzung für eine Steuerbefreiung ist laut § 10 InvStG, dass die Beschränkung des Anlegerkreises in den Anlagebedingungen geregelt wird. Daher scheint es aus steuerlicher Sicht nicht ausreichend, wenn hier nur allgemein die Möglichkeit zur Bildung von Anteilklassen vorgesehen, und die bestehenden Anteilklassen nebst Ausgestaltungsmerkmalen im Verkaufsprospekt aufgelistet würden. Der Formulierungsvorschlag geht davon aus, dass die Beschränkung auf einen steuerbefreiten Anlegerkreis einziges Unterscheidungsmerkmal der Anteilklassen ist. Es wäre jedoch auch zulässig, dieses Merkmal mit anderen unterschiedlichen Ausgestaltungen zu kombinieren.

ANTEILE, AUSGABEPREIS, RÜCKNAHMEPREIS, RÜCKNAHME VON ANTEILEN UND KOSTEN Baustein 5 Anteile Bearbeiterhinweis 1. Haben die Anleger Miteigentum am Sonstigen Sondervermögen, ist wie folgt zu formulieren: „Die Anleger sind an den jeweiligen Vermögensgegenständen des Sonstigen Sondervermögens in Höhe ihrer Anteile als Miteigentümer nach Bruchteilen beteiligt.“ Verwaltet die Gesellschaft das Sonstige Sondervermögen als Treuhandvermögen, ist wie folgt zu formulieren: „Die Anleger sind an den jeweiligen Vermögensgegenständen des Sonstigen Sondervermögens in Höhe ihrer Anteile als Gläubiger nach Bruchteilen beteiligt.“ Barac

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F. Muster-Anlagebedingungen

2. a)

§ 221

Sofern das Sonstige Sondervermögen oder eine seiner Anteilklassen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 InvStG für eine Steuerbefreiung erfüllen soll, ist der Anlegerkreis mit einer der folgenden Formulierungsvorschläge zu begrenzen. Es ist auch möglich, beide Formulierungsvorschläge, d.h. beide Gruppen von Anlegern, zu kombinieren.

„Anteile an dürfen nur erworben und gehalten werden von – inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung dienen und die die Anteile nicht in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb halten; – inländischen Stiftungen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen; – inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dienen, sowie – den vorstehenden drei Spiegelstrichen vergleichbaren ausländischen Anlegern mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Amts- und Beitreibungshilfe leistenden ausländischen Staat. Zum Nachweis der vorgenannten Voraussetzungen hat der Anleger der Gesellschaft eine gültige Bescheinigung nach § 9 Absatz 1 Nr. 1 oder 2 Investmentsteuergesetz zu übermitteln. Fallen bei einem Anleger die vorgenannten Voraussetzungen weg, so ist er verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Wegfall mitzuteilen. Steuerliche Befreiungsbeträge, die die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verwaltung des Sondervermögens erhält , sind grundsätzlich den Anlegern auszuzahlen. Abweichend hiervon ist die Gesellschaft berechtigt, die Befreiungsbeträge unmittelbar dem Sondervermögen zuzuführen; aufgrund dieser Zuführung werden keine neuen Anteile ausgegeben. Das verwendete Verfahren wird im Verkaufsprospekt erläutert.“ oder „Anteile an dürfen nur im Rahmen von Altersvorsorge- oder Basisrentenverträgen erworben und gehalten werden, die nach den §§ 5 oder 5a des AltersvorsorgeverträgeZertifizierungsgesetzes zertifiziert wurden. Zum Nachweis der vorgenannten Voraussetzung hat der Anbieter des Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrags der Gesellschaft mitzuteilen, dass er die Anteile ausschließlich im Rahmen von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen erwirbt. Fällt die vorgenannte Voraussetzung weg, so ist der Anleger verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Wegfall mitzuteilen. Steuerliche Befreiungsbeträge, die die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verwaltung des Sondervermögens erhält , sind grundsätzlich dem Anbieter des Al-

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Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

tersvorsorge- oder Basisrentenvertrages auszuzahlen. Dieser hat sie zugunsten der Berechtigten aus dem jeweiligen Altersvorsorge- oder Basisrentenvertrag wieder anzulegen. Abweichend hiervon ist die Gesellschaft berechtigt, die Befreiungsbeträge unmittelbar dem Sondervermögen zuzuführen; aufgrund dieser Zuführung werden keine neuen Anteile ausgegeben. Das verwendete Verfahren wird im Verkaufsprospekt erläutert.“ b) Für eine Steuerbefreiung des Sonstigen Sondervermögens bzw. einer Anteilklasse gemäß § 10 InvStG ist neben der Begrenzung des Anlegerkreises auch erforderlich, dass die Übertragbarkeit der Anteile ausgeschlossen wird. Bei Zuwiderhandlungen gegen das Übertragungsverbot sieht § 13 Absatz 1 InvStG außerdem eine Informationspflicht des Anlegers vor. Es kann wie folgt formuliert werden: „Abweichend von § 16 Absatz 3 der AABen dürfen die Anteile nicht übertragen werden. Überträgt ein Anleger dennoch Anteile, so ist er verpflichtet, dies der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Übertrag mitzuteilen. Das Recht zur Rückgabe der Anteile nur an die Gesellschaft für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens gemäß § 17 Absatz 3 der AABen bleibt unberührt.“ Baustein 6 Ausgabe- und Rücknahmepreis Bearbeiterhinweis 1. Wird ein Ausgabeaufschlag erhoben, ist folgende Formulierung zu wählen: „Der Ausgabeaufschlag beträgt ....... Prozent des Anteilwerts. Es steht der Gesellschaft frei, einen niedrigeren Ausgabeaufschlag zu berechnen.“ 2.

Wird daneben oder alternativ ein Rücknahmeabschlag erhoben, ist folgende Formulierung zu wählen:

„Der Rücknahmeabschlag beträgt .... Prozent des Anteilwerts. Es steht der Gesellschaft frei, einen niedrigeren Rücknahmeabschlag zu berechnen.“ 3.

Im Hinblick auf zivilrechtliche Gesichtspunkte ist darüber hinaus anzugeben, ob der Rücknahmeabschlag dem Sonstigen Sondervermögen oder der Gesellschaft zusteht. Es kann eine der folgenden Formulierungen gewählt werden: „Der Rücknahmeabschlag steht der Gesellschaft zu.“ oder „Der Rücknahmeabschlag steht dem Sonstigen Sondervermögen zu.“

4.

5.

Sofern der Rücknahmeabschlag dem Sonstigen Sondervermögen zustehen soll, darf die Gesellschaft keinen niedrigeren Rücknahmeabschlag berechnen oder von der Berechnung ganz absehen. Die Regelung des § 18 Absatz 3 der AABen sieht als Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge regelmäßig den auf den Eingang des Anteilsabrufs-

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F. Muster-Anlagebedingungen

§ 221

bzw. Rücknahmeauftrags folgenden Wertermittlungstag vor. Sofern hiervon abgewichen werden soll, ist hier eine entsprechende Regelung zu treffen. Z.B.: „Abweichend von § 18 Absatz 3 der AABen ist der Abrechnungsstichtag für Anteilabrufe und Rücknahmeaufträge spätestens der übernächste auf den Eingang des Anteilabrufs- bzw. Rücknahmeauftrags folgende Wertermittlungstag.“ Oder „Sofern die Anteilrücknahme wegen des Überschreitens eines in [§] genannten Betrages nur zu bestimmten Rücknahmeterminen erfolgt, ist der Rücknahmepreis des Tages der Ausführung maßgeblich.“ 6.

Bei Sonstigen Sondervermögen, die schwerpunktmäßig, d.h. zu mindestens 51% in Vermögensgegenstände investieren, die an einer ausländischen Börse gehandelt werden („Länderfonds“), kann in Ergänzung zur Regelung des § 18 Absatz 4 der AABen auch an gesetzlichen Feiertagen in dem jeweiligen Land, die keine Börsenhandelstage sind, von einer Anteilspreisermittlung abgesehen werden:

„Abweichend von § 18 Absatz 4 der AABen kann auch an gesetzlichen Feiertagen in … [Land], die keine Börsenhandelstage sind, von einer Ermittlung des Ausgabe- und Rücknahmepreises abgesehen werden; das Nähere regelt der Verkaufsprospekt.“ Baustein 7 Sonderregelung der Rückgabefrist und Anteilrücknahme gemäß § 223 Absatz 1 KAGB Bearbeiterhinweis Falls von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, die Anteilrücknahme gemäß § 223 Absatz 1 KAGB einzuschränken, könnte beispielhaft wie folgt formuliert werden. Die Rücknahme der Anteile muss dann zwischen höchstens einmal halbjährlich und mindestens einmal jährlich vorgesehen sein: „Soweit der Gesamtwert einer Rückgabeorder den Betrag von Euro überschreitet, erfolgt die Rücknahme durch die Gesellschaft abweichend von § 17 Absatz 3 der AABen, lediglich jeweils zum (Rücknahmetermin). Anteilrückgaben nach Satz 1 sind spätestens vor dem Rücknahmetermin durch eine unwiderrufliche schriftliche Rückgabeerklärung gegenüber der Gesellschaft zu erklären. Bei in einem Depot im Inland verwahrten Anteilen hat die Erklärung durch die depotführende Stelle zu erfolgen. Die Anteile sind von der depotführenden Stelle nach Eingang der Erklärung bis zur tatsächlichen Rückgabe der Anteile zu sperren. Bei nicht im Inland in einem Depot verwahrten Anteilen wird die Erklärung erst wirksam und beginnt die Frist erst zu laufen, wenn von der Verwahrstelle die zurückgegebenen Anteile in ein Sperrdepot übertragen worden sind.“

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Barac

§ 221

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen, Kreditaufnahme

Baustein 8 Kosten Einzelheiten finden sich im Musterbaustein für Kostenregelungen für Sondervermögen, der von der Bundesanstalt veröffentlicht wird.1 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Baustein 9 Besondere Informationspflichten gegenüber den Anlegern Bearbeiterhinweis Hier ist anzugeben, auf welche Art und Weise die Gesellschaft die Anleger gemäß den §§ 300, 308 Absatz 4 KAGB informiert. Die Informationen nach § 300 Absatz 1 und 2 KAGB sind gemäß § 7 Ziffer 9 c) bb) KARBV im Anhang zum Jahresbericht aufzuführen. Die Informationen nach § 300 Absatz 4 (bzgl. Privatanlegern) sind mittels dauerhaftem Datenträger zu übermitteln, sowie in einem weiteren, im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium zu veröffentlichen; während § 308 Absatz 4 KAGB (bzgl. semi-professionellen oder professionellen Anlegern) nur die „unverzügliche Unterrichtung“ verlangt. Sofern gewünscht, können aus Gründen der Anlegergleichbehandlung jedoch auch die semi-professionellen und professionellen Anleger per dauerhaftem Datenträger informiert werden. Es könnte einheitlich wie folgt formuliert werden: „Die Informationen gemäß § 300 Absatz 1 und 2 KAGB sind im Anhang zum Jahresbericht enthalten. Die Informationen gemäß § 300 Absatz 4 sowie § 308 Absatz 4 KAGB werden den Anlegern per dauerhaftem Datenträger übermittelt. Die Informationen gemäß § 300 Absatz 4 KAGB sind daneben in einem weiteren, im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium zu veröffentlichen.“ ERTRAGSVERWENDUNG UND GESCHÄFTSJAHR Baustein 10 Ausschüttung 1.

2.

Die Gesellschaft schüttet grundsätzlich die während des Geschäftsjahres für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens angefallenen und nicht zur Kostendeckung verwendeten Zinsen, Dividenden und sonstige Erträge aus. Realisierte Veräußerungsgewinne können ebenfalls zur Ausschüttung herangezogen werden. Ausschüttbare Erträge gemäß Absatz 1 können zur Ausschüttung in späteren Geschäftsjahren insoweit vorgetragen werden, als die Summe der vorgetragenen Erträge … Prozent des jeweiligen Wertes des Sonstigen Sondervermögens zum Ende des Geschäftsjahres nicht übersteigt. Erträge aus Rumpfgeschäftsjahren können vollständig vorgetragen werden.

_____

1 Die Musterbausteine können auf der Homepage der Bundesanstalt abgerufen werden (http://www.bafin.de).

Barac

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Mikrofinanzinstitute

§ 222

Bearbeiterhinweis Maximal darf die Summe der vorgetragenen Erträge 15% des jeweiligen Wertes des Sonstigen Sondervermögens zum Ende des Geschäftsjahres betragen. 3. 4.

Im Interesse der Substanzerhaltung können Erträge teilweise, in Sonderfällen auch vollständig zur Wiederanlage im Sonstigen Sondervermögen bestimmt werden. Die Ausschüttung erfolgt jährlich innerhalb von vier Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres. Alternativ: – Thesaurierung der Erträge

Die Gesellschaft legt die während des Geschäftsjahres für Rechnung des Sonstigen Sondervermögens angefallenen und nicht zur Kostendeckung verwendeten Zinsen, Dividenden und sonstigen Erträge sowie die realisierten Veräußerungsgewinne im Sonstigen Sondervermögen wieder an. Bearbeiterhinweis Sofern ein Ertragsausgleichsverfahren nicht stattfindet, ist hierauf besonders hinzuweisen. Folgender Text könnte Verwendung finden: „Ein Ertragsausgleichsverfahren wird nicht durchgeführt.“

Baustein 11 Geschäftsjahr Das Geschäftsjahr des Sonstigen Sondervermögens beginnt am ……… und endet am ………

§ 222 Mikrofinanzinstitute § 222 Mikrofinanzinstitute Barac Mikrofinanzinstitute https://doi.org/10.1515/9783110492217-009

(1) 1 Abweichend von § 221 Absatz 5 Satz 1 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bis zu 95 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens in unverbriefte Darlehensforderungen von regulierten Mikrofinanzinstituten und in unverbriefte Darlehensforderungen gegen regulierte Mikrofinanzinstitute anlegen; ein Erwerb von unverbrieften Darlehensforderungen gegen regulierte Mikrofinanzinstitute ist jedoch nur zulässig, wenn der Erwerb der Refinanzierung des Mikrofinanzinstituts dient. 2 Regulierte Mikrofinanzinstitute im Sinne des Satzes 1 sind Unternehmen, 1. die als Kredit- oder Finanzinstitut von der in ihrem Sitzstaat für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten zuständigen Behörde zugelassen sind und nach international anerkannten Grundsätzen beaufsichtigt werden, 2. deren Haupttätigkeit die Vergabe von Gelddarlehen an Klein- und Kleinstunternehmer für deren unternehmerische Zwecke ist und 3. bei denen 60 Prozent der Darlehensvergaben an einen einzelnen Darlehensnehmer den Betrag von insgesamt 10.000 Euro nicht überschreitet. 93 https://doi.org/10.1515/9783110492217-009

Barac

§ 222

Mikrofinanzinstitute

3

Abweichend von § 221 Absatz 5 Satz 1 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch bis zu 75 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens in unverbriefte Darlehensforderungen von unregulierten Mikrofinanzinstituten und in unverbriefte Darlehensforderungen gegen unregulierte Mikrofinanzinstitute anlegen, deren Geschäftstätigkeit jeweils die in Satz 2 Nummer 2 und 3 genannten Kriterien erfüllt und 1. die seit mindestens drei Jahren neben der allgemeinen fachlichen Eignung über ein ausreichendes Erfahrungswissen für die Tätigkeit im Mikrofinanzsektor verfügen, 2. die ein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen können und 3. deren ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sowie deren Risikomanagement von einem im Staat des Mikrofinanzinstituts niedergelassenen Wirtschaftsprüfer geprüft sowie von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft regelmäßig kontrolliert werden. 4 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf Vermögensgegenstände desselben Mikrofinanzinstituts jedoch nur in Höhe von bis zu 10 Prozent und von mehreren Mikrofinanzinstituten desselben Staates nur in Höhe von bis zu 15 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens erwerben. (2) 1 Macht eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von den Anlagemöglichkeiten nach Absatz 1 Gebrauch, darf sie für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens auch Wertpapiere erwerben, die von Mikrofinanzinstituten im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 begeben werden, ohne dass die Erwerbsbeschränkungen nach § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 gelten. 2 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf in Wertpapiere im Sinne des Satzes 1 nur bis zu 15 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens anlegen. (3) In den Fällen des Absatzes 1 müssen die Personen, die für die Anlageentscheidungen bei dem Sonstigen Investmentvermögen verantwortlich sind, neben der allgemeinen fachlichen Eignung für die Durchführung von Investmentgeschäften ausreichendes Erfahrungswissen in Bezug auf die in Absatz 1 genannten Anlagemöglichkeiten haben. Schrifttum ESMA’s Final Report Technical advice to the European Commission on possible implementing measures of the Alternative Investment Fund Managers Directive, 2011.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 16/6874; Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19.12.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung, EU-ABl. L 83 vom 22.3.2013, S. 1.

A. B. C.

Systematische Übersicht Bezüge zum Investmentgesetz | 1 Entwicklung der Norm | 4 Definition von Mikrofinanzinstituten und Anlagegrenzen (Abs. 1) | 11

Barac

D.

E.

Begrenzung des Erwerbs von Wertpapieren des Mikrofinanzinstitutes (Abs. 2) | 21 Qualifikation des Portfoliomanagements (Abs. 3) | 22

94

B. Entwicklung der Norm

§ 222

A. Bezüge zum Investmentgesetz In der nachfolgenden Tabelle sind die aus dem aufgehobenen InvG ins KAGB über- 1 nommenen Vorschriften im Überblick dargestellt. InvG

KAGB

§ 90h Zulässige Vermögensgegenstände, § 222 Mikrofinanzinstitute Anlagegrenzen, Kreditaufnahme Abs. 7

Abs. 1 (mit Klarstellungen)

Abs. 8

Abs. 2

Abs. 9

Abs. 3

Die Vorschriften des § 90h Abs. 7 bis 9 InvG wurden im KAGB in einen separaten Pa- 2 ragraphen zusammengefasst. § 222 Abs. 2 und 3 enthält mit redaktionellen Anpassungen die Vorschriften der Abs. 8 und 9 des aufgehobenen § 90h InvG. § 222 Abs. 1 hat mit Ausnahme der nachfolgend dargestellten Änderungen und re- 3 daktionellen Anpassungen den aufgehobenen § 90h Abs. 7 InvG übernommen. In § 222 Abs. 1 Satz 1 wurde der zweite Halbsatz hinzugefügt. Er enthält die Klarstellung, dass auch der Erwerb von unverbrieften Darlehensforderungen gegen regulierte Mikrofinanzinstitute zulässig ist. Dies entsprach auch einer bislang nicht veröffentlichten Verwaltungsauffassung der BaFin.1 Dieselbe Klarstellung wurde in Abs. 1 Satz 3 auch für unregulierte Mikrofinanzinstitute eingefügt. B. Entwicklung der Norm B. Entwicklung der Norm Der Gesetzgeber hat mit dem Investmentänderungsgesetz 2007 erstmals Mikrofi- 4 nanzfonds eingeführt. Begründet wurde die Einführung der neuen Fondkategorie wie folgt:2 Im Wege von Mikrofinanz-Fonds können sich Privatanleger an der Refinanzierung der von Mikrofinanz-Instituten vergebenen Darlehen in Entwicklungs- und Schwellenländern beteiligen. Auf diese Weise können zum einen Privatanleger, die neben Renditeerwägungen bei Geldanlagen auch an der Förderung des Gemeinwohls in diesen Regionen interessiert sind, einen Beitrag zur Bekämpfung des wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichts leisten. Zum anderen zeigen Beispiele an anderen Standorten (z.B. Luxemburg), an denen bereits solche Fonds existieren, dass diese Anlageform eine attraktive Ergänzung traditioneller Portfolios darstellen kann, weil die Anlagen in Mikrofinanz-Kredite nur eingeschränkt mit den traditionellen Anlageformen in Aktien und Schuldverschreibungen korreliert sind. Zudem zeichnen sich Mikrofinanz-Kredite durch eine hohe Rückzahlquote aus, die international im Durchschnitt bei über 97 Prozent liegt. Zu diesem Zweck erweiterte der Gesetzgeber die Anlagegrenzen des damaligen § 90h 5 Abs. 5 für Anlagen in unverbriefte Darlehensforderungen von Mikrofinanzinstituten von

_____ 1 2

95

Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Knöfler/Ghedina § 90h InvG Rn. 38. BTDrucks. 16/6874 S. 117.

Barac

§ 222

Mikrofinanzinstitute

30% auf 75% des NAV und verband diese Erweiterung der Anlagegrenzen an zahlreiche Voraussetzungen. So musste u.a. das Mikrofinanzinstitut – ein reguliertes Kredit- oder Finanzinstitut sein, und – eine multilaterale bzw. bilaterale Entwicklungsbank musste mit mindestens 5% an dem Mikrofinanzinstitut beteiligt sein und – bereits Gelddarlehen in Höhe von mindestens EUR 10 Mio. vergeben haben. Insbesondere die beiden ersten Voraussetzungen führten dazu, dass in Deutschland bis dato keine Mikrofinanzfonds aufgelegt wurden.3 7 Mit der Untergrenze von EUR 10 Mio. bereits vergebener Darlehen wollte der Gesetzgeber eine wirtschaftliche Mindestgröße festgelegt um somit einen gewissen Professionalisierungsgrad zu erreichen. Wobei auch die absolute Untergrenze in EUR gerade im Zusammenhang mit den Ziel-Instituten in Entwicklungs- und Schwellenländer auf Grund der teilweise großen Währungsunterschiede kritisch zu sehen war. Im OGAW-IV-Umsetzungsgesetz wurde die Kritik aufgenommen und die bisherigen 8 Anforderungen an Mikrofinanzinstitute modifiziert. Die Gesetzesbegründung erläutert zu den oben geschilderten Voraussetzungen: 6

Die Definition des Mikrofinanz-Instituts unterscheidet nun zudem zwischen regulierten und nicht regulierten Mikrofinanz-Instituten. Reguliertes Mikrofinanz-Institut ist ein beaufsichtigtes Kredit- oder Finanzinstitut, das in seinem Sitzstaat von der Bankenaufsicht zugelassen wurde und nach international anerkannten Grundsätzen beaufsichtigt wird. Es soll zudem nicht mehr überwiegend auf die Größe eines Mikrofinanz-Institutes abgestellt werden (§ 90h Absatz 7 Nummer 4 InvG a.F.), da dies alleine kein sachgerechtes Kriterium für Professionalität und Bonität sein kann. Beispielsweise müsste ein Mikrofinanz-Institut bei einer durchschnittlichen Kredithöhe von 200 Euro schon 50.000 Kunden haben, um auf das nach der bisherigen Regelung erforderliche Mindest-Kreditvolumen von 10 Mio. Euro zu kommen, dies ist beispielsweise in Afrika die große Ausnahme. Auch das bisherige Erfordernis, dass an den Mikrofinanz-Instituten multi- oder bilaterale Entwicklungsbanken beteiligt sein müssen (§ 90h Absatz 7 Nummer 5 InvG a.F.) wird aufgegeben, da es die Anlagemöglichkeiten unnötig einschränkt. Die Engagements öffentlicher Entwicklungsfinanzierer in dem Marktsegment sind rückläufig, da diese nach Erfüllung des Entwicklungsauftrages ihre Anlagen in dem Markt oftmals zurückführen.4 9

Ferner wurde die Obergrenze von 75% des NAV auf 95% des NAV mit folgender Begründung angehoben: Die bisherige Obergrenze von 75 Prozent für unverbriefte Darlehensforderungen für Mikrofinanz-Sondervermögen (diese liegt für „normale“ Sonstige Sondervermögen bei 30 Prozent) wurde durch das Investmentänderungsgesetz 2007 eingeführt, da Mikrofinanzfonds fast ausschließlich in diese Vermögensgegenstände investieren. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Vermögensgegenstände vergleichsweise illiquide sind. Für ein angemessenes Risikomanagement dieser relativ illiquiden Vermögensgegenstände ist es allerdings sachdienlich, die Obergrenze für unverbriefte Vermögensgegenstände auf 95 Prozent zu erhöhen. So können Sondervermögen aufgelegt werden, die der Bezeichnung „Mikrofinanzfonds“ entsprechen.5

_____

3 4 5

Beckmann/Scholtz/Vollmer/Krause/Angsten § 90h Rn. 57. BTDrucks. 17/4510 S. 79 f. BTDrucks. 16/6874 S. 79.

Barac

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C. Definition von Mikrofinanzinstituten und Anlagegrenzen (Abs. 1)

§ 222

Im KAGB sind die Vorschriften zu den Mikrofinanzfonds, die früher noch Teil des 10 § 90h InvG zu den zulässigen Vermögensgegenständen waren, mittlerweile als eigenständige Paragraphen formuliert. Für Anleger, die neben reinen Renditeerwägungen auch ethische Erwägungen bei der Fondsauswahl berücksichtigen, hat das neue KAGB in Kapitel 6 den Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) aufgenommen. Im Gegensatz zum Mikrofinanzfonds, der den Erwerb von unverbriefte Darlehensforderungen von Mikrofinanzinstituten und somit die Refinanzierung dieser Institute ermöglicht, beteiligt sich der EuSEF direkt an so genannten „qualifizierten Portfoliounternehmen“.6 In der Vergangenheit haben ethisch begründete Investments, z.B. durch die Ausgestaltung der Anlagegrundsätze von Spezialfonds deren Anleger Kirchen oder Stiftungen sind, eher eine untergeordnete Bedeutung im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Investmentmarktes gehabt. Ob beide Fondskategorien zukünftig eine nennenswerte Rolle im Investmentmarkt einnehmen können ist eher zu bezweifeln. C. Definition von Mikrofinanzinstituten und Anlagegrenzen (Abs. 1) C. Definition von Mikrofinanzinstituten und Anlagegrenzen (Abs. 1) § 222 regelt den Sonderfall der unverbrieften Darlehnsforderungen, bei denen 11 Schuldner ein Mikrofinanzinstitut (MFI) ist. Während § 221 Abs. 1 Nr. 4 keine weiteren Anforderungen an den Erwerb von unverbrieften Darlehnsforderungen stellt, den Erwerb aber in § 221 Abs. 5 auf 30% des NAV begrenzt, wird die Erwerbsgrenze für unverbriefte Darlehensforderungen von und gegen MFI erhöht und zugleich an diverse Voraussetzungen geknüpft. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft darf nicht nur unverbriefte Darlehen von MFI 12 für ein SoInvV erwerben, sondern auch unverbriefte Darlehen gegen MFI. Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass der Erwerb der Refinanzierung des MFI dient. Die Anforderung ist bereits dann als erfüllt anzusehen, wenn ein Kreditinstitut mit dem MFI einen Darlehensvertrag nur unter der Voraussetzung abschließt, dass anschließend die Darlehensforderung gegen das MFI für Rechnung eines Mikrofinanzfonds erworben wird. Die Übernahme von alten bereits bestehenden Darlehensforderungen, die unabhängig von einem anschließenden Erwerb durch einen Mikrofinanzfonds begründet wurden, erfüllt die Anforderung der Refinanzierung idR nicht.7 Die Vorschrift unterscheidet dabei zwischen regulierten und nicht-regulierten MFI. 13 Gemäß Abs. 1 Satz 2 sind regulierte MFI Unternehmen, 1. die als Kredit- oder Finanzinstitute in ihrem Sitzstaat einer Zulassung und einer Beaufsichtigung nach international anerkannten Grundsätzen durch eine Aufsichtsbehörde unterliegen 2. deren Haupttätigkeit in der Vergabe von Gelddarlehen an Klein- und Kleinstunternehmer für deren unternehmerische Zwecke ist und 3. 60% der Darlehensvergaben an einzelne Darlehnsnehmer nicht EUR 10.000 überschreitet. Die Anforderung an die Beaufsichtigung des MFI setzt voraus, dass die Beaufsichti- 14 gung nach international anerkannten Standards erfolgt. Zur Interpretation, ob vergleichbare Aufsichtsstandards vorliegen können gleich mehrere Quellen aus vergleichbaren Sachverhalten herangezogen werden. In 2010 hat das Basel Committee on Banking

_____ 6 7

97

Vgl. hierzu auch die Kommentierung zu § 338. BTDrucks. 17/12294 S. 266.

Barac

§ 222

Mikrofinanzinstitute

Supervision eine Studie zu Microfinance activities and the Core Principles on Effective Banking Supervision herausgegeben, die einerseits Leitlinie für eine effektive Bankenaufsicht gibt und zum anderen die Ergebnisse einer Umfrage unter Drittländer zum Status Quo darstellt.8 In 2011 hat der EU-Gesetzgeber zur Frage der einheitlichen aufsichtlichen Regulierung im Rahmen der AIFM-RL in Art. 21 Abs. lit. b die ESMA mit der Festlegung allgemeiner Kriterien zur Bewertung, ob die Anforderungen an die aufsichtliche Regulierung und Aufsicht in Drittländern den Rechtsvorschriften der EU entsprechen und wirksam durchgesetzt werden, delegiert (hier im Zusammenhang mit Verwahrstellen in Drittländern). Die ESMA hat dazu in einem Final Report zur AIFM-RL vom 19. November 2011 Kriterien für die Beurteilung der aufsichtlichen Regulierung in Drittstaaten festgelegt.9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2. und 3. beschreiben die Kernanforderungen an ein MFI. Demnach 15 muss die Haupttätigkeit darin bestehen Gelddarlehen an Klein- und Kleinstunternehmer für deren unternehmerische Zwecke zu vergeben und mindestens 60% der Darlehenvergaben an einzelne Darlehnsnehmer dürfen max. EUR 10.000 betragen. Erst diese Kernkriterien definieren ein MFI. Das Darlehen ausschließlich für die unternehmerischen Zwecke der Darlehensnehmer vergeben werden dürfen, dient zur Abgrenzung von Mikrofinanzkrediten zu Konsumentenkrediten. Ebenso dient die Abgrenzung der Höhe der im Einzelnen vergebenen Gelddarlehen dazu, die Eigenschaft des Darlehensgebers als MFI festzulegen. Hierdurch wird die Refinanzierung von anderen Kreditinstituten, Unternehmen oder Darlehensgebern, die nicht als MFI anzusehen sind, ausgeschlossen.10 Erfüllt das MFI nicht die Anforderungen an die Zulassung und Beaufsichtigung aus 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, dann ist der Erwerb unverbriefter Darlehensforderungen des unregulierten MFI an drei zusätzliche Anforderungen geknüpft: 1. mindestens drei Jahre Erfahrungswissen für die Tätigkeit im Mikrofinanzsektor neben der allgemeinen fachlichen Eignung 2. Nachweis eines nachhaltigen Geschäftsmodells 3. Prüfung der ordnungsmäßigen Geschäftsorganisation und des Risikomanagements durch einen im Sitzstaat des MFI niedergelassenen Wirtschaftsprüfers sowie Kontrolle durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die zusätzlichen Anforderungen enthalten Grundelemente, die auch im Rahmen der Geschäftserlaubniserteilung durch die BaFin bei Kreditinstituten oder Kapitalverwaltungsgesellschaften (§§ 21, 22) ebenfalls angefordert werden. So können die fachliche Eignung der handelnden Personen sowie ein nachhaltiges Geschäftsmodell als Mindestanforderungen betrachtet werden. Fraglich bleibt wer die Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen und mit welchem Maßstab durchzuführen hat. Offensichtlich bleibt es Aufgabe der Kapitalverwaltungsgesellschaft sich die entsprechenden Nachweise vorlegen zu lassen und diese einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Hierzu gehört auch die Dokumentation der Beurteilung. Dagegen stellt die Prüfung der Geschäftsorganisation und des Risikomanagements 18 Anforderungen an die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit oder auch die re17

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8 http://www.bis.org/publ/bcbs175.pdf. 9 ESMA’s Final Report, Technical advice to the European Commission on possible implementing measures of the Alternative Investment Fund Managers Directive, http://www.esma.europa.eu/system/files/2011_379.pdf , 16. November 2011, Box 76, S. 144f. 10 BTDrucks. 16/6874 S. 118.

Barac

98

D. Begrenzung des Erwerbs von Wertpapieren des Mikrofinanzinstitutes (Abs. 2)

§ 222

gelmäßige Überwachung und regelmäßige unabhängige Kontrolle durch einen entsprechenden Wirtschaftsprüfer. Was in diesem Zusammenhang unter regelmäßig zu verstehen ist, wird ggf. die BaFin im Wege der Rechtsauslegung klären müssen. Grundsätzlich basiert die Festlegung des Turnus der Kontrollmaßnahmen auf der Risikoeinstufung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Dies hat zur Folge, dass bei Neuanlage eine erstmalige Risikoeinstufung durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft durchzuführen ist. Der Turnus der Kontrollmaßnahmen ist auf Grundlage der Risikoeinstufung vorläufig festzulegen und auf Grundlage der Folgekontrollen zu evaluieren. Fraglich erscheint auch, wie die Durchsetzbarkeit dieser Anforderungen, deren Einhaltung ja ebenfalls von der KVG sicherzustellen ist, nachhaltig gewährleistet wird und wer die Kosten für die externe Prüfung übernehmen soll. Ebenso bleibt vom Gesetzgeber ungeregelt, auf welchen Standards basierend und mit welchem Umfang die Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer im Drittland erfolgen soll (lokale Prüfungsstandards versus International Standards on Auditing – ISA). Die vertraglichen Vereinbarungen zum Erwerb der unverbrieften Darlehensforderung von und gegen MFI dürfen diese Aspekte nicht ungeregelt lassen. Abs. 1 regelt auch die entsprechenden Anlagegrenzen und differenziert dabei zwi- 19 schen regulierten und unregulierten MFI. Abweichend von der 30%-Erwerbsgrenze des § 222 Abs. 5 Satz 1 dürfen unverbrieften Darlehensforderungen von und gegen regulierten MFI bis zu 95% des NAV erworben werden; unverbriefte Darlehensforderungen von und gegen unregulierte MFI bis zu 75% des NAV. Die Anlagegrenzen des Abs. 1 Satz 4 sollen eine angemessene Risikostreuung durch 20 die KVG sicherstellen.11 Das Kontrahentenrisiko und das Länderrsiko werden begrenzt, in dem die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines SoInvV Vermögensgegenstände desselben MFI bis max. 10% des NAV und von mehreren MFI desselben Staates bis max. 15% des NAV erwerben darf. D. Begrenzung des Erwerbs von Wertpapieren des Mikrofinanzinstitutes (Abs. 2) D. Begrenzung des Erwerbs von Wertpapieren des Mikrofinanzinstitutes (Abs. 2) Die Vorschrift regelt, dass auch von MFI begebene Wertpapiere für ein SoInvV er- 21 worben werden dürfen, auch wenn sie nicht an einem auf der Börsenliste der BaFin enthaltenen Börsenplätzen gehandelt werden. Im Interesse des Anlegerschutzes ist die Erwerbsmöglichkeit auf 15% des NAV begrenzt.12 Für MFI stellt die Emission von Wertpapieren eine weitere Refinanzierungsmöglichkeit dar. Insofern ist es mit der ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzgebers, die Refinanzierungsmöglichkeiten der MFI in Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern, vereinbar auch den Erwerb von begebenen Wertpapieren zu zulassen. Die Ausnahme von den Erwerbsbeschränkungen des § 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 ist dem zu Folge auch konsequent und nachvollziehbar, da die betreffenden MFI in Ländern außerhalb der EU oder einem Vertragsstaat des EWR ansässig sind. Aus der Gesetzesbegründung ist es nicht zu entnehmen, ob es sich bei den Wertpapieren um Wertpapiere mit Eigenkapital- und/oder Fremdkapitalcharakter handeln muss. Während die erwerbbaren unverbrieften Darlehensforderungen Fremdkapitalcharakter haben, ist eine Begrenzung auf diesen Finanzierungstyp nicht erkennbar.

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BTDrucks. 17/4510 S. 79. BTDrucks. 16/6874 S. 118.

Barac

§ 223

Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien

E. Qualifikation des Portfoliomanagements (Abs. 3) 22

Gemäß Gesetzesbegründung soll die Norm klarstellen, dass insbesondere Fondsmanager von Mikrofinanz-Fonds über das notwendige Erfahrungswissen auf dem Gebiet der Mikrofinanz verfügen müssen.13 Die für die Anlageentscheidung verantwortlichen Personen müssen schon auf Grund der Generalnorm des § 28 Abs. 1 Nr. 2 die gebotene Sachkenntnis und damit eine entsprechendes Erfahrungswissen aufweisen.14 Offensichtlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine Anlage in unverbriefte Darlehensforderungen von MFI und damit in Firmendarlehen von Klein- und Kleinstunternehmern in Entwicklungs- und Schwellenländern besondere Anforderungen an das Portfoliomanagement stellt. Nicht zu Letzt ist die Anforderung eines ausreichenden Erfahrungswissens Ausprägung des Anlegerschutzes. Zumindest eine Fundstelle im § 222 setzt ein ausreichendes Erfahrungswissen unmittelbar voraus. Gemäß Satz 3 Nr. 3 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation und des Risikomanagements regelmäßig zu kontrollieren. Ohne ausreichendes Erfahrungswissen ist dies nicht im Sinne der Norm möglich.

§ 223 Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien § 223 Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-010 1

(1) Die Anlagebedingungen von Sonstigen Investmentvermögen können abweichend von § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilen oder Aktien höchstens einmal halbjährlich und mindestens einmal jährlich zu einem in den Anlagebedingungen bestimmten Termin erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Rückgabe der Anteile oder Aktien die Summe der Werte der zurückgegebenen Anteile oder Aktien einen in den Anlagebedingungen bestimmten Betrag überschreitet. 2 In den Fällen des Satzes 1 müssen die Anlagebedingungen vorsehen, dass die Rückgabe eines Anteils oder von Aktien durch eine unwiderrufliche schriftliche Rückgabeerklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unter Einhaltung einer Rückgabefrist erfolgen muss, die mindestens einen Monat betragen muss und höchstens zwölf Monate betragen darf; § 227 Absatz 3 gilt entsprechend. (2) 1 In den Fällen des § 222 Absatz 1 ist § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anlagebedingungen vorsehen müssen, dass die Rücknahme von Anteilen oder Aktien nur zu bestimmten Rücknahmeterminen erfolgt, jedoch höchstens einmal vierteljährlich und mindestens einmal jährlich. 2 Die Rückgabe von Anteilen oder Aktien ist nur zulässig durch eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung unter Einhaltung einer Rückgabefrist, die zwischen einem Monat und 24 Monaten betragen muss; § 227 Absatz 3 gilt entsprechend. Gesetzesmaterialien BTDrucks. 16/5576; BTDrucks. 17/12294.

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13 BTDrucks. 16/6874 S. 118. 14 Vgl. hierzu auch Art. 21 der delegierten VO 231/2013 der EU-Kommission vom 19. Dezember 2013 zur AIFM-RL.

Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-010

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C. Zwingende Abweichung von § 98 Abs. 1 bei Mikrofinanzfonds (Abs. 2)

§ 223

A. Bezüge zum Investmentgesetz § 223 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Vorschriften des aufzuheben- 1 den § 90i Abs. 1 und 3 InvG.1 § 90i Abs. 2 InvG, der Mikrofinanzfonds die Möglichkeit einräumte von der täglichen Ermittlung des Anteilwertes und der täglichen Bekanntgabe des Ausgabe- und Rücknahmepreises abzuweichen, wurde nicht in das neue KAGB übernommen. B. Abweichende Rücknahmeregelung für SoInvV (Abs. 1) Die Regelung stellt eine Abweichung zu § 98 Abs. 1 dar, nach dem Anleger jederzeit verlangen können, gegen Rückgabe der Anteilsscheine den auf sie entfallenen Anteil am Sondervermögen ausgezahlt zu erhalten. Dieses jederzeitige Rückgaberecht kann bei SoInvV auf Grund der Anlagemöglichkeiten in nicht jederzeit liquidierbare Investments (z.B. unverbriefte Darlehensforderungen) problematische Auswirkungen auf die Liquiditätssteuerung im SoInvV haben. Die Vorschrift ermöglicht einer KVG, in den Vertragsbedingungen für die Rücknahme von Anteilen einen Schwellenwert festzulegen, bei dessen Überschreitung die Rücknahme entweder nur halbjährlich oder nur jährlich erfolgt. Durch die Sonderregelung soll der Kapitalverwaltungsgesellschaft eine effizientere Portfoliosteuerung ermöglicht werden, da bei Rückgabe von Anteilen mit einem hohen Gesamtwert die Auszahlung erst nach einem angemessenen Zeitraum und zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfolgen hat.2 Der Gesetzgeber hat auch in der Gesetzesbegründung keinen Hinweis darüber gegeben, was unter einem „hohen Gesamtwert“ zu verstehen ist. Zur Verhinderung einer willkürlichen Festlegung des Schwellenwertes wird die KVG das Liquiditätsprofil der einzelnen Anlagen und ihre Liquiditätssteuerung berücksichtigen müssen.3 Nach Satz 2 müssen die Anlagebedingungen vorsehen, dass der Anleger die Rückgabe durch eine rechtsverbindliche, unwiderrufliche Rückgabeerklärung gegenüber der KVG verpflichtend erklärt. Die Rückgabeerklärung dient der Rechtssicherheit. Der weitere Verweis auf § 227 Abs. 3 ermöglicht es der KVG, die Rückgabe der Anteile Zug um Zug gegen Auszahlung ihres Wertes zu kontrollieren.4 Neben der Rückgabeerklärung sieht die Vorschrift auch die Einhaltung einer Rückgabefrist zwischen mindestens einem Monat und höchstens zwölf Monaten vor. Die Festlegung der Rückgabefrist stellt abermals eine Ermessensentscheidung der KVG dar, die dabei beachten sollte, dass, wenn die Rückgabefrist länger ist als der Zeitraum zwischen zwei Rücknahmeterminen, faktisch eine deutliche Einschränkung der Rücknahme möglich wird.5 C. Zwingende Abweichung von § 98 Abs. 1 bei Mikrofinanzfonds (Abs. 2)

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C. Zwingende Abweichung von § 98 Abs. 1 bei Mikrofinanzfonds (Abs. 2) Im Gegensatz zu Abs. 1 ist die Abweichung von den Rückgabemodalitäten bei Mikro- 6 finanzfonds zwingend vorgeschrieben. Die Anlagebedingungen von Mikrofinanzfonds müssen vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilsscheinen oder Aktien nur zu bestimmten Rücknahmeterminen erfolgt, jedoch höchstens einmal vierteljährlich und min-

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BTDrucks. 17/12294 S. 266. BTDrucks. 16/5576 S. 81. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Herkströter/Loff § 90i Rn. 11. BTDrucks. 16/5576 S. 81. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Herkströter/Loff § 90i Rn. 18.

Barac

§ 224

Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen

destens einmal jährlich. Dies trägt insbesondere der eingeschränkten Liquidität der unverbrieften Darlehensforderungen Rechnung, die bei Mikrofinanzfonds zu einem hohen Prozentsatz erworben werden können.6 Mit dem OGAW-IV-UmsG wurde das Rückgabeintervall von halbjährlich auf viertel7 jährlich verkürzt, um einerseits die Attraktivität des Mikrofinanzfonds für den Anleger zu erhöhen und andererseits die hohe Illiquidität der Anlagen zu berücksichtigen und somit eine angemessene Liquiditätssteuerung durch die KVG zu ermöglichen.7 Daneben ist die Abgabe einer verbindlichen Rückgabeerklärung und die Einhaltung 8 einer Rückgabefrist zwischen einem und 24 Monaten verpflichtend. 9 Der weitere Verweis auf § 227 Abs. 3 ermöglicht es der KVG, die Rückgabe der Anteile Zug um Zug gegen Auszahlung ihres Wertes zu kontrollieren.8

§ 224 Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen § 224 Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-011

(1) Der Verkaufsprospekt muss bei Sonstigen Investmentvermögen zusätzlich zu den Angaben nach § 165 folgende Angaben enthalten: 1. ob und in welchem Umfang in Vermögensgegenstände im Sinne des § 198, in Edelmetalle, Derivate und unverbriefte Darlehensforderungen angelegt werden darf; 2. eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale der für das Sonstige Investmentvermögen erwerbbaren unverbrieften Darlehensforderungen; 3. Angaben zu dem Umfang, in dem Kredite aufgenommen werden dürfen, verbunden mit einer Erläuterung der Risiken, die damit verbunden sein können; 4. im Fall des § 222 Absatz 1 und 2, ob und in welchem Umfang von den dort genannten Anlagemöglichkeiten Gebrauch gemacht wird und eine Erläuterung der damit verbundenen Risiken sowie eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale der Mikrofinanzinstitute und nach welchen Grundsätzen sie ausgewählt werden; 5. im Fall des § 223 Absatz 1 einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, dass der Anleger abweichend von § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen oder Aktien und die Auszahlung des Anteil- oder Aktienwertes nur zu bestimmten Terminen verlangen kann, wenn zum Zeitpunkt der Rückgabe der Anteile oder Aktien die Summe der Werte der zurückgegebenen Anteile oder Aktien den in den Anlagebedingungen bestimmten Betrag überschreitet; 6. im Fall des § 223 Absatz 2 einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, dass der Anleger abweichend von § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen oder Aktien und die Auszahlung des Anteil- oder Aktienwertes nur zu bestimmten Terminen verlangen kann; 7. alle Voraussetzungen und Bedingungen für die Rücknahme und Auszahlung von Anteilen oder Aktien aus dem Sonstigen Investmentvermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile oder Aktien.

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BTDrucks. 16/6874 S. 118. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Knöfler/Ghedina § 90i InvG Rn. 9. BTDrucks. 16/5576 S. 81.

Barac https://doi.org/10.1515/9783110492217-011

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B. Erweiterte Informationspflichten im Verkaufsprospekt

§ 224

(2) Die Anlagebedingungen eines Sonstigen Investmentvermögens müssen zusätzlich zu den Angaben nach § 162 folgende Angaben enthalten: 1. die Arten der Edelmetalle, Derivate und Darlehensforderungen, die für das Sonstige Investmentvermögen erworben werden dürfen; 2. in welchem Umfang die zulässigen Vermögensgegenstände erworben werden dürfen; 3. den Anteil des Sonstigen Investmentvermögens, der mindestens in Bankguthaben, Geldmarktinstrumenten oder anderen liquiden Mitteln gehalten werden muss; 4. alle Voraussetzungen und Bedingungen für die Rücknahme und Auszahlung von Anteilen oder Aktien aus dem Sonstigen Investmentvermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile oder Aktien. Gesetzesmaterialien BTDrucks. 16/5576; BTDrucks. 16/6846; BTDrucks. 17/12294.

A. Bezüge zum Investmentgesetz § 224 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen und auf Grund der Neustrukturie- 1 rung der Regelungen für SoInvV die damit verbundenen Folgeänderungen, die Vorschriften des aufzuhebenden § 90j InvG.1 § 90j Abs. 1 InvG wurde nicht mit übernommen. Die Generalnorm zur Festlegung der 2 Anlagebedingungen bzw. zur Erstellung eines Verkaufsprospekts ergibt sich aus § 162 Abs. 1 bzw. § 164 Abs.1 im Kapitel 2 Abschnitt 1 zu den Allgemeinen Vorschriften für offene Publikumsinvestmentvermögen des KAGB. B. Erweiterte Informationspflichten im Verkaufsprospekt B. Erweiterte Informationspflichten im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen Die Vorschriften der §§ 221 bis 223 enthalten zahlreiche fakultative Regelungen die 3 die KVG bei der Verwaltung von SoInvV in Anspruch nehmen kann. Diese betreffen im Wesentlichen ein erweitertes Anlageuniversum, Anlagehöchstgrenzen sowie Sonderregelungen für die Rücknahmemöglichkeiten. Diese gegenüber OGAW erweiterten Regelungen machen es erforderlich, dem Anleger über den Umfang und das Maß der Ausnutzung dieses Spielraums zusätzlich Transparenz zu verschaffen, damit er das Chancen-RisikoProfil seiner Anlage beurteilen kann. § 224 Abs. 1 regelt deshalb aus Transparenzgründen die zusätzlichen in den Num- 4 mern 1 bis 7 im Verkaufsprospekt aufzunehmenden Angaben.2 Die Angabepflichten des Abs. 1 lassen sich in zwei Bereiche aufteilen. Die zusätzlichen Angaben nach Abs. 1 Nummern 1 bis 4 betreffen den Umfang und 5 die Merkmale bzw. Risiken die mit den Anlagen verbunden sind. Die Angaben zum Umfang der Anlagen sind erforderlich, da in den §§ 221, 222 Anlagehöchstgrenzen geregelt sind, die von der KVG nicht notwendigerweise vollständig ausgenutzt werden müssen. Folgerichtig ist der Anleger über die tatsächlich vorgesehene Höhe der Anlagegrenzen zu informieren. Gleiches gilt für die Ausnutzung des rechtlich zulässigen Anlageuniver-

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BTDrucks. 17/12294 S. 266. BTDrucks. 16/5576 S. 81.

Barac

§ 225

Dach-Hedgefonds

sums. Daneben bestehen insbesondere bei der Anlage in unverbriefte Darlehensforderungen von MFI zusätzliche Risiken, über die der Anleger informiert werden muss.3 Abs. 1 Nummer 5 bis 7 betreffen die Informationspflichten zu abweichenden Rück6 gabemodalitäten. § 223 Abs. 1 enthält eine Kann-Regelung zur Abweichung von den Rücknahmerechten gemäß § 98 Abs. 1. Über die Ausnutzung dieses Wahlrechts der KVG ist der Anleger gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 zu informieren. Dagegen enthält § 223 Abs. 2 eine Muss-Regelung über die der Anleger gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 6 zu informieren ist. Während der Verkaufsprospekt ein Mittel zur Erfüllung vorvertraglicher Aufklä7 rungspflichten der KVG darstellt,4 sind die Anlagebedingungen als Bestandteil des Investmentvertrages die Rechtsgrundlage, die die Vertragsbeziehung zwischen KVG und Anleger regelt.5 Dem zu Folge ist es erforderlich die zusätzlichen Angaben im Verkaufsprospekt aus den genannten Gründen auch in den Anlagebedingungen aufzunehmen. Die zusätzlichen Angaben des Abs. 2 Nummer 1 bis 4 lassen sich ebenso wie die An8 gaben im Verkaufsprospekt in zwei Bereiche teilen. Die Nummern 1 und 2 betreffen Art und Umfang der Anlagen, während Nummer 3 und 4 Rückgabemöglichkeiten der Anteilsscheine betreffen. Abs. 2 Nr. 3 steht dabei im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Erwerbs illiquider Anlagen und soll dem Anleger einen Hinweis auf potentielle Liquiditätsprobleme sowie damit verbundener Schwierigkeiten bei der Anteilsscheinrückgabe geben.6

UNTERABSCHNITT 4 Dach-Hedgefonds § 225 Dach-Hedgefonds § 225 Dach-Hedgefonds Barac/Zingler https://doi.org/10.1515/9783110492217-012 (1) 1 Dach-Hedgefonds sind AIF, die vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 in Anteile oder Aktien von Zielfonds anlegen. 2 Zielfonds sind Hedgefonds nach Maßgabe des § 283 oder EU-AIF oder ausländische AIF, deren Anlagepolitik den Anforderungen des § 283 Absatz 1 vergleichbar ist. 3 Leverage mit Ausnahme von Kreditaufnahmen nach Maßgabe des § 199 und Leerverkäufe dürfen für Dach-Hedgefonds nicht durchgeführt werden. (2) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Dach-Hedgefonds nur bis zu 49 Prozent des Wertes des Dach-Hedgefonds in 1. Bankguthaben, 2. Geldmarktinstrumente und 3. Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 196, die ausschließlich in Bankguthaben und Geldmarktinstrumente anlegen dürfen, sowie Anteile an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF anlegen. 2 Nur zur Währungskurssicherung von in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenständen dürfen Devisenterminkontrakte verkauft sowie Verkaufsop-

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BTDrucks. 16/6846 S. 118. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok § 42 InvG Rn. 13. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok § 43 InvG Rn. 5. Berger/Steck/Lübbehüsen/Fischer § 90j InvG Rn. 10.

Barac/Zingler https://doi.org/10.1515/9783110492217-012

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Schrifttum

§ 225

tionsrechte auf Devisen oder auf Devisenterminkontrakte erworben werden, die auf dieselbe Fremdwährung lauten. (3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Dach-Hedgefonds ausländische Zielfonds nur erwerben, wenn deren Vermögensgegenstände von einer Verwahrstelle oder einem Primebroker, der die Voraussetzungen des § 85 Absatz 4 Nummer 2 erfüllt, verwahrt werden. (4) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf nicht mehr als 20 Prozent des Wertes eines Dach-Hedgefonds in einem einzelnen Zielfonds anlegen. 2 Sie darf nicht in mehr als zwei Zielfonds vom gleichen Emittenten oder Fondsmanager und nicht in Zielfonds anlegen, die ihre Mittel selbst in anderen Zielfonds anlegen. 3 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf nicht in ausländische Zielfonds aus Staaten anlegen, die bei der Bekämpfung der Geldwäsche nicht im Sinne internationaler Vereinbarungen kooperieren. 4 Dach-Hedgefonds dürfen auch sämtliche ausgeZingler gebene Anteile oder Aktien eines Zielfonds erwerben. (5) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Dach-Hedgefonds verwalten, müssen sicherstellen, dass ihnen sämtliche für die Anlageentscheidung notwendigen Informationen über die Zielfonds, in die sie anlegen wollen, vorliegen, mindestens jedoch 1. der letzte Jahres- und gegebenenfalls Halbjahresbericht, 2. die Anlagebedingungen und Verkaufsprospekte oder gleichwertige Dokumente, 3. Informationen zur Organisation, zum Management, zur Anlagepolitik, zum Risikomanagement und zur Verwahrstelle oder zu vergleichbaren Einrichtungen, 4. Angaben zu Anlagebeschränkungen, zur Liquidität, zum Umfang des Leverage und zur Durchführung von Leerverkäufen. (6) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften haben die Zielfonds, in die sie anlegen, in Bezug auf die Einhaltung der Anlagestrategien und Risiken laufend zu überwachen und haben sich regelmäßig allgemein anerkannte Risikokennziffern vorlegen zu lassen. 2 Die Methode, nach der die Risikokennziffer errechnet wird, muss der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von dem jeweiligen Zielfonds angegeben und erläutert werden. 3 Die Verwahrstelle der Zielfonds hat eine Bestätigung des Wertes des Zielfonds vorzulegen. Schrifttum Schrifttum Dornseifer Alternative Investments – Bedeutung und Rahmenbedingungen in einem geänderten Umfeld, ZfgK 2009 360; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Gerke/Mager/Kiehn Zur Konzeption eines deutschen Hedgefonds, ZBB 2002 479; Graef Aufsicht über Hedgefonds im deutschen und amerikanischen Recht. Zugleich ein Beitrag zu den Einflüssen des Anlagemodells auf die Finanzmarktstabilität, Diss. Darmstadt 2008; Gringel Die Regulierung von Hedgefonds zwischen Anleger- und Fondsinteressen, Diss. Münster 2009; Gstädtner/Elicker Das Aufsichtsrecht der Hedgefonds – Anspruch und Wirklichkeit, BKR 2006 91; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagegesetzbuch, DStR 2013 1483; Kumpan Börsenmacht Hedge-Fonds: Die Regelung in den USA und mögliche Implikationen für Deutschland, ZHR 170 (2006) 39; Lauerer Der Leerverkauf von Aktien: Abgrenzung, Formen und aufsichtsrechtliche Implikationen, ZfgK 2008 980; Lehmann Die Regulierung und Überwachung von Hedgefonds als internationales Zuständigkeitsproblem, ZIP 2007 1889; Pütz/Schmies Die Umsetzung der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen für Hedgefonds in der Praxis, BKR 2004 51; Schmies Die Regulierung von Hedgefonds, Diss. Bonn 2007/2008; Wentrup Die Kontrolle von Hedgefonds, Diss. Freiburg 2007; Werner Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, StBW 2013 811; Wilhelmi Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftsrechtlichen Regelung von Hedgefonds, WM 2008 861.

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Zingler

§ 225

A. B.

Dach-Hedgefonds

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Zulässige Anlagegegenstände und Anlagebestimmungen I. Zielfonds | 3 1. Definition (Abs. 1 S. 2) | 4 2. Anlagegrenzen | 17 3. Verwahrung der Vermögensgegenstände von ausländischen Zielfonds (Abs. 3) | 18 4. Diversifizierungsvorschriften (Abs. 4) | 22 a) Streuungsgebot (S. 1 und 2 Hs. 1) | 23 b) Kaskadenverbot (S. 2 Hs. 2) | 28 c) Zielfonds aus nicht bei Geldwäschebekämpfung kooperierender Staaten (S. 3) | 30

II.

C.

D. E. F.

Sonstige Anlagegegenstände 1. Liquiditätsanlagen (Abs. 2 S. 1) | 31 2. Währungsabsicherungsgeschäfte (Abs. 2 S. 2) | 33 III. Kreditaufnahme/Leverage und Leerverkäufe (Abs. 1 S. 3) | 35 Auswahl und Überwachung der Zielfonds (Abs. 5 und 6) | 36 I. Auswahl eines Zielfonds (Abs. 5) | 37 II. Laufende Überwachung (Abs. 6) | 39 Anwendbarkeit der Derivateverordnung | 43 Ordnungswidrigkeiten | 44 Wesentliche Anlegerinformationen | 45

A. Allgemeines 1

Aus Anlegerschutzgründen dürfen Anteile oder Aktien an Hedgefonds zukünftig ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern gehalten werden.1 Im Gegensatz zu Dach-Hedgefonds durften (Single-) Hedgefonds früher gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 InvG nicht öffentlich vertrieben werden. Dementsprechend waren DachHedgefonds auch bereits unter dem InvG eher an Retail-Investoren gerichtet, auch wenn sich aufgrund der Restriktionen hinsichtlich der Zielfonds kaum deutsche DachHedgefonds etablieren konnten.2 Warum der Gesetzgeber aber den Erwerb von (Single-) Hedgefonds durch Privatanleger unterbindet, erschließt sich vor dem Hintergrund des vermeintlichen Anlegerschutzes nicht. Im Vergleich zu anderen Investmentfonds ist das Risikoprofil eines (Single-) Hedgefonds nicht per se höher, sondern es kommt immer auf die Ausgestaltung des jeweiligen Investmentfonds an, so dass ein (Single-) Hedgefonds mitunter ein geringeres Risikoprofil aufweisen kann als beispielsweise ein OGAW.3 Eine Beteiligung von Privatanlegern an Hedgefonds bzw. an der Wertentwicklung von Hedgefonds ist daher zukünftig grundsätzlich nur noch mittelbar über die Investition in DachHedgefonds möglich.4 Die Regelungen gemäß §§ 112 ff. InvG zu (Single-) Hedgefonds und Dach-Hedgefonds wurden dementsprechend ebenfalls auf verschiedene Kapitel im KAGB verteilt. Dach-Hedgefonds sind in Kapitel 2 des KAGB bei den Publikumsinvestmentvermögen geregelt, während die Regelungen zu den (Single-) Hedgefonds in Kapitel 3 bei den inländischen Spezial-AIF berücksichtigt wurden. Als offene Publikums-AIF5

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1 BTDrucks. 791/12 (Gesetzentwurf) S. 486, zu § 225 (Dach-Hedgefonds). 2 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 1. 3 Beispielsweise gibt es auch Hedgefonds-Strategien im UCITS/OGAW Mantel. 4 Insoweit sei auch auf die Übergangsvorschrift des § 350 KAGB bei bereits früher investierten Privatanlegern verwiesen; siehe auch § 283 Rn. 42. Zum Vertrieb von ausländischen Dach-Hedgefonds siehe § 320 KAGB sowie das hierzu ergangene Merkblatt der BaFin („Merkblatt für Anzeigen beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“) vom 19.7.2013, geändert am 5.1.2018. 5 Vgl. § 214 KAGB.

Zingler

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B. Zulässige Anlagegegenstände und Anlagebestimmungen

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können Dach-Hedgefonds von daher auch nur als Sondervermögen oder als Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital aufgelegt werden.6 § 225 KAGB ersetzt im Hinblick auf Dach-Hedgefonds § 113 InvG; § 283 KAGB ersetzt im Hinblick auf (Single-) Hedgefonds § 112 InvG. Dach-Hedgefonds ist es grundsätzlich nur gestattet in Single-Hedgefonds und aus 2 Gründen der Liquiditätssteuerung und zur Währungssicherung in bestimmte weitere Vermögensgegenstände zu investieren. Untersagt ist dabei sowohl der Einsatz von Leverage als auch die Durchführung von Leerverkäufen. B. Zulässige Anlagegegenstände und Anlagebestimmungen B. Zulässige Anlagegegenstände und Anlagebestimmungen I. Zielfonds Dach-Hedgefonds sind AIF, deren Wert im Wesentlichen durch die von dem Dach- 3 Hedgefonds gehaltenen Anteile oder Aktien an Zielfonds gebildet werden. Die im Vergleich zu § 113 Abs. 1 InvG geringfügige Änderung des Wortlauts durch Ergänzung von Aktien zu den Anteilen an einem Zielfonds trägt der Tatsache Rechnung, dass Hedgefonds auch nach deutschem Recht als Sondervermögen (§§ 92 ff. KAGB), als Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§§ 108 ff. KAGB) und als offene Investmentkommanditgesellschaft (§§ 124 ff. KAGB) aufgelegt werden können. Eine inhaltliche Änderung im Vergleich zu der Vorgängernorm des § 113 InvG erfolgt hierdurch jedoch nicht. 1. Definition (Abs. 1 S. 2). Entsprechend der gesetzlichen Definition handelt es sich bei Zielfonds um Hedgefonds nach Maßgabe des § 283 KAGB, EU-AIF oder ausländische AIF, deren Anlagepolitik den Anforderungen des § 283 Abs. 1 KAGB vergleichbar sind. Der Begriff der inländischen Zielfonds berücksichtigt Hedgefonds, die im Sinne des § 283 KAGB ausgestaltet sind und dessen Anforderungen entsprechen. Die Neuregelung dieser Vorschrift im Rahmen des KAGB beinhaltete die Aufnahme von EU-AIF in Abs. 1 Satz 2. EU-Investmentvermögen sind gemäß § 1 Abs. 8 KAGB solche Investmentvermögen, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen. Ausländische Zielfonds sind ausländische AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik den Anforderungen an einen einem Hedgefonds vergleichbar sind. Der Terminus des ausländischen AIF ist insoweit zu Recht rechtsformneutral gewählt, was auch dem Wortlaut einer Anlage in „Anteile oder Aktien“ entspricht, und ist in § 1 Abs. 9 KAGB legaldefiniert. Erfasst werden sämtliche Investmentvermögen, mit Ausnahme von OGAW, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Bereits unter dem Investmentgesetz war anerkannt, dass ausländische (gesellschafts-)rechtliche Konstruktionen, etwa angelsächsische „Trusts“, zu denen es in Deutschland kein Pendant gibt, keinen diskriminierenden Restriktionen ausgesetzt sein sollen.7 Der Gesetzgeber verlangt ausdrücklich, dass zwischen den Anforderungen der Anlagepolitik eines EU-AIF und eines ausländischen AIF und eines Hedgefonds Vergleichbarkeit besteht. Da die Vorschrift im Wesentlichen die Regelung des früheren § 113 Abs. 1 InvG übernimmt, könnte auch nach aktueller Gesetzeslage noch Uneinigkeit hin-

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§ 91 Abs. 1 KAGB. Vgl. BT-Drs. 15/1553 S. 109; ferner Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 6.

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sichtlich der Auslegung der „Vergleichbarkeit der Anforderungen an die Anlagepolitik“ bestehen.8 Allerdings wird für (Single-) Hedgefonds kein Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen mehr aufgestellt, so dass (Single-) Hedgefonds in jeden Vermögensgegenstand investieren dürfen, solange der Verkehrswert von einem Vermögensgegenstand ermittelt werden kann. Die ursprüngliche sogenannte Privat-Equity-Grenze von 30% ist weggefallen9 ebenso wie das Verbot die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu erlangen,10 so dass von daher nur noch der Grundsatz der Risikomischung für (Single-) Hedgefonds Anwendung findet.11 Von daher dürfte sich die Auslegung dahingehend entschieden haben, dass es in der Tat nur auf die Vergleichbarkeit der Anforderungen an die Anlagepolitik ankommt.12 Darüber hinaus fordert der Wortlaut des Abs. 1 S. 2 explizit lediglich eine Vergleichbarkeit der Anlagepolitik mit den Anforderungen des § 283 KAGB.13 Von einer solchen kann demnach bereits dann ausgegangen werden, wenn und soweit der ausländische AIF die für die Anlagepolitik eines Hedgefonds typischen Elemente und wesentlichen Charakteristika erfüllt. Wesentlich ist insbesondere die Möglichkeit eines Einsatzes von Leverage und Leerverkäufen. Permittiert die Anlagepolitik des ausländischen AIF dieses, muss von einer hinreichenden Vergleichbarkeit ausgegangen werden können.14 Maßgeblich ist folglich einzig eine Vergleichbarkeit des Gesamtbildes der Anlagepolitik beider Modelle.15 Dieser wohl überwiegenden Deutung, welche insoweit den Wortlaut für sich in Anspruch nehmen kann, tritt eine andere Auffassung in der Literatur entgegen und fordert auch für ausländische AIF zwingend eine Identität der Anforderungen an die Anlagepolitik eines Hedgefonds. Nach diesem Verständnis kann erst dann von einer Vergleichbarkeit der Anlagepolitik ausgegangen werden, wenn diese denen eines Hedgefonds vollständig entspricht.16 Eine weitere Ansicht widerspricht bereits dem Erfordernis der Möglichkeit des Einsatzes von Leverage und Leerverkäufen mit dem Einwand, dass damit bereits der Begriff der „Vergleichbarkeit“ zu eng gefasst würde.17 Diese, dem Wortlaut widersprechende, wohl eher dem US-amerikanischen Verständnis von Hedgefonds entsprechende,18 abweichende Sichtweise verkennt, dass es sich bei Leverage und Leerverkäufen (zumindest nach der Vorstellung des Gesetzgebers) um hedgefondsspezifizierende Merkmale han-

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8 Vgl. zu diesem Streit unter dem alten Investmentrecht, Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113, Rn. 9 ff; zustimmend siehe auch: Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 7. 9 § 112 Abs. 1 Satz 3 InvG sah noch eine Begrenzung von 30% des Wertes des Sondervermögens für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, vor. 10 § 282 Abs. 3 (auf den § 283 Abs. 1 S. 1 verweist) in der noch vor dem 19.7.2014 geltenden Fassung sah noch vor, dass an einem nicht börsennotierten Unternehmen keine Kontrolle im Sinne des § 288 über das Unternehmen erlangt werden durfte. 11 Vgl. hierzu auch die Kommentierung zu § 283 Rn. 5 f. 12 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 8. 13 Deutlich restriktiver hingegen Bödecker/Braun/Ernst/Franz/Kuhn/Vahldiek § 113 A. 14 Entgegen der herrschenden Meinung, so auch das eigene Zugeständnis bei Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 6. 15 Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 10; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kayser/Lindemann § 113 Rn. 10; Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 112. 16 Dichtl/Kleeberg/Schlenger/Wallach S. 72; Gstädtner/Elicker BKR 2006 91 (92). 17 So: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 6. 18 Vgl. hierzu Wilhelmi WM 2008 861 m.w.N.

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delt, die vorrangig dazu dienen, Hedgefonds von anderen deutschen Fondstypen abzugrenzen19 ohne gleichzeitig ausländische Formate, die in diesen wesentlichen Punkten vergleichbar oder ähnlich reguliert sind, ausgrenzen zu wollen.20 Richtigerweise kommt es also darauf an, ob der Zielfonds als zentrales Charakte- 13 ristikum Leverage zu Investitionszwecken und/oder Leerverkäufe nutzt und damit nach dem deutschen Verständnis des deutschen Gesetzgebers als Hedgefonds qualifiziert. Unter dem alten noch bis zum 31.12.2017 geltenden InvStG (InvStG aF) waren für 14 Zwecke der Besteuerung noch eigene Definitionen für Investmentfonds bzw. Investitionsgesellschaften vorgesehen. Diese Definitionen hatten auch Einfluss auf die Auswahl der Zielfonds für den Dach-Hedgefonds. Um unter dem InvStG aF nicht als Investitionsgesellschaft21 zu qualifizieren, mussten durch einen Dach-Hedgefonds insbesondere die Anforderungen an einen Investmentfonds gemäß § 1 Abs. 1b InvStG aF erfüllt werden. Dieses bedeutet aber, dass Dach-Hedgefonds dann auch die dort genannten Voraussetzungen erfüllen mussten. Dementsprechend qualifizierte seinerzeit ein DachHedgefonds für investmentsteuerliche Zwecke nur dann als Investmentfonds wenn 90% seines Wertes in den festgelegten Katalog von Vermögensgegenständen22 angelegt sind. Das bedeutete aber, dass die Zielfonds wiederum auch als inländische bzw. ausländische Investmentfonds im Sinne des InvStG qualifizieren mussten, damit der DachHedgefonds als Investmentfonds im Sinne des InvStG aF qualifizierte. Zwar qualifizierten Anteile oder Aktien an inländischen oder ausländischen Investmentfonds grundsätzlich auch als Wertpiere; da diese aber als separate Kategorien in § 1 Abs. 1b Nr. 5 InvStG aF genannt waren, ergab sich aus der Systematik, dass § 1 Abs. 1b Nr. 5h) InvStG aF (Anteile oder Aktien an Investmentfonds) als lex specialis § 1 Abs. 1b Nr. 5a) InvStG aF (Wertpapiere) vorging. Wollte ein Dach-Hedgefonds als Investmentfonds im Sinne des InvStG aF qualifizieren, mussten die Zielfonds (außerhalb der Schmutzquote von 10%)23 ebenfalls den dahingehenden Anforderungen des InvStG aF entsprechen.24 Unter dem neuen seit dem 1.1.2018 geltenden InvStG (InvStG nF) hat sich die Be- 15 steuerung von Investmentfonds allerdings grundlegend geändert, so dass es auf die Anforderungen an den vorstehenden Katalog von Vermögensgegenständen insoweit nicht mehr ankommt. Vielmehr besteht jetzt auch eine Steuerpflicht auf Ebene des Investmentfonds sowie auf Ebene des jeweiligen Anlegers nach Maßgabe der persönlichen Steuermerkmale des Anlegers. Anknüpfungspunkt ist insoweit bei einem Dach-Hedgefonds nur noch seine Qualifikation als Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 KAGB.25 Im Rahmen des neuen Besteuerungsregimes ist es denkbar, dass ein Dach-Hedgefonds als Aktienfonds im Sinne des InvStG nF qualifiziert, wenn die Zielfonds (Hedgefonds) eine entsprechende Aktienquote aufweisen, die zu einer Einstufung der Zielfonds als Kapitalbeteiligungen führt, so dass der Dach-Hedgefonds selbst eine Quote von 51% erfüllt.26

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19 Dornseifer Wirtschaftskurier, Nov./Dez. 2013 S. 20 etwa spricht insofern zu Recht davon, dass es sich bei Hedgefonds in Deutschland „schlichtweg um ein spezifisches Investmentfonds-Segment handelt“. 20 Ibd.; BTDrucks. 15/1553 S. 108. 21 § 1 Abs. 1c InvStG aF. 22 § 1 Abs. 1c Nr. 5 InvStG. aF; eine ähnliche Regelung findet sich heute in § 26 Nr. 4 InvStG allerdings nur für die Qualifikation eines Investmentfonds als Spezial-Investmentfonds. 23 Die „Schmutzgrenze“ von 10% war bereits in einem früheren Rundschreiben der BaFin enthalten (Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG) unter I.c); siehe auch BTDrucks. 18/68 S. 41 zu § 1 Abs. 1b Nr. 5 InvStG aF. 24 Siehe hierzu auch entsprechend die Kommentierung zu § 283 KAGB bzw. zum InvStG. 25 § 1 Abs. 2 S. 1 InvStG nF. 26 Vgl. § 2 Abs. 6 und 8 InvStG nF.

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Bestimmungen hinsichtlich Anteilswertermittlungen sowie Vorschriften über Anteilsausgabe- und Rückgabemodalitäten und -fristen bilden keinesfalls einen Bestandteil der Anlagepolitik.

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2. Anlagegrenzen. Abs. 2 S. 1 sieht eine Anlagegrenze in Höhe von 49% für sonstige Liquiditätsanlagen vor. Dies stimmt mit der Regelung in der Fondskategorien-Richtlinie der BaFin überein.27 Diese Richtlinie ist nach Art. 1 grundsätzlich auf inländische Publikumsinvestmentvermögen gemäß §§ 162 bis 272 KAGB anwendbar. Nach Art. 3 Nr. 1 gilt, dass bei einem „Dachfonds“ (Fund of Funds etc.) oder einem seiner begrifflichen Bestandteile nach den Anlagebedingungen mindestens 51 Prozent des Wertes des Investmentvermögens in Zielfondsanteilen angelegt sein müssen. Ein Anteil von bis zu 49% des Wertes des Investmentvermögens darf – soweit nicht Zielfonds – in Geldmarktfondsanteilen, Geldmarktinstrumenten oder Bankguthaben gehalten werden.

3. Verwahrung der Vermögensgegenstände von ausländischen Zielfonds (Abs. 3). Die Vorschrift des Abs. 3 regelt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ausländische Zielfonds für Rechnung eines Dach-Hedgefonds nur erwerben darf, wenn deren Vermögensgegenstände von einer Verwahrstelle oder einem Primebroker, der die Voraussetzungen des § 85 Abs. 4 Nr. 2 KAGB erfüllt, verwahrt werden. Dies ermöglicht zum einen ein Mindestmaß an Anlegerschutz, zum anderen kann auf diese Weise dem Umstand, dass ausländische Hedgefonds vielfach nicht mit Verwahrstellen kooperieren, Rechnung getragen werden.28 Der Begriff der Verwahrstelle ist für AIF insbesondere in § 80 Abs. 2 KAGB legal19 definiert. Allerdings trägt dieses ausländischen Rechtsordnungen nicht hinreichend Rechnung, die gegebenenfalls andere Anforderungen an die Verwahrstelle von einem ausländischen Hedgefonds stellen. Dementsprechend taugen die generellen Anforderungen an Verwahrstellen nach dem KAGB nicht, den ausländischen Gepflogenheiten Rechnung zu tragen. Zwar hat die derzeitige Vorschrift den Begriff der vergleichbaren Einrichtung des früheren § 113 Abs. 3 InvG gestrichen, dies bleibt jedoch folgenlos, da dieser Einschub ursprünglich ohnehin nur der Erfassung des Primebrokers diente. Der Begriff der Verwahrstelle ist daher hier abstrakt bzw. in einer funktionalen Weise zu verstehen und nicht im engeren Sinne, wie er im Übrigen im KAGB verwendet wird. Entsprechend kann daher auf die Begriffsbestimmung nach dem alten § 113 Abs. 3 InvG Bezug genommen werden; die Gesetzesbegründung.29 hierzu führte aus, dass lediglich funktionale Anforderungen an die Verwahrstelle (vormals Depotbank) gestellt werden, jedoch keine strukturellen, wie öffentliche Aufsicht, Eigenkapitalanforderungen oder

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27 Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien vom 22. Juli 2013 – FondskategorienRichtlinie. 28 So schon: BTDrucks. 15/1553 S. 109 f.; vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 9; siehe auch: Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 15. 29 BTDrucks. 15/1553 S. 109 f.: „Da ausländische Zielfonds überwiegend nicht mit Depotbanken im eigentlichen Sinne, d.h. Kreditinstituten, zusammenarbeiten, sondern mit so genannten Administratoren und Prime Brokern, ist vorgesehen, dass diese ihre Vermögensgegenstände auch von einer anderen vergleichbaren Einrichtung verwahren lassen können, wobei sicherzustellen ist, dass die Verwahrung zumindest auch mittelbar im Interesse der Anleger stattfindet. Durch das damit verbürgte 4-Augen-Prinzip wird die Gefahr von betrügerischen Handlungen auf Zielfondsebene vorgebeugt. Indem lediglich funktionale Anforderungen an die Depotbank gestellt werden, jedoch keine strukturellen, wie öffentliche Aufsicht, Eigenkapitalanforderungen oder Kreditinstitutseigenschaft, wird durch die liberale Ausgestaltung der Regelung gewährleistet, dass eine große Anzahl ausländischer Zielfonds diese Anforderungen erfüllen können.“

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Kreditinstitutseigenschaft, damit eine große Anzahl ausländischer Zielfonds die Anforderungen an eine Verwahrstelle erfüllen können. Die Verwahrung muss zumindest auch mittelbar im Interesse der Anleger erfolgen. Dementsprechend muss die Verwahrstelle eines ausländischen (Single-) Hedgefonds nur die funktionalen Anforderungen erfüllen, damit die Anforderungen an die Erwerbbarkeit als Zielfonds für den Dach-Hedgefonds erfüllt sind.30 Der Begriff des Primebrokers ist in § 1 Abs. 19 Nr. 30 KAGB31 legaldefiniert. Zwar 20 hat die derzeitige Vorschrift den Begriff der vergleichbaren Einrichtung des früheren § 113 Abs. 3 InvG gestrichen, dies bleibt aber auch hier folgenlos, da dieser Einschub – wie bereits erwähnt – nur der Erfassung des Primebrokers diente. Gemäß Abs. 3 darf ein Primebroker grundsätzlich keine Aufgaben einer Verwahrstelle wahrnehmen, soweit er mit der Interessenvertretung des AIF betraut ist. Eine Ausnahme davon ist nur möglich soweit die Aufgabenerfüllung eine funktionale und hierarchische Trennung der Aufgaben als Verwahrstelle von denjenigen als Primebroker ermöglicht und potentielle Interessenkonflikte zur Lösungsfindung unverzüglich gegenüber den Anlegern offen gelegt werden, § 85 Abs. 4 Nr. 2 KAGB. Dies erfordert eine ständige Beobachtung der Aufgabenerledigung. Welche Anforderungen darüber hinaus an die Verwahrstelle und den Primebroker 21 zu stellen sind, bleibt im Einzelnen unklar. Voraussetzungen struktureller Art sind nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu fordern. 32 Anderes gilt dagegen hinsichtlich funktionaler Anforderungen. Der eingefügte Verweis auf § 85 Abs. 4 Nr. 2 KAGB bewirkt, dass künftig allein auf die Einhaltung einer hierarchischen und funktionalen Trennung der Aufgabenausführung zu achten ist. Ein Grund hierfür ist, dass eine Verwahrung zumindest auch im Interesse der Anleger erfolgen muss. Die in diesem Zusammenhang notwendige stetige Kontrolle wird mit Hilfe des Vier-Augen-Prinzips erzielt.33 Da eine solche Kontrolle in der Regel eine Unabhängigkeit von Fondsmanagement und Verwahrstelle voraussetzt, wird daraus überwiegend geschlossen, dass personelle Verflechtungen auf dieser Ebene zu vermeiden sind.34 Der Verweis in § 85 Abs. 4 Nr. 2 auf § 82 sollte für ausländische Primebroker nicht relevant sein, so dass hierdurch auch keine Einschränkung im Hinblick auf die Erwerbbarkeit eines (Single-)Hedgefonds als Zielfonds für einen Dach-Hedgefonds erfolgt.35 4. Diversifizierungsvorschriften (Abs. 4). Absatz 4 übernimmt mit redaktionellen 22 Anpassungen aufgrund der in § 1 enthaltenen Begriffsbestimmungen die Regelungen des aufzuhebenden § 113 Abs. 4 InvG. a) Streuungsgebot (S. 1 und 2 Hs. 1). Zweck der Vorschrift ist ein Mindestmaß an 23 Risikostreuung sicherzustellen. In Anwendung des Abs. 4 S. 1 darf ein Dach-Hedgefonds Investitionen in einen einzelnen Zielfonds nur bis zur Obergrenze von 20% seines Wertes tätigen. Dabei handelt es sich um eine Bestandsgrenze, die stets nicht nur zum Zeitpunkt des Erwerbs eingehalten werden muss. Auf diese Weise soll verhindert wer-

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30 Moritz/Klebek/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 225 Rn. 21; a.A. wohl Weitnauer/Boxberger/ Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 15. 31 Vergleiche entsprechend die Definition in Art. 4 Abs. 1 lit. (af) AIFMD. 32 Vgl hierzu bereits: Reg.-Begr. BTDrucks.15/1553 (Gesetzentwurf) S. 109 und BTDrucks. 15/1944 (Bericht) S. 15; ferner Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 10. 33 BTDrucks. 15/1553 S. 110; ferner Moritz/Klebek/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 225 Rn. 22. 34 Pütz/Schmies BKR 2004 51 (55 f.). 35 Moritz/Klebek/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 225 Rn. 22.

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den, dass einzelne Positionen ein übermächtiges Gewicht gegenüber dem Gesamtportfolio erlangen.36 Denn auch ein Dach-Hedgefonds unterliegt dem Grundsatz der Risikomischung. Unter Einbeziehung der Anlagegrenze des Abs. 2 S. 1 in Höhe von 49% für sonstige Liquiditätsanlagen ergibt sich, dass ein Dach-Hedgefonds in mindestens drei verschiedene Zielfonds investiert sein muss.37 Darüber hinaus regelt Abs. 4 S. 2 Hs. 1 eine Einschränkung für Investitionen in Zielfonds desselben Emittenten oder Fondsmanagers. Der Dach-Hedgefonds darf demnach in nicht mehr als zwei Zielfonds desselben Emittenten oder Fondsmanagers anlegen. Auch diese Vorschrift bezweckt die Sicherstellung einer ausreichenden Risikodiversifizierung durch Streuung.38 Solange in höchstens zwei Zielfonds des gleichen Fondsmanagers investiert wird, dürfen sämtliche Zielfonds von einem einzigen Emittenten stammen. Dies geht nicht zwingend aus dem Wortlaut hervor, wird aber deutlich, wenn man die Entwicklung der Vorgänger-Vorschrift des § 113 InvG im Gesetzgebungsprozess betrachtet. Während im Regierungsentwurf vom 20. August 200339 noch „nicht in mehr als zwei Zielfonds vom gleichen Emittenten und Fondsmanager“ gestanden hatte, wich diese Formulierung der alternativen „oder“-Formulierung.40 Auch der Bericht des federführenden Finanzausschusses selbst macht dies deutlich: „Es wird klargestellt, dass auch in Zielfonds vom gleichen Emittenten z.B. im Rahmen eines Konzerns angelegt werden darf“.41 Eine Mindestdiversifizierung wird dadurch erreicht, dass ein Dach-Hedgefonds nicht das kumulative Risiko der Performance eines Emittenten und eines Fondsmanagers für mehr als 40% der Anlage trägt.42 Die Regelung des Abs. 4 S. 2 Hs. 1 ermöglicht damit auch die Nutzung von UmbrellaKonstruktionen,43 solange nur nicht mehr als zwei der Teilfonds, in die investiert wird, vom selben Fondsmanager betreut werden.44 Dach-Hedgefonds dürfen zudem sämtliche ausgegebene Anteile oder Aktien eines Zielfonds erwerben (Abs. 4 S. 4). Diese Klarstellung soll verhindern, dass das gesamte Fondsvermögen auf eine Vielzahl von Zielfonds mit sehr geringen Anlagebeträgen verteilt wird.45 b) Kaskadenverbot (S. 2 Hs. 2). Das Fondsvermögen darf jedoch von Dach-Hedgefonds nicht in Zielfonds (Hedgefonds) angelegt werden, die ihrerseits in andere Zielfonds (Hedgefonds) investieren. Es soll hierdurch die Schaffung eines Kaskadenfonds vermieden werden, den der Gesetzgeber aufgrund seiner Intransparenz und dem damit verbundenen Widerspruch gegen den Grundsatz der Risikodiversifizierung ablehnt.46 Die

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36 Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 19. 37 Vgl hierzu auch: BTDrucks. 15/1553 S. 110. 38 Vgl hierzu auch: BTDrucks. 15/1553 S. 110. 39 BTDrucks. 15/1553 S. 43. 40 Vgl. hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 14; Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Kayser/Lindemann InvG, § 125 Rn. 25. 41 Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks. 15/1944, zu Absatz 4 Satz 2, S. 15. 42 Insofern spricht Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 20 von der Vermeidung eines „Klumpenrisikos“. 43 Zum Begriff der Umbrella-Konstruktion vgl. § 96 Abs. 2 KAGB. 44 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 14; siehe auch: Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 23. 45 BTDrucks. 15/1553 S. 110; vgl. auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 21. 46 BT Drucks. 15/1553 S. 110; Patzner/Döser/Kempf § 225 Rn. 3.

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Regelung des Abs. 4 S. 2 stellt sogar eine zusätzliche Verschärfung des sogenannten Kaskadenverbots dar (vgl. § 196 Abs. 1 Satz 3 KAGB). Während das allgemeine Kaskadenverbot zulässt, dass in Fonds investiert werden kann, soweit diese ihrerseits nicht in andere Fonds zu mehr 10% ihres Wertes investiert sein dürfen, schließt § 225 Abs. 4 Satz 2 KAGB dieses im Hinblick auf Hedgefonds als Zielfonds insgesamt aus. Die Regelung geht insoweit auch der aufgrund von § 4 Abs. 2 KAGB erlassenen Fondskategorie-Richtlinie der BaFin vor.47 Das Kaskadenverbot bezieht sich nur auf Zielfonds, die ihrerseits selbst in Zielfonds, d.h. in andere Hedgefonds, investieren. Erwirbt der Zielfonds jedoch Fonds, die nicht als Hedgefonds qualifizieren, gilt das Kaskadenverbot insoweit nicht. Master-Feeder-Strukturen sind insgesamt als Zielfonds zu betrachten, auch wenn 29 lediglich der Master-Fonds die Anforderungen an einen Zielfonds erfüllen muss.48 c) Zielfonds aus nicht bei Geldwäschebekämpfung kooperierender Staaten 30 (S. 3). Abs. 4 S. 3 verbietet die Investition einer KVG in ausländische Zielfonds aus Staaten, die sich nicht kooperativ bei der Bekämpfung von Geldwäsche im Sinne internationaler Vereinbarungen verhalten. Diese Regelung meint spezifisch die Bemühungen der Financial Action Task Force (FATF) um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus im internationalen Raum. Da zwischenzeitlich sämtliche Länder offiziell in irgendeiner Form ihre Kooperation zugesagt haben, ist die Vorschrift nur noch von untergeordneter Bedeutung. Stattdessen veröffentlicht die FATF nun jährlich Listen zur Orientierung, die drei Kategorien von Risikoländern enthalten. Die letzte Stellungnahme49 führt weiterhin die Demokratische Volkrepublik Korea auf höchster Risiko-stufe sowie mit gewissen Einschränkungen den Iran. II. Sonstige Anlagegegenstände 1. Liquiditätsanlagen (Abs. 2 S. 1). Neben einer Anlage in Zielfonds darf die AIF- 31 Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Dach-Hedgefonds gemäß Abs. 2 S. 1 weitere abschließend ausgewählte Vermögensgegenstände erwerben. Sie darf zum einen in Bankguthaben und Geldmarktinstrumente, zum anderen in Anteile an in- und ausländischen Geldmarktfonds50 investieren. Bankguthaben sind sämtliche unbedingt rückzahlbare Termin- oder Sichteinlagen bei Kreditinstituten, deren Rückzahlungsanspruch nicht verbrieft ist. Die Guthaben können sowohl auf inländische, als auch auf Fremdwährung lauten.51 Für Geldmarktinstrumente gilt die Legaldefinition des § 194 Abs. 1 KAGB ohne weitere Einschränkungen.

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47 BaFin, Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien vom 22. Juli 2013 – Fondskategorien-Richtlinie, Art. 3 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 2. 48 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 7 und 16. 49 FATF Public Statement v. 3.11.2017; die Demokratische Volksrepublik Korea wird darin bezeichnet als „Jurisdictions subject to a FATF call on its members and other jurisdictions to apply counter-measures to protect the international financial system from the on-going and substantial money laundering and terrorist financing (ML/TF) risks emanating from the DPRK“, während der Iran aufgrund eines Aktionsplans („Action Plan”) noch einer besonderen Beobachtung unterliegt und insoweit bezeichnet wird als „Jurisdictions subject to a FATF call on its members and other jurisdictions to apply enhanced due diligence measures proportionate to the risks arising from the jurisdiction“. 50 BaFin, Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien vom 22. Juli 2013 – Fondskategorien-Richtlinie, Art. 3 Nr. 3 („Geldmarktfonds mit kurzer Laufzeitstruktur“) und Nr. 4 („Geldmarktfonds“). 51 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen InvG, § 2 Rn. 21 f.

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Das Volumen der Investition i.S.d. Abs. 2 S. 1 unterliegt einer Begrenzung und darf stets maximal 49% des Wertes des Dach-Hedgefonds betragen.

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2. Währungsabsicherungsgeschäfte (Abs. 2 S. 2). Zur Absicherung gegen Währungskursrisiken von in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenständen dürfen für Dach-Hedgefonds Devisenterminkontrakte verkauft sowie Verkaufsoptionsrechte auf Devisen oder Devisenterminkontrakte erworben werden, die auf dieselbe Währung wie der Vermögensgegenstand lauten. Absatz 2 übernimmt damit die Regelung des § 113 Abs. 2 S. 2 InvG. Die Möglichkeit einer Währungssicherung besteht dabei nicht nur für Zielfonds i.S.d. Abs. 1 S. 2 sondern auch für die in Abs. 2 S. 1 angeführten Vermögensgegenstände.52 Die Gestattung derartiger Geschäfte ist auf Zwecke der Währungskurssicherung be34 schränkt. Auch anderweitige derivative Geschäfte sind für Rechnung des Dach-Hedgefonds untersagt. Die Zweckbindung führt dazu, dass Währungsabsicherungsgeschäfte hinsichtlich Umfang und zulässiger Devisen auf die Kurssicherung begrenzt sind.53 III. Kreditaufnahme/Leverage und Leerverkäufe (Abs. 1 S. 3) 35

In Bezug auf Leverage und Leerverkäufe besteht ein signifikanter Unterschied zwischen Single-Hedgefonds und Dach-Hedgefonds. Letzteren ist es gemäß Abs. 1 S. 3 nicht gestattet, sich dieser Handlungsweisen zu bedienen. Dieses Verbot erfährt für kurzfristige Kreditaufnahmen eine Einschränkung nach Maßgabe des § 199 KAGB, der eine solche bis zur Höhe von 10% des Fondswertes zur Liquiditätssteuerung auch für DachHedgefonds zulässt. Maßnahmen zur Steigerung des Investitionsgrades sollen diesen weiterhin verwehrt bleiben.54 Da die Voraussetzungen einer kurzfristigen Kreditaufnahme diejenigen des § 199 KAGB sind, ist es erforderlich, dass die Kreditaufnahme marktüblichen Bedingungen unterliegt und in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. Ferner bedarf die Durchführung der Zustimmung der Verwahrstelle, soweit es sich nicht um eine valutarische Überziehungen handelt, § 84 Abs. 1 Nr.°1 KAGB. C. Auswahl und Überwachung der Zielfonds (Abs. 5 und 6) C. Auswahl und Überwachung der Zielfonds (Abs. 5 und 6)

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Die Abs. 5 und 6 übernehmen die Regelung des früheren § 113 Abs. 5 InvG. Im Rahmen ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht bei Anlageentscheidungen hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 5 Abs. 2 KAVerOV in Umsetzung ihrer Risikomanagementgrundsätze vor dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes grundsätzlich Prognosen abzugeben und Analysen durchzuführen über die Auswirkungen des Erwerbs auf die Zusammensetzung des Investmentvermögens, auf dessen Liquidität und auf dessen Risiko- und Ertragsprofil; die Analysen dürfen sich quantitativ wie qualitativ nur auf verlässliche und aktuelle Daten stützen. Bei Abs. 5 und 6 handelt es sich um eine konkretisierende Ausprägung dieser allgemeinen Sorgfaltspflicht einer Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen einer Anlageentscheidung. Da die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verantwortlich für die Auswahl eines Zielfonds ist, hat sie alle mit gebotener

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52 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 20; siehe auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 18. 53 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 19; siehe auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum KAGB, § 225 Rn. 19. 54 Vgl. BTDrucks. 16/5576 S. 90, der angesichts des kontinuierlichen gesetzgeberischen Willens – manifestiert im gleichbleibenden Wortlaut – weiterhin herangezogen werden kann.

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C. Auswahl und Überwachung der Zielfonds (Abs. 5 und 6)

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Sorgfalt notwendigen Informationen einzuholen und sich sowohl hinsichtlich der Anlageentscheidung (Abs. 5), als auch in Bezug auf die Entwicklung des Anlageobjekts laufend zu informieren (Abs. 6). Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat der BaFin auf Anforderung alle Unterlagen und Risikokennziffern, die ihr nach Abs. 5 und 6 vorliegen, vorzulegen.55 Abs. 5 stellt dabei Mindestanforderungen an die vor Investition einzuholende Informationen.56 Auf diese Weise wird ein maximales Maß an Transparenz gewährleistet. I. Auswahl eines Zielfonds (Abs. 5) Um dem – trotz ihrer Professionalität bestehenden – Sicherheitsbedürfnis der Anle- 37 ger zu entsprechen, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Vorfeld einer Anlageentscheidung eines Dach-Hedgefonds sicherstellen, dass ihr sämtliche für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen über den Zielfonds57 vorliegen. Sie muss mindestens über die folgenden Informationen verfügen: – der letzte Jahres- und Halbjahresbericht, – die Anlagebedingungen und Verkaufsprospekte oder gleichwertige Dokumente, – Informationen zur Organisation, zum Management, zur Anlagepolitik, zum Risikomanagement und zur Depotbank oder vergleichbaren Einrichtungen, – Angaben zu Anlagebeschränkungen, zur Liquidität, zum Umfang des Leverage und zur Durchführung von Leerverkäufen. Es genügt die Einholung der letzten Jahres- und Halbjahresberichte (Nr. 1) anstelle 38 detaillierter Vermögensaufstellungen, die Einzelpositionen offenlegen. Grund dafür ist zum einen die fehlende Notwendigkeit der Kenntnisnahme zur Entscheidung über die Investition in den Zielfonds, zum anderen ist das Interesse des Zielfonds an der Geheimhaltung seiner Anlagepolitik aus Gründen des Wettbewerbs in diesem Zusammenhang schutzwürdiger und damit vorrangig.58 Als den Anlagebedingungen gleichwertigen Dokumenten (Nr. 2) sind insbesondere die Articles of Association der Zielfonds zu erwähnen, die jedoch in der Regel keine Anlagerestriktionen enthalten.59 Angaben zur Organisation erfassen Angaben zu Betriebsabläufen, internen Verantwortlichkeiten, Geschäftsführung, Administration und Verfahren der Order-Erteilung.60 Informationen zum Management betreffen Auskünfte sowohl zur Anzahl der Manager, als auch den einzelnen Personen und ihrer Sachkunde.

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55 Siehe § 226 KAGB. 56 Siehe auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann, Kz 405, § 215 Anh. 4: „Due Diligence Fragenkatalog für Dach-Hedgefonds-Manager“ des Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI). 57 So bereits: BTDrucks. 15/1553 S. 110 zu § 113 Abs. 5 InvG: „Im Rahmen der „due diligence“, der Sorgfaltspflicht des Managements im Rahmen der Auswahl der Zielfonds, sind insbesondere Informationen über das Fondsmanagement (z.B. Anzahl der Manager, Lebensläufe), die interne Organisation (z.B. Betriebsabläufe, Verantwortlichkeiten, Verfahren der Order-Erteilung und -Abwicklung) und Infrastruktur des Fonds (z.B. Geschäftsführung, Prime Broker, Administrator, Wirtschaftsprüfer, Depotbank), die Anlagestrategien und Anlagerichtlinien (z.B. Ausmaß der Risiko-Diversifizierung, Maximum- und Minimum-Positionen) und das Risikomanagement (z.B. Organisation und Struktur, Verantwortlichkeiten, Verfahren der Risikokontrolle) einzuholen.“ 58 So bereits: BTDrucks. 15/1553 S. 110. 59 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 24. 60 Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 32.

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§ 225

Dach-Hedgefonds

Informationen zum Risikomanagement sollen Strukturen und Verantwortlichkeiten für das Risikomanagement offenlegen. Informationen zur Verwahrstelle oder einem Primebroker tragen dazu bei, sich ein Bild über die Struktur und die ordnungsgemäße Beaufsichtigung des Zielfonds zu verschaffen Soweit das Gesetz hier von einer Verwahrstelle vergleichbaren Einrichtung spricht, handelt es ich um ein gesetzgeberisches Versehen, da nach § 225 Abs. 3 KAGB nur Zielfonds erworben werden dürfen, deren Vermögensgegenstände von einer Verwahrstelle oder einem Primebroker verwahrt werden. Angaben zur Anlagepolitik und Anlagebeschränkungen geben Aufschluss über Strategien und interne Anlagerichtlinien. Auch hier gilt, dass im Rahmen einer „due diligence“ keine Pflicht zur völligen Offenlegung sämtlicher Positionen, da gewichtige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen können. Informationen zur Liquidität tragen dazu bei, ein umfassenderes Bild von der finanziellen Situation des Zielfonds zu erhalten und mögliche Insolvenzrisiken einschätzen zu können. II. Laufende Überwachung (Abs. 6) 39

Die Vorschrift verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Zielfonds, in welchen investiert wurde, in Bezug auf die Einhaltung der Anlagestrategien und Risiken laufend zu überwachen und sich regelmäßig allgemein anerkannte Risikokennziffern vorlegen zu lassen. Damit muss die KVG kontinuierlich die wesentlichen Abläufe innerhalb des Zielfonds kennen, was im Einzelnen praktische Schwierigkeiten bereitet. Faktisch ist eine absolute Überwachung der Anlagestrategien nicht möglich, nicht zuletzt auch, weil diese im Kern gerade keiner Transparenzpflicht unterliegen.61 Anderes gilt für die Überwachung der Risiken, welche mit Hilfe der hierfür vorzu40 legenden Risikokennzahlen nachvollzogen werden können. Die Methodik zur Errechnung von Risikokennziffern muss gemäß Abs. 6 S. 2 gegenüber der KVG angegeben und erläutert werden.62 Die Risikokennziffern sind regelmäßig zu übermitteln. Da das Gesetz diesen unbe41 stimmten Begriff nicht weiter konkretisiert, ist der zeitliche Abstand zur Vorlage nach den Umständen des Einzelfalles – auch hier mit gebotener Sorgfalt – zu bestimmen. Dabei ist auf den jeweiligen Zielfonds und seine Besonderheiten abzustellen. In der Praxis hat sich eine monatliche Vorlage der Risikokennziffer eingebürgert.63 Gemäß Abs. 6 S. 3 ist der Wert des Zielfonds durch die Verwahrstelle zu bestätigen. 42 Während früher auch eine Bestätigung durch eine vergleichbare, nicht notwendiger Weise von dem Fonds unabhängige Stelle (wie einem Administrator oder anderen Dienstleistern) abgegeben werden konnte,64 ist diese Möglichkeit der Bestätigung des Wertes des Zielfonds weggefallen.65 Allerdings ist dem Gesetzgeber auch hier ein Versehen unterlaufen, da nur auf eine Bestätigung durch die Verwahrstelle und nicht auch auf eine Bestätigung durch einen Primebroker66 referenziert wird. Sieht ein Staat aber die

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61 BTDrucks. 15/1553 S. 110. 62 Vgl. die Darstellung bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 27 zur Ableitung/Bestimmung von Risikokennzahlen und ihre Unsicherheiten. 63 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 27; Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 113 Rn. 35 m.w.N. auch für eine wöchentliche Vorlagepflicht. 64 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 28. 65 Die noch in § 113 Abs. 5 S. 4 InvG enthaltene Formulierung wurde nicht mehr in das KAGB übernommen. 66 § 225 Abs. 3 KAGB; siehe auch entsprechend die vorstehende Kommentierung zu Abs. 5.

Zingler

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Gesetzesmaterialien

§ 226

Einbeziehung einer Verwahrstelle nicht vor oder ist für einen Zielfonds (zulässigerweise) nur ein Primebroker i.S.v. § 225 Abs. 3 KAGB bestellt, ist bei einer systematischen Betrachtungsweise der Norm auch eine Bestätigung des Wertes des Zielfonds durch den Primebroker zulässig.67 D. Anwendbarkeit der Derivateverordnung Anders als bei (Single-) Hedgefonds nach § 283 KAGB ist die Derivateverordnung 43 (DerivateV) bei Dach-Hedgefonds als offene inländische Publikumsinvestmentvermögen anwendbar, § 1 Abs. 2 DerivateV. E. Ordnungswidrigkeiten Die Durchführung eines Leerverkaufs entgegen § 225 Abs. 1 S. 3 stellt gemäß § 340 44 Abs. 2 Nr. 59 eine Ordnungswidrigkeit dar. Auch die Verstöße gegen § 340 Abs. 2 Nr. 49 (Verkaufsoptionsrechte), 54 (Investitionsgrenze und Streuung), 65 bis 68 (Leverage; Devisenterminkontrakte; Zielfonds und Streuung; Vorliegen von Informationen), welche sowohl in vorsätzlicher, als auch fahrlässiger Zuwiderhandlung geahndet werden, können mit einem Ordnungsgeld belegt werden.68 F. Wesentliche Anlegerinformationen Zu beachten ist, dass im Hinblick auf Dach-Hedgefonds ergänzende bzw. abwei- 45 chende Regelungen in Bezug auf die wesentlichen Anlegerinformationen gelten (einschließlich spezieller Warnhinweise).69

§ 226 Auskunftsrecht der Bundesanstalt § 226 Auskunfsrecht der Bundesanstalt Zingler/Zackor/Wülfert Gesetzesmaterialien https://doi.org/10.1515/9783110492217-013

AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Dach-Hedgefonds verwalten, haben der Bundesanstalt auf Anforderung alle Unterlagen und Risikokennziffern, die ihnen nach Maßgabe des § 225 Absatz 5 und 6 vorliegen, vorzulegen. Schrifttum Zetzsche Die Europäische Regulierung von Hedgefonds und Private Equity – ein Zwischenstand, NZG 2009 692.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentmodernierungsgesetzes vom 19.9.2003); Investmentmodernierungsgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2676; Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.12.2012: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds vom 4.7.2013, BGBl. I 1981.

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67 So wohl auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann Kz 405 § 225; Moritz/Klebek/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 225 Rn. 45. 68 Vgl. § 340 KAGB, aaO. 69 Siehe § 166 Abs. 7 KAGB.

117 https://doi.org/10.1515/9783110492217-013

Zingler/Zackor/Wülfert

§ 226

Auskunfsrecht der Bundesanstalt

Systematische Übersicht § 226 wurde im Rahmen des AIFM-UmsG vom 4.7.2013 mit Wirkung zum 22.7.2013 eingeführt. Die Vorschrift regelt, dass AIF-KVGen (§ 1 Abs. 16), die Dach-Hedgefonds verwalten, der BaFin alle vorliegenden Unterlagen und Risikokennziffern gem. § 225 Abs. 5 und Abs. 6 vorzulegen haben. Zackor/Wülfert

Kommentierung 1

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§ 226 entspricht (von redaktionellen Anpassungen abgesehen) der Regelung des § 115 InvG. Die Vorschrift gewährt der BaFin ein Auskunftsrecht gegenüber AIF-KVGen (§ 1 Abs. 16), die Dach-Hedgefonds verwalten. Dies dient zum einem dem Schutz der Investoren, insbes. wenn diese Privatpersonen sind, zum anderen der Sicherstellung der Transparenz. Es ist eine Spezialvorschrift zu der allgemeinen Anordnungsbefugnis des § 5, verdrängt diesen aber nicht.1 Das Auskunftsrecht bezieht sich auf sämtliche für die Anlageentscheidung notwendigen Informationen über die Zielfonds, in die die AIF-KVG investieren möchte. Die Mindestanforderungen sind insoweit gem. § 225 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 (1) der letzte Jahres- und gegebenenfalls Halbjahresbericht, (2) die Anlagebedingungen und Verkaufsprospekte oder gleichwertige Dokumente, (3) Informationen zur Organisation, zum Management, zur Anlagepolitik, zum Risikomanagement und zur Verwahrstelle oder vergleichbaren Einrichtungen und (4) Angaben zu Anlagebeschränkungen, zur Liquidität, zum Umfang des Leverage und zur Durchführung von Leerverkäufen. Ferner bezieht sich das Auskunftsrecht auf Dokumente, die die AIF-KVG durch ihre Überwachung der betroffenen Zielfonds hinsichtlich der Einhaltung ihrer Anlagestrategien und Risiken erlangt.2 Denn gem. § 225 Abs. 6 haben die AIF-KVGen die Zielfonds, in die sie anlegen, dahingehend zu überwachen, dass diese die Anlagestrategien und Risiken einhalten. Insoweit haben sich die AIF-KVGen regelmäßig allgemein anerkannte Risikokennziffern vorlegen zu lassen. Die Berechnungsmethode dieser Kennziffern müssen die Zielfonds ebenfalls darlegen. Schließlich hat die Verwahrstelle des Zielfonds dessen Wert zu bestätigen. Daneben existieren die (allgemeinen) Auskunfts- und Prüfungsbefugnisse der BaFin gegenüber den AIF-KVGen gem. § 14. Das Auskunftsrecht setzt voraus, dass Indizien vorliegen, dass die erforderlichen Informationen bzgl. der Zielfonds nicht oder nur teilweise den Anforderungen des § 225 Abs. 5 und Abs. 6 entsprechen. Denn die Vorlageanordnung ist ein belastender Verwaltungsakt, die nicht voraussetzungslos ergehen darf und verhältnismäßig sein muss.3 Daher kann die BaFin von AIF-KVGen nicht fordern, fehlende Unterlagen und Risikokennziffern aktiv zu beschaffen.4

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1 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 226 Rn. 3. 2 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel § 115 Rn. 1. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 226 Rn. 4 f. 4 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 115 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/ Schaffelhuber KAGB, § 226 Rn. 6.

Zackor/Wülfert

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Kommentierung

§ 227

§ 227 Rücknahme § 227 Rücknahme Zackor/Wülfert Kommentierung https://doi.org/10.1515/9783110492217-014

(1) Bei Dach-Hedgefonds können die Anlagebedingungen abweichend von § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilen oder Aktien nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch mindestens einmal in jedem Kalendervierteljahr, erfolgt. (2) 1 Anteil- oder Aktienrückgaben sind bei Dach-Hedgefonds bis zu 100 Kalendertage vor dem jeweiligen Rücknahmetermin, zu dem auch der Anteil- oder Aktienwert ermittelt wird, durch eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erklären. 2 Im Fall von im Inland in einem Depot verwahrten Anteilen oder Aktien hat die Erklärung durch die depotführende Stelle zu erfolgen. (3) 1 Die Anteile oder Aktien, auf die sich die Rückgabeerklärung bezieht, sind bis zur tatsächlichen Rückgabe von der depotführenden Stelle zu sperren. 2 Bei Anteilen oder Aktien, die nicht im Inland in einem Depot verwahrt werden, wird die Rückgabeerklärung erst wirksam und beginnt die Frist erst zu laufen, wenn die Verwahrstelle die zurückzugebenden Anteile oder Aktien in ein Sperrdepot übertragen hat. (4) Der Rücknahmepreis muss unverzüglich, spätestens aber 50 Kalendertage nach dem Rückgabetermin gezahlt werden. Schrifttum Zetzsche Zwischen Anlegerschutz und Standortwettbewerb: Das Investmentänderungsgesetz, ZBB 2007 438; ders. Die Europäische Regulierung von Hedgefonds und Private Equity – ein Zwischenstand, NZG 2009 692.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentmodernisierungsgesetzes vom 19.9.2003); Investmentmodernisierungsgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2676; BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentänderungsgesetzes vom 11.6.2007); Investmentänderungsgesetz vom 27.12.2007 (BGBl. I 3089); Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.12.2012: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds vom 4.7.2013, BGBl. I 1981; Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.2014, BGBl. I 934.

Systematische Übersicht § 227 wurde im Rahmen des AIFM-UmsG v. 4.7.2013 mit Wirkung zum 22.7.2013 eingeführt. Das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes v. 15.7.2014 hat es mit Wirkung seit dem 19.7.2014 leicht modifiziert. Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen Anteile oder Aktien von Dach-Hedgefonds (§ 225 Abs. 1 S. 1) zurückgenommen werden können. Kommentierung Die Vorschrift entspricht – abgesehen von redaktionellen Begriffsanpassungen und 1 der Neustrukturierung des KAGB im Vergleich zum InvG – dem früheren § 116 InvG. 119 https://doi.org/10.1515/9783110492217-014

Zackor/Wülfert

§ 227

Rücknahme

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Grundsätzlich ist eine Investition in Dach-Hedgefonds langfristig angelegt. Daher können – im Gegensatz zu dem Grundsatz des § 98 (Rücknahme von Anteilen an einem Sondervermögen) für offene Publikumsinvestmentvermögen – AIF-KVGen (§ 1 Abs. 16) in den jeweiligen Anlagebedingungen (§ 229) bestimmen, dass eine Rücknahme nur zu bestimmten Rücknahmeterminen möglich ist. In der Praxis ist daher eine solche Anteil- oder Aktienrückgabe oft auf wenige Termine pro Jahr beschränkt.1 Dies ist auch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass eine jederzeitige Rücknahme eine höhere Liquidität des Dach-Hedgefonds erfordert, die mit einer geringeren Renditechance einhergeht. Hinzu kommt, dass Dach-Hedgefonds ihrerseits bestimmte Rückgabetermine gegenüber ihren Zielfonds zu beachten haben. Schließlich kann die Anlagestrategie eines Hedgefonds bewusst langfristig ausgerichtet oder auf Vermögensgegenstände gerichtet sein, die unter Umständen nicht kurzfristig in Liquidität umzuwandeln sind, wie z.B. PrivateEquity-Beteiligungen. Insoweit kommt die Vorschrift des § 227 den Verwaltern von DachHedgefonds entgegen, als diese von der grundsätzlichen börsentäglichen Anteil- oder Aktienrücknahme (§ 98 Abs. 1 S. 1) Abstand nehmen können. Allerdings sieht § 227 Abs. 1 vor, dass eine Rücknahmemöglichkeit mindestens in jedem Kalendervierteljahr gegeben sein muss. Am Rücknahmetermin ist auch der Anteils- oder Aktienwert zu ermitteln. Ferner kann eine solche Ermittlung auch an weiteren Terminen, die keine Rücknahmetermine sind, stattfinden.2 Seit dem 19.7.2014 enthält § 227 Abs. 1 S. 1 neben dem Verweis auf § 98 auch einen Verweis auf § 116 Abs. 2 S. 1. Diese Vorschrift regelt für die InvAG m.v.K., unter welchen Bedingungen Aktionäre ihre Aktien zurückgeben können. Die Anteil- oder Aktienrückgabe erfolgt durch eine unwiderrufliche Erklärung des 3 Anlegers gegenüber der AIF-KVG. Grund für die Unwiderrufbarkeit dieser Erklärung ist die erforderliche Rechtssicherheit; die Rückgabe muss aber nicht schriftlich erklärt werden.3 Bei Dach-Hedgefonds beträgt die Erklärungsfrist bis zu 100 Tage vor dem jeweiligen Rücknahmetermin (§ 227 Abs. 2 S. 1). Aus der Formulierung „bis zu“ ergibt sich, dass eine kürzere Frist vereinbart werden kann. Sinn dieser Frist ist, dass dadurch die Verwalter der Dach-Hedgefonds rechtzeitig informiert werden, wie viel Liquidität sie ggf. zu einem Rückgabetermin vorhalten müssen. So lassen sich Liquiditätsschwierigkeiten und hierdurch geminderte Renditen verhindern.4 Die lange Anzeigefrist von bis zu 100 Tagen bei Dach-Hedgefonds hat ihren Grund darin, dass – wie bereits erläutert – diese selbst bestimmte Fristen gegenüber ihren Zielfonds einzuhalten haben. 4 § 227 Abs. 2 S. 2 regelt, dass die Rückgabeerklärung durch die depotführende Stelle zu erfolgen hat (also nicht die investmentrechtliche Verwahrstelle), sofern es sich um im Inland in einem Depot verwahrte Anteile oder Aktien handelt. 5 Gem. § 227 Abs. 3 S. 1 hat die depotführende Stelle die zurückzugebenden Anteile oder Aktien bis zur tatsächlichen Rückgabe zu sperren. Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass zwischenzeitlich weitere Verfügungen über die Anteile oder Aktien getroffen werden. Es handelt sich um eine Spezialvorschrift für zu sperrende Anteile oder Aktien an Dach-Hedgefonds.5

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1 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann § 227 Rn. 4; Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/ InvStG, § 116 Rn. 1; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 2. 2 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 116 Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/ Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 13. 3 Vgl. BTDrucks 15/1553 S. 111; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 15. 4 Vgl. BTDrucks. 15/1553 S. 111; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann § 227 Rn. 7 f.; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 116 Rn. 6; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 16. 5 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 18.

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§ 228

Verkaufsprospekt

Sofern sich die Rückgabe auf nicht in einem inländischen Depot verwahrten Anteile 6 oder Aktien bezieht, wird die Rückgabeerklärung gem. § 227 Abs. 3 S. 2 erst wirksam, wenn von der Verwahrstelle (§§ 68 ff.) die zurückzugebenden Anteile oder Aktien in ein Sperrdepot übertragen worden sind. Ebenso beginnt die Rückgabefrist von 100 Tagen erst dann. Konsequenz ist, dass die Anteil- oder Aktienübertragung in das Sperrdepot bis zu 100 Tage vor diesem Rücknahmetermin durchzuführen ist, so dass die KVG die Anteile oder Aktien zurücknehmen kann.6 Sinn dieser Regelung ist, Anteile oder Aktien, die nicht in einem inländischen Depot verwahrt werden, ins Inland zu verbringen.7 § 227 Abs. 4 bestimmt, dass der Rücknahmepreis unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) 7 nach dem Rücknahmetermin zu zahlen ist, spätestens aber innerhalb von 50 Tagen. Dies entspricht der früher in § 116 InvG gesetzlich geregelten Verwaltungspraxis. Hierdurch sollen Dach-Hedgefonds in die Lage versetzt werden, die Zahlung des Rücknahmepreises solange zu verzögern, bis die Single-Hedgefonds ihrerseits dem betroffenen DachHedgefonds über den Anteils- oder Aktienwert informiert haben bzw. den Rücknahmepreis an ihn gezahlt haben, allerdings maximal bis zu 50 Tage nach dem Rücknahmetermin. Auch Single-Hedgefonds profitieren von dieser Regelung, insbes. wenn diese Investitionen in illiquide Vermögensgegenstände (wie z.B. Private-Equity-Beteiligungen) getätigt haben, deren Wert üblicherweise nicht täglich zu ermitteln ist. Unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes sind übliche Abschlagzahlungen innerhalb dieser maximal 50 Tage zulässig. Denn der entsprechende Anteil an dem InvV bezieht sich nur anteilig auf den vom Ziel-Hedgefonds empfangenen Liquidationsbetrag.8

§ 228 Verkaufsprospekt § 228 Verkaufsprospekt Zackor/Wülfert Verkaufsprospekt https://doi.org/10.1515/9783110492217-015

(1) Der Verkaufsprospekt muss bei Dach-Hedgefonds zusätzlich zu den Angaben nach § 165 folgende Angaben enthalten: 1. Angaben zu den Grundsätzen, nach denen die Zielfonds ausgewählt werden; 2. Angaben zu dem Umfang, in dem Anteile ausländischer nicht beaufsichtigter Zielfonds erworben werden dürfen mit dem Hinweis, dass es sich bei diesen Zielfonds um AIF handelt, deren Anlagepolitik den Anforderungen für Hedgefonds vergleichbar sind, die aber möglicherweise keiner mit diesem Gesetz vergleichbaren staatlichen Aufsicht unterliegen; 3. Angaben zu den Anforderungen, die an die Geschäftsleitung der Zielfonds gestellt werden; 4. Angaben zu dem Umfang, in dem von den ausgewählten Zielfonds im Rahmen ihrer Anlagestrategien Kredite aufgenommen und Leerverkäufe durchgeführt werden dürfen mit einem Hinweis zu den Risiken, die damit verbunden sein können; 5. Angaben zur Gebührenstruktur der Zielfonds mit einem Hinweis auf die Besonderheiten bei der Höhe der Gebühren sowie Angaben zu den Methoden, nach denen die Gesamtkosten berechnet werden, die der Anleger zu tragen hat;

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6 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 116 Rn. 7. 7 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 227 Rn. 20. 8 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 226 Rn. 23; vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Lindemann § 227 Rn. 12 f.

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§ 228

Verkaufsprospekt

6.

Angaben zu den Einzelheiten und Bedingungen der Rücknahme und der Auszahlung von Anteilen oder Aktien, gegebenenfalls verbunden mit einem ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, dass der Anleger abweichend von § 98 Absatz 1 oder § 116 Absatz 2 Satz 1 nicht mindestens zweimal im Monat von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen oder Aktien und die Auszahlung des auf die Anteile oder Aktien entfallenden Vermögensanteils verlangen kann. (2) Zusätzlich muss der Verkaufsprospekt eines Dach-Hedgefonds an auffälliger Stelle drucktechnisch hervorgehoben folgenden Warnhinweis enthalten: „Der Bundesminister der Finanzen warnt: Dieser Investmentfonds investiert in Hedgefonds, die keinen gesetzlichen Leverage- oder Risikobeschränkungen unterliegen.“ Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 227.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentmodernierungsgesetzes vom 19.9.2003); Investmentmodernierungsgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2676; BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentänderungsgesetzes vom 11.6.2007); Investmentänderungsgesetz vom 27.12.2007 (BGBl. I 3089); Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.12.2012: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds vom 4.7.2013, BGBl. I 1981; Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.2014, BGBl. I 934.

Systematische Übersicht § 228 wurde im Rahmen des AIFM-UmsG v. 4.7.2013 mit Wirkung zum 22.7.2013 eingeführt. Das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes v. 15.7.2014 hat es mit Wirkung seit dem 19.7.2014 leicht modifiziert. Die Vorschrift regelt die zusätzlichen Anforderungen an Verkaufsprospekte von Dach-Hedgefonds und stellt daher eine Erweiterung der allgemeinen Verpflichtung für Publikumsinvestmentvermögen gem. §§ 164 f. dar. Kommentierung Kommentierung I. Einführung § 228 Abs. 1 entspricht – abgesehen von den redaktionellen Begriffsanpassungen und der Neustrukturierung des KAGB im Vergleich zum InvG – § 117 Abs. 1 S. 2 InvG. Die allgemeinen Mindestangaben im Verkaufsprospekt ergeben sich aus § 165. 2 Daneben sieht § 228 Abs. 1 vor, dass die AIF-KVGen, die Dach-Hedgefonds verwalten, ihren potentiellen Anlegern weitere Informationen zur Verfügung stellen müssen. Diese zusätzlich erforderlichen Angaben dienen dem Anlegerschutz, damit die interessierten Anleger die produktspezifischen Risiken besser einschätzen können. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass keine wesentlichen Anlegerinformationen (vgl. § 166 KAGB) veröffentlicht werden dürfen. Zu § 117 InvG begründete der Gesetzgeber die1

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Kommentierung

§ 228

ses Verbot damit, dass diese Produkte i.d.R. zu komplex sind, um sie angemessen in den wesentlichen Anlegerinformationen zu erläutern.1 Dies kritisiert die Literatur teilweise als widersprüchlich, weil durch die wesentlichen Anlegerinformationen die Transparenz solcher Produkte zugunsten der Anleger erhöht werden sollte.2 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Anlegerschutz nicht angemessen berücksichtigt werden kann, wenn komplexe Produkte zu stark vereinfacht dargestellt werden.3 Zu beachten bleibt, dass die zusätzlichen Angaben nicht zu den wesentlichen Angaben gehören, die eine Haftung gem. § 306 Abs. 2 begründen können.4 II. Zusätzliche Angaben des Verkaufsprospekts 1. Angaben zu den Grundsätzen, nach denen die Zielfonds ausgewählt werden. 3 Der Verkaufsprospekt muss Angaben zu den Grundsätzen, nach denen die Zielfonds ausgewählt werden, enthalten. Dies soll zum einen die Risiken des jeweiligen Produkts erläutern, zum anderen dienen diese Angaben dem Anlegerschutz. Der Verkaufsprospekt hat dabei insbes. zu erläutern, welche Anforderungen an die Anlagestrategien und grundsätze der Zielfonds gerichtet werden sowie welche zusätzlichen Auswahlkriterien einschlägig sind.5 Hierbei kann eine vollständige Erläuterung der noch nicht bestimmten Zielfonds nicht gefordert werden, sondern vielmehr nur die „typischen“ Anlagestrategien usw.6 2. Angaben zu dem Umfang, in dem Anteile ausländischer nicht beaufsich- 4 tigter Zielfonds erworben werden dürfen. Der Verkaufsprospekt muss Angaben zu dem Umfang, in dem Anteile ausländischer nicht beaufsichtigter Zielfonds erworben werden dürfen, enthalten. Diese müssen mit dem Hinweis versehen sein, dass es sich bei diesen Zielfonds um AIF handelt, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen für Hedgefonds vergleichbar sind, die aber möglicherweise keiner mit dem KAGB vergleichbaren staatlichen Aufsicht unterliegen. Im Gegensatz zu der Gesetzesbegründung zu § 117 InvG muss der Verkaufsprospekt keine Informationen zu der Anlagepolitik der ausländischen Zielfonds enthalten, sondern nur angeben, in welchem Umfang ausländische Zielfonds erworben werden dürfen, weil deren Anlagepolitik bereits gem. § 228 Abs. 1 Nr. 1 zu erläutern ist.7 Eine mit der der BaFin vergleichbaren Aufsicht ist dagegen keine Voraussetzung der Geeignetheit eines Zielfonds.8 3. Angaben zu den Anforderungen, die an die Geschäftsleitung der Zielfonds 5 gestellt werden. Der Verkaufsprospekt muss Angaben zu den Anforderungen, die an die Geschäftsleitung der Zielfonds gestellt werden, enthalten. Zu § 117 InvG begründete der Gesetzgeber diese Anforderung damit, dass die Anlagestrategien auch von den Hedge-

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1 Vgl. BTDrucks. 15/1553 S. 88 f. 2 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann § 228 Rn. 26; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/ Schaffelhuber KAGB, § 228 Rn. 6. 3 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 117 Rn. 4. 4 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann § 228 Rn. 8. 5 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 117 Rn. 6. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow § 117 Rn. 9. 7 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 117 Rn. 8; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Stabenow InvG, § 117 Rn. 10. 8 Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 228 Rn. 7.

123

Zackor/Wülfert

§ 228

Verkaufsprospekt

fonds-Verwaltern abhängen und daher die Anleger über gewisse Ausbildungsstandards und Berufserfahrungen unterrichtet werden sollen. Insoweit sind jedoch nur die Minimalanforderungen, die die AIF-KVG an die Geschäftsleitung der Zielfonds stellt, zu nennen. 6

4. Angaben zum Umfang von Krediten und Leerverkäufen der ausgewählten Zielfonds. Der Verkaufsprospekt muss Angaben zu dem Umfang, in dem von den Zielfonds im Rahmen ihrer Anlagestrategien Kredite aufgenommen und Leerverkäufe durchgeführt werden dürfen, enthalten. Darüber hinaus ist auf die damit potentiell verbundenen Risiken hinzuweisen. Dies ist besonders deswegen relevant, weil insoweit starke Abweichungen zu üblichen Investmentfonds gegeben sein können – es kann sein, dass die Dach-Hedgefonds keinen Einschränkungen hinsichtlich der Kreditaufnahme bzw. Leerverkäufen unterliegen. Sinn ist auch hier, Risikomerkmale transparent darzustellen.9

7

5. Angaben zur Gebührenstruktur der Zielfonds und zu den Kostenberechnungsmethoden. Der Verkaufsprospekt muss Angaben zur Gebührenstruktur der Zielfonds mit einem Hinweis auf Besonderheiten bei der Gebührenhöhe und Angaben zu den Berechnungsmethoden der Gesamtkosten, die der Anleger zu tragen hat, enthalten. Insoweit ist der Anleger darüber zu informieren, dass zum einen Kosten beim DachHedgefonds entstehen und zum anderen zusätzliche Kosten beim Zielfonds. Insbes. ist er darauf hinzuweisen, dass die Gebühren des Zielfonds höher sein können als die herkömmlicher Investmentfonds. Denn i.d.R. werden neben den regulären Verwaltungskosten weitere Kosten dadurch entstehen, dass die Hedgefonds-Verwalter prozentual an dem Gewinn des Zielfonds beteiligt werden.10 Ferner ist der Anleger darüber aufzuklären, dass die Verwaltungsgebühren auch in Rechnung gestellt werden, wenn die Wertentwicklung des Fonds negativ ist.11

8

6. Angaben zu den Rücknahmebedingungen und der Auszahlung von Anteilen oder Aktien. Der Verkaufsprospekt hat Angaben zu den Einzelheiten (wie z.B. einzuhaltende Kündigungsfristen) und Bedingungen der Rücknahme und der Auszahlung von Anteilen oder Aktien, ggf. mit einem Hinweis, dass der Anleger dies abweichend von § 98 Abs. 1 bzw. § 116 Abs. 2 S. 1 nicht mindestens zweimal im Monat von der AIF-KVG verlangen kann, zu enthalten. Ein drucktechnisch hervorgehobener Hinweis ist nur erforderlich, wenn der Anleger die Anteils- oder Aktienrücknahme bzw. die Auszahlung nicht bankarbeitstäglich verlangen kann, was vertraglich gem. § 227 vereinbart werden kann. Die sonstigen Einzelheiten sind dagegen drucktechnisch nicht hervorzuheben. III. Hervorgehobener Warnhinweis

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§ 228 Abs. 2 basiert auf § 117 Abs. 2 InvG, wobei die Formulierung im Vergleich zu der früheren Warnung vor Totalverlusten klar gemildert worden ist. Laut der Gesetzesbegründung ist der bei Dach-Hedgefonds erforderliche Warnhinweis an die Besonderheiten von Hedgefonds angepasst worden.12 § 117 Abs. 2 S. 2 InvG wurde nicht in § 228 Abs. 2 übernommen, weil gem. § 20 Abs. 2 Nr. 7 nur OGAW-KVGen Mindestzahlungszusagen abgeben können. § 117 Abs. 3 InvG wurde ebenfalls nicht übernommen, weil die Vor-

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9 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 228 Rn. 13. 10 Vgl. BTDrucks. 15/1553 S. 111. 11 BTDrucks. 15/1553 S. 111; Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 228 Rn. 16. 12 BRDrucks. 791/12 S. 493.

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Anlagebedingungen

§ 229

schriften des InvG für Dach-Hedgefonds bzw. Single-Hedgefonds in das KAGB in Form der §§ 162 ff. für Publikumsinvestmentvermögen bzw. §§ 273 ff. für inländische SpezialAIF übertragen worden sind. Gem. § 228 Abs. 2 muss der ausführliche Verkaufsprospekt eines Dach-Hedgefonds 10 an auffälliger Stelle drucktechnisch hervorgehoben den Warnhinweis „Der Bundesminister der Finanzen warnt: Dieser Investmentfonds investiert in Hedgefonds, die keinen gesetzlichen Leverage- oder Risikobeschränkungen unterliegen.“ enthalten. Dies stellt eine Warnung vor der abstrakt gefährlichen Anlageform eines Dach-Hedgefonds dar.13 Denn weil Anlagebeschränkungen fehlen und Kredite und Derivate zu LeverageZwecken unbeschränkt verwendet werden können, kann eine Kapitalrückzahlung nicht gewährleistet werden. Im schlimmsten Fall ist mit einem Totalverlust zu rechnen. Diese Hinweispflicht hat die Hedgefonds-Branche kritisch zur Kenntnis genommen, weil der pauschale Hinweis auf fehlende gesetzliche Beschränkungen so nicht zutreffend sei und Art. 15 der AIFM-RL sowie § 29 durchaus Grenzen setzen.14 Im Vergleich zu der früheren Formulierung dürfte der Warnhinweis gegenüber Laien eine geringere Wirkung besitzen. Es erscheint zweifelhaft, ob der Sinn der Regelung so erreicht wird.15 Entsprechend der Praxis der BaFin ist dieser Warnhinweis entweder auf das Deckblatt oder auf die folgende Seite des Verkaufsprospekts zu drucken.16

§ 229 Anlagebedingungen § 229 Anlagebedingungen Zackor/Wülfert Anlagebedingungen https://doi.org/10.1515/9783110492217-016

(1) Die Anlagebedingungen von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Dach-Hedgefonds verwalten, müssen die Angaben nach Maßgabe des § 162 enthalten. (2) Ergänzend zu § 162 Absatz 2 Nummer 1 ist von den AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anzugeben, 1. nach welchen Grundsätzen Zielfonds, in die sie anlegen, ausgewählt werden, 2. dass es sich bei diesen Zielfonds um Hedgefonds, EU-AIF oder ausländische AIF handelt, deren Anlagepolitik jeweils Anforderungen unterliegt, die denen nach § 283 vergleichbar sind, 3. welchen Anlagestrategien diese Zielfonds folgen und in welchem Umfang sie im Rahmen ihrer Anlagestrategien zur Generierung von Leverage Kredite aufnehmen, Wertpapierdarlehen oder Derivate einsetzen und Leerverkäufe durchführen dürfen, 4. bis zu welcher Höhe Mittel in Bankguthaben, Geldmarktinstrumenten und in Anteilen oder Aktien an inländischen, EU-AIF oder ausländischen AIF nach § 225 Absatz 2 Satz 1 angelegt werden dürfen und 5. ob die Vermögensgegenstände eines Zielfonds bei einer Verwahrstelle oder einem Primebroker verwahrt werden. (3) Ergänzend zu § 162 Absatz 2 Nummer 4 haben AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Dach-Hedgefonds verwalten, alle Voraussetzungen und Bedin-

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13 Vgl. BTDrucks. 15/1553 S. 111. 14 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 228 Rn. 23 ff.; Zetzsche ZBB 2007 438 (448). 15 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann § 228 Rn. 16. 16 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 117 Rn. 15; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Gringel InvG/InvStG, § 117 Rn. 13.

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§ 229

Anlagebedingungen

gungen der Rückgabe und Auszahlung von Anteilen aus dem Dach-Hedgefonds Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile anzugeben. Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 227.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentmodernisierungsgesetzes vom 19.9.2003); Investmentmodernisierungsgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I 2676; BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Investmentänderungsgesetzes vom 11.6.2007); Investmentänderungsgesetz vom 27.12.2007 (BGBl. I 3089); Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.12.2012: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds vom 4.7. 2013, BGBl. I 1981.

Systematische Übersicht § 229 wurde im Rahmen des AIFM-UmsG vom 4.7.2013 mit Wirkung zum 22.7.2013 eingeführt. Die Vorschrift regelt die Anlagebedingungen von AIF-KVGen, die DachHedgefonds verwalten. Kommentierung Kommentierung § 229 entspricht im Wesentlichen § 118 Abs. 1 InvG. Grundsätzlich haben die Anlagebedingungen von AIF-KVGen, die Dach-Hedge-fonds verwalten, welche von der BaFin zu genehmigen sind, die gleichen Bedingungen wie die für herkömmliche Investmentfonds gem. § 162 zu erfüllen. Zusätzlich nennt § 229 Abs. 2 aber darüberhinausgehende Bedingungen. Hintergrund sind die besonderen Risiken, die bei Dach-Hedgefonds bestehen. Warnhinweise wie bei § 228 entfallen, weil die Anlagebedingungen das Rechtsverhältnis zwischen den Anlegern und der AIF-KVG regeln, aber nicht primär die Information der Anleger bezwecken. Neben den Angaben gem. § 162 Abs. 2 Nr. 1 haben AIF-KVGen, die Dach-Hedgefonds 3 verwalten, mitzuteilen, nach welchen Grundsätzen sie Zielfonds, in die sie investieren, auswählen. Hier zeigt sich eine Parallele zu § 228 Abs. 1 Nr. 1, wonach diese Grundsätze auch in dem Verkaufsprospekt aufzuführen sind. Wie diese Grundsätze der Zielfondsauswahl aussehen, richtet sich nach dem jeweiligen Produkt, das verschieden stark ausgeprägte Risiken umfassen kann.1 Ferner müssen die AIF-KVGen angeben, dass es sich bei diesen Zielfonds um Hedge4 fonds (§ 283), EU-AIF oder ausländische AIF (§ 1 Abs. 9) handelt, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen nach § 283 (Hedgefonds) vergleichbar sind. Des Weiteren haben die AIF-KVGen die Anleger – ergänzend zu § 162 Abs. 2 Nr. 1 5 – darüber zu informieren, welchen Anlagestrategien diese Zielfonds folgen und in 1 2

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Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 229 Rn. 7.

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Immobilien-Sondervermögen

§ 230

welchem Umfang diese im Rahmen ihrer Anlagestrategien zur Generierung von Leverage (§ 1 Abs. 19 Nr. 25) Kredite aufnehmen, Wertpapierdarlehen oder Derivate einsetzen und Leerverkäufe durchführen dürfen. Auch hier zeigt sich eine gewisse Parallele zu den gleichen Informationen, die der Verkaufsprospekt gem. § 228 Abs. 1 Nr. 4 zu enthalten hat, wobei die Angaben gem. § 229 Abs. 2 Nr. 3 weiter sind als die Angaben für den Verkaufsprospekt gem. § 228 Abs. 1 Nr. 1. Es ist nicht erforderlich, dass aufgrund der erläuterten Anlagestrategien zwingend Zielfonds erworben werden müssen, um alle diese Strategien umzusetzen. Zusätzlich kann auch darauf hingewiesen werden, dass verschiedene Strategien kombiniert oder abgewandelt werden können.2 Zusätzlich haben die AIF-KVGen anzugeben, bis zu welcher Höhe Mittel in Bank- 6 guthaben, Geldmarktinstrumenten und in Anteilen oder Aktien an inländischen, EU-AIF oder ausländischen AIF nach § 225 Abs. 2 S. 1 angelegt werden dürfen. Aus dieser Regelung folgt, dass für Rechnung eines Dach-Hedgefonds nur bis zu 49% des Wertes des Dach-Hedgefonds in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und Anteile an Investmentvermögen (§ 196), die ausschließlich in Bankguthaben und Geldmarktinstrumente anlegen dürfen, sowie Anteile an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF angelegt werden dürfen. Schließlich müssen sie darlegen, ob die Vermögensgegenstände eines Zielfonds bei 7 einer Verwahrstelle oder einem Primebroker (§ 1 Abs. 19 Nr. 30) verwahrt werden. In diesem Zusammenhang reicht es aus, dass diese Vermögensgegenstände bei einer Verwahrstelle oder einem Primebroker verwahrt werden können. Denn die Anlagebedingungen eines Dach-Hedgefonds können keine derartige Bestimmung treffen, ob die Vermögensgegenstände der demnächst zu erwerbenden Zielfonds von einer Verwahrstelle oder einem Primebroker verwahrt werden.3 Ergänzend zu § 162 Abs. 2 Nr. 4 müssen AIF-KVGen, die Dach-Hedgefonds verwalten, 8 gem. § 229 Abs. 3 alle Voraussetzungen und Bedingungen der Rückgabe und Auszahlung von Anteilen aus dem Dach-Hedgefonds Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile angeben. Weil bereits § 227 Abs. 1 die Einzelheiten für eine Rücknahme von Anteilen aufführt, insbesondere die Anlagebedingungen nennt, hat § 229 Abs. 3 nur deklaratorische Bedeutung.4

UNTERABSCHNITT 5 Immobilien-Sondervermögen Immobilien-Sondervermögen

§ 230 Immobilien-Sondervermögen § 230 Immobilien-Sondervermögen Zackor/Wülfert/Winter Schrifttum https://doi.org/10.1515/9783110492217-017

(1) Für die Verwaltung von Immobilien-Sondervermögen gelten die Vorschriften der §§ 192 bis 211 sinngemäß, soweit sich aus den §§ 231 bis 260 nichts anderes ergibt. (2) Das Immobilien-Sondervermögen darf nicht für eine begrenzte Dauer gebildet werden.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 229 Rn. 12. Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG/InvStG, § 118 Rn. 4. Moritz/Klebeck/Jesch/Kunschke/Schaffelhuber KAGB, § 229 Rn. 18.

127 https://doi.org/10.1515/9783110492217-017

Zackor/Wülfert/Winter

§ 230

Immobilien-Sondervermögen

Gesetzesmaterialien BT-Drucksache 17/12294.

A. B.

Systematische Übersicht Verbindungen in das Investmentgesetz | 1 Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) I. Allgemeines | 3 II. Immobilien-Sondervermögen | 5 III. Sinngemäße Anwendung einzelner Vorschriften 1. § 192 (Zulässige Vermögensgegenstände) | 9 2. § 193 (Wertpapiere) | 10 3. § 194 (Geldmarktinstrumente) | 11 4. § 195 (Bankguthaben) | 12 5. § 196 (Investmentanteile) | 13 6. § 197 (Gesamtgrenze; Derivate; Verordnungsermächtigung) | 14 7. § 198 (sonstige Anlageinstrumente) | 15 8. § 198 (sonstige Anlageinstrumente) | 16 9. § 200 (Wertpapierdarlehen und Sicherheiten) | 17

10.

C.

§ 201 (Wertpapierdarlehensvertrag) | 18 11. § 202 (Organisierte Wertpapierdarlehenssysteme) | 19 12. § 203 (Pensionsgeschäfte) | 20 13. § 204 (Verweisung; Verordnungsermächtigung) | 21 14. § 205 (Leerverkäufe) | 22 15. § 206 (Emittentengrenzen) | 23 16. § 207 (Erwerb von Anteilen an Investmentvermögen) | 24 17. § 208 (Erweiterte Anlagegrenzen) | 25 18. § 209 (WertpapierindexOGAW) | 26 19. § 210 (Emittentenbezogene Anlagegrenzen) | 27 20. § 211 (Überschreiten von Anlagegrenzen) | 28 Zeitlich unbegrenzte Immobilien-Sondervermögen (Abs. 2) | 29

Winter

A. Verbindungen in das Investmentgesetz 1

2

Aus der nachstehenden Übersicht ergibt sich, welche aufgehobenen Vorschriften des InvG nach redaktioneller Anpassung in § 230 übernommen worden sind. InvG

KAGB

§ 66 Immobilien-Sondervermögen

§ 230 Immobilien-Sondervermögen Abs. 1

§ 67 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenze, Abs. 9

§ 230 Immobilien-Sondervermögen Abs. 2

§ 230 vereint in seinen Absätzen 1 und 2 inhaltlich zwei Vorschriften des am 21. Juli 2013 außer Kraft getretenen Investmentgesetzes. Während § 230 Abs. 1 lediglich unter redaktionellen Anpassungen den Wortlaut der Verweisungsnorm des § 66 InvG übernimmt, wird die Regelung des aufgehobenen § 67 Abs. 9 InvG aus systematischen Gründen vorgezogen und in § 230 Abs. 2 wortgleich übernommen.1 Wegen der Verschlankung

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BTDrucks. 17/12294 S. 267; Vgl. auch Patzner/Döser/Kempf § 230 Rn. 2.

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B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1)

§ 230

und strukturellen Neufassung des § 67 InvG in § 231 empfahl es sich nunmehr, das bisher in der Erwerbsvorschrift des § 67 Abs. 9 InvG systemwidrig verortete Verbot von Laufzeitfonds in die übersichtliche Norm des § 230 und damit an den Beginn der Vorschriften zu Immobilien-Sondervermögen zu verschieben.2 B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) I. Allgemeines Auf Immobilien-Sondervermögen finden über den Verweis auf die §§ 192 bis 211 ganz 3 überwiegend die Vorschriften der für OGAW-Investmentvermögen geltenden Regelungen sinngemäße Anwendung. Damit wird die Verwaltung von Immobilien-Sondervermögen auf die Regelungen der §§ 192 ff. gestützt. Insoweit gilt nichts anderes als bei gemischten Investmentvermögen (§ 218) und sonstigen Investmentvermögen (§ 220). Die sinngemäße Anwendung der §§ 192 bis 211 hat zur Folge, dass jeweils den Eigenheiten der Immobilien-Sondervermögen Rechnung getragen werden muss, der Grundgedanke der anzuwendenden Vorschrift jedoch unangetastet bleibt. Ähnlich wie bei den sonstigen Investmentvermögen finden jedoch nicht alle Vorschriften des zweiten Abschnitts im 2. Kapitel auf die Immobilien-Sondervermögen Anwendung. So erübrigt sich ein Verweis auf § 213, da bei einem Immobilien-Sondervermögen als AIF eine Umwandlung nicht mehr droht. Ein Rückgriff auf die §§ 192 bis 211 verbietet sich, soweit §§ 231 bis 260 Spezialvor- 4 schriften zu Immobilien-Sondervermögen enthalten. Daraus folgt ein Anwendungsvorrang der §§ 231 bis 260 gegenüber den §§ 192 bis 211 für alle dort geregelten Themenkomplexe. II. Immobilien-Sondervermögen Der Verweis auf die §§ 192 bis 211 gilt für die Verwaltung von Immobilien-Sonder- 5 vermögen. Gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 22 handelt es sich bei Immobilien-Sondervermögen um Sondervermögen, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen. Nach § 1 Abs. 19 Nr. 21 umfasst der Immobilienbegriff Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten. Unter einem Grundstück i.S. des BGB wird ein räumlich abgegrenzter Teil der Erd- 6 oberfläche verstanden, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer gebucht ist, auch Buchgrundstück genannt.3 Das KAGB setzt auf diesem Grundstücksverständnis auf, stellt aber in § 243 Abs. 2 klar, dass auch mehrere Grundstücke i.S. des BGB „ein“ Grundstück darstellen können, sofern diese Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dieses wirtschaftliche Grundstücksverständnis entspricht einer schon im Reichssiedlungsgesetz geübten Praxis.4 Dieser Grundstücksbegriff

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2 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 161. 3 RGZ 84 240; BayObLGZ 54 262; Palandt/Bassenge BGB, Überblick v. § 873 Rn. 1; Battis/Krautzberger/ Löhr/Battis BauGB, § 200 Rn. 2 ff. 4 BGHZ 94 299; s. auch Palandt/Bassenge BGB, Überblick v. § 873 Rn. 1; Battis/Krautzberger/Löhr/Battis BauGB, § 200 Rn. 5; ferner § 70 Abs. 1 BewG i.V.m. § 2 BewG, nach dem die Anschauungen des Verkehrs, die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit darüber entscheiden, was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat.

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Winter

§ 230

Immobilien-Sondervermögen

findet in § 231 eine Einschränkung, als nicht jede Art von Grundstücken erworben werden dürfen, sondern nur solche, die einen dauernden Ertrag erwarten lassen. Andererseits finden die Vorschriften zu zulässigen Vermögensgegenständen eine Ausweitung, als nicht nur Grund und Boden, sondern teilweise auch grundstücksbezogene Rechte als Anlagegegenstand vorgesehen sind. Gemäß § 231 darf das Immobilien-Sondervermögen zunächst solche Grundstücke 7 erwerben, die Mietwohn-, Geschäfts- oder gemischt genutzte Grundstücke darstellen, bei denen also ein gesicherter Ertrag zu erwarten ist. Der Anlagekatalog des KAGB nennt die gewerblich und wohnwirtschaftlich genutzten Grundstücke sowie – mit einer Begrenzung auf maximal 15% des Wertes des Sondervermögens – auch andere Grundstücke, wenn sie einen dauerhaften Ertrag erwarten lassen (s. § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2). Zum Erwerb sind des Weiteren – trotz des zunächst ausbleibenden Ertrags – unbebaute Grundstücke sowie Grundstücke im Zustand der Bebauung als Anlageobjekte zugelassen (vgl. §§ 72, 91 BewG). In beiden Fällen wird davon ausgegangen, dass sie im Hinblick auf einen zukünftigen Ertrag erworben werden (§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3). Das Gesetz gestattet nicht den Erwerb von Immobilien schlechthin, sondern, wie als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Erwerb von u.a. „anderen“ Grundstücken in § 231 Abs. 1 Satz 2 deutlich gemacht wird, nur solcher Grundstücke, die einen dauernden Ertrag erwarten lassen. Dies schließt z.B. land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Begriff siehe § 201 BauGB) grundsätzlich mit ein, auch wenn sich derartige Objekte praktisch in keinem Immobilienfonds befinden. Hinsichtlich der „Erträge“ ist Voraussetzung, dass diese aus den Immobilien und der laufenden Bewirtschaftung des Grundstücks herrühren. 8 Neben dem Volleigentum an Grund und Boden (zum Grundstückserwerb s. §§ 873, 925 bis 928 BGB, zum Inhalt des Grundstückseigentums s. §§ 905 bis 924 BGB) können auch andere Rechtspositionen an Grundstücken erworben werden, insbesondere die grundstücksgleichen Rechte. Dies sind beschränkt dingliche Rechte an einem Grundstück, die in der Behandlung im Ergebnis den Grundstücken gleichgestellt sind.5 Das KAGB erlaubt als Anlageobjekte aus den grundstückgleichen Rechten Erbbaurechte6 (§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4), daneben Wohnungseigentum und Teileigentum7 (zum Begriff s. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 WEG), sowie Wohnungserbbaurechte und Teilerbbaurechte (zum Begriff s. § 30 WEG). Während für das Erbbaurecht die allgemeinen Beschränkungen für Grundstücksanlagen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gelten, ist eine Anlage in den weiter genannten grundstücksgleichen Rechten auf einen Anteil von höchstens 15% des Immobilien-Sondervermögens beschränkt (§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5). Die in § 231 Abs. 1 enthaltene Aufzählung der Anlageobjekte ist abgesehen von den in Abs. 3 genannten zur Bewirtschaftung erforderlichen Gegenständen abschließend. Andere grundstücksgleiche Rechte wie das Bergwerkseigentum (§ 9 BBergG) dürfen von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Immobilien-Sondervermögen nicht erworben werden. Eigentumsähnliche Beteiligungen an Grundstücken, die nicht Volleigentum sind, kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Sondervermögen nicht eingehen. Der Erwerb von Miteigentum nach Bruchteilen (s. §§ 1008 ff. BGB) oder die gesamthänderische Beteiligung an einem Grundstück (s. §§ 718 f. BGB) sind deshalb nicht zu-

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5 Palandt/Bassenge BGB, Überblick v. § 873 Rn. 3. 6 Zum Begriff des Erbbaurechts s. § 1 ErbbauRG. 7 Laut Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt BauGB, § 61 Rn. 5 und § 200 Rn. 7 handelt es sich dabei um eine besondere Form des Eigentums.

Winter

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B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1)

§ 230

lässig. Die Bestellung eines Nießbrauchs (§§ 1030 ff. BGB) zugunsten eines ImmobilienSondervermögens ist unter den Voraussetzungen des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 möglich. Neben den einzelnen Grundstückswerten, die § 231 Abs. 1 aufzählt, können für ein Immobilien-Sondervermögen gemäß § 231 Abs. 3 auch Gegenstände erworben werden, die zur Bewirtschaftung eines Grundstücks-Sondervermögens erforderlich sind. Es handelt sich um Gegenstände, die üblicherweise für die Bewirtschaftung von Immobilien benötigt werden, z.B. im Rahmen der Hausverwaltung wie Telefonanlage, Reinigungsgeräte, Schneepflug etc. III. Sinngemäße Anwendung einzelner Vorschriften 1. § 192 (Zulässige Vermögensgegenstände). § 192 Satz 1 findet keine sinngemäße 9 Anwendung auf die §§ 230 ff., da § 231 Abs. 1 Satz 1 insoweit für Immobilien-Sondervermögen speziellere Regelungen enthält. § 192 Satz 2 hingegen ist vollumfänglich auf Immobilien-Sondervermögen anwendbar.8 Allerdings dürften die Möglichkeiten einer tatsächlichen Anwendung begrenzt sein und nur in dem eng gesteckten Rahmen der §§ 231 Abs. 1 Satz 1, 234, 253 KAGB in Frage kommen.9 2. § 193 (Wertpapiere). Wegen der spezielleren Regelung in § 253 sind lediglich 10 § 193 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 anwendbar, wonach zugunsten eines Immobilien-Sondervermögen Aktien erworben werden dürfen, die dem Sondervermögen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zustehen.10 Auch hier dürfte sich wegen der engen Vorgaben des § 253 kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich finden lassen.11 3. § 194 (Geldmarktinstrumente). § 194 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar 11 und beschränkt den weiter gefassten § 253 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, da bei einem Erwerb von Geldmarktinstrumenten für ein Immobilien-Sondervermögen keine höheren Risiken eingegangen werden dürfen, als bei einem Erwerb zugunsten eines OGAW-richtlinienkonformen Sondervermögens.12 4. § 195 (Bankguthaben). Die Vorschrift ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar, 12 § 253 schränkt eine Anwendbarkeit an dieser Stelle auch nicht ein.13 Mangels weitergehender Regelungen bleibet es dabei, dass § 253 Abs. 1 Nr. 1 Bankguthaben für zulässig erklärt.14 5. § 196 (Investmentanteile). Die Vorschrift ist vollumfänglich sinngemäß an- 13 wendbar.15 Eine Anlage in Investmentanteile wäre demnach bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 196 im Korsett des § 253 möglich.16

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8 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 12. 9 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 12. 10 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 3. 11 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 13. 12 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 4; so auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 14; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 11. 13 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 5; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 11. 14 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen § 230 Rn. 15. 15 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 6. 16 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 16.

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§ 230

Immobilien-Sondervermögen

14

6. § 197 (Gesamtgrenze; Derivate; Verordnungsermächtigung). § 197 ist in vollem Umfang sinngemäß anwendbar, auch hier wieder unter Beachtung der einschränkenden Wirkung des § 253.17

15

7. § 198 (sonstige Anlageinstrumente). Sofern die Voraussetzungen dieser Vorschrift, wenn auch einschränkend modifiziert durch § 253, vorliegen, ist gegen eine sinngemäße Anwendbarkeit auf Immobilien-Sondervermögen nichts einzuwenden.18

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8. § 199 (Kreditaufnahme). § 199 ist grundsätzlich auf Immobilien-Sondervermögen sinngemäß anwendbar. Dies ergibt sich bereits aus § 254. Zu bemerken ist hier, dass § 254 Satz 2 eine Kreditaufnahme zur Finanzierung der Rücknahme der Anteile nur nach Maßgabe des § 199 erlaubt, nicht jedoch nach § 254 Satz 1.19

17

9. § 200 (Wertpapierdarlehen und Sicherheiten). § 200 ist dem Grundsatz nach sinngemäß anwendbar. Allerdings wird die Anwendbarkeit durch die lex-specialis Vorschrift des § 253 Abs. 3 insoweit eingeschränkt, als AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens Wertpapierdarlehen nur auf unbestimmte Zeit gewähren dürfen. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss jederzeit berechtigt sein, ein Wertpapierdarlehen zu kündigen, um eine kurzfristige Verfügbarkeit von Wertpapieren aus Liquiditätsgründen sicherzustellen.20

18

10. § 201 (Wertpapierdarlehensvertrag). § 201 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar.21

19

11. § 202 (Organisierte Wertpapierdarlehenssysteme). § 202 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar.22

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12. § 203 (Pensionsgeschäfte). Ob eine Kapitalanlagegesellschaft echte Pensionsgeschäfte i.S.d. § 340 b Abs. 2 HGB auf Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens tätigen darf, war bereits zu § 57 InvG umstritten.23 Dagegen sprach, dass bei echten Pensionsgeschäften i.S.d. § 340 b Abs. 2 HGB in jedem Fall ein Vermögensgegenstand zu-

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17 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 7; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 17; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritzr § 230 Rn. 11. 18 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 18; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 11; Vgl. auch zu § 66 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 Rn. 9, 14. 19 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 19; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 12 f.; Vgl. auch zu § 66 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 Rn. 15 ff. 20 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 20; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Wind/Fritz § 230 Rn. 14; Vgl. auch zu § 66 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 Rn. 9, 19. 21 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 11; Zustimmend auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 21; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 14; Emde/Dornseifer//Dreibus/ Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 19. 22 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 12; Zustimmend auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 22; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 14; Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 19. 23 Siehe mit weiteren Nachweisen Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 Rn. 20; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 23 ff.; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 15.

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B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1)

§ 230

nächst auf den Pensionsnehmer übertagen werden muss, dieser dann zu einem späteren Zeitpunkt rückübertragen wird und die in Pension gegebenen Vermögensgegenstände so der Kapitalverwaltungsgesellschaft vorübergehend nicht zur Verfügung stehen, was der Intention des Gesetzgebers zu jederzeit kündbarer Anlagen für Immobilien-Sondervermögen, wie § 80 Abs. 3 InvG zu entnehmen war, zuwiderlief.24 Da § 203 im Wesentlichen auf § 57 InvG basiert, scheint sich diese Frage auf den ersten Blick grundsätzlich noch nicht erledigt zu haben. Weil die §§ 230 ff. Pensionsgeschäfte nicht ausdrücklich erwähnen, spricht der Wortlaut von 253 jedenfalls nicht gegen eine sinngemäße Anwendbarkeit des § 203 auf Immobilien-Sondervermögen.25 Hinzukommt, dass zwar § 203 grundsätzlich auf § 57 InvG basiert, der Wortlaut jedoch an entscheidender Stelle geändert wurde. Denn im Gegensatz zu § 57 InvG wird nunmehr in § 203 S. 3 vorgeschrieben, dass OGAW Kapitalverwaltungsgesellschaften jederzeit zur Kündigung des Geschäfts und damit zur Rückforderung der in Pension gegebenen Wertpapiere beziehungsweise zur Rückforderung der Geldbeträge berechtigt sein müssen, um die Dispositionsmöglichkeit weiter zu erhöhen und das Liquiditätsrisiko zu beschränken.26 Somit wären die zu § 57 InvG vorgebrachten Bedenken, bei Pensionsgeschäften handele es sich de facto um eine nicht liquide, da nicht jederzeit kündbare, Anlage, hinfällig. Im Ergebnis spricht daher rechtlich nichts gegen eine sinngemäße Anwendbarkeit des § 203 auf Immobilien-Sondervermögen.27 13. § 204 (Verweisung; Verordnungsermächtigung). § 204 ist sinngemäß an- 21 wendbar, soweit die in §§ 192 bis 211 genannten Vermögensgegenstände von ImmobilienSondervermögen erworben werden dürfen.28 14. § 205 (Leerverkäufe). § 205 ist vollumfänglich auf das Immobilien-Sonderver- 22 mögen sinngemäß anwendbar.29 Eine Ausnahme des Verbots des Leerverkaufs wird in der Literatur richtigerweise dann angenommen, wenn die verkaufte Immobilie zwar noch nicht Teil des Immobilien-Sondervermögens ist, es aber nur an dem formalen Vollzug im Grundbuch fehlt, ein abgeschlossener Grundstückskaufvertrag aber vorliegt und auch der Übergang von Lasten, Nutzen und Besitz sichergestellt ist. Denn in diesem Fall mangelt es an dem für Leerverkäufe typische spekulativen Kern.30 15. § 206 (Emittentengrenzen). § 206 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar.31

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16. § 207 (Erwerb von Anteilen an Investmentvermögen). § 207 ist vollumfäng- 24 lich sinngemäß anwendbar.32

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24 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 20. 25 So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 16. 26 BTDrucks. 17/12294 S. 262. 27 So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 18; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 23 ff. 28 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 66 InvG Rn. 3; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 27. 29 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 15. 30 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 21; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Wind/Fritz § 230 Rn. 19. 31 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 16; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 29. 32 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 17; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 30.

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§ 231

Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

25

17. § 208 (Erweiterte Anlagegrenzen). § 208 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar.33

26

18. § 209 (Wertpapierindex-OGAW). § 209 ist auf Immobilien-Sondervermögen nicht anwendbar, da hier ein anderer Typus von Sondervermögen geregelt wird.34

27

19. § 210 (Emittentenbezogene Anlagegrenzen). § 210 ist vollumfänglich sinngemäß anwendbar.35

28

20. § 211 (Überschreiten von Anlagegrenzen). Die Vorschrift des § 211 ist nur in den in § 211 benannten Fällen auf Immobilien-Sondervermögen anwendbar, nicht hingegen auf ausschließlich für Immobilien-Sondervermögen geltende Anlagegrenzen aus den §§ 231 ff.36 C. Zeitlich unbegrenzte Immobilien-Sondervermögen (Abs. 2)

Grundsätzlich können Publikumsinvestmentvermögen gemäß § 165 Abs. 2 Nr. 1 auch mit einer festen Laufzeit aufgelegt werden. Diese Möglichkeit gibt es jedoch bei Immobilien-Sondervermögen nicht. Der Gesetzgeber trägt hier dem Umstand Rechnung, dass sich Immobilien nicht so leicht verkaufen lassen wie z.B. Wertpapiere oder Investmentanteile und ferner auch nicht zu jeder Zeit marktangemessene Preise erzielt werden können.37 Eine termingenaue Auflösung des Immobilien-Sondervermögens wird daher in vielen Fällen praktisch unmöglich sein.38 Hinzu kommt, dass eine Anlage in ImmobilienSondervermögen ohnehin zumeist auf einer langfristigen Vermögensanlagestrategie basiert. Folgerichtig schließt das Gesetz die Auflage eines Immobilien-Sondervermögens für eine begrenzte Dauer aus. Dies macht konsequenterweise Angaben zur begrenzten Dauer sowie zur Abwick30 lung des Investmentvermögens, die nach § 162 Abs. 2 Nr. 7 grundsätzlich zu machen sind, entbehrlich.39 29

§ 231 Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen § 231 Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen Winter Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen https://doi.org/10.1515/9783110492217-018

(1) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für ein Immobilien-Sondervermögen nur folgende Vermögensgegenstände erwerben: 1. Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke;

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33 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 18; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 31. 34 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 66 InvG Rn. 3. 35 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 20; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 21; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 33. 36 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 66 Rn. 21; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 66 InvG Rn. 22; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 34. 37 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 45.; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 159; Weitnauer/Boxberger/Anders/Wind/Fritz § 230 Rn. 20. 38 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 159.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 47; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Fiura § 27 KAGG Rn. 33. 39 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 45; So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 36.

Winter https://doi.org/10.1515/9783110492217-018

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Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

§ 231

2.

Grundstücke im Zustand der Bebauung, wenn a) die genehmigte Bauplanung die Nutzung als Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke vorsieht, b) mit einem Abschluss der Bebauung in angemessener Zeit zu rechnen ist und c) die Aufwendungen für die Grundstücke insgesamt 20 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten; 3. unbebaute Grundstücke, die für eine alsbaldige eigene Bebauung zur Nutzung als Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke bestimmt und geeignet sind, wenn zur Zeit des Erwerbs ihr Wert zusammen mit dem Wert der unbebauten Grundstücke, die sich bereits in dem Sondervermögen befinden, 20 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt; 4. Erbbaurechte unter den Voraussetzungen der Nummern 1 bis 3; 5. andere Grundstücke und andere Erbbaurechte sowie Rechte in Form des Wohnungseigentums, Teileigentums, Wohnungserbbaurechts und Teilerbbaurechts, wenn zur Zeit des Erwerbs ihr Wert zusammen mit dem Wert der Grundstücke und Rechte gleicher Art, die sich bereits in dem Sondervermögen befinden, 15 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreitet. 6. Nießbrauchrechte an Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundtücken, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, wenn zur Zeit der Bestellung die Aufwendungen für das Nießbrauchrecht zusammen mit dem Wert der Nießbrauchrechte, die sich bereits im Sondervermögen befinden, 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen; 7. die in den §§ 234 und 253 genannten Vermögensgegenstände. 2 Weitere Voraussetzung für den Erwerb der in den Nummern 5 und 6 genannten Vermögensgegenstände ist, dass deren Erwerb in den Anlagebedingungen vorgesehen sein muss und dass die Vermögensgegenstände einen dauernden Ertrag erwarten lassen müssen. (2) 1 Ein in Absatz 1 Nummer 1 bis 6 genannter Vermögensgegenstand darf nur erworben werden, wenn 1. der Vermögensgegenstand zuvor bei einem Wert des a) Vermögensgegenstands bis zu einschließlich 50 Millionen Euro von einem externen Bewerter, der die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllt oder b) Vermögensgegenstands über 50 Millionen Euro von zwei externen, voneinander unabhängigen Bewertern, die die Anforderungen nach § 216 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllen und die Bewertung des Vermögensgegenstands unabhängig voneinander vornehmen, bewertet wurde, 2. der externe Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe a oder die externen Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b Objektbesichtigungen vorgenommen haben, 3. der externe Bewerber im Sinne von Nummer 1 Buchstabe a oder die externen Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b nicht zugleich die regelmäßige Bewertung gemäß den §§ 249 und 251 Absatz 1 durchführt oder durchführen und 135

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§ 231

Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

4.

die aus dem Sondervermögen zu erbringende Gegenleistung den ermittelten Wert nicht oder nur unwesentlich übersteigt. 2 § 250 Absatz 2 gilt entsprechend. 3 Entsprechende gilt für Vereinbarungen über die Bemessung des Erbbauzinses und über dessen etwaige spätere Änderung. (3) Für ein Immobilien-Sondervermögen dürfen auch Gegenstände erworben werden, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des ImmobilienSondervermögens erforderlich sind. (4) Bei der Berechnung des Wertes des Sondervermögens gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 3, 5 und 6, § 232 Absatz 4 sowie bei der Angabe des Anteils des Sondervermögens gemäß § 233 Absatz 1 Nummer 3 werden die aufgenommenen Darlehen nicht abgezogen. (5) Im Fall des § 234 sind die von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände bei dem Immobilien-Sondervermögen bei der Anwendung der in den Absätzen 1 und 2, §§ 232 und 233 genannten Anlagenbeschränkungen und der Berechnung der dort genannten Grenzen entsprechend der Beteiligungshöhe zu berücksichtigen. Schrifttum

Gathman Offene Immobilienfonds im Aufwind, Die Bank 1985 35; Hübner Immobilienanlagen unter dem KAGB – Alte Fragen – neue Fragen – neue Antworten, WM 2014 106; Meyer Der langfristige Kredit, 1981; Schultz-Süchting Investmentrecht in internationalen Immobilientransaktionen – Transaktionsrelevante Themen des Investmentgesetzes bei ausländischen Immobilienakquisitionen, WM 2008 2285; Sorgenfrei/Tischbirek Zur Situation von Immobilien-Spezialfonds nach dem Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1990 1809; Waldmann Der langfristige Kredit, 1990.

Gesetzesmaterialien BT-Drucksache V/4414; BT-Drucksache 14/8017.

A. B. C. D.

Systematische Übersicht Verbindungen in das Investmentgesetz | 1 Allgemeines | 2 Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen | 3 Gesetzlich zugelassene Immobilienanlagen (Abs. 1) | 6 I. Bebaute Ertragsgrundstücke (Nr. 1) | 8 1. Mietwohngrundstücke | 10 2. Geschäftsgrundstücke | 11 3. Gemischt genutzte Grundstücke | 12

II.

E. F. G. H.

Grundstücke im Zustand der Bebauung (Nr. 2) | 13 III. Unbebaute Grundstücke | 18 IV. Erbbaurechte | 20 V. Andere Grundstücke | 21 Bewertungspflicht bei Erwerb (Abs. 2) | 22 Bewirtschaftungsgegenstände (Abs. 3) | 26 Kein Darlehensabzug bei Wertberechnung (Abs. 4) | 29 Anwendung von Anlagebeschränkungen (Abs. 5) | 30

A. Verbindungen in das Investmentgesetz 1

Aus der nachstehenden Übersicht ergibt sich, welche aufgehobenen Vorschriften des InvG unter Anpassung an die Neuregelung der Normen für die Bewerter (§ 216) und redaktionellen Anpassungen dem Regelungsgehalt nach in § 231 übernommen worden sind. Winter

136

§ 231

C. Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen

InvG

KAGB

§ 67 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

§ 231 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Abs. 1, Abs. 2

Abs. 1

Abs. 5

Abs. 2

Abs. 6

Abs. 3

Abs. 10

Abs. 4

§ 68 Beteiligung an ImmobilienGesellschaften

§ 231 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Abs. 7

Abs. 5

B. Allgemeines § 231 steckt den Rahmen für die Anlage der Immobilien-Sondervermögen in Grund- 2 stücken und grundstücksgleichen Rechten ab. Die Zulässigkeit von Liquiditätsanlagen der Immobilien-Sondervermögen, insbesondere in Form von Bankguthaben, ist in § 253 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 geregelt. Zur Anlage in Immobilien-Sondervermögen sind nach § 231 Abs. 1 Satz 1 allgemein zugelassen Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke, ebenso Erbbaurechte, die unter diese Kategorien fallen, Wohnungs- oder Teileigentum, Wohnungs- und Teilerbbaurechte sowie Nießbrauchrechte an Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Mit Begrenzung auf jeweils 20% des Wertes des Sondervermögens können bestimmte Grundstücke und entsprechende Erbbaurechte auch im Zustand der Bebauung und als unbebaute Grundstücke erworben werden. Der Typenkatalog des § 231 ist abschließend.1 C. Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen C. Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen Sieht man von den Beschränkungen bei Erwerb von Grundstücken im Zustand der 3 Bebauung, unbebauten Grundstücken und bestimmten grundstücksgleichen Rechten ab, so verfügen die Immobilienfonds über einen erheblichen Raum an Investitionsmöglichkeiten. Da jedoch Immobilienfonds den Marktgesetzen unterworfen sind und langfristig nur dann erfolgreich operieren, wenn sie ausreichende Erträge erwirtschaften und über die Ertragssteigerungen Wertzuwächse verzeichnen, lassen sich in der Anlagepolitik der Immobilienfonds Trends zu Standorten und Objekten feststellen. Bevorzugt werden gewerblich genutzte Immobilien wie Bürohäuser, Geschäftshäuser, Einkaufszentren, Gewerbeparks in wirtschaftlich entwicklungsfähigen Ballungszentren. 2 Aus Verwaltungsgründen ist ferner ein Trend zu großgewerblichen Objekten mit wenigen Mietern oder ggf. einer eigenständigen Hausverwaltung, umfassender eigenständiger techni-

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1 Schultz-Süchting WM 2008 2285 f.; Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechtshandbuch, § 113 Rn. 99. 2 Bone-Winkel S. 87 f.; Laux/Ohl S. 44 ff.; Meyer LK 1981 11; Gathmann Bank 85 35 ff.; Ehrlich LK 1989 416 ff.

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§ 231

Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

scher Betreuung (Bürohochhäuser, Einkaufszentren) oder einem Center-Management festzustellen, die die örtliche Verwaltung und Betreuung besorgen. Die Anlagegrenzen sind als Erwerbsgrenzen ausgestaltet. Infolgedessen verletzen 4 Wertsteigerungen der einzelnen Immobilien, die nach Erwerb eintreten, die Anlagegrenzen des § 231 nicht. Bei Veräußerungen aus dem Bestand hat jedoch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Sorgfaltspflicht aus § 26 Rechnung zu tragen und insbesondere im besten Interesse der eigenen Anleger und des Immobilien-Sondervermögens zu agieren.3 Allgemein besteht jedoch keine Verpflichtung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, bei nachträglichem Überschreiten der Anlagegrenzen Immobilien zu veräußern und in diesem Fall die Überschreitung von Anlagegrenzen anzuzeigen. Die Anlagegrenzen bestehen im Einzelnen in § 231 Abs. 1 Nr. 2 und 3 für Grundstücke 5 im Zustand der Bebauung und für unbebaute Grundstücke. Ihr Wert darf jeweils 20% des Sondervermögens nicht übersteigen; ferner in § 231 Abs. 2 für „andere Grundstücke“ und grundstücksgleiche Rechte in Höhe von 15% des Wertes des Sondervermögens. Weitere gesetzliche Anlagegrenzen ergeben sich aus dem in § 243 Abs. 1, Abs. 2 vorgeschriebenen Höchstanteil, das einzelne Grundstück von 15% des Wertes des Sondervermögens (zur vierjährigen Übergangsfrist für neu aufgelegte Immobilienfonds s. § 244). Anlagegrenzen völliger Ausschluss des Auslandsanteils an Grundstücken u.U. auch unter Einschluss des EU-Raumes. Sämtliche Anlagegrenzen beziehen sich nach dem Gesetzeswortlaut auf den Wert des Immobilien-Sondervermögens. Bei Grundstückssondervermögen kann die theoretische Belastung gemäß § 260 Abs. 3 Nr. 3 zusätzlich 30% des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Grundstücke betragen, so dass das Brutto-Fondsvermögen durch die Aufnahme von Fremdmitteln aufgebläht wird und ggf. erheblich von dem Netto-Fondsvermögen abweicht. Da jedoch das Gesetz keine besondere Festlegung trifft, ist der Wert des Immobilien-Sondervermögens stets als Wert des Netto-Fondsvermögens zu verstehen. Nur hiervon berechnet sich die Verwaltungsvergütung. Kreditaufnahmen sind fast ausschließlich bei Auslandsgrundstücken festzustellen. Dies hat teils steuerliche Gründe, teils wird über die Kreditaufnahme in ausländischer Währung das Währungsrisiko verringert. D. Gesetzlich zugelassene Immobilienanlagen (Abs. 1) D. Gesetzlich zugelassene Immobilienanlagen (Abs. 1) § 231 lässt, auch wenn dies ausdrücklich nur im Fall der Grundstückswerte i.S.d. Abs. 1 S. 2 gesagt ist, grundsätzlich nur Anlagen in Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten zu, die einen nachhaltigen Ertrag erwarten lassen. Zur Höhe des Ertrags gibt es keine Festlegungen. Niedrige laufende Erträge können durch konstante Wertsteigerungen kompensiert werden. Es wird unterschieden zwischen Grundstücken und Rechten, die in jedem Fall für Grundstücks-Sondervermögen geeignet sind (Abs. 1) und solchen, die nicht ohne weiteres zur Anlage geeignet sind und deshalb nur dann erworben werden dürfen, wenn die Anlagebedingungen dies vorsehen, so dass dem Anleger nach Beschäftigung mit den Anlagebedingungen und dem hierauf verweisenden Verkaufsprospekt bewusst ist, dass der von ihm gewählte Fonds zusätzliche Risiken enthält.4 7 § 231 Abs. 1 und Abs. 2 enthalten einen abschließenden Katalog der Grundstücksanlagen. Andere Formen einer Beteiligung an Immobilien als das dort genannte unmittelbare Immobilieneigentum oder die eigentumsähnlichen Rechtstellungen können für ein

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3 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 5; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 231 Rn. 6. 4 Schmidhuber in: Schriftlicher Bericht zu BTDrucks. V/4414 S. 5.

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D. Gesetzlich zugelassene Immobilienanlagen (Abs. 1)

§ 231

Immobilien-Sondervermögen nicht erworben werden. Daher können Beteiligungsrechte, seien es solche an Immobiliengesellschaften, seien es Miteigentumsrechte an Grundstücken unmittelbar (s. die Ausnahme bei dienenden Grundstücken, unten Rn. 20), nicht für ein Immobilien-Sondervermögen erworben werden. Zwar ist im Fall des Miteigentums nach Bruchteilen das Recht jedes Miteigentümers Eigentum,5 es ist jedoch kein Alleineigentum. Wenn das Gesetz vom Erwerb eines Grundstücks spricht, so ist dies der Eigentumserwerb an einem Grundstück und nicht der Erwerb von Miteigentum nach Bruchteilen. Dass letzteres grundsätzlich nicht gewünscht ist, lässt auch der nur begrenzt zulässige Erwerb von Miteigentum in der Form von Wohnungs- und Teileigentum erkennen. Ohne eine ausdrückliche Gesetzesänderung ist es nicht möglich, Bruchteilseigentum oder Gesamthandseigentum zu erwerben, obwohl dies sowohl aus Wettbewerbsgründen im Hinblick auf ausländische Immobilienfonds und aus steuerrechtlichen Gründen bei Investitionen in Auslandsgrundstücken empfehlenswert wäre.6 Auch ist hinzuweisen auf eine Entwicklung bei Großimmobilien, z.B. Bürohäuser an exponierten Standorten, die statt in der Form von Teileigentum auch als Bruchteilseigentum von einem kleinen Kreis von Eigentümern gehalten werden. Zwar entscheiden in diesen Fällen über das Schicksal einer Immobilie Mitberechtigte. Diese tragen jedoch ebenfalls das Risiko der Immobilie, sodass sich bei geeigneten Partnern die Vor- und Nachteile einer solchen Eigentumskonstruktion ausgleichen. I. Bebaute Ertragsgrundstücke (Nr. 1) § 231 Abs. 1 Nr. 1 gestattet der AIF-Kapitalanlagegesellschaft kraft Gesetzes, uneinge- 8 schränkt Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke zu erwerben. Die dabei im einzelnen verwandten Begriffe sind § 75 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BewG entnommen. Hierdurch soll erreicht werden, dass diese steuerrechtlich bekannten und klar abgegrenzten Begriffe bei der Abgrenzung der Verwendungszwecke der Grundstücke und Rechte auch für das KAGB nutzbar gemacht werden.7 Entgegen § 75 Abs. 1 Nr. 5, 6 BewG verweist § 231 nicht auf Ein- und Zweifamilienhäuser. Daraus könnte man ableiten, dass Ein- und Zweifamilienhäuser gänzlich aus dem Rahmen zulässiger Anlageobjekte fallen. Treffender dürfte aber die Auslegung sein, dass Ein- und Zweifamilienhäuser unter die Kategorie „anderer Grundstücke“ i.S.d. § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 fallen und unter Beachtung der dort vorgesehenen höchstzulässigen Grenze (15%, dazu sogleich) geeignete Anlageobjekte darstellen, unter der Voraussetzung, dass sie einen dauernden Ertrag erwarten lassen (§ 231 Abs. 1 S. 2). Verständnisschwierigkeiten können in Abgrenzungsfällen dadurch auftreten, dass 9 das BewG von der Zuordnung nach der Jahresrohmiete und nicht von der Flächenverteilung ausgeht. Bei gewerblichen Mieterträgen mit einem Anteil von 80% und mehr der Jahresrohmiete (§ 79 BewG) handelt es sich um ein Geschäftsgrundstück, auch wenn es – nach der Fläche gerechnet – weniger als 80% Gewerbefläche/öffentlichen Zwecken dienende Fläche hat und danach als gemischtgenutztes Grundstück zu bezeichnen wäre. Die Abgrenzung der genannten Begriffe untereinander ist von praktischer Bedeutung für die Vermögensaufstellung im Rahmen des Jahres- und des Halbjahresberichts sowie für die Aufstellung in den Zwischenberichten für die Bafin und die Bundesbank. (§§ 101

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Vgl. Palandt/Bassenge BGB, § 1008 Rn. 1. Ehrlich LK 1989 421; Waldmann LK 1990 420. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 4.

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§ 231

Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

Abs. 1, 103), da dort die Vermögensgegenstände unter Angabe u.a. ihrer „Art“ aufzuführen sind (§ 247 Abs. 1). 10

1. Mietwohngrundstücke. Dies sind nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 BewG solche Grundstücke, die zu mehr als 80%, – berechnet nach der Jahresrohmiete (§ 79 BewG), nicht nach der qm-Nutzfläche – Wohnzwecken dienen, mit Ausnahme der Ein- und Zweifamilienhäuser (die sich aus praktischen Gründen nicht immer für einen Erwerb empfehlen, obwohl dies unter den einschränkenden Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls möglich wäre). Ob die 80%-Grenze erreicht wird, ist nach dem Verhältnis der Jahresrohmieten zu beurteilen. Dazu muss die gesamte Jahresrohmiete in die Miete für Wohnräume und in die Miete für gewerbliche oder öffentlichen Zwecken dienenden Grundstücksteile aufgeteilt werden.8 Die Jahresrohmiete umfasst nach § 79 Abs. 1 BewG neben der Nettomiete auch die Umlagen, nicht dagegen die Betriebskosten der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage und des Fahrstuhls. Garagen, Schuppen u.a. gehören zu dieser Grundstücksart, wenn sie als Zubehörräume der Wohnungen anzusehen sind (z.B. der Ertrag nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG der Umsatzsteuer unterworfen ist). Die Miete für diese Nebenräume ist der Wohnungsmiete hinzuzurechnen.9

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2. Geschäftsgrundstücke. Dies sind nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 BewG Grundstücke, die zu mehr als 80% eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen. Maßgebend für die Berechnung ist auch hier das Verhältnis der Jahresrohmieten zueinander. Eine Verwendung für gewerbliche Zwecke liegt vor, wenn die Räume eigenen oder fremden gewerblichen Zwecken oder einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dienen (z.B. Verkaufsräume, Büroräume, Werkstätten). Das gilt auch für einzelne Räume einer Wohnung, die ausschließlich gewerblich oder beruflich genutzt werden, z.B. die Praxisräume eines Arztes, die Büroräume eines Rechtsanwalts. Nicht zu den gewerblich genutzten Räumen gehören Wohnräume, die gleichzeitig gewerblich oder beruflich mitbenutzt werden (z.B. das Wohnzimmer wird gleichzeitig als Arbeitsraum mitbenutzt). Bei Garagen entscheidet die Zweckbestimmung. Die Verwendung für gewerbliche Zwecke setzt eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.10

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3. Gemischt genutzte Grundstücke. Dies sind nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 BewG solche Grundstücke, die teils Wohnzwecken, teils eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und die weder als Mietwohngrundstücke, noch als Geschäftsgrundstücke, Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser anzusehen sind. In Betracht kommen also Grundstücke, die zu höchstens 80% und zu mindestens 20% Wohnzwecken und zu höchstens 80% und zu mind. 20% gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen. Dabei genügt es, wenn die Aufteilung der Jahresrohmiete gerade noch die Grenzhundertsätze (80% und 20%) ergibt.

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8 Rössler/Troll BewG, § 75 Rn. 16. 9 Rössler/Troll BewG, § 75 Rn. 18; dort auch Rn. 16 f. wegen der Abgrenzung bei grundsteuerbegünstigten Teilen des Grundstücks, bei Arbeiterwohnstätten und hinsichtlich eines Zuschlags wegen Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter. 10 Rössler/Troll BewG, § 95 Rn. 11 ff. zum Gewerbebetrieb.

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D. Gesetzlich zugelassene Immobilienanlagen (Abs. 1)

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II. Grundstücke im Zustand der Bebauung (Nr. 2) Es handelt sich um ein Zwischenstadium zwischen den in Nr. 3 genannten unbebau- 13 ten Grundstücken und den Grundstücken i.S. der Nr. 1. In den Fällen, in denen eine AIFKapitalverwaltungsgesellschaft eigene Projekte entwickelt und als Bauherr auftritt, z.B. aus Gründen der Kostenersparnis oder um die Fondsstruktur positiv zu beeinflussen,11 durchläuft ein Grundstück nacheinander die Stadien Nr. 3 und Nr. 2, um schließlich das Stadium Nr. 1 zu erreichen. Entsprechend dem jeweiligen Stadium ist das Grundstück in der Vermögensaufstellung einzuordnen. Sofern bei einem bereits bebauten Grundstück wesentliche Umbauten oder Ergänzungsbauten durchgeführt werden, ist es in die Kategorie „im Zustand der Bebauung“ umzugliedern. In diesem Falle bedarf es keiner Leerstandsangabe, wenn das Gebäude aufgrund der Baumaßnahme ganz oder teilweise leer steht. Mit Rücksicht auf die jeweils für die Nr. 2 und 3 geltenden Höchstgrenzen kann bei gleichzeitiger Durchführung mehrerer Baumaßnahmen die richtige Zuordnung bedeutsam sein und ggf. den Zuerwerb von weiteren Grundstücken im Zustand der Bebauung blockieren, andererseits den Erwerb weiterer unbebauter Grundstücke ermöglichen. Im Zustand der Bebauung befindet sich ein Grundstück, wenn mit der Bauausführung begonnen wurde. Vermessung und Einmessung und sog. Einrichtung der Baustelle sind als Vorbereitung und noch als Baubeginn, der Aushub der Baugrube bereits als Beginn der Bauausführung anzusehen.12 Der Zustand der Bebauung ist dann abgeschlossen, wenn es sich i.S. der Terminologie des BewG, das nur unbebaute und bebaute Grundstücke kennt, nicht mehr um ein unbebautes Grundstück i.S. des § 72 BewG handelt. Dies ist der Fall, wenn das Gebäude als bezugsfertig anzusehen ist, d.h., wenn es den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, es zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend. Zugleich erfolgt eine Neubewertung. Im Hinblick auf Grundstücke „im Zustand der Bebauung“ (§ 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 2) 14 setzt das Gesetz weiter voraus, dass gemäß genehmigter Bauplanung die Bebauung und Nutzung des Grundstücks als Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke zulässig ist. Ob es sich bei der „genehmigten Bauplanung“ um eine bestandskräftige Baugenehmigung handeln muss, lässt das Gesetz offen, ebenso, ob auch dann von einer genehmigten Bauplanung gesprochen werden kann, wenn eine Genehmigung zwar erteilt, gegen diese aber die Klage eines Drittbetroffenen anhängig ist. Im Hinblick auf § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 scheinen derartige Sachverhalte zunächst nicht unmittelbar zur Unzulässigkeit des Investments, möglicherweise aber nach einer Zulässigkeitsbeurteilung nach § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 statt Nr. 2 zu führen, da nach § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 auch der Erwerb unbebauter Grundstücke zulässig ist, bei denen das Vorliegen einer genehmigten Bauplanung nicht vorausgesetzt ist. Etwas anderes dürfte aber in Fällen gelten, in denen die Erfolgsaussichten des Drittbetroffenen bei dessen gerichtlichem Vorgehen gegen die bestehende Genehmigung absehbar sind, etwa wenn im Genehmigungsverfahren (drittschützende) Belange außer Acht gelassen wurden und die Genehmigungsfähigkeit des Projekts ernsthaft in Frage steht. In diesen Fällen wird man zwar formal von einer „genehmigten Bauplanung“, aus wirtschaftlicher Perspektive wegen des Risikos der in Frage stehenden Bebaubarkeit und – damit einhergehend – ausbleibender Erträge aber nur schwerlich von einem zulässigen Anlageobjekt sprechen können. Je nach Fallkonstellation wird vom Immobilien-Sondervermögen zu erwarten

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Laux/Ohl S. 65. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 8.

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sein, dass die Genehmigungssituation und Genehmigungsfähigkeit auch bei formalem Vorliegen einer Genehmigung im gebotenen Rahmen geprüft wird, um Ertragsausfälle zu vermeiden. 15 An die Zulässigkeit des Erwerbs und des Ausweises als Grundstück im Zustand der Bebauung wird die Anforderung gestellt, dass die genehmigte Bauplanung den in Nr. 1 genannten Voraussetzungen entspricht. Es muss folglich eine Zuordnung zu den dort genannten Grundstückskategorien möglich sein. Der Gesetzeswortlaut berücksichtigt nicht, dass bei Großobjekten, z.B. Bürohäusern, häufig Teilbaugenehmigungen erteilt werden. In diesen Fällen muss es ausreichen, wenn die erste Teilbaugenehmigung rechtswirksam erteilt worden ist und keine Hindernisse für später zu erteilende weitere Teilbaugenehmigungen zu erkennen sind. Schließlich muss nach den Umständen mit einem Abschluss der Bebauung in an16 gemessener Zeit zu rechnen sein. Da die Finanzierung i.d.R. durch Eigenmittel des Immobilien-Sondervermögens erfolgt, kann dies nur als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Interesse eines baldigen Ertrags aus dem Gebäude die Baumaßnahme zügig durchzuführen ist. Soweit die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht über eine eigene bautechnische Abteilung verfügt, muss sie dies durch ein geeignetes Architekturbüro oder ggf. einen Generalbauunternehmer sicherstellen. 17 Abs. 1 Nr. 2 enthält eine Erwerbsgrenze von 20%. Diese gilt auch bei neu aufgelegten Immobilienfonds, da § 244 insoweit keine Ausnahmeregelung kennt. Zu berücksichtigen ist, dass im Bau befindliche Grundstücke in einigen Fällen nur schwer veräußerlich sind und oft weniger als die Anschaffungskosten einschl. des bisherigen Bauaufwands erbringen können. Die Erwerbsgrenze bezieht sich auf die Aufwendungen, die bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Zeitpunkt eines Zuerwerbs eines Grundstücks dieser Kategorie für alle im Fonds befindlichen Grundstücke gleicher Art angefallen sind. Es handelt sich um eine Erwerbsvorschrift. Die Gesamtkosten der Baumaßnahme sind bei der Ermittlung der Erwerbsgrenze nicht zu berücksichtigen. Aufwendungen sind der Kaufpreis und Nebenkosten sowie bezahlte Baurechnungen. Nicht einzubeziehen sind Bauaufwendungen, die auf nach Nr. 3 erworbene Grundstücke gemacht werden. Ab Baubeginn sind nach Nr. 3 erworbene Grundstücke umzugruppieren und bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage unter der Kategorie Nr. 2 zu berücksichtigen. Im Hinblick auf das künftige Bauvolumen der Grundstücke der Kategorie Nr. 3, ebenso das zu erwartende Bauvolumen für Grundstücke der Kategorie Nr. 2, kann das tatsächliche Bauvolumen, das nach Erwerb auf beide Grundstücksarten entfällt, vorübergehend die kumulierten Anlagegrenzen der Nr. 2 und 3 von 40% überschreiten.13 III. Unbebaute Grundstücke 18

Bei unbebauten Grundstücken i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 3 wird eine alsbaldige Bebauung vorausgesetzt. Beim Erwerb muss folglich die Absicht bestehen, diese Grundstücke alsbald einer eigenen Bebauung zuzuführen.14 Der Erwerb von Bauland lediglich zu Spekulationszwecken ist nicht gestattet. Andererseits ist eine gewisse Vorratshaltung von Grundstücken nicht ausgeschlossen.15 Das Grundstück muss zur Bebauung geeignet sein. Bei unbebauten Grundstücken sind Entwicklungsstufen zu unterscheiden: Ödland, Bauerwartungsland, Rohbauland, Bauland. Nicht zulässig ist der Erwerb von Ödland

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 8. Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 11. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 12.

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und Bauerwartungsland.16 Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Erwerb von Rohbauland als zulässig anzusehen. Rohbauland ist eine Vorstufe zum baureifen Land. Es handelt sich um nicht ausreichend erschlossene oder für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltete Flächen, die nach ihrer Lage im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) für eine Bebauung bestimmt sind (§ 5 Abs. 3 ImmoWertV). Ein Abgleich mit § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lässt darauf schließen, dass § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 das Vorliegen einer Baugenehmigung nicht voraussetzt.17 Das Rohbauland ist i.d.R. noch nicht parzelliert.18 Für den zulässigen Erwerb nach Nr. 3 ist eine Parzellierung erforderlich, auch muss die Erschließung feststehen und gesichert sein, da sonst eine alsbaldige Bebauung in Frage gestellt wäre.19 Bei unbebauten Grundstücken gilt eine gegenüber den Grundstücken im Zustand 19 der Bebauung selbständige Erwerbsgrenze von 20% des Wertes des Sondervermögens. Die Grenze bezieht sich nur auf den Wert der unbebauten Grundstücke. Werden unbebaute Grundstücke bebaut, sind sie in der Bauzeit der Kategorie der Grundstücke Nr. 2 zuzurechnen. Die künftigen Bauaufwendungen werden in die Wertgrenze nicht einbezogen, da Nr. 3 nur von dem Wert der unbebauten Grundstücke spricht. Nr. 3 enthält ebenso wie Nr. 2 nur eine Erwerbsgrenze. IV. Erbbaurechte Nach § 231 Abs. 1 Nr. 4 darf als Vermögensgegenstand für ein Immobilien-Sonder- 20 vermögen auch ein Erbbaurecht erworben werden. Der Erwerb vollzieht sich nach den gleichen Voraussetzungen wie bei Grundstücken i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1–3. Der Begriff des Erbbaurechts entspricht jenem des BGB und des ErbbauRG.20 Das Institut des Erbbaurechts existiert seit dem 22. Januar 1919. Es gewährt dem jeweiligen Berechtigten ein veräußerliches und vererbliches Recht, auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Das Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht und erhält ein eigenes Grundbuchblatt. Grundsätzlich sind, bis auf wenige Ausnahmen, die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das Erbbaurecht entsprechend anzuwenden. Zur Bestellung des Erbbaurechts bedarf es der Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten, die in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden muss (§ 20 GBO), sowie der Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs des belasteten Grundstücks. Das Bauwerk, das im Rahmen der Bestellung des Erbbaurechts errichtet wurde oder vor der Bestellung bereits vorhanden war, stellt einen wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts und nicht des Grundstücks dar (§ 12 ErbbauRG). Für Erbbaurechte gibt es grundsätzlich keine Anlagegrenzen, wenngleich Konstellationen denkbar sind, unter denen der Erwerb eines Erbbaurechts ausscheiden muss.21

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16 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 12. 17 So wohl auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 12; a.A. Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 36. 18 Rössler/Troll BewG, § 75 Rn. 20 f. 19 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 12. 20 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 13; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 231 Rn. 23 ff. 21 Vgl. hierzu Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 6.

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Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

V. Andere Grundstücke 21

Andere Grundstücke als Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischte Grundstücke dürfen nur erworben werden, wenn sie einen dauernden Ertrag erwarten lassen. Ist die Voraussetzung der dauernden Ertragserwartung erfüllt, unterliegt das Sondervermögen bei der Auswahl der Immobilienart keiner weiteren Beschränkung. Zulässige Vermögensgegenstände schließen mithin land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Begriff siehe § 201 BauGB) oder Ein- und Zweifamilienhäuser (§ 75 BewG) ein, auch wenn sich derartige Objekte praktisch in keinem Immobilienfonds befinden. Zu beachten ist die höchstzulässige Quote „anderer Grundstücke“ gemäß § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 sowie die Tatsache, dass „andere Grundstücke“ nur im Bestand, also nicht im Zustand der Bebauung oder gar im unbebauten Zustand erworben werden dürfen. E. Bewertungspflicht bei Erwerb (Abs. 2) E. Bewertungspflicht bei Erwerb (Abs. 2)

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Die Bewertungsvorschriften sind überwiegend in den §§ 248 ff. zu finden und werden durch die in § 231 Abs. 2 speziell für den Erwerb von Immobilien und Immobilien-Gesellschaften geltenden Vorschriften erweitert. Die dort geregelte Bewertungspflicht bei Erwerb eines Vermögensgegenstandes, der zugunsten eines Immobilien-Sondervermögens erworben werden soll, stellt eine außerordentliche Besonderheit dar, weil eine solche Bewertung von Vermögensgegenständen bei Erwerb durch andere Sondervermögen nicht durchgeführt werden muss. Durch die Bewertungspflicht soll gewährleistet werden, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Immobilien oder Immobilien-Gesellschaften nicht zu überzogenen Preisen kauft und wirtschaftlich agiert.22 Denn anders als z.B. bei Wertpapieren, die einen leicht festzustellenden Börsen- oder Marktpreis (s. §§ 373, 376 HGB; § 453 BGB) besitzen, hängt der Preis bei Immobilien zwar ebenfalls von den Marktgegebenheiten ab, kann aber wegen der Besonderheiten eines jeden Grundstücks stets nur für den Einzelfall ermittelt werden. Um einen möglichst objektiven Wertmaßstab für die Feststellung der Ankaufs- und Verkaufspreise der Grundstücke zu erhalten, schreibt das Gesetz in § 231 Abs. 2 die Bewertung durch sogenannte Bewerter vor. Für Publikums-Immobilien-Sondervermögen ebenso wie für geschlossene Publikums-AIF hat der Gesetzgeber im KAGB hinsichtlich der Bewertung eine Neuerung beschlossen. Die seit Jahrzehnten im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) ebenso wie im InvG für Publikums-Immobilien-Sondervermögen vorgeschriebene Bewertung durch einen Sachverständigenausschuss wurde durch ein Bewertungsverfahren, das von zwei voneinander unabhängigen externen Bewertern durchzuführen ist, die ihre Bewertungen zudem unabhängig voneinander vorzunehmen haben, ersetzt (vgl. hierzu §§ 249 Abs. 1 und 248 Abs. 4 sowie § 261 Abs. 5).23 Für diese Bewerter ist gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 eine Rotation in dreijährigem Rhythmus vorgesehen, nicht zuletzt um die Gefahr von „Gefälligkeitsbewertungen“ zu minimieren.24 Ferner müssen der bzw. die externen Bewerter natürlich die Voraussetzungen aus § 216 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 2 bis 5 erfüllen, mithin also unabhängig sein und die jeweilige Fachkenntnis aufweisen.25 Im Falle des § 231 Abs. 2 Nr. 2 trifft sie zudem die Verpflichtung, sich das Er-

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22 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 14; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 230 Rn. 23 ff. 23 Hübner WM 2014 106 (111). 24 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautneburger-Behr § 231 Rn. 19. 25 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen.

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E. Bewertungspflicht bei Erwerb (Abs. 2)

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werbsobjekt im Rahmen des Bewertungsvorgangs auch tatsächlich anzusehen.26 Die Erwerbsbewertung im Rahmen von Immobilieninvestments bis einschließlich EUR 50 Mio. muss lediglich von einem externen Bewerter vorgenommen werden. Allerdings ist hier zu beachten, dass diesem Bewerter nicht zugleich die regelmäßige jährliche Bewertung obliegen darf, § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3. Das KAGB schweigt sich dazu aus, was bei Investitionen über EUR 50 Mio. im Falle unterschiedlicher Bewertungen der beiden Bewerter zu geschehen hat. Sollte sich der Dissens der Bewertungen nicht auflösen lassen, ist eine Entscheidung letzten Endes durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unumgänglich.27 Dass die dann zu treffende Entscheidung zu Schwierigkeiten führen kann, liegt auf der Hand. Es erscheint interessengerecht, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ein Wahlrecht zuzubilligen, ob sie sich für den höheren oder niedrigeren Wertansatz entscheidet. Allerdings sollte sie dann an diese Wahl gebunden sein, sodass das mit 3% anzusetzende nicht wesentliche Übersteigen der Gegenleistung über den Bewerterwert bei Ankäufen und das entsprechende Unterschreiten bei Verkäufen anhand des dann ausgewählten Wertansatzes gleichermaßen berechnet werden muss (vgl. § 231 Abs. 2 Nr. 4, 260 Abs. 1 Nr. 2). Somit muss nun jede AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eigenverantwortlich und mit entsprechenden Haftungsrisiken am Ende selbst entscheiden, welchen Wert sie aus voneinander abweichenden Bewertungen der Bewerter ableitet.28 Aufgabe der Bewerter ist es u.a., die für das Immobilien-Sondervermögen zu erwer- 23 benden Grundstücke zu bewerten. Eine Ausnahme besteht in den Arrondierungs- und Umlegungsfällen, bei denen unter den Voraussetzungen von § 260 Abs. 2 von einer Bewertung abgesehen werden kann. Sofern Grundstücke im Zustand der Bebauung oder unbebaute Grundstücke erworben werden, ist die Bewertung unter Berücksichtigung der künftigen Nutzung zu erstellen. Wird das Grundstück als Teil eines Projekts erworben, hat sich die Bewertung bereits auf das Projekt zu erstrecken. Bei Projekten ist auch die Risikostreuungsvorschrift des § 243 Abs. 2 (Erwerbsgrenze 15%) zu berücksichtigen. Ein Erwerb für ein Immobilien-Sondervermögen ist nur dann zulässig, wenn die aus dem Sondervermögen zu erbringende Gegenleistung den ermittelten Wert nicht oder nur unwesentlich übersteigt. Entsprechendes gilt nach § 231 Abs. 2 Satz 3 für eine Vereinbarung, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in den Fällen des Abs. 1 Nr. 4 mit dem Grundstückseigentümer über die Bemessung des Erbbauzinses und seine etwaige spätere Änderung trifft. Unter der Gegenleistung i.S. des § 231 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ist in erster Linie der Kauf- 24 preis zu verstehen. Der Begriff der Gegenleistung ist umfassender als der des Kaufpreises. Unter Gegenleistung fällt alles, was der Verkäufer unmittelbar oder mittelbar als Entgelt aus dem Immobilien-Sondervermögen erhält, also z.B. neben einem bezahlten Kaufpreis die Befreiung von einer Verbindlichkeit, die tauschweise Überlassung eines Grundstücks aus dem Immobilien-Sondervermögen, die Einräumung von Rechten an dem verkauften Grundstück (z.B. ein Wohnungsrecht, ein Nießbrauch an bestimmten Ertragsteilen, eine Leibrente [§§ 759 ff. BGB] als Reallast [§ 1105 BGB], die Einräumung von Grunddienstbarkeiten [§§ 1018 ff. BGB]). In den Fällen eines Grundstückstauschs gilt für das Tauschgrundstück nach § 37 Abs. 1 in gleicher Weise die Verpflichtung zur Bewertung vor der Veräußerung. Nicht zu der Gegenleistung gehören die Erwerbsne-

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26 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 22. 27 Hübner WM 2014 106 (111). 28 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 23; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 231 Rn. 33; Hübner WM 2014 106 (111).

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Zulässige Vermögensgegenstände; Anlagegrenzen

benkosten, die nicht an den Verkäufer, sondern an Dritte erbracht werden, z.B. die Gerichts- und Notarkosten, die Aufwendungen für die externen Bewerter, die Grunderwerbsteuer und etwaige Maklerkosten (I-Hdb. 22). Trotz völliger Übereinstimmung von Kaufpreis und ermitteltem Verkehrswert, verringern diese Kosten den Inventarwert des Sondervermögens und damit den Anteilwert im Zeitpunkt von Zahlung und Besitzübergang. 25 Besteht die Gegenleistung in der Übernahme von Belastungen, sind diese je nach Art der Belastung als Abzug von dem ermittelten Verkehrswert oder im Rahmen der Verkehrswertfeststellung, soweit sie diese beeinflussen, z.B. ein Wegerecht, zu berücksichtigen.29 Da die Belastungen vor oder gleichzeitig mit dem Erwerb vorgenommen werden, bedarf es keiner Prüfung der Verwahrstelle nach § 260 Abs. 3 Nr. 2 zur Marktüblichkeit. Die Übernahme von Belastungen beim Erwerb setzt jedoch voraus, dass dies nach den Anlagebedingungen zulässig ist. Auch ist die allgemeine Belastungsgrenze von 30% des Wertes des Sondervermögens zu berücksichtigen (§ 260 Abs. 3 Nr. 3). Die Anforderung des § 260 Abs. 3 Nr. 1, dass die Belastung „im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung geboten“ sein muss (ähnliche Anforderung bei Belastungen von Erbbaurechten in § 7 Abs. 2 ErbbauRG), ist – so scheint es – durch die Notwendigkeit der Übernahme der Belastung beim Erwerb und deren Berücksichtigung entweder durch Abzug des Barwertes vom Verkehrswert oder durch einen entsprechend ermäßigten Verkehrswert ersetzt. Die ordnungsmäßige Wirtschaftsführung bildet jedoch einen Maßstab bei der Übernahme von Belastungen beim Erwerb insoweit, als durch derartige Belastungen der künftige Ertrag nicht gefährdet sein darf. Auch bei einer beim Erwerb vereinbarten laufenden Rentenzahlung muss nach Abzug der Bewirtschaftungskosten noch ein ausreichender Ertrag aus dem Grundstück übrigbleiben. Bei indexierten Rentenzahlungen bedarf es entsprechend indexierter langfristiger Mietverträge oder der Gewissheit, dass solche indexierten Mietverträge abgeschlossen werden können. Ein Erwerb eines bebauten Grundstücks ausschließlich auf Rentenbasis ist zwar nicht ausgeschlossen aber i.d.R. dadurch gehindert, dass die Rente höher als der laufende Ertrag des Grundstücks ist. F. Bewirtschaftungsgegenstände (Abs. 3) F. Bewirtschaftungsgegenstände (Abs. 3) 26

Außer den Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten können von einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft auch Bewirtschaftungsgegenstände erworben werden.30 Es handelt sich um Gegenstände, die üblicherweise für die Bewirtschaftung von Immobilien benötigt werden, z.B. im Rahmen der Hausverwaltung wie Telefonanlagen oder Reinigungsgeräte. Bei Hotels oder möbliert vermieteten Räumen kann dies auch die gesamte Inneneinrichtung umfassen. Dagegen können dies nicht Gegenstände sein, die zu einer eigenen gewerblichen Tätigkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft führen. Grundsätzlich sind als Bewirtschaftungsgegenstände bewegliche und unbewegliche Sachen, aber auch Rechte denkbar.31 Als derartige Rechte kommen hauptsächlich beschränkt dingliche Rechte in Frage, wie Grunddienstbarkeiten oder beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, aber auch vertragliche Rechte, bspw. aus Mietverträgen.32 Eine Bewirt-

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29 Zu der Wertermittlung von Grundstücksbelastungen s. u.a. Vogels S. 219 ff. 30 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 24. 31 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 25 ff. mit weiteren Ausführungen. 32 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 28; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 231 Rn. 42.

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H. Anwendung von Anlagebeschränkungen (Abs. 5)

§ 231

schaftung der Immobilie durch einen eigenen Gewerbebetrieb, z.B. ein Hotel, ist der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft untersagt.33 Soweit dies bei der Art des Gebäudes erwartet wird, können die Bewirtschaftungsge- 27 genstände auch Kunstwerke sein. Die Erforderlichkeit ist nicht nur dann gegeben, wenn ohne die Gegenstände eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung nicht möglich wäre. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann folglich mit Hilfe der Gegenstände in eigener Regie, insbesondere durch die bei ihr angestellten Hausmeister oder beauftragte Hauswarte, die Bewirtschaftung selbst durchführen und die Bewirtschaftungsgegenstände statt zu Lasten ihres Betriebsvermögens zu Lasten des Immobilien-Sondervermögens erwerben. Bewirtschaftungsgegenstände, die mehreren Immobilien dienen, sind im Hinblick auf etwaige anteilige Belastungen der Mieter mit Anschaffungskosten ebenso mit der Abschreibung der Anschaffungskosten der Bewirtschaftungsgegenstände anteilig den einzelnen Liegenschaften zuzuordnen. Die Vermögensaufstellung nach § 247 enthält keine selbständige Position der Bewirtschaftungsgegenstände. Diese sind wertmäßig der einzelnen Liegenschaft zuzuordnen und dort mit den tatsächlichen Anschaffungskosten ggfs. gemindert durch die Abschreibung zu erfassen. Dies kann jedoch nur für solche Gegenstände gelten, die neben dem Verkehrswert des Grundstücks einen eigenen Wert besitzen. Zu den Bewirtschaftungsgegenständen sind auch „dienende“ Grundflächen zu rech- 28 nen, wenn derartige Flächen etwa für Abstellplätze oder Garagen bestimmt sind, die ihrerseits von Bewohnern mehrerer Grundstücke genutzt werden, von denen eines im Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft steht. Auf diese Weise ist der Erwerb von Miteigentum für ein Immobilien-Sondervermögen als zulässig anzusehen. Derartige Erwerbe werden aber nur eine untergeordnete Rolle spielen dürfen, wenn die Auslegung gerechtfertigt sein soll, es handele sich um einen Gegenstand nach Abs. 3 und nicht nach Abs. 1.34 Entsprechendes gilt für den Erwerb von Grunddienstbarkeiten, die im Anlagekatalog des § 231 nicht vorgesehen sind. G. Kein Darlehensabzug bei Wertberechnung (Abs. 4) Bei der Berechnung des Wertes des Sondervermögens gemäß Abs. 1 Satz 1 Num- 29 mer 2, 3, 6 und § 232 Abs. 4 sowie bei der Angabe des Anteils des Sondervermögens gemäß § 233 Abs. 1 Nummer 3 werden die aufgenommenen Darlehen nicht abgezogen. Dieser Wortlaut findet sich ebenfalls in §§ 240 Abs. 2 Nr. 2 HS. 2, 243 Abs. 1 Satz 3. Durch den Nichtabzug von Darlehen soll in erster Linie eine sachgerechtere Risikostreuung ermöglicht werden.35 Es wird hierdurch der Praxis Rechnung getragen, dass Grundstücke im Ausland teilweise durch Fremdfinanzierung erworben werden, um sich gegen Währungsrisiken abzusichern und ausländische Ertragssteuern zu vermeiden.36 H. Anwendung von Anlagebeschränkungen (Abs. 5) H. Anwendung von Anlagebeschränkungen (Abs. 5) § 231 Abs. 5 bestimmt, dass im Fall des § 234 die Anlagegrenzen aus Abs. 1 und Abs. 2 30 sowie den §§ 232 und 233 auch dann nicht überschritten werden dürfen, wenn die einzelnen Vermögensgegenstände nicht von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gehalten

_____ 33 34 35 36

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Vgl. auch Sorgenfrei/Tischbirek WM 1990 1812. Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 27. Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 30. BTDrucks. 14/8017 S. 106.

Winter

§ 232

Erbbaurechtsbestellung

werden, sondern über eine Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft. Die von dieser Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke sind entsprechend der jeweiligen Beteiligungshöhe der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an der Immobilien-Gesellschaft im Rahmen der Anlagegrenzen aus den zuvor genannten Vorschriften zu berücksichtigen.37

§ 232 Erbbaurechtsbestellung § 232 Erbbaurechtsbestellung Winter https://doi.org/10.1515/9783110492217-019 (1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf ein Grundstück nur unter den in den Anlagebedingungen festgelegten Bedingungen mit einem Erbbaurecht belasten. (2) Vor der Bestellung des Erbbaurechts ist die Angemessenheit des Erbbauzinses entsprechend § 231 Absatz 2 zu bestätigen. (3) Innerhalb von zwei Monaten nach der Bestellung des Erbbaurechts ist der Wert des Grundstücks entsprechend § 231 Absatz 2 neu festzustellen. (4) Ein Erbbaurecht darf nicht bestellt werden, wenn der Wert des Grundstücks, an dem das Erbbaurecht bestellt werden soll, zusammen mit dem Wert der Grundstücke, an denen bereits Erbbaurechte bestellt worden sind, 10 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens übersteigt. (5) Die Verlängerung eines Erbbaurechts gilt als Neubestellung. Schrifttum Winkler Das Erbbaurecht, NJW 1992 2514.

Gesetzesmaterialien BT-Drucksache 17/12294.

A. B. C. D.

Systematische Übersicht Verbindungen in das Investmentgesetz | 1 Belastung mit einem Erbbaurecht (Abs. 1) | 3 Angemessenheit des Erbbauzinses (Abs. 2) | 6 Bewertung nach Bestellung (Abs. 3) | 9

E. F. G. H.

Bestellungsverbot (Abs. 4) | 10 Verlängerung eines Erbbaurechts (Abs. 5) | 11 Entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift | 12 Rechtsfolgen eines Verstoßes | 13

A. Verbindungen in das Investmentgesetz A. Verbindungen in das Investmentgesetz Aus der nachstehenden Übersicht ergibt sich, welche aufgehobenen Vorschriften 1 des InvG unter Anpassung an die Neuregelung der Normen für die Bewerter (§ 216) und redaktionellen Anpassungen dem Regelungsgehalt nach in § 232 übernommen worden sind.

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37 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 231 Rn. 33; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 231 Rn. 44; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 Rn. 35.

Winter https://doi.org/10.1515/9783110492217-019

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A. Verbindungen in das Investmentgesetz

InvG

KAGB

§ 67 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

§ 232 Erbbaurechtsbestellung

Abs. 7 Satz 1

Abs. 1

Abs. 7 Satz 2

Abs. 2

Abs. 7 Satz 3

Abs. 3

Abs. 7 Satz 4

Abs. 4

Abs. 7 Satz 5

Abs. 5

§ 232

§ 232 bildet im Kern den ehemaligen § 67 Abs. 7 InvG ab, wobei eine Anpassung 2 aufgrund der Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU hinsichtlich der Vorschriften für die Bewerter bzw. das Berwertungsverfahren in §§ 216, 231 Abs. 2, 249 stattgefunden hat.1 Die weiteren Änderungen sind ausschließlich redaktioneller Art.2 Die Aufspaltung des alten § 67 InvG und insbesondere die Neufassung des Abs. 9 in einem eigenen Paragraphen ist sehr zu begrüßen. Fraglich ist, ob es sich bei § 232 nunmehr systematisch um eine Erwerbsvorschrift handelt oder um eine Regelung zur Belastung, wobei letzteres insbesondere zur Vorgängervorschrift des § 67 Abs. 7 InvG vertreten worden ist.3 Die Unterscheidung ist insofern bedeutsam, als dass man aus der Einordnung als Belastungsregelung durchaus folgern kann, dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 260 Abs. 3 (vormals § 83 Abs. 3 InvG) zu berücksichtigen sind.4 Auch wenn § 67 Abs. 7 InvG und § 232 (KAGB) inhaltlich eher wie eine Belastungsvorschrift schienen und scheinen, spricht mehr dafür, sie als Erwerbsvorschrift einzuordnen. § 232 ist lex specialis zu § 260 Abs. 3 und regelt somit abschließend sämtliche Voraussetzung zur Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten eines Dritten.5 Die weiteren Regelungen des § 260 Abs. 3 wären andernfalls für einen Anlegerschutz entweder überflüssig – bspw. weil sich ein Zustimmungserfordernis der Verwahrstelle bereits aus § 84 Abs. 1 Nr. 4 KAGB ergibt und eine Prüfung der Marktüblichkeit, wie § 260 Abs. 3 Nr. 2 sie statuiert, auch aus der Prüfung der Angemessenheit des Erbbauzinses durch die externen Bewerter gemäß der §§ 231 Abs. 2, 232 Abs. 2 folgt –, oder würden Widersprüche produzieren, so wie die in §§ 260 Abs. 3 Nr. 3 und 232 Abs. 4 genannten, unterschiedlichen Belastungsgrenzen.6 Schließlich dürfte die sich aus § 260 Abs. 3 Nr. 1 ergebende Verpflichtung zur Prüfung der Vereinbarkeit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung schon durch die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfasst sein, da die Bestellung eines Erbbaurechts

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1 Vgl. hierzu auch HK-Investmentrecht/Döser § 232 Rn. 1; Weitnauer/Boxberger/Anders/KautenburgerBehr § 232 Rn. 1; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen § 232 Rn. 2. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 267; vgl. auch Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen § 232 Rn. 2. 3 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn.139. 4 So Emde/Dornseifer//Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 139, 152 bzw. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 Rn. 21, jeweils mit weiteren Nachweisen. 5 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 6; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen § 232 Rn. 4. 6 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 6; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 4.

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§ 232

Erbbaurechtsbestellung

auf einem Grundstück eine starke Belastung darstellte und nur Sinn machte, wenn dies tatsächlich der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Grundstücks diente, bspw. weil dadurch eine solche erst ermöglicht würde.7 Bei § 232 handelt es sich somit um eine Erwerbsvorschrift. B. Belastung mit einem Erbbaurecht (Abs. 1) B. Belastung mit einem Erbbaurecht (Abs. 1) Ein Erbbaurecht darf auf einem zum Immobilien-Sondervermögen gehörenden Grundstück nur dann bestellt werden, wenn die Anlagebedingungen die Belastung mit einem Erbbaurecht vorsehen und näher regeln. Das Institut des Erbbaurechts existiert seit dem 22. Januar 1919.8 Es gewährt dem 4 jeweiligen Berechtigten ein veräußerliches und vererbliches Recht, auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben.9 Das Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht und erhält ein eigenes Grundbuchblatt. Grundsätzlich sind, bis auf wenige Ausnahmen, die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das Erbbaurecht entsprechend anzuwenden.10 Gemäß § 11 Abs. 1 ErbbauRG finden die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des BGB, mit Ausnahme der Vorschriften §§ 925, 927, 928 BGB, sowie die Vorschriften aus dem Eigentum entsprechende Anwendung, sofern sich aus dem ErbbauRG nichts anderes ergibt.11 Zur Bestellung des Erbbaurechts bedarf es der Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten, die in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden muss (§ 20 GBO), sowie der Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs des belasteten Grundstücks.12 § 14 Abs. 1 ErbbauRG entsprechend wird das Erbbaurecht in ein besonderes Grundbuchblatt, das sogenannte Erbbaugrundbuch, eingetragen. Das Bauwerk, das im Rahmen der Bestellung des Erbbaurechts errichtet wurde oder vor der Bestellung bereits vorhanden war, stellt einen wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts und nicht des Grundstücks dar (§ 12 ErbbauRG). Auf den Erwerb eines Grundstücks, das bereits mit einem Erbbaurecht belastet ist, findet § 232 analog Anwendung.13 Das Erbbaurecht ist als solches auch mit Grundpfandrechten belastbar.14 Da das 5 Grundstück einerseits, das Bauwerk und sonstige wesentliche Bestandteile des Erbbaurechts andererseits zwei getrennte Haftungsmassen darstellen, ist Belastungsgegenstand im Fall der Grundschuldbestellung nur das Erbbaurecht, wenn (Darlehens-)Verbindlichkeiten des Erbbauberechtigten besichert werden sollen.15 Ebenfalls möglich ist die Bestellung sogenannter Gesamterbbaurechte. Solche entstehen, wenn ein Grundstück nach der Erbbaurechtsbestellung geteilt wird, durch Vereinigung mehrerer Erbbaurechte (§ 890 Abs. 1 BGB), durch Bestellung eines Erbbau3

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7 So auch Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB § 232 Rn. 4. 8 Winkler NJW 1992 2514. 9 § 1 Abs. 1 ErbbauRG; Winkler NJW 1992 2514. 10 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 161. 11 Vgl. auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 14. 12 Bärmann/Pick § 30 WEG Rn. 18; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 140. 13 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 11; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 153. 14 Von Oefele/Winkler Rn. 5.116. 15 Schimansky/Bunte/Lwowski/Epp Bankrechtshandbuch, § 94 Rn. 32.

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C. Angemessenheit des Erbbauzinses (Abs. 2)

§ 232

rechts an mindestens zwei Grundstücken von Beginn an oder durch Erstreckung eines schon bestehenden Erbbaurechts auf mindestens ein weiteres Grundstück.16 Der Inhalt des bestellten Erbbaurechts muss, unabhängig von der Frage, ob § 260 Abs. 3 analog Anwendung finden kann, allgemeinen investmentrechtlichen Anforderungen und Sorgfaltspflichten genügen, also insbesondere mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar sein und an der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gemessen werden.17 Das kann auch bedeuten, dass eine Belastung, die nachteilig für das Grundstück, nicht aber für das Immobilien-Sondervermögen, vorgenommen werden darf. Denkbar wäre dies in Fällen, in denen ein Grundstück erst durch seine Belastung weiteren, wirtschaftlich sinnvollen Nutzungen zugeführt werden kann.18 Auch wenn es kaum gesetzliche Vorgaben gibt, sind in jedem Fall die in den Anlagebedingungen gemachten Vorgaben einzuhalten.19 Die Einhaltung investmentrechtlicher Anforderungen ist insofern sichergestellt, als die Anlagebedingungen eines jeden Immobilien-Sondervermögens von der BaFin geprüft sind. C. Angemessenheit des Erbbauzinses (Abs. 2) C. Angemessenheit des Erbbauzinses (Abs. 2) Gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 4 ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft berechtigt, für 6 ein Immobilien-Sondervermögen Erbbaurechte zu erwerben. Die Gegenleistung für den Erwerb und die Nutzung des Erbbaurechts stellt in erster Linie der aus dem ImmobilienSondervermögen zu zahlende Erbbauzins dar. Soll ein Erbbaurecht an einem bereits zum Immobiliensondervermögen gehörenden Grundstück bestellt werden, ist gemäß § 232 Abs. 2 die Angemessenheit des zu vereinbarenden Erbbauzinses vor der Bestellung des Erbbaurechts gemäß § 232 Abs. 2 zu prüfen. Da es sich bei dem Erbbauzins um die Gegenleistung für die Nutzung des Erbbaurechts handelt, soll durch frühzeitige Überprüfung der Angemessenheit ein etwaiger Erbbaurechtsvertrag vor der grundbuchrechtlichen Bestellung angepasst werden können. Wegen der nunmehr erfolgten Umsetzung des Artikel 19 AIFM-Richtlinie ist die Be- 7 wertung und die Bestimmung der Angemessenheit des Erbbauzinses im Rahmen des § 232 Abs. 2, Abs. 3 gemäß § 216 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 bis 5 von einem oder mehreren externen Bewertern vorzunehmen. Im Rahmen ihrer Angemessenheitsprüfung haben sich die Bewerter am jeweils marktgerechten Zins zu orientieren.20 Bei der Bestimmung des marktgerechten Zinses spielen – neben allgemeinen grundstücksspezifischen Gegebenheiten (Lage, Zustand des Bodens etc.) – die Bebaubarkeit und die Laufzeit des Erbbaurechts eine maßgebliche Rolle.21 In der Praxis ist es gerade bei wertvollen Grundstücken in besonderen Lagen üblich, dass für die Bestellung oder Übertragung eines Erbbaurechts neben oder anstelle des Erbbauzinses eine Einmalzahlung im Sinne eines Kaufpreises an den Grundstückseigentümer gezahlt wird. Auf eine solche Einmalzahlung geht § 232 nicht ausdrücklich ein, da hiernach nur der Erbbauzins, also die „wiederkehrenden Leistungen“ (§ 9 Erbbaurechts-

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16 Schöner/Stöber Rn. 1695. 17 Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 7. 18 Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 7; vgl. auch Weitnauer/Boxberger/Anders/ Kautenburger-Behr § 232 Rn. 13. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 145. 20 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 131; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 27 KAGG Rn. 27; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 36; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 9. 21 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 42.

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§ 232

Erbbaurechtsbestellung

gesetz), in die Angemessenheitsprüfung einfließen sollen. Im Rahmen einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung wird ein von den Parteien vereinbarter Kaufpreis aber bei der Angemessenheitsprüfung kaum außer Betracht bleiben können.22 Wichtig ist bei der Berücksichtigung der Einmalzahlung allerdings, dass nicht nur deren Höhe, sondern auch die fehlende Möglichkeit einer Indexierung der Einmalzahlung berücksichtigt wird, was sich insbesondere bei langen Laufzeiten nachteilig für das Sondervermögen auswirken kann.23 Eine spätere Änderung des Erbbauzinses erfordert eine erneute Überprüfung des 8 Erbbauzinses, dessen Höhe dann ebenfalls nicht von dem zuvor festgestellten marktgerechten Zins wesentlich abweichen darf. Keiner erneuten Angemessenheitsprüfung unterliegen demgegenüber Anpassungen des Erbbauzinses, die bereits im Erbbaurechtsvertrag vorgesehen wurden und auf Anpassungsklauseln beruhen. Hierzu gehört etwa die Kopplung des Erbbauzinses an den Verbraucherpreisindex. D. Bewertung nach Bestellung (Abs. 3) 9

Der Wert des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist innerhalb von zwei Monaten nach Bestellung des Erbbaurechts entsprechend den Vorgaben des § 231 Abs. 2 neu festzustellen. Diese Regelung ist direkte Folge von § 248 Abs. 2 Satz 2, wonach der Wert eines Grundstücks infolge einer Änderung wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht erst mit Ablauf von 12 Monaten erneut zu bestimmen ist. Die Bestellung eines Erbbaurechts stellt eine solche Änderung wesentlicher Bewertungsfaktoren dar, weshalb eine Neubestimmung unumgänglich ist.24 Für den Beginn dieser zweimonatigen Frist bestimmt § 231 Abs. 2 die Bestellung des Erbbaurechts. Welcher Zeitpunkt mit „Bestellung“ gemeint ist, ist umstritten. Vertreten wird, dass dieser Zeitpunkt und damit der Fristbeginn bereits der Abschluss des Erbbaurechtsvertrages sei,25 die Eintragung des Erbbaurechts in das Grundbuch26 und schließlich erst der Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Lasten und Nutzen.27 Vorzugswürdig erscheint grundsätzlich die zweite Ansicht, da diese dem Wortlaut der Norm entspricht. Bestellt wird ein Erbbaurecht durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch des zu belastenden Grundstücks. Der dritten Ansicht ist allerdings zuzugeben, dass sich die konkreten Auswirkungen einer Erbbaurechtsbestellung wohl erst bei Lasten- und Nutzenübergang vollends offenbaren und sich auf die Wertermittlung auswirken. Sollte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Übergang von Nutzen und Lasten zu einem früheren Zeitpunkt als die Eintragung in das Grundbuch erfolgt sein, so ist für den Fristbeginn daher jedenfalls dieser frühere Zeitpunkt entscheidend.28 E. Bestellungsverbot (Abs. 4) E. Bestellungsverbot (Abs. 4)

10

Nach § 232 Abs. 4 darf ein Erbbaurecht dann nicht bestellt werden, wenn der Wert des Grundstücks, an dem das Erbbaurecht bestellt werden soll, zusammen mit dem Wert der Grundstücke, an denen bereits Erbbaurechte bestellt worden sind, 10 Prozent des

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22 So auch Moritz/Klebek/Jesch/Brockhaus KAGB, § 232 Rn. 9. 23 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 42. 24 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 42. 25 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 27 KAGG Rn. 31. 26 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 43. 27 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 17; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 10; Emde/Dornseifer/Drebus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 150. 28 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 43.

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F. Verlängerung eines Erbbaurechts (Abs. 5)

§ 232

Wertes des Immobilien-Sondervermögens übersteigt. Damit sieht das Gesetz eine prozentual bestimmbare Wert-Obergrenze vor, die an die (verbleibenden) Werte derjenigen Grundstücke anknüpft, an denen ein Erbbaurecht bestellt wurde bzw. bestellt werden soll. Die Einhaltung der Obergrenze ist stets vor der Bestellung eines Erbbaurechts zu überprüfen. Für die Ermittlung dieser Obergrenze sind zwei Werte maßgeblich. Zum einen der Wert desjenigen Grundstücks, das im Zeitpunkt der tatsächlichen Bestellung des Erbbaurechts belastet werden soll, wobei es auf den Wert ohne Berücksichtigung des Erbbaurechts ankommt und somit auch nicht der Wert entscheidend ist, der aufgrund der nachträglichen Bewertung gemäß Abs. 3 zu erwarten ist. Zum anderen ist der Wert der Grundstücke maßgeblich, an denen bereits in einem früheren Stadium Erbbaurechte bestellt worden sind.29 Da es sich bei der dann daraus zu ermittelnden Obergrenze nicht um eine Bestandsgrenze handelt, die Obergrenze also nicht fortlaufend, sondern nur bei Bestellung beachtet werden muss, ist es nach der Bestellung des Erbbaurechts unschädlich, wenn sich durch nachträgliche Änderung einer der maßgeblichen Werte eine Überschreitung der Obergrenze ergibt. Das Erbbaurecht wird dadurch im Nachhinein nicht unzulässig.30 Bei der Berechnung des Wertes sind über den Verweis auf § 231 Abs. 4 zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie oder Immobilien-Gesellschaften aufgenommene Darlehen nicht abzuziehen sondern voll in Anschlag zu bringen.31 F. Verlängerung eines Erbbaurechts (Abs. 5) F. Verlängerung eines Erbbaurechts (Abs. 5) Die Verlängerung eines Erbbaurechts gilt gemäß Abs. 5 als Neubestellung. Diese Re- 11 gelung hat zur Folge, dass die Verlängerung eines Erbbaurechts auf einem zum Immobilien-Sondervermögen gehörenden Grundstück nur unter den Voraussetzungen zulässig ist, die auch bei einer Neubestellung greifen.32 Eine Verlängerung im Sinne dieser Vorschrift ist wiederum lediglich dann anzunehmen, wenn der Grundstückseigentümer diese durch eigene Entscheidung vornehmen oder verhindern kann.33 Im Wesentlichen werden also die Fälle einvernehmlicher Verlängerungsvereinbarungen zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten sowie die der einseitigen Entscheidung durch den Grundstückseigentümer aufgrund bestehender vertraglicher oder gesetzlicher Rechte erfasst.34 Von § 232 Abs. 5 werden hingegen solche Verlängerungen nicht erfasst, die auf der Ausübung einseitiger Rechte auf Seiten des Erbbauberechtigten ohne Widerspruchsmöglichkeit durch den Grundstückseigentümer, also die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, basieren.35 Diese Differenzierung wird durchaus kritisch gesehen. So wird argumentiert, dass sich eine solche Differenzierung aus dem Wortlaut der Norm des § 232 Abs. 5 nicht ergebe. Ferner lasse sich dies auch nicht dem Sinn und Zweck der Norm entnehmen, die einzig dem Zweck des Anlegerschutzes und der Angemessenheit des Erbbauzinses diene und zwar durch die in § 232 Abs. 2 und Abs. 3 vorgeschriebenen

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29 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 Rn. 44; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 19; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 12. 30 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 43. 31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 151. 32 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 20; Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 13. 33 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 155. 34 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 45; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 155. 35 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 45; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 155.

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§ 233

Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko

Bewertungen.36 Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die in § 232 Abs. 5 in Bezug genommenen Absätze 2 bis 4 des § 232 auf die Bestellung des Erbbaurechts beziehen. Auf die Bestellung kann und muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Einfluss nehmen. Im Falle einer einseitigen Verlängerungsmöglichkeit des Erbbaurechts durch den Erbbauberechtigten ließen sich jedoch für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht alle Vorgaben einer Neubestellung, wie z.B. die Wahrung der Maximalgrenze aus § 232 Abs. 4, gewährleisten, obwohl dies aus dem Gleichlauf von Neubestellung und Verlängerung geboten wäre.37 Im Übrigen bliebe auch das praktische Problem, dass sich die AIFKapitalgesellschaft vertragsbrüchig verhielte, wenn sie aufgrund der Regelungen des § 232 dazu veranlasst wäre, eine zuvor vertraglich vereinbarte und ausgeübte einseitige Verlängerungsoption des Erbbauberechtigten zu verweigern bzw. nicht umzusetzen. G. Entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift 12

Obwohl § 232 ausdrücklich nur die Belastung eines zum Sondervermögen gehörenden Grundstücks mit einem Erbbaurecht regelt, sprechen sowohl die gleichgelagerte Interessenlage, als auch die Ähnlichkeit des Schutzzwecks für eine entsprechende Anwendbarkeit auf den Erwerb bereits mit einem Erbbaurecht belasteter Grundstücke.38 Es erscheint nicht sinnvoll, an den Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks geringere Anforderungen zu stellen, als an eine Neubestellung. Eine entsprechende Anwendung ist daher geboten.39 H. Rechtsfolgen eines Verstoßes

13

Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 232 führt nicht zur der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, wie sich aus § 242 ergibt. Allerdings kann die BaFin auf Basis des § 5 Abs. 6 aufsichtsrechtliche Maßnahmen vornehmen. Zudem muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei einer Verletzung der Anlagegrenzen zuvorderst darauf hinwirken, dass diese umgehend wieder eingehalten werden, falls dies nicht den Anlegerinteressen widerspricht.40

§ 233 Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko § 233 Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko Winter/Siedler https://doi.org/10.1515/9783110492217-020

(1) Vermögensgegenstände, die sich in Staaten befinden, die keine Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, dürfen für ein Immobilien-Sondervermögen nur dann erworben werden, wenn 1. die Anlagebedingungen dies vorsehen; 2. eine angemessene regionale Streuung der Vermögensgegenstände gewährleistet ist;

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36 Vgl. dazu mit weiteren Ausführungen Weitner/Boxberger/Anders/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 18. 37 So auch Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 15. 38 Moritz/Klebek/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 16; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 153; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 27 KAGG Rn. 31. 39 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 41. 40 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 232 Rn. 25; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 232 Rn. 17 mit weiteren Nachweisen.

Winter/Siedler https://doi.org/10.1515/9783110492217-020

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A. Allgemeines

§ 233

3.

diese Staaten und der jeweilige Anteil des Sondervermögens, der in diesen Staaten höchstens angelegt werden darf, in den Anlagebedingungen angegeben sind; 4. in diesen Staaten die freie Übertragbarkeit der Vermögensgegenstände gewährleistet und der Kapitalverkehr nicht beschränkt ist; 5. die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Verwahrstelle gewährleistet ist. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass die für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens gehaltenen Vermögensgegenstände nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt. Siedler

Schrifttum Hübner Immobilienanlagen unter dem KAGB – Alte Fragen – neue Fragen – neue Antworten, WM 2014 106; Schultz-Süchting/Thomas Investmentrecht in internationalen Immobilientransaktionen – Transaktionsrelevante Themen des Investmentgesetzes bei ausländischen Immobilienakquisitionen, WM 2008 2285.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Kommentierung I. Erwerbsvoraussetzungen für Vermögensgegenstände außerhalb EWR (Abs. 1) | 3 1. Vermögensgegenstände außerhalb EWR | 4 2. Anlagebedingungen (Nr. 1) und Angabe des maximalen Anteils (Nr. 3) | 6

3.

II.

Angemessene regionale Streuung (Nr. 2) | 11 4. Freie Übertragbarkeit/Keine Kapitalverkehrsbeschränkung (Nr. 4) | 15 a) Freie Übertragbarkeit | 16 b) Keine Kapitalverkehrsbeschränkung | 18 5. Verwahrstelle (Nr. 5) | 19 Währungsrisiko (Abs. 2) | 20

A. Allgemeines A. Allgemeines § 233 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgeho- 1 benen § 67 Abs. 3 und 4 InvG.1 Im Folgenden wird daher auf die Literatur zu § 67 InvG verwiesen, als ob diese sich auf § 233 bezöge. Es wird also insbesondere durchgehend die KAGB-Terminologie verwendet, auch wenn die angegebenen Fundstellen noch auf der InvG-Terminologie basieren. § 233 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen eine AIF-Kapitalverwaltungsge- 2 sellschaft für Rechnung von Immobilien-Sondervermögen in Ländern außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes investieren darf. Deutsche offene Immobilienfonds investieren nach Aufhebung der Anlagebeschränkungen für Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zunehmend auch im außereuropäischen Ausland.2

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BTDrucks. 17/12294 S. 267. Baur: BVI Jahrbuch Investment 2004, S. 58 (2005).

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Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko

B. Kommentierung B. Kommentierung I. Erwerbsvoraussetzungen für Vermögensgegenstände außerhalb EWR (Abs. 1) 3

§ 233 Abs. 1 enthält Vorgaben für den Erwerb von Vermögensgegenständen durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes.

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1. Vermögensgegenstände außerhalb EWR. Zu den Staaten, die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, zählen: die ursprünglichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Großbritannien, Dänemark, Irland, Griechenland, Spanien, Portugal sowie die EFTA Staaten Österreich, Finnland, Island, Norwegen, Schweden und Liechtenstein (nicht aber die Schweiz, die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht ratifiziert hat), und die späteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union Tschechien, Estland, Republik Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien und Rumänien. Kroatien ist inzwischen der Europäischen Union beigetreten, ohne dass jedoch gleichzeitig das EWR-Abkommen auf Kroatien erweitert wurde. Kroatien gehört daher nicht zu den Vertragsstaaten des EWR. Alle Vermögensgegenstände, die sich außerhalb der zuvor genannten Staaten (ohne 5 Kroatien) befinden, werden von § 233 Abs. 1 erfasst. § 233 regelt in seinem Absatz 2 auch den Umgang mit dem Währungsrisiko, das mit Vermögensgegenständen außerhalb dieser Staaten zwingend einhergeht. Dabei stellt sich die Frage, ob § 233 Abs. 2, wie Abs. 1 auf Vermögensgegenstände außerhalb von EWR-Staaten beschränkt ist. Nicht alle EWRStaaten gehören jedoch zu der Euro-Zone (wie zum Beispiel Großbritannien und Dänemark). Auch in diesen EWR-Staaten besteht daher bei einem Immobilien-Sondervermögen mit Nennwährung Euro ein Währungsrisiko. § 233 Abs. 2 enthält dementsprechend keine ausdrückliche Einschränkung auf Vermögensgegenstände außerhalb des EWRGebietes und ist vor dem Hintergrund der bestehenden, unterschiedlichen Währungen im EWR-Gebiet auch nicht entsprechend einschränkend auszulegen.

2. Anlagebedingungen (Nr. 1) und Angabe des maximalen Anteils (Nr. 3). Nach § 233 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Vermögensgegenstände in Drittstaaten nur erworben werden, wenn die Anlagebedingungen dies vorsehen. Für die Zwecke des § 233 Abs. 1 Nr. 1 ist nach h.M. die folgende Formulierung ausreichend: 7 „Die Gesellschaft darf Immobilien […] außerhalb eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erwerben […].“3 Allerdings ist nach § 233 Abs. 1 Nr. 3 der Anteil am Sondervermögen anzugeben, der 8 in den betreffenden Staaten maximal investiert werden soll. Danach müssen die Staaten, in denen sich die Vermögensgegenstände außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes befinden (dürfen), konkret benannt werden. Typischerweise wird den Besonderen Vertragsbedingungen daher ein Anhang hinzugefügt, der eine Liste der zulässigen Staaten und der jeweiligen Höchstwerte enthält.4 Diese Angabe wird üblicherweise in Pro6

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3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 89; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 17. 4 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 86; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 19.

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zent bezogen auf den Nettoinventarwert des Sondervermögens erfolgen, wobei für die Berechnung des Wertes nach § 231 Abs. 4 Darlehen nicht in Abzug zu bringen sind.5 Die Summe der Höchstwerte der einzelnen Staaten ist dabei nicht auf 100 Prozent des Wertes des gesamten Sondervermögens beschränkt, sondern kann dieses deutlich übersteigen.6 Dies gilt beispielsweise für den offensichtlichen Fall, dass für alle genannten Staaten eine Höchstgrenze von 100 Prozent angegeben wird. Während des Aufbaus eines neu aufgelegten Sondervermögens kommt es typischer- 9 weise zu noch zu Überschreitungen der genannten Höchstwerte. Für das Problem dieser Anlaufphase gelten die unten in Rn. 14 gemachten Ausführungen zu der parallelen Fragestellung bei der Erreichung einer angemessenen regionalen Streuung entsprechend.7 Sollen die Vertragsbedingungen nachträglich um die Zulässigkeit von Immobilien 10 außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes ergänzt werden, so gelten die allgemeinen Vorschriften:8 Eine Änderung der Anlagebedingungen bedarf nach § 163 der Genehmigung der BaFin. Sind die Änderungen mit den ursprünglichen Anlagegrundsätzen nicht vereinbar, so muss den Anlegern ein Umtauschrecht angeboten werden, § 168 Abs. 3 S. 4. Dies dürfte bei der Erweiterung des Investitionsraumes auf Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums regelmäßig der Fall sein. 3. Angemessene regionale Streuung (Nr. 2). Nach § 233 Abs. 1 Nr. 2 muss eine an- 11 gemessene regionale Streuung der Vermögensgegenstände gewährleistet sein. Diese Anforderung dient der Risikodiversifikation in geographischer Hinsicht und ist vor diesem Hintergrund auszulegen. Nach h.M. ist der Begriff der regionalen Streuung danach gegeben, wenn Immobilien in Märkten erworben werden, deren Entwicklung nicht miteinander in unmittelbarem Zusammenhang steht.9 Einigkeit besteht insbesondere darin, dass nicht nur auf verschiedene Länder verteilte Immobilien als „gestreut“ angesehen werden können, sondern auch eine Verteilung auf verschiedene Regionen innerhalb eines Landes ausreichen kann.10 Dies könne aber auch der Fall sein, wenn Grundstücke in verschiedenen Teilen derselben Stadt gekauft werden, die sich unterschiedlich entwickeln. Als zahlenmäßige Orientierung soll eine angemessene Streuung abzulehnen sein, 12 wenn mehr als 50 Prozent der Immobilien außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums innerhalb eines zusammenhängenden Marktes liegen.11 Dies würde dazu führen, dass lediglich ein Minimum von zwei Grundstücken außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes gefordert würde. Das KAGB sieht im Publikumsbereich jedoch regelmäßig ein Minimum von drei Objekten zur Risikodiversifikation vor (s. § 262 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 für geschlossene inländische Publikums-AIF oder auch § 1 Abs. 1(b) Nr. 4 InvStG, der sogar „mehr als drei“ verlangt).12 Dem sollte auch im Zusammenhang von § 233 Abs. 1

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5 Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 C.I. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 90. 7 So auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 19. 8 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 91; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 17 unter Hinweis auf die frühere Auffassung der BaFin, dass eine derartige Erweiterung nicht genehmigungsfähig sei. 9 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 27; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 93; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 18. 10 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 18. 11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 18. 12 Allgemein zu der Frage des investmentrechtlichen Grundsatzes der Risikomischung: Hübner WM 2014 106 (109 f.).

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Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko

Nr. 2 zu folgen sein. Dies gilt unabhängig von der Frage der allgemeinen Sinnhaftigkeit des (rein quantitativen) Streuungs-Erfordernisses.13 Die Frage der angemessenen regionalen Streuung und insbesondere der Verschie13 denheit der gewählten Märkte der einzelnen Immobilien hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Einzelfall zu entscheiden. Ihr steht dabei ein wirtschaftlicher Beurteilungsspielraum zu, den sie im Interesse der Anleger mit der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt auszuüben hat, § 26 Abs. 1.14 In der Anlaufphase eines neuen Immobilien-Sondervermögens ist bei dem Erwerb 14 der ersten Objekte nicht sogleich eine angemessene Streuung zu erreichen. Die erste Immobilie außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes wird nahezu zwangsläufig zu einer Konzentration von 100 Prozent innerhalb eines Marktes führen. Aus diesem Grunde hat eine Literaturansicht für diese Fälle § 74 S. 1 InvG (die Vorgängernorm zu § 244) analog angewandt und es für zulässig gehalten, wenn die geforderte angemessene regionale Streuung innerhalb von vier Jahren nach Bildung des neuen Sondervermögens erreicht wurde.15 Nach anderer Auffassung fehlte es an einer Regelungslücke, da in solchen Fällen die BaFin nach § 74 S. 2 InvG eine Ausnahmegenehmigung erteilen konnte. Allerdings will diese Ansicht über das Erfordernis der „Angemessenheit“ der regionalen Streuung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen zeitlichen Beurteilungsspielraum zubilligen, nach dem in einer – von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden – Anlaufphase auch eine geringe geographische Diversifikation „angemessen“ sein kann.16 § 244 dehnt die die vierjährige Anlaufphase nunmehr auf alle Anlagegrenzen in den §§ 231 bis 238 und 253 Abs. 1 S. 1 aus. Die Möglichkeit der Aufsicht, für sonstige Abweichungen eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, ist dementsprechend entfallen. Fraglich kann allenfalls sein, ob die Änderung im Gesetzeswortlauf von „Anlagebegrenzungen“ in § 74 InvG zu „Anlagegrenzen“ in § 244 eine inhaltliche Einschränkung nach sich ziehen soll und ob die Anforderung an eine angemessene, regionale Streuung eine solche „Anlagegrenze“ darstellt. Im Ergebnis kann über den Begriff „angemessen“ durchaus auch eine zeitliche Komponente neben allen anderen Umständen des Einzelfalls berücksichtigt werden. Der besondere Umstand liegt in diesen Fällen gerade darin, dass das Immobilienportfolio erst aufgebaut werden muss und nur in seltenen glücklichen Konstellationen auf Anhieb diversifiziert erworben werden kann. Allerdings muss die gesetzgeberische Wertung des § 244 jedenfalls insofern Berücksichtigung finden, dass die dort genannten vier Jahre als absolute Obergrenze auch für die Anlaufphase hinsichtlich der geographischen Diversifikation gelten. 15

4. Freie Übertragbarkeit/Keine Kapitalverkehrsbeschränkung (Nr. 4). Nach § 233 Abs. 1 Nr. 4 muss in den betreffenden Staaten die freie Übertragbarkeit der Vermögensgegenstände gewährleistet und darf der Kapitalverkehr nicht beschränkt sein. Ein Immobilien-Sondervermögen ist darauf angewiesen, seine Investitionsgegenstände jederzeit veräußern zu können und die entsprechenden Erlöse nach Deutschland zurück zu holen, sei es, weil sich die Risikoeinschätzungen geändert haben oder aufgrund von

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13 Siehe hierzu näher Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechtshandbuch, § 113 InvG Rn. 128 und 128a; Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2288); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 18. 14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 93; Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2288). 15 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 18; s. auch Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2288). 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 94.

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B. Kommentierung

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Rückgaben Liquidität benötigt wird.17 § 233 Abs. 1 Nr. 4 dient damit dem Anlegerinteresse. a) Freie Übertragbarkeit. Die betreffenden Jurisdiktionen sämtlicher Vermögens- 16 gegenstände außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes müssen demnach eine jederzeitige und grundsätzlich uneingeschränkte Veräußerung dieser Gegenstände zulassen.18 Nach einer Ansicht kann dies an Bedingungen wie behördliche Genehmigungen und Auflagen geknüpft sein, solange diese nicht in freiem Ermessen verweigert werden können, sondern bei Erfüllung der gesetzten Voraussetzungen ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf ihre Erteilung besteht.19 Weitergehend wird auch vertreten, dass es im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft steht, zu beurteilen, ob die wirtschaftlichen Vorteile eines Investments eine eingeschränkte Veräußerbarkeit aufwiegen.20 Auch in Deutschland gibt es diverse Einschränkungen bei der Übertragung von Immobilien, zum Beispiel durch Genehmigungserfordernisse bei der Veräußerung von Immobilien in Sanierungs- oder städtebaulichen Entwicklungsgebieten, §§ 144 Abs. 2 Nr. 1 und 169 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Die Anforderungen an die freie Übertragbarkeit können im außereuropäischen Raum nicht höher angesetzt werden, als sie im Inland gelten.21 Zuzustimmen ist ferner der Ansicht, dass eine „freie Übertragbarkeit“ nur durch öf- 17 fentlich-rechtliche Beschränkungen entfallen kann, es jedoch auf privat-rechtliche Einschränkungen nicht ankommen kann.22 b) Keine Kapitalverkehrsbeschränkungen. Der Kapitalverkehr ist nicht beschränkt, 18 wenn die dem Immobilien-Sondervermögen zuzuordnenden Gelder nach Deutschland transferiert werden können.23 Dies betrifft neben etwaigen Verkaufserlösen auch sonstige Einnahmen aus der Immobilie, wie insbesondere Mieteinnahmen. Auch hier gilt, dass die erforderlichen grenzüberschreitenden Zahlungen von Meldepflichten, Besteuerung und behördlichen Genehmigungen abhängig sein dürfen, solange bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf den Kapitalverkehr gegeben ist (s.o. Rn. 16).24 5. Verwahrstelle (Nr. 5). Nach § 233 Abs. 1 Nr. 5 muss die Wahrnehmung der Rechte 19 und Pflichten der Verwahrstelle gewährleistet sein. Zu ihren Rechten zählen insbesondere die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung zu ihren Gunsten im Grundbuch oder einem vergleichbaren Register (oder eine anderweitige Sicherstellung der Wirksamkeit der Verfügungsbeschränkung), § 83 Abs. 4 (s. § 83 Rn. 45 ff.), Geltendmachung der Ansprüche der Anleger bei einem Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung, § 89 Abs. 1 S. 1 Nr. 2,

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17 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 95. 18 BTDrucks. 14/8017 S. 105; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 96. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 96; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 28; weiter Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 20. 20 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2288 f.). 21 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 96; Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2288 f.). 22 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 20; anders jedoch Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 96. 23 BTDrucks. 14/8017 S. 105; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 Rn. 97; Schultz-Süchting/ Thomas WM 2008 2285 (2289); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 20. 24 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 97; Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2289); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 20.

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Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko

und Abwehr von Vollstreckungen in Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens wegen Ansprüchen, für die das Immobilien-Sondervermögen nicht haftet, § 89 Abs. 1 S. 1 Nr. 3. Allerdings soll es ausreichen, wenn die Eintragung der Verfügungsbeschränkung beziehungsweise eine andersartige Sicherstellung der Verfügungsbefugnis25 gegeben ist, auf die prozessuale Möglichkeit der Durchsetzung ihrer Rechte soll es jedoch nicht ankommen.26 Im Ausland ist ein unmittelbar vergleichbares Instrument zu der Eintragung einer Verfügungsbeschränkung häufig nicht gegeben. In diesen Fällen ist eine Absicherung zu wählen, die in ihrer Wirkung der deutschen Verfügungsbeschränkung möglichst nahe kommt, § 83 Abs. 4 S. 2.27 Genannt werden u.a. Übergabe von Originaldokumenten an die Verwahrstelle, die für eine Veräußerung erforderlich sind, Gewährung einer Sicherheit in geringstmöglichem Umfang an der Immobilie, sofern dies faktisch zu einer Veräußerungsbeschränkung führt, Eintragung eines einer Auflassungsvormerkung vergleichbaren Vor-Rechts („caveat“) zugunsten der Verwahrstelle, Treuhandlösungen und (praktisch häufig) Erklärung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an die Verwahrstelle nicht ohne ihre Zustimmung zu verfügen.28 Letzteres stellt allerdings keine eigenständige „Gewährleistung“ dar, sondern wiederholt lediglich ohnehin geltendes Recht.29 Kann die Wirksamkeit der geforderten Verfügungsbeschränkung nicht sichergestellt werden, so hat der Erwerb der betreffenden Immobilie zu unterbleiben. II. Währungsrisiko (Abs. 2) 20

Nach § 233 Abs. 2 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass die für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens gehaltenen Vermögensgegenstände nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt. § 233 Abs. 2 übernimmt den bisherigen § 67 Abs. 4 InvG und ist, anders als § 233 Abs. 1, nicht auf Vermögensgegenstände außerhalb des EWR-Gebietes beschränkt (s.o. Rn. 5). § 233 Abs. 2 erfasst sämtliche Vermögensgegenstände, die für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens zulässigerweise erworben oder gehalten werden dürfen. Zu diesen zählen Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften, §§ 234, 235, und Liquiditätsanlagen nach § 253 sowie Vermögensgegenstände, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens erforderlich sind, § 235 Abs. 1 Nr. 2. Auch ein etwaiger Forderungsbestand gehört zum Vermögen einer Immobilien-Gesellschaft.30 Sämtliche Vermögensgegenstände eines Immobilien-Sondervermögens müssen also 21 auf ein potentielles Währungsrisiko überprüft werden. Die Summe der Werte aller mit einem Währungsrisiko einhergehenden Vermögensgegenstände darf 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Ein Währungsrisiko ist immer dann

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25 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 98. 26 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2290); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 21. 27 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 31 KAGG Rn. 13; Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2290). 28 Siehe ausführlich zu verschiedenen EWR-Jurisdiktionen, den USA und Kanada in der Vorauflage Baur § 31 KAGG Rn. 10 f.; und Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 31 KAGG Rn. 19 ff.; Schultz-Süchting/ Thomas WM 2008 2285 (2290). 29 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2290). 30 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 103; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 22 mit ausführlicher Begründung, warum § 67 Abs.4 InvG nicht einschränkend auszulegen ist.

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B. Kommentierung

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gegeben, wenn der betreffende Vermögensgegenstand einer anderen Währung unterliegt als der Nennwährung des Immobilien-Sondervermögens.31 In diesem Fall schwankt der Wert eines solchen Vermögensgegenstandes mit dem betreffenden Wechselkurs und hat so unmittelbare Auswirkungen auf den Wert des Immobilien-Sondervermögens. Entsprechend dem aus der Anlageverordnung (AnlV) für Versicherungsanlagen bekannten Kongruenzprinzip stellt das Auseinanderfallen der Währung, in der aus dem Immobilien-Sondervermögen die jeweiligen Anlegeransprüche zu bedienen sind, von der Währung, in der die Einnahmen zugunsten des Sondervermögens erfolgen, ein besonderes Risiko für die Anleger dar.32 Für Immobilien ist jeweils die Währung des Landes maßgeblich, in dem diese be- 22 legen ist.33 Immobilien werden typischerweise in der jeweiligen Landeswährung geund verkauft, so dass unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt bei einem Verkauf aus dem Immobilien-Sondervermögen tendenziell mit einem in der Landeswährung ausgedrückten Kaufpreis zu rechnen ist. Weicht diese von der Nennwährung des Immobilien-Sondervermögens ab, so ist von einem bestehenden Währungsrisiko auszugehen. Unmaßgeblich ist hierbei, ob das Sondervermögen selbst den Kaufpreis der Immobilie in ihrer Nennwährung oder in der Fremdwährung vereinbart und beglichen hat.34 Für die Frage des Währungsrisikos ist auschlaggebend, in welcher Währung der Verkaufspreis bei einem Wiederverkauf der Immobilie vernünftigerweise auszugehen ist. Daher kommt es auch nicht darauf an, in welcher Währung etwa Mieteinnahmen zu zahlen sind.35 Anders hingegen ist das Währungsrisiko für den Bestand offener Mietforderungen 23 selbst zu beurteilen. Forderungen im Immobilien-Sondervermögen unterliegen als selbständiger Vermögensgegenstand nur dann einem Währungsrisiko, wenn die für sie geltende Währung von der Nennwährung des Immobilien-Sondervermögens abweicht oder aber, unabhängig von der Begleichung der Miete in der Nennwährung des ImmobilienSondervermögens, die Höhe der Mietforderungen sich nach dem Wechselkurs der Landeswährung bestimmt. Besteht die Mietforderung selbst daher in der Nennwährung des Sondervermögens ohne Wechselkursschwankungen zu berücksichtigen und ist daher von Wechselkursrisiken zu der jeweiligen Landeswährung unabhängig, so besteht für den Vermögensgegenstand „Mietforderungen“ kein Währungsrisiko.36 Gleiches gilt für Liquiditätsanlagen nach § 253: Auch hier ist entscheidend, ob sie 24 auf die Nennwährung des Immobilien-Sondervermögens lauten oder auf eine dem Wechselkursrisiko unterliegende Fremdwährung.37 Zu den Liquiditätsanlagen zählen insbesondere Bankguthaben, Geldmarktinstrumente, Investmentanteile und Wertpapiere. Bei handelbaren Vermögensgegenständen ist allerdings die Währung entscheidend, in der

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31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 104; Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D.; Patzner/Döser § 67 InvG Rn. 2; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 22. 32 Prölss/Lipkowsky Versicherungsaufsichtsrecht, nach § 54a VAG, § 4 AnlV Rn. 2; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 22. 33 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 106; Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 23. 34 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 106; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 30; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 23. 35 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 23. 36 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 107, der zu Recht darauf hinweist, dass in diesen Fällen allenfalls ein faktisches Währungsrisiko bestehen kann, wenn die Mieter aufgrund von Wechselkursschwankungen gegebenenfalls nicht mehr in der Lage sind, ihre Mietforderungen zu begleichen; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 23. 37 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 107.

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§ 233

Vermögensgegenstände in Drittstaaten; Währungsrisiko

diese gehandelt werden,38 da dies den bei einer Veräußerung maßgeblichen Kaufpreis bestimmt. Bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften ist sowohl der Sitz der Gesellschaft 25 als auch das Land oder die Länder der von dieser Gesellschaft gehaltenen Immobilien relevant.39 Aus beidem kann sich ein Währungsrisiko für das investierende ImmobilienSondervermögen ergeben. Der Verkauf von Gesellschaftsanteilen erfolgt typischerweise in der Währung des Sitzes der Gesellschaft, jedenfalls dürften sich Gewinnausschüttungen nach dieser Währung berechnen. Der Wert einer Beteiligung einer reinen ImmobilienZweckgesellschaft bemisst sich jedoch unmittelbar nach dem Wert der Immobilie. Hält eine Gesellschaft mit Sitz in einem Land, das zu der Nennwährung des ImmobilienSondervermögens gehört (also zum Beispiel dem Euro-Raum), eine Immobilie außerhalb dieser Nennwährung, so unterliegt auch eine Beteiligung an einer solchen Gesellschaft einem mittelbaren Währungsrisiko.40 Dieses Risiko kann jedoch durch Vermögensgegenstände dieser Immobilien-Gesellschaft, die keinem Wechselkursrisiko unterliegen, reduziert werden. Hierzu gehören neben Vermögensgegenständen, die auf die Nennwährung des Immobilien-Sondervermögens lauten (genannt werden zum Beispiel Bankguthaben) auch durch die Immobilien-Gesellschaft aufgenommene Kredite in der Landeswährung der gehaltenen Immobilien,41 die auch bei einem Auslands-Immobilieninvestment durch das Immobilien-Sondervermögen direkt in Abzug zu bringen wären (siehe unten Rn. 27). Ein grundsätzlich bestehendes Währungsrisiko kann bei der Berechnung der 3026 Prozent-Grenze unberücksichtigt bleiben, wenn entsprechende Absicherungsgeschäfte getätigt werden, die das Kursänderungsrisiko auf eine Drittpartei übertragen oder das Risiko auf Ebene des Immobilien-Sondervermögens eliminieren.42 Letzteres wird insbesondere dadurch erreicht, dass der Erwerb der im außereuropäi27 schen Ausland belegenen Immobilie durch ein Darlehen in der entsprechenden Fremdwährung finanziert wird. Der Wert der Immobilie unterliegt so nur noch in Höhe der Differenz von Immobilienwert und Darlehensvolumen potentiellen Kursschwankungen.43 In Höhe des ausstehenden Darlehens besteht kein Wechselkursrisiko: Im Falle des Weiterverkaufs zu einem in der betreffenden Fremdwährung ausgedrückten Kaufpreis kann die ausstehende Darlehensvaluta ohne Währungsrisiken zurückgeführt werden. Das Währungsrisiko besteht also nur in Höhe des die Darlehensvaluta übersteigenden Wertes der Immobilie. Darlehen in einer anderen Währung als der Währung des Landes, in dem die Immobilie belegen ist, sind hingegen bei der Berechnung im Rahmen des § 233 Abs. 2 nicht von dem Wert der Immobilie abzuziehen.44 In diesem Falle unterliegt der gesamte Wert der Immobilie einem Währungsrisiko.

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38 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 107; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 30; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 25; anders Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D., nach dem die Währung des Staates maßgeblich sein soll, in dem (i) bei Handel an keinem organisierten Markt: der Aussteller seinen Sitz hat bzw (ii) bei Handel an einem organisierten Markt: das Wertpapier gehandelt wird; da letzteres in unterschiedlichen Staaten der Fall sein kann, kann dieses Kriterium allerdings zu zweideutigen Ergebnissen führen. 39 A.A. Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D., nach dem ausschließlich die Belegenheit der Immobilien zählen soll. 40 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 24. 41 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 24. 42 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 109 f.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 26. 43 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 108 und 110; Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D. 44 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 67 InvG Rn. 32; a.A. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 114.

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Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften

§ 234

Absicherungsgeschäfte können auch in Form von Termingeschäften oder Swaps 28 geschlossen werden45 und das Risiko von Kursschwankungen bzgl. jeder Art von Vermögensgegenständen ausschließen oder einschränken, die zugunsten eines ImmobilienSondervermögens zulässigerweise gehalten werden können. Zu diesen zählen Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften, §§ 234, 235, und Vermögensgegenstände, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens erforderlich sind, § 235 Abs. 1 Nr. 2, Liquiditätsanlagen nach § 253 sowie ein etwaiger Forderungsbestand einer Immobilien-Gesellschaft wie insbesondere Mietforderungen. Insoweit dass ein Absicherungsgeschäft dazu führt, dass der jeweilige Vermögensgegenstand im Falle seiner Realisierung für das Immobilien-Sondervermögen wieder in dessen Nennwährung bei diesem ankommt, kann der betreffende Vermögensgegenstand bei der Betrachtung des § 233 Abs. 2 außer Betracht bleiben. Zugegebenermaßen übernimmt das Immobilien-Sondervermögen bei solchen Währungssicherungen das Kontrahentenrisiko (Risiko des Ausfalls des die Währungssicherung gewährenden Vertragspartners) statt des Währungsrisikos.46 Dies führt jedoch nur dazu, dass bei Realisierung dieses Ausfallrisikos (beziehungsweise einem mit der gebotenen Sorgfalt zu erwartendem Ausfall) der entsprechende Vermögensgegenstand wieder als ungesichert gilt und in die Berechnung nach § 233 Abs. 2 einzubeziehen ist. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es keine generelle Verpflichtung gibt, 29 Währungssicherungsgeschäfte abzuschließen.47 Im Einzelfall mag sich eine Verpflichtung aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ergeben, wenn der Nutzen für das Immobilien-Sondervermögen die Kosten der Absicherung erkennbar übersteigen (zum Beispiel bei zu erwartenden deutlichen Währungsschwankungen und sehr vertretbaren Kosten). Eine Absicherung zukünftiger Forderungen (wie insbesondere künftige Mietforderungen) ist zwar im Rahmen der Betrachtung nach § 233 Abs. 2 unerheblich (da diese keine gegenwärtigen Vermögensgegenstände darstellen), aber nichts desto trotz selbstverständlich zulässig, wenn wirtschaftlich sinnvoll.48

§ 234 Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften § 234 Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften Siedler Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften https://doi.org/10.1515/9783110492217-021 1

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung des ImmobilienSondervermögens Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nur erwerben und halten, wenn 1. die Anlagebedingungen dies vorsehen, 2. die Beteiligung einen dauernden Ertrag erwarten lässt, 3. durch Vereinbarung zwischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und Immobilien-Gesellschaft die Befugnisse der Verwahrstelle nach § 84 Absatz 1 Nummer 5 sichergestellt sind, 4. die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Immobilien-Gesellschaft die Stimmen- und Kapitalmehrheit hat, die für eine Änderung der Satzung erforderlich ist,

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45 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Conradi § 67 InvG Rn. 111; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 26. 46 Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 67 D.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 26. 47 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 26. 48 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 26.

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§ 234

Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften

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durch die Rechtsform der Immobilien-Gesellschaft eine über die geleistete Einlage hinausgehende Nachschusspflicht ausgeschlossen ist und 6. die Immobilien-Gesellschaft, sofern sie an einer anderen Immobiliengesellschaft beteiligt ist, an dieser unmittelbar oder mittelbar mit 100 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte beteiligt ist; eine mittelbare Beteiligung ist nur bei einer Immobilien-Gesellschaft mit Sitz im Ausland zulässig. 2 Abweichend von Satz 1 Nummer 4 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Beteiligungen an einer Immobilien-Gesellschaft auch dann erwerben und halten, wenn sie nicht die für eine Änderung der Satzung erforderliche Stimmenund Kapitalmehrheit hat (Minderheitsbeteiligung). 3 In diesem Fall ist die Anlagegrenze nach § 237 Absatz 3 zu beachten. Schrifttum Banzhaf Fragen zu alternativen Finanzierungsformen bei Immobilien-Gesellschaften im Sinne von § 68 InvG, WM 2011 299; Fock Die Beteiligung offener Immobilienfonds an Grundstücks-Gesellschaften – Aufsichts- und steuerrechtliche Aspekte, WM 2000 1729; Hübner Immobilienanlagen unter dem KAGB – Alte Fragen – neue Fragen – neue Antworten, WM 2014 106; Kestler/Benz Aktuelle Entwicklungen im Investmentrecht, BKR 2008 403; Schneider Darlehensgewährung an ImmobilienGesellschaften gem. § 69 InvG, NZG 2008 5; Schultz-Süchting/Thomas Fremdfinanzierung offener Immobilienfonds, WM 2009 2156; dies. Investmentrecht in internationalen Immobilientransaktionen – Transaktionsrelevante Themen des Investmentgesetzes bei ausländischen Immobilienakquisitionen, WM 2008 2285; Tullius Neue steuerrechtliche Vorschriften zu Investmenterträgen, DB 1969 1715.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Entstehungsgeschichte | 1 Allgemeines I. Verweise auf Literatur zum InvG | 7 II. Vor- und Nachteile eines Erwerbs einer ImmobilienGesellschaft | 8 Kommentierung | 18 I. Begriff der ImmobilienGesellschaft | 19 II. Begriff der Beteiligungen | 21 1. Kommanditgesellschaften | 22 2. Einlagen in Rücklagen | 23 3. Schuldrechtliche/atypische Beteiligungen | 25 III. Anlagebedingungen (S. 1 Nr. 1) | 28 IV. Erwartung des dauernden Ertrags (S. 1 Nr. 2) | 31 V. Verwahrstelle (S. 1 Nr. 3) | 38

Begriff der Verfügungen | 39 Verfügungen über Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften | 40 3. Satzung- bzw. Gesellschaftsvertragsänderungen | 42 4. Verfügungen über Vermögensgegenstände von ImmobilienGesellschaften | 43 5. Rechtsfolgen einer fehlenden Zustimmung der Verwahrstelle | 47 VI. Stimmen- und Kapitalmehrheit (S. 1 Nr. 4) 1. Grundsatz | 48 2. Ausnahme | 53 VII. Ausschluss von Nachschusspflichten (S. 1 Nr. 5) 1. Allgemeines | 57 2. Einzelfälle | 61 VIII. Mittelbare Beteiligungen (S. 1 Nr. 6) | 65 1. 2.

A. Entstehungsgeschichte A. Entstehungsgeschichte 1

Die erste deutsche Immobilienanlagegesellschaft, die nach dem sog. open-endPrinzip arbeitete, d.h. bereit war, ständig Immobilienfondsanteile zum Inventarwert zurückzunehmen, und ferner den Grundsatz der Risikomischung beachtet, d.h. in einer Siedler

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A. Entstehungsgeschichte

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größeren Zahl von Immobilien anlegt, die einen gewissen Prozentsatz des Fondsvermögens nicht übersteigen, wurde 1959 mit der Internationalen Immobilien Institut AG in München gegründet. Da derartige Gesellschaften Parallelen und starke Ähnlichkeiten mit der Tätigkeit der Wertpapier-KAG aufweisen, ließ dies den Gesetzgeber geraten erscheinen, sie dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) zu unterstellen.1 Durch die KAGG-Novelle 1969 wurden die Besonderen Vorschriften für Immobilien-Sondervermögen in das KAGG eingefügt. Zweck der gesetzlichen Regelung war es, das Geld der Anleger in gleicher Weise wie bei der Wertpapier-KAG möglichst vor Verlusten durch Anforderungen an die Streuung des Vermögens, an eine ordnungsgemäße Bewertung und Überwachung des Grundstücksbestandes zu schützen sowie eine nach Möglichkeit jederzeitige Verfügbarkeit des Anteilwertes für die Anleger sicherzustellen.2 Soweit nicht Besonderheiten der Anlage in Grundstücken Sonderregelungen erfordern, waren die Immobilien-Sondervermögen (offene Immobilienfonds) den gleichen Vorschriften unterworfen, wie sie für die Wertpapierfonds gelten.3 Im Gegensatz zu den offenen Immobilienfonds wurden die geschlossenen Immobilienfonds keinen spezialgesetzlichen Regeln unterworfen. Solche Fonds konnten im Rahmen des allgemeinen Rechts begründet werden und unterlagen keiner besonderen Aufsicht. Das 1. Finanzmarkförderungsgesetz (FMFG, 1990) brachte mit der Anpassung des deutschen Investmentrechts an die Investment-RL (RL 85/611/EWG) auch für die Immobilien-Sondervermögen wesentliche Änderungen. Dem Wunsch der Investmentbranche, künftig auch Beteiligungen an Grundstücksgemeinschaften oder Immobilien-Gesellschaften zuzulassen, um sich an größeren Immobilien-Investitionen beteiligen zu können, deren Alleinerwerb die Risikovorschriften des KAGG nicht zulassen, ferner um in anderen EG/EWR-Staaten typische Objektgesellschaften erwerben zu können, durch die sich die derzeit noch bestehenden steuerlichen Ungleichgewichte, die ein wesentliches Hemmnis für eine Immobilien-Investition im Ausland bilden (voll steuerpflichtige Erträge aus Vermietung und Verpachtung, keine Option für Mehrwertsteuer auf Mieteinnahmen, keine objektbezogene Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen), umgehen lassen, hat der Gesetzgeber im 1. FMFG jedoch nicht entsprochen.4 Erst mit dem 3. FMFG (1998) hat der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 27a KAGG die Möglichkeit geschaffen, Mehrheitsbeteiligungen an Grundstücks-Gesellschaften für Grundstücks-Sondervermögen einzugehen. Der zulässige Wert aller Gegenstände, die zum Vermögen aller von einer KAG gehaltenen Grundstücks-Gesellschaften gehören, war auf 20 Prozent des Sondervermögens begrenzt. Hintergrund für die Neuregelung waren steuerliche Erwägungen sowie die Überlegung, dem Sondervermögen vorhandenes Know-How Dritter zugänglich zu machen.5 Das 4. FMFG (2002) führte anschließend Minderheitsbeteiligungen ein und erhöhte die Wertgrenze für Beteiligungen von 20 auf 49 Prozent, für Minderheitsbeteiligungen wurde die 20 Prozent-Grenze aufrechterhalten. Die Maßnahmen sollten der Tendenz zur Gründung von Objektgesellschaften Rechnung tragen.6 Das Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (InvModG, 2003) verschob die Regelung des § 27a KAGG in § 68 InvG, wobei etliche Details neu geregelt wurden. § 68 InvG erfuhr weitere grundlegende Än-

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Siehe Bericht des Abgeordneten Schmidhuber in: BTDrucks. V/3494 zu BTDrucks. V/4414 S. 5. Siehe auch Tullius DB 1969 1721. Bericht des Abgeordneten Schmidhuber in: BTDrucks. V/3494 zu BTDrucks. V/4414 S. 5. Waldmann LK 1990 420; BTDrucks. 11/6262 S. 27 und 28. BTDrucks. 13/8933 S. 64; Fock WM 2000 1729f. Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 27a KAGG Rn. 28.

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derungen durch das Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (InvÄndG, 2007), das unter anderem erstmals mehrstöckige Beteiligungen zuließ und die bis dahin geltende Drei-Objekt-Grenze für Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften aufhob. Auch hinsichtlich der Wertgrenzen für Vermögensgegenstände in Immobilien-Gesellschaften ergaben sich wesentliche Änderungen: 100-Prozent-Beteiligungen (bezogen auf Kapital und Stimmrechte) von KAG wurden direkt gehaltenen Immobilien gleichgestellt und aus der 49-Prozent-Grenze ausgenommen. Die 20-Prozent-Grenze für Minderheitsbeteiligungen wurde auf 30 Prozent erhöht. Der bisherige § 68 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 InvG wurde mit Wirkung zum 22.7.2013 mit 6 redaktionellen Anpassungen in den § 234 KAGB überführt. Eine materielle Änderung der zum InvG bestehenden Gesetzeslage hat der Gesetzgeber mithin nicht beabsichtigt. B. Allgemeines B. Allgemeines I. Verweise auf Literatur zum InvG 7

Da § 234 den bisherigen § 68 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 InvG mit lediglich redaktionellen Änderungen übernimmt, wird im Folgenden auf die Literatur zu § 68 InvG verwiesen, als ob diese sich auf § 234 bezöge. Es wird also insbesondere durchgehend die KAGB-Terminologie verwendet, auch wenn die angegebenen Fundstellen noch auf der InvG-Terminologie basieren. II. Vor- und Nachteile eines Erwerbs einer Immobilien-Gesellschaft

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§ 234 behandelt die Erwerbsvoraussetzungen für Beteiligungen an ImmobilienGesellschaften. Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann Immobilien unmittelbar oder auch mittelbar über eine Beteiligung an einer die Immobilie haltenden Gesellschaft erwerben. Letzteres dürfte aus Risikoabgrenzungsgesichtspunkten und aus steuerlichen Erwägungen7 praktisch der häufigere Fall sein. Eine Immobilien-Gesellschaft begrenzt das Risiko für den Investor auf die eingesetz9 ten Mittel.8 Bei korrekter Strukturierung kennt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft damit das maximale Risiko dieses Investments. Wird eine Immobilie unmittelbar gehalten, fehlt diese Haftungsabgrenzung. Steuerlich lassen sich bei dem Erwerb einer Beteiligung an einer Immobilien-Ge10 sellschaft regelmäßig leichter Grunderwerbsteuern vermeiden, zum Beispiel in Deutschland durch ein Zurückbehalten von mehr als 5% der Gesellschaftsanteile bei dem verkaufenden Alt-Gesellschafter (ein sogenannter RETT-Blocker). Dies gilt trotz Einführung von § 1 Abs. 3a Grunderwerbssteuergesetz (GrEStG), so dass von RETT-Blocker-Strukturen weiter Gebrauch gemacht wird. Diese Steuerersparnis ist sowohl bei dem Ankauf der Immobilie durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als auch bei einem späteren Weiterverkauf vorteilhaft. Gesellschafterdarlehen können unter Umständen steueroptimierend zur Deckung des Kapitalbedarfs genutzt werden, wenn die Zinszahlungen steuermindernd den Mieterträgen entgegengesetzt werden können. Bei Immobilien im Ausland ergeben sich zusätzlich Spielräume im Hinblick auf die Repatriierung der im Ausland erzielten Gewinne (in Abhängigkeit von der jeweiligen steuerrechtlichen Situation und den betreffenden Doppelbesteuerungsabkommen).

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 2. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 2.

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B. Allgemeines

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Hinzu kommt, dass in einigen Ländern der direkte Erwerb von Immobilien schlicht nicht marktüblich ist, so dass sich ein solcher Erwerb (und ein späterer Verkauf) in dieser Form kaum verwirklichen ließe.9 Dies gilt insbesondere für attraktive Anlageobjekte, bei deren Erwerb die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Wettbewerb mit anderen Interessenten steht. Diesen (potentiellen) Vorteilen von indirekten Immobilieninvestments stehen jedoch strukturelle Nachteile gegenüber. Die unmittelbare Einflussnahme auf die Immobilie ist durch gesellschaftsrechtliche Beschränkungen gegebenenfalls eingeschränkt, wenn die jeweilige Gesellschaftsform keinen unmittelbaren Durchgriff des Gesellschafters auf die Geschäftsführung zulässt. Nicht immer stellt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst auch die Geschäftsführung in einer Immobilien-Gesellschaft. Der direkter Zugriff auf die Geschicke der Immobilie schwindet weiter, wenn neben der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft weitere Dritte an der Immobilien-Gesellschaft beteiligt sind.10 Ferner verteuern sich die laufenden Unterhaltskosten durch die weitere Verwaltungsebene hin zu der Immobilie11 und auch die Kosten des Erwerbs (und der Weiterveräußerung) erhöhen sich durch die weitere Komplexitätsebene im Vergleich zu einem unmittelbaren Erwerb einer Immobilie.12 So kann eine Gesellschaft neben den sich unmittelbar aus dem Besitz der Immobilie ergebenden Rechten und Pflichten weiteren Verpflichtungen unterliegen, die im Rahmen der Käufer-Due Diligence aufzudecken sind, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Idealerweise ist eine Immobilien-Gesellschaft von ihrer Gründung an als reine Einzweckgesellschaft, ausschließlich zum Halten und Verwalten der Immobilie, geführt worden. Dies muss jedoch nicht immer der Fall sein. Die bisherige Geschäftstätigkeit der Immobilien-Gesellschaft sind daher genau zu überprüfen. Die rechtlichen Verhältnisse zu etwaigen Angestellten (Kündigungsfristen, langfristige Pensionsverpflichtungen), die es idealerweise bei einer Einzweckgesellschaft nicht geben sollte, und Dienstleistern (Angemessenheit der Vergütungen, Kündigungsfristen) sind zu berücksichtigen. Nachteilhaft für das Immobilien-Sondervermögen ist auch die Situation bei Pflichtverletzungen durch eine Immobilien-Gesellschaft im Vergleich zu der durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei unmittelbar gehaltenen Immobilien: Schadensersatzansprüche von Dritten gegen die Immobilien-Gesellschaft vermindern das Vermögen der Immobilien-Gesellschaft und damit indirekt den Wert der für Rechnung des ImmobilienSondervermögens gehaltenen Beteiligung.13 Schadensersatzansprüche von Dritten bei einer direkt von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gehaltenen Immobilie richten sich gegen diese, jedoch nicht gegen das Immobilien-Sondervermögen, § 93 Abs. 2 (s. § 93 Rn. 8). Ein potentieller Aufwendungsersatzanspruch der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen das Immobilien-Sondervermögen scheidet bei vertragswidriger Handlung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aus. Im Ergebnis droht das Immobilien-Sondervermögen also den Schaden von Pflichtverletzungen der Immobilien-Gesellschaft, im Gegensatz zu Pflichtverletzungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei direkt gehaltenen Immobilien, zu tragen.

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9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 2. 10 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 1. 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 3, mit dem Hinweis, dass globale Immobilieninvestoren mit einer pauschalen Kostenlast von € 25.000 bis € 50.000 pro Gesellschaft und Jahr rechnen. 12 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 1. 13 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 10.

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Ein weiterer Nachteil, jedenfalls in Deutschland, besteht darin, dass der Gutglaubensschutz auf die Richtigkeit des Grundbuchs nach § 892 BGB nur für unmittelbare Immobilienerwerbe, nicht aber für den Erwerb von Immobilien-Gesellschaften gilt. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss also im Einzelfall die Vor- und Nach17 teile des direkten oder indirekten Erwerbs von Immobilien abwägen. Sie ist verpflichtet, diese Abwägung ausschließlich im Interesse der Anleger in das Immobilien-Sondervermögen vorzunehmen, § 26 Abs. 1. Dem stehen jedoch in tatsächlicher Hinsicht die Eigeninteressen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber, die nicht notwendig deckungsgleich mit denen der Anleger sind. Die Eigeninteressen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft werden bestimmt von ihrer Vergütung im Vergleich zu ihrem Aufwand und Risiko. Die Vergütung wird unter Umständen nicht zwischen direkten und indirekten Immobilien-Investments unterscheiden, obwohl der Aufwand und auch das Risiko bei indirekten Anlagen höher sein dürfte.14 Dem gegenüber stehen Marktreputation durch professionelle und auch stärker diversifizierte Investments in verschiedene regionale Märkte und infolgedessen die Aussichten auf größeren Mittelzufluss durch interessierte Investoren. C. Kommentierung C. Kommentierung

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§§ 234 und 235 enthalten Vorgaben zu der Ausgestaltung von Immobilien-Gesellschaften, an denen sich eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens beteiligen darf. I. Begriff der Immobilien-Gesellschaft

Nach der Definition in § 1 Abs. 19 Nr. 22 sind Immobilien-Gesellschaften solche, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen (zu dem Widerspruch zu den nach § 235 zugelassenen Vermögensgegenständen s. aber § 235). Immobilien umfassen Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach ausländischen Rechtsordnungen (§ 1 Abs. 19 Nr. 21). Im Gegensatz zu dieser allgemeinen Begriffsdefinition enthält § 234 Zulassungsvoraussetzungen für Immobilien-Gesellschaften, die eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens erwerben darf. Die noch zu der Vorgängernorm, § 68 InvG, bestehende Unschärfe zwischen Begriffsbestimmung und Zulässigkeitsvoraussetzungen15 hat der Gesetzgeber damit weitgehend aufgelöst. Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Immobilien-Son20 dervermögens also nur Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften erwerben, deren Satzung oder Gesellschaftsvertrag den Erwerb von Vermögensgegenständen entsprechend einschränkt. Sollte im Einzelfall die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag einer Immobilien-Gesellschaft diesen Anforderungen (noch) nicht entsprechen, stellt sich die Frage, ob eine entsprechende Satzungs- bzw. Gesellschaftsvertragsänderung vor einem Erwerb für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens zu erfolgen hat oder auch noch danach erfolgen kann. § 235 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 stellt klar, dass es ausreichend ist, wenn eine entsprechende Änderung nach Beteiligungserwerb sichergestellt ist (im Einzelnen s. § 235 Rn. 23 ff.). 19

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 5. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 13.

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C. Kommentierung

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II. Begriff der Beteiligungen Der von § 234 verwandte Begriff der „Beteiligung“ ist im KAGB nicht näher definiert. 21 Auch das aufgehobene Investmentgesetz enthielt keine Definition. Allerdings kann der Definition der „bedeutenden Beteiligung“ in § 1 Abs. 19 Nr. 6 entnommen werden, dass dem Gesetzgeber, jedenfalls in anderem Kontext innerhalb des KAGB, ein weiter Beteiligungsbegriff vorschwebt. Danach entsteht eine Beteiligung, wenn unmittelbar oder mittelbar über Tochterunternehmen oder über ein „gleichartiges Verhältnis“ oder im Zusammenwirken mit Dritten Anteile am Kapital oder den Stimmrechten gehalten werden oder auf die Geschäftsführung ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann. Entscheidend ist demnach ein mitgliedschaftsrechtliches Verhältnis, 16 ein reines Austauschverhältnis dürfte nicht ausreichend sein.17 Eine unmittelbare, reguläre Beteiligung an einer Kapital- oder Personengesellschaft, die sowohl Vermögens- als auch Verwaltungsrechte gewährt, ist nach h.M. von dem Beteiligungsbegriff des § 234 unstreitig erfasst.18 1. Kommanditgesellschaften. Dies gilt auch für (ausschließliche) Kommanditbe- 22 teiligungen an einer GmbH & Co KG mit einem Dritten als persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementär).19 Dem Gesetz lassen sich keine Vorgaben dazu entnehmen, wer die entsprechende Komplementärfunktion und damit Geschäftsführung einer solchen Immobilien-GmbH & Co KG innehaben soll. Die erwerbende AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss daher im alleinigem Interesse der Anleger in das betreffende Immobilien-Sondervermögen (§ 26 Abs. 1) abwägen, wie die Struktur einer ImmobilienGmbH & Co KG aussehen soll. Dabei erscheint es offensichtlich, dass die gleichzeitige Kontrolle der Geschäftsführung durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Interesse der Anleger liegt. Ist es also möglich, die Komplementärfunktion ebenfalls zu übernehmen, so dürfte die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu einer solchen Übernahme verpflichtet sein.20 Eine direkte Übernahme der Komplementärstellung dürfte sich für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten verbieten. Jedenfalls kann sie dies nicht für Rechnung des ImmobilienSondervermögens tun, da nach § 234 S. 1 Nr. 5 eine über die geleistete Einlage hinausgehende Nachschusspflicht ausgeschlossen sein muss.21 Die marktübliche Struktur der GmbH & Co. KG löst das mit der Komplementärstellung einhergehende Haftungsproblem über die Nutzung einer (haftungsbeschränkten) GmbH als Komplementärin. Diese kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Eigenvermögen oder im Sondervermögen halten.22 Ein Erwerb für Rechnung des Sondervermögens liegt grundsätzlich aufgrund des höheren gesetzlichen Schutzes des Sondervermögens23 im Interesse der Anleger, zu dessen Wahrung die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 26 Abs. 1 verpflichtet ist.

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16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 14. 17 Banzhaf WM 2011 299. 18 Banzhaf WM 2011 299; Fock WM 2000 1729 (1730 ff.); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 68 InvG Rn. 14; s. auch BaFin Rundschreiben. 19 Banzhaf WM 2011 299; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 15. 20 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 15. 21 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 15. 22 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 15. 23 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 15.

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§ 234

Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften

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2. Einlagen in Rücklagen. Neben einer unmittelbaren Beteiligung an einer Gesellschaft und der Gewährung von Eigenkapital auf das entsprechende Nennkapital sind unter anderem Einlagen in die Kapitalrücklagen einer Gesellschaft durchaus üblich. Die Zulässigkeit einer Eigenkapitalgewährung in Form einer Leistung in Rücklagen scheint, sofern sie neben einer unmittelbaren Beteiligung an der Gesellschaft erfolgt, nicht umstritten zu sein.24 Sie dient in der Regel dem Verwässerungsschutz der existierenden (Alt-)Gesellschafter bei Kapitalerhöhungen durch Ausgleich eines Mehrwertes der erworbenen Anteile, der sich nicht unmittelbar in dem Betrag des erworbenen Nennkapitals widerspiegelt. Sie vermeidet ferner den Aufbau eines zu hohen, insolvenzrechtlich geschützten Stamm- oder Grundkapitals und gewährt der Gesellschaft so mehr Bewegungsspielraum. Es spricht viel dafür, andere Formen der Eigenkapitalgewährung neben der unmit24 telbaren Beteiligung an einer Gesellschaft und Leistung auf Stamm-, Grund- oder Haftkapital für zulässig zu erachten. Hierzu zählen insbesondere Vorzugsanteile (ohne oder mit nur eingeschränktem Stimmrecht, aber überproportionale Gewinnbeteiligung) und Einlagen in die Kapitalrücklage (ohne Gewährung zusätzlicher Anteile). Auch eine solche Einlageleistung erfolgt letztlich auf Basis der direkten Beteiligung, auch wenn sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft keine unmittelbar korrespondierenden Verwaltungsund Vermögensrechte für diesen Teil der Einlageleistung gewähren. Daher muss die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft stets sorgfältig prüfen, ob eine solche Einlagenleistung wirtschaftlich angemessen ist. 3. Schuldrechtliche/atypische Beteiligungen. Es kann aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein, neben unmittelbaren Anteilen an der Gesellschaft dieser weiteres (Mezzanine-) Kapital zur Verfügung zu stellen. Dies gilt vor allem in Situationen, in denen ein solches Kapital bilanziell oder aus Ratingsicht (insbesondere für darlehensgebende Banken) als Eigenkapital gilt, während es aus steuerlicher Sicht Fremdkapital darstellt (und daher den Abzug der zu entrichtenden Zinsen vom Gewinn erlaubt). Typische Mezzanine-Instrumente sind stille Beteiligungen oder auch Eigenkapitalgenussrechte.25 Beide Instrumente stellen keine echten Beteiligungen dar: die stille Beteiligung nicht, weil sie lediglich eine Beteiligung am Handelsgeschäft eines anderen (der Immobilien-Gesellschaft) begründet, ohne an dem Träger dieses Handelsgeschäfts selbst beteiligt zu sein; das Genussrecht nicht, weil es ein ausschließlich schuldrechtliches Instrument darstellt, das keine mitgliedschaftsrechtlichen Berechtigungen gewährt. „Beteiligungen“ im Sinne des § 234 können jedenfalls keine Darlehen sein, da diese in § 240 KAGB separat geregelt sind.26 Dies gilt auch für Darlehen mit Mezzanine-Charakter wie Gesellschafter- bzw. Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen. Diese unterfallen daher von vornherein nicht dem Beteiligungsbegriff des § 234 KAGB.27 Das KAGB zieht also die Grenze zwischen Beteiligungen einerseits und Darlehen an26 dererseits. Weitere Finanzierungsinstrumente sind im KAGB für Immobilien-Gesellschaften nicht geregelt. Es stellt sich daher die Frage, ob typische Mezzanine-Instrumente wie die stille Beteiligung oder das Genussrecht unter dem KAGB gänzlich unzulässig sein 25

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24 Banzhaf WM 2011 299 (300). 25 Banzhaf WM 2011 299 (305 f.). 26 Banzhaf WM 2011 299 (300 und 304 f.). 27 Schneider NZG 2008 5 (6) sieht partiarische Darlehen, Schuldverschreibungen und je nach Ausgestaltung auch stille Beteiligungen von § 69 InvG (Vorgängernorm zu § 240 KAGB) erfasst. Nachrangdarlehen und Darlehen mit eigenkapitalersetzendem Charakter (wohl Gesellschafterdarlehen) sollen nur bei ausreichender Besicherung zulässig sein und daher regelmäßig ausscheiden.

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C. Kommentierung

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sollen oder entsprechend der aus anderen Rechtsgebieten bekannten Einteilung in Eigen- und Fremdkapital unter die Begriffe „Beteiligung“ und „Darlehen“ zu subsumieren sind.28 Eine umfassende Unzulässigkeit aller anderen Finanzierungarten als der unmittelbaren Beteiligung und der Darlehensgewährung29 erschiene vor dem Hintergrund der Vielfältigkeit von Finanzierungsmöglichkeiten und der mit ihnen verfolgten Zwecke überraschend und würde dem KAGB unterfallende Immobilien-Gesellschaften unter Umständen erheblich benachteiligen. Sie erscheint auch aus Anlegerschutzgesichtspunkten nicht geboten, da mit der „Beteiligung“ im Sinne eines unqualifizierten Eigenkapitalinvestments bereits die grundsätzlich risikoreichste Investitionsform für Immobilien-Sondervermögen zugelassen ist. Sprechen daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung deutliche Gründe für die Nutzung von zusätzlichen Eigenkapitalinstrumenten neben der (in jedem Falle erforderlichen)30 direkten Beteiligung, so sollte deren Nutzung im wirtschaftlichen Interesse der Anleger zulässig sein. Welche Kriterien ein Finanzierungsinstrument zu einem (neben einer direkten Betei- 27 ligung zulässigem) Eigenkapitalinstrument machen, ist jedoch weithin unklar. Ein Abstellen auf die steuerliche Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital ergibt wirtschaftlich wenig Sinn, da in diesem Fall alles steuerliche Fremdkapital als „Darlehen“ im Sinne des KAGB gelten würde und somit die Arbitrage von steuerlichen und wirtschaftlichen (bilanziell oder im Rahmen von Ratings) Vorteilen ausgeschlossen wäre. Es bietet sich daher an, auf die bilanziellen Abgrenzungen von Eigen- und Fremdkapital abzustellen (HGB oder IFRS, diese weichen in Einzelheiten jedoch deutlich voneinander ab). Bilanziert eine Immobilien-Gesellschaft ausschließlich nach HGB oder IFRS, so sollte die jeweils angewandte Bilanzierungsart entscheidend sein. Unstreitig muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zugunsten des Immobilien-Sondervermögens jedoch in jedem Falle auch eine direkte Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft halten (s.o. Rn. 26). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Nutzung von Mezzanine-Instrumenten diese mit unmittelbaren Beteiligungen gleichzustellen und daher auch bei der Berechnung der Anlagegrenzen in §§ 235 Abs. 2 Nr. 3, 237, 238 zu berücksichtigen sind.31 III. Anlagebedingungen (S. 1 Nr. 1) Nach § 234 S. 1 Nr. 1 dürfen Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nur erworben 28 werden, wenn die Anlagebedingungen dies vorsehen. Ein „Erwerb“ einer Beteiligung kann rechtlich durch den Kauf bestehender Gesellschaftsanteile, der Übernahme neu geschaffener Gesellschaftsanteile (etwa im Wege der Kapitalerhöhung), einer eigenen Neugründung32 sowie ggf. auch einer Umwandlung erfolgen.33 Die Anleihebedingungen sollten also ausdrücklich regeln, dass und in welchem Umfang der Erwerb, die Gründung von und/oder der Beitritt (etwa durch Übernahme neuer Anteile im Wege einer Kapitalerhöhung) zu Immobilien-Gesellschaften zulässig ist. In der Literatur wird empfohlen,

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28 Ausführlich: Banzhaf WM 2011 299 (300 ff.). 29 Für eine analoge Anwendung der Darlehensvorschriften auf andere Fremdkapitalinstrumente: Schneider NZG 2008 5 (6); Schultz-Süchting/Thomas WM 2009 2156 (2158). 30 Banzhaf WM 2011 299 (300 f.); so auch für Genussrechte: Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 4. 31 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 4. 32 Zur Zulässigkeit aber auch der Problematik des Gründens einer Immobilien-Gesellschaft s. Fock WM 2000 1729 (1733). 33 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 5; ausführlich zu den einzelnen Varianten: Fock WM 2000 1729 (1732 ff.).

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die Rahmenbedingungen für eine solche Beteiligung zu umreißen, zumindest durch Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen.34 Von dem Wortlaut des § 234 S. 1 Nr. 1 erscheint dies jedoch nicht gefordert zu sein. Der Gesetzeswortlaut verlangt auch keine Angabe in den Anlagebedingungen zu 29 der Frage, ob eine Immobilien-Gesellschaft eine Immobilie direkt oder auch indirekt über Beteiligung an einer anderen Immobilien-Gesellschaft erwerben bzw. halten darf.35 Die in den mit der BaFin abgestimmten Muster-Vertragsbedingungen des BVI enthaltene Klausel ist daher ausreichend. Danach kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft „in gesetzlich zulässigem Rahmen (§§ 234 bis 242 KAGB) Beteiligungen an ImmobilienGesellschaften erwerben, ….“36 Zu der Offenlegungspflicht des Erwerbs von Vermögensgegenständen im Ausland s. 30 § 233 Rn. 6 ff. Im Zusammenhang mit Immobilien-Gesellschaften ist zu beachten, dass der Vermögensgegenstand (die Immobilie) nicht notwendigerweise in demselben Land belegen sein muss, in dem die Immobilien-Gesellschaft ihren Sitz hat. Es kann steuerliche Gründe haben, eine Immobilie in einem Land durch eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Land zu halten. § 234 enthält für solche Fälle keine Vorgaben. Zu Recht wird aber darauf hingewiesen, dass eine diesbezügliche Offenlegung im Rahmen der Anlagebedingungen im Sinne der größtmöglichen Transparenz für die Anleger wünschenswert erscheint.37 IV. Erwartung des dauernden Ertrags (S. 1 Nr. 2) Nach § 234 S. 1 Nr. 2 muss die Beteiligung einen dauernden Ertrag erwarten lassen. Dies entspricht der Vorgabe des § 231 Abs. 1 S. 2, der für direkte Investitionen in Immobilien ebenfalls die Erwartung eines dauernden Ertrags voraussetzt. Nach h.M. ist für die Frage des dauernden Ertrags die Ebene des Sondervermögens 32 entscheidend.38 Der dauernde Ertrag muss also nicht ausschließlich auf der Erwartung von regelmäßigen Gewinnausschüttungen der Immobilien-Gesellschaft basieren, er kann auch auf Zinserträgen auf der Immobilien-Gesellschaft gewährten Gesellschafterdarlehen beruhen. Cash-Flow-Überschüsse, die sich nicht in ausschüttungsfähigen Gewinnen niederschlagen, weil ihnen zum Beispiel Abschreibungen oder zu bildende Rücklagen gegenüber stehen, schließen einen dauernden Ertrag nicht aus.39 Sollte die Immobilie jedoch dauerhaft keine Cash-Flow-Überschüsse erzielen, zum Beispiel wegen eines zu hohen Leerstandes, so ist die Erwartung eines dauerhaften Ertrages, jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt, nicht gegeben. Streitig ist allerdings die Frage, ob auch zu erwartende Wertsteigerungen (ohne gleichzeitige Erzielung eines laufenden Ertrags) einen dauerhaften Ertrag für das Immobilien-Sondervermögen darstellen (s. hierzu unten unter Rn. 36).40 31

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34 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 21. 35 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 6. 36 S. Baustein 2 Nr. 1 der Besonderen Anlagebedingungen für ein Immobilien-Sondervermögen. 37 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 21 Fn 31. 38 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 68 InvG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 68 InvG Rn. 24; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 67 InvG Rn. 7 und 25 a.E. 39 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 24; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7. 40 Im Ergebnis ebenso: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 23; widersprüchlich: Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7, nach dem einerseits „eine den Anteilswert hebende Erhöhung des Wertes der Beteiligung“ ausreichend sein soll, andererseits aber „Wertsteigerungen (…) nicht als dauernder Ertrag, sondern als einmalige Sondereffekte anzusehen“ sind; anders Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura KAGG, § 27a Rn. 8.

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Bei mehrstöckigen Beteiligungsstrukturen kommt es für die Frage des dauernden Ertrages auf die direkt von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gehaltene Beteiligung an.41 Es muss also nicht jede Ebene unterhalb dieser direkten Beteiligung für sich betrachtet ebenfalls einen dauernden Ertrag erwarten lassen. Bei einem Hinzuerwerb einer weiteren Beteiligung durch eine bereits im Bestand eines Immobilien-Sondervermögens befindlichen Immobilien-Gesellschaft muss die neu zu erwerbende Beteiligung allerdings einen zusätzlichen, dauernden Ertrag erwarten lassen. Dieser kann jedoch durchaus auch außerhalb der erworbenen Beteiligung entstehen,42 wenn zum Beispiel durch den Erwerb eines Nachbargrundstückes eine Bestandsimmobilie ihren Ertrag erhöhen kann. In zeitlicher Hinsicht stellt sich zunächst die Frage, ob der dauernde Ertrag von Anfang an erwartet werden muss oder sich auch erst, wie bei Projektentwicklungen oder der vorsorglichen Gründung bzw. dem vorsorglichen Erwerb von Vorratsgesellschaften, nach einer gewissen Vorlaufphase einstellen kann. Die h.M. hält die erwartungsgemäße Erwirtschaftung von Gewinnen nach einigen Jahren für ausreichend.43 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss zu der begründeten Entscheidung gelangt sein, dass Projektentwicklungsvorhaben absehbar Erträge generieren werden bzw. vorsorglich erworbene oder gegründete Vorratsgesellschaften einem zulässigen Erwerbszweck zugeführt werden.44 Diese Auffassung erscheint zweckmäßig, da sich sonst klassische Immobilien-Investments wie im Bereich der Projektentwicklung zugunsten eines Immobilien-Sondervermögens nicht realisieren ließen. Für den vorsorglichen Erwerb von Vorratsgesellschaften ist allerdings zu beachten, dass sich ein solcher heute über professionelle Anbieter innerhalb weniger Tage realisieren lässt. Im Vergleich zu einer (selbst organisierten) Neugründung entstehen hierdurch nur geringe Mehrkosten, denen in der Regel einige Zeitersparnis gegenübersteht. Der vorsorgliche Erwerb/die vorsorgliche Neugründung erscheint daher nur im Zusammenhang mit einem konkreten Erwerbsprojekt geboten. Zur zeitlichen Spanne der Ertragserwartung gibt der Gesetzgeber „dauernd“ vor. Hieraus wird in der Literatur geschlussfolgert, dass die Ertragserwartung grundsätzlich unendlich sein muss, allenfalls begrenzt auf die verbleibende Restnutzungsdauer der indirekt gehaltenen Immobilie. Die Erwartung, eine Immobilie nach Ablauf des Zeitraums, in dem sie einen laufenden Ertrag erwirtschaftet, mit Gewinn verkaufen zu können, soll demnach nicht ausreichen.45 Entfällt nachträglich die ursprünglich gegebene Ertragserwartung, so ist die Beteiligung entsprechend § 237 Abs. 7 unter Wahrung der Interessen der Anleger zu veräußern (s. § 237 Rn. 12). Dies führt zurück zu der Diskussion, ob zu erwartende Wertsteigerungen für sich genommen bereits einen dauernden Ertrag darstellen können. Im Kern geht es um die Frage, ob „dauernd“ im Sinne von „laufend“, also regelmäßig erneut anfallend, oder im Sinne von „dauerhaft“ (bleibend) zu verstehen ist: Eine Wertsteigerung kann naturgemäß keinen laufenden Ertrag generieren, sondern allenfalls einen dauerhaften (wenn die Erwartung besteht, dass die Wertsteigerung nicht wieder verloren geht). Richtigerweise sollte dies ausreichen, da auch eine zu erwartende Wertsteigerung aus Sicht des Sondervermögens ein positives Ergebnis und damit einen dauerhaften Ertrag darstellen kann. Allerdings muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sich aufgrund ihrer allgemeinen Sorg-

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41 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 24; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7. 42 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7. 43 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 68 InvG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 68 InvG Rn. 24. 44 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 26. 45 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7.

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faltspflichten und Verpflichtung zur einseitigen Wahrung der Interessen der Anleger davon überzeugen, dass eine solche Wertsteigerung geeignet ist, den Renditeerwartungen der Anleger auf Dauer gerecht zu werden. Praktisch dürfte sich ein Fall, in dem sich begründetermaßen eine nennenswerte Wertsteigerung einer Immobilie erwarten lässt, ohne dass diese gleichzeitig einen fortlaufenden Ertrag generiert, selten ergeben. § 234 S. 1 Nr. 2 formuliert als Voraussetzung, dass „die Beteiligung einen dauernden 37 Ertrag erwarten lässt“, ohne der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ausdrücklich für diese Frage eines Ermessenspielraum zuzubilligen. Der reine Wortlaut spricht daher für eine objektive Betrachtung zum Zeitpunkt der Erwerbsentscheidung. In der Literatur wird der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch ein pflichtgemäß auszuübender Ermessenspielraum eingeräumt, der weder durch den Wirtschaftsprüfer noch die Verwahrstelle überprüfbar sei.46 Auch die Ausübung von pflichtgemäßem Ermessen dürfte im Zweifel gerichtlich überprüfbar sein (Rechtgedanke des § 315 BGB). Im Ergebnis ist es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sehr zu empfehlen, ihre Entscheidung nachweisbar zu dokumentieren und entsprechende Planungen aufzustellen, aus denen sich der dauernde Ertrag über einen hinlänglichen Zeitraum47 ergibt. V. Verwahrstelle (S. 1 Nr. 3) 38

Nach § 234 S. 1 Nr. 3 müssen durch Vereinbarung zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Immobilien-Gesellschaft die Befugnisse der Verwahrstelle nach § 84 Abs. 1 Nr. 5 sichergestellt sein. Nach § 84 Abs. 1 Nr. 5 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die folgenden Geschäfte nur mit Zustimmung der Verwahrstelle vornehmen: Verfügungen über Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften oder, wenn es sich nicht um eine Minderheitsbeteiligung handelt, die Verfügung über zum Vermögen dieser Gesellschaften gehörende Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Abs. 1 sowie Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung. Nach dem Wortlaut des § 234 S. 1 Nr. 3 genügt hierfür eine Vereinbarung zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Immobiliengesellschaft. Die Verwahrstelle muss nicht Partei dieses Vertrages sein.48 Die Einengung der Vorgabe des § 234 Abs. 1 Nr. 3 von der parallelen Vorschrift des § 233 Abs. 1 Nr. 5, der ganz allgemein die Gewährleistung der Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Verwahrstelle verlangt, ist inhaltlich nicht nachvollziehbar und führt zu erheblichen Auslegungsproblemen.

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1. Begriff der Verfügungen. Der in § 84 Abs. 1 Nr. 5 angesprochene Begriff der Verfügung umfasst im allgemeinen zivilrechtlich Sinn die dingliche Übertragung, Belastung, Aufhebung oder inhaltliche Änderung eines Rechts.49 Verfügungen sind in Abgrenzung zu Verpflichtungsgeschäften zu sehen, die Leistungspflichten begründen,50 ohne unmittelbar auf ein bestehendes Recht einzuwirken.51 Ein Teil der Literatur versteht den Verfügungsbegriff des § 84 Abs. 1 Nr. 5 in diesem allgemeinen zivilrechtlichen Sinn und hält damit eine Zustimmung der Verwahrstelle zu, der einer Verfügung zugrundeliegende

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46 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7. 47 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 7 spricht von „mehreren Jahren“. 48 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 28. 49 MüKo-BGB/Bayreuther § 185 Rn. 3; Palandt/Ellenberger Überbl v § 104 BGB Rn. 16; Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 68 A.IV.; Hübner WM 2014 106. 50 Palandt/Ellenberger Überbl v § 104 BGB Rn. 15.; Hübner WM 2014 106. 51 So auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8; anders Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 28, der von der Verfügung auch das zugrundeliegende Kausalverhältnis erfasst sieht.

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schuldrechtlichen Vereinbarung, dem Kausalgeschäft, für nicht erforderlich.52 Nach der entgegengesetzten Ansicht soll die Verfügung im Sinne des § 84 auch das zugrundeliegende Kausalgeschäft erfassen.53 Zu § 84 Abs. 1 Nr. 5 wird auch diskutiert, ob Belastungen überhaupt erfasst sein sollen (s. § 84 Rn. 47). Im Ergebnis besteht jedoch Einigkeit darin, dass Verpflichtungs- wie Verfügungsgeschäfte jedenfalls der Immobilien-Gesellschaft Dritten gegenüber auch ohne Zustimmung der Verwahrstelle wirksam sind (s.o. Rn. 37). 2. Verfügungen über Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften. § 234 S. 1 Nr. 3 40 verlangt die Sicherstellung der Rechte der Verwahrstelle durch eine Vereinbarung zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Immobilien-Gesellschaft. Genau genommen macht eine Vereinbarung zwischen der Immobilien-Gesellschaft und ihrem Gesellschafter, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, zu dem Zustimmungsbefugnis der Verwahrstelle zu Verfügungen über die Beteiligung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an der Immobilien-Gesellschaft wenig Sinn.54 Denn die Immobilien-Gesellschaft wird nicht notwendigerweise Partei eines Übertragungsvertrages der Beteiligung zwischen der veräußernden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem Erwerber. Ausnahmen können sich in Fällen der Vinkulierung ergeben, bei denen die Geschäftsführung einer Übertragung der Beteiligung zustimmen muss, um diese dinglich wirksam werden zu lassen. Es könnte daher im Sinne der allgemeinen Sorgfaltspflichten der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft geboten sein, dass diese auf die Einfügung einer solchen Vinkulierungsklausel in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag (soweit dies für die jeweilige Gesellschaftsform zulässig ist) hinzuwirken hat, um den Anforderungen des § 234 S. 1 Nr. 3 gerecht zu werden. Gesetzlich explizit gefordert ist dies allerdings nicht.55 Darüber hinaus würde eine solche Vinkulierung auch nicht zu einem erhöhten Schutz der Anleger führen, da nach § 84 Abs. 2 S. 3 eine entsprechende Verfügung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ohnehin bereits kraft Gesetzes unwirksam wäre. Eine gesonderte schuldrechtliche Vereinbarung hierzu, die ohnehin aufgrund von § 137 BGB (Unwirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungsverbote) keine Außenwirkung entfalten würde, erscheint daher überflüssig.56 Demgegenüber ist bei einer mehrstöckigen Beteiligungsstruktur das Zustimmungs- 41 erfordernis zugunsten der Verwahrstelle für Verfügungen über Beteiligungen, die eine Immobilien-Gesellschaft an anderen Immobilien-Gesellschaften hält, durchaus einer (schuldrechtlichen) Regelung in einem Vertrag zwischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der (unmittelbar gehaltenen) Immobilien-Gesellschaft zugänglich. Diesen Fall spricht § 84 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 im Gegensatz zu § 26 Abs. 1 Nr. 5 InvG ausdrücklich an und unterwirft ihn gleichfalls dem Zustimmungsvorbehalt. Die zu dem InvG vertretene analoge Anwendung des Zustimmungsvorbehaltes für Verfügungen über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte57 ist damit für das KAGB nicht mehr erforderlich. 3. Satzung- bzw. Gesellschaftsvertragsänderungen. Das Zustimmungserfordernis 42 zugunsten der Verwahrstelle im Hinblick auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages

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52 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8. 53 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 32. 54 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 29. 55 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8. 56 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8. 57 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 31; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 8.; Hübner WM 2014 106.

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oder der Satzung ist einer dinglichen Absicherung durch einen Vertrag zwischen der Immobilien-Gesellschaft und ihrem Gesellschafter, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschafter im Zweifel noch weniger zugänglich. Jedenfalls nach deutschen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen besteht das sogenannte Abspaltungsverbot, dass die Übertragung von Mitgliedschaftsrechten wie den Stimmrechten auf Nichtgesellschafter und eine Ermächtigung zur Ausübung in eigenem Namen untersagt, s. auch §§ 38 S. 2, 717 BGB.58 Dies gilt jedenfalls für Personengesellschaften, auch für Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft,59 und die GmbH. Die Aktiengesellschaft erlaubt hingegen Stimmrechtsermächtigungen, § 129 Abs. 3 AktG. Im Gegensatz zu einer solchen dinglich wirkenden Rechtseinräumung erachtet die Rechtsprechung rein schuldrechtlich wirkende Stimmbindungsverträge auch mit Nichtgesellschaftern für zulässig und durchsetzbar.60 Insofern könnte die Immobilien-Gesellschaft mit der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen solchen schuldrechtlichen Vertrag im Sinne eines echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), der Verwahrstelle, schließen, wonach Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung der Zustimmung der Verwahrstelle bedürfen. Der Vertrag bindet letztlich nur die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als Gesellschafter der Immobilien-Gesellschaft, da die Gesellschaft selbst hinsichtlich der Änderung ihres Gesellschaftsvertrages kein Mitspracherecht besitzt. 43

4. Verfügungen über Vermögensgegenstände von Immobilien-Gesellschaften. Es wird vertreten, dass nur der Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Verwahrstelle im Hinblick auf Verfügungen über zum Vermögen der Immobilien-Gesellschaften gehörende Vermögensgegenstände (zu dem Begriff der Verfügung s.o. Rn. 25) Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung mit der Immobilien-Gesellschaft sein muss.61 Eine solche Verfügung kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht vornehmen, da ihr der betreffende Vermögensgegenstand nicht gehört. Sie kann an einer solchen Verfügung durch die Immobilien-Gesellschaft nur insoweit beteiligt sein, als dass eine solche Maßnahme einem zustimmenden Gesellschafterbeschluss nach der Satzung bzw. dem Gesellschaftervertrag oder auch nur einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung unterworfen sein kann. Wie schon oben zu der Vinkulierung ausgeführt, stellt sich also die Frage, ob die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf eine entsprechende Anpassung der Satzung bzw. des Gesellschaftervertrages hinwirken muss, um die Rechte der Verwahrstelle entsprechend abzusichern. Unmittelbar aus § 234 folgt eine solche Verpflichtung nicht, da dieser nur eine Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin verlangt, eine Satzung- bzw. Gesellschaftsvertragsänderung aber nur durch Gesellschafterbeschluss (an dem die Gesellschaft selbst nicht beteiligt ist) erreicht werden kann. Eine Verpflichtung, für eine entsprechende Satzung- bzw. Gesellschaftsvertragsänderung zu sorgen, kann sich aber durchaus aus der Verpflichtung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ergeben, ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln. Es erschiene darüber hinaus sorgfaltswidrig, keinen marktüblichen Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte in die Satzung bzw. den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, so nicht ohnehin schon vorhanden. Anders, als oben bei Verfügungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft über ihre Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft, ist die Wirksamkeit einer Verfügun-

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58 MüKo-GmbHG/Liebscher § 45 Rn. 132; MüKo-GmbHG/Reichert/Weller § 14 Rn. 124. 59 MüKo-HGB/Enzinger § 119 Rn. 18.; Hübner WM 2014 106. 60 BGHZ NJW 1967 1963 (1964) (zur GmbH); so auch MüKo-BGB/Schäfer § 717 Rn. 21; anders die h.M. in der Literatur: MüKo-HGB/Enzinger § 119 Rn. 37 mit weiteren Nachweisen; Hübner WM 2014 106. 61 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 29.

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gen der Immobilien-Gesellschaft ohne die betreffende Zustimmung umstritten.62 Einer rein vertraglich vereinbarten Verfügungsbeschränkung käme im Außenverhältnis zu dem erwerbenden Dritte aufgrund von § 137 BGB (Unwirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungsverbote) zwar keine Wirkung zu. Gleiches gilt auch für einen in einer Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zustimmungsvorbehalt – auch dieser schränkt die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführung im Außenverhältnis regelmäßig nicht ein. Ausnahmen mögen sich lediglich in Fällen von kollusivem Zusammenwirken ergeben. Im Ergebnis gibt es also keinen dinglich wirkenden Schutz vor Verfügungen durch die Immobilien-Gesellschaft ohne Zustimmung der Verwahrstelle. Die möglichen schuldrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen sind jedoch (Redlichkeit der agierenden Personen vorausgesetzt) durchaus geeignet, die Rechte der Verwahrstelle abzusichern. Es ist bedauerlich, dass es der Gesetzgeber bei der Einführung des KAGB trotz der vorhandenen Kritik an den entsprechenden Vorgängerregelungen versäumt hat, § 234 S. 1 Nr. 3 so zu ändern, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ohne Einschränkung auf einen unsinnigen Vertrag mit der Immobilien-Gesellschaft zu einer Sicherstellung der Befugnisse der Verwahrstelle verpflichtet ist. Daher bleibt es auch hier, wie schon oben zu dem Zustimmungsvorbehalt hinsicht- 44 lich einer Änderung des Gesellschaftsvertrages beziehungsweise der Satzung ausgeführt, bei der Verpflichtung, ihre Mitwirkung an einem erforderlichen Gesellschafterbeschluss durch eine vertragliche Regelung mit der Immobilien-Gesellschaft im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) von der Zustimmung der Verwahrstelle abhängig zu machen (s.o. Rn. 40). Zu möglichen Vermögensgegenständen einer Immobilien-Gesellschaft gehören auch 45 Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften. Diese sind, anders als noch in der Vorgängernorm des § 26 Abs. 1 Nr. 5 InvG, nunmehr von der Verweisung des § 84 Abs. 1 Nr. 5 auf § 231 Abs. 1 von dem Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Verwahrstelle erfasst. Die zu dem InvG vertretene analoge Anwendung des Zustimmungsvorbehaltes für die in § 26 I Nr. 5 InvG nur in Bezug genommenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten auf Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften63 ist daher unter dem KAGB nicht mehr erforderlich. Der Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Verwahrstelle greift nicht, sofern die AIF- 46 Kapitalverwaltungsgesellschaft lediglich einen Minderheitsanteil an der betreffenden Immobilien-Gesellschaft hält, § 84 Abs. 1 Nr. 5. 5. Rechtsfolgen einer fehlenden Zustimmung der Verwahrstelle. Bei den Rechts- 47 folgen einer fehlenden Zustimmung der Verwahrstelle ist zu danach zu unterscheiden, wer die zustimmungspflichtige Rechtshandlung vorgenommen hat: Rechtsgeschäfte der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sind unstrittig gemäß § 84 Abs. 2 S. 3 relativ (im Verhältnis zu den Anlegern) unwirksam.64 Die Ausübung mitgliedschaftsrechtlicher Rechte ohne die erforderliche Zustimmung der Verwahrstelle ist jedoch wirksam: Eine rein schuldrechtliche Vereinbarung zugunsten der Verwahrstelle als Dritter hindert eine widersprechende Ausübung des Stimmrechts dinglich nicht. Eine Satzungsänderung ohne

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62 Dafür: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 33; dagegen: Baur/Tappen/ Herring § 84 InvG Rn. 14, der die Geschäftsführung einer Objektgesellschaft unmittelbar durch § 84 verpflichtet sieht; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8. 63 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2292); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 31; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 8. 64 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 33; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 8.

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Zustimmung der Verwahrstelle wird also wirksam. Gleiches gilt für eine zustimmungslose Genehmigung der Verfügung über Vermögensgegenstände der Immobilien-Gesellschaft. Die Verwahrstelle kann allerdings die Durchsetzung ihrer schuldrechtlichen Rechte einklagen und auf diesem Wege ihrem Zustimmungsvorbehalt zur Durchsetzung verhelfen. Hat die Immobilien-Gesellschaft in der Zwischenzeit aber über Vermögensgegenstände verfügt, so bleibt eine solche Verfügung den jeweiligen dritten Erwerbern gegenüber wirksam.65 VI. Stimmen- und Kapitalmehrheit (S. 1 Nr. 4) 1. Grundsatz. Nach § 234 S. 1 Nr. 4 muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Immobilien-Gesellschaft die Stimmen- und Kapitalmehrheit haben, die für eine Änderung der Satzung erforderlich ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung dieser durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz eingefügten Norm sollte hierdurch sichergestellt werden, dass bei dem Erwerb von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften die Anlagegrundsätze des Gesetzes eingehalten werden.66 Ferner sollte abgesichert sein, dass die Kapitalanlagegesellschaft jederzeit in der Lage ist, ohne Rücksicht auf andere Gesellschafter Veräußerungen von Immobilien, Erlösausschüttungen und Veräußerungen von Gesellschaftsanteilen durchzusetzen.67 Alle diese Maßnahmen fallen grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung einer Immobilien-Gesellschaft. Eine Stimmenmehrheit gewährt aber allenfalls mittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung.68 Dies gilt auch nur bei solchen Gesellschaften, bei denen eine unmittelbare Einflussnahme der Gesellschafter auf die Geschäftsführung (wie zum Beispiel durch Bindung der Geschäftsführung an Anweisungen der Gesellschafter bei der GmbH) vorgesehen ist. Wie eine Kapitalmehrheit bei anderen Gesellschaften, die solche unmittelbaren Weisungsbefugnisse nicht vorsehen, Einfluss auf die Geschäftsführung sichern können soll, bleibt unklar.69 § 234 S. 1 Nr. 4 verlangt eine satzungsändernde Stimmen- und Kapitalmehrheit. Die 49 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss daher aus ihrer Beteiligung die Stimmanzahl zustehen, die nach Gesetz und Satzung (sofern diese höhere Vorgaben enthält) für eine Satzungsänderung erforderlich ist. Von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für verschiedene Sondervermögen gehaltene Einzelbeteiligungen an einer Immobilien-Gesellschaft können dem Sinn und Zweck dieser Schutzvorschrift nach für die Feststellung einer Mehrheitsbeteiligung zusammen gerechnet werden.70 Dies folgt aus § 237 Abs. 5, der eine solche Zusammenrechnung für die Bestimmung der anwendbaren Wertgrenzen ausdrücklich anordnet (s. auch Schachinger, § 237 Rn. 4). Danach kommt es also nicht auf die Beteiligung für das einzelne Immobilien-Sondervermögen, sondern auf die Beteiligungen für sämtliche Sondervermögen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang das Verbot, Beteiligungen an derselben Immobilien-Gesellschaft für Rechnung sowohl von Publikums-AIF als auch von SpezialAIF zu halten, § 237 Abs. 6. Bei der Betrachtung sind solche Bestandteile der Satzung unbeachtlich, die aus Grün50 den eines etwaigen gesetzlichen Minderheitenschutzes71 oder aufgrund des Vorliegens

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65 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 33. 66 BTDrucks. 13/8933 S. 118. 67 BTDrucks. 13/8933 S. 118. 68 In diesem Sinne auch Fock WM 2000 1729 (1734); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 44. 69 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 44. 70 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 19. 71 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 19.

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eines Grundlagengeschäftes stets nur mit Zustimmung anderer Gesellschafter geändert werden können.72 In der Literatur wird darüber hinaus vertreten, dass sich die satzungsändernde Mehrheit nur auf die Satzungsbestandteile beziehen muss, die für die Einhaltung des KAGB und den Verkauf von Immobilien relevant sind.73 Hierzu sollen die Satzungsbestandteile zählen, die den Verkauf und die Belastung von Immobilien, die Fremdfinanzierung der Immobilien-Gesellschaft, Kapitalerhöhungen, die Liquidation der Immobilien-Gesellschaft sowie die Geschäftsführerbestellung regeln.74 Satzungsregelungen zu den Rechtspositionen der anderen Gesellschafter als der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, wie zum Beispiel asymmetrische Gewinnverteilungen, sollen demnach nicht von § 234 S. 1 Nr. 4 erfasst sein.75 Das entspricht, jedenfalls aus dem Blickwinkel des deutschen Rechts, durchaus dem gesetzlichen Minderheitenschutz, der Satzungsänderungen in Bezug auf Rechte von Minderheitsgesellschaftern nur mit Zustimmung des betroffenen Minderheitsgesellschafters zulässt, § 53 Abs. 3 GmbHG, §§ 179 Abs. 3 und 180 AktG.76 Gleiches gilt für Grundlagengeschäfte, die die Zustimmung sämtlicher Gesellschaf- 51 ter erfordern. Auch hier gilt, dass das KAGB keine satzungsändernde Mehrheit fordern kann, die für die jeweilige Gesellschaftsform gesetzlich nicht vorgesehen ist.77 Eine formal bestehende satzungsändernde Mehrheit kann de facto durch einschrän- 52 kende Gesellschaftervereinbarung oder sonstige schuldrechtliche Verpflichtungen (zum Beispiel gegenüber Kreditgebern) entfallen. Der Sinn und Zweck des § 234 S. 1 Nr. 4 gebietet es, solche Fallgestaltungen zu berücksichtigen und keine rein formale Betrachtung ausschließlich auf Basis der Satzungsregelungen anzustellen.78 Wird die Ausübung der in der Satzung vorgesehenen satzungsändernden Mehrheit also durch Vereinbarungen außerhalb der Satzung beschränkt, so besitzt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht die nach § 234 S. 1 Nr. 4 erforderliche Mehrheit. Eine dingliche Wirkung der schuldrechtlichen Vereinbarung ist hierfür nicht entscheidend, sie dürfte rechtlich ohnehin kaum erreichbar sein. Vielmehr reichen gravierende negative Konsequenzen, die mit einem Verstoß gegen die neben der Satzung stehenden schuldrechtlichen Vereinbarung einhergehend würden, für die Annahme aus, dass der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft tatsächlich keine satzungsändernde Mehrheit im Sinne des § 234 S. 1 Nr. 4 zusteht.79 2. Ausnahme. Minderheitsbeteiligungen, also solche, wo eine Stimmen- und Ka- 53 pitalmehrheit im Sinne des § 234 Abs. 1 Nr. 4 fehlt, darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 234 S. 2 nur unter Beachtung der Anlagegrenze nach § 237 Absatz 3 erwerben. Danach darf der Wert der Vermögensgegenstände, die zum Vermögen von Immobilien-Gesellschaften gehören, an denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens nicht mit einer Kapitalmehrheit beteiligt ist, 30 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht überschreiten (s.

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72 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 46 und 47. 73 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 45. 74 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 45; weitergehend: Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 19, wonach darüber hinaus sämtliche nicht völlig unwesentliche Maßnahmen erfasst sein sollen. 75 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 45. 76 Vergleichbares gilt für Personengesellschaften: Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch, § 119 Rn. 35 f.; Hübner WM 2014 106. 77 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 46 und 47. 78 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 49; anders aber Schultz-Süchting/ Thomas WM 2008 2285 (2293); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 19. 79 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2293) will hier anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entscheiden; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 49.

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§ 234

Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften

hierzu Schachinger, § 237 Rn. 3). Hält die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Mehrheit im Sinne des § 234 As. 1 Nr. 4, so darf der Wert der Vermögensgegenstände dieser Immobilien-Gesellschaften bis zu 49 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens erreichen, § 237 Abs. 1 (s. hierzu Schachinger § 237 Rn. 1). Diese Regelung ist Ausdruck der Ansicht des Gesetzgebers, dass das Fehlen eines maßgeblichen Einflusses der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf die Geschäftspolitik der Immobilien-Gesellschaft keine optimale Sicherung der Interessen der Anleger und der Liquiditätssituation des Immobilien-Sondervermögens darstellt.80 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang § 237 Abs. 5, der eine Zusammen54 rechnung von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für verschiedene Sondervermögen gehaltene Einzelbeteiligungen an einer Immobilien-Gesellschaft für die Bestimmung der anwendbaren Wertgrenzen anordnet. Danach kommt es also nicht auf die Beteiligung für das einzelne Immobilien-Sondervermögen, sondern auf die Beteiligungen für sämtliche Sondervermögen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an.81 Eine Mindest-Prozentgrenze oder sonstige Mindestvoraussetzungen stellt der Ge55 setzgeber für eine Minderheitsbeteiligung nicht auf. Minderheitsbeteiligungen sind auch von dem Zustimmungsvorbehalt der Verwahrstelle bei Verfügungen über Vermögensgegenstände der Immobilien-Gesellschaft ausgenommen, § 84 Abs. 1 Nr. 5. Alle sonstigen Voraussetzungen (außer dem Mehrheitserfordernis und dem genannten Zustimmungsvorbehalt) für einen Beteiligungserwerb an einer Immobilien-Gesellschaft durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens müssen allerdings auch bei dem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung erfüllt sein. Entfallen die Voraussetzungen für den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung im 56 Nachhinein, so hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Veräußerung dieser Beteiligung unter Wahrung der Interessen der Anleger anzustreben, § 237 Abs. 7 (s. hierzu Schachinger § 237 Rn. 6). VII. Ausschluss von Nachschusspflichten (S. 1 Nr. 5) 1. Allgemeines. Nach § 234 Abs. 1 Nr. 5 muss durch die Rechtsform der ImmobilienGesellschaft eine über die geleistete Einlage hinausgehende Nachschusspflicht ausgeschlossen sein. Diese Vorschrift begrenzt das Risiko eines Beteiligungserwerbs auf die geleistete oder übernommene Einlage.82 Anders als bei dem unmittelbaren Erwerb einer Immobilie durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft können in einer Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft immobilienfremde Risiken liegen. Dies gilt insbesondere für schon länger bestehende Immobilien-Gesellschaften, die historische Risiken aufgrund ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit mit sich bringen kann. Der Begriff der Nachschusspflicht erfasst in erster Linie potentielle Zahlungsver58 pflichtungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber der Immobilien-Gesellschaft.83 Gläubiger können mit einem vollstreckbaren Titel gegen die Immobilien-Gesellschaft solche Zahlungsansprüche der Immobilien-Gesellschaft gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Sie hätten daher mittelbaren Zugriff auf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, wenn gegen diese eine Nachschusspflicht bestünde. Aus diesem Grunde erscheint es naheliegend, dass der 57

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80 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 43. 81 Patzner/Döser § 68 InvG Rn. 2. 82 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 50. 83 A.A. Fock WM 2000 1729 (1731), der ausschließlich eine direkte Außenhaftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft erfasst sehen will.

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C. Kommentierung

§ 234

Begriff der Nachschusspflicht nach § 234 S. 1 Nr. 5 von vornherein auch eine mögliche direkte Haftung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber Gläubigern der Immobilien-Gesellschaft umfasst84 und damit verbietet. Ihrem Sinn und Zweck nach bezieht sich § 234 S. 1 Nr. 5 nur auf die AIF-Kapitalver- 59 waltungsgesellschaft85 und nicht zwingend auf sämtliche Gesellschafter einer Immobilien-Gesellschaft. Ein Schutzbedürfnis der übrigen Gesellschafter ist nicht erkennbar und ein anderes Verständnis der Norm würde – gerade im Immobilienbereich sehr übliche – Gesellschaftsformen, wie die einer GmbH & Co KG, von vornherein ausschließen. Die Nachschusspflicht muss durch die Rechtsform der Immobilien-Gesellschaft 60 ausgeschlossen sein. Rein vertraglich vereinbarte Haftungsausschlüsse reichen also nicht aus.86 2. Einzelfälle. Eine über die Einlage hinausgehende Nachschusspflicht ist durch die 61 Rechtsform der Immobilien-Gesellschaft jedenfalls bei Gesellschaften in der Form von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen. Sie stellen daher zulässige Beteiligungsformen nach § 234 S. 1 Nr. 5 dar.87 Bei einer offenen Handelsgesellschaft und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht eine solche Nachschusspflicht dagegen eindeutig, so dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Erwerb einer Beteiligung an diesen Gesellschaftsformen versagt ist.88 Besteht die Immobilien-Gesellschaft aus einer Kommanditgesellschaft, so kann die 62 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unmittelbar nur eine Kommanditbeteiligung, nicht aber eine Komplementärbeteiligung eingehen.89 Der Komplementär haftet nach § 161 Abs. 1 HGB unbeschränkt für Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft. Eine solche Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern ist von dem Verbot der Nachschusspflichten umfasst (s.o. Rn. 58). Die Haftung des Kommanditisten hingegen ist auf die Höhe der Einlage beschränkt, § 171 Abs. 1 HGB. Im Ergebnis unstreitig ist, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der 63 marktüblichen Struktur einer GmbH & Co KG für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens eine Beteiligung an der Komplementär-GmbH erwerben darf.90 Entscheidend ist für diese Frage, ob bei solchen mehrstöckigen Strukturen jede Beteiligungsstufe die Vorgaben des § 234 erfüllen muss, also insbesondere selbst ebenfalls keinen Nachschusspflichten ausgesetzt sein darf. Dies wird zu Recht verneint. § 238 verweist für Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften nicht auf § 234. Auch Sinn und Zweck der Regelung, die Risikoabschirmung des Immobilien-Sondervermögens, erfordert keinen Ausschluss von Nachschusspflichten auf sämtlichen Ebenen unterhalb der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft.91 Hinreichend ist es also, wenn die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unmittelbar gehaltenen Beteiligungen keiner Nachschusspflicht unterliegen.

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84 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 51; indirekt auch Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 20 aufgrund der Ablehnung der Übernahme von Komplementärstellungen in einer Kommanditgesellschaft. 85 Fock WM 2000 1729 (1731); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 53. 86 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 52. 87 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 54; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 20. 88 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 20. 89 Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 68 C. 90 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 20. 91 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 54; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 20.

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§ 234

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Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften

Diskutiert wird auch, ob eine im Einzelfall minimale Nachschusspflicht entgegen dem Wortlaut des § 234 zulässig sein kann.92 Angesprochen sind hiermit steuer-optimierte Gestaltungen im Ausland, die eine unbegrenzte Haftung im Außenverhältnis voraussetzen, beschränkt pro rata entsprechend der Höhe der jeweiligen Beteiligung. Die Beteiligung wird extrem niedrig gewählt, so dass das Haftungsrisiko entsprechend überschaubar wird. Wirtschaftlich betrachtet spricht einiges dafür, ein Haftungsrisiko von zum Beispiel Euro 1,00 als unbeachtlich und mit § 234 vereinbar zu qualifizieren. Die Schwierigkeit liegt jedoch in der Grenzziehung. Eine solche Ausnahme sollte daher auf offensichtliche Fälle beschränkt sein. VIII. Mittelbare Beteiligungen (S. 1 Nr. 6)

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Nach § 234 Abs. 1 Nr. 6 muss die Immobilien-Gesellschaft, sofern sie an einer anderen Immobilien-Gesellschaft beteiligt ist, an dieser unmittelbar oder mittelbar mit 100 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte beteiligt sein. Eine mittelbare Beteiligung einer Immobilien-Gesellschaft an einer anderen Immobilien-Gesellschaft ist nur bei einer Immobilien-Gesellschaft mit Sitz im Ausland zulässig. Die hiermit angesprochene, sogenannte mehrstöckige Immobilien-Gesellschaft 66 hatte der Gesetzgeber mit dem InvÄndG bereits für das InvG eingeführt. Dies sollte ausweislich der Gesetzesbegründung praktischen Erwägungen Rechnung tragen, da der Erwerb ausländischer Immobilien häufig nur über Immobilien-Gesellschaften möglich sei.93 Der Gesetzgeber hat dabei jedoch übersehen, dass Immobilien im Ausland nicht notwendigerweise von Immobilien-Gesellschaften im betreffenden Ausland gehalten werden, sondern der Sitz von Gesellschaften von der Belegenheit der gehaltenen Vermögensobjekte abweichen kann.94 Entgegen der Gesetzesbegründung erlaubt der Gesetzeswortlaut nunmehr auch mehrstöckige Immobilien-Gesellschaften, die Immobilien im Inland, in Deutschland, halten. Die Sinnhaftigkeit der Differenzierung von maximal zweistöckigen Strukturen im Inland und unbegrenzt mehrstöckigen Strukturen im Ausland, die ohnehin fraglich ist, wird hierdurch weiter ad absurdum geführt. Leider hat es der Gesetzgeber verpasst, sich anlässlich der Einführung des KAGB mit dieser Frage erneut auseinander zu setzen. Zu Recht wurde schon zu dem InvG darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber sich sinnvollerweise mit inhaltlichen Fragen (der Haftungsrisiken aus der Vergangenheit und etwaigen nicht immobilienspezifischen Risiken einer Immobilien-Gesellschaft) auseinander setzen sollte,95 statt der formalen Unterscheidung nach Sitz der Immobilien-Gesellschaft im In- oder Ausland. § 234 S. 1 Nr. 6 verlangt nicht, dass auch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu 67 100 Prozent an einer Immobilien-Gesellschaft beteiligt sein muss, die sich an anderen Immobilien-Gesellschaften beteiligt.96 Lediglich die Immobilien-Gesellschaft erster Stufe muss an ihren Beteiligungen (zweite Stufe) zu 100 Prozent beteiligt sein. Beteiligungen unter der Immobilien-Gesellschaft zweiter Stufe sind nur bei Immobilien-Gesellschaften mit Sitz im Ausland erlaubt, § 234 S. 1 Nr. 6, 2. Hs. Der Wortlaut macht dabei nicht deutlich, ob die Immobilien-Gesellschaft mit Sitz im Ausland diejenige sein muss, an der die Beteiligung dritter Stufe besteht, oder die diese mittelbare Beteiligung haltende Immobi-

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92 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 55. 93 BT-Drs. 16/6874 S. 117. 94 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 7. 95 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 8. 96 Kestler/Benz BKR 2008 403 (407); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 96; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 21.

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C. Kommentierung

§ 234

lien-Gesellschaft erster Stufe. Die Gesetzesbegründung deutet jedoch darauf hin, dass die Immobilien-Gesellschaft dritter Stufe gemeint ist.97 Nach h.M. ist allerdings auch inländischen Immobilien-Gesellschaften erster Stufe Be- 68 teiligungen an Immobilien-Gesellschaften zweiter Stufe erlaubt, die unterhalb von 100 Prozent liegen, sofern der weitere Gesellschafter der Immobilien-Gesellschaft zweiter Stufe entweder die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst oder eine von dieser zu 100 Prozent gehaltene Gesellschaft ist.98 Die BaFin hat diese Auffassung jedenfalls für Kleinstbeteiligungen anderer Gesellschafter als der Immobilien-Gesellschaft erster Stufe bestätigt.99 Ihre Begründung ist dabei auch auf größere als Kleinstbeteiligungen übertragbar: Einzige Voraussetzung scheint zu sein, dass die uneingeschränkte Einflussnahme der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Sondervermögens nicht in Frage steht. Solange die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mittelbar oder unmittelbar 100 Prozent an allen Gesellschaften hält und ihre uneingeschränkte Einflussnahme auch aus sonstigen Gründen nicht in Frage steht, sind nach der Ratio des Gesetzes mithin beliebige Aufteilungen der Beteiligungen an Gesellschaften zweiter Stufe auf die ImmobilienGesellschaft erster Stufe und andere Gesellschafter zulässig.100 Ob die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft diese weiteren Beteiligungen für Rechnung des betreffenden Immobilien-Sondervermögens oder für eigene Rechnung hält, ist unerheblich. Hält sie diese für eigene Rechnung, darf sie allerdings damit keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen,101 um Interessenkonflikte auszuschließen. Damit kann sie für eigene Rechnung faktisch nur wirtschaftlich unbedeutende Kleinstbeteiligungen halten, eine größere Beteiligung brächte zwangsläufig eine Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke mit sich.102 Zur Veranschaulichung: Das BaFin-Schreiben vom 4.6.2008 behandelt die folgen- 69 den Fallkonstellationen, die alle als zulässig erachtet werden. 70

Fall 1

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97 Im Ergebnis ebenso: BaFin, Schreiben an den BVI vom 4. Juni 2008; B/S/L/Klusak § 68 InvG Rn. 22; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 103. 98 Kestler/Benz BKR 2008 403 (407); Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2292); Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 96; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 21. 99 BaFin, Schreiben an den BVI vom 4. Juni 2008. 100 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 96; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 21. 101 BaFin, Schreiben an den BVI vom 4. Juni 2008; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 Rn. 96; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 21. 102 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 21.

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§ 235

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Fall 2

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Fall 3

73

Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften

Nach § 238 gelten für Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an anderen Immobilien-Gesellschaften § 231 Abs. 5, § 235 Abs. 2 bis 4 sowie die §§ 236, 237 Abs. 1 bis 6 entsprechend. Bei solchen mehrstöckigen Strukturen muss also insbesondere nicht jede Beteiligungsstufe selbst die Vorgaben des § 234 erfüllen.103

§ 235 Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften § 235 Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften Siedler https://doi.org/10.1515/9783110492217-022

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung des ImmobilienSondervermögens Beteiligungen nur an solchen Immobilien-Gesellschaften erwerben und halten,

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103 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 Rn. 54; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 20.

Siedler https://doi.org/10.1515/9783110492217-022

184

Systematische Übersicht

§ 235

1.

deren Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung auf Tätigkeiten beschränkt ist, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Immobilien-Sondervermögen ausüben darf, und 2. die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 und 7 sowie Absatz 3 oder Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften erwerben dürfen, die nach den Anlagebedingungen unmittelbar für das Immobilien-Sondervermögen erworben werden dürfen. (2) 1 Die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der Immobilien-Gesellschaft muss sicherstellen, dass 1. die von der Immobilien-Gesellschaft neu zu erwerbenden Vermögensgegenstände vor ihrem Erwerb von einem externen Bewerter im Sinne des § 250 Nummer 1 bewertet werden, 2. der externe Bewerter nicht zugleich die regelmäßige Bewertung gemäß den §§ 248, 249 und 251 Absatz 1 durchführt und 3. die Immobilien-Gesellschaft eine Immobilie oder eine Beteiligung an einer anderen Immobilien-Gesellschaft nur erwerben darf, wenn der dem Umfang der Beteiligung entsprechende Wert der Immobilie oder der Beteiligung an der anderen Immobilien-Gesellschaft 15 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens, für dessen Rechnung eine Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft gehalten wird, nicht übersteigt. 2 § 243 Absatz 2 gilt entsprechend. (3) Entspricht der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung der ImmobilienGesellschaft nicht den Vorschriften der Absätze 1 und 2, so darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft nur erwerben, wenn sichergestellt ist, dass der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung unverzüglich nach dem Erwerb der Beteiligung entsprechend geändert werden. (4) Die Gesellschafter einer Immobilien-Gesellschaft, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens beteiligt ist, müssen ihre Einlagen vollständig eingezahlt haben. Schrifttum Friedrich/Bühler Änderungen der Anlageverordnung – der aktuelle Entwurf des BMF, BB 2014 2185; Hübner Immobilienanlagen unter dem KAGB – Alte Fragen – neue Fragen – neue Antworten, WM 2014 106; Schultz-Süchting/Thomas Investmentrecht in internationalen Immobilientransaktionen – Transaktionsrelevante Themen des Investmentgesetzes bei ausländischen Immobilienakquisitionen, WM 2008 2285.

Systematische Übersicht A. B. C.

185

Systematische Übersicht Entstehungsgeschichte | 1 Allgemeines | 2 Kommentierung | 3 I. Anforderungen an Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag | 4 1. Beschränkter Unternehmensgegenstand (§ 235 Abs. 1 Nr. 1) | 5 2. Erwerb nur beschränkter Vermögensgegenstände (§ 235 Abs. 1 Nr. 2) | 10

3.

II.

Bewertung durch externen Bewerter (§ 235 Abs. 2 Nr. 1) | 14 4. Ausschluss von Bewertern (§ 235 Abs. 2 Nr. 2) | 19 5. Wertgrenze (§ 235 Abs. 2 Nr. 3) | 21 6. Anpassung von Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag (§ 235 Abs. 3) | 23 Einlageleistung (§ 235 Abs. 4) | 26

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§ 235

Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften

A. Entstehungsgeschichte 1

Ausweislich der Gesetzesbegründung übernimmt Absatz 1 mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 68 Abs. 1 S. 2 InvG; Absätze 2 und 3 übernehmen unter Anpassung an die Neuregelung der Vorschriften für die Bewerter und redaktioneller Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 68 Abs. 5 InvG und Abs. 4 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 68 Abs. 4 InvG.1 § 235 enthält damit Teile des bisherigen § 68 InvG. Die übrigen Teile des § 68 InvG sind im Wesentlichen in § 234 enthalten. Zur Entstehungsgeschichte dieser Norm s. daher § 234 Rn. 1 ff. B. Allgemeines

2

Da § 235 Teile des bisherigen § 68 InvG mit weitgehend lediglich redaktionellen Änderungen übernimmt, wird im Folgenden auf die Literatur zu § 68 InvG verwiesen, als ob diese sich auf § 235 bezöge. Es wird also insbesondere durchgehend die KAGB-Terminologie verwendet, auch wenn die angegebenen Fundstellen noch auf der InvG-Terminologie basieren. C. Kommentierung C. Kommentierung

3

§ 235 enthält Anforderungen an die Satzung und Einlagenerbringung von Immobilien-Gesellschaften, die von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens erworben werden sollen. I. Anforderungen an Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag

4

§ 235 sieht bestimmte inhaltliche Vorgaben an die Satzung einer Immobilien-Gesellschaft vor.

5

1. Beschränkter Unternehmensgegenstand (§ 235 Abs. 1 Nr. 1). Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens Beteiligungen u.a. nur an solchen Immobilien-Gesellschaften erwerben und halten, deren Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung auf Tätigkeiten beschränkt ist, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Immobilien-Sondervermögen ausüben darf (§ 235 Abs. 1 Nr. 1). Im InvG zählte diese Vorgabe noch zu der Begriffsbestimmung einer Immobilien-Gesellschaft. Unter dem KAGB ist die Beschränkung des Unternehmensgegenstandes nunmehr eine Zulässigkeitsvoraussetzung für Immobilien-Gesellschaften, die für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens erworben werden sollen. Tätigkeiten, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Immobilien-Sonder6 vermögen ausüben darf, umfassen insbesondere den Erwerb von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nach § 231, von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nach § 234, von Vermögensgegenständen nach § 253 (Liquiditätsvorschriften), eine Darlehensgewährung an gehaltene Immobilien-Gesellschaften nach § 240 sowie die Kreditaufnahme nach § 254 und die Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen nach § 260. Diese Tätigkeiten können also Inhalt des Unternehmensgegenstandes

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BTDrucks. 17/12294 S. 267f.

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C. Kommentierung

§ 235

einer zulässigen Immobilien-Gesellschaft werden. Im Gegensatz zu der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die diese Tätigkeiten stets für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens und nicht für eigene Rechnung ausübt, handelt die Immobilien-Gesellschaft immer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.2 Nach der h.M. reicht als Unternehmensgegenstand einer typischen Immobilien- 7 Gesellschaft das Halten und Verwalten (sowie gegebenenfalls der Erwerb, die Errichtung und der Verkauf) von Immobilien sowie aller damit im Zusammenhang stehender Tätigkeiten aus, um § 235 Abs. 1 Nr. 1 zu erfüllen.3 Darüber hinaus gehende zulässige Tätigkeiten einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft müssen nur dann ausdrücklich aufgeführt werden, wenn die Immobilien-Gesellschaft solche Geschäfte tatsächlich beabsichtigt. Dies kann insbesondere für die Darlehensaufnahme und -vergabe relevant werden, bei denen die Immobilien-Gesellschaft allerdings denselben Beschränkungen unterliegt, die auch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Bezug auf ImmobilienSondervermögen treffen. Ein Darlehen kann demnach von einer Immobilien-Gesellschaft nur an eine von dieser gehaltenen, weiteren Immobilien-Gesellschaft gewährt werden.4 Eine Darlehensvergabe an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wäre demnach ausgeschlossen, obwohl diese ein durchaus anerkanntes Instrument der Liquiditätsabschöpfung zugunsten einer Muttergesellschaft sein kann, wenn eine Gewinnausschüttung trotz guter Liquidität rechtlich nicht möglich ist. In der Literatur wird hierzu zu Recht die Meinung vertreten, dass § 240 als Schutzgesetz zugunsten der Anleger in diesem von dem Gesetzgeber offensichtlich nicht bedachten Fall entgegen seinem Wortlaut nicht anzuwenden ist, da die Norm sonst denjenigen benachteiligen würde, den sie schützen soll.5 Eine zu detailgetreue Wiedergabe der Tätigkeiten der AIF-Kapitalverwaltungsgesell- 8 schaft gemäß KAGB und den jeweiligen Anlagebedingungen kann insbesondere bei ausländischen Immobilien-Gesellschaften Risiken mit sich bringen. Dies gilt namentlich, wenn in der betreffenden Jurisdiktion die utra vires-Lehre greift.6 Danach können Rechtsgeschäfte unwirksam sein, die gegen die Satzung verstoßen. Zusätzliche Unsicherheit ergibt sich aus den erforderlichen Übersetzungen und dem Umstand, dass diese dem jeweiligen ausländischen Recht unterliegenden, übersetzten Regelungen dann auch noch nach diesem fremden Recht ausgelegt werden.7 Schon aus diesen Gründen sollte in den betreffenden Jurisdiktionen eine eher allgemeinere Formulierung des Unternehmensgegenstandes gewählt werden. Es wird auch vertreten, dass in solchen Fällen eine bloße Vereinbarung zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Immobilien-Gesellschaft (außerhalb der Satzung) ausreichend sein soll, um – offensichtlich nicht im Interesse der Anleger liegende – Rechtsunsicherheiten in ausländischen Jurisdiktionen zu vermeiden.8 Selbstverständlich dürfte sein, dass eine Einschränkung des Unternehmensgegen- 9 standes im Sinne des § 235 Abs. 1 Nr. 1 nicht zu einer Bindung der Immobilien-Ge-

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2 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 10. 3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 37 und 42; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 10. 4 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 10. 5 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 10 unter Berufung auf BGHZ NJW 1972 2262 (2263). 6 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2291); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 37. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 37. 8 Schultz-Süchting/Thomas WM 2008 2285 (2292).

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§ 235

Anforderungen an die Immobilien-Gesellschaften

sellschaft an das KAGB führt.9 Das KAGB richtet sich unmittelbar nur an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. 10

2. Erwerb nur beschränkter Vermögensgegenstände (§ 235 Abs. 1 Nr. 2). Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft darf ferner für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens Beteiligungen u.a. nur an solchen Immobilien-Gesellschaften erwerben und halten, die nach ihrem Gesellschaftsvertrag oder ihrer Satzung nur Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und 7 sowie Abs. 3 oder Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften erwerben dürfen, die nach den Anlagebedingungen auch unmittelbar für das Immobilien-Sondervermögen erworben werden dürften (§ 235 Abs. 1 Nr. 2). Aus dem Katalog der zulässigen (direkt gehaltenen) Vermögensgegenstände für Immobilien-Sondervermögen nach § 231 Abs. 1 sind damit für Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften einzig die Nießbrauchrechte gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 6 ausgenommen. § 235 Abs. 1 Nr. 2 konkretisiert damit den Kreis der zulässigen Immobilien-Gesell11 schaften. Auf der anderen Seite lässt § 235 Abs. 1 Nr. 2 aufgrund seines Verweises auf § 231 Abs. 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 253 (Liquiditätsvorschriften)10 auch andere Vermögensgegenstände als Immobilien zu. Bei wörtlichem Verständnis fallen damit Gesellschaften, die in nach § 235 zulässige Vermögensgegenstände investieren, aus der Definition der Immobilien-Gesellschaft nach § 1 Abs. 19 Nr. 22 heraus. Danach sind Immobilien-Gesellschaften nur solche, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien oder die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen (zu dem Begriff der Immobilien-Gesellschaft s. auch § 234 Rn. 19). Dieser Widerspruch in der Definitionskette erscheint etwas unglücklich, zumal er schon im InvG bestand. Der Gesetzgeber hat die Kritik an der Vorgängernorm des § 68 Abs. 1 Nr. 2 ausräumen wollen, in der der Verweis auf die Liquiditätsvorschrift gefehlt hatte.11 Nicht aufgegriffen hat er jedoch die schon zu dem InvG betonte Widersprüchlichkeit der allgemeinen Begriffsbestimmung und der speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Immobilien-Gesellschaften. Der Literatur zum InvG, die die allgemeine Definition als Missgriff des Gesetzgebers betrachtete und empfahl, diese schlicht zu ignorieren,12 ist auch unter dem KAGB beizutreten. Streng genommen ist § 235 Abs. 1 Nr. 2 auch redundant zu § 235 Abs. 1 Nr. 1, da die12 ser bereits bestimmt, dass der Unternehmensgegenstand auf die zulässigen Tätigkeiten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beschränkt sein muss.13 Dies schließt die Vorgaben dazu ein, welche Vermögensgegenstände von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens erworben werden dürfen. Eigenständigen Regelungscharakter im Vergleich zu § 235 Abs. 1 Nr. 1 weist § 235 Abs. 1 Nr. 2 daher nur hinsichtlich des Ausschlusses von Vermögensgegenständen nach § 231 Abs. 1 Nr. 6 auf. 13 Auf der Suche nach einem eigenständigen Sinn der parallelen Vorgängernorm des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InvG wurde die Auffassung geäußert, der Gesetzgeber habe zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Immobilien-Gesellschaft nur alternativ Grundstücke

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9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 38. 10 Hübner WM 2014 106 (108) unter Hinweis auf die Klärung des alten Meinungsstreits zur Frage der Berechtigung der Investition durch Immobilien-Gesellschaften in Liquiditätsanlagen. 11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 11. 12 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 12. 13 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 37; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 11.

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§ 235

oder Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften erwerben dürfe, nicht aber beides gleichzeitig.14 Der Sinn einer solchen Absicht bliebe allerdings im Dunkeln und so ist der Vorschlag in der Literatur nicht weiter aufgegriffen worden. 3. Bewertung durch externen Bewerter (§ 235 Abs. 2 Nr. 1). Die Satzung oder der 14 Gesellschaftsvertrag der Immobilien-Gesellschaft muss ferner sicherstellen, dass die von der Immobilien-Gesellschaft neu zu erwerbenden Vermögensgegenstände vor ihrem Erwerb von einem externen Bewerter im Sinne des § 250 Nr. 1 bewertet werden, § 235 Abs. 2 Nr. 1. Dies gilt sowohl für Mehrheits- wie Minderheitsbeteiligungen,15 die die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens erwerben möchte. Bei Minderheitsbeteiligungen besteht dabei keine Gewähr, dass eine solche Satzungsbestimmung von den Mehrheitsgesellschaftern dauerhaft aufrechterhalten wird. Wird die Satzung nach Erwerb einer Minderheitenbeteiligung durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dergestalt geändert, dass die Satzung nicht mehr den Anforderungen des § 235 Abs. 2 Nr. 1 entspricht, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unter Wahrung der Interessen der Anleger eine Veräußerung dieser Beteiligung anstreben, § 237 Abs. 7. Der Wortlaut der entsprechenden Regelung in Satzung oder Gesellschaftsvertrag 15 muss nicht dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Einfügung einer entsprechenden Regelung im Einzelfall dem Bedenken begegnet, dass sie dem Anlegerinteresse eher schaden als dienen könnte.16 Als Beispielsfall werden ausländische Gesellschaften genannt, die der ultra vires-Lehre unterliegen. Nach dieser sind Rechtsgeschäfte, die der Satzung widersprechen, von vornherein unwirksam (s.o. Rn. 8), so dass eine ausführliche Satzung eher Rechtsunsicherheiten mit sich bringt. Die Regelung des § 235 Abs. 2 Nr. 1 betrifft Vermögensgegenstände, die die Immobi- 16 lien-Gesellschaft neu erwirbt. Vermögensgegenstände, die eine Immobilien-Gesellschaft zulässigerweise erwerben darf, sind Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften und Liquiditätsanlagen nach § 253 sowie Vermögensgegenstände, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens erforderlich sind, § 235 Abs. 1 Nr. 2. Die Bewertungspflicht für Grundstücke und grundstückgleiche Rechte sowie von Beteiligungen an ImmobilienGesellschaften entspricht den Verpflichtungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei einem direkten Erwerb solcher Vermögensgegenstände nach §§ 231 Abs. 2 und 236 und ist daher konsequent. Liquiditätsanlagen nach § 253 sowie zur Bewirtschaftung erforderliche Vermögensgegenstände nach § 235 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 231 Abs. 3 unterliegen bei einem Direkterwerb durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch keiner Bewertungspflicht. Ihre Bewertung ist kostspielig und überflüssig, da diese Vermögensgegenstände in der Regel einen leicht zu bestimmenden Marktwert besitzen.17 Daher legt die h.M. § 235 Abs. 2 Nr. 1 im Sinne der Anlegerinteressen einschränkend dahingehend aus, dass eine vorherige Bewertung nur bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften erforderlich ist, nicht jedoch bei sämtlichen zulässigen Vermögensgegenständen einer Immobilien-Gesellschaft.18

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14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 40. 15 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 58. 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 58. 17 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 25. 18 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 59; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Zöll § 68 InvG Rn. 25.

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Die Bewertung muss nach dem KAGB nunmehr von einem externen Bewerter im Sinne des § 250 Nummer 1 bewertet werden, s. § 250 Rn. 1 f. Eine Bewertung durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist zur Vermeidung von Interessenkonflikten nicht zulässig. Die Satzung beziehungsweise der Gesellschaftsvertrag sollen sicherstellen, dass 18 neue Vermögensgegenstände nur nach einer Bewertung erworben werden. Idealerweise sollte ein solches Verbot dingliche Wirkung haben.19 Eine entsprechende Beschränkung in einer Satzung oder einem Gesellschaftsvertrag ist Dritten gegenüber jedoch – jedenfalls bei deutschen Gesellschaften – unwirksam, § 126 Abs. 2 S. 1 HGB, § 82 Abs. 1 AktG, § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer nach außen ist in Deutschland aus Verkehrsschutzgesichtspunkten nicht beschränkbar. Ein wirksamer Schutz des Immobilien-Sondervermögens lässt sich also nicht erzielen. 4. Ausschluss von Bewertern (§ 235 Abs. 2 Nr. 2). Weitere Voraussetzung ist, dass die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der Immobilien-Gesellschaft sicherstellt, dass der externe Bewerter nicht zugleich die regelmäßige Bewertung gemäß den §§ 248, 249 und 251 Absatz 1 durchführt, § 235 Abs. 2 Nr. 2. Dies gilt für Mehrheits- wie Minderheitsbeteiligungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (s.o. Rn. 14). 20 Auch bezüglich § 235 Abs. 2 Nr. 2 muss der Wortlaut der entsprechenden Regelung in Satzung oder Gesellschaftsvertrag nicht dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Einfügung einer entsprechenden Regelung im Einzelfall dem Bedenken begegnet, dass sie dem Anlegerinteresse eher schaden als dienen könnte (wie zum Beispiel in Jurisdiktionen, in denen die ultra-vires Lehre gilt, s.o. Rn. 9).20 19

5. Wertgrenze (§ 235 Abs. 2 Nr. 3). Die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der Immobilien-Gesellschaft muss ferner sicherstellen, dass die Immobilien-Gesellschaft eine Immobilie oder eine Beteiligung an einer anderen Immobilien-Gesellschaft nur erwerben darf, wenn der dem Umfang der Beteiligung entsprechende Wert der Immobilie oder der Beteiligung an der anderen Immobilien-Gesellschaft 15 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens, für dessen Rechnung eine Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft gehalten wird, nicht übersteigt (§ 235 Abs. 2 Nr. 3). Nach § 235 Abs. 2 letzter Satz gilt § 243 Abs. 2 entsprechend, wonach auch eine aus mehreren Immobilien bestehende wirtschaftliche Einheit als eine Immobilie gilt. Auch bezüglich § 235 Abs. 2 Nr. 3 muss der Wortlaut der entsprechenden Regelung 22 in Satzung oder Gesellschaftsvertrag nicht dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Einfügung einer entsprechenden Regelung im Einzelfall dem Bedenken begegnet, dass sie dem Anlegerinteresse eher schaden als dienen könnte (wie zum Beispiel in Jurisdiktionen, in denen die ultra-vires Lehre gilt, s.o. Rn. 9).21 21

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6. Anpassung von Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag (§ 235 Abs. 3). Entspricht der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung der Immobilien-Gesellschaft nicht den oben genannten Vorgaben (§ 235 Abs. 1 und 2), so darf die AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft die Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft nur erwerben, wenn sichergestellt ist,

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 24. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 58. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 58.

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C. Kommentierung

§ 235

dass der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung unverzüglich nach dem Erwerb der Beteiligung entsprechend geändert werden (§ 235 Abs. 3). Die Norm soll einen gegebenenfalls erforderlichen Übergangszeitraum legalisieren,22 der sich aus der rein tatsächlichen Schwierigkeit ergibt, die verschiedenen Schritte zum Erwerb und einer etwaig erforderlichen Umstrukturierung einer Immobilien-Gesellschaft gleichzeitig vorzunehmen. Unverzüglich bedeutet gemäß § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“.23 Der genaue Zeitraum bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalles und schließt grundsätzlich eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist mit ein.24 Allerdings wird weit verbreitet von einer Obergrenze von zwei Wochen ausgegangen.25 Teile der Literatur zu der Vorgängervorschrift in § 68 Abs. 5 S. 3 InvG vertraten die Ansicht, dass § 121 auf die Verpflichtung zur unverzüglichen Anpassung der Satzung beziehungsweise des Gesellschaftsvertrages keine Anwendung finden könne und die entsprechende Änderung vielmehr sofort nach Erwerb zu erfolgen habe.26 Weder die durch § 121 implizit zugelassene Fristverlängerung bei schuldlosen Verzögerungen noch die Gewährung einer Prüfungs- und Überlegungsfrist sei für die Verpflichtung zur unverzüglichen Anpassung akzeptabel. Im Ergebnis wird aber auch die von § 121 BGB geforderte Fristbestimmung anhand der Umstände des Einzelfalles zu dem Ergebnis kommen, dass eine Prüfungsund Überlegungsfrist auf den Fall des § 235 Abs. 3 nicht sinnvoll Anwendung finden kann. Denn bevor überhaupt eine KAGB-konforme Satzungs- beziehungsweise Gesellschaftsvertragsänderung sichergestellt werden kann, muss denknotwendig bereits die Prüfung ihrer Erforderlichkeit erfolgt sein. „Unverzüglich“ bezieht sich hier, wie schon dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen ist, also nur noch auf die Durchführung, so dass eine Prüfungs- und Überlegungsfrist nicht zu berücksichtigen ist. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss also bereits vor Erwerb der Immobilien-Gesellschaft sichergestellt haben, dass die erforderliche Satzungs- oder Gesellschaftsvertragsänderung unverzüglich im Anschluss daran durchgeführt wird. Dies verlangt von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in jedem Fall, dass sie vor Erwerb der Immobilien-Gesellschaft bereits abschließend geprüft hat, ob die Satzung beziehungsweise der Gesellschaftsvertrag einer Änderung bedarf. Nur so kann sie sicherstellen, dass eine solche Änderung erforderlichenfalls dergestalt abgestimmt und vorbereitet ist, dass sie tatsächlich unverzüglich nach Erwerb umgesetzt werden kann. Zu den Vorbereitungen einer Sicherstellung einer unverzüglichen Satzungs- beziehungsweise Gesellschaftsvertragsanpassung zählen in jedem Fall die Prüfung von Formalien27 wie spezieller Formerfordernisse für die entsprechenden Beschlüsse, die gegebenenfalls persönliche Anwesenheit oder aber Vollmachten in qualifizierter Form erfordern. Diese Formalien können, so sie nicht im Vorhinein durchdacht und vorbereitet werden, schnell zu nicht unerheblichen Verzögerungen führen. Sollte eine Satzung- oder Gesellschaftsvertragsanpassung erforderlich sein und die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine (Minderheits- oder Mehrheits-)Beteiligung übernehmen, so gehört zur „Sicherstellung“ auch die Einholung von schuldrechtlichen Verpflichtungen der (künftigen) Mitgesellschafter zur Mitwirkung an dieser Satzung – beziehungsweise Gesellschaftsvertragsänderung.28 Dies sollte selbst bei Übernahme ei-

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 68. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 68. Palandt/Ellenberger § 121 Rn. 3; Friedrich/Bühler BB 2014 2185. Palandt/Ellenberger § 121 Rn. 3; Friedrich/Bühler BB 2014 2185. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 27. So wohl auch: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 68. So wohl auch: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 68.

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ner satzungsändernden Mehrheit gelten,29 um die Anforderung der „unverzüglichen“ Umsetzung zu erfüllen. Eine etwaige Blockade des Minderheitsgesellschafters (durch Bestehen auf der Abhaltung einer förmlichen Gesellschafterversammlung unter Einhaltung der diesbezüglichen Einberufungsfristen) kann ansonsten leicht zu einer längeren Verzögerung führen. Nicht zuzustimmen ist der generellen Ansicht, dass eine Satzungsänderung dadurch 28 sichergestellt werden kann, dass der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ein Kündigungs- oder Auflösungsgrund für den Fall einer nicht sehr kurzfristigen Satzungsänderung eingeräumt wird.30 Das wäre allenfalls eine sehr mittelbare „Absicherung“ und eher eine Schadensbegrenzungsmaßnahme, insbesondere wenn der Verkauf nicht eindeutig im Interesse verbleibenden Gesellschafter liegt. Und insbesondere wenn der Verkauf im elementaren Interesse des verbleibenden Gesellschafters liegt, sollte eine direkte Absicherung durch Vereinbarung der Mitwirkung an der Satzungs- beziehungsweise Gesellschaftsvertragsänderung keine Probleme bereiten. II. Einlageleistung (§ 235 Abs. 4) Die Gesellschafter einer Immobilien-Gesellschaft, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens beteiligt ist, müssen ihre Einlagen vollständig eingezahlt haben (§ 235 Abs. 4). Die Regelung ergänzt das Verbot von Nachschusspflichten nach § 234 S. 1 Nr. 5 und erfasst sämtliche Gesellschafter der Immobilien-Gesellschaft,31 nicht nur die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Nach h.M. umfasst der Begriff der Einlage sowohl Kapital- als auch Sacheinlagen.32 30 Der Gesetzgeber hätte erwägen können, Sacheinlagen in Immobilien-Gesellschaften grundsätzlich zu verbieten, um dem inheränten Risiko einer etwaigen Differenzhaftung für die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem Betrag der übernommenen Einlageverpflichtung33 zu begegnen. Hierfür gibt es im KAGB aber keine Anhaltspunkte. § 235 Abs. 4 gilt damit auch für die Einbringung von Sacheinlagen (wie etwa unmittelbar gehaltener Immobilien) durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in eine Immobilien-Gesellschaft.34 Eine einschränkende Auslegung von § 235 Abs. 4 auf die Fälle, in denen eine sub31 sidiäre Ausfallhaftung für von anderen Gesellschaftern nicht geleistete Einlagen (wie zum Beispiel im Falle einer Kommanditbeteiligung an einer Kommanditgesellschaft), ist mit der h.M. abzulehnen.35 Es gibt neben dem Risiko aus einer solchen, im Einzelfall bestehenden Ausfallhaftung gewichtige weitere Gründe für diese Norm: So liegt es im offensichtlichen, wirtschaftlichen Interesse der Anleger, dass sämtliche Gesellschafter ihre Einlagen vollständig erbracht haben, um die Immobilien-Gesellschaft von etwaigen Bonitätsrisiken der Mitgesellschafter abzuschirmen. Da eine mögliche Ausfallhaftung mithin nicht der einzige Regelungsgrund für diese Norm darstellt, besteht zu einer entsprechend einschränkenden Auslegung kein Anlass. 29

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29 A.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 27, der die Übernahme einer satzungsändernden Mehrheit als solche ausreichen lässt. 30 So aber Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 68 E.III.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 27. 31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 56. 32 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 27a KAGG Rn. 15; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 68 InvG Rn. 57; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 23. 33 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 23. 34 Bödecker/Kuhn Teil II InvG § 68 D; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 57; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 68 InvG Rn. 23. 35 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 56.

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§ 236

Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer

Bei Kapitalerhöhungen von Immobilien-Gesellschaften, die eine AIF-Kapitalver- 32 waltungsgesellschaft bereits für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens hält, stellt sich die Frage, ob die an der Kapitalerhöhung teilnehmenden Gesellschafter bereits vorab ihr Kapital der Immobilien-Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben müssen (Leistung auf eine zukünftige Schuld), so dass zeitgleich mit der Kapitalerhöhung die entsprechenden Einlageleistungen bereits erbracht sind. In der Literatur wird vertreten, dass eine Einlageleistung unverzüglich nach Wirksamwerden des entsprechenden Kapitalerhöhungsbeschlusses ausreichend sein soll.36 36

https://doi.org/10.1515/9783110492217-023

§ 236 Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer § 236 Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer Siedler/Reiss Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer

(1) Bevor die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft erwirbt, ist der Wert der Immobilien-Gesellschaft von einem Abschlussprüfer im Sinne des § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs zu ermitteln. (2) 1Bei der Wertermittlung ist von dem letzten mit dem Bestätigungsvermerk eines Abschlussprüfers versehenen Jahresabschluss der Immobilien-Gesellschaft auszugehen. 2Liegt der Jahresabschluss mehr als drei Monate vor dem Bewertungsstichtag, ist von den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten der Immobilien-Gesellschaft auszugehen, die in einer vom Abschlussprüfer geprüften aktuellen Vermögensaufstellung nachgewiesen sind. (3) Für die Bewertung gelten die §§ 248 und 250 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 mit der Maßgabe, dass die im Jahresabschluss oder in der Vermögensaufstellung der Immobilien-Gesellschaft ausgewiesenen Immobilien mit dem Wert anzusetzen sind, der 1. zuvor bei einem Wert der Immobilie von a) bis zu einschließlich 50 Millionen Euro von einem externen Bewerter, der die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllt, oder b) mehr als 50 Millionen Euro von zwei externen, voneinander unabhängigen Bewertern, die die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllen und die die Bewertung der Vermögensgegenstände unabhängig voneinander vornehmen, festgestellt wurde und wobei 2. der Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe a oder die Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b a) Objektbesichtigungen vorgenommen hat oder haben, b) nicht zugleich die regelmäßige Bewertung gemäß den §§ 249 und 251 Absatz 1 durchführt oder durchführen und c) nicht zugleich Abschlussprüfer ist oder sind. Die Regelungen der § 236 Absatz 1 und 2 übernehmen mit redaktionellen Anpassun- 1 gen den Wortlaut des aufgehobenen § 68 Absatz 2 Satz 1 bis 3 InvG.1 In § 236 Absatz 3 wird die Regelung des aufgehobenen § 68 Absatz 2 Satz 3 InvG hinsichtlich der Maßgabe

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 InvG Rn. 57. BT-Drucks. 17/12294 S. 268.

193 https://doi.org/10.1515/9783110492217-023

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§ 236

Erwerb der Beteiligung; Wertermittlung durch Abschlussprüfer

übernommen, dass die Bewertung der Immobilien durch den oder die externen Bewerter vom Abschlussprüfer i.S.d. § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 des HGB zu übernehmen sind. Ferner werden bei Erwerb einer Immobilien-Gesellschaft die Anforderungen, die in § 231 Absatz 2 beim Erwerb an die Bewertung einer direkt gehaltenen Immobilie gestellt werden, auch an die Bewertung einer indirekt gehaltenen Immobilie gestellt.2 § 236 Absatz 1 bestimmt, dass der Wert einer Beteiligung an einer Immobilien2 Gesellschaft vor Erwerb durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von einem Abschlussprüfer i.S.v. § 319 Absatz 1 HGB zu ermitteln ist. Als Abschlussprüfer kommen dabei Wirtschaftsprüfer und ggf. auch Buchprüfungsgesellschaften bzw. vereidigte Buchprüfer in Betracht.3 Wie bereits im Rahmen der ehemaligen investmentrechtlichen Regelungen der §§ 68 Absatz 2, 70 Absatz 2 InvG, wird in § 236 Absatz 3 Satz 1 auch auf die regelmäßige Bewertung der Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gemäß § 248 Absatz 4 verwiesen. Danach ist der Wert der Beteiligung an einer ImmobilienGesellschaft nach den für die Bewertung von Unternehmensbeteiligungen allgemein anerkannten Grundsätzen zu ermitteln. Eine Konkretisierung der Regelungen von § 236 Reiss Absatz 1 sieht die Regelung des § 31 KARBV vor. Ausgangspunkt der Bewertung ist der letzte geprüfte, mit dem Bestätigungsvermerk 3 eines Abschlussprüfers versehene, Jahresabschluss einer Immobilien-Gesellschaft nach Absatz 2 Satz 1 oder, wenn dessen Stichtag mehr als drei Monate vor dem Bewertungsstichtag liegt, eine von einem Abschlussprüfer geprüfte aktuelle Vermögensaufstellung nach Absatz 2 Satz 2. Sofern der Stichtag des letzten geprüften Jahresabschlusses mehr als drei Monate vor dem Bewertungsstichtag liegt, empfiehlt sich für alle Beteiligten die Beauftragung eines geprüften Zwischenabschlusses. Der Stichtag dieses testierten Zwischenabschlusses darf in entsprechender Anwendung nicht mehr als drei Monate vor dem Bewertungsstichtag liegen.4 Mit der Wertermittlung vor Erwerb soll die Angemessenheit der Gegenleistung in 4 sinngemäßer Anwendung von § 231 Absatz 2 festgestellt werden.5 Die Angemessenheitsprüfung geht jedoch aus vielerlei Gründen ins Leere. Verglichen wird der Wert einer Immobilien-Gesellschaft zum Zeitpunkt des letzten testierten (Zwischen-)Abschlusses mit dem vereinbarten Kaufpreis zum Zeitpunkt des Übergangs der Anteile.6 Da der Bewertungsstichtag in aller Regel vom Zeitpunkt des Übergangs der Anteile abweicht, ist eine Vergleichbarkeit der Werte aber vielfach nicht gegeben.7 Die testierten Abschlüsse enthalten ferner gesellschaftsspezifische Besonderheiten (z.B. nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge, Gruppenfinanzierung, abzulösende Fremdfinanzierung), die im Rahmen des Verkaufs der Anteile mit Auswirkung auf den Wert der ImmobilienGesellschaft angepasst und verändert werden.8 Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, die Wertermittlung unter Berücksichtigung besonderer Wertkomponenten zusätzlich beispielsweise auf Basis einer Pro-forma-Bilanz zum Verkaufszeitpunkt aufzubauen, die aus dem letzten geprüften Abschluss nachvollziehbar abgeleitet ist, wodurch erst eine echte Angemessenheitsprüfung ermöglicht wird.9

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2 BT-Drucks. 17/13395 S. 407. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 236 Rn. 3. 4 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 108; Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 236 Rn. 8. 5 Vgl. § 31 Absatz 1 KARBV. 6 Vgl. Strücker/Eisenhuth/Lemnitzer/Sundermann S. 181. 7 Vgl. Strücker/Eisenhuth/Lemnitzer/Sundermann S. 181. 8 Vgl. Strücker/Eisenhuth/Lemnitzer/Sundermann S. 181. 9 Vgl. Strücker/Eisenhuth/Lemnitzer/Sundermann S. 181.

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Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen

§ 237

Hinsichtlich der Bewertung der Immobilien wird zwingend vorgeschrieben, dass die 5 Bewertung von Vermögensgegenständen ab einer Größe von mehr als 50 Mio. Euro von mindestens zwei externen Bewerter, welche die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz, Absatz 2 bis 5 erfüllen, vorzunehmen ist.10 Die Bewerter haben dabei die Bewertung der Vermögensgegenstände unabhängig voneinander vorzunehmen.11 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, wie die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit der Situation umgehen muss, wenn die Bewerter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen und die Angemessenheit der zu erbringenden Gegenleistung gemäß § 231 Absatz 2 Nummer 4 durch eine der beiden Bewertungen nicht gewährleistet ist. Hier ist die Branche aufgerufen, Maßgaben für eine einheitliche Vorgehensweise zu entwickeln. Letztlich ist es vertretbar, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft das arithmetische Mittel der Immobilienwerte bildet; eine Orientierung nur am niedrigsten Wert in Anlehnung an das Niederstwertprinzip erscheint nicht erforderlich. Klarstellend regelt das KAGB, dass der oder die Ankaufsbewerter auch Objektbesich- 6 tigungen vorzunehmen haben. Wie nach den bisherigen Regelungen des InvG dürfen die Ankaufsbewerter nicht mit den Bewertern, die die regelmäßige Bewertung vornehmen, identisch sein. Durch den neu eingeführten Verweis auf § 250 Absatz 2 wird nunmehr klargestellt, dass auch für die Ankaufsbewerter die Grundsätze der Rotation und der Unabhängigkeit gelten sollen. Zusätzlich regelt § 236 Absatz 3 Nummer 2c), dass die Ankaufsbewertung der Immobilien nicht durch den die Wertermittlung ausführenden Abschlussprüfer vorgenommen werden darf. https://doi.org/10.1515/9783110492217-024

§ 237 Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen § 237 Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen Reiss Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen

(1) Der Wert aller Vermögensgegenstände, die zum Vermögen der Immobilien-Gesellschaften gehören, an denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens beteiligt ist, darf 49 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht übersteigen. (2) Der Wert von Vermögensgegenständen, die zum Vermögen einer Immobilien-Gesellschaft gehören, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens zu 100 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte beteiligt ist, wird auf die Anlagegrenze nach Absatz 1 nicht angerechnet. (3) Unbeschadet der Anlagegrenze nach Absatz 1 darf der Wert der Vermögensgegenstände, die zum Vermögen von Immobilien-Gesellschaften gehören, an denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des ImmobilienSondervermögens nicht mit einer Kapitalmehrheit beteiligt ist, 30 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht überschreiten. (4) Bei der Berechnung des Wertes des Sondervermögens nach den Absätzen 1 und 3 werden die aufgenommenen Darlehen nicht abgezogen. (5) Nicht anzurechnen auf die Anlagegrenzen der Absätze 3 und 4 ist die von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines einzelnen Immobilien-Sondervermögens gehaltene Kapitalbeteiligung von weniger als 50 Prozent des Wertes der Immobilien-Gesellschaft, wenn die Beteiligung der AIF-Kapitalver-

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Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 236 Rn. 9. Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 236 Rn. 9.

195 https://doi.org/10.1515/9783110492217-024

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§ 237

Umfang der Beteiligung; Anlagegrenzen

waltungsgesellschaft infolge zusätzlicher Kapitalbeteiligungen die Anforderungen des § 234 Satz 1 Nummer 4 erfüllt. (6) Beteiligungen an derselben Immobilien-Gesellschaft dürfen nicht sowohl für Rechnung eines oder mehrerer Publikums-AIF als auch für Rechnung eines oder mehrerer Spezial-AIF gehalten werden. (7) Wenn nach Erwerb einer Minderheitsbeteiligung die Voraussetzungen für den Erwerb und das Halten der Beteiligung nicht mehr erfüllt sind, hat die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft die Veräußerung der Beteiligung unter Wahrung der Interessen der Anleger anzustreben.

A.

Systematische Übersicht Anlagegrenzen bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 1, 2, 3) I. Die 49 Prozent Begrenzung | 1 II. Keine Anrechnung der Anlagegrenze bei 100% Beteiligung | 2 III. Die Begrenzung bei Minderheitsgesellschaften | 3

B.

C. D.

Sonderregelungen bei Minderheitsgesellschaften und satzungsändernden Kapital- oder Stimmenmehrheit (Absatz 5) | 4 Trennung der Anteile zwischen PublikumsAIF und Spezial-AIF (Absatz 6) | 5 Pflicht zur Veräußerung bei Unzulässigkeit (Absatz 7) | 6

§ 237 Absatz 1 bis 6 bzw. Absatz 7 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut der aufgehobenen §§ 68 Absatz 6 bzw. Absatz 8 des InvG.1 A. Anlagegrenzen bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 1, 2, 3) A. Anlagegrenzen bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 1, 2, 3) I. Die 49% Begrenzung 1

§ 237 Absatz 1 bis 3 bestimmt für Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften Anlagegrenzen um eine ausreichende Risikodiversifizierung herbeizuführen.2 Nach § 237 Absatz 1 darf der Wert aller Vermögensgegenstände, die zum Vermögen der ImmobilienGesellschaft gehören, an denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens beteiligt ist, 49% des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht übersteigen. Bei der Ermittlung dieser Anlagegrenze sind dabei alle Vermögensgegenstände aller Mehr- und Minderheits-Beteiligungen3 der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ins Verhältnis zum Wert des Immobilien-Sondervermögens zu setzen. Der Wert aller Vermögensgegenstände ist hier umfassend zu verstehen. Neben Immobilien, Beteiligungen und Liquiditätsanlagen sind auch alle anderen sonstigen Vermögensgegenstände wie Mietforderungen oder Erstattungsansprüche in dem anteiligen Beteiligungswert einzubeziehen.4 Der Wert des Immobilien-Sondervermögens ergibt sich sinnvollerweise aus dem Netto-Fondsvermögen zuzüglich der aufgenommen Darlehen nach § 237 Absatz 4, da die Anlagegrenze unabhängig von der Finanzierung der im Sondervermögen enthaltenen Immobilien ermittelt werden sollte.5

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1 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 2 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 237 Rn. 2. 3 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 Rn. 2, Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 70. 4 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 InvG Rn. 2. 5 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 68 InvG Rn. 31.

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B. Sonderregelungen bei Minderheitsgesellschaften

§ 237

II. Keine Anrechnung der Anlagegrenze bei 100% Beteiligung Als Ausnahme von § 237 Absatz 1 gilt die 49%-Grenze jedoch nicht für Beteiligungen, 2 an denen das Immobilien-Sondervermögen zu 100% des Kapitals und der Stimmrechte beteiligt ist (§ 237 Absatz 2). Eine solche 100%-Beteiligung besteht nach Sinn und Zweck auch dann, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ebenfalls Anteile an einem Mitgesellschafter hält.6 Diese Beteiligungen werden wie ein Direktinvestment behandelt und nicht in die Anlagegrenze nach § 237 Absatz 1 eingerechnet.7 Nur für diesen Fall kann sich keine Einflussnahme Dritter auf die Ebene der Immobilien-Gesellschaft ergeben.8 Es erfolgt eine Gleichstellung der mittelbar mit den unmittelbar für Rechnung des Sondervermögens gehaltenen Vermögensgegenständen,9 da die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ungehinderten Zugriff auf die Verwaltung der Immobilien10 und weiteren Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten hat. III. Die Begrenzung bei Minderheitsgesellschaften Sofern die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht mit einer Kapitalmehrheit an 3 einer Immobilien-Gesellschaft beteiligt ist, darf der Wert der Vermögensgegenstände, die zum Vermögen der Immobilien-Gesellschaften gehören, jedoch 30% des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nach § 237 Absatz 3 nicht überschreiten. Danach kommt es für die Berechnung der Anlagegrenze nur darauf an, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an der Immobilien-Gesellschaft mit weniger als 50% beteiligt ist.11 Auch bei der Ermittlung der Anlagegrenze bei Minderheitsgesellschaften dürfen nach § 237 Absatz 4 aufgenommene Darlehen nicht vom Wert des Sondervermögens abgezogen. Der Wortlaut ist hier eindeutig. B. Sonderregelungen bei Minderheitsgesellschaften B. Sonderregelungen bei Minderheitsgesellschaften und satzungsändernden Kapital- oder Stimmenmehrheit (Absatz 5) Wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines einzelnen Immo- 4 bilien-Sondervermögens eine Kapitalbeteiligung von weniger als 50% des Wertes der Immobilien-Gesellschaft hält, ist diese Gesellschaft nicht in die Anlagegrenzberechnung für Minderheitsgesellschaften gemäß § 237 Absatz 4 einzubeziehen, sofern die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft infolge zusätzlicher Beteiligungen von anderen Sondervermögen die satzungsändernde Stimmen- und Kapitalmehrheit gemäß § 234 Satz 1 Nummer 4 hat. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine in ihrer Hand liegende Mehrheitsbeteiligung an einer ImmobilienGesellschaft mehreren Sondervermögen zuordnen können, ohne dass die Anlagegrenze für Minderheitsbeteiligungen anwendbar ist.12

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6 7 8 9 10 11 12

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Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 237 Rn. 2. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 Rn. 3. BaFin Schreiben an BVI vom 4. Juni 2008. BaFin Schreiben an BVI vom 4. Juni 2008. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 69. Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 68 InvG Rn. 31. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 75.

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§ 238

Beteiligung von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften

C. Trennung der Anteile zwischen Publikums-AIF und Spezial-AIF (Absatz 6) 5

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf Beteiligungen an ImmobilienGesellschaften für Rechnung von verschiedenen Sondervermögen halten.13 § 237 Absatz 6 sieht aber vor, dass Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nur für einen oder mehrere Publikums-AIFs oder für einen oder mehrere Spezial-AIFs gehalten werden dürfen14 und somit nicht sowohl für Rechnung eines Publikums-AIF und gleichzeitig eines Spezial-AIF. Die Norm soll die Interessenkollision zwischen Publikums- und Spezial-AIF vermeiden.15 Im Allgemeinen wird den Spezial-AIF-Anlegern aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen größere Einflussmöglichkeiten zugestanden, die sich ggf. negativ auf die Interessen der Publikumsfondsanleger auswirken könnten.16 D. Pflicht zur Veräußerung bei Unzulässigkeit (Absatz 7) D. Pflicht zur Veräußerung bei Unzulässigkeit (Absatz 7)

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Um dem Widerspruch zwischen den Anforderungen an die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag der Immobilien-Gesellschaft einerseits und dem Fehlen eines bestimmten Einflusses auf die Gesellschaft aufzulösen, wird die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 237 Absatz 7 bei Minderheitsgesellschaften dazu verpflichtet, die Veräußerung der Beteiligung anzustreben, wenn die Voraussetzungen für den Erwerb und das Halten der Beteiligung nicht mehr erfüllt sind.17 Der Verkauf hat dann unter Wahrung der Interessen der Anleger zu erfolgen und darf von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nur angestrebt werden, wenn er zu einem angemessenen Preis vorgenommen werden kann und ein Kaufpreis erzielt werden kann, der dem Wert der Beteiligung entspricht.18 Der Verkauf mit Verlust ist aber dann in Kauf zu nehmen, wenn das weitere Halten der Beteiligung zu einer konkreten Gefahr mit einem noch größeren Schaden führen würde19 und auch keine andere für den Anleger günstigere Handlungsalternative besteht. 20 Für Mehrheits- oder 100-% Beteiligungen ist die Norm analog anzuwenden, wenn beispielsweise die Erwartung eines dauernden Ertrags entfällt.21 https://doi.org/10.1515/9783110492217-025

§ 238 Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften § 238 Beteiligung von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften Reiss Für Beteiligungen von Immobilien-Gesellschaften an anderen ImmobilienGesellschaften gelten § 231 Absatz 5, § 235 Absatz 2 bis 4 sowie §§ 236, 237 Absatz 1 bis 6 entsprechend.

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13 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 76. 14 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 Rn. 7. 15 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 76; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Zöll § 237 Rn. 7. 16 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 Rn. 7. 17 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 68 InvG Rn. 19. 18 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 78; Berger/Streck/Lübbehüsen/ Klusak § 68 InvG Rn. 19. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 78. 20 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 237 Rn. 8. 21 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 68 InvG Rn. 78; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Zöll § 237 Rn. 8.

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B. Regelungsinhalt

§ 238

A. Allgemeines Die Vorschrift übernimmt mit redaktionellen Anpassungen § 68 Absatz 9 InvG. B. Regelungsinhalt

1

B. Regelungsinhalt Die Vorschrift ordnet an, dass die im Zusammenhang mit der mittelbaren Beteili- 2 gung an Immobilien-Gesellschaften geltenden Anlagebeschränkungen, gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, sowie Bewertungsvorschriften entsprechend gelten. Insoweit wird insbesondere auf die Kommentierung zu § 234 verwiesen. Wie auch unter dem InvG wird im Gegensatz zum direkten Beteiligungsmodell nicht die 3 Begrenzung der Nachschusspflicht über das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Eigenkapital angeordnet (vgl. § 234 Nummer 5). Ausgangspunkt der unter dem alten InvG geführten Diskussion war die Frage, ob die mittelbare Beteiligung nur dann zulässig war, wenn durch die Rechtsform der Immobilien-Gesellschaft eine Nachschusspflicht über die Einlage hinaus ausgeschlossen war. Die Marktauffassung ging zwar überwiegend davon aus, dass auf der 2. Beteiligungsstufe der § 234 Nummer 5 keine Anwendung fand, jedoch wurden in der Praxis sicherheitshalber haftungsbeschränkende Rechtsformen eingesetzt. Mit der Beibehaltung der alten Regelung ist damit die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Anwendungsbereiches des § 234 Nummer 5 auf mittelbare Beteiligungsverhältnisse beseitigt. Denn der Gesetzgeber hatte durch Aufnahme eines entsprechenden Normenverweises die Möglichkeit, die gesetzliche Haftungsbeschränkung auch bei mittelbaren Beteiligungsverhältnissen anzuordnen. Inhaltlich macht eine solche Anordnung keinen Sinn, da sie den Anlegerschutz nicht erhöht.1 Denn über § 234 Nummer 5 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ohnehin sicherzustellen, dass im Rahmen einer direkten Beteiligung eine Nachschusspflicht durch die Rechtsform der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Im Übrigen muss auch die mittelbar erworbene Beteiligung als Immobilien-Gesell- 4 schaft qualifizieren. Dies gilt sowohl für ihren Gesellschaftszweck als auch für die erwerbbaren Vermögensgegenstände, die auf sie anwendbaren Anlagebeschränkungen sowie die Anwendung der Bewertungsvorschriften. – Beteiligungen an derselben Immobilien-Gesellschaft dürfen nicht sowohl für Rechnung eines oder mehrerer Publikums-AIF als auch für Rechnung eines oder mehrerer Spezial-AIF gehalten werden, § 237 Absatz 6; – Die Immobilien-Gesellschaft darf nur die in § 231 Absatz 1 vorgesehenen zulässigen Vermögensgegenstände erwerben; – In die Berechnung der in §§ 231 Absatz 1, 232 Absatz 2, 233 Absatz 2 sowie in § 237 genannten Anlagegrenzen sind von der Immobilien-Gesellschaft gehaltene Vermögensgegenstände miteinzubeziehen; – Vor dem Erwerb der Beteiligung ist deren Wert durch einen Abschlussprüfer zu ermitteln. Der Abschlussprüfer hat dabei die Bewertung von unabhängigen Sachverständigen der Bewertung zugrunde zu legen, § 236; – Die Einlagen in die Gesellschaft müssen von den anderen Gesellschaftern voll eingezahlt sein, § 235 Absatz 2; – Die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag muss sicherstellen, dass die Bewertung der Vermögensgegenstände nur durch unabhängige Sachverständige erfolgen darf und die zu erwerbenden Vermögensgegenstände bzw. weitere Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften nur erfolgen darf, wenn deren Wert 15% des Wertes des Sondervermögens nicht überschreitet, § 235 Absatz 2.

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68 Rn. 104.

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§ 239

Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung

§ 239 Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung § 239 Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-026

(1) 1Ein Vermögensgegenstand nach § 231 Absatz 1 oder nach § 234 darf für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens nicht erworben werden, wenn er bereits im Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft steht. 2Er darf ferner für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens nicht von einem Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder von einer anderen Gesellschaft erworben werden, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine bedeutende Beteiligung hält. (2) Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf nur mit Zustimmung der Bundesanstalt einen für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens gehaltenen Vermögensgegenstand nach § 231 Absatz 1 oder nach § 234 1. für eigene Rechnung erwerben, 2. an ein Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 veräußern oder 3. auf einen anderen AIF übertragen, der von ihr oder einem Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 verwaltet wird.

A. B. C. D. E.

Systematische Übersicht Sinn und Zweck der Norm | 1 Entwicklung | 3 Systematische Stellung im Gesetz/ Anwendungsbereich | 5 Erfasste Vermögensgegenstände | 10 Erwerbsbeschränkung I. Erwerbsvorgang | 12 II. Fallgruppen | 13

1.

F.

G.

Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft | 14 2. Erwerb von Dritten | 15 Veräußerungsverbot | 16 I. Fallgruppen | 17 II. Ausnahmeerteilung | 19 Rechtsfolge | 23

A. Sinn und Zweck der Norm § 239 soll der Gefahr eines Interessenskonfliktes bei Immobilien-Sondervermögen entgegenwirken. Hintergrund ist, dass Vermögensgegenstände bei Immobilien-Sondervermögen in der Regel illiquide sind und es in deren Wert zu großen Schwankungen kommen kann. Mangels Existenz eines liquiden Handelsplatzes mit kurzfristig verfügbaren Preisfeststellungen besteht eine recht große Intransparenz bei den erfassten Vermögenswerten. Das Korrektiv in Form eines unabhängigen Marktplatzes ist nicht vorhanden. 2 Nach der gesetzgeberischen Intention dient § 239 KAGB der Vermeidung derartiger Interessenkonflikte.1 Die Norm soll den Anleger davor schützen, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Vermögensgegenstände für ein Sondervermögen erwirbt oder veräußert und es im Rahmen des Veräußerungs- bzw. Erwerbsprozesses zu einer Interessenskonfliktkommt oder diese zumindest droht, wenn die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. ein mit ihr verbundenes Unternehmen auf beiden Seiten der Transaktion steht. Der Gesetzgeber wollte somit verhindern, dass über Vermögensgegenstände unter Umgehung des freien Marktes verfügt werden kann und ein möglicher Missbrauch aufgrund der Stellung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vermieden wird. 1

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BTDrucks. 14/8017 S. 105.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-026

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C. Systematische Stellung im Gesetz/Anwendungsbereich

§ 239

B. Entwicklung Die Vorschrift findet ihren Ursprung in § 27 Absatz 6 KAGG und wurde ursprünglich 3 im Zuge des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes eingefügt.2 In der Ausgangsnorm waren nur Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte erfasst. Im Zuge der Einführung des Investmentänderungsgesetzes wurde der Anwendungsbereich der Norm (§ 68a InvG) auf mittelbare, über Immobilien-Gesellschaften getätigte Investitionen, erweitert.3 Über § 239 Absatz 1 Nummer 7 erweitert der jetzige Wortlaut der Norm den Anwen- 4 dungsbereich nunmehr auch auf Vermögensgegenstände, die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ausschließlich zu Liquiditätszwecken erworben und gehalten werden dürfen. Die BaFin hat mit Schreiben vom 20. Januar 2010 verlautbart, dass sie die BVI-Wohlverhaltensregeln im Rahmen der Auslegung der einschlägigen Vorschriften heranzieht.4 C. Systematische Stellung im Gesetz/Anwendungsbereich C. Systematische Stellung im Gesetz/Anwendungsbereich Die Norm befasst sich mit Fallgruppen, die nur bei Immobilien-Sondervermögen 5 vorkommen. Im Vergleich zu § 27 ist daher § 239 als lex specialis zu sehen. § 27 ist weiterhin neben § 239 anwendbar.5 Schwieriger und nach der Einführung des KAGB von Relevanz, ist die Frage nach 6 einer analogen Anwendung der Vorschrift auf andere Fallkonstellationen. Nach Einführung des KAGB sind Sachverhalte denkbar, die sich außerhalb des Regimes von Publikums-Immobilien-Sondervermögen abspielen und bei denen dennoch natürliche Personen Anleger des AIF sind. Diese Sachverhalte waren unter dem InvG nicht denkbar, da sich an Spezial-Sondervermögen nur nicht natürliche Personen beteiligen konnten. Zudem sah das Investmentänderungsgesetz entsprechende Ausnahmeregelungen bei Spezial-Sondervermögen vor. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob die Vorschrift auf (offene) Spezial-Immobilien-Sondervermögen im Sinne der §§ 282, 284 KAGB, geschlossene Investmentvermögen in Form der Publikums- oder der Spezial-Investmentkommanditgesellschaft im Sinne der §§ 261 ff.; 285 anzuwenden ist. Relevanz besitzt die Möglichkeit einer analogen Anwendung insofern, als dass Absatz 2 die Möglichkeit gibt, trotz Bestehens eines Interessenskonfliktes mit Zustimmung der BaFin eine Verfügung vorzunehmen. Dem Wortlaut nach ist die Vorschrift nur auf Immobilien-Sondervermögen anzu- 7 wenden. Die unmittelbare Anwendung auf geschlossene Publikums-Investmentkommanditgesellschaften (§ 261 ff.) scheidet damit aus. Für eine analoge Anwendung ist indes kein Platz. Eine Analogie setzt bei vergleichbarer Interessenslage eine gesetzlich nicht gewollte Regelungslücke voraus. Im Falle von geschlossenen Publikums-Investmentkommanditgesellschaften fehlt es bereits an einer vergleichbaren Interessenslage. Bei diesem Anlagekonzept steht das konkrete Anlageobjekt vor der Ausgabe von Kommanditanteilen fest. Die Anleger wissen mit Aushändigung des Prospektes, welches Objekt zu welchem Preis erworben werden soll. Im Laufe des Lebenszyklus der geschlossenen Investment-Kommanditgesellschaft werden auch keine weiteren Objekte mehr erworben. Auch wenn es im Rahmen der Liquidationsphase der Investmentkommandit-

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201

BTDrucks. 14/8017. BGBl. I 2007, S. 3089. BaFin Schreiben vom 10. Januar 2010, GZ: WA 41-Wp2136-2008/0009. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 68a Rn. 3.

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§ 239

Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung

gesellschaft zu einer vergleichbaren Interessenslage kommt, so ist eine analoge Anwendung von § 239 aufgrund der Vorhersehbarkeit der Liquidation abzulehnen. Verwaltet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geschlossene oder offene Spezial8 Immobilien-Sondervermögen im Sinne der §§ 282, 284 sowie § 285, so ist ebenfalls fraglich, ob § 239 zur Anwendung kommt. Vom Wortlaut her fallen diese Fälle in den Anwendungsbereich des § 239, denn die Norm erfasst generalisierend Immobilien-Sondervermögen. Die Anwendbarkeit der Norm ist auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Spezialregelung ausgeschlossen. In den ursprünglichen Gesetzesfassungen war seit der Einführung des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes für Immobilien-Spezial-Sondervermögen eine Ausnahme von der Anwendung der Vorschrift vorgesehen.6 Zunächst in § 27 Absatz 6 Satz 2 KAGG normiert, wurde die Ausnahme vom Erwerbs- bzw. Veräußerungsverbots im Zuge des Investmentänderungsgesetzes im Rahmen des § 95 Absatz 9 InvG fortgeführt. Mit Einführung des KAGB fehlt eine entsprechende Ausnahmevorschrift. Die systematische Stellung von § 239 innerhalb des KAGB spricht allerdings gegen eine Anwendung auch auf Spezial-Immobilien-Sondervermögen. Die Vorschrift findet sich im Regime für Publikumsinvestmentvermögen in Kapitel 2 des KAGB. Die Regelungen zu Spezial-AIF indes stehen getrennt davon im Kapitel 3 des KAGB. Ein Vergleich mit dem Investmentgesetz ist nicht möglich: Unter dem Investmentgesetz wurden beide Regime einheitlich im Kapitel 2 geregelt. Schließlich spricht der Telos der Norm gegen eine Anwendung auch auf Spezial-Immobilien-Sondervermögen: Nach der Gesetzesbegründung zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz sowie zum Investmentänderungsgesetz waren Anleger von Spezial-Sondervermögen nicht schutzbedürftig, da diese ihre Interessen selbst in ausreichender Form wahren konnten.7 Unter dem KAGB hat sich dies für Spezial-AIF nicht geändert. Jedoch unterscheidet sich die Ausgangssituation unter dem KAGB von der bisherigen erheblich, sodass die Schutzbedürftigkeit der Anleger nicht mehr so eindeutig ist. Nach der Rechtslage unter dem InvG durften sich ausschließlich nicht natürliche Personen an einem Spezial-Sondervermögen beteiligen. Nach den Regeln des KAGB können sich nunmehr auch natürliche Personen an einem Spezial-AIF beteiligen, vorausgesetzt, sie erfüllen die Kriterien eines semi-professionellen Anlegers. Ein semiprofessioneller Anleger unterscheidet sich von dem Privatanleger insofern, als dass der semi-professionelle Anleger ausreichend Sachverstand und Erfahrung besitzen muss. Damit stellt der Gesetzgeber den semi-professionellen Anleger dem professionellen Anleger in der Frage der Schutzbedürftigkeit gleich. Die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 239 auch auf Spezial-Immobilien-Sondervermögen daher nicht geboten. Separat hiervon ist die Frage zu beurteilen, ob im Rahmen der allgemein bestehen9 den Pflicht zur Vermeidung von Interessenkollision nach § 27 ein Erwerb bzw. eine Veräußerung an die Adressaten der hier erfassten Fallgruppen ausgeschlossen ist. D. Erfasste Vermögensgegenstände D. Erfasste Vermögensgegenstände 10

Durch die Norm werden die in § 231 Absatz 1 und nach § 234 KAGB genannten Vermögensgegenstände erfasst. Neben den direkt und indirekt über Immobilien-Gesellschaften gehaltenen unbeweglichen Vermögensgegenständen, könnten nunmehr, folgt man dem Wortlaut des § 231 Absatz 1 Nummer 7, auch solche Vermögensgegenstände erfasst, die die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nur zu Liquiditätszwecken nach § 253 erwerben darf (Verweis von § 231 Absatz 1 Nummer 7 auf § 253 KAGB).8 Dem ist jedoch

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§ 27a Abs. 6 S. 2 KAGG. BTDrucks. 14/8017 S. 106; BTDrucks. 16/5576 S. 83. So noch in Baur/Tappen/Schachinger, 3. Auflage, § 239 Rn. 9.

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E. Erwerbsbeschränkung

§ 239

entgegen zu halten, dass durch den ausdrücklichen Verweis in Absatz 1 auf § 234 der Gesetzgeber wohl den Verweis über § 231 Absatz 1 Nummer 7 auf § 253 gerade ausschließen wollte. Da bereits § 231 Absatz 1 Nummer 7 direkt auf die Vermögensgegenstände des § 234 und § 253 verweist, wäre ein gesonderter Verweis innerhalb dieser Vorschrift auf § 234 redundant gewesen. Hieraus kann man im Umkehrschluss schließen, dass ein Verweis über § 231 Absatz 1 Nummer 7 auf § 253 KAGB nicht der gesetzgeberischen Intention entsprach. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei Liquidationsanlagen nach § 253 in der Regel eine Preisfeststellung problemlos möglich ist, sodass es hier gerade nicht des Schutzes dieser Vorschrift bedarf.9 Nicht erfasst werden hingegen Gegenstände, die zur Bewirtschaftung der Immobi- 11 lien erforderlich sind (§ 231 Absatz 3). E. Erwerbsbeschränkung E. Erwerbsbeschränkung I. Erwerbsvorgang Zunächst muss es sich um einen qualifizierenden Erwerbsvorgang handeln. Dabei 12 ist insbesondere streitig, ob von einem Erwerbsvorgang bereits im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts oder erst mit dem dinglichem Verfügungsgeschäft, d.h. bei Änderung der dinglichen Rechtslage, vorliegt. In der vorherigen Auflage wurde von Schachinger vertreten, dass der auf das Verfügungsgeschäft gerichtete schuldrechtliche Vertrag von dem Anwendungsbereich der Norm nicht erfasst wird.10 Begründet wurde dies damit, dass zwar mit der schuldrechtlichen Verpflichtung dem Anleger bereits ein Schaden droht, allerdings ist dieser zu diesem Zeitpunkt noch abwendbar. Daher wäre auch nicht ersichtlich, weshalb die Ausweitung des Anwendungsbereiches auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft den Anleger effektiver schützen soll. Der Hinweis, dass die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft andernfalls verpflichtet wäre, den erworbenen Vermögensgegenstand auch tatsächlich in das Eigenvermögen zu übernehmen und dies eine existentielle wirtschaftliche Belastung für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darstellt, vermöge nicht zu überzeugen.11 Letztendlich kann der Meinungsstreit dahingestellt bleiben, da der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts, dessen Verfügungsgeschäft unzulässig ist, gegen die allgemeinen Sorgfaltspflichten verstoßen. Zudem wird gemäß § 242 die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts berührt, sodass sich daraus kein zusätzlicher Schutz gegen Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus einem wirksamen Verpflichtungsgeschäft.12 II. Fallgruppen Die in Absatz 1 postulierte Erwerbsbeschränkung knüpft an das Bestehen zweier al- 13 ternativ zueinander stehender Fallgruppen an. 1. Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Erfasst wird in der 1. Alter- 14 native der Erwerb von Vermögensgegenständen, die bereits im Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft stehen. Der Gesetzeswortlaut suggeriert, dass die AIF-Kapi-

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9 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 239 Rn. 8. 10 So noch in Baur/Tappen/Schachinger § 239 Rn. 11. 11 So aber Emde/Dornseifer/Dreibus/Hlöscher/Schultz-Süchting § 68a InvG Rn. 6. 12 Moritz/Klebeck/Jesch/Brockhausen KAGB, § 239 Rn. 8.

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§ 239

Verbot und Einschränkung von Erwerb und Veräußerung

talverwaltungsgesellschaft eine dingliche Rechtsposition an dem Vermögensgegenstand innehaben muss. 15

2. Erwerb von Dritten. Die 2. Alternative beinhaltet vier Varianten. Erfasst werden Vermögensgegenstände von Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder von einer Gesellschaft, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine bedeutende Beteiligung hält. Mangels Begriffsdefinition im KAGB ist hier auf die Definition in § 1 KWG zurückzugreifen. – Mutterunternehmen sind demnach Unternehmen, die als Mutterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs gelten oder die einen beherrschenden Einfluss ausüben können, ohne dass es auf die Rechtsform und den Sitz ankommt. – Tochterunternehmen sind Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs gelten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ohne dass es auf die Rechtsform und den Sitz ankommt. Schwesterunternehmen sind Unternehmen, die ein gemeinsames Mutterunternehmen haben. – Eine bedeutende Beteiligung besteht, wenn unmittelbar oder mittelbar über ein oder mehrere Tochterunternehmen oder ein gleichartiges Verhältnis oder im Zusammenwirken mit anderen Personen oder Unternehmen mindestens 10 vom Hundert des Kapitals oder der Stimmrechte eines dritten Unternehmens im Eigen- oder Fremdinteresse gehalten werden oder wenn auf die Geschäftsführung eines anderen Unternehmens ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann. F. Veräußerungsverbot F. Veräußerungsverbot

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Nach Absatz 2 ist es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht gestattet, Vermögensgegenstände an einem bestimmten Personenkreis aus dem Sondervermögen heraus zu veräußern. In der Sache geht es darum, dass Vermögensgegenstände aus dem Sondervermögen heraus veräußert werden und es durch die Veräußerung zu einem wirtschaftlichen Nachteil für die Anleger des Immobilien-Sondervermögens kommt. I. Fallgruppen

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Erfasst werden dabei drei Fallgruppen, (i) der Erwerb auf eigene Rechnung der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft, (ii) der Erwerb durch ein Mutter-, Tochter-, Schwesteroder ein verbundenes Unternehmen sowie (iii) die Übertragung auf einen anderen AIF, der von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder Mutter-, Tochter-, Schwester- oder ein verbundenes Unternehmen verwaltet wird. Wird ein Vermögensgegenstand aus einem Sondervermögen heraus an eine der ge18 nannten Personen veräußert, liegt ein Verstoß gegen § 239 vor. Auf den Schadenseintritt kommt es nicht an. § 239 fungiert hier als Schutznorm, die ein solches Fehlverhalten, unabhängig vom Eintritt eines Schadens, verhindern soll. II. Ausnahmeerteilung 19

Im Bereich des Absatzes 2 sind Konstellationen denkbar, in denen eine Veräußerung aus dem Immobilien-Sondervermögen nicht zum Nachteil der Anleger des ImmobilienSondervermögens erfolgt. Soll dem Sondervermögen über einen Abverkauf im Rahmen der hier erfassten Fall20 gruppen Liquidität zur Verfügung gestellt werden, so kann dies ohne einen Verstoß geReiss

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G. Rechtsfolge

§ 239

gen § 239 unter Zustimmung der BaFin geschehen. Der Zustimmung der BaFin zu einer Veräußerung geht eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung voraus. Dabei hat die BaFin ihre Zustimmung davon abhängig zu machen, ob eine Interessenkollision zum Nachteil der Anleger des Sondervermögens vorliegt. Im Zuge der Prüfung hat sich die BaFin daher zunächst davon zu überzeugen, dass 21 die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Interessenkollision vorliegen. Als weiteres müssen objektiv nachvollziehbare Gründe für die Veräußerung vorliegen, um sachfremde Gründe für die Veräußerung auszuschließen. Weiterhin muss die BaFin zur Überzeugung gelangen, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zuvor alle Möglichkeiten einer Veräußerung an einen Erwerber ausgeschöpft hat, der nicht dem erfassten Personenkreis zuzuordnen ist. Daher hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zuvor alle Möglichkeiten einer Veräußerung an einen Erwerber auszuschöpfen, der nicht dem Kreis der vorstehend Genannten zuzuordnen ist. Dieses ist von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu dokumentieren.13 Schließlich darf die Interessenkollision nicht zu einem Nachteil der Anleger des Immobilien-Sondervermögens führen. Letzteres ist nicht gegeben, wenn die Veräußerung zu einem Preis vollzogen werden soll, der im Rahmen einer ordnungsgemäßen Preisbildung zustande kommt. Dies ist durch geeignete Dokumentation zu belegen. Die BaFin vertritt die Auffassung, dass jede negative Abweichung vom letzten festgestellten Verkehrswert nachteilig ist für die Anleger. Im Rahmen der Ermessensentscheidung verbleibt der BaFin kein eigener Beurteilungsspielraum. Sie kann sich somit nicht zur Herrin der Veräußerungsentscheidung aufschwingen. Erst, wenn die obige Prüfung ergibt, dass eine tatbestandliche Interessenkollision vorliegt und den Anlegern hierdurch ein wirtschaftlicher Nachteil droht, ist die Zustimmung zur Veräußerung zu versagen. Fraglich ist, ob die BaFin auch nachträglich eine Genehmigung zur Veräußerung er- 22 teilen kann. Denkbar ist, eine Genehmigung mit Hinweis auf Erledigung in der Sache durch Wegfall des Regelungsinteresses abzulehnen. Andererseits wirkt das Regelungsinteresse sowohl auf Seiten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als auch auf Seiten der Anleger mit Blick auf die Schadensersatzansprüche fort. G. Rechtsfolge G. Rechtsfolge Liegen die Voraussetzungen eines Verstoßes vor, so ist zu unterscheiden nach 23 Rechtsfolgen gegenüber Dritten einerseits sowie Rechtsfolgen gegenüber den Anlegern andererseits. Gegenüber Dritten entfaltet das Verbot der Erwerbs- bzw. Veräußerungsbeschrän- 24 kung keine Wirkung, § 242. Ein geschlossener Kaufvertrag bleibt daher weiterhin wirksam. Im Innenverhältnis kann sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wegen Verlet- 25 zung der Norm gegenüber den Anlegern des Sondervermögens schadensersatzpflichtig machen. Neben dem vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der ihr obliegenden Pflichten stellt § 239 eine Schutznorm dar, deren fahrlässige Verletzung zum Schadensersatzanspruch gem. § 823 Absatz 2 BGB führt. Eine fahrlässige Verletzung wird regelmäßig anzunehmen sein, da die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu treffen hat, um eine Interessenkollision zu vermeiden. Der Schadensersatz ist zunächst gerichtet auf die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zu-

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13 Siehe BaFin Auslegungsschreiben zur Anwendbarkeit des § 68a Abs. 2 InvG vom 27. November 2012, GZ: WA 42-Wp 2136-2012/0068.

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§ 240

Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften

standes. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf die Rückabwicklung des Geschäftes hinwirken muss. Vielfach wird dies nicht möglich sein, ohne dass hierbei Rechte Dritter verletzt werden. Somit verbleibt es beim Schadensausgleich in Geld. Dabei wird der Höhe nach der Wert zu ersetzen sein, den der betroffene Vermögensgegenstand auf dem Markt in Wahrheit erzielt hätte.

§ 240 Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften § 240 Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften Reiss A. Allgemeines https://doi.org/10.1515/9783110492217-027

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens ein Darlehen nur gewähren, wenn 1. sie an der Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, 2. die Darlehensbedingungen marktgerecht sind, 3. das Darlehen ausreichend besichert ist und 4. bei einer Veräußerung der Beteiligung das Darlehen innerhalb von sechs Monaten nach der Veräußerung zurückzuzahlen ist. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass 1. die Summe der Darlehen, die einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens insgesamt gewährt werden, 50 Prozent des Wertes der von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke nicht übersteigt und 2. die Summe der Darlehen, die den Immobilien-Gesellschaften insgesamt für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens gewährt werden, 25 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht übersteigt; bei der Berechnung der Grenze sind die aufgenommenen Darlehen nicht abzuziehen. (3) Einer Darlehensgewährung nach den Absätzen 1 und 2 steht gleich, wenn ein Dritter im Auftrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der ImmobilienGesellschaft ein Darlehen im eigenen Namen für Rechnung des ImmobilienSondervermögens gewährt.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen der Darlehensgewährung (Absatz 1) | 3 I. Darlehen | 4 II. Beteiligung an der ImmobilienGesellschaft (Absatz 1 Nummer 1) | 5 III. Marktgerechte Darlehensbedingungen (Absatz 1 Nummer 2) | 9

IV.

C. D. E.

Ausreichende Besicherung (Absatz 1 Nummer 3) | 10 V. Rückzahlungsvereinbarung (Absatz 1 Nummer 4) | 13 Darlehensgrenzen (Absatz 2) | 14 Darlehensgewährung durch Dritte (Absatz 3) | 18 Rechtsfolgen bei Verstößen | 21

A. Allgemeines 1

Die Vorschrift übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 69 InvG.1 § 240 KAGB gehört zu den in § 20 Absatz 9 Satz 1 KAGB abschließend benannten Fällen, in denen eine Darlehensvergabe für Rechnung eines AIF möglich ist

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BTDrucks. 17/12294 S. 268.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-027

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B. Voraussetzungen der Darlehensgewährung (Absatz 1)

§ 240

und stellt somit eine Ausnahme vom generellen Darlehensverbots nach § 93 Absatz 4 KAGB a.F. dar. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften sollen dadurch eine wirtschaftliche, im Interesse der Anteilinhaber liegende Verwaltung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften ermöglicht werden.2 Mit Einführung des § 20 Absatz 9 KAGB entschied der Gesetzgeber die auch zu § 240 2 KAGB geführte Debatte, ob für die Darlehensvergabe durch AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften eine nach KWG erlaubnispflichtige Tätigkeit ist und dementsprechend einer eigenständigen Erlaubnis zusätzlich zu der investmentrechtlichen bedarf, dahingehend, dass eine nach KWG aufsichtsrechtliche Erlaubnis für die Gewährung von Gelddarlehen von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften nicht benötigt wird.3 B. Voraussetzungen der Darlehensgewährung (Absatz 1) B. Voraussetzungen der Darlehensgewährung (Absatz 1) § 240 KAGB gestattet die Darlehensgewährung als Gesellschafterdarlehen (Absatz 1) 3 oder Auftragsdarlehen (Absatz 3) unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen. I. Darlehen Der Begriff des Darlehens wird in § 240 KAGB weder legaldefiniert noch präzisiert. 4 Der Vorschrift ist daher nach allgemeiner Meinung ein weiter Darlehensbegriff zugrunde zu legen.4 Umfasst sind neben Gelddarlehen nach § 488 BGB auch Sachdarlehen nach § 607 BGB. In Betracht kommen somit Finanzierungsformen, die wirtschaftlich betrachtet mit einem Gelddarlehen vergleichbar sind, wie insbesondere Wertpapierdarlehen.5 II. Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft (Absatz 1 Nummer 1) Nach Absatz 1 Nummer 1 muss die darlehensgewährende AIF-Kapitalverwaltungs- 5 gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens an der darlehensnehmenden Immobilien-Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein. Immobilien-Gesellschaften sind nach der Legaldefinition des § 1 Absatz 19 Nummer 6 22 KAGB Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen. Immobilien sind nach § 1 Absatz 19 Nummer 21 KAGB Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten. Umstritten ist, ob die Darlehensgewährung an eine Gesellschaft zulässig ist, die 7 selbst keine Immobilie hält, sondern ihrerseits nur eine Beteiligung an einer ImmobilienGesellschaft. Die BaFin verneint im Hinblick auf solche mehrstöckigen Beteiligungsstrukturen die Zulässigkeit.6 Ihre Ansicht begründet die BaFin mit der Stellungnahme des Finanzausschusses des Bundestags, der im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens

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2 BTDrucks. 13/8933 S. 119. 3 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 240 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Schücking KAGB, § 20 Rn. 101. 4 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll Investment, § 240 KAGB Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 12; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 240 Rn. 3; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Klusak InvG, § 69 Rn. 6; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer InvG, § 69 Rn. 4. 5 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 12; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 240 Rn. 3; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak InvG, § 69 Rn. 6. 6 Schreiben der BaFin an den Bundesverband Investment und Asset Management e.V. vom 4.6.2008, GZ. WA 42, S. 5 f.

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§ 240

Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften

zum InvÄndG eine Zulässigkeit zur Vorgängervorschrift des § 69 InvG ablehnte.7 Ein Teil der Literatur tritt dieser Ansicht entgegen.8 Es sei nicht ersichtlich, wieso einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft zwar erlaubt sein soll, eine steuerlich effiziente Holdingstruktur zu implementieren und mit Gesellschafterdarlehen zu kapitalisieren, aber Gesellschafterdarlehen nicht auch an eine Immobilien-Gesellschaft vergeben werden dürften, die nicht direkt Immobilien zu Eigentum hält. Hierdurch würden die Risiken für das Sondervermögen nicht erkennbar erhöht werden.9 Zudem spiele es keine Rolle, ob die Immobilien-Gesellschaft Holding oder Eigentümerin sei, die Eigenschaft als ImmobilienGesellschaft folge der Legaldefinition in § 1 Absatz 19 Nummer 22 KAGB aus dem Gesellschaftszweck.10 Anders ist die Konstellation zu beurteilen, bei der eine Gesellschaft, die selbst keine 8 Immobilie, aber eine Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft hält, mit Eigenkapital ausgestattet wird und diese selbst Gesellschafterdarlehen an eine Immobilien-Gesellschaft weiterreicht. Hier herrscht Einigkeit zumindest insoweit, dass § 240 Absatz 1 Nummer 1 KAGB der Zulässigkeit der Darlehensgewährung nicht entgegensteht. Im Detail ist jedoch streitig, ob § 240 KAGB in solchen Fällen überhaupt Anwendung findet.11 III. Marktgerechte Darlehensbedingungen (Absatz 1 Nummer 2) 9

Nach Absatz 1 Nummer 2 müssen die Darlehensbedingungen marktgerecht sein. Nicht gesetzlich bestimmt wird der Begriff der Marktgerechtigkeit. Allgemein wird zur Bestimmung auf den Fremdvergleich zurückgegriffen. Hiernach ist zu prüfen, ob ein Dritter in der unter gleichen Bedingungen bei gesamter Betrachtung bereit wäre, ein entsprechendes Darlehen zu gewähren. Zu berücksichtigende Faktoren können dabei Zins, Disagio, Laufzeit, Gebühren, Kündigungsrechte und Vorfälligkeitsentschädigungen sein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich Abweichungen aus den Besonderheiten eines Gesellschafterdarlehens ergeben können und nicht zwingend einer Marktgerechtigkeit entgegenstehen. Die Begriffe der Marktgerechtigkeit und Marktüblichkeit im Sinne von §§ 199, 254 KAGB sind grundsätzlich vergleichbar.12 IV. Ausreichende Besicherung (Absatz 1 Nummer 3)

10

Absatz 1 Nummer 3 bestimmt, dass eine ausreichende Besicherung des Darlehens notwendig ist. Als Sicherheiten kommen neben der Belastung der von der ImmobilienGesellschaft gehaltenen Immobilien nach § 260 Absatz 3 KAGB Personalsicherheiten wie Bürgschaften, Garantien, Schuldversprechen, Schuldanerkenntnisse, Schuldbeitritte und Patronatserklärungen, als auch die Abtretung von Forderungen und Realsicherheiten in Betracht.13

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7 BTDrucks. 16/6874 S. 117. 8 So auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 3; dagegen zustimmend Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 240 Rn. 5 f.; Hübner, WM 2014 113 f. 9 Schultz-Süchting WM 2009 2160. 10 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 16. 11 Ablehnend Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 3; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 15; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 240 Rn. 7. 12 Zum Ganzen: Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 17 f.; Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Lemnitzer § 69 InvG Rn. 8. 13 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura KAGG, § 27b Rn. 6; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 8.

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C. Darlehensgrenzen (Absatz 2)

§ 240

Die Besicherung ist dann ausreichend, wenn das aus der Darlehensgewährung re- 11 sultierende Risiko in angemessener Weise abgedeckt wird.14 Dazu hat die Besicherung vom Umfang das Darlehen als auch die Zinsen abzudecken.15 Ob eine ausreichende Besicherung vorliegt, ist im Einzelfall durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu beurteilen. Ist sie marktgerecht, wird sie jedenfalls ausreichend sein.16 Insoweit darf auf die Ausführungen unter III. verwiesen werden. Auch hier sind die Besonderheiten eines Gesellschafterdarlehens zu berücksichtigen, insbesondere folgt aus den gegenüber Fremddarlehen regelmäßig nachrangig begebenen Gesellschafterdarlehen eine entsprechend geringe ausgeprägte Besicherung.17 Ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu 100 Prozent an der Immobilien- 12 Gesellschaft beteiligt, bedarf es keiner Besicherung.18 V. Rückzahlungsvereinbarung (Absatz 1 Nummer 4) Nach Absatz 1 Nummer 4 muss eine vertragliche Verpflichtung der Immobilien- 13 Gesellschaft vereinbart sein, dass bei einer Veräußerung der Beteiligung das Darlehen innerhalb von sechs Monaten nach der Veräußerung zurückzuzahlen ist. Die Rückzahlungsverpflichtung besteht nur bei vollständiger Veräußerung der Beteiligung, nicht bei einer teilweisen Veräußerung oder teilweisen Gesellschafterwechsel. Nicht zwingend erforderlich ist die Aufnahme der entsprechenden Regelung im Darlehensvertrag. Mangels Außenwirkung dürfte jedoch die Aufnahme der Verpflichtung lediglich im Gesellschaftsvertrag bzw. in die Satzung der Immobilien-Gesellschaft.19 C. Darlehensgrenzen (Absatz 2) C. Darlehensgrenzen (Absatz 2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat nach Absatz 2 Nummer 1 sicherzustel- 14 len, dass die Summe aller einer einzelnen Immobilien-Gesellschaft gewährten Darlehen 50 Prozent des Wertes der von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke nicht übersteigt (sog. relative Obergrenze). Die Summe der Darlehen ist die Summe der noch offenen Rückzahlungsbeträge ohne etwaige Zinsforderungen.20 Der Wert der von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke ist die Summe des Verkehrswertes der Grundstücke. Der Verkehrswert ist auch dann maßgeblich, wenn das Grundstück nach § 248 Absatz 2 Satz 1 KAGB mit dem Kaufpreis bewertet wird.21 Des Weiteren darf nach Absatz 2 Nummer 2 die Summe sämtlicher Darlehen, die al- 15 len Immobilien-Gesellschaften gewährt werden, 25 Prozent des Wertes des Immobilien Sondervermögens nicht übersteigen (sog. absolute Obergrenze). Aufgenommene Darlehen werden dabei bei der Berechnung der Grenze nicht abgezogen. Für die absolute Obergrenze ist somit das Brutto-Fondsvermögen abzüglich sämtlicher Verbindlichkeiten außer Darlehen maßgeblich.22

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14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 69 InvG Rn. 12; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 8. 15 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura KAGG, § 27b Rn. 6. 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 69 InvG Rn. 12; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 8. 17 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 20. 18 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 6. 19 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 21. 20 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 Rn. 10; Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 22. 21 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 22; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 10. 22 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 12.

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Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften

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Bei den Darlehensgrenzen nach Absatz 2 handelt es sich um Bestandsgrenzen, sodass die Grenzen während der gesamten Laufzeit des Darlehens einzuhalten sind. Wird eine Grenze innerhalb dieses Zeitraums überschritten – etwa durch Wertminderung des von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücks – ist die Einhaltung durch teilweise Rückführung der Darlehen wiederherzustellen.23 Absatz 2 ist nicht anwendbar, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu 100 17 Prozent an der Immobilien-Gesellschaft beteiligt ist.24 D. Darlehensgewährung durch Dritte (Absatz 3)

Absatz 3 stellt Darlehen, die ein Dritter im Auftrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im eigenen Namen für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens der Immobilien-Gesellschaft gewährt, den direkten Gesellschafterdarlehen nach Absatz 1 und 2 gleich. Durch Absatz 3 soll eine Umgehung der Absatz 1 und 2 unterbunden werden. Gleichzeitig soll aber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ermöglicht werden, Dritte mit der Vergabe eines Darlehens zu beauftragen. Damit soll es unter anderem möglich sein, der Immobilien-Gesellschaft Darlehen über Kreditinstitute im Sitzstaat der Immobilien-Gesellschaft in der jeweiligen Landeswährung zu gewähren, sodass für das Immobilien-Sondervermögen das Währungsrisiko entfällt und steuerliche Probleme vermieden werden.25 Umstritten ist, wie die Formulierung „für Rechnung des Immobilien-Sondervermö19 gens“ bei einer Beauftragung nach § 778 BGB durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu verstehen ist, da nach § 778 BGB die Darlehensgewährung auf eigene Rechnung erfolgt. Teilweise wird in der Literatur vertreten, Kreditaufträge nach § 778 BGB seien vom § 240 Absatz 3 KAGB umfasst, mit der Folge, dass die Grenzen der § 240 Absatz 1, 2 KAGB zu beachten sind. Der Wortlaut des Absatz 3 sei insoweit „unglücklich“ formuliert26 und dahingehend weit auszulegen, dass ein Handeln der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Beauftragung der Kreditvergabe für Rechnung des ImmobilienSondervermögens schon dann vorläge, wenn das Verhältnis zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem Beauftragten einen Rückgriff auf erstere nur im Falle des Ausfalls des Immobilien-Gesellschaft vorsehe.27 Die Gegenansicht verweist auf klaren und eindeutigen den Wortlaut der § 240 Ab20 satz 3 KAGB und § 778 BGB. Die gegenteilige Ansicht bleibe insoweit den Nachweis der zur Analogie erforderlichen Gesetzeslücke schuldig. Absatz 3 sei somit nicht auf Kreditaufträge nach § 778 BGB anzuwenden.28 E. Rechtsfolgen bei Verstößen 18

E. Rechtsfolgen bei Verstößen 21

Nach § 242 KAGB wird die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht von einem Verstoß gegen § 240 KAGB berührt. Jedoch ist die BaFin nach § 5 Absatz 6 KAGB in diesen Fällen

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23 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 69 InvG Rn. 22. 24 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 11 f.; Weitnauer/Boxberger/Anders/KautenburgerBehr § 240 Rn. 14 f. 25 BT-Drucks. 13/8933 S. 119. 26 Schneider NZG 2008 7. 27 Schulz-Süchting/Thomas WM 2009 2162; zustimmend Weitnauer/Boxberger/Anders/KautenburgerBehr § 240 Rn. 17; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 69 InvG Rn. 18; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Klusak § 69 InvG Rn. 13. 28 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 240 KAGB Rn. 11; Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 240 Rn. 224.

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A. Entwicklung der Vorschrift

§ 241

berechtigt, aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Vorschrift sicherzustellen. Daneben stellen Verstöße gegen § 240 Absatz 1 KAGB eine Ordnungswidrigkeit dar 22 und können gemäß § 340 Absatz 2 Nummer 56, Absatz 7 Nummer 3 KAGB mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 200.000 EUR oder darüber hinaus bis zur Höhe des Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden. Der wirtschaftliche Vorteil umfasst auch vermiedene wirtschaftliche Nachteile und kann geschätzt werden. Gleiches gilt nach § 340 Absatz 2 Nummer 71, Absatz 7 Nummer 3 KAGB für Verstöße gegen § 240 Absatz 2 KAGB. 23 Ferner sind Schadensersatzansprüche der Anleger denkbar.29 29

§ 241 Zahlungen, Überwachung durch die Verwahrstelle § 241 Zahlungen, Überwachung durch die Verwahrstelle Reiss A. Entwicklung der Vorschrift https://doi.org/10.1515/9783110492217-028 1

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat mit der Immobilien-Gesellschaft zu vereinbaren, dass die der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens zustehenden Zahlungen, der Liquidationserlös und sonstige der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des ImmobilienSondervermögens zustehende Beträge unverzüglich auf ein Konto nach § 83 Absatz 6 Satz 2 einzuzahlen sind. 2Satz 1 gilt entsprechend für Immobilien-Gesellschaften, die Beteiligungen an anderen Immobilien-Gesellschaften erwerben oder halten.

A. B.

Systematische Übersicht Entwicklung der Vorschrift | 1 Tatbestandsmerkmale im Einzelnen I. Zahlungen auf ein Konto nach § 83 Absatz 6 Satz 2 KAGB | 3

II.

III.

Vereinbarung mit der Immobilien-Gesellschaft | 8 Unverzüglichkeitskriterium | 12

A. Entwicklung der Vorschrift Die Vorschrift wurde mit redaktionellen Anpassungen aus dem InvG in das KAGB 1 übernommen. Bei der korrespondierenden Vorschrift des InvG handelte es sich um § 71 InvG mit Verweiskorrektur auf den § 83 Absatz 6 Satz 2 KAGB (statt der analogen Vorschrift zu § 24 Absatz 2 InvG).1 Historisch bestand seit der Möglichkeit des indirekten Immobilienerwerbes durch 2 das 3. Finanzmarktförderungsgesetz die Notwendigkeit, eine entsprechende Anlegerschutzregelung zu schaffen.2

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Schneider NZG 2008 9.

1 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes § 71 Rn. 1. 2 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 InvG Rn. 1; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/ Thömmes § 71 InvG Rn. 1; Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 71 InvG Rn. 1.

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§ 241

Zahlungen, Überwachung durch die Verwahrstelle

B. Tatbestandsmerkmale im Einzelnen B. Tatbestandsmerkmale im Einzelnen I. Zahlungen auf ein Konto nach § 83 Absatz 6 Satz 2 KAGB 3

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Die Vorschrift des § 83 Absatz 6 Satz 2 setzt Artikel 21 Absatz 7 der Richtlinie 2011/ 61/EU um3 und regelt, dass Zahlungsströme eines AIF ordnungsgemäß zu überwachen sind. Dabei darf ein Geldkonto für ein AIF nur geführt werden, wenn es für Rechnung des inländischen AIF, im Namen der AIF-Verwaltungsgesellschaft, die für Rechnung des inländischen AIF tätig ist oder im Namen der Verwahrstelle, die für Rechnung des AIF tätig ist, geführt wird. Dabei darf dieses Konto nur bei bestimmen Stellen geführt werden (i.W. regulierte Kreditinstitute).4 Die Anbringung eines Sperrvermerkes an den Geldkonten (analog § 24 InvG) ist nach KAGB nicht mehr erforderlich, da Bankguthaben in § 83 Absatz 4 KAGB nicht genannt sind. Unter dem Begriff Zahlung werden sämtliche Geldzahlungen gefasst. Bei den Zahlungen, welche der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines ImmobilienSondervermögens zustehen, handelt es sich typischerweise um Ausschüttungen, inbesondere Gewinnausschüttungen, der Immobilien-Gesellschaft sowie um einen etwaigen Liquidationserlös aus der Liquidation der Immobilien-Gesellschaft.5 Es bleibt offen, welche Zahlungen mit den im Wortlaut des Gesetzes genannten „sonstige Beträge“ gemeint sind.6 Sollten andere Zahlungen vorliegen, fallen diese durch den Auffangtatbestand unter den Anwendungsbereich der Vorschrift § 241 KAGB. Die Vorschrift regelt insofern Zahlungen der Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Vorschrift findet nach ihrem Wortlaut keine Anwendung auf Beträge, die Dritte der Immobilien-Gesellschaft schulden.7 Daher ist es nicht erforderlich, dass die Geldkonten der Immobilien-Gesellschaft selbst – also typischerweise Mieteingangskonten, Verwalterkonten etc. – den Anforderungen des § 83 Absatz 6 Satz 2 genügen. Jedoch ist es aus Gründen des Anlegerschutzes wünschenswert, wenn auch die Konten der ImmobilienGesellschaft selbst den Anforderungen nach § 82 Absatz 6 Satz 2 entsprechen. Zu erwähnen ist, dass jedoch Verfügungen über Konten der Immobilien-Gesellschaft weiterhin dem Zustimmungserfordernis der Verwahrstelle unterliegen nach § 84 Absatz 1 Nummer 5 unterliegen. Diesbezüglich muss eine entsprechende Vereinbarung mit der Immobilien-Gesellschaft geschlossen werden (§ 234 Nummer 2 KAGB). Der Verzicht auf die Anbringung eines Sperrvermerkes führt in der Praxis zu erheblichen Erleichterungen. So war im Depotbankrundschreiben der BaFin vom 2. Juli 2012 geregelt, dass auch Bankkonten von sog. Mehrheitsbeteiligungen einen entsprechenden Sperrvermerk tragen müssen. Im Hinblick darauf, dass derartige Konten typischerweise im Ausland geführt werden, war ein derartiges Vorgehen in der Praxis häufig mit erheblichen Herausforderungen verbunden. II. Vereinbarung mit der Immobilien-Gesellschaft

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Die Vorschrift fordert ihrem Wortlaut nach den Abschluss einer Vereinbarung zwischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und Immobilien-Gesellschaft über einen Zah-

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BTDrucks. 17/12294 S. 233. Vgl hierzu die Kommentierung zu § 83 Abs. 6 KAGB. Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 71 InvG Rn. 2. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 InvG Rn. 5. Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 Rn. 3.

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Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts

§ 242

lungsweg. Dies ist bei einer Gesellschaft, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte hält, grundsätzlich darstellbar und entsprechend vorzunehmen. Bei einer Minderheitsbeteiligung besteht in der Praxis möglicherweise das Problem, den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung nicht durchsetzen zu können.8 In der Vergangenheit wurde in der Literatur in diesen Fällen gefordert, dass dann 9 zumindest die Gesellschaft angewiesen werden muss, Zahlungen nur auf ein entsprechendes Konto zu leisten, sodass die Möglichkeit für die Verwahrstelle besteht, derartige Zahlungen zu erheben. Ferner wird argumentiert, dass bei einer Weigerung der Gesellschaft, eine derartige Vereinbarung abzuschließen, kein Hinderungsgrund besteht, die Beteiligung dennoch zu erwerben, da die Erfüllung der damaligen Vorschrift des InvG nicht zu den Erwerbsvoraussetzungen des § 68 InvG gehörte.9 Dieser Argumentation ist auch weiterhin zuzustimmen. Die Erfüllung des § 241 10 gehört nicht zu den Voraussetzungen, nach denen im Sinne der §§ 234 ff. Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften erworben werden dürfen. Zudem begrenzt § 237 Absatz 3 KAGB nunmehr den Umfang des Erwerbes von Minderheitsgesellschaften, um einen Anlegerschutz zu gewährleisten. Gleichwohl sind auch bei einer Minderheitsbeteiligung die Befugnisse der Verwahrstelle nach § 84 Absatz 1 Nummer 5 sicherzustellen. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass § 241 auch im Falle einer Minder- 11 heitsbeteiligung den Abschluss einer derartigen Vereinbarung fordert. III. Unverzüglichkeitskriterium Unverzüglich bedeutet bekanntlich im bürgerlichen Recht „ohne schuldhaftes Zö- 12 gern“ (vgl. § 121 Absatz 1 Satz 1 BGB). Diese Definition ist im Zusammenhang mit Zahlungen, die der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines ImmobilienSondervermögens zustehen, jedoch unbrauchbar.10 Selbstverständlich sind Zahlungen, die fällig sind, sofort (unverzüglich) von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Immobilien-Gesellschaft anzufordern. Dies ergibt sich allein schon aus den allgemeinen Wohlverhaltensregeln. Besser passend ist an dieser Stelle der Begriff „unmittelbar“ bzw. „ohne Umweg“. 13 Zahlungen dürfen demnach nicht zunächst auf einem Konto „zwischengeparkt“ werden, das nicht dem Immobilien-Sondervermögen zuzuordnen ist und nicht die Kriterien des § 83 Absatz 6 Satz 2 erfüllt. https://doi.org/10.1515/9783110492217-029

§ 242 Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts § 242 Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts Reiss Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts Die Nichtbeachtung der vorstehenden Vorschriften berührt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht. Die Vorschrift übernimmt den Wortlaut des § 67 Absatz 8 InvG und dient dem Schutz 1 des Rechtsverkehrs. Sie bezieht sich auf die Regelungen des §§ 231 bis 240 und zivilrecht-

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8 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 Rn. 2. 9 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 Rn. 2. 10 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 71 Rn. 6.

213 https://doi.org/10.1515/9783110492217-029

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§ 243

Risikomischung

liche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.1 Die Vorschrift stellt klar, dass Dritte auf die Wirksamkeit der Handlungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vertrauen dürfen, auch und gerade wenn diese unter einem Verstoß gegen ein aufsichtsrechtliches Verbot erfolgen. Andernfalls wäre ein effektiver Schutz des Rechtsverkehrs nicht gewährleistet. Denn ein Dritter müsste vor einer Kontrahierung mit der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine aufsichtsrechtliche Due Diligence über die Rechtmäßigkeit der Kontrahierung durchführen. 1

§ 243 Risikomischung § 243 Risikomischung Reiss B. Einzelwertgrenze (Absatz 1 Satz 1) https://doi.org/10.1515/9783110492217-030

(1) 1Der Wert einer Immobilie darf zur Zeit des Erwerbs 15 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen. 2Der Gesamtwert aller Immobilien, deren einzelner Wert mehr als 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens beträgt, darf 50 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. 3Bei der Berechnung der Werte werden aufgenommene Darlehen nicht abgezogen. (2) Als Immobilie im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine aus mehreren Immobilien bestehende wirtschaftliche Einheit.

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Einzelwertgrenze (Absatz 1 Satz 1) | 2 Gesamtwertgrenze (Absatz 1 Satz 2) | 4

D. E.

Wertberechnung (Absatz 1 Satz 3) | 5 Immobilienbegriff (Absatz 2) | 6

A. Allgemeines 1

Die Vorschrift übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 73 InvG.1 Dieser entsprach dem früheren § 28 KAGG.2 Bis zur Änderung durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz musste ein Immobilien-Sondervermögen aus mindestens zehn Immobilien bestehen. Die Änderung erfolgte, da nach altem Recht die vorgeschriebene Streuung des Sondervermögens auch dann erreicht wurde, wenn in neun Grundstücke mit geringem Wert und lediglich ein wertvolles Grundstück investiert wurde. Mit der geänderten Regelung soll einerseits zwecks effizientem Anlegerschutz eine ausreichende Risikostreuung gewährleistet und andererseits den AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften eine ausreichende Flexibilität bei der Anlage für das Immobilien-Sondervermögen ermöglicht werden.3 Die Vorschrift ist nach § 244 KAGB bei neu aufgelegten Immobilien-Sondervermögen erst nach einer Anlaufzeit von vier Jahren anzuwenden. B. Einzelwertgrenze (Absatz 1 Satz 1)

2

Nach Absatz 1 Satz 1 KAGB darf der Wert einer Immobilie 15 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der

_____ 1

Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff KAGB, § 241 Rn. 1.

1 2 3

BTDrucks. 17/12294 S. 268. BTDrucks. 15/1553 S. 99. BTDrucks. 14/8017 S. 107.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-030

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C. Gesamtwertgrenze (Absatz 1 Satz 2)

§ 243

Wertgrenze ist der Erwerbszeitpunkt. Umstritten war, zu welchem Zeitpunkt ein Erwerb vorliegt. Teilweise wurde die Ansicht vertreten, ein Erwerb liege erst vor, wenn die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft Eigentümer der Immobilie geworden sei. Im Inland sei dies regelmäßig der Zeitpunkt der Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch. Da zwischen Kaufvertragsabschluss und Eigentumsüberschreibung mehrere Monate vergehen könnten und sich in diesem Zeitraum sowohl der Wert des erworbenen Immobilie als auch der Wert des Immobilien-Sondervermögens ändern könne, habe die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags eine Prognose im Hinblick auf die Wertentwicklung der Immobilie und des Sondervermögens bezogen auf den Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung zu erstellen.4 Diese Ansicht wurde jedoch aufgegeben. Zwar liege ein Erwerb weiterhin erst bei Ei- 3 gentumsumschreibung vor, maßgeblicher Zeitpunkt für die Einhaltung der Einzelwertgrenze sei jedoch der Abschluss des Kaufvertrags.5 Durch die mitunter unvorhersehbare Wertentwicklung könne bei Unterzeichnung eines verbindlichen Kaufvertrags die Einhaltung der Einzelwertgrenze nicht garantiert werden. Prognostizieren ließen sich lediglich wirtschaftlich relevante Ereignisse, die in aller Regel bereits Gegenstand von Kaufvertragsverhandlungen seien und im Rahmen dessen monetär berücksichtigt würden. Aus diesem Grund sei bei Abschluss eines notariellen Kaufvertrags eine stichtagsgenaue Wertberechnung möglich und folglich auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Spätere Wertsteigerungen können somit unberücksichtigt bleiben.6 C. Gesamtwertgrenze (Absatz 1 Satz 2) C. Gesamtwertgrenze (Absatz 1 Satz 2) Nach Absatz 1 Satz 2 KAGB darf der Gesamtwert aller Immobilien, deren einzelner 4 Wert mehr als 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens beträgt, 50 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Erfasst werden somit in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 maximal vier Immobilien, deren jeweiliger Wert bei Erwerb zwar 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens übersteigen kann, 15 Prozent aber nicht übersteigen darf.7 Bei der Gesamtwertgrenze handelt es sich nach der h.M. um eine Erwerbsgrenze, nicht um eine Bestandsgrenze.8 Bei Überschreitung der Grenze habe die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht unter Wahrung der Interessen der Anleger für eine alsbaldige Wiedereinhaltung der Grenzen zu sorgen.9 Eine solche Ansicht widerspreche der wesensimmanenten Wertfluktuation eines Immobilien-Sondervermögens.10 Zudem sei Satz 2 notwendigerweise mit der Einschränkung „zur Zeit des Erwerbs“ aus Satz 1 zu lesen.11Bei Erwerb einer Immobilie für das Sondervermögen, deren Wert 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens überschreiten könnte, ist folglich vorab zu prüfen, ob die Summe des Wertes der zu erwerbenden Immobilie und sämtlicher bereits vorhandener Immobilien, deren Wert jeweils größer als 10 Prozent des Wertes des Sonderver-

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4 So noch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 InvG Rn. 3. 5 Nunmehr Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 243 KAGB Rn. 3. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes InvG, § 73 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/ Wösthoff § 243 KAGB Rn. 6; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr KAGB, § 243 Rn. 4. 7 Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff § 243 Rn. 9. 8 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes § 73 Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff § 243 KAGB Rn. 9; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 243 Rn. 5; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Klusak InvG, § 73 Rn. 9; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 243 KAGB Rn. 4. 9 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 243 KAGB Rn. 4. 10 Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff § 243 Rn. 9. 11 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak InvG, § 73 Rn. 9; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/ Thömmes § 73 Rn. 4.

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Reiss

§ 244

Anlaufzeit

mögens ist, maximal 50 Prozent beträgt. Wird diese Gesamtwertgrenze überschritten, muss von einem Erwerb entweder Abstand genommen werden, oder eine andere Immobilie veräußert werden. Eine spätere Überschreitung der Gesamtwertgrenze, etwa durch Wertsteigerung der Immobilie(n) oder Absinken des Wertes des Sondervermögens, ist unbeachtlich. D. Wertberechnung (Absatz 1 Satz 3) 5

Bei der Berechnung der Werte werden nach § 243 Absatz 1 Satz 3 KAGB aufgenommene Darlehen nicht abgezogen. So soll als Wertmaßstab für die Beachtung der Wertgrenzen nicht mehr der Wert des Sondervermögens, wie er für die Berechnung des Anteilswertes maßgebend ist, zugrunde gelegt werden, sondern der Wert des Sondervermögens, wie er sich ergibt, wenn der Grundstücksanteil brutto ohne Abzug der Darlehen ermittelt wird. Damit soll eine sachgerechtere Risikostreuung ermöglicht und der Praxis Rechnung getragen werden, dass im Ausland belegene Grundstücke zunehmend durch Fremdfinanzierung erworben werden, um eine Minderung der Auslandserträge durch ausländische Ertragssteuern zu vermeiden und um sich gegen Währungsrisiken weitgehend abzusichern.12 E. Immobilienbegriff (Absatz 2)

6

§ 243 Absatz 2 KAGB erweitert den in § 1 Absatz 19 Nummer 21 KAGB legal definierten Immobilienbegriff auf Immobilien im wirtschaftlichen Sinne. Danach sind von Absatz 1 nicht nur Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten gemeint. Umfasst wird auch eine aus mehreren Immobilien bestehende wirtschaftliche Einheit. Ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, ist im Einzelfall auf Grundlage der tatsächlichen Umstände nach der jeweils geltenden Verkehrsauffassung zu ermitteln.13 Für eine wirtschaftliche Einheit spricht eine einheitliche Bewirtschaftung, z.B. eine Bebauung von mehreren Parzellen mit einem Gebäudekomplex, bei mehreren Gebäuden gemeinsame Einrichtungen wie Treppenhäuser, Fahrstühle, Tiefgarage oder Heizung.14 In der Literatur wird teilweise zur Bestimmung des Immobilienbegriffs ergänzend auf die zu § 70 BewG i.V.m. § 2 BewG entwickelte Abgrenzung zurückgegriffen.15

§ 244 Anlaufzeit § 244 Anlaufzeit Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-031 Die Anlagegrenzen in den §§ 231 bis 238 und 243 sowie § 253 Absatz 1 Satz 1 gelten für das Immobilien-Sondervermögen einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erst, wenn seit dem Zeitpunkt der Bildung dieses Sondervermögens eine Frist von vier Jahren verstrichen ist.

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12 BTDrucks. 14/8017 S. 107. 13 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 243 Rn. 3. 14 Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura KAGG, § 28 Rn. 5. 15 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 243 Rn. 3; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura KAGG, § 28 Rn. 5; iE Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff § 243 KAGB Rn. 13; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 243 Rn. 6.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-031

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C. Fristbeginn

§ 244

A. Allgemeines Die Vorschrift übernimmt größtenteils den Wortlaut des aufgehobenen § 74 InvG. 1 Gestrichen wurde Satz 2 der Vorschrift, die den heutigen §§ 230 bis 232 entsprechen, wonach sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erst auf Grundlage einer Ausnahmegenehmigung durch die BaFin sauf die Anlaufzeit berufen konnte. Das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung wurde aus Gründen des Bürokratieabbaus gestrichen. Alle Anlagebegrenzungen aus den §§ 231 bis 238 müssen nunmehr erst nach vier Jahren Anlaufzeit eingehalten werden.1 Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der Aufbau eines Immobilienvermögens unter Einhaltung der Anlagegrenzen nur schrittweise erfolgen kann.2 Die Vorschrift ist bei Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach § 284 Absatz 2 KAGB unter den dortigen Voraussetzungen abdingbar. B. Umfasste Anlagegrenzen § 244 KAGB sieht vor, dass AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften innerhalb der An- 2 laufzeit von vier Jahren die dort genannten Anlagegrenzvorschriften nicht beachten muss. Diese sind im Einzelnen: zulässige Vermögensgegenstände (§ 231 KAGB), Erbbaurechtsbestellung (§ 232 KAGB), Vermögensgegenstände in Drittstaaten (§ 233 KAGB), Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften (§ 234 KAGB), weitere Anforderungen an Immobilien-Gesellschaften (§ 235 KAGB), Beteiligungserwerb an Immobilien-Gesellschaften (§ 236 KAGB), Beteiligungsumfang (§ 237 KAGB), Beteiligung von Immobilien-Gesellschaften an Immobilien-Gesellschaften (§ 238 KAGB), Risikomischung (§ 243 KAGB) und Erwerb liquider Mittel (§ 253 Absatz 1 Satz 1 KAGB). Die Ausnahmeregelung des § 244 KAGB muss auch für den in § 214 KAGB manifestierten Grundsatz der Risikomischung – unabhängig von der Qualifizierung des § 214 KAGB als Anlagegrenze3 – gelten, da ansonsten eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft trotz § 244 KAGB immer diesem Grundsatz zuwiderhandeln würde.4 C. Fristbeginn C. Fristbeginn Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Bildung des Sondervermögens. 3 Der Zeitpunkt der Bildung des Sondervermögens hängt von der Wahl des Finanzierungsverfahrens ab. Bei der sog. Barmethode wird zunächst durch die Ausgabe von Anteilscheine Kapital 4 bei den Anlegern eingesammelt, um von diesem Kapital Vermögensgegenstände direkt für das Immobilien-Sondervermögen zu erwerben. Bei dieser Methode beginnt nach h.M. die Bildung des Sondervermögens mit der Ausgabe des Anteilscheins.5 In Deutschland ist die Barmethode das gängige Finanzierungsverfahren.6 Bei der sog. Bereitstellungsmethode erwirbt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 5 zunächst aus ihrem eigenen Vermögen Anlagegegenstände und überträgt sie nach Aus-

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1 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 2 BTDrucks. 14/8017 S. 107 zur Vorgängervorschrift aus § 29 KAGG. 3 Ablehnend Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 244 Rn. 1. 4 Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff KAGB, § 244 Rn. 5; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/ Thömmes § 74 InvG Rn. 3. 5 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes § 74 InvG Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/ Wösthoff KAGB, § 244 Rn. 7; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 244 Rn. 3; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Klusak § 74 InvG Rn. 3; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 244 Rn. 15. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes § 74 InvG Rn. 4.

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§ 245

Treuhandverhältnis

gabe von Anteilsschreinen und Einzahlung des Zeichnungsbetrages in das ImmobilienSondervermögen. Auch bei dieser Methode ist der Beginn der Bildung des ImmobilienSondervermögens streitig. Teilweise wird auf den Erwerb der Vermögensgegenstände abgestellt, oder auf die Begründung der gegenseitigen Verpflichtung von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und Anlegern, einer Immobilie zu erwerben und andererseits Anteile zu zeichnen,7 teilweise auf den Eingang des ersten Zeichnungsbetrags bei der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft.8 D. Rechtsfolgen bei Überschreiten der Anlaufzeit 6

Verstößt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Ablauf der vierjährigen Anlaufzeit gegen eine der in dieser Vorschrift genannten Anlagegrenzen, sieht § 244 KAGB selbst keine Rechtsfolgen vor. Nach gängiger Ansicht in der Literatur ist die BaFin in diesen Fällen gemäß § 5 Absatz 6 KAGB befugt, die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Regelungen des KAGB zu gewährleisten.9 789

§ 245 Treuhandverhältnis § 245 Treuhandverhältnis Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-032 Abweichend von § 92 Absatz 1 können Vermögensgegenstände, die zum Immobilien-Sondervermögen gehören, nur im Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft stehen. Die Vorschrift übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufgehobenen § 75 InvG.1 § 245 KAGB schränkt das gemäß § 92 Absatz 1 KAGB bestehende Wahlrecht wonach in den Anlagebedingungen wahlweise festgelegt werden kann, ob die Vermögensgegenstände im treuhänderischen Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Treuhandlösung) oder im Miteigentum der Anleger stehen (Miteigentumslösung) – in Bezug auf Immobilien-Sondervermögen dahingehend eingeschränkt, als die Treuhandlösung verbindlich vorgeschrieben wird. 2 Hintergrund der gesetzgeberischen Festlegung dürfte sein, dass Immobilien-Sondervermögen vorwiegend in Vermögensgegenstände investieren, deren Eigentümer in einem öffentlichen Register eingetragen werden. Bei der Miteigentumslösung müssten sämtliche Anleger ins Grundbuch eingetragen werden, was im Hinblick auf die Anzahl, Identifizierbarkeit und Fluktuation der Anleger kaum praktikabel erscheint.2 Zur Vorbeugung des Missbrauchs der Eigentümerstellung durch die AIF-Kapitalverwaltungsge-sellschaft sieht § 246 Absatz 1 KAGB in diesem Zusammenhang die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 KAGB in das Grundbuch vor. 1

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7 Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff KAGB, § 244 Rn. 8; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak InvG, § 74 InvG Rn. 3. 8 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 244 Rn. 15. 9 Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 244 Rn. 5; Moritz/Klebeck/Jesch/Wösthoff KAGB, § 244 Rn. 10 m.w.N. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 2 Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 245 Rn. 1; Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr § 245 Rn. 3; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Bujotzek/Thömmes § 75 InvG Rn. 2; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Klusak § 75 InvG Rn. 1.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-032

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A. Verfügungsbeschränkung (Absatz 1)

§ 246

Die Vorschrift ist bei Spezial-Sondervermögen nach § 284 Absatz 2 KAGB unter den 3 dortigen Voraussetzungen abdingbar. In diesen Fällen kann sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit den Anlegern in den Anlagebedingungen auch auf die Miteigentumslösung einigen.

§ 246 Verfügungsbeschränkung § 246 Verfügungsbeschränkung Reiss A. Verfügungsbeschränkung (Absatz 1) https://doi.org/10.1515/9783110492217-033

(1) 1Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat dafür zu sorgen, dass die Verfügungsbeschränkung nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 in das Grundbuch eingetragen wird. 2Ist bei ausländischen Grundstücken die Eintragung der Verfügungsbeschränkung in ein Grundbuch oder ein vergleichbares Register nicht möglich, so ist die Wirksamkeit der Verfügungsbeschränkung in anderer geeigneter Form sicherzustellen. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann gegenüber dem Grundbuchamt die Bestellung der Verwahrstelle durch eine Bescheinigung der Bundesanstalt nachweisen, aus der sich ergibt, dass die Bundesanstalt die Auswahl als Verwahrstelle genehmigt hat und von ihrem Recht, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Wechsel der Verwahrstelle aufzuerlegen, keinen Gebrauch gemacht hat.

A.

Systematische Übersicht Verfügungsbeschränkung (Absatz 1) I. Allgemeines | 1 II. Verfügungsbeschränkung nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 KAGB | 5 1. Verfügungsbeschränkung | 6 a) Erfasste Vermögensgegenstände | 7

b)

III.

Wirkung und Reichweite der Verfügungsbeschränkung | 8 2. Eintragung der Verfügungsbeschränkung | 14 3. Im Ausland belegende Grundstücke | 16 Nachweis der Bestellung der Verwahrstelle, Absatz 2 | 17

A. Verfügungsbeschränkung (Absatz 1) I. Allgemeines Die Vorschrift steht in direktem Zusammenhang mit der Regelung des § 84 Absatz 1 1 Nummer 3 und ist die zentrale Vorschrift über die „Verwahrung“ von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bei Immobilien-Sondervermögen. Sie regelt die Eintragung des Sperrvermerks der Verwahrstelle in Abteilung II des Grundbuchs.1 Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Anleger vor unberechtigten Verfügungen über die von der Norm erfassten Vermögensgegenstände durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Hintergrund ist, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht nur zivilrechtlicher Eigentümer der Vermögensgegenstände ist, sondern auch diesbezüglich eine umfassende Verfügungsmacht besitzt (vgl. § 93 Absatz 1). Gleichzeitig handelt es sich bei Immobilien bzw. Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten um besonders wertvolle Vermögensgegenstände, die daher eines besonderen Schutzes vor Missbrauch bedürfen.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Moroni KAGB, § 246 Rn. 1.

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§ 246

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Verfügungsbeschränkung

Zur effektiven Kontrolle sowie einem wirksamen Schutz dieser Vermögensgegenstände hat der Gesetzgeber u.a. auch rechtliche Verfügungsbeschränkungen angeordnet. Diese sind im Einzelnen: – Die Verwahrstelle muss das Eigentum an nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen fortlaufend prüfen, § 81 Absatz 1 Nummer 2a). – Die Verwahrstelle hat dafür Sorge zu tragen, dass hinsichtlich der erfassten Vermögensgegenstände eine Verfügungsbeschränkung zu ihren Gunsten in ein Grundbuch eingetragen wird § 83 Absatz 4 Nummer 1 und Nummer 2. – Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf Verfügungen über Immobilien, Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte nur mit Zustimmung der Verwahrstelle vornehmen, § 84 Absatz 1 Nummer 3. – Die Verwahrstelle hat diesen Verfügungen zuzustimmen, wenn diese im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften stehen, § 84 Absatz 2.

Das Erfordernis der Zustimmung der Verwahrstelle zur Verfügung durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft wird durch die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung ins Grundbuch abgesichert. Die Verfügungsbeschränkung zugunsten der Verwahrstelle stellt die Grundlage für einen effektiven Schutz gegen Missbrauch dar. Sie würde ohne die Eintragung ins Grundbuch allerdings ins Leere laufen. Denn ohne eine solche Eintragung würde die damit verbundene Publizitätswirkung nicht hergestellt werden können. Diese allerdings ist erforderlich, denn sie verhindert wiederum, dass sich Dritte, die sich auf die Wirksamkeit einer Verfügungshandlung durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft berufen, fehlende Kenntnis von der Verfügungsbeschränkung geltend machen können. Obwohl die Verfügungsbeschränkung nur relativ und nicht absolut wirkt, führt sie daher faktisch zur Verhinderung des der Verfügungshandlung zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes. § 246 konkretisiert daher im Zusammenhang mit der Verfügungsbeschränkung die 4 Pflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und stellt die notwendige Ergänzung zur angeordneten Eintragung der Verfügungsbeschränkung ins Grundbuch durch den Verwahrstellen-Sperrvermerk gemäß § 10 Absatz 1b) GBV dar. In Absatz 1 Satz 1 bestimmt die Vorschrift, dass zugunsten der Verwahrstelle eine Verfügungsbeschränkung in Das Grundbuch eingetragen wird. Zudem hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei ausländischen Grundstücken nach Absatz 1 Satz 2 sicherzustellen, dass, falls die Eintragung der Verfügungsbeschränkung in ein Grundbuch oder ein vergleichbares Register nicht möglich ist, die Wirksamkeit der Verfügungsbeschränkung in anderer geeigneter Form erfolgt. Schließlich regelt Absatz 2, dass die Verwahrstelle zur Eintragung legitimiert ist. 3

II. Verfügungsbeschränkung nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 KAGB 5

Absatz 1 bestimmt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dafür zu sorgen hat, dass zugunsten der Verwahrstelle eine Verfügungsbeschränkung für die in den Anwendungsbereich der Norm fallenden Vermögensgegenstände zu bestellen ist. Diese Regelung dient dem Anlegerschutz, da zum einen sonst die Gefahr bestünde, dass die Verwahrstelle keine Kenntnis über einen Erwerb bekäme und somit auch keine Konformitätsprüfung und auch keine Eigentumsprüfung vornehmen könnte. Zum anderen ist allein die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der zivilrechtlicher Eigentümer der erfassten Vermögensgegenstände, weshalb auch nur die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Verfügungsbeschränkung zugunsten der Verwahrstelle eintragen lassen kann. Reiss

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A. Verfügungsbeschränkung (Absatz 1)

§ 246

1. Verfügungsbeschränkung. Der Begriff „Verfügung“ ist im KAGB –wie auch zu- 6 vor schon im InvG – nicht legaldefiniert. Aus diesem Grunde ist bei der Auslegung des Begriffes auf die allgemeine zivilrechtliche Bestimmung nach dem BGB zurückzugreifen.2 Als Verfügung ist daher jede Rechtshandlung zu verstehen, die zur Entstehung, Aufhebung oder Änderung eines dinglichen Rechtes an dem Vermögensgegenstand führt (vgl. die Vorschriften der §§ 878, 873, 875, 877 BGB). Mit einzubeziehen ist daher auch die dingliche Belastung der Vermögensgegenstände. Die Belastung hat der Gesetzgeber aus dem Regelungsbereich von § 246 herausgenommen und in § 260 Absatz 3 einer gesonderten Vorschrift zugeführt. a) Erfasste Vermögensgegenstände. In den Anwendungsbereich der Vorschrift 7 fallen die in § 84 Absatz 1 Nummer 3 genannten Vermögensgegenstände, namentlich Immobilien. Immobilien sind nach der Legaldefinition in § 1 Absatz 19 Nummer 21 Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten. b) Wirkung und Reichweite der Verfügungsbeschränkung. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf über eine Immobilie nur verfügen, wenn sie hierzu zuvor die Zustimmung (Regelung des § 182 BGB) der Verwahrstelle einholt. Bei fehlender Zustimmung ist auch eine (nachträglich) erteilte Genehmigung nach § 184 BGB möglich. Das Zustimmungserfordernis der Verwahrstelle wird durch das Gesetz angeordnet. Mit Erwerb einer Immobilie durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens entfaltet das Zustimmungserfordernis automatisch Wirkung. Auf die anschließende Eintragung in das Grundbuch kommt es für das Wirksamwerden nicht an. Denn nach § 84 Absatz 3 spielt eine eingetragene Verfügung nur für die Frage der Gutgläubigkeit des Dritten, der aus der Verfügung ein eigenes Recht ableitet, eine Rolle. Die Eintragung der Verfügung in das Grundbuch hat insoweit nur deklaratorischen Charakter. Bei einer Verfügung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft über die Immobilien ohne die gesetzlich angeordnete Zustimmung der Verwahrstelle ist mit Blick auf deren Wirksamkeit gegenüber Dritten und den Anlegern des Immobilien-Sondervermögens zu unterscheiden. Das Gesetz ordnet in § 84 Absatz 2 Satz 2 an, dass eine ohne die Zustimmung der Verwahrstelle vorgenommene Verfügung den Anlegern gegenüber unwirksam ist (Unwirksamkeit gegenüber den Anlegern). Hieraus folgt, dass die Wirksamkeit der Verfügung von einer fehlenden Zustimmung nicht berührt wird. Mithin wirkt die Verfügungsbeschränkung nur zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und den Anlegern des Immobilien-Sondervermögens. Es liegt eine relative Unwirksamkeit vor (§ 135 BGB). Verfügt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nichtdestotrotz über die Immobilie ohne die erforderliche Zustimmung der Verwahrstelle, so haftet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber den Anlegern des Immobilen-Sondervermögens für den eingetretenen Schaden. Aus § 84 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 folgt ferner, dass die Verfügung Dritten gegenüber, die hieraus Rechte ableiten, grundsätzlich wirksam ist. Die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch ändert hieran nichts. Die in das Grundbuch eingetragene Verfügungsbeschränkung wirkt deshalb nicht wie eine Grundbuchsperre.

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Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 76 Rn. 2.

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§ 246

Verfügungsbeschränkung

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Kommt es zu einer Verfügung unter Missachtung des Zustimmungserfordernisses, so hat das Grundbuchamt auf Antrag des Berechtigten dennoch die Umschreibung vorzunehmen. Das gilt auch für den Fall, dass der Zustimmungsvorbehalt im Grundbuch rechtzeitig eingetragen wurde, da die Eintragung nicht zu einer Grundbuchsperre führt. Liegt jedoch eine Eintragung vor, dann kann der Erwerber aufgrund der Publizitätswirkung des Grundbucheintrages (§ 892 BGB) nicht geltend machen, dass er zum Erwerbszeitpunkt gutgläubig war. Da die Verfügung den Anlegern gegenüber unwirksam ist, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verpflichtet, beim Grundbuchamt einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuches zu stellen. Das Grundbuch ist falsch und der Eintrag wird Erfolg haben, wenn der Erwerber die fehlende Kenntnis von der Verfügungsbeschränkung nicht nachweisen kann. Angesichts deren Eintragung im Grundbuch zum Zeitpunkt der Verfügung wird dies nicht möglich sein, § 892 Absatz 1 Satz 2 BGB. 13 Erfolgt die Verfügung mit Zustimmung durch die Verwahrstelle, ist sie den Anlegern gegenüber wirksam. War die Verfügungsbeschränkung zum Zeitpunkt der Verfügung im Grundbuch eingetragen, so ist das Grundbuch falsch. Der Erwerber kann nun von der Verwahrstelle die Bewilligung zur Löschung der Verfügungsbeschränkung verlangen, § 888 Absatz 2 BGB.

14

2. Eintragung der Verfügungsbeschränkung. Die Eintragung der Verfügungsbeschränkung ist zunächst rein deklaratorisch. Denn mit Zuführung der Immobilie zum Immobilien-Sondervermögen entfaltet die Verfügungsbeschränkung der Verwahrstelle Wirkung. Die Eintragung bewirkt allerdings, dass sich Dritte diese wegen der Publizitätswirkung des Grundbuches entgegenhalten müssen, wenn sie aus der Verfügung über die Immobilie Rechte für sich ableiten. 15 Im Rahmen des Erwerbs einer Immobilie kann die Verfügungsbeschränkung bereits im notariellen Kaufvertrag berücksichtigt werden. Die Eintragung der Verfügungsbeschränkung erfolgt in Abteilung II des Grundbuches nach § 10 Absatz 1 lit. b) GBV.3 Es steht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aber frei, die Eintragung der Verfügungsbeschränkung auch zu einem späteren Zeitpunkt zu beantragen. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass die Beschränkung nicht mehr rechtzeitig eingetragen wird, sodass sie gegenüber späteren Verfügungen keine Wirkung mehr entfaltet. Denn nach herrschender Auffassung steht die Verfügungsbeschränkung richtigerweise nicht in einem Rangverhältnis zu anderen im Grundbuch eingetragenen Rechten. Die Verfügungsbeschränkung ist kein beschränkt dingliches Recht und aus diesem Grunde nicht rangfähig. Es handelt sich vielmehr um ein formelles Recht, sodass es für die Frage des Rangverhältnisses anderer Rechte gegenüber der Verfügungsbeschränkung maßgeblich auf die zeitliche Reihenfolge der eingetragenen Rechte ankommt.

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3. Im Ausland belegende Grundstücke. Nach Absatz 1 Satz 1 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass bei Auslandssachverhalten die Verfügungsbeschränkung in ein Register oder Grundbuch einzutragen ist. Besteht diese Möglichkeit nicht, ist es die Aufgabe der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass die Verfügung in geeigneter Form beschränkt wird. Dies setzt zunächst voraus, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Verwahrstelle in Kenntnis von der bevorstehenden Verfügung setzt. Die geeignete Beschränkung ist gegeben, wenn eine Verfügung gegenüber den Anlegern die gleiche Wirkung entfaltet, wie bei einem vergleichbaren Sachverhalt nach deutschem Recht. Dies bedeutet, dass der Verwahrstelle eine Rechts-

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Grundbuchverfügung, BGBl. I, S. 114.

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Vermögensaufstellung

§ 247

stellung eingeräumt wird, die vergleichbar ist mit einem dinglichen Recht nach deutschem Recht. Als Möglichkeit kommt hier insbesondere die Sicherungsübereignung der Immobilie in Betracht. Ferner kann der Kaufvertrag an die Verwahrstelle herausgegeben werden. Ein probates Mittel ist ebenfalls, die Verwahrstelle bereits im Erwerbsvertrag namentlich als Berechtigte zu erwähnen, sodass bei einer späteren Verfügung durch Sichtung der Verträge ihre Rolle dem Erwerber gegenüber bekannt gemacht wird. Sollte im Rahmen eines Direkterwerbes die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung in ähnlich geeigneter Form nicht möglich sein, so ist über den Erwerb des Grundstückes mittels einer Immobilien-Gesellschaft nachzudenken. Die Verwahrstelle erhält über den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Zugang zur Immobilie. Eine Verfügung über die Gesellschaftsanteile oder über die Immobilie könnte dann nur mit Zustimmung der Verwahrstelle erfolgen. Sollte eine vergleichbare Rechtsstellung nicht eingeräumt werden können, so hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von dem Erwerb Abstand zu nehmen.4 III. Nachweis der Bestellung der Verwahrstelle, Absatz 2 Absatz 2 dient zur Sicherstellung des in § 29 Absatz 1 GBO verankerten notwendigen 17 Urkundsnachweis. Demnach soll vermieden werden, dass unrichtige Eintragungen aufgrund des öffentlichen Glaubens an die Richtigkeit des Grundbuches zu Beeinträchtigungen im Rechtsverkehr führen.5 Praktische Relevanz hat die Vorschrift, wenn man bedenkt, dass aus der Einwilligungserklärung (§ 19 GBO) der Verwahrstelle zur Eintragung der Verfügungsbeschränkung nicht hervorgeht, dass die Verwahrstelle für die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft zuständig ist. Verlangt das Grundbuchamt einen entsprechenden Nachweis, so kann dieser Nachweis durch eine Bescheinigung der BaFin erbracht werden.

§ 247 Vermögensaufstellung § 247 Vermögensaufstellung Reiss Vermögensaufstellung https://doi.org/10.1515/9783110492217-034

(1) 1Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat in der Vermögensaufstellung nach § 101 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 den Bestand der zum Sondervermögen gehörenden Immobilien und sonstigen Vermögensgegenstände aufzuführen und dabei Folgendes anzugeben: 1. Größe, Art und Lage sowie Bau- und Erwerbsjahr eines Grundstücks, 2. Gebäudenutzfläche, Leerstandsquote, Nutzungsentgeltausfallquote, Fremdfinanzierungsquote, 3. Restlaufzeiten der Nutzungsverträge, 4. Verkehrswert oder im Fall des § 248 Absatz 2 Satz 1 den Kaufpreis, 5. Nebenkosten bei Anschaffung von Vermögensgegenständen im Sinne des § 231 Absatz 1 und des § 234, 6. wesentliche Ergebnisse der nach Maßgabe dieses Unterabschnitts erstellten Wertgutachten, 7. etwaige Bestands- oder Projektentwicklungsmaßnahmen und 8. sonstige wesentliche Merkmale der zum Sondervermögen gehörenden Immobilien und sonstigen Vermögensgegenstände.

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Baur § 31 Rn. 11. Demharter § 29 GBO Rn. 1 m.w.N.

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Die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe von Immobilien und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften sind in einer Anlage zur Vermögensaufstellung anzugeben. (2) 1Bei einer Beteiligung nach § 234 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Immobilien-Gesellschaft in der Vermögensaufstellung anzugeben: 1. Firma, Rechtsform und Sitz der Immobilien-Gesellschaft, 2. das Gesellschaftskapital, 3. die Höhe der Beteiligung und der Zeitpunkt ihres Erwerbs durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft und 4. Anzahl der durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder Dritte nach § 240 gewährten Darlehen, sowie die jeweiligen Beträge. 2 Als Verkehrswert der Beteiligung ist der nach § 248 Absatz 4 ermittelte Wert anzusetzen. 3Die Angaben nach Absatz 1 für die Immobilien und sonstigen Vermögensgegenstände der Immobilien-Gesellschaft sind nachrichtlich aufzuführen und besonders zu kennzeichnen.

A. B. C.

Systematische Übersicht Einführung | 1 Immobilienbezogene Angaben | 8 Anlage über die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe | 17

D. E.

Darstellung von Immobilien-Gesellschaften in der Vermögensaufstellung | 21 Wertansatz der Beteiligung in der Vermögensaufstellung | 27

A. Einführung A. Einführung Die Vorschrift des § 247 zur Vermögensaufstellung übernimmt mit wenigen redaktionellen Änderungen die Vorschriften des § 79 Absatz 1 Satz 1 und 9 sowie Absatz 2 InvG.1 Die ehemals in § 79 InvG enthaltenen Regeln zur Bewertung wurden in gesonderten Paragraphen (§§ 248 bis 251) festgehalten und an die Richtlinie 2011/61/EU angepasst.2 Es gilt zu beachten, dass die Vorschrift des § 247 ausschließlich für Immobilien-Sondervermögen gilt, da der Katalog der Vermögensgegenstände ausschließlich auf Immobilien, Immobilien-Gesellschaften und sonstige Vermögensgegenstände bezieht. 2 Die Anforderung einer Inventarisierung und Bestandsangabe der vom ImmobilienSondervermögen gehaltenen Vermögensgegenstände wird in § 101 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 KAGB i.V.m. § 10 KARBV konkretisiert. Mit dem Verweis auf § 101 wird klargestellt, dass die allgemeinen Vorschriften über die Rechnungslegung auch für ImmobilienSondervermögen anzuwenden sind und darüber hinaus diese Vorschrift zusätzliche Angaben im Jahresbericht bzw. Halbjahresbericht gesetzlich vorschreibt. Zudem enthalten die Artikel 103 bis 107 der delegierten Verordnung (EU) Nummer 231/2013 („AIFM-V“) besondere Rechnungslegungsvorschriften für AIF, welche über den Verweis des § 101 Absatz 3 Satz 2 ins KAGB integriert wurden.3 Hieraus ergeben sich jedoch keine grundsätzlichen Änderungen gegenüber der bisherigen Rechnungslegungspraxis unter dem InvG in Deutschland. Die Regelung des § 10 KARBV über mit redaktionellen Anpassungen die Vermögens3 aufstellung des ehemaligen § 7 InvRBV, wobei § 7 Absatz 2 über die zusammengefasste 1

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BTDrucks. 17/12294 S. 269. Vgl. hierzu die Kommentierung zu den Vorschriften der §§ 248 bis 251. Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 101 KAGB.

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A. Einführung

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Vermögensaufstellung, nun sogenannte Vermögensübersicht, als gesonderter Paragraph in die KARBV aufgenommen wurde. Die Vermögensübersicht ist nach geeigneten Kriterien unter Berücksichtigung der Anlagepolitik des Immobilien-Sondervermögens, beispielsweise nach wirtschaftlichen oder geographischen Kriterien, und nach prozentualen Anteilen am Wert des Immobilien-Sondervermögens zu gliedern. Hierfür schreibt § 9 KARBV eine Mindestgliederung der Vermögensübersicht vor, wobei eine besondere Gliederung für Immobilien-Sondervermögen und offenen inländischen Spezial-AIF mit Anlagen in Immobilien oder Immobilien-Gesellschaften zu beachten ist. Demnach sind Immobilien in Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke, Grundstücke im Zustand der Bebauung und unbebaute Grundstücke, Beteiligungen in Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen zu unterteilen. Diese Pflichtunterteilung entspricht der bisherigen Praxis und orientiert sich an dem Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände nach § 67 Absatz 1 InvG bzw. § 231 Absatz 1 KAGB und unter anderem § 75 BewG.4 Erbbaurechte und andere Rechte im Sinne des § 231 Absatz 1 Nummer 5 und 6 KAGB sind entsprechend deren Beschaffenheit diesen Gliederungspunkten zuzuordnen und werden nicht gesondert ausgewiesen.5 Die der Vermögensübersicht folgende Vermögensaufstellung ist gemäß § 10 Absatz 1 KARBV nach Arten von Vermögensgegenständen und Märkten zu untergliedern. Gemäß § 247 sind in der Vermögensaufstellung der Bestand der zum Immobilien- 4 Sondervermögen gehörenden Immobilien und sonstige Vermögensgegenstände aufzuführen. Liquiditätsanlagen i.S.d. § 253 bleiben von dieser Vorschrift ausgenommen, da diese den allgemeinen Vorschriften des § 101 Absatz 1 Satz 3 Nummer1 unterliegen.6 Der Begriff der sonstigen Vermögensgegenstände war unter dem InvG nicht defi- 5 niert. § 9 Absatz 3 KARBV stellt dies nunmehr klar. Der Vorschrift ist erstmalig zu entnehmen, dass unter den Begriff der sonstigen Vermögensgegenstände (i) Forderungen aus der Grundstücksbewirtschaftung gemäß § 231 Absatz 3 KAGB, (ii) Forderungen an Immobilien-Gesellschaften (i.d.R. aus Gesellschafterdarlehen), (iii) Zinsansprüche, (iv) Anschaffungsnebenkosten bei Immobilien, (v) Anschaffungsnebenkosten bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften, soweit sie auf Fondseben angefallen sind und (vi) andere Vermögensgegenstände (beispielsweise Devisentermingeschäfte) fallen. Da Bewirtschaftungsgegenstände i.d.R. als unwesentlicher Bestandteil der Immobilie erworben werden und somit in den Anschaffungskosten der Immobilie untergehen, erfolgt grundsätzlich kein separater Ausweis in der Vermögensaufstellung. Anschaffungsnebenkosten bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften werden in der Regel. berücksichtigt, soweit sie auf Fondsebene angefallen sind.7 Die sonstigen Vermögensgegenstände werden gemäß BVI Musterjahresbericht in der 6 Vermögensaufstellung, Teil III, gesondert ausgewiesen, während die Immobilien und Immobilien-Gesellschaften inklusive zusätzlicher Angaben in der Vermögensaufstellung, Teil I, in dem sogenannten Immobilienverzeichnis, aufgeführt werden. Teil II der Vermögensaufstellung umfasst den Bestand der Liquiditätsanlagen.8

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4 Vgl. BVI Musterjahresbericht für Immobilien-Sondervermögen inklusive Bearbeiterhinweise (Stand 04/2010). 5 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 3. 7 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 8 Vgl. BVI Musterjahresbericht für Immobilien-Sondervermögen inklusive Bearbeiterhinweise (Stand 08/2013).

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Vermögensaufstellung

Auf Basis der Ermächtigungsvorschriften des § 168 Absatz 8 Satz 1 sowie § 106 Satz 1 KAGB9 sind weitere Bestimmungen zur Gliederung, Ansatz und Bewertung der Immobilien und Immobilien-Gesellschaften insbesondere in §§ 9 Absatz 3, 30, 31 KARBV enthalten. B. Immobilienbezogene Angaben B. Immobilienbezogene Angaben

Mit dem Investmentänderungsgesetz vom 28. Dezember 2007 wurde die bis dato freiwillig vorgenommene Offenlegung sonstiger wesentlicher Merkmale der Immobilien in der Vermögensaufstellung im § 79 Absatz 1 Satz 1 InvG gesetzlich normiert, um dem Anleger verbesserte Transparenz hinsichtlich der Bewertungsparameter, welche die Wertentwicklung der Investitionsobjekte und somit des Immobilien-Sondervermögens beeinflussen.10 Diese Pflichtangaben wurden inhaltlich unverändert in das KAGB übernommen und werden im sogenannten Immobilien- oder Liegenschaftsverzeichnis tabellarisch aufgeführt. Anzugeben sind: 9 1. Größe, Art und Lage sowie Bau- und Erwerbsjahr eines Grundstücks – Die Grundstücksgröße ist in Quadratmetern anzugeben; soweit es sich dabei um Wohn- oder Teileigentum bzw. Erbbaurechte handelt, ist der jeweilige Anteil der Fläche zu nennen.11 Bei der Bezeichnung der Art der Immobilie sollte der Katalog des § 231 KAGB herangezogen werden, insbesondere hinsichtlich der Nutzung der Grundstücke. Üblicherweise wird hierfür ein Abkürzungsverzeichnis verwendet werden (z.B. Büro, Einzelhandel, Logistik, Hotel);12 mehrfache Angaben ggf. mit prozentualer Angabe sind bei gemischter Nutzung empfehlenswert.13 Hinsichtlich der Lage sind der Belegenheitsstaat, der Ort inklusive Postleitzahl, die Straße und die Hausnummer der Immobilie anzugeben – hierbei kann die Gliederung des Verzeichnisses alphabetisch nach Staaten und Ortsnamen vorgenommen werden.14 Bei Bau- und Erwerbsjahr ist anzugeben der Kalendermonat des Übergangs von Nutzen und Lasten bzw. der Fertigstellung.15 Im Falle einer wesentlichen Umbau- bzw. Modernisierungsmaßnahme sollte das entsprechende Datum, bzw. bei mehrfahren Maßnahmen zwecks Übersichtlichkeit der Zeitraum, zusätzlich zu dem ursprünglichen Fertigstellungsdatum aufgeführt werden.16 10 2. Gebäudenutzfläche – die Gebäudenutzfläche ist nach gewerblicher und wohnungswirtschaftlicher Nutzung in Quadratmetern anzugeben17 – Leerstandsquote – Die Leerstandsquote wird i.d.R. als prozentuale Angabe des bewerteten Leerstands (unvermietete Fläche) gegenüber Jahres-Bruttosollmiete dargestellt und orientiert sich an dem Rechenbeispiel des BVI. Dabei unter8

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9 Weitere Ermächtigungsvorschriften für den Erlass der KARBV sind der § 96 Abs. 4 S. 1, § 120 Abs. 8 S. 1, dieser auch in Verbindung mit § 148 Abs. 1, und des § 135 Abs. 11 S. 1, dieser auch in Verbindung mit § 158 S. 1 des Kapitalanlagesetzbuches. 10 Kempf Novellierung des Investmentrechts 2007 – Ein Praxishandbuch, S. 178. 11 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4; Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 8. 12 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 13 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 14 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 15 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013) sowie Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 10. 17 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 11.

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B. Immobilienbezogene Angaben

3.

4.

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scheidet sich die Handhabung in der Praxis hinsichtlich der Berücksichtigung der umlegbaren Nebenkosten und der Bewertung des Leerstands anhand der jeweiligen Sollmiete oder der künftig erzielbaren Miete; ebenfalls ist eine Berücksichtigung von Mietgarantien für nicht vermietete Flächen oder Anschlussvermietungen während Umbauphasen möglich.18 – Nutzungsentgeltausfallquote – In der Praxis unterscheidet sich die weniger definierte Nutzungsentgeltquote unwesentlich von der Leerstandsquote und bezieht sich auf die in der Ertrags- und Aufwandsrechnung realisierten Miete, d.h. insbesondere können Abschreibungen für Mietausfälle von vermieteten Flächen und mietfreie Zeiten berücksichtigt werden.19 Analog können nur die vermieteten Flächen als Zähler in der Quote berücksichtigt werden.20 – Fremdfinanzierungsquote – Als Fremdfinanzierungsquote sind die ausstehenden, nicht getilgten (bilanzierten) Darlehensverbindlichkeiten gegenüber den (bilanzierten) Verkehrswerten aller Immobilien als Prozentsatz anzugeben; hierbei sollte sich die Berechnungsmethode an die Ermittlung der Anlagegrenzen gemäß § 254 orientieren. Gesellschafterdarlehen i.S.d. § 240 sind dabei nicht zu berücksichtigen, da diese eigenkapitalersetzenden Charakter haben und zu Zwecken der steuerlichen Optimierung der Beteiligungsstruktur begeben werden.21 Restlaufzeiten der Nutzungsverträge – Die Restlaufzeiten der Nutzungsverträge sind 11 als gewichteter Mittelwert aller Mietverträge in Jahren mit einer Nachkommastelle anzugeben.22 Verkehrswert oder im Fall des § 248 Absatz 2 Satz 1 der Kaufpreis – Der zuletzt von 12 den zwei externen, unabhängigen Gutachtern ermittelte Verkehrswert bzw. bei Neuerwerb der Kaufpreis, welcher aufgrund der gesetzlichen Fiktion innerhalb der ersten zwölf Monate bzw. bis zur ersten Folgebewertung als Verkehrswert der Immobilie gilt,23 ist anzugeben. Als Kaufpreis sind die Anschaffungskosten der Immobilie zu verstehen, jedoch werden Anschaffungsnebenkosten dabei nicht berücksichtigt. Gemäß § 2 Satz 1 Nummer 5 KARBV ist der Verkehrswert einer Immobilie der Preis, der zum Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, nach der sonstigen Beschaffenheit und der Lage der Immobilie ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Weitere Bestimmungen zur Bewertung enthält § 30 KARBV. Maßgeblich ist der bilanzierte Wert zum Zeitpunkt des Berichtsstichtags bzw. der Anteilwertermittlung. Im Falle einer Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft ist der Verkehrswert der Immobilie nach erfolgter Regelbewertung sowie der Verkehrswert der Beteiligung, welcher von einem Abschlussprüfer gemäß § 250 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 KAGB ermittelt wurde, auszuweisen. Bis zur ersten Regelbewertung durch externe Bewerter ist eine Angabe des

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18 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 12–16, Berger/Streck/Lübbehüsen/ Klusak § 79 InvG Rn. 4, vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für ImmobilienSondervermögen (Stand 08/2013). 19 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4; vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum MusterJahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/2013). 20 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 17. 21 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 22 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 23 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 248 Abs. 2 KAGB.

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Vermögensaufstellung

(ggf. im Kaufvertrag indikativ vereinbarten) Verkehrswerts der Immobilie nicht erforderlich.24 Nebenkosten bei Anschaffung von Vermögensgegenständen im Sinne des § 231 Absatz 1 und des § 234 – Die Bilanzierung von Anschaffungsnebenkosten ist in § 248 Absatz 3 i.V.m. § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 KARBV geregelt. Hinsichtlich des Ausweises in der Vermögensaufstellung schreibt § 10 Absatz 4 KARBV eine weitere objektbezogene Unterteilung der Angaben vor: die Anschaffungsnebenkosten sind als absoluter Betrag sowie als Prozentangabe in Bezug auf den Kaufpreis auszuweisen. Weiterhin muss eine Aufteilung der Anschaffungsnebenkosten in Gebühren und Steuern sowie sonstige Kosten (z.B. Maklerkosten sowie etwaige Verwaltungsvergütung an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft) erfolgen. Die Länge der geplanten Abschreibungsdauer, d.h. die Haltedauer der Immobilie bzw. Beteiligung bzw. maximal zehn Jahre,25 ist ferner neben der im Geschäftsjahr vorgenommenen Abschreibung sowie die verbleibenden Anschaffungsnebenkosten gesondert anzugeben. Da die Offenlegung dieser Angaben erstmals durch § 7 Absatz 5 InvRBV gefordert wurde, erfolgt in der Praxis die Offenlegung entsprechend nur für Objekte, welche nach Verkündung der Verordnung am 22. Dezember 2009 erworben wurden.26 Wesentliche Ergebnisse der nach Maßgabe dieses Unterabschnitts erstellten Wertgutachten – Neben der Feststellung des Verkehrswerts, welcher bereits im Verzeichnis anzugeben ist, können dem Anleger Informationen über die wertbestimmenden Faktoren zweckdienlich sein. Gemäß BVI Bearbeiterhinweise kommen insbesondere der Rohertrag („gutachterliche Bewertungsmiete“), der Liegenschaftszins, die Bewirtschaftungskosten und die wirtschaftliche Restnutzungsdauer in Betracht.27 Etwaige Bestands- oder Projektentwicklungskosten – Sofern eine Entwicklungsmaßnahme wesentlich ist (d.h. größere und längerfristige Umbaumaßnamen, wenn sie werterhöhend sind und nicht nur werterhaltende Instandhaltung beinhalten, sofern dadurch keine Umgliederung in „im Umbau befindliche Grundstücke“ bedingt wird),28 sollte neben der Angabe, ob es sich um eine Bestands- oder Projektentwicklung handelt, Angaben zum Investitionsvolumen und Bauzeiten gemacht werden.29 Sonstige wesentliche Merkmale – als Auffangtatbestand wurden die sonstigen wesentlichen Merkmale als Begriff beibehalten. Für die Auslegung sind die Wesentlichkeit und die Entscheidungsrelevanz für den Anleger maßgebend. Hierbei kommen insbesondere wertbeeinflussende Faktoren, welche im Bewertungsgutachten berücksichtigt worden sind (z.B. Ausstattungsmerkmale30 wie Bauzustand oder Heizungstyp,31 Klimaanlage, Garage, Lift oder ähnliches)32 sowie Angaben zu nahe stehenden Personen, in Betracht;

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24 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 25 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 248 Abs. 3 KAGB. 26 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013). 27 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 23; Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 28 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013); Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 29 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 24. 30 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 4. 31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 25 sowie Baur § 34 KAGG Rn. 4. 32 Baur § 34 KAGG Rn. 4.

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C. Anlage über die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe

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der zum Immobilien-Sondervermögen gehörenden Immobilien und sonstigen Vermögensgegenstände. C. Anlage über die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe C. Anlage über die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe Die gesonderte Anlage zur Vermögensaufstellung über die im Berichtszeitraum getä- 17 tigten Käufe und Verkäufe wurde mit der Novellierung des Investmentrechts in 2004 gemäß OGAW für Immobilien-Sondervermögen zwecks einer verbesserten Anlegerinformation eingeführt.33 Diese Transparenzanforderung wurde unverändert in § 247 Absatz 1 Satz 2 und § 7 Satz 1 Nummer 8 KARBV übernommen. Vom Gesetz ist kein Mindestinhalt vorgegeben – Artikel 105 AIFM-V verlangt analog eine Übersicht über die Anlagegeschäfte in dem nun auch für Spezial-Sondervermögen anzufertigenden Tätigkeitsbericht. Hierbei ist auf die Veränderungen seit dem letzten Berichtsstichtag einzugehen. Die Angaben sind auch für den Kauf oder Verkauf von Teilflächen zu machen, wobei bei Zukäufen von Anteilen an Bestandsbeteiligungen die Information über den Umfang der Erhöhung für den Anleger von Bedeutung ist, sodass es sich empfiehlt, die Darstellungsform der gesonderten Anlage an das Immobilienverzeichnis i.S.d. § 247 Absatz 1 anzulehnen.34 Ebenfalls bietet sich zwecks einer einheitlichen Darstellung eine Gliederung der Anlage gemäß der in der Vermögensaufstellung vorgenommenen Gruppierung von gleichartigen oder zusammengehörigen Immobilien an.35 Während § 101 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Satz 4 den Nennwert oder die Zahl der getä- 18 tigten Wertpapier-, Geldmarktinstrument- oder Investmentanteiltransaktionen verlangt, besteht Ermessensspielraum bei Immobilien-Sondervermögen. Sinnvolle Angaben können neben den Stammdaten (Objektname, Adresse) der Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten, der Kauf-/Verkaufspreis, der Verkehrswert, Beteiligungsquote, Transaktionskosten,36 sowie ggf. die Haltedauer sein, soweit hierdurch keine Informationen publiziert werden, welche anlegerschädlich sind oder Geheimhaltungsklauseln der Kaufverträge unterliegen. Kritisch könnte die Offenlegung von Veräußerungspreisen bei Immobilien-Sondervermögen in Abwicklung sowie während Marktverwerfungen sein. Mit Einfügung der Pflicht zum Transaktionskostenausweis bei Immobilien-Son- 19 dervermögen in § 13 Absatz 2 Nummer 3 lit. f InvRBV wurde im Arbeitskreis „Jahresbericht Immobilienfonds“ des BVI beschlossen, die Transaktionskosten für Verkäufe analog der im Immobilienverzeichnis aufgegliederten Transaktionskosten für Käufe (Gebühren und Steuern, sonstige Kosten) zumindest aggregiert im Jahresbericht aufzunehmen.37 Hierin sind jedoch ebenfalls Transaktionskosten für Transaktionen mit Liquiditätsanlagen beinhaltet. Der Ausweis dieser Informationen muss nicht im Zusammenhang mit der

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33 Kempf Die Novellierung des Investmentrechts 2004 nach dem Investmentmodernisierungsgesetz, S. 113. 34 Kempf Die Novellierung des Investmentrechts 2004 nach dem Investmentmodernisierungsgesetz, S. 113. 35 Kempf Die Novellierung des Investmentrechts 2004 nach dem Investmentmodernisierungsgesetz, S. 113. 36 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 50. 37 Vgl. Protokoll zur Sitzung des Arbeitskreises „Jahresbericht Immobilienfonds“ am 11. Oktober 2011, versandt mit Mitteilung Nummer 007/2011 vom 12. Dezember 2011, sowie weitere Ausführungen in BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/2013).

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§ 247

Vermögensaufstellung

Anlage über Käufe und Verkäufe erfolgen. Diese Vorschrift wurde unverändert in § 16 Absatz 1 Nummer 3f KARBV aufgenommen. Bei der Erstellung der Anlage zur Vermögensaufstellung sind grundsätzlich nur 20 diejenigen Käufe und Verkäufe aufzuführen, deren Übergang von Nutzen und Lasten im betreffenden Geschäftsjahr des Immobilien-Sondervermögens stattgefunden haben und somit eine bilanzielle Veränderung (außerhalb der Bewertung) begründen. Erläuternd kann im Tätigkeitsbericht über abgeschlossene Kaufverträge berichterstattet werden, deren Erfüllungszeitpunkt abwicklungsbedingt in einem anderen Geschäftsjahr liegt. D. Darstellung von Immobilien-Gesellschaften in der Vermögensaufstellung D. Darstellung von Immobilien-Gesellschaften in der Vermögensaufstellung 21

22 1. 23 2.

24 3.

25 4.

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Bei einer Beteiligung nach § 234 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Immobilien-Gesellschaft in der Vermögensaufstellung folgende Zusatzangaben zu machen: Firma, Rechtsform und Sitz der Immobilien-Gesellschaft – diese ergeben sich in der Regel aus der Satzung der Immobilien-Gesellschaft das Gesellschaftskapital – der Begriff des Gesellschaftskapitals ist nicht hinreichend bestimmt, es bleibt offen, ob das haftende Eigenkapital, das bilanzielle Eigenkapital nach lokalen Bilanzierungsvorschriften im Sitzland oder das auf HGB bzw. investmentrechtliche Rechnungslegung übergeleitete Eigenkapital gemeint ist. Da Letzteres der Vermögensaufstellung entspricht (vgl. § 31 Absatz 3 KARBV) und somit der Anteilwertbewertung gemäß § 249 Absatz 3 zugrunde liegt, bietet die Angabe des haftenden Eigenkapitals eine zusätzliche Information.38 die Höhe der Beteiligung und der Zeitpunkt ihres Erwerbs durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft – bei der Angabe über die Höhe der Beteiligung bleibt ebenfalls offen, inwiefern ein Prozentsatz am haftenden Eigenkapital, die absolute Höhe der geleisteten Einlage oder der Kaufpreis gemeint ist.39 In der Praxis hat sich die prozentuale Angabe der Beteiligungsquote etabliert (vgl. BVI Musterjahresbericht). Die Beteiligung ist in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn das aus bilanzieller Sicht wirtschaftliche Eigentum auf das Sondervermögen übergegangen ist. die Anzahl der durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder Dritte nach § 240 gewährten Darlehen, sowie die jeweiligen Beträge – bei der Betragsangabe der direkten und indirekten Gesellschafterdarlehen sowie der Kreditaufträge ist vom Nominalbetrag der Darlehen auszugehen. Fraglich ist, inwiefern aufgelaufene Zinsen zu den anzugebenden Beträgen zählen. Die Handhabung diesbezüglich sollte, beispielsweise als Fußnote, klargestellt werden.

Dies gilt grundsätzlich für jede Beteiligungsebene, wird jedoch in der Praxis i.d.R. mit Ausnahme der Angaben über die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder Dritten gewährten Darlehen nur für die oberste Beteiligungsebene angegeben (hierbei sollte ein Hinweis erfolgen, dass es sich um eine mehrstöckige Struktur handelt).40 Die Angaben für die Immobilien und sonstigen Vermögensgegenstände der ImmobilienGesellschaft, da diese indirekt vom Immobilien-Sondervermögen gehalten werden, sind

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38 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 9. 39 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 9. 40 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/ 2013).

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Sonderregeln für die Bewertung

§ 248

nachrichtlich anzugeben und besonders zu kennzeichnen. Dabei sind die Angaben unabhängig von der Beteiligungshöhe bezogen auf die ganze Immobilie zu machen.41 Durch die Berichtspflicht wird erreicht, dass dem Anleger Transparenz auch bei indirekt gehaltenen, mehrstöckigen Strukturen bezüglich der zugrunde liegenden Investitionsobjekte geboten wird.42 Da der Wert der Immobilien-Gesellschaften im Wesentlichen durch die gehaltenen Immobilien bestimmt wird, besteht ein berechtigtes Anlegerinteresse an den Angaben zu den Immobilien.43 E. Wertansatz der Beteiligung in der Vermögensaufstellung Als Verkehrswert der Beteiligung ist der nach § 248 Absatz 4 ermittelte Wert – unter 27 Berücksichtigung des § 31 KARBV und der allgemein anerkannten Grundsätze für die Bewertung von Beteiligungen – anzusetzen.44 Maßgebend für den Wert der Beteiligung ist der nach § 249 Absatz 1 durch zwei externe, voneinander unabhängige Bewerter ermittelte Wert der gehaltenen Vermögensgegenstände i.S.d. § 231.

§ 248 Sonderregeln für die Bewertung § 248 Sonderregeln für die Bewertung Reiss Sonderregeln für die Bewertung https://doi.org/10.1515/9783110492217-035

(1) § 168 ist mit den Maßgaben der Absätze 2 bis 4 anzuwenden. (2) 1Für Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 sowie des § 234 ist im Zeitpunkt des Erwerbs und danach nicht länger als zwölf Monate der Kaufpreis dieser Vermögensgegenstände anzusetzen. 2Abweichend von Satz 1 ist der Wert erneut zu ermitteln und anzusetzen, wenn nach Auffassung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Ansatz des Kaufpreises aufgrund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr sachgerecht ist; die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat ihre Entscheidung und die Gründe dafür nachvollziehbar zu dokumentieren. (3) 1Die Anschaffungsnebenkosten eines Vermögensgegenstandes im Sinne des § 231 Absatz 1 sowie des § 234 sind gesondert anzusetzen und über die voraussichtliche Dauer seiner Zugehörigkeit zum Immobilien-Sondervermögen in gleichen Jahresbeträgen abzuschreiben, längstens jedoch über einen Zeitraum von zehn Jahren. 2Wird ein Vermögensgegenstand veräußert, sind die Anschaffungsnebenkosten in voller Höhe abzuschreiben. 3Die Abschreibungen sind nicht in der Ertrags- und Aufwandsrechnung zu berücksichtigen. (4) 1Der Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft ist nach den für die Bewertung von Unternehmensbeteiligungen allgemein anerkannten Grundsätzen zu ermitteln. 2Die im Jahresabschluss oder in der Vermögensaufstellung der Immobilien-Gesellschaft ausgewiesenen Immobilien sind dabei mit dem Wert anzusetzen, der entsprechend § 249 Absatz 1 festgestellt wurde.

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41 Vgl. BVI Bearbeiterhinweise zum Muster-Jahresbericht für Immobilien-Sondervermögen (Stand 08/2013). 42 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 58. 43 Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 12. 44 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 248 KAGB; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 60.

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§ 248

A. B.

C.

Sonderregeln für die Bewertung

Systematische Übersicht Verweis auf Kommentierung zu § 168 (Absatz 1) | 1 Der Wertansatz der Immobilie (Absatz 2) | 2 I. Der Ansatz der Immobilie mit dem Kaufpreis | 3 II. Die Regelungen zur zusätzlichen Bewertung | 6 Der Ansatz der Anschaffungsnebenkosten als sonstiger Vermögensgegenstand (Absatz 3) | 8

I. II.

D.

Die Regelabschreibung | 9 Berücksichtigung der Abschreibung in der Entwicklungsrechnung | 10 III. Auswirkungen auf die Ermittlung des realisierten Ergebnisses bei Veräußerung | 11 Die Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4) | 12

A. Verweis auf Kommentierung zu § 168 (Absatz 1) 1

Für die im 5. Unterabschnitt des Gesetzes geregelten Immobilien-Sondervermögen verweist § 248 Absatz 1 auf die allgemeinen Vorschriften für offene Publikumsinvestmentvermögen. In Bezug auf die Bewertung gilt § 168 mit den Maßgaben von § 248 Absatz 2 bis 4. Die Absätze 2 bis 4 enthalten Sonderregelungen für die Bewertung von Immobilien-Sondervermögen. § 168 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen aufgrund der in § 1 enthaltenen Begriffsbestimmungen und der Neustrukturierung der Regelungen des aufgehobenen InVG die Regelung des aufgehobenen § 36 Absatz 1 und 2 InvG. Der Verkehrswert der zu dem Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenstände ist die Grundlage der Anteil- und Aktienwertermittlung. Zur Bestimmung des Verkehrswertes sind vorrangig gesetzliche Definitionen heranzuziehen. Falls keine gesetzlichen Definitionen vorhanden sind, soll zur Bestimmung des Verkehrswertes an marktübliche Verfahren angeknüpft werden.1 B. Der Wertansatz der Immobilie (Absatz 2) B. Der Wertansatz der Immobilie (Absatz 2)

2

Absatz 2 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Regelungen des aufgehobenen § 79 Absatz 1 Satz 4 und 5 des InvG und passt diese an die Bewertungsvorschriften der Richtlinie 2011/61/EU an.2 I. Der Ansatz der Immobilie mit dem Kaufpreis

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Gemäß § 248 Absatz 2 sind für Immobilien nach § 231 Absatz 1 und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nach § 234 zum Zeitpunkt ihres Erwerbs und danach für maximal weitere zwölf Monate der entsprechenden Kaufpreis (nicht der vor Erwerb ermittelte Verkehrswert) dieser Vermögensgegenstände für die Anteilspreisermittlung anzusetzen.3 Der Gesetzgeber reagierte mit dem InvÄndG auf die in der Praxis verbreitete Buchung von Einwertungsgewinnen, die sich aus der Gegenüberstellung der vom Sachverständigenausschuss festgestellten Verkehrswerte und der Gesamtinvestitionskosten ergaben.4 Mit Einführung dieser Regelung sind seitdem Kaufpreis und Anschaffungsnebenkosten gesondert in der Vermögensaufstellung anzusetzen.5

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1 BTDrucks. 17/12294 S. 258. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Archner § 248 Rn. 5. 4 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 33; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 21. 5 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 33.

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B. Der Wertansatz der Immobilie (Absatz 2)

§ 248

In Bezug auf Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften ist diese Vorschrift aller- 4 dings nur in der Weise zu verstehen, dass die in der Gesellschaft enthaltene Immobilie mit dem im Kaufvertrag6 über die Anteile an der Gesellschaft festgelegten Kaufpreis als vereinbarte Gegenleistung für die Hauptleistung des Verkäufers für zwölf Monate anzusetzen ist. Alle anderen in Zusammenhang mit der Immobilie stehenden Positionen – Bankguthaben, Forderungen, Verbindlichkeiten und Rückstellungen – gehen mit ihrem aktuellen Wert in die Berechnung der Vermögensaufstellungen ein, sind also fortzuschreiben, und wirken sich, wie beim direkten Immobilienerwerb, bei der Erstellung der monatlichen Vermögensaufstellung unmittelbar auf die Preisermittlung des ImmobilienSondervermögens aus. Gemäß § 255 Absatz 2 können die Anlagebedingungen von Immobilien-Sonderver- 5 mögen in Abweichung von der täglichen Anteilrücknahme des § 98 Absatz 1 Satz 1 vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilen nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch mindestens alle zwölf Monate erfolgt. Nur für den Fall der jährlichen Preisermittlung ist auch der Kaufpreis der direkt oder indirekt erworbenen Immobilien für zwölf Monate anzusetzen. Da gemäß § 251 Absatz 1 Satz 1 der Wert der Immobilien und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften innerhalb von drei Monaten zu ermitteln ist, ist dann nach den drei Monaten anstelle des Kaufpreises der vom externen Bewerter bzw. Abschlussprüfer ermittelte Wert anzusetzen.7 II. Die Regelungen zur zusätzlichen Bewertung Abweichend vom zwölf Monats-Zeitraum ist der Wert für eine Immobilie nach 6 Absatz 2 Satz 2 erneut zu ermitteln und anzusetzen, wenn nach Auffassung der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft der Ansatz des Kaufpreises auf Grund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr sachgerecht ist. Da nun bei täglicher Anteilrückgabe ein Bewertungsturnus von drei Monaten vorgeschrieben ist, hat die Regelung deutlich an Bedeutung verloren.8 Bei Änderungen von wesentlichen Bewertungsfaktoren hat die AIF-Kapitalverwal- 7 tungsgesellschaft bei den/dem externen Bewerter oder beim Abschlussprüfer eine erneute Bewertung für die Immobilie oder die Immobilien-Gesellschaft zu beauftragen. Zu den wesentlichen Bewertungsfaktoren der direkt oder indirekt gehaltenen Immobilien zählen beispielsweise der Rohertrag, der Liegenschaftszins, die Bewirtschaftungskosten oder die wirtschaftliche Restnutzungsdauer.9 Wertbeeinflussend können aber auch sich ergebende Leerstände, plötzlich auftretende nicht durch Versicherungen abgedeckte Baumängel oder deren zwischenzeitliche Behebung sein.10 Eine wesentliche Wertänderung ist bei einer Wertschwankung bei den Immobilien von mehr als 15% anzunehmen.11 Diese Änderungsgröße kann auch auf Immobilien-Gesellschaften angewendet werden. Gemäß § 31 Absatz 7 KARBV zählen die folgenden Faktoren grundsätzlich nicht zu den wesentlichen Bewertungsfaktoren: Neubewertung oder erstmalige Bewertung einer Immobilie durch den externen Bewerter, Neuerwerb einer Immobilie oder einer Immobilien-Gesellschaft, Verkauf der einzigen Immobilie, wenn der Verkaufspreis nicht wesentlich vom Verkehrswert der Immobilie abweicht, Kapitalmaßnahmen, Ausschüttungen,

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 35. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 21. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 22. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 37. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 23. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 23.

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§ 248

Sonderregeln für die Bewertung

Aufnahme oder Rückzahlung von Darlehen, nachträgliche Korrekturen der Jahresabschlüsse auf allen Beteiligungsstufen sowie Veränderung des Wertes durch laufende Erträge und Aufwendungen. Wertänderungen dieser Art sind durch Fortschreibung in der Preisermittlung zu berücksichtigen. C. Der Ansatz der Anschaffungsnebenkosten als sonstiger Vermögensgegenstand C. Der Ansatz der Anschaffungsnebenkosten als sonstiger Vermögensgegenstand (Absatz 3) 8

Die Regelungen des aufgehobenen § 79 Absatz 1 Satz 6 bis 8 InvG werden mit redaktionellen Anpassungen in § 248 Absatz 3 übernommen.12 I. Die Regelabschreibung

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Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass bei Erwerb von Immobilien oder Immobilien-Gesellschaften angefallene Anschaffungsnebenkosten (Begriff siehe Kommentar § 247 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5) neben dem Kaufpreis für den Vermögensgegenstand gesondert anzusetzen sind. Der Ansatz der Anschaffungsnebenkosten erfolgt in der Vermögensaufstellung als Sonstiger Vermögensgegenstand.13 Anschaffungsnebenkosten können auf Ebene des Fonds für den direkten Immobilienerwerb oder den Erwerb einer Immobilien-Gesellschaft anfallen. Außerdem sind auch auf Ebene der ImmobilienGesellschaft anfallende Anschaffungsnebenkosten des indirekten Immobilienerwerbs als sonstiger Vermögensgegenstand in der Vermögensaufstellung zu berücksichtigen. Die Abschreibung sollte ab dem Zeitpunkt der Vermietbarkeit14 beim direkten Immobilienerwerb bzw. zum Zeitpunkt des Anteilübergangs bei Beteiligungen an ImmobilienGesellschaften beginnen. Die Abschreibungsdauer beträgt längstens zehn Jahre. Sofern von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bereits beim Erwerb der Immobilie eine kürzere Haltedauer geplant wird, ist die Abschreibung über diesen Zeitraum linear vorzunehmen.15 Sollte eine Veräußerung vor dem Ende der geplanten Haltedauer erfolgen, so sind nach § 248 Absatz 3 Satz 2 die noch verbliebenen Anschaffungskosten in voller Höhe mit Verkauf abzuschreiben. Außerplanmäßige Abschreibungen dürfen nicht vorgenommen werden.16 Mit der Aktivierung und der linearen Verteilung der Kosten über die Dauer der voraussichtlichen Zugehörigkeit zum Immobilien-Sondervermögen werden nicht nur die zum Erwerbszeitpunkt im Fonds investierten Anleger belastet, sondern auch die später hinzukommenden. Das erscheint plausibel, da sie auch von den erzielten Erträgen der direkt oder indirekt gehaltenen Immobilie im Zeitablauf profitieren. II. Berücksichtigung der Abschreibung in der Entwicklungsrechnung

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Abschreibungen der Anschaffungsnebenkosten werden nicht in der Ertrags- und Aufwandsrechnung sondern in der Entwicklungsrechnung durch eine Buchung im Fondskapital erfasst.17 Hierdurch wird klargestellt, dass durch die Abschreibung von

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12 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 13 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 25. 14 A.A. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 46, wobei auch hier in einem zweiten Satz auf den Zeitpunkt des Mietbeginns abgestellt wird. 15 Vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 KARBV; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 25; Moritz/Jesch/Klebeck/Archner KAGB, § 248 Rn. 17. 16 KARBV § 30 Abs. 2 Nr. 1. 17 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 49.

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D. Die Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4)

§ 248

Anschaffungsnebenkosten nicht den realisierten erfolgswirksamen Verkehrswertänderungen entsprechen. Die Behandlung erfolgt wie eine nicht realisierte Wertänderung 18 fondskapitalmindernd. Die Entwicklungsrechnung für Immobilien-Sondervermögen und offene inländische Spezial-AIF mit Anlagen in Immobilien der Immobilien-Gesellschaften muss gemäß § 13 Absatz 2 KARBV um die Position „Abschreibungen Anschaffungsnebenkosten“ ergänzt werden. III. Auswirkungen auf die Ermittlung des realisierten Ergebnisses bei Veräußerung Wenn eine Immobilie oder eine Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft veräu- 11 ßert wird, sind die Anschaffungsnebenkosten vollständig abzuschreiben. Der in Höhe der verbliebenen Anschaffungsnebenkosten in der Vermögensaufstellung enthaltene sonstige Vermögensgegenstand teilt das Schicksal der mit ihm verbundenen Immobilie oder Immobilien-Gesellschaft und muss aus dem Sondervermögen gebucht werden. Damit das vollständig erfolgen kann, müssen die Anschaffungsnebenkosten aus dem realisierten Ergebnis vollständig in das (realisierte) Veräußerungsergebnis transferiert werden.19 Bei der Ermittlung des investmentrechtlichen Ergebnisses aus der Veräußerung von Immobilien oder Immobilien-Gesellschaften sind somit neben den Anschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten dem Nettoveräußerungserlös gegenüberzustellen.20 D. Die Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4) D. Die Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4) Absatz 4 übernimmt mit Anpassungen aufgrund der Neuregelungen zum Bewerter 12 die Regelungen des aufgehobenen § 70 Absatz 2 Satz 1 InvG. Die in § 70 Absatz 2 Satz 1 InvG enthaltene Regelung, wer die Bewertung vorzunehmen hat, wurde aus systematischen Gründen in § 250 aufgenommen.21 Durch den neuen Satz 2 wird die Regelung des aufgehobenen § 70 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz InvG mit der Maßgabe übernommen, dass die Bewertung durch zwei externe Bewerter zu erfolgen hat.22 Nach der gesetzlichen Regelung des Absatzes 4 Satz 1 sind für die Bewertung von 13 Immobilien-Gesellschaften allgemein anerkannte Grundsätze der Bewertung von Unternehmensbeteiligungen anzuwenden. Was unter dem Begriff der allgemein anerkannte Grundsätze der Bewertung von Unternehmensbeteiligungen zu verstehen wird, ist gesetzlich nicht konkretisiert. Dem IDW Praxishinweis 1/2012 hat der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer einen statischen Net-Asset-Value Ansatz entwickelt.23 Die Anwendung des IDW Standards S 1,24 der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen zum Inhalt hat, wird dadurch eingeschränkt, dass die Immobilie als wesentlicher Vermögensgegenstand in der Beteiligung bereits mit dem von externen Bewertern ermittelten Wert anzusetzen ist.25 Der IDW Praxishinweis 1/2012 hingegen orientiert sich mit dem

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18 BTDrucks. 16/5576 S. 76. 19 A.A. Berger/Streck/Lübbehüsen/Klusak § 79 Rn. 7. 20 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 79 InvG Rn. 47. 21 BTDrucks. 17/12294 S. 268. 22 BTDrucks. 17/13395 S. 407. 23 IDW Praxishinweis, Bewertung nach §§ 68, 70 InvG (IDW Praxishinweis 1/2012). 24 IDW Standard, Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW Standard S 1), Stand 18. April 2008. 25 IDW Praxishinweis 1/2012, Tz. 11; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 32.

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§ 248

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Sonderregeln für die Bewertung

Net-Asset-Value Ansatz an der Bewertungsmethodik der Vermögensgegenstände und Schulden, die auch für die direkt im Sondervermögen befindlichen Positionen angewandt werden. Dadurch bleibt gewährleistet, dass gleichartige Sachverhalte einheitlich bewertet werden. Maßgebliche Grundlage für diese Bewertung ist die aktuelle monatliche Vermögensaufstellung.26 Ausgangspunkt ist somit der Nettowert der Vermögensaufstellung.27 Die Wertfindung erfolgt bei diesem vereinfachten Net-Asset Value-Verfahren durch Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden; der Saldo ergibt den Wert der Beteiligung.28 Das gleiche Bewertungsergebnis wird auch erzielt, wenn ausgehend vom Eigenkapital der Immobilien-Gesellschaft einschließlich des aktuellen Ergebnisses Zu- oder Abschläge berücksichtigt werden. Diese Vorgehensweise, die zwangsläufig zum gleichen Ergebnis führt, kann häufig bei den Vereinbarungen über den An- oder Verkauf von Immobilien-Gesellschaften beobachtet werden und zeigt, dass mit diesem Verfahren ein marktnaher Wert29 ermittelt werden kann. Die Bewertungsaufgabe besteht darin, den Immobilienwert durch den zuletzt von den externen Bewertern festgestellten Verkehrswert oder, sofern dieser noch nicht maßgeblich ist, durch den Kaufpreis zu ersetzen.30 Die sich aus diesem Tausch ergebende Wertdifferenz ist beim Ansatz und der Bewertung von Rückstellungen für Capital Gain Tax, für Steueransprüche oder andere Verpflichtungen zu berücksichtigen.31 Die anderen Vermögensgegenstände und Schulden sind nach den Wertmaßstäben des § 168 Absatz 1 bis 7 zu bewerten.32 Für die Bewertung von Forderungen ist nach § 168 Absatz 3 der Verkehrswert zugrunde zu legen, der gemäß § 26 Absatz 1 KARBV als der Betrag zu verstehen ist, zu dem der jeweilige Vermögensgegenstand in einem Geschäft zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern ausgetauscht werden könnte. Insbesondere Mietforderungen sind auf ihre Werthaltigkeit hin zu untersuchen.33 Verbindlichkeiten sind mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen (§ 27 Absatz 3 KARBV). Die Bewertung der Rückstellungen erfolgt in der Praxis mangels eigener Regelungen in der KARBV grundsätzlich in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags (§ 253 Absatz 1 Satz 2 HGB).34 Da Forderungen und Rückstellungen in der Regel von kurzfristiger Natur sind, ist der in der Praxis festzustellende Verzicht auf eine Abzinsung angemessen.35 Zu den besonderen Wertkomponenten, die der die Bewertung vornehmende Abschlussprüfer nach seinem Ermessen ansetzen kann, zählt z.B. ein Geschäftswert oder Wertkomponenten auf Grund von erschwerten Vermarktungsmöglichkeiten der Beteiligung, abweichender Gewinnverteilungsabreden oder Vereinbarungen über Auseinandersetzungsguthaben.36 Die monatlichen Vermögensaufstellungen entstehen in der Regel aus dem monatlichen Reporting der lokalen Buchhalter (Mengengerüst),37 das von der AIF-Kapitalverwal-

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§ 31 Abs. 3 KARBV. § 31 Abs. 4 KARBV. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 34. § 31 Abs. 4 KARBV. § 31 Abs. 4 KARBV. § 31 Abs. 4 KARBV. § 31 Abs. 4 KARBV. IDW Praxishinweis 1/2012, Tz. 47. IDW Praxishinweis 1/2012, Tz. 49. IDW Praxishinweis 1/2012, Tz. 47 und 49. § 31 Abs. 4 S. 5 und 6 KARBV. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 42.

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D. Die Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4)

§ 248

tungsgesellschaft in eine investmentrechtliche Vermögensaufstellung übertragen wird. Ggf. müssen Aktivposten ohne Vermögenscharakter (z.B. reine Bilanzierungshilfen nach lokalem Recht, technische Abgrenzungsposten zur Ertragsglättung mietfreier Zeiten) eliminiert und Passivposten mit Schuldcharakter38 (nach lokalem Recht nicht ansetzbare Instandhaltungsrückstellungen, die auch im Gutachten der externen Bewerter nicht berücksichtigt sind) zusätzlich berücksichtigt werden. Gemäß § 29 Absatz 5 KARBV ist für den Fall einer mehrstufigen Immobilien-Gesell- 19 schaft eine gesonderte Bewertung der Untergesellschaft(en) nicht erforderlich. Der Wert kann zusammen mit dem Wert der direkt gehaltenen Immobilien-Gesellschaft ermittelt werden. In die Vermögensaufstellung des Sondervermögens fließt der vom Abschlussprüfer ermittelte bzw. der von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft fortgeschriebene Wert der direkt für Rechnung des Investmentvermögens gehaltenen Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften ein.39 Dazu müssen sich die Auswirkungen der Immobilienbewertung und alle anderen wertbeeinflussenden Faktoren der Gesellschaft(en) der unteren Ebenen im Wert der Obergesellschaft niederschlagen. Sachgerecht erscheint hier die von Lemnitzer40 vorgeschlagene Erstellung einer konsolidierten Vermögensaufstellung. Denkbar bleibt aber auch die Wertermittlung jeder Untergesellschaft und der Bewertung der Beteiligung auf der nächsthöheren Ebene mit dem Beteiligungsverhältnis entsprechenden Net-Asset-Value der Untergesellschaft. Durch die Neuregelungen in § 251 Absatz 1 sind Beteiligungen an Immobilien-Gesell- 20 schaften entsprechend der Bewertungshäufigkeit der indirekt gehaltenen Immobilien (§ 251 Absatz 2) in einem vierteljährlichen Turnus zu bewerten. Nur für den Fall, dass die Anlagebedingungen eines Immobilien-Sondervermögens gemäß § 255 Absatz 2 die Rücknahme von Anteilen seltener als alle drei Monate vorsehen, ist der Wert der Beteiligungen innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor dem jeweiligen Rücknahmetermin zu ermitteln. Würden die Anlagebedingungen beispielsweise die Rücknahme alle vier Monate, halbjährlich oder jährlich vorsehen, wäre die Bewertung dreimal, zweimal bzw. einmal jährlich vorzunehmen. Gemäß § 29 Absatz 7 KARBV ist der Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft immer dann neu zu ermitteln, wenn nach Auffassung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Ansatz des zuletzt ermittelten Wertes auf Grund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr angemessen ist. In diesem Fall kann der Wert nicht mehr sachgerecht durch eine Fortschreibung berücksichtigt werden. Am ersten Tag der Anteilwertermittlung für das Sondervermögen, der auf die Be- 21 kanntgabe des Wertes für die Beteiligung an der Immobilien-Gesellschaft durch den Abschlussprüfer folgt, hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den ermittelten Wert an Stelle des bisher angesetzten Wertes bei der Anteilpreisermittlung zugrunde zu legen.41 Da bei Bekanntgabe des ermittelten Beteiligungswertes bereits weitere aktuelle Vermögensaufstellungen vorliegen können, sind auch zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wertes und dessen Berücksichtigung in der Anteilwertermittlung Fortschreibungen vorzunehmen.42 Bis zur nächsten Bewertung durch den Abschlussprüfer ist der Beteiligungswert durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf der Grundlage der monatlichen Vermögensaufstellungen fortzuschreiben, wobei sich die Fortschreibung nur auf

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38 § 31 Abs. 3 KARBV; vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 42, IDW Praxishinweis 1/2012, Tz. 42. 39 § 31 Abs. 8 KARBV. 40 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 36. 41 § 31 Abs. 6 S. 1 KARBV. 42 § 31 Abs. 6 S. 4 KARBV.

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§ 249

Sonderregeln für das Bewertungsverfahren

Wertkomponenten erstrecken darf, die keiner Bewertung mit wesentlichem Ermessensspielraum unterliegen.43 Durch Fortschreibung sind in aller Regel die folgenden Faktoren44 zu berücksichti22 gen: 1. Neubewertung oder erstmalige Bewertung einer Immobilie durch den externen Bewerter; 2. Neuerwerb einer Immobilie oder einer Immobilien-Gesellschaft; 3. Verkauf der einzigen Immobilie, wenn der Verkaufspreis nicht wesentlich vom Verkehrswert abweicht; 4. Kapitalmaßnahmen; 5. Ausschüttungen; 6. Aufnahme oder Rückzahlung von Darlehen; 7. nachträgliche Korrekturen der Jahresabschlüsse auf allen Beteiligungsstufen; 8. Veränderung des Wertes durch laufende Erträge und Aufwendungen. Im Einzelfall kann jedoch auch bei diesen Bewertungsfaktoren eine Neubewertung notwendig sein. Dies wäre zum Beispiel dann gegeben, wenn der Kauf oder Verkauf einer Immobilie wesentliche Veränderungen bei anderen Vermögens- und Schuldposten der Gesellschaft nach sich ziehen könnte.45

§ 249 Sonderregeln für das Bewertungsverfahren § 249 Sonderregeln für das Bewertungsverfahren Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-036

(1) § 169 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bewertungsrichtlinien für Immobilien-Sondervermögen zusätzlich vorzusehen haben, dass 1. die Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 von zwei externen, voneinander unabhängigen Bewertern, die die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllen und die die Bewertung der Vermögensgegenstände unabhängig voneinander vornehmen, bewertet werden und 2. die externen Bewerter im Sinne der Nummer 1 Objektbesichtigungen vornehmen. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Immobilien-Gesellschaft muss die Immobilien-Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, vertraglich verpflichten, 1. bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle monatlich Vermögensaufstellungen einzureichen und 2. die Vermögensaufstellungen einmal jährlich anhand des von einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusses der Immobilien-Gesellschaft prüfen zu lassen. (3) Der auf Grund der Vermögensaufstellungen ermittelte Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft ist den Bewertungen zur laufenden Preisermittlung zugrunde zu legen.

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§ 31 Abs. 6 S. 2 und 3 KARBV. § 31 Abs. 7 S. 2 KARBV. § 31 Abs. 7 S. 3 KARBV.

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A. Ergänzung der Bewertungsrichtlinie für Immobilien-Sondervermögen (Absatz 1)

§ 249

A. Ergänzung der Bewertungsrichtlinie für Immobilien-Sondervermögen (Absatz 1) A. Ergänzung der Bewertungsrichtlinie für Immobilien-Sondervermögen (Absatz 1)

Die allgemeinen Vorschriften für offene Publikumsinvestmentvermögen sehen in 1 § 169 Absatz 1 Satz 1 die Erstellung einer internen Bewertungsrichtlinie durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft vor. Diese sind auch für Immobilien-Sondervermögen anzuwenden. Allerdings ist die Bewertungsrichtlinie für Immobilien-Sondervermögen um weitere Aspekte entsprechend dieser Vorschrift zum Bewertungserfahren zu ergänzen. Zum einen sind direkt und indirekt gehaltene Immobilien durch zwei externe Bewerter zu bewerten, wobei sicherzustellen ist, dass die Bewertung durch die externen Bewerter unabhängig voneinander erfolgen muss. Damit wurde das im InvG enthaltene Konzept des Sachverständigenausschusses mit einem Haupt- und zwei Nebengutachtern aufgegeben (§ 77 Absatz 1a InvG). Die externen Bewerter müssen die Voraussetzungen von § 216 Absatz 1 Nummer 1, Satz 2 und Absatz 2 bis 5 erfüllen. Zum anderen wird den externen Bewertern vorgeschrieben, dass Objektbesichtigungen zwingend vorzunehmen sind. Der Turnus der Objektbesichtigungen war bislang Bestandteil der Regelungen der Geschäftsordnung für den Sachverständigenausschuss nach der Regelung des § 77 Absatz 1a Satz 3 InvG. Danach erfolgten die Objektbesichtigungen bei Erstbewertungen und dann in einem zweijährigen Turnus durch die Folgebewerter. Mit Umsetzung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz ergeben sich bei täglicher Anteilwertermittlung vier Bewertungen jährlich. Objektbesichtigungen zum jeweiligen Bewertungsstichtag erscheinen nicht sinnvoll, eine Besichtigung der Immobilien pro Jahr praxisnah.1 Die BaFin beanstande einen regelmäßigen Bewertungsturnus von zwölf Monaten nicht, sofern im Hinblick auf die fortlaufende quartalsweise Bewertung objektbezogene Besonderheiten im Einzelfall nicht eine höhere Besichtigungsfrequenz erfordern. Durch die Änderung der Vorschriften für die Bewertung und die Bewerter und vor allem die Einführung der zwei unabhängigen Bewerter für die Folgebewertung brachte der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass an die Bewertung ein strengerer Maßstab als bisher angelegt werden soll.2 Vor diesem Hintergrund kann an dem bisher üblichen Besichtigungsturnus nach dem InvG von 24 Monaten nicht festgehalten werden.3 Im KABG und den Verordnungen fehlt eine Konkretisierung des Bewertungsverfahrens. Während nach dem InvG vom Sachverständigenausschuss ein einheitlicher Wert ermittelt wurde, kann bei der Wertermittlung durch zwei unabhängige Bewerter davon ausgegangen werden, regelmäßig voneinander abweichende Verkehrswerte zu erhalten.4 Die Branche hat bereits die Diskussion darüber angestoßen, wie in diesem Fall zu verfahren ist. Soll der niedrige Wert oder das arithmetische Mittel angesetzt werden? Die BaFin geht davon aus, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in der Bewertungsrichtlinie eine entsprechende Regelung aufzunehmen hat. Es ist zu begrüßen, wenn die Branche eine standardisierte Regelung findet, um die Vergleichbarkeit der in den Jahresberichten ausgewiesenen Werte zu erzielen.

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1 Häufige Fragen zu den neuen gesetzlichen Vorschriften des KAGB für Offene ImmobilienSondervermögen (Stand: 15. Juli 2013). 2 Häufige Fragen zu den neuen gesetzlichen Vorschriften des KAGB für Offene ImmobilienSondervermögen (Stand: 15. Juli 2013). 3 Häufige Fragen zu den neuen gesetzlichen Vorschriften des KAGB für Offene ImmobilienSondervermögen (Stand: 15. Juli 2013). 4 Häufige Fragen zu den neuen gesetzlichen Vorschriften des KAGB für Offene ImmobilienSondervermögen (Stand: 15. Juli 2013).

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§ 249

Sonderregeln für das Bewertungsverfahren

Dabei sind die Vorgaben der BaFin aus ihrem Rundschreiben 07/2015 (WA) – Anforderungen bei der Bestellung externer Bewerter für Immobilien und Immobilien-Gesellschaften zu beachten.5 B. Die Einreichung von monatlich erstellten Vermögensaufstellungen (Absatz 2 Nummer 1) § 249 Absatz 2 und 3 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Regelungen des aufgehobenen § 70 Absatz 1 InvG.6 Nach § 249 Absatz 2 Nummer 1 muss die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft oder die Immobilien-Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, vertraglich verpflichten bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle monatlich Vermögensaufstellungen einzureichen. Die für die Preisermittlung erforderlichen Informationen über Immobilien-Gesell3 schaften werden durch sogenannte Vermögensaufstellungen aus dem Bereich der lokalen Buchhalter der Immobilien-Gesellschaft in die Sondervermögen übertragen. Durch Regelungen in der Satzung oder anderweitige vertragliche Verpflichtungen7 muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft alle beteiligten Immobilien-Gesellschaften vertraglich verpflichten, monatlich Vermögensaufstellungen bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle einzureichen. Basis dieser Vermögensaufstellungen sind i.d.R. Monatsreports, die auf der Basis von lokalen Rechnungslegungsvorschriften8 in der Buchhaltung der Immobilien-Gesellschaft erstellt werden. Die Bearbeitung der Daten nach investmentrechtlichen Vorschriften hat dann durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erfolgen. Gemäß § 31 Absatz 3 Satz 3 KARBV hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einheitliche Grundsätze für das Mengengerüst und die Bewertung des Vermögens und der Schulden aufzustellen. Inhalt eines solchen Rahmenkonzepts sollten einheitliche Standards über die monatliche Datenlieferung sowie Bewertungsfragen (z.B. Forderungen) beinhalten. In den Grundsätzen sind ebenfalls Besonderheiten der Rechnungslegung in den Sitzländern der Immobilien-Gesellschaften über Aktivposten ohne Vermögenscharakter und fehlende Passivposten mit Schuldcharakter zu berücksichtigen.9 Die Beachtung der Grundsätze ist im Rahmen der jährlichen Prüfung der Vermögensaufstellung gemäß § 249 Absatz 2 Nummer 2 zu bestätigen.10 C. Die jährliche Prüfung der Vermögensaufstellungen (Absatz 2 Nummer 2) 2

C. Die jährliche Prüfung der Vermögensaufstellungen (Absatz 2 Nummer 2) 4

Absatz 2 Nummer 2 bestimmt, dass die nach investmentrechtlichen Grundsätzen erstellte Vermögensaufstellung einmal jährlich anhand des von einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusses der Immobilien-Gesellschaft prüfen zu lassen ist. Damit wird zunächst festgelegt, dass, unabhängig von lokalen Regelungen zur Prüfungspflicht, alle Immobilien-Gesellschaften von einem Abschlussprüfer zu prüfen sind. Da entgegen der Regelung in § 250 Absatz 1 Nummer 2 der Begriff des Abschlussprüfers nicht auf die Begriffsbestimmung für Abschlussprüfer i.S.d. § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 HGB verweist, kann davon ausgegangen werden, dass nicht nur deutsche Wirtschaftsprüfer sondern auch ausländische Abschlussprüfer die Prüfung

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5 BaFin-Rundschreiben 7/2015 (WA): GZ: WA41-Wp 2137-2013/0216 vom 29. Juli 2015, zuletzt geändert am 1. September 2015. 6 BT-Drucks. 17/12294 S. 269. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 5. 8 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 8. 9 KARBV § 31 Abs. 3 S. 4. 10 KARBV § 31 Abs. 3 S. 5.

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A. Externe Bewertung und Abschlussprüfer als Bewerter (Absatz 1)

§ 250

der Immobilien-Gesellschaft übernehmen können.11 Damit wird das Rechenwerk der Immobilien-Gesellschaft aufgrund einer investmentrechtlichen Regelung einer Pflichtprüfung unterzogen. Die Prüfung der investmentrechtlichen Vermögensaufstellungen muss sich somit auf die Übertragung des nach lokalen Gesichtspunkten erstellten Buchungsstoffs (anhand eines geprüften Abschlusses) unter Berücksichtigung der investmentrechtlichen Anpassungen beziehen. In diese Prüfung sind dann folgerichtig alle erstellten Vermögensaufstellungen einzubeziehen. Die Prüfung beinhaltet insbesondere die Prüfung der vom lokalen Buchungsstoff abweichenden Positionen und deren ordnungsmäßige Dokumentation. D. Die Abbildung des Wertes der Beteiligung in der laufenden Anteilwertermittlung (Absatz 3) Nach Absatz 3 findet der aufgrund der monatlichen Vermögensaufstellung ermittel- 5 te Wert einer Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft Eingang in die laufende Preisermittlung der Immobilien-Sondervermögen. 11

§ 250 Sonderregeln für den Bewerter § 250 Sonderregeln für den Bewerter Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-037 (1) § 216 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass 1. die Bewertung der Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 nur durch zwei externe Bewerter erfolgen darf, 2. der Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft durch einen Abschlussprüfer im Sinne des § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs zu ermitteln ist. (2) 1Ein externer Bewerter darf für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Bewertung von Vermögensgegenständen im Sinne des § 231 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 nur für einen Zeitraum von maximal drei Jahren tätig sein. 2Die Einnahmen des externen Bewerters aus seiner Tätigkeit für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dürfen 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen, bezogen auf das Geschäftsjahr des externen Bewerters, nicht überschreiten. 3Die Bundesanstalt kann verlangen, dass ihr entsprechende Nachweise vorgelegt werden. 4Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft darf einen externen Bewerter erst nach Ablauf von zwei Jahren seit Ende des Zeitraums nach Satz 1 erneut als externen Bewerter bestellen. A. Externe Bewertung und Abschlussprüfer als Bewerter (Absatz 1) A. Externe Bewertung und Abschlussprüfer als Bewerter (Absatz 1) Die Regelungen zum Bewerter wurden an Artikel 19 der Richtlinie 2011/61/EU ange- 1 passt. Für Immobilien-Sondervermögen gelten grundsätzlich die Regelungen der allgemeinen Norm des § 216 über den Bewerter. Jedoch sehen § 250 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Sonderregeln für den Bewerter von Immobilien-Sondervermögen vor.1 Danach stellt Absatz 1 Nummer 1 und 2 sicher, dass die Bewertung von direkt und indirekt gehaltenen

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11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Lemnitzer § 70 InvG Rn. 17–19; Moritz/Klebeck/Jesch/Archner KAGB, § 249 Rn. 11. 1

BTDrucks. 17/12294 S. 269.

241 https://doi.org/10.1515/9783110492217-037

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§ 250

Sonderregeln für den Bewerter

Immobilien durch zwei externe Bewerter im Sinne des § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 HGB erfolgt (Problematik siehe Kommentierung § 249). Eine Bewertung durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft selbst ist nicht erlaubt. Absatz 1 Nummer 1 stellt damit eine gesetzliche Ausnahme von § 216 dar, wonach entsprechend den dort genannten Voraussetzungen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Bewertung der Vermögensgegenstände intern oder extern durchführen kann. Mit der Vorschrift des § 250 wird ermöglicht, dass die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen von externen Sachverständigen bei der Bewertung der Vermögensgegenstände von Immobilien-Sondervermögen genutzt werden.2 Dies soll das Vertrauen der Anleger an eine ordnungsgemäße Bewertung der Vermögensgegenstände und eine faire Anteilspreisermittlung sichern. Gleichzeitig soll durch die Beschränkung auf externe Bewerter die Unabhängigkeit der Bewertungsfunktion gestärkt und mögliche Interessenkonflikte vermieden werden.3 Eine Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften ist ebenfalls nicht 2 durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft möglich. § 250 Absatz 1 Nummer 2 übernimmt die in § 70 Absatz 2 Satz 1 des aufgehobenen InvG enthaltene Regelung zur Frage, wer den Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft zu ermitteln hat. Wie nach den Regelungen des InvG erfolgt diese Bewertung als Vorbehaltsaufgabe durch einen Abschlussprüfer gemäß § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 HGB. Abschlussprüfer können danach deutsche Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bzw. Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sein. B. Bewerterrotation und Einnahmegrenzen (Absatz 2) B. Bewerterrotation und Einnahmegrenzen (Absatz 2) Während es für den Abschlussprüfer keine zeitliche Begrenzung hinsichtlich der Bewertung von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gibt, darf der externe Bewerter der direkt und indirekt gehaltenen Immobilien nur für einen Zeitraum von maximal drei Jahren für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft tätig sein. Nach den bisherigen Regelungen im InvG war noch eine fünfjährige Tätigkeit möglich. Neben der zeitlichen Komponente dürfen auch die Einnahmen aus seiner Tätigkeit für die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft 30% seiner Gesamteinnahmen bezogen auf das Geschäftsjahr des externen Bewerters nicht überschreiten. Maßgeblicher Zeitraum für die gesetzliche Einnahmegrenze ist dabei das Geschäftsjahr des externen Bewerters.4 Da die BaFin nach Absatz 2 Satz 1 verlangen kann, dass ihr entsprechende Nachweise vorgelegt werden müssen, kann es ratsam sein, wie nach den bisherigen Regelungen des InvG, dass der externe Bewerter eine entsprechende Erklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft abgibt (§ 77 Absatz 2 Satz 4 Nummer 2 InvG). Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Absatz 2 Satz 1 um eine Kann-Vorschrift handelt, sodass die BaFin lediglich in begründeten Ausnahmefällen die Vorlage entsprechender Nachweise verlangen dürfte.5 Eine weitere Einschränkung sieht vor, dass der externe Bewerter nach dem Tätigkeitszeitraum von drei Jahren für zwei Jahre nicht wieder für die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft bewerten darf. Die BaFin hat mitgeteilt, dass spätestens ab dem 22. Juli 2014 – unabhängig von der 4 Umstellung der Vertragsbedingungen auf Anlagebedingungen – die Regelungen des § 250 Absatz 2 anzuwenden sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen (§ 346). Damit sind die neuen Rota3

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2 3 4 5

BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/12294 S. 269. Moritz/Klebeck/Jesch/Archner KAGB, § 250 Rn. 13. So Moritz/Klebeck/Jesch/Archner KAGB, § 250 Rn. 17.

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A. Allgemeines und historische Entwicklung

§ 251

tions-Vorschriften erstmals nach Umstellung der Vertragsbedingungen auf die Anlagebedingungen, spätestens aber ab dem 22. Juli 2014 anzuwenden. C. Beginn der Rotationsfrist Die vom externen Bewerter ausgeführten Tätigkeiten in einem Sachverständigen- 5 ausschuss werden nicht auf den Höchstzeitraum von drei Jahren angerechnet.6 Erst mit Umstellung auf die neuen Anlagebedingungen bzw. spätestens am 22. Juli 2014 beginnt somit die Rotationsfrist von drei Jahren. Dabei beginnt der Tätigkeitszeitraum von maximal drei Jahren, unabhängig von der zivilrechtlichen Bestellung und der Bestellungsanzeige des Bewerters, mit seinem erstmaligen Tätigwerden.7

§ 251 Sonderregeln für die Häufigkeit der Bewertung § 251 Sonderregeln für die Häufigkeit der Bewertung Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-038

(1) 1§ 217 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Wert der Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 und des § 234 innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten zu ermitteln ist. 2Sehen die Anlagebedingungen eines ImmobilienSondervermögens gemäß § 255 Absatz 2 die Rücknahme von Anteilen seltener als alle drei Monate vor, ist der Wert der Vermögensgegenstände im Sinne des § 231 Absatz 1 und des § 234 innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor jedem Rücknahmetermin zu ermitteln. 3Abweichend von Satz 1 und 2 ist der Wert stets erneut zu ermitteln und anzusetzen, wenn nach Auffassung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der zuletzt ermittelte Wert auf Grund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr sachgerecht ist; die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat ihre Entscheidung und die Gründe dafür nachvollziehbar zu dokumentieren. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Bewertung der im Jahresabschluss oder in der Vermögensaufstellung der Immobilien-Gesellschaft ausgewiesenen Immobilien. A. Allgemeines und historische Entwicklung A. Allgemeines und historische Entwicklung § 251 Absatz 1 Satz 1 verweist auf § 217 Absatz 1 und damit auf die allgemeine Be- 1 wertungsvorschrift zur Häufigkeit der Bewertung von Vermögensgegenstände von Publikumsinvestmentvermögen. Hiernach ist die Bewertung der im Immobilien-Sondervermögen enthaltenen Vermögensgegenstände in einem angemessenen Zeitraum aber mindestens einmal jährlich vorzunehmen. Die Norm des § 217 beruht dabei auf Art. 19 Absatz 3 der AIFM-Richtlinie. Dabei geht aber § 217 über die Vorschrift des Art. 19 Absatz 3 Satz 3 der AIFM-Richtlinie hinaus, indem sie bei offenen Publikums-AIF in Form von Immobilien-Sondervermögen eine Bewertung innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten und damit quartalsweise vorsieht. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Rückgabemöglichkeit von Anteilen nur einmal pro Jahr erfolgt, da die Wertermittlung dann in den letzten drei Monaten vor Rückgabetermin zu erfolgen hat. Die Vorschrift setzt dabei die Vorgängerregelung des § 79 Absatz 1 Satz 10 InvG um.

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6 Häufige Fragen zu den neuen gesetzlichen Vorschriften des KAGB für Offene ImmobilienSondervermögen (Stand: 15. Juli 2013). 7 Moritz/Klebeck/Jesch/Archner KAGB, § 250 Rn. 6.

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§ 251

2

Sonderregeln für die Häufigkeit der Bewertung

Für Immobilien gemäß § 231 Absatz 1 und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gemäß § 234 gelten für den Fall der börsentäglichen Anteilrücknahme (§ 98 Absatz 1 S. 1) somit die Sonderregelungen der Bewertung für einem Zeitraum von drei Monaten vor jedem Ausgabetermin.1 Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung wird dazu ausgeführt, dass „nicht sämtliche Vermögensgegenstände zwingend zum Stichtag Ausgabetermin bewertet sein müssen, sondern die Stichtage der Bewertungen aller Vermögensgegenstände in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Ausgabetermin verteilt liegen können“.2 Die Regelung ist damit angelehnt an die rollierende Bewertung nach dem aufzuhebenden § 79 Absatz 1 Satz 11 des InvG.3 B. Abweichende Wertermittlung bei Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren

Wenn nach Auffassung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der zuletzt ermittelte Wert auf Grund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr sachgerecht ist, ist der Wert stets erneut zu ermitteln und anzusetzen. Dies bestimmt Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift, welcher die Regelung des aufzuhebenden § 79 Absatz 1 Satz 5 InvG übernimmt.4 Für den Fall der börsentäglichen Anteilwertermittlung hat diese Regelung kaum Bedeutung. Diese Zwischenbewertungen sind bei jährlicher Bewertung sinnvoll, um wesentliche Wertänderungen, die sich zwischen zwei Bewertungsstichtagen ergeben, im Immobilien-Sondervermögen abzubilden.5 Der Gesetzgeber hält dennoch die Verpflichtung aufrecht, auch bei vierteljährlicher Bewertung bei Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren, eine weitere Bewertung zu fordern. Zu den wesentlichen Bewertungsfaktoren zählen z.B. allgemeine Änderungen auf dem Grundstücksmarkt oder die konkrete Vermietungssituation.6 Marktveränderungen können sich auf den Wert der Immobilien genauso auswirken wie die Insolvenz eines Mieters. Dabei erscheint eine Grenze bei Veränderungen von mehr als 15% in Bezug auf die einzelne Immobilie oder Immobilien-Gesellschaft als sachgerecht.7 Tritt dieser Fall ein, hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Entscheidung und die sie tragenden Gründe nachvollziehbar zu dokumentieren, in dem sie darlegt, warum sie davon ausgeht, dass sich die wesentlichen Bewertungsfaktoren geändert haben. Die Regelung hat letztlich nur klarstellenden Charakter, da sie sich bereits aus 4 § 267 Absatz 2 in Verbindung mit der Verordnung, die die Europäische Kommission auf Grundlage von Artikel 19 Absatz 11 Buchstabe c der Richtlinie 2011/61/EU erlassen hat, ergibt.8 Die Häufigkeit der Bewertung der übrigen Vermögensgegenstände ergibt sich aus 5 § 217 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit der Verordnung, die die Europäische Kommission auf Grundlage von Artikel 19 Absatz 11 Buchstabe c der Richtlinie 2011/61/EU erlassen hat.9 6 Für die Häufigkeit der Berechnung des Anteilswertes war keine Sonderregelung erforderlich. Diese ergibt sich aus § 217 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit der Verordnung, 3

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BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/12294 S. 269; Moritz/Klebeck/Jesch/Archner KAGB, § 251 Rn. 1. BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/12294 S. 269. Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 22. Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 23. Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 79 Rn. 23. BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/12294 S. 269.

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A. Allgemeines

§ 252

die die Europäische Kommission auf Grundlage von Artikel 19 Absatz 11 Buchstabe c der Richtlinie 2011/61/EU erlassen hat, und entspricht im Wesentlichen der Regelung des aufzuhebenden § 79 Absatz 3 Satz 1 des Investmentgesetzes. Danach ist der Anteilswert mindestens zu jedem Rückgabe- und Ausgabetermin zu ermitteln.10 C. Bewertung der Immobiliengesellschaften Für Immobilien-Gesellschaften gelten die gleichen Vorschriften. Absatz 2 ist ange- 7 lehnt an die Regelung im aufzuhebenden § 70 Absatz 2 Satz 2 InvG und wurde an die Bewertungshäufigkeit der Immobilien angepasst.11 Hierdurch wird sichergestellt, dass auch für über Immobilien-Gesellschaften indirekt gehaltene Immobilien entsprechend der Regelung in Absatz 1 bewertet werden und somit ein Gleichlauf der Bewertung von direkt und indirekt gehaltenen Immobilien erfolgt.

§ 252 Ertragsverwendung § 252 Ertragsverwendung Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-039 (1) Die Anlagebedingungen müssen vorsehen, dass Erträge des Sondervermögens, die für künftige Instandsetzungen von Vermögensgegenständen des Sondervermögens erforderlich sind, nicht ausgeschüttet werden dürfen. (2) Mindestens 50 Prozent der Erträge des Sondervermögens müssen ausgeschüttet werden, sofern sie nicht für künftige erforderliche Instandsetzungen einzubehalten sind; realisierte Gewinne aus Veräußerungsgeschäften sind keine Erträge im Sinne dieses Absatzes. (3) Die Anlagebedingungen müssen angeben, ob und in welchem Umfang Erträge zum Ausgleich von Wertminderungen der Vermögensgegenstände des Sondervermögens und für künftige erforderliche Instandsetzungen nach Absatz 1 einbehalten werden.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Einbehalt für künftige Instandsetzungen (Absatz 1 und Absatz 3) | 3 Mindestausschüttungen und realisierte Gewinne (Absatz 2)

I.

D.

Mindestausschüttung von 50% (Absatz 2, 1. Halbsatz) | 9 II. Realisierte Gewinne aus Veräußerungsgeschäften (Absatz 2, 1. Halbsatz) | 11 Einbehalt zum Ausgleich von Wertminderungen (Absatz 3) | 12

A. Allgemeines A. Allgemeines Im Gegensatz zu Finanzinstrumenten unterliegen Immobilien der Abnutzung sowie 1 einem natürlichen Alterungsprozess. Daher ist es unerlässlich, Instandsetzungen an Immobilien durchzuführen, um den Wert von Immobilien zu erhalten. Instandsetzungen sind zudem Voraussetzung um zukünftig stabile Mieterträge aus der Vermietung der Immobilien erzielen zu können. Begründet wurde die Regelung des § 252, die bereits im Zuge der Erweiterung des KAGG auf Immobilien-Sondervermögen im Jahr 1969 aufge-

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BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/12294 S. 269.

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§ 252

Ertragsverwendung

nommen wurde, damit, dass zur Verhinderung von Raubbau an Grundstücksvermögen die Vertragsbedingungen vorsehen müssen, dass Beträge für künftige Instandsetzungen zurückbehalten und ob und inwieweit Erträge zum Ausgleich von Wertminderungen einbehalten und wieder angelegt werden.1 Das Investmentmodernisierungsgesetz hat die Regelung des § 33 KAGG mit entsprechenden Folgeänderungen übernommen. 2 Aus Transparenzgründen wurde anschließend mit dem Investmentänderungsgesetz § 78 Absatz 2 InvG an § 78 Absatz 1 InvG angepasst. Schließlich wurde § 78 Absatz 2 Satz 1 InvG durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz eingefügt, der eine Mindestausschüttung der Erträge in Höhe von 50% vorsieht. Insgesamt entspricht die heutige Vorschrift im Wesentlichen dem früheren § 78 InvG. Lediglich Satz 2 des Absatzes 1 wird in einem eigenständigen Absatz 2 geregelt. Nach Maßgabe des Absatzes 1 müssen die Anlagebedingungen vorsehen, dass Er2 träge des Sondervermögens, die für künftige Instandsetzungen von Vermögensgegenständen des Sondervermögens erforderlich sind, nicht ausgeschüttet werden dürfen. Im Gegensatz zu Aufwendungen für laufende Instandsetzungen, die als Bewirtschaftungskosten in die Ertrags- und Aufwandsrechnung einfließen und den Nettoertrag und somit das Ausschüttungsvolumen gleichwertig mindern, regelt die Vorschrift nur künftige Instandsetzungen. Darüber hinaus bestimmt Absatz 3, ob und in welchem Umfang Einbehalte zum Ausgleich von Wertminderungen der Vermögensgegenstände des Sondervermögens möglich sind; diese stehen im Ermessen der KAG.3 B. Einbehalt für künftige Instandsetzungen (Absatz 1 und Absatz 3) B. Einbehalt für künftige Instandsetzungen (Absatz 1 und Absatz 3) Die Anlagebedingungen müssen vorsehen, dass erforderliche Erträge für künftige Instandsetzungen nicht ausgeschüttet werden (Einbehalt). Dabei genügt eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlautes in den Anlagebedingungen. Baustein 14 Nummer 2 Satz 1 der Bausteine für „Besondere Anlagebedingungen“ für ein ImmobilienSondervermögen (Stand: Mai 2017), lautet insoweit wie folgt: „Von den … ermittelten Erträgen müssen Beträge, die für künftige Instandsetzungen erforderlich sind, einbehalten werden“. Strukturell enthält Absatz 1 damit die inhaltliche Vorgabe des Ausschüttungsverbots von Erträgen für künftige Instandsetzungen und beantwortet die Frage, „ob“ Beträge einbehalten werden müssen. Insoweit bestimmt Absatz 3 für künftige Instandsetzungen nur noch „in welchem Umfang“ Erträge einzubehalten sind.4 4 Terminologisch ist zwischen dem Begriff der Instandhaltung und dem Begriff der Instandsetzung zu unterscheiden. Unter Instandhaltung sind Maßnahmen zu verstehen, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Immobilien und damit den Erhalt des gegenwärtigen Zustands gewährleisten. Dies kann z.B. durch regelmäßige Pflege und Wartung der Immobilien geschehen. Demgegenüber werden unter dem Begriff Instandsetzung Maßnahmen verstanden, welche die Wiederherstellung des früheren Zustands, z.B. durch die Beseitigung von eingetretenen Schäden, bezwecken.5 Das Gesetz verwendet lediglich den Begriff der Instandsetzung. Auch Baustein 14 5 Nummer 2 Satz 1 der Bausteine für „Besondere Anlagebedingungen“ für ein Immobilien3

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1 BTDrucks. V/4414 S. 6. 2 BTDrucks. 15/1553 S. 100. 3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 252 Rn. 3. 4 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 6; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 5. 5 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 6; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 78 InvG Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 252 Rn. 5.

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C. Mindestausschüttungen und realisierte Gewinne (Absatz 2)

§ 252

Sondervermögen (Stand: Mai 2017) verwendet allein diesen Begriff. Eine Differenzierung zwischen den beiden Begriffen hinsichtlich der Anwendung der Vorschrift ist allerdings auch nicht nachvollziehbar, da häufig beide Begriffe synonym verwendet werden und sich sogar teilweise inhaltlich decken.6 Im Folgenden wird deshalb einheitlich der Begriff des Gesetzeswortlauts verwendet, unabhängig davon ob es sich um Instandhaltungsmaßnahmen oder Instandsetzungsmaßnahmen handelt. Grundsätzlich steht es im Ermessen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die 6 Höhe des Einbehalts für künftige Instandsetzungen festzulegen. Diese kann allerdings nicht mehr als das tatsächlich erwirtschaftete Ergebnis einbehalten.7 Eine Begrenzung des zeitlichen Rahmens für die Bestimmung der künftigen Instandsetzungen enthält der Wortlaut der Vorschrift nicht, sodass die Auffassung vertreten wird, dass zumindest von einer mehrperiodischen Betrachtungsweise auszugehen ist.8 Nicht anzunehmen ist aber, dass der Gesetzgeber damit eine Berücksichtigung des 7 Einbehalts für die gesamte Halte- und Nutzungsdauer der Immobilie gemeint hat. Maßnahmen für Instandsetzungen sind damit für einen begrenzten und absehbaren Zeitraum zu berücksichtigen.9 Der Umfang der erforderlichen Maßnahmen für Instandsetzungen kann einerseits 8 konkret für einzelne Objekte festgelegt werden. Anderseits ist es zulässig, auch einen Pauschalbetrag festzulegen, der auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit beruht. Hilfestellung und Orientierungsgröße zum Umfang bieten Annahmen, die im Rahmen des Sachverständigengutachtens getroffen wurden. Dort werden Instandhaltungskosten für die (Rest-) Nutzungsdauer der einzelnen Immobilie auf Basis einer langfristigen Durchschnittskostenbetrachtung berechnet. Wird ein Pauschalbetrag festgelegt, darf dieser allerdings nicht wesentlich von den tatsächlichen Aufwendungen abweichen. Zu beachten ist ferner, dass sich die Höhe der Instandhaltungskosten nach Zustand, Größe und Alter des Objekts richtet und nicht von der Anzahl der ausstehenden Anteilsscheine abhängt, sodass eine Festlegung in Abhängigkeit zu den Anteilsscheinen willkürlich wäre. Sind keine Instandhaltungsaufwendungen für das Folgejahr geplant, kann die Gesellschaft auch auf den Einbehalt verzichten. Das Gesetz sieht bekanntermaßen keinen Mindestbetrag vor, der zwingend einzubehalten wäre.10 Die teilweise in der Praxis vertretene Auffassung, dass zumindest ein Pauschalbetrag in Höhe von 1 Cent einzubehalten sei, findet keine Entsprechung im Gesetzeswortlaut. Zudem erscheint der Pauschalbetrag auch völlig wahllos, da sich die Höhe der Instandhaltungskosten nach den genannten Kriterien des Zustands, Größe und Alters der Immobilien richtet.11 C. Mindestausschüttungen und realisierte Gewinne (Absatz 2) C. Mindestausschüttungen und realisierte Gewinne (Absatz 2) I. Mindestausschüttung von 50% (Absatz 2, 1. Halbsatz) Gemäß Absatz 2 müssen mindestens 50% der Erträge des Sondervermögens ausge- 9 schüttet werden, sofern sie nicht für künftige erforderliche Instandsetzungen nach Satz 1

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6 Baur § 33 Rn. 3; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 33 Rn. 3; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 252 Rn. 5; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 2. 7 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 6. 8 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 5. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 7; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 78 InvG Rn. 2. 10 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 6. 11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 6; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 78 InvG Rn. 11.

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§ 252

Ertragsverwendung

einzubehalten sind. Die Vorschrift wurde im Rahmen des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes in § 78 Absatz 1 Satz 2 InvG aufgenommen und nunmehr im KAGB in einen eigenen Absatz überführt. Neben der Mindestausschüttung stellt der Gesetzgeber in Absatz 2, 2. Halbsatz zudem klar, dass eine Mindestausschüttungspflicht nicht für Gewinne gilt, die aus Veräußerungsgeschäften herrühren (sog. außerordentliche Erträge).12 Die Ausschüttung soll sich damit allein auf ordentliche Erträge erstrecken, die aus der Bewirtschaftung der Immobilien und der weiteren Vermögensgegenstände des Sondervermögens resultieren.13 Die Regelung des Absatzes 2 steht in Relation zu den Haltefristen des § 255 Absatz 3. 10 Diese wurden durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz in § 80c Absatz 3 InvG eingeführt. Hiernach waren Anteilrückgaben, soweit sie € 30.000 pro Kalenderhalbjahr für einen Anleger übersteigen, erst nach Ablauf einer Frist von 24 Monaten möglich. Eine gleiche Haltefrist sieht jetzt § 255 Absatz 3 vor, wobei die Einhaltung der Haltefrist nunmehr auch bei Beträgen von unter € 30.000 pro Kalenderhalbjahr gilt. Hintergrund der Streichung war die Erfahrung mit den drei zuletzt abgewickelten großen offenen Immobilienfonds, die gezeigt hat, dass auch mit dieser Regelung eine Aussetzung und Abwicklung nicht verhindert hätte werden können, da ein Großteil unter diesem Betrag investiert ist.14 Mittels der Festlegung solcher Haltefristen, nunmehr auch für Beträge unter dieser Schwelle, wird das Kapital des Anlegers langfristig gebunden, welches aus Sicht des Gesetzgebers mit einer allzu weitgehenden Thesaurierung der Erträge nicht vereinbar ist. Als Ausgleich für die Bindung des Kapitals des Anlegers muss diesem vielmehr ein jährlicher Ertrag zufließen, da auch für thesaurierte Erträge des Sondervermögens jährlich Steuer anfiele, die er aber aufgrund der Haltefristen nicht durch Rückgabe eines Teils seiner Investmentanteile bedienen kann.15 Die Mindestausschüttung stellt damit einen Ausgleich für die Kapitalbindung des Anlegers dar. Allerdings findet eine Ausschüttung nur dann statt, wenn die im Sondervermögen verbleibenden Erträge die künftigen erforderlichen Instandsetzungen nach einer Ausschüttung noch abdecken.16 II. Realisierte Gewinne aus Veräußerungsgeschäften (Absatz 2, 1. Halbsatz) 11

Die Verpflichtung zur Mindestausschüttung gilt allein für die ordentlichen Erträge, nicht aber für die realisierten Gewinne, die aus Veräußerungsgeschäften stammen. Ursprünglich sah der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz keine Differenzierung zwischen den außerordentlichen Erträgen aus Veräußerungsgewinnen und den ordentlichen Erträgen aus der Bewirtschaftung des Sondervermögens vor.17 Dies war im Ergebnis auch konsequent. Das Argument des Gesetzgebers, dass beim Anleger auch auf thesaurierte Erträge des Sondervermögens Steuern anfallen, gilt im Grunde auch für Veräußerungsgewinne.18 Allerdings wurde gegen die Pflicht der Ausschüttung außerordentlicher Erträge aus Veräußerungsgeschäften vorgebracht, dass diese Erträge zur Bedienung etwaiger Rücknahmeverlangen der Anle-

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12 13 14 15 16 17 18

Weitnauer/Boxberger/Anders/Fritz/Wind § 252 KAGB Rn. 8. BTDrucks. 17/4739 S. 22. BTDrucks. 17/12294 S. 270. BTDrucks. 17/3628 S. 26. BTDrucks. 17/3628 S. 26. BT-Drucks 17/3628 S. 12. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 3.

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Liquiditätsvorschriften

§ 253

ger zur Verfügung stehen sollen.19 Als Argument wurde angeführt, dass es widersprüchlich sei, Immobilien des Sondervermögens für die Schaffung der notwendige Liquidität zur Rücknahme von Anteilen zu verkaufen, erzielte und vorhandene Gewinne hierfür aber nicht verwenden zu können, da diese für die nächste Ausschüttung zurückgestellt werden müssten.20 Der Gesetzgeber hat sich dieser Argumentation angeschlossen, sodass Veräußerungsgewinne bei der Pflichtausschüttung nicht zu berücksichtigen sind. Für realisierte Gewinne aus Veräußerungsgeschäften gilt § 162 Absatz 2 Nummer 6. D. Einbehalt zum Ausgleich von Wertminderungen (Absatz 3) Nach Absatz 3 der Vorschrift können AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften auch 12 Erträge zum Ausgleich von Wertminderungen der Vermögengegenstände des Sondervermögens einbehalten. Ein solcher Einbehalt, wie es Absatz 1 für künftige Instandsetzungen zwingend vorschreibt, ist allerdings gesetzlich nicht vorgeschrieben. Von dieser Option Gebrauch zu machen liegt somit im Ermessen der Gesellschaft.21 Entschließt sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Erträge für Wertminderungen, die durch Verschleiß, Abnutzung, Verbrauch oder aufgrund von Alterungsvorgängen herbeigeführt worden sind, einzubehalten, so muss dies zwingend in den Anlagebedingungen geregelt sein. Dies spiegelt auch Baustein 14 Nummer 2 Satz 2 der Bausteine für „Besondere Anlagebedingungen“ für ein Immobilien-Sondervermögen (Stand: Mai 2017) wieder, welcher folgenden Wortlaut hat: „Beträge, die zum Ausgleich von Wertminderungen der Immobilien erforderlich sind, können einbehalten werden“. Ausgewiesen werden der Einbehalt für Wertminderungen zusammen mit dem Einbehalt für Instandsetzungen in der Verwendungsrechnung für das Sondervermögen gemäß § 12 Absatz 3 KARBV unter dem Posten „II. Einbehalt gemäß § 252 des Kapitalanlagegesetzbuches“.

§ 253 Liquiditätsvorschriften § 253 Liquiditätsvorschriften Reiss Liquiditätsvorschriften https://doi.org/10.1515/9783110492217-040

(1) 1Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für ein Immobilien-Sondervermögen einen Betrag, der insgesamt 49 Prozent des Wertes des Sondervermögens entspricht, nur halten in 1. Bankguthaben, 2. Geldmarktinstrumenten, 3. Investmentanteilen nach Maßgabe des § 196 oder Anteilen an SpezialSondervermögen nach Maßgabe des § 196 Absatz 1 Satz 2, die nach den Anlagebedingungen ausschließlich in Vermögensgegenstände nach den Nummern 1, 2 und 4 Buchstabe a anlegen dürfen; die §§ 207 und 210 Absatz 3 sind auf Spezial-Sondervermögen nicht anzuwenden, 4. Wertpapieren, die a) zur Sicherung der in Artikel 18.1 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vom 7. Februar 1992 (BGBl. 1992 II S. 1299) genannten Kreditgeschäfte von der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bundesbank zugelassen sind oder deren Zulassung nach den Emissionsbedingungen beantragt

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BTDrucks. 17/4739 S. 22. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 78 InvG Rn. 3. Baur § 33 Rn. 6; Brinkhaus/Scherer/Lindner-Figura § 33 Rn. 4.

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§ 253

Liquiditätsvorschriften

wird, sofern die Zulassung innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt, b) entweder an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zum Handel zugelassen sind oder festverzinsliche Wertpapiere sind, soweit ihr Wert einen Betrag von 5 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt; 5. Aktien von REIT-Aktiengesellschaften oder vergleichbare Anteile ausländischer juristischer Personen, die an einem der in § 193 Absatz 1 Nummer 1 und 2 bezeichneten Märkte zugelassen oder in diesen einbezogen sind, soweit der Wert dieser Aktien oder Anteile einen Betrag von 5 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht überschreitet und die in Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2007/16/EG genannten Kriterien erfüllt sind, und 6. Derivate zu Absicherungszwecken. 2 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass hiervon ein nach den überprüfbaren und dokumentierten Berechnungen des Liquiditätsmanagements ausreichender Betrag, der mindestens 5 Prozent des Wertes des Sondervermögens entspricht, für die Rücknahme von Anteilen verfügbar ist. (2) Bei der Berechnung der Anlagegrenze nach Absatz 1 Satz 1 sind folgende gebundene Mittel des Immobilien-Sondervermögens abzuziehen: 1. die Mittel, die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung benötigt werden; 2. die Mittel, die für die nächste Ausschüttung vorgesehenen sind; 3. die Mittel, die erforderlich werden zur Erfüllung von Verbindlichkeiten a) aus rechtswirksam geschlossenen Grundstückskaufverträgen, b) aus Darlehensverträgen, c) für die bevorstehenden Anlagen in bestimmten Immobilien d) für bestimmte Baumaßnahmen e) aus Bauverträgen, sofern die Verbindlichkeiten in den folgenden zwei Jahren fällig werden. (3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens Wertpapier-Darlehen nur auf unbestimmte Zeit gewähren. A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines und historische Entwicklung | 1 Zulässige Vermögensgegenstände (Absatz 1 Satz 1) I. Bankguthaben (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) | 4 II. Geldmarktinstrumente (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) | 7 III. Investmentanteile (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) | 9

IV.

C. D. E.

Sonstige Wertpapiere (Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) | 13 V. Anteile an REITs (Absatz 1 Satz 1 Nummer 5) | 14 VI. Derivate (Absatz 1 Satz 1 Nummer 6) | 16 Berechnung der Höchstliquidität (Absatz 2) | 17 Mindestliquidität (Absatz 1 Satz 2) | 21 Wertpapierdarlehen (Absatz 3) | 24

A. Allgemeines und historische Entwicklung A. Allgemeines und historische Entwicklung 1

§ 253 Absatz 1 Satz 1 bestimmt, dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Immobilien-Sondervermögen einen Betrag, der insgesamt 49% des Wertes des Sondervermögens entspricht, ausschließlich in den in dieser Vorschrift genannten Vermögensgegenständen halten darf (Höchstliquidität). Der in Absatz 1 Satz 1 genannte Katalog an Vermögensgegenständen ist abschließend. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat Reiss

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A. Allgemeines und historische Entwicklung

§ 253

dabei nach Absatz 1 Satz 2 sicherzustellen, dass hiervon ein nach den überprüfbaren und dokumentierten Berechnungen des Liquiditätsmanagements ausreichender Betrag, der mindestens 5% des Wertes des Sondervermögens entspricht, für die Rücknahme von Anteilen verfügbar ist. Die Mindestliquiditätsgrenze von 5%, die § 80 Absatz 1 Satz 2 InvG vorsah, wurde zunächst im Gesetzentwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie aufgehoben.1 Dieser enthielt die Regelung, dass nur ein ausreichender Betrag zur Verfügung stehen muss, um dem Rückgabeverlangen der Anleger nachkommen zu können. Dieser Betrag hätte damit auch unter der 5%-Grenze liegen können. Begründet wurde die Änderung mit der Anpassung an die geänderten Rücknahmeregelungen für ImmobilienSondervermögen.2 In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wurde die Vorgabe der Verfügbarkeit eines Betrags von mindestens 5% des Wertes des Sondervermögens für die Rücknahme von Anteilen wieder aufgenommen, die schließlich auch Eingang in den Gesetzestext des § 253 gefunden hat.3 Die Liquiditätsvorschrift des § 253 übernimmt in den Nummern 1 bis 5 des Absatzes 1 2 Satz 1 unter redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufzuhebenden § 80 Absatz 1 Satz 1 InvG. Die Einfügung der Nummer 6 dient der Klarstellung, dass auch Derivate allein zum Zweck der Absicherung erworben werden dürfen, welches bereits der langjährigen Verwaltungspraxis entspricht.4 Insgesamt hat die Vorschrift seit Einführung im Lauf der Zeit durch diverse Gesetzesnovellen Anpassungen erfahren. Bereits § 80 InvG in der Fassung des Investmentmodernisierungsgesetzes entstammte der Vorschrift des § 35 KAGG.5 U.a. wurde im Rahmen der Einführung des 2. Finanzmarktförderungsgesetz Wertpapier-Darlehen für Sondervermögen zugelassen, um die Möglichkeit zur Erzielung von zusätzlichen Einkünften gerade auch für Immobilien-Sondervermögen zu eröffnen.6 Darüber hinaus wurden durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz die zulässigen Wertpapiere im Rahmen der Liquiditätsanlage in bestimmte Geldmarkt-Sondervermögen und Wertpapier Sondervermögen ergänzt, um die Anlage effizient und professionell zu gestalten.7 Zweck der Liquiditätsvorschrift des § 253 ist es zu gewährleisten, dass die AIF- 3 Kapitalverwaltungsgesellschaft dem Recht des Anlegers, seine Anteilsscheine zurückzugeben (§ 98 Absatz 1), nachkommen kann. Dies ist nur möglich, wenn zu den jeweiligen für das Immobilien-Sondervermögen festgelegten Rücknahmeterminen, mindestens jedoch alle zwölf Monate, ausreichend Liquidität vorhanden ist um den Anteilswert auszuzahlen. Eine entsprechende Liquiditätsregelung ist für Wertpapier-Sondervermögen gemäß der OGAW-Richtlinie im KAGB nicht enthalten. Eine solche ist für ImmobilienSondervermögen aber unerlässlich. Immobilien sind längerfristige Vermögensanlagen, deren Verkauf nicht immer kurzfristig zu ihrem tatsächlichen Wert erfolgen kann. Umgekehrt können oftmals Mittelzuflüsse durch die Ausgabe neuer Anteile oder den Verkauf von Immobilien nicht unmittelbar in neue Immobilien investiert werden. Dies kann zum einen an einem hohen Wert der einzelnen Immobilie und zum anderen an den aktuellen Besonderheiten des Immobilienmarktes liegen. Zudem stellt die Liquiditätsvorschrift sicher, dass liquide Mittel für etwaige Instandsetzungen sowie die laufenden Betriebskosten vorliegen. Die Einschränkung der Liquidität auf höchstens 49% des Im-

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BTDrucks. 17/12294 S. 122. BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 17/13395 S. 246. BTDrucks. 17/12294 S. 269. BTDrucks. 15/1553 S. 100 f. BTDrucks. 12/6679 S. 82. BTDrucks. 13/8933 S. 120.

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Liquiditätsvorschriften

mobilien-Sondervermögens gewährleistet, dass der Gegenstand als Immobilien-Sondervermögen gewahrt bleibt, indem die Mehrzahl des Vermögens, d.h. mindestens 51%, in Immobilien nach § 231 investiert werden muss und nicht das Sondervermögen tatsächlich einem Wertpapier-Sondervermögen mit Anteil an Immobilien vergleichbar ist.8 B. Zulässige Vermögensgegenstände (Absatz 1 Satz 1) B. Zulässige Vermögensgegenstände (Absatz 1 Satz 1) I. Bankguthaben (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) 4

Die Anlage der Liquidität eines Immobilien-Sondervermögens kann in Bankguthaben erfolgen. Sie umfasst sowohl Sicht- als auch Termineinlangen in Euro sowie in anderen Währungen.9 Die Bankguthaben können entweder bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (§ 195 Satz 2, 1. Halbsatz) oder bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittstaat, dessen Aufsichtsbestimmungen nach Auffassung der Bundesanstalt denjenigen des Rechts der Europäischen Union gleichwertig sind, gehalten werden (§ 195 Satz 2, 2. Halbsatz). Als Kreditinstitute gelten solche Unternehmen, welche die Voraussetzung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2000/12/EG erfüllen. In der Gesetzesbegründung zum Investmentmodernisierungsgesetz wurden beispielsweise Kreditinstitute mit Sitz in Australien, Kanada, Japan, Schweiz, Südkorea, Neuseeland oder den Vereinigten Staaten von Amerika genannt, deren Aufsichtsbestimmungen als gleichwertig anzusehen sind.10 Die Laufzeit der Bankgutgaben ist nach § 195 Satz 1 auf 12 Monate beschränkt. Bankguthaben müssen auf Sperrkonten verwahrt werden. § 195 Satz 1 findet über 5 § 230 Absatz 1 sinngemäß für die Verwaltung von Immobilien-Sondervermögen Anwendung. Entsprechendes galt bereits nach InvG über die Verweisregelung des § 66 InvG auf § 49 InvG.11 Der Meinung von Klusak, der lediglich eine entsprechende Anwendung der §§ 60 ff InvG befürwortet, ist auch nach dem KAGB nicht zu folgen.12 Eine sinngemäße Anwendung des § 195 Satz 1 über § 230 Absatz 1 wäre nur dann abzulehnen, wenn sich aus der Vorschrift des § 253 tatsächlich auch etwas anderes ergibt. Jedoch enthält § 253 KAGB keine Regelung dahingehend, ob Bankguthaben auf Sperrkonten zu führen sind oder nicht. Damit findet § 195 Satz 1 über die Verweisregelung des § 230 Absatz 1 entsprechend Anwendung. Die abweichende Meinung von Klusak hatte im InvG keine Auswirkung auf die Rechtsfolge, da § 24 Absatz 2 Satz 1 InvG die Führung von Guthaben auf Sperrkonten ausdrücklich für alle Investmentvermögen bestimmte. Die Vorschrift galt damit auch unmittelbar für Immobilien-Sondervermögen. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft konnte also nur unter Mitwirkung der Depotbank über Bankguthaben verfügen.13 Eine zu § 24 Absatz 2 Satz 1 InvG gleichlautende Regelung ist nunmehr alleine in § 72 Absatz 2 Satz 1 für inländische OGAW im Abschnitt über OGAW-Verwahrstellen enthalten. Für inländische AIF enthält demgegenüber weder § 81 noch § 83 Absatz 6 eine solche Regelung. Folgt man der Auffassung von Klusak, so stellt sich die Frage, ob auch

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8 BTDrucks. 11/5411 S. 174. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 80 InvG Rn. 11; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 InvG Rn. 3. 10 BTDrucks. 15/1553 S. 94. 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 80 InvG Rn. 11; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 InvG Rn. 3. 12 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 3. 13 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 24 InvG Rn. 15 und § 26 Rn. 4.

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B. Zulässige Vermögensgegenstände (Absatz 1 Satz 1)

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für AIF und hierunter fallende Immobilien-Sondervermögen, Bankguthaben auf Sperrkonten zu führen sind. Dies ist aufgrund von § 83 Absatz 6 Satz 1 zu bejahen, da die Verwahrstelle sicherzustellen hat, dass die Zahlungsströme der inländischen AIF ordnungsgemäß überwacht werden. Da aber Bankguthaben nicht zwingend bei der Verwahrstelle selbst zu führen sind, muss zumindest ein Zustimmungsvorbehalt der Verwahrstelle für Zahlungsausgänge vorgesehen sein, da ansonsten die Überwachung der Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge nicht möglich wäre.14 Aufgrund der sinngemäßen Anwendung über § 230 sind auch die Emittentengrenzen 6 des § 206 bei Immobilien-Sondervermögen zu beachten. Nach § 206 Absatz 4 dürfen nur bis zu 20% des Wertes des Sondervermögens in Bankguthaben bei demselben Kreditinstitut gehalten werden. Zudem hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 206 Absatz 5 sicherzustellen, dass eine Kombination aus von ein und derselben Einrichtung begebenen Wertpapieren, Geldmarkinstrumenten und Einlagen 20% des Wertes des Sondervermögens nicht überschreitet. II. Geldmarktinstrumente (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) Der Begriff Geldmarktinstrumente ist in § 194 Absatz 1 definiert. Der Begriff der Geld- 7 marktinstrumente umfasst insbesondere solche Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, liquide sind und deren Wert sich bestimmen lässt.15 Hierunter fallen u.a. unverzinsliche Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate sowie Commercial Papers. Darüber hinaus gelten auch andere festverzinsliche Wertpapiere als Geldmarktinstrumente, die im Zeitpunkt ihres Erwerbs eine Restlaufzeit von unter 397 Tagen haben. Geldmarktinstrumente müssen die weiteren Voraussetzungen des § 194 Absatz 1 so- 8 wie der Absätze 2 und 3 erfüllen. Die Vorschrift findet ebenfalls über die Verweisregelung des § 230 Absatz 1 sinngemäß Anwendung. Insoweit dürfen Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 bis 6 nur erworben werden, wenn die Emission oder der Emittent dieser Instrumente den Vorschriften über den Einlagen- und den Anlegerschutz unterliegt und zusätzlich die Kriterien des Art. 5 Absatz 1 der Richtlinie 2007/ 16/EG erfüllt. Zudem sind die Anlagegrenzen des § 206 einzuhalten. In Geldmarktinstrumente desselben Ausstellers darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nur bis zu 5% des Wertes des Immobilien-Sondervermögens anlegen. Die Anlagebedingungen können vorsehen, dass diese Grenze auf 10% angehoben wird, wenn sämtliche Anlagen in Wertpapiere und Geldmarktinstrumente desselben Ausstellers 40% des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen. Darüber hinaus hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass eine Kombination aus Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten desselben Ausstellers, Einlagen bei dieser Einrichtung und Anrechnungsbeträgen für das Kontrahentenrisiko 20% des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen (§ 206 Absatz 5). III. Investmentanteile (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 verweist für die Zulässigkeit der Anlage in Invest- 9 mentanteile auf die Vorschrift des § 196; für Anlagen in Anteile an Spezial-Sondervermögen gilt § 196 Absatz 1 Satz 2 mit der Maßgabe, dass nach den Anlagebedingungen das

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14 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann Art. 21 Rn. 166 in Bezug auf die Regelung der AIFMRichtlinie. 15 BTDrucks. 15/1553 S. 53.

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Spezial-Sondervermögen ausschließlich in Vermögensgegenstände nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4a investieren darf. Immobilien-Sondervermögen können damit im Rahmen der Liquiditätsquote zu10 nächst Anteile an inländischen OGAW erwerben. Darüber hinaus können Anteile an anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital sowie Anteile an ausländischen offenen Investmentvermögen, die keine Anteile an EU-OGAW sind, erworben werden, wenn sie die Voraussetzungen des § 196 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllen. Dies bedeutet, dass inländische ImmobilienSondervermögen nicht erworben werden dürfen. Die Vorschriften für die Kreditaufnahme von inländischen Immobilien-Sondervermögen sind nicht gleichwertig bezüglich der Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG (§ 196 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2). § 254 erlaubt für inländische Immobilien-Sondervermögen die Aufnahme und das Halten von Krediten bis zur Höhe von 30% des Verkehrswertes der Immobilien (§ 254). Hingegen ist nach Art. 36 Absatz 2 der Richtlinie 85/611/EWG eine Kreditaufnahme auf maximal 10% bzw. insgesamt maximal 15% (sofern in Kombination zusätzlich auch kurzfristige Kredite aufgenommen werden) beschränkt. Das Gleiche gilt für inländische Sonstige Sondervermögen nach §§ 220 ff., da dort eine Aufnahme kurzfristiger Kredite für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger bis zur Höhe von 20% möglich ist. Die Voraussetzungen des § 196 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 sind somit z.B. für inländische Gemischte Sondervermögen erfüllt. Bei den hier genannten zulässigen Investmentvermögen handelt es sich um offene Publikums-Investmentvermögen. 11 Anteile an Spezial-Sondervermögen nach Maßgabe des § 196 Absatz 1 Satz 2 dürfen ebenso erworben werden, wenn die Anlagebedingungen vorsehen, dass ausschließlich in Vermögensgegenstände des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 (Bankguthaben), des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 (Geldmarktinstrumente) und des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a) (besonders zugelassene Wertpapiere) investiert wird. Der Gesetzgeber stellt hiermit sicher, dass die für Immobilien-Sondervermögen geltenden Anlage- und Liquiditätsregelungen nicht durch die Zwischenschaltung von Spezialfonds umgangen werden kann.16 Zusätzlich haben Spezial-Sondervermögen nach dem Gesetzeswortlaut auch die Vorgaben des § 196 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 einzuhalten (§ 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3). Dies gilt nicht für die Vorgaben nach § 196 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4, dass Anteile dem Publikum ohne eine zahlenmäßige Begrenzung angeboten werden und die Anleger das Recht zur Rückgabe der Anteile haben. Das Kriterium des Angebots von Anteilen an das Publikum steht nämlich im Widerspruch zu einem Spezial-Sondervermögen.17 Dies lässt sich nunmehr unmittelbar aus der Definition in § 1 Absatz 6 herleiten, der den Begriff des Spezial-AIF definiert. Hiernach handelt es sich dann um einen Spezial-AIF, wenn deren Anteile auf Grund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschaft oder auf Grund der konstituierenden Dokumente des AIF nur von professionellen und semi-professionellen Anlegern erworben werden dürfen. Liegt dieses Erfordernis nicht vor, so handelt es sich um ein Publikums-Investmentvermögen (§ 1 Absatz 6 Satz 2). Damit können Spezial-Sondervermögen nicht dem Publikum angeboten werden ohne ein Publikums-Investmentvermögen zu sein. 12 Investmentvermögen nach § 196, die im Rahmen der Liquiditätsquote erworben werden, müssen die Anlagegrenzen der §§ 207 und 210 Absatz 3 einhalten. Insoweit darf ein solches Investmentvermögen höchstens 20% in Anteile an einem einzigen Investmentvermögen (§ 207 Absatz 1) und höchstens 30% des Wertes in Anteilen an Invest-

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BTDrucks. 13/8933 S. 120. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 7.

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B. Zulässige Vermögensgegenstände (Absatz 1 Satz 1)

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mentvermögen nach § 196 Absatz 1 Satz 2 (§ 207 Absatz 2) anlegen. Zudem hat das Investmentvermögen die Anlagegrenze des § 210 Absatz 3 einzuhalten, wonach höchstens 25% der ausgegebenen Anteile eines anderen offenen inländischen, EU- oder ausländischen Investmentvermögens erworben werden dürfen. Auf Spezial-Sondervermögen sind diese Anlagegrenzen nicht anzuwenden. Konsequenz ist, dass die gesamte Liquidität eines Immobilien-Sondervermögens in einem einzigen Spezial-Sondervermögen angelegt und hierüber das Liquiditätsmanagement durchgeführt werden kann.18 IV. Sonstige Wertpapiere (Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf im Rahmen der Liquiditätsvorschriften 13 auch Wertpapiere im Sinne des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 halten. Der Begriff Wertpapier ist im Kapitalanlagegesetzbuch nicht definiert. Jedoch entspricht es der allgemeinen Meinung, dass von einem Wertpapierbegriff, der auch den §§ 193 ff. zu Grunde gelegt wird, auszugehen ist.19 Voraussetzung ist, dass die Wertpapiere entweder den Anforderungen des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a) oder des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4b) entsprechen. Hiernach muss es sich zum einen um Wertpapiere handeln, die zur Sicherung der in Artikel 18.1 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vom 7. Februar 199220 genannten Kreditgeschäfte von der Europäischen Zentralbank oder der Deutschen Bundesbank zugelassen sind oder deren Zulassung nach den Emissionsbedingungen beantragt wird, sofern die Zulassung innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt (§ 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a). Zum anderen können es Wertpapiere sein, die entweder an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Absatz 5 WpHG zum Handel zugelassen sind oder die festverzinsliche Wertpapiere sind, soweit deren Wert einen Betrag von 5% des Sondervermögens nicht übersteigt (§ 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4b). Eine Liste der Wertpapiere, die den Anforderungen des § 253 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a entsprechen, kann über die Homepage der Europäischen Zentralbank21 abgerufen werden. Die Liste wird jeweils Montag bis Freitag 18.30 Uhr aktualisiert. V. Anteile an REITs (Absatz 1 Satz 1 Nummer 5) § 230 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Re- 14 gelung des § 80 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 InvG, die durch das InvÄndG eingefügt wurde. Mit dieser Regelung wird es Immobilien-Sondervermögen ermöglicht, Aktien inländischer oder ausländischer börsennotierte REIT-Aktiengesellschaften über die Wertpapierquote nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4b) hinaus zu erwerben.22 Bei Investitionen in REITAktiengesellschaften (Real Estate Investment Trust) handelt es sich um eine zusätzliche Möglichkeit der indirekten Immobilienanlage. Im internationalen Rechtsraum bereits seit längerer Zeit existent, wurden REIT-Aktiengesellschaften in Deutschland erst mit dem Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen vom 28. Mai 2007 eingeführt. Die wirtschaftliche Bedeutung von REIT-Aktien ist je-

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18 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 9; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 80 InvG Rn. 18; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 InvG Rn. 6. 19 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 2 InvG Rn. 39 ff.; Baur § 8 Rn. 23 ff.; Brinkhaus/Scherer/Scherer § 8 Rn. 6. 20 BGBl. 1992 II, S. 1299. 21 http://www.ecb.europa.eu/mopo/assets/assets/html/index.en.html. 22 BTDrucks. 16/5576 S. 76.

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doch verhältnismäßig gering. Wesentliche Merkmale von REIT-Aktiengesellschaften sind, dass deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Absatz 5 WpHG zugelassen sind, deren Unternehmensgegenstand auf Investments in Immobilien beschränkt ist und die Gesellschaften steuerlich transparent sind. Im Falle von ausländischen REITs müssen die Anteile an einem der in § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bezeichneten Märkte zugelassen oder in einen dieser Märkte einbezogen sowie mit Aktien von inländischen REIT-Aktiengesellschaften vergleichbar sein. Eine Vergleichbarkeit wird dann angenommen, wenn der REIT, neben der Zulassung bzw. Einbeziehung in den bezeichneten Märkten, weit überwiegend in Immobilien investiert, sich mindestens ein Anteil im Streubesitz befindet und die in Art. 2 Absatz 1 der Richtlinie 2007/16/EG genannten Kriterien erfüllt.23 Wesentliche Kriterien von Art. 2 Absatz 1 der Richtlinie 2007/16/EG sind u.a. der Ausschluss einer Nachschusspflicht, hinreichende Liquidität und verlässliche Bewertung der Anteile sowie die Verfügbarkeit angemessener Informationen.24 Der Wert dieser Aktien oder Anteile darf einen Betrag von 5% des Wertes des Son15 dervermögens nicht überschreiten. Soweit die inländische oder ausländische REITAktiengesellschaft sämtliche Anforderungen des § 235, die an Immobilien-Gesellschaften gestellt werden, erfüllt, können REIT-Aktien bzw. vergleichbare Anteile ausländischer REIT-Gesellschaften auch über diese 5%-Grenze hinaus erworben werden. Ein solcher Erwerb erfolgt dann jedoch nicht im Rahmen der Liquiditätsquote des § 253, sondern im Rahmen der §§ 234 ff. und der dort geltenden Anlagegrenzen.25 VI. Derivate (Absatz 1 Satz 1 Nummer 6) 16

Mit Umsetzung der AIFM-Richtlinie werden in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 nunmehr auch Derivate, die zu Absicherungszwecken erworben werden, als neue Assetklasse im Rahmen der Liquiditätsquote zugelassen. Die Einfügung der Nummer 6 dient der Klarstellung und entspricht bereits der langjährigen Verwaltungspraxis.26 Über die Verweisregelung des § 230 findet § 197 entsprechend Anwendung. C. Berechnung der Höchstliquidität (Absatz 2) C. Berechnung der Höchstliquidität (Absatz 2)

Absatz 2 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des aufzuhebenden § 80 Absatz 2 InvG. Bei der Berechnung der Höchstliquiditätsgrenze von 49% nach Absatz 1 sind die in Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten und zu bestimmten Zwecken gebundenen Mittel nicht in die Berechnung mit einzubeziehen. Hierdurch soll die wirtschaftliche Flexibilität der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erhöht werden, indem bereits durch feste Verpflichtungen gebundene Liquidität nicht auf den Höchstsatz angerechnet wird. Dementsprechend dürfen solche Positionen über den Höchstsatz hinaus zusätzlich vorgehalten werden.27 Gebundene Mittel sind zunächst solche, die zur Sicherstellung einer ordnungsge18 mäßen laufenden Bewirtschaftung benötigt werden (Absatz 2 Nummer 1). Der Begriff der ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung und was darunter zu verstehen ist, hat 17

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23 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 11. 24 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 11. 25 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 11; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Doublier § 80 InvG Rn. 22; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 InvG Rn. 8. 26 BTDrucks. 17/12294 S. 269. 27 BTDrucks. 13/8933 S. 120.

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D. Mindestliquidität (Absatz 1 Satz 2)

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der Gesetzgeber nicht definiert. In der Regel sind darunter diejenigen Mittel zu verstehen, die für Instandhaltungskosten und laufende Betriebskosten anfallen. Mit dem Begriff der laufenden Bewirtschaftung soll klargestellt werden, dass diese Mittel in einem begrenzten Umfang und für eine begrenze Zeit benötigt werden.28 Kosten für einmalige Aus- oder Umbaumaßnahmen oder sonstige einmalige Aufwendungen fallen nicht unter diesen Begriff, können jedoch über Absatz 2 Nummer 3 von den liquiden Mitteln abzuziehen sein.29 Nach Absatz 2 Nummer 2 dürfen zudem die für die nächste Ausschüttung vor- 19 gesehenen Mittel von der Höchstliquiditätsgrenze abgezogen werden. Keine Voraussetzung ist, dass die Ausschüttung bereits beschlossen bzw. dessen Höhe bekannt ist. Der Ausschüttungsbetrag ist somit zu schätzen und kann dann von der Höchstliquidität abgezogen werden. Stellt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Laufe des Geschäftsjahres fest, dass der angesetzte Ausschüttungsbetrag erhöht bzw. reduziert werden kann, ist der Abzugsbetrag entsprechend anzupassen. Die Ausschüttung erfolgt gewöhnlich unmittelbar nach Bekanntmachung des Jahresberichts (Baustein 15 Nummer 6 der Bausteine für „Besondere Anlagebedingungen“ für ein Immobilien-Sondervermögen). Nach Absatz 2 Nummer 3 dürfen schließlich auch Mittel, die zur Erfüllung bestimm- 20 ter Verbindlichkeiten benötigt werden, in Abzug gebracht werden. Im Einzelnen können liquide Mittel dann zum Abzug gebracht werden, wenn Sie zur Erfüllung von Verbindlichkeiten aus rechtswirksam geschlossenen Grundstückskaufverträgen (Absatz 2 Nummer 3a)), aus Darlehensverträgen (Absatz 2 Nummer 3b)), für bevorstehende Anlagen in bestimmten Immobilien (Absatz 2 Nummer 3c)), für bestimmte Baumaßnahmen (Absatz 2 Nummer 3d)) sowie aus Bauverträgen (Absatz 2 Nummer 3e)) dienen. Um die Mittel in Abzug bringen zu können, müssen diese in den folgenden zwei Jahren fällig werden. Im Gegensatz zu Grundstückskaufverträgen ist es bei Darlehensverträgen und bei Bauverträgen nicht Voraussetzung, dass diese Verträge bereits wirksam geschlossen wurden. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist hier ausreichend.30 D. Mindestliquidität (Absatz 1 Satz 2) D. Mindestliquidität (Absatz 1 Satz 2) Neben der Höchstliquiditätsgrenze von 49% ist darüber hinaus Voraussetzung, dass 21 ein ausreichender Betrag, der mindestens 5% des Wertes des Sondervermögens entspricht, für die Rücknahme von Anteilen verfügbar ist. Eine tägliche Verfügbarkeit, wie es die Regelung des § 80 Absatz 1 Satz 2 InvG vor dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes gefordert hat, ist nicht mehr notwendig, soweit von einer täglichen Rücknahme nach § 98 Absatz 1 Satz 1 abgewichen wird (§ 255 Absatz 2 Satz 1). Die Verfügbarkeit der liquiden Mittel hängt somit von der Möglichkeit der Rückgabe von Anteilen ab. Macht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Regelung des § 255 Absatz 2 Satz 1 Gebrauch und ermöglicht die Rücknahme von Anteilen nur zu bestimmten Rücknahmeterminen (jedoch mindestens alle 12 Monate), so muss diese Mindestliquidität auch nur noch zu diesen Rücknahmeterminen zur Verfügung stehen. Der ausreichende Betrag muss zudem nach den überprüfbaren und dokumentierten 22 Berechnungen des Liquiditätsmanagements sichergestellt werden. Die Anpassung des

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28 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 12; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 InvG Rn. 10. 29 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 12. 30 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80 InvG Rn. 12.

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§ 254

Kreditaufnahme

Wortlautes unterstreicht die Verantwortung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für das den Anlegern gegebene Rücknahmeversprechen.31 Es ist nunmehr nicht alleine ausreichend sicherzustellen, dass ein ausreichender Betrag für die Rücknahme der Anteile verfügbar ist. Die Berechnung des ausreichenden Betrags muss kontrolliert werden können. Dies ist nur möglich, wenn die Berechnung auch entsprechend dokumentiert wird. Bei Unterschreiten der Mindestliquidität hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 23 dafür zu sorgen, dass die Mindestliquiditätsgrenze beizeiten eingehalten wird. Die Unterschreitung der Mindestliquidität alleine rechtfertigt es nicht, die Rücknahme der Anteile auszusetzen. Eine Aussetzung der Anteile ist einzig und allein möglich falls kein ausreichender, die 5%-Grenze unterschreitender, Betrag zur Zahlung des Rücknahmepreises sowie zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung vorhanden ist. Nur dann darf eine Aussetzung der Rücknahme erfolgen. Im Falle des Unterschreitens der Mindestliquidität ist die BaFin hiervon zu unterrichten.32 E. Wertpapier-Darlehen (Absatz 3) 25

Absatz 3 wurde mit redaktionellen Anpassungen im Wortlaut übernommen. Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens Wertpapier-Darlehen gewähren. Die Vorschrift wurde bereits mit dem 2. Finanzmarktförderungsgesetz in den Gesetzestext aufgenommen33 und ermöglicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zusätzliche Erträge aus Wertpapieren zu erzielen, wie es auch für Wertpapier-Sondervermögen möglich ist. Voraussetzung ist, dass das WertpapierDarlehen auf unbestimmte Zeit gewährt wird.34 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss folglich berechtigt sein, dass Wertpapier-Darlehen jederzeit zu kündigen.35

§ 254 Kreditaufnahme § 254 Kreditaufnahme Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-041 (1) 1Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf unbeschadet des § 199 für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger Kredite nur bis zur Höhe von 30 Prozent des Verkehrswertes der Immobilien, die zum Sondervermögen gehören, und nur dann aufnehmen und halten, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist, 2. die Kreditaufnahme mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist, 3. die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind 4. die Grenze nach § 260 Absatz 3 Nummer 3 nicht überschritten wird. 2 Eine Kreditaufnahme zur Finanzierung der Rücknahme von Anteilen ist nur nach Maßgabe des § 199 zulässig. (2) Entsprechend der Beteiligungshöhe sind die von der Immobilien-Gesellschaft aufgenommenen Kredite bei dem Immobilien-Sondervermögen bei der Berechnung der in Absatz 1 genannten Grenzen zu berücksichtigen.

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31 BTDrucks. 17/12294 S. 269. 32 BaKred, Schreiben vom 25. Oktober 1996. 33 BTDrucks. 12/6679 S. 82. 34 Ausnahme bei Fristenkongruenz von Darlehen und Wertpapier vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 80 Rn. 15. 35 Baur § 36 Rn. 13.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-041

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A. Allgemeines und historische Entwicklung

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines und historische Entwicklung | 1 Voraussetzungen für die Kreditaufnahme (§ 254 Absatz 1 Satz 1) I. Begriff des Kredits | 4 1. Back-to-Back Kredite | 5 2. Kontoüberziehung | 6 II. Regelung in den Anlagebedingungen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) | 8 III. Vereinbarkeit mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsprüfung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) | 9

§ 254

IV.

C.

D.

Marktüblichkeit der Bedingungen der Kreditaufnahme (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) | 10 V. Keine Grenzüberschreitung nach § 260 Absatz 3 Nummer 3 (Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) | 11 Kreditaufnahme zur Finanzierung von Anteilsrücknahmen (Absatz 1 Satz 2) | 12 Berücksichtigung der von ImmobilienGesellschaften aufgenommenen Kredite (Absatz 2) | 13

A. Allgemeines und historische Entwicklung A. Allgemeines und historische Entwicklung § 255 regelt die Kreditaufnahme von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für ein 1 Immobilien-Sondervermögen. Erstmalig hat der Gesetzgeber die Kreditaufnahme für Immobilien-Sondervermögen mit Einführung des § 80a InvG durch das Investmentänderungsgesetz direkt geregelt. Bis dahin wurde das Recht, Kredite für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens aufzunehmen, aus § 37 Absatz 3 KAGG bzw. dann aus § 82 Absatz 3 InvG abgeleitet. Die Vorschrift des § 82 Absatz 3 InvG regelte zwar nicht die Kreditaufnahme selbst, sondern lediglich die Möglichkeit einer Belastung von Vermögensgegenständen nach § 67 Absatz 1 und 2 InvG des Sondervermögens. Daraus wurde jedoch gefolgert, dass wenn eine Belastung der Vermögensgegenstände grundsätzlich möglich ist, auch eine Belastung durch Kreditaufnahme möglich sein muss. Diese Situation empfand der Gesetzgeber als unbefriedigend, sodass die Kreditaufnahme für ein Immobilien-Sondervermögen im Rahmen des Investmentänderungsgesetzes in einer gesonderten Vorschrift des § 80a InvG statuiert wurde. Eine Ableitung aus § 82 Absatz 3 Satz 2 InvG war nunmehr nicht mehr notwendig, wobei die Belastungsgrenze weiterhin von § 82 InvG erfasst wurde. Allerdings bietet die heutige Vorschrift des § 254 für die Kreditaufnahme keine abschließende Regelung. Eine Kreditaufnahme ist weiterhin nach § 199 kumulativ möglich. Eine Fremdfinanzierung der Immobilie ist damit auch mit 37% des Immobilienwertes möglich. Außerdem kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch kurzfristige Kredite, die den Anforderungen des § 199 entsprechen, zur Finanzierung aufnehmen. § 254 Absatz 1 übernimmt die Regelung des aufgehobenen § 80a InvG.1 Die Aufnah- 2 me eines Kredits kann (steuerliche) Vorteile im Hinblick auf die Rendite des Sondervermögens bringen, wenn diese z.B. über den Kreditzinsen liegt bzw. bei der Finanzierung eines Kaufs von Immobilien im Ausland entstehen kann. Zudem kann ein Kredit zur Verringerung des Währungsrisikos beitragen. Allerdings ist die Kreditaufnahme auch insoweit riskant, weil dadurch das Kapital des Sondervermögens, etwa durch eine negative Wertentwicklung, gefährdet sein kann. Deshalb hat sich der Gesetzgeber für eine Begrenzung der Kreditaufnahme entschieden, um den Anleger zu schützen. Im Rahmen des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz wurde deshalb die Kreditaufnahme von 50% auf 30% des Verkehrswerts der im Sondervermögen befindlichen Immobilien herabgesetzt. Mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie wurde die Vorschrift des § 80a InvG mit einigen Änderungen übernommen. Die Ergänzung, dass Kredite auch nur

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§ 254

Kreditaufnahme

bis zu einer Höhe von 30% des Fondsvolumens gehalten werden dürfen, stellt klar, dass nicht nur der Zeitpunkt der Aufnahme der Kredite zu betrachten ist.2 Inwieweit die Vorschrift auch auf Immobilien-Gesellschaften unter dem KAGG und 3 dem InvG anwendbar war, ist streitig gewesen.3 Der im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie neu eingefügte Absatz 2 stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass auch die aufgenommenen Kredite von Immobilien-Gesellschaften, an denen für Rechnung des Sondervermögens eine Beteiligung gehalten wird, zu berücksichtigen sind. B. Voraussetzungen für die Kreditaufnahme (§ 254 Absatz 1 Satz 1) B. Voraussetzungen für die Kreditaufnahme (§ 254 Absatz 1 Satz 1) I. Begriff des Kredits 4

Eine Definition des Begriffs „Kredit“ findet sich im Kapitalanlagegesetzbuch nicht. In Bezug auf Aufnahme von Mitteln durch das Sondervermögen wird der Begriff „Kredit“ aber genutzt. Werden demgegenüber Mittel des Sondervermögens beansprucht, spricht das Gesetz von Darlehen. Daher ist zunächst vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Unter Kreditaufnahme versteht man jede Form des Fremdkapitals, das ein anderer der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft überlässt und dafür Zins und Rückerstattung verlangt.4 Die BaFin versteht allerding unter dem Begriff alle Vorgänge, die wirtschaftlich zu einer Fremdfinanzierung von Anlagen im Sondervermögen führen. Danach muss der Kredit nicht unbedingt klassisch durch Abschluss eines Kreditvertrages aufgenommen werden.5 Diese Sichtweise verdunkelt allerdings die wahren Gründe für oder gegen die Einordnung eines Sachverhalts als „Kredit“.6 Bei vorliegenden Konstellationen würde man von einem Kredit ausgehen:

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1. Back-to-Back Kredite. Die Aufnahme von Back-to-Back Krediten dient der Währungssicherung von Vermögensgegenständen, die sich im Sondervermögen befinden und die einem Währungsrisiko unterliegen. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nimmt zunächst ein Kredit in einer Fremdwährung auf und zahlt für die Kreditaufnahme in der fremden Währung Zinsen. Allerdings wird der Kreditbetrag bei der Auszahlung in Euro getauscht und anschließend bis zur Fälligkeit verzinslich angelegt.7 Gleichzeitig wird ein Betrag in gleicher Summe an Fremdwährung gekauft und damit wird der Kaufpreis des zu sichernden Vermögensgegenstandes im Fremdwährungskredit gezahlt. Die Differenz der Summe der für den Fremdwährungskredit aufzuwendenden Zinsen und der Summe der Zinseinnahmen aus der Euro-Anlage sind die Kosten der Kurssicherung.8 Mittels dieser Vorgehensweise ist sogar ein Gewinn möglich, wenn die Zinsen für die Aufnahme des Fremdwährungskredits niedriger sind als die aus der Euro-Anlage. Wird der zu sichernde Vermögensgegenstand am Ende der Laufzeit verkauft, wird der in Fremdwährung zu zahlende Kaufpreis zur Rückzahlung des Fremdwährungskredits verwendet. Die Anlage in Euro wird sodann an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zurückgezahlt. Letztendlich steht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, unabhängig von dem Währungskurs, der Kaufpreis in Euro wieder zur Verfügung. Das Sondervermögen

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BTDrucks. 17/12294 S. 471. Siehe zu den unterschiedlichen Auffassungen die Ausführungen unter Rn. 13. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12.

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B. Voraussetzungen für die Kreditaufnahme (§ 254 Absatz 1 Satz 1)

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kann einen eventuellen Gewinn für sich vereinnahmen, muss aber die Kosten der Kurssicherung tragen.9 Dieses Vorgehen ist unumstritten zulässig, allerdings folgt ein Teil der Literatur daraus, dass es sich bei dem Verfahren nicht um einen Kredit handelt.10 Eine Zustimmung der Verwahrstelle zur Kreditaufnahme erübrigt sich damit. Allerdings würde dann auch weder eine Prüfung bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Kredits noch die Prüfung auf die Marktüblichkeit stattfinden. Dies ist aber nicht nachvollziehbar. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Fremdwährungskredit ohne Umwege zur Kaufpreiszahlung genutzt wird oder ob das Geld erst in Euro angelegt wird. In beiden Fällen ist eine Überprüfung der Zinsbelastung des Sondervermögens durch die Kreditaufnahme auf ihre Marktüblichkeit und Wirtschaftlichkeit durch die Verwahrstelle angebracht und erforderlich.11 Damit sind Back-to-Back Finanzierungen als Kredite im Sinne des § 254 anzusehen. 2. Kontoüberziehung. Die BaFin qualifiziert Kontoüberziehungen als Kreditauf- 6 nahme. Das ist insoweit nachvollziehbar, weil die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Möglichkeit erhält, im Wege der Überziehung einen Kredit zu beanspruchen und hierfür auch einen Zins zu verlangen. Die Zinsbelastung trifft die Anleger und muss deshalb von der Verwahrstelle dahingehend überprüft werden, ob dieser Kredit marktüblich ist und auch einer ordnungsgemäßen Wirtschaftlichkeit entspricht. Eine Kreditaufnahme liegt immer dann vor, wenn ein entsprechendes Konto überzogen wird, unabhängig davon, ob ein anderes Konto ein Guthaben in gleicher Höhe oder gar mehr aufweist.12 Keine Kreditaufnahme liegt nach Ansicht der BaFin vor, wenn die AIF-Kapitalver- 7 waltungsgesellschaft für die Kontoüberziehung keine Zinsen zahlen muss. Allerdings ist die Zinszahlung für die Annahme eines Kredits nicht grundsätzlich maßgebend. Eine Differenzierung, ob Zinszahlungen getätigt werden oder nicht und damit der Anleger belastet wird, kennt der Begriff Kreditaufnahme nicht. Deshalb kann man stets von einem Kredit ausgehen, wenn der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Mittel zur Verfügung gestellt werden, die sie zurückzahlen muss, unabhängig davon ob diese mit einer Zinslast behaftet sind oder nicht. Besteht nicht die Pflicht zur Zinszahlung ist die Kreditaufnahme zwar zulässig, die Zustimmung der Verwahrstelle muss aber dennoch eingeholt werden. Die Zustimmung muss allerdings erst mit der Auszahlung der Darlehnssumme erfolgen, weil erst mit deren Ausreichung die Kreditaufnahme erfolgt. Erst zu diesem Zeitpunkt beginnt die Zinszahlungspflicht zu Lasten der Anleger und nicht bereits mit der Unterzeichnung des Kreditvertrags.13 II. Regelung in den Anlagebedingungen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) Die Kreditaufnahme muss in den Anlagebedingungen vorgesehen sein. Ausreichend 8 ist es dabei, den Wortlaut des Gesetzes in den Anlagebedingungen lediglich zu wiederholen.14

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9 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. 10 Brinkhaus/Scherer/Scherer § 9 KAGG Rn. 23, Baur § 9 KAGG Rn. 34. 11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. 12 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. 13 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 12. 14 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 15; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 254 Rn. 7, 8.

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§ 254

Kreditaufnahme

III. Vereinbarkeit mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsprüfung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) 9

Die Aufnahme des Kredites darf der ordnungsgemäßen Wirtschaftsprüfung nicht entgegenstehen. Hier geht es um die Frage, ob die durch die Kreditaufnahme entstehenden Nachteile, wie z.B. die Pflicht zur Zahlung des Fremdkapitalzinses oder das Risiko, dass bei Abwertungen der Immobilie die Reduzierung des Werts des Sondervermögens verstärkt wird, im Verhältnis zu den durch die Kreditaufnahme resultierenden Vorteile größer sind.15 Die Vorteile können überwiegen, wenn der Kredit zur Finanzierung einer Immobilie verwendet wird und die Immobilienrendite höher ist als der effektive Kreditzins. Die Vorteile können auch dann größer sein, wenn die Kreditzinsen wegen ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit die Steuerlast des Sondervermögens vermindern und hierdurch die Rendite des Sondervermögens gesteigert wird.16 Ein Vorteil besteht demgegenüber insbesondere dann nicht, wenn Kredite zur Finanzierung von Anteilsrücknahmen aufgenommen werden. Anleger, die ihre Anteile nicht zurückgeben wollen, werden hierdurch mit dem Zinsaufwand belastet, ohne dass ein entsprechender Vorteil der Belastung gegenüber steht.17 IV. Marktüblichkeit der Bedingungen der Kreditaufnahme (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3)

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Die Bedingungen der Kreditaufnahme müssen marktüblich sein. Dabei dürfen die Höhe des Fremdkapitalzinses, der Umfang der Besicherung und auch die weiteren Bedingungen des Kredits, z.B. bezüglich der vorzeitigen Fälligkeit oder Kündigung durch den Kreditgeber, nicht schlechter sein als im Markt üblich.18 Marktüblichkeit ist dann gegeben, wenn sich aus konkreten Vergleichsangeboten oder nach Ansicht eines qualifizierten Beraters oder aus Erfahrungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ergibt, dass auch ein bei einer anderen Bank aufgenommener Kredit für das Sondervermögen nicht wesentlich günstiger wäre.19 Primär kommt es nicht darauf an, das Angebot mit dem zu zahlenden niedrigsten Zins zu nehmen. Vielmehr müssen alle Aspekte der Kreditaufnahme insgesamt zu einem vorteilhaften Geschäft führen.20 Zu beachten ist ferner, dass nicht die Kreditform als solche marktüblich sein muss, sondern viel mehr die Bedingungen der Kreditaufnahme. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen demnach auch ungewöhnliche Kreditkonstruktionen in Anspruch nehmen, solange die Voraussetzungen des § 254 nicht außer Acht gelassen werden und damit die Bedingungen des Kredits marktüblich sind.21 V. Keine Grenzüberschreitung nach § 260 Absatz 3 Nummer 3 (Absatz 1 Satz 1 Nummer 4)

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Nach dem Wortlaut des § 254 dürfen Kredite nur aufgenommen werden, wenn die Grenze des § 260 Absatz 3 Nummer 3 nicht überschritten wird. Hiernach sind Belastun-

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80a InvG Rn. 7. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 16. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 16. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80a InvG Rn. 8. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80a InvG Rn. 4. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80a InvG Rn. 8. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 16.

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D. Berücksichtigung der von Immobilien-Gesellschaften aufgenommenen Kredite

§ 254

gen von Vermögensgegenständen nach § 231 Absatz 1, die zu einem Sondervermögen gehören, zulässig, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellt, dass die Belastung insgesamt 30% des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreitet. Allerdings handelt es bei dem Verweis lediglich um eine klarstellende Regelung, da der § 260 Absatz 3 Nummer 3 auch ohne den Verweis direkt anwendbar ist. C. Kreditaufnahme zur Finanzierung von Anteilsrücknahmen (Absatz 1 Satz 2) Hat die Gesellschaft keine Möglichkeiten mehr, ausreichende Liquidität für die 12 Rücknahme von Anteilen zu schaffen, so ist eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Anteilsrücknahmen nach Absatz 1 Satz 2 nur nach Maßnahme des § 199 zulässig. Hierfür dürfen kurzfristige Kredite aufgenommen werden, die aber nicht mehr als 10% des Sondervermögens betragen. Die Begrenzung auf 10% soll sicherstellen, dass die Belastung des Sondervermögens nicht zu hoch und deshalb der Kredit so schnell wie möglich zurückgezahlt wird. Bei der Berechnung der Grenze für den Kredit ist der Wert des gesamten Sondervermögens und nicht nur der Wert der im Sondervermögen befindlichen Immobilien zugrunde zu legen. Dies bedeutet, dass selbst wenn die Grenze nach § 254 überschritten ist, eine Kreditaufnahme nach § 199 immer noch möglich ist. Eine Anrechnung findet demnach nicht statt. D. Berücksichtigung der von Immobilien-Gesellschaften aufgenommenen Kredite D. Berücksichtigung der von Immobilien-Gesellschaften aufgenommenen Kredite (Absatz 2) Der neu eingefügte Absatz 2 stellt klar, dass auch die aufgenommenen Kredite von 13 Immobilien-Gesellschaften, an denen für Rechnung des Sondervermögens eine Beteiligung gehalten wird, zu berücksichtigen sind. Im KAGG und im InvG bestanden für die Kreditaufnahme von Immobilien-Gesellschaften, abgesehen von § 69 InvG, keine eigenständige Regelungen, sodass Streit darüber bestand, ob der damalige § 80a InvG auf Immobilien-Gesellschaften überhaupt Anwendung findet22 oder nur die Kreditaufnahme durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft betrifft, wie es der eindeutige Wortlaut des Gesetzes bestimmte.23 In der Praxis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Wirtschaftsprüfer ging man jedoch überwiegend davon aus, dass bei der Berechnung der 30%-Grenze des § 80a InvG die Kredite, die von Immobilien-Gesellschaften aufgenommen wurden, als auch die durch die Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke zu berücksichtigen sind. Begründet wurde diese Ansicht damit, dass im Falle der Nichtberücksichtigung ein Sondervermögen, wenn alle Grundstücke über eine 100%ige Beteiligung an Immobilien-Gesellschaften gehalten werden und deshalb die 49% Grenze des § 68 Absatz 6 Satz 1 wegen § 68 Absatz 6 Satz 2 nicht galt, zu 100% fremdfinanziert werden könnte.24 Eine Fremdfinanzierung des Sondervermögens in dieser Höhe widersprach aber der Intention des Gesetzgebers, die Fremdmittelaufnahme einzuschränken. Allerdings wurde die Vorschrift nicht auf Kredite angewandt, die von einer AIF- 14 Kapitalverwaltungsgesellschaft für eine Immobilien-Gesellschaft gewährt wurde, an welchen das Sondervermögen zu 100% beteiligt war. Der Grund hierfür ist, dass Gesell-

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So Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80a InvG Rn. 3. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 1. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 254 Rn. 16.

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§ 255

Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen

schafterkredite gemäß § 39 Absatz 1 Nummer 5 InsO in der Insolvenz der ImmobilienGesellschaft wie Eigenkapital behandelt werden und damit der gewährte Kredit kein zusätzliches Risiko für die Immobilien-Gesellschaft darstellt.25

§ 255 Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen § 255 Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen Reiss A. Allgemeines https://doi.org/10.1515/9783110492217-042

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat die Ausgabe von Anteilen vorübergehend auszusetzen, wenn eine Verletzung der Anlagegrenzen nach den Liquiditätsvorschriften dieses Abschnitts oder der Anlagebedingungen droht. (2) 1In Abweichung von § 98 Absatz 1 Satz 1 können die Anlagebedingungen von Immobilien-Sondervermögen vorsehen, dass die Rücknahme von Anteilen nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch mindestens alle zwölf Monate erfolgt. 2 Neue Anteile dürfen in den Fällen des Satzes 1 nur zu den in den Anlagebedingungen festgelegten Rückgabeterminen ausgegeben werden. (3) 1Die Rückgabe von Anteilen ist erst nach Ablauf einer Mindesthaltefrist von 24 Monaten möglich. 2Der Anleger hat nachzuweisen, dass er mindestens den in seiner Rückgabeerklärung aufgeführten Bestand an Anteilen während der gesamten 24 Monate, die dem verlangten Rücknahmetermin unmittelbar vorausgehen, durchgehend gehalten hat. 3Der Nachweis kann durch die depotführende Stelle in Textform als besonderer Nachweis der Anteilinhaberschaft erbracht oder auf andere in den Anlagebedingungen vorgesehene Weise geführt werden. (4) 1Anteilrückgaben sind unter Einhaltung einer Rückgabefrist von zwölf Monaten durch eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erklären. 2§ 227 Absatz 3 gilt entsprechend; die Anlagebedingungen können eine andere Form für den Nachweis vorsehen, dass die Rückgabe in Einklang mit Satz 1 erfolgt. Schrifttum Thömmes Liquiditätsplanung offener Immobilienfonds, ZfIR 2009 121.

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Aussetzung der Ausgabe von Anteilen (Absatz 1) | 4 Beschränkung der Rücknahme von Anteilen (Absatz 2 Satz 1) | 7

D. E. F.

Beschränkung der Ausgabe neuer Anteile (Absatz 2 Satz 2) | 9 Mindesthaltefrist (Absatz 3) | 10 Unwiderrufliche Rückgabeerklärung und Form des Nachweises (Absatz 4) | 13

A. Allgemeines 1

Die Regelung des Absatzes 1 wurde mit dem Investmentänderungsgesetz des neuen § 80c Absatz 1 InvG eingeführt. Die Vorschrift dient dazu, die Liquidität bei ImmobilienSondervermögen zu steuern. Die Schwierigkeit der Liquiditätssteuerung bei ImmobilienSondervermögen besteht gerade darin, dass es sich bei Immobilien um eine illiquide Anlageklasse handelt und der An- und Verkauf von Immobilien aufgrund von Former-

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A. Allgemeines

§ 255

fordernissen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Im Gegensatz zu ImmobilienSondervermögen sind Anteile an anderen Sondervermögen weitaus liquider, da nach § 98 Absatz 1 Satz 1 der Anleger grundsätzlich jederzeit seinen Anteil zurückgeben kann. Die Entscheidung, ob eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft weitere Anteilsschei- 2 ne an einem Immobilien-Sondervermögen ausgibt oder nicht, liegt in ihrem Ermessen. § 255 macht von diesem Grundsatz eine Ausnahme und zwar dann, wenn eine Verletzung der Höchstliquiditätsgrenze nach § 253 droht. In diesem Fall muss die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft die Ausgabe von Anteilen vorübergehend aussetzen. Absatz 1 der Norm dient dazu, einen massiven Liquiditätszufluss zu unterbinden. Sobald eine Überschreitung der Höchstliquiditätsgrenze droht, darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft keine neuen Anteile am Sondervermögen in Umlauf bringen. Ziel des Gesetzgebers war es, mit der Einführung des Absatzes 1 die AIF-Kapitalvewaltungsgesellschaft vom Anlagedruck zu befreien und dieser die Gelegenheit für eine ausgewogene Portfolioausrichtung zu geben.1 In Marktphasen mit umfangreichen Anteilsrückgaben durch Anleger kann es dazu 3 kommen, dass die freie Liquidität im Immobilien-Sondervermögen nicht ausreicht um dem Rücknahmeverlangen der Anleger nachkommen zu können. Dem schnellen Entzug von Liquidität durch umfangreiche Anteilsrückgaben soll mittels der Absätze 2 bis 4 entgegengewirkt werden. Diese Regelungen wurden ebenfalls durch das Investmentänderungsgesetz eingeführt und im Rahmen des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes grundlegend überarbeitet, da der Schutz der Immobilien-Sondervermögen vor Aussetzung der Anteilsrücknahme aufgrund mangelnder Liquidität nicht erreicht wurde.2 § 80c Absatz 2 Satz 1 InvG stellte insoweit klar, dass jederzeit von der Verpflichtung zur Rücknahme von Anteilen nach dem damaligen § 37 InvG, heute § 98, abgewichen werden kann.3 Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie sah zunächst vor, dass die Rücknahme von Anteilen nur noch einmal im Jahr erfolgen kann und soll.4 Im Rahmen der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Finanzausschusses (7. Ausschuss) entschied man sich dann doch, die Regelung des § 80c Absatz 2 InvG inhaltlich unter lediglich redaktionellen Anpassungen zu übernehmen.5 Dabei übernimmt Absatz 3 grundsätzlich die Regelung des aufzuhebenden § 80c Absatz 3 InvG. Anders als § 80c Absatz 3 InvG, welcher die Rücknahme von Anteilen in Höhe von € 30.000 und mehr pro Kalenderhalbjahr erst nach einer Mindesthaltefrist von 24 Monaten vorsah, gilt nunmehr auch eine Haltefrist unabhängig von der Höhe der Werte der Anteile. Hintergrund der Regelungsänderung sind die Erfahrungen mit der Abwicklung von drei großen offenen Immobilien-Sondervermögen. Die Vorschrift hatte gezeigt, dass auch mit der Regelung des § 80c Absatz 3 InvG eine Aussetzung der Rücknahme der Anteile und eine Abwicklung der Immobilien-Sondervermögen nicht verhindert hätte werden können, da ein Großteil der Anleger unterhalb der Schwelle von € 30.000 investiert war. Dies bestätigten auch Erhebungen der Branche und der depotführenden Stellen.6 Für Anleger, die bei Inkrafttreten des KAGB Anteile an bestehenden Immobilien-Sondervermögen bereits halten, besteht weiterhin die Möglichkeit, Anteile im Wert von bis zu € 30.000 pro Kalenderhalbjahr ohne eine Mindesthaltefrist nach den Regelungen der zu diesem Zeit-

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BTDrucks. 16/5576 S. 77. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 3. BTDrucks. 17/3628 S. 27. BTDrucks. 17/12294 S. 270. BTDrucks. 17/13395 S. 247. BTDrucks. 17/12294 S. 270.

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§ 255

Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen

punkt geltenden Vertragsbedingungen zurück zu geben. Dies bestätigt die Übergangsvorschrift des § 346 Absatz 2.7 Absatz 4 übernimmt die Regelung des aufzuhebenden § 80c Absatz 4 InvG. Jedoch wurde die Möglichkeit für Anleger, Anteile bis zu € 30.000 pro Kalenderhalbjahr zurückzugeben, gestrichen. Der Gesetzgeber begründete dies mit der Änderung des Absatzes 2, der nur noch einen Rücknahmetermin pro Jahr vorsieht.8 Die Argumentation greift jedoch nicht mehr, da Absatz 2 nicht in der Fassung des Gesetzentwurfes vom 6.2.2013 übernommen wurde. Dennoch macht die Streichung Sinn, da nach Absatz 3 nunmehr für alle Anteile eine Mindesthaltefrist gilt und damit alle Anleger gleich behandelt werden. Dies muss dann auch im Rahmen der Rückgabefrist in Absatz 4 gelten. B. Aussetzung der Ausgabe von Anteilen (Absatz 1) B. Aussetzung der Ausgabe von Anteilen (Absatz 1) Absatz 1 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Ausgabe von Anteilen vorübergehend auszusetzen, wenn eine Verletzung der Anlagegrenzen nach den Liquiditätsvorschriften oder den Anlagebedingungen droht. Der Tatbestand bezieht sich alleine auf § 253; weitere Liquiditätsvorschriften enthält der Abschnitt über ImmobilienSondervermögen im KAGB nicht. Die Vorschrift sieht eine Höchstliquidität von 49% und eine Mindestliquidität von 5% des Wertes des Sondervermögens vor. Für die Aussetzung der Ausgabe von Anteilen ist dabei aber nur die Höchstgrenze von 49% relevant. Einer Unterschreitung der Grenze der Mindestliquidität von 5% kann hingegen durch die Aussetzung von Anteilen gerade nicht begegnet werden. Im Gegenteil; im Falle eines solchen Liquiditätsmangels ist es gerade im Interesse des Immobilien-Sondervermögens neue Anteile auszugeben, um die Liquiditätssituation zu stabilisieren und die Liquidität zu erhöhen.9 Die Ansicht, dass auch bei einer drohenden Unterschreitung der Grenze von 5% die Anteilscheinausgabe ausgesetzt werden muss, überzeugt insoweit nicht.10 Eine Verletzung der Anlagegrenzen „droht“, wenn bei unbeeinflusstem Gesche5 hensablauf mit einer solchen Verletzung zu rechnen ist. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss insoweit eine Prognose für die Zukunft anstellen. Im Rahmen dessen hat sie mehrere Faktoren zu berücksichtigen, welche die Liquidität des ImmobilienSondervermögens beeinflussen. Unter anderem hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Faktoren wie zukünftige Zahlungseingänge, z.B. aus Mieteinnahmen und Immobilienverkäufen, aber auch Zahlungsausgänge in Form von Neuerwerb von Immobilen und Instandhaltungen, Vergütungen etc., die im normalen Geschäftsablauf zu erwarten sind, zu berücksichtigen. Kommt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung der Anlagegrenze innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu erwarten ist, muss sie die Ausgabe der Anteile vorübergehend aussetzen.11 Wann von einem absehbaren Zeitraum ausgegangen werden kann (Prognosezeitraum) und in welcher Intensität die Eintrittswahrscheinlichkeit vorliegen muss, hat der Gesetzgeber nicht bestimmt. In der Praxis hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst zu beurteilen, wie sicher ihre Prognose hinsichtlich der Verletzung der Anlagegrenze für die Zukunft

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7 BTDrucks. 17/12294 S. 270. 8 BT-Drucks 17/12294 S. 270. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 7; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 Rn. 2; Moritz/Kleebeck/Jesch/Wösthoff KAGB, § 255 Rn. 10. 10 Thömmes ZfIR 2009 121 (124). 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 8; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Klusak § 80c InvG Rn. 3.

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C. Beschränkung der Rücknahme von Anteilen (Absatz 2 Satz 1)

§ 255

ist und ob diese die zwangsweise Aussetzung der Anteilsausgabe rechtfertigen kann. Schultz-Süchting ist der Auffassung, dass eine Prognose über einen Zeitraum von mehr als einigen Wochen nicht hinreichend sicher sei, um deswegen zu einer zwingenden Aussetzung der Anteilsausgabe zu kommen.12 Allerdings droht eine Verletzung der Anlagegrenzen auch nicht erst dann, wenn die Grenze der Höchstliquidität durch die Ausgabe weitere Anteile zweifellos überschritten wird.13 Würde man auf diesen Zeitpunkt abstellen, so wäre die Regelung des Absatzes 1 hinfällig. Dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft keine Maßnahmen ergreifen darf, die unmittelbar zu einer Verletzung der Liquiditätsvorschrift führt, ist selbstredend. Kommt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu der Prognose, dass eine Verlet- 6 zung der Anlagegrenzen nach den Liquiditätsvorschriften dieses Abschnitts oder der Anlagebedingungen droht, so sieht Absatz 1 als Rechtsfolge die vorübergehende Aussetzung der Ausgabe von Anteilen vor. Vorübergehend bedeutet nicht, dass die Anteilausgabe für einen bestimmten oder bestimmbaren Zeitraum unterbleiben muss. Die Ausgabe von Anteilen muss nur solange unterbleiben, wie durch eine erneute Anteilsausgabe die Höchstliquidität nicht überschritten wird. Droht weiterhin keine Verletzung des Absatzes 1, kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Ausgabe wieder aufnehmen. Eine Pflicht hierzu besteht aber nicht. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss im Falle der Aussetzung von Anteilen die Verwahrstelle informieren, keine neuen Anteile auszugeben, da in der Regel die Verwahrstelle die Anteile ausgibt. C. Beschränkung der Rücknahme von Anteilen (Absatz 2 Satz 1) C. Beschränkung der Rücknahme von Anteilen (Absatz 2 Satz 1) Grundsätzlich ist es den Anlegern möglich, Anteile gemäß § 98 Absatz 1 Satz 1 jeder 7 Zeit, d.h. börsentäglich, zurückzugeben. Abweichend von diesem Grundsatz bestimmt Absatz 2 Satz 1 für Immobilien-Sondervermögen, dass die Anlagebedingungen von Immobilien-Sondervermögen vorsehen können, dass die Rücknahme von Anteilen nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch mindestens alle zwölf Monate, erfolgt. Die Anlagebedingungen müssen insoweit eine entsprechende Regelung vorsehen und schriftlich festgelegt werden. Ist dies nicht der Fall, gilt § 98 Absatz 1 Satz 1. Ob die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft von dieser Regelung Gebrauch macht, liegt in ihrem Ermessen. Sind Rücknahmetermine in den Anlagebedingungen bestimmt worden (z.B. jeweils der erste Tag eines Kalendermonats oder Kalendervierteljahres), so ist das Erfordernis des Absatzes 2 Satz 1 erfüllt. Ausreichend ist es, wenn der Rückgabetermin aus den Angaben in den Anlagebedingungen bestimmbar ist. Hiernach erfüllen Regelungen, wonach eine Rückgabe nach Ablauf einer bestimmten Anzahl von Monaten möglich ist, dieses Kriterium, wenn in den Anlagebedingungen der Beginn der ersten Periode dokumentiert ist. Demgegenüber ist eine Regelung unzulässig, welche die Rücknahme zu bestimmten Terminen, die noch von der Gesellschaft veröffentlicht werden, ermöglicht.14 Zwischen den Rücknahmeterminen dürfen maximal zwölf Monate liegen. Eine Über- 8 schreitung dieses Zeitrahmens ist gesetzlich nicht zulässig. Beschränkt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen auf bestimmte Termine, so muss sie den Anteilwert auch nur zu dem jeweiligen Rücknahmetermin berechnen und veröffentlichen (§ 217 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Art. 72 Absatz 1 Delegierte Verordnung (EU) Nummer 231/2013). Einer Rücknahme von Anteilen außerhalb der festgelegten

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 8. So aber wohl Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 Rn. 2. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 Rn. 2.

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§ 255

Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen

Rücknahmetermine muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht nachkommen. Ihr steht bis zum nächsten Rücknahmetermin ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht zu. Auf dieses Leistungsverweigerungsrecht kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dann verzichten und der Rücknahme von Anteilen nachkommen, sofern andere Anleger hierdurch nicht benachteiligt werden. Eine Benachteiligung von anderen Anlegern liegt z.B. nicht vor, wenn eine Überschreitung der Höchstliquiditätsgrenze von 49% nach § 253 Absatz 1 Satz 1 droht und mittels der Rücknahme der Anteile die Anlagegrenzverletzung vermieden werden kann. Darüber hinaus ist eine Benachteiligung von Anlegern dann zu verneinen, wenn die Rendite aus den Immobilienanlagen die Rendite aus der Liquiditätsanlage übersteigt und mittels der Rücknahme von Anteilen der Abbau schlecht verzinslicher Liquidität möglich ist und damit ein Renditezuwachs generiert wird.15 Allerdings ist eine Rücknahme von Anteilen außerhalb der festgelegten Rücknahmetermine nur dann möglich, wenn zu diesem Termin auch ein Anteilswert ermittelt wird. Insoweit kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Anteilswert z.B. auch börsentäglich ermitteln. D. Beschränkung der Anteilsausgabe (Absatz 2 Satz 2) D. Beschränkung der Anteilsausgabe (Absatz 2 Satz 2) 9

Macht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von ihrem Ermessen Gebrauch und schränkt die Anteilrücknahmen in den Vertragsbedingungen zu bestimmten Terminen ein, darf sie nach Absatz 2 Satz 2 neue Anteile auch nur an den in den Anlagebedingungen genannten Rücknahmeterminen ausgeben. Es muss ein Gleichlauf von Ausgabeund Rücknahmeterminen stattfinden. Ebenso wie von der börsentäglichen Rücknahme von Anteilen nach § 98 Absatz 1 Satz 1 wird damit von der börsentäglichen Ausgabe von Anteilen abgewichen. Eingeführt wurde die Regelung durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz. Der Gesetzgeber begründete die Bindung der Ausgabetermine an die Rücknahmetermine damit, dass eine Anteilsausgabe ebenso wenig wie eine Anteilsrücknahme ohne zeitnahe aktualisierte Bewertung stattfinden darf.16 Die Regelung wurde vom Gesetzgeber vor dem Hintergrund des damaligen § 79 Absatz 1 Satz 10 InvG, nunmehr § 251 Absatz 1 Satz 2, eingeführt, wonach eine Bewertung der Immobilien des Sondervermögens häufiger als alle zwölf Monate erfolgen muss, wenn Anleger auch häufiger als alle zwölf Monate Anteile zurückgeben können. Ziel des Gesetzgebers war die Verknüpfung der Anteilausgaben mit den Anteilrücknahmen damit Ausgabe- und Rücknahmepreise möglichst aktuell berechnet sind. Eine aktuelle Bewertung liegt nur vor, wenn diese nicht älter als drei Monate ist.17 Dies war jedoch nach der Regelung des § 79 Absatz 1 Satz 10 und Satz 11 InvG nicht sichergestellt, sodass die Vorschrift des § 80 Absatz 2 Satz 2 InvG misslungen ist.18 Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung in § 251 Absatz 1 Satz 2 nunmehr ausdrücklich geregelt, dass bei Rücknahmeterminen seltener als drei Monate, der Wert der Vermögensgegenstände innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor jedem Rücknahmetermin zu ermitteln ist. Insoweit ist sichergestellt, dass auch bei Anteilsausgaben aufgrund der Kopplung an die Rücknahmetermine eine aktuelle Bewertung vorliegt.

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15 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 KAGB Rn. 3 f. 16 BT-Drucks. 17/3628 S. 27. 17 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 KAGB Rn. 6. 18 Siehe hierzu die ausführliche Argumentation zur alten Rechtslage unter Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 KAGB Rn. 6 und Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 80c InvG Rn. 11.

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E. Mindesthaltefrist (Absatz 3)

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E. Mindesthaltefrist (Absatz 3) E. Mindesthaltefrist (Absatz 3) Ein Anleger kann seine Anteile nur dann zurückgeben, wenn er den entsprechenden 10 Anteilsbestand durchgehend für insgesamt 24 Monate gehalten hat. Der Anleger muss dabei nachweisen, dass er die Anteile in der gesamten Mindesthaltefrist durchgehend gehalten hat. Der Nachweis kann durch die depotführende Stelle in Textform als besonderer Nachweis der Anteilinhaberschaft oder auf andere in den Anlagebedingungen vorgesehenen Weise geführt werden. Absatz 3 übernimmt grundsätzlich die Regelung des aufzugebenden § 80c Absatz 3 InvG. Anders als noch in der Vorgängerregelung gilt nunmehr unabhängig von der Höhe des Anteilswertes die Mindesthaltefrist. Eingeführt wurde die Regelung durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz. Die Mindesthaltefrist sollte insbesondere Kleinanleger vor übereilten An- und Verkäufen von Fondsanteilen, die sich negativ auf die Rendite auswirken können, schützen. 19 Gleichzeitig kam der Regelung der Effekt zu, dass eine kurzzeitige Liquiditätsanlage für professionelle Anleger nicht mehr möglich war, um einen kurzfristigen Renditevorteil, die Immobilien-Sondervermögen gegenüber vergleichbaren liquiden Anlagen boten, zu erwirtschaften.20 Der Begriff „Mindesthaltefrist“ kann nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die 11 Frist, innerhalb derer der Anleger Eigentümer der Anteile war, meinen und nicht die Frist zwischen der Ausgabe und der Rückgabe der Anteile.21 Ansonsten würde der Zweck, den Anleger vor übereilten An- und Verkäufen von Anteilen zu schützen, die sich negativ auf die Rendite auswirken können, zuwiderlaufen. Diesbezüglich beginnt die Frist bei einer Übertragung des Anteils an einen anderen Anleger neu zu laufen. Dies bedeutet, dass im Falle eines Sekundärerwerbs dem erwerbenden Anleger die Haltefrist des Ersterwerbers nicht angerechnet wird. Ob hier eine Unterscheidung nach Einzelrechtsnachfolge und Gesamtrechtsnachfolge vorzunehmen ist, ist in Frage zu stellen.22 Hingegen nicht erforderlich ist es, dass jeweils der spezifische Anteil für 24 Monate gehalten wird, da in der Praxis de facto keine effektiven Stücke mehr ausgegeben und stattdessen Anteile regelmäßig in einer Globalurkunde verbrieft werden. Die Anteile sind damit nicht mehr zu unterscheiden. Insoweit können Anleger Anteile, deren Erwerb weniger als vierundzwanzig Monate zurückliegt, zur Rücknahme vorlegen, solange eine ausreichende Anzahl von Anteilen länger als 24 Monate bei Rückgabe gehalten wurde. Dies ist durch den weiteren Wortlaut des § 255 Absatz 3 Satz 2 gedeckt, der von dem aufgeführten Bestand an Anteilen in der Rückgabeerklärung und nicht von zurückgegeben Anteilen spricht. Aufgrund dessen gilt dies auch für Anteile unterschiedlicher Anteilklassen. Der Nachweis kann gemäß Absatz 2 Satz 2 in Textform durch die depotführende Stel- 12 le erbracht oder auf eine andere in den Anlagebedingungen vorgesehene, Weise geführt werden. Depotführende Stelle des Anlegers kann u.a. ein Kreditinstitut sein, bei welchem der Anleger sein Wertpapierdepot hat und bei welchem die Anteile an dem Immobilien-Sondervermögen verbucht wurden. Das Kreditinstitut kann identisch mit der Verwahrstelle des Immobilien-Sondervermögens sein, muss es aber nicht. Darüber hinaus kann auch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst die depotführende Stelle sein, soweit sie gemäß § 20 Absatz 2 Nummer 3 die Erlaubnis für die Verwahrung und Verwal-

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19 BT-Drucks. 17/3628 S. 27. 20 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 15. 21 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 16. 22 Siehe hierzu die Argumentation bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 80c InvG Rn. 16, der eine teleologische Reduktion des Wortlauts der Norm für geboten hält und im Falle der Gesamtrechtsnachfolge eine Anrechnung der Haltefrist befürwortet.

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§ 255

Sonderregeln für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen

tung von inländischen Investmentanteilen und entsprechende Dienstleistung für ihre Anleger bereitstellt. In diesem Fall kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst die depotführende Stelle für die Anteile sein. Das Erfordernis des Nachweises durch die depotführende Stelle darf effektive Stücke, die nicht bei einer Stelle deponiert werden, nicht dahingehend benachteiligen, dass die Frist erst bei der Einreichung zur Verwahrung beginnt. Vielmehr genügen Nachweise, die die Mindesthaltefrist belegen können. Ausreichend sind hierbei die Vorlage des Kaufvertrages oder andere Nachweise, aus denen die Dauer der Inhaberschaft hervorgeht. Die Anlagebedingungen sollten daher jeden Nachweis zulassen, der die Verwahrstelle und auch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft überzeugt. F. Unwiderrufliche Rückgabeerklärung und Rückgabefrist (Absatz 4) F. Unwiderrufliche Rückgabeerklärung und Rückgabefrist (Absatz 4) Absatz 4 übernimmt grundsätzlich die Regelung des § 80c Absatz 4 InvG. Die Möglichkeit pro Kalenderhalbjahr € 30.000 zurückzugeben, wurde herausgenommen, da nach Absatz 2 nur noch ein Rücknahmetermin pro Jahr vorgesehen ist. Auch für Kleinbeträge ist eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung mit einer Frist von zwölf Monaten notwendig. Der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wird somit ausreichend Zeit gegeben, um sich auf Mittelabflüsse einzustellen und entsprechende Liquidität für die Rücknahme der Anteile, z.B. durch den Verkauf von Immobilien, einzustellen. Eine vorausschauende und bessere Liquiditätssteuerung ist dadurch möglich. Für Anleger, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits Anteile an einem Immobilien-Sondervermögen halten, gilt die Übergangsvorschrift des § 346 Absatz 1 Satz 1. Anleger können nach den Regelungen der zu diesem Zeitpunkt geltenden Vertragsbedingung ohne Einhaltung der Mindesthaltefrist von 24 Monaten ihre Anteile zurückgeben, soweit die Anteilsrückgaben € 30.000 pro Kalenderhalbjahr nicht übersteigen. Der Begriff Rückgabeerklärung ist im Gesetz nicht definiert. Es handelt sich nach 14 allgemeiner Meinung um eine Willenserklärung, durch die sich der Anleger verpflichtet, an dem angegebenen Rücknahmetermin die von ihm genannte Anzahl von Anteilscheinen zur Rückzahlung vorzulegen.23 Ein Widerruf der abgegebenen Rückgabeerklärung ist nicht möglich, wenn sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zugegangen ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine spezielle Reglung des § 255 Absatz 4 Satz 1, weshalb auf die Unwiderruflichkeit auch hätte verzichtet werden können. Ein Widerruf ist nur vor Zugang der Erklärung nach § 130 Absatz 1 Satz 2 BGB möglich. Die Betonung des Merkmals der Unwiderruflichkeit der Willenserklärung soll verhindern, dass Anleger vorsorgliche Rückgabeerklärungen abgegeben und diese kurzfristig wieder zurücknehmen. Dennoch steht es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft frei, über die Bindungswirkung der Rückgabeerklärung zu entscheiden. Will der Anleger seine Rückgabeerklärung, z.B. aufgrund geänderter Anlageentscheidungen, doch widerrufen, kann die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft den Widerruf aufheben, wenn hierdurch ein Liquiditätsengpass vermieden wird. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat allerdings bei ihrer Entscheidung das Gebot der Gleichbehandlung der Anleger zu beachten und sorgfältig und gewissenhaft zu handeln. Formal kann die Rückgabeerklärung entweder schriftlich, mündlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten abgeben werden. Die Schriftform ist nach der Änderung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes nicht mehr zwingend. Den Eingang der Rückgabeerklärungen muss die AIF-Kapitalverwaltungsge13

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23 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 Rn. 15, indirekt auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Schultz-Süchting § 255 KAGB Rn. 15.

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A. Allgemeines und Entstehungsgeschichte

§ 256

sellschaft sorgfältig dokumentieren und dem Anleger die Informationen zur Ausführung des Rücknahmeauftrags auf einem dauerhaften Datenträger nach § 2 Absatz 3 KAVerOV i.V.m. Art. 26 der Verordnung (EU) Nummer 231/2013 zur Verfügung stellen. Absatz 4 Satz 1 bestimmt, dass die Rückgabe der Anteile gegenüber der AIF-Kapital- 15 verwaltungsgesellschaft zu erklären ist. Sie ist vom Inhaber der Anteile abzugeben. Über Absatz 4 Satz 2 findet die Regelung des § 227 Absatz 3 Anwendung, der in Satz 1 des Absatzes 2 bestimmt, dass die Anteile oder Aktien, auf die sich die Rückgabeerklärung bezieht, bis zur tatsächlichen Rückgabe von der depotführenden Stelle zu sperren sind. Aufgrund dieses „Sperrvermerks“ durch die depotführende Stelle kann der Anleger nicht mehr seine Anteile übertragen. Er verliert damit die Verfügungsbefugnis über seine Anteile. Werden Anteile oder Aktien in einem Depot im Ausland verwahrt, wird die Rückgabeerklärung erst wirksam, wenn die Verwahrstelle die zurückzugebenden Anteile oder Aktien in ein Sperrdepot übertragen hat (§ 227 Absatz 3 Satz 2). Ebenso beginnt zu diesem Zeitpunkt erst der Fristenlauf. Verzichtet hat der Gesetzgeber auf die Regelung des § 116 Satz 4, welche über § 80c Absatz 4 Satz 2 InvG Anwendung fand. Hiernach erfolgte im Fall der Verwahrung von Anteilen in einem Depot im Inland die Erklärung durch die inländische depotführende Stelle in Vertretung für den Anleger.24 https://doi.org/10.1515/9783110492217-043

§ 256 Zusätzliche Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen § 256 Zusätzliche Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen Reiss (1) Der Verkaufsprospekt muss zusätzlich zu den Angaben nach § 165 folgende Angaben enthalten: 1. einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, dass der Anleger abweichend von § 98 Absatz 1 Satz 1 von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen und die Auszahlung des Anteilwertes nur zu den Rücknahmeterminen verlangen kann, die in den Anlagebedingungen bestimmt sind, sowie 2. alle Voraussetzungen und Bedingungen für die Rückgabe und Auszahlung von Anteilen aus dem Sondervermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile. (2) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 2 sind in die Anlagebedingungen aufzunehmen.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines und Entstehungsgeschichte | 1 Angaben im Verkaufsprospekt (Absatz 1) | 5

C.

Angaben in den Anlagebedingungen (Absatz 2) | 9

A. Allgemeines und Entstehungsgeschichte A. Allgemeines und Entstehungsgeschichte Sowohl der Inhalt des Verkaufsprospektes, als auch der Inhalt der jeweiligen Ver- 1 tragsbedingungen eines offenen Investmentvermögens sind spezifischen gesetzlichen Regelungen unterworfen. Kernnorm im Hinblick auf die erforderlichen allgemeinen Vor-

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24 Siehe zur Vorgängerreglungen die Ausführungen in Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 80c Rn. 21 sowie Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 255 Rn. 15, welcher die Regelung des § 116 S. 4 InvG für unwirksam hielt, da sie gegen Art. 2 GG verstoße.

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§ 256

Zusätzliche Angaben im Verkaufsprospekt und in den Anlagebedingungen

schriften in Orientierung an der sogenannten europarechtlichen „OGAW IV-Richtlinie“ ist insoweit § 165. Die Vorschrift normiert die allgemein erforderlichen Angaben für die Verkaufsprospekte sämtlicher Typen von Sondervermögen.1 Da § 165 allerdings die inhaltlichen Anforderungen des Verkaufsprospekts und der Vertragsbedingungen nur generell regelt, können spezifische Besonderheiten oder Abweichungen, die im Zusammenhang mit einem konkreten Sondervermögenstyp stehen, von dieser Vorschrift nicht ausreichend berücksichtigt werden.2 In Bezug auf Immobilien-Sondervermögen stellen insbesondere die Einschrän2 kungsmöglichkeit der Rückgabe von Anteilen (§§ 255, 257) sowie die genauen Modalitäten zur Abwicklung der Auszahlung aus dem Sondervermögen als Gegenleistung “Zugum-Zug“ zu dieser Rückgabe Spezialsachverhalte dar, die einer über die allgemeinem Vorschriften hinausgehenden Hervorhebung in den Verkaufsprospekten und Anlagebedingungen bedürfen.3 Entscheidet sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Abweichung zu § 98 Absatz 1 Satz 1, die Rückgabe der Anteile nur zu bestimmten Terminen zu ermöglichen, ist diese Bestimmung sowohl im Verkaufsprospekt für das ImmobilienSondervermögen (Absatz 1) als auch in den Anlagebedingungen (Absatz 2) aufzunehmen und ausdrücklich darauf hinzuweisen.4 Damit wird deutlich, dass § 256 in erster Linie dem Anlegerschutz dient. Der Anleger 3 soll seine Anlageentscheidung in Kenntnis aller erforderlichen Informationen treffen. Irrtümer und Willensmängel gerade im Hinblick auf die Bindung an zuvor feststehende Rückgabetermine sollen so minimiert werden.5 Ausgangspunkt ist, dass die entgegen den allgemeinen Vorschriften abgeänderten Voraussetzungen und Bedingungen zur Anteilrückgabe und der korrespondieren Auszahlung aus dem Immobilien-Sondervermögen für den unkundigen Anleger nicht ohne weiteres ersichtlich sind. Deshalb normiert der Gesetzgeber mittels der Transparenzvorschrift des § 256 die Pflicht, diese geänderten Voraussetzungen und Bedingungen im Verkaufsprospekt sowie in den Anlagebedingungen zu veröffentlichen. Die Vorschrift dient dazu, dem zukünftigen Anleger schon im Entscheidungsprozess auf die dahingehenden Besonderheiten aufmerksam zu machen.6 § 257 ersetzt die inhaltsgleiche Regelung des § 81d InvG. Dieser wurde ursprünglich 4 in Reaktion auf § 80c InvG a.F. durch das Investmentänderungsgesetz eingeführt.7 Nach § 81c InvG a.F. war es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft möglich, Anteile nur einmal monatlich zu einem bestimmten Rücknahmetermin zurückzunehmen, sofern ein bestimmter, von ihr festgelegter Schwellenwert überschritten war.8 Dies stellte erstmalig eine Abweichung von der grundsätzlich uneingeschränkten Möglichkeit zur Anteilsrückgabe dar und erforderte eine zusätzliche Regelung (§ 81d InvG), die dazu diente, Anleger betreffend dieser Besonderheit zu informieren. Aufgrund der zunehmenden Flexibilisierung der Rückgaberechte des Anlegers gemäß § 80c Absatz 2 InvG erfolgte eine weitere auf den Anlegerschutz gerichtete Neufassung der Vorgänger-Regelung des § 80d Absatz 1 InvG im Jahre 2010.9 Im Rahmen der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 1. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 1. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 1. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 1. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 1. Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 1. BTDrucks. 16/5576 S. 77. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 2. BTDrucks. 17/3628 S. 27.

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B. Angaben im Verkaufsprospekt (Absatz 1)

§ 256

und der damit verbundenen Ablösung des § 81d InvG durch § 256 erfolgten nur noch redaktionelle Änderungen. B. Angaben im Verkaufsprospekt (Absatz 1) B. Angaben im Verkaufsprospekt (Absatz 1) Gemäß § 165 ist für jedes Sondervermögen ein ausführlicher Verkaufsprospekt zu 5 erstellen. Beschränkt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft das börsentäglich bestehende Rückgabe- und Auszahlungsrecht gemäß § 93 Absatz 1 Satz 1 auf nur bestimmte in den Anlagebedingungen festgelegte Rücknahmetermine, so muss der Verkaufsprospekt den zusätzlichen Anforderungen des § 256 Absatz 1 Nummer 1 KAGB entsprechen.10 Absatz 1 Nummer 1 fordert einen ausdrücklichen und drucktechnisch hervorgeho- 6 benen Hinweis auf eine solche abweichende Regelung. Diesen formalinhaltlichen Anforderungen kann genüge getan werden, indem der Verkaufsprospekt eindeutig und klar verständlich auf die festgelegten Rückgabezeiträume hinweist. Dabei muss unmissverständlich klar werden, dass eine börsentägliche Rückgabe der Anteile gegen Auszahlung aus dem Sondervermögen nicht möglich ist und anstatt dessen die in den Anlagebedingungen vereinbarten Rücknahmetermine gelten.11 Der Hinweis muss derart abgefasst sein, dass es jedem potentiellen Anleger möglich ist diesen zu verstehen ohne weiterer anlagespezifischer Beratung zu bedürfen. Eine drucktechnische Hervorhebung kann durch Fettschrift, Einrahmungen oder Absatz- bzw. Abschnittbildung erreicht werden.12 In der genauen Umsetzung bleibt der Verfasser des Prospektes frei; weitergehende Vorgaben hat der Gesetzgeber diesbezüglich nicht gemacht. Darüber hinaus normiert Absatz 1 Nummer 2, dass der Verkaufsprospekt alle Vor- 7 aussetzungen und Bedingungen zur Rückgabe von Anteilen Zug-um-Zug gegen Auszahlung des Anteilswerts aus dem Immobilien-Sondervermögen enthalten muss. 13 Bereits in den allgemeinen Vorschriften wird die Pflicht zum Hinweis des Verkaufsprospektes auf verschiedenste, beachtenswerte Punkte betreffend des Verfahrens zur Rücknahme von Anteilen und der korrespondierten Wertauszahlung festgesetzt.14 So sind die Bedingungen für die Rückgabe und die Voraussetzungen, unter denen die Rücknahme ausgesetzt werden kann (§ 165 Absatz 2 Nummer 21, 22), die Regeln zur Vermögensbewertung (§ 165 Absatz 2 Nummer 19) sowie die Vorgehensweisen zur Berechnung und Veröffentlichung der Rücknahmepreise (§ 165 Absatz 3 Nummer 1) bereits generell geregelt.15 Aus Absatz 1 Nummer 2 ergibt sich zusätzlich die Pflicht im Verkaufsprospekt Angaben zu Halte- und Rücknahmefristen von Anteilen am Immobilien-Sondervermögen i.S.d. § 255 Absatz 3 und 4 abzudrucken. Ebenso besteht die Pflicht den genauen Verfahrensablauf im Fall einer Rücknahmeaussetzung aus Liquiditätsgründen gemäß § 257 Absatz 1 als auch ein etwaiges weiteres Verfahren (sog. Drei-Phasen-Modell zur erweiterten Liquiditätsgenerierung nach § 257 Absatz 2 bis 4) darzustellen. Schließlich muss das Verkaufsprospekt detaillierte Informationen zum Recht der Anleger hinsichtlich der Zustimmung zur Veräußerung von Vermögensgegenständen zu nicht angemessenen Bedingungen (unter Sachverständigenwert) nach § 259 enthalten.16 Abschließend muss nach Absatz 1 Num-

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 2. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 4. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 2. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 5. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 7. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 7. Hierzu aufzählend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 7.

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§ 257

Aussetzung der Rücknahme

mer 2 der Verkaufsprospekt auch verbindliche Angaben zu den formalen Anforderungen an die konkrete Rückgabeerklärung nach § 255 Absatz 4 festsetzen. Es wird dabei vertreten, dass diese Erklärung der Schriftform bedarf und nicht wi8 derruflich ist. Zuständig zu Erklärung über die Anteilsrückgabe ist bei inländischer Verwahrung die jeweilige Verwahrstelle. Bei einer Anteilsverwahrung im Ausland ist von einer wirksamen Rückgabe allerdings erst dann auszugehen, wenn die Anteile in ein „Sperrdepot“ übertragen wurden.17 C. Angaben in den Anlagebedingungen (Absatz 2) 9

Absatz 2 ist als Erweiterung der Vorschrift des § 162 Absatz 2 zu verstehen. Entsprechend der besonderen Anforderungen des Verkaufsprospektes wird hiernach normiert, dass auch die Anlagebedingungen eines Sondervermögens über den allgemein feststehenden Inhalt hinaus Angaben zur Rückgabe von Anteilen Zug-um-Zug gegen Auszahlung des Anteilswerts enthalten müssen. Die Regelung gewährleistet die Rechtssicherheit des Anlegers, da die im Bereich eines Immobilien-Sondervermögens geltenden Eigenheiten zum Pflichtgegenstand des zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem jeweiligen Anleger geschlossenen Investmentvertrages gemacht werden. 18 Die Anlagebedingungen stellen dabei allgemeine Geschäftsbedingungen dar, weshalb es unbedingt erforderlich ist die entsprechenden Vertragsbestandteile vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes zu formulieren.19

§ 257 Aussetzung der Rücknahme § 257 Aussetzung der Rücknahme Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-044 (1) 1Verlangt der Anleger, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil am Immobilien-Sondervermögen ausgezahlt wird, so hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme der Anteile zu verweigern und auszusetzen, wenn die Bankguthaben und der Erlös der nach § 253 Absatz 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. 2Zur Beschaffung der für die Rücknahme der Anteile notwendigen Mittel hat die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft Vermögensgegenstände des Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen zu veräußern. (2) 1Reichen die liquiden Mittel gemäß § 253 Absatz 1 zwölf Monate nach der Aussetzung der Rücknahme gemäß Absatz 1 Satz 1 nicht aus, so hat die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme weiterhin zu verweigern und durch Veräußerung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens weitere liquide Mittel zu erschaffen. 2Der Veräußerungserlös kann abweichend von § 260 Absatz 1 Satz 1 den dort genannten Wert um bis zu 10 Prozent unterschreiten. (3) 1Reichen die liquiden Mittel gemäß § 253 Absatz 1 auch 24 Monate nach der Aussetzung der Rücknahme gemäß Absatz 1 Satz 1 nicht aus, hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme der Anteile weiterhin zu verweigern und durch Veräußerung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens weitere liquide Mittel zu beschaffen. 2Der Veräußerungserlös kann abweichend von § 260

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 3. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 80d InvG Rn. 4. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Dreibus § 80d InvG Rn. 8.

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-044

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A. Allgemeines

§ 257

Absatz 1 Satz 1 den dort genannten Wert um bis zu 20 Prozent unterschreiten. 336 Monate nach der Aussetzung der Rücknahme gemäß Absatz 1 Satz 1 kann jeder Anleger verlangen, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil am Sondervermögen aus diesem ausgezahlt wird. (4) 1Reichen auch 36 Monate nach der Aussetzung der Rücknahme die Bankguthaben und die liquiden Mittel nicht aus, so erlischt das Recht der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft, dieses Immobilien-Sondervermögen zu verwalten; dies gilt auch, wenn eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zum dritten Mal binnen fünf Jahren die Rücknahme von Anteilen aussetzt. 2Ein erneuter Fristlauf nach den Absätzen 1 bis 3 kommt nicht in Betracht, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anteilrücknahme binnen drei Monaten erneut aussetzt oder wenn sie, falls die Anlagebedingungen nicht mehr als vier Rückgabetermine im Jahr vorsehen, die Anteilrücknahme nur zu einem Rücknahmetermin wieder aufgenommen hatte, aber zum darauf folgenden Rücknahmetermin die Anteilrücknahme erneut unter Berufung auf Absatz 1 Satz 1 verweigert.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell I. Erstmalige Verweigerung und Aussetzung der Rückzahlung (Absatz 1 Satz 1) | 4 II. Angemessene Veräußerung von Vermögensgegenständen (Absatz 1 Satz 2) | 10 III. Verweigerung und Aussetzung der Rücknahme nach 12 Monaten (Absatz 2 Satz 1) | 13 IV. Veräußerung von Vermögensgegenständen um bis zu 10% unter dem Verkehrswert (Absatz 2 Satz 2) | 14

V.

C. D.

Verweigerung und Aussetzung der Rücknahme nach 24 Monaten (Absatz 3 Satz 1) | 15 VI. Veräußerung von Vermögensgegenständen um bis zu 20% unter dem Verkehrswert (Absatz 3 Satz 2) | 16 VII. Auszahlungsrecht des Anlegers 36 Monate nach Aussetzung der Rückzahlung (Absatz 3 Satz 3) | 17 Erlöschen des Verwaltungsrechts (Absatz 4) | 18 Abdingbarkeit im Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen | 21

A. Allgemeines A. Allgemeines Haben eine Vielzahl von Anlegern gleichzeitig das Verlangen, ihren Anteil an einem 1 Immobilien-Sondervermögen gegen Auszahlung zurückzugeben, besteht das Risiko des Verbrauchs der Liquiditätsreserve des Immobilien-Sondervermögens. Die Regelung des § 257 ermöglicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft deshalb die Verweigerung und Aussetzung der Anteilsrücknahme für den Fall, dass die Bankguthaben und der Erlös der nach § 253 Absatz 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann in diesen Fällen durch die Aussetzung der Rücknahme der Anteile die Bonität des Sondervermögens wahren. Rechnung getragen wird damit der Tatsache, dass das Geld von Anlegern durch die Investition in Immobilien langfristig gebunden ist.1 Damit stellt § 257 eine Ausnahmevorschrift zu dem durch § 98 gewährten Recht des Anlegers dar, sich jederzeit entsprechend der Anteilsquote am Sondervermögen ausbezahlen zu lassen.2

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 Rn. 1. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 1.

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§ 257

Aussetzung der Rücknahme

Durch die Begrenzung der Rückgabemöglichkeit wird ein Ausgleich zwischen den Interessen der rückgabewilligen Anleger und denen der nicht rückgabewilligen, auf dauerhafte Rendite fokussierten Anleger geschaffen. Im Zuge der Änderungen des § 255 und der Neuregelung der Rücknahmevoraussetzungen für Anteile an Immobilien-Sondervermögen war auch eine Anpassung des § 257 erforderlich. Gemäß § 255 Absatz 2 Satz 1 können in den vertraglichen Anlagebedingungen be2 stimmte Rücknahmetermine festgelegt werden, während derer eine Rücknahme von Anteilen ausschließlich erlaubt ist. Zwischen den einzelnen Rücknahmeterminen darf jedoch ein Zeitraum von 12 Monaten nicht überschritten werden. Darüber hinaus kann der Anleger seine Anteile nur zurückgeben, wenn er diese mindestens 24 Monate gehalten hat (§ 255 Absatz 3 Satz 2). Da sich Immobilien in der Regel nicht kurzfristig verkaufen bzw. liquidieren lassen, besteht systembedingt ein erhebliches Risiko kurzfristiger Liquiditätsengpässe, sobald viele Anleger zum gleichen Rücknahmetermin Anteile zurückgeben wollen.3 Deshalb wurde die Aussetzung der Rücknahme umfangreich gesetzlich fixiert. § 256 stellt insofern eine zu § 98 Absatz 2 vorrangige Spezialregelung für Immobilien-Sondervermögen dar. Hat sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft abweichend von § 98 Absatz 2 dazu entschieden, für ihr Immobilien-Sondervermögen Rücknahmetermine entsprechend der Regelung des § 255 festzulegen, bestimmen sich die erforderlichen Angaben hierzu sowie die Voraussetzungen und Bedingungen für die Rückgabe und Auszahlung von Anteilen nach dem Verkaufsprospekt wie auch den Anlagebedingungen gemäß § 256. 3 Die Aussetzung und Verweigerung der Anteilsrücknahme selbst unterliegt einem dreiphasigen Fristenmodell. Ein tatsächlicher Anspruch auf eine anteilsgemäße Auszahlung aus dem Immobilien-Sondervermögen besteht erst, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb dieses abgestuften Zeitraums nicht in der Lage gewesen ist, das für die Auszahlung erforderliche Kapital zu beschaffen, § 257 Absatz 3 Satz 3. B. Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell B. Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell I. Erstmalige Verweigerung und Aussetzung der Rückzahlung (Absatz 1 Satz 1) 4

Die Norm hat zwei Tatbestandvoraussetzungen. Zum einen das Rückzahlungsverlangen des Anlegers und zum anderen einen bei Zahlung des Rücknahmepreises entstehenden Liquiditätsengpass bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Rückgabe der Anteile richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften. Der Anleger muss seine Anteile gemäß § 797 BGB der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aushändigen, um eine Rückzahlung verlangen zu können. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat die Rücknahme der Anteile dann zu verweigern und auszusetzen, wenn die Bankguthaben und der Erlös der nach § 253 Absatz 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. Dementsprechend muss die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft die ihr zur Verfügung stehenden liquiden Mittel zunächst feststellen. Dies erfordert eine Bestandsaufnahme aller für das entsprechende Sondervermögen nach § 253 investierten Werte. In diesem Zusammenhang müssen auch die kurzfristig verfügbaren Vermögenswerte in Form von Geld oder Bankguthaben dar-

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3 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 81 InvG Rn. 1; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 1.

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B. Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell

§ 257

gestellt werden.4 Muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Vermögensgegenstände veräußern, um die Rückzahlungen an die Anteilseigner erbringen zu können, so ist für die Veräußerung ein Zeitraum von üblicherweise wenigen Bankarbeitstagen zu gewähren. Im Falle der erfolgreichen und rechtzeitigen Veräußerung eines nach § 253 investierten Vermögensgegenstandes wird der mit dem Veräußerungsgeschäft korrespondierende Zahlungseingang dem liquiden Vermögen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zugerechnet. Ein Einbezug in die nach § 257 Absatz 1 Satz 1 verfügbare Liquiditätssumme kommt 5 nicht in Betracht, wenn die Veräußerung den zeitlichen Rahmen überbeansprucht. Zudem muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Betrag, der für eine ordnungsgemäße laufende Bewirtschaftung erforderlich ist, von der verfügbaren Liquidität abziehen. Der Begriff der ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung ist selbst nicht legal definiert und bedarf daher der Auslegung. Für die Auslegung kann § 253 Absatz 2 herangezogen werden. Zur laufenden ordnungsgemäßen Bewirtschaftung gehören demnach diejenigen Mittel, die zur Erhaltung der Immobilien erforderlich sind. Davon umfasst sind sowohl die Kosten für die Verwaltung als auch jegliche Aufwendungen zum Zweck der Instandhaltung der Immobilien.5 Kosten, die im Zusammenhang mit der Projektentwicklung, neuen Baumaßnahmen oder dem Erwerb einer Immobilie (Maklergebühren, Grunderwerbsteuer, Notarkosten) stehen, sind den laufenden ordnungsgemäßen Bewirtschaftungskosten nicht zuzurechnen. Anzumerken ist, dass bei Investitionen in Neubauprojekte gar keine Aussetzung der Rücknahme der Anlegeranteile durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft möglich ist. Entgegen der Systematik und des Wortlautes des § 253 sind von der verfügbaren Liquidität auch die Kosten für die durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft bereits getätigte Grundstücksankäufe und abgeschlossene Bauverträge abzuziehen, welches allerdings streitig ist.6 Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass auch diese Kosten im Grunde nicht der ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftungen unterfallen. Dem Ansatz liegt aber zugrunde, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft keine Möglichkeit hat, vertragliche Verpflichtungen mit Dritten unter dem Hinweis auf die Rücknahme von Anteilen des betreffenden Sondervermögens zu beenden. Die konfliktanfällige Ausgangssituation, sowohl den vertraglichen Verpflichtungen mit Dritten, als auch den Forderungen der Anleger auf Zahlung des Rücknahmepreises nachkommen zu müssen, wird insoweit abgeschwächt.7 Durch den Abzug der Kosten von der verfügbaren Liquidität wird eine zu hohe finanzielle Belastung oder gar eine Zahlungsunfähigkeit der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verhindert. Dies ist auch im Sinne der Anleger, denn eine mögliche Insolvenz wäre für sie keineswegs interessengerecht. Die Berechnung des Betrages, der von der Liquidität für die ordnungsgemäße lau- 6 fende Bewirtschaftung abzuziehen ist, ist im Rahmen eines Prognoseverfahrens zu ermitteln. Dabei muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die zukünftige Entwicklung des Sondervermögens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns bewerten. Für zukünftige Ausschüttungen vorgesehene Mittel können schon rein begrifflich nicht unter jene Mittel subsumiert werden, die zur ordnungsgemäßen und laufenden Bewirtschaftung erforderlich sind. Dabei ist auch festzustellen, dass die Begriffe nicht miteinander vermengt werden dürfen, weil die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sowohl zur Ausschüttung als auch grundsätzlich zur Anteilsrücknahme verpflichtet ist. Zukünftige Aus-

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 3. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 81 InvG Rn. 2. Siehe Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 5. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 5.

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§ 257

Aussetzung der Rücknahme

schüttungen dürfen eine Liquiditätsbetrachtung im Rahmen der Anteilsrücknahme also nicht tangieren.8 Die Mindestliquidität dient dem Zweck, sich aus dem Investment zurückziehende Anleger auszuzahlen. Ein Abzug dieses Betrages im Rahmen der Liquiditätsanalyse im Zusammenhang mit § 257 Absatz 1 würde den Sinn der Mindestliquidität pervertieren.9 Theoretisch kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst dann die Rücknahme aussetzen, wenn noch eine Liquiditätsquote von nahezu 20% vorhanden ist. Allerdings nur dann, wenn nach Abzug der für die ordnungsgemäße laufende Bewirtschaftung erforderlichen Mittel von den verfügbaren liquiden Mitteln nicht mehr ausreichend Kapital für die Befriedigung aller rückgabewilligen Anleger verbleibt. Für eine Aussetzung reicht die Vermutung, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in naher Zukunft mit Liquiditätsengpässen zu rechnen hat, zunächst nicht aus. Es bedarf dem tatsächlichen Fehlen der notwendigen Kapitalmittel zur Befriedung der Anlegerforderungen. Abweichend davon, kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Aussetzung der Rückzahlung zu einem Zeitpunkt, in dem noch ausreichend liquide Mittel für die Befriedigung einzelner Begehren vorhanden wären, nur dann erklären, wenn mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass in naher Zukunft die Forderungen der rückgabewilligen Anleger insgesamt nicht mehr darstellbar sein werden.10 Dies dient in zweierlei Hinsicht dem Interessenausgleich zwischen den Anlegergruppen. Zum einen führt die Möglichkeit zur vorzeitigen Verweigerung der Rücknahme zu einer Gleichstellung aller Anleger im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Form der Übermittlung des Rücknahmeverlangens an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Der Bevorzugung besonders schnell agierender Anleger, die beabsichtigen, gerade noch so aus den letzten liquiden Mitteln befriedigt zu werden, wird so der Handlungsspielraum entzogen.11 Zum anderen verbleibt ein höherer Kapitalanteil im Sondervermögen, sodass sich eine erneute Öffnung des Fonds für weitere Investoren einfacher vollziehen lässt. Damit werden Anleger mit langfristigen Investitionsinteressen gestärkt.12 Nach der Neufassung durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz 7 müssen besondere Regelungen betreffend der Rücknahmeaussetzung nicht in die Anlagebedingungen aufgenommen werden. Eine derartige Aufnahme kann aber eine Klarstellungsfunktion haben und ist deshalb zu empfehlen. Liegen alle Tatbestandsvoraussetzungen vor, so hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Rücknahme der Anteile gemäß § 257 Absatz 1 Satz 1 zu verweigern bzw. aussetzen. Dogmatisch gesehen übt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber dem Anleger dabei ein Leistungsverweigerungsrecht aus.13 Vor dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz war es nicht ganz klar, ob es sich hierbei um ein individuelles Leistungsverweigerungsrecht handelte, nachdem die Verwaltungsgesellschaft gegenüber jedem einzelnen Anleger spezifisch regelungsbefugt war,14 oder ob das Leistungsverweigerungsrecht gleichsam gegenüber allen Anlegern ungeachtet der individuellen Höhe des Rücknahmeverlangens wirkt. Im Ergebnis stellt sich die Abgrenzungsproblematik indes nicht mehr, da die Neuregelung des § 257 Absatz 1 Satz 1 schon vom Wortlaut her eine individuelle Betrachtungsweise ausschließt. Ein rechtlicher Differenzierungsraum zwischen den einzelnen

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8 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 81 InvG Rn. 2. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 6. 10 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 6. 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 6. 12 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 6. 13 So Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 81 InvG Rn. 3. 14 Zur Annahme eines individuellen Leistungsverweigerungsrechts: Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 81 InvG Rn. 3; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 Rn. 10 f.

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B. Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell

§ 257

Anlegern hinsichtlich der Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts entfällt daher. Gesetzliche Formvorschriften zur Verweigerung und Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sind nicht ersichtlich.15 Es wird davon ausgegangen, dass das Leistungsverweigerungsrecht sowohl eine ausdrückliche als auch eine konkludente Geltendmachung erlaubt.16 In der Praxis ist es dennoch erforderlich, die Aussetzung an gewisse formelle Erfor- 8 dernisse zu binden, um alle Anleger gleichermaßen zu erreichen. Die Aussetzung muss daher im Bundesanzeiger und in einer überregional zugänglichen Wirtschafts- oder Tageszeitung bekannt gemacht werden.17 Darüber hinaus ist es geboten, die Verwahrstelle als erforderlichen Abwicklungspartner der Rücknahme zu informieren.18 In diesem Zusammenhang ist auch ein Verweis an die BaFin geboten. Das Fehlen einer dahingehenden gesetzlichen Vorschrift ist insofern nicht sachgerecht.19 Nicht unproblematisch ist die Behandlung von fest vereinbarten Auszahlungsplä- 9 nen während der Aussetzungsphase.20 Zentral ist hierbei die Problematik, ob es einen tauglichen Differenzierungsgrund zwischen den Anlegern gibt, die ihre Auszahlung regelmäßig im Rahmen von vertraglich gesondert vereinbarten Auszahlungsplänen erhalten und jenen, die nur dann eine Auszahlung erhalten möchten, wenn sie sich für eine einmalige Anteilsrückgabe entscheiden.21 Nach dem Wortlaut des § 257 Absatz 1 erfolgt die Aussetzung gegenüber allen Anlegern einheitlich. Ein Ansatzpunkt, der es erlaubt zwischen den beiden Anlegerklassen etwa nach Bestehen einer zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung (Auszahlungsplan) oder der Notwendigkeit des Erhalts der regelmäßigen Zahlungen auf Anlegerseite zu differenzieren, ist damit nicht mehr gegeben.22 Das Bestehen eines vereinbarten Auszahlungsplanes steht einer Aussetzung und Verweigerung der Rücknahme durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mithin nicht entgegen. Dennoch kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anteile eines aus einem Auszahlungsplan berechtigten Anlegers selbst ankaufen und zunächst in das Eigenvermögen übertragen um es dann nach Wiederöffnung des Sondervermögens an dieses zurückgeben, um so ihren Vermögenseinsatz zu refinanzieren.23 Der Auffassung, diese Vorgehensweise sei vor dem Hintergrund einer Liquiditätsbelastung des Sondervermögens unzulässig, wird zu recht entgegengehalten, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dann, wenn sie aus dem eigenen Vermögen Anteile erwirbt, auch wie ein Anleger zu behandeln sei.24 Nach Wiedereröffnung steht also einer Anteilsrückgabe der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nichts im Weg. Aus Gründen der Liquiditätsbeschaffung darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen der Aussetzung nach § 257 Absatz 1, anders als bei der Aussetzung nach § 98, neue Anteilsscheine ausgeben.25

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15 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 8. 16 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 Rn. 10 f. 17 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 8; in Anlehnung an die Regelung des § 37 Abs. 2 S. 4 InvG; siehe auch BT-Drucks. 17/4739 S. 29. 18 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 8. 19 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 8. 20 Zum bisherigen Streitstand differenziert: Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 3. 21 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 3. 22 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 3. 23 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 9. 24 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 3. 25 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 10.

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§ 257

Aussetzung der Rücknahme

II. Angemessene Veräußerung von Vermögensgegenständen (Absatz 1 Satz 2) Hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erstmalig eine Aussetzung der Rücknahme erklärt, so muss sie die zur Finanzierung der Anteilsrücknahme erforderlichen Mittel durch eine zu angemessenen Bedingungen durchgeführte Veräußerung von Vermögensgegenständen aus dem Sondervermögen beschaffen, § 257 Absatz 1 Satz 2. Eine sechsmonatige Frist, in der die Mittel zunächst aus anderen Quellen, aber eben nicht direkt aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen zu beschaffen waren,26 wurde abgeschafft. Da eine Veräußerung von Immobilien eines Immobilien-Sondervermögen im Gegensatz zu börsengehandelten Wertpapieren grundsätzlich immer einen gewissen Zeitraum benötigt, wurde es für sachgerecht befunden, die erste Phase der Liquiditätsbeschaffung auf einen unterteilten Abschnitt von 12 Monaten festzulegen.27 Aufgrund dessen wurde § 81 Absatz 1 Satz 3 InvG nicht in das KAGB übernommen. Gemäß § 257 Absatz 1 Satz 2 muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Ver11 mögensgegenstände des Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen veräußern. Mit Vermögensgegenständen sind Immobilien nach § 231 Absatz 1, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nach § 234 und Bewirtschaftungsgegenstände nach § 231 Absatz 3 gemeint. Inwiefern eine Veräußerung als nach angemessenen Bedingungen erfolgt beschrieben werden kann, ist gesetzlich nicht fixiert. Der Begriff bedarf daher der Auslegung. Nach Absatz 2 Satz 2 kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Vermögensgegenstände bis zu 10% unter dem Sachverständigenwert verkaufen. Sind die erforderlichen liquiden Mittel selbst nach 24 Monaten nicht erreicht, können die Vermögensgegenstände aus dem Sondervermögen bis zu 20% unter dem Sachverständigenwert verkauft werden, Absatz 3 Satz 2. Aus dieser Systematik folgt, dass angemessene Bedingungen nach Absatz 1 Satz 2 zumindest dann gegeben sind, wenn der Verkaufspreis nicht mehr als 10% unter dem Sachverständigenwert liegt. Eine genauere Konkretisierung eines angemessen Veräußerungserlöses aus Immobiliensondervermögen war insbesondere in den Jahren diverser Immobilienfondsschließungen zwischen 2008 und 2010 nicht möglich.28 Auch der BaFin gelang in diesem Zusammenhang keine brauchbare Konkretisierung.29 Betrachtet man die Problematik vor dem Hintergrund der Anlegerinteressen, wird klar, dass eine Veräußerung von Vermögenswerten deutlich unter deren Verkehrswert den Anlagezielen langfristig planender Investoren zuwider läuft.30 Eine Veräußerung, die zwar nur geringfügig unter dem Verkehrswert liegt, aber schon zu Renditeverlusten bei langfristig Investierenden führt, wird teilweise auch schon als unzulässig angesehen, da eine solche Veräußerung unangemessen sei.31 Der Gesetzgeber hingegen ist in seiner Veröffentlichung zum damals gültigen 12 § 82 Absatz 1 InvG32 von angemessenen Veräußerungsbedingungen ausgegangen, wenn der Verkaufswert nur unwesentlich unterhalb des Verkehrswerts liegt. Dabei wurde als unwesentlich eine Abweichung von maximal 3% verstanden. Als angemessen sind die Bedingungen demnach dann, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Vermögensgegenstände aus dem Sondervermögen mit einer Abweichung von ca. drei bis

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26 Alte Regelung des § 81 Abs. 1 S. 2 InvG. 27 Zur bisherigen Phasenunterteilung nach dem InvG: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchulzSüchting § 81 InvG Rn. 11. 28 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 11. 29 Hierzu ausführlich: Schreiben der BaFin vom 6. Februar 2009 – WA 42-Wp 2136-2009/0081. 30 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 21. 31 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 257 KAGB Rn. 21. 32 BTDrucks. 17/3628 S. 28.

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B. Aussetzung der Rückzahlung nach dem Drei-Phasenmodell

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deutlich unter 10% (systematische Auslegung entsprechend der Absätze 2 und 3) vom Verkehrswert verkaufen kann.33 Bei der Verkaufsentscheidung muss sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns sowie die Kriterien der BaFin beachten. Entschließt sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Immobilie unter Wert zu verkaufen, muss sie jedoch unbedingt darauf achten, dass dies das mildeste zur Verfügung stehende, die Rendite am wenigsten schädigende Mittel ist, welches sich zur Zweckerreichung der Wiedereröffnung des Sondervermögens eignet. Außerdem muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Verkauf das Verhältnis zwischen den rückgabewilligen Anlegern und den nicht rückgabewilligen Anlegern beachten. Will lediglich eine kleine Minderheit die Anteile zurückgeben, so ist der Druck der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zum Verkauf der Vermögensgegenstände unter Wert deutlich geringer und der Wertabschlag zulasten der Mehrheit entsprechend moderat.34 Sogenannte CapEx-Maßnahmen, die in einem ersten Schritt die Liquidität zwar mindern, aber im Grunde genommen dazu dienen, den Wert der Immobilie zu steigern, um später einen deutlich erhöhten Verkaufspreis zu erzielen, sind zulässig. Den Maßnahmen hat jedoch eine ausführliche Prüfung voranzugehen, die zu dem Ergebnis kommen muss, dass der erhöhte spätere Veräußerungspreis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit realisierbar ist. Kosten, die der Verkaufsvorbereitung dienen (Immobilienmakler, Banken, Berater), sind zulässige Verwaltungsausgaben des Immobilien-Sondervermögens.35 III. Verweigerung und Aussetzung der Rücknahme nach 12 Monaten (Absatz 2 Satz 1) Gelingt es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch die Veräußerung von Ver- 13 mögensgegenständen aus dem Immobilien-Sondervermögen nicht innerhalb der ersten 12 Monate (Phase 1) nach der erstmaligen Aussetzung der Rücknahme i.S.d. Absatzes 1 Satz 1, die erforderlichen Mittel zu Befriedigung der Anlegerforderungen zu beschaffen, so greift der Tatbestand des § 257 Absatz 2 Satz 1. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist dann verpflichtet die Aussetzung der Rücknahme weiterhin aufrecht zu halten, um ausreichend Liquidität zu beschaffen (Phase 2). IV. Veräußerung von Vermögensgegenständen um bis zu 10% unter dem Verkehrswert (Absatz 2 Satz 2) Gesetzten Fall, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb von zwölf 14 Monaten nicht ausreichende Mittel beschaffen konnte, so muss sie die Rückzahlung an die Anleger zum Zweck der Liquiditätsbeschaffung weiterhin verweigern (Phase 2). Das Interesse der rückgabewilligen Investoren an der Befriedigung ihres Auszahlungsanspruchs gegen die Gesellschaft intensiviert sich jedoch mit steigender Wartezeit.36 Um diesem Konflikt gerecht zu werden, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 257 Absatz 2 Satz 2 dazu berechtigt Vermögensgegenstände bis zu maximal 10% unter dem sich aus einem speziellen Bewertungsverfahren nach §§ 169, 249 Absatz 1, 260 Absatz 1 Satz 1 ergebenden Sachverständigenwert zu veräußern.

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 11. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 11. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 12. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 13.

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§ 257

Aussetzung der Rücknahme

V. Verweigerung und Aussetzung der Rücknahme nach 24 Monaten (Absatz 3 Satz 1) 15

Gelingt es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch die Veräußerung von Vermögensgegenständen aus dem Immobilien-Sondervermögen auch innerhalb von Monat 12 bis 24 (Phase 2) nach der erstmaligen Aussetzung der Rücknahme i.S.d. Absatzes 1 Satz 1 nicht, die erforderlichen Mittel zu Befriedigung der Anlegerforderungen zu beschaffen, so greift der Tatbestand des § 257 Absatz 3 Satz 1. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist dann verpflichtet die Aussetzung der Rücknahme weiterhin aufrecht zu halten, um ausreichend Liquidität zu beschaffen (Phase 3). VI. Veräußerung von Vermögensgegenständen um bis zu 20% unter dem Verkehrswert (Absatz 3 Satz 2)

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Hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch innerhalb von 24 abgelaufenen Monaten nicht ausreichende Mittel beschaffen können, so muss sie die Rückzahlung an die Anleger zum Zweck der Liquiditätsbeschaffung weiterhin verweigern (Phase 3). Das Interesse der rückgabewilligen Investoren an der Befriedigung ihres Auszahlungsanspruchs gegen die Gesellschaft wird nach einer Wartezeit von bis zu diesem Zeitpunkt 24 Monaten nochmals erheblich an Gewicht gewinnen.37 Um diesem Konflikt gerecht zu werden, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 257 Absatz 3 Satz 2 dazu berechtigt Vermögensgegenstände jetzt bis zu maximal 20% unter dem sich aus einem speziellen Bewertungsverfahren nach §§ 169, 249 Absatz 1, 260 Absatz 1 Satz 1 ergebenden Sachverständigenwert zu veräußern. VII. Auszahlungsrecht des Anlegers 36 Monate nach Aussetzung der Rücknahme (Absatz 3 Satz 3)

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Gemäß § 257 Absatz 3 Satz 3 haben Anleger nach Ablauf von 36 Monaten das Recht, sich gegen Anteilsrückgabe den entsprechenden Betrag aus dem Sondervermögen auszahlen zu lassen. Der Wortlaut der Regelung gibt insofern zu verstehen, dass die Auszahlungsansprüche nur aus dem Sondervermögen zu bedienen sind; ein Abstellen auf das Eigenvermögen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wäre nicht sachgerecht.38 Problematisch ist indes, dass die Verwaltung des Sondervermögens nach Ablauf von 36 Monaten auf die Verwahrstelle übergeht, § 257 Absatz 4. Rückzahlungen aus dem Immobilien-Sondervermögen könnten also auch nur von dieser vorgenommen werden. Die Regelung ist allerdings dahingehend auszulegen, dass eine solche Sperre vom Gesetzgeber nicht intendiert war.39 Die Gesellschaft soll also trotz des Verlustes der Verwaltungsbefugnis berechtigt sein, jene noch vorhandenen und für die ordnungsgemäße laufende Bewirtschaftung nicht erforderlichen Mittel an die rückgabewilligen Anleger auszuzahlen.40 Reicht die Liquidität nicht aus, um alle Anleger entsprechend ihrer Anteile zu befriedigen, hat die Rückzahlung nunmehr bis zu der Höhe der noch verfügbaren Mittel zu erfolgen. So wird gewährleistet, dass den Anlegern zumindest eine Rate auf Ihren Anspruch zufließt und Absatz 3 Satz 3 insofern nicht gänzlich leer läuft. Die Differenz bis

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 13. So im Ergebnis auch: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 15. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 15. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 15.

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Aussetzung nach Kündigung

§ 258

zur vollständigen Auszahlungssumme ist dann aus dem Liquidationserlös zu betreiben.41 Der Erlass einer unmissverständlichen und deutlich detaillierteren gesetzlichen Regelung zur Verteilung der noch vorhandenen Liquidität nach Ablauf von 36 Monaten wäre hier jedoch sachgerechter und damit unbedingt erforderlich gewesen.42 C. Erlöschen des Verwaltungsrechts (Absatz 4) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verliert ihr Verwaltungsrecht über das Im- 18 mobilien-Sondervermögen nach Ablauf von 36 Monaten, wenn es ihr in dieser Zeit nicht gelungen ist, das Rückgabeverlangen der Anleger aus den vorhandenen und beschafften Vermögenswerten zu befriedigen, § 257 Absatz 4 Satz 1. Das Recht zur Verwaltung des Sondervermögens geht dann per Gesetz auf die entsprechende Verwahrstelle über.43 Wird die Verwaltung nicht auf eine andere AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen, hat in der Folge die Verwahrstelle alle weiteren Schritte zu Abwicklung des Sondervermögens vorzunehmen. Nach Ablauf der 36-monatigen Frist wandelt sich zudem der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Anleger und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in einen gesetzlichen Anspruch des Anlegers gegen die Verwahrstelle auf Auszahlung des Liquidationserlöses. Gemäß § 257 Absatz 4 Satz 1 2. Halbsatz erlischt das Verwaltungsrecht der AIF- 19 Kapitalverwaltungsgesellschaft darüber hinaus auch dann, wenn sie die Anteilsrücknahme innerhalb von fünf Jahren dreimal aussetzt. Allerdings werden hierbei Rücknahmeaussetzungen nach § 98 Absatz 2 nicht mit eingerechnet. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang auch eine dritte Aussetzung, die wenige Wochen nach dem 5-JahresZeitraum erklärt wird.44 Setzt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anteilsrücknahme nach Ablauf der 20 36 Monate innerhalb von drei Monaten erneut aus, kommt ein weiterer Fristlauf nach den Phasen der Absätze 1 bis 3 nicht mehr in Betracht (siehe § 257 Absatz 4 Satz 2 1. Alt.). Dabei gilt die Regelung nur für Aussetzungen nach § 257 und nicht für solche nach § 98 Absatz 2. D. Abdingbarkeit im Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen Im Bereich von Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen ist die Regelung des § 257 21 nach § 284 Absatz 2 vertraglich abdingbar. Die Aussetzung der Anteilsrücknahme richtet sich dann nach den diesbezüglichen allgemeinen Vorschriften des KAGB.45

§ 258 Aussetzung nach Kündigung § 258 Aussetzung nach Kündigung Reiss Aussetzung nach Kündigung https://doi.org/10.1515/9783110492217-045

(1) Außergewöhnliche Umstände im Sinne des § 98 Absatz 2 Satz 1 liegen vor, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Kündigung der Verwaltung des Immobilien-Sondervermögens erklärt hat.

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 15. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 15. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 14. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 17. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting § 81 InvG Rn. 19.

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§ 258

Aussetzung nach Kündigung

(2) Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die die Verwaltung eines Immobilien-Sondervermögens gekündigt hat, ist bis zum Erlöschen des Verwaltungsrechts berechtigt und verpflichtet, in Abstimmung mit der Verwahrstelle sämtliche Vermögensgegenstände dieses Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen oder mit Einwilligung der Anleger gemäß § 259 zu veräußern. (3) Während einer Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 2 oder nach Absatz 1 in Verbindung mit § 98 Absatz 2 sind § 239 sowie die in § 244 genannten Anlaufbegrenzungen nicht anzuwenden, soweit die Veräußerung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens es erfordert, dass diese Vorschriften im Interesse der Anleger nicht angewendet werden. (4) Aus den Erlösen aus Veräußerungen nach Absatz 2 ist den Anlegern in Abstimmung mit der Verwahrstelle ungeachtet des § 252 ein halbjährlicher Abschlag auszuzahlen, soweit 1. diese Erlöse nicht zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung benötigt werden und 2. nicht Gewährleistungszusagen aus den Veräußerungsgeschäften oder zu erwartende Auseinandersetzungskosten den Einbehalt im Sondervermögen verlangen.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines und historische Entwicklung der Vorschrift | 1 Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 1 und Absatz 3 KAGB | 4

C. D.

Veräußerungspflicht (Absatz 2) | 6 Regelmäßige Auszahlung (Absatz 4) | 10

A. Allgemeines und historische Entwicklung der Vorschrift A. Allgemeines und historische Entwicklung der Vorschrift § 258 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen den Wortlaut des § 81a InvG.1 Eingeführt wurde § 81a InvG durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes. Die Vorschrift regelt zwei unterschiedliche Sachverhalte. Zum einen regelt sie die Übergangszeit zwischen der Erklärung der Kündigung der Verwaltung des ImmobilienSondervermögens und der Wirksamkeit der Kündigung, zum anderen die Rechtsfolgen der Aussetzung der Rücknahme von Anteilscheinen.2 Wird die Kündigung des Verwaltungsrechts durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wirksam, so geht das Recht zur Verwaltung des Sondervermögens per Gesetz auf die Verwahrstelle über um die Abwicklung herbeizuführen. Um jedoch bis zur Wirksamkeit der Kündigung eine optimale Abwicklung des Sondervermögens zu gewährleisten bestimmt die Vorschrift, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in diesem Zeitraum sämtliche Vermögensgegenstände zu veräußern hat. In der Regel ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hierzu auch besser befähigt, sodass die Vorschrift den Interessen der Anleger dient und damit sachgerecht ist. 2 § 98 Absatz 2 Satz 1 ermöglicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Rücknahme der Anteile durch Vorgabe in den Anlagebedingungen auszusetzen. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen. § 258 besagt für Immobilien-Sondervermögen, dass außergewöhnliche Umstände im Sinne des 1

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BTDrucks. 17/12294 S. 270. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81a InvG Rn. 1.

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B. Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 1 und Absatz 3 KAGB

§ 258

§ 98 Absatz 2 Satz 1 vorliegen, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Kündigung der Verwaltung des Immobilien-Sondervermögens erklärt hat. Liegt dieser außergewöhnliche Umstand vor, kann sie die Rücknahme der Anteile aussetzen. Nach § 258 Absatz 2 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach der Kündigung 3 der Verwaltung eines Immobilien-Sondervermögens bis zum Erlöschen des Verwaltungsrechts die Berechtigung und die Verpflichtung, in Abstimmung mit der Verwahrstelle sämtliche Vermögensgegenstände dieses Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen zu veräußern, § 259 erlaubt zudem die Ausnahme einer „unangemessenen“ Veräußerung mit Einwilligung der Anteilseigner. § 258 Absatz 3 bestimmt die Rechtsfolgen, die eine Aussetzung von Anteilsscheinrücknahmen nach sich zieht. § 258 Absatz 4 regelt die Ausschüttung der Verkaufserlöse. B. Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 1 und Absatz 3 KAGB B. Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 1 und Absatz 3 KAGB Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann nach einer Kündigung der Verwaltung 4 des Sondervermögens grundsätzlich die Rücknahme der Anteilsscheine nach § 98 Absatz 2 KAGB aussetzen. Eine Verpflichtung besteht hierbei allerdings nicht. Alternativ hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Möglichkeit durch die Rücknahme von Anteilscheinen das Sondervermögen zu liquidieren, sollte sie in der Lage sein die vorhandenen Vermögensgegenstände kurzfristig zu veräußern und die entsprechende Liquidität herzustellen. Entscheidet sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für eine Aussetzung der Rücknahme der Anteile, so kann sie nach § 98 Absatz 2 Satz 2 auch keine neuen Anteile mit ausgeben (Verbot der Anteilscheinausgabe).3 Absatz 3 regelt die Rechtsfolgen der Aussetzung der Rücknahme von Anteilsschei- 5 nen für Immobilien-Sondervermögen. Hiernach sind während einer Aussetzung der Rücknahme nach § 98 Absatz 2 oder nach § 258 Absatz 1 i.V.m. § 98 Absatz 2 die Vorschriften des § 239 und des § 244 nicht anzuwenden, soweit es die Veräußerung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens erfordert, dass diese Vorschriften im Interesse der Anleger nicht angewendet werden. Demnach ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 239 Absatz 2 berechtigt, Vermögensgegenstände für eigene Rechnung zu erwerben (§ 239 Absatz 2 Nummer 1), einem Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen oder an ein anderes Unternehmen, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine bedeutende Beteiligung hält, zu veräußern (§ 239 Absatz 2 Nummer 2) oder auf einen anderen AIF übertragen, der von ihr oder einem anderen Unternehmen im Sinne des § 239 Absatz 1 Satz 2 verwaltet wird.4 Des Weiteren findet die Vorschrift des § 244 keine Anwendung, welche nur in der Anlaufzeit von vier Jahren eine Anlagegrenzverletzung innerhalb des Immobilien-Sondervermögens ermöglicht. Hintergrund der Nichtanwendbarkeit des § 244 ist das Interesse des Anlegers während der Aussetzung durch eine möglichst schnelle Auszahlung einen höchstmöglichen Liquidationserlöses zu erzielen.5 Die Einhaltung der Anlagegrenzen würde diesen Interessen jedoch entge-

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3 Das Verbot basiert neben der Verweisung auf § 98 Abs. 2 auch auf dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 270 zu § 258, wonach der Wortlaut von § 81a InvG, und damit auch der hinter § 81a Abs. 1 InvG stehende gesetzgeberische Wille „keine neuen Anlegergelder mehr in […] Fonds“ einzuwerben [BTDrucks. 17/3628 S. 29], übernommen wurde). 4 Laut BTDrucks.BT-Drucks. 17/3628 S. 29 zu Abs. 3 des aufgehobenen § 81a InvG, dessen Wortlaut vom § 258 KAGB übernommen wurde (vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 270), ist die Veräußerung innerhalb des Konzerns gegebenenfalls die einzige Möglichkeit einer Veräußerung zu angemessenen Bedingungen“. 5 BTDrucks. 17/3628 S. 29.

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§ 258

Aussetzung nach Kündigung

genstehen. Neben der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist gleichermaßen auch die Verwahrstelle nach einer Kündigung i.S.d. § 258 Absatz 1 nicht mehr an die Vorschrift über die Anlaufzeit nach § 244 gebunden. C. Veräußerungspflicht (Absatz 2) C. Veräußerungspflicht (Absatz 2) 6

Nach § 258 Absatz 2 ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach der Kündigung der Verwaltung des Immobilien-Sondervermögens bis zum Erlöschen des Verwaltungsrechts verpflichtet, in Abstimmung mit der Verwahrstelle sämtliche Vermögensgegenstände dieses Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen oder mit Einwilligung der Anleger nach § 259 zu veräußern. Sie hat dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzuhalten und das Sondervermögen entsprechend dieser Sorgfaltspflicht weiter zu verwalten. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist hierbei zum einen verpflichtet Maßnahmen zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung durchzuführen, wie sich aus Absatz 4 der Vorschrift ergibt. Zum anderen ist sie berechtigt entsprechende Tätigkeiten in Bezug auf die Veräußerung von Vermögensgegenständen selbst durchzuführen oder durch Beauftragung externer Berater in die Wege zu leiten (z.B. um die Veräußerung bestimmter Immobilien vorbereiten zu lassen), insbesondere wenn damit die Wahrscheinlichkeit den Veräußerungserlös zu erhöhen steigt.6 Auch wenn die Veräußerungen der Immobilien (und der weiteren Vermögensgegen7 stände welche im Rahmen der Liquiditätsquote noch gehalten werden) in Abstimmung mit der Verwahrstelle stattfinden müssen, ist deren Zustimmung gesetzlich nicht zwingend. Vielmehr bedeutet der Begriff „Abstimmung“ in diesem Zusammenhang, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Verwahrstelle über die geplante Veräußerung von Vermögensgegenständen frühzeitig in Kenntnis setzen soll, um dieser die Möglichkeit zu eröffnen, eine eigene wirtschaftliche Einschätzung hinsichtlich der Veräußerung einer bestimmten Immobilie vorzunehmen und etwaige Bedenken gegen eine Veräußerung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu äußern. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist jedoch an die Einschätzung der Verwahrstelle nicht gebunden und kann trotz etwaiger geäußerter Bedenken die Immobilien verkaufen. Einem Verkauf der Immobilie hat die Verwahrstelle dennoch nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 zuzustimmen. Die Zustimmung der Verwahrstelle nach dieser Vorschrift beschränkt sich aber auf die Kontrolle der Rechtsmäßigkeit der Veräußerung und nicht auf die Wirtschaftlichkeit. Bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen eine Veräußerung der Immobilie, ist die Verwahrstelle verpflichtet die Zustimmung zu erteilen und kann nicht darauf verweisen, dass ihre Bedenken im Rahmen des § 258 Absatz 2 nicht gehört wurden.7 Nach dem Wortlaut des § 258 Absatz 2 muss die Veräußerung zu angemessenen Be8 dingungen oder mit Einwilligung der Anteilseigner gemäß § 259 stattfinden. Der Begriff der „angemessenen Bedingungen“ wurde gesetzlich nicht definiert. Er orientiert sich am Sachverständigenwert der Immobilie und stellt die negative Abweichung von diesem Wert dar. Wie weit jedoch eine negative Abweichung vom Sachverständigenwert annehmbar ist um noch von „angemessenen Bedingungen“ sprechen zu können, ist unklar. Der Gesetzgeber ist in seiner Gesetzesbegründung zu § 81a InvG der Annahme, dass je länger die Aussetzung fortdauert, umso stärker das Interesse des Anlegers zu gewichten ist, auf die angelegten Mittel bald zugreifen zu können.8 Dies bedeutet, je länger die

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6 Siehe hierzu auch weitere Beispiele bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81a InvG Rn. 4. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81a InvG Rn. 5. 8 BTDrucks. 17/3628 S. 29.

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D. Erlöse aus Veräußerungen (Absatz 4)

§ 258

Aussetzung der Rücknahme der Anteile bereits fortdauert, ist auch eine höhere negative Abweichung vom Sachverständigenwert noch als „angemessen“ zu qualifizieren. Jedoch geht es entgegen der Auffassung des Gesetzgebers nicht darum, welche Abschläge angemessen sind damit der Anleger auf seine investierten Mittel wieder zugreifen kann (mal davon abgesehen das § 258 Absatz 2 den Fall der Kündigung und nicht der Aussetzung regelt), sondern allein um die Frage welche Abschläge angemessen sind um eine Veräußerung durch die Verwahrstelle zu vermeiden.9 Um dies beurteilen zu können, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die zukünftige Marktentwicklung betrachten und einen Vergleich bei sofortigen Verkauf durch sie oder einem späteren Verkauf durch die Verwahrstelle, d.h. nach der Wirksamkeit der Kündigung, anstellen. Alleiniges Ziel ist vor dem Hintergrund, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft die Verwaltung des Sondervermögens gekündigt hat, nicht die schnelle Liquidation des Sondervermögens, sondern ein maximale Wertschöpfung im Rahmen des Verkaufs der Vermögensgegenstände.10 Sind hiernach die Bedingungen einer Veräußerung nicht angemessen, besteht dennoch die Möglichkeit die Immobilie zu veräußern, indem der Anleger in die Veräußerung nach § 259 einwilligt. Ist absehbar, dass die Verwahrstelle die Verwaltung des Sondervermögens einer an- 9 deren AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen wird, ist Absatz 2 nicht anzuwenden, da in diesem Fall keine Liquidation des Immobilien-Sondervermögens erfolgt. Somit besteht auch kein Recht bzw. keine Pflicht zur Veräußerung von Vermögensgegenständen des Immobilien-Sondervermögens. § 258 Absatz 2 ist in einem solchen Fall teleologisch zu reduzieren.11 D. Erlöse aus Veräußerungen (Absatz 4) D. Erlöse aus Veräußerungen (Absatz 4) Nach § 258 Absatz 4 ist den Anlegern in Abstimmung mit der Verwahrstelle aus den 10 Veräußerungserlösen ein halbjähriger Abschlag auszuzahlen. Ziel des Absatzes 4 ist es, den Anlegern nicht nur über § 252 die ordnungsgemäßen Erträge zukommen zu lassen, sondern auch im Zeitraum zwischen der Kündigungserklärung durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft und der Wirksamkeit der Kündigung des Verwaltungsrechts Ausschüttungen aus der durch den Verkauf von Vermögensgegenständen generierten Liquidität durch die halbjährliche Anschlagszahlung zukommen zu lassen. Dies gilt nicht, wenn die erzielten Erlöse zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung benötigt werden, oder soweit Gewährleistungszusagen aus den Veräußerungsgeschäften oder zu erwartende Auseinandersetzungskosten den Einbehalt im Sondervermögen verlangen. Zu den Beträgen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung zählen auch die Kosten, die im Rahmen einer etwaigen Verkaufsvorbereitung entstehen. Gewährleistungszusagen sind diejenigen Pflichten, welche die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vertraglich im Rahmen der Veräußerung der Vermögensgegenstände übernommen hat und sich aus dem Veräußerungsvertrag ergeben. Unter den Begriff „Auseinandersetzungskosten“ fallen z.B. Kosten für die Aufstellung des Auflösungsberichts nach § 105 Absatz 1. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat selbstverständlich das Ziel, die aufge- 11 führten Kosten, die beispielsweise durch Haftungsrisiken im Rahmen des Verkaufsprozesses oder durch die Verletzung der Aufklärungspflicht entstehen können, möglichst

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9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81a InvG Rn. 6. 10 Zur weitergehenden Argumentation siehe hierzu: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 81a InvG Rn. 6. 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81a InvG Rn. 8.

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§ 259

Beschlüsse der Anleger

gering zu halten, da in diesem Falle die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft regelmäßig keinen Aufwendungsersatz gegenüber dem Immobilien-Sondervermögen geltend machen kann. Insoweit wird die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Verkaufsprozess so gestalten, dass ihre genannten Haftungsrisiken hinreichend minimiert werden.

§ 259 Beschlüsse der Anleger § 259 Beschlüsse der Anleger Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-046 (1) 1Die Anlagebedingungen eines Immobilien-Sondervermögens haben für den Fall der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen gemäß § 257 vorzusehen, dass die Anleger durch Mehrheitsbeschluss in die Veräußerung bestimmter Vermögensgegenstände einwilligen können, auch wenn die Veräußerung nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne des § 257 Absatz 1 Satz 3 erfolgt. 2Ein Widerruf der Einwilligung kommt nicht in Betracht. 3Die Einwilligung verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht zur Veräußerung. (2) 1Ein Beschluss der Anleger ist nur wirksam, wenn mindestens 30 Prozent der Stimmrechte bei der Beschlussfassung vertreten waren. 2§ 5 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 sowie die §§ 6 bis 20 des Schuldverschreibungsgesetzes über Beschlüsse der Gläubiger gelten für Beschlüsse der Anleger, mit denen diese eine Einwilligung erteilen oder versagen, mit der Maßgabe entsprechend, dass 1. an die Stelle der ausstehenden Schuldverschreibungen die ausgegebenen Investmentanteile treten, 2. an die Stelle des Schuldners die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft tritt und 3. an die Stelle der Gläubigerversammlung die Anlegerversammlung tritt. 3 Eine einberufene Anlegerversammlung bleibt von der Wiederaufnahme der Anteilrücknahme unberührt. (3) Die Abstimmung soll ohne Versammlung durchgeführt werden, wenn nicht außergewöhnliche Umstände eine Versammlung zur Information der Anleger erforderlich machen.

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines und Entwicklungsgeschichte | 1 Einwilligung durch Mehrheitsbeschluss (Absatz 1) | 4 Ablauf des Verfahrens (Absatz 2 Satz 1 und Satz 2) | 6

D.

E.

Wiederaufnahme der Anteilsrücknahme (Absatz 2 Satz 3) | 8 Abstimmung ohne Versammlung (Absatz 3) | 9

A. Allgemeines und Entwicklungsgeschichte A. Allgemeines und Entwicklungsgeschichte § 259 wurde durch die Vorschrift des § 81b InvG im Rahmen des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes eingeführt und regelt den Verkauf von Vermögensgegenständen während der Zeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme zu nicht angemessenen Bedingungen. Die Norm stellt damit eine Ausnahmevorschrift zu den §§ 257 Absatz 1 bis 4, 260 Absatz 1 als auch zu § 167 Absatz 7 Satz 3, 2. Halbsatz dar. Grundsätzlich dürfen zum Immobilien-Sondervermögen gehörende Vermögensge2 genstände nur zu marktüblichen Bedingungen veräußert werden. Insoweit bestimmt u.a. § 260 Absatz 1 Satz 2, dass Immobilien und Immobilien-Gesellschaften nur zum ermittelten Wert bzw. bei nicht wesentlicher Unterschreitung des Wertes veräußert werden 1

Reiss https://doi.org/10.1515/9783110492217-046

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B. Einwilligung durch Mehrheitsbeschluss (Absatz 1)

§ 259

dürfen. Zudem regelt § 257 Absatz 1 Satz 2, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei Rücknahme von Anteilen die Vermögensgegenstände des Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen zu veräußern hat, wenn sie die notwendigen Mittel dafür beschaffen möchte. Verkauft hingegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Vermögensgegenstände entgegen dieser Bestimmungen unter Wert bzw. zu nicht angemessenen Bedingungen, so hat der Anleger aus dem zwischen ihm und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB einen Schadensersatzanspruch, welcher durch Art. 14 GG geschützt ist.1 Ein Verkauf unter Wert außerhalb des Zeitraums der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen ist nur dann möglich, wenn alle Anleger zustimmen. Ist dies nicht der Fall, gilt § 260. Abweichend hiervon ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift des § 259 3 auch ein Verkauf von Vermögensgegenständen im Zeitraum der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen bei wesentlicher Unterschreitung der ermittelten Werte möglich. Die Norm dient dem Anlegerschutz. In einem Zeitraum während der Anleger nicht durch Rückgabe von Anteilen an Liquidität kommen kann, wird ihm zumindest ein Mitspracherecht an der Veräußerung von Vermögensgegenständen und damit der Liquiditätsbeschaffung gegeben.2 Den Anlegern wird somit ein eigener Entscheidungsspielraum zugestanden. Problematisch ist allerdings die Tatsache, dass Anlegern, die gegen eine Veräußerung eines Vermögensgegenstandes zu nicht angemessenen Bedingungen gestimmt haben und dabei überstimmt wurden, keinerlei weitergehenden Rechte zugesprochen werden. Sie stehen einem Verkauf machtlos gegenüber, obwohl sie in dieser Situation als besonders schutzwürdig erscheinen. Dieses Problem wird auch nicht dadurch gelöst, dass die Minderheit dies durch die Anlagebedingungen schon zu Beginn ihres Investments wusste. Insoweit wird ohne Ermächtigungsgrundlage in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition dieser Anleger eingegriffen. Verfassungswidrig ist die Vorschrift des § 259 aber nicht. Anleger, die ihre Anteile vor Umstellung der Anlagebedingungen erworben habe, kommen aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Umstellung der Anlagebedingungen auf das KAGB zum 21. Juli 2014 ebenfalls in den Genuss dieser Regelung. B. Einwilligung durch Mehrheitsbeschluss (Absatz 1) B. Einwilligung durch Mehrheitsbeschluss (Absatz 1) § 259 Absatz 1 Satz 1 bestimmt, dass in den Anlagebedingungen eines Immobilien- 4 Sondervermögens für den Fall der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen nach § 257 vorzusehen ist, dass die Anleger durch Mehrheitsbeschluss in die Veräußerungen bestimmter Vermögensgegenstände einwilligen können, auch wenn die Veräußerung nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne des § 257 Absatz 1 Satz 3 erfolgt. Der Verweis auf § 257 Absatz 1 Satz 3 durch den Gesetzgeber ist schlichtweg falsch; Absatz 1 Satz 3 gibt es nicht. Dieser Referenzfehler war bereits im Gesetzentwurf3 enthalten. Es ist davon auszugehen, dass dieser Fehler im Gesetzgebungsverfahren einfach übersehen wurde und deshalb eine Korrektur nicht erfolgte. Richtigerweise müsste Absatz 1 Satz 1 auf die Vorschrift des § 257 Absatz 1 Satz 2 verweisen, sodass § 259 Absatz 1 Satz 1 in diesem Sinne zu lesen ist. Im Rahmen der Einführung der Vorschrift durch das Anlegerschutz- und

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1 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 81b InvG Rn. 1. 2 BTDrucks. 17/3628 S. 29 „Den Anlegern eines Sondervermögens, für das Rücknahme der Anteile ausgesetzt ist, ist die Möglichkeit genommen, durch Rückgabe ihrer Anteile ihr Investment zu beenden. Diesem Defizit ist für die Zeit der Aussetzung gemäß § 81 InvG mit einem sachlich beschränkten Mitspracherecht zu begegnen.“ 3 BTDrucks. 17/12295 S. 124.

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§ 259

Beschlüsse der Anleger

Funktionsverbesserungsgesetz enthielt der erste Diskussionsentwurf keine Einschränkung auf den Zeitraum der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen. Nach dem Wortlaut wäre ein Verkauf unterhalb des ermittelten Wertes jederzeit möglich gewesen.4 Die Einschränkung wurde aber bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung eingefügt.5 Die Bestimmungen des § 259 müssen zwingend in den Anlagebedingungen des je5 weiligen Immobilien-Sondervermögens geregelt werden. Zudem bestimmt § 259 Absatz 1 Satz 2, dass die Einwilligung der Anleger nicht widerrufen werden kann. Es ist gesetzlich nicht vorgesehen eine einmalig erteilte Zustimmung per Beschlussfassung zu beseitigen, sodass das Recht der Anfechtung und der Widerrufs keine Anwendung findet. Eine solche Beschlussfassung wäre auch oftmals nicht praktikabel. Nichtsdestotrotz besteht aber die Möglichkeit, dass die Zustimmung nachträglich wegen eines Formfehlers für ungültig erklärt werden kann.6 Dies kann beispielsweise bei Nichterreichen des Quorums von 30% nach § 259 Absatz 2 Satz 1 der Fall sein. Eine Pflicht zu Veräußerung durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft bei Zustimmung der Anleger besteht nicht (Absatz 1 Satz 3); sie ist gesetzlich nicht vorgesehen. Dies bedeutet, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch dann nicht zur Veräußerung eines Grundstücks verpflichtet ist, wenn dies alle Anleger eines Spezial-AIFs zu einem bestimmten Preis verlangen.7 Um die Interessen aller Anleger angemessen zu berücksichtigen, vor allem auch derjenigen, die gegen den Verkauf gestimmt haben, sollte die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei einer erteilten Einwilligung auch die Möglichkeit eines Nichtverkaufs bedenken,8 da beispielsweise ein Verkauf aufgrund der Marktverhältnisse keinen adäquaten Ertrag verspricht. Macht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Zustimmung Gebrauch, haftet sie den Anlegern, auch den überstimmten oder denjenigen, die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, nicht für Vermögenseinbußen des Sondervermögens wegen des etwa ungünstigen Verkaufs. Auf den Ersatz des Schadens durch die Veräußerung eines Vermögensgegenstands zu Bedingungen, die nicht angemessen in diesem Sinne sind, haben auch die Anleger, die nicht zugunsten einer Einwilligung gestimmt haben, gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft keinen Anspruch.9 C. Ablauf des Verfahrens (Absatz 2 Satz 1 und Satz 2) C. Ablauf des Verfahrens (Absatz 2 Satz 1 und Satz 2) 6

§ 259 Absatz 2 verlangt eine Beteiligung von mindestens 30% der Stimmrechte für eine Beschlussfassung und verweist für das Verfahren der Beschlussfassung auf Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes. Die Stimmrechte aus den einzelnen Anteilen lassen sich anhand der Gesamtheit der Anteilsscheine berechnen. Wenn also alle Anteile denselben Wert haben, ergibt jeder Anteil jeweils eine Stimme. Variieren die Werte der Anteile, so bemisst sich der Anteil prozentual betrachtet am gesamten ImmobilienSondervermögen. Mit der Anforderung an die Beschlussfähigkeit sollen Zufallsergebnisse, denen die Mehrheit der Anleger nicht zustimmt, vermieden werden. Die Anforderung darf aber gleichzeitig nicht zu hoch gesetzt werden (insoweit die 30%), da gegebenenfalls einige Anleger die Abstimmung für belanglos erachten und nicht daran teilnehmen werden.

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4 Diskussionsentwurf zum Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 3. Mai 2010, S. 23 und 60. 5 BTDrucks. 17/3628 S. 14 und S. 29. 6 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 81b InvG Rn. 4. 7 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 81b InvG Rn. 5. 8 BTDrucks. 17/3628 S. 29; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 81b InvG Rn. 9. 9 BTDrucks. 17/3628 S. 29.

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Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen

§ 260

Für die Beschlüsse verweist § 259 Absatz 2 Satz 2 auf Bestimmungen des Schuldver- 7 schreibungsgesetzes, welche hier kraft Gesetzes Anwendung finden. Erfasst werden auch solche Anleger, die ihre Anteile bereits vor Inkrafttreten des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes erworben haben.10 D. Wiederaufnahme der Anteilsrücknahme (Absatz 2 Satz 3) Nach § 260 Absatz 1 ist die Veräußerung von Vermögensgegenständen, die zu einem 8 Sondervermögen gehören nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist und die Gegenleistung den durch den Sachverständigen ermittelten Wert nicht oder nicht wesentlich unterschreitet. § 259 ermöglicht den Verkauf unter Verkehrswert, wenn die Anteilseigner diesbezüglich einen einwilligenden Beschluss gefasst haben. Da die Einwilligung vor dem Kaufvertragsschluss erfolgen muss, ist eine weitere Voraussetzung des § 259 das Vorliegen der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen zur Zeit der Beschlussfassung der Anleger. Denn nur wenn die Rücknahme der Anteile ausgesetzt ist, kann auch eine Beschlussfassung erfolgen. Vor der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen muss ein Anleger nicht mit einer Beschlussfassung rechnen, sodass vorherige Beschlussfassungen, d.h. vor der Aussetzung der Rücknahme, auf Vorrat unwirksam sind.11 Beschlüsse, die in der Zeit der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen gefasst wurden, verlieren mit der Aufhebung der Aussetzung ihre Wirkung. Dies gilt auch, wenn die Rücknahme von Anteilen zwischen der Einladung zur Beschlussfassung und der Beschlussfassung wieder aufgenommen wurde. E. Abstimmung ohne Versammlung (Absatz 3) Die Abstimmung soll gemäß § 259 Absatz 3 ohne Versammlung durchgeführt wer- 9 den, wenn nicht außergewöhnliche Umstände einer Versammlung zur Information der Anleger erforderlich machen. Laut dem Gesetzgeber12 sollte bei den Immobilien-Sondervermögen eine Abstimmung ohne Versammlung sogar vorzugswürdig sein. Denn gerade für die Privatanleger spielt der Kostenfaktor bei der Teilnahme an einer physischen Versammlung häufig eine Rolle. Sie wären daher eher von einer Teilnahme abgehalten, woraus ein Ungleichgewicht der Stimmverhältnisse zum Vorteil der institutionellen Anleger resultieren könnte. Da es sich zudem im Fall von § 259 Absatz 1 Satz 1 um einen eingeschränkten Beschlussgegenstand handelt, wird eine Beschlussfassung ohne eine physische Versammlung ebenfalls einer informierten Abstimmung gerecht. https://doi.org/10.1515/9783110492217-047

§ 260 Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen § 260 Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen Reiss Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen

(1) 1Die Veräußerung von Vermögensgegenständen nach § 231 Absatz 1 und § 234, die zu einem Sondervermögen gehören, ist vorbehaltlich des § 257 nur zulässig, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist und 2. die Gegenleistung den gemäß § 249 Absatz 1 ermittelten Wert nicht oder nicht wesentlich unterschreitet.

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 81b InvG Rn. 7. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 81b InvG Rn. 8. BTDrucks. 17/3628 S. 30.

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§ 260

Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen

2

Werden durch ein einheitliches Rechtsgeschäft zwei oder mehr der in Satz 1 genannten Vermögensgegenstände an denselben Erwerber veräußert, darf die insgesamt vereinbarte Gegenleistung die Summe der Werte, die für die veräußerten Vermögensgegenstände ermittelt wurden, um höchstens fünf Prozent unterschreiten, wenn dies den Interessen der Anleger nicht zuwiderläuft. (2) Von der Bewertung gemäß § 249 Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn 1. Teile des Immobilienvermögens auf behördliches Verlangen zu öffentlichen Zwecken veräußert werden, 2. Teile des Immobilienvermögens im Umlegungsverfahren getauscht oder, um ein Umlegungsverfahren abzuwenden, gegen andere Immobilien getauscht werden oder 3. wenn zur Abrundung eigenen Grundbesitzes Immobilien hinzuerworben werden und die hierfür zu entrichtende Gegenleistung die Gegenleistung, die für eine gleich große Fläche einer eigenen Immobilie erbracht wurde, um höchstens 5 Prozent überschreitet. (3) Die Belastung von Vermögensgegenständen nach § 231 Absatz 1, die zu einem Sondervermögen gehören, sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf Vermögensgegenstände nach § 231 Absatz 1 beziehen, sind vorbehaltlich des § 239 zulässig, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist, 2. die Verwahrstelle den vorgenannten Maßnahmen zustimmt, weil sie die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet, und 3. die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellt, dass die Belastung insgesamt 30 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreitet. (4) Verfügungen über Vermögensgegenstände, die zum Vermögen der Immobilien-Gesellschaften gehören, gelten für die Prüfung ihrer Zulässigkeit als Vermögensgegenstände im Sinne der Absätze 1 und 3. (5) Die Wirksamkeit einer Verfügung wird durch einen Verstoß gegen die Vorschriften der Absätze 1 und 3 nicht berührt.

A. B. C.

D.

Systematische Übersicht Allgemeines und historische Entwicklung | 1 Veräußerungen von Vermögensgegenständen (Absatz 1) | 3 Abschlag bei Veräußerung von zwei oder mehr Vermögensgegenständen (Absatz 1 Satz 2) | 7–10 Absehen von Bewertung (§ 260 Absatz 2) | 11 I. Veräußerung aufgrund behördlichen Verlangens (Absatz 2 Nummer 1) | 13 II. Tausch im Umlegungsverfahren (Absatz 2 Nummer 2) | 14

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III.

E.

F.

G.

Erwerb zur Abrundung eigenen Grundbesitzes (Absatz 2 Nummer 3) | 15 Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3) | 16 I. Begriff der Belastung | 17 II. Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen | 18 Verfügungen über Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4) | 22 Wirksamkeit von Verfügungen (Absatz 5) | 23

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A. Allgemeines und historische Entwicklung

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A. Allgemeines und historische Entwicklung A. Allgemeines und historische Entwicklung Für Immobilien stehen, aufgrund der unterschiedlichen Lage des einzelnen Objekts, 1 dessen Qualität, dessen nachbarschaftlicher Anordnung und vieler weiterer Faktoren, keine gebildeten Marktpreise zur Verfügung.1 Dieser Mangel könnte dazu führen, dass Immobilientransaktionen zu nicht marktkonformen Preisen durchgeführt werden. Insoweit bemühte sich der Gesetzgeber das Sondervermögen bzw. die Anleger zu schützen und schreibt vor, dass beim Ankauf der Kaufpreis nicht höher als der von einem externen Bewerter ermittelte Verkehrswert der Immobilie sein darf. Die entsprechende Regelung dazu findet sich in § 260. Demnach darf eine Immobilie oder eine direkt oder indirekt gehaltene Beteiligung grundsätzlich nicht zu einem Preis unterhalb ihres Verkehrswertes veräußert werden. Es handelt sich damit um eine Einschränkung der Verfügungsberechtigung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Ist hingegen der Wert aufgrund öffentlicher Interessen nicht frei bestimmbar, so kann von der Regelung ausnahmsweise abgewichen werden. Darüber hinaus ist eine Bewertung als solche nicht erforderlich, wenn der Erwerb nur eine Nachfolgetransaktion zu einem vorherigen Erwerb darstellt. Neben der Veräußerung von Immobilien und Immobilien-Gesellschaften regelt die Vorschrift die Belastung von Immobilien und mit Immobilien im Zusammenhang stehenden Rechte und stellt damit eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Belastung von Vermögensgegenständen nach § 93 Absatz 5 Satz 1.2 Historisch basiert § 260 auf § 82 InvG, dessen Vorgängervorschrift § 37 KAGG ist. § 37 2 KAGG wurde im Jahre 1969 im Rahmen der damaligen KAGG-Novelle zusammen mit den weiteren Vorschriften zum Grundstückssondervermögen eingefügt.3 Mit Inkrafttreten des dritten Finanzmarktförderungsgesetzes wurden zusätzlich der Verkauf von Beteiligungen an sowie die Verfügung über Vermögensgegenstände der Immobilien-Gesellschaften normiert.4 Das vierte Finanzmarktförderungsgesetz führte die Regelung des § 37 Absatz 3 Satz 1 KAGG ein, welche nunmehr ausdrücklich klarstellt, dass nicht nur Belastungen, welche in das Grundbuch eingetragen werden, von § 37 KAGG erfasst werden, sondern auch die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf Grundstücke und sonstige Gegenstände beziehen.5 Mit Einführung des Investmentmodernisierungsgesetzes im Jahr 2003 wurde § 37 KAGG aufgehoben und mit den notwendigen Folgeänderungen in § 82 InvG übernommen. Mit Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes erfuhr die Vorschrift inhaltliche Änderungen dergestalt, dass die Gegenleistung, d.h. in der Regel der Verkaufspreis, den vom Sachverständigenausschuss ermittelten Wert nach § 82 Absatz 1 Satz 1 InvG nicht mehr unterschreiten darf.6 Bis dahin war zumindest eine nur unwesentliche Unterschreitung zulässig. Begründet hatte dies der Gesetzgeber damit, dass er die Anleger vor Auslegungsschwierigkeiten und Benachteiligungen schützen wolle.7 Zudem hat der Gesetzgeber mit Einführung der Sätze 2 und 3 in begrenztem Umfang eine Abweichung von § 82 Absatz 1 InvG zugelassen und eine Rechtsgrundlage für Paketabschläge bei Veräußerung von zwei oder mehr Immobi-

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1 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 2. 2 Siehe zur Frage des systematischen Zusammenhangs zwischen § 93 Abs. 5 S. 2 und § 260 Abs. 3 die Kommentierung von Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 2 zum InvG, welcher sich im KAGB nicht geändert hat. 3 BGBl. I 1969, S. 985. 4 BGBl. I 1998, S. 529. 5 BGBl. I 2002, S. 2010. 6 Bis dahin war zumindest eine unwesentliche Unterschreitung möglich. 7 BTDrucks. 16/5576 S. 77.

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lien eingeführt, soweit der Paketabschlag nicht den Interessen der Anleger zuwiderläuft.8 Zudem weicht diese Norm vom generellen Verbot der Belastung von Vermögensgegenständen, die zu einem Sondervermögen gehören, nach § 93 Absatz 5 ab und erlaubte den Kapitalanlagegesellschaften direkt oder indirekt gehaltene Immobilien unter bestimmten Bedingungen zu belasten. Der Schutz der Substanz des Sondervermögens wird durch die Begrenzung der Belastung gewährt. Die Vorschrift geht aus § 37 Absatz 3 KAGG hervor, und war nicht nur für die Aufnahme von Darlehen bestimmt, sondern auch für die dazugehörigen Sicherheiten. Schließlich wurde § 82 InvG in § 260 übernommen. Im Gegensatz zu § 82 InvG erlaubt § 260 KAGB eine nicht wesentliche Abweichung des Kaufpreises vom ermittelten Wert. Zudem erfolgt die Ermittlung des Verkehrswertes nicht mehr durch einen Sachverständigenausschuss, sondern durch einen externen Bewerter i.S.d. § 250 Absatz 1 Nummer 1. B. Veräußerungen von Vermögensgegenständen (Absatz 1) B. Veräußerungen von Vermögensgegenständen (Absatz 1) 3

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann grundsätzlich sämtliche Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens veräußern. Bei der Veräußerung von Immobilien nach § 231 Absatz 1 und von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nach § 234 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch weitere Voraussetzungen zu beachten, die in Absatz 1 normiert sind. Zum einen muss die Möglichkeit einer Veräußerung in den Anlagebedingungen vorgesehen sein (§ 260 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1), zum anderen darf die Gegenleistung den gemäß § 249 Absatz 1 ermittelten Wert nicht oder nicht wesentlich unterschreiten. Eine Veräußerung ist aber nur vorbehaltlich des § 257 zulässig. Dies bedeutet, dass im Falle der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen die Vorschrift des § 257 vorranging vor § 260 gilt. Bei der Umsetzung der AIFM-Richtlinie, als auch schon im Rahmen der Novellierung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, hat der Gesetzeber keinen Verweis auf Vorschriften des § 257 (ehemals § 81a InvG) und des § 258 (ehemals § 81b InvG) eingefügt, obwohl auch diese beiden Vorschriften sich mit der Veräußerung von Vermögensgegenständen befassen. Dies hat der Gesetzgeber schlichtweg vergessen. Auch hier müssen die Vorschriften des § 257 und des § 258 als vorrangig gegenüber § 260 angesehen werden. Unter dem Begriff der Veräußerung ist, entgegen der zivilrechtlichen Bedeutung die4 ses Begriffes, nicht nur das dingliche Übertragungsgeschäft, sondern auch das zugrundeliegende Kausalgeschäft zu verstehen. Dies wird durch den Begriff der Gegenleistung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Vorschrift deutlich. Würde man die Veräußerung rein zivilrechtlich als das auf die dingliche Übertragung des Vermögensgegenstands gerichtete Rechtsgeschäft ansehen, so würde dieser Übertragung keine Gegenleistung entgegenstehen. Gerade aufgrund der ausdrücklichen Normierung der Gegenleistung ist somit der Begriff der Veräußerung abweichend von der zivilrechtlichen Bedeutung auszulegen und erfasst sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft. 9 Hierfür spricht auch, dass ansonsten die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen zum Immobilien-Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstand verkaufen kann, ohne diesen veräußern zu können, sodass der Käufer der Immobilie Schadensersatzansprüche geltend machen kann, welche die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft regelmäßig nicht bedienen kann. Das entspricht nicht dem Interesse der Anleger. Neben dem klassischen

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8 BTDrucks. 16/5576 S. 77. 9 So in Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 7; a.A. Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 5, der nur den Übergang der dinglichen Rechtsstellung als unter den Begriff der Veräußerung verstanden haben möchte.

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B. Veräußerungen von Vermögensgegenständen (Absatz 1)

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Veräußerungsgeschäft fallen auch Tauschgeschäfte unter den Begriff der Veräußerung.10 Demgegenüber liegt eine Veräußerung als auch eine Belastung i.S.d. Absatzes 3 dann nicht vor, wenn die Immobilie oder die Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft nach dem Erwerb weiterhin im Sondervermögen verbleibt. Hierunter fallen beispielsweise Transaktionen, bei denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Immobilie aus dem Sondervermögen an eine Immobilien-Gesellschaft überträgt, an der sie für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens selbst zu 100% beteiligt ist. Der Anleger ist hier mangels eines ihm drohenden Nachteils nicht schutzwürdig, sodass der Kaufpreis vom Verkehrswert der Immobilie beliebig nach unten abweichen kann.11 Nach § 260 Absatz 1 Satz 1 ist eine Veräußerung dann zulässig, wenn zum einen die 5 Möglichkeit der Veräußerung in den Anlagebedingungen vorgesehen ist; nähere Ausführungen zur Veräußerung selbst sind in den Anlagebedingungen nicht notwendig. Zum anderen darf die Gegenleistung den gemäß § 249 Absatz 1 ermittelten Wert der Immobilie bzw. der Immobilien-Gesellschaft nicht oder nicht wesentlich unterschreiten. Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ist hierbei der Zeitpunkt des Verkaufs. Kommt es zwischen Vertragsschluss und der Übereignung zu einem Anstieg des Grundstückwertes über den vereinbarten Kaufpreis, so verstößt die Veräußerung zu dem vereinbarten Kaufpreis nicht gegen § 82 Absatz 1. Hierbei realisiert sich nur ein immobilientypisches und zu akzeptierendes Risiko der Wertsteigerung bzw. Minderung der Immobilie zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft samt Eintragung in das Grundbuch.12 Ein Verstoß kann nur dann angenommen werden, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht ihre allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 26 Absatz 2 Nummer 1 beim Verkauf der Immobilie eingehalten hat. Dies kann u.a. der Fall sein, wenn dem Verkauf keine tragbare Marktprognose zugrunde gelegt wurde.13 Als Gegenleistung kommen nicht nur Geldzahlungen in Betracht. Vielmehr sind 6 darunter auch Übernahmen von Verbindlichkeiten und etwaige andere Leistungen, wie z.B. die Übertragung etwaiger Vermögensgegenstände, zu verstehen. Wichtig ist, dass die Gegenleistung dem Sondervermögen zufließen muss. Anschaffungsnebenkosten, die nach § 247 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 neben dem Wert der Immobilie gesondert anzusetzen sind, müssen bei der Ermittlung des relevanten Werts nicht mit beachtet werden. Die Gesellschaft muss aber prüfen, ob der Verkauf einer Immobilie noch im Interesse der Anleger steht, wenn der Verkaufspreis zwar den Ankaufspreis, aber nicht die noch nicht abgeschriebenen Anschaffungskosten, deckt.14 § 260 Absatz 1 gewährt die Möglichkeit einer nicht wesentlichen Unterschreitung des vom externen Bewerter ermittelten Wertes. Grund dafür ist, dass der ermittelte Verkehrswert nur ein Annährungspunkt ist und eine Veräußerung nicht bereits an einer unbedeutenden Unstimmigkeit scheitern soll. Als Toleranz sollten hier ca. 3% des ermittelten Verkehrswertes erlaubt sein.15 Zu beachten ist, dass bei Veräußerungen von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften der vom Abschlussprüfer ermittelte Wert der Anhaltspunkt ist. Denn gemäß § 250 Absatz 1 Nummer 2 ist der Wert der Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft durch einen Abschlussprüfer im Sinne des § 319 Absatz 1 Satz 1 und 2 HGB zu ermitteln.16

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10 Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 3. 11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/SchultzSüchting § 82 InvG Rn. 7. 12 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 8. 13 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 9. 14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 10. 15 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 14. 16 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 14; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 3.

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C. Abschlag bei Veräußerung von zwei oder mehr Vermögensgegenständen (Absatz 1 Satz 2) C. Abschlag bei Veräußerung von zwei oder mehr Vermögensgegenständen Werden durch ein einheitliches Rechtsgeschäft zwei oder mehr der in § 260 Absatz 1 Satz 1 genannten Vermögensgegenstände an denselben Erwerber veräußert, so darf die insgesamt vereinbarte Gegenleistung die Summe der Werte, die für die veräußerten Vermögensgegenstände ermittelt werden, um höchstens 5% unterschreiten, wenn dies den Interessen der Anlieger nicht zuwiderläuft. Der Begriff des einheitlichen Rechtsgeschäfts ist dann erfüllt, wenn zwei oder mehrere Vermögensgegenstände nur als „Paket“ zusammen veräußert werden. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn die Veräußerung einzelner Immobilien, z.B. durch eine Bedingung bzw. durch die Ausübung eines vereinbarten Rücktrittsrechts, noch scheitern kann. Übt der Erwerber beispielweise sein ihm gewährtes Rücktrittsrecht in Bezug auf den Kauf einer Immobilie aus, wird der restliche Immobilienerwerb dennoch durchgeführt; § 260 Absatz 1 Satz 2 findet in diesem Fall aber keine Anwendung. Die Zulässigkeit der Veräußerung richtet sich dann alleine nach Satz 1. Ein einheitliches Rechtsgeschäft setzt nicht voraus, dass alle Immobilien in einer notariellen Urkunde veräußert werden. Vielmehr genügen jeweils einzelne Verträge, die aber durch gegenseitige Bezugnahme darauf hinweisen müssen, dass die Vermögensgegenstände nur gemeinsam oder gar nicht übergehen sollen.17 Nur für den Fall, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dies sicherstellen kann, ist es auch empfehlenswert einen Gesamtkaufpreis zu vereinbaren, da dies ansonsten den Kaufpreis, sollten nicht alle Vermögensgegenstände übergehen, mindert und der Kaufpreis auch unter dem Wert des externen Bewerters liegen kann. Ein solches Ergebnis ist problematisch und gilt es zu vermeiden. Ist sichergestellt das alle Vermögensgegenstände übergehen, so ist eine Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Immobilien grundsätzlich nicht notwendig. Sollte dies z.B. aus steuerlichen Gründen dennoch gewünscht sein, müssen die einzelnen Kaufpreise nicht dem jeweils ermittelten Verkehrswert eines einzelnen Kaufobjekts entsprechen, da auch in diesem Fall der Gesamtpreis der Anknüpfungspunkt ist und eben dieser den gesamten Verkehrswert aller Immobilien zusammen nur bis max. 5% unterschreiten darf, solange dies den Interessen der Anleger entspricht.18 Weitere Voraussetzung ist, dass die Vermögensgegenstände an denselben Erwerber veräußert werden. Unter dem Begriff „derselbe Erwerber“ versteht man Erwerber, die ein und dieselbe juristische oder natürliche Person sind. Die vereinbarte Gegenleistung darf die Summe der ermittelten Werte der Immobilien bzw. Immobilien-Gesellschaften um höchstens 5% unterschreiten. § 260 Absatz 1 Satz 2 setzt damit eine numerische Grenze für die Höhe der Gegenleistung fest. Die Unterschreitung kann nur erfolgen, wenn der Abschlag den Interessen der Anleger nicht zuwiderläuft. Der Gesetzgeber hat keine genauere Information zu diesem Kriterium gegeben. Da aber grundsätzlich jeder Abschlag den Interessen der Anleger widerspricht, muss man im Falle eines Unterschreitens des Verkehrswertes einen entsprechenden Ausgleich für diesen Nachteil finden, um den Verkauf trotz des 5%-Abschlags für den Anleger neutral zu gestalten. Als Ausgleichsfaktor kommen z.B. anstehende, in der Verkehrswertermittlung nicht berücksichtigte Sanierungskosten des Objekts in Betracht. Sie könnten durch den Verkauf der Immobilie gespart werden und würden damit eine Reduzierung des Kaufpreises rechtfertigen. Ausgleichsfähig sind aber auch Planungen, die künftig durch

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 18. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 20.

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D. Absehen von Bewertung (§ 260 Absatz 2)

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den Verkaufserlös (inkl. Abschlag) zum Vorteil des Sondervermögens realisiert werden sollen. In allen Fällen sollten aber die Abschläge und die Vorteile, welche die Abschläge rechtfertigen sollen, für den Anleger nachvollziehbar dokumentiert werden.19 D. Absehen von Bewertung (§ 260 Absatz 2) D. Absehen von Bewertung (§ 260 Absatz 2) Grundsätzlich erfolgt die Veräußerung von Immobilien auf der Grundlage des von 11 einem externen Bewerter ermittelten Wertes der einzelnen Immobilie. § 260 Absatz 2 sieht in bestimmten Fällen Ausnahmen vom Gebot der Bewertung durch einen externen Bewerter vor. Da aber die Gesellschaft gem. § 248 Absatz 2 Satz 1 für Immobilien und Immobilien-Gesellschaften dazu verpflichtet ist jährlich eine neue Bewertung über diese Vermögensgegenstände durchzuführen und diese Bewertung auch grundsätzlich für den Verkauf der Gegenstände ausreicht,20 ist der Sinn einer Ausnahme der Bewertungspflicht nicht eindeutig, da die Bewertung der Gesellschaft ohnehin vorliegt. Insoweit kann der Zweck dieser Vorschrift wohl nicht lediglich in der Befreiung von der Bewertungspflicht für die dort normierten Fälle liegen, sondern vielmehr darauf hindeuten, dass in diesen Fällen eine Bewertung unterbleiben kann, da hier die Gegenleistung den Verkehrswert unterschreiten darf.21 Die praktische Relevanz dieser Fälle ist allerdings gering.22 Absatz 2 sieht vor, dass von der Bewertung gem. § 249 Absatz 1 abgesehen werden 12 kann, wenn Teile des Immobilienvermögens auf behördliches Verlangen zu öffentlichen Zwecken veräußert werden. Dies gilt auch, wenn Teile des Immobilienvermögens im Umlegungsverfahren getauscht oder, um ein Umlegungsverfahren abzuwenden, gegen andere Immobilien getauscht werden. Zudem kann von der Bewertung abgesehen werden, wenn zur Abrundung eigenen Grundbesitzes Immobilien hinzuerworben werden und die hierfür zu entrichtende Gegenleistung die Gegenleistung, die für eine gleich große Fläche einer eigenen Immobilie erbracht wurde, um höchstens 5% überschreitet. I. Veräußerung aufgrund behördlichen Verlangens (Absatz 2 Nummer 1) Um den Tatbestand von Absatz 2 Nummer 1 zu erfüllen ist es nicht nur erforderlich, 13 dass die Behörde den Willen auf Übereignung eines Grundstückes zwecks öffentlichen Interesses äußert. Die Behörde muss vielmehr die Möglichkeit haben, die Übereignung des Objekts in Form einer Enteignung gem. Art. 14 Absatz 3 GG zu erzwingen. Da sich die Entschädigung gem. Art. 14 Absatz 3 GG nicht am Verkehrswert orientiert, sondern unter Abwägung der öffentlichen Belange berechnet wird, kann sie sogar niedriger als der durch einen externen Bewerter ermittelte Marktwert sein. Damit ist eine Bewertung, nicht erforderlich. Denn die Enteignung wird auch bei einer subjektiv zu niedrig empfundenen Entschädigung erfolgen.23 Die Gesellschaft kann in diesem Fall der Behörde jedoch vorauseilen und das Objekt zu einem zwar unterhalb des Marktwertes, aber oberhalb der Entschädigung liegenden Preises verkaufen.24

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19 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 21. 20 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 22. 21 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 22; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 6; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 17. 22 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 16. 23 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 23; Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 6. 24 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 17.

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Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen

II. Tausch im Umlegungsverfahren (Absatz 2 Nummer 2) 14

Zwar erfolgt im Umlegungsverfahren gem. §§ 45 ff. BauGB ein Tausch der Grundstücke und damit auch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse an dem ursprünglichen Grundstück. Die Änderung basiert aber nicht auf einer Veräußerung, sondern, wie die Enteignung, auf einem staatlichen Rechtsakt. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wird hierbei, unabhängig vom Verkehrswert ihres Grundstücks, zur Umlegung verpflichtet. Geschieht diese rechtmäßig, kann die Gesellschaft nicht dagegen vorgehen. Die Bewertung ist damit nicht erforderlich. Beim „Tausch zur Abwendung eines Umlegungsverfahrens“ gelten die Ausführungen zum Verkauf auf behördliches Verlangen zwecks Abwendung der Enteignung entsprechend.25 III. Erwerb zur Abrundung eigenen Grundbesitzes (Absatz 2 Nummer 3)

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Der Bewertung bedarf es abschließend auch dann nicht, wenn erstens zur Abrundung des Grundbesitzes Immobilien erworben werden und zweitens die dafür zu entrichtende Gegenleistung diejenige Gegenleistung, die für den Erwerb einer gleich großen Fläche des abzurundenden Grundstücks erbracht wurde, um maximal 5% überschreitet. Ursprünglich war nach § 37 KAGG eine solche Transaktion nur dann möglich, wenn der Kaufpreis den früher gezahlten Preis „nicht oder nur unwesentlich überschritt“. Durch die Einführung der starren 5%-Grenze sollten auch hier Schwierigkeiten bei der Auslegung einer unwesentlichen Überschreitung vermieden werden. Entgegen dem Rest des § 260 KAGB wird hier ein überhöhter Kaufpreis erlaubt. Das ist auch sinnvoll, da durch eine Vervollständigung eines bereits im Vermögen befindlichen Grundstücks nicht nur dessen Preis um den Neuerwerb eines neuen Teils erhöht wird. Vielmehr steigt durch eine sinnvolle Vervollständigung des ursprünglichen Grundstücks auch dessen Marktwert.26 Dem Wortlaut nach ist eindeutig der Wert der Gegenleistung zum Zeitpunkt des Grundstückerwerbs maßgeblich.27 Bei einem finanziellen Erwerb also der ursprüngliche Kaufpreis. Liegt der Kauf nun mehrere Jahre zurück, können die 5% inflationsbedingt schnell erreicht werden. Aus diesem Grund vertritt eine Ansicht, dass man sich bei einem Erwerb eines neuen Grundstücks auf den bei der letzten Bewertung des eigenen Grundstücks festgestellten Wert orientieren sollte.28 Damit darf die Gegenleistung den entsprechenden gegenwärtigen Teilwert des eigenen Grundstücks nicht überschreiten. Die a.A. vertritt die Meinung, dass sich die Kaufpreisberechnung auf dem Immobilienmarkt nicht an der Grundfläche des Objekts, sondern an dessen Ertragskraft orientieren muss. Eine Orientierung ausschließlich an dem Kaufpreis des ursprünglichen Grundstücks sei aufgrund der Wertsteigerung und der Inflation im Laufe der Jahre nicht sinnvoll.29 Beim Erwerb zwecks Abrundung sollte dagegen eher wie folgt vorgegangen werden: Es sollte zunächst der Wert ermittelt werden, den die im Besitz befindliche Immobilie gegenwärtig inkl. des zur Abrundung zu erwerbenden Teils hätte. Davon soll der Wert des real im Besitz befindlichen Objekts abgezogen werden. Der Rest ist der Mehrwert, den das zu erwerbende Objekt dem Vermögen der Gesellschaft bringen wird. Und

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 17. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 18. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 25. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 7. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 18.

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E. Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3)

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eben diesen darf die zum Erwerb nötige Gegenleistung maximal unwesentlich überschreiten.30 E. Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3) E. Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann die im Sondervermögen enthaltenen 16 Vermögensgegenstände nach § 231 Absatz 1 unter bestimmten Voraussetzungen auch belasten. Als Belastung kommen dafür alle dinglichen Rechte in Betracht.31 Da Belastungen, entsprechend der Voraussetzung in § 260 Absatz 3 Nummer 1 in den Anlagebedingungen vorgesehen sein müssen, ist darauf zu schließen, dass die Belastungen im Ermessen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft stehen, sodass § 260 Absatz 3 öffentlichrechtliche Belastungen nicht erfasst. Ebenfalls nicht davon erfasst sind Vorkaufsrechte und Vormerkungen Dritter. Hierbei handelt es sich nicht um dingliche Rechte.32 Zudem gewähren sie im Gegensatz zu einer Belastung durch eine Hypothek eine Gegenleistung, die im Fall des Verkaufs dem Sondervermögen zufließt. In diesem Fall ist die Substanz des Sondervermögens nicht gefährdet, sodass § 260 Absatz 3 seinem Zweck nach keine Anwendung findet. Vielmehr gewährt hier § 260 Absatz 1 den notwendigen Schutz für das Sondervermögen im Fall des Verkaufs von Immobilien, indem ein Verbot eines Unterschreitens des Verkehrswertes des Objekts vorgeschrieben wird.33 Im Gegensatz zu Absatz 1 wird in Absatz 3 nicht auf § 234 verwiesen, sodass Beteiligungen nicht belastet werden dürfen. I. Begriff der Belastung Das KAGB enthält selbst keine Definition darüber, was unter einer Belastung zu ver- 17 stehen ist. In Betracht kommen hier sämtliche dinglichen Belastungen, wie beispielsweise Hypotheken und Grundschulden (§§ 1113 ff. BGB), Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff. BGB) und Nießbrauchrechte (§§ 1030 ff. BGB). II. Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen Entsprechend dem Wortlaut können unter den Voraussetzungen des § 260 Absatz 3 18 Nummer 1 bis Nummer 3 auch Forderungen, die im Zusammenhang mit der Immobilie stehen, belastet oder abgetreten werden. Diese Möglichkeit resultiert aus der Vorschrift des § 1123 Absatz 1 BGB, wonach die vereinbarte Hypothek bei einem vermieteten oder verpachteten Grundstück auch die entsprechenden Einnahmen erfasst. Der Gesetzgeber bestätigte dies für den damaligen § 37 Absatz 3 KAGG ausdrücklich.34 Heute geht man sogar darüber hinaus und erfasst nicht nur die aus der Vermietung oder Verpachtung entstehenden Einnahmen. Entsprechend dem Wortlaut können sämtliche Forderungen, die mit der Immobilie im Zusammenhang stehen, belastet oder abgetreten werden, worunter z.B. auch Rückerstattungsforderungen von der Grundsteuer fallen.35 Ein Vorteil gegenüber der Belastung einer Immobilie ist der Kostenfaktor. Die Abtretung von Forde-

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 19. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 27. BeckOK/Eckert § 891 Rn. 6. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 9. BT-Drucks. 14/8017 S. 108. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 33.

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Veräußerung und Belastung von Vermögensgegenständen

rungen geschieht schuldrechtlich und bedarf keiner Eintragung in das Grundbuch, sodass daraus resultierende Gebühren, Notarkosten etc. eingespart werden können.36 Die Belastung ist zunächst nur vorbehaltlich des § 239 zulässig. Der Verweis ist di19 rekt nicht nachvollziehbar, regelt § 239 doch das Verbot bzw. die Einschränkung des Erwerbs, der Veräußerung oder der Übertragung und gerade nicht die Belastung von Immobilien. Insoweit muss man von einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift ausgehen, sodass es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verboten ist die eigene Immobilie bzw. die Immobilien des Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmens oder die Immobilie einer Gesellschaft, an der die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine bedeutende Beteiligung hält, zu ihren eigenen Gunsten zu belasten. Denn eine Belastung zu eigenen Gunsten würde zu einem Interessenkonflikt zwischen den Belangen der Anleger und den Eigeninteressen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an der gewährten Berechtigung führen.37 Eine Belastung ist nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen 20 ist. Eine detaillierte Information über die Belastung ist dabei nicht erforderlich. Es ist daher ausreichend allein den Gesetzeswortlaut in den Anlagebedingungen zu wiederholen.38 Daneben muss die Belastung oder Abtretung mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar sein. Da eine Belastung eines Vermögensgegenstandes für den Anleger stets nachteilig ist, ist sie nur dann mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar, wenn dem Anleger ein Vorteil zufließt. Dies dürfte stets dann gegeben sein, wenn der negative Effekt der Belastung durch einen anderweitigen Vorteil für das Vermögen ausgeglichen wird. Darunter sind sämtliche Vorteile zu verstehen, z.B. auch günstige Darlehenskonditionen, die eben nur dadurch gewährt werden, weil zur Absicherung des Darlehens eine dingliche Belastung der Immobilie erfolgt. Der Vorteil muss nicht unbedingt der belasteten Immobilie selbst zukommen. Vielmehr genügt es, dass das Sondervermögen als Ganzes einen Vorteil erfährt.39 Zudem ist eine Zustimmung der Verwahrstelle notwendig. Die Rolle der Verwahrstelle ist es zu prüfen, dass die Bedingungen, unter denen die Abtretung oder Belastung erfolgt, marktüblich (nicht nur für die Belastung, sondern auch für das zugrunde liegende Rechtsverhältnis) sind.40 Nach dem Wortlaut muss die Verwahrstelle die Marktüblichkeit selbst prüfen. Meist wird die Verwahrstelle vor allem bei Auslandsgeschäften hierzu nicht immer in der Lage sein, sodass in der Praxis lediglich eine Plausibilitätsprüfung anhand der durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verschafften Informationen erfolgen kann. 41 Ist die Marktüblichkeit gegeben, so ist die Verwahrstelle zur Zustimmung verpflichtet. Dient hingegen die Belastung zur Sicherheit eines Darlehens, welches alleine zur Finanzierung von Anteilsrücknahmen aufgenommen wird, sind die Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht zu erfüllen. Schließlich muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 260 Absatz 3 Num21 mer 3 sicherstellen, dass die Belastungen insgesamt 30% des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien (inkl. der in Immobilien-Gesellschaften gehaltenen Immobilien) nicht überschreitet. Die Obergrenze betrifft nicht nur die einzelne Belastung, sondern das Sondervermögen als Ganzes. Eine einzelne Belastung kann somit auch 100% des Verkehrswertes einer einzelnen Immobilie bedeuten. Wichtig ist

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BT-Drucks. 14/8017 S. 108. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 28. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll § 82 InvG Rn. 36. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 11. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 11. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting § 82 InvG Rn. 27.

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G. Wirksamkeit von Verfügungen (Absatz 5)

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mithin nur, dass die Summe aller Belastungen 30% des Verkehrswertes des gesamten Sondervermögens nicht überschreitet.42 Die 30%-Grenze gilt hingegen nicht für die Abtretung von Forderungen, da der eindeutige Gesetzeswortlaut in Absatz 3 Nummer 3 lediglich für die Belastung von Immobilien diese Grenze vorsieht, nicht aber auch für Abtretungen. Die Frage, wie bei einer Überschreitung der Obergrenze zu verfahren ist, bleibt im Gesetz unbeantwortet. Die Überschreitung könnte deshalb als eine Verletzung der Anlagegrenzen angesehen werden. Innerhalb welchen Zeitraums eine Überschreitung der Anlagegrenze wieder reduziert werden muss, ist ebenfalls nicht geregelt. Es ist aber wohl ausreichend, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft z.B. keine neuen Darlehen aufnimmt und bisherige Darlehen nicht verlängert. Solange das Interesse der Anleger dem nicht zuwiderläuft, sollte eine Rückführung der Belastung nicht erfolgen, da dies beispielsweise eine Erhöhung der Darlehenskonditionen mit sich bringen könnte. Wichtig ist, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Fall der Überschreitung eine klare Strategie verfolgt, nach der die Wiedereinhaltung der Grenzen angestrebt wird, und die dafür notwendigen Maßnahmen auch tatsächlich ergriffen und dokumentiert werden.43 F. Verfügungen über Immobilien-Gesellschaften (Absatz 4) Die oben erläuterten Voraussetzungen nach § 260 Absatz 1 bis 3 gelten ebenfalls bei 22 Verfügungen über Vermögensgegenstände, die zum Vermögen einer ImmobilienGesellschaft gehören. Damit sind indirekt über Immobilien-Gesellschaften gehaltene Immobilien auch bei der Berechnung zur Einhaltung der Obergrenze i.S.d. § 260 Absatz 3 Nummer 3 mit einzubeziehen. Insoweit darf ein Vermögensgegenstand, der zum Vermögen einer Immobilien-Gesellschaft gehört, nur dann veräußert oder belastet werden, wenn die Voraussetzungen des § 260 Absatz 1 bzw. 3 erfüllt sind. Dies bedeutet, dass auch indirekt über Immobilien-Gesellschaften gehaltene Immobilien nicht zu einem Preis unterhalb des Verkehrswertes verkauft werden dürfen, soweit es sich nicht um einen Paketverkauf nach Absatz 2 oder eine Übertragung im Rahmen des Absatzes 3 handelt. G. Wirksamkeit von Verfügungen (Absatz 5) G. Wirksamkeit von Verfügungen (Absatz 5) Ein Verstoß gegen die in § 260 Absatz 1 bis 3 aufgeführten Voraussetzungen berührt 23 die Wirksamkeit der Verfügung nicht. Auch wenn die aufsichtsrechtlichen Restriktionen somit nicht eingehalten werden, bleiben die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Sondervermögen geschlossenen Rechtsgeschäfte zivilrechtlich wirksam. Ungeachtet dessen kann ein Verstoß aber eine Pflichtverletzung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darstellen, sodass zivilrechtliche Ansprüche oder innergesellschaftliche Sanktionen ausgelöst werden können.

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 12. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 82 InvG Rn. 13.

Reiss

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

ABSCHNITT 4 Geschlossene inländische Publikums-AIF § 261 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen § 261 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen Hartrott Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen https://doi.org/10.1515/9783110492217-048

idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF nur investieren in: 1. Sachwerte, 2. Anteile oder Aktien an ÖPP-Projektgesellschaften, 3. Anteile oder Aktien an Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Vermögensgegenstände im Sinne der Nummern 1 sowie die zur Bewirtschaftung dieser Vermögensgegenstände erforderlichen Vermögensgegenstände oder Beteiligungen an solchen Gesellschaften erwerben dürfen, 4. Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, 5. Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Publikums-AIF nach Maßgabe der §§ 261 bis 272 oder an europäischen oder ausländischen geschlossenen Publikums-AIF, deren Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegt, 6. Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Spezial-AIF nach Maßgabe der §§ 285 bis 292 in Verbindung mit den §§ 273 bis 277, der §§ 337 bis 338 oder an geschlossenen EU-Spezial-AIF oder ausländischen geschlossenen SpezialAIF, deren Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegt, 7. Vermögensgegenstände nach §§ 193 bis 195, 8. Gelddarlehen nach § 285 Absatz 3 Satz 1 und 3, der mit der Maßgabe entsprechend anwendbar ist, dass abweichend von § 285 Absatz 3 Satz 1 höchstens 30 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und des noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen Publikums-AIF für diese Darlehen verwendet werden und im Fall des § 285 Abs. 3 Satz 1 Nummer 3 die dem jeweiligen Unternehmen gewährten Darlehen nicht die Anschaffungskosten der an dem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen überschreiten. (2) Sachwerte im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 sind insbesondere 1. Immobilien, einschließlich Wald-, Forst und Agrarland, 2. Schiffe, Schiffsaufbauten und Schiffsbestand- und -ersatzteile, 3. Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und -ersatzteile, 4. Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien, 5. Schienenfahrzeuge, Schienenfahrzeugbestand- und -ersatzteile, 6. Fahrzeuge, die im Rahmen der Elektromobilität genutzt werden, 7. Container, 8. für Vermögensgegenstände im Sinne von Nummer 2 bis 6 genutzte Infrastruktur. (3) Geschäfte, die Derivate zum Gegenstand haben, dürfen nur zur Absicherung von im geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehaltenen Vermögensgegenständen gegen einen Wertverlust getätigt werden. Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-048

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(4) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass die Vermögensgegenstände eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals dieses AIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, nicht übersteigt. (5) 1 In einen Vermögensgegenstand im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 darf nur investiert werden, wenn 1. der Vermögensgegenstand zuvor bei einem Wert des a) Vermögensgegenstandes bis zu einschließlich 50 Millionen Euro von einem externen Bewerter, der die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllt, oder b) Vermögensgegenstandes über 50 Millionen Euro von zwei externen, voneinander unabhängigen Bewertern, die die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllen und die die Bewertung des Vermögensgegenstands unabhängig voneinander vornehmen, § 261 Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen Hartrott Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen bewertet wurde. 2. der externe Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe a oder die externen Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b nicht zugleich die jährliche Bewertung der Vermögensgegenstände gemäß § 272 durchführt oder durchführen und 3. die aus dem geschlossenen inländischen Publikums-AIF zu erbringende Gegenleistung den ermittelten Wert nicht oder nur unwesentlich übersteigt. 2 § 250 Absatz 2 und § 271 Absatz 2 gelten entsprechend. (6) 1 Vor der Investition in einen Vermögensgegenstand im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 bis 6 ist der Wert der ÖPP-Projektgesellschaft, der Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3, des Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 oder des geschlossenen AIF im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5 oder Nummer 6 1. durch a) einen externen Bewerter, der die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllt, wenn der Wert des Vermögensgegenstandes 50 Millionen Euro nicht übersteigt, oder b) zwei externe, voneinander unabhängige Bewerter, die die Anforderungen nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 2 bis 5 erfüllen und die die Bewertung des Vermögensgegenstandes unabhängig voneinander vornehmen zu ermitteln, wobei 2. der externe Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe a oder die externen Bewerter im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b nicht zugleich die jährliche Bewertung der Vermögensgegenstände gemäß § 272 durchführt oder durchführen. 2 § 250 Absatz 2 gilt entsprechend. 3 Bei der Bewertung ist von dem letzten mit Bestätigungsvermerk eines Abschlussprüfers versehenen Jahresabschluss der ÖPP-Projektgesellschaft, der Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3, des Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 oder des geschlossenen AIF im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5 oder Nummer 6 oder, wenn der Jahresabschluss mehr als drei Monate vor dem Bewertungsstichtag liegt, von den Vermögenswer303

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

ten und Verbindlichkeiten der ÖPP-Projektgesellschaft, der Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3, des Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 oder des geschlossenen AIF im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5 oder Nummer 6 auszugehen, die in einer vom Abschlussprüfer geprüften aktuellen Vermögensaufstellung nachgewiesen sind. (7) Investiert die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Vermögensgegenstände im Sinne von Absatz 1 Nummer 4 gelten die §§ 287 bis 292 entsprechend. (8) Geschlossene Publikums-AIF dürfen nicht Feeder-AIF in einer MasterFeeder-Konstruktion sein.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 6 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 11 Kommentierung I. Absatz 1 | 12 1. Sachwerte | 18 2. Anteile oder Aktien an ÖPPProjektgesellschaften | 20 3. Anteile oder Aktien an bestimmten Zweckgeselschaften | 22 4. Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Beteiligungen | 24 a) Zielunternehmen nicht an einer Börse zugelassen | 26 b) Zielunternehmen nicht in einen organisierten Markt einbezogen | 29 5. Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen PublikumsAIF | 31 6. Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen SpezialAIF | 36 7. Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Bankguthaben | 40 8. Gelddarlehen | 45 II. Absatz 2 | 47 1. Immobilien, einschließlich Wald-, Forst und Agrarland | 48 2. Schiffe, Schiffsaufbauten und Schiffsbestand- und -ersatzteile | 54 3. Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und -ersatzteile | 57 4. Anlagen zur Erzeugung, Transport und Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien | 60

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5.

Schienenfahrzeuge, Schienenfahrzeugbestand- und -ersatzteile | 62 6. Fahrzeuge, die im Rahmen der Elektromobilität genutzt werden | 65 7. Container | 67 8. Für Vermögensgegenstände im Sinne von Nummer 2 bis 6 genutzte Infrastruktur | 69 III. Absatz 3 | 72 IV. Absatz 4 1. Allgemeines | 74 2. Vermögensgegenstände mit potentiellen Währungsrisiken | 77 3. Berechnung der 30%Grenze | 79 a) Berechnungsgrößen | 80 b) Betrachtungszeitpunkt | 82 V. Absatz 5 | 84 1. Anforderungen an die Bewertung | 88 2. Anforderungen an den Bewerter | 91 a) Vorgaben des § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 | 92 b) Getrennte Verantwortlichkeiten bei der Bewertung | 95 c) Rotation, wirtschaftliche Unabhängigkeit, Karenzzeit | 96 3. Verhältnismäßigkeit zwischen ermitteltem Wert und Gegenleistung | 101 VI. Absatz 6 | 103 VII. Absatz 7 | 106 VIII. Absatz 8 | 110

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A. Allgemeines

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A. Allgemeines A. Allgemeines Mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie1 durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) werden alternative Investmentfonds und deren Manager in Deutschland erstmals einer umfassenden Regulierung unterworfen. Zu alternativen Investmentfonds zählen insbesondere geschlossene Publikumsfonds. Bis zum Jahr 2012 waren geschlossene Publikumsfonds weitgehend unreguliert. Dementsprechend existierte auch keine einheitliche Definition davon, was unter einem geschlossenen Fonds zu verstehen ist. In Abgrenzung zu offenen Fonds, die bislang durch die regelmäßige Ausgabe und Rücknahme von Anteilen und ihre aufsichtsrechtliche Verortung im Investmentgesetz gekennzeichnet waren, zeichneten sich geschlossene Fonds im Wesentlichen durch ein im Voraus feststehendes Investitionsvolumen und eine längerfristige Kapitalbindung eines feststehenden Kreises an Anlegern aus.2 Geschlossene Fonds wurden in der Regel als GmbH & Co. KG initiiert.3 Wurden deren Kommanditanteile öffentlich platziert und war die Kommanditgesellschaft auf den Beitritt zahlreicher Kapitalanleger ausgelegt, sprach man von einer Publikums-KG4 bzw. im weiteren Sinne von einem Geschlossenen Publikumsfonds. Erste Regulierungsansätze für geschlossene Publikumsfonds gab es in Deutschland durch das am 1. Juni 2012 in Kraft getretene Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvernittler- und Vermögensanlagenrechts.5 Dessen Hauptbestandteil, das Gesetz über Vermögensanlagen (VermAnlG), ersetzte das bis dahin geltende Verkaufsprospektgesetz. Inhaltlich beschränkte sich das VermAnlG jedoch auf Vorgaben für den Produktbereich. So wurde die Prospekthaftung eigenständig geregelt, neue Rechnungslegungsvorschriften sowie das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) eingeführt. Der Regulierungsansatz des zum 22.7.2013 in Kraft getretenen Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) geht jedoch nicht nur über die Standards des VermAnlG, sondern auch zulässigerweise über die Vorgaben der AIFM-Richtlinie hinaus (sog. Gold-Plating). Geschlossene inländische Publikumsfonds – im Diktum des KAGB geschlossene inländische Publikums-AIF – unterliegen nunmehr einer Vielzahl von Vorgaben und Pflichten, die dem übergeordneten gesetzgeberischen Zweck, nämlich dem Anlegerschutz, Rechnung tragen sollen. Mit § 261 und den nachfolgenden Vorschriften werden im Zuge dieser Neuregulierung umfassende Produktregeln eingeführt. Systematisch orientiert sich die Regelung an der Parallelvorschrift des § 231 KAGB für offene Immobilien-Sondervermögen, wobei es aufgrund der unterschiedlichen strukturellen Eigenschaften der Vehikel inhaltlich diverse Unterschiede gibt.

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I. Entstehungsgeschichte Die Verortung und Architektur der Vorschrift weicht vom ursprünglichen Referen- 6 tenentwurf6 stark ab.

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1 Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/ 2010 vom 8.6.2011. 2 Kümpel/Wittig/Reiter Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.25. 3 Lüdicke/Arndt Geschlossene Fonds, Kap. A.II.1. 4 Schmidt Gesellschaftsrecht § 57, Kap. I.1.a). 5 BGBl. I, S. 2481. 6 V. 20.7.2012, abrufbar unter: http://gesetzgebung.beck.de/sites/gesetzgebung.beck.de/files/ Diskussionsentwurf%20AIMF.pdf.

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So enthielt die zunächst in § 225 KAGB-E enthaltene Regelung in ihrem Absatz 1 zunächst eine abschließende Aufzählung von Vermögensgegenständen, in die ein inländischer geschlossener Publikums-AIF investieren konnte. Andere, durchaus gängige Investitionsgüter – wie etwa Bestandteile von Luftfahrtzeugen (z.B. Turbinen), Schienenfahrzeuge oder Container – waren nicht in dem Katalog enthalten und hätten folglich nicht erworben werden dürfen. Hierdurch wollte der Gesetzgeber die Investition in besonders risikoreiche Vermögensgegenstände per se vermeiden. Vor allem vonseiten der Verbände wurde aber moniert, dass für innovative Beteiligungskonzepte mangels Öffnungsklausel kein Raum herrschte.7 In dem auf den Referentenentwurf folgenden Gesetzesentwurf der Bundesregie8 rung,8 der die Regelung nunmehr in § 261 KAGB-E verortete, wurde auf die Eingaben der Verbände reagiert. Der in Absatz 1 enthaltene Katakolg an erwerbbaren Vermögensgegenständen wurde in Nr. 1 um den Begriff „Sachwerte“ ergänzt. Was unter „Sachwerten“ zu verstehen ist, definierte der Gesetzgeber in Absatz 2, der seinerseits einen offenen Katalog („Sachwerte (…) sind insbesondere…“) an als Sachwerte qualifizierende Vermögensgegenstände enthielt. Gegenüber den Regierungsentwurf weicht die finale Fassung des § 261 inhaltlich 9 nochmals ab. Wesentliche Änderungen enthalten die Absätze 5 und 6. Daneben wurde die Regelung um einen Absatz 8 ergänzt. Durch das OGAW V-Umsetzungsgesetz9 wurde der Wortlaut in Absatz 1 Nr. 8 und in 10 Absatz 4 hinsichtlich der dort genannten Berechnungsweisen bei der Vergabe von Gelddarlehen bzw. bei der Begrenzung von Währungsrisiken geändert. II. Inhalt und Zweck der Regelung 11

Der Regelungsgehalt des § 261 entspricht der grundsätzlichen gesetzgeberischen Intention, durch gesetzliche Vorgaben den Anlegerschutz bei geschlossenen Fonds zu erhöhen. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Absatz 1

Absatz 1 enthält eine abschließende Aufzählung möglicher Investionsgegenstände, in die eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF investieren darf. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften sind solche im Sinne des § 17 Abs. 1. Da13 nach handelt es sich bei einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft um ein Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, dessen Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet ist, u.a. inländische AIF zu verwalten.

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7 Vgl. Stellungnahme des Verbands Geschlossene Fonds e.V. (VGF, heute ZIA – Zentraler Immobilienausschuss) v. 17.8.2012, S. 18, Abschn. III. 3.; Stellungnahme des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) v. 17.8.2012, S. 50. 8 V. 6.2.2013 (BT-Drs. 17/12294), abrufbar unter: http://gesetzgebung.beck.de/sites/gesetzgebung.beck.de/files/rsw/upload/Beck_Aktuell/BTDrs.%201712294.pdf. 9 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen v. 3.3.2016, BGBl. I 2016, S. 348.

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B. Kommentierung

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Alternative Investmentvermögen (AIF) sind nach § 1 Abs. 3 Investmentvermögen, die keine OGAW sind und folglich in andere als die in den §§ 192ff. genannten Vermögensgegenstände investieren. Was als Investmentvermögen gilt, definiert wiederum § 1 Abs. 1. Investmentvermögen ist nach § 1 Abs. 1 jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl an Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlegerstrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Als inländische Investmentvermögen gelten nach § 1 Abs. 7 solche, die dem inländischen Recht unterliegen. Geschlossen ist ein AIF, der nicht offen ist. Offen ist ein AIF, dessen Anleger mindestens einmal jährlich ein Rückgaberecht haben, § 1 Abs. 4. Publikumsinvestmentvermögen sind Investmentvermögen, die kein Spezial-AIF im Sinne des § 1 Abs. 6 sind.

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1. Sachwerte. Nach Absatz 1 Nr. 1 dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF 18 in Sachwerte investieren. Was unter Sachwerten zu verstehen ist, wird in § 261 Abs. 2 definiert. 19 2. Anteile oder Aktien an ÖPP-Projektgesellschaften. Nach Absatz 1 Nr. 2 dürfen 20 geschlossene inländische Publikums-AIF in Anteile oder Aktien an ÖPP-Projektgesellschaften investieren. ÖPP-Projektgesellschaften werden in § 1 Absatz 19 Nr. 28 definiert. Danach gel- 21 ten als ÖPP-Projektgesellschaften solche Gesellschaften, die im Rahmen Öffentlich Privater Partnerschaften tätig sind und die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung zu dem Zweck gegründet wurden, Anlagen oder Bauwerken zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. 3. Anteile oder Aktien an bestimmten Zweckgesellschaften. Nach Absatz 1 Nr. 3 22 dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF in Anteile oder Aktien an Gesellschaften investieren, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Vermögensgegenstände im Sinne der Nummern 1 sowie die zur Bewirtschaftung dieser Vermögensgegenstände erforderlichen Vermögensgegenstände oder Beteiligungen an solchen Gesellschaften erwerben düfen. Gemeint sind Anteile oder Aktien an Zweckgesellschaften, die ausschließlich 23 („…nur…“) in die in Absatz 2 genannten Sachwerte oder die zu deren Nutzung erforderlichen Vermögensgegenstände investieren dürfen (z.B. Immobiliengesellschaften). Alternativ darf ein geschlossener inländischer Publikums-AIF auch in Beteiligungen an solchen Zweckgesellschaften investieren. 4. Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Beteiligungen. Nach Absatz 1 Nr. 4 24 dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF auch in Beteiligungen an Unternehmen investieren, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind. Gemeint sind eigenkapitalfinanzierte Investitionen oder Investitionen mit eigen- 25 kapitalähnlichen Instrumenten (z.B. stille Gesellschaft, Genussrechte). a) Zielunternehmen nicht an einer Börse zugelassen. Nach der ersten in Abs. 1 26 Nr. 4 genannten Alternative darf das Zielunternehmen jedoch nicht zum Handel an der Börse zugelassen sein. 307

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Nicht börsennotierte Unternehmen sind solche im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 27. Danach handelt es sich um ein Unternehmen, das seinen satzungsmäßigen Sitz in der EU hat und dessen Anteile im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID-Richtlinie10 nicht zum Handel auf einem regulierten Markt zugelassen sind. Eine ähnliche Definition enthält § 2 Abs. 1 BörsG. Danach sind unter dem Be28 griff „Börse“ teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Gesetzes multilaterale Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten innerhalb des Systems nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen oder das Zusammenbringen fördern, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt. Die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel erfolgt an jeder Börse in einem besonderen in den §§ 32 ff. BörsG und den §§ 48 ff. BörsZulV geregelten Verfahren durch die Börsengeschäftsführung. b) Zielunternehmen nicht in einen organisierten Markt einbezogen. Nach der zweiten in Abs. 1 Nr. 4 genannten Alternative darf das Ziel-Unternehmen nicht in einen organisierten Markt einbezogen sein. Aufgrund des Wortlauts handelt es sich um einen Auffangtatbestand. 30 Ein organisierter Markt ist ein solcher im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG. Danach handelt es sich um ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt. 29

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5. Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Publikums-AIF. Nach Absatz 1 Nr. 5 dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF auch in Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Publikums-AIF nach Maßgabe der §§ 262 bis 272 oder an europäischen oder ausländischen geschlossenen Publikums-AIF, deren Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegt, investieren. Zur Definition eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF vgl. die Ausführungen zu Absatz 1. Danach kann ein geschlossener inländischer Publikums-AIF entweder Anteile einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft (§§ 149ff.) oder Aktien einer geschlossenen Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital (§§ 140ff.) erwerben. Beide Varianten setzen aber voraus, dass auch der Zielfonds die Maßgaben des KAGB (Risikomischung, Leverage-Beschränkung etc.) befolgt. Daneben besteht auch die Möglichkeit der Investition europäische oder ausländische geschlossene Publikums-AIF. Ein europäischer AIF ist ein AIF, der dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum unterliegt. Ein ausländischer AIF ist ein AIF, der dem Recht eines Drittstaates unterliegt.

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10 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und Rates v. 21.4.2004 (ABl. L v. 30.4.2004, S. 1).

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B. Kommentierung

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6. Anteile oder Aktien an geschlossene inländischen Spezial-AIF. Nach Absatz 1 Nr. 6 dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF in Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Spezial-AIF nach Maßgabe der §§ 285 bis 292 in Verbindung mit den §§ 273 bis 277, der §§ 337 und 338 oder an geschlossenen EU-Spezial-AIF oder ausländischen geschlossenen Spezial-AIF, deren Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegt. Neben Anteilen oder Aktien an geschlossenen inländischen Publikums-AIF können geschlossene inländische Publikums-AIF auch in Anteile oder Aktien an geschlossenen inländischen Spezial-AIF investieren. Spezial-AIF sind AIF, deren Anteile auf Grund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschäft oder aufgrund der konstituierenden Dokumente des AIF gehalten werden dürfen von professionellen Anlegern im Sinne von § 1 Absatz 19 Nummer 32 und von semi-professionellen Anlegern im Sinne von § 1 Absatz 19 Nummer 33. Tauglicher Zielfonds kann aus Sicht des investierenden geschlossenen inländischen Publikums-AIF auch ein geschlossener EU-Spezial-AIF oder ein ausländischer geschlossener Spezial-AIF sein. Zu den Begriffen „EU-AIF“ bzw. „europäischer AIF“ und „ausländischer AIF“ vgl. die Definition in Abschnitt B. I. 5.

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7. Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Bankguthaben. Abschließend besteht für geschlossene inländische Publikums-AIF auch die Möglichkeit, in Vermögensgegenstände im Sinne der §§ 193 bis 195 zu investieren. Bei den §§ 193 bis 195 handelt es sich um die Vermögensgegenstände, in die primär eine OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft investieren darf, nämlich Wertpapiere (§ 193), Geldmarktinstrumente (§ 194) und Bankguthaben (§ 195). Wertpapiere sind solche i.S.d. § 193. Die Regelung entspricht § 47 des mit Inkrafttreten des KAGB aufgehobenen Investmentgesetzes. Zu der Kategorie der investierbaren Wertpapiere gehören auch im Einzelfall auch Fremdkapitalinstrumente wie beispielsweise Schuldverschreibungen. Geldmarktinstrumente sind solche i.S.d. § 194. Die Regelung entspricht dem ehemaligen § 48 InvG. Bankguthaben sind solche i.S.d. § 195. Die Regelung entspricht dem ehemaligen § 49 InvG.

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8. Gelddarlehen. Mit der Einfügung von Nummer 8 hat der Gesetzgeber den Kreis 45 der investierbaren Vermögensgegenstände in § 261 Abs. 1 KAGB erweitert. Die Neuregelung geht auf eine geänderte Verwaltungspraxis der BaFin zurück.11 Die Regelung erlaubt geschlossenen inländischen Publikums-AIF die Vergabe von 46 Gelddarlehen, soweit es sich bei diesen Darlehen um Gesellschafterdarlehen nach Maßgabe des entsprechend anwendbaren § 285 Absatz 3 handelt. Der Begriff des Gelddarlehens bestimmt sich hierbei nach zivil- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.12 Gemeint sind Darlehen an Gesellschaften, an denen der AIF zugleich beteiligt ist. Von dieser Form der Gesellschafterfinanzierung zu unterscheiden ist die Darlehensvergabe an Dritte im Rahmen sog. „Kreditfonds“, bei der es sich um eine eigene „neue“ Asset-Klasse handelt. Da es sich bei der Regelung also letztlich um eine Strukturierungsmaßnahme

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11 BaFin-Schreiben v. 12.5.2015 zur „Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“, Gz. WA 41-Wp 2100-2015/0001. 12 Vgl. Regierungsentwurf zum OGAW-V-UmsG, S. 77.

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

handelt, ist sie im Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände an sich falsch verortet.13 II. Absatz 2 47

Absatz 2 zählt beispielhaft auf, in welche Sachwerte eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen von ihr verwalteten geschlossenen inländischen Publikums-AIF investieren darf.

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1. Immobilien, einschließlich Wald-, Forst und Agrarland. Nach Absatz 2 Nummer 1 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Immobilien einschließlich Wald, Forst- und Agrarland investieren. Immobilien sind nach Erhebungen der einschlägigen Verbände mit weitem Abstand diejenigen Sachwerte mit dem höchsten Investitionsvolumen innerhalb der Branche der geschlossenen Investmentvermögen.14 Immobilien sind nach § 1 Absatz 19 Nummer 21 Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten. Der Begriff „Grundstück“ ist dagegen nicht definiert. Eine Definition findet sich auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht. Eine inhaltliche Bestimmung ergibt sich aus der Grundbuchordnung (GBO) in Zusammenschau mit dem Dritten Buch des BGB. Ein „Grundstück“ ist hiernach ein räumlich begrenzter, durch Vermessung gebildeter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch auf einem gesonderten Grundbuchblatt oder unter eigener Nummer im Bestandsverzeichnis auf einem gemeinsamen Grundbuchblatt verzeichnet ist. Wald ist nach § 2 Absatz 1 Bundeswaldgesetz (BWaldG) jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen. Als Forst gilt eine bewaldete Grundfläche, die einer planmäßigen, auf den Anbau und den Abschlag von Holz ausgerichtete Wirtschaftstätigkeit ermöglicht. Agrarland ist eine landwirtschaftlich genutzte Grundfläche, die entweder ohne außerlandwirtschaftliche Substanz (reines Agrarland) oder mit zusätzlicher Eignung für außerlandwirtschaftliche Zwecke als Folge von Ausstrahlungseffekten städtebaulich genutzter oder zur städtebaulichen Nutzung anstehender oder vorgesehener Grundstücke (begünstigtes Agrarland) betrieben werden kann.

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2. Schiffe, Schiffsaufbauten und Schiffsbestand- und -ersatzteile. Nach Absatz 2 Nummer 3 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und -ersatzanteile investieren. 55 Schiffe im vorgenannten Sinne sind zur Fortbewegung auf und unter dem Wasser und zur Beförderung von Personen oder Sachen bestimmte Fahrzeuge. Schiffsaufbauten, Schiffsbestand und-ersatzteile können selbst Investitionsobjekte 56 eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF sein. Voraussetzung ist mE, dass es sich um wesentliche Bestandteile eines Schiffes handelt. Wesentliche Bestandteile i.S.d. § 93 BGB sind Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird .

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13 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Voigt KAGB, § 261 Rn. 133. 14 Vgl. Pressemitteilung Nr. 03/2013 des Bundesverbands Sachwerte und Investmentvermögen (BSI, nun Zentraler Immobilienausschuss, ZIA) v. 16.8.2013, abrufbar unter www.sachwerteverband.de.

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B. Kommentierung

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3. Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und -ersatzteile. Nach Absatz 2 Num- 57 mer 3 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und -ersatzanteile investieren. Luftfahrzeuge sind solche i.S.d. § 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Danach gelten als 58 Luftfahrzeuge Flugzeuge, Drehflügler, Luftschiffe, Segelflugzeuge, Motorsegler, Freiund Fesselballone, Rettungsfallschirme, Flugmodelle, Luftsportgeräte sowie sonstige, für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über dem Grund oder Wasser betrieben werden können. Mit Blick auf Luftfahrzeugbestand- und –ersatzeile gilt das unter Ziffer 2 Gesagte. 59 4. Anlagen zur Erzeugung, Transport und Speicherung von Strom, Gas oder 60 Wärme aus erneuerbaren Energien. Nach Absatz 2 Nummer 4 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien investieren. Danach dürfen geschlossene inländische Publikums-AIF auch nach Inkrafttreten 61 des KAGB weiterhin in die Assetklasse der Erneuerbaren Energien investieren. Das umfasst u.a. die Investition in Photovoltaikanlagen, Windkraftwerke, Wasserkraftwerke, Bioenergie sowie in geothermische Anlagen. 5. Schienenfahrzeuge, Schienenfahrzeugbestand- und -ersatzteile. Nach Absatz 62 2 Nummer 5 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Schienenfahrzeuge, Schienenfahrzeugbestand- und -ersatzanteile investieren. Schienenfahrzeuge sind Fahrzeuge von Bahnen, die auf einer oder mehreren 63 Schienen fahren oder geführt werden. Eine offizielle Definition enthält die DIN 25003 des Deutschen Instituts für Normung,15 die Schienenfahrzeuge einteilt und kategorisiert. Danach handelt es sich bei Schienenfahrzeugen um spurgebundene Fahrzeuge, die von mit Spurkranz versehenen Rädern auf Gleisen einer bestimmten gleichbleibenden Spurweite geführt und getragen werden. Hierzu gehören u.a. Eisenbahnen, Straßenbahnen und U-Bahnfahrzeuge. Mit Blick auf Schienenfahrzeugbestand- und –ersatzteile gilt das unter Ziffer 2 64 Gesagte. 6. Fahrzeuge, die im Rahmen der Elektromobilität genutzt werden. Nach Absatz 65 2 Nummer 6 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Fahrzeuge investieren, die im Rahmen der Elektromobilität genutzt werden. Elektromobilität bezeichnet die Nutzung von Elektrofahrzeugen vor dem Hinter- 66 grund unterschiedlicher Mobilitätsanforderungen. Als Elektrofahrzeuge gelten Fahrzeuge, die von einem Elektromotor angetrieben werden und ihre Energie überwiegend aus dem Stromnetz beziehen, also extern aufladbar sind. Hierzu gehören rein elektrisch betriebene Fahrzeuge (Battery Electric Vehicles, BEV), Fahrzeuge mit einer Kombination von E-Motor und kleinem Verbrennungsmotor (Range Extended Electric Vehicles, REEV) sowie am Stromnetz aufladbare Hybridfahrzeuge (Plug-in Hybrid Electric Vehicles, PHEV). 7. Container. Nach Absatz 2 Nummer 7 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen 67 inländischen Publikums-AIF in Container investieren.

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Vom 1.12.1990.

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

Container sind genormte, dauerhafte Transportgefäße im Güterverkehr (Containerverkehr), die leicht zu be- und entladen, sicher zu verschließen und zwischen verschiedenen Transportmitteln als Ladeeinheit umzuschlagen sind.

8. Für Vermögensgegenstände im Sinne von Nummer 2 bis 6 genutzte Infrastruktur. Nach Absatz 2 Nummer 8 darf eine AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in für Vermögensgegenstände iSv Nummer 2 bis 6 genutzte Infrastruktur investieren. Die Regelung ermöglicht die gemeinsame Anlage in Infrastruktur (sog. Infrastuktur70 fonds). Infrastrukurfonds vereinen zumeist institutionelle Anleger. Nur in seltenen Fällen werden sie als Publikumsfonds aufgelegt. Trotzdem wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen, die Assetklasse „Infrastruktur“ einem breiteren Investorenkreis zu eröffnen. Möglich sind Investionen in die Infrastruktur von Schiffen, Luftfahrzeugen, Erneu71 erbaren Energien, Schienenfahrzeugen und Elektrofahrzeugen.

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III. Absatz 3 Absatz 3 übernimmt die Regelung des aufgehobenen § 90b Absatz 8 InvG und erweitert diesen auf sämtliche geschlossene Publikums-AIF. Derivategeschäfte dürfen insoweit nur zur Absicherung von im geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehaltenen Vermögensgegenständen gegen einen Wertverlust getätigt werden. Durch die Regelung soll ausgeschlossen werden, dass geschlossene Publikums-AIF 73 Geschäfte mit Derivaten als Teil der Anlagestrategie tätigen.

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IV. Absatz 4 1. Allgemeines. Absatz 4 verpflichtet die AIF Kapitalverwaltungsgesellschaft darauf zu achten, dass die Vermögensgegenstände der von ihr verwalteten geschlossenen inländischen nur einem beschränkten Währungsrisiko unterliegen. Die Regelung entsprach in ihrer ursprünglichen Fassung dem aufgehobenen § 67 Absatz 4 InvG und erweiterte diese auf sämtliche Vermögensgegenstände, die von einem AIF gehalten werden dürfen. 75 Vermögensgegenstände durften danach lediglich bis zu einer Grenze von 30% des für Anlagen zur Verfügung stehenden Kapitals einem Währungsrisiko unterliegen. Bemessungsgrundlage für die 30%-Grenze war dabei zunächst der Wert des AIF. Darunter war entweder der Wert des AIF (Nettoinventarwert) oder der Wert der vom AIF gehaltenen Vermögensgegenstände (Bruttowert) zu verstehen. Mit dem Inkraftreten des OGAWV-UmsG 16 hat sich diese Bemessungsgrundlage geändert. Maßgeblich ist ab dem 18.3.2016 das zu Investitionszwecken zur Verfügung stehende Kapital des AIF. Die Neuregelung durch das OGAW-V-UmsG soll die Verständlichkeit für den Gesetzesanwender stärken.17 Tatsächlich führt die zunächst komplex klingende Neuregelung zu einer Vereinfachung in der Verwaltung betroffener geschlossener Publikums-AIF, da das zur Ver-

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16 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, BGBl. I 2016, 348. 17 Vgl. Referentenentwurf zum OGAW-V-UmsG, S. 71.

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B. Kommentierung

§ 261

fügung stehende Investitionskapital im Gegensatz zum Wert des AIF eine feststehende und insoweit „berechenbare“ Bezugsgröße darstellt. 18 Ein weiterer Zweck der Neuregelung besteht darin, dass bei der Berechnung der 76 30%-Grenze nicht mehr auf des „Wert“ des AIF, sondern analog zu anderen europäischen Regelungen (EuVECA, EuSEF, ELTIF) auf das eingezahlte bzw. zugesagte Kapital abgestellt werden soll. Diese Bezugsgröße gilt nicht nur für die Beschränkung von Währungsrisiken, sondern auch für die Bestimmung der nach dem KAGB erforderlichen Risikomischung (§ 262 Abs. 1 Satz1 KAGB), der Ermittlung der Kreditaufnahme und Belastungsgrenze (§ 263 Abs. 1 und 4 KAGB) sowie bei der Darlehensaufnahme und -vergabe (§ 261 Abs. 1 Nr. 8 bzw. im Bereich der Spezial-AIF § 285 Abs. 2 und 3 KAGB). 2. Vermögensgegenstände mit potentiellen Währungsrisiken. Nach der in 77 Abs. 4 enthaltenen Regelung muss die AIF-KVG gewährleisten, dass Vermögensgegenstände des AIF nur innerhalb der 30%-Grenze einem Währungsrisiko unterliegen. Dies betrifft sämtliche Aspekte eines Vermögensgegenstandes, d.h. dessen Erwerb und die Bewirtschaftung sowie schließlich auch dessen spätere Veräußerung.19 Kein mit einem Vermögensgegenstand verbundenes Währungsrisiko liegt in den 78 Fällen vor, in denen der Erwerb, die Bewirtschaftung bzw. Ausschüttung sowie der Verkauf gleichsam in einer Fremdwährung erfolgen, weil in diesen Fällen nicht der Vermögensgegenstand, sondern die Einlage des Anlegers währungsrisikobehaftet ist.20 Ebenfalls kein Währungsrisiko besteht im Falle einer Währungskongruenz. Das ist der Fall, wenn das Zielinvestment im selben Land liegt wie der Ursprung der Nennwährung des AIF (z.B. bei einer Immobilieninvestition in den USA, wenn die Nennwährung des AIF der US-$ ist). 3. Berechnung der 30%-Grenze. Absatz 4 besagt, dass die AIF-Kapitalverwaltungs- 79 gesellschaft sicherzustellen hat, dass die Vermögensgegenstände eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals dieses AIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, nicht übersteigt. Dabei handelt es sich um eine Differenzrechnung und eine reine Liquiditätsbetrachtung.21 a) Berechnungsgrößen. „Aggregiertes eingebrachtes Kapital“ auf der einen Seite 80 ist das Kapital, das in Summe in den AIF investiert wird. Darunter fallen nur Anlegergelder und nicht Mittel, die von den Gründern der Gesellschaft investiert werden. „Zugesagt“ ist das Kapital, zu dessen Investition sich der jeweilige Anleger rechtsverbindlich und vorbehaltslos verpflichtet hat. Als „eingefordert“ gilt das Kapital, dass vonseiten des AIF aufgrund eines entstandenen, fälligen und durchsetzbaren Anspruchs verlangt werden kann.

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18 Vgl. Stellungnahme des Bundesverbands Sachwerte und Investmentvermögen (BSI, nun Zentraler Immobilienausschuss, ZIA) v. 7.1.2016, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/blob/401240/1e60cce7c22e0e241a8fded141921b73/05-bsi-data.pdf. 19 Vgl. auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 261 Rn. 19. 20 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 261 Rn. 19. 21 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 261 Rn. 19.

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§ 261

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Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

„Sämtliche direkt oder indirekt von den Anlegern getragene Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen“ auf der anderen Seite sind Abzugsposten vom o.g. Investitionskapital. Dazu gehören u.a. Kosten der EK- und FK-Beschaffung sowie die typischerweise anfallenden sog. „Weichkosten“ eines AIF (z.B. Kosten für die Prospekterstellung, Rechts- und Steuerberatungskosten, Gebühren für den Treuhänder). All diesen Kosten ist gemein, dass sie nicht substanzwerterhöhend sind. Beim Erwerb eines Vermögensgegenstandes anfallende Anschaffungsnebenkosten sind im Rahmen des § 261 Abs. 4 dagegen nicht berücksichtigungsfähig. „Indirekt“ sind Kosten, die nicht unmittelbar vonseiten des einzelnen Anlegers getragen werden.

b) Betrachtungszeitpunkt. Der Wortlaut des Absatzes 4 enthält keine Vorgaben zu der Frage, welcher Zeitpunkt für die Berechnung des für Investitionszwecke zur Verfügung stehenden Kapitals maßgeblich ist. Da sich die Summe des Investitionskapitals eines geschlossenen Publikums-AIF von der ersten Konzeption bis zur Umsetzung aber ändern kann, ist diese Frage aber nicht unmaßgeblich. 83 Da die in Absatz 4 enthaltene Betrachtungsweise mit ihren dort verwendeten Bezugsgrößen auch anderenorts im KAGB Verwendung findet, ist eine einheitliche Festlegung nicht vertretbar. Zu Recht wird daher eine „normspezifische Lösung“ vertreten, nach der die Einhaltung der 30%-Grenze jederzeit sichergestellt werden muss.22

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V. Absatz 5 Absatz 5 ist angelehnt an den aufgehobenen § 67 Absatz 5 Satz 1 InvG und erweitert dessen Inhalt neben dem Erwerb von Immobilien auch auf andere Sachwerte. Das führt zu einem Gleichklang mit den Anforderungen an offene Immobilien-Sondervermögen. Die Vorschrift dient dem Anlegerschutz und legt zwingend fest, dass vor der In85 vestition in einen der in Absatz 1 Nummer 1 genannten Sachwerte dessen Bewertung durch einen externen Bewerter erfolgen muss. Ziel ist die Ermittlung des Verkehrswerts des jeweiligen Vermögensgegen86 stands. Der Verkehrswert (auch Marktwert genannt) ist für Grundstücke in § 194 BauGB definiert. Danach wird der Verkehrswert durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. 87 Die Vorschrift ist nicht mit dem Bewertungserfordernis nach §§ 271f. zu verwechseln, dessen Ziel in einer turnusgemäßen Bewertung des Vermögensgegenstands und der daraus ableitbaren Ermittlung des Nettoinventarwerts je Anteil oder Aktie besteht.

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1. Anforderungen an die Bewertung. Abhängig von dem Wert des Vermögenstands müssen bis zu zwei Bewertungen vor der Investition durchgeführt werden. Jeder Gutachter hat ein eigenes Gutachten zu erstellen. Liegt der Wert des Vermögensgegenstands bei über 50 Millionen Euro muss der 89 Vermögensgegenstand von zwei unabhängigen, externen Bewertern unabhängig voneinander bewertet werden. In allen übrigen Fällen ist die Bewertung durch einen externen Bewerter ausreichend.

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Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 261 Rn. 28.

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B. Kommentierung

§ 261

Durch den Verweis auf die entsprechende Anwendung von § 271 Absatz 2 ist der Be- 90 werter verpflichtet, an einer Objektbesichtigung teilzunehmen, was in die nach § 169 zu erstellende Bewertungsrichtlinie mit aufzunehmen ist. 2. Anforderungen an den Bewerter. § 261 Absatz 5 enthält nicht nur Vorgaben für 91 die Bewertung von Vermögensgegenständen, sondern auch für die Bewerter selbst. a) Vorgaben des § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2. So muss der jeweilige Be- 92 werter die Anforderungen des § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 erfüllen. Nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 kann die Bewertung der Vermögensgegenstän- 93 de nur durch einen externen Bewerter erfolgen, der eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft ist, die unabhängig von dem geschlossenen inländischen Publikums-AIF, von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und von anderen Personen mit engen Verbindungen zum Publikums-AIF oder zur AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist. Nach § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 kann statt eines externen Bewerters auch die 94 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst die Bewertung durchführen. Voraussetzung ist, dass die Bewertung von der Portfolioverwaltung und der Vergütungspolitik funktional unabhängig ist und die Vergütungspolitik und andere Maßnahmen sicherstellen, dass Interessenskonflikte ordnungsgemäß ermittelt, gesteuert, beobachtet und den Anlegern des AIF offen gelegt werden. Dass die Bewertung eines Vermögensgegenstandes eines geschlossenen Publikums-AIF über den Verweis auf § 216 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch intern erfolgen kann, steht jedoch in offenbarem Widerspruch zu der verweisenden Norm selbst. Denn dem Wortlaut des § 261 Absatz 5 Nummer 1 und 2 kann die Bewertung nur durch einen externen Bewerter erfolgen. b) Getrennte Verantwortlichkeiten bei der Bewertung. Grundsätzlich darf derje- 95 nige, der einen Vermögensgegenstand eines geschlossenen Publikums-AIF bewertet, nicht zugleich für die jährliche Bewertung der Vermögensgegenstände des AIF nach § 272 verantwortlich sein. c) Rotation, wirtschaftliche Unabhängigkeit, Karenzzeit. Nach Absatz 5 ist die Regelung des § 250 Absatz 2 entsprechend auf die Bewertung von Vermögensgegenständen von geschlossenen Publikums-AIF anwendbar. Die Regelung des § 250 Absatz 2 wurde gemäß den Empfehlungen des BT-Finanzausschusses23 zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens in das KAGB aufgenommen. Sie enthält mehrere Vorgaben, an die sich der Bewerter halten muss. § 250 Absatz 2 Satz 1 sieht eine Rotation des externen Bewerters nach drei Jahren Tätigkeit für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vor. § 250 Absatz 2 Satz 2 verlangt eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des Bewerters von der Kapitalverwaltungsgesellschaft, was gemäß Satz 3 von der BaFin überprüft werden kann. § 250 Absatz 2 Satz 4 sieht eine zweijährige Karenzzeit des externen Bewerters vor, bevor er wieder für dieselbe AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft tätig sein darf.

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3. Verhältnismäßigkeit zwischen ermitteltem Wert und Gegenleistung. Ab- 101 satz 5 Nummer 3 schreibt vor, dass die aus dem geschlossenen inländischen Publikums-

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BT-Drs. 17/13395 v. 10.5.2013.

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§ 261

Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen

AIF zu erbringende Gegenleistung den ermittelten Wert nicht oder nur unwesentlich übersteigt. Die Regelung ist redaktionell verunglückt, da sie sich im Kontext zu den sie flan102 kierenden Regelungen nicht selbst erklärt. Sie enthält nämlich keine den Bewerter betreffende Regelung, sondern deckelt ein mögliches Bewertungsergebnis auf den Betrag der aus dem AIF zu erbringenden Gegenleistung. Bei der „aus dem geschlossene inländischen Publikums-AIF zu erbringenden Gegenleistung“ handelt es um den Betrag, der für den Erwerb des zu bewertenden Vermögensgegenstandes aufgewendet werden muss. Das geht aus der Regelung selbst allerdings nicht eindeutig hervor. VI. Absatz 6 Absatz 6 bestimmt analog zu Absatz 5, dass vor dem Erwerb einer Beteiligung oder von Anteilen an einer Gesellschaft, einem nicht börsennotierten Unternehmen oder einem AIF im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 bis 6 der Wert der Beteiligung oder der Anteile von einem externen Bewerter zu ermitteln ist. Zu diesem Zweck ist für die Gesellschaft oder den geschlossenen AIF eine aktuelle 104 Vermögensaufstellung zu erstellen. Die Vermögensaufstellung ist von einem Abschlussprüfer zu prüfen. Statt der Vermögensaufstellung kann der letzte Jahresabschluss verwendet werden, wenn er zum Zeitpunkt der Bewertung der Anteile noch nicht älter als drei Monate ist. Dabei muss es sich um einen Jahresabschluss handeln, der von einem Abschlussprüfer testiert wurde. Übersteigt der Wert des Vermögensgegenstands 50 Millionen Euro, hat die Bewer105 tung von zwei voneinander unabhägigen externen Bewertern zu erfolgen. 103

VII. Absatz 7 Absatz 7 bestimmt, dass die Regelungen der §§ 287 bis 292 entsprechend anwendbar sind, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in Vermögensgegenstände nach Absatz 1 Nummer 4 erwirbt. Die Regelung setzt Art. 26 bis 30 der AIFM-RL um. Vermögensgegenstände nach Absatz 1 Nummer 4 sind Beteiligungen an Unter107 nehmen, die nicht zum Handel an einer Börse oder in einen organisierten Markt einbezogen sind. Zur weiteren Definition vgl. Abschnitt B. I. 4. Erwirbt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft derartige Beteiligungen, hat sie 108 nach § 287 gegebenenfalls die in § 289 genannten Mitteilungspflichten, die in § 290 genannten Offenlegungspflichten, die in § 291 genannten besonderen Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses sowie die in § 292 enthaltenen Vorschriften zur Vermeidung der Zerschlagung von Unternehmen zu beachten. Die Maßgaben der §§ 289 bis 292 sind nach § 288 jedoch nur unter der Voraussetzung 109 zu beachten, dass mit dem Erwerb der Unternehmensbeteiligung mehr als 50 Prozent der Stimmrechte am Zielunternehmen erworben werden. 106

VIII. Absatz 8 Absatz 8 bestimmt, dass geschlossene Publikums-AIF nicht als Feeder-AIF in eine Master-Feeder-Konstruktion eingebunden sein dürfen. Ein Feeder-AIF ist nach § 1 Absatz 19 Nummer 13 ein AIF, der mindestens 85 Prozent 111 seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegt oder mindestens 85 Prozent seines

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Risikomischung

§ 262

Wertes in mehrere Master-AIF anlegt, die jeweils identische Anlagestrategien verfolgen oder anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF hat. Ein Master-AIF ist nach § 1 Absatz 19 Nummer 14 ein AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. Die Maßgabe des Absatz 8 ergibt sich für den Bereich der geschlossenen EU-AIF und 112 ausländischen AIF, die an Privatanleger vertrieben werden sollen, bereits aus § 317 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe j.

§ 262 Risikomischung § 262 Risikomischung Hartrott Risikomischung https://doi.org/10.1515/9783110492217-049 idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF nur nach dem Grundsatz der Risikomischung investieren. 2 Der Grundsatz der Risikomischung im Sinne des Satzes 1 gilt als erfüllt, wenn 1. entweder in mindestens drei Sachwerte im Sinne des § 261 Absatz 2 investiert wird und die Anteile jedes einzelnen Sachwerts am aggregierten eingebrachten Kapital und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapital des AIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, im Wesentlichen gleichmäßig verteilt sind, oder 2. bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleistet ist. 3 Der geschlossene inländische Publikums-AIF muss spätestens 18 Monate nach Beginn der Vertriebs risikogemischt investiert sein. 4 Für den Zeitraum nach Satz 3, in dem der geschlossene Publikums-AIF noch nicht risikogemischt investiert ist, sind die Anleger in dem Verkaufsprospekt und den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 268 darauf hinzuweisen. (2) 1 Abweichend von Absatz 1 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für den geschlossenen inländischen Publikums-AIF ohne Einhaltung des Grundsatzes der Risikomischung investieren, wenn 1. sie für den geschlossenen inländischen Publikums-AIF nicht in Vermögensgegenstände im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 4 investiert und 2. die Anteile oder Aktien dieses AIF nur von solchen Privatanlegern erworben werden, a) die sich verpflichten, mindestens 20 000 Euro zu investieren, und b) für die die in § 1 Absatz 19 Nummer 33 Buchstabe a Doppelbuchstaben bb bis ee genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 2 Ein nachfolgender Erwerb der Anteile oder Aktien dieses AIF kraft Gesetzes durch einen Privatanleger, der die Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 nicht erfüllt, ist unbeachtlich. 3 Wenn für den geschlossenen inländischen Publikums-AIF ohne Einhaltung des Grundsatzes der Risikomischung investiert wird, müssen der Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinweisen.

317 https://doi.org/10.1515/9783110492217-049

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§ 262

A.

B.

Risikomischung

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 2 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 4 Kommentierung I. Absatz 1 | 5 1. Risikomischung durch Diversifikation | 6 2. Risikomischung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise | 9 3. Karenzzeit | 12

II.

Absatz 2 | 16 1. Keine Investition in Anteile nach § 261 Abs. Nr. 4 | 17 2. Erwerb der Anteile durch qualifizierte Anleger | 19 3. Ausnahme vom Erfordernis des qualifizierten Anlegers bei Erwerben kraft Gesetz | 21 4. Hinweispflicht bei Verzicht auf die Risikomischung | 23

A. Allgemeines 1

Die Regelung ist § 1 Absatz 2 InvG entlehnt und Bestandteil einer umfassenden Regulierung geschlossener Publikums-AIF im Rahmen des KAGB. Sie führt für geschlossene Fonds erstmals die Pflicht zu einer Risikomischung des Portfolios ein. I. Entstehungsgeschichte

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Das Erfordernis der Risikomischung tauchte bereits im Referentenentwurf eines KAGB auf, war dort jedoch nur als Annex zu der Regelung über die Anzahl der Vermögensgegenstände zu finden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erhielt der Grundsatz der Risikomischung mit § 262 eine eigene Vorschrift, die in Folge der Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags noch um einen Satz 3 erweitert wurde. Letzterer ermöglicht es, dass ein AIF nicht sofort, sondern erst nach einer Karenzzeit den Grundsatz der Risikomischung berücksichtigen muss. Durch das OGAW V-Umsetzungsgesetz1 wurde der Wortlaut in Absatz 1 hinsichtlich 3 der Ermittlung der erforderlichen Risikomischung geändert. Ferner wurde mit der Regelung in Absatz 2 Satz 2 eine Klarstellung eingefügt. II. Inhalt und Zweck der Regelung 4

Die Vorschrift dient dem Anlegerschutz, indem durch eine Risikostreuung das Risiko des Wertverlustes einer Immobilie dadurch verringert wird, dass eine Immobilie nur einen Teil des Gesamtportfolios eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF ausmacht. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Absatz 1

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Absatz 1 Satz 1 regelt, dass grundsätzlich auch für geschlossene Publikums-AIF der Grundsatz der Risikomischung gilt. Wann ein geschlossener Publikums-AIF als risiko-

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1 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen v. 3.3.2016, BGBl. I 2016, S. 348.

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B. Kommentierung

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gemischt gilt, wird in Absatz 1 Satz 2 festgelegt. Dabei wird widerleglich vermutet, dass ein Publikums-AIF risikogemischt ist, wenn er die dort genannten Voraussetzungen erfüllt („…gilt als erfüllt, wenn…“). 1. Risikomischung durch Diversifikation. Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 legt fest, dass 6 die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF in mindestens drei Sachwerte im Sinne des § 261 Absatz 2 investieren muss und die Anteile jedes einzelnen Sachwerts in Bezug auf das zu Investitionszwecken zur Verfügung stehende Kapital2 im Wesentlichen gleichmäßig verteilt sein müssen. Maßgebend dafür, ob das Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung ange- 7 legt ist, ist der objektive Geschäftszweck. Für die Bestimmung des objektiven Geschäftszwecks sind die Anlagebedingungen und die Satzung eines AIF entscheidend. Jedoch muss auch das darauf folgende tatsächliche Anlageverhalten dem Grundsatz der Risikomischung entsprechen. Anderenfalls handelt es sich um einen Verstoß gegen die Statuten des AIF bzw. die Maßgaben des KAGB. In diesem Fall kommt eine Untersagung des öffentlichen Vertriebs der Anteile bzw. Aktien in Betracht. Bei dem Erfordernis der Risikomischung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 geht der Ge- 8 setzgeber von einer formellen, quantitativen Betrachtung aus, in dem auf die Anzahl der Sachwerte abgestellt wird. Danach muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in mindestens drei Sachwerte im Sinne des § 262 Abs. 2 investieren, um als risikogemischt gelten zu können. Diese Vorgabe wird nochmals dadurch verschärft, dass die Investitionen „im Wesentlichen gleichmäßig verteilt“ sein müssen. Das bedeutet, dass die gesetzgeberischen Anforderungen nicht dadurch umgangen werden können, dass ein Sachwert erworben wird und dadurch das zur Verfügung stehende Kapital größtenteils aufgezehrt wird. Auch eine verhältnismäßige Verteilung entspricht nicht dem Grundsatz der Risikomischung. 3 Vielmehr wird eine echte Gleichverteilung bezweckt, so dass das zur Verfügung stehende Investitionskapital wertmäßig auf Objekte vergleichbarer Größe nahezu gedrittelt werden soll, wobei es sich hierbei um einen Grundsatz handelt („…im Wesentlichen…“), von dem im (begründeten) Einzelfall abgewichen werden kann. 2. Risikomischung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Absatz 1 Satz Num- 9 mer 2 ermöglicht es, dem Grundsatz der Risikomischung alternativ dadurch Rechnung zu tragen, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleistet wird. Als „Ausfallrisiko“ wird allgemein die Tatsache bezeichnet, dass ein Schuldner Forderungen nicht mehr bedienen kann. Der Regelung liegt – anders als Nummer 1 – eine qualitative Betrachtung zugrun- 10 de, die auf sämtliche Vermögensgegenstände, in die der geschlossene Publikums-AIF investieren darf, angewandt werden kann. Ausreichend ist aber, wenn in einen einzelnen Sachwert investiert wird, da es seinerseits ermöglicht, das Ausfallrisiko zu verteilen. Die Frage, ob eine ausreichende Streuung des Ausfallrisikos gewährleistet ist, ist im 11 Rahmen einer Einzelfallbetrachtung zu klären. 3. Karenzzeit. Nach Satz 3 muss ein geschlossener inländischer Publikums-AIF spä- 12 testens 18 Monate nach Beginn des Vertriebs risikogemischt investiert sein. „Vertrieb“ ist nach § 293 Absatz 1 das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren 13 von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.

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Vgl. hierzu auch Kommentierung zu § 261 Rn. 12 ff. So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 262 Rn. 8.

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§ 262

Risikomischung

Die Regelung wurde erst durch Beschlussempfehlung des Finanzausschusses4 des Bundestags nachträglich in das KAGB eingeführt. Sie kommt einem Bedürfnis der Praxis nach, da sie in Abkehr von der bisherigen Praxis komplexe Anforderungen an die Zusammensetzung des Portfolios eines in Sachwerte investierenden geschlossenen AIF stellt. So sind Ein-Objekt-Fonds am Beispiel eines in Immobilien investierenden AIF nur noch darstellbar, wenn es sich um ein multifunktionales Objekt handelt, das eine Streuung des Ausfallrisikos ermöglicht. Soll dagegen in monofunktionale Objekte investiert werden, bedarf es stets eines Mehrobjekt-Fonds, dessen Portfoliobestandteile dann gleichwertig sein müssen, um als risikogemischt zu gelten. 15 Über die zunächst fehlende Risikomischung müssen die Anleger sowohl in dem Verkaufsprospekt als auch in den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 268 hingewiesen werden.

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II. Absatz 2 16

Absatz 2 enthält eine Ausnahme von dem in Absatz 1 genannten Grundsatz der Risikomischung. Für den Verzicht auf die Risikomischung müssen zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen.

1. Keine Investition in Anteile nach § 261 Abs. Nr. 4. Einerseits wird vorausgesetzt, dass für den geschlossenen inländischen Publikums-AIF in andere Vermögensgegenstände investiert als in solche nach § 261 Absatz 1 Nummer 4. Damit schafft die Ausnahmeregelung des Absatzes 2 zugleich eine Rückausnahme. 18 Investieren Privatanleger in Fonds, die wiederum in Beteiligungen von nicht börsennotierten Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in organisierten Markt einbezogen sind, investieren, ist der Grundsatz der Risikomischung unverzichtbar. 17

2. Erwerb der Anteile durch qualifizierte Anleger. Wird dagegen in andere Vermögensgegenstände als solche nach § 261 Absatz 1 Nummer 4 investiert, setzt der Verzicht auf den Grundsatz der Risikomischung weiterhin voraus, dass die Anteile oder Aktien des jeweiligen geschlossenen Publikums-AIF nur von solchen Privatanlegern gehalten werden dürfen, die die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 2 erfüllen. 20 Satz 1 Nummer 2 enthält ein Anforderungsprofil für Anleger, im Falle derer auf eine Risikomischung verzichtet werden kann. Dabei ähnelt das Anforderungsprofil den Voraussetzungen an die Person des „semi-professionellen“ Anlegers nach § 1 Absatz 19 Nummer 33. Im Unterschied zu einem semi-professionellen Anleger liegt die Mindestinvestitionssumme des „qualifizierten“ Anlegers im Sinne von Satz 1 Nummer 2 lit. a jedoch lediglich bei mindestens 20.000 Euro. Darüber hinaus wird nach Satz 1 Nummer 2 lit. b vorausgesetzt, dass die Voraussetzungen in § 1 Absatz 19 Nummer 33 Buchstabe a Doppelbuchstaben bb bis ee in der Person des individuellen Anlegers erfüllt sind. Das bedeutet: – Der Anleger muss schriftlich in einem von dem Investitionsvertrag separierten Dokument angeben, sich der eingegangen Risiken bewusst zu sein. – Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der von ihr beauftragte Vertrieb müssen den Sachverstand, die Erfahrungen und die Kenntnisse des Anlegers bewerten. Auf welcher Basis eine derartige Bewertung erfolgen soll, besagt die Regelung nicht. 19

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BT-Drs. 17/13395 v. 10.5.2013.

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B. Kommentierung



§ 262

Mangels genereller Vorgabe steht es einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft frei, einen individuellen Standard zu entwickeln. Dieser sollte haftungsrechtlichen Aspekten Rechnung tragen. Dass die Bewertung erfolgt ist, müssen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft dem Anleger schriftlich bestätigen. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der von ihr beauftragte Vertrieb müssen vor dem konkreten Investitionshintergrund des Anlegers davon überzeugt sein, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidung selbst zu treffen, und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist. Dass die einzelnen Voraussetzungen erfüllt sind, müssen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft dem Anleger schriftlich bestätigen.

3. Ausnahme vom Erfordernis des qualifizierten Anlegers bei Erwerben kraft 21 Gesetz. Absatz 2 Satz 2 wurde mit dem OGAW-V-UmsG neu in § 262 aufgenommen. Die Regelung stellt eine Ausnahme von den Voraussetzungen für nicht-risikogemischte geschlossene Publikums-AIF dar. Die beim Erwerb von Anteilen oder Aktien an solchen AIF erforderliche Verpflichtung zur Eingehung einer Mindestbeteiligungssumme von 20.000 Euro sowie die Kompetenzprüfung und -erklärung nach § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. a Doppelbuchstaben bb bis ee durch den Privatanleger wird obsolet, wenn ein Erwerb der Anteile bzw. Aktien kraft Gesetzes vorliegt. Es handelt sich dabei jedoch allenfalls um eine Klarstellung, da bei dem typischen 22 Erwerb kraft Gesetz, nämlich bei Erbfällen, die Voraussetzungen des § 262 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 mangels eines dafür erforderlichen Erwerbs nicht greifen.5 4. Hinweispflicht bei Verzicht auf die Risikomischung. Die sodann in Absatz 2 Satz 3 genannte Regelung dient schließlich dem Anlegerschutz. Sie schreibt vor, dass für den Fall, dass für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF ohne Einhaltung des Grundsatzes der Risikomischung investiert wird, sowohl der Verkaufsprospekt als auch die wesentlichen Anlagebedingungen an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinweisen müssen. Der Begriff „an hervorgehobener Stelle“ ist deckungsgleich mit der Formulierung in § 7 Absatz 2 VermAnlG. Entscheidend kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Form des Hinweises, sondern auf dessen Positionierung an. Der Hinweis muss daher an einer optisch prägnanten Stelle erfolgen. Hinsichtlich des nach § 268 Absatz 1 zu erstellenden Verkaufsprospekts erfolgt der Hinweis an hervorgehobener Stelle, wenn er unmittelbar vor oder nach dem Inhaltsverzeichnis platziert wird. Nach § 270 Absatz 2 richten sich Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen nach den Art. 3 bis 7, 10 bis 24, 26 bis 30 sowie nach Art. 38 der EUVerordnung 583/10.6 Mit Blick auf den in Art. 4 der Verordnung dargestellten Aufbau der Wesentlichen Anlegerinformationen erfolgt der Hinweis auf das Ausfallrisiko mangels

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5 Moritz/Klebeck/Jesch/Voigt KAGB, § 262 Rn. 62. 6 Verordnung Nr. 548/10 der Kommission v. 1.7.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden.

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§ 263

Beschränkung von Leverage und Belastung

Risikomischung an hervorgehobener Stelle, wenn er unmittelbar auf die unterhalb des Titels darzustellenden Erläuterungen folgt. Nicht an hervorgehobener Stelle erfolgt der Hinweis dagegen, wenn er im Rahmen der Informationen zum Risiko- und Ertragsprofil des AIF genannt wird, da er sich in diesem Fall von den übrigen Risikohinweisen nicht abhebt.

§ 263 Beschränkung von Leverage und Belastung § 263 Beschränkung von Leverage und Belastung Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-050

idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) 1 Für einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF dürfen Kredite nur bis zur Höhe von 150 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen Publikums-AIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen und nur dann aufgenommen werden, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. 2 Die von Gesellschaften im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 3 aufgenommenen Kredite sind bei der Berechnung der in Satz 1 genannten Grenze entsprechend der Beteiligungshöhe des geschlossenen Publikums-AIF zu berücksichtigen. (2) Für die Informationspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Hinblick auf das eingeschränkte Leverage sowie die Befugnis der Bundesanstalt zur Beschränkung des eingesetzten Leverage einschließlich der diesbezüglichen Mitteilungspflichten der Bundesanstalt gilt § 215 entsprechend. (3) Die Belastung von Vermögensgegenständen, die zu einem geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehören, sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen, sind zulässig, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist und 2. die Verwahrstelle den vorgenannten Maßnahmen zustimmt, weil sie die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet. (4) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss sicherstellen, dass die Belastung nach Absatz 3 insgesamt 150 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen PublikumsAIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen nicht überschreitet. (5) 1 Die in den Absätzen 1 und 4 genannten Grenzen gelten nicht während der Dauer des erstmaligen Vertriebs eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF, längstens jedoch für einen Zeitraum von 18 Monaten ab Beginn des Vertriebs, sofern dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. 2 In dem Verkaufsprospekt und den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 268 sind die Anleger auf die fehlenden Begrenzungen hinzuweisen.

Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-050

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A. Allgemeines

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 6 Kommentierung I. Beschränkungen bei der Aufnahme von Krediten (Absatz 1) | 8 1. Begrenzung der Fremdfinanzierungsquote | 9 2. Marktüblichkeit der Finanzierungskonditionen | 12 II. Informationspflichten zum Einsatz von Leverage (Absatz 2) | 15

III.

IV. V.

§ 263

Beschränkungen bei der Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3) | 18 1. Begriff der Belastung | 19 2. Interne Vereinbarkeit der Belastung | 21 3. Externe Vereinbarkeit der Belastung | 24 Belastungsobergrenze (Absatz 4) | 30 Karenzzeit (Absatz 5) | 33

A. Allgemeines A. Allgemeines § 263 enthält Maßgaben für die Inanspruchnahme von Fremdkapital und die Belas- 1 tung von Vermögensgegenständen für einen geschlossenen inländischen PublikumsAIF. 2 Hierdurch werden die in Art. 25 AIFM-RL enthaltenen Vorgaben umgesetzt. I. Entstehungsgeschichte Bereits der Referentenentwurf des KAGB enthielt in § 227 KAGB-E Regelungen zur 3 Beschränkung der Kreditaufnahme, von Belastungen und des Leverage. Die Kredit- und Belastungsgrenze war mit jeweils 30 Prozent des Wertes des geschlossenen PublikumsAIF jedoch zunächst relativ niedrig angesetzt. Dies führte zu deutlicher Kritik der Verbände mit dem Hinweis, dass eine derart niedrige Fremdkapitalquote nicht die Marktgegebenheiten wider spiegele.1 Als Reaktion hierauf erhöhte der Gesetzgeber die maximale Fremdkapitalquote auf 60 Prozent. Aufgrund der Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags wurde schließlich Absatz 5 eingeführt, der eine Karenzzeit für die Umsetzung der Beschränkung beinhaltet. Im Jahr 2014 wurde die Regelung durch Artikel 2 des Gesetzes zur Anpassung von 4 Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes in den Absätzen 1 und 3 geringfügig angepasst.2 Durch das OGAW V-Umsetzungsgesetz3 wurde der Wortlaut des Absatzes 1 hinsicht- 5 lich der dort geregelten Berechnungsweise des maximal erlaubten Leverage-Einsatzes

_____

1 Vgl. Stellungnahme zum Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-UmsG) des Verbands Geschlossene Fonds (VGF) v. 17.8.2012, S. 10. 2 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes v. 15.6.2014, BGBl. I 934, abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/2014-07-18Gesetz-zur-Anpassung-von-Gesetzen-auf-dem-Gebiet-des-Finanzmarktes.pdf;jsessionid=25B5F34851 A635EB9652769040421593?__blob=publicationFile&v=3. 3 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen v. 3.3.2016, BGBl. I 2016, S. 348.

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§ 263

Beschränkung von Leverage und Belastung

geändert. In Absatz 4 erfolgte eine entsprechende Klarstellung in Bezug auf die maximale Höhe der Belastungen der Vermögensgegenstände des AIF. II. Inhalt und Zweck der Regelung Die Vorschrift beschränkt die Nutzung von Leverage sowie die Belastungsmöglichkeiten eines AIF. Damit soll sie vor einer wirtschaftlich unangemessenen Inanspruchnahme von 7 Fremdmitteln zulasten des AIF uns seiner Anleger schützen.

6

B. Kommentierung B. Kommentierung I. Beschränkungen bei der Aufnahme von Krediten (Absatz 1) 8

Absatz 1 knüpft zwei Voraussetzungen an die Aufnahme von Krediten durch einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF.

1. Begrenzung der Fremdfinanzierungsquote. Die in der ursprünglichen Fassung des § 263 KAGB enthaltene Kreditaufnahmegrenze betrug 60% des Wertes des geschlossenen Publikums-AIF.4 In der Praxis führte die Regelung zu Schwierigkeiten, da unter anderem unklar war, was unter dem weitläufigen Begriff „Wert“ zu verstehen war.5 Insoweit dient die Änderung des Wortlauts der Klarstellung. Grundsätzlich dürfen Kredite für einen geschlossenen Publikums-AIF nur innerhalb 10 gesetzlich bestimmter Grenzen und Voraussetzungen (s. unten Ziffer 2.) aufgenommen werden. Seit Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG dient dabei nicht mehr der „Wert“ des AIF als Referenzgröße für die Bemessung der zulässigen Kredithöhe, sondern das investitionsfähige Kapital. Die dazu neu formulierte Berechnungsformel klingt zunächst kompliziert,6 bietet aber mangels Interpretationsspielraum mehr Rechtssicherheit. Sie wird auch anderenorts im KAGB zur Berechnung zulässiger Grenzen bei der Verwaltung geschlossener Publikums-AIF verwendet.7 Bei der Berechnung der zulässigen Kreditaufnahmegrenze sind nach Absatz 1 Satz 2 Darlehen, die im Zuge mittelbarer Investitionen eines geschlossenen Publikums-AIF über eine Objekt- oder Haltegesellschaft statt den AIF selbst aufgenommen werden, mit in die Berechnung einzubeziehen. Der zeitliche Anknüpfungspunkt für die Berechnung folgt aus Absatz 5. Erst nach 11 dem dort geregelten Karenzzeitraum von 18 Monaten ist die Kreditaufnahmegrenze einzuhalten. Der Zeitraum beginnt mit der Aufnahme des Vertriebs der Anteile des betroffenen AIF. Der Begriff des „Vertriebs“ entspricht der Legaldefinition in § 293 Abs. 1 Satz 1 KAGB. 9

12

2. Marktüblichkeit der Finanzierungskonditionen. Zum anderen dürfen Kredite per se erst aufgenommen werden, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüb-

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Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 263 Rn. 7. Vgl. Kommentierung zu § 263, Rn. 7 (Vorauflage). Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 263 Rn. 7. Vgl. Kommentierung zu § 261 Rn. 74 ff.

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B. Kommentierung

§ 263

lich sind und die Aufnahme von Krediten in den individuellen Anlagebedingungen vorgesehen ist. „Marktüblich“ sind die individuellen Bedingungen für eine Kreditaufnahme, wenn 13 sie mit Bedingungen von Drittanbietern regelmäßig wirtschaftlich vergleichbar und diese Bedingungen einem breiteren Kundenkreis zugänglich sind. Die Einhaltung der Kreditaufnahmegrenze und die Marktüblichkeit der Darlehens- 14 bedingungen müssen aus Transparenzgründen in den Anlagebedingungen des betroffenen AIF erwähnt werden. II. Informationspflichten zum Einsatz von Leverage (Absatz 2) Absatz 2 enthält eine Verpflichtung, die BaFin über den Einsatz von Leverage zu in- 15 formieren und das Recht der BaFin, den Einsatz von Leverage zu begrenzen. Im Übrigen wird auf die für offene Publikums-AIF geltende Schwesternorm des § 215 verwiesen. Die Vorschrift setzt damit die Vorgaben von Artikel 25 Absatz 3, 4, 8 und 9 AIFM-RL 16 für geschlossene Publikums-AIF um. „Leverage“ ist gemäß § 1 Absatz 19 Nummer 25 jede Methode, mit der die Verwal- 17 tungsgesellschaft den Investitionsgrad eines von ihr verwalteten Investmentvermögens durch Kreditaufnahme, Wertpapier-Darlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht. III. Beschränkungen bei der Belastung von Vermögensgegenständen (Absatz 3) Nach Absatz 3 sind Belastungen von Vermögensgegenständen eines geschlossenen 18 inländischen Publikums-AIF sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf die Vermögensgegenstände beziehen nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen, mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist und die Verwahrstelle den Maßnahmen zustimmt. 1. Begriff der Belastung. Das KAGB regelt nicht ausdrücklich, was unter einer „Be- 19 lastung“ von Vermögensgegenständen zu verstehen ist. Nach zivilrechtlichen Grundsätzen handelt es sich bei Belastungen um beschränkt dingliche Rechte. Hierzu gehören beispielswiese Grunddienstbarkeiten (§§ 1018ff. BGB), Nießbräuche (§§ 1030ff. BGB), Hypotheken (§§ 1113ff. BGB) oder Grundschulden (§§ 1191ff. BGB). Belastungen sind Abspaltungen von Teilbefugnissen vom Eigentum als dem umfassendsten Herrschaftsrecht über eine Sache. Sie gewähren dem Rechtsinhaber eine dingliche Rechtsstellung gegenüber Dritten. Keine Belastungen im Sinne des Absatzes 3 sind lediglich schuldrechtlich wirkende 20 Rechte. 2. Interne Vereinbarkeit der Belastung. Die Belastung von Vermögensgegenstän- 21 den sowie die Abtretung oder Belastung von sich auf Vermögensgegenstände beziehenden Forderungen sind nach Absatz 3 Nummer 1 nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist. In welchem Maße die Anlagebedingungen Aussagen zur möglichen Belastung von 22 Vermögensgegenständen treffen müssen, sagt die Regelung nicht. Ausreichend dürfte 325

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§ 263

Beschränkung von Leverage und Belastung

daher sein, wenn der Wortlaut von § 263 Absatz 3 in den nach § 266 schriftlich zu erstellenden Anlagebedingungen wiedergegeben wird. Auch was unter einer „ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung“ zu verstehend ist, 23 sagt das KAGB nicht. Eine entsprechende Definition ist auch der aufgehobenen Regelung des § 82 InvG, der für Immobilien-Sondervermögen eine gleichlautende Regelung enthielt, nicht zu entnehmen. Grundsätzlich dürfte eine Belastung nur dann mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar sein, wenn sie für die geplante wirtschaftliche Zielerreichung des AIF erforderlich und für den AIF und seine Anleger vorteilhaft ist. 24

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3. Externe Vereinbarkeit der Belastung. Die Belastung von Vermögensgegenständen im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 sowie die Abtretung oder Belastung von sich auf Vermögensgegenstände beziehenden Forderungen setzen nach Absatz 3 Nummer 2 weiterhin voraus, dass die Verwahrstelle den Maßnahmen zustimmt, weil sie die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet. Der hierin zum Ausdruck kommende Zustimmungsvorbehalt der Verwahrstelle findet sich gleichlautend in § 84 Absatz 1 Nummer 4. „Maßnahmen“ im vorgenannten Sinne sind die Belastung von Vermögensgegenständen im Sinne des einerseits oder die Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf Vermögensgegenstände beziehen. „Marktüblich“ sind die konkreten Bedingungen für derartige Maßnahmen, wenn sie mit Bedingungen Dritter regelmäßig wirtschaftlich vergleichbar und diese Bedingungen einem breiteren Kundenkreis zugänglich sind. Sind die Bedingungen für die vorgenannten Maßnahmen marktüblich, ist die Zustimmung der Verwahrstelle obligatorisch. Dies ergibt sich aus § 84 Absatz 2, nachdem die Verwahrstelle bei Vorliegen der Voraussetzungen zuzustimmen „hat“. Ein Formerfordernis für die Zustimmung existiert nicht. Bereits aus Dokumentationsgründen empfiehlt sich jedoch die Schriftform. Stimmt die Verwahrstelle den Maßnahmen zu, obwohl die Bedingungen nicht vorliegen (z.B. fehlende Marktüblichkeit der konkreten Bedingungen), berührt dies nach § 84 Absatz 2 nicht die Wirksamkeit der Belastung. IV. Belastungsobergrenze (Absatz 4)

Nach dem durch das OGAW-V-UmsG geänderten Wortlaut der in Absatz 4 enthaltenen Regelung muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellen, dass die Belastung von Vermögensgegenständen insgesamt 150% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen PublikumsAUF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, nicht überschreitet. 31 Eine solche Belastungsobergrenze war für Immobilien-Sondervermögen bereits vor Einführung des KAGB üblich. § 82 Absatz 3 InvG verpflichtete Kapitalanlagegesellschaften, dass die Belastungsquote insgesamt 30 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreitet. Die Einführung einer Belastungsobergrenze für Vermögensgegenstände geschlossener Publikums-AIF ist folgerichtig. 32 Die neu formulierte Berechnungsweise für die Einhaltung der Belastungsobergrenze wird auch anderenorts im KAGB zur Berechnung zulässiger Grenzen bei der Verwaltung

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Verfügungsbeschränkung

§ 264

geschlossener Publikums-AIF verwendet. Auf die dortigen Erläuterungen wird entsprechend verwiesen.8 V. Karenzzeit (Absatz 5) Nach Absatz 5 müssen die in den Absätzen 1 und 4 genannten Restriktionen während der Dauer des erstmaligen Vertriebs des betroffenen AIF, längstens aber für einen Zeitraum von 18 Monaten ab Beginn des Vertriebs nicht von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beachtet werden. Die Regelung führt zu einer temporären Lockerung der für Fremdfinanzierungen und Belastungen von Vermögensgegenständen geltenden Restriktionen. Sie wurde erst durch Beschlussempfehlung des Finanzausschusses9 des Bundestags nachträglich in das KAGB eingeführt und trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung. Möglich bleiben dadurch beispielsweise auch Eigenkapitalzwischenfinanzierungen eines AIF. Die Regelung gilt längstens über einen Zeitraum von 18 Monaten ab Beginn des Vertriebs. „Vertrieb“ ist nach § 293 Absatz 1 das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Die Karenzzeit beginnt folglich mit dem erstmaligen öffentlichen Anbieten bzw. Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Über die zunächst fehlende Einhaltung der Kapitalisierungs- und Belastungsbeschränkungen müssen die Anleger sowohl in dem Verkaufsprospekt als auch in den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 268 hingewiesen werden.

§ 264 Verfügungsbeschränkung § 264 Verfügungsbeschränkung Hartrott Verfügungsbeschränkung https://doi.org/10.1515/9783110492217-051

idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat dafür zu sorgen, dass die Verfügungsbeschränkung nach § 84 Absatz 1 Nummer 3 bei Immobilien in das Grundbuch und sonstigen Vermögensgegenständen, sofern ein Register für den jeweiligen Vermögensgegenstand besteht, in das entsprechende eingetragen wird. 2 Besteht für die in § 84 Absatz 1 Nummer 3 genannten Vermögensgegenstände kein Register, in das eine Verfügungsbeschränkung eingetragen werden kann, so ist die Wirksamkeit der Verfügungsbeschränkung in anderer geeigneter Form sicherzustellen. (2) Die Bestellung der Verwahrstelle kann gegenüber dem Grundbuchamt oder sonstigen Register, in die in § 84 Absatz 1 Nummer 3 genannte Vermögensgegenstände eingetragen werden, durch eine Bescheinigung der Bundesanstalt nachgewiesen werden, aus der sich ergibt, dass die Bundesanstalt die Auswahl der Einrichtung als Verwahrstelle genehmigt hat und von ihrem Recht nicht Gebrauch gemacht hat, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Wechsel der Verwahrstelle aufzuerlegen.

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Vgl. Kommentierung zu § 261 Rn. 74 ff. BT-Drs. 17/13395 v. 10.5.2013.

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§ 264

A.

B.

Verfügungsbeschränkung

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 6 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 8 Kommentierung

I.

II.

Absatz 1 | 11 1. Immobilien | 12 2. Sonstige Vermögensgegenstände | 14 Absatz 2 | 20

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

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§ 264 hat mit redaktionellen Änderungen infolge der in § 1 enthaltenen Begriffsbestimmungen sowie mit Anpassungen aufgrund der Ausdehnung der Verfügungsbeschränkung in § 84 Absatz 1 Nummer 3 auf weitere Sachwerte die in § 76 InvG enthaltenen Regelungen übernommen. § 264 bezieht sich unmittelbar auf § 84 Absatz 1 Nummer 3, der eine Verfügung über zum geschlossenen Publikums-AIF gehörende Vermögensgegenstände im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 nur mit Zustimmung der Verwahrstelle erlaubt. Das Zustimmungserfordernis des § 84 Absatz 1 Nummer 3 bezieht sich auf dingliche Verfügungen an den Sachwerten, in die ein geschlossener Publikums-AIF investieren darf. Mangels eigener Definition des Begriffs „Verfügung“ ist der zivilrechtliche Verfügungsbegriff, wie er in den §§ 137, 878 BGB verwendet wird, maßgeblich.1 Danach gilt als Verfügung die Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufhebung eines Rechts. Die Vermietung eines Sachwerts oder dessen anderweitige Gebrauchsüberlassung stellen folglich keine Verfügung im zivilrechtlichen Sinne dar. Derartige Rechtsgeschäfte bedürfen folglich nicht der Zustimmung der Verwahrstelle. Erfolgt eine Verfügung ohne die erforderliche Zustimmung der Verwahrstelle, ist die Verfügung gegenüber den Anlegern unwirksam (§ 84 Absatz 2). Wirksam wird die Verfügung erst mit Genehmigung durch die Verwahrstelle. Ihre Zustimmung ist obligatorisch, soweit das zugrundeliegende Geschäft den in § 84 Absatz 1 genannten Forderungen entspricht und mit den weiteren Vorschriften des KAGB und den wesentlichen Anlagebedingungen des AIF übereinstimmt. Stimmt die Verwahrstelle einer Verfügung zu, obwohl die in § 84 Absatz 1 genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind, berührt dies im Übrigen nicht die Wirksamkeit der Verfügung. I. Entstehungsgeschichte

6

Die Regelung war in ähnlicher Form bereits Bestandteil des Diskussionsentwurfs eines AIFM-UmsG, dort jedoch mit einem Erwerbs- und Veräußerungsverbot gekoppelt (§ 228 KAGB-E). In der finalen Gesetzesfassung enthält die Regelung somit nur noch zwei von ursprünglich vier Absätzen. Im Zuge des OGAW-V-UmsG blieb die Regelung unberührt. 7 II. Inhalt und Zweck der Regelung

8

Die Überschrift des § 264 führt in die Irre, da die Regelung keine Verfügungsbeschränkung enthält, sondern deren Publizität per Eintragung in ein öffentliches Register oder durch eine vergleichbare Handlung sichert. Die eigentliche Verfügungsbeschränkung folgt aus § 84 Absatz 1 Nummer 3.

_____ 1

Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll Investment, § 76 Rn. 2.

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B. Kommentierung

§ 264

Diese soll anhand der in § 264 Absatz 1 enthaltenen Publizitätspflicht öffentlich be- 9 kannt gemacht werden, da es sich bei einer Verfügungsbeschränkung um eine Tatsache handelt, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung ist. Damit dient das Eintragungserfordernis grundsätzlich dem Schutz des Rechtsver- 10 kehrs. Insbesondere verwirklicht die Vorschrift aber auch den das KAGB tragenden Gedanken des Anlegerschutzes. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Absatz 1 Absatz 1 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als zivilrechtlichen Ei- 11 gentümer der von ihr verwalteten Vermögensgegenstände, die sich aus § 84 Absatz 1 Nummer 3 zu ihren Lasten ergebende Verfügungsbeschränkung in ein öffentliches Register eintragen zu lassen oder – soweit für den von der Verfügungsbeschränkung erfassten Vermögensgegenstand kein Register existiert – die Wirksamkeit der Verfügung in einer anderen geeigneten Form sicherzustellen. 1. Immobilien. Bezieht sich die Verfügungsbeschränkung auf einem geschlossenen 12 Publikums-AIF gehörende Immobilien, hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sie in das Grundbuch eintragen lassen. Zuständig für die Eintragung in das Grundbuch ist das Amtgericht, in dessen Bezirk 13 das jeweilige Grundstück liegt (§ 1 GBO). Dort erfolgt die Eintragung der Verfügungsbeschränkung in der zweiten Abteilung (§ 10 Absatz 1 Buchstabe b Grundbuchverfügung) und dort in Spalte 3 (§ 10 Absatz 4 Satz 1 Grundbuchverfügung). 2. Sonstige Vermögensgegenstände. Bezieht sich die Verfügungsbeschränkung nicht auf eine Immobilie, sondern auf andere in § 261 Absatz 1 bzw. 2 genannte Vermögensgegenstände, muss sie die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in das entsprechende Register eintragen. Existiert für einen Vermögensgegenstand kein dem Grundbuch ähnliches Register, ist die Wirksamkeit der Verfügung in anderer geeigneter Form sicherzustellen. Schiffe (§ 261 Absatz 2 Nummer 2) werden in Deutschland sachenrechtlich wie Immobilien behandelt und können, soweit sie im Schiffsregister eingetragen sind, wie Immobilien mittels einer Verfügungsbeschränkung belastet werden. Die Eintragung erfolgt nach den §§ 23ff. der Schiffsregisterverordnung (SchRegO) analog zu Schiffspfandrechten. Luftfahrzeuge (§ 261 Absatz 2 Nummer 3), die in der Luftfahrzeugrolle eingetragen sind, können zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, wegen einer bestimmten Geldsumme Befriedigung aus dem Luftfahrzeug zu suchen. Dieses sog. Registerpfandrecht erfordert zu seiner Bestellung nach § 5 Absatz 1 Luftfahrzeuggesetz (LuftFzgG) neben der Einigung des Eigentümers und des Gläubigers die Eintragung in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen. Verfügungsbeschränkungen, die sich auf Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien (§ 261 Absatz 2 Nummer 4) beziehen, werden in das Grundbuch des Amtsgerichts eingetragen, in dessen Bezirk sich die Anlage befindet. Schienenfahrzeuge (§ 261 Absatz 2 Nummer 5) sind bewegliche Sachen im Sinne des Sachenrechts. Auf sie bezogene Verfügungsbeschränkungen sind mit Blick auf das Fahrzeugeinstellungsregister, das durch das Eisenbahn-Bundesamt nach § 5 Absatz 1 329

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§ 265

Leerverkäufe

Buchstabe e Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) i.V.m. § 25 Buchstabe a AEG verwaltet wird, nicht eintragungsfähig. Ein dem schweizerischen Eisenbahnpfandbuch vergleichbares Register wird in Deutschland nicht (§ 261 Absatz 2 Nummer 7) geführt. Unklar bleibt damit, wie mangels Möglichkeit eines Registereintrags die Wirksamkeit einer Verfügungsbeschränkung „in anderer geeigneter Form“ sichergestellt werden kann. Dies gilt ebenso im Falle von Elektrofahrzeugen (§ 261 Absatz 2 Nummer 6) und Containern (§ 261 Absatz 2 Nummer 7). II. Absatz 2 Absatz 2 enthält zugunsten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine dem ehemaligen § 76 Absatz 2 InvG entsprechende Nachweismöglichkeit über die Bestellung der Verwahrstelle. Erforderlich ist der Nachweis, weil im Rahmen der einzutragenden Verfügungsbe21 schränkung der Name der begünstigten Verwahrstelle genannt werden muss. Dies ergibt sich aus dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.2 Dieser verlangt, dass jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen kann. Um diesem Grundsatz zu genügen, kann die Bestellung gegenüber dem Grundbuch22 amt oder dem sonstigen Register durch eine Bescheinigung der BaFin nachgewiesen werden. Gegenstand der Bescheinigung ist zum einen die Genehmigung einer bestimmten Verwahrstelle und zum anderen die Erklärung, dass die BaFin nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zum Wechsel der Verwahrstelle zu verpflichten.

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§ 265 Leerverkäufe § 265 Leerverkäufe Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-052 idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 1

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 und 194 verkaufen, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehören. 2 Die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts wird durch einen Verstoß gegen Satz 1 nicht berührt.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 2 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 4 Kommentierung

I. II.

Verbot von Leerverkäufen (Satz 1) | 6 Keine Konsequenz für die zivilrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts (Satz 2) | 11

_____ 2

Beckmann/Scholtz/Vollmer/Zöll Investment, § 76 Rn. 11.

Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-052

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B. Kommentierung

§ 265

A. Allgemeines Mit der Regelung des § 265 wird das für OGAW nach § 205 geltende Leerverkaufsver- 1 bot zwecks Gleichstellung auch für geschlossene Publikums-AIF übernommen.3 Das nach dem KAGB geltende Leerverkaufsverbot entstammt der Regelung des aufzuhebenden § 59 InvG. I. Entstehungsgeschichte Die Regelung des § 265 war in der ursprünglichen Entwurfsfassung des KAGB vom 2 20.7.2012 noch in § 229 untergebracht. Sie ist nunmehr – inhaltsgleich – Bestandteil des vierten Abschnitts in Kapitel 2 des KAGB, das die Regelungen für Publikumsinvestmentvermögen enthält. Im Zuge des OGAW-V-UmsG blieb die Regelung unberührt. 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung § 265 untersagt einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, für gemeinschaftliche 4 Rechnung der Anleger eines inländischen geschlossenen Publikums-AIF Leerverkäufe zu tätigen.4 Bei einem Leerverkauf befindet sich der Vermögensgegenstand, der verkauft werden soll, nicht im Eigentum des jeweiligen AIF. Die KVG spekuliert beim Leerverkauf darauf, dass die Kurse bis zum Erfüllungszeitpunkt sinken und sie sich in der Zwischenzeit günstiger mit den entsprechenden Vermögensgegenständen eindecken kann. Die danach mögliche Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufskurs verbliebe als Gewinn beim geschlossenen Publikums-AIF. Die Regelung dient folglich dem Zweck, Spekulationsgeschäfte zulasten des Anle- 5 gers zu vermeiden. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Verbot von Leerverkäufen (Satz 1) Die Regelung des § 265 Satz 1 beinhaltet ein Verbot zulasten der AIF-Kapitalverwal- 6 tungsgesellschaft, anhand dessen ihr untersagt ist, Leerverkäufe zulasten eines inländischen geschlossenen Publikums-AIF zu tätigen. Was als Leerverkauf gilt, wird in § 265 legaldefiniert. Für gemeinschaftliche Rech- 7 nung des Anlegers darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft danach keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 und 194 verkaufen, ohne dass sie im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses dem geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehören. Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 und 194 sind Wertpapiere und 8 Geldmarktinstrumente. Da sich das Leerverkaufsverbot ausschließlich hierauf bezieht, gilt es für Investmentanteile i.S.d.. § 196 offenbar nicht. Die Vorgängerregelung des § 59 InvG bezog dagegen ausdrücklich auch Investmentanteile in das Leerverkaufsverbot mit ein.

_____ 3 4

331

BT-Drucks. 17/12294 S. 272. Vgl. zur alten Regelung des § 59 InvG: Berger/Steck/Lübbehüsen/Brümmer InvG, § 60 Rn. 1.

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§ 266

Anlagebedingungen

Mit dem Begriff „im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses“ ist der Abschluss des zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts gemeint, kraft dessen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sich zur Übereignung des jeweiligen Vermögensgegenstands verpflichtet. Das Leerverkaufsverbot greift, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände nicht 10 „zum geschlossenen inländischen Publikums-AIF gehören“. Rechtstechnisch handelt es sich hierbei um eine unklare Formulierung, da das Wort „gehören“ umgangssprachlich ist. Gemessen am Sinn und Zweck der Regelung bedeutet „gehören“, dass der AIF dinglicher Eigentümer des jeweiligen Vermögensgegenstandes sein muss, um ihn – ohne verbotswidrig zu handeln – verkaufen zu können. 9

II. Keine Konsequenz für die zivilrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts (Satz 2) Satz 2 enthält die Klarstellung, dass die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch einen Verstoß gegen Satz 1 nicht berührt wird. Ein Zuwiderhandeln der KVG gegen das in Satz 1 enthaltene Verbot hat somit keinen Einfluss auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Leerverkaufs. Wie bei der Vorgängernorm des § 59 InvG, handelt es sich auch im Falle des § 265 12 Satz 1 um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm im materiellen Sinn (Art. 2 EGBGB), die nach ihrem Sinn und Zweck zumindest auch den Schutz des Einzelnen bezweckt. Das ist bei dem Leerverkaufsverbot des § 265 Satz 1 der Fall, da er dem Schutz des Anlegers eines geschlossenen Publikums-AIF zu dienen bestimmt ist. Folglich steht den Anlegern der Sache nach ein Schadenersatzanspruch zu, wenn die KVG dem Verbot des Satz 1 zuwiderhandelt. 11

§ 266 Anlagebedingungen § 266 Anlagebedingungen Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-053 idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) Die Anlagebedingungen, nach denen sich in Verbindung mit der Satzung der Publikumsinvestmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital das Rechtsverhältnis dieser Investmentaktiengesellschaft zu ihren Anlegern bestimmt, oder 2. in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag der geschlossenen Publikumsinvestmentkommanditgesellschaft das Rechtsverhältnis dieser Investmentkommanditgesellschaft zu ihren Anlegern bestimmt, sind vor der Ausgabe der Anteile oder Aktien schriftlich festzuhalten. (2) 1 Die Anlagebedingungen müssen neben der Bezeichnung des geschlossenen Publikums-AIF, der Angabe des Namens und des Sitzes der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sowie den in § 162 Absatz 2 Nummer 5 bis 7 und 9 bis 14 genannten Angaben mindestens folgende Angaben und Vorgaben enthalten: 1. die Angaben in § 162 Absatz 2 Nummer 4, sofern den Anlegern Rückgaberechte eingeräumt werden, und 2. die Staaten und der jeweilige Anteil des geschlossenen Publikums-AIF, der in diesen Staaten höchstens angelegt werden darf, wenn eine AIF-Kapitalverwal1.

Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-053

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A. Allgemeines

§ 266

tungsgesellschaft für einen geschlossenen Publikums-AIF Vermögensgegenstände, die außerhalb eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gelegen sind, erwirbt. 2 § 162 Absatz 2 Nummer 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle der Angabe, welche Vermögensgegenstände in welchem Umfang erworben werden dürfen, die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in den Anlagebedingungen festlegen muss, welche Vermögensgegenstände in welchem Umfang für den geschlossenen Publikums-AIF erworben werden.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 7 Kommentierung I. Verpflichtung zur Erstellung der Anlagebedingungen (Absatz 1) | 9 II. Inhaltliche Vorgaben an die Anlagebedingungen (Absatz 2) | 13 1. Angaben über den AIF und die ihn verwaltende KVG | 17 2. Angaben über etwaige Rückgaberechte | 19 3. Angaben über Vermögensgegenstände außerhalb des EWR | 22 4. Angaben zur Rechnungslegung des AIF | 25 5. Angaben zur Ertragsverwendung | 29 6. Angaben über die geplante Abwicklung des AIF | 35

7.

III.

Angaben zu den Anteilen und Aktien des AIF | 39 8. Angaben über die Möglichkeit zur Aufnahme eines anderen AIF | 43 9. Angaben über die Vergütung und Aufwandserstattung an die KVG, die Verwahrstelle oder Dritte | 47 10. Angaben zu Ausgabe- und Rücknahmeaufschlägen und sonstigen Kosten des Anlegers | 52 11. Angaben zu Pauschalgebühren und gesonderten Kosten | 55 12. Angaben zur Offenlegung der Ausgabe- und Rücknahmeaufschläge | 58 Angaben zum Investmentvermögen und zu den Vermögensgegenständen (Absatz 2 Satz 2) | 64

A. Allgemeines A. Allgemeines § 266 enthält Maßgaben für das Rechtsverhältnis zwischen einem geschlossenen in- 1 ländischen Publikums-AIF und dem jeweiligen Anleger. Hierdurch werden die in Art. 7 Absatz 3 Buchstabe c AIFM-RL enthaltenen Vorgaben 2 umgesetzt. Die Regelung entspricht dabei im Wesentlichen dem nach Inkrafttreten des KAGB aufgehobenen § 43 InvG, der für Sondervermögen bestimmte Vertragsbedingungen zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und dem Anleger vorsah. I. Entstehungsgeschichte Bereits der Diskussionsentwurf1 des KAGB enthielt mit § 230 KAGB-E eine Regelung 3 zu den Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF. Wie in § 43 Absatz 1 InvG, sollte durch Absatz 1 das Rechtsverhältnis zwischen der 4 Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem Anleger bestimmt werden. Da es sich bei einem

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KAGB-E v. 20.7.2012.

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§ 266

Anlagebedingungen

geschlossenen Publikums-AIF in Gestalt einer Investmentkommanditgesellschaft oder einer Investmentaktiengesellschaft aber – im Gegensatz zu einem Sondervermögen – um ein rechtsfähiges Gebilde handelt, war ein „Umweg“ über die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht erforderlich. Dieser Irrtum wurde bereits im Rahmen des Regierungsentwurfs des KAGB richtigerweise behoben. Nach § 230 Absatz 2 Nummer 2 KAGB-E sollte der AIF ferner zur Bildung einer In5 standhaltungsrücklage und zu einer Mindestausschüttung in Höhe von 50 Prozent seiner Erträge verpflichtet werden. Die § 78 InvG nachempfundene Regelung wurde jedoch zu Recht nicht durch die finale Fassung des KAGB übernommen, da eine Mindestausschüttungspflicht mit dem Charakter eines geschlossenen AIF – einem unternehmerisch geprägten Investitionsvehikel– nicht in Einklang steht. Im Zuge des OGAW-V-UmsG sind keine Änderungen der Vorschrift erfolgt. 6 II. Inhalt und Zweck der Regelung 7

Die Anlagebedingungen legen den Mindestinhalt der Rechtsbeziehung zwischen Anleger und dem jeweiligen geschlossenen Publikums-AIF fest. Der Zweck der Regelung besteht darin, einen Mindeststandard für die Beteiligung 8 der Anleger festzulegen, da der Charakter eines Publikums-AIF ein einheitliches Handeln gegenüber den Anlegern erfordert. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Verpflichtung zur Erstellung der Anlagebedingungen (Absatz 1) 9

Absatz 1 legt zunächst fest, wessen rechtliche Belange durch die Anlagebedingungen berührt werden und in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt die Anlagebedingungen zu erstellen sind. Die Anlagebedingungen regeln das jeweilige Verhältnis – zwischen dem Anleger und einer Publikumsinvestmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital in Verbindung mit deren Satzung (Nummer 1) oder – zwischen dem Anleger und einer Publikumskommanditgesellschaft in Verbindung mit deren Gesellschaftsvertrag (Nummer 2).

Der Rechtscharakter der Anlagebedingungen unterscheidet sich von den in § 43 InvG geregelten Vertragsbedingungen. Während letztere den Mindestinhalt eines eigenständigen Investmentvertrags zwischen Anleger und Kapitalverwaltungsgesellschaft festlegen, handelt es sich bei den Anlagebedingungen nach § 143 Satz 1 bzw. § 151 Satz 1 um einen Annex zur Satzung der Publikumsinvestmentaktiengesellschaft bzw. des Gesellschaftsvertrags der Publikumsinvestmentkommanditgesellschaft. Das liegt daran, dass sich der Anlieger an den letztgenannten Vehikeln aufgrund ihrer Statuten beteiligt, während eine solche Beteiligung an dem in § 43 InvG geregelten Sondervermögen mangels Rechtsfähigkeit nicht möglich war. Die Anlagebedingungen müssen vor Auflage des AIF erstellt werden, da sie eine 11 Grundlage für den Beitritt des Anlegers bilden. 12 Die Anlagebedingungen unterliegen dem Schriftformerfordernis.

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II. Inhaltliche Vorgaben an die Anlagebedingungen (Absatz 2 Satz 1) 13

Absatz 2 legt den Mindestinhalt der Anlagebedingungen fest. Hartrott

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B. Kommentierung

§ 266

Hierzu übernimmt die Regelung § 43 Absatz 4 InvG, wobei neben redaktionellen An- 14 passungen aufgrund der geänderten Begriffsbestimmungen in § 1 auch die Besonderheiten von geschlossenen Publikums-AIF berücksichtigt wurden. Inhaltlich wird ferner weitestgehend auf den Mindestinhalt der Anlagebedingungen für offene Publikumsinvestmentvermögen verwiesen. Zu den Anlagebedingungen haben die Verbände Muster erstellt, die teilweise im In- 15 ternet abrufbar sind. Die seitens der Fondsverbände BSI2 und BVI entworfenen Muster3 sind inhaltlich erklärungsgemäß mit der BaFin abgestimmt und können als Grundgerüst für die Erstellung der Anlagebedingungen verwendet werden. Inhaltlich müssen die Anlagebedingungen zu folgenden Aspekten Stellung neh- 16 men: 1. Angaben über den AIF und die ihn verwaltende KVG. Erforderlich ist nach Ab- 17 satz 2 zunächst die Nennung der Bezeichnung des AIF und der Angaben über Namen und Sitz der ihn verwaltenden Kapitalverwaltungsgesellschaft. Diese Angaben sollten auf dem Deckblatt bzw. Seite 1 der Anlagebedingungen erfol- 18 gen, da sich die übrigen Angaben stets auf sie beziehen. 2. Angaben über etwaige Rückgaberechte. Daneben müssen die Anlagebedin- 19 gungen nach § 266 Absatz 2 Nummer 1 die Angaben in § 162 Absatz 2 Nummer 4 enthalten. Diese sind allerdings nur erforderlich, sofern den Anlegern auch tatsächlich Rückgaberechte eingeräumt werden. Ist das der Fall, ist in den Anlagebedingungen gemäß § 162 Absatz 2 Nummer 4 an- 20 zugeben, unter welchen Voraussetzungen, unter welchen Bedingungen und bei welchen Stellen die Anleger von ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen können. Als Rückgabestelle kommt zuvorderst die Verwahrstelle in Betracht. Ist die Rückgabe auch über andere Stellen möglich, handeln diese für die Verwahrstelle.4 Ebenfalls müssen die Anlagebedingungen Informationen über eine mögliche Aus- 21 setzung der Rückgaberechte enthalten. Dabei ist zu beachten, dass die Aussetzung allenfalls über einen beschränkten Zeitraum erfolgen darf. 3. Angaben über Vermögensgegenstände außerhalb des EWR. Investiert die Ka- 22 pitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen Publikums-AIF in Vermögensgegenstände, die außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind, müssen die Anlagebedingungen nach § 266 Absatz 2 Nummer 2 Angaben darüber enthalten, in welche Drittstaaten der AIF investiert. Die Regelung entspricht dem aufgehobenen § 67 Absatz 3 Nummer 3 InvG und erwei- 23 tert diesen um die neben Immobilen erwerbbaren Vermögensgegenstände eines geschlossenen Publikums-AIF. Ferner ist eine Angabe darüber erforderlich, zu welchem Anteil der AIF in den je- 24 weiligen Drittstaat höchstens investieren darf. Absatz 2 Nummer 2 trifft jedoch keine

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2 Jetzt Zentraler Immobilien-Ausschuss, ZIA. 3 Muster-Bausteine für Anlagebedingungen für eine Geschlossene PublikumsInvestmentkommanditgesellschaft (Stand 18.7.2016), abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_160719_muster_anlagebedingungen. pdf?__blob=publicationFile&v=2. 4 Zu der gleichlautenden Norm in § 43 Absatz 4 Nummer 5 InvG: Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 43 Rn. 63.

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§ 266

Anlagebedingungen

Aussage dazu, auf welchen Wert sich der Anteil beziehen soll. Maßgeblich dürfte hier der Gesamtwert des AIF sein. 4. Angaben zur Rechnungslegung des AIF. Im Weiteren verweist Absatz 2 auf die in § 162 Absatz 2 Nummer 5 bis 7 und 9 bis 14 genannten Angaben und Vorgaben. Nach § 162 Absatz 2 Nummer 5 müssen die Anlagebedingungen Angaben darüber 26 enthalten, in welcher Form und zu welchem Stichtag Jahres- und Halbjahresberichte erstellt werden müssen. Die Regelung entspricht dem mit Inkrafttreten des KAGB aufgehobenen § 43 Absatz 4 Nummer 5 InvG. Nähere Angaben zu den Rechnungslegungserfordernissen für Investmentaktienge27 sellschaften mit fixem Kapital finden sich in § 148, der wiederum auf die §§ 123 bis 125 verweist. Für den Jahresbericht einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft ist 28 § 158 i.V.m. § 135 maßgeblich. 25

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5. Angaben zur Ertragsverwendung. Notwendiger Bestandteil der Anlagebedingungen sind nach § 266 Absatz 1 i.V.m. § 162 Absatz 2 Nummer 6 Angaben zur Ertragsverwendung des AIF. Die Regelung entspricht dem ehemaligen § 43 Absatz 4 Nummer 6 InvG. Die ursprünglich für Sondervermögen geltende Regelung ist mit der Investitionsform des geschlossenen Publikums-AIF nicht kompatibel. Das zeigt sich zunächst daran, dass auch im Rahmen der Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF nunmehr dargestellt werden soll, inwieweit Erträge des Investmentvermögens auszuschütten oder wiederanzulegen sind. Wenngleich die Regelung im Falle eines offenen Publikums-AIF Sinn machen mag, da die Ertragsverwendung aus Sicht des Anlegers für dessen Beitritt eine entscheidende Rolle spielt, bietet sie für Anleger geschlossener Publikums-AIF keinen Mehrwert, da eine Wiederanlage von Erträgen bei einem geschlossenen AIF typenbedingt nicht möglich ist. Das Wesen eines geschlossenen AIF liegt nämlich gerade darin, einem beschränkten Personenkreis eine Renditechance aus der Gebrauchsüberlassung einmalig erworbener Vermögensgegenstände zu bieten. Auch die weiterhin erforderliche Angabe, ob auf Erträge entfallende Teile des Ausgabepreises für ausgegebene Anteile oder Aktien im Wege des sog. Ertragsausgleichsverfahrens zur Ausschüttung herangezogen werden können, ist mit dem Typus des geschlossenen Publikums-AIF nicht kompatibel. Der Zweck des Ertragsausgleichverfahren liegt nämlich darin, die Folgen einer Fluktuation von Anlegern und des periodischen Anfalls von Erträgen zu mindern. Mag die Fluktuation von Anlegern für einen offenen Publikums-AIF typisch sein, ist sie für einen geschlossenen Publikums-AIF wesensfremd. Dass auch die Anlagebedingungen geschlossener Publikums-AIF aufgrund des Verweises auf § 162 Absatz 2 Nummer 6 darüber informieren sollen, ob die Ausschüttung von Veräußerungsgewinnen vorgesehen ist, zeigt zusätzlich die Inkompatibilität der Regelung auf den Typus des geschlossen Publikums-AIF, da es für einen solchen kennzeichnend ist, seine anfänglich erworbenen Vermögensgegenstände erst nach planmäßiger, längerer Haltedauer zu veräußern und im Anschluss liquidiert zu werden. Da die vorgenannten Angaben für geschlossene Publikums-AIF zwar unpassend, aber obligatorisch sind, sollte ihre Nennung in den Anlagebedingungen in der gebotenen Kürze bzw. einem „Negativtestat“ („Angaben zur Ertragsverwendung sind nicht zumachen, weil…“) erfolgen. Hartrott

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B. Kommentierung

§ 266

6. Angaben über die geplante Abwicklung des AIF. Nach § 266 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 2 Nummer 7 müssen die Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF darüber informieren, wann und in welcher Weise das Investmentvermögen, sofern es nur für eine begrenzte Dauer gebildet wird, abgewickelt und an die Anleger verteilt wird. Die Regelung entspricht dem aufgehobenen § 43 Absatz 4 Nummer 7 InvG. Da es sich bei einem geschlossenen Publikums-AIF stets um einen Laufzeitfonds handelt, sind Informationen über die Abwicklung obligatorischer Bestandteil seiner Anlagebedingungen. Die Abwicklung eines geschlossenen Publikums-AIF richtet sich nach der Gesellschaftsform. Für die Abwicklung einer Investmentkommanditgesellschaft sind §§ 145ff. HGB maßgeblich. Für die Auflösung einer Investmentaktiengesellschaft gelten die §§ 262ff. AktG. Verantwortlich für die Auflösung und Abwicklung des AIF ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft.

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7. Angaben zu den Anteilen und Aktien des AIF. Nach § 266 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 2 Nummer 9 müssen die Anlagebedingungen eines geschlossen Publikums-AIF darüber informieren, ob und unter welchen Voraussetzungen Anteile oder Aktien mit unterschiedlichen Rechten ausgegeben werden. Die Regelung entspricht § 43 Absatz 4 Nummer 9 InvG. Auch diese Informationspflicht passt zum Typus des geschlossenen Publikums-AIF allenfalls eingeschränkt. Insbesondere für das bei geschlossenen Publikums-AIF typische Vehikel der Investmentkommanditgesellschaft kommt eine Diversifizierung der Anteile anhand unterschiedlicher Rechte nicht in Betracht, da stets eine Beteiligung als Kommanditist angeboten wird. Variabel ist grundsätzlich nur die Höhe die Beteiligung. In diesem Fall ist in den Anlagebedingungen lediglich anzugeben, dass keine Anteile mit unterschiedlichen Rechten ausgegeben werden. Wird als Investitionsvehikel die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital gewählt, können Aktien mit unterschiedlichen Rechten begeben werden. Anders als bei der Investmentaktiengesellschaft mit variablem Kapital erfolgt keine Aufteilung der Aktien in Unternehmens- und Anlageaktien, da bei der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital auch die Anleger unternehmerisch beteiligt sind. Mangels regelmäßiger Rückgabemöglichkeit wird auch bei den Aktien, die von den Anlegern gehalten werden, das Stimmrecht nicht durch Gesetz ausgeschlossen. Denn die Möglichkeit eines Anlegers einer Investmentaktiengesellschaft mit variablem Kapital, der seine Aktien zurückgeben kann, wenn er mit den für die Gesellschaft getroffenen Entscheidungen nicht einverstanden ist, steht dem Anleger einer Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital nicht zur Verfügung. Da deren Kapital nicht veränderlich ist, ist auch die Ausgabe von Nennbetragsaktien möglich. In diesem Fall müssen die Anlagebedingungen darüber informieren, unter welchen Voraussetzungen die verschiedenen Aktienklassen begeben werden. Ferner müssen die Anlagebedingungen unter Bezugnahme auf § 96 Absatz 1 i.V.m. Absatz 4 das Verfahren zur Berechnung der Aktien jeder Aktienklasse darlegen.

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8. Angaben über die Möglichkeit zur Aufnahme eines anderen AIF. Nach § 266 43 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 2 Nummer 10 müssen die Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF darüber informieren, ob und unter welchen Voraussetzungen das Investmentvermögen in ein anderes Investmentvermögen aufgenommen werden darf, und ob und unter welchen Voraussetzungen ein anderes Investmentvermögen aufgenommen werden darf. 337

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§ 266

Anlagebedingungen

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Die Regelung entspricht § 43 Absatz 4 Nummer 10 InvG. Ursprünglich sollte sie dazu dienen, die Zulässigkeit und das Verfahren einer Zusammenlegung von Sondervermögen zu regeln.5 Der informationelle Mehrwert von Angaben über die Zusammenlegung von Invest45 mentvermögen in den Anlagebedingungen von geschlossenen Publikums-AIF dürfte jedoch eher gering sein, da ein solches Szenario bei geschlossenen Publikums-AIF keine Bedeutung hat. Folglich gilt auch hier in der Regel, dass die Anlagebedingungen lediglich wieder46 geben müssen, dass eine Aufnahme des eigenen oder eine Übernahme fremder Investmentvermögen nicht vorgesehen ist („Negativtestat“). 47

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9. Angaben über die Vergütung und Aufwandserstattung an die KVG, die Verwahrstelle oder Dritte. § 266 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 3 Nummer 11 schreibt vor, dass die Anlagebedingungen des geschlossenen Publikums-AIF angeben müssen, nach welcher Methode, in welcher Höhe und aufgrund welcher Berechnung die Vergütungen und Aufwendungserstattungen aus dem Investmentvermögen an die Verwaltungsgesellschaft, die Verwahrstelle und Dritte zu leisten sind. Die Regelung entspricht dem aufgehobenen § 41 Absatz 1 InvG. Der Zweck der Pflichtinformation besteht darin, dem Anleger bei seiner Entscheidung über den Beitritt zum AIF eine gewisse Kostentransparenz zu ermöglichen. Mangels Eingrenzung des Wortlauts sind sämtliche Schuldverhältnisse zwischen dem AIF und Dritten, soweit hieraus Zahlungsverpflichtungen in Form von Vergütungsansprüchen oder Aufwendungsersatzansprüchen entstehen, mit Blick Höhe und Berechnungsmodus darzustellen. Liegt der Zahlungsverpflichtung keine absolute Zahl zugrunde, ist die Berechnungsform darzustellen (z.B. Abhängigkeit der Höhe des Zahlungsanspruchs von dem jeweiligen Platzierungsstand des AIF und einer vorab bestimmten Prozentzahl). Um dem Transparenzzweck der Regelung zu genügen, sollten die Anlagebedingungen in diesem Fall beispielhafte Berechnungen der Vergütung mit Blick auf verschiedene Szenarien beinhalten.

10. Angaben zu Ausgabe- und Rücknahmeaufschlägen und sonstigen Kosten des Anlegers. Nach § 266 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 3 Nummer 12 müssen die Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF auch Angaben zur Höhe des Aufschlags bei der Ausgabe der Anteile oder Aktien oder des Abschlags bei der Rücknahme enthalten. Darüber hinaus müssen auch sonstige vom Anleger zu entrichtende Kosten einschließlich deren Berechnung angegeben werden. Die Regelung entspricht dem aufgehobenen § 41 Absatz 1 Satz 2 InvG. 53 Wie bei der Verpflichtung, Vergütungen und Aufwandserstattungen anzugeben (vgl. Ziffer 9), liegt der Zweck der Regelung darin, dem Anleger vor seinem Beitritt Kostentransparenz zu gewähren. Die Regelung betrifft jedoch nicht die Kosten des AIF, sondern die des Anlegers. Be54 troffen sind sämtliche in unmittelbarer Verbindung mit der Beteiligung entstehende Kosten des Anlegers. Hierzu zählt insbesondere die übliche Zahlung eines Aufschlags (sog. Agio oder Aufgeld) bei dem Erwerb seines Anteils. 52

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Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 43 Rn. 80.

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B. Kommentierung

§ 266

11. Angaben zu Pauschalgebühren und gesonderten Kosten. Nach § 266 Absatz 2 55 i.V.m. § 162 Absatz 3 Nummer 13 müssen die Anlagebedingungen auch Informationen über die Zusammensetzung bzw. Berechnung etwaiger Pauschalgebühren und darüber hinaus gesondert in Rechnung zu stellender Kosten enthalten. Die Regelung entspricht dem ehemaligen § 41 Absatz 4 Satz 2 und 3 InvG und 56 bezweckt wie Nummer 10, dem Anleger bestmögliche Kostentransparenz zu gewähren. Sie verdient vor dem Hintergrund üblicher Gebührenmodelle im Bereich der ge- 57 schlossenen Investmentvermögen besondere Beachtung. 12. Angaben zur Offenlegung der Ausgabe- und Rücknahmeaufschläge. Nach § 266 Absatz 2 i.V.m. § 162 Absatz 3 Nummer 14 müssen die Anlagebedingungen ferner darüber informieren, dass im Jahresbericht und im Halbjahresbericht der Betrag der Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge offen zu legen ist, die dem Investmentvermögen entstehen. Die Regelung entspricht dem ehemaligen § 41 Absatz 6 Satz 1 InvG. Auch ihr Zweck besteht darin, dem Anleger vor seiner Beitrittsentscheidung sichtbar zu machen, in welchem Umfang und in welcher Höhe dem Investmentvermögen Kosten erwachsen, die sich auf eine etwaige Beteiligung auswirken. Die offen zu legenden Kosten beziehen sich auf jeweils auf den Berichtszeitraum. Genannt werden sollen allerdings nur solche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Rücknahme von Anteilen und Aktien im Sinne des § 196 und § 230 berechnet werden. Anteile im Sinne des § 196 sind solche an einem OGAW. Diese gehören jedoch nicht zu den nach § 261 erlaubten Vermögensgegenständen eines geschlossenen PublikumsAIF. Anteile im Sinne des § 230 sind solche an einem Immobilien-Sondervermögen. Sie gehören ebenfalls nicht zu dem Katalog erwerbbarer Vermögensgegenstände aus Sicht eines geschlossenen Publikums-AIF. Aus den vorgenannten Gründen findet die Regelung des § 162 Absatz 3 Nummer 14 auf geschlossene Publikums-AIF keine Anwendung.

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III. Angaben zum Investmentvermögen und zu den Vermögensgegenständen (Absatz 2 Satz 2) Nach § 266 Absatz 2 Satz 2 muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in den An- 64 lagebedingungen festlegen, welche Vermögensgegenstände in welchem Umfang für den geschlossenen Publikums-AIF erworben werden dürfen. Die Regelung dient der Verhinderung des reinen „blind pooling“. Insbeson- 65 dere, weil die Beteiligung an einem geschlossenen AIF ein langfristiges Investment ist, soll der Anleger vor seiner Beitrittsentscheidung wissen, in was er (mittelbar) investiert. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss sich daher in den Anlagebedingun- 66 gen festlegen, welche Vermögensgegenstände tatsächlich für den AIF erworben sollen. Daneben muss sie auch weitere Informationen zu den konkreten Vermögensgegenständen in die Anlagebedingungen einfließen lassen (z.B. die Nutzungsart, das Marktumfeld).

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Hartrott

§ 267

Genehmigung der Anlagebedingungen

§ 267 Genehmigung der Anlagebedingungen § 267 Genehmigung der Anlagebedingungen Hartrott Genehmigung der Anlagebedingungen https://doi.org/10.1515/9783110492217-054

idF des KAGB v. 4.7.2013 (BGBl. I 2013, 1981), zuletzt geändert durch Artikel 1 OGAW-V-UmsG v. 3.3.2016 BGBl. I S. 348 (1) 1 Die Anlagebedingungen sowie Änderungen der Anlagebedingungen bedürfen der Genehmigung der Bundesanstalt. 2 Die Genehmigung kann nur von solchen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften beantragt werden, die die betroffene Art von AIF verwalten dürfen. (2) 1 Die Genehmigung ist innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Eingang des Antrags zu erteilen, wenn die Anlagebedingungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und der Antrag von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne von Absatz 1 Satz 2 gestellt wurde. 2 § 163 Absatz 2 Satz 2 und 4 bis 10 gilt entsprechend. (3) 1 Eine Änderung der Anlagebedingungen, die mit den bisherigen Anlagegrundsätzen des geschlossenen Publikums-AIF nicht vereinbar ist oder zu einer Änderung der Kosten oder der wesentlichen Anlegerrechte führt, ist nur mit Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit von Anlegern, die mindestens zwei Drittel des Zeichnungskapitals auf sich vereinigen möglich. 2 Handelt es sich bei dem geschlossenen Publikums-AIF um eine geschlossene Investmentkommanditgesellschaft, bei der sich die Anleger mittelbar über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Publikums-AIF beteiligen, so darf der Treuhandkommanditist sein Stimmrecht nur nach vorheriger Weisung durch den Anleger ausüben. 3 Die Bundesanstalt kann die Änderung der Anlagebedingungen im Sinne des Satzes 1 nur unter der aufschiebenden Bedingung einer Zustimmung durch die Anleger gemäß Satz 1 genehmigen. 4 § 163 Absatz 2 Satz 5 gilt mit der Maßgabe, dass die Genehmigung nur unter der aufschiebenden Bedingung einer Zustimmung der Anleger gemäß Satz 1 als erteilt gilt. 5 Zu diesem Zweck hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die betroffenen Anleger mittels eines dauerhaften Datenträgers über die geplanten und von der Bundesanstalt genehmigten Änderungen im Sinne des Satzes 1 und ihre Hintergründe zu informieren und ihnen einen Zeitraum von drei Monaten für die Entscheidungsfindung einzuräumen. 6 Hat eine qualifizierte Mehrheit der Anleger gemäß Satz 1 der geplanten Änderung zugestimmt, informiert die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Bundesanstalt über die bevorstehende Änderung der Anlagebedingungen und den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. 7 Die Informationen nach Satz 6 stellt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Anlegern auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung und veröffentlicht diese Informationen im Bundesanzeiger und, sofern die Anteile oder Aktien des betreffenden geschlossenen Publikums-AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden dürfen, in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien. 8 Die Änderung darf frühestens am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. (4) 1 Sonstige Änderungen, die von der Bundesanstalt genehmigt wurden oder als genehmigt gelten, veröffentlicht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Bundesanzeiger und, sofern die Anteile oder Aktien des betreffenden geschlossenen Publikums-AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden dürfen, in dem im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien. 2 Die Änderungen dürfen frühestens am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-054

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A. Allgemeines

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(5) Für Informationen mittels eines dauerhaften Datenträgers gilt § 167 entsprechend.

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Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 5 Kommentierung I. Genehmigungsvorbehalt der Anlagebedingungen (Absatz 1) | 7 II. Erteilung der Genehmigung (Absatz 2) | 13 1. Genehmigungsfrist und -fiktion | 15 2. Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung | 17 3. Erteilung der Genehmigung | 20 III. Qualifizierte Änderungen der Anlagebedingungen (Absatz 3) | 24 1. Unvereinbarkeit der beabsichtigten mit den bisherigen Anlagebedingungen | 26 2. Beabsichtigte Änderung der Anlagebedingungen führt zu Änderung der Kosten und/oder der Anlegerrechte | 29

3.

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V.

Rechtsfolge: Änderung bedarf qualifizierter Mehrheit des Zeichnungskapitals | 34 4. Genehmigung der Anlagebedingungen ohne Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit des Zeichnungskapitals | 39 5. Informationspflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaft a) Informationspflicht gegenüber den Anlegern | 41 b) Informationspflicht gegenüber der BaFin | 46 c) Informationspflicht im Bundesanzeiger und weiteren Medien, Inkrafttreten der Änderungen | 48 Sonstige Änderungen der Anlagebedingungen (Absatz 4) | 52 Information mittels eines dauerhaften Datenträgers (Absatz 5) | 56

A. Allgemeines A. Allgemeines § 267 stellt die Anlagebedingungen eines geschlossenen Publikums-AIF und etwai- 1 ge Änderungen daran unter einen Genehmigungsvorbehalt der BaFin. Damit geht die Regelung zulässigerweise über Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe c der AIFM-Richtlinie hinaus. Im Übrigen entspricht die Vorschrift dem ehemaligen § 43 Absatz 2 InvG. 2 I. Entstehungsgeschichte Die Regelung war bereits Gegenstand des Diskussionsentwurfs des KAGB und dort 3 in § 231 verortet. Sie ist weitestgehend inhaltsgleich in die finale Fassung übernommen worden. § 267 hat durch das OGAW-V-UmsG keine Änderungen erfahren. 4 II. Inhalt und Zweck der Regelung § 267 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die von ihr nach § 266 zu 5 erstellenden Anlagebedingungen von der BaFin genehmigen zu lassen. Abhängig vom Ausmaß wird für Änderungen der Anlagebedingungen eine qualifizierte Mehrheit des gezeichneten Kapitals vorausgesetzt. Für sämtliche Änderungen der Anlagebedingungen gilt eine Publizitätspflicht. 341

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Der Genehmigungsvorbehalt dient dem Anlegerschutz, da hierdurch verhindert werden soll, dass die Anlagebedingungen und damit die Beitrittsgrundlage einseitig zulasten der Anleger abgeändert werden. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Genehmigungsvorbehalt der Anlagebedingungen (Absatz 1)

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Die in Absatz 1 enthaltene Genehmigungspflicht betrifft die Anlagebedingungen von geschlossenen Publikums-AIF. Geschlossene Spezial-AIF sind dagegen nicht betroffen. Die Genehmigung der Anlagebedingungen oder etwaiger Änderungen daran kann nur durch die BaFin erfolgen. Sie ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG, der mit dem Widerspruch angefochten werden kann. Den Umfang des Ermessens der BaFin bei der Bescheidung bestimmt Absatz 2 der Regelung (s. unten). Durch die Genehmigung wird der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft öffentlichrechtlich gestattet, die Anlagebedingungen als Rechtsgrundlage für ihr Verhältnis zu den Anlegern zu verwenden. Die Genehmigung muss vor dem Vertrieb des betroffenen AIF beantragt werden, da die Anlagebedingungen zu den Beitrittsgrundlagen eines potentiellen Anlegers gehören und ansonsten der Schutzzweck der Norm verfehlt werden würde. Antragsberechtigt sind nur AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne von § 1 Absatz 16. Die Genehmigung kann nur von solchen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften beantragt werden, die die betroffene Art von AIF auch verwalten dürfen. Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf nur solche AIF verwalten, für die sie eine Erlaubnis nach § 22 beantragt und erteilt bekommen hat. Der Genehmigungsantrag ist nach Absatz 2 i.V.m. § 163 Absatz 2 Satz 7 von den Geschäftsleitern der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu unterschreiben. Dem Wortlaut zufolge („…den Geschäftsleitern…“) reicht die Unterschrift eines Geschäftsleiters in Verbindung mit einem Prokuristen nicht aus. Antragsgegner ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass sich der Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen an das zuständige Referat richtet. II. Erteilung der Genehmigung (Absatz 2)

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Absatz 2 enthält neben einer Frist für die Erteilung der Genehmigung der Anlagebedingungen auch die diesbezüglichen Voraussetzungen. Im Übrigen verweist er auf den für offene Publikumsinvestmentvermögen geltenden § 163 Absatz 2 Satz 2 und 4 bis 11. Danach ist die Genehmigung innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Eingang 14 des Antrags zu erteilen, wenn die Anlagebedingungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und der Antrag von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne von Absatz 1 Satz 2 gestellt wurde. 1. Genehmigungsfrist und -fiktion. Die vierwöchige Frist für die Erteilung der Genehmigung beginnt mit dem Eingang des Eintrags. Dabei zählt der Tag des Eingangs bei der BaFin. Auf den Eingang in dem zuständigen Referat oder bei dem zuständigen Sachbearbeiter kommt es dagegen nicht an. Für den Fall, dass innerhalb der vierwöchigen Bearbeitungsfrist weder eine Geneh16 migung noch eine Mitteilung über die mangelnden Voraussetzungen für eine Genehmi15

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B. Kommentierung

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gung durch die BaFin erfolgt, fingiert § 163 Absatz 2 Satz 5 die Genehmigung. Wird die Genehmigung fingiert, hat der Antragsteller nach § 163 Absatz 2 Satz 6 gegenüber der BaFin den Anspruch, sich die Genehmigung schriftlich bestätigen zu lassen. 2. Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung. Voraussetzung für die 17 Erteilung der Genehmigung ist, dass die Anlagebedingungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und der Antragsteller antragsberechtigt ist. Die Anlagebedingungen entsprechen den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie die 18 Voraussetzungen des § 266 erfüllen. Für den Fall, dass die Anlagebedingungen nicht den gesetzlichen Anforderungen 19 entsprechen, verweist Absatz 2 auf § 163 Absatz 2 Satz 2. Danach hat die BaFin dem Antragsteller innerhalb von vier Wochen nach Eingang des Antrags unter Angabe von Gründen mitzuteilen, dass die Voraussetzungen für die Genehmigungen der Anlagebedingungen nicht vorliegen. Gleichzeitig hat die BaFin fehlende oder geänderte Angaben oder Unterlagen beim Antragsteller anzufordern. Nach § 163 Absatz 2 Satz 4 beginnt die vierwöchige Frist mit dem Eingang der angeforderten Unterlagen oder Angaben erneut. 3. Erteilung der Genehmigung. Wie die Formulierung des Wortlauts in Absatz 2 zeigt, handelt es sich bei der Genehmigung um eine gebundene Entscheidung der Behörde („…ist zu erteilen…“), soweit die Anlagebedingungen den Voraussetzungen des § 266 entsprechen. Die BaFin hat nach Absatz 2 i.V.m. § 163 Absatz 2 Satz 8 das Recht, die Genehmigung mit Nebenbestimmungen zu versehen. Nebenbestimmungen i.S.d. § 36 VwVfG sind Befristungen, Bedingungen, Widerrufsvorbehalte, Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Sie sollen den Hauptinhalt des Verwaltungsakts ergänzen oder einschränken und unterscheiden sich dadurch von den sog. Inhaltsbestimmungen, die den Hauptinhalt präzisieren sollen. Ohne Genehmigung der Anlagebedingungen darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt nicht beifügen (Absatz 2 i.V.m. § 163 Absatz 2 Satz 9). Soweit die Anlagebedingungen durch die BaFin genehmigt worden sind, sind diese gemäß Absatz 2 i.V.m. § 163 Absatz 2 Satz 10 dem Publikum auf der Internetseite der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in der jeweils geltenden Fassung zugänglich zu machen.

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III. Qualifizierte Änderungen der Anlagebedingungen (Absatz 3) Absatz 3 enthält zwei Fälle, deren Vorliegen dazu führt, dass eine Änderung der An- 24 lagebedingungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von Anlegern möglich ist. Die Regelung ist lex specialis zu Absatz 1 Satz 1. 25 1. Unvereinbarkeit der beabsichtigten mit den bisherigen Anlagebedingungen. 26 Eine qualifizierte Mehrheit der Anlegerstimmen ist danach erforderlich, wenn die beabsichtigte Änderung der Anlagebedingungen mit den bisherigen Anlagegrundsätzen des geschlossenen Publikums-AIF unvereinbar ist. Die bisherigen Anlagegrundsätze ergeben sich jeweils aus der aktuellen Fassung der 27 nach § 266 für den konkreten geschlossenen Publikums-AIF zu erstellenden Anlagebedingungen. „Unvereinbar“ sind die beabsichtigten Anlagegrundsätze mit den bisherigen, wenn 28 sie zu diesen in objektivem Widerspruch stehen. 343

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2. Beabsichtigte Änderung der Anlagebedingungen führt zu Änderung der Kosten und/oder der Anlegerrechte. Eine qualifizierte Mehrheit der Anlegerstimmen ist auch dann erforderlich, wenn die beabsichtigte Änderung zu einer Änderung der Kosten oder der wesentlichen Anlegerrechte führt. Welche „Kosten“ gemeint sind, besagt die Regelung nicht. Mangels Konkretisierung dürften sämtliche Kosten des Investmentvermögens gemeint sein, da anderenfalls dem Schutzzweck der Norm, d.h. dem Anlegerschutz, nicht ausreichend Rechnung getragen werden könnte. Folglich fallen hierunter sowohl die direkten Erwerbs- und Erwerbsnebenkosten für den zu erwerbenden Vermögensgegenstand als auch die sog. Weichkosten. Als Weichkosten werden diejenigen Kosten bezeichnet, die in der Investitionszeit anfallen und in keinem direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Investitionsobjekt stehen (z.B. Vertriebskosten und Marketingkosten). Auch trifft Absatz 3 Satz 1 keine Aussage dazu, was unter „Anlegerrechten“ zu verstehen ist und welche Anlegerrechte „wesentlich“ sind. Als „Anlegerrechte“ dürften im Sinne des § 194 Absatz 1 BGB sämtliche Rechtsverhältnisse qualifizieren, kraft derer der an einem Investmentvermögen Beteiligte von dem AIF oder der ihn verwaltenden Kapitalverwaltungsgesellschaft ein Tun oder Unterlassen verlangen darf. „Wesentlich“ dürften solche Anlegerrechte sein, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beteiligung stehen und keine bloßen Nebenrechte sind (z.B. Kontroll- und Aufsichtsrechte, Gewinn- bzw. Verlustbeteiligung). Bei der Frage, welche Anlegerrechte wesentlich sind, kann es jedoch nicht auf die subjektive Sichtweise des Beteiligten ankommen. Maßgeblich ist daher eine verobjektivierte Sichtweise. 3. Rechtsfolge: Änderung bedarf qualifizierter Mehrheit des Zeichnungskapitals. In beiden Fällen bedarf die beabsichtigte Änderung der Anlagebedingungen der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit von Anlegern. Eine „qualifizierte Mehrheit“ von Anlegern liegt nach Absatz 3 Satz 1 vor, wenn die zustimmenden Anleger mindestens zwei Drittel des Zeichnungskapitals auf sich vereinen. „Zeichnungskapital“ ist das maximal zu platzierende Eigenkapital des AIF. Es ist nicht zu verwechseln mit dem gezeichneten Kapital des AIF, bei dem es sich um das tatsächlich platzierte Eigenkapital des AIF handelt. Maßgeblich für die Erreichung der qualifizierten Mehrheit ist also die Summe der Pflichteinlagen der Anleger ohne Berücksichtigung der Gründungsgesellschafter.1 Handelt es sich bei dem Investmentvermögen, dessen Anlagebedingungen korrigiert bzw. ergänzt werden, um eine Investmentkommanditgesellschaft, der Anleger auch mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beitreten konnten, darf der Treugeber nach § 267 Absatz 3 Satz 2 sein Stimmrecht nur nach vorheriger Weisung durch den Anleger ausüben. Eine Änderung der Anlagebedingungen im Sinne von Absatz 3 erfordert neben der Zustimmung der Anleger auch die Genehmigung durch die BaFin. In beiden Fällen handelt es sich um eine Zustimmung im Sinne des § 182 Absatz 1 BGB, da die Wirksamkeit der geänderten Anlagebedingungen von den Erklärungen der BaFin bzw. der Anleger abhängt. Die Genehmigung der BaFin knüpft nicht an die Zustimmung der Anleger an, so dass es sich bei beiden Erklärungen um voneinander unabhängige Zustimmungserfordernisse handelt. Andererseits hat die Genehmigung der Anlagebedingungen durch die

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Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 267 Rn. 21; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Busse § 267 Rn. 53.

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B. Kommentierung

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BaFin keinen Einfluss auf das zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen dem AIF bzw. der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem jeweiligen Anleger.2 4. Genehmigung der Anlagebedingungen ohne Zustimmung einer qualifizier- 39 ten Mehrheit des Zeichnungskapitals. Nach Absatz 3 Satz 3 kann die BaFin eine qualifizierte Änderung der Anlagebedingungen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 nur unter aufschiebender Bedingung der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Anleger genehmigen, solange diese noch fehlt. Auch die Fiktion der Genehmigung für den Fall, dass der Antrag mehr als vier Wo- 40 chen nach Eingang nicht beschieden wird (§ 163 Absatz 2 Satz 5) greift erst, wenn eine qualifizierte Mehrheit des Zeichnungskapitals den Änderungen der Anlagebedingungen zugestimmt hat. 5. Informationspflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaft a) Informationspflicht gegenüber den Anlegern. Nach Absatz 3 Satz 4 ist die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft einerseits verpflichtet, die betroffenen Anleger mittels eines dauerhaften Datenträgers über die beabsichtigten, von der BaFin unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Anleger genehmigten Änderungen der Anlagebedingungen zu informieren. Was unter einem „dauerhaften Datenträger“ zu verstehen ist, ist § 167 zu entnehmen. „Betroffen“ ist ein Anleger, wenn er an dem geschlossenen Publikums-AIF, dessen Anlagebedingungen sich im Sinne von Absatz 3 ändern sollen, unmittelbar oder mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligt ist. Neben der Pflicht, die Anleger zu informieren, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Absatz 3 Satz 4 auch berechtigt, den Anlegern einen Zeitraum von drei Monaten für die Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu den Änderungen der Anlagebedingungen zu einzuräumen. Bei dem Dreimonatszeitraum handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Frist, nach deren Ablauf eine bestimmte Rechtsfolge eintreten würde. Dementsprechend nennt Absatz 3 auch keine Konsequenzen für den Fall, dass die betroffenen Anleger auf die Aufforderung der Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht zeitgerecht reagieren.

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b) Informationspflicht gegenüber der BaFin. Hat eine qualifizierte Mehrheit der 46 Anleger den Änderungen der Anlagebedingungen nach Absatz 3 zugestimmt, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Absatz 3 Satz 7 die BaFin über die bevorstehenden Änderungen und den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu informieren. Mangels anderslautender Formulierung des Wortlauts ist die Information gegen- 47 über der BaFin formfrei. Zu Dokumentationszwecken empfiehlt sich jedoch die Schriftform. c) Informationspflicht im Bundesanzeiger und weiteren Medien, Inkrafttreten 48 der Änderungen. Nach Absatz 3 Satz 8 muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Informationen nach Satz 6 im Bundesanzeiger veröffentlichen. Danach müssen die von der BaFin und den Anlegern genehmigten Änderungen der Anlagebedingungen sowie die Hintergründe für die Änderungen dargestellt werden.

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BT-Drucks. 17/12294 S. 477.

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Die Veröffentlichungspflicht im Bundesanzeiger ist kein bloßer Formalismus. Sie ist erforderlich, damit jederzeit nachvollzogen werden kann, wann veröffentlicht wurde und wann die Änderungen in Kraft getreten sind. Daneben bestimmt der Tag der Veröffentlichung auch den Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Anlagebedingungen, Denn nach Absatz 3 Satz 9 dürfen die Änderungen der Anlagebedingungen frühestens am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. 50 Soweit die Anteile oder Aktien des betroffenen AIF im Geltungsbereich des KAGB vertrieben werden dürfen, müssen die Informationen nach Satz 6 zusätzlich in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien veröffentlicht werden. Daneben muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft den Anlegern die Informationen 51 nach Satz 6 auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Zum Begriff des „dauerhaften Datenträgers“ siehe § 167. IV. Sonstige Änderungen der Anlagebedingungen (Absatz 4) Absatz 4 enthält Publizitätspflichten mit Blick auf Änderungen der Anlagebedingungen, die nicht unter Absatz 3 fallen. Solche „sonstigen Änderungen“ müssen lediglich im Bundesanzeiger und, falls die 53 Anteile oder Aktien des getroffenen geschlossenen Publikums-AIF im Geltungsbereich des KAGB vertrieben werden dürfen, zusätzlich in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien veröffentlicht werden. Gleichlautendes gilt auch dann, wenn die Genehmigung der BaFin aufgrund Über54 schreitung der Bearbeitungsfrist fingiert wird. In beiden Fällen dürfen die Änderungen der Anlagebedingungen frühestens am Tag 55 nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. 52

V. Information mittels eines dauerhaften Datenträgers (Absatz 5) 56 57

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Absatz 5 stellt klar, dass für Informationen mittels eines dauerhaften Datenträgers § 167 entsprechend zur Anwendung kommt. Diese Entsprechensregelung bezieht sich auf Absatz 3, mit dem die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verpflichtet wird, den Anlegern die qualifizierten Änderungen und deren Hintergründe auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Als „dauerhaften Datenträger“ sieht § 167 Absatz 1 zuvorderst die Papierform. Die Verwendung eines anderen dauerhaften Datenträgers ist dagegen nur zulässig, wenn es aufgrund der Rahmenbedingungen des konkreten Geschäfts angemessen ist und der Anleger sich ausdrücklich für die Informationsübermittlung mittels des anderen dauerhaften Datenträgers entschieden hat. Nach § 167 Absatz 2 ist die elektronische Übermittlung der geschäftlichen Rahmenbedingungen zwischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und Anleger angemessen, wenn der Anleger nachweislich einen regelmäßigen Zugang zum Internet hat. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn der Anleger für die Ausführung der o.g. Geschäfte eine E-Mail-Adresse angegeben hat. § 167 Absatz 3 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einerseits, den depotführenden Stellen die erforderlichen Informationen für die Übermittlung an die Anleger zur Verfügung zu stellen. Andererseits gewährt er den depotführenden Stellen für die erforderliche Vervielfältigung der die Informationen enthaltenden dauerhaften Hartrott

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Schrifttum

§ 268

Datenträger einen Aufwendungsersatzanspruch, dessen Höhe sich an der Verordnung über den Einsatz von Aufwendungen der Kreditinstitute3 orientiert.

§ 268 Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen § 268 Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen Dorenkamp

(1) 1Die AIF-KVG hat für die von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen zu erstellen. 2 Sobald die AIF-KVG mit dem Vertrieb des geschlossenen Publikums-AIF gemäß § 316 beginnen darf, hat sie dem Publikum die aktuelle Fassung des Verkaufsprospektes und der wesentlichen Anlegerinformationen auf der Internetseite der AIFKVG zugänglich zu machen. 3Die Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospektes gilt nicht für solche geschlossenen AIF-Publikumsinvestmentaktiengesellschaften, die einen Prospekt nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12) erstellen müssen und in diesen Prospekt zusätzlich die Angaben gemäß § 269 als ergänzende Informationen aufnehmen. (2) 1Die wesentlichen Anlegerinformationen sowie die Angaben von wesentlicher Bedeutung im Verkaufsprospekt sind auf dem neusten Stand zu halten. 2Bei geschlossenen Publikums-AIF mit einer einmaligen Vertriebsphase gilt dies nur für die Dauer der Vertriebsphase. https://doi.org/10.1515/9783110492217-055 Schrifttum Schrifttum Apfelbacher/Metzner Das Wertpapierprospektgesetz in der Praxis – eine Bestandsaufnahme, BKR 2006 81; Bruchwitz/Voß Der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BB 2011 1226; Bürgers Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004 424; Duhnbrack/Hasche Das neue Anlegerschutzverbesserungsgesetz und seine Auswirkungen auf Emissionshäuser und geschlossene Fonds, DB 2004 1897; Fleischer Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts, BKR 2004 339; Grimme/Ritz Die Novellierung verkaufsprospektrechtlicher Vorschriften durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1998 2091; Grub/Thiem Das neue Wertpapierprospektgesetz – Anlegerschutz und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland, NZG 2005 750; Hasenkamp Die neue Prospektierungspflicht für Anbieter geschlossener Fonds, DStR 2004 2154; Heisterhagen Die gesetzliche Prospektpflicht für geschlossene Fonds nach dem Regierungsentwurf des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, DStR 2004 1089; Holzborn/Israel Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz – Die Veränderungen im WpHG, VerkProspG und BörsG und ihre Auswirkungen auf die Praxis, WM 2004 1948; dies. Das neue Wertpapierprospektrecht, ZIP 2005 1668; Holzborn/Schwarz-Gondek Die neue EUProspektrichtlinie, BKR 2003 927; Köndgen Zur Theorie der Prospekthaftung, AG 1983 85; Küting Neufassung des IDW S 4 – Auf dem Weg von einer freiwilligen zu einer gesetzlich kodifizierten Prospektprüfung?, DStR 2006 1007; Kullmann/Sester Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) – Zentrale Punkte des neuen Regimes für Wertpapieremissionen, WM 2005 1068; Kuthe Änderungen des Kapitalmarktrechts durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, ZIP 2004 883; Manzei Einzelne Aspekte der Prospektpflicht am Grauen Kapitalmarkt, WM 2006 845; Moritz/Grimm Licht im Dunkel des „Grauen Marktes“? Aktuelle Bestrebungen zur Novellierung des Verkaufsprospektgesetzes, BB 2004 1352; Schnauder Regimewechsel im Prospekthaftungsrecht bei geschlossenen Fonds, NJW 2013 3207; Seitz Das neue Wertpapierprospektrecht, AG 2005 675; Sester Fallen Anteile an Geschlossenen Fonds unter den Wertpapierbegriff der MiFID bzw. des FRUG?, ZBB

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V. 17.6.2003, BGBl. I, S. 885.

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Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

2008 369; Spindler Kapitalmarktreform in Permanenz – Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, NJW 2004 3449; Spindler/Christoph Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts in den Jahren 2002/2004, BB 2004 2187; Spindler/Kasten Änderungen des WpHG durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), WM 2007 1245; Vollhard/Wilkens Neue Entwicklungen zur Erlaubnispflicht für kollektive Anlagemodelle, DB 2008 2411; Voß Geschlossene Fonds unter dem Rechtsregime der MiFID?, BKR 2007 45; ders. Das Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung, ZBB 2018 305 ff.; Weber Unterwegs zu einer europäischen Prospektkultur – Vorgaben der neuen Wertpapierprospektrichtlinie vom 4.11.2003, NZG 2004 360.

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Systematische Übersicht Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen | 1 II. Entstehungsgeschichte | 5 III. Regelungsgegenstand | 8 IV. Anwendungsbereich | 12 Verkaufsprospekt I. Pflicht zur Erstellung des Verkaufsprospekts (§ 268 Abs. 1 Satz 1) | 17 II. Funktion des Verkaufsprospekts | 18 III. Entwicklung der Prospektpflicht | 20 IV. Rechtscharakter des Verkaufsprospekts | 30 V. Optionen der Prospektierung in der Praxis | 31 VI. Pflicht zur Veröffentlichung des Verkaufsprospekts nach Vertriebserlaubnis (§ 268 Abs. 1 Satz 2) | 36 VII. Rechtsfolgen und Sanktionen bei Pflichtverstoß | 43 Wesentliche Anlegerinformationen I. Pflicht zur Erstellung des wesentlichen Anlegerinformationen (§ 268 Abs. 1 Satz 1) | 46 II. Funktion der wesentlichen Anlegerinformationen | 47 III. Pflicht zur Veröffentlichung der wesentlichen Anlegerinformationen ab statthaftem Vertrieb (§ 268 Abs. 1 Satz 2) | 48

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Rechtsfolgen und Sanktionen bei Pflichtverstoß | 50 Ausnahme- und Sonderregelung für nach WpPG prospektpflichtige AIF-Publikumsinvestmentaktiengesellschaften (§ 268 Abs. 1 Satz 1) I. Europäische Vorgaben der Prospektrichtlinie und der AIFM-Richtlinie | 52 II. Prospektpflicht nach dem WpPG aufgrund öffentlichen Angebots von Wertpapieren (§ 1 Abs. 1 WpPG) | 54 III. Keine Ausnahme vom Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 2 WpPG) | 55 IV. Prospektpflicht nach WpPG samt ergänzende Informationen nach § 269 | 56 V. Subsidiäre Prospektpflicht nach § 268 Abs. 1 Satz 1 | 57 Aktualisierungspflicht I. Allgemeine Aktualisierungspflicht (§ 268 Abs. 2 Satz 1) | 58 II. Aktualisierungspflicht während einmaliger Vertriebsphase (§ 268 Abs. 2 Satz 2) | 65 III. Prospektnachtragspflicht gemäß § 316 Abs. 4 und Verhältnis zur Aktualisierungspflicht | 66 PRIIP-Verordnung | 68

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen 1

Die AIFM-Richtlinie1 aus dem Jahr 2011 stellt das europäische Grund- und Rahmenregelwerk für die Regulierung von Managern (AIFM) alternativer Investmentfonds (AIF) dar, deren Vorgaben neben den Vorgaben der OGAW IV-Richtlinie durch das KAGB in nationales Recht umgesetzt wurden. Die AIFM-Richtlinie wird im Rahmen des europä-

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1 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011 S. 1 ff.

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A. Allgemeines

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ischen Lamfalussy-Verfahrens auf Stufe 2 durch die Level 2-Maßnahmen und auf Stufe 3 durch Regularien der ESMA konkretisiert. Die AIFM-Richtlinie hat auf europäischer Ebene die Regulierung der Verwaltung von alternativen Investmentfonds, deren Anteile an professionelle Anleger durch indirektes oder direktes Angebot oder Platzierung vertrieben werden, sogenannte Spezial-AIF, zum Gegenstand. Unbeschadet dessen ermöglicht sie gemäß Art. 43 AIFM-Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber, darüber hinaus auch den Vertrieb von Anteilen an alternativen Investmentfonds an Privatanleger zuzulassen und nach nationalem Recht zu regeln, wobei dieser gemäß Art. 43 Abs. 1 Satz 2 AIFM-Richtlinie aber nicht hinter dem Regulierungsniveau der AIFM-Richtlinie zurückbleiben darf. Die AIFM-Richtlinie enthält keine europäische Vorgaben zur Begründung einer 2 Prospektpflicht des AIFM für den von ihm verwalteten und vertriebenen AIF oder einer Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung von wesentlichen Anlegerinformationen, welche als „Key Investor Information Document“ im OGAW-Bereich durch die OGAW IV-Richtlinie eingeführt wurden. Allerdings sind in Art. 23 AIFM-Richtlinie bestimmte Informationspflichten des AIFM gegenüber den Anlegern geregelt. Danach hat der AIFM den potenziellen Anlegern des AIF bestimmte, in Art. 23 Abs. 1a–p und Abs. 2 AIFM-Richtlinie aufgeführte Informationen gemäß den Vertragsbedingungen oder der Satzung des AIF sowie alle wesentlichen Änderungen dieser Informationen zur Verfügung zu stellen. Bei einer Prospektpflicht des AIF gemäß der europäischen Prospektrichtlinie2 oder 3 nach nationalen Rechtsvorschriften schreibt Art. 23 Abs. 3 AIFM-Richtlinie vor, dass die in Art. 23 Abs. 1 und 2 AIFM-Richtlinie geforderten Informationen gesondert oder als ergänzende Angaben im Prospekt offenzulegen sind. Der deutsche Gesetzgeber hat die für den Vertrieb von AIF verbindlichen Informationen als gesetzliche Mindestangaben im Verkaufsprospekt für offene Publikums-AIF in § 165 und für geschlossene Publikums-AIF in § 269 in nationales Recht umgesetzt. Für Aktien an (geschlossenen) (Publikums-)Investmentaktiengesellschaften mit fi- 4 xem Kapital, die als Wertpapiere in Ermangelung einer Ausnahmeregelung der Prospektrichtlinie und deren Umsetzung in nationales Recht durch das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) unterliegen, schreibt der KAGB-Gesetzgeber die Aufnahme der nach der AIFMRichtlinie verbindlichen Informationen in den Verkaufsprospekt nach dem WpPG durch den Verweis in § 268 Abs. 1 Satz 3 auf § 269 vor. II. Entstehungsgeschichte § 268 Abs. 1 Satz 1 und 2 entsprechen mit Ausnahme von redaktionellen Anpassun- 5 gen der Regelung des aufgehobenen § 42 Abs. 1 Satz 1 InvG.3 Dessen Vorgängerregelung war § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG, dem zufolge dem Erwerber eines Anteilsscheins an einem Sondervermögen vor Vertragsschluss ein datierter Verkaufsprospekt zur Verfügung zu stellen war. Das Erfordernis eines Verkaufsprospekts wurde durch die KAGG-Novelle von 1969 in das Gesetz eingefügt.4 In Umsetzung der sog. OGAW-Richtlinie5 wurde das Erfordernis der kostenlosen Zurverfügungstellung vor Erwerb des Anteilsscheins ergänzt.

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2 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. L 345 vom 31.12.2003 S. 64 ff. 3 Vgl. Reg. Begr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 268 Abs. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. 4 Vgl. Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer § 19 KAGG Rn. 2. 5 Richtlinie 85/611/EWG vom 20.12.1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), neu gefasst in der Richtlinie 2009/65/EG vom 13.7.2009, ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 32 ff.

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§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

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Die Pflicht zu Erstellung der wesentlichen Anlegerinformationen (Key Investor Information Document) wurde erstmals mit der Regelung des § 42 Abs. 2 InvG in Umsetzung von Art. 78 Abs. 3 und 5 sowie Art. 79 Abs. 1 der OGAW-Richtlinie durch das OGAW IV-Umsetzungsgesetz vom 22.6.2011 eingeführt. Die wesentlichen Anlegerinformationen ersetzten den zuvor vom Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 85/611/EWG in § 42 InvG a.F. eingeführten vereinfachten Verkaufsprospekt, der in der Praxis einen zu großen Umfang annahm und daher dem ursprünglich intendierten Vereinfachungszweck nicht gerecht wurde. Für geschlossene Fonds, konkret das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen, 7 hat der Gesetzgeber hingegen eine gesetzliche Prospektpflicht erstmals mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz 28.10.2004 mit Wirkung zum 1.7.2005 durch § 8f Abs. 1 VerkProspG normiert. Diese Vorschrift wurde mit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1.6. 2012 von § 6 VermAnlG abgelöst, der für Vermögensanlagen, die nicht als Investmentvermögen vom KAGB erfasst werden, weiterhin Geltung hat. III. Regelungsgegenstand

§ 268 Abs. 1 Satz 1 statuiert die Pflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Erstellung eines Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen betreffend die von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF. Die Anforderungen an den Inhalt von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen richten sich nach § 269 und § 270. § 268 Abs. 1 Satz 2 regelt, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft beide Informa9 tionsträger dem Publikum mit (statthaftem) Vertriebsbeginn, das heißt nach Mitteilung der BaFin gemäß § 316 Abs. 3, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb beginnen kann, in aktueller Fassung auf ihrer Internetseite zugänglich zu machen hat. § 268 Abs. 1 Satz 3 enthält die Ausnahmeregelung für geschlossene AIF-Publikums10 investmentaktiengesellschaften, die einen Prospekt nach dem WpPG erstellen müssen und regelt für diesen Fall, dass in den nach WpPG-Vorschriften zu erstellenden Prospekt die Angaben gemäß § 269 als ergänzende Informationen aufzunehmen sind. § 268 Abs. 2 Satz 1 kodifiziert die Aktualisierungspflicht für Verkaufsprospekt und 11 wesentliche Anlegerinformationen, welche gemäß § 268 Abs. 2 Satz 2 bei einer – bei geschlossenen Publikums-AIF regelmäßig gegebenen – einmaligen Vertriebsphase auf die Dauer der Vertriebsphase beschränkt wird. 8

IV. Anwendungsbereich 12

Die Prospektpflicht nach § 268 Abs. 1 Satz 1 trifft die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile an einem von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF vertreibt. Die Parallelvorschrift für offene Publikums-AIF ist § 164. AIF sind gemäß § 1 Abs. 3 alle Investmentvermögen, das heißt Organismen für gemeinsame Anlagen, die von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammeln, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und die keine operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1), die keine OGAW sind. Geschlossene AIF sind gemäß § 1 Abs. 5 in der Fassung des sog. „KAGB-Reparaturgesetzes“ (Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes – Finanzmarktanpassungsgesetz BTDrucks. 18/1648) alle AIF, die keine offenen AIF sind. Offene AIF sind gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 2 AIF, die die Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission vom 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Dorenkamp

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A. Allgemeines

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Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds (ABl. L 183 vom 24.6.2014, S. 18) erfüllen. Danach sind offene AIF solche, deren Anteile zurückgekauft oder zurückgenommen werden können. Umgekehrt sind geschlossene AIF solche, deren Anteile nicht zurückgekauft und zurückgenommen werden können. Publikums-AIF sind solche AIF, die keine Spezial-AIF im Sinne des § 1 Abs. 6 sind, an denen sich nur professionelle Anleger und semi-professionelle Anleger beteiligen dürfen. Die Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen wird flankiert durch die Vorschriften zur Rechnungslegung der §§ 271 und 272, die die Kapitalverwaltungsgesellschaft verpflichten, Anlegern im Rahmen des Jahresberichts regelmäßig Informationen über die (Wert-)Entwicklung des geschlossenen Publikums-AIF zur Verfügung zu stellen.6 Außerdem wird in den Vertriebsvorschriften für geschlossene Publikums-AIF, konkret in § 297 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass dem am Erwerb interessierten Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss insbesondere die wesentlichen Anlegerinformationen und der Verkaufsprospekt zur Verfügung zu stellen sind. Der Vertrieb von Anteilen an geschlossenen Spezial-AIF ist nicht prospektpflich- 13 tig; allerdings hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen ihrer Anzeigepflicht und in Umsetzung des Art. 23 AIFM-Richtlinie nach § 323 Informationspflichten im Sinne von § 307 zu erfüllen, die sich inhaltlich an den Mindestprospektangaben orientieren, aber insgesamt wegen des geringeren Informationsbedürfnisses der (semi-)professionellen Anleger einen geringeren Umfang aufweisen. Die Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts gilt gemäß § 268 Abs. 1 Satz 3 14 auch nicht für solche geschlossenen AIF-Publikumsinvestmentaktiengesellschaften, die einen Prospekt nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) erstellen müssen. Diese Ausnahmeregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Publikumsinvestmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital, bei denen die Anleger kein Recht zur Rückgabe ihrer Aktien haben, dem Wertpapierprospektgesetz unterfallen, da der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WpPG nicht greift.7 Neben dem KAGB und dem WpPG gilt auch das VermAnlG fort für alle Vermö- 15 gensanlagen im Sinne des 1 Abs. 2 VermAnlG. Gemäß § 6 VermAnlG i.V.m. § 2 VermAnlG (vormals § 8f Abs. 1 VerkProspG) muss der Anbieter für alle im Inland öffentlich angebotenen Vermögensanlagen einen Verkaufsprospekt erstellen, sofern nicht eine Ausnahme von der Prospektpflicht besteht. Vermögensanlagen sind nach § 1 Abs. 2 VermAnlG nicht in Wertpapieren verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds, Genussrechte, partiarische Nachrangdarlehen und Namensschuldverschreibungen. Die bereits auf Grundlage des VerkProspG erlassene VermVerkProspV gilt hinsichtlich der formellen Anforderungen an den Prospekt in geänderter Form auch unter dem VermAnlG weiter. Keine Vermögensanlagen gemäß § 1 Abs. 2 VermAnlG sind in Wertpapieren im Sinne des WpPG verbriefte Anteile sowie Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB. Zu den Vermögensanlagen, die weder dem WpPG noch dem KAGB unterfallen, zählen insbesondere die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VermAnlG genannten Genussrechte und Namensschuldverschreibungen. Zwar sieht die BaFin bei Genussrechten und Namensschuldverschreibungen das entscheidende Tatbestandsmerkmal „für gemeinsame Anlagen“ des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB

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Vgl. Moritz/Klebeck/Jesche/Busse KAGB, § 268 Rn. 21. Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 268 Abs. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273.

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§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

als erfüllt an, wenn eine Gewinn- und Verlustbeteiligung gegeben ist.8 Für fremdkapitalähnliche Genussrechte und Namensschuldverschreibungen, die entsprechend nicht unter das KAGB fallen, bleibt das VermAnlG aber jedenfalls anwendbar. 16 Für geschlossene EU-AIF und ausländische (Drittstaaten-)AIF, die im Geltungsbereich des KAGB öffentlich vertrieben werden, enthält § 318 eine Sonderregelung, wonach der Verkaufsprospekt die gesetzlichen Mindestangaben des § 165 Abs. 2 bis 7 und 9, weitere Angaben von wesentlicher Bedeutung sowie Angaben über Firma, Rechtsform, Sitz und Kapital des AIF, der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle und der Vertriebsgesellschaft enthalten muss. Ferner muss der Verkaufsprospekt ausdrückliche Hinweise darauf enthalten, dass der EU-AIF oder der ausländische AIF und seine Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht einer staatlichen Aufsicht durch die BaFin unterstehen. B. Verkaufsprospekt B. Verkaufsprospekt I. Pflicht zur Erstellung des Verkaufsprospekts (§ 268 Abs. 1 Satz 1) 17

Gemäß § 268 Abs. 1 Satz 1 hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft für die von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF einen Verkaufsprospekt zu erstellen. Die gesetzliche Prospektpflicht besteht, um dem Anleger die Möglichkeit zu geben, seine Anlageentscheidung in Kenntnis aller relevanten Umstände zu treffen. Die Prospektinformation hat richtig und vollständig zu sein, da sich der Anleger mangels anderer Unterrichtungsmöglichkeiten hierauf zulässigerweise verlässt.9 Adressat der Prospektpflicht ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Sie ist gemäß § 316 verpflichtet, der BaFin den Vertrieb des von ihr verwalteten inländischen Publikums-AIF im Inland anzuzeigen und hat den Verkaufsprospekt zusammen mit dem Anzeigeschreiben bei der BaFin einzureichen. Dies entspricht dem bisherigen investmentrechtlichen Ansatz, wonach die Kapitalanlagegesellschaft der Prospektpflicht unterlag. Im Bereich der geschlossenen Fonds traf die Prospektpflicht regelmäßig den Anbieter der Vermögensanlage – bis zum 31.5.2012 nach § 8f Abs. 1 VerkProspG a.F. und ab dem 1.6.2012 nach § 6 VermAnlG. II. Funktion des Verkaufsprospekts

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Zwischen den Anlegern und den Unternehmen, die am Kapitalmarkt zum Zwecke der Finanzierung Kapital nachfragen, besteht grundsätzlich ein asymmetrischer Kenntnisstand.10 Der einzelne (Privat-)Anleger ist typischerweise nicht in der Lage, sich umfassende Informationen über ein Anlageobjekt zu verschaffen. Daher ist er weitgehend für die Vorbereitung und Durchführung seiner Investitionsentscheidung auf die Zur-Verfügung-Stellung von Informationen angewiesen und aufgrund dieser natürlichen Informationsasymmetrie besonders schutzwürdig.11 Es ist mithin erforderlich, den Anleger in die Lage zu versetzen, sich über die Eigenschaften der angebotenen Kapitalanlage und den damit verbundenen Chancen sowie insbesondere Risiken ein begründetes Urteil bil-

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8 Vgl. I.1.b des BaFin-Auslegungsschreibens zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14.6.2013, online abrufbar unter http://www.bafin.deSharedDocs/ Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/az_130614_Anwendungsber_KAGB_begriff_invver moegen.html. 9 Vgl. Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer KAGG, § 19 Rn. 5; Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 21. 10 Vgl. Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 6 Rn. 13. 11 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Voß VerkProspG, Vor § 8f Rn. 24.

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B. Verkaufsprospekt

§ 268

den zu können. Die richtige und vollständige Information dient nicht nur dem Schutz des einzelnen Anlegers, sondern auch dem Erhalt der Funktionsfähigkeit und Effizienz des Marktes. Eine sorgfaltswidrige und fehlerhafte Information der Markteilnehmer führt zu Effizienzverlusten, die letztlich zu Marktversagen führen können.12 Mit dem Ziel der Beseitigung des strukturellen Informationsgefälles zwischen Unternehmen und Anleger haben sich in der Rechtsentwicklung verschiedene kapitalmarktrechtliche Informationspflichten etabliert. Die Prospektpflicht stellt eine standardisierte kapitalmarktrechtliche Informationspflicht dar, die nicht gegenüber einzelnen, individualisierbaren Anlegern, sondern gegenüber dem kapitalmarktrechtlichen Publikum als Kollektiv der Anleger besteht.13 Der Verkaufsprospekt bildet die wesentliche Grundlage für die Anlageent- 19 scheidung des Anlegers. Der Verkaufsprospekt, der Teil der Verkaufsunterlagen im Sinne des § 29 Abs. 3 Nr. 3 ist, soll es dem Anleger vor dem Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Publikums-AIF ermöglichen, sich über die Charakteristika des Investmentvermögens zu informieren und auf dieser Basis eine Anlageentscheidung zu treffen. Der Verkaufsprospekt ist das zentrale Medium, das dem durchschnittlichen Anleger einen Überblick über die spezifische Gestaltung und das Risikoprofil des Publikums-AIF verschafft und zudem auch die Anlagebedingungen enthält. III. Entwicklung der Prospektpflicht Den Grundstein für die investmentrechtliche Prospektpflicht und -haftung im 20 Bereich der regulierten offenen Publikumsfonds hat der Gesetzgeber im Jahr 1969 mit der Einführung der Prospektpflicht für den Erwerb von Anteilsscheinen an Sondervermögen mit Rückgaberecht in § 19 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) und mit dem Haftungstatbestand des § 20 KAGG gelegt. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung der investmentrechtlichen Prospektpflicht wird auf die Kommentierung zu § 164 verwiesen. Hingegen lag auf dem Markt der Vermögensanlagen im weiteren Sinne, der sich ein- 21 teilen lässt in den Markt für Wertpapieranlagen einerseits und den so genannten „Grauen Kapitalmarkt“ anderseits, eine Marktzweiteilung vor. Für Wertpapiere existierte sowohl eine auf europäischen Vorgaben beruhende gesetzliche Prospektpflicht als auch eine gesetzliche Prospekthaftung, während die Anlageinstrumente des Grauen Kapitalmarkts lediglich durch ein richterrechtlich begründetes Haftungsrecht erfasst wurden und daher nur „faktisch“ der Prospektpflicht unterlagen.14 Die Prospektpflicht für das öffentliche Angebot von Wertpapieren war im Ursprung 22 und in seinen Novellierungen auf europäische Rechtsvorgaben zurückzuführen. So diente das in seiner ersten Fassung zum 1.1.1991 in Kraft getretene Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz der Umsetzung der EG-Emissionsprospektrichtlinie in nationales Recht. Die Prospektpflicht von öffentlich angebotenen und nicht an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapieren war in den §§ 8, 8a VerkProspG a.F. geregelt. Hingegen unterlagen die Prospekte für die Zulassung von Wertpapieren an einer inländischen Börse, die sogenannten Börsenzulassungsprospekte, dem Regime des ebenfalls EU-Recht umsetzenden BörsG. Die Prospektrichtlinie aus dem Jahr 2003 hob diese Zweiteilung auf und wurde vom nationalen Gesetzgeber durch Schaffung des WpPG umgesetzt, das sowohl

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Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Schmitz InvG/InvStG, § 42 Rn. 5. Vgl. Unzicker Einl. Rn. 9. Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Voß VerkProspG, Einl. vor § 1 Rn. 4; Fleischer BKR 2004 339 ff.

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§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

Prospekte für das öffentliche Angebot von Wertpapieren als auch Prospekte für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt erfasst.15 Das WpPG ersetzt insoweit die §§ 1 bis 8e VerkProspG a.F., welche aufgehoben wurden. Inhalt und Format der Wertpapierverkaufsprospekte regelt die Prospektverordnung,16 die als europäische Rechtsverordnung in Deutschland unmittelbar Anwendung findet. Ein erster vergeblicher Versuch zur Ausdehnung der gesetzlichen Prospektpflicht 23 auf den unregulierten Grauen Kapitalmarkt der geschlossenen Publikumsfonds wurde nach Empfehlung des 51. Deutschen Juristentags des Jahres 1976 in Stuttgart mit dem im Jahr 1978 im Gesetzgebungsverfahren gescheiterten Entwurf des Vermögensanlagengesetzes unternommen.17 Ohne eine gesetzliche Prospektpflicht unterfielen die freiwillig mittels Prospekten 24 beworbenen Kapitalanlagemodelle im Bereich geschlossene Fonds der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der sogenannten „bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung“. Auf das Bedürfnis in der geschlossenen Fondspraxis, sich durch eine Prospektierung von unseriösen Anbietern abzugrenzen, reagierte zudem der Wohnungswirtschaftliche Fachausschuss (WFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zunächst mit der Stellungnahme des WFA Nr. 1/1987 über die Grundsätze ordnungsgemäßer Durchführung von Prospektprüfungen und später mit der Verabschiedung des IDW Standards über die Grundsätze ordnungsgemäßer Beurteilung von Prospekten über öffentlich angebotene Kapitalanlagen vom 1.9.2000. Der IDW S 4 a.F. enthielt neben den Anforderungen zur Annahme und Durchführung der Prospektprüfung in seinem Anhang 1 bereits allgemeine Anforderungen an den Prospektinhalt sowie in den Anlagen 2 bis 6 spezielle Anforderungen an bestimmte Asset-Klassen (Immobilien, Flugzeuge, Filme, Schiffe und Windkraftfonds). 25 Dem Ruf nach einer gesetzlichen Regelung der Prospektpflicht und Prospekthaftung für den Grauen Kapitalmarkt, zuletzt formuliert in dem sogenannten 10-Punkte-Programm „Unternehmensintegrität und Anlegerschutz“ des BMF vom 25.2.2003, leistete der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) vom 28.10.2004 Folge. Damit führte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.7.2005 erstmals eine gesetzliche Prospektpflicht für nicht in Wertpapiere verbriefte Anlageformen nach § 8f Abs. 1 Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) mit gesetzlicher Prospekthaftung nach §§ 13, 13a VerkProspG ein. In seiner ursprünglichen Fassung vom 13.12.1990 regelte das VerkProspG die Vertriebspublizität für das öffentliche Angebot von Kapitalanlagen, die in Wertpapieren verbrieft waren. Diese wurden in Umsetzung der europäischen Vorgaben der Prospektrichtlinie für das öffentliche Angebot von Wertpapieren mit dem Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 22.5.200518 in das neue geschaffene WpPG ausgegliedert, so dass das VerkProspG mit Ausnahme der Prospekthaftungsvorschriften der §§ 13, 13a VerkPropG nur noch nicht wertpapiermäßig verbriefte Vermögensanlagen erfasste.

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15 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Voß VerkProspG, Einl. vor § 1 Rn. 4. 16 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. L 149 vom 30.4.2004 S. 1 ff. 17 Vgl. RegE zum Gesetz über den Vertrieb von Anteilen an Vermögensanlagen vom 2.1.1978 BTDrucks. 8/1405. 18 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2005, S. 1698.

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B. Verkaufsprospekt

§ 268

Aufgrund des AnSVG wurde der Anwendungsbereich des VerkProspG gemäß dessen § 8f Abs. 1 Satz 1 um „im Inland öffentlich angebotene nicht in Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren“ erweitert, um dadurch eine Prospektierungspflicht für Anteile an geschlossener Fonds mit daraus resultierenden Haftungsansprüchen, wie diese bereits für Wertpapiere bestand, zu schaffen. Damit unterwarf der Gesetzgeber einen wesentlichen Teil der auf dem Grauen Kapitalmarkt angebotenen Kapitalanlagen einer an den Vertrieb der Anlagen anknüpfenden Prospektpflicht. In der Gesetzesbegründung führte er hierzu aus: „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass auf dem bislang nicht bzw. nicht spezialgesetzlich geregelten Teil des Kapitalmarktes für nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen („Grauer Kapitalmarkt“) häufig hohe Anlegerschäden bis hin zu Totalverlusten zu verzeichnen sind. Deshalb wird für nicht in Wertpapieren verbriefte Unternehmensbeteiligungen, die den Schwerpunkt der Anlageformen in diesem Marktsegment bilden, eine Prospektpflicht eingeführt […]. Damit werden dem Erwerber die Angaben zur Verfügung gestellt, die notwendig sind, um Risiken und Chancen des Produkts abwägen zu können.“19 Ziel der gesetzlichen Prospektpflicht und Prospekthaftung für Anteile an geschlossenen Fonds war es, eine höhere Transparenz der angebotenen Produkte und eine Stärkung der Haftungsansprüche der Anleger zu gewährleisten. Die Regelungen des VerkProspG zur Prospektpflicht wurden aufgrund der Ermächtigung des § 8g Abs. 2 und 3 VerkProspG ergänzt und konkretisiert durch die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) vom 16.12.2004,20 die formellen Anforderungen an den Verkaufsprospekt festlegt. Daneben hatte die BaFin als zuständige Fachbehörde ihre Auffassung zu einzelnen Auslegungsschwierigkeiten in einem Auslegungsschreiben niedergelegt.21 Mit Wirkung zum 1.6.2012 wurde die gesetzliche Prospektpflicht und -haftung für Vermögensanlagen im Rahmen des am 6.12.2011 verabschiedeten Gesetzes zur Novellierung des Finanzvermittler- und Vermögensanlagenrechts umfassend neu in dem Vermögensanlagengesetz, dort in §§ 6, 20 VermAnlG, geregelt. Ferner wurde im Zuge der Novellierung des Finanzvermittler- und Vermögensanlagenrechts der Begriff des Finanzinstruments um „Vermögensanlagen“ erweitert. Die zum 22.7.2013 mit den Übergangsregelungen der §§ 343 ff. erfolgte Ablösung des VermAnlG durch das KAGB betrifft offene und geschlossene Publikums-AIF, nicht aber für andere Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG wie beispielsweise fremdkapitalähnliche Genussrechte und Namensschuldverschreibungen.

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IV. Rechtscharakter des Verkaufsprospekts Seinem Rechtscharakter nach ist der Verkaufsprospekt eine bloße Werbemaßnahme 30 ohne rechtsgeschäftlichen Inhalt, auch wenn ihm die Anlagebedingungen beizufügen sind; er ist insbesondere nicht Gegenstand des Beteiligungsvertrags mit dem Anleger und auch nicht erforderlich für dessen Zustandekommen.22 Der Verkaufsprospekt ist ein Mittel zur Information und Offenlegung und dient damit auch der Erfüllung vorvertrag-

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19 Vgl. RegBegr. zum AnSVG vom 24.5.2004, BTDrucks. 15/3174 S. 27. 20 BGBl. I 2004, S. 3464. 21 Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Prospektpflicht für Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte vom 30.6.2005. 22 Vgl. Baur § 19 Rn. 5; Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer KAGG, § 19 Rn. 8.

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§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

licher Aufklärungspflichten.23 Teilweise wird der Verkaufsprospekt darüber hinaus als ein in Selbstbindungsabsicht abgegebenes Qualitätsversprechen gesehen, das zwar kein bindendes Angebot zum Vertragsschluss enthalte, jedoch für den Fall, dass dieser tatsächlich zu Stande kommt, garantiere, dass die Vermögensanlage die genannte Qualität besitzt.24 Ungeachtet ihrer rechtlichen Einordnung sind die Inhalte des Verkaufsprospekts schon wegen ihrer Funktion als wesentliche Grundlage für die Anlageentscheidung des Anlegers bei der Auslegung von Klauseln des Gesellschaftsvertrags und der Anlagebedingungen zu berücksichtigen. V. Optionen der Prospektierung in der Praxis Im Hinblick auf die Konzeption und Entwicklung eines Verkaufsprospekts für einen geschlossenen Publikums-AIF unter dem KAGB-Regime sind grundsätzlich zwei Vorgehensweisen der für das Vertriebsanzeigeverfahren verantwortlichen Kapitalverwaltungsgesellschaft möglich: 32 Einerseits kann die Kapitalverwaltungsgesellschaft an dem bereits vor Inkrafttreten des KAGB bewährten Prospektformat festhalten und dieses an die KAGB-Welt anpassen. Dazu wird sie analysieren, welche der nach dem KAGB notwendigen Mindestangaben bereits in dem bisherigen Verkaufsprospekt enthalten sind und an welcher Stelle die fehlenden Mindestangaben am besten einzufügen sind. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise wäre ein Verkaufsprospekt, der KAGB-konform wäre und zugleich einen grundsätzlich vertrauten Aufbau und Inhalt enthielte. Andererseits kann die Kapitalverwaltungsgesellschaft auch einen an Prospekten von 33 offenen Fonds und Wertpapieren orientierten Prospektaufbau etablieren, der sich an den gesetzlichen Mindestangaben ausrichtet. Dabei können die gesetzlichen Mindestangaben chronologisch aufgeführt werden oder – wegen der nicht an sachlogischen Kriterien orientierten gesetzlichen Aufzählung naheliegender – nach Themenfeldern gegliedert. Neben den gesetzlichen Mindestangaben kann die BaFin des Weiteren ggf. weitere aus ihrer Sicht fehlende erforderliche Angaben anfordern. Ob und in welchem Umfang darüber hinaus weitere Angaben aufgenommen werden, liegt dann im Ermessen der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Insgesamt dürfte ein auf dieser Basis erstellter Prospekt wesentlich schlanker sein, insbesondere, wenn auf nach dem KAGB nicht erforderliche Kapitel wie das „Angebot im Überblick“ oder die „Leistungsnachweise des Initiators über frühere Fonds“ verzichtet wird. Ein an den Prospekten für offene Fonds und Wertpapiere orientierter Verkaufsprospekt für geschlossene Publikums-AIF würde zudem weniger Bilder und Graphiken enthalten, die dann ggf. in eine gesonderte, den Vorgaben des § 31 Abs. 2 WpHG entsprechende Vertriebsbroschüre ausgelagert werden könnten. Die Entscheidung der Kapitalverwaltungsgesellschaft für eine der beschriebenen 34 Vorgehensweise wird nicht zuletzt von der Vertriebsfähigkeit, das heißt der Einstellung der Vertriebspartner und auch den Wünschen der Anleger abhängen. Bislang haben sich beide Handhabungen in der geschlossenen Fondsbranche abgezeichnet. So sind auf dem Markt sowohl Verkaufsprospekte zu beobachten, die sich stark an der herkömmlichen Prospektierungspraxis orientieren als auch solche, die sich im Hinblick auf Aufbau und Gestaltung an den Prospekten offener Fonds und Wertpapieren ausrichten, indem 31

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Vgl. Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 8. Vgl. Köndgen AG 1983 85 (91).

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§ 268

B. Verkaufsprospekt

sie sich auf die gesetzlich geforderten Angaben beschränken und auf Bilder verzichten.25 Ungeachtet des gesetzlichen Vertriebsanzeigeverfahrens kann eine Prüfung und 35 Beurteilung des Verkaufsprospekts auch durch beauftragte Wirtschaftsprüfer auf der Grundlage des IDW Standard „Grundsätze ordnungsgemäßer Begutachtung der gesetzlichen Verkaufsunterlagen von alternativen Investmentfonds“ (IDW S 4, Stand: 24.5.2016) erfolgen. Der IDW S 4 hat als Berufsstandard der Wirtschaftsprüfer zwar keinen normativen Charakter. Dennoch kam ihm in der geschlossenen Fondspraxis eine erhebliche praktische Bedeutung zu, da es – wegen der fehlenden Inhaltskontrolle durch die BaFin im Rahmen des Prospektbilligungsverfahrens nach dem VermAnlG und davor – innerhalb der Branche weitgehend zum Standard geworden war, den Verkaufsprospekt eines neu aufgelegten Fonds mit einem Prospektgutachten nach IDW S 4 auszustatten. Indes bleibt abzuwarten, ob der Einfluss des neuen IDW S 4 auf die künftige Prospektgestaltung ähnlich groß sein wird wie der seines Vorgängers in der Vergangenheit. Denn zum einen hat der IDW S 4 das Prüfungskriterium der Vollständigkeit aufgegeben mit dem Hinweis, dass die Begutachtung der Vollständigkeit des Verkaufsprospekts bereits Gegenstand des Vertriebszulassungsverfahrens durch die BaFin sei. Zum anderen enthält der IDW S 4 anders als früher keine Anlagen mehr mit konkreten Prüfungskriterien bezogen auf einzelne Anlageobjektklassen. VI. Pflicht zur Veröffentlichung des Verkaufsprospekts ab statthaftem Vertrieb Gemäß § 268 Abs. 1 Satz 2 hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft dem Publikum die 36 aktuelle Fassung des Verkaufsprospekts auf ihrer Internetseite zugänglich zu machen, sobald sie mit dem Vertrieb des geschlossenen Publikums-AIF gemäß § 316 beginnen darf. Die Zugänglichmachung des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerin- 37 formationen über das Internet ist erstmals gesetzlich geregelt, wenngleich sie bereits unter dem InvG-Regime übliche Praxis war.26 Dabei bedeutet dem Publikum zugänglich machen, dass die Allgemeinheit, das heißt jedermann Zugang zu den Dokumenten haben muss und nicht etwa nur einzelne interessierte Anleger beispielsweise in einem passwortgeschützten Bereich. Vertrieb ist gemäß § 293 Abs. 1 Satz 1 das direkte oder indirekte Anbieten oder Plat- 38 zieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an inländischen Publikums-AIF an Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland ist gemäß § 295 Abs. 1 Satz 1 nur zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 316 erfüllt sind. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat der BaFin ihre Absicht, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen Publikums-AIF zu vertreiben, gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 anzuzeigen und dem Anzeigeschreiben gemäß § 316 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 den Verkaufsprospekt für den angezeigten AIF beizufügen. Zunächst prüft die BaFin die Vollständigkeit der im Rahmen der Vertriebsanzeige zu machenden Angaben und einzureichenden Unterlagen gemäß § 316 Abs. 2 binnen einer Frist von 20 Arbeitstagen. Innerhalb von spätestens weiteren

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Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 268 Rn. 34. Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Schmitz InvG/InvStG, § 2 Rn. 12.

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§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen und der Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle teilt die BaFin der Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, ob sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann. Die BaFin kann gemäß § 316 Abs. 3 Satz 2 die Aufnahme des Vertriebs untersagen, wenn sich aus den ihr im Anzeigeverfahren eingereichten Unterlagen ein Verstoß gegen das KAGB ergibt. 39 Insofern hat die BaFin im Rahmen des Vertriebsanzeigeverfahrens zu prüfen, ob der eingereichte Verkaufsprospekt die gesetzlichen Anforderungen der den Verkaufsprospekt betreffenden Regelungen, insbesondere die Einhaltung der Mindestangaben des § 269 i.V.m. § 165 Abs. 2, erfüllt. § 316 sieht anders als § 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG und § 8 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG neben der Vollständigkeitsprüfung keine explizit geregelte Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit des Prospektinhalts durch die BaFin vor. Die Kohärenzprüfung ist nicht als materielle Prüfung des Prospektinhalts zu verstehen, sondern als Überprüfung der Prospektangaben auf innere Widersprüche hin, der so genannten Konsistenz.27 § 268 Abs. 1 Satz 2 dürfte aber nicht so zu verstehen sein, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft verpflichtet ist, den Vertrieb unmittelbar nach Erhalt der Mitteilung der BaFin über die Zulässigkeit der Aufnahme des Vertriebs zu beginnen. Vielmehr trägt die Publizitätspflicht des § 268 Abs. 1 Satz 2 dem Umstand Rechnung, dass erst das Anzeigeverfahren nach § 316 durchlaufen werden muss, bevor mit dem Vertrieb begonnen werden darf.28 Die Prospektpublizität wird nach dem KAGB bereits durch die Gewährleistung des 40 Zugangs des Publikums zum Verkaufsprospekt auf der Internetseite der Kapitalverwaltungsgesellschaft umgesetzt. Der Gesetzgeber hat den Veröffentlichungsmodus damit ausdrücklich an das Internetzeitalter angepasst. Die Vorgängervorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 1 forderte noch, dass der Verkaufsprospekt dem Publikum „zugänglich zu machen ist“, ohne explizit das Internet als Veröffentlichungsforum aufzunehmen. § 9 Abs. 2 VermAnlG sieht eine Veröffentlichung des Vermögensanlagen-Verkaufsprospekts im Bundesanzeiger und eine Bereithaltepflicht zur kostenlosen Ausgabe bei der Zahlstelle vor. § 268 Abs. 1 Satz 2 fordert insbesondere keine physische Übergabe oder Aushändigung des Verkaufsprospekts an die Anleger. 41 Indes regelt § 297 Abs. 2 Satz 2 im Rahmen der Vorschriften über den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen, dass dem am Erwerb eines Anteils ein einem AIF interessierten Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen, der Verkaufsprospekt und der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht in der geltenden Fassung kostenlos zur Verfügung zu stellen sind. Diese vorvertragliche Informationspflicht trifft jeden, der Anteile oder Aktien an AIF im Sinne des § 293 vertreibt.29 Die Verkaufsunterlagen sind dem Erwerbsinteressenten gemäß § 297 Abs. 5 Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 8 oder alternativ auf der Internetseite zur Verfügung zu stellen. Der Erwerbsinteressent kann zudem jederzeit verlangen, dass ihm die Unterlagen in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn sich die Vorschriften des § 297 Abs. 2 Satz 2 und des § 268 Abs. 1 Satz 2 in Bezug auf Wortlaut und ggf. auch Adressatenkreis voneinander unterscheiden, lassen im Ergebnis beide als Rechtsfolge das Internet als Informationsmedium für die Verkaufsunterlagen zu.

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27 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Voß VerkProspG, Einl. vor § 1 mit Hinweis auf die RegBegr. des Prospektrichtlinie-UmsG BTDrucks. 15/4999 S. 34. 28 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 268 Rn. 42; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Voigt/Sedlak § 268 Rn. 10. 29 Vgl. Zingel § 297 Rn. 4.

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C. Wesentliche Anlegerinformationen

Ungeachtet dessen kann eine nachweislich erfolgte Übermittlung des Verkaufspros- 42 pekts insbesondere für die Vertriebsintermediäre vor dem Hintergrund der erweiterten bürgerlichen Prospekthaftung wegen Verletzung der (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten von entscheidender Bedeutung sein. VII. Rechtsfolgen und Sanktionen bei Pflichtverstoß Für den Fall, dass ein Verkaufsprospekt entgegen § 268 Abs. 1 nicht veröffentlicht 43 wurde, kann der Erwerber eines AIF-Anteils gemäß § 306 Abs. 5 von dem Anbieter die Übernahme des Anteils gegen Erstattung des Erwerbspreises und der mit dem Erwerb verbundenen Kosten verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts und innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten Anbieten und Platzieren von AIF-Anteilen im Inland abgeschlossen wurde. Der Haftungsanspruch ist ausgeschlossen, soweit der Erwerber die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen, bei dem Erwerb kannte. Weitergehende zivilrechtliche Ansprüche vertraglicher oder deliktischer Art bleiben gemäß § 306 Abs. 6 Satz 2 unberührt. In aufsichtsrechtlicher Hinsicht ist die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde ge- 44 mäß § 314 Abs. 1 Nr. 1 befugt, den Vertrieb von AIF-Anteilen zu untersagen, wenn das Vertriebsanzeigeverfahren, das die Prospekterstellung mit einschließt, nicht ordnungsgemäß durchlaufen wurde. Überdies handelt gemäß § 340 Abs. 2 Nr. 25 ordnungswidrig, wer entgegen § 268 45 Abs. 1 Satz 2 einen dort genannten Verkaufsprospekt dem Publikum nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zugänglich macht. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem früheren § 143 Abs. 2 Nr. 3 InvG, der allerdings dem Wortlaut nach lediglich verlangte, den Verkaufsprospekt rechtzeitig zugänglich zu machen. C. Wesentliche Anlegerinformationen C. Wesentliche Anlegerinformationen I. Pflicht zur Erstellung der wesentlichen Anlagerinformationen (§ 268 Abs. 1 Satz 1) Gemäß § 268 Abs. 1 Satz 1 ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft neben der Pros- 46 pektpflicht auch zur Erstellung der wesentlichen Anlegerinformationen („wAI“) verpflichtet. Die wesentlichen Anlegerinformationen flankieren den Verkaufsprospekt. Die gesetzlichen Vorgaben an Form und Inhalt sind Gegenstand der Regelung des § 270, die ihrerseits zum großen Teil auf die Verordnung (EU) Nr. 583/2010 verweist. II. Funktion der wesentlichen Anlageinformationen Die wesentlichen Anlegerinformationen sollen durch ihre vollständige rechtliche 47 Harmonisierung die Vergleichbarkeit von verschiedenen Fondsprodukten für den Anleger herstellen; bei der Darstellung und Gestaltung steht deren Einfachheit, Klarheit und Verständlichkeit für den Anleger im Vordergrund.30 Sie sollen dem Anleger als vorvertragliche Informationen zur Verfügung gestellt werden und ihm eine fundierte Anlageentscheidung ermöglichen.

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30 Vgl. Erwägungsgrund 59, Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 32 ff.

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III. Pflicht zur Veröffentlichung der wesentlichen Anlegerinformationen ab statthaftem Vertrieb (§ 268 Abs. 1 Satz 2) 48

Sobald die Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 316 mit dem Vertrieb des geschlossenen Publikums-AIF beginnen darf, hat sie gemäß § 268 Abs. 1 Satz 2 die Kapitalverwaltungsgesellschaft dem Publikum die aktuelle Fassung der wesentlichen Anlegerinformationen auf ihrer Internetseite zugänglich zu machen. Die Veröffentlichung der jeweils aktuellen Fassung der wesentlichen Anlegerinformationen auf der Internetseite der Kapitalverwaltungsgesellschaft entspricht der frühere Regelung des § 13 Abs. 5 VermAnlG für das Vermögensanlagen-Informationsblatt.31 Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat der BaFin die Vertriebsabsicht im Rahmen 49 des Vertriebsanzeigeverfahren nach § 316 Abs. 1 anzuzeigen und dem Anzeigeschreiben gemäß § 316 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 auch die wesentlichen Anlageinformationen des angezeigten AIF beizufügen. Sie werden von der BaFin ebenso wie der Verkaufsprospekt auf Übereinstimmung mit den Anforderungen des KAGB geprüft. IV. Rechtsfolgen und Sanktionen bei Pflichtverstoß 50

Sind die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbar, so kann der Erwerber gemäß § 306 Abs. 2 von der Kapitalverwaltungsgesellschaft die Übernahme der Anteile an dem Publikums-AIF gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrags (oder bei Weiterverkauf den Differenzbetrag) verlangen. Daneben haftet als Gesamtschuldner auch der Vertriebspartner, der dem Erwerber die Anteile verkauft hat, sofern er nicht nachweist, dass er die Unrichtigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. 51 Gemäß § 340 Abs. 2 Nr. 25 handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 268 Abs. 1 Satz 2 die wesentlichen Anlegerinformationen dem Publikum nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zugänglich macht. D. Ausnahme- und Sonderregelung für nach WpPG prospektpflichtige AIF-Publikumsinvestmentaktiengesellschaften (§ 268 Abs. 1 Satz 3) D. Ausnahme- und Sonderregelung I. Europäische Vorgaben der Prospektrichtlinie und der AIFM-Richtlinie

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Die Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts gilt gemäß § 268 Abs. 1 Satz 3 nicht für solche geschlossene AIF-Publikumsinvestmentaktiengesellschaften, die einen Prospekt nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) erstellen müssen und in diesem Prospekt zusätzlich die Angaben gemäß § 269 als ergänzende Informationen aufnehmen. Die Ausnahmeregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Publikumsinvestmentaktiengesellschaften mit festem Kapital, bei denen die Anleger kein Recht zur Rückgabe ihrer Aktien haben, dem WpPG unterfallen, da der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 des WpPG nicht greift. Das WpPG setzt die Vorgaben der EU-Prospektrichtlinie32 in na-

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31 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 268 Abs. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. 32 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (kurz: Prospektrichtlinie), ABl. L 345 vom 31.12.2003 S. 64 ff.

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D. Ausnahme- und Sonderregelung

tionales Recht um. Während der Gesetzgeber gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 WpPG Anteile an offenen AIF vom Anwendungsbereich des WpPG explizit ausnimmt, war ihm das für Anteilsscheine an geschlossenen Fonds aufgrund der Vorgaben der Prospektrichtlinie, die lediglich in Art. 1 Abs. 2a) eine Ausnahme für Anteilsscheine an offenen Fonds vorsieht, nicht möglich. Die EU-Prospektrichtlinie wird am 21.7.2019 durch die ab diesem Tag in in vollem Umfang geltende EU-Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (kurz: Prospektverordnung), ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12 ff.) abgelöst. Da die Prospektverordnung keiner weiteren Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber bedarf, ist sie in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht. Art. 3 Abs. 2 Prospektverordnung räumt den nationalen Gesetzgebern indes Regelungsoptionen ein. Mit dem Gesetz zur Ausübung von Optionen der Prospektverordnung hat der deutsche Gesetzgeber die danach möglichen ergänzenden Regelungen nationalen Rechts erlassen. Dabei geht es im Wesentlichen darum, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen. Kernstück des Gesetzes ist die Ausweitung der Ausnahme von der Prospektpflicht von Wertpapieren bis zu einem jährlichen Emissionsvolumen von weniger als 8 Mio. Euro gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 WpPG. Ungeachtet der insoweit ausgeweiteten Befreiung von der Prospektpflicht hat der Gesetzgeber dem Emittenten die Pflicht zur Erstellung eines Wertpapier-Informationsblattes (WIB) auferlegt (vgl. Voß ZBB 2018 S. 305, 306). § 269 Abs. 1 Satz 3 setzt zugleich die Informationspflichten beim Vertrieb von AIF- 53 Anteilen nach Art. 23 Abs. 3 der AIFM-Richtlinie für Publikums-AIF um.33 II. Prospektpflicht nach dem WpPG aufgrund öffentlichen Angebots von Wertpapieren (§ 1 Abs. 1 WpPG) Gemäß § 1 Abs. 1 WpPG ist das WpPG anzuwenden auf die Erstellung, Billigung und 54 Veröffentlichung von Prospekten für Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen. Der Anwendungsbereich des WpPG ist damit grundsätzlich sowohl beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren als auch beim Handel von Wertpapieren an einem organisierten Markt eröffnet. Wertpapiere im Sinne von § 2 Nr. 1 WpPG sind übertragbare Wertpapiere, die an einem Markt gehandelt werden können, insbesondere Aktien. Vom Aktienbegriff des WpPG sind sämtliche Aktien deutscher Aktiengesellschaften nach den §§ 8 ff. AktG erfasst. Nicht nur Inhaber und Namensaktien, sondern auch Aktien, die in einem Register geführt werden, wird ausdrücklich Wertpapiercharakter zugeschrieben.34 Auch die Vinkulierung als solche macht die Handelbarkeit eines Wertpapiers nicht unmöglich, sondern schränkt sie nur ein. Insofern wird von einer grundsätzlichen Handelbarkeit ausgegangen, wobei etwaige Beschränkungen im Hinblick auf die freie Übertragbarkeit darzustellen sind.35 Aktien an der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital im Sinne der §§ 140 bis 148 fallen demnach grundsätzlich unter den Wertpapierbegriff des WpPG. Öffentliches Angebot von Wertpapieren meint gemäß § 2 Nr. 4 WpPG eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um

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Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 268 Abs. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. Vgl. Ritz/Zeisung WpPG, 2010, § 2 Rn. 48. Vgl. Ritz/Zeisung WpPG, 2010, § 2 Rn. 50.

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Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden. Die genaue Festlegung, wann ein „öffentliches Angebot“ vorliegt, kann im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein.36 Umstritten ist, ob für den Anleger aufgrund des Angebots die Möglichkeit bestehen muss, einen Vertrag über den Wertpapiererwerb abzuschließen oder ob schon die Werbung ein öffentliches Angebot darstellen kann.37 Besteht – wie beim Vertrieb von geschlossenen Publikumsfonds regelmäßig der Fall – eine Zeichnungsmöglichkeit, so ist nach allgemeiner Auffassung von einem öffentlichen Angebot im Sinne des § 2 Nr. 4 WpPG auszugehen.38 III. Keine Ausnahme vom Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 2 WpPG) 55

§ 1 Abs. 2 WpPG nimmt Anteile oder Aktien von offenen Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 4 KAGB vom Anwendungsbereich des WpPG aus. Aktien an geschlossenen Publikumsinvestmentvermögen in Rechtsform der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital werden hingegen vom Anwendungsbereich des WpPG nicht ausgenommen. Beim öffentlichen Angebot von Aktien an einer (geschlossenen) PublikumsInvestmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital ist die erste Tatbestandsalternative des § 1 Abs. 1 WpPG erfüllt, so dass grundsätzlich von einer Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG auszugehen ist, sofern kein Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 und des § 4 WpPG einschlägig ist. IV. Prospektpflicht nach WpPG samt ergänzende Informationen nach § 269

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Die Prospektpflicht gemäß den §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 WpPG für öffentlich angebotene Aktien an (Publikums-)Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital im Sinne der §§ 140 bis 148 wird aufgrund der Vorgaben des Art. 23 Abs. 3 AIFM-Richtlinie ergänzt durch die Zusatzangaben des § 269. Bei den Vorgaben des Art. 23 Abs. 3 AIFM-Richtlinie handelt es sich um Wesentlichen um eine Beschreibung der Anlagestrategie und Ziele sowie der Anlagepolitik des AIF, eine Beschreibung der Art der Vermögenswerte, in die der AIF investieren darf, der Techniken, die er einsetzen darf und aller damit verbundenen Risiken, etwaiger Anlagebeschränkungen, der Umstände, unter denen der AIF Hebelfinanzierungen einsetzen und Sicherheiten verwenden darf und der damit verbundenen Risiken. Ferner sind die wichtigsten rechtlichen Auswirkungen der für die Tätigung der Anlage eingegangenen Rechtsbeziehungen, die Identität der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle, des Rechnungsprüfers und sonstiger Dienstleister zu nennen, Auslagerungstatbestände darzustellen und die Bewertungsverfahren, das Liquiditätsmanagement, der Art und Weise, wie die Kapitalverwaltungsgesellschaft die faire Behandlung der Anleger gewährleistet und sämtliche Entgelte, Gebühren und sonstige Kosten, die von den Anlegern mittelbar oder unmittelbar getragen werden, zu beschreiben. Des Weiteren ist anzugeben, wo und wann bestimmte Informationen offengelegt werden. Die Vorgaben der AIFM-Richtlinie hat der Gesetzgeber in § 269 umfassend in nationales Recht umgesetzt. Darüber hinaus enthält § 269 weitere Angabepflichten. Hinsichtlich der Mindestangaben gemäß § 269 i.V.m. § 165 im Einzelnen wird auf die Kommentierung zu § 269 verwiesen.

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Vgl Leuering/Simon NJW-Spezial 2006 27 ff. Vgl. Buck-Heeb Kapitalmarktrecht, 2013, S. 58. Vgl. Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/von Kopp-Colomb/Knobloch § 2 WpPG Rn. 36.

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E. Aktualisierungspflicht

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V. Subsidiäre Prospektpflicht nach § 268 Abs. 1 Satz 1 Die Ausnahme von der investmentrechtlichen Prospektpflicht des § 268 Abs. 1 Satz 1 57 für öffentlich angebotene Aktien an Publikum-Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital greift gemäß § 268 Abs. 1 Satz 3 nur, wenn ein Prospekt nach WpPG erstellt werden muss und die Zusatzangaben nach § 269 aufgenommen werden. Daraus folgt, dass bei Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes von der Prospektpflicht nach dem WpPG insbesondere nach § 3 Abs. 2 WpPG (Angebot an ausschließlich qualifizierte Anleger von Wertpapieren, Angebot von Wertpapieren in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums an weniger als 150 qualifizierte Anleger, Angebot an Anleger ab einem Mindestbetrag von 100.000 Euro pro Anleger pro Angebot, Angebot von Wertpaieren mit einer Mindeststückelung von 100.000 Euro, Angebot von Wertpapieren, die von CRR-Kreditinstituten oder am organisierten Markt zugelassenen Emittenten im Europäischen Wirtschaftsraum ausgegeben werden, mit einem jährlichen Gesamtgegenwert von weniger als 5 Mio. Euro, Angebot von Wertpapieren im Europäischen Wirtschaftsraum, deren jährlicher Gesamtgegenwert weniger als 8 Mio. Euro beträgt) die Regelung des § 268 Abs. 1 Satz 1 auch für das öffentliche Angebot von Aktien an Investmentaktiengesellschaften als subsidiärer Auffangtatbestand zur Anwendung kommt. Der Gesetzgeber nimmt somit Rückgriff auf die Prospektpflicht des KAGB, sofern ein Verkaufsprospekt für öffentlich angebotene Aktien an einer Publikums-Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital aufgrund einer Ausnahmebestimmung des WpPG nicht erstellt werden muss. Unter dem Regime des VerkProspG wurde ein Rückgriff noch verneint für den Fall, dass (nicht verbriefte) Wertpapiere aufgrund von Ausnahmen des WpPG keiner Prospektpflicht nach dem WpPG unterlagen.39 Das KAGB verfolgt indes unter Zugrundelegung eines materiellen Investmentvermögensbegriff einen umfassenden Regulierungsansatz mit den Zielen der Verbesserung der Anlegerschutzes und der Stärkung des Vertrauens in die Integrität der Märkte.40 Insofern ist davon auszugehen, dass § 268 Abs. 1 Satz 1 auch nach der Intention des Gesetzgebers als Auffangtatbestand anzusehen ist für den Fall, dass die wegen der europarechtlichen Vorgaben vorrangige grundsätzliche Prospektpflicht für Wertpapiere nach dem WpPG wegen einer Ausnahmebestimmung nicht greift. E. Aktualisierungspflicht E. Aktualisierungspflicht I. Allgemeine Aktualisierungspflicht (§ 268 Abs. 2 Satz 1) Die wesentlichen Anlegerinformationen sowie die Angaben von wesentlicher 58 Bedeutung im Verkaufsprospekt sind gemäß § 268 Abs. 2 Satz 1 von der Kapitalverwaltungsgesellschaft stets auf dem neuesten Stand zu halten. Die Regelung des § 268 Abs. 2 Satz 1 entspricht im Wesentlichen der aufgehobenen Regelung des § 42 Abs. 5 InvG. Während allerdings § 42 Abs. 5 InvG a.F. eine Aktualisierungspflicht auch bei den wesentlichen Anlegerinformationen nur bei wesentlichen Änderungen vorsah, hat der KAGB-Gesetzgeber diese Einschränkung – vermutlich in Reaktion auf die in der Literatur zu § 42 Abs. 5 InvG geäußerte Kritik, dass zweifelhaft sei, ob wesentliche Anlegerinformationen überhaupt unwesentliche Angaben enthalten können – fallen gelassen.41 Die Aktualisierungspflicht besteht laufend für den Fall, dass grundlegende Angaben im Ver-

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Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Bruchwitz VerkProspG, § 8f Rn. 52. Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 BTDrucks. 17/12294 S. 187. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 130.

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kaufsprospekt oder in den wesentlichen Anlegerinformationen aufgrund geänderter Tatsachen nicht mehr aktuell sind. Betreffen die Änderungen die gesetzlichen Mindestangaben des § 165 Abs. 2, so ist aufgrund der Wertung des Gesetzgebers davon auszugehen, dass es sich dabei um Angaben von wesentlicher Bedeutung handelt.42 Bei Blind-Pool-Konzeptionen wird eine Aktualisierungspflicht im Falle neu getätigter Investitionen davon abhängen, wie konkret die Investitionskriterien im Verkaufsprospekt bereits gefasst sind und ob dadurch die folgende Einzelinvestition bereits antizipiert wird. In diesem Fall wird der konzeptionsgemäß vorgesehene tatsächliche Erwerb eines Anlageobjekts keine für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben.43 Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Sofern im Verkaufsprospekt ergänzende Angaben gemacht werden, die nicht von wesentlicher Bedeutung sind, besteht bei Änderungen dieser Tatsachen und Umstände grundsätzlich keine Pflicht zur Anpassung des Verkaufsprospekts. Die Pflicht zur Aktualisierung des Verkaufsprospekts kann durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft erfüllt werden zum einen durch Erstellung eines neuen Verkaufsprospekts und zum anderen durch Erstellung eines Nachtrags zum Verkaufsprospekt in Form eines mit dem Verkaufsprospekt verbundenen Beiblatts. Bei der Erstellung eines gesonderten Prospektnachtrags muss allerdings sichergestellt sein, dass der durchschnittliche Anleger die darin enthaltenen Änderungen nachvollziehen kann, was zweifelhaft sein kann, wenn die Erläuterungen in dem Nachtrag nur durch mehrfachen Abgleich mit verschiedenen Passagen im Verkaufsprospekt verständlich sind.44 Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat der BaFin die Änderungen schriftlich mitzuteilen und den aktualisierten Verkaufsprospekt und die aktualisierten wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 316 Abs. 4 zu übermitteln. Diese Mitteilungs- und Übermittlungspflicht gegenüber der BaFin besteht bei sämtlichen Änderungen der Unterlagen des § 316 Abs. 1 ungeachtet ihrer Wesentlichkeit und Bedeutung für den Anleger und geht damit über die Aktualisierungspflicht gegenüber den Anlegern, die erst bei wesentlichen Änderungen ausgelöst wird, hinaus. Geplante Änderungen sind mindestens 20 Arbeitstage vor Durchführung der Änderungen mitzuteilen, ungeplante Änderungen unverzüglich nach Eintreten. Die Pflicht zur Aktualisierung der wesentlichen Anlegerinformationen enthält im Gegensatz zum Verkaufsprospekt keinen (weiteren) Wesentlichkeitsvorbehalt, da es sich bei den wesentlichen Anlegerinformationen entsprechend ihrer Bezeichnung bereits dem Grunde nach um wesentliche, das heißt grundlegende Angaben handelt. Regelmäßiger Aktualisierungsbedarf besteht bei den wesentlichen Anlegerinformationen beispielsweise nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres hinsichtlich des Ausweises der Gesamtkostenquote, die als eine Prozentzahl aus dem Verhältnis sämtlicher im Jahresverlauf getragener Kosten und Zahlungen zum Nettoinventarwert des Investmentvermögens ermittelt wird (vgl. § 270 Abs. 1 i.V.m. § 166 Abs. 5). Außerdem besteht mit Ablauf eines vollständigen Kalenderjahres regelmäßig ein Aktualisierungsbedarf im Hinblick auf die Darstellung der bisherigen Wertentwicklung.45 Die Pflicht zur Aktualisierung der wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 268 Abs. 2 wird über den Verweis in § 270 auf Art. 22 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 vom

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42 Vgl. Unzicker § 11 Rn. 21; Arndt/Voß/Könnecke/Voß VerkProspG, § 11 Rn. 19 entsprechend zur Begründung der Nachtragspflicht nach § 11 VerkProspG. 43 Vgl. Unzicker § 11 Rn. 27 entsprechend zur Begründung der Nachtragspflicht nach § 11 VerkProspG. 44 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 129. 45 Vgl. dazu im Einzelnen Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 268 Rn. 57.

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E. Aktualisierungspflicht

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1.7.201046 durch eine regelmäßige Prüfungspflicht unterstützt. Danach hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass die wesentlichen Anlegerinformationen mindestens alle zwölf Monate überprüft werden. Sie hat ferner außerhalb der Regelprüfung vor jeder vorgeschlagenen Änderung des Prospekts, der Anlagebedingungen oder der Satzung der Investmentgesellschaft eine Überprüfung vorzunehmen. Auch bei sonstigen Änderungen, die für die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben als grundlegend anzusehen sind, hat eine Überprüfung zu erfolgen. Geht aus der Überprüfung sowohl im Rahmen der Regelüberprüfung als auch bei einer anlassbezogenen Überprüfung hervor, dass eine Änderung der wesentlichen Anlegerinformationen erforderlich ist, so ist gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 VO (EU) Nr. 583/2010 unverzüglich eine überarbeitete Fassung zur Verfügung zu stellen. Resultiert die Änderung auf einer Entscheidung der Kapitalverwaltungsgesellschaft, insbesondere bei Prospekt- oder Vertragsänderungen, hat dies vor Wirksamwerden der Änderungen des Verkaufsprospekts oder des Vertrags zu geschehen. Bei einer Anpassung im Rahmen der Regelüberprüfung gemäß Art. 23 Abs. 3 VO (EU) Nr. 583/2010 sind die aktualisierten wesentlichen Anlegerinformationen spätestens 35 Kalendertage nach dem 31. Dezember des Vorjahres zu veröffentlichen. Gemäß § 268 Abs. 1 Satz 2 hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft dem Publikum die 64 aktuelle Fassung des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen auf der Internetseite zugänglich zu machen, so dass die Aktualisierungspflicht die Pflicht zur Zugänglichmachung gegenüber dem Publikum nach sich zieht. II. Aktualisierungspflicht während einmaliger Vertriebsphase (§ 268 Abs. 2 Satz 2) Bei geschlossenen Publikums-AIF mit einer einmaligen Vertriebsphase gilt die 65 Aktualisierungspflicht gemäß § 268 Abs. 2 Satz 2 nur für die Dauer der Vertriebsphase. Diese Vorschrift trägt in Anlehnung an § 13 Abs. 5 Satz 1 und § 11 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG dem Umstand Rechnung, dass bei geschlossen Publikums-AIF mit einer einmaligen zeitlich beschränkten Vertriebsphase eine Aktualisierung des Verkaufsprospektes und der wesentlichen Anlegerinformationen nur während der Vertriebsphase erforderlich ist, weil danach keine Zeichnung von Anteilen durch schutzbedürftige Anleger mehr erfolgt.47 Die einmalige Vertriebsphase stellt insofern in der Praxis der geschlossenen Fonds den Regelfall dar. Sie ist regelmäßig im Gesellschaftsvertrag auf einen bestimmten Zeitraum festgelegt, beginnt mit Aufnahme des statthaften Vertriebs und endet mit Vollplatzierung oder nach Fristablauf, sofern sie nicht ggf. von der Fondsgeschäftsführung oder den Gesellschaftern unter Berücksichtigung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen verlängert wurde. Die einmalige Vertriebsphase erstreckte sich bei geschlossenen Publikumsfonds in der Vergangenheit häufig über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr ggf. auch unter Berücksichtigung etwaiger Verlängerungsoptionen. Künftig werden die Anlagegrundsätze und Anlagebegrenzungen den Zeitraum der einmaligen Vertriebsphase des geschlossenen Publikums-AIF insofern beeinflussen, als gemäß § 262 Abs. 1 Satz 2 der

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46 Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Kommission vom 1.7.2010 zur Durchführung der Richtlinie 200)65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden (im Folgenden: „VO (EU) Nr. 583/2010“), ABl. L 176 vom 10.7.2010 S. 1 ff. 47 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 268 Abs. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 273.

365

Dorenkamp

§ 268

Erstellung von Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen

Grundsatz der Risikomischung und gemäß § 263 Abs. 5 die Leverage-Begrenzung spätestens 18 Monaten nach Vertriebsbeginn eingehalten werden müssen. III. Prospektnachtragspflicht gemäß § 316 Abs. 5 und Verhältnis zur Aktualisierungspflicht 66

Die Pflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Aktualisierung des Verkaufsprospekts während der (einmaligen) Vertriebsphase wird flankiert durch die Nachtragspflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 316 Abs. 5, sofern die Änderungen einen wichtigen neuen Umstand oder eine wesentliche Unrichtigkeit der Prospektangaben betreffen, die die Beurteilung des AIF oder der Kapitalverwaltungsgesellschaft beeinflussen könnten. In diesem Fall hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Änderungen unverzüglich als Nachtrag zum Verkaufsprospekt im Bundesanzeiger und in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen. Dem Anleger, der dem Publikums-AIF nach Eintritt des neuen Umstands oder Korrektur der Unrichtigkeit und vor Veröffentlichung des Prospektnachtrags beigetreten ist, steht gemäß § 305 Abs. 8 – in Anlehnung an den früheren § 11 Abs. 2 VermAnlG – ein Widerrufsrecht binnen zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Prospektnachtrags zu. Während die Nachtragspflicht durch Änderungen von wichtigen neuen Umständen 67 oder wesentlichen Unrichtigkeiten der Prospektangaben ausgelöst wird, betrifft die Aktualisierungspflicht Angaben von wesentlicher Bedeutung. Ungeachtet der teilweise differierenden Formulierung des Auslösungsmoments („wichtiger neuer Umstand“ bzw. „wesentliche Bedeutung“) lässt sich kaum ein Bedeutungsunterschied zu erkennen. Maßstab ist in beiden Fällen die Wesentlichkeit der Angabe für die Anlegerentscheidung. Insofern ist grundsätzlich von einem Gleichlauf der die Aktualisierungsund die Nachtragspflicht auslösenden Voraussetzungen auszugehen. Die weitgehenden Überschneidungen sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Aktualisierungspflicht aus dem InvG und die Nachtragspflicht aus dem VermAnlG übernommen wurden. F. PRIIP-Verordnung F. PRIIP-Verordnung

68

Ab 1.1.2018 findet – nach einjähriger Verschiebung – die die am 26.11.2014 beschlossene europäische Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products, kurz „PRIIP) Anwendung. Von der Verordnung betroffen sind „verpackte“ Anlageprodukte für Kleinanleger und einige Versicherungsanlageprodukte wie z.B. kapitalbildende Lebensversicherungen. Unter „verpackten“ Anlageprodukten sind solche Produkte zu verstehen, bei denen der Rückzahlungsanspruch des Anlegers Schwankungen unterliegt, die sich aufgrund der Abhängigkeit von Referenzwerten oder von der Entwicklung eines oder mehrerer Vermögenswerte, die nicht direkt vom Kleinanleger erworben werden, ergeben können.48 Publikums-AIF fallen in den Anwendungsbereich der PRIIP-Verordnung. Ziel der PRIIP-Verordnung ist es, einen gemeinschaftlichen Standard für die Kurzinformationsblätter verschiedener Anlageprodukte und Versicherungsprodukte zu schaffen. Durch Vereinheitlichung der Vorgaben

_____ 48

Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 268 Rn. 73.

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366

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

§ 269

für Format und Inhalt der Kurzinformationsblätter soll die Verständlichkeit und Vergleichbarkeit der Kurzinforationen verbessert werden. Einzelheiten zur Darstellung und zum Inhalt werden in Level-2-Maßnahmen festgelegt. Die PRIIP-Verordnung gilt unmittelbar mit ihrem Inkrafttreten. Sie orientiert sich inhaltlich zwar an den Vorgaben für die wesentlichen Anlegerinformationen der KIID-Verordnung,49 weicht aber hiervon auch in vielerlei Hinsicht ab.50 Geschlossene Publikums-AIF sind von den Verpflichtungen der PRIIP-Verordnung aufgrund deren Übergangsvorschrift des Art. 32 Abs. 2 bis zum 31.12. 2019 ausgenommen. https://doi.org/10.1515/9783110492217-056

§ 269 Mindestangaben im Verkaufsprospekt § 269 Mindestangaben im Verkaufsprospekt Dorenkamp Mindestangaben im Verkaufsprospekt

(1) Für den Verkaufsprospekt von geschlossenen Publikums-AIF gilt § 165 Absatz 1, 2 Nummern 1 bis 25 und 27 bis 40, Absatz 3 bis 5, 7 bis 9 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des in § 165 Absatz 2 Nummer 19 genannten Verweises auf §§ 168 bis 170, 212, 216 und 217 der Verweis auf die §§ 271 und 272 tritt und die Regelungen, soweit sie sich auf Teilinvestmentvermögen beziehen, nicht anzuwenden sind. (2) Zusätzlich sind folgende Informationen in den Verkaufsprospekt aufzunehmen: 1. bei geschlossenen Publikums-AIF in Form der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft, die Angabe, wie die Anteile übertragen werden können und in welcher Weise ihre freie Handelbarkeit eingeschränkt ist; 2. gegebenenfalls in Bezug auf den Treuhandkommanditisten: a) Name und Anschrift, bei juristischen Personen Firma und Sitz; b) Aufgaben und Rechtsgrundlage der Tätigkeit; c) seine wesentlichen Rechte und Pflichten; d) der Gesamtbetrag der für die Wahrnehmung der Aufgaben vereinbarten Vergütung; 3. bei geschlossenen Publikums-AIF, die in Vermögensgegenstände gemäß § 261 Absatz 1 Nummer 2 investieren, a) eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale von ÖPP-Projektgesellschaften; b) die Arten von ÖPP-Projektgesellschaften, die für den geschlossenen Publikums-AIF erworben werden dürfen, und nach welchen Grundsätzen sie ausgewählt werden; c) ein Hinweis, dass in Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen anderen organisierten Markt einbezogen sind, angelegt werden darf. (3) 1 Sofern bereits feststeht, in welche konkreten Anlageobjekte im Sinne von § 261 Absatz 1 Nummer 1 investiert werden soll, sind folgende Angaben zu den Anlageobjekten zusätzlich in den Verkaufsprospekt mit aufzunehmen: 1. Beschreibung des Anlageobjekts; 2. nicht nur unerhebliche dingliche Belastungen des Anlageobjekts;

_____ 49 50

Verordnung (EU) Nr. 583/2010 vom 1.7.2010, ABl. L 176 vom 10.7.2010 S. 1 ff. Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 268 Rn. 74 mit Beispielen.

367 https://doi.org/10.1515/9783110492217-056

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

3.

rechtliche oder tatsächliche Beschränkungen der Verwendungsmöglichkeiten des Anlageobjekts, insbesondere im Hinblick auf das Anlageziel; 4. ob behördliche Genehmigungen erforderlich sind und inwieweit diese vorliegen; 5. welche Verträge die Kapitalverwaltungsgesellschaft über die Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts oder wesentlicher Teile davon geschlossen hat; 6. den Namen der Person oder Gesellschaft, die ein Bewertungsgutachten für das Anlageobjekt erstellt hat, das Datum des Bewertungsgutachtens und dessen Ergebnis; 7. die voraussichtlichen Gesamtkosten des Anlageobjekts in einer Aufgliederung, die insbesondere Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie sonstige Kosten ausweist und die geplante Finanzierung in einer Gliederung, die Eigenund Fremdmittel gesondert ausweist, jeweils untergliedert nach Zwischenfinanzierungs- und Endfinanzierungsmitteln; zu den Eigen- und Fremdmitteln sind die Konditionen und Fälligkeiten anzugeben und in welchem Umfang und von wem diese bereits verbindlich zugesagt sind. 2 Steht noch nicht fest, in welche konkreten Anlageobjekte investiert werden soll, ist dies im Verkaufsprospekt anzugeben. Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Fleischer Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004 339; Köndgen Zur Theorie der Prospekthaftung, AG 1983 85; Moritz/Grimm Licht im Dunkel des „Grauen Markts“? – Aktuelle Bestrebungen zur Novellierung des Verkaufsprospektgesetzes, BB 2004 1352; dies. Die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung: Inhaltliche Anforderungen an Verkaufsprospekte geschlossener Fonds, BB 2005 337; Nickel Der Vertrieb von Investmentanteilen nach dem InvG, ZBB 2004 187; Schnauder Regimewechsel im Prospekthaftungsrecht bei geschlossenen Fonds, NJW 2013 3207; Spindler/Kasten Änderungen des WpHG durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), WM 2007 1245; Vollhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Vollhard/Wilkens Neue Entwicklungen zur Erlaubnispflicht für kollektive Anlagemodelle, DB 2008 2411; Voß Geschlossene Fonds unter dem Rechtsregime der MiFID?, BKR 2007 45.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen | 1 II. Entstehungsgeschichte der Norm | 3 III. Regelungsgegenstand | 6 IV. Anwendungsbereich | 9 Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF und Ausnahmen (§ 269 Abs. 1) I. Generalklausel (§ 165 Abs. 1) 1. Datumsangabe | 11 2. Erforderlichkeit der Prospektangaben | 12 3. Redliche, eindeutige und nicht irreführende Prospektangaben | 15

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II.

C.

Mindestangaben im Verkaufsprospekt (§ 165 Abs. 2) | 18 III. Kosten (§ 165 Abs. 3) | 70 IV. Geschäfte mit Derivaten (§ 165 Abs. 4) | 85 V. Volatilität (§ 165 Abs. 5) | 86 VI. Identität des Primebrokers (§ 165 Abs. 7) | 87 VII. Ergänzende Angaben (§ 165 Abs. 8) | 88 VIII. Prognosen (§ 165 Abs. 9) | 89 Zusatzinformationen (§ 269 Abs. 1) I. Übertragbarkeit und Handelbarkeit (§ 269 Abs. 2 Nr. 1) | 90 1. Übertragbarkeit | 91 2. Einschränkung der freien Handelbarkeit | 93

368

A. Allgemeines

II.

D.

Angaben zum etwaigen Treuhandkommanditisten (§ 269 Abs. 2 Nr. 2) | 96 1. Name, Anschrift, bei juristischen Personen Firma, Sitz (§ 269 Abs. 2 Nr. 2a) | 97 2. Aufgaben und Rechtsgrundlage der Tätigkeit sowie wesentliche Rechte und Pflichten (§ 269 Abs. 2 Nr. 2b und 2c) | 98 3. Gesamtbetrag der Vergütung (§ 269 Abs. 2 Nr. 2d) | 100 III. Angaben zum Erwerb von Anteilen an ÖPP-Projektgesellschaften (§ 269 Abs. 2 Nr. 3) | 101 Angaben zu bestehenden Anlageobjekten (§ 269 Abs. 3) I. Regelungsgegenstand | 102 II. Beschreibung (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) | 103 III. Dingliche Belastungen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2) | 104

§ 269

IV.

E.

Beschränkungen der Verwendungsmöglichkeiten (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) | 105 V. Behördlichen Genehmigungen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4) | 106 VI. Verträge über die Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5) | 107 VII. Bewertungsgutachten (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6) | 109 VIII. Voraussichtliche Gesamtkosten und Finanzierung (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7) | 110 IX. Blind-Pool-Angabe (§ 269 Abs. 3 Satz 2) | 113 X. Sonstige Angaben nach anderen Vorschriften | 114 Prospekthaftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft | 117

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen Art. 23 AIFM-Richtlinie1 bildet den europäischen Rechtsrahmen für die Informa- 1 tionspflichten des AIFM gegenüber den Anlegern beim Vertrieb von AIF. Die Vorschrift setzt Mindeststandards hinsichtlich der Informationspflichten gegenüber den Anlegern, die die nationalen Gesetzgeber umzusetzen haben. Art. 43 Abs. 1 AIFM-Richtlinie räumt zudem den nationalen Gesetzgebern die Möglichkeit ein, den Vertrieb von AIF-Anteilen an Kleinanleger zu gestatten und dabei strengere Vorgaben zu machen, als sie die AIFMRichtlinie fordert.2 Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem er 2 generell den Vertrieb von Publikums-AIF an Privatanleger zulässt und für geschlossene Publikums-AIF mit der Regelung des § 269 die europäischen Vorgaben hinsichtlich der Informationspflichten gegenüber den Anlegern umsetzt sowie weitere Informationspflichten begründet, die teils aus dem aufgehobenen InvG und teils der – früher für ansonsten unregulierte geschlosse Fonds geltenden – VermVerkProspV entnommen sind. II. Entstehungsgeschichte der Norm § 269 Abs. 1 verweist im Wesentlichen auf § 165, dessen Absätze 1 und 2 abgesehen 3 von redaktionellen Anpassungen, die Regelungen der aufgehobenen § 42 Abs. 1 Sätze 2 und 3 InvG übernehmen. Deren Vorgängerregelungen wiederum waren die §§ 8 Abs. 3a

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1 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011 S. 1 ff. 2 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 43 Rn. 2 ff.

369

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

Satz 4, 8c Abs. 3 Nr. 3 und insbesondere der § 19 KAGG. § 165 Abs. 3 geht im Wesentlichen auf die Regelung des aufgehobenen § 41 InvG zurück, der durch das InvModG in das InvG eingeführt worden war und bestimmte Transparenzanforderungen an die Kostenstruktur stellte. Die Absätze 4 und 5 des § 165 übernehmen mit redaktionellen Anpassungen die Regelungen des § 42 Abs. 3 und 4 InvG a.F. Im Rahmen der durch das OGAW-VUmsetzungsgesetz3 erfolgten punktuellen Änderungen des KAGB wurden auch einige der Mindestangaben des § 165 geändert und neue Mindestangaben eingeführt. So wurden die Mindestangaben zur Verwahrstelle in § 165 Nr. 32 und 33 neu gefasst, eine neue Nr. 34 wurde eingeführt, die Nr. 37 mit Angaben zur Haftungsfreistellung wurde gestrichen, da die Möglichkeit der vertraglichen Haftungsbeschränkung der Verwahrstelle entfallen ist. Ferner wurde durch das Finanzmarktnovellierungsgesetz4 eine neue Nr. 40 zu den Einzelheiten der Vergütungspolitik der Kapitalverwaltungsgesellschaft eingefügt. Als Folgeänderung den Änderungen des § 165 Abs. 1 wurden auch in § 269 Abs. 1 die Verweisungen auf § 165 Abs. 2 angepasst. § 269 Abs. 2 Nr. 1 basiert auf § 4 Satz 1 Nr. 3 VermVerkProspV und § 269 Abs. 2 Nr. 2 4 auf § 12 Abs. 3 VermVerkProspV, während § 269 Abs. 2 Nr. 3 mit redaktionellen Anpassungen die Regelung des aufgehobenen § 90e Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InvG übernimmt. § 269 Abs. 3 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen § 9 Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 7 und 9 5 der VermVerkProspV. III. Regelungsgegenstand § 269 regelt die gesetzlichen Mindestangaben für den Verkaufsprospekt eines geschlossenen Publikums-AIF. Der Verkaufsprospekt, der Teil der Verkaufsunterlagen im Sinne des § 297 Abs. 2 Satz 2 ist, dient als Grundlage der Investitionsentscheidung der Anleger und muss daher alle Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit sich die Anleger ein begründetes Urteil über die Kapitalanlage bilden können. Die Anlegeraufklärung mittels des Verkaufsprospekts erfolgt zum Schutze der Anleger und wird im Falle von Prospektfehlern flankiert durch einen Prospekthaftungsanspruch der Anleger nach § 306 Abs. 1. 7 Der Gesetzgeber verweist in § 269 Abs. 1 hinsichtlich der gesetzlichen Mindestangaben des Verkaufsprospekts für geschlossenen Publikums-AIF auf wesentliche Regelungen für offene Publikums-AIF in § 165. Während § 165 als eine Art prospektrechtliche Generalklausel die allgemeinen Prospektgrundsätze zum Gegenstand hat, enthält § 165 Abs. 2 einen Katalog konkreter Pflichtangaben. § 165 Abs. 3 enthält Regelungen zu den Kostenangaben einschließlich Ausgabeaufschlag, § 165 Abs. 4 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Geschäfte mit Derivaten getätigt werden dürfen und § 165 Abs. 5 verlangt einen Hinweis im Fall erhöhter Volatilität. Zudem sind gemäß § 165 Abs. 7 Angaben zu einem etwaigen Primebroker zu machen. § 165 Abs. 8 enthält einen Auffangtatbestand, wonach die BaFin über die ausdrücklich gesetzlich geregelten Pflichtangaben hinaus die Aufnahme weiterer Angaben verlangen kann, wenn sie es für erforderlich hält. Ferner sind gemäß § 165 Abs. 9 etwaige Prognosen im Verkaufsprospekt als solche zu kennzeichnen.

6

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3 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen vom 28.1.2016, BGBl. I 2016, S. 348 ff. 4 Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. FiMaNoG) vom 23.6.2017 BGBl. I 2017, S. 1693 ff.

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370

§ 269

B. Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF

Die Regelungen des § 269 Abs. 2 und 3 übernehmen im Wesentlichen bestimmte 8 Pflichtangaben für geschlossene Fonds aus der VermVerkProspV und tragen damit den Besonderheiten von geschlossenen Publikum-AIF Rechnung. Dabei handelt es sich neben der etwaigen mittelbaren Beteiligung der Anleger über einen Treuhänder vor allem um den Umstand, dass die geschlossenen Publikums-AIF häufig bereits identifizierte Anlageobjekte im Anlageportfolio haben. IV. Anwendungsbereich § 269 findet Anwendung auf den Inhalt von Verkaufsprospekten für geschlossene 9 Publikums-AIF. Die Parallelvorschrift für offene Publikums-AIF ist § 165, auf dessen Regelungen in § 269 Abs. 1 umfänglich verwiesen wird (wenige Regelungen wie Angaben zur Nachbildung von Wertpapierindizies nach § 165 Abs. 2 Nr. 6 zum Teilinvestmentvermögen nach § 165 Abs. 2 Nr. 26, die für geschlossene Publikums-AIF nicht relevant sind, ausgenommen). Die Pflicht zur Erstellung von Verkaufsprospekten selbst ergibt sich bei geschlossenen Publikums-AIF grundsätzlich aus § 268. Gemäß § 268 Abs. 1 Satz 3 ist § 269 darüber hinaus ausdrücklich auch anwendbar bei 10 Verkaufsprospekten über Aktien an AIF-Publikums-Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital, die der vorrangigen Prospektpflicht nach dem Wertpapierverkaufsprospektgesetz (WpPG) unterliegen. B. Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF und Ausnahmen (§ 269 Abs. 1) B. Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF I. Generalklausel (§ 165 Abs. 1) 1. Datumsangabe. Der Verkaufsprospekt eines offenen Publikumsinvestmentver- 11 mögens muss gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz mit einem Datum versehen sein. Das Datum der Prospektaufstellung ist der Zeitpunkt, auf den sich die Vollständigkeit und Richtigkeit der Prospektangaben bezieht.5 Nach diesem Datum trifft die Kapitalverwaltungsgesellschaft als Prospektverantwortliche eine Aktualisierungspflicht hinsichtlich wesentlicher neuer Informationen. Die Datumsangabe muss nicht auf dem Deckblatt enthalten sein, sondern kann auch auf der Folgeseite z.B. unter dem Vorwort oder der Erklärung zur Übernahme der Prospektverantwortung erfolgen. 2. Erforderlichkeit der Prospektangaben. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 12 muss der Verkaufsprospekt die Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit sich der Anleger ein begründetes Urteil über die Anlage in das Investmentvermögen und die damit verbundenen Risiken bilden kann. Enthält der Verkaufsprospekt die in dem vorstehenden Sinne erforderlichen Angaben nicht, ist er unvollständig und löst damit den Prospekthaftungstatbestand des § 306 aus.6 Insofern kommt der Norm eine Funktion als „prospektrechtliche Generalklausel“ zu. § 165 Abs. 1 bestimmt im Sinne eines Auffangtatbestands allgemein, dass der Verkaufsprospekt alle für die begründete Urteilsbildung des Anlegers in Bezug auf die Kapitalanlage erforderlichen Angaben enthalten muss. Eine begründete Urteilsbildung durch den Anleger setzt insbesondere auch eine umfassende Risikoaufklärung voraus. Der Anleger muss über die Risi-

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371

Vgl. auch von Ammon/Izzo-Wagner § 165 Rn. 13; Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 269 Rn. 25. Vgl. Zingel § 306 Rn. 8.

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

ken der Kapitalanlage im Verkaufsprospekt hinreichend aufgeklärt werden, damit er selbständig entscheiden kann, ob er die Beteiligung trotz der Risiken um der Chancen willen eingeht. Die generalklauselartige Formulierung des § 165 Abs. 1 bringt es mit sich, dass die Vorschrift keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Risikoaufklärung im Verkaufsprospekt enthält. Anders als die auf Grundlage des VerkProspG erlassene VermVerkProspV enthält das KAGB keine Vorgabe darüber, dass die Risiken der Kapitalanlage in einem gesonderten Abschnitt des Verkaufsprospekt ohne jegliche Risikorelativierung („Bruttorisikodarstellung“) darzustellen sind. Aus Anlegerschutz- und Prospekthaftungsgründen erscheint eine gesonderte, umfassende und in sich geschlossene Risikodarstellung, die möglichst weit vorn im Verkaufsprospekt platziert wird, ähnlich wie von der VermVerkProspV gefordert, aber jedenfalls sinnvoll. Hinsichtlich der Risikodarstellung kann sich der Prospektersteller an § 2 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VermVerkProspV orientieren, wonach die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen Vermögensanlagen in einem gesonderten Abschnitt, der nur diese Angaben enthält, darzustellen sind. Dabei ist das den Anleger treffende maximale Risiko in seiner Größenordnung zu beschreiben. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat als Prospektersteller zu beurteilen, welche 13 Angaben in diesem Sinne „erforderlich“ sind, dass sie von einem durchschnittlichen bzw. durchschnittlich verständigen Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt werden.7 Die prospektverantwortliche Kapitalverwaltungsgesellschaft hat den für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Angaben notwendigen Einblick in die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, auf die es bei der Prospekterstellung ankommt. Im Zweifel sind jedoch auch solche Informationen aufnehmen, die nach objektiver Wertung für die Anlageentscheidung relevant sein können, auch wenn ihre Darstellung im Verkaufsprospekt Verständnisschwierigkeiten aufwerfen kann.8 Zu den erforderlichen Angaben gehören auch Informationen über den Kreis der mit dem Verkaufsprospekt adressierten Anleger. Umgekehrt sind auch die vom Angebot explizit ausgeschlossenen Anleger aufzunehmen z.B. im Fall von Verkaufsverboten oder Vertriebsbeschränkungen für bestimmte Personenkreise und Länder oder im Fall von konzeptionsbedingten Ausschlüssen von Anlegern bestimmter Nationen wegen ansonsten für den Fonds drohenden Steuernachteilen. Die Aufnahme unwesentlicher Angaben ist grundsätzlich unvereinbar mit dem 14 Erforderlichkeitsgebot und daher nur in bestimmen Grenzen akzeptabel. Das Erforderlichkeitsgebot soll gewährleisten, dass das Ziel der informierten Anlageentscheidung nicht durch Überladung des Prospekts mit unwesentlichen Informationen („information overload“) torpediert wird. Ausführliche werbliche Aussagen können dieser Zielsetzung ebenso abträglich sein wie eine übermäßig ablenkende graphische Gestaltung. Dies bedeutet aber umgekehrt nicht, dass der Verkaufsprospekt keine werblichen Aussagen, Graphiken oder Fotos enthalten darf. Diese sind vielmehr als werbliche und nichtwesentliche Angaben neben den Angaben von wesentlicher Bedeutung zulässig und können auch mit diesen gemischt werden, soweit dadurch das Verständnis der wesentlichen Angaben nicht beeinträchtigt wird.9 Insoweit gilt grundsätzlich auch nach dem KAGB wie bei der Prospektierung von Vermögensanlagen nach dem VerkPropG bzw. dem VermAnlG, dass freiwilligen Angaben grundsätzlich zulässig sind, sofern dadurch

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7 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 15; Berger/Steck/Lübbehüsen/Schmitz § 42 Rn. 14. 8 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 15. 9 Vgl. Baur § 19 Rn. 26.

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B. Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF

§ 269

der Prospekt nicht unübersichtlich wird und kein zu günstiges Gesamtbild der Vermögensanlage geschaffen wird.10 Dem Verkaufsprospekt kommt neben der Informationsund Enthaftungsfunktion in gewissem Umfang auch die Funktion eines Werbeinstruments zu, solange dadurch dessen Aufklärungsfunktion nicht beeinträchtigt wird und gemäß der Wertung des § 302 Abs. 7 Nr. 1 von werblichen Aussagen, die geeignet sind, in irreführender Weise den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, abgesehen wird.11 Die Einschätzung der Relevanz und Erforderlichkeit von Informationen sowie des Grads, bis zu dem auch unwesentliche und werbliche Informationen, Graphiken und Fotos in den Verkaufsprospekt aufgenommen werden dürfen, ist objektiv kaum zweifelsfrei möglich, so dass die Entscheidung darüber letztlich der Kapitalverwaltungsgesellschaft überlassen bleibt. Abzulehnen sind Informationen in einem Verkaufsprospekt daher nur dann, wenn ihre Darstellung für den Anleger nicht von erkennbarer Entscheidungsrelevanz ist und ihn außerdem unangemessen überfordert oder verwirrt.12 Insofern bleibt unterhalb der Erforderlichkeitsschwelle Raum für „freiwillige Angaben“, die zwar einerseits nicht für eine zutreffende Beurteilung der Kapitalanlage erforderlich sind, deren Aufnahme in den Verkaufsprospekt indes andererseits eine solche Beurteilung auch nicht beeinträchtigt. Allerdings sind auch freiwillige Angaben an den Grundsätzen der Prospektierung zu messen, so dass ein Prospekt nicht durch freiwillige Angaben unübersichtlich werden und auch kein zu günstiges Gesamtbild der Kapitalanlage schaffen darf.13 3. Redliche, eindeutige und nicht irreführende Prospektangaben. Der Verkaufs- 15 prospekt muss gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 redlich und eindeutig und darf nicht irreführend sein. Die Redlichkeits- und Eindeutigkeitsgebote und das Irreführungsverbot waren in der Vorgängervorschrift des § 42 InvG lediglich im Hinblick auf die wesentlichen Anlegerinformationen in Absatz 2 enthalten; sie sind ausdrückliche Grundsätze der wesentlichen Anlegerinformationen nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 583/201014 vom 1.7.2010 betreffend die wesentlichen Anlegerinformationen und der Wertpapierinformationen nach Art. 19 der Richtlinie (EU) Nr. 2004/3915 vom 21.4.2004 und haben Eingang in § 31 Abs. 2 Satz 1 WpHG gefunden. § 165 Abs. 1 Satz 2 übernimmt diesen wesentlichen Grundsatz der Anlegerinformation nun auch für den Verkaufsprospekt. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich um eine Klarstellung insofern, als der Verkaufsprospekt nicht hinter den Anforderungen für die wesentlichen Anlegerinformationen

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10 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Bruchwitz VerkProspG, § 8g Rn. 18; Kümpel/Hammen/Eckenga/Gebauer KPMR Nr. 100, S. 34. 11 Vgl. BaFin-Merkblatt für Anzeigen bei dem beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 KAGB vom 17.6.2014, S. 23, abrufbar auf der homepage der BaFin unter der Rubrik Aufsicht: http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Merkblatt/WA/dL_140617_merkbl_320-kagb.pdf, wonach die BaFin diese Vorgabe ausdrücklich auch auf den Verkaufsprospekt bezieht. 12 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 15; Berger/Steck/Lübbehüsen/Schmitz InvG/InvStG, § 42 Rn. 17; Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer KAGG, § 19 Rn. 23. 13 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Bruchwitz § 8g Rn. 18; Kümpel/Hammen/Eckenga/Gebauer KPMR Nr. 100, S. 34. 14 Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Kommission vom 1.7.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden, ABl. L 176 vom 10.7.2010 S. 1 ff. 15 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ABl. L 145 vom 30.4.2004 S. 1.

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Mindestangaben im Verkaufsprospekt

zurückstehen darf.16 Insoweit ist hinsichtlich dieser grundsätzlichen inhaltlichen Anforderungen eine Harmonisierung zwischen den beiden Formen der Anlegerinformation erfolgt. 16 „Redlich“17 sind die Prospektangaben, wenn sie sachlich zutreffend und wahr sind und keinen falschen Anschein erwecken. Auch wenn im deutschen Recht „redlich“ immer eine subjektive Anforderung an einen Menschen, dessen Handlung oder Motivation kennzeichnet, ist damit im Kontext der Prospekt- und Anlegerinformationen eine objektive Anforderung gemeint, nämlich das Wahrheitsgebot.18 Insbesondere eine unvollständige Darstellung von für die Anlageentscheidung relevanter Tatsachen z.B. durch bewusstes Weglassen negativer Umstände ist als unredlich anzusehen. Die BaFin hat im Zusammenhang mit dem WpHG als Mindestanforderung für die Redlichkeit formuliert, dass „wesentliche Informationen nicht unerwähnt bleiben dürfen“.19 Damit bleibt sie allerdings hinter dem Vollständigkeitsgebot zurück.20 Die Unvollständigkeit ist Bestandteil der Richtigkeit des Verkaufsprospekts.21 Ist der Prospekt unvollständig, so ist er zugleich unrichtig; die Unvollständigkeit stellt nur einen Unterfall der Unrichtigkeit dar.22 „Eindeutig“ sind die Prospektangaben, wenn ein durchschnittlicher Anleger sie versteht.23 Die Ausdrucksweise im Verkaufsprospekt darf weder vage oder mehrdeutig sein noch dürfen Ausführungen an anderer Stelle im Verkaufsprospekt relativiert werden. „Nicht irreführend“ sind die Prospektangaben, wenn der Durchschnittsanleger die Prospektinformation versteht; Fehlvorstellungen einzelner sind dabei unbeachtlich. Für das Kriterium der Irreführung kommt es entscheidend auf den Empfängerhorizont an, unerheblich ist, ob eine Irreführung durch den Prospektverantwortlichen beabsichtigt war.24 Trotz sachlich zutreffender Einzelangaben darf die gewählte Darstellungsform keinen falschen Eindruck vermitteln (z.B. durch unzutreffende Gewichtung bedeutsamer und nicht bedeutsamer Informationen). Begriffe, die nicht zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören, sind zu erläutern. Fachbegriffe oder Begriffe, die unterschiedlich ausgelegt werden können, müssen eindeutig und allgemein verständlich definiert sein und dürfen nicht irreführend verwendet werden. Entsprechendes gilt für die Formulierung von Beschreibungen und Darstellungen von Sachverhalten und Schlussfolgerungen. Sprachlich stilistisch sollten lange Sätze, Passivwendungen und komplizierte Wendungen vermieden werden.25 Es liegt auf der Hand, dass das Redlichkeitsgebot, das Eindeutigkeitsgebot und das 17 Irreführungsverbot wegen der unterschiedlichen Wahrnehmung des Einzelnen in der Prospektpraxis nicht ohne weiteres objektivierbar sind. Den objektiven Maßstab des durchschnittlich verständigen Anlegers gibt es nicht. Letztlich kommt es auf den Gesamteindruck der Prospektinformationen an. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Prospekt mehrdeutig und irreführend ist beispielsweise, wenn bei der Prüfung des Verkaufsprospekts durch die BaFin mehrere Sachbearbeiter herangezogen werden müssen, die

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16 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 165 Abs. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 255. 17 Rein grammatisch bedeutet das Wort „redlich“ rechtsschaffend, aufrichtig, ehrlich und verlässlich, vgl. Wermke/Kunkel-Razjm/Scholze-Stubenrecht Duden – Das Bedeutungswörterbuch Bd. 10, S. 722. 18 Vgl. Hirte/Möllers/Möllers § 31 Rn. 196. 19 Vgl. Ziff. 1.1 BaFin-Rundschreiben 1/2010 (WA). 20 Vgl. Hirte/Möllers/Möllers § 31 Rn. 198. 21 Vgl. Arndt/Voß/Voß VerkProspG, § 8g Rn. 11; Kümpel/Hammen/Ekkenga/Gebauer KPMR Nr. 100, S. 31. 22 Vgl. Unzicker § 2 VermVerkProspV Rn. 6. 23 Vgl. Hirte/Möllers/Möllers § 31 Rn. 201. 24 Vgl. Hirte/Möllers/Möllers § 31 Rn. 203. 25 Vgl. Arndt/Voß/Voß VerkProspG, § 8g Rn. 13; Kümpel/Hammen/Ekkenga/Gebauer KPMR Nr. 100, S. 32.

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unabhängig voneinander zu gravierenden Abweichungen bei dem Verständnis des Verkaufsprospekts kommen.26 II. Mindestangaben im Verkaufsprospekt (§ 165 Abs. 2) § 269 Abs. 1 verweist hinsichtlich des Mindestinhalts der Verkaufsprospekte weitgehend auf § 165 Abs. 2 als die entsprechende Vorschrift für offene Publikumsinvestmentvermögen, wobei der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung die Besonderheiten von geschlossenen Publikums-AIF berücksichtigen hat.27 Anders als nach § 2 VermVerkProspV verlangt das KAGB keine sog. „Negativtestate“ für den Fall, dass eine Pflichtangabe des § 165 Abs. 2 erkennbar nicht relevant ist für den betreffenden Publikums-AIF.28 § 165 Abs. 2 schreibt neben dem Namen des Investmentvermögens, auf das sich der Verkaufsprospekt bezieht, einzelne enumerativ aufgeführte Mindestangaben im Verkaufsprospekt vor. Die in § 165 Abs. 2 genannten Mindestangaben entsprechen im Wesentlichen denen des bisherigen § 42 Abs. 1 InvG und wurden ergänzt um die Vorgaben des Art. 23 AIFM-Richtlinie.29 Der Reihenfolge der enumerativen, nicht abschließenden Aufzählung der Mindestangaben in § 165 Abs. 2 kommt keine Bedeutung zu. Anders als bei den Prospektbilligungsverfahren für Vermögensanlagen verlangt die BaFin im Rahmen des Vertriebsanzeigeverfahrens nach § 316 auch keine sog. „Überkreuz-Checkliste“, um die im Verkaufsprospekt verstreuten Pflichtangaben einfacher abprüfen zu können. Hinsichtlich der Kommentierung der gesetzlichen Mindestprospektangaben des § 165 Abs. 2 wird auf die entsprechenden Ausführungen zu § 165 Abs. 2 unter Rn. 23 bis 77 verwiesen, sofern nachfolgend nicht gesondert auf die geschlossene Publikums-AIF betreffenden Angaben eingegangen wird. Im Einzelnen sieht § 165 Abs. 2 folgende Mindestangaben vor: Nr. 1 regelt, dass der Zeitpunkt der Auflegung des Investmentvermögens sowie die Laufzeit angegeben werden muss. Als Zeitpunkt der Auflegung ist bei geschlossenen Publikums-AIF ähnlich wie nach § 5 Nr. 2 VermVerkProspV der Zeitpunkt der Gründung der Investmentgesellschaft anzugeben. Dies ist bei der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft bzw. bei der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital grundsätzlich der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister. Darüber hinaus kann im Einzelfall auch der Zeitpunkt der Vorgründung relevant sein, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Prospektaufstellung noch nicht im Handelsregister eingetragen ist.30 Im Fall der sog. wirtschaftlichen Neugründung, insbesondere bei Verwendung einer Vorratsgesellschaft, bei der die gesamte Gesellschaftsstruktur (Gesellschafter, Gesellschaftszweck, Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführer) verändert wird und die ursprüngliche Gesellschaft damit lediglich als Hülle verbleibt, ist regelmäßig auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Änderung zur Eintragung in das Handelsregister abzustellen.31 Die Lauf-

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26 Vgl. Arndt/Voß/Voß § 2 VerkProspV Rn. 52. 27 Vgl. RegBegr zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 269 Abs. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. 28 Die noch in der Vorauflage vorgeschlagene Empfehlung, die wegen der gesetzlichen Wertung stets als wesentlichen Prospektangaben anzusehenden Pflichtangaben nach § 165 Abs. 2 bei Nichtzutreffen vorsichtshalber mit einer Negativerklärung zu versehen, wird angesichts der zwischenzeitlichen Praxisentwicklung fallen gelassen. 29 Vgl. RegBegr zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 165 Abs. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 256. 30 Vgl. hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 269 Rn. 48. 31 Vgl. hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 269 Rn. 49.

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zeit ist bei geschlossenen (Publikums-)AIF insofern von entscheidender Bedeutung, als geschlossene AIF sich gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 232 in Abgrenzung zu offenen AIF dadurch definieren, dass ihre Anteile nicht zurückgekauft oder zurückgenommen werden dürfen.33 Gemäß der Aufsichtspraxis muss der geschlossene AIF eine feste Laufzeit aufweisen, innerhalb derer die Anteile nicht zurückgegeben und auch nicht ordentlich gekündigt werden dürfen, und nach deren Ablauf die Investmentgesellschaft, gegebenenfalls auch nach einer von den Gesellschaftern beschlossener Laufzeitverlängerung, abgewickelt wird.34 Nach Nr. 2 muss an hervorgehobener Stelle eine Beschreibung der Anlageziele 22 des Investmentvermögens einschließlich der finanziellen Ziele sowie eine Beschreibung der Anlagepolitik und -strategie einschließlich etwaiger Konkretisierungen und Beschränkungen bezüglich dieser Anlagepolitik und -strategie erfolgen. Dadurch soll einem durchschnittlichen Anleger ein richtiges Gesamtbild von den Anlagegegenständen, ihren Risiken und Auswirkungen auf die finanzielle Beurteilung der Anlage vermittelt werden, wobei umso umfassender über die Auswirkungen einer nur eingeschränkten Risikomischung aufgeklärt werden muss, je spezialisierter die Anlagepolitik ist.35 Unter einer hervorgehobenen Stelle im Verkaufsprospekt wird eine Stelle verstanden, die dem Anleger selbst bei flüchtiger Lektüre des Verkaufsprospekts sofort ins Auge springt.36 In der Prospektierungspraxis wird man allerdings kreativ sein müssen, um die thematisch bedingt umfassendere, oft mehrseitige Darstellung der Angaben zu § 165 Abs. 2 Nr. 2 „an hervorgehobener Stelle“ im Verkaufsprospekt platzieren zu können z.B. durch drucktechnische Hervorhebung der Kernaussagen.37 Insofern dürfen an dieses Kriterium nicht allzu große Anforderungen gestellt werden. Anlageziele sind beispielsweise Kapitalwachstum, Kapitalerhalt und – insbesonde23 re bei geschlossenen Publikums-AIF – das Erzielen stetiger Erträge. Die Anlagepolitik hat zu beschreiben, wie diese Ziele von der Kapitalverwaltungsgesellschaft verfolgt werden, ohne dass dabei auf Einzelheiten der Anlageentscheidungs- und Anlageverwaltungsprozesse eingegangen werden muss. Bei Investitionen von geschlossenen Publikums-AIF ist insbesondere der Grundsatz der Risikomischung des § 262 zu beachten, dem zufolge spätestens 18 Monate nach Vertriebsbeginn entweder in mindestens drei – im Wesentlich wertmäßig gleich verteilte – Sachwerte investiert werden muss oder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Streuung des Ausfallrisikos (z.B. eine Immobilie mit unterschiedlicher Mieterstruktur) gewährleistet ist. Während die Anlagebedingungen zusammen mit dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung der Investmentgesellschaft den Rechtsrahmen für die Anlagepolitik- und Anlagestrategie bilden, stellt der

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32 Vgl. die Gesetzesfassung des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes v. 5.5.2014 (sog. „KAGB-Reparaturgesetz“); BTDrucks. 18/1648 S. 13. 33 Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 4 Nr. 2, wonach offene AIF solche sind, die die Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission vom 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds (ABl. L 183 vom 24.6.2014, S. 18 erfüllen. 34 Vgl. BaFin-Merkblatt zur Laufzeitverlängerung in den Anlagebedingungen geschlossener PublikumsAIF in der Rechtsform der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft vom 4.11.2014, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/WA/mb_141104_laufzeitverlaenger ung_aif_investment-kg.html. 35 Vgl. Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 6 Rn. 291. 36 Vgl. Arndt/Voß/Arndt/Bruchwitz VerkProspG, § 8g Rn. 21 mit weiteren Nachweisen. 37 Vgl. hierzu ausführlich (einschließlich der Darstellung der unterschiedlichen KAGB-Hervorhebungen allgemein) Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 269 Rn. 53.

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Verkaufsprospekt das primäre Informationsmedium für den Anleger dar. Der Verkaufsprospekt darf insofern über den Detailgrad der Anlagebedingungen hinausgehen. Dies wird in der Fondspraxis auch erforderlich sein, um den Anleger ausreichend über die Anlagepolitik und Anlagestrategie des geschlossenen Publikums-AIF zu informieren. Die Anlagebedingungen der geschlossenen Publikums-AIF werden voraussichtlich wegen ihrer „faktischen Unabänderbarkeit“ – eine Änderung bedarf gemäß § 267 Abs. 3 einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Zeichnungskapitals – nicht über einen grob gezeichneten Rahmen der Anlagepolitik und -strategie hinausgehen. Insofern wird der Verkaufsprospekt ein sich daraus ergebendes Informationsdefizit gegenüber den Anlegern kompensieren müssen. Andererseits muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft beachten, dass sie umso mehr an die Beschreibung im Verkaufsprospekt gebunden ist, je konkreter die Beschreibung der Anlagepolitik darin erfolgt. Dies hat gegebenenfalls zur Folge, dass sie bei sich ändernden wesentlichen Umständen eine Aktualisierung des Verkaufsprospekts nach § 268 Abs. 2 vornehmen muss bzw. eine Nachtragspflicht nach § 316 Abs. 5 ausgelöst wird. Der Begriff der „Anlagestrategie“ war bisher weder in § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 14 InvG noch in § 9 Abs. 1 VermVerkProspV enthalten und geht auf Art. 23 Abs. 1a AIFMRichtlinie zurück. Inhaltlich ergeben sich insoweit keine signifikanten Neuerungen, da die Beschreibung der Anlagepolitik in der Regel bereits die Anlagestrategie zur Erreichung des Anlageziels mit abdeckt. Der Prospekt hat ferner eine Beschreibung der Art der Vermögensgegenstände, in 24 die das Investmentvermögen investieren darf, zu enthalten. Die Anlagebedingungen haben gemäß § 266 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 2 Nr. 1 die Art der vom Investmentvermögen zu erwerbenden Vermögensgegenstände festzulegen und bestimmen damit dessen Typus. Unterfällt das Publikumsinvestmentvermögen beispielsweise einer Fondskategorie der Fondskategorien-Richtlinie,38 so sollte entsprechend im Verkaufsprospekt darauf hingewiesen werden. Geschlossene Publikums-AIF haben im Rahmen ihrer Anlagepolitik und -strategie den Katalog der zulässigen Vermögensgegenstände nach § 261 zu beachten und dürfen zudem nach dem Aufsichtsregime der BaFin nur in solche zulässigen Vermögensgegenstände investieren, hinsichtlich derer die Geschäftsleitung Fach- bzw. „Asset“-Kompetenz vorweisen kann. Zudem sind gegebenenfalls weitere Beschränkungen der Art der Vermögensgegenstände gemäß den Anlagebedingungen und dem Gesellschaftsvertrag zu beschreiben. So muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 266 Abs. 2 Satz 2 festlegen, welche Vermögensgegenstände in welchem Umfang erworben werden dürfen. Damit will der Gesetzgeber das reine „blind pooling“ verhindern. Ausweislich der Gesetzesbegründung wird wegen der langfristigen Bindung der Anleger von der Kapitalverwaltungsgesellschaft verlangt, dass sie sich in den Anlagebedingungen konkret festlegt, welche Vermögensgegenstände tatsächlich für den AIF beschafft werden. Sie muss daher zum Beispiel zu den Vermögensgegenständen, die erworben werden sollen, die Nutzungsart(en), Region(en) etc. angeben.39 Darüber hinaus hat die Angabe etwaiger Techniken und Instrumente, von denen bei der Verwaltung des Investmentvermögens Gebrauch gemacht werden kann, wie beispielsweise der Einsatz von Fremdfinanzierung zur Hebelung oder den Einsatz von Derivaten zur Absicherung des AIFWertes, zu erfolgen. Alle damit verbundenen Risiken, Interessenkonflikte und Auswirkungen auf die Wertentwicklung des Investmentvermögens sind zu beschreiben. Dabei kann die Darstellung der im Zusammenhang mit den Anlagetechniken und -in-

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38 Vgl. die Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Abs. 2 KAGB und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien vom 22.7.2013 (www.bafin.de/SharedDocs/ Aufsichtsrecht/DE/Richtlinie/rl_130722_fondskategorien.html). 39 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 266 BTDrucks. 17/12294 S. 272.

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strumenten stehenden Risiken auch in dem Prospektabschnitt „Risikohinweise“ erfolgen. Im Fall des Erwerbs von Zielinvestmentvermögen ist eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale der für das Investmentvermögen erwerbbaren Anteile oder Aktien an Investmentvermögen einschließlich der maßgeblichen Anlagegrundsätze und -grenzen und des Sitzes der Zielinvestmentvermögen erforderlich. Nr. 3 fordert eine eindeutige und leicht verständliche Erläuterung des Risiko25 profils des Investmentvermögens. Das Risikoprofil soll dem Anleger einen Überblick geben, welche Risiken in der Gesamtschau mit dem geschlossenen Publikums-AIF verbunden sind. Die Pflichtangabe zum Risikoprofil des Investmentvermögens gehen zurück auf Art. 69 Abs. 1 Unterabs. 2 der OGAW-IV-Richtlinie und war bereits in § 42 Abs. 1 Satz 3 InvG enthalten. Das Risikoprofil des AIF soll dem Anleger ermöglichen, den Risikograd der Kapitalanlage so gut wie möglich einzuschätzen. Auch in den wesentlichen Anlegerinformationen sind gemäß § 270 Abs. 3 Angaben zum Risikoprofil des AIF zu machen, wobei die Ermittlung und Erläuterung der Risiken mit den internen Verfahren zur Ermittlung, Messung und Überwachung von Risiken übereinstimmen muss und die in den wesentlichen Anlegerinformationen gemachten Angaben generell gemäß § 270 Abs. 1 i.V.m. § 166 Abs. 3 Satz 3 nicht im Widerspruch zu den Angaben im Verkaufsprospekt stehen dürfen. § 165 Abs. 2 Nr. 3 sind indes keine Anhaltspunkte darüber zu entnehmen, was im Einzelnen unter dem erläuterungspflichtigen Risikoprofil des AIF zu verstehen ist. Da eine Darstellung der „mit der Anlage verbundenen Risiken“ bereits von der Generalklausel des § 165 Abs. 1 gefordert wird, sollte unter Risikoprofil etwas anderes als wiederum eine Darstellung der mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken im Verkaufsprospekt beispielsweise in dem Prospektabschnitt „Risikohinweise“ zu verstehen sein. Gleichwohl lässt es die BaFin in ihrer sich gerade erst entwickelnden Verwaltungspraxis derzeit damit genügen. Nach hier vertretener Ansicht stellt das Risikoprofil des AIF indes eine mittels qualitativer und quantitativer Methoden aus dem Risikomanagement des AIF gewonnene aggregierte Risikogröße dar. Dafür spricht außer der ansonsten bestehenden Redundanz von „Risikodarstellung“ und „Risikoprofil“ auch, dass gemäß § 270 Abs. 3 in den wesentlichen Anlegerinformationen die Ermittlung und Erläuterung der Risiken im Rahmen des Risiko- und Ertragsprofils mit den internen Verfahren zu Ermittlung, Messung und Überwachung von Risiken übereinstimmen muss. Das Risikoprofil des AIF kann beispielsweise durch eine Einteilung in verschiedene Risikoklassen (geringes Risiko, mäßiges Risiko, erhöhtes Risiko, hohes Risiko, sehr hohes Risiko) dargestellt werden. So kann die Klassifizierung des Gesamtrisikoprofils des AIF zu einer bestimmten Risikoklasse auf Basis eines Bottom-up Modells erfolgen, bei dem die wesentlichen Einzelrisiken des AIF auf der Grundlage der Anlagestrategie berücksichtigt werden. Dabei können alle identifizierten Einzelrisiken hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit bewertet und einer von sechs Risikokategorien (Gegenparteirisiko, Marktrisiko, Finanzierungs- und Liquiditätsrisiko, operationelles Risiko, immobilienspezifisches Risiko, sonstiges Risiko) zugeordnet werden. Das Risikoprofil ist entsprechend seiner Ermittlung zu erläutern. Die Erläuterung des Risikoprofils ist von der Darstellung der potenziellen Einzelrisiken einschließlich des Maximalrisikos im Verkaufsprospekt abzugrenzen. Nach Nr. 4 ist ein Hinweis erforderlich, dass der am Erwerb eines Anteils oder einer 26 Aktie Interessierte Informationen über die Anlagegrenzen des Risikomanagements, die Risikomanagementmethoden und die jüngsten Entwicklungen bei den Risiken und Renditen der wichtigsten Kategorien von Vermögensgegenständen des Investmentvermögens verlangen kann und eine Angabe der Stellen, wo der am Erwerb eines Anteils (oder einer Aktie) Interessierte diese Informationen in welcher Form erhalten kann. Die Hinweispflicht hat ihre Ursache in der Regelung des § 297 Abs. 10, der zufolge die KapiDorenkamp

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talverwaltungsgesellschaft den am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten auf Verlangen über die Anlagegrenzen des Risikomanagements, die Risikomanagementmethoden und die jüngsten Entwicklungen bei den Risiken und Renditen der wichtigsten Kategorien von Vermögensgegenständen zu informieren hat. Gemäß Nr. 5 muss der Verkaufsprospekt Angaben über die Zulässigkeit von Kreditaufnahmen für Rechnung des Investmentvermögens enthalten. Die Kreditaufnahme kann zum einen nach den Statuten des Publikums-AIF grundsätzlich unzulässig sein oder aber der Höhe nach begrenzt sein. Nach § 263 Abs. 1 dürfen geschlossene Publikums-AIF Kredite nur in begrenzter Höhe aufnehmen und nur dann, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. Nr. 6 fordert die Aufführung der Umstände, unter denen das Investmentvermögen Leverage einsetzen kann, Art und Herkunft des zulässigen Leverage und die damit verbundenen Risiken und sonstigen Beschränkungen sowie den maximalen Umfang des Leverage. Mit dieser Vorgabe wird Art. 23 Abs. 1a AIFM-Richtlinie umgesetzt, wobei unter Leverage bzw. Hebelfinanzierung gemäß Art. 4 Abs. 1v AIFM-Richtlinie jede Methode zu verstehen ist, mit der ein AIFM das Risiko eines von ihm verwalteten AIF durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht. Insofern ist Leverage als Sammelbegriff für sämtliche Methoden zur Hebelung der Investition des AIF weiter gefasst als die Kreditaufnahme nach Nr. 5. Der Umfang des Leverage ist gemäß Art. 6 bis 11 Level 2-Verordnung sowohl nach der BruttoMethode als auch nach der Netto-Methode zu ermitteln. Auch bei der Angabe des maximalen Leverage im Verkaufsprospekt ist nach der Verwaltungspraxis der BaFin die Begrenzung zwingend nach beiden Methoden anzugeben. Gemäß Nr. 7 ist die Handhabung von Sicherheiten zu erläutern, insbesondere Art und Umfang der geforderten Sicherheiten und die Wiederverwendung von Sicherheiten und Vermögensgegenständen sowie die sich daraus ergebenden Risiken. Analog zur Begrenzung des Leverage sieht § 263 Abs. 4 eine gesetzliche Beschränkung der Belastung des geschlossenen Publikums-AIF vor. Gegebenenfalls sind weitergehende Beschränkungen der Belastung des Gesellschaftsvermögens nach Satzung oder Anlagebedingungen darzustellen. Nr. 8 sieht Angaben zu den Kosten einschließlich Ausgabeaufschlag und Rückgabeabschlag nach Maßgabe von § 165 Abs. 3 vor und ist insoweit redundant (vgl. dazu nachfolgend unter III.). Nach Nr. 9 ist in Umsetzung des Art. 23n AIFM-Richtlinie die gegebenenfalls bisherige Wertentwicklung des Investmentvermögens und etwaiger Anteil- oder Aktienklassen darzustellen zusammen mit einem Warnhinweis, dass die bisherige Wertentwicklung kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung ist. Der Warnhinweis soll die Anleger davor bewahren, die bisherige Wertentwicklung ohne weiteres in die Zukunft hochzurechnen. Angaben zur bisherigen Wertentwicklung des Investmentvermögens sind bei geschlossenen Publikums-AIF typischerweise nicht oder nur eingeschränkt möglich, da vor Vertriebsbeginn mangels Eigenkapital keine Investition erfolgen kann und der geschlossene Publikums-AIF insofern im Zeitpunkt der Prospekterstellung regelmäßig noch keine (signifikante) Wertentwicklung erfahren hat. Die Darstellung der bisherigen Wertentwicklung kann indes bei einer mehrjährigen Vertriebsphase in Prospektaktualisierungen oder Prospektnachträgen relevant sein. Der Verkaufsprospekt muss gemäß Nr. 10 Angaben zum Profil des typischen Anlegers enthalten, für den das Investmentvermögen konzipiert ist. Das Anlegerprofil setzt sich zusammen aus erstens den potenziellen Anlagezielen des Anlegers wie beispielsweise die Erzielung stetiger Erträge und Vermögensaufbau, zweitens den erforder379

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lichen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Kapitalanlage, die bei Privatanlegern allerdings regelmäßig nicht angenommen werden können und drittens vor allem der Risikobereitschaft, die der typische Anleger des geschlossenen Publikums-AIF aufweisen sollte. Das Profil des typischen Anlegers hat mit der Umsetzung der europäischen Product-Governance-Anforderungen der sog. MiFID-II-Richtlinie durch das am 3.1.2018 in Kraft getretene 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz in nationales Recht und der damit einhergehen Neufassung des WpHG enorm an Bedeutung gewonnen. Hintergrund ist, dass gemäß Art. 24 Abs. 2 der MiFID-II-Richtlinie zwecks Wahrung der Kundeninteressen eine Vereinbarkeit der Vertriebsstrategie mit dem Zielmarkt sichergestellt werden soll und daher nur solche Finanzinstrumente in den Vertrieb gelangen sollen, die ein internes Produktgenehmigungsverfahren durchlaufen haben und für die ein Zielmarkt bestimmt wurde. Zwar unterfallen Kapitalverwaltungsgesellschaften nicht unmittelbar den MiFID-II-Anforderungen und dem diese umsetzenden WpHG, denn sie sind gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 18 WpHG nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzusehen, sofern sie nur die kollektive Vermögensverwaltung bzw. hiermit ggf. verbundene Dienst- und Nebendienstleistungen erbringen. Gleichwohl werden sie bei der Konzeption von geschlossenen Publikums-AIF regelmäßig die MiFiD-II-Anforderungen an den Vertrieb von Finanzinstrumenten berücksichtigen müssen. Dies gilt ab dem 3.1.2018, wenn der Vertrieb durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen erfolgt. Auch der freie Vertrieb durch Vermittler mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO unterfällt grundsätzlich den MiFID-II-Wohlverhaltensregelungen. Eine Umsetzung der entsprechenden Anforderungen der MiFID-II-Richtlinie in nationales Recht ist nicht mehr rechtzeitig bis zum 3.1.2018 erfolgt und steht noch aus.40 Für den Vertrieb durch Wertpapierdienstleister gilt das Vertreiber-Produktfreigabe- und Produktüberwachungsverfahren gemäß § 80 Abs. 12 und 13 WpHG sowie § 12 WpDVerOV. Gemäß § 80 Abs. 13 Satz 2 WpHG hat das das Finanzinstrument vertreibende Wertpapierdienstleistungsunternehmen sich u.a. Informationen über den Zielmarkt des Finanzinstruments vom Emittenten zu verschaffen. Die Zielmarktbestimmung41 erfolgt gemäß dem ESMA FinalReport – Guidelines on MiFID II product requirements vom 2.6.2017 anhand folgender fünf auf den Zielkunden anzuwendenden Prüfungskategorien: – Typen von Kunden, d.h. Beschreibung der Kundenunterscheidung nach Kleinanlegern und professionellen Kunden – Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden, d.h. Feststellung von Wissen und Erfahrung des Kunden im Hinblick auf den Produkttyp, Merkmale des Produkts, verwandte Themen – Finanzielle Verhältnisse des Kunden, insbesondere im Hinblick auf seine Verlusttragfähigkeit, d.h. insbesondere Prüfung der Verlusttragfähigkeit nach Prozentsätzen – Risikotoleranz und Risiko-/Renditeprofil des Kunden, d.h. Prüfung der Risikotoleranz (Einteilung der Risikoneigung bspw. in „risikoorientiert“, „ausgewogen“,

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40 Eine entsprechende Novellierung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV)scheiterte in der vergangenen Legislaturperiode und steht noch aus. Nach Auskunft des für § 34f GewO/FinVermV zuständigen Referats im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) wird ein Gesetzesentwurf zur Anpassung der FinVermV nicht vor Anfang 2018 vorliegen und einschließlich der dann folgenden Konsultationen und des Zustimmungserfordernisses durch den Bundesrat nicht vor Ende der Jahreshälfte 2018 in Kraft treten können. Die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) wurde mit Wirkung zum 3.1.2018 um eine Bestimmung in § 4 Satz 1 Nr. 15 ergänzt, wonach die Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, vor allem im Hinblick auf den Anlagehorizont des Anlegers und seine Fähigkeit, Verluste, die sich aus der Vermögensanlage ergeben können, zu tragen. 41 Vgl. ausführlich zur Zielmarktbestimmung Brennecke WM 2015 1173 ff.

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„konservativ“ und Kompatibilität des Risiko-/Ertragsprofils des Produkts mit dem Zielmarkt(Nutzung des PRIIP-Gesamtrisikoindikators, soweit anwendbar), Anlageziele und Bedürfnisse des Kunden, d.h. entsprechende Prüfung der Ziele und Bedürfnisse des Kunden.

Außerdem verlangt § 11 Abs. 7 Satz 3 WpDVerOV in Umsetzung des Art. 9 Abs. 9 der Delegierten MiFID-II-Richtlinie42 einen negativen Zielmarkt festzulegen, d.h. eine etwaige Anlegergruppe festzulegen, mit deren Bedürfnissen, Merkmalen und Zielen das Finanzprodukt nicht vereinbar ist. Sofern der Anleger vor dem Erwerb der Anteile an dem geschlossenen PublikumsAIF eine Anlageberatung in Anspruch nimmt, ist der Anlageberater aufsichtsrechtlich und zivilrechtlich zu einer anlage- und objektgerechten Beratung und zur Durchführung einer Geeignetheitsprüfung verpflichtet. Dabei sind unter anderem die individuellen Kenntnisse, Erfahrungen sowie die Anlageziele und der Anlagehorizont und die Risikotoleranz des Anlegers und seine Fähigkeit, Verluste zu tragen, zu berücksichtigen. Nr. 11 verlangt eine Beschreibung der Verfahren, nach denen das Investmentvermögen seine Anlagestrategie oder seine Anlagepolitik oder beides ändern kann. Gemäß § 267 Abs. 3 bedarf eine Änderung der Anlagebedingungen, die mit den bisherigen Anlagegrundsätzen des geschlossenen Publikums-AIF nicht vereinbar ist, der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit von Anlegern, die mindestens zwei Drittel des Zeichnungskapitals auf sich vereinigen. Die geänderten Anlagebedingungen sind von der BaFin zu genehmigen, den Anlegern auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen und im Bundesanzeiger sowie in den im Verkaufsprospekt angegebenen elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen. Soweit die Anlagestrategie im Gesellschaftsvertrag konkret festgelegt ist, ist dieser bei Änderung der Anlagestrategie entsprechend mit Zustimmung der Gesellschafter zu ändern. Darüber hinaus können Änderungen der Anlagestrategie und Anlagepolitik etwa unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch einen Anlageausschuss oder einen Beirat stehen.43 Nr. 12 sieht die Angabe der Voraussetzungen für die Auflösung und Übertragung des Investmentvermögens unter Angabe von Einzelheiten insbesondere bezüglich der Rechte der Anleger vor. Voraussetzung für die Auflösung und Übertragung des AIF können beispielsweise die Zustimmung der Anleger und die Genehmigung der BaFin sein. Die Auflösung der geschlossenen InvKG richtet sich nach § 161. Liquidator ist grundsätzlich die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Kommanditisten unterliegen gemäß § 161 Abs. 3 abweichend vom HGB keiner Nachhaftung nach Beendigung der Liquidation der geschlossenen InvKG. Im Falle der Übertragung des Investmentvermögens haben die Anleger von geschlossenen AIF kein Rückgaberecht; allerdings bedarf eine Übertragung des Investmentvermögens regelmäßig eines Gesellschafterbeschlusses gemäß dem Gesellschaftsvertrag der geschlossenen InvKG. Der Verkaufsprospekt hat gemäß Nr. 13 eine Beschreibung darüber zu enthalten, in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt die gemäß § 300 erforderlichen Informationen offengelegt werden. Dabei handelt es sich um erstens den prozentualen Anteil der schwer zu liquidierenden Vermögensgegenstände, zweitens jegliche neue Regelungen zum Liquiditätsmanagement, drittens das aktuelle Risikoprofil des AIF und die von der Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Steuerung dieser Risiken eingesetzten Risikomanagementsysteme, viertens die Gesamthöhe des ggf. eingesetzten Leverage

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Delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 der EU-Kommission vom 7.4.2016. Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 22.

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des AIF und alle Änderungen des maximalen Umfangs sowie etwaige Rechte zur Wiederverwendung von Sicherheiten oder Garantien und fünftens die Information über alle Änderungen in Bezug auf die Haftung der Verwahrstelle. Die Informationen werden gemäß Art. 108 und 109 Level 2-Verordnung44 im Rahmen der regelmäßigen Informationspflichten des AIF gegenüber den Anlegern gemäß den Anlagebedingungen oder dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung des AIF oder zeitgleich mit dem Prospekt, den Emissionsunterlagen und dem Jahresbericht vorgelegt. Zusätzlich sind die Informationen mittels eines dauerhaften Datenträgers (Papier oder elektronische Übermittlung bei nachgewiesenem Internetzugang des Anlegers) und eines weiteren im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmediums offenzulegen. Gemäß Nr. 14 sind die Regeln für die Ermittlung und Verwendung der Erträge zu beschreiben. Die Ertragsermittlung richtet sich nach den Vorschriften der §§ 158, 135, 101, die unter dem Vorbehalt der investmentrechtlichen Sonderregelungen auf das HGB verweisen. Die gesetzlichen Regelungen werden durch die Kapitalanlage-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung (KARBV), welche die BaFin aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 135 Abs. 11 am 16.7.2013 erlassenen hat, konkretisiert. Bei der Ertragsverwendung ist typischerweise zwischen thesaurierenden und ausschüttenden Fondstypen zu unterscheiden. Nach Nr. 15 sind Kurzangaben über die für die Anleger bedeutsamen Steuervorschriften zu machen einschließlich der Angabe, ob ausgeschüttete Erträge des Investmentvermögens einem Quellensteuerabzug unterliegen. Die Vorschrift übernimmt den aufgehobenen § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 InvG und ist vom Wortlaut erkennbar auf Investmentfonds gemünzt, auf die steuerlich das eingeschränkte Transparenzprinzip InvStG Anwendung findet. Das semi-transparente Besteuerungssystem gilt jedoch gemäß dem zum 1.1.2018 in Kraft getretenen reformierten Investmentsteuergesetz (InvStG) gemäß dem Kapitel 3 des InvStG (§§ 25 bis 52 InvStG) nur noch für Spezial-Investmentfonds, zu denen geschlossene Publikums-AIF nicht gehören. Die wegen des Rechtsformzwangs gemäß § 139 für geschlossene (Publikums-)AIF allein zulässigen Rechtsformen der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft und der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital werden nach dem neuen InvStG unterschiedlich behandelt. Gemäß § 1 Abs. 1 InvStG findet das InvStG Anwendung auf Investmentfonds und deren Anleger. Investmentfonds im Sinne des InvStG sind gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 InvStG zunächst einmal sämtliche Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB. Personengesellschaften sind jedoch vom Anwendungsbereich des InvStG ausgenommen. Denn gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 InvStG sind Investmentvermögen in der Rechtsform einer Personengesellschaft keine Investmentfonds im Sinne des InvStG. Die Investmentkommanditgesellschaft ist eine Personengesellschaft und unterfällt somit nicht dem Anwendungsbereich des InvStG. Stattdessen gelten für die Investmentkommanditgesellschaft die allgemein für Personengesellschaften anzuwendenden Besteuerungsregelungen. Personengesellschaften sind ertragsteuerlich als transparent zu behandeln, d.h. sie sind nicht selbst Steuersubjekt, sondern die an ihr beteiligten Gesellschafter werden mit den auf Ebene der Personengesellschaft ermittelten und ihnen als Gesellschafter zugewiesenen Einkünften der jeweils für sie geltenden Besteuerung unterworfen. Sofern die Investmentkommanditgesellschaft gewerblich tätig oder geprägt ist, ist sie selbst Gewer-

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44 Vgl. Art. 14 Ziff. 2 Level-2-Verordnung (Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19.12.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung), ABl. L 83 vom 22.3.2013, S. 1 ff.

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besteuersubjekt und unterliegt der Gewerbesteuer, welche dann ggf. auf Ebene der Anleger zur (ggf. begrenzten) Anrechnung auf die Einkommensteuer gelangen kann. Die Besteuerung von Investmentfonds, zu denen die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital als Investmentvermögen gehört, richtet sich nach dem 1. Abschnitt des InvStG (§§ 6 bis 15 InvStG) und die ihrer Anleger nach dem 2. Abschnitt des InvStG (§§ 16 bis 22 InvStG). Investmentfonds sind gemäß § 6 InvStG körperschaftsteuerpflichtig. Ggf. können Investmentfonds bei aktiver unternehmerischer Tätigkeit im wesentlichen Umfang gemäß § 15 InvStG auch gewerbesteuerpflichtig sein. Die Besteuerung der Anleger von Investmentfonds mit ihren daraus bezogenen Investmenterträgen erfolgt gemäß den § 16 ff. InvStG nach einem pauschalisierten Besteuerungssystem. Die Besteuerung von Investmentfonds richtet sich nach dem 1. Abschnitt des InvStG (§§ 6 bis 15 InvStG) und die ihrer Anleger nach dem 2. Abschnitt des InvStG (§§ 16 bis 22 InvStG). Investmentfonds sind gemäß § 6 InvStG körperschaftsteuerpflichtig. Ggf. können Investmentfonds bei aktiver unternehmerischer Tätigkeit im wesentlichen Umfang gemäß § 15 InvStG auch gewerbesteuerpflichtig sein. Die Besteuerung der Anleger von Investmentfonds mit ihren daraus bezogenen Investmenterträgen erfolgt gemäß den § 16 ff. InvStG nach einem pauschalisierten Besteuerungssystem. Allgemein gehören zu den für die Anleger bedeutsamen Steuervorschriften mittelbar auch die für die Investmentgesellschaften relevanten Regelungen der Gesellschaftssteuern wie insbesondere der Körperschaft- und Gewerbesteuer, da sie wegen der Vorbelastung auf Gesellschaftsebene zu einer mittelbaren Belastung des Anlegers führen. Ferner sind Ausführungen zu in- und ausländischen Quellensteuern zu machen. In der Praxis sind die steuerlichen Angaben recht umfangreich, so dass es sich dabei regelmäßig nicht mehr um Kurzangaben handelt. Nach Nr. 16 ist das Ende des Geschäftsjahres des Investmentvermögens anzugeben sowie die Häufigkeit der Ausschüttung von Erträgen, wobei der Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. dem AIF zusätzlich zu den Regelausschüttungs- oder Auszahlungsterminen die Zwischenausschüttung oder Vorabentnahme vorbehalten bleibt, sofern das Liquiditätsmanagement dies zulässt. Nr. 17 fordert die Angabe der Stellen, bei denen die Jahresberichte und Halbjahresberichte über das Investmentvermögen erhältlich sind. Die für die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital und die geschlossene Investmentkommanditgesellschaft geltenden Rechnungslegungsvorschriften der § 148 Abs. 1 i.V.m. §§ 120 bis 123 und der § 158 i.V.m. § 135 sehen i.V.m. § 120 (WpHG) grundsätzlich keine Verpflichtung zur Erstellung eines Halbjahresberichts vor. Ausnahmsweise kann die Investmentaktiengesellschaft zur Aufstellung eines Halbjahresfinanzberichts nach § 37w des Wertpapierhandelsgesetzes verpflichtet sein, sofern sie als Inlandsemittentin im Sinne des WpHG anzusehen ist. Gemäß Nr. 18 ist im Verkaufsprospekt der Name des Abschlussprüfers, der mit der Prüfung des Investmentvermögens einschließlich des Jahresberichtes beauftragt ist, zu nennen. Nach Nr. 19 sind Regeln für die Vermögensbewertung, insbesondere eine Beschreibung des Verfahrens zur Bewertung des Investmentvermögens und der Kalkulationsmethoden für die Bewertung von Vermögenswerten darzustellen, einschließlich der für die Bewertung von Sachwerten und Beteiligungen maßgeblichen Vorschriften zur Bewertung und zum Bewertungsverfahren gemäß §§ 271 und 272. Wegen der Besonderheiten der Bewertung und des Bewertungsverfahren bei geschlossenen Publikums-AIF wird der Verweis in § 165 Abs. 2 auf die §§ 168 bis 170, 212, 216 und 217 ausdrücklich in § 269 Abs. 1 ersetzt durch einen Verweis auf die §§ 271 und 272. Das Verfahren zur Bewertung von Sachwerten und Beteiligungen wird auf der Grundlage der §§ 271 383

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Abs. 1, 168 Abs. 8 konkretisiert durch die §§ 26 bis 34 KARBV. Bewertungsmaßstab ist grundsätzlich der Verkehrswert. Nr. 20 verlangt gegebenenfalls die Angabe der Börsen oder Märkte, an denen Anteile oder Aktien notiert oder gehandelt werden sowie die Angabe, dass der Anteilwert vom Börsenpreis abweichen kann. Die Offenlegungspflicht ist jedoch so zu verstehen, dass eine Börsennotierung oder Handelsaufnahme nur dann im Verkaufsprospekt anzugeben ist, wenn sie auf Veranlassung der Kapitalverwaltungsgesellschaft vorgenommen wird.45 Die Einbeziehung von Anteilen an geschlossenen Publikums-AIF in den Freiverkehr oder auf eine außerbörsliche Handelsplattform auf Betreiben eines Dritten ist insofern nicht Gegenstand der Angabepflicht. Diese Angaben sind daher bei geschlossenen Investmentvermögen, deren Anteile erst in der Zweitverwertung auf Zweitmarkthandelsplattformen gehandelt werden, nicht relevant. Gemäß Nr. 21 sind Verfahren und Bedingungen für die Ausgabe und die Rücknahme sowie gegebenenfalls den Umtausch von Anteilen oder Aktien zu beschreiben. Mangels Rücknahme oder Umtauschmöglichkeit sind bei geschlossenen Investmentvermögen lediglich die Verfahren und Bedingungen für die Ausgabe der Anteile darzustellen. Nr. 22 erfordert eine Beschreibung des Liquiditätsmanagements des Investmentvermögens, einschließlich der Rückgaberechte unter normalen und außergewöhnlichen Umständen, und der bestehenden Rücknahmevereinbarungen mit den Anlegern einschließlich der Voraussetzungen, unter denen die Rücknahme und gegebenenfalls auch der Umtausch von Anteilen oder Aktien ausgesetzt werden kann. Ferner sind die getroffenen Maßnahmen zu beschreiben, um die Zahlungen an die Anleger, die Rücknahme der Anteile oder Aktien sowie die Verbreitung der Berichte und sonstigen Informationen über das Investmentvermögen vorzunehmen. Auch diese Regelung ist auf offene Investmentvermögen gemünzt, die für den Fall der Rücknahme von Anteilen ausreichend Liquidität vorhalten müssen. Ungeachtet dessen muss auch der Verkaufsprospekt eines geschlossenen Investmentvermögens Angaben zum Liquiditätsmanagement enthalten. Gemäß Nr. 23 sind im Falle des Vertriebs von Anteilen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Angaben über die in diesem Staat getroffenen Maßnahmen zu machen und in den dort bekannt zu machenden Verkaufsprospekt aufzunehmen. Nr. 24 erfordert in Umsetzung des Art. 23 Abs. 1c der AIFM-Richtlinie eine Beschreibung der wichtigsten rechtlichen Auswirkungen der für die Tätigung der Anlage eingegangenen Vertragsbeziehung, einschließlich Informationen über die zuständigen Gerichte, das anwendbare Recht und das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Rechtsinstrumenten, die die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in dem Gebiet vorsehen, in dem das Investmentvermögen seinen Sitz hat. An dieser Stelle sollte auch auf etwaige Ombudsverfahren oder die Möglichkeit der Schlichtung vor der Schlichtungsstelle der BaFin hingewiesen werden.46 Es stellt sich die Frage, was unter der „für die Tätigung der Anlage eingegangen Vertragsbeziehung“ zu verstehen ist: die Vertragsbeziehung zwischen Anleger und Investmentgesellschaft aufgrund des Beitritts-

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45 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 32. 46 Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) können Verbraucher bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem KAGB die von der BaFin eingerichtete Verbraucherschlichtungsstelle anrufen.

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und Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung und der Anlagebedingungen oder aber die Vertragsbeziehungen, die die Investmentgesellschaft im Zusammenhang mit der Anlage in die Anlageobjekte eingeht. Der Wortlaut der Regelung nennt die „für die Tätigung der Anlage eingegangen Vertragsbeziehung“ im Singular, was ebenso wie die inhaltlich von der Beschreibung umfassten Gerichtszuständigkeit usw. für eine Darstellung lediglich des Beteiligungs- und Gesellschaftsvertrags und der Anlagebedingungen spricht.47 Im Regelungskontext des der Pflichtangabe zugrundeliegenden Art. 23 Abs. 1c der AIFMRichtlinie steht jedoch die Anlagetätigkeit des AIFM im Vordergrund, was dafür spricht, dass die Regelung entsprechend den europäischen Vorgaben und ungeachtet des Wortlauts die Vertragsbeziehungen im Zusammenhang mit dem Anlageobjekt bzw. den Anlageobjekten erfassen will.48 In der bisherigen Prospektierungspraxis der geschlossenen Fonds nach der VermVerkProspV enthielten die rechtlichen Angaben eine Darstellung der wesentlichen Regelungen des Gesellschaftsvertrags und gegebenenfalls des Treuhandvertrags sowie eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Verträge, die dem Erwerb, der (Fremd-)Finanzierung und der Nutzung der Anlageobjekte bzw. Vermögensgegenstände zugrunde lagen (sog. „Objektverträge“). Für den Bereich der geschlossenen Publikums-AIF spricht insbesondere deren oftmals typischerweise bereits (teilweise) abgeschlossene Investitionstätigkeit dafür, dass unter „der für die Tätigung der Anlage eingegangenen Vertragsbeziehung“ nicht nur der Investment- und Beteiligungsvertrag des Anlegers zu verstehen ist, sondern darüber hinaus auch alle Vertragsbeziehungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anlagetätigkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung der Investmentgesellschaft stehen, mithin die Objektverträge. Es empfiehlt sich auch bereits aus Prospekthaftungsgründen die bereits abgeschlossenen Objektverträge mit ihren wesentlichen Regelungen zusammenfassend darzustellen. Nach Nr. 25 sind Angaben über Art und Hauptmerkmale der Anteile oder Aktien 53 zu machen, insbesondere über die Art der durch die Anteile oder Aktien verbrieften oder verbundenen Rechte oder Ansprüche sowie Angaben, ob die Anteile oder Aktien durch Globalurkunden verbrieft oder ob Anteilscheine oder Einzelurkunden ausgegeben werden und Angaben darüber, ob die Anteile auf den Inhaber oder auf den Namen lauten und ob eine Stückelung gegeben ist. Wie bei Vermögensanlagen nach § 4 Ziff. 1 VermVerkProspV sind Angaben über die mit den Kommandit- und Treugutanteilen an der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft bzw. den Aktien an einer Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital verbundenen Rechte der Anleger zu machen wie insbesondere Ergebnis- und Vermögensbeteiligungsrechte, Kontroll- und Informationsrechte sowie Mitbestimmungsrechte. Da sich diese Rechte insbesondere aus dem jeweils zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrag der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft bzw. der Satzung der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital ergeben, sind auch deren wesentliche Regelungen kurz darzustellen. Die Angaben zu § 165 Abs. 2 Nr. 26 betreffend einzelner Teilinvestmentvermögen 54 sind gemäß § 269 Abs. 2 ausdrücklich ausgenommen. Hintergrund ist, dass geschlossene Investmentvermögen in Rechtsform der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft oder Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital keine Teilgesellschaftsvermögen bilden dürfen im Gegensatz zu offenen Investmentvermögen in Rechtsform des Sondervermögens (§ 96), der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§ 117) und der offenen Investmentkommanditgesellschaft (§ 132).

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So im Ergebnis v. Ammon/Izzo-Wagner/Baas § 165 Rn. 53 ff. Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 24.

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Der Verkaufsprospekt muss gemäß § 165 Abs. 2 Nr. 27 zum einen in Umsetzung von Art. 23 Abs. 1j der AIFM-Richtlinie eine Beschreibung der Art und Weise enthalten, wie die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine faire Behandlung der Anleger gewährleistet. Zum anderen sind in Anlehnung an den aufgehobenen § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 InvG Angaben darüber zu machen, ob und unter welchen Voraussetzungen Anteile oder Aktien mit unterschiedlichen Rechten ausgegeben werden. Das Konzept der „fairen Behandlung“ ist, wie der Begriff selbst, dem angloamerikanischen Rechtskreis entlehnt und findet seinen Ausdruck in § 26 Abs. 2 Nr. 6, der die Kapitalverwaltungsgesellschaft zu einer fairen Behandlung der Anleger der Investmentvermögen verpflichtet. Unter einer fairen Behandlung der Anleger ist eine interessengerechte und gleiche Behandlung der Anleger zu verstehen, die weder einzelne noch Gruppen von Anlegern benachteiligt. Darüber hinaus schreibt § 26 Abs. 3 der Kapitalverwaltungsgesellschaft vor, dass sie keinem Anleger in einem AIF eine Vorzugsbehandlung gewähren darf, es sei denn, eine solche Vorzugsbehandlung ist in den Anlagebedingungen und in der Satzung bzw. in dem Gesellschaftsvertrag des entsprechenden AIF vorgesehen.49 Werden bestimmte Anleger oder Anlegergruppen bevorzugt behandelt, so ist dies im Verkaufsprospekt offenzulegen. Die Vorzugsbehandlung eines oder mehrerer Anleger darf außerdem gemäß Art. 23 Abs. 2 der Level 2-Verordnung die anderen Anleger nicht wesentlich benachteiligen. Hinsichtlich der Erläuterung der Voraussetzungen unterschiedlicher Anteils- oder Aktienklassen (die Bildung von Teilfonds ist den geschlossenen Investmentvermögen nach dem KAGB nicht gestattet) sind Angaben darüber zu machen, welche Ausgestaltungsmerkmale gemäß § 96 Abs. 1 und 2 oder § 108 Abs. 4 den Anteil- oder Aktienklassen zugeordnet werden; eine Beschreibung des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Satz 4 oder § 108 Abs. 4 für die Errechnung des Wertes der Anteile oder Aktien jeder Anteil- oder Aktienklasse, einschließlich der Angaben, wenn ein Anleger eine Vorzugsbehandlung oder einen Anspruch auf eine solche Behandlung erhält, eine Erläuterung dieser Behandlung, der Art der Anleger, die eine solche Vorzugsbehandlung erhalten, sowie gegebenenfalls der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbindungen zwischen diesen Anlegern und dem Investmentvermögen oder der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Gemäß Nr. 28 sind im Verkaufsprospekt Firma, Rechtsform, Sitz und ggf. davon abweichende Hauptverwaltung der Kapitalverwaltungsgesellschaft sowie der Zeitpunkt ihrer Gründung anzugeben. Nr. 29 verlangt des Weiteren Angaben über die Namen der Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats oder gegebenenfalls des Beirats, jeweils unter Angabe der außerhalb der Kapitalverwaltungsgesellschaft ausgeübten Hauptfunktionen, wenn diese für die Kapitalverwaltungsgesellschaft von Bedeutung sind. Gemäß Nr. 30 ist die Höhe des gezeichneten und eingezahlten Kapitals anzugeben. Nr. 31 verlangt die Angabe der weiteren Investmentvermögen, die von der Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden. Gemäß Nr. 32 sind Angaben über die Identität der Verwahrstelle zu machen sowie ihre Pflichten zu beschreiben und potenzielle Interessenkonflikte darzustellen. Nach Nr. 33 ist eine Beschreibung sämtlicher von der Verwahrstelle ausgelagerter Verwahrungsaufgaben, eine Liste der Auslagerungen und Unterauslagerungen und eine Angabe sämtlicher potenzieller Interessenkonflikte aufzunehmen.

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Vgl. grundsätzlich dazu Steffen § 26 Rn. 55.

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Nr. 34 verlangt die Aufnahme einer Erklärung, dass den Anlegern auf Antrag Informationen auf dem neuesten Stand hinsichtlich der Nummern 32 und 33 übermittelt werden. Gemäß Nr. 35 sind die Namen von Beratungsfirmen, Anlageberatern oder sonstigen Dienstleistern sowie Einzelheiten der Dienstleistungsverträge, die für die Anleger von Interesse sind, zu benennen, insbesondere eine Erläuterung der Pflichten der Dienstleister und der Rechte der Anleger sowie andere wesentliche Tätigkeiten der Dienstleister. Dabei handelt es sich im Regelfall um Verträge, mit denen die Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen der Portfolioverwaltung des geschlossenen PublikumsAIF, insbesondere hinsichtlich der Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen, die Dienste eines Anlageberaters in Anspruch nimmt, weil dieser über eine besondere Expertise in einem bestimmten Marktsegment verfügt. Neben der Bezeichnung des beauftragten Beraters und der Beschreibung seiner Tätigkeit sind seine wesentlichen anderen Tätigkeiten offenzulegen, in erster Linie solche, bei denen potenzielle Interessenkonflikte mit der Beratungstätigkeit für die Kapitalverwaltungsgesellschaft entstehen können. Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1d der AIFM-Richtlinie wurde der Auffangtatbestand der „sonstigen Dienstleister“ geschaffen, der keine vertragliche Bindung voraussetzt. Sonstige Dienstleister können etwa Vertriebsstellen sein. Abzugrenzen sind diese Beratungs- und Dienstleistungssachverhalte von der Auslagerung der Portfolioverwaltung oder anderer Aufgaben nach § 36. Gemäß Nr. 36 muss der Verkaufsprospekt in Umsetzung von Art. 23 Abs. 1f der AIFM-Richtlinie eine Beschreibung sämtlicher von der Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragenen Verwaltungsfunktionen (Auslagerung) sowie sämtlicher von der Verwahrstelle übertragenen Verwahrungsfunktionen (Unterverwahrung) samt der Bezeichnung des Beauftragten sowie sämtlicher Interessenkonflikte, die sich aus der Aufgabenübertragung ergeben könnten, enthalten. Aus Gründen der Transparenz ist der Anleger darüber zu informieren, wer die Verwaltungs- und Verwahrungsfunktionen tatsächlich wahrnimmt und welche Interessenkonflikte hieraus entstehen können. Daher sind auch Angaben zu Unterauslagerungen zu machen. Dies gilt insbesondere für die zentrale Funktion der Portfolioverwaltung. Angabepflichtig kann aber auch die Unterauslagerung von weiteren Funktionen von administrativen Tätigkeiten wie Fondsbuchhaltung und Rechnungslegung oder aber auch von Vertriebstätigkeiten sein, sofern sie nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind.50 Hierfür spricht schon der Wortlaut der Vorschrift, der Angaben zu sämtlichen übertragenen Verwaltungsfunktionen verlangt.51 Nr. 37 verlangt eine Beschreibung darüber, in welcher Weise die Kapitalverwaltungsgesellschaft den Anforderungen des § 25 Abs. 6 gerecht wird, das heißt, wie sie die potenziellen Berufshaftungsrisiken aus ihrer Geschäftstätigkeit abdeckt. Zur Abdeckung dieser Risiken kann die Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 25 Abs. 6 entweder zusätzliche Eigenmittel in Höhe von 0,01% des Werts des Portfolios der von ihr verwalteten AIF vorhalten oder alternativ eine geeignete Berufshaftpflichtversicherung für die sich aus beruflicher Fahrlässigkeit ergebende Haftung abschließen. Nr. 38 verlangt die Angabe von Umständen oder Beziehungen, die Interessenkonflikte begründen können. Angabepflichtig ist damit nicht erst ein bestehender Interessenkonflikt, sondern bereits eine interessenkonfliktgeneigte Konstellation. Diese Offenlegungspflicht beruht ausweislich der Gesetzesbegründung auf Einzelvorschriften

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Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 30 ff. Vgl. § 165 Rn. 70.

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(§§ 7 und 12 VermVerkProspV) zur Offenlegung von Interessenkonflikten bei geschlossenen Fonds in Vermögensanlagenverkaufsprospekten sowie auf den ESMA-Guidelines „ETFs and other UCITS issues“.52 Mit Blick auf die alte Welt der geschlossenen Fonds vor Inkrafttreten des KAGB-Regimes, in der häufig der Fondsinitiator und mit ihm personell und kapitalmäßig verbundenen Unternehmen große Teile der Wertschöpfungskette bei den Fondsabhängigen Dienstleistungen (z.B. Vermittlung der Anlageobjekte, Fondskonzeption, Vertriebskoordination, laufende Anlegerverwaltung) abdeckten, wird die Darstellung potenzieller Interessenkonflikte auch künftig äußerst relevant sein, selbst wenn im Vorfeld aufgrund der durch die Regulierung gestiegenen Anforderungen einige Interessenkonfliktherde beseitigt werden sollten. Als interessenkonfliktgeneigte Situationen sind im Verkaufsprospekt wie bisher nach der VermVerkProspV die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen Fondsinitiator, Kapitalverwaltungsgesellschaft, Investmentgesellschaft und den Vertragspartnern darzustellen. Zur Identifizierung weitere potenzieller Interessenkonfliktsituationen kann auf § 3 der KapitalanlageVerhaltens- und Organisationsverordnung (KAVerOV) zurückgegriffen werden, der wiederum auf die Art. 30 bis 37 der Level 2-Verordnung verweist. § 165 Abs. 2 Nr. 39 hat Angaben zu – bei geschlossenen Investmentvermögen nicht 68 zulässigen – Teilinvestmentvermögen zum Gegenstand und ist daher gemäß § 269 Abs. 1 letzter Halbsatz nicht anwendbar. Bei dieser Verweisung in § 269 Abs. 1 erster Halbsatz ist dem Gesetzgeber offenbar bei der Änderungen der Regelungen und Verweisungen im Rahmen des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes ein Versehen unterlaufen, denn die Verweisung auf eine Regelung zu Teilinvestmentvermögen, die wiederum „soweit“ nicht Anwendung finden soll, ist widersprüchlich.53 Gemäß Nr. 40 sind Angaben gemäß den EU-Verordnungen zur Transparenz von 69 Wertpapierfinanzierungsgeschäften 54 sowie zu Indizies über Referenzwerte 55 zu machen. Dieser Verweis dürfte für geschlossene Publikums-AIF eher von geringerer Bedeutung sein. III. Kosten (§ 165 Abs. 3) 70

Der Verkaufsprospekt hat gemäß § 165 Abs. 3, der im Wesentlichen auf die aufgehobenen Regelungen des § 41 und teilweise des § 42 InvG zurückgeht, in Bezug auf die Kosten einschließlich Ausgabeaufschlag und Rücknahmeabschlag folgende Angaben zu enthalten: Nach Nr. 1 muss der Verkaufsprospekt die Berechnung der Ausgabe- und Rück71 nahmepreise der Anteile oder Aktien unter Berücksichtigung der Methode und Häufigkeit der Berechnung dieser Preise und der mit der Ausgabe und der Rücknahme der Anteile oder Aktien verbundenen Kosten enthalten. Bei geschlossenen (Publikums-)AIF werden mangels Rücknahmeoption keine Rücknahmepreise erhoben, so dass sich die Darstellung im Verkaufsprospekt mit entsprechendem Hinweis auf den Ausgabepreis

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52 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmG vom 6.2.2013 zu § 165 Abs. 3 BTDrucks. 17/12294 S. 256, 257. 53 Vgl. hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 269 Rn. 213. 54 Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung, ABl. L/337 vom 23.12.2015 S. 1 ff. 55 Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. L/171 vom 29.6.2016 S. 1 ff.

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B. Entsprechende Geltung der Regelungen für offene Publikums-AIF

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des AIF-Anteils beschränkt. Der Ausgabepreis pro AIF-Anteil ermittelt sich aus der Summe des Zeichnungskapitals je AIF-Anteil und des darauf bezogenen, als festen Prozentsatz berechneten Ausgabeaufschlags. Da beim geschlossenen Publikums-AIF zum einen der Ausgabepreis am Zeichnungskapital bemessen wird und zum anderen die Ausgabe von Anteilen überhaupt nur in der anfänglichen Platzierungsphase des Publikums-AIF möglich ist, entfällt eine weitere Beschreibung der Berechnungsmethode des Ausgabeaufpreises einschließlich von Angaben über die Ermittlung des Wertes des AIF an dieser Stelle im Verkaufsprospekt. Nr. 2 fordert Angaben über Art, Ort und Häufigkeit der Veröffentlichung der Ausgabe- und Rücknahmepreise der Anteile oder Aktien. Diese Angaben haben geringe Relevanz für geschlossenen Publikums-AIF, da die Ausgabepreise auf deren Anteile aus dem Zeichnungskapital und dem Ausgabeaufschlag bzw. Agio bestehen und sich während der einmaligen Vertriebsphase regelmäßig nicht ändern. Sollte ausnahmsweise während der Vertriebsphase eine Ausgabepreisänderung auftreten, so ist diese als für die Anlageentscheidung wesentliche Angabe im Rahmen einer Prospektaktualisierung bzw. eines Prospektnachtrags zu veröffentlichen. Gemäß Nr. 3 sind etwaige sonstige Kosten oder Gebühren, aufgeschlüsselt nach denjenigen, die vom Anleger zu zahlen sind, und denjenigen, die aus dem Investmentvermögen zu zahlen sind, anzugeben. Bei den Kosten, die vom Anleger unmittelbar zu tragen sind, handelt es sich insbesondere um den Ausgabepreis.56 Darüber hinaus sind etwaige Handelsregistereintragungskosten, Anteilsübertragungskosten und -pauschalen und sonstige, vom Anleger zu tragenden Kosten zu benennen. Grundsätzlich sind nach der Aufsichtspraxis der BaFin sämtliche Kosten und Vergütungen als Bruttowerte, das heißt einschließlich der Umsatzsteuer, auszuweisen. Nr. 4 erfordert die Angabe der Verwendung des Aufschlags bei der Ausgabe der Anteile oder Aktien oder des Abschlags bei der Rücknahme der Anteile oder Aktien. Die Regelung entspricht mit Ausnahme von redaktionellen Änderungen der Regelung des aufgehobenen § 41 Abs. 1 Satz 3 InvG und soll im Sinne des Anlegerschutzes eine erhöhte Transparenz herstellen.57 Der Ausgabeaufschlag wird bei geschlossenen Publikums-AIF regelmäßig zur Finanzierung der Vertriebsprovision verwendet. Der Ausgabeaufschlag wird üblicherweise durch einen festen Prozentsatz bezogen auf das Zeichnungskapital des Anlegers festgelegt. Es steht der Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch frei, auf einen Ausgabeaufschlag zu verzichten. Aus diesem Grund wird die Angabe zum Ausgabeaufschlag in den Anlagebedingungen, in denen die Kapitalverwaltungsgesellschaft den Ausgabeaufschlag festzulegen hat, teilweise mit den Angaben von „bis zu“ bzw. „maximal“ versehen. Der Verzicht auf den Ausgabeaufschlag durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss sich allerdings am Grundsatz der fairen Behandlung der Anleger messen lassen. Von einem (teilweisen) Verzicht auf den Ausgabeaufschlag durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft abzugrenzen sind Rabatte seitens einer Vertriebsstelle.58 Nr. 5 sieht eine Angabe darüber vor, dass eine Gesamtkostenquote in Form einer einzigen Zahl, die auf den Zahlen des vorangegangenen Geschäftsjahres basiert, zu berechnen ist und welche Kosten einbezogen werden. Die Pflicht zur Angabe der Gesamtkostenquote wurde mit dem InvModG eingeführt und dient der Kostentransparenz und damit dem Anlegerschutz.59 In der bisherigen Praxis unter dem InvG-Regime wurde die

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 38. Vgl. RegBegr zum InvModG vom 19.9.2003 zu § 41 Abs. 1 InvG, BTDrucks. 15/1553 S. 88. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 18. Vgl. RegBegr. zum InvModG vom 19.9.2003 BTDrucks. 15/1553 S. 88.

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Mindestangaben im Verkaufsprospekt

Gesamtkostenquote auch als „Total Expense Ratio (TER)“ ausgewiesen. Entsprechend dem aus der Vorgängerregelung des aufgehobenen § 42 Abs. 2 Satz 3 InvG mit redaktionellen Anpassungen übernommenen Wortlaut der Regelung ist im Verkaufsprospekt nicht die Gesamtkostenquote selbst zu nennen, sondern lediglich auf die in den wesentlichen Anlegerinformationen und den Jahresberichten anzugebenden Gesamtkostenquote hinzuweisen und deren Berechnungsgrundlagen darzustellen.60 Die Gesamtkostenquote soll dem Anleger die Information über die laufende Kostenbelastung des AIF ermöglichen und damit auch der besseren Vergleichbarkeit verschiedener Fondsprodukte dienen.61 Gemäß § 165 Abs. 3 Nr. 6 ausdrücklich nicht von der Gesamtkostenquote erfasst werden die Transaktionskosten; sie sind gemäß den CESR-Empfehlungen als Zahlungen an Dritte im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung von Vermögensgegenständen nicht als Bestandteil der Gesamtkostenquote abzubilden.62 Die Angabe der Gesamtkostenquote selbst erfolgt, wie der Wortlaut des § 165 Abs. 3 Nr. 5 bereits nahelegt, nicht im Verkaufsprospekt,63 sondern gemäß § 270 i.V.m. § 166 Abs. 5 in den wesentlichen Anlegerinformationen und gemäß §§ 158, 148, 135, 101 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 16 KARBV im Jahresbericht des AIF.64 Dies ist insoweit folgerichtig, als die wesentlichen Anlegerinformationen im Gegensatz zum Verkaufsprospekt regelmäßig jährlich auf Aktualisierungsbedarf zu überprüfen sind und auch der Jahresbericht jährlich neu zu erstellen ist.65 Das KAGB schweigt sich darüber aus, anhand welcher Bezugsgröße die Gesamtkostenquote zu ermitteln ist. Die Aufsichtspraxis der BaFin orientiert sich insoweit an der Vorgängerregelung des aufgehobenen § 41 Abs. 2 Satz 3 InvG, der zufolge von der Gesamtkostenquote „sämtliche vom Sondervermögen im Jahresverlauf getragenen Kosten und Zahlungen im Verhältnis zum durchschnittlichen Nettoinventarwert des Sondervermögens“ umfasst werden. Die Kosten selbst sind nach Auffassung der BaFin als Bruttowerte einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer anzusetzen. Nr. 6 regelt, dass eine Erläuterung zu erfolgen hat, dass Transaktionskosten aus 77 dem Investmentvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält. Die Regelung entspricht dem aufgehobenen § 41 Abs. 2a InvG. Regelungszweck der Vorschrift ist ebenfalls die Verbesserung der Transparenz für den Anleger. Zu den Transaktionskosten zählen die Anschaffungsnebenkosten, also sämtliche Kosten für den Erwerb oder die Veräußerung von Vermögensgegenständen außer deren eigentlichen Anschaffungspreis.66 Bei Immobilien sind dies beispielsweise Maklercourtagen, Notar- und Gerichtsgebühren und Grunderwerbsteuer. Weiterhin verlangt Nr. 7 die Angabe, aus welchen Vergütungen und Kosten sich die 78 Pauschalgebühr zusammensetzt, und den Hinweis, ob und welche Kosten dem Investmentvermögen gesondert in Rechnung gestellt werden, falls in den Anlagebedingungen für die Vergütungen und Kosten eine Pauschalgebühr vereinbart wurde. In der Fondspraxis erhält die Kapitalverwaltungsgesellschaft häufig eine als „All-In-Fee“ bezeichnete

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60 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 27. 61 Vgl. Berger/Steck/Lübbehausen/Schmitz § 41 InvG Rn. 23. 62 Vgl. CESR/10-674 S. 4 ff. 63 A.A. v. Ammon/Izzo-Wagner/Baas § 165 Rn. 92. 64 Die BaFin beanstandet es nicht, wenn sog. Initialkosten, die als einmalige anfängliche Kosten eher dem Aufgabeaufschlag als den laufenden Fondskosten zuzuordnen sind, zwecks Herstellung eines weitgehenden Gleichlaufs mit der Darstellung in den Anlagebedingungen und den wesentlichen Anlegerinformationen nicht in die Gesamtkostenquote eingerechnet werden, sondern als gesonderte Kostenquote aufgelegt werden, vgl. dazu ausführlich Moritz/Klebeck/Jesch/Busse § 269 Rn. 140. 65 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 29; kritisch Lang WM 2004 53 (58). 66 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 32.

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Pauschalgebühr, die üblicherweise anteilig monatlich belastet wird, zur Abgeltung sämtlicher Eigen- und Drittleistungen. Zu den Drittleistungen gehören u.a. die Vergütungen an die Verwahrstelle, die Erstellungs- und Bekanntmachungskosten der Pflichtpublikationen (Verkaufsprospekt, wesentliche Anlagerinformationen, Jahres- und Halbjahresberichte), Bewertungsvergütungen, Vergütungen des Anlageberaters). Die Darstellung der Zusammensetzung der Pauschalgebühr soll die Kostentransparenz erhöhen und es dem Anleger ermöglichen nachzuvollziehen, wie sich die Pauschalvergütung zusammensetzt, welchen Anteil daran die Kapitalverwaltungsgesellschaft gegebenenfalls für ihre Leistungen erhält und welche Kosten nicht von der Pauschalgebühr umfasst sind.67 Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat bei der Gestaltung der Pauschalgebühr die Interessen der Anleger zu berücksichtigen insofern, als die Pauschalgebühr nicht dauerhaft über den tatsächlichen Aufwendungen liegen darf.68 Nr. 8 sieht eine Beschreibung, ob der Kapitalverwaltungsgesellschaft Rückvergütungen der aus dem Investmentvermögen an die Verwahrstelle und an Dritte geleisteten Vergütungen und Aufwendungserstattungen zufließen und ob je nach Vertriebsweg ein wesentlicher Teil der Vergütungen, die aus dem Investmentvermögen an die Kapitalverwaltungsgesellschaft geleistet werden, für Vergütungen an Vermittler von Anteilen oder Aktien des Investmentvermögens auf den Bestand von vermittelten Anteilen oder Aktien verwendet wird. Die Darstellung der an die Kapitalverwaltungsgesellschaft fließenden Rückvergütungen im Verkaufsprospekt dient nicht nur der Kostentransparenz, sondern auch der Offenlegung von Interessenkonflikten auf Seiten der Kapitalverwaltungsgesellschaft.69 In Ermangelung einer Legaldefinition von Rückvergütung im KAGB ist auf die entsprechenden Rechtsprechungsgrundsätze aus dem Bereich geschlossene Fonds zurückzugreifen. Der BGH hat in einer Entscheidung über die Veröffentlichung von Innenprovisionen bei geschlossenen Fonds festgestellt, dass Rückvergütungen vorliegen, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über an eine Bank an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen.70 § 165 Abs. 3 Nr. 8 verlangt ferner die Offenlegung, ob je nach Vertriebsweg ein wesentlicher Teil der aus dem Investmentvermögen an die Kapitalverwaltungsgesellschaft geleisteten Vergütungen an Vermittler von Anteilen verwendet wird. Zweck der Regelung ist die Aufklärung über Vertriebs- und Bestandsprovisionen.71 Die Aufklärungspflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft wird flankiert durch die Aufklärungspflicht des Vermittlers gegenüber dem Kunden beispielsweise nach § 31d Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Die jeweiligen Rückvergütungen sind gemäß § 148 bzw. § 158 i.V.m. 101 Abs. 2 Nr. 3 auch im Jahresbericht des geschlossenen Publikums-AIF zu beschreiben. Nr. 9 regelt die Angabe gemäß § 162 Abs. 2 Nr. 14, dass im Jahresbericht und im Halbjahresbericht der Betrag der Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge, die dem Investmentvermögen im Bereichszeitraum berechnet worden sind, offenzulegen ist sowie die Verwaltungsvergütung, die dem Investmentvermögen von der Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst, einer anderen Kapitalverwaltungsgesellschaft oder einer Gesellschaft, die mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft durch eine wesentliche unmittelbare oder mittelbare Beteiligung verbunden ist, als Verwaltungsvergütung berechnet

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 41. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 43. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 45. BGH-Urteil v. 27.10.2009 ZIP 2009 2380 (2383). Vgl. v. Ammon/Izzo-Wagner/Baas § 165 Rn. 109.

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Mindestangaben im Verkaufsprospekt

wurde. Dabei ist die Art der möglichen Gebühren, Kosten, Steuern, Provisionen und sonstigen Aufwendungen unter Angabe der jeweiligen Höchstbeträge, die mittelbar oder unmittelbar von den Anlegern des Investmentvermögens zu tragen sind, anzugeben. Es handelt sich mithin um Kosten, die auf Ebene der Zielfonds entstehen und den AIF belasten. Kosten des Erwerbsvorgangs sind hingegen Transaktionskosten. Die Angaben sollen dem Anleger gegenüber transparent machen, dass sich bei „funds-in-funds-investments“ durch mehrstufige Kostenbelastungen sog. Gebührenkaskaden bilden.72 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die BaFin die Regelung des § 196 Abs. 2 wonach Ausgabeaufschläge nicht berechnet werden dürfen, wenn Anteile an Zielfonds erworben werden, die direkt oder indirekt von derselben OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden auch auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anwendet. Über den Verkaufsprospekt hinaus sind entsprechende Kostenangaben auch in den Jahres- und Halbjahresberichten zu machen. Ferner ist ein Hinweis erforderlich, dass dem Investmentvermögen neben der Ver83 gütung zur Verwaltung des Investmentvermögens eine Verwaltungsvergütung für die im Investmentvermögen gehaltenen Anteile oder Aktien berechnet wird. Mit dem Hinweis auf die entstehende Verwaltungsvergütung für die Zielfondsanteile soll dem Anleger verdeutlicht werden, dass durch Investitionen in Zielfonds auf der Zielfondsebene weitere Verwaltungsgebühren-Ebenen entstehen.73 Nr. 10 wurde im Rahmen des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes vom 28.1.2016 einge84 führt und hat die Einzelheiten der aktuellen Vergütungspolitik der Kapitalverwaltungsgesellschaft zum Gegenstand. Zum einen beinhalten diese eine Beschreibung darüber, wie die Vergütung und die sonstigen Zuwendungen berechnet werden, und die Identität der für die Zuteilung der Vergütung und sonstigen Zuwendungen zuständigen Personen einschließlich ggf. eines Vergütungsausschusses. Zum anderen ist eine Zusammenfassung der Vergütungspolitik und eine Erklärung darüber erforderlich, dass die Einzelheiten der aktuellen Vergütungspolitik auf einer Internetseite veröffentlicht sind, wie die Internetseite lautet u.a.m. IV. Geschäfte mit Derivaten (§ 165 Abs. 4) 85

Gemäß § 165 Abs. 4, der mit Ausnahme redaktioneller Anpassungen dem aufgehobenen § 42 Abs. 3 InvG entspricht, muss der Verkaufsprospekt, sofern die Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Investmentvermögens Geschäfte mit Derivaten tätigen darf, an hervorgehobener Stelle erläutern, ob diese Geschäfte zu Absicherungszwecken oder als Teil der Anlagestrategie getätigt werden dürfen und wie sich die Verwendung von Derivaten möglicherweise auf das Risikoprofil des Investmentvermögens auswirkt. Angesichts der Tatsache, dass sich beispielsweise bei defensiven Anlagestrategien nicht immer klar trennen lässt, ob der Einsatz von Derivaten der Absicherung dient oder zugleich integrierter Bestandteil der Anlagestrategie ist, ist dem Anleger allgemein die Zielrichtung des Einsatzes von Derivaten zu erläutern.74 Ungeachtet dessen dürfen geschlossene Publikums-AIF gemäß § 262 Abs. 3 ohnehin Geschäfte mit Derivaten nur zur Absicherung von im geschlossenen Publikums-AIF gehaltenen Vermögensgegenständen gegen einen Wertverlust tätigen. Unter Beachtung der gesetzlichen Einschränkung ist in den Anlagebedingungen festzulegen, inwieweit und zu welchem Zweck Geschäfte mit Derivaten getätigt werden dürfen.

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 63. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 64 ff. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 127.

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V. Volatilität (§ 165 Abs. 5) Nach § 165 Abs. 5, der mit Ausnahme redaktioneller Anpassungen dem aufgehobe- 86 nen § 42 Abs. 4 InvG entspricht, muss im Verkaufsprospekt an hervorgehobener Stelle darauf hingewiesen werden, dass ein Investmentvermögen durch seine Zusammensetzung oder durch die für die Fondsverwaltung verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität aufweist. Die Vorschrift wurde von § 42 Abs. 2 InvG übernommen. Das Gesetz gibt keinen Hinweis darauf, wann von einer erhöhten Volatilität auszugehen ist oder was der Vergleichsmaßstab sein soll, beispielsweise die Volatilität anderer geschlossenen Publikums-AIF generell oder nur solcher, die ähnlichen Anlagestrategien verfolgen, oder welche Betrachtungsweise maßgeblich sein soll. Vor allem lässt sich keine generelle Aussage dahingehend treffen, dass geschlossene Publikums-AIF mit Sachwertinvestitionen eine geringere Volatilität aufweisen als beispielsweise solche, die in Unternehmensbeteiligungen investieren. Die Vorschrift wurde daher zu Recht in ihrer bisherigen Fassung des § 42 Abs. 2 InvG als unpraktikabel und mangels eines Informationswerts für den Anlegerschutz als überflüssig kritisiert.75 Leider hat der KAGB-Gesetzgeber versäumt, die Vorschrift zu streichen.76 In der Praxis wird der Verkaufsprospekt aus Gründen der Vorsicht vorsorglich einen entsprechenden Hinweis zur erhöhten Volatilität enthalten. VI. Identität des Primebrokers (§ 165 Abs. 7) Gemäß § 165 Abs. 7, der die Vorgaben des Art. 23 Abs. 1o der AIFM-Richtlinie um- 87 setzt, muss der Verkaufsprospekt nach Nr. 1 die Identität des Primebrokers, der in § 1 Abs. 19 Nr. 30 definiert wird (Kreditinstitut oder andere regulierte Einheit, die professionellen Anlegern Dienstleistungen anbietet, in erster Linie, um als Gegenpartei Geschäfte mit Finanzinstrumenten durchzuführen, aber auch andere Dienstleistungen wie Clearing und Abwicklung von Geschäften u.a.), nennen und jede wesentliche Vereinbarung zwischen dem Investmentvermögen und seinen Primebrokern sowie die Art und Weise der Beilegung diesbezüglicher Interessenkonflikte beschreiben. Angaben zu möglichen Interessenkonflikten sind bereits nach § 165 Abs. 2 Nr. 38 zu machen; in Nr. 1 sind dann die Maßnahmen zu deren Beilegung zu beschreiben. Nach Nr. 2 sind ferner Angaben über jede eventuelle bestehende Haftungsübertragung auf den Primebroker im Verkaufsprospekt zu machen. Das betrifft Fälle, in denen der Primebroker nicht von der Kapitalverwaltungsgesellschaft, sondern von der Verwahrstelle beauftragt wird.77 Insgesamt dürften die Angaben zum Primebroker für geschlossene Publikums-AIF, die entsprechend § 261 überwiegend in Sachwerte investieren, von geringerer Relevanz sein. VII. Ergänzende Angaben (§ 165 Abs. 8) Gemäß § 165 Abs. 8, der die Regelung des aufgehobenen § 42 Abs. 1 Satz 4 InvG über- 88 nimmt, kann die BaFin verlangen, dass in dem Verkaufsprospekt weitere Angaben aufgenommen werden, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass die Angaben für den Erwerber erforderlich sind. Anders als nach § 7 Abs. 3 VermAnlG ist der BaFin allerdings vom Gesetzgeber keine Verordnungsermächtigung an die Hand gegeben worden. Der

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 128. Vgl. v. Ammon/Izzo-Wagner/Baas § 165 Rn. 121. Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 48.

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Mindestangaben im Verkaufsprospekt

BaFin wird durch § 165 Abs. 8 ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, den sie indessen durch pflichtgemäßes Ermessen auszufüllen hat.78 Zu den in der Verwaltungspraxis unter dem InvG-Regime üblichen Forderungen der BaFin gehörte die Aufnahme spezifischer Risiken im Zusammenhang mit den Anlagepolitik des Fonds und ein Hinweis darauf, dass keine Zusicherung gegeben werden kann, ob die Anlageziele tatsächlich erreicht werden. Ergänzende Angaben, die die BaFin für den Verkaufsprospekt fordert, sind stets als Angaben von wesentlicher Bedeutung anzusehen und unterliegen der Prospekthaftung nach § 306 Abs. 1.79 VIII. Prognosen (§ 165 Abs. 9) 89

Nach § 165 Abs. 9 sind etwaige Prognosen im Verkaufsprospekt deutlich als solche zu kennzeichnen. Die Regelung basiert auf § 2 Abs. 2 Satz 6 VermVerkProspG. Die Fondspraxis versteht unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff der Prognose Informationen über zukünftige Umstände oder Ereignisse, hinsichtlich derer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann bzw. der Anschein erweckt wird, dass sie in Zukunft existieren oder eintreten werden.80 In den Verkaufsprospekten früherer geschlossener Fonds war regelmäßig (Ausnahme: Blind-Pool-Modelle) eine Prognoserechnung hinsichtlich der erwarteten zukünftigen Fondsentwicklung enthalten, flankiert mit abweichenden Entwicklungsszenarien (sog. Sensitivitätsanalysen). Das KAGB sieht keine Verpflichtung der Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Darstellung einer Prognoserechnung für den von ihr verwalteten und vertriebenen Publikums-AIF im Verkaufsprospekt vor.81 Da allerdings in den wesentlichen Anlageinformationen regelmäßig nach § 270 Abs. 2 Nr. 4 die Aussichten für die zukünftigen Kapitalrückzahlungen und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen in Form einer Illustration darzustellen sind, kann es aus aufgrund des Kohärenzgebots des § 166 Abs. 3 Satz 3, wonach die wesentlichen Anlegerinformationen mit den einschlägigen Teilen des Verkaufsprospekts übereinstimmen müssen, ratsam sein, auch im Verkaufsprospekt eine Prognoserechnung und Sensitivitätsanalyse aufzunehmen, um damit einen weitgehenden Gleichlauf zwischen beiden Informationsträgern herzustellen. Dies gilt mit Blick auf die Funktionen beider Informationsmedien umso mehr, als die wesentlichen Anlegerinformationen lediglich eine Zusammenfassung der Kerninformationen bieten und nicht inhaltlich über den Verkaufsprospekt als das umfassende Informationsmedium des Anlegers hinausgehen sollen. Werden Prognosen und Prognoserechnungen im Verkaufsprospekt dargestellt, sind sie deutlich als solche zu kennzeichnen. Dabei ist entsprechend den Vorgaben der VermVerkProspV der Begriff „Prognose“ an drucktechnisch hervorgehobener Stelle in unmittelbarer räumlicher Nähe zur prognostizierten Angabe zu verwenden.82

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78 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Schmitz InvG/InvStG, § 42 Rn. 22; Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 45. 79 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 45 zu den Vorgängervorschriften §§ 42 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 1 Satz 1 InvG. 80 Vgl. Arndt/Voß/Voß § 2 VermVerkProspV Rn. 124. 81 Hingegen hält der aktuelle Entwurf des IDW ES 4 vom 6.12.2013 (abrufbar auf der Internetseite des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) auf www.idw.de unter Verlautbarungen/Entwürfe) in Ziff. 8.1. an der Prognoserechnung fest und fordert für Blind-Pool-Modelle eine Beispielsrechnung. 82 Vgl. Arndt/Voß/Voß § 2 VermVerkProspV Rn. 126.

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C. Zusatzinformationen (§ 269 Abs. 2)

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C. Zusatzinformationen (§ 269 Abs. 2) C. Zusatzinformationen (§ 269 Abs. 2) I. Übertragbarkeit und Handelbarkeit (§ 269 Abs. 2 Nr. 1) § 269 Abs. 2 Nr. 1 basiert auf § 4 Satz 1 Nr. 3 VermVerkProspV.83 Diese Regelung wur- 90 de wiederum sinngemäß aus dem Wertpapierprospektrecht übernommen (§ 4 Nr. 3 VerkProspVO). Der Anleger benötigt diese Informationen zur Fungibilität seines Anteils an einem Publikums-AIF in Form der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft, um beurteilen zu können, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Veräußerung der Anteile möglich ist.84 1. Übertragbarkeit. Es sind im Verkaufsprospekt die Modalitäten anzugeben, unter 91 denen die Anteile an geschlossenen Publikums-Investmentkommanditgesellschaften übertragen werden können. Die Übertragung von Kommanditanteilen erfolgt schuldrechtlich durch Abtretung im Sinne der §§ 398 ff. BGB. Insbesondere stellen Anteile an Kommanditgesellschaften keine Wertpapiere i.S.d. § 2 Nr. 1 WpPG dar, da sie nicht über die erforderliche Umlauffähigkeit verfügen. Zwar wurde im Zusammenhang mit der Einführung der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID) bzw. des Finanzmarktrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (FRUG)85 zum 1.11.2007 die Frage erörtert, ob Kommanditanteile dem europäischen Wertpapierbegriff unterfallen und damit als Finanzinstrumente einzustufen wären. Dies wird jedoch aus dem Grund verneint, dass Kommanditanteile nicht die für die Eigenschaft als Wertpapiere erforderliche Fungibilität aufweisen.86 Über die rechtsgeschäftliche Übertragung hinaus ist im Verkaufsprospekt grund- 92 sätzlich auch über die Übertragung im Wege des Erbrechts aufzuklären, insbesondere darüber wie sich die Übertragung des Kommandit- bzw. Treugutanteils nach dem Tod des Anleger gestaltet.87 Insoweit enthält der Gesellschaftsvertrag der Publikumskommanditgesellschaft regelmäßig ausdrückliche Vererbbarkeitsregelungen, ohne die eine Übertragung auf den Erben wegen des Vorrangs des Gesellschaftsrechts vor dem Erbrecht nicht möglich wäre. 2. Einschränkung der freien Handelbarkeit. Des Weiteren sind im Verkaufspros- 93 pekt etwaige Einschränkungen der freien Handelbarkeit des Anteils an dem geschlossenen Publikums-AIF anzugeben. Die Einschränkungen der freien Handelbarkeit können rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. So kann die Handelbarkeit des Investmentkommanditgesellschaftsanteils in recht- 94 licher Hinsicht dadurch eingeschränkt sein, dass die Abtretung von der Zustimmung von Dritten, insbesondere der Komplementärin aber auch sonstiger Mitgesellschafter wie z.B. einem Treuhandkommanditisten abhängig ist.88 Anzugeben sind gegebenenfalls

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83 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 269 Abs. 2 Nr. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. 84 Vgl. Unzicker § 4 VermVerkProspV Rn. 25. 85 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission vom 16.7.2007 BGBl. I 2007, 1330 ff. 86 Vgl. Unzicker § 8f Rn. 170; Spindler/Kasten WM 2007 1245 ff.; Voß BKR 2007 45 ff.; Vollhard/Wilkens DB 2008 2411 ff. 87 Vgl. Arndt/Voß/Voß § 4 VermVerkProspV Rn. 56. 88 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Voigt/Sedlak § 269 Rn. 12 hinterfragen, warum sich die Regelung des § 269 Abs. 2 Nr. 1 auf Anteile an geschlossenen Investmentkommanditgesellschaften beschränkt, können doch auch Aktien einer Investmentaktiengesellschaft vinkuliert und damit in ihrer Übertragbarkeit eingeschränkt sein. Auf die Folgen der Vinkulierung von Aktien einer Investmentaktiengesellschaft wird allerdings in dem Wertpapierprospekt bereits nach den Vorgaben des WpPG hinzuweisen sein.

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

auch die Gründe, unter denen die Zustimmung versagt werden kann. Ferner sind Angaben zur zeitlichen Einschränkung der freien Handelbarkeit in den Prospekt aufzunehmen, wenn die Übertragung des geschlossenen Publikums-AIF-Anteils nur zu bestimmten Zeitpunkten, beispielsweise zum Ende eines Geschäftsjahres oder eines Quartals oder nach einer bestimmten Laufzeit möglich ist. In tatsächlicher Hinsicht ist die freie Handelbarkeit des Anteils an einem geschlos95 senen Publikums-AIF regelmäßig dadurch eingeschränkt, dass dieser nicht an einem organisierten Markt handelbar ist. Insofern ist mangels einer organisierten Marktplattform ungewiss, ob ein veräußerungswilliger Anleger einen Käufer findet. Die Einschränkung der tatsächlichen Handelbarkeit der Anteile an geschlossenen Publikums-AIF relativiert sich allerdings in dem Maße, in dem die Bedeutung der Zweitmarktplattformen für geschlossene Fonds zunimmt. II. Angaben zum Treuhandkommanditisten (§ 269 Abs. 2 Nr. 2) 96

Nach § 269 Abs. 2 Nr. 2 sind Angaben zum Treuhandkommanditisten in den Verkaufsprospekt aufzunehmen, sofern die Anleger sich an dem geschlossenen PublikumsAIF in Rechtsform der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft über einen Treuhänder beteiligen. In der geschlossenen Fondspraxis ist die Beteiligung über einen Treuhandkommanditisten inzwischen zum Regelfall geworden. Dies liegt vor allem daran, dass der Anleger bei einer Beteiligung an der Fonds-KG über einen Treuhandkommanditisten nicht als Kommanditist im Handelsregister eingetragen wird und er daher die Kapitalanlage vergleichsweise diskret erwerben kann. Der KAGB-Gesetzgeber hat dieser Entwicklung ausschließlich für die geschlossen Publikums-Investmentkommanditgesellschaft Rechnung getragen, indem er gemäß § 152 Satz 2 Anlegern eine mittelbare Beteiligung über einen Treuhandkommanditisten ausdrücklich gestattet. § 269 Abs. 2 Nr. 2 erfasst wegen der ausdrücklichen Adressierung des Treuhandkommanditisten nur die echte Treuhand, welche eine entsprechende Rechtsinhaberschaft hinsichtlich der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft voraussetzt. Anders als bei der Vorgängerregelung des § 12 Abs. 3 VermVerkProspV wird der unechte Verwaltungstreuhänder, bei dem Treugeber Rechtsinhaber bleibt, der Treuhänder also nur im eigenen Namen im Interesse des Treugebers tätig wird,89 nicht erfasst.

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1. Name, Anschrift, bei juristischen Personen Firma, Sitz (§ 269 Abs. 2 Nr. 2a). Anzugeben ist eine ladungsfähige Anschrift, nicht lediglich eine Postfachadresse. Auf die Privatanschrift kann bei natürlichen Personen verzichtet werden; es genügt die Geschäftsanschrift. Hinsichtlich der Firma des Treuhandkommanditisten gelten die Regelungen der §§ 17, 19 HGB.90 Als Sitz der juristischen Person ist der in der Satzung als Gesellschaftssitz bestimmte Ort anzugeben.91

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2. Aufgaben und Rechtsgrundlage der Tätigkeit sowie wesentliche Rechte und Pflichten (§ 269 Abs. 2 Nr. 2b und 2c). Hinsichtlich der Angaben zur Aufgabe des Treuhandkommanditisten ist eine kurze Darstellung seiner wesentlichen Aufgaben, die sich aus dem Treuhandvertrag ergeben, ausreichend.92 Die Rechtsgrundlage des Treuhandverhältnisses zwischen Anleger und Treuhandkommanditist ist regelmäßig

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89 90 91 92

Vgl. Unzicker § 12 VermVerkProspV Rn. 24. Vgl. Unzicker § 5 VermVerkProspV Rn. 4. Vgl. Arndt/Voß/Voß § 5 VermVerkProsPV Rn. 32. Vgl. Unzicker § 12 VermVerkProspV Rn. 32.

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396

§ 269

D. Angaben zu bestehenden Anlageobjekten (§ 269 Abs. 3)

der zwischen beiden Parteien geschlossene Treuhandvertrag, gegebenenfalls in Verbindung mit den entsprechenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags, wenn eine starke Verzahnung der beiden Verträge gegeben ist und der Treuhandvertrag nicht lediglich auf den Gesellschaftsvertrag Bezug nimmt. Die wesentlichen Rechte und Pflichten des Treuhandkommanditisten ergeben 99 sich ebenfalls aus dem Treuhandvertrag. In Bezug auf die Pflichten liegt eine Überschneidung mit den Aufgaben vor. Eine grobe Aufzählung der Rechte und Pflichten, gegebenenfalls in Stichpunkten, ist insoweit ausreichend.93 Hinsichtlich der Rechtstellung des Treugebers allgemein ist zu beachten, dass dieser gemäß § 152 Abs. 1 Satz 2 im Innenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter zueinander nun ausdrücklich die gleiche Rechtsstellung wie ein Kommanditist inne hat. 3. Gesamtbetrag der Vergütung (§ 269 Abs. 2 Nr. 2d). Der Gesamtbetrag der 100 Treuhandvergütung ist im Verkaufsprospekt anzugeben. Aus dem Begriff Gesamtbetrag ergibt sich, dass eine Aufteilung nach einzelnen Vergütungsbestandteilen, beispielsweise Initialvergütung und laufende Vergütung, entbehrlich ist. Der Gesamtbetrag der Treuhandvergütung ist grundsätzlich in einer exakten absoluten Summe anzugeben, hilfsweise können prozentuale Angaben gemacht werden.94 Bei mehreren Treuhandkommanditisten sind die Gesamtvergütungen jedes einzelnen Treuhänders zu ermitteln. III. Angaben beim Erwerb von Anteilen an ÖPP-Projektgesellschaften (§ 269 Abs. 2 Nr. 3) Die Mindestangaben nach § 269 Abs. 2 Nr. 3a bis c gehen auf § 90e Abs. 2 Nr. 1 bis 3 101 InvG zurück, wobei § 90e Abs. 2 Nr. 4 bis 7 InvG nicht übernommen wurden, da Infrastrukturfonds künftig nur als geschlossenen Fonds aufgelegt werden können und die Regelungen in § 90e Abs. 2 Nr. 4 bis 7 InvG durch die Rückgabemöglichkeit bei offenen Fonds begründet waren. Gemäß § 269 Nr. 3a ist eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale von ÖPP-Projektgesellschaften erforderlich, welche die Besonderheiten einer Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft umfasst. Nach Nr. 3b sind die Arten von ÖPP-Projektgesellschaften aufzuführen, insbesondere der oder die Sektoren, in denen Beteiligungen erworben werden sollen. Nr. 3c verlangt schließlich einen Hinweis, dass in Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften investiert werden darf, die nicht an einer Börse zugelassen oder in einen anderen organisierten Markt einbezogen sind. D. Angaben zu bestehenden Anlageobjekten (§ 269 Abs. 3) D. Angaben zu bestehenden Anlageobjekten (§ 269 Abs. 3) I. Regelungsgegenstand Nach § 269 Abs. 3 sind hinsichtlich der bereits feststehenden Anlageobjekte im 102 Sinne von § 261 Abs. 1 Nr. 1 (Sachwerte im Sinne von § 262 Abs. 2) zusätzliche Angaben in den Verkaufsprospekt aufzunehmen. Die Regelung übernimmt mit redaktionellen Anpassungen § 9 Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 7 und 9 VermVerkProspV.95 Das Anlageobjekt muss bereits feststehen; andernfalls sind die in § 269 Abs. 3 geforderten konkreten Prospektangaben nicht möglich und daher auch nicht erforderlich. Mithin sind bei Blind-Pool-

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93 94 95

397

Vgl. Arndt/Voß/Voß § 12 VermVerkProspV Rn. 34. Vgl. Arndt/Voß/Voß § 12 VermVerkProspV Rn. 35. Vgl. RegBegr zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 269 Abs. 3, BTDrucks. 17/12294 S. 273.

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

Modellen, in denen im Zeitpunkt der Prospekterstellung noch keine Anlageobjekte konkretisiert wurden, keine entsprechenden Angaben zu machen. Stattdessen ist bei BlindPool-Modellen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 darauf hinzuweisen, dass noch nicht feststeht, in welche konkreten Anlageobjekte investiert werden soll. Bei Semi-Blind-Pool-Modellen, in denen bereits eins oder mehrere Anlageobjekte konkretisiert wurden, die anderen hingegen noch nicht, sind die Angaben zu den bereits feststehenden Anlageobjekten zu machen. II. Beschreibung (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) 103

Die nach § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 notwendige Beschreibung des Anlageobjekts darf sich nicht auf dessen Bezeichnung beschränken, sondern hat eine ausführliche Darstellung zu enthalten. Bloße Hinweise oder stichwortartige Ausführungen sind nicht ausreichend.96 Die Beschreibung des Anlageobjekts umfasst neben dem Typus des Anlageobjekts vor allem dessen Alter, Erhaltungszustand und etwaige erkennbare Mängel sowie die relevanten technischen Eckdaten wie Größe, Leistung, Abmessungen, Kapazitäten usw. Empfehlungen zur Beschreibung des Anlageobjekts im Verkaufsprospekt enthalten die bisherigen Anlagen 2 bis 7 des IDW S 4 a.F. für Immobilienfonds, Filmfonds, Windkraftfonds, Schiffsfonds, Blind-Pool-Modelle und Lebensversicherungsfonds. Der aktuelle Entwurf IDW ES 4 vom 6.12.2013 beinhaltet noch keine entsprechenden Anlagen; sie befinden sich noch in der Bearbeitung. III. Dingliche Belastungen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2)

104

Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 sind dingliche Belastungen des Anlageobjekts im Verkaufsprospekt anzugeben, sofern sie nicht nur unerheblich sind. Unter dingliche Belastungen fallen im grundsätzlich alle beschränkt dinglichen Rechte, mithin Verwertungsrechte (Reallasten, Grundpfandrechte), Nutzungsrechte (Erbbaurechte, Dienstbarkeiten) und Erwerbsrechte (Vorkaufsrechte, Aneignungsrechte). 97 Darüber hinaus können auch öffentlich-rechtliche Lasten angabepflichtig sein, sofern sie das Anlageziel gefährden können.98 Nicht erfasst sind hingegen aufgrund des insoweit klaren Wortlauts der Vorschrift schuldrechtliche Nutzungs-, Verwertungs- oder Erwerbsrechte am Anlageobjekt. IV. Beschränkungen der Verwendungsmöglichkeiten (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3)

105

Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 sind Beschränkungen im Hinblick auf die den Anlagezielen entsprechende Verwendung des Anlageobjekts im Verkaufsprospekt anzugeben. Die Beschränkungen können tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein. Tatsächliche Beschränkungen ergeben sich aufgrund faktischer oder technischer Begebenheiten. Faktisch besteht eine Beschränkung der Verwendungsmöglichkeiten wenn beispielsweise das notwendige Grundstück dinglich tatsächlich noch nicht gesichert ist und damit nicht zur Verfügung steht. Technische Gegebenheiten ergeben sich im Hinblick auf die Verwendungsfähigkeit.99 Beispiele sind Betriebsbeschränkungen des Anla-

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96 97 98 99

Vgl. Arndt/Voß/Voß § 9 VermVerkProspV Rn. 21. Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 60. Vgl. Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/Maas § 9 VermVerkProspV Rn. 53. Vgl. Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/Maas § 9 VermVerkProspV Rn. 58.

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§ 269

D. Angaben zu bestehenden Anlageobjekten (§ 269 Abs. 3)

geobjekts, bei Immobilienfonds etwa baurechtliche Beschränkungen in Bezug auf die Bebaubarkeit des Grundstücks oder bei Schiffsfonds etwa der Tiefgang des Schiffes und die daraus resultierende Unmöglichkeit oder das Verbot, bestimmte Häfen anzusteuern oder auf bestimmten Gewässern zu fahren.100 V. Behördlichen Genehmigungen (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4) Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 sind im Verkaufsprospekt alle behördlichen Ge- 106 nehmigungen anzugeben, die zum Betrieb des Anlageobjekts erforderlich sind. Nicht erforderlich ist die Benennung der Genehmigungsbehörde.101 Ist das Anlageobjekt im Ausland gelegen, sind die erforderlichen ausländischen Genehmigungen darzustellen. Eine Genehmigung ist erforderlich, wenn ohne sie das Anlageobjekt nicht bestimmungsgemäß genutzt werden kann wie beispielsweise ein Flugzeug ohne Luftfahrtverkehrsgenehmigung. VI. Verträge über die Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5) Bei den im Verkaufsprospekt gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 anzugebenden Verträ- 107 gen über die Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts oder wesentlicher Teile davon handelt es sich um solche, die die Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des Publikums-AIF im Zeitpunkt der Prospektaufstellung bzw. der Vertriebsanzeige bereits geschlossen hat. Der Abdruck der Verträge ist nicht erforderlich.102 Anzugeben sind Vertragspartner und Vertragsgegenstand. Der Wortlaut der Vorschrift verlangt keine Erläuterungen zum Vertragsinhalt. Angaben hierzu sind indessen aus Transparenzgründen empfehlenswert und werden aus prospekthaftungsrechtlichen Gründen auch regelmäßig gemacht. Insofern Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen den Vertragsparteien bestehen, 108 ist die Prospektangabepflicht nach § 269 Abs. 3 Nr. 5 als gesetzliche Pflicht zur Offenlegung zu verstehen.103 Da die Vorschrift allerdings ohnehin keinen großen Offenlegungsumfang hinsichtlich des Vertragsinhalts verlangt, dürfte auch eine beiden Interessen berücksichtigende Darstellung gefunden werden können. VII. Bewertungsgutachten (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6) Hinsichtlich eines für das Anlageobjekt erstellten Bewertungsgutachtens sind ge- 109 mäß § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 der Name der Person oder der Gesellschaft, die das Gutachten erstellt hat, anzugeben. Des Weiteren sind das Datum sowie das Ergebnis des Bewertungsgutachtens anzugeben. Als Bewertungsgutachten sind sämtliche Gutachten zu verstehen, die den Wert des Anlageobjekts bestimmen sollen. Liegen mehrere Bewertungsgutachten vor, so sind die Angaben für alle Bewertungsgutachten zu machen. Unstatthaft ist eine selektive Auswahl. Damit soll vermieden werden, dass dem Anleger ein Bewertungsgutachten mit schlechtem Ergebnis vorenthalten wird und so ein verzerrtes Bild über die Begutachtung des Anlageobjekts vermittelt wird.104 § 269 Abs. 3 Nr. 6 ent-

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100 101 102 103 104

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Vgl. Arndt/Voß/Voß § 9 VerkProspV Rn. 38. Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 60. Vgl. Arndt/Voß/Voß § 9 VerkProspV Rn. 43. Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 69. Vgl. Arndt/Voß/Voß § 9 VerkProspG Rn. 46 ff.

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§ 269

Mindestangaben im Verkaufsprospekt

hält zwar wie seine Vorgängervorschrift § 9 Abs. 2 Nr. 7 VermVerkProspV keine eigenständige Verpflichtung, ein Bewertungsgutachten zu erstellen, sondern geht von einem bereits vorhandenen Bewertungsgutachten aus. Geschlossene Publikums-AIF haben gemäß § 262 Abs. 5 indes jeweils vor Erwerb eines Sachwerts im Sinne des § 262 Abs. 2 eine Bewertung durch einen externen Bewerter – bzw. bei Sachwerten über € 50 Mio. von zwei externen Bewertern – vorzunehmen zu lassen. VIII. Voraussichtliche Gesamtkosten und Finanzierung (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7) Gemäß § 269 Abs. 3 Nr. 7 sind Angaben zu den voraussichtlichen Gesamtkosten des Anlageobjekts und zu der Finanzierung in einer bestimmten Aufgliederung zu machen. Erforderlich sind nach dieser Regelung sowohl Angaben zur Mittelverwendung als auch zur Mittelherkunft. In der Prospektierungspraxis sind diese Angaben regelmäßig in der „Mittelverwendungs- und Mittelherkunftsrechnung“ oder dem „Investitionsund Finanzierungsplan“ enthalten. Hinsichtlich der Darstellung der Gesamtkosten des Anlageobjekts verlangt die Vor111 schrift eine Aufgliederung. Hierunter wird in der Praxis eine tabellarische Darstellung oder eine Darstellung in Kontoform verstanden, in der jeweils eine getrennte Darstellung der Positionen der Mittelherkunft und der Mittelverwendung erfolgt.105 Bei der Darstellung der Mittelverwendung sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Anlageobjekts sowie die sonstigen Kosten auszuweisen. Die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie der sonstigen Kosten ergeben die Gesamtkosten. Die Angaben sind auch dann zu machen, wenn das Anlageobjekt im Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits erworben wurde.106 Eine weitere Ausdifferenzierung der Kostenpositionen innerhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten verlangt § 269 Abs. 3 Nr. 7 nicht. In der bisherigen Fondspraxis geschieht dies aber regelmäßig bereits aus Transparenzgründen und weil der IDW S 4 zusätzliche Angaben fordert. Die Darstellung der Finanzierung richtet sich zunächst danach, ob nur Eigenmittel 112 oder auch Fremdmittel investiert werden. Eigen- und Fremdmittel sind gesondert auszuweisen unter Angabe der Fälligkeiten. Anzugeben ist auch, ob und von wem die Eigenund Fremdmittel bereits verbindlich zugesagt sind. Bei Fremdfinanzierungen sind Zwischenfinanzierungs- und Endfinanzierungsmittel gesondert anzugeben.

110

IX. Blind-Pool-Angabe (§ 269 Abs. 3 Satz 2) 113

Steht noch nicht fest, in welche konkreten Anlageobjekte investiert werden soll, ist dies gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 anzugeben. Diese Angabe betrifft so genannte BlindPool-Modelle, die sich dadurch auszeichnen, dass der Fondsinitiator bzw. die Kapitalverwaltungsgesellschaft im Zeitpunkt der Prospekterstellung noch kein Anlageobjekt konkretisiert hat und daher nicht in der Lage ist, das Anlageobjekt konkret zu beschreiben.107 Ungeachtet der Hinweispflicht nach § 269 Abs. 3 Satz 2 darauf, dass die Anlageobjekte noch nicht feststehen, sind bei Blind-Pool-Modellen die Investitionskriterien im Rahmen der Angaben zu den Anlagezielen und Anlagepolitik darzustellen; dieser Dar-

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105 106 107

Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 79. Vgl. Arndt/Voß/Voß § 9 VermVerkProspV Rn. 56 ff. Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 37; Arndt/Voß/Voß § 9 VermVerkProspV Rn. 24.

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400

E. Prospekthaftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft

§ 269

stellung kommt wegen der noch nicht feststehenden Anlageobjekte besonderes Gewicht zu.108 X. Sonstige Angaben nach anderen Vorschriften Unter die sonstigen, nach anderen Vorschriften erforderlichen Angaben im Ver- 114 kaufsprospekt fallen beispielsweise die Hinweise zur vorübergehenden Nichteinhaltung des Grundsatzes der Risikomischung. So sind die Anleger gemäß § 262 Abs. 1 Satz 4 KAGB im Verkaufsprospekt und in den wesentlichen Anlegerinformationen darauf hinzuweisen, sofern der geschlossene Publikums-AIF innerhalb des zulässigen Zeitraums von 18 Monaten ab Vertriebsbeginn noch nicht risikogemischt investiert ist. Ein Hinweis an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomi- 115 schung im Verkaufsprospekt ist gemäß § 262 Abs. 2 dann erforderlich, wenn der geschlossene Publikums-AIF ohne Einhaltung des Grundsatzes der Risikomischung investiert. Dies setzt eine Mindestzeichnungssumme von € 20.000 voraus sowie die Erfüllung der Kriterien für semi-professionelle Anleger gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 33a bb–ee. Unter die sonstigen Angaben im Verkaufsprospekt fällt ferner der gemäß § 343 116 Abs. 3 Satz 2 erforderliche Hinweis zur fehlenden Erlaubnis der Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Folgen einer unterlassenen Antragsstellung oder Erlaubnisversagung im Fall der Nutzung der Übergangsregelungen. Sofern die Kapitalverwaltungsgesellschaft noch vor Erteilung der BaFin-Erlaubnis nach §§ 20 und 22 neue geschlossene Publikums-AIF verwaltet und vertreibt, ist ein entsprechender Hinweis drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle im Verkaufsprospekt zu machen. E. Prospekthaftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft E. Prospekthaftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft Gemäß § 306 Abs. 1 haftet die Kapitalverwaltungsgesellschaft, wenn in einem Ver- 117 kaufsprospekt „Angaben, die für die Beurteilung der Anteile oder Aktien von wesentlicher Bedeutung sind, unrichtig oder unvollständig“ sind. Ein unrichtiger oder unvollständiger Verkaufsprospekt zieht mithin nicht automatisch einen Prospekthaftungsanspruch nach § 306 Abs. 1 nach sich; Voraussetzung ist insoweit, dass wesentlichen Prospektangaben unrichtig sind oder fehlen. Rechtsfolge der Prospekthaftung nach § 306 Abs. 1 ist für die Kapitalverwaltungsgesellschaft bei offenen und geschlossenen AIF gleichermaßen die Verpflichtung zur Übernahme der AIF-Anteile gegen Erstattung des vom Anleger gezahlten Betrags.109 Das bestehende spezialgesetzliche Prospekthaftungsregime nach § 306 lässt keinen Raum für die von der Rechtsprechung entwickelte sog. „zivilrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne“.110 Weitergehende Ansprüche, die sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgrund von Verträgen oder unerlaubten Handlungen ergeben können – wie beispielsweise die vor allem den Vertrieb betreffende sog. „Prospekthaftung im weiteren Sinne“ –, bleiben gemäß § 306 Abs. 6 Satz 2 unberührt. Zu den Einzelheiten zur Prospekthaftung wird auf die Kommentierung zu § 306 verwiesen.

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108 109 110

401

Vgl. Unzicker § 9 VermVerkProspV Rn. 9; Moritz/Grimm BB 2005 337 (341). Zu den gesellschaftsrechtlichen Bedenken vgl. Schnauder NJW 2013 3207 (3210). Vgl. Zinga § 306 Rn. 32.

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§ 270

Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

§ 270 Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen § 270 Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen Dorenkamp (1) Für die wesentlichen Anlegerinformationen für geschlossene PublikumsAIF gilt § 166 Absatz 1 bis 3 und 5 nach Maßgabe der folgenden Vorschriften enthttps://doi.org/10.1515/9783110492217-057 sprechend. (2) 1 Für geschlossene Publikums-AIF sind Artikel 3 bis 7, 10 bis 24, 26 bis 30 und 38 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 hinsichtlich der näheren Inhalte, der Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen entsprechend mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. sofern bereits feststeht, in welche konkreten Anlageobjekte im Sinne von § 261 Absatz 1 Nummer 1 investiert werden soll, ist zusätzlich zu den in Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 genannten Mindestangaben eine Beschreibung dieser Anlageobjekte erforderlich. 2 Andernfalls ist die Angabe aufzunehmen, dass noch nicht feststeht, in welche konkreten Anlageobjekte investiert werden soll; 2. in den Fällen, in denen eine Beschreibung von konkreten Anlageobjekten im Sinne von Nummer 1 oder eine Darstellung von Performance-Szenarien erfolgt, ist Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die wesentlichen Anlegerinformationen ausgedruckt nicht länger als drei Seiten sein dürfen; 3. die in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 genannten Kosten umfassen die mit der Anlage in den geschlossenen Publikums-AIF verbundenen Kosten und Provisionen; 4. sofern gemäß Artikel 15 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 keine Daten über die frühere Wertentwicklung für ein vollständiges Kalenderjahr vorliegen, sind anstelle der bisherigen Wertentwicklung im Sinne von § 166 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen in Form einer Illustration darzustellen; die Illustration muss mindestens drei zweckmäßige Szenarien der potenziellen Wertentwicklung des geschlossenen Publikums-AIF enthalten; 5. Artikel 4 Absatz 8 und Artikel 8 und 9 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 sind nicht anzuwenden; die Darstellung des Risiko- und Ertragsprofils nach § 166 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 hat dafür eine Bezeichnung der wesentlichen Risiken und Chancen, die mit einer Anlage verbunden sind, zu enthalten. 3 Dabei ist auf die wesentlichen Risiken, die Einfluss auf das Risikoprofil des geschlossenen Publikums-AIF haben, hinzuweisen; insbesondere sind die Risiken der Investitionen in die Vermögensgegenstände, in die der geschlossene Publikums-AIF investiert, zu bezeichnen. 4 Daneben ist ein Hinweis auf die Beschreibung der wesentlichen Risiken im Verkaufsprospekt aufzunehmen. 5 Die Darstellung muss den Anleger in die Lage versetzen, die Bedeutung und die Wirkung der verschiedenen Risikofaktoren zu verstehen. 6 Die Beschreibung ist in Textform zu erstellen und darf keine grafischen Elemente aufweisen. 7 Daneben sind folgende Angaben aufzunehmen: a) ein genereller Hinweis, dass mit der Investition in den geschlossenen Publikums-AIF neben den Chancen auf Wertsteigerungen auch Risiken verbunden sein können, und b) anstelle der Angaben nach Artikel 7 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 entweder ein Hinweis auf die fehlende oder nur Dorenkamp https://doi.org/10.1515/9783110492217-057

402

Systematische Übersicht

§ 270

eingeschränkte Möglichkeit der Rückgabe von Anteilen. 8 Soweit sich die in Satz 1 genannten Regelungen auf Teilinvestmentvermögen oder MasterFeeder-Konstruktionen beziehen, sind sie nicht anzuwenden. (3) 1 Die Ermittlung und die Erläuterung der Risiken im Rahmen des Risikound Ertragsprofils nach Absatz 2 Nummer 5 müssen mit dem internen Verfahren zur Ermittlung, Messung und Überwachung von Risiken übereinstimmen, das die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne der Artikel 38 bis 56 der Verordnung (EU) Nr. 231/2013 angewendet hat. 2 Verwaltet eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mehr als ein Investmentvermögen, sind die hiermit verbundenen Risiken einheitlich zu ermitteln und widerspruchsfrei zu erläutern. (4) Sofern in den Anlagebedingungen eine zusätzliche Verwaltungsvergütung für den Erwerb, die Veräußerung oder die Verwaltung von Vermögensgegenständen nach § 261 Absatz 1 Nummer 1 vereinbart wurde, ist diese Vergütung neben der Gesamtkostenquote nach § 166 Absatz 5 gesondert als Prozentsatz des durchschnittlichen Nettoinventarwertes des geschlossenen Publikums-AIF anzugeben. Schrifttum Gerold/Kohleick Aktuelle europäische Vorgaben für das Basisinformationsblatt nach der PRIIP-VO, RdF 2017 276; Loritz Produktinformationsblätter nach dem neuen EU-Verordnungsvorschlag („PRIPSInitiative“) – Gedanken zur Konkretisierung von Zielsetzung und Inhalt, WM 2014 1513; Podewils Beipackzettel für Finanzprodukte – Verbesserte Anlegerinformationen durch Informationsblätter und Key Investor Information Document?, ZBB 2011 169.

Systematische Übersicht A.

B.

C.

403

Systematische Übersicht Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen | 1 II. Entstehungsgeschichte | 3 III. Regelungszweck | 5 IV. Anwendungsbereich | 6 Verweis auf Regelungen für offene Publikums-AIF nach Maßgabe der Vorschriften des § 270 (§ 270 Abs. 1) | 7 Entsprechende Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 nach Maßgabe besonderer Regelungen für geschlossene Publikums-AIF (§ 270 Abs. 2) I. Verweis auf die Verordnung (EU) Nr. 583/2010 (§ 270 Abs. 2 Satz 1) | 13 II. Grundsätze der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 3 VO (EU) Nr. 583/2010) | 14 III. Titel und Reihenfolge von Inhalt der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 4 VO (EU) Nr. 583/2010) | 16 IV. Präsentation und Sprache der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 5 VO (EU) Nr. 583/2010) | 21

V.

Inhalt der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 10 bis 24 und 26 bis 30 VO (EU) Nr. 583/2010 nach Maßgabe des § 270 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 sowie Abs. 3 und 4) 1. Ziele und Anlagepolitik (Art. 7 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010) und Beschreibung der Anlageobjekte (§ 270 Abs. 2 Nr. 1) a) Ziele und Anlagepolitik (Art. 7 VO (EU) Nr. 583/ 2010) | 22 b) Beschreibung der Anlageobjekte (§ 270 Abs. 2 Nr. 1) | 27 2. Umfang (§ 270 Abs. 2 Nr. 2) | 30 3. Kosten (Art. 10 VO (EU) Nr. 583/ 2010) und Provisionen (§ 270 Abs. 2 Nr. 3) a) Kostentabelle gemäß Anlage II zur VO (EU) Nr. 583/2010 | 31 b) Höchstbetrag des Ausgabeaufschlags in Prozent | 32

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§ 270

Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

c)

4.

Zusammenfassung der laufenden Kosten des Jahresverlaufs in einer Zahl | 36 d) Kosten, die der Fonds unter bestimmten Umständen zu tragen hat | 37 e) Provisionen | 38 f) Erklärung zum Stellenwert der Kosten, klare Kostendarstellung, Querverweise | 39 Darstellung der früheren Wertentwicklung/Illustration der Aussichten für die Kapitalrückzahlung und der Erträge (§ 270 Abs. 2 Nr. 4) | 42 a) Vorliegen von Daten über die frühere Wertentwicklung für ein vollständiges Kalenderjahr | 43 b) Kein Vorliegen von Daten über die frühere Wertentwicklung für ein vollständiges Kalenderjahr | 49

5.

D.

E.

Bezeichnung der wesentlichen Risiken und Chancen samt Hinweis auf das Risikoprofil (§ 270 Abs. 2 Nr. 5) | 51 6. Risiko- und Ertragsprofil (§ 270 Abs. 3) | 55 7. Gesamtkostenquote (§ 270 Abs. 4) | 56 8. Praktische Informationen (Art. 20 VO (EU) Nr. 583/ 2010) | 57 9. Querverweise | 58 10. Besondere Hinweispflichten | 60 11. Erklärung zur Veröffentlichung (Art. 4 Abs. 14 (EU) Nr. 583/ 2010) | 61 12. Überprüfung (Art. 22–24 VO (EU) Nr. 583/ 2010) | 62 Haftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft für wesentliche Anlegerinformationen | 64 PRIIP-Verordnung | 65

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Europäischer Rechtsrahmen 1

Die wesentlichen Anlegerinformationen der §§ 270, 166 gehen in ihrem Ursprung auf die sogenannte „OGAW IV-Richtlinie“1 aus dem Jahr 2009 zurück. Die inhaltliche und formelle Ausgestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen ist detailliert in der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 vom 1.7.2010,2 im Fachjargon auch „Key Investor Information Document“- bzw. kurz „KIID-Verordnung“ genannt, geregelt. Die Verordnung (EU) Nr. 583/2010 hat unmittelbare Geltung für OGAW; die erst mit der AIFM-Richtlinie vom 8.6.2011 eingeführten AIFM sind daher nicht unmittelbar von ihr erfasst. Bedeutsam für die Verwaltungspraxis im Zusammenhang mit den wesentlichen Anlegerinformationen sind darüber hinaus die Guidelines und Veröffentlichungen des Ausschusses der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörden (CESR).3

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1 Vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 32 ff. 2 Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Kommission vom 1.7.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/ 65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden (im Folgenden „VO (EU) Nr. 583/2010“ abgekürzt), ABl. L 176 vom 10.7.2010 S. 1 ff.). 3 Z.B. CESR’s template for Key Investor Information Document, CESR/10-1321; CESR, CESR’s guide to clear language und layout for Key Investor Information Document, CESR/10-1320, CESR’s guidelines on the methodology for calculation of the ongoing figures in the key investor document, CESR/10-674, jeweils abrufbar auf der ESMA-Homepage www.esma.europa.eu.

Dorenkamp

404

A. Allgemeines

§ 270

Das KAGB verweist hinsichtlich der näheren Inhalte, Form und Gestaltung der we- 2 sentlichen Anlegerinformationen in den Vorschriften der §§ 166 Abs. 4 Satz 1 und 270 Abs. 2 Satz 1 für offene und geschlossene Publikums-AIF jeweils in unterschiedlichen Umfang auf die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 583/2010. II. Entstehungsgeschichte Im Bereich der offenen Publikumsfonds waren Kapitalanlagegesellschaften bislang 3 nach dem auf die OGAW IV-Richtlinie zurückgehenden und nun aufgehobenen § 42 Abs. 2 InvG verpflichtet, wesentliche Anlegerinformationen nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 zu erstellen und zu veröffentlichen. Die für offenen PublikumsAIF geltende Parallelvorschrift des § 166 hat inhaltlich die Regelung des aufgehobenen § 42 Abs. 2 InvG im Wesentlichen übernommen. Die mit § 42 Abs. 2 InvG als Umsetzungsergebnis der OGAW-IV-Richtlinie eingeführten wesentlichen Anlegerinformationen lösten wiederum den vereinfachten Verkaufsprospekt ab, der wegen seines in der Praxis zu großen Umfangs und aufgrund nicht ausreichender Harmonisierung seinen Zweck, die Herstellung der Vergleichbarkeit verschiedener Fondsprodukte für den Anleger, nicht erfüllen konnte. Anbieter von geschlossenen Publikumsfonds waren vor Inkrafttreten des KAGB 4 nicht zur Erstellung von wesentlichen Anlageinformationen verpflichtet. Sie unterlagen jedoch zuletzt während des Angebots der Vermögensanlagen vergleichbaren Informationspflichten gegenüber den Anlegern, indem sie das im Rahmen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes mit Wirkung zum 1.6.2012 eingeführte Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) gemäß § 13 VermAnlG zu erstellen hatten. In dem VIB sollten die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlagen in kurzer und verständlicher Weise dargestellt werden, um es den Anlegern zu ermöglichen, unterschiedliche Vermögensanlagen miteinander zu vergleichen zu können.4 § 270 Abs. 2 und 3 haben durch das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.2014 redaktionelle Änderungen erfahren, die ein gesetzgeberisches Versehen korrigieren.5 III. Regelungszweck Die wesentlichen Anlegerinformationen sollen durch ihre vollständige rechtliche 5 Harmonisierung innerhalb der europäischen Mitgliedsstaaten die Vergleichbarkeit von verschiedenen Fondsprodukten für den Anleger verbessern.6 Zwar lag diese Intention auch bereits dem vereinfachten Verkaufsprospekt zugrunde; allerdings war auch dieser immer noch zu umfangreich und wegen der unterschiedlichen Umsetzungen der europäischen Vorgaben durch die Mitgliedsstaaten nicht ausreichend harmonisiert.7 Die wesentlichen Anlegerinformationen sollen dem Anleger rechtzeitig vor dem Erwerb der Fondsanteile als vorvertragliche Informationen geliefert werden und ihm eine fundierte

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4 Vgl. RegBegr. zum Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrecht vom 15.4.2011 zu § 13 VermAnlG BTDrucks. 209/11 S. 53. 5 Vgl. RegBegr. zum Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 5.5.2014, BTDrucks. 18/1305 S. 49; ausführlich Beckmann/Scholtz/Vollmer/Voigt § 270 Rn. 4; Moritz/ Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 270 Rn. 7. 6 Vgl. Erwägungsgrund 59 der OGAW IV-Richtlinie. 7 Vgl. Podewils ZBB 2011 169 (170).

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Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

Anlageentscheidung ermöglichen.8 Entsprechend verlangt § 297 Abs. 2 Satz 2 im Rahmen der Vorschriften über den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen, dass dem am Erwerb eines Anteils ein einem AIF interessierten Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen kostenlos zur Verfügung zu stellen sind. Bei der Darstellung und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen steht deren Einfachheit, Klarheit und Verständlichkeit für den Anleger im Vordergrund.9 Der Anleger muss die wesentlichen Merkmale verstehen können, ohne dass dafür zusätzliche Dokumente herangezogen werden müssen.10 Die wesentlichen Anlegerinformationen sind in einem einheitlichen Format zu erstellen, um dem Anleger anhand des Dokuments den Vergleich verschiedener AIF zu erleichtern. Das einheitliche Format, welches sich bereits aus den Vorgaben für die Reihenfolge der Informationen ergibt, soll die Verständlichkeit für den Anleger erhöhen, zugleich aber auch dessen Interesse an der Wahrnehmung der Informationen wecken.11 IV. Anwendungsbereich 6

Die wesentlichen Anlegerinformationen sind gemäß § 268 Abs. 1 Satz 1 – wie der Verkaufsprospekt – von der Kapitalverwaltungsgesellschaft für die von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF zu erstellen und ab dem statthaften Vertrieb der AIF-Anteile nach Genehmigung durch die BaFin zu veröffentlichen. Eine entsprechende Verpflichtung sieht § 164 Abs. 1 für offene Publikumsinvestmentvermögen vor. Das KAGB stellt somit hinsichtlich der gesetzlichen Erstellungs- und Veröffentlichungspflicht der wesentlichen Anlegerinformationen einen Gleichlauf zwischen offenen und geschlossenen Publikumsinvestmentvermögen her. Hingegen sind (offene und geschlossene) Spezialinvestmentvermögen nicht von dieser Verpflichtung betroffen. Für solche Vermögensanlagen, die kein Investmentvermögen darstellen und daher nicht in den Anwendungsbereich des KAGB fallen, wie beispielsweise fremdkapitalähnliche Genussrechte und Namensschuldverschreibungen, ist weiterhin ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) gemäß § 13 VermAnlG zu erstellen, das dem Konzept der Anlegerkurzinformation entspricht. Auch im Wertpapierhandelsgesetz hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich der in § 31 Abs. 3a WpHG geregelten Pflicht, dem Kunden bei der Anlageberatung rechtzeitig vor dem Abschluss eines Geschäfts über Finanzinstrumente ein kurzes und leicht verständliches Informationsblatt zur Verfügung zu stellen, an den Key Investor Information orientiert.12 B. Verweis auf Regelungen für offene Publikums-AIF nach Maßgabe besonderer Vorschriften des § 270 (§ 270 Abs. 1)

7

§ 270 Abs. 1 verweist hinsichtlich des Zwecks der wesentlichen Anlegerinformationen, den Angaben zu den wesentlichen Merkmalen des betreffenden Investmentvermögens und der Gesamtkostenquote auf die Absätze 1 bis 3 und 5 des § 166 – die entsprechende Vorschrift für offene Publikumsinvestmentvermögen, welche inhaltlich dem

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8 Vgl. RegBegr zum OGAW-IV-UmwG vom 24.10.2011, BTDrucks. 17/4510 S. 70 ff. sowie die Regelungen der § 270 Abs. 1 i.V.m. § 166 Abs. 1. 9 Vgl. Erwägungsgrund 59 OGAW IV-Richtlinie. 10 Vgl. § 270 Abs. 1 i.V.m. § 166 Abs. 3. 11 Vgl. Erwägungsgrund 4 VO (EU) Nr. 583/2010. 12 Vgl. Podewils ZBB 2011 169 (179).

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aufgehobenen § 42 Abs. 2 InvG entspricht – wobei die Besonderheiten von geschlossenen Publikums-AIF durch die weiteren Vorschriften des § 270 berücksichtigt werden. Gemäß § 166 Abs. 1 sollen die wesentlichen Anlegerinformationen den Anleger in die 8 Lage versetzen, Art und Risiken des angebotenen Anlageprodukts zu verstehen und auf dieser Grundlage eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen. Die wesentlichen Anlegerinformationen müssen gemäß § 166 Abs. 2 folgende An- 9 gaben zu den wesentlichen Merkmalen des betreffenden Investmentvermögens enthalten: (i) Identität des Investmentvermögens (ii) kurze Beschreibung der Anlageziele und Anlagepolitik (iii) Risiko- und Ertragsprofil (iv) Kosten und Gebühren (v) bisherige Wertentwicklung und gegebenenfalls Performance-Szenarien (vi) praktische Informationen und Querverweise Außerdem wurde § 166 Abs. 2 durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz13 um folgende neue Mindestangaben ergänzt: In § 166 Abs. 2 Nr. 1 wurde die Angabe der für das Investmentvermögen zuständigen Behörde hinzugefügt. Zudem ist gemäß dem neu eingefügten § 166 Abs. 2 Nr. 6 eine Erklärung darüber aufzunehmen, dass und an welcher Stelle Einzelheiten zur Vergütungspolitik der Kapitalverwaltungsgesellschaft veröffentlicht und erhältlich sind. § 166 Abs. 3 schreibt vor, dass der Anleger die wesentlichen Merkmale verstehen 10 können muss, ohne dass dafür zusätzliche Dokumente herangezogen werden müssen. Ferner müssen die wesentlichen Anlegerinformationen redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein.14 Sie müssen zudem mit den einschlägigen Teilen des Verkaufsprospekts übereinstimmen. Sie sind überdies kurz zu halten, in allgemein verständlicher Sprache abzufassen und in einem einheitlichen Format zu erstellen, um Vergleiche zu ermöglichen. § 166 Abs. 5 ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen bzw. per Delegation 11 die BaFin, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Methoden und Grundlagen der Berechnung der Gesamtkostenquote zu erlassen. Bisher wurde von der Verordnungsermächtigung noch kein Gebrauch gemacht. Eine solche Verordnung müsste sich jedenfalls im Einklang mit der unmittelbar über die Gesetzesverweisung geltenden Verordnung (EU) Nr. 583/2010 stehen.15 Im Übrigen wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu den Vorschriften des § 166 12 Abs. 1 bis 3 und 5 wird auf die Kommentierung zu § 166 verwiesen. C. Entsprechende Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 nach Maßgabe besonderer Regelungen für geschlossene Publikums-AIF (§ 270 Abs. 2) C. Entsprechende Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 I. Verweis auf die Verordnung (EU) Nr. 583/2010 (§ 270 Abs. 2 Satz 1) § 270 Abs. 2 erklärt hinsichtlich der näheren Inhalte, Form und Gestaltung der we- 13 sentlichen Anlegerinformationen die Artikel 3 bis 7, 10 bis 24, 26 bis 30 und 38 der für

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13 BGBl. I 2016, S. 348 ff. 14 Entsprechende Anforderungen enthält in Umsetzung europäischer Vorgaben für Wertpapierinformationen bereits § 31 Abs. 2 Satz 1 WpHG. 15 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 41 Rn. 38.

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Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

OGAW geltenden VO (EU) Nr. 583/2010 für entsprechend anwendbar unter Maßgabe der in Nr. 1 bis 5 genannten Vorgaben. Bei der VO (EU) Nr. 583/2010, die sich auf die OGAW IV-Richtlinie stützt, handelt es sich um eine delegierte europäische Rechtsverordnung, welche unmittelbar geltendes Recht ist und auf OGAW Anwendung findet; die erst mit der AIFM-Richtlinie eingeführten AIF sind hingegen nicht Gegenstand der Verordnung. Der Verweis auf einzelne Bestimmungen der VO (EU) Nr. 583/2010 ist redundant insoweit als in § 270 Abs. 1 auf einige Regelungen des § 166 verwiesen wird, welche bereits die Anforderungen der VO (EU) Nr. 583/2010 an die wesentlichen Anlegerinformationen auch für AIF in das KAGB übernommen haben. Insoweit führen die jeweiligen Verweise in § 270 Abs. 1 auf § 166 und in § 270 Abs. 2 auf die VO (EU) Nr. 583/2010 zu Überschneidungen hinsichtlich der Grundsätze und Merkmale der wesentlichen Anlegerinformationen. Überhaupt trägt der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 270 Abs. 2 umfassend Gebrauch von Verweisen macht, wenig zum Verständnis der Regelung bei. II. Grundsätze der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 3 VO (EU) Nr. 583/2010) Gemäß Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010 werden Form und Inhalt der wesentlichen Anlegerinformationen erschöpfend und vollständig in der Verordnung festgelegt. Sofern es die Verordnung nicht anders vorschreibt, dürfen keine sonstigen Informationen oder Erklärungen hinzugefügt werden. 15 Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 583/2010 enthält den vom KAGB in § 166 Abs. 3 übernommenen Grundsatz, dass die wesentlichen Anlegerinformationen redlich und eindeutig sein müssen und nicht irreführend sein dürfen.

14

III. Titel der der wesentlichen Anlegerinformationen, Identitätsangaben und Inhaltsreihenfolge (Art. 4 VO (EU) Nr. 583/2010) Art. 4 VO (EU) Nr. 583/2010 legt nicht nur den Titel und den grundsätzlichen Inhalt, sondern auch die Reihenfolge und Gliederung der wesentlichen Anlegerinformationen mit fetten Überschriften fest. Der Titel „Wesentliche Anlegerinformationen“ ist gemäß Art. 4 Abs. 2 VO (EU) 17 Nr. 583/2010 zwingend und hat klar oben auf der ersten Seite des Dokuments der wesentlichen Anlegerinformationen für den Anleger zu erscheinen. Dem Titel hat gemäß Art. 4 Abs. 3 VO (EU) Nr. 583/2010 eine Erläuterung mit folgendem Wortlaut zu folgen: „Gegenstand dieses Dokuments sind wesentliche Informationen für den Anleger über diesen Fonds. Es handelt sich nicht um Werbematerial. Diese Informationen sind gesetzlich vorgeschrieben, um Ihnen die Wesensart dieses Fonds und die Risiken einer Anlage in ihn zu erläutern. Wir raten zur Lektüre dieses Dokuments, so dass Sie eine fundierte Anlageentscheidung treffen können.“ Fragwürdig ist im Hinblick auf den abschließenden zwingenden Hinweis, dass dieser vom Anleger so verstanden werden könnte, als genügte allein die Lektüre der wesentlichen Anlegerinformationen, um eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können.16 Zum Verständnis komplexerer Fondsstrukturen wird aber regelmäßig die Lektüre des wesentlich ausführlicheren Verkaufsprospekts erforderlich sein. Die Angaben zur Identität des AIF haben den Namen des AIF und gegebenenfalls 18 die Anteilsklasse (die Bildung von Teilfonds ist offenen Investmentvermögen vorbehal16

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Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 60.

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ten) zu umfassen und sind gemäß Art. 4 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010 an sichtbarer Stelle einzuordnen. Es bietet sich die Fondsbezeichnung im Anschluss an den erläuternden Hinweis an. Ferner ist gemäß Art. 4 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010 der Name der Kapitalverwaltungsgesellschaft anzugeben. Darüber hinaus kann für den Fall, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft aus rechtlichen, administrativen oder vertriebsmäßigen Gründen einer Unternehmensgruppe angehört, der Name dieser Gruppe angegeben werden. Es kann auch eine Unternehmensmarke aufgenommen werden, sofern sie den Anleger nicht am Verständnis der wesentlichen Elemente der Anlage hindert oder den Vergleich der Anlageprodukte erschwert. Die wesentlichen Anlegerinformationen müssen gemäß Art. 4 Abs. 1 sowie Abs. 7 19 bis 11 VO (EU) Nr. 583/2010 die Abschnitte „Ziele und Anlagepolitik“, „Risiko- und Ertragsprofil“, „Kosten“, „Wertentwicklung in der Vergangenheit“ und „Praktische Informationen“ in der vorgenannten Reihenfolge enthalten. Diese Inhaltsangaben werden auch von § 166 Abs. 2 verlangt; die nach § 166 Abs. 2 Nr. 1 und 6 erforderlichen Angaben zur Identität des Investmentvermögens und gegebenenfalls erforderlichen Querverweisen sind, wenn auch ohne eine ausdrückliche Abschnittsbezeichnung, ebenfalls Gegenstand der Angabepflichten nach der VO (EU) Nr. 583/2010. Die Anforderungen an den jeweiligen Inhalt werden in den Art. 10 bis 24 und 26 bis 20 30 VO (EU) Nr. 583/2010 konkretisiert, stehen jedoch wegen der Besonderheiten von geschlossenen Publikums-AIF unter der Maßgabe der abweichenden Regelungen des § 270 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 sowie Abs. 3 und 4. IV. Präsentation und Sprache der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 5 VO (EU) Nr. 583/2010) Die wesentlichen Anlegerinformationen sind gemäß Art. 5 VO (EU) Nr. 583/2010 in ei- 21 ner Art und Weise zu präsentieren, die leicht verständlich ist, wobei die Größe der Buchstaben leicht leserlich sein muss. Wenn Farben verwendet werden, sollen sie die Verständlichkeit der Information nicht beeinträchtigen, falls das Dokument für den Anleger in schwarz und weiß ausgedruckt bzw. fotokopiert wird. Wenn das Logo der Unternehmensmarke der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der Unternehmensgruppe verwendet wird, darf es den Anleger weder ablenken noch den Text verschleiern. In sprachlicher Hinsicht sind die wesentlichen Anlegeinformationen leicht verständlich und deutlich zu verfassen und in einer Sprache zu schreiben, die dem Anleger das Verständnis der mitgeteilten Informationen erleichtert. Insbesondere ist eine klare, präzise und verständliche Sprache zu verwenden, Jargon ist zu vermeiden und auf technische Termini ist zu verzichten, wenn stattdessen eine allgemein verständliche Sprache verwendet werden kann. Bei der Darstellung soll sich auf die wesentlichen Informationen konzentrieren, die der Anleger benötigt. V. Inhalt der wesentlichen Anlegerinformationen (Art. 7, 10 bis 24 und 26 bis 30 VO (EU) Nr. 583/2010 nach Maßgabe des § 270 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 sowie Abs. 3 und 4) 1. Ziele und Anlagepolitik (Art. 7 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010) und Beschreibung der Anlageobjekte (§ 270 Abs. 2 Nr. 1) a) Ziele und Anlagepolitik (Art. 7 VO (EU) Nr. 583/2010). Die Beschreibung der 22 Ziele und Anlagepolitik hat in entsprechender Anwendung des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 583/2010 die wesentlichen Merkmale des AIF abzudecken, über die ein Anleger unterrichtet sein sollte. Dazu zählen: 409

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Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

1. die Hauptkategorien der in Frage kommenden Vermögensgegenstände, 2. die Angaben, ob der AIF in Bezug auf branchenspezifische, geographische oder andere Marktsektoren bzw. in Bezug auf spezifische Vermögenswertkategorien bestimmte Ziele verfolgt, 3. gegebenenfalls der Hinweis auf die Gestattung einer diskretionären Anlagewahl durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft und 4. die Angabe, ob Erträge ausgeschüttet oder neu angelegt werden. Die Informationen zu den Anlagezielen und der Anlagepolitik sollen es dem Anleger ermöglichen, sich ein Bild von den Merkmalen des Fonds zu machen, die für seine Anlageentscheidung relevant sein können. Die Beschreibung der Anlageziele und der Anlagepolitik soll dem Anleger verdeutlichen, welche allgemeinen Ziele der Fonds verfolgt und wie sie erreicht werden sollen.17 Sie soll gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010 den Anleger sogar über Merkmale des AIF unterrichten, selbst wenn diese Merkmale kein Bestandteil der Beschreibung der Ziele und Anlagepolitik im Prospekt sind. Es ist allerdings ob der klaren Vorgaben für den Verkaufsprospekt nach § 269 in Verbindung mit § 165 kaum vorstellbar, dass im Verkaufsprospekt Angaben fehlen dürfen, die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthalten sein müssen.18 Unter dem Anlageziel ist zu beschreiben, welche wirtschaftlichen Interessen der 23 AIF verfolgt. Das Ziel von geschlossenen Publikums-AIF kann die langfristige Erzielung stetiger Erträge bzw. Einnahmenüberschüsse aus der Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände sowie einmaligen Veräußerungsgewinnen aus dem Abverkauf der Vermögensgegenstände zum Ende der Fondslaufzeit sein oder bei kürzerer Laufzeit auch das kurz- und mittelfristige Erzielen von Veräußerungsgewinnen. Dabei gilt für geschlossene Publikums-AIF, dass sie gemäß § 261 nur in die dort genannten zulässigen Vermögensgegenstände, insbesondere Sachwerte im Sinne des § 261 Abs. 2 (kurz: Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Erneuerbare Energien, Züge, Container und die jeweils dafür genutzte Infrastruktur) investieren dürfen und dabei gemäß § 262 den Grundsatz der Risikomischung zu beachten haben. Zu nennen sind z.B. bei einer Immobilieninvestition die wesentlichen Merkmale der Immobilie wie Lage, Größe, Nutzung und Mieterstruktur. Wird das Anlageziel in einer bestimmten Region, Branche oder Marktsektor verfolgt, sind gemäß Art. 7 Abs. 1c) VO (EU) Nr. 583/2010 allgemeinverständliche Angaben dazu zu machen und zu erläutern, wie sich das Anlageziel des AIF dazu verhält. Bei der Anlagepolitik ist zu darzustellen, mit welchen Techniken und durch Einsatz 24 welcher Instrumente das beschriebene Anlageziel verfolgt werden soll. Die Beschreibung der Anlagepolitik hat gemäß Art. 7 Abs. 1a) VO (EU) Nr. 583/2010 die Hauptkategorien der für den AIF zur Verfolgung der Anlageziele erwerbbaren Vermögensgegenstände zu umfassen. Dabei sind auch die für geschlossene Publikums-AIF geltenden Produktregeln und Anlagegrenzen der §§ 261 ff. dazustellen. Neben der Begrenzung der zulässigen Vermögensgegenstände nach § 261 haben geschlossene Publikums-AIF den Grundsatz der Risikomischung gemäß § 262 zu beachten. § 262 Abs. 1 Satz 2 sieht eine Anlaufphase von 18 Monaten ab Beginn des Vertriebes vor, bis der Grundsatz der Risikomischung eingehalten werden muss. Gemäß § 262 Abs. 1 Satz 4 ist für den Zeitraum, in dem der geschlossene Publikums-AIF noch nicht risikogemischt investiert ist, ein entsprechender Hinweis in die wesentlichen Anlegerinformationen aufzunehmen. Über die bloße Darstellung der Anlageseite des AIF hinaus sind auch Angaben zur Fi-

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Vgl. Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 63.

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nanzierung und Absicherung der Vermögensgegenstände durch den AIF zu machen, insbesondere ob und in welchem Umfang zur Erreichung der Anlageziele gemäß den Anlagebedingungen eine Fremdfinanzierung aufgenommen wird und ob der geschlossene Publikums-AIF Derivategeschäfte tätigt, um mögliche Verluste in Folge von Zinsund Währungsschwankungen zu verhindern oder zu verringern. Dabei sind die gesetzlichen Beschränkungen des Leverage und der Belastung gemäß § 263 Abs. 1 und 4 und des Einsatzes von Derivaten lediglich zu Absicherungszwecken gemäß § 261 Abs. 3 zu berücksichtigen. Zu den wesentlichen Merkmalen des AIF, über die der Anleger informiert sein will, gehört in der Regel auch seine Rechtsstellung innerhalb des und gegenüber dem geschlossenen Publikums-AIF, die an dieser Stelle kurz erläutert werden kann. So wäre beispielsweise bei einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft anzugeben, dass sich die Anleger direkt als Kommanditist oder mittelbar als Treugeber an dem geschlossenen Publikums-AIF beteiligen und welche Rechte (insbesondere Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte) und Pflichten (insbesondere Einzahlung der Einlage und Haftung) ihnen aus ihrer Beteiligung erwachsen. Ferner ist gemäß Art. 7 Abs. 1d) VO (EU) Nr. 583/2010 anzugeben, ob die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine diskretionäre Anlagewahl trifft, das heißt sie über die Auswahl der Anlageobjekte entscheidet. Die diskretionäre Anlagewahl stellt im Bereich der geschlossenen PublikumsAIF, die überwiegend nur in Sachwerte und Vermögensgegenstände des § 261 investieren dürfen, den Regelfall dar. Nichtdiskretionäre Entscheidungen dürften allenfalls am Rande, beispielsweise im Zusammenhang mit der Anlage der Liquiditätsreserve in IndexFonds, vorkommen. Es sind Angaben darüber zu machen, ob die Erträge des Geschäftsjahres ausge- 25 schüttet oder erneut angelegt werden (Art. 7 Abs. 1e) VO (EU) Nr. 583/2010). An dieser Stelle ist zu erläutern, ob die Erträge des abgelaufenen Geschäftsjahres an den Anleger ausgeschüttet bzw. bei Investmentkommanditgesellschaften im Wege der Entnahme ausgezahlt werden oder thesauriert und re-investiert werden. Zu den Informationen über die Anlagepolitik gehören gemäß Art. 7 Abs. 1b) VO (EU) Nr. 583/2010 auch Angaben über die Rückgabe der Anteile. In entsprechender Anwendung der Regelung auf den geschlossenen Publikums-AIF sind Angaben über die Fondslaufzeit und die Kündigungsmöglichkeiten zu machen. Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 583/2010 enthält zunächst in den Absätzen a) bis e) eine 26 Vielzahl von Angaben, die jedoch für AIF wenig Relevanz haben, da sie zu sehr auf OGAW gemünzt sind, als dass sie sich ohne weiteres auf geschlossene Publikums-AIF übertragen ließen. Ungeachtet dessen sind die Angaben und Begrifflichkeiten an sich unklar und schwer verständlich.19 Relevant für den geschlossenen Publikums-AIF ist aufgrund des ihm definitionsgemäß immanenten Mindesthaltezeitraums indes die Angabe zum Mindestzeitraum für das Halten von AIF-Anteilen als Bestandteil der Anlagestrategie gemäß Art. 7 Abs. 2f) VO (EU) Nr. 583/2010. Danach ist folgende Erklärung aufzunehmen: „Empfehlung: Dieser Fonds ist unter Umständen für Anleger nicht geeignet, die ihr Geld innerhalb eines Zeitraums von […] aus dem Fonds wieder zurückziehen wollen.“ b) Beschreibung der Anlageobjekte (§ 270 Abs. 2 Nr. 1). § 270 Abs. 2 Nr. 1 fordert 27 eine Beschreibung der Anlageobjekte. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei vielen geschlossenen Fonds bereits vor dem Vertriebsbeginn oder während der Vertriebsphase feststeht, in welche Anlageobjekte investiert werden soll.20

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 63. Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 270 Abs. 2 Nr. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273.

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Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

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Als Anlageobjekt ist der Vermögensgegenstand anzugeben, in den der AIF das von Anlegern eingeworbene Kapital investiert. Anders als die Beschreibung der Anlageobjekte im Verkaufsprospekt nach § 269 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ist in den wesentlichen Anlegerinformationen wegen deren beschränkten Umfang nur um eine Kurzbeschreibung der Anlageobjekte erforderlich, die eine Bezeichnung der Anlageobjekte und eine stichpunktartige Darstellung der wesentlichen Charakteristika (z.B. bei einer Immobilie: Lage, Größe, Nutzung, Mieter) umfasst. Steht noch nicht fest, in welche konkreten Vermögensgegenstände investiert wird, 29 ist ein Hinweis erforderlich, dass die konkreten Anlageobjekte noch nicht feststehen. Dies betrifft geschlossenen Publikums-AIF, die als Blind-Pool oder Semi-BlindPool konzipiert sind und bei denen im Zeitpunkt der Erstellung der wesentlichen Anlegerinformationen noch keine konkreten Anlageobjekte angebunden sind.

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2. Umfang (§ 270 Abs. 2 Nr. 2). § 270 Abs. 2 Nr. 2 bestimmt für die Fälle, in denen eine Beschreibung der konkreten Anlageobjekte oder eine Darstellung von PerformanceSzenarien erfolgt, dass die wesentlichen Anlegerinformationen ausgedruckt nicht länger als drei Seiten sein dürfen. Die Regelung ist den Besonderheiten der geschlossenen Publikums-AIF, insbesondere im Hinblick auf das Feststehen der Anlageobjekte und deren Beschreibung geschuldet. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beschreibung der Anlageobjekte und ggf. der Performance-Szenarien in der Regel mehr Raum einnimmt.21 § 270 Abs. 2 Nr. 2 weicht insoweit von Art. 6 VO (EU) Nr. 583/2010 ab, der für die wesentlichen Anlegerinformationen eine Länge von nur zwei Seiten vorsieht. 3. Kosten (Art. 10 VO (EU) Nr. 583/2010) und Provisionen (§ 270 Abs. 2 Nr. 3)

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a) Kostentabelle gemäß Anlage II zur VO (EU) Nr. 583/2010. Nach Art. 10 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010 haben die wesentlichen Anlegerinformationen eine tabellarische Kostenaufstellung zu enthalten, die den Vorgaben der in Anhang II zur VO (EU) Nr. 583/2010 enthaltenen Kostentabelle sowohl im Hinblick auf den Inhalt als auch den Aufbau entsprechen muss. Die Kostentabelle ist entsprechend Art. 11 VO (EU) Nr. 583/2010 mit Erläuterungen zu jeder Kostenkategorie zu ergänzen und mit einer (warnenden) Erklärung zu ihrem Stellenwert zu versehen.22

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b) Höchstbetrag des Ausgabeaufschlags in Prozent. Unter der vorgegebenen Überschrift „Einmalige Kosten vor und nach der Anlage“ sind gemäß Art. 10 Abs. 1b) VO (EU) Nr. 583/2010 die Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge in Prozentzahlen darzustellen und zwar mit dem höchsten Prozentsatz, der vom Kapitalengagement in Abzug gebracht werden kann. Bei geschlossenen (Publikums-)AIF ist eine Rücknahme von Anteile per definitionem ausgeschlossen, so dass entsprechend ein Rücknahmeabschlag entfällt und insoweit nur die anfallenden Ausgabeaufschläge, in der geschlossenen Fondspraxis regelmäßig als „Agio“ bezeichnet, in Prozentzahlen bezogen auf den Kapitaleinsatz des Anlegers angegeben werden können. Maßgebend sind grundsätzlich die in den Anlagebedingungen vereinbarten Höchstsätze. Sofern die

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21 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 270 Abs. 2 Nr. 1 BTDrucks. 17/12294 S. 273. 22 In der Vertriebspraxis wird die Kapitalverwaltungsgesellschaft darüber hinaus einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das den Publikums-AIF vertreibt, noch umfassendere, den MiFID-II-Vorgaben geschuldete Informationen über die Produktkosten zur Verfügung stellen müssen, damit dieses seinen Wohlverhaltenspflichten gemäß §§ 63 ff. WpHG nachkommen kann.

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Kapitalverwaltungsgesellschaft im aktuellen Verkaufsprospekt niedrigere Ausgabeaufschläge vorsieht, hat sie die niedrigeren Sätze in den wesentlichen Anlegerinformationen auszuweisen, da in diesem Fall nur diese Sätze dem Anleger belastet werden dürfen. Anzufügen ist gemäß Art. 11 Abs. 1a) i) VO (EU) Nr. 583/2010 in den Erläuterungen, 33 dass es sich bei dem Ausgabeaufschlag um einen Höchstwert handelt, da der Anleger in einigen Fällen weniger zahlen kann. Die dazu nach der verbindlichen Kostenaufstellung in Anhang II zur VO (EU) Nr. 583/2010 obligatorische Erklärung lautet: „Dabei handelt es sich um den Höchstbetrag, der von Ihrer Anlage vor der Anlage abgezogen wird“. Agioerlasse oder -reduzierungen sind grundsätzlich zulässig. Allgemein ist das Fairnessgebot des § 26 Abs. 2 Nr. 6 sowie das Gleichbehandlungsgebot des § 26 Abs. 3 zu beachten, wonach keinem Anleger eine Vorzugsbehandlung gewährt werden darf, es sei denn, eine solche Vorzugsbehandlung ist in den Anlagebedingungen, in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag des entsprechenden AIF vorgesehen.23 Unbeschadet dessen darf gemäß Art. 23 der Level 2-Verordnung eine Vorzugsbehandlung von Anlegern nur erfolgen, wenn sie von der Kapitalverwaltungsgesellschaft in den Vertrags- bzw. Verkaufsunterlagen transparent gemacht wird und für die anderen Anleger insgesamt keine wesentliche Benachteiligung mit sich bringt. Ferner ist gemäß Art. 11 Abs. 1a) ii) VO (EU) Nr. 583/2010 eine Erklärung aufzuneh- 34 men, dass der Anleger über die aktuellen Ausgabeauf- und Rücknahmeabschläge von seinem Finanzberater oder der für ihn zuständigen Stelle informiert werden kann. Als zuständige Stelle kommt in erster Linie die Vertriebsstelle in Betracht, die dem Anleger den Anteil am geschlossenen Publikums-AIF vermittelt hat bzw. ihn vor dem Erwerb beraten hat. Der allgemeine Hinweis auf den Finanzberater oder die zuständige Stelle ist insoweit ausreichend. Eine Konkretisierung auf den tatsächlichen Finanzberater oder die tatsächliche zuständige Stelle ist nicht erforderlich und wäre angesichts einer Vielzahl von Vertriebsstellen auch nur schwer umsetzbar. Einen gesonderten Ausweis der bei geschlossene Publikums-AIF üblichen anfängli- 35 chen einmaligen Vertriebskosten, die über den Ausgabeaufschlag bzw. das Agio hinausgehen (sog. „Innenprovision“) und sonstigen einmaligen initialen „Weichkosten“ wie z.B. initiale Vergütungen des Fondsinitiators und der Berater sieht die tabellarische Kostendarstellung nicht vor. Die Frage ist daher, ob und in welchem Umfang die über das Agio hinausgehenden einmaligen sonstigen Vertriebs- und Weichkosten, die häufig am Zeichnungskapital bemessen werden, als Bestandteil des Ausgabeaufschlags ausgewiesen werden können oder ob sie unter den nachfolgend unter c) dargestellten Ausweis der laufenden Kosten des ersten Jahres bzw. der ersten Jahre fallen. Die BaFin akzeptiert aber aus pragmatischen Gründen in ihrer derzeitigen Aufsichtspraxis unter dem Ausweis des Ausgabeaufschlags ungeachtet der strengen Vorgaben der tabellarischen Kostendarstellung einen weiteren gesonderten Ausweis sonstiger einmaliger, auf das Zeichnungskapital bezogener Kosten, die vom AIF abgezogen werden. Bei den sonstigen einmaligen Kosten handelt es sich insbesondere um eine über das Agio hinausgehende einmalige Vertriebsgebühr und weitere Weichkosten. Eine solche Vorgehensweise der Aufsicht ist aus Gründen einer transparenten Kostendarstellung zu begrüßen. Zum einen richtet sich der Ausweis der Prozentzahl des Ausgabeaufschlags in den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß der Kostentabelle in Anhang II der VO (EU) Nr. 583/2010 am Eigenkapital aus, was der gängigen Fondspraxis bei der vertraglichen Vereinbarung und der entsprechenden Darstellung der Weichkosten entspricht; im

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Vgl. grundsätzlich dazu Steffen § 26 Rn. 55.

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Gegensatz dazu steht der Ausweis der laufenden Kostenquote im Verhältnis zum Nettoinventarwert (vgl. nachfolgend unter c)). Der Ausweis einer Relation der Weichkosten des Platzierungszeitraums zum Nettoinventarwert hätte gerade in der Anlaufphase des geschlossenen Publikums-AIF, in der noch keine Investition in die Anlageobjekte erfolgt ist, aber bereits Kosten angefallen sind, unter Umständen einen verzerrenden Informationseffekt zur Folge. Außerdem handelt es sich bei den anfänglichen Weichkosten kategorisch um Initialkosten und nicht um laufende Kosten, so dass ein Ausweis unter den laufenden Kosten der Herstellung von Kostentransparenz nicht zuträglich wäre. 36

c) Zusammenfassung der laufenden Kosten des Jahresverlaufs in einer Zahl. Unter der Überschrift „Kosten, die vom Fonds im Laufe des Jahres abgezogen werden“, sind unter der Bezeichnung „laufende Kosten“ entsprechend Art. 10 Abs. 2b) VO (EU) Nr. 583/2010 die im Jahresverlauf vom AIF getragenen Kosten zusammenzufassen; es ist eine einzige auf den Zahlen des Vorjahres basierende Zahl zu nennen. Dabei handelt es sich um sämtliche im Laufe des Jahres angefallene Kosten und sonstige Zahlungen aus den AIF-Vermögenswerten während des festgelegten Zeitraums. Transaktionskosten gehören nicht zu den laufenden Kosten.24 Im Hinblick auf die Berechnungsmethode der laufenden Kosten ist auf die Empfehlungen von CESR zurückzugreifen.25 Die zusammenfassende Darstellung der laufenden Kosten in einer Zahl erfolgt in einer Quote, die sich aus der Summe der jährlichen laufenden Kosten im Verhältnis zum Nettoinventarwert des AIF ermittelt. Bei im Regelfall neu aufgelegten geschlossenen Publikums-AIF, bei denen keine Vergangenheitsdaten zur Ermittlung der laufenden Kosten zur Verfügung stehen, sind die laufenden Kosten entsprechend Art. 13 VO (EU) Nr. 583/ 2010 auf der Grundlage der erwarteten Gesamtkosten zu schätzen. Hinsichtlich der „laufenden Kosten“ ist gemäß Art. 11 Abs. 2 VO (EU) Nr. 583/2010 eine Erklärung beizufügen, dass die Angabe sich auf das Vorjahr bezieht, dessen Endmonat konkret zu benennen ist, und dass die laufenden Kosten von Jahr zu Jahr schwanken können.

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d) Kosten, die der Fonds unter bestimmten Umständen zu tragen hat. Entsprechend Art. 10 Abs. 2c) VO (EU) Nr. 583/2010 muss die Kostentabelle schließlich unter der Überschrift „Kosten, die der Fonds unter bestimmten Umständen zu tragen hat“ eine Auflistung und Erläuterung sämtlicher Kosten enthalten, die dem AIF unter bestimmten Umständen berechnet werden können. Hierzu zählen gemäß Art. 12 Abs. 3 (EU) Nr. 583/2010 insbesondere Gebühren, die an die Wertentwicklung des Fonds gebunden sind, wie vor allem Performanceabhängige Fondsmanagementgebühren. Die im Bereich der geschlossenen Publikums-AIF häufig anzutreffenden Vergütungen oder Gewinnbeteiligungen im Fall der Veräußerung der Vermögensgegenstände sind nach § 270 Abs. 4 als zusätzliche Verwaltungsvergütung auszuweisen (vgl. dazu nachfolgend unter Tz. 46). Anzugeben ist die Höhe der Wertentwicklungsabhängigen Gebühren und Kosten des vergangenen Fondsgeschäftsjahrs als eine Prozentzahl. Offenzulegen sind ferner die Berechnungsgrundlage der berechneten Kosten und der Zeitpunkt, zu dem sie berechnet werden.

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e) Provisionen. § 270 Abs. 2 Nr. 3 stellt klar, dass die in Art. 10 Abs. 2b) und c) VO (EU) Nr. 583/2010 genannten Kosten und sonstigen Zahlungen aus dem Fondsvermögen

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Vgl. CESR 10/674 S. 5 Nr. 5d und die Regelung des § 165 Abs. 3 Nr. 6. Vgl. Erwägungsgrund 8 der VO (EU) Nr. 583/2010.

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auch die mit der Anlage in den geschlossenen Publikums-AIF verbundenen Kosten und Provisionen umfassen. Die Vorschrift dient in Anlehnung an § 13 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG der Klarstellung, dass von dem Begriff „Kosten“ auch die mit der Vermögensanlage verbundenen Provisionen umfasst sind.26 Eine nahezu korrespondierende Regelung enthält auch § 166 Abs. 2 Nr. 4, in der von „Kosten und Gebühren“ die Rede ist. f) Erklärung zum Stellenwert der Kosten, klare Kostendarstellung, Querver- 39 weise. Der Abschnitt „Kosten“ muss entsprechend Art. 11 Abs. 2 VO (EU) Nr. 583/2010 eine Erklärung zum Stellenwert der Kosten zu enthalten, aus der hervorgeht, dass die vom Anleger getragenen Kosten auf die Funktionsweise des AIF verwendet werden, einschließlich der Vermarktung und des Vertriebs der AIF-Anteile, und dass diese Kosten das potenzielle Anlagewachstum beschränken. Dieser Hinweis ist als Warnung des Anlegers vor den negativen Folgen der Kosten für seinen Anlageerfolg zu verstehen.27 Auch wenn aus dem Verordnungstext nicht ganz klar wird, was genau unter „Funktionsweise des AIF“ zu verstehen ist,28 so wird man den Hinweis als Warnung des Anlegers vor den nicht unmittelbar wertbildenden sog. „weichen Kosten“ bzw. „Softkosten“ der Kapitalanlage zu verstehen haben, was insbesondere für die Hinweispflicht auf die Kostenverwendung für Vermarktung und Vertrieb der AIF-Anteile gilt. Alle Elemente der Kostenstruktur sind gemäß Art. 12 Abs. 1 VO (EU) Nr. 583/2010 40 so klar wie möglich darzustellen, so dass sich die Anleger ein Bild vom kombinierten Kosteneffekt machen können. Im Abschnitt „Kosten“ können Querverweise erforderlich sein, um auf die Darstel- 41 lung der detaillierten Regelungen und Berechnungsweisen einzelner Kostenelemente im Verkaufsprospekt eingehen zu können. 4. Darstellung der früheren Wertentwicklung für ein vollständiges Kalender- 42 jahr oder in Ermangelung von entsprechenden Daten Illustration der Aussichten für die Kapitalrückzahlung und der Erträge (§ 270 Abs. 2 Nr. 4). Sofern gemäß Art. 15 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010 keine Daten über die frühere Wertentwicklung für ein vollständiges Kalenderjahr vorliegen, sind gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 4 anstelle der bisherigen Wertentwicklung die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen in Form einer Illustration darzustellen. a) Vorliegen von Daten über die frühere Wertentwicklung für ein vollständiges 43 Kalenderjahr. Voraussetzung für eine Darstellung der früheren Wertentwicklung ist, dass entsprechende Daten für ein vollständiges Kalenderjahr vorliegen. Das vollständige Kalenderjahr berechnet sich nach der Aufsichtspraxis ab dem Gründungsdatum der Investmentgesellschaft. Berechnungsgrundlage für die Darstellung der vergangenen Wertentwicklung in den wesentlichen Anlegerinformationen geschlossener Publikums-AIF ist gemäß der BaFin die modifizierte interne Zinsfußmethode („mIRR“). Sofern Daten über die frühere Wertentwicklung des Fonds über ein vollständiges 44 Wirtschaftsjahr vorliegen, sind diese im Rahmen der jährlichen Aktualisierung der wesentlichen Anlegerinformationen gemäß den Vorgaben der Regelungen der Art. 15 Abs. 1 und 4 VO (EU) Nr. 583/2010 und der Anlage III in einem Balkendiagramm zu illustrieren. Hinsichtlich des auf fünf Jahre ausgerichteten Balkendiagramms gemäß Art. 15 Abs. 3 VO

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26 Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 270 Abs. 2 Nr. 3 BTDrucks. 17/12294 S. 274. 27 Vgl. Erwägungsgrund 8, VO (EU) Nr. 583/2010. 28 Kritisch zur Unklarheit des Verordnungstextes Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok § 42 Rn. 88.

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(EU) Nr. 583/2010 sind für die Jahre aus dem Fünfjahreszeitraum, in denen keine Daten verfügbar sind, Blankospalten vorzusehen. Das Balkendiagramm ist um die warnende Erklärung, dass die historische Wertentwicklung für die künftige Wertentwicklung von begrenztem Aussagewert ist sowie um ausdrückliche Angaben zu den in der Wertentwicklung berücksichtigten und ausgeschlossenen Kosten zu ergänzen. In dem Balkendiagramm sollen zudem etwaige wesentliche Änderungen der Anlageziele und Anlagepolitik in dem maßgeblichen Zeitraum angegeben werden. Insgesamt darf das Balkendiagramm höchstens eine halbe Seite umfassen. Die BaFin weist darauf hin, dass grundsätzlich Daten über die Wertentwicklung für 45 ein vollständiges Geschäftsjahr auch dann vorliegen, wenn sich Anleger an einem Publikums-AIF im Laufe eines Jahres beteiligen,, auch wenn zum 1.1. des Kalenderjahres der Nettoinventarwert des Investmentvermögens „Null“ gewesen sein sollte. Obgleich in diesem Fall die in der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 für OGAW niedergelegte Berechnungsmethode nicht praktikabel ist, da eine nach Anhang III geforderte prozentuale Darstellung mathematisch nicht berechenbar ist, bedeutet dies gemäß Verlautbarung der BaFin jedoch nicht, dass in solchen Fällen die frühere Wertentwicklung eines Publikums-AIF nicht dargestellt werden könnte und müsste.29 Eine entsprechende Darstellung soll der Vermeidung uneinheitlicher Darstellungen in den WAIs der Gesellschaften, die einer Vergleichbarkeit der Daten verschiedener Gesellschaften entgegenstehen würden, dienen. Nach den Ausführungen der BaFin mit Verweis auf die §§ 270 Abs. 1, 166 Abs. 1 und 2 Nr. 5 ist die bisherige Wertentwicklung eines Publikums-AIF ein wesentliches Merkmal eines Investmentvermögens, dessen Angabe dazu beitrage, den Anleger in die Lage zu versetzen, Art und Risiken des angebotenen Anlageproduktes zu verstehen und auf dieser Grundlage eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen. Die Darstellung der bisherigen Wertentwicklung in den WAI sei damit von grundlegender Bedeutung. Da aber Art. 15 sowie Anhang III der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 für Publikums-AIF lediglich entsprechend gelten, müsse eine sachgerechte Lösung im Sinne des Normzwecks im Wege der Auslegung gefunden werden. Zur Lösung der oben genannten Darstellungsproblematik, die bei Zugrundelegung der in Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 niedergelegten Berechnungsmethode auftreten würde, soll nach Verlautbarung der BaFin von allen Publikums-AIF zur Berechnung der früheren Wertentwicklung die modifizierte interne Zinsfußmethode angewandt werden. Die hierfür notwendigen Daten seien seitens der Gesellschaften im Rahmen des AIFMD-Reportings zu melden, so dass den Gesellschaften durch die Umsetzung dieser Wertentwicklungsberechnung kein zusätzlicher Aufwand entstünde. Gemäß der BaFin soll folgender Standard30 für die Darstellung der früheren Wert46 entwicklung in den wesentlichen Anlegerinformationen geschlossener Publikums-AIF soll Geltung haben: 1. Bildliche Darstellung: – Säulendiagramm; – das Säulendiagramm stellt die Wertentwicklung der Gesellschaft in den letzten zehn Jahren dar; – Gesellschaften mit einer Wertentwicklung von weniger als fünf (vollständigen) Kalenderjahren verwenden eine Darstellung der letzten fünf Jahre;

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29 Vgl. die Verlautbarung der BaFin per Email an die Fondsverbände bvi und zia vom 9.2.2018 betreffend die Darstellung der früheren Wertentwicklung in den wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) geschlossener Fonds. 30 Vgl. hierzu auch das von der BaFin mit Email vom 9.2.2018 an die Fondsverbände versendete Template.

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auf der Y-Achse sind die Kalenderjahre anzugeben; auf der X-Achse erfolgt eine Angabe der prozentualen Wertentwicklung in der Vergangenheit; – jede Säule wird mit einer Legende versehen, in der der (modifizierte) interne Zinsfuß in % angegeben wird; – Zahlen für frühere Wertentwicklungen werden auf eine Dezimalstelle nach dem Komma aufgerundet; – soweit die Vergangenheitsbetrachtung dem Anleger kein ausreichendes Verständnis für die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds vermittelt, hat neben der Darstellung der vergangenheitsbezogenen mIRR-Berechnungsmethode zusätzlich die Darstellung einer auf die Gesamtlaufzeit bezogenen Zukunftsbetrachtung zu erfolgen. 2. Text: „Wertentwicklung in der Vergangenheit Die Investmentgesellschaft wurde im Jahr [Jahreszahl] gegründet. Die historische Wertentwicklung wurde in [Währung] berechnet. Bei der Berechnung der Wertentwicklung wurden sämtliche vom Investmentvermögen zu tragenden Kosten und Gebühren mitberücksichtigt, nicht jedoch die Ausgabeaufschläge. Die angegebene Wertentwicklung bezieht sich auf das in dem jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich gebundene Kapital der Anleger (ohne Ausgabeaufschläge). Die Höhe des gebundenen Kapitals im Kalenderjahr [Jahreszahl] betrug € [Zahl]. Die angegebene Wertentwicklung wurde mit der modifizierten internen Zinsfußmetho- 47 de bezogen auf das volle Kalenderjahr berechnet [Bearbeiterhinweis: die „einfache“ interne Zinsfußmethode ist ausreichend, sofern es in dem Kalenderjahr keine Ausschüttungen gegeben hat]. Seit Auflegung des Fonds wurden [keine] Ertragsausschüttungen [in Höhe von [Zahl] Prozent] getätigt. Die angegebene Wertentwicklung entspricht nicht der Verzinsung des anfänglich investierten Kapitals. Warnhinweis: „Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.“ Wenn die Wertentwicklung in der Vergangenheit dem Anleger kein ausreichendes 48 Verständnis für die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds vermittelt, ist es nach der Aufsichtspraxis31 darüber hinaus auch zulässig, neben der Angabe der früheren Entwicklung des Wertes eine auf die Gesamtlaufzeit bezogene Zukunftsbetrachtung zu veröffentlichen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist mindestens jährlich zu überprüfen und eine erforderliche Aktualisierung ist bis spätestens zum 5. Februar des Folgejahres zu veröffentlichen.32 b) Kein Vorliegen von Daten über die frühere Wertentwicklung für ein voll- 49 ständiges Kalenderjahr. § 270 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt, dass geschlossene Publi-

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31 Vgl. Schreiben der BaFin vom 13.7.2017 an die Fondsverbände, auf das in der Email der BaFin vom 9.2.2018 Bezug genommen wird. Die Verwaltungspraxis der BaFin ist zu begrüßen, da eine Vergangenheitsbetrachtung über einen so kurzen Zeitraum für den Anleger einen geringeren Informationsmehrwert darstellt als eine Szenarien-basierten Zukunftsprognose der potenziellen Wertentwicklung. Zudem verfolgen auch die Empfehlungen der europäischen Aufsichtsbehörden für die neuen Standards für Basisinformationsblätter den Ansatz von Zukunftsprognose-Darstellungen, vgl. hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 270 Rn. 147 mit Hinweis auf das Joint Consultation Paper, PRIIPs Key Information Documents vom 11.11.2015, abrufbar unter: www.esma.europa.eu. 32 Vgl. hierzu ausführlicher Rn. 57.

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kums-AIF regelmäßig neu aufgelegt werden und insofern zunächst keine Daten über die frühere Wertentwicklung aufweisen und eine sich unterjährig abzeichnende Wertentwicklung vor Ablauf eines vollständigen Kalenderjahres noch zu wenig Aussagekraft hat. Die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Nr. 4 basiert auf § 13 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG.33 Danach waren in dem für Vermögensanlagen obligatorischen Vermögensanlagen-Informationsblatt die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen darzustellen. Anders als bei der Darstellung der bisherigen Wertentwicklung, die sich in der Entwicklung des Nettoinventarwerts ausdrückt, bezieht sich die Zukunftsprognose nicht auf den Nettoinventarwert, sondern auf die Aussichten der Kapitalrückzahlung und Erträge. Dies ergibt sich sowohl aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 270 Abs. 2 Nr. 4 als auch aus seiner Entstehungsgeschichte auf Basis des § 13 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG. Auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 270 Abs. 2 nicht auf Art. 36 VO (EU) Nr. 583/2010 betreffend die Darstellung der künftigen potenziellen Wertentwicklung bei strukturierten OGAW verweist, kann gefolgert werden, dass insoweit nicht der Nettoinventarwert im Sinne der Verordnung maßgeblich ist, sondern die Illustration der Zukunftsprognose an den Kapital- und Ergebnisrückflüssen auszurichten ist. § 270 Abs. 2 Nr. 4 regelt ferner mit Verweis auf Art. 15 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010, 50 dass die Illustration mindestens drei zweckmäßige Szenarien der potenziellen Wertentwicklung des geschlossenen Publikums-AIF enthalten muss. Wie die Illustration im Einzelnen beschaffen sein muss, ist hingegen nicht Gegenstand der Regelung. Zwar schreiben Art. 15 Abs. 1 und Abs. 5 VO (EU) Nr. 583/2010 hinsichtlich der Darstellung der früheren Wertentwicklung ein Balkendiagramm nach den in Anlage III zur Verordnung genannten Kriterien vor; § 270 Abs. 2 Nr. 4 verweist jedoch allein auf den Rechtsgrund des Art. 15 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010: das Nichtvorliegen von Daten über die Wertentwicklung für ein vollständiges Kalenderjahr. Es finden daher weder die Rechtsfolge des Art. 15 Abs. 4 VO (EU) Nr. 583/2010, nämlich die Verpflichtung zur Aufnahme einer Erklärung, dass noch keine ausreichenden Daten vorhanden sind, noch die Regelungen dieses Artikels in Absatz 1 und 5 hinsichtlich der Darstellung der Wertentwicklung in Form des Balkendiagramms Anwendung. Insofern ist die Illustration der mindestens drei zweckmäßigen Szenarien der potenziellen Wertentwicklung des Fonds grundsätzlich nicht auf ein Balkendiagramm beschränkt, sondern unter Beachtung des Verständlichkeitsgebots frei gestaltbar. So können z.B. eine Prognoserechnung und Sensitivitätsanalyse eines Verkaufsprospekts als Exzerpt im Hinblick auf die Kapitalund Ergebnisrückflüsse dargestellt oder verschiedene Diagramme verwendet werden. Ein Balkendiagramm kann sich allerdings aufgrund des gesetzlich auf 3 DIN A4-Seiten begrenzten Umfangs der wesentlichen Anlegerinformationen bereits aus Platzgründen anbieten. Enthält der Verkaufsprospekt jedoch keine Prognoserechnung – die Prognoserechnung gehört nicht zu den Mindestangaben des § 269 –, entsteht das Problem, dass die wesentlichen Anlegerinformationen als Pflichtangabe ein Wertentwicklungsszenario enthalten, während der Verkaufsprospekt als das umfassendere Anlegerinformationsdokument sich dazu ausschweigt. In diesem Fall stimmen die wesentlichen Anlegerinformationen entgegen § 166 Abs. 3 Satz 3 nicht mehr mit allen einschlägigen Teilen des Verkaufsprospekts überein. 51

5. Bezeichnung der wesentlichen Risiken und Chancen samt Hinweis auf das Risikoprofil (§ 270 Abs. 2 Nr. 5). Gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 5 wird die Angabe eines synthe-

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Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 270 Abs. 2 Nr. 4 BTDrucks. 17/12294 S. 274.

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tischen Risikoindikators im Sinne der Art. 8 und 9 VO (EU) Nr. 583/2010 ausdrücklich ausgeschlossen. Stattdessen hat der Abschnitt „Risiko- und Ertragsprofil“ eine Bezeichnung der wesentlichen Risiken und Chancen, die mit der Anlage verbunden sind, zu enthalten, insbesondere im Hinblick auf die Investitionen in die Vermögensgegenstände. Die Vorschrift übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Regelung des aufzuhebenden § 42 Abs. 2a InvG, wobei der Anwendungsbereich der Regelung auf alle geschlossenen Publikums-AIF erweitert wurde.34 Die Risikobeschreibung hat zwingend in Textform zu erfolgen und darf keine gra- 52 fischen Elemente aufweisen. Sie muss den Anleger in die Lage versetzen, die Bedeutung und Wirkung der verschiedenen Risikofaktoren zu verstehen. Spezifische mit den Vermögensgegenständen zusammenhängende Risiken sind beispielsweise bei Immobilien das Mietausfallrisiko infolge von Leerständen oder zahlungsunfähigen Mietern, das Standortrisiko im Hinblick auf die Attraktivität der Objektlage und das (Instandhaltungs)Kostensteigerungsrisiko. Ferner können Risiken aus der Änderung der rechtlichen oder steuerlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Immobilie eintreten. Weitere Risiken sind z.B. das Fremdfinanzierungsrisiko, das Insolvenzrisiko, das allgemeine unmittelbare oder mittelbare Haftungsrisiko des Anlegers, der sich als Kommanditist oder Treugeber an einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft beteiligt und das Risiko der eingeschränkten Handelbarkeit von Anteilen an geschlossenen Publikums-AIF. Hinsichtlich des Erfordernisses einer mit dem Risikomanagement der Kapitalverwaltungsgesellschaft kohärente Darstellung des Risikoprofils und einer etwaigen Risikokategorisierung siehe nachfolgend unter Rn. 55. Zusätzlich ist gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 5 Satz 6 ein genereller Hinweis aufzunehmen, 53 dass mit der Investition in den geschlossenen Publikums-AIF neben den Chancen auf Wertsteigerungen auch Risiken verbunden sein können. Ferner ist auf die fehlende oder nur eingeschränkte Möglichkeit der Rückgabe von Anteilen hinzuweisen. § 270 Abs. 2 Nr. 5 Satz 7 schließt die Anwendung von Regelungen der VO (EU) 54 Nr. 583/2010, die sich auf Teilinvestmentvermögen oder Master-Feeder-Konstruktionen beziehen, aus. Es handelt sich um eine Klarstellung des Gesetzgebers insofern, als er geschlossenen Publikums-AIF in den nach § 139 einzig zulässigen Rechtsformen der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft und der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital weder die Bildung von Teilvermögen noch die Beteiligung an Master-Feeder-Strukturen gestattet. 6. Risiko- und Ertragsprofil (§ 270 Abs. 3). Die Ermittlung und die Erläuterung der 55 Risiken im Rahmen des Risiko- und Ertragsprofils müssen gemäß § 270 Abs. 3 – entsprechend dem früheren § 42 Abs. 2c InvG – mit den internen Verfahren zu Ermittlung, Messung und Überwachung von Risiken übereinstimmen. Gesetzestechnisch ist der Verweis in § 270 Abs. 3 Satz 1 auf die Vorschriften zum Risikomanagement der OGAW-Richtlinie missglückt. Das Risikomanagement richtet sich bei der Verwaltung von AIF ausschließlich nach Art. 15 AIFM-Richtlinie bzw. § 29, so dass die OGAW-Bestimmungen insoweit für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht relevant sind. Die Risikodarstellung in den wesentlichen Anlegerinformationen muss mit den Methoden des intern verwendeten Risikomanagements kohärent sein. Verwaltet die Kapitalverwaltungsgesellschaft mehrere Investmentvermögen, so hat sie die damit verbundenen Risiken einheitlich zu ermitteln und widerspruchsfrei zu erläutern. Die von § 270 Abs. 3 geforderte Kohärenz der Risikodarstellung in den wesentlichen Anlegerinformationen mit den Me-

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Vgl. RegBegr. zum AIFM-UmsG vom 6.2.2013 zu § 270 Abs. 2 Nr. 4 BTDrucks. 17/12294 S. 274.

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Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

thoden des tatsächlich verwendeten Risikomanagements, insbesondere der Risikoermittlung, dürfte aufgrund der gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 5 ausschließlich zulässigen textlichen Beschreibung der Risikodarstellung in der Praxis kaum Probleme bereiten. Für Zwecke der geforderten kohärenten Darstellung empfiehlt es sich, die von der Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen ihres Risikomanagements gegebenenfalls vorgenommene Risikokategorisierung typischerweise in sechs Risikokategorien (Gegenparteirisiko, Marktrisiko, Finanzierungs- und Liquiditätsrisiko, operationelles Risiko, immobilienspezifisches Risiko, sonstiges Risiko) entsprechend abzubilden. Größere praktische Relevanz hat die Kohärenzforderung für die offenen Publikums-AIF, bei denen die Risikodarstellung in den wesentlichen Anlegerinformationen nicht auf eine textliche Darstellung beschränkt ist, sondern einen synthetischer Risikoindikator, der im Wesentlichen als Kennziffer auf der Grundlage der historischen Volatilität in einem 5-Jahreszeitraum ermittelt wird, enthält. 56

7. Verwaltungsgebührenquote (§ 270 Abs. 4). Gemäß § 270 Abs. 4 ist neben der Gesamtkostenquote nach § 166 Abs. 5 eine etwaige zusätzliche Verwaltungsvergütung für den Erwerb, die Veräußerung oder die Verwaltung von Sachwerten gesondert als Prozentsatz des durchschnittlichen Nettoinventarwerts des geschlossenen Publikums-AIF anzugeben. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass im Bereich der geschlossenen Publikums-AIF häufig vom Fondsinitiator oder einer mit ihm verbundenen Gesellschaft Beteiligungen am Gewinn bei Veräußerung der Vermögensgegenstände vereinbart werden, Provisionen auf den Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Anlageobjekte erhoben werden oder auch erlösunabhängige Vergütungen wie beispielsweise „Vermarktungsgebühren“ anfallen.

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8. Praktische Informationen (Art. 20 VO (EU) Nr. 583/2010). Unter dem letzten Abschnitt „Praktische Information“ der wesentlichen Anlegerinformationen ist gemäß Art. 20 Abs. 1a) VO (EU) Nr. 583/2010 der Name der Verwahrstelle anzugeben und gemäß Art. 20 Abs. 1b) und c) VO (EU) Nr. 583/2010 ein Hinweis darauf aufzunehmen, wo und wie weitere Informationen über den AIF, das heißt insbesondere der Verkaufsprospekt (einschließlich etwaiger Prospektnachträge) und der letzte Jahresbericht erhältlich sind, in welcher Sprache sie vorliegen und dass sie kostenlos angefordert werden können. Nach Art. 20 Abs. 1 d) VO (EU) Nr. 583/2010 ist eine Erklärung dahingehend aufzunehmen, dass die Steuervorschriften im Herkunftsstaat des AIF die persönliche Steuerlage des Anlegers beeinflussen können. Ferner hat Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß Art. 20 Abs. 1e) VO (EU) Nr. 583/2010 eine Erklärung zu den Voraussetzungen des gesetzlichen Haftungsumfangs in folgendem Wortlaut abzugeben: „Die Kapitalverwaltungsgesellschaft kann lediglich auf der Grundlage einen in diesem Dokument enthaltenen Erklärung haftbar gemacht werden, die irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Angaben des AIF-Verkaufsprospekts vereinbar ist.“ Im Fall von unterschiedlichen Anteilsklassen sind außerdem gemäß Art. 20 Abs. 3 VO (EU) Nr. 583/2010 Angaben über die anderen verfügbaren Anteilsklassen zu machen. Hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine repräsentative Anteilsklasse ausgewählt, so hat sie gemäß 27 VO (EU) Nr. 583/2010 an dieser Stelle zu erläutern, welche im Verkaufsprospekt genannte Anteilsklasse dies ist.

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9. Querverweise. In die wesentlichen Anlegerinformationen können gemäß Art. 21 VO (EU) Nr. 583/2010 außerdem Querverweise auf andere Informationsquellen, insbesondere auf den Prospekt, den Jahresbericht und die Internetseite des AIF oder der Kapitalverwaltungsgesellschaft aufgenommen werden. Die Querverweise sollen gezielt Dorenkamp

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C. Entsprechende Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 583/2010

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auf die relevanten Abschnitte der Informationsquellen verweisen. Pauschale Verweise z.B. auf den Inhalt des Verkaufsprospekts sind daher unzulässig. Die wesentlichen Anlegerinformationen können mehrere verschiedene Querverweise enthalten, die allerdings auf ein Minimum zu beschränken sind. Hinsichtlich der Kostendarstellung enthält Art. 14 VO (EU) Nr. 583/2010 eine aus- 59 drückliche Regelung dahingehend, dass der Abschnitt „Kosten“ gegebenenfalls einen Querverweis auf Teile des Verkaufsprospekts mit detaillierteren Informationen zu den Kosten enthalten kann. 10. Besondere Hinweispflichten. Besondere Hinweispflichten gelten kraft aus- 60 drücklichen Regelungen des KAGB in folgenden Fällen: – Wird der AIF von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, die sich gemäß §§ 2 Abs. 5, 44 registrieren lässt, ist gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 6 ein drucktechnisch herausgestellter Hinweis an hervorgehobener Stellung erforderlich, der darauf hinweist, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht über eine Erlaubnis nach dem KAGB verfügt und daher bestimmte Anforderungen des KAGB nicht eingehalten werden müssen. – Sofern von der Möglichkeit des § 262 Abs. 1 Satz 3 Gebrauch gemacht wird, dass der geschlossene Publikums-AIF in der Anlaufphase von 18 Monaten nach Beginn des Vertriebs noch nicht risikogemischt investiert sein muss, ist ein entsprechender Hinweis in die wesentlichen Anlegerinformationen aufzunehmen. – Bei einem nicht-risikogemischten AIF ist gemäß § 262 Abs. 2 Satz 2 an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinzuweisen. – Sofern in den Anlagebedingungen vorgesehen ist, dass die Grenzen für Leverage und Belastung von Vermögensgegenstände nach § 263 Abs. 1 und 4 während der Dauer des erstmaligen Vertriebs, längstens jedoch für einen Zeitraum von 18 Monaten ab Beginn des Vertriebs nicht gelten, hat gemäß § 263 Abs. 5 Satz 2 in den wesentlichen Anlegerinformationen ein Hinweis auf die fehlende Begrenzung zu erfolgen. – Soweit von der Übergangsregelung des § 343 Abs. 3 Gebrauch gemacht wird und ein AIF aufgelegt wird, bevor die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Erlaubnis beantragt und/oder erteilt bekommen hat, ist gemäß § 343 Abs. 3 Satz 3 drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle auf die fehlende Erlaubnis der Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Folgen einer unterlassenen Antragsstellung oder Erlaubnisversagung hinzuweisen. 11. Erklärung zur Veröffentlichung (Art. 4 Abs. 14 (EU) Nr. 583/2010). Die Infor- 61 mation über die Veröffentlichung der wesentlichen Anlegerinformationen ist mit folgender Erklärung bekannt zu geben: „Diese wesentlichen Informationen für den Anleger sind zutreffend und entsprechend dem Stand vom [Datum der Veröffentlichung].“ 12. Überprüfung und Überarbeitung des Dokuments für den Anleger (Art. 22–24 62 VO (EU) Nr. 583/2010). Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sicherzustellen, dass die wesentlichen Anlegerinformationen mindestens alle 12 Monate überprüft werden (turnusgemäße Überprüfung). Außerdem hat eine Überprüfung anlässlich folgender Umstände stattzufinden (anlassbezogene Überprüfung): – vor jeder vorgeschlagenen Änderung des Prospekts, – vor jeder vorgeschlagenen Änderung der Anlagebedingungen und des Gesellschaftsvertrags, vor oder nach jeder Änderung von wesentlichen Informationen, die für die im Doku– ment für den Anleger enthaltenen Angaben als grundlegend angesehen werden. 421

Dorenkamp

§ 270

63

Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen

Die überarbeitete Fassung ist den Anlegern unverzüglich zur Verfügung zu stellen, bei erwarteten Entscheidungen ggf. auch schon vor deren Eintreten. Gemäß Art. 23 Abs. 3 VO (EU) Nr. 583/2010 sind die wesentlichen Anlegerinformationen einschließlich der angemessenen überarbeiteten Darstellung der früheren Wertentwicklung spätestens 35 Kalendertage nach dem 31. Dezember jeden Jahres zu veröffentlichen, mithin jeweils am 5. Februar. D. Haftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft für wesentliche Anlegerinformationen

64

Sind die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbar, so kann der Anleger, der aufgrund der wesentlichen Anlegerinformationen Anteile oder Aktien gekauft hat, gemäß § 306 Abs. 2 von der Kapitalverwaltungsgesellschaft die Übernahme der Anteile oder Aktien gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrags verlangen. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen wird auf die Kommentierung zu § 306 Abs. 2 verwiesen. E. PRIIP-Verordnung E. PRIIP-Verordnung

Ab 1.1.2018 findet – nach einjähriger Verschiebung – die die am 26.11.2014 beschlossene europäische Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products, kurz „PRIIP“)35 Anwendung. Von der Verordnung betroffen sind „verpackte“ Anlageprodukte für Kleinanleger und einige Versicherungsanlageprodukte wie z.B. kapitalbildende Lebensversicherungen. Ein PRIIP ist jedes Anlageprodukt für Kleinanleger, bei dem der rückzuzahlende Betrag entweder Schwankungen aufgrund Abhängigkeit von Referenzwerten ausgesetzt ist oder von der Entwicklung eines oder mehrerer Vermögenswerte abhängt, die der Kleinanleger nur indirekt erwirbt. Damit ist jeder Investmentfonds für Kleinanleger ein PRIIP. Die PRIIP-Verordnung beruht auf dem Gedanken des Anlegerschutzes. Kleinanlegern soll es ermöglicht werden, durch vereinheitlichte Informationen verschiedene Anlageprodukte zu vergleichen. Ziel der PRIIP-Verordnung ist es, einen gemeinschaftlichen Standard für die Kurzinformationsblätter verschiedener Anlageprodukte und Versicherungsprodukte zu schaffen. Durch Vereinheitlichung der Vorgaben für Format und Inhalt der Kurzinformationsblätter soll die Verständlichkeit und Vergleichbarkeit der Kurzinforationen verbessert werden. Die PRIIP-Verordnung gilt als EU-Verordnung unmittelbar, ohne dass es einer Um66 setzung in nationales Recht bedarf. Sie orientiert sich inhaltlich zwar an den Vorgaben für die wesentlichen Anlegerinformationen der KIID-Verordnung,36 weicht aber hiervon auch in vielerlei Hinsicht ab. So wird beispielsweise eine andere Form der Darstellung gewählt, indem Angaben in den Kurzinformationsblättern gemäß Art. 8 Abs. 3 der PRIIPVerordnung als Fragen und Antworten zu formulieren sind.37 Die PRIIP-Verordnung verlangt im Grundsatz das Erstellen eines Basisinformationsblattes über Anlageprodukte, 65

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35 Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des europäischen Parlaments und Rates vom 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABl. L 352 vom 9.12.2014 S. 1. 36 Verordnung (EU) Nr. 583/2010 vom 1.7.2010, ABl. L 176 vom 10.7.2010 S. 1. 37 Vgl. auch Moritz/Klebeck/Jesch/Busse KAGB, § 270 Rn. 167.

Dorenkamp

422

Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter

§ 271

sofern das Anlageprodukt Kleinanlegern angeboten wird. Mit Kleinanlegern meint die PRIIP-Verordnung neben Privatanlegern auch semiprofessionelle Anleger im Sinne des KAGB. Die Pflicht zur Erstellung des Basisinformationsblattes obliegt dem PRIIPHersteller. PRIIP-Hersteller ist ein Rechtsträger oder eine natürliche Person, der bzw. die PRIIP auflegt oder Änderungen vornimmt. Die Herstellereigenschaft knüpft also an die Verantwortung für die Produktkonzeption an. Publikums-AIF fallen in den Anwendungsbereich der PRIIP-Verordnung. In zeitlicher Hinsicht ist die PRIIP-Verordnung grundsätzlich für alle Produkte ab dem 1.1.2018 anwendbar. Anteile an Investmentvermögen, für die eine „Wesentliche Anlegerinformation“ erstellt wird, mithin auch Anteile an geschlossenen Publikums-AIF, sind von den Verpflichtungen der PRIIP-Verordnung aufgrund deren Übergangsvorschrift des Art. 32 Abs. 2 bis zum 31.12.2019 ausgenommen.38 Umgekehrt kann die Erstellung eines PRIIP-Basisinformationsblattes nicht die Erstellung von wesentlichen Anlegerinformationen ersetzen.39 Einzelheiten zur Darstellung und zum Inhalt, insbesondere zur Methodik der Darstellung von Risiko und Rendite sowie zur Berechnung der Kosten, werden in Level-2-Maßnahmen festgelegt. Die als Level-2Maßnahme erlassene Delegierte EU-Verordnung (regulatory technical standards, sog. „PRIIP-RTS“)40 gibt den Inhalt des Basisinformationsblattes bis ins Detail vor. Das Basisinformationsblatt darf maximal drei DIN-A4-Seiten umfassen und muss im Grundsatz dem Muster in den PRIIP-RTS entsprechen, das als Anhang 1 abgedruckt ist. In weiteren Anlagen zur PRIIP-RTS finden sich zudem weitere Mustervorlagen und Textbausteine inklusive graphischer Elemente. Diese sind jeweils abhängig von der Art des Anlageproduktes. Zu den Pflichtangaben im Basisinformationsblatt gehören vier Performance-Szenarien sowie die Angabe der Gesamtkosten des Produkts und deren Auswirkungen auf die Rendite. Sowohl für die Performance-Szenarien als auch für die Gesamtkosten sehen die PRIIP-RTS zwingende Mustertabellen und Vorgaben vor. Die zugrundeliegenden Zahlen sind auf Basis einer fiktiven Anlagesumme von Euro 10.000 zu berechnen. Bei geschlossenen Fonds liegt der Kern der Arbeit im Erstellen der vier Performance- 67 Szenarien sowie dem Berechnen der nötigen Gesamtkostenangaben des Produkts. Im Rahmen des Vertriebs muss das Basisinformationsblatt dem Kleinanleger rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden, bevor dieser das Produkt zeichnet. https://doi.org/10.1515/9783110492217-058

§ 271 Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter § 271 Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter Dorenkamp/Grimm/Lenz Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter

1.

(1) 1 § 168 ist für die Bewertung mit folgenden Maßgaben anzuwenden: Als Verkehrswert der Vermögensgegenstände im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 ist für den Zeitraum von zwölf Monaten nach dem Erwerb der Kaufpreis des Vermögensgegenstandes anzusetzen. 2 Ist die AIF-Kapitalverwal-

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38 Geschlossenen Spezial-AIF wird in § 307 Abs. 5 ein Optionsrecht eingeräumt, dem semiprofessionellen Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss entweder wesentliche Anlegerinformationen oder ein PRIIP-Basisinformationsblatt zur Verfügung zu stellen. 39 Dies hat die EU-Kommission in Rn. 13 ihrer Mitteilung zur Anwendung der PRIIP-Verordnung (ABl. C 218 vom 7.7.2017, S. 11) klargestellt. 40 Vgl. Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2017/653 der EU-Kommission vom 8.3.2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) durch technische Regulierungsstandards in Bezug auf die Darstellung, den Inhalt, die Überprüfung und die Überarbeitung dieser Basisinformationsblätter sowie die Bedingungen für die Erfüllung der Verpflichtung zu ihrer Bereitstellung, ABl. L 100 vom 12.4.2017 S. 1.

423 https://doi.org/10.1515/9783110492217-058

Dorenkamp/Grimm/Lenz

§ 271

Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter

tungsgesellschaft der Auffassung, dass der Kaufpreis auf Grund von Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren nicht mehr sachgerecht ist, so ist der Verkehrswert neu zu ermitteln; die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat ihre Entscheidungen und die sie tragenden Gründe nachvollziehbar zu dokumenGrimm/Lenz tieren. 2. Bei Vermögensgegenständen im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 sind die Anschaffungsnebenkosten gesondert anzusetzen und über die voraussichtliche Dauer der Zugehörigkeit des Vermögensgegenstandes, längstens jedoch über zehn Jahre in gleichen Jahresbeträgen abzuschreiben. 3 Wird ein Vermögensgegenstand veräußert, sind die Anschaffungsnebenkosten in voller Höhe abzuschreiben. 4 In einer Anlage zur Vermögensaufstellung sind die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe von Vermögensgegenständen im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 anzugeben. (2) § 169 ist für das Bewertungsverfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bewertungsrichtlinien für geschlossene Publikums-AIF, die in Vermögensgegenstände im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 1 investieren, zusätzlich vorzusehen haben, dass der Bewerter an einer Objektbesichtigung teilnimmt. (3) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss jede Gesellschaft im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 2 bis 6, an der ein geschlossener Publikums-AIF eine Beteiligung hält, vertraglich verpflichten, Vermögensaufstellungen 1. auf den Zeitpunkt der Bewertung gemäß § 272 bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle einzureichen und 2. einmal jährlich anhand des von einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusses der Gesellschaft prüfen zu lassen. 2 Die Anforderung des Satzes 1 gilt auch für eine Unterbeteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 261 Absatz 1 Nummer 2 bis 6. 3 Der auf Grund der Vermögensaufstellungen ermittelte Wert der Beteiligung an einer Gesellschaft ist bei den Bewertungen zur laufenden Preisermittlung zugrunde zu legen. (4) Für die Anforderungen an den Bewerter, die Pflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Bestellung eines Bewerters sowie die Rechte der Bundesanstalt im Hinblick auf den Bewerter gilt § 216 entsprechend.

A. B. C. D.

Systematische Übersicht Vorbemerkung | 1 Anwendung des § 168 | 2 Erweiterung der Anforderungen an das Bewertungsverfahren | 5 Beteiligungen und vertragliche Verpflichtungen I. Beteiligung | 7 II. Vertragliche Verpflichtung | 8

III.

E.

Jährliche Prüfung der Vermögensaufstellung anhand des Jahresabschlusses | 10 IV. Unterbeteiligung | 11 V. Grundlage der laufenden Preisermittlung | 12 Anwendung des § 216 | 13

A. Vorbemerkung A. Vorbemerkung 1

Der § 271 spiegelt den grundsätzlichen Aufbau des KAGB wieder. Als Spezialparagraph für geschlossene inländische Publikums-AIF zu den Themen Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter verweist er auf die Ausführungen zum Thema Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter auf die Paragraphen für offene Publikumsinvestmentvermögen bzw. offene inländische Publikums-AIF. Der § 271 ist angelehnt an die Grimm/Lenz

424

B. Anwendung des § 168

§ 271

§§ 70 und 79 InvG. Diese galten im InvG für Immobilien-Sondervermögen. Im KAGB wurde der Regelungsinhalt auf alle Investmentvermögen ausgedehnt. Die damalige Regierungskoalition sah die Wertermittlung eines Vermögensgegenstandes vor Erwerb von ebenso großer Bedeutung wie die laufende Wertermittlung. Dies war vorher nicht zentral im Fokus der gesetzlichen Regelungen. Zudem war es wichtig, ab einer bestimmten Größe des Vermögensgegenstandes von € 50 Mio. zwei unabhängige externe Bewerter für die Bewertung zu verpflichten, als einen Bewertungsausschuss. Dies wurde mit der Tatsache begründet, dass bei einigen mittlerweile abgewickelten Fonds in kurzer Zeit die Bewertung der Immobilien um 40 bis 50% gesenkt wurde, wobei deutlich geworden sei, dass zwei unabhängige externe Bewerter sachgerechter sein würden.1 B. Anwendung des § 168 B. Anwendung des § 168 Für die Bewertung ist § 168 mit der Maßgabe der Nummern 1 und 2 anzuwenden: 2 Nummer 1 überträgt den § 79 Abs. 1 S. 4 und 5 InvG in das KAGB. § 79 Abs. 1 S. 4 3 und 5 InvG wurden durch das Investmentänderungsgesetz eingeführt.2 Die Einführung von Satz 4 erfolgte von dem Hintergrund, die Einbuchung von Einwertungsgewinnen durch die Bewertung in Höhe des Kaufpreises abzumildern zu können. Bis dato war es in der Praxis üblich, vor Einbuchung der Immobilie eine Bewertung durch einen Sachverständigenausschuss durchführen zu lassen, um die Werthaltigkeit des Kaufpreises zu bestätigen. Die Ergebnisse der durchgeführten Bewertung lagen in einigen Fällen oberhalb des Kaufpreises der Immobilie. Der hierdurch entstandene Einwertungsgewinn wurde als nicht sachgerecht angesehen. Vor diesem Hintergrund wurde der in § 79 des Investmentgesetzes eingeführte Satz 4 des Absatzes 1 auch in das KAGB übernommen (§ 271 Abs. 1 Nr. 1 S. 1) übernommen. Der Gesetzgeber möchte hierdurch erreichen, dass mögliche Einwertungsgewinne abmildert werden. In § 271 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ermöglicht der Gesetzgeber bei Änderung wesentlicher Bewertungsfaktoren, welche zu einer nicht sachgerechten Bewertung innerhalb der vom Gesetz in Satz 1 genannten zwölf Monaten führt, eine neue Bewertung. Der Gesetzgeber sieht diese Möglichkeit der Bewertung als Ausnahmetatbestand an.3 Die Entscheidung zu einer Zwischenbewertung muss von der Kapitalverwaltungsgesellschaft nachvollziehbar dokumentiert werden. Teilweise wird in der Literatur für keine zu hohen Anforderungen an die Änderung der Bewertungsfaktoren plädiert, da eine aktuelle Bewertung, abgesehen von den damit verbundenen Kosten, dem Interesse der Anleger dient.4 Aufgrund der vom Gesetzgeber als Ausnahmetatbestand beschriebenen Zwischenbewertung kann dem nicht gefolgt werden. Gerade eine kurz nach Erwerb durchgeführte Zwischenbewertung würde der gesetzlichen Vorgabe zuwiderlaufen. Daher kann es sich nur um wesentliche Änderungen von Bewertungsfaktoren handeln an die höhere Anforderungen gestellt werden müssen. Die reine Änderung von Abzinsungssätzen innerhalb eines Jahres sollte dabei nur dann zu einer neuen Bewertung führen, wenn hierdurch die Investitionsentscheidung beeinflusst worden wäre. Ebenso ist eine neue prognostizierte Vermietungsquote alleine stellt nur dann eine Rechtfertigung für eine neue Bewertung dar, wenn die Änderung des Wertes des Assets einen Umfang erreicht, der zu einer geänderten Investitionsentscheidung geführt hätte. Welche wesentlichen Bewertungsfaktoren Auswirkung haben, lässt der Gesetzgeber of-

_____ 1 2 3 4

425

Vgl. BTDrucks. 17/13395. Vgl. BTDrucks. 16/5576. Vgl. BTDrucks. 16/5576 S. 76. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak § 79 InvG Rn. 6.

Grimm/Lenz

§ 271

Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter

fen. Somit dürfte aber jeder Bewertungsfaktor gemeint sein, der überhaupt in die Bewertung einfließt. Als Anhaltspunkt können insbesondere die Faktoren angesehen werden, die in § 25 KARBV als Parameter im Bewertungsmodell berücksichtigt werden sollen. Bei Immobilien ist das bspw. die Leerstandsquote oder die Restlaufzeit der Nutzungsverträge. Da der Gesetzgeber selbst eine Gewichtung („wesentlich“) einbringt, erscheint es sachgerecht, wenn die KVG hier eigene Grundsätze zur Wesentlichkeit aufstellt, bei denen eine Neubewertung sachgerecht erscheint und die Durchführung der jeweiligen Investition hinterfragt würde. Eine Sachgerechtigkeit erscheint beim Kauf von im Bau befindlichen Sachwerten dann gegeben, wenn die Fertigstellung bzw. Inbetriebnahme innerhalb von zwölf Monaten nach Kauf erfolgt und sich hieraus (höchstwahrscheinlich) Änderungen der Bewertungsfaktoren ergeben. So ändert sich die der Wert des im Bau befindlichen Sachwertes täglich, sofern der Bau fortgeführt wird und die Bewertung noch in Höhe der angefallenen Kosten des Baus zzgl. Wert des Grundstücks stattfindet. In der Praxis ergeben sich durchaus Schwierigkeiten für die Bewertung für im Bau befindliche Immobilien.5 4 Beim Erwerb von Vermögensgegenständen i.S.d. § 261 Abs. 1 Nr. 1, also der erlaubten Sachwerte, sind die Anschaffungsnebenkosten gesondert, in einem eigenen Posten, über die voraussichtliche Dauer der Zugehörigkeit des Vermögensgegenstandes, längstens über zehn Jahre, abzuschreiben. Diese Regelung wurde bereits in § 79 Abs. 1 S. 6 InvG verankert. Der Gesetzgeber möchte nicht, dass eine rechnerische Wertminderung aufgrund der Anschaffungsnebenkosten zu einer Reduzierung des Anteilpreises führt.6 Vielmehr sind der separate Ansatz der Anschaffungsnebenkosten und die gleichbleibende Abschreibung über einen längeren Zeitraum für die Gleichbehandlung der Anleger notwendig (Anlegerschutzgedanke). Eine sofortige aufwandswirksame Verbuchung der Anschaffungsnebenkosten bei Erwerb des Vermögensgegenstandes würde die im Zeitpunkt des Ankaufs des Vermögensgegenstandes beteiligten Anleger im Vergleich zu Anlegern, die zu einem späteren Zeitpunkt investieren belasten, während Anleger die erst nach Erwerbszeitpunkt des Vermögensgegenstandes dem AIF beitreten, diese Belastung nicht zu tragen hätten. Der Umfang der Anschaffungsnebenkosten ist im KAGB nicht geregelt. Typischerweise gehören zu den Anschaffungsnebenkosten Steuern und Gebühren des Erwerbs, sowie alle Kosten um den Gegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Den Anschaffungsnebenkosten sind beispielsweise Grunderwerbsteuern, Registergebühren, Notargebühren, Gebühren für Rechts- und Steuerberatung und Maklergebühren zuzurechnen. Der Begriff sollte aufgrund der Begründung des Bundestages zum Investmentänderungsgesetzes weit ausgelegt werden. C. Erweiterung der Anforderungen an das Bewertungsverfahren C. Erweiterung der Anforderungen an das Bewertungsverfahren 5

Der zweite Absatz des § 271 verweist auf die Anwendung des § 169 mit der Maßgabe, dass die Bewertungsrichtlinien zusätzlich vorzusehen haben, dass der Bewerter an einer Objektbesichtigung teilnimmt. Dies gilt für geschlossene Publikums-AIF, die in Vermögensgegenstände im Sinne des § 261 Abs. 1 Nr. 1 investieren. Der Gesetzgeber gibt im KAGB keine weiteren Erläuterungen. Das Gesetz definiert nicht genau, in welchem Turnus der Bewerter an einer Objektbesichtigung teilnimmt. Dem Wortlaut nach muss der Bewerter an einer Objektbeteiligung teilnehmen. Somit mindestens an einer Objektbe-

_____ 5 6

Beckmann/Scholtz/Vollmer § 79 InvG Tz. 18. Vgl. BTDrucks. 16/5576 S. 76.

Grimm/Lenz

426

D. Beteiligungen und vertragliche Verpflichtungen

§ 271

sichtigung, innerhalb des Zeitraumes in der das Investmentvermögen in den Vermögensgegenstand investiert ist. Eine Objektbesichtigung sah bereits der § 77 (1a) S. 3 Nr. 5 InvG für Immobiliensondervermögen vor, indem in einer Geschäftsordnung für einen aus drei Sachverständigen bestehenden Ausschuss zwingende eine Objektbesichtigung geregelt sein musste. Eine nähere Konkretisierung durch den Gesetzgeber erfolgte bereits damals nicht. Zwar hat sich in der Praxis die jährliche Besichtigung des zu bewertenden Objektes bei Immobilien durchgesetzt, es ist aber fraglich, ob diese Vorgehensweise auch für Mobilien wie bspw. Flugzeuge, Schiffe, Container etc. sinnvoll erscheint. Aus Sicht des Anlegerschutzes macht es Sinn, wenn der Bewerter bei Aufnahme seiner Tätigkeit das zu bewertende Objekt besichtigt und bei Folgebewertung abwägt, ob er eine weitere Objektbesichtigung durchführt oder nicht. Die Objektbesichtigung dient unter anderem dazu, festzustellen, ob das Objekt den für die Bewertung angenommenen Zustand hat. Kann der Bewerter anhand der ihm vorliegenden Unterlagen wie bspw. anhand von Wartungsprotokollen und von durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen sowie der bei der Gesellschaft vorliegenden Korrespondenz mit dem Besitzer das Assets abschätzen, dass der der Bewertung zugrunde liegende Zustand den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, dann ist eine jährliche Objektbesichtigung nicht notwendig, sondern es kann ein längerer, aus Sicht des Bewerters angemessenen Zeitraum, für die Besichtigung des Assets, gewählt werden. Die Verlängerung des Besichtigungszeitraumes ist zu begründen und zu dokumentieren. D. Beteiligungen und vertragliche Verpflichtungen D. Beteiligungen und vertragliche Verpflichtungen Diese Vorschrift entspricht inhaltlich den Regelungen des § 70 Abs. 1 S. 1 InvG der 6 bisher für Beteiligungen von Immobilien-Sondervermögen an Immobilien-Gesellschaften galt. Die in § 70 Abs. 1 S. 1 InvG noch vorgesehene monatliche Einreichung einer Vermögensaufstellung wurde zu Gunsten der Einreichung für die Zeitpunkte der Bewertung ersetzt. I. Beteiligung Fraglich ist die Auslegung des Begriffes „Beteiligung“ des § 271. § 68 Abs. 3 InvG, 7 welcher in § 234 inhaltlich übernommen wurde, spricht von einer Beteiligung bei einem Stimmrecht und Kapitalanteil von 100% an der Gesellschaft. Ansonsten wird von einer Minderheitenbeteiligung gesprochen (§ 234 S. 3). In den allgemeinen Vorschriften des § 1 wird der Begriff „bedeutende Beteiligung“ in § 1 (19) Nr. 6 definiert. Diese Begriffsdefinition ist § 19 (Inhaber bedeutender Beteiligungen) geschuldet. Weiterführende Definitionen sind im KAGB nicht enthalten. Für den Jahresbericht eines geschlossenen inländischen Investmentvermögens gilt gemäß § 158 der § 135. § 135 Abs. 2 bestimmt, dass der Erste Unterabschnitt des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB anzuwenden ist. Hierbei handelt es sich um die §§ 264 bis 289a HGB. In § 271 Abs. 1 S. 3 HGB gelten im Zweifel Anteile an Kapitalgesellschaften, die insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft überschreiten als Beteiligungen. Für die Qualifizierung einer Beteiligung nach dem HGB ist darüber hinaus entscheidend, dass mit der Beteiligung mehr verfolgt wird als nur die bloße Kapitalanlage. Da es sich bei der Beteiligung des AIF an einer anderen Gesellschaft in den meisten Fällen jedoch um die Umsetzung der prospektierten Geschäftsstrategie handelt (bspw. durch den Erwerb des Assets durch die Gesellschaft (bzw. einer Untergesellschaft) an der sich der AIF beteiligt), muss davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Beteiligung im handelsrechtlichen Sinne handelt. Steht bei dem Erwerb von Anteilen nicht der Erwerb des Assets mittelbar im Vorder427

Grimm/Lenz

§ 271

Bewertung, Bewertungsverfahren, Bewerter

grund, sondern handelt es sich um eine bloße Kapitalanlage, dann kann die Existenz einer Beteiligung verneint werden (dies kann z.B. der Fall sein, wenn Anteile an anderen AIF auf dem Zweitmarkt erworben werden, die dann nur einen unwesentlichen Teil des Vermögens des erwerbenden AIF ausmachen). Aufgrund der fehlenden Definition innerhalb des KAGB und aufgrund bislang fehlender Auslegungsschreiben seitens der BaFin stellt sich die Frage, ob darüber hinaus eine Nichtaufgriffsgrenze für den Begriff Beteiligungen existiert, oder ob eine weite Auslegung des Begriffes (jedweder Anteil) existiert. Nur dann, wenn sich die Beteiligung wesentlich auf die Entwicklung des Fonds auswirken kann, erscheint aus Anlegerschutzgründen die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Informationserfordernisse sinnvoll zu sein. Eine bloße Umsetzung der rechtlichen Vorgaben ohne Berücksichtigung der Risikoposition der Anleger erscheint auch vor dem Hintergrund einer angemessenen Kosten-/Nutzenrelation für die Anleger nicht sinnvoll. Zumal das dazu führen würde, dass aufgrund der rechtlichen Vorgaben aus Sicht des AIF und damit der Anleger die Investitionsmöglichkeiten eingeschränkt würden. In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung erscheint eine Nichtaufgriffsgrenze von 10% des Verkehrswertes des Investmentanlagevermögens als angemessen, wenn es sich um eine bloße Kapitalbeteiligung der Fondsgesellschaft handelt. Bisher wurde die Thematik nicht von der BaFin aufgegriffen. Ebenfalls haben andere Kommentierungen dies nicht getan.7 II. Vertragliche Verpflichtung Zum Zeitpunkt einer Bewertung gemäß § 272 muss die AIF-KVG jede der Beteiligungen i.S.d. § 261 Abs. 1 Nr. 2–6 eines ihrer verwalteten Publikums-AIF vertraglich verpflichten, eine Vermögensaufstellung einzureichen. Da vor Erwerb einer Beteiligung i.S.d. § 261 Abs. 1 Nr. 2–6 ebenfalls eine Bewertung anhand einer von einem Abschlussprüfer (i.S. des § 319 HGB) geprüften Vermögensaufstellung erfolgen muss, ist bei Erwerb der Beteiligung auch die fortlaufende Bewertung vertraglich sicherzustellen. Solange der Publikums-AIF über eine Stimmrechtsmehrheit verfügt, ist diese Anforderung unproblematisch zu erfüllen. Dies ändert sich jedoch, sobald es sich um eine Minderheitenbeteiligung handelt. Dies ist i.d.R. bei einem Dach-Publikums-AIF gegeben, dessen Zweck darin besteht, in mehrere Ziel-Investmentvermögen zu investieren. Das KAGB trifft für diesen Fall keine Regelungen. Die in § 84 Abs. 1 aufgeführten zustimmungspflichtigen Geschäfte schließen in § 84 Abs. 1 Nr. 5 explizit Verfügungen über Minderheitenbeteiligungen aus. Somit kann im Umkehrschluss der AIF weiterhin die Beteiligung an der Gesellschaft aufrechterhalten, auch wenn die Vorgaben des § 271 nicht erfüllt werden. Ansonsten hätte der Gesetzgeber bei Verfügungen über Minderheitenbeteiligungen die Zustimmungspflicht der Verwahrstelle nicht explizit ausgeschlossen. Eine Vermögensaufstellung i.S.d. Gesetzes ist in den §§ 101 i.V.m 135 und 158 defi9 niert. Vermögensaufstellungen waren bisher Pflichtbestandteile des Jahresberichtes eines Sondervermögens i.S.d. InvG. Definiert wurden sie in § 44 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 InvG sowie in der InvRBV i.V.m. § 44 Abs. 7 InvG. Sie beinhalten eine detaillierte Darstellung aller Vermögensgegenstände und Schulden des Sondervermögens. Kernstück der Vermögensaufstellung ist die Aufzählung der Vermögensgegenstände nach Art, Nennbetrag oder Zahl, Kurs und Kurswert. Die Vorschriften des § 44 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 InvG wurde in § 101 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 transferiert. Der Detaillierungsgrad soll dem Anleger eine genaue Information zu den Vermögensgegenständen geben. Zudem dient die Vermögensaufstel-

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_____ 7

Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Voigt In/Erg.-Lfg. 12/15.

Grimm/Lenz

428

§ 272

Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung

lung der Anteilwertermittlung als Grundlage, da durch Addition alle Werte des Vermögens (einschließlich Subtraktion der Verbindlichkeiten), die nach den Vorschriften der KARBV ermittelte werden, der Net Asset Value errechnet wird. Des Weiteren ist die Beachtung von § 247 geboten. In § 247 definiert der Gesetzgeber die Vermögensaufstellung für Immobilien-Sondervermögen III. Jährliche Prüfung der Vermögensaufstellung anhand des Jahresabschlusses Der Gesetzgeber sieht „einmal jährlich“ eine Prüfung der Vermögensaufstellung an- 10 hand des von einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusse vor. Die nachträgliche Überprüfung der Vermögensaufstellung hat keine Auswirkung auf die laufende Berechnung des Anteilspreises. Vielmehr soll die Qualität der gelieferten Vermögensaufstellung überprüft werden. Der Gesetzgeber lässt offen, wer die Prüfung durchzuführen hat. Neben Wirtschaftsprüfern kann dies ebenso die KVG selber sein. Durch die offene Formulierung des Gesetzgebers ist der Kreis der Prüfer nicht eingeschränkt. Jedoch ist aufgrund des benötigten Spezialwissens der Kreis der möglichen Prüfer eingeschränkt. Hierbei erscheint es sinnvoll zu sein, dass der Abschlussprüfer, der den Jahresabschluss geprüft hat auch die Prüfung der Vermögensaufstellung übernimmt, da dieser bereits über umfangreiche Kenntnisse der Gesellschaft verfügt. IV. Unterbeteiligung Die unter I. bis III. aufgeführten Bemerkungen gelten ebenfalls für die Unterbeteili- 11 gung. V. Grundlage der laufenden Preisermittlung § 271 Abs. 3 S. 3 legt fest, dass der aufgrund der Vermögensaufstellung ermittelte 12 Wert der Beteiligung auch der laufenden Preisermittlung zugrunde gelegt wird. Dieser Paragraph wurde aus dem InvG übernommen. Dort wurde er in § 70 Abs. 1 S. 2 InvG geregelt. E. Anwendung des § 216 Der vierte Absatz des § 271 verweist auf die Anwendung des § 216.

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https://doi.org/10.1515/9783110492217-059

§ 272 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung § 272 Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung Grimm/Lenz Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung 1

(1) Die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie müssen mindestens einmal jährlich erfolgen. 2 Die Bewertung und Berechnung sind darüber hinaus auch dann durchzuführen, wenn das Gesellschaftsvermögen des AIF erhöht oder herabgesetzt wird. (2) Die Kriterien zur Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie und zur Bestimmung der Häufigkeit der Berechnung bestimmen sich nach den Artikeln 67 bis 73 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (3) 1 Die Bewertungen der Vermögensgegenstände und Berechnungen des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie sind entsprechend den diesbezüglichen An429 https://doi.org/10.1515/9783110492217-059

Grimm/Lenz

§ 272

Häufigkeit der Bewertung und Berechnung; Offenlegung

lagebedingungen gegenüber den Anlegern offenzulegen. 2 Eine Offenlegung hat nach jeder Bewertung der Vermögensgegenstände und Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie zu erfolgen.

A. B.

Systematische Übersicht Häufigkeit der Bewertung | 1 Berechnung des Nettoinventarwertes | 2

C.

Offenlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände und der Berechnung des Nettoinventarwertes | 3

A. Häufigkeit der Bewertung 1

Die Bewertung der Vermögensgegenstände und des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie müssen mindestens einmal jährlich erfolgen, darüber hinaus ist diese durchzuführen, wenn das Gesellschaftsvermögen erhöht oder herabgesetzt wird. Dieser Paragraph setzt dabei Artikel 19 Abs. 3 Unterabsätze 2 und 4 der Richtlinie 2011/61/EU um. B. Berechnung des Nettoinventarwertes

2

Absatz 2 verweist auf die Artikel 67 bis 73 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 für die Zwecke der Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie und zur Bestimmung der Häufigkeit der Bewertung. Jedoch bestimmt Paragraph 271 Abs. 1 die Häufigkeit der Bewertung. Somit stellt sich die Frage, ob die gesamten Artikel 67 bis 73 der Verordnung eingehalten werden müssen, oder nur die für die Zwecke der Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie. Für Zwecke der Berechnung des Nettoinventarwertes ist Artikel 72 der Verordnung einschlägig. Absatz 1 des Artikels 72 der Verordnung bestimmt die Häufigkeit der Bewertung die in § 272 Abs. 1 übernommen wurde. In Absatz 2 des Artikels 72 der Verordnung bestimmen wiederum die Dokumentationsvorschriften für die KVG. Diese sind für Zwecke des KAGB in § 169 (dem Erstellen einer Bewertungsrichtlinie) normiert. Absatz 3 des Artikels 72 der Verordnung bestimmt bei fehlerhaften Anteilwerten, dass Abhilfemaßnahmen erfolgen. Die in Deutschland durch die BaFin vorgesehene Anteilwertfehler- und Anlagegrenzverletzungsverordnung vom 3.5.2011 kam über den Entwurfsstatus nicht hinaus. Der Umgang mit Anteilwertfehlern in Publikums-Investmentvermögen ist derzeit nicht in einer BaFinVerordnung vorgeschrieben. Neben der Beseitigung des Anteilwertfehlers war die Berechnung eines möglichen Schadenersatzes sowie etwaigen Veröffentlichungspflichten in der damaligen Verordnung geregelt. Absatz 4 des Artikel 72 der Verordnung normiert die Überprüfung der Anzahl der ausgegebenen Anteile mindestens zu jedem Zeitpunkt einer Bewertung. Unklar bleibt, wer die Überprüfung durchführen muss und welche Prüfungshandlungen durchgeführt werden sollen. In Deutschland ist bei PublikumsInvestmentvermögen die Verwahrstelle die ausgebende Stelle der Anteile. Somit obliegt ihr die Pflicht der Prüfung, da die externe-KVG im Zweifel nicht alle Anteilseigner kennt. Bei Spezial-Investmentvermögen ist dies umgekehrt. Hier kennt die externe-KVG sehr wohl die Anleger. Als Prüfungshandlung kommt der Abgleich zwischen Verwahrstelle und KVG in Betracht. C. Offenlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände C. Offenlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände und der Berechnung des Nettoinventarwertes

3

Die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnungen des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie sind entsprechend den diesbezüglichen AnlagebedingunGrimm/Lenz

430

C. Offenlegung der Bewertung der Vermögensgegenstände

§ 272

gen gegenüber dem Anleger offen zu legen. Der Gesetzgeber konkretisiert somit die Kotrollrechte der Anleger und setzt im Hinblick auf die Offenlegungsverpflichtungen Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Die Offenlegung hat nach jeder Bewertung zu erfolgen. Darüber hinaus bleiben die bisherigen Kotrollrechte die sich aus dem HGB bzw. 4 AktG ergeben bestehen. Geschlossene Publikumsfonds können entweder als InvAG mit fixem Kapital oder als geschlossene InvKG aufgelegt werden. InvAG sind Aktiengesellschaften im Sinne des AktG, InvKG sind Kommanditgesellschaften im Sinne des HGB. Dem Anleger kommen somit weiterhin entweder die Rechte eines Aktionärs (InvAG) oder die eines Kommanditisten (InvKG) zu. Die Anforderungen zur Offenlegung gemäß § 272 Abs. 3 erweitern bzw. konkretisieren die Kotrollrechte im Sinne des Anlegerschutzes.1

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431

Vgl. BTDrucks. 17/12294.

Grimm/Lenz

§ 273

Anlagebedingungen

KAPITEL 3 Inländische Spezial-AIF ABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften für inländische Spezial-AIF § 273 Anlagebedingungen § 273 Anlagebedingungen München Anlagebedingungen https://doi.org/10.1515/9783110492217-060 1 Anlagebedingungen, nach denen sich das vertragliche Rechtsverhältnis einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder einer EU-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu den Anlegern eines Spezialsondervermögens bestimmt oder 2. in Verbindung mit der Satzung einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft das Rechtsverhältnis dieser Investmentaktiengesellschaft zu ihren Anlegern bestimmt oder 3. in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag einer Spezialinvestmentkommanditgesellschaft das Rechtsverhältnis dieser Investmentkommanditgesellschaft zu ihren Anlegern bestimmt, sind vor Ausgabe der Anteile oder Aktien schriftlich festzuhalten. 2 Die Anlagebedingungen von inländischen Spezial-AIF sowie die wesentlichen Änderungen der Anlagebedingungen sind der Bundesanstalt von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vorzulegen.

1.

A. Allgemeines 1

§ 273 setzt Art. 7 Abs. 3 lit. c der AIFM-RL um. Gem. Art. 7 Abs. 3 lit. c der AIFM-RL, schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass ein AIFM, der eine Zulassung beantragt, den zuständigen Behörden seines Herkunftsmitgliedstaats außerdem zu den AIF, die er zu verwalten beabsichtigt, die Vertragsbedingungen oder Satzungen aller AIF, die der AIFM zu verwalten beabsichtigt, vorlegt. B. Schriftform der Anlagebedingungen (Satz 1)

2

Satz 1 regelt lediglich, dass Anlagebedingungen für inländische Spezial-AIF der Schriftform bedürfen. Ein bestimmter Mindestinhalt der Anlagebedingungen wird jedoch nicht vorschrieben. C. Vorlage der Anlagebedingungen an die BaFin (Satz 2)

3

Die Anlagebedingungen von inländischen Spezial-AIF müssen der BaFin lediglich vorgelegt werden. Anders als die Anlagebedingungen von offenen oder geschlossenen Publikumssondervermögen, bedürfen die Anlagebedingungen inländischer Spezial-AIF keiner Genehmigung durch die BaFin. Durch die Vorlage der Anlagebedingungen bei der BaFin erhält diese Kenntnis vom Inhalt der Anlagebedingungen und kann ggf. erforderliche Verfügungen erlassen.

München https://doi.org/10.1515/9783110492217-060

432

§ 274

C. Bedingungen der Maßnahmen nach Art. 112 der Delegierten Verordnung

§ 274 Begrenzung von Leverage § 274 Begrenzung von Leverage München https://doi.org/10.1515/9783110492217-061 1

Für die Informationspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Hinblick auf das eingesetzte Leverage sowie die Befugnis der Bundesanstalt zur Beschränkung des eingesetzten Leverage einschließlich der Mitteilungspflichten der Bundesanstalt gilt § 215 entsprechend. 2 Die Bedingungen, unter welchen die Maßnahmen nach Satz 1 in Verbindung mit § 215 Absatz 2 angewendet werden, bestimmen sich nach Artikel 112 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. Gesetzesmaterialien Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013; BTDrucks. 17/12294.

A. Allgemeines § 274 dient der Umsetzung von Art. 25 Abs. 3, 4 und 8 der AIFM-RL. Satz 2 dient der 1 Umsetzung von Art. 25 Abs. 9 der AIFM-RL. B. Entsprechende Anwendung des § 215 (Satz 1) Hinsichtlich der Informationspflicht der AIF-KVG bezüglich des eingesetzten Leve- 2 rage sowie der Befugnis der BaFin zur Beschränkung des eingesetzten Leverage einschließlich der Mitteilungspflichten der BaFin gilt der unmittelbar für AIF-KVGen von offenen inländischen Publikums-AIF anwendbare § 215 entsprechend. Die AIF-KVG muss gemäß den Vorgaben des § 215 der BaFin aufzeigen, dass die von ihr angesetzte Begrenzung des Umfangs der Methoden, mit denen sie den Investitionsgrad des von ihr verwalteten Investmentvermögens durch Kreditaufnahme, Wertpapier-Darlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht (Leverage), angemessen ist und dass sie diese Begrenzung stets einhält. C. Bedingungen der Maßnahmen nach Art. 112 der Delegierten Verordnung C. Bedingungen der Maßnahmen nach Art. 112 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (Satz 2) Satz 2 greift die Regelung des § 215 Abs. 5 auf. Gem. § 215 Abs. 5 gilt Art. 112 der Dele- 3 gierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 entsprechend für die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen nach § 215 Abs. 2 angewendet werden. Für die Verwaltung von Spezial-AIF gilt Art. 112 der Delegierten Verordnung (EU) 4 Nr. 231/2013 unmittelbar. Art. 112 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 trifft folgende Regelungen: 5 AIFM, die hebelfinanzierte AIF verwalten (Artikel 25 Absatz 3 der Richtlinie 2011/61/EU) Artikel 112 Beschränkungen für die Verwaltung von AIF (1) Die Grundsätze dieses Artikels gelten für die Festlegung der Umstände, unter denen die zuständigen Behörden ihre Befugnis ausüben, den AIFM Limits oder Beschränkungen für Hebelfinanzierungen vorzuschreiben. 433 https://doi.org/10.1515/9783110492217-061

München

§ 275

Belastung

(2) Bewertet die zuständige Behörde Informationen, die sie gemäß Artikel 7 Absatz 3, Artikel 15 Absatz 4 oder Artikel 24 Absatz 4 oder Artikel 24 Absatz 5 erhalten hat, so berücksichtigt sie, inwieweit der Einsatz von Hebelfinanzierungen durch einen AIFM oder dessen Interaktion mit einer Gruppe von AIFM oder anderen Finanzinstituten zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem oder des Risikos von Marktstörungen beitragen können. (3) Die zuständigen Behörden berücksichtigen in ihrer Bewertung zumindest die folgenden Aspekte: a) die Umstände, unter denen das Engagement eines oder mehrerer AIF einschließlich des Engagements aus Finanzierungs- und Anlagepositionen, das der AIFM auf eigene Rechnung oder für die AIF eingegangen ist, ein erhebliches Markt-, Liquiditäts- oder Gegenparteirisiko für ein Finanzinstitut darstellen könnte; b) die Umstände, unter denen die Tätigkeiten eines AIFM oder seine Interaktion beispielsweise mit einer Gruppe von AIFM oder anderen Finanzinstituten, insbesondere im Hinblick auf die Arten der Vermögenswerte, in die der AIF investiert, und die über den Einsatz von Hebelfinanzierungen vom AIFM angewendeten Techniken, zu einer spiralförmigen Abwärtsbewegung der Preise von Finanzinstrumenten oder sonstigen Vermögenswerten beitragen oder beitragen könnten, die die Lebensfähigkeit dieser Finanzinstrumente oder sonstigen Vermögenswerte gefährdet bzw. gefährden würde; c) Kriterien wie die Art des AIF, die Anlagestrategie des AIFM für die betreffenden AIF, die Marktbedingungen, unter denen der AIFM und der AIF tätig sind, sowie wahrscheinliche prozyklische Wirkungen, die eintreten könnten, wenn die zuständigen Behörden dem betreffenden AIFM Limits oder andere Beschränkungen für den Einsatz von Hebelfinanzierungen vorschreiben; d) Kriterien wie die Größe eines oder mehrerer AIF und die entsprechenden Auswirkungen in einem bestimmten Marktsektor, Risikokonzentrationen in bestimmten Märkten, in denen ein oder mehrere AIF investieren, etwaige Ansteckungsrisiken für andere Märkte durch einen Markt, in dem Risiken festgestellt wurden, Liquiditätsprobleme in bestimmten Märkten zu einem bestimmten Zeitpunkt, das Ausmaß des mit einem Missverhältnis zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten verbundenen Risikos in einer bestimmten AIFM-Anlagestrategie oder irreguläre Preisbewegungen bei Vermögenswerten, in die ein AIF investieren könnte.

§ 275 Belastung § 275 Belastung München Belastung https://doi.org/10.1515/9783110492217-062 (1) Die Belastung von Vermögensgegenständen, die zu einem Spezial-AIF gehören, sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen, sind zulässig, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist und 2. die Verwahrstelle den vorgenannten Maßnahmen zustimmt, weil sie die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet. (2) Die Bundesanstalt kann die Höhe der zulässigen Belastung der Vermögensgegenstände beschränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. München https://doi.org/10.1515/9783110492217-062

434

§ 275

B. Voraussetzungen für Belastungen und Abtretungen (Abs. 1)

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen für Belastungen und Abtretungen (Abs. 1) | 2 I. Anlagebedingungen und Vereinbarkeit mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung (Abs. 1 Nr. 1) | 4

II.

C.

Zustimmung der Verwahrstelle (Abs. 1 Nr. 2) | 5 Beschränkungen durch die BaFin | 6

A. Allgemeines § 275 regelt unter welchen Bedingungen die Belastung von Vermögensgegenstän- 1 den, die zu einem Spezial-AIF gehören, und die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen, zulässig sind. Die Norm sieht im Gegensatz zum aufgehobenen § 91 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 82 Abs. 3 InvG keine feste Grenze für die zulässige Belastung eines Spezial-AIF vor. Entsprechend den Zielen der AIFM-RL räumt Abs. 2 der BaFin das Recht ein, die Höhe der Belastung von Vermögensgegenständen von Spezial-AIF zu beschränken, wenn dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems erforderlich ist.1 B. Voraussetzungen für Belastungen und Abtretungen (Abs. 1) B. Voraussetzungen für Belastungen und Abtretungen (Abs. 1) Gem. Abs. 1 ist die Belastung von Vermögensgegenständen, die zu einem Spezial- 2 AIF gehören, sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist. Kumulativ muss die Verwahrstelle den vorgenannten Maßnahmen zustimmen. Voraussetzung für eine solche Zustimmung der Verwahrstelle ist, dass sie die Bedingungen unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet. Der Begriff der Belastung umfasst sämtliche dinglichen Rechte.2 Belastungen sind 3 nicht nur solche rechtsgeschäftlicher Art, sondern ebenfalls durch staatlichen Akt entstehende öffentlich-rechtliche Belastungen, z.B. bei Grundstücken Sanierungsvermerke, Umlegungen, Wegerechte oder Leitungsrechte. I. Anlagebedingungen und Vereinbarkeit mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung (Abs. 1 Nr. 1) Die Belastung von Vermögensgegenständen, die zu einem Spezial-AIF gehören, 4 sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen, müssen in den Anlagebedingungen vorgesehen sein. In welchem Detaillierungsgrad dies geschehen muss, hat der Ge-

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BTDrucks. 17/12294 S. 274 f. Emde-Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schulz-Süchting InvG, § 82 Rn. 21.

München

§ 276

Leerverkäufe

setzgeber nicht geregelt. Weiter müssen Belastung und Abtretung mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar sein. Inwieweit Belastungen im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung geboten sind, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab. Im Allgemeinen ist erforderlich, dass der nega-tive Effekt der Belastung durch einen anderweitigen Vorteil für den Spezial-AIF ausgeglichen wird.3 II. Zustimmung der Verwahrstelle (Abs. 1 Nr. 2) 5

Die Verwahrstelle muss der Belastung oder Abtretung zustimmen. Voraussetzung für eine solche Zustimmung ist, dass die Verwahrstelle die Bedingungen unter denen die Belastung oder Abtretung erfolgen soll, für marktüblich erachtet. Die Marktüblichkeit bezieht sich sowohl auf die Belastung selbst als auch auf das der Belastung zugrunde liegende Rechtsverhältnis.4 Der Wortlaut des Abs. 1 impliziert, dass die Verwahrstelle die Marktüblichkeit selbst prüft. C. Beschränkungen durch die BaFin C. Beschränkungen durch die BaFin

6

Die BaFin kann gem. Abs. 2 die Höhe der zulässigen Belastung der Vermögensgegenstände beschränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. Hinsichtlich des der BaFin durch Abs. 2 eingeräumten Ermessens gilt der allgemeine 7 Ermessensgrundsatz des § 40 VwVfG, wonach die BaFin ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat.

§ 276 Leerverkäufe § 276 Leerverkäufe München A. Allgemeines https://doi.org/10.1515/9783110492217-063 (1) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193, 194 und 196 verkaufen, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Spezial-AIF gehören; § 197 bleibt unberührt. 2 Die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts wird durch einen Verstoß gegen Satz 1 nicht berührt. (2) 1 Absatz 1 findet keine Anwendung auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Hedgefonds verwalten. 2 Die Bundesanstalt kann Leerverkäufe im Sinne des § 283 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 beschränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294.

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak InvG, § 82 Rn. 11. Berger/Steck/Lübbehüsen/Klusak InvG, § 82 Rn. 11.

München https://doi.org/10.1515/9783110492217-063

436

C. Leerverkäufe durch Derivategeschäfte (Abs. 1 Satz 1 Hs. 2)

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Verbot von Leerverkäufen (Abs. 1 Satz 1 Hs. 1) | 3 Leerverkäufe durch Derivategeschäfte (Abs. 1 Satz 1 Hs. 2) | 5

D. E. F.

§ 276

Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Leerverkaufsverbot (Abs. 1 Satz 2) | 6 Kein Leerverkaufsverbot für Hedgefonds (Abs. 2 Satz 1) | 7 Beschränkung von Leerverkäufen durch die BaFin (Abs. 2 Satz 2) | 8

A. Allgemeines Abs. 1 verbietet Leerverkäufe (außerhalb des Hedgefondsbereichs). Leerverkäufe 1 sind als Spekulationsgeschäfte mit erhöhten Verlustrisiken grundsätzlich verboten. Bei einem Leerverkauf spekuliert die KVG darauf, dass die Kurse bis zum Erfüllungszeitpunkt, d.h. dem Zeitpunkt, an dem der bei Vertragsabschluss noch nicht im Vermögen des Spezial-AIF befindliche Vermögensgegenstand geliefert werden muss, sinken und sie sich zwischenzeitlich günstiger eindecken kann.1 Mit dem Leerverkaufsverbot soll verhindert werden, dass durch Spekulationsgeschäfte das von der KVG verwaltete Vermögen mit besonderen Risiken belastet und zu Leistungen verpflichtet wird, für die der konkrete Aufwand bei Abschluss des Geschäfts nicht genau abzuschätzen ist.2 Abs. 1 entspricht der Regelung des aufgehobenen § 91 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 59 InvG. 2 Abs. 2 Satz 1 greift den Regelungsgehalt des aufgehobenen § 112 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InvG auf, der Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken vom Leerverkaufsverbot des ebenfalls aufgehobenen § 59 InvG ausnahm. Die bereits in § 112 Abs. 4 InvG angelegte Beschränkungsmöglichkeit für Leerverkäufe wird in Abs. 2 Satz 2 wieder aufgegriffen.3 B. Verbot von Leerverkäufen (Abs. 1 Satz 1 Hs. 1) Gem. Abs. 1 Satz 2 darf eine AIF-KVG für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger 3 keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe der §§ 193 (Wertpapiere), 194 (Geldmarktinstrumente) und 196 (Investmentanteile) kaufen, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Spezial-AIF gehören. Auch der mehrfache Verkauf desselben Vermögensgegenstands stellt einen Leerver- 4 kauf im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 dar.4 C. Leerverkäufe durch Derivategeschäfte (Abs. 1 Satz 1 Hs. 2) C. Leerverkäufe durch Derivategeschäfte (Abs. 1 Satz 1 Hs. 2) Gem. Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 bleibt die Regelung des § 197 unberührt. Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 5 begründet damit einen Geltungsvorrang des § 197 für über Derivate dargestellte Leerverkäufe.5

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Brümmer InvG, § 59 Rn. 1. OLG Celle WM 2009 1652 (1654). BTDrucks. 17/12294 S. 275. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 59 Rn. 15. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 59 Rn. 15.

München

§ 277

Übertragung von Anteilen oder Aktien

D. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Leerverkaufsverbot (Abs. 1 Satz 2) 6

Gem. Abs. 1 Satz 2 wird die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, welches gegen das Leerverkaufsverbot verstößt nicht berührt. Der Regelung des Abs. 1 Satz 2 bedurfte es, da sie eine Abweichung von § 134 BGB darstellt. Abs. 1 Satz 1 stellt jedoch ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, so dass die Anleger bei einem Verstoß gegen Abs. 1 Satz 1 einen Schadensersatzanspruch gegen die Kapitalverwaltungsgesellschaft haben.6 E. Kein Leerverkaufsverbot für Hedgefonds (Abs. 2 Satz 1)

7

Gem. Abs. 2 findet Abs. 1 keine Anwendung auf AIF-KVGen, die Hedgefonds verwalten. Gem. der Legaldefinition des § 283 Abs. 1 Satz 1 sind Hedgefonds allgemeine offene inländische Spezial-AIF nach § 282, deren Anlagebedingungen zusätzlich mindestens eine der folgenden Bedingungen vorsehen: den Einsatz von Leverage in beträchtlichem Umfang oder den Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum AIF gehören (Leerverkauf). Bei der Vornahme von Leerverkäufen hat die KVG die allgemeinen Beschränkungen und Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 zu beachten. F. Beschränkung von Leerverkäufen durch die BaFin (Abs. 2 Satz 2) F. Beschränkung von Leerverkäufen durch die BaFin (Abs. 2 Satz 2)

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Die BaFin kann Leerverkäufe i.S.d. § 283 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 beschränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. Eine solche Beschränkung muss den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Anforderungen an eine Ermessensentscheidung genügen.

§ 277 Übertragung von Anteilen oder Aktien § 277 Übertragung von Anteilen oder Aktien München Übertragung von Anteilen oder Aktien

Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat schriftlich mit den Anlegern zu vereinbaren oder auf Grund der konstituierenden Dokumente des AIF sicherzustellen, dass die Anteile oder Aktien nur an professionelle und semiprofessionelle Anleger übertragen werden dürfen. https://doi.org/10.1515/9783110492217-064

Schrifttum Paul Der Anteilserwerb bei der als Spezial-AIF konzipierten Investmentgesellschaft durch Privatanleger, ZIP 2016 1009.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294.

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Berger/Steck/Lübbehüsen/Brümmer InvG, § 59 Rn. 4.

München https://doi.org/10.1515/9783110492217-064

438

Übertragung von Anteilen oder Aktien

§ 277

§ 277 hat keine direkte Entsprechung im seinerzeit aufgehobenen InvG. Seine Privatanleger schützende Intention verbindet ihn jedoch mit dem damals aufgehobenen § 92 InvG. Gem. § 92 InvG hatte die KAG in einer schriftlichen Vereinbarung mit den Anlegern sicherzustellen, dass die Anteile nur mit Zustimmung der KAG von den Anlegern übertragen werden durften. Bei inländischen Spezial-AIF hat die AIF-KVG gem. § 277 schriftlich mit den Anlegern zu vereinbaren, dass die Anteile oder Aktien nur an professionelle und semiprofessionelle Anleger übertragen werden dürfen. § 277 soll verhindern, dass Anteile oder Aktien von Spezial-AIF an Privatanleger weiterveräußert werden.1 § 277 ergänzt § 1 Abs. 6, nach dem Spezial-AIF AIF sind, deren Anteile auf Grund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschaft oder auf Grund der konstituierenden Dokumente des AIF nur von professionellen Anlegern i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 32 und semiprofessionellen Anlegern i.S.d. Abs. 19 Nr. 33 erworben werden dürfen. Die Vereinbarung zwischen AIF-KVG und Anleger wirkt nur zwischen diesen als den Parteien der Vereinbarung. Ein Verstoß des Anlegers gegen diese Vereinbarung verhindert nicht die rechtswirksame Übertragung der Anteile oder Aktien. Der Spezial-AIF würde zum ungenehmigten Publikums-AIF, was zu einem Einschreiten der BaFin führen würde. Daher muss die KVG die nicht von professionellen oder semiprofessionellen Anlegern erworbenen Anteile oder Aktien unverzüglich einziehen.

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BTDrucks. 17/12294 S. 275.

439

München

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§ 278

Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter

ABSCHNITT 2 Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF UNTERABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF § 278 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter § 278 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter Schultheiß https://doi.org/10.1515/9783110492217-065

Für die Bewertung, das Bewertungsverfahren und den Bewerter gelten die §§ 168, 169 und 216 entsprechend. Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Kempf Rechnungslegung von Investmentvermögen – Die neue Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung (InvRBV), Corporate Finance biz 2010 157; Sedlmaier Die Investment-Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung – Überblick und kritische Würdigung, WM 2010 1437; Volhard/El-Qalqili Die neuen Bewertungsvorschriften für AIF-Investmentvermögen, DB 2013 2103; Weiser/Jang Die nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Fondsbranche in Deutschland, BB 2011 1219. Siehe im Übrigen das Schrifttum zu § 168 und zu § 216.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Tatbestand I. Bewertung 1. Ermittlung des Nettoinventarwertes | 4 2. Bewertung der Vermögensgegenstände | 5 II. Bewertungsverfahren | 8

1.

III.

Interne Bewertungsrichtlinie | 9 2. Grundsätze für das Bewertungsverfahren | 15 Bewerter | 17 1. Interne Bewertung | 18 2. Externe Bewertung | 20

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Bewertung der Vermögensgegenstände bei Spezialinvestmentvermögen richtete sich vormals nach den §§ 36 und 91 InvG. § 278 verweist auf die Bewertungsvorschriften, die bereits für die Bewertung und Berechnung bei offenen Publikumsinvestmentvermögen gelten. Denn auch die Normen für die Bewertung und Berechnung bei offenen Publikumsinvestmentvermögen basieren auf der Umsetzung der AIFM-RL.1 Durch Art. 19 AIFM-RL wurden erstmals europäisch harmonisierte Verfahren zur Bewertung der Vermögensgegenstände in Investmentvermögen geschaffen. Ergänzt werden die Regelungen in Art. 19 AIFM-RL durch die Art. 68 ff. der AIFM-DV. Dabei wird in starkem Maße auf die von IOSCO erlassenen „Principles for the valuation of hedge fund portfolios“2 zurückgegriffen. 2 Durch die Bewertungsvorschriften soll eine verlässliche und objektive Bewertung aller Vermögensgegenstände des Spezial-AIF gesichert und gleichzeitig eine ordnungsgemäße Berechnung des Anteilspreises sichergestellt werden (Marktgerechtigkeitsprinzip).3 Das Anlegerpublikum soll die Anteile oder Aktien an dem Investmentvermögen zu

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1 2 3

BTDrucks. 17/12294 S. 275. Abrufbar unter http://www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD240.pdf. Zum Sinn und Zweck der Bewertungsvorschriften vgl. § 168 Rn. 4 ff.

Schultheiß https://doi.org/10.1515/9783110492217-065

440

B. Tatbestand

§ 278

marktgerechten Preisen erwerben und zurückgeben können. Dies setzt voraus, dass durch den Anteils- oder Aktienpreis auch der reelle Wert des Portfolios reflektiert wird.4 Ziel ist daher eine unabhängige und unparteiische Bewertung durch entsprechend qualifizierte Experten, die mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit ausgeführt wird. Soweit eine interne Bewertung durch die KVG selbst erfolgt,5 soll Interessenkonflikten vorgebeugt werden (vgl. § 26). § 168 regelt die Ermittlung des Nettoinventarwertes (Bewertung) und die Ermittlung 3 des Wertes je Anteil oder Aktie (Berechnung).6 § 169 regelt Grundsätze des Bewertungsverfahrens. Die Bewertungsgrundsätze sind vorab in einer Bewertungsrichtlinie niederzulegen und für die einzelnen Vermögensgegenstände sind vorab einzelne Bewertungsverfahren festzulegen. In § 216 KAGB ist schließlich die Bewertungszuständigkeit für offene inländische Publikums-AIF geregelt. Außerdem normiert § 216 Anforderungen für die externe und die interne Bewertung. B. Tatbestand B. Tatbestand I. Bewertung 1. Ermittlung des Nettoinventarwertes. § 168 regelt die Berechnung des Nettoin- 4 ventarwertes je Anteil oder Aktie und Einzelheiten zur Bewertung der Vermögensgegenstände, in die das Investmentvermögen investiert ist. Der Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie ergibt sich dabei aus der Teilung des Wertes des Investmentvermögens durch die Zahl der in den Verkehr gelangten Anteile oder Aktien.7 Da die Anzahl der Anleger im Bereich der Spezialinvestmentvermögen (anders als bei Publikumsinvestmentvermögen) überschaubar ist, dürfte die Ermittlung der ausgegebenen Anteile praktisch regelmäßig nicht problematisch sein.8 Der Regelungsschwerpunkt liegt daher auf der Ermittlung des Wertes des offenen Spezialinvestmentvermögens. 2. Bewertung der Vermögensgegenstände. Die Vorgaben für die Bewertungsme- 5 thoden/Wertermittlungsverfahren 9 beruhen auf nationalen Regelungen. Sowohl die AIFM-RL als auch die AIFM-DV beschränken sich auf Vorgaben zum Bewertungsverfahren, für die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände an sich werden keine konkreten inhaltlichen Vorgaben gemacht.10 Dies ergibt sich bereits aus Art. 19 Abs. 2 AIFM-RL. Damit wird zum einen der Tatsache Rechnung getragen, dass die AIFM-RL eine Managerregulierung und keine Produktregulierung beinhaltet. Folglich fehlt auch ein europaweit vereinheitlichter Katalog an erwerbbaren Vermögensgegenständen. Zum anderen gibt es auf EU-Ebene auch keine vereinheitlichten Bewertungsverfahren. Deshalb finden die jeweils national verbindlichen Bewertungsmethoden Anwendung; siehe dazu im Einzelnen die Kommentierung zu § 168. Als Grundsatz für die Wertermittlung gilt, dass für jeden Vermögensgegenstand der 6 Verkehrswert zu ermitteln ist.11 Dabei ist die Vorschrift des § 168 bei der Bewertung der

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4 Einzelheiten bei § 168 Rn. 4 ff. 5 Zu den Bewertungszuständigkeiten siehe § 168 Rn. 46 ff. 6 Einzelheiten bei § 168 Rn. 26 ff. 7 S. § 168 Rn. 31. 8 Zu Problemfällen siehe ausführlich § 168 Rn. 32. 9 Zu den Begriffen § 168 Rn. 14. 10 Sedlmaier WM 2010 1437 (1443); Weitnauer/Boxberger/Anders/Kayser/Selkinski § 168 Rn. 15. Siehe auch § 168 Rn. 99. 11 Dazu § 168 Rn. 99 ff.

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§ 278

Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter

Vermögensgegenstände erkennbar auf die Bewertung von Wertpapieren und Finanzinstrumenten ausgerichtet, für die ein Börsenkurs oder sonstiger Marktpreis leicht zu ermitteln ist (vgl. insbesondere § 168 Abs. 2). Dabei gilt als Grundregel, dass bei gehandelten Vermögensgegenständen der Kurswert zugrunde zu legen ist. Bei nichtgehandelten Vermögensgegenständen, für die kein handelbarer Kurs verfügbar ist, ist der Verkehrswert zugrunde zu legen, der anhand geeigneter Bewertungsmodelle zu ermitteln ist.12 Neben diesen Grundsätzen für die Bewertung von Vermögensgegenständen in § 168 7 Abs. 2 und 3 sind in den Absätzen 3 bis 6 Sonderregelungen für die Bewertung von nicht börsenzugelassenen Schuldverschreibungen, Derivaten, schwebenden Verpflichtungsgeschäften und Rückerstattungsansprüchen aus Wertpapierdarlehensgeschäften vorgesehen. § 168 Abs. 7 regelt die Verpflichtung zur Aufstellung und Einhaltung von Best Execution-Grundsätzen, das heißt das Ergreifen aller angemessenen Maßnahmen zur Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses für das Investmentvermögen.13 Schließlich enthält § 168 Abs. 8 die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung mit weiteren konkretisierenden Regelungen zur Bewertung von Vermögensgegenständen. Diese Möglichkeit hat die BaFin mit den Regelungen der §§ 26 bis 34 (bzw. künftig § 34a) KARBV genutzt. II. Bewertungsverfahren 8

Während § 168 die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände selbst regelt, werden in § 169 die Grundsätze des Bewertungsverfahrens geregelt.14 Kernstück ist dabei die Verpflichtung der KVG zur Erstellung einer Bewertungsrichtlinie, in der für jeden verwalteten AIF die Bewertungsverfahren festzulegen sind. Damit soll im Interesse des Anlegerschutzes eine ordnungsgemäße und unabhängige Bewertung auch verfahrensrechtlich sichergestellt werden.15 Bewertungsverfahren und Bewertung als solche werden damit für Abschlussprüfer und Aufsichtsbehörde nachvollziehbar gestaltet. Besondere Bedeutung erlangt dabei die AIFM-DV, die hierzu weitere Konkretisierungen enthält (Einzelheiten dazu bei der Kommentierung zu § 169).

9

1. Interne Bewertungsrichtlinie. Der Inhalt der Bewertungsrichtlinie und damit auch die Anforderungen an das Bewertungsverfahren werden in Art. 67 der AIFM-DV näher konkretisiert. Da der Gesetzgeber keine Vorgaben zum Wertermittlungsverfahren/zur Bewertungsmethode macht (dazu oben Rn. 5), gelten in Deutschland zunächst die Anforderungen des § 168 und die Bewertungsvorgaben der KARBV. Ferner ist in der Bewertungsrichtlinie für jeden Vermögensgegenstand, der nach dem Gesetz bzw. den Anlagebedingungen des AIF erwerbbar ist, die jeweilige Bewertungsmethode festzulegen. Es muss sich dabei um ein am jeweiligen Markt anerkanntes Bewertungsverfahren handeln, die Auswahl des jeweiligen Bewertungsverfahrens ist dabei zu begründen. Diese Vorgaben sind natürlich auch davon abhängig, welche Anlagepolitik der jeweilige AIF verfolgt. Eine gesteigerte Bedeutung kommt dieser Frage im Bereich der Spezial-AIF zu, weil insbesondere bei den allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF praktisch jeder Vermögensgegenstand, für den ein Verkehrswert ermittelt werden kann, erwerbbar ist und die Anlagepolitik somit sehr unterschiedlich ausfallen kann.

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Einzelheiten bei § 168 Rn. 105 ff. Dazu § 168 Rn. 203 ff. Siehe dazu die Kommentierung zu § 169. BTDrucks. 17/12294 S. 258; vgl. auch Erwägungsgrund 29 der AIFM-RL.

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B. Tatbestand

§ 278

Weiterhin ist nach Art. 69 Abs. 2 der AIFM-DV zu gewährleisten, dass die Bewer- 10 tungsverfahren und Bewertungsmethoden kohärent angewandt werden.16 Diese kohärente – das heißt einheitliche17 – Anwendung hat mehrere Komponenten. Zum einen ist die Kohärenz auf die einzelnen Arten von Vermögensgegenständen zu beziehen (gegenstandsbezogene Kohärenz). Daher ist die jeweils passende Bewertungsmethode für eine bestimmte Art von Vermögensgegenständen kohärent anzuwenden. Das muss aber nicht heißen, dass zum Beispiel bei jeder Unternehmensbeteiligung die gleiche Bewertungsmethode zur Anwendung kommt. So lassen auch § 32 KARBV und der IDW Standard S 1 „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“, auf den § 32 KARBV verweist, für die Bewertung von Unternehmensbeteiligungen unterschiedliche Bewertungsmethoden zu. Daher können auch beim Vermögensgegenstand „Unternehmensbeteiligung“ durchaus verschiedene Bewertungsmethoden angewandt werden. Allerdings muss für die Differenzierung zwischen den einzelnen Unternehmensbeteiligungen ein sachlicher Grund vorliegen. Auch im Zeitverlauf ist eine kohärente Anwendung geboten (temporale Kohärenz). Das heißt, die einmal gewählte Bewertungsmethode ist so lange anzuwenden, bis gegebenenfalls neue Umstände eine Änderung der Bewertungsmethode notwendig machen. Schließlich ist die Kohärenz auch bezogen auf sämtliche von einer KVG verwalteten Investmentvermögen.18 In der Bewertungsrichtlinie muss eine Zuweisung der Pflichten, Rollen und Verant- 11 wortlichkeiten der an der Bewertung beteiligten Personen erfolgen. Auch diese prozessorientierte Anforderung dient der Herstellung von Transparenz. Dabei ist an die Funktionen der handelnden Personen anzuknüpfen. Die im Rahmen der Bewertung tätigen Funktionsträger sind mit ihrer Rolle und ihrem Verantwortungsbereich zu beschreiben. Festzulegen ist, welches Mitglied der Geschäftsführung für die Bewertung der Vermögensgegenstände zuständig ist. Hierbei sind auch die Kontroll- und Überwachungsprozesse darzustellen. Die weiteren Festlegungen in der Bewertungsrichtlinie hängen zudem davon ab, ob 12 es sich um eine interne oder eine externe Bewertung handelt.19 Bei der externen Bewertung sind zusätzlich die Namen des oder der externen Bewerter zu nennen. Die Kriterien für die Auswahl des externen Bewerters sind zu benennen. Hierbei ist auch festzulegen, ob der externe Bewerter die Bewertungsmethoden eigenständig auswählen darf oder diesem die Bewertungsmethoden vorgegeben werden. Daneben sind die Prozesse für die laufende Überwachung des externen Bewerters darzustellen. Die laufende Überwachung bezieht sich sowohl auf die Einhaltung der Bewertungsvorgaben des KAGB, der KARBV und der AIFM-DV als auch auf die Fehleranfälligkeit des Bewertungsergebnisses. Bei der externen Bewertung ist zudem das Verfahren zum Informationsaustausch zwischen der KVG und dem externen Bewerter zu regeln. Dagegen ist bei der internen Bewertung die funktionelle und personelle Trennung zur Portfolioverwaltung darzustellen. Die Bewertungsmethoden für bestimmte Vermögensgegenstände sind festzulegen. Bei der Investition in Vermögensgegenstände, für die Marktpreise ermittelt werden können, sollten die Preisquellen festgelegt werden. Im Hinblick auf Bewertungsmodelle sollten die zugrunde zu legenden Parameter festgelegt werden. Schließlich sollte konkretisiert sein, unter welchen Bedingungen eine Bewertungsmethode angepasst werden kann.20

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Zur Kohärenz siehe § 169 Rn. 14, 16 ff. Dazu § 169 Rn. 14, 16 ff. Dazu § 169 Rn. 16, 21. Dazu § 168 Rn. 46 ff. Siehe zu weiteren Einzelheiten die Kommentierung zu § 169.

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§ 278

Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter

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Sowohl bei der externen als auch bei der internen Bewertung sollte ein Eskalationsverfahren regeln, wie Unstimmigkeiten über eine Bewertung zwischen der Geschäftsleitung und der internen Bewertungseinheit bzw. dem externen Bewerter beigelegt werden können.21 Weiterhin sollte ein Verfahren für den Fall vorgesehen sein, dass sich eine Bewertung im Nachhinein als fehlerhaft herausstellt. Hierbei sollte festgelegt werden, welche Anforderungen an den Nachweis einer fehlerhaften Bewertung zu stellen sind. Auch die weiteren zu treffenden Maßnahmen in Bezug auf die Korrektur des Nettoinventarwertes und etwaige Entschädigungsmaßnahmen sollten festgelegt sein. Dabei ist aber auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es sich um institutionelle Anleger handelt und daher hier auch eher einzelfallbezogene Regelungen möglich sind. Schließlich sollte auch ein „Cut-Off-Date“ als Zeitpunkt festgelegt werden, an dem 14 zu einem Bewertungsstichtag die Bewertung vorgenommen wird. Bei Finanzinstrumenten, bei denen eine tägliche Handelbarkeit gegeben ist, wird dieser Zeitpunkt in der Regel mit dem Handelsschluss zusammenfallen. Die näheren Vorgaben für ein eventuell zu verwendendes Bewertungsmodell sind in Art. 68 AIFM-DV festgelegt. Dabei ist das Bewertungsmodell zu beschreiben und es ist zu begründen, warum die Bewertung anhand eines Modells erfolgt und weshalb dieses Bewertungsmodell und nicht etwaige andere am Markt verfügbare Bewertungsmodelle ausgewählt wurden. Daneben ist zu dokumentieren, welche Parameter für dieses Modell verwendet werden und welche Annahmen dem Bewertungsmodell zu Grunde liegen. Darüber hinaus sind die Grenzen und Risiken des Bewertungsmodells darzustellen. 2. Grundsätze für das Bewertungsverfahren. Schließlich ergeben sich aus § 169 Abs. 2 einige Grundsätze für das Bewertungsverfahren, die unabhängig davon gelten, ob es sich um eine interne oder eine externe Bewertung handelt. So ist die Bewertungsaufgabe unparteiisch vorzunehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bewertung allein unter fachlichen Gesichtspunkten erfolgt und keine sachfremden Erwägungen das Bewertungsergebnis beeinflussen können. So kann die KVG ein Interesse an einer hohen Bewertung haben, da die Verwaltungsgebühren anhand des verwalteten Vermögens bemessen werden. Dagegen kann für Kreditgeber oder Primebroker des AIF ein Interesse an einer möglichst niedrigen Bewertung bestehen, weil andernfalls zusätzliche Sicherheiten gestellt werden müssen. Unparteilichkeit fordert vom Bewerter eine Unabhängigkeit der Person, Neutralität bei der Auftragsdurchführung und Objektivität in Sachfragen.22 16 Weiterhin ist nach § 169 Abs. 2 die Bewertungsaufgabe mit der gebotenen Sachkenntnis, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt zu erfüllen. Eine sorgfältige Bewertung setzt dabei voraus, dass die Bewertungsleistung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Bewerters im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung des aktuellen Standes von Wissenschaft und Technik vorzunehmen ist. 15

III. Bewerter 17

Für die Frage, wer die Bewertung durchzuführen hat, gilt auch für die offenen Spezial-AIF die Grundregel des § 216. Damit wird auch hier sowohl die externe als auch die interne Bewertung für zulässig und gleichwertig erachtet, unabhängig von Assetklassen und Vermögensgegenständen. In § 216 sind vor allem die Anforderungen an den externen Bewerter geregelt, enthalten sind jedoch auch Vorgaben für die interne Bewertung.

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Vgl. § 168 Rn. 137 und § 169 Rn. 42. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 19 Rn. 94.

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B. Tatbestand

§ 278

1. Interne Bewertung. Gerade für die Qualität des Bewertungsergebnisses ist die 18 Unabhängigkeit der internen Bewertung ein zentrales Merkmal. § 216 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 enthält hierfür verschiedene Vorgaben, die die Unabhängigkeit der Mitarbeiter in der internen Bewertungseinheit sichern sollen. So dürfen weder die Geschäftsführung noch sonstige Mitarbeiter der KVG unzulässigen Einfluss auf die Mitarbeiter in der Bewertungseinheit ausüben. Daher ist eine funktionale und hierarchische Trennung der Bewertungseinheit von der Portfolioverwaltung sicherzustellen. Auch durch die Vergütungspolitik darf die Unabhängigkeit der Bewertung nicht in Frage gestellt werden. Daher darf die Vergütung der Mitglieder der Bewertungseinheit in keiner Form an die Wertentwicklung des AIF oder den Wert der von ihm verwalteten Vermögensgegenstände geknüpft werden. Dem lässt sich beispielsweise durch eine Fixvergütung Rechnung tragen. Bei einer (ggf. zusätzlichen) variablen Vergütung sollten Parameter wie zum Beispiel Fehleranfälligkeit des Bewertungsergebnisses als Negativmerkmale zu Grunde gelegt werden. Generell dürfen sich aus Art und Höhe der Vergütung keine Interessenkonflikte für die Mitarbeiter der Bewertungseinheit ergeben. Die BaFin kann darüber hinaus nach § 278 in Verbindung mit § 216 anordnen, dass 19 die Bewertungsverfahren sowie die Bewertungen der AIF-KVG durch den Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zu überprüfen sind. § 32 KAPrüfBV sieht vor, dass die Geeignetheit der Bewertungsverfahren unter Berücksichtigung des Anlageobjektes und der Anlagestrategie zu überprüfen sind. Darüber hinaus sieht § 32 Abs. 2 KAPrüfBV noch besondere Prüfungen im Rahmen der Jahresabschlussprüfung vor. Danach hat der Abschlussprüfer im Prüfungsbericht zu bestätigen, dass die organisatorischen Anforderungen, die die Unabhängigkeit der internen Bewertung sicherstellen sollen, auch tatsächlich eingehalten werden. Darüber hinaus hat der Abschlussprüfer darüber zu berichten, ob die Mitarbeiter, die in der Bewertungseinheit tätig sind, auch die für die Bewertung erforderliche Qualifikation besitzen. Da die KVG – anders als bei der externen Bewertung – keine beruflichen Garantien nachweisen muss, soll durch den Abschlussprüfer das Vorliegen der erforderlichen Qualifikationen überprüft werden. 2. Externe Bewertung. Auch für Spezial-AIF ist die Bestellung des externen Bewer- 20 ters der BaFin anzuzeigen (§ 216 Abs. 5). Dabei ist insbesondere auch die Einhaltung der Anforderungen des § 216 Abs. 2 nachzuweisen.23 Die BaFin kann die Bestellung eines anderen externen Bewerters verlangen, soweit die Anforderungen des § 216 Abs. 2 nicht eingehalten werden. Nach § 216 Abs. 2 Nr. 1 muss der Bewerter einer gesetzlich anerkannten obligatori- 21 schen berufsmäßigen Registrierung oder Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder berufsständischen Regeln unterliegen. Als externe Bewerter, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften unterliegen, kommen insbesondere öffentlich bestellte Sachverständige nach § 36 GewO oder die Verwahrstelle in Betracht. Berufsständische Regeln gelten für Wirtschaftsprüfer oder zertifizierte Sachverständige. Generell unterliegen sämtliche Berufe solchen berufsständischen Regeln, die in berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind. Daneben muss der externe Bewerter nach § 216 Abs. 2 Nr. 2 ausreichende berufliche 22 Garantien vorweisen können, um die Bewertungsfunktion wirksam ausüben zu können. Der Begriff der beruflichen Garantien des externen Bewerters wird in Art. 73 AIFM-DV näher konkretisiert. Sie dienen als Nachweis dafür, dass der externe Bewerter in der Lage

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445

Siehe dazu BaFin-Rundschreiben WA 41-Wp 2137-2013/0216 vom 29.7.2015.

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§ 278

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Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter

ist, die Bewertungsfunktion auszuüben. Dabei geht es darum, die Qualifikation des externen Bewerters und dessen Fähigkeit, ordnungsgemäße und unabhängige Bewertungen vorzunehmen, nachzuweisen. Nachzuweisen sind ebenfalls eine ausreichende Personalausstattung und technische Ressourcen (z.B. EDV-Systeme). In Bezug auf seine fachliche Qualifikation muss der externe Bewerter über ein ausreichendes Wissen und Verständnis in Bezug auf die Anlagestrategie und die Vermögenswerte des AIF verfügen. Daneben muss er auch eine entsprechende Erfahrung als externer Bewerter besitzen. In persönlicher Hinsicht muss er über einen guten Leumund verfügen. Hierbei geht es um die persönliche Zuverlässigkeit des externen Bewerters. Die Bestellung eines externen Bewerters ist keine Auslagerung,24 allerdings finden die Regelungen des § 36 Abs. 1, 2 und 10 nach § 216 Abs. 2 Nr. 3 entsprechend Anwendung. Darüber sind auch diejenigen Vorschriften in Art. 75 bis 82 der AIFM-DV anzuwenden, die die Regelungen des § 36 Abs. 1, 2 und 10 konkretisieren. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die KVG eigene Aufgaben nur unter bestimmten Bedingungen auf Dritte übertragen darf. Erfasst von dem Verweis auf die Auslagerungsvorschriften werden die Regelungen zur objektiven Rechtfertigung der Auslagerung, zu den fachlichen und personell-organisatorischen Anforderungen an das Auslagerungsunternehmen und zu den Überwachungs- und Kontrollbefugnissen der KVG über das Auslagerungsunternehmen. Auch wenn die Vorschriften über die Auslagerung entsprechend anwendbar sind, so steht der KVG in Bezug auf das Bewertungsergebnis gerade kein Weisungsrecht entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 7gegenüber dem externen Bewerter zu. Ein solches Weisungsrecht ließe sich nämlich nicht mit der Unabhängigkeit des externen Bewerters vereinbaren. Grundsätzlich spricht § 216 nur von einem externen Bewerter, was nicht bedeutet, dass eine KVG nicht mehrere externe Bewerter bestellen kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Spezial-AIF in verschiedene Vermögensgegenstände investiert sein kann, für die die Bestellung unterschiedlicher externer Bewerter aufgrund ihrer speziellen Expertise erforderlich sein kann. So kann zum Beispiel für einen Immobilien-Spezial-AIF die Bestellung unterschiedlicher externer Bewerter mit Expertise in unterschiedlichen regionalen Immobilienmärkten erforderlich sein. Allerdings muss die KVG immer nachweisen, dass ein objektiver Grund für die Bestellung mehrerer externer Bewerter vorliegt. Zu den allgemeinen Grundsätzen für die Bewertung zählt die Unabhängigkeit der Bewertung. Im Falle der externen Bewertung setzt dies zunächst eine rechtliche Unabhängigkeit voraus, das heißt der externe Bewerter darf nicht zum Konzernverbund der betreffenden KVG gehören. Weiterhin ist auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des externen Bewerters zu fordern. Weder die AIFM-RL noch die AIFM-DV enthält hierfür Spezialregelungen, alleine in § 250 Abs. 2 sind in Bezug auf Immobilien-Publikumssondervermögen Vorgaben zur Sicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit enthalten. Generell lässt sich als Maßstab festlegen, dass der überwiegende Teil der jährlichen Gesamteinnahmen für Dritte erzielt werden sollte. Dagegen besteht bei einem externen Bewerter, der ausschließlich oder zu einem hohen Anteil für die KVG tätig ist, die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit.25 Widmet der Bewerter über 50% seiner Arbeitskraft der KVG, wird eine wirtschaftliche Abhängigkeit regelmäßig anzunehmen sein. Auch bei der Bemessung der Vergütung, die von der KVG an den externen Bewerter zu zahlen ist, sollte der Unabhängigkeit des externen Bewerters Rechnung getragen werden. In der

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24 Zu Fragen der Auslagerung siehe aber § 168 Rn. 57 ff.; siehe BaFin-Rundschreiben WA 41-Wp 21372013/0216. 25 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 19 Rn. 76.

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§ 279

Systematische Übersicht

Vergütung sollten keine erfolgsbezogenen Komponenten enthalten sein, bei der an den Wert des zu bewertenden Portfolios oder einzelner Vermögensgegenstände angeknüpft wird. Auch darf die Vergütung keine in das Ermessen der KVG gestellten Elemente enthalten, da dies zu Interessenkonflikten bei dem externen Bewerter führen kann. Nicht als externe Bewerter zu klassifizieren sind sogenannte Preisanbieter oder Da- 27 tenprovider. Eine reine Zulieferung von Kursen oder Preisen stellt noch keine externe Bewertung dar, es handelt sich vielmehr um eine rein technische Datenlieferung. Letztendlich trifft in diesem Fall die KVG gegebenenfalls durch den Abgleich mit anderen Kursquellen die Entscheidung, ob sie diese Kurse ihrer Bewertung zugrunde legt. Nach § 216 Abs. 4 gilt für einen bestellten externen Bewerter ein Verbot der Auslage- 28 rung der Bewertungsfunktion. Wie auch bei der Verwahrstelle hat der externe Bewerter seine Dienstleistung höchstpersönlich zu erbringen. § 216 Abs. 7 stellt klar, dass die KVG selbst dann für die ordnungsgemäße Bewertung 29 der Vermögensgegenstände des AIF und die Berechnung und Offenlegung des Nettoinventarwertes verantwortlich bleibt, wenn sie einen externen Bewerter bestellt hat.26 Allerdings trifft den externen Bewerter eine Ausgleichs- und Freistellungspflicht gegenüber der KVG, wenn die KVG aufgrund von vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzungen des externen Bewerters in Anspruch genommen worden ist. Diese gesetzliche Haftungsverteilung ist auch nicht durch abweichende vertragliche Vereinbarungen abdingbar.

§ 279 Häufigkeit der Bewertung, Offenlegung § 279 Häufigkeit der Bewertung, Offenlegung Schultheiß https://doi.org/10.1515/9783110492217-066

(1) Die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie sind in einem zeitlichen Abstand durchzuführen, der den zum Spezial-AIF gehörenden Vermögensgegenständen und der Ausgabe- und Rücknahmehäufigkeit der Anteile oder Aktien angemessen ist, jedoch mindestens einmal jährlich. (2) Die Kriterien zur Bestimmung der Häufigkeit der Bewertung des Wertes des AIF und zur Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie bestimmen sich nach den Artikeln 67 bis 74 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (3) Die Bewertungen der Vermögensgegenstände und Berechnungen des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie sind entsprechend den diesbezüglichen Anlagebedingungen gegenüber den Anlegern offenzulegen. Schrifttum Volhard/El-Qualili Die neuen Bewertungsvorschriften für AIF-Investmentvermögen, Der Betrieb 2013 2103. Siehe im Übrigen das Schrifttum zu § 168.

Systematische Übersicht A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Häufigkeit der Bewertung | 3 I. Häufigkeit der Berechnung des Nettoinventarwertes nach der AIFM-DV | 5

II.

C.

Bewertungsfrequenz nach der AIFM-DV | 6 Offenlegung der Bewertung | 9

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Dazu und zu Haftungsfragen § 168 Rn. 85 ff.; Schultheiß WM 2015 603.

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§ 279

Häufigkeit der Bewertung, Offenlegung

A. Allgemeines § 279 wurde durch das AIFM-Umsetzungsgesetz erstmalig eingeführt. Für die Bewertung von Spezial-Sondervermögen galt vormals § 95 Abs. 4 Satz 1 InvG. Die Offenlegung des Anteilpreises wurde der individuellen Vereinbarung zwischen dem institutionellen Anleger und der Kapitalanlagegesellschaft überlassen und die Veröffentlichungspflichten des § 36 Abs. 6 InvG galten nach § 95 Abs. 4 Satz 2 InvG nicht. § 278 entspricht in seinem Wortlaut und Regelungsgehalt weitgehend der Parallelvorschrift des § 217, der die Häufigkeit der Bewertung und die Offenlegung des Nettoinventarwertes gegenüber den Anlegern eines Publikums-AIF regelt. Abs. 1 dient der Umsetzung von Art. 19 Abs. 3 Unterabsatz 2 und 3 AIFM-RL.1 Abs. 2 2 verweist für die Kriterien zur Bestimmung der Häufigkeit der Bewertung des Investmentvermögens und zur Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie auf die AIFM-DV; dort finden sich die entsprechenden Regeln in Art. 72 und 74 AIFM-DV. Schließlich wird durch Abs. 3 der Art. 19 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 5 AIFM-RL umgesetzt.2 B. Häufigkeit der Bewertung 1

B. Häufigkeit der Bewertung Der aktuelle Anteilspreis ist eine zentrale Information für den Anleger. Um einen möglichst aktuellen Marktwert des Investmentvermögens zu erhalten, müssen möglichst aktuelle Verkehrswerte für die Vermögensgegenstände ermittelt werden. Die Bewertungsund Berechnungsfrequenz ist daher von erheblicher Bedeutung.3 Bei Wertpapieren, die an der Börse gehandelt werden, sind Börsenpreise leicht verfügbar und daher eine aktuelle Wertermittlung weitestgehend problemlos möglich.4 Schwieriger dagegen ist die Wertermittlung bei Vermögensgegenständen, bei denen die Ermittlung des Verkehrswertes aufwendiger ist (z.B. bei Immobilien). Daher hängt die Häufigkeit der Bewertung zum einen von der Verfügbarkeit der Verkehrswerte ab. Auf der anderen Seite wird die Notwendigkeit einer Bewertung auch durch die Häufigkeit der Anteilsausgabe und -rücknahme bestimmt. Daneben hat die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Ermittlung eines möglichst marktnahen Anteilspreises auch im Falle der Anteilsausgabe und -rücknahme eine wesentliche Bedeutung. Sichergestellt werden muss, dass der Anleger beim Erwerb des Anteils einen marktgerechten Preis zahlt und bei der Rückgabe seines Anteils auch einen entsprechenden Gegenwert hierfür erhält.5 Die ersten beiden Absätze regeln die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensge4 genstände, die im Investmentvermögen gehalten werden, sowie die Häufigkeit der Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie. Als Mindestvoraussetzung gilt, dass eine Bewertung mindestens einmal im Jahr zu erfolgen hat. Darüber hinaus wird die Bewertungsfrequenz durch zwei weitere Kriterien bestimmt. Die Häufigkeit der Bewertung muss in einem zeitlichen Abstand erfolgen, der den zum Investmentvermögen gehörenden Vermögensgegenständen angemessen ist und der zeitliche Abstand muss der Ausgabe- und Rücknahmehäufigkeit der Anteile oder Aktien angemessen sein.6 3

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BTDrucks. 17/12294 S. 275. BTDrucks. 17/12294 S. 275. Dazu ausf. § 168 Rn. 64 ff. Einzelheiten dazu bei § 168 Rn. 105 ff. § 168 Rn. 4 ff. Siehe im Einzelnen § 168 Rn. 64 ff.

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B. Häufigkeit der Bewertung

§ 279

I. Häufigkeit der Berechnung des Nettoinventarwertes nach der AIFM-DV Diese Vorgaben, die sich aus Art. 19 Abs. 3 AIFM-RL ergeben, werden weiter durch 5 Art. 72 und 74 AIFM-DV konkretisiert; die Parallelstruktur beider Normen ist nicht unproblematisch.7 Ausgangspunkt ist dabei zunächst die Berechnung des Nettoinventarwertes, bei Finanzinstrumenten wird die Bewertungsfrequenz hiermit verknüpft. Art. 72 Abs. 1 AIFM-DV verlangt, dass bei jeder Ausgabe oder Rücknahme von Anteilen eine Berechnung des Nettoinventarwertes zu erfolgen hat. II. Bewertungsfrequenz nach der AIFM-DV Art. 74 AIFM-DV legt die Bewertungsfrequenz für die Vermögensgegenstände offener 6 AIF fest. Dabei wird zwischen der Bewertungsfrequenz bei Finanzinstrumenten und der Bewertungsfrequenz bei sonstigen Vermögensgegenständen differenziert. Aufgrund der leichter verfügbaren Marktpreise von Finanzinstrumenten ist in Art. 74 Abs. 1 AIFM-DV vorgesehen, dass bei jeder Ermittlung des Nettoinventarwertes auch eine Neubewertung der Finanzinstrumente durchgeführt werden muss. Damit ist bei jeder Ausgabe und Rücknahme von Anteilen eine Neubewertung durchzuführen. Dagegen wird bei der Bewertung der sonstigen Vermögensgegenstände nach Art. 74 Abs. 2 AIFM-DV der Tatsache Rechnung getragen, dass Marktpreise nicht leicht verfügbar sind und eine Neubewertung aufwändig und kostenintensiv sein kann. Demgemäß hat hier mindestens einmal im Jahr eine Neubewertung zu erfolgen. Darüber hinaus ist eine Neubewertung nur in all den Fällen erforderlich, in denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Bewertung nicht mehr marktgerecht ist. Bei offenen Spezial-AIF dürfte allerdings das Kriterium der Ausgabe und Rück- 7 nahme von Anteilen in der Regel keine praktische Bedeutung erlangen. Häufig werden die Spezial-AIF für einen Anleger oder einen eng begrenzten Anlegerkreis aufgelegt. Daher wird bei einem Spezial-AIF eine Anteilsausgabe oder -rückgabe eher selten vorkommen. Dies dürfte jedoch nicht dazu führen, dass bei einem Spezial-AIF, der in Finanzinstrumente investiert ist, nur eine jährliche Bewertung und Anteilwertermittlung stattfindet. Spezial-AIF zeichnen sich gerade dadurch aus, dass die Anleger in größerem Maße Einfluss auf die Konzeption, Steuerung und Kontrolle des Spezial-AIF haben. So enthalten die sog. Dreiervereinbarungen zwischen Anteilsinhaber, KVG und Verwahrstelle auch auf den Anleger zugeschnittene Reporting-Verpflichtungen. Insofern dürfte sich aufgrund der individuell vereinbarten Reporting-Verpflichtungen auch eine höhere Bewertungsfrequenz ergeben.8 Bei den sonstigen Vermögensgegenständen stellt sich die Frage, wann eine fehlende 8 Marktgerechtigkeit der Bewertung vorliegt und somit eine Neubewertung dieser Vermögensgegenstände erforderlich ist. Art. 74 Abs. 2 AIFM-DV liefert hierzu keine Definition. Auch hinsichtlich dieses Punktes mag eine entsprechende Regelung in der sog. Dreiervereinbarung sinnvoll sein. In Betracht kommen hierbei Fälle, in denen eine Veränderung der Marktsituation eine Neubewertung erforderlich macht. Auch wesentliche Veränderungen am Vermögensgegenstand können den Anlass für eine Neubewertung darstellen. Solche Anlässe können zum Beispiel bei einer Immobilie die Kündigung eines

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Dazu § 168 Rn. 64 ff. Siehe dazu auch § 168 Rn. 64 ff.

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§ 280

Master-Feeder-Strukturen

wichtigen Mieters, Abschluss oder Verlängerung wichtiger Mietverträge, Fertigstellung eines Neubaus und Ersteinzug der Mieter sowie der Abschluss von Revitalisierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen sein.9 C. Offenlegung der Bewertung 9

Absatz 3 regelt die Offenlegung der Bewertung und des Anteilspreises gegenüber den Anlegern. Die Norm bildet das Pendant zu § 170. Die Offenlegung der Bewertung und der Berechnung des Nettoinventarwertes hat gegenüber den Anlegern entsprechend den Anlagebedingungen zu erfolgen. Damit ist es hier der individuellen Vereinbarung zwischen Anleger und KVG überlassen, wie die Information über den Wert der Vermögensgegenstände und den Anteilspreis erfolgt. 9

§ 280 Master-Feeder-Strukturen § 280 Master-Feeder-Strukturen Schultheiß/München https://doi.org/10.1515/9783110492217-067

Spezial-AIF dürfen nicht Masterfonds oder Feederfonds einer Master-Feeder Struktur sein, wenn Publikumsinvestmentvermögen Masterfonds oder Feederfonds derselben Master-Feeder-Struktur sind. Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/4510; BTDrucks. 17/12294.

1

§ 280 entspricht der Regelung des aufgehobenen § 95 Abs. 8 InvG, welcher durch das OGAW-IV-UmsG eingeführt wurde. Nach der Gesetzesbegründung zu § 95 Abs. 8 InvG soll die Regelung klarstellen, dass Master-Feeder-Konstruktionen nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 171 ff. (vormals §§ 45a ff. InvG) nur für offene Publikumsinvestmentvermögen gestattet sind.1 Die Auflage von Master-Feeder-Strukturen im Bereich der Spezial-AIF unterliegt keiner gesonderten Regelung im KAGB. § 280 schließt aus, dass sich in ein und derselben Master-Feeder-Struktur gleichzei2 tig Spezial-AIF und Publikumsinvestmentvermögen befinden. Dies erscheint unter Anlegerschutzgesichtspunkten für Strukturen geboten, in denen das Publikumsinvestmentvermögen Feederfonds und der Spezial-AIF Masterfonds wären, da man ansonsten den für Publikumssondervermögen geltenden Anlegerschutz letztlich über eine MasterFeeder-Struktur umgehen könnte.2 Eine Notwendigkeit, Spezial-AIF als Feederfonds eines Publikumsinvestmentvermögens als Masterfonds zu verbieten, erschließt sich hingegen nicht.3

_____ 9

Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 19 Rn. 165.

1 2 3

BTDrucks. 17/4510 S. 138. So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 95 Rn. 51. So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 95 Rn. 52.

Schultheiß/München https://doi.org/10.1515/9783110492217-067

450

Gesetzesmaterialien

§ 281

§ 281 Verschmelzung § 281 Verschmelzung München Gesetzesmaterialien https://doi.org/10.1515/9783110492217-068

(1) 1 Spezialsondervermögen dürfen nicht auf Publikumssondervermögen verschmolzen werden, Publikumssondervermögen dürfen nicht auf Spezialsondervermögen verschmolzen werden. 2 Die §§ 184, 185, 189 und 190 sind auf Spezialsondervermögen mit den folgenden Maßgaben entsprechend anzuwenden: 1. die Angaben nach § 184 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 bis 4 im Verschmelzungsplan sind nicht erforderlich; 2. mit Zustimmung der Anleger kann eine Prüfung durch die Verwahrstellen nach § 185 Absatz 1 unterbleiben, der gesamte Verschmelzungsvorgang ist jedoch vom Abschlussprüfer zu prüfen; 3. Bekanntmachungen, Veröffentlichungen oder Unterrichtungen nach § 189 Absatz 4 sind nicht erforderlich. 3 Eine Genehmigung der Verschmelzung von Spezialsondervermögen gemäß § 182 durch die Bundesanstalt ist nicht erforderlich, die Anleger müssen der Verschmelzung nach Vorlage des Verschmelzungsplans jedoch zustimmen. (2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden auf die Verschmelzung 1. eines Spezialsondervermögens auf eine Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital, auf eine offene Investmentkommanditgesellschaft, auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer offenen Investmentkommanditgesellschaft, 2. eines Teilgesellschaftsvermögens einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital auf ein anderes Teilgesellschaftsvermögen derselben Investmentaktiengesellschaft sowie eines Teilgesellschaftsvermögens einer offenen Investmentkommanditgesellschaft auf ein anderes Teilgesellschaftsvermögen derselben Investmentkommanditgesellschaft, 3. eines Teilgesellschaftsvermögens einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder eines Teilgesellschaftsvermögens einer offenen Investmentkommanditgesellschaft auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer anderen Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder einer anderen offenen Investmentkommanditgesellschaft, 4. eines Teilgesellschaftsvermögens einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder eines Teilgesellschaftsvermögens einer offenen Investmentkommanditgesellschaft auf ein Spezialsondervermögen. (3) Auf die Fälle der Verschmelzung einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder einer offenen Investmentkommanditgesellschaft auf eine andere Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital, auf eine andere offene Investmentkommanditgesellschaft, auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer Spezialinvestmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital, auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer offenen Investmentkommanditgesellschaft oder auf ein Spezialsondervermögen sind die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes zur Verschmelzung anzuwenden, soweit sich aus der entsprechenden Anwendung des § 182 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3, § 189 Absatz 2, 3 und 5 und § 190 nichts anderes ergibt. Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294.

451 https://doi.org/10.1515/9783110492217-068

München

§ 281

A. B. C.

Verschmelzung

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Verschmelzungsverbot (Abs. 1 Satz 1) | 2 Entsprechende Anwendung der §§ 184, 185, 189 und 190 | 4

D. E. F.

Keine Genehmigungspflicht (Abs. 1 Satz 3) | 9 Entsprechende Anwendung des Abs. 1 (Abs. 2) | 10 Anwendung des UmwG (Abs. 3) | 11

A. Allgemeines 1

Abs. 1 übernimmt mit redaktionellen Anpassungen die Regelung des aufgehobenen § 91 Abs. 2 i.V.m. § 40, 40b, 40c, 40g und 40h InvG sowie des aufgehobenen § 95 Abs. 7 InvG. Abs. 2 greift den Regelungsgehalt des aufgehobenen § 100 Abs. 5 Nr. 1 bis 4 i.V.m. §§ 91 Abs. 2, 95 Abs. 7 InvG auf. Abs. 3 übernimmt die Regelung des aufgehobenen § 99 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. den §§ 91 Abs. 2, 95 Abs. 7 InvG im Hinblick auf die Verschmelzung von Spezial-InvAGen mit veränderlichem Kapital. Abs. 4 übernimmt die Regelung der aufgehobenen §§ 99 Abs. 6 Satz 3 und 100 Abs. 5 Satz 2 InvG. Die Regelungen in Bezug auf die offene InvKG kamen hinzu durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen. Zuvor waren in § 281 nur die Verschmelzung von Spezialinvestmentvermögen geregelt, wenn diese in der Rechtsform des Sondervermögens oder der InvAG mit veränderlichem Kapital aufgelegt waren.1 Durch die Änderungen ist nunmehr eine Verschmelzung von offenen inländischen Spezialinvestmentvermögen auch bei Beteiligung von Spezialinvestmentvermögen in der Rechtsform einer offenen InvKG zulässig.2 B. Verschmelzungsverbot (Abs. 1 Satz 1) B. Verschmelzungsverbot (Abs. 1 Satz 1)

Gem. Abs. 1 Satz 1 dürfen Spezialsondervermögen nicht auf Publikumssondervermögen verschmolzen werden und umgekehrt. Hintergrund ist das unterschiedliche Anlegerschutzniveau. Der Begriff der Verschmelzung i.S.d. KAGB ist in § 1 Abs. 19 Nr. 37 legal definiert. 3 Verschmelzungen i.S.d. KAGB sind Auflösungen ohne Abwicklung eines Sondervermögens oder einer InvAG mit veränderlichem Kapital a) durch Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten eines oder mehrerer übertragender offener Investmentvermögen auf ein anderes bestehendes übernehmendes Sondervermögen oder einen anderen bestehenden EU-OGAW oder auf eine andere bestehende übernehmende InvAG mit veränderlichem Kapital oder auf eine andere bestehende übernehmende offene InvKG (Verschmelzung durch Aufnahme) oder b) durch Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zweier oder mehrerer übertragender offener Investmentvermögen auf ein neues, dadurch gegründetes übernehmendes Sondervermögen oder einen neuen, dadurch gegründeten übernehmenden EUOGAW oder eine neue, dadurch gegründete übernehmende InvAG mit veränderlichem Kapital oder auf eine neue, dadurch gegründete übernehmende offene InvKG (Verschmelzung durch Neugründung) jeweils gegen Gewährung von Anteilen oder Aktien des übernehmenden Investmentvermögens an die Anleger oder Aktionäre des übertra2

_____ 1 2

BTDrs. 18/6744 S. 41, 63. BTDrs. 18/6744 S. 63.

München

452

C. Entsprechende Anwendung der §§ 184, 185, 189 und 190

§ 281

genden Investmentvermögens sowie gegebenenfalls einer Barzahlung in Höhe von nicht mehr als 10% des Wertes eines Anteils oder einer Aktie am übertragenden Investmentvermögen. C. Entsprechende Anwendung der §§ 184, 185, 189 und 190 C. Entsprechende Anwendung der §§ 184, 185, 189 und 190 Gem. Abs. 1 Satz 2 sind die für die Verschmelzung von offenen Publikumsinvest- 4 mentvermögen konzipierten §§ 184 (Verschmelzungsplan), 185 (Prüfung der Verschmelzung), 189 (Wirksamwerden der Verschmelzung) und 190 (Rechtsfolgen der Verschmelzung) mit bestimmten Erleichterungen auf Spezialsondervermögen entsprechend anzuwenden. Gem. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 sind die Angaben nach § 184 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 4 im Ver- 5 schmelzungsplan nicht erforderlich. Somit muss der Verschmelzungsplan bei einer Verschmelzung von Spezialsondervermögen lediglich folgende Angaben enthalten: – die Methode zur Berechnung des Umtauschverhältnisses, – den geplanten Übertragungsstichtag, zu dem die Verschmelzung wirksam wird, – die für die Übertragung von Vermögenswerten und den Umtausch von Anteilen geltenden Bestimmungen und – bei einer Verschmelzung durch Neugründung gem. § 1 Abs. 19 Nr. 37 lit. b die Anlagebedingungen oder die Satzung des neuen Sondervermögens. Über diese Mindestangaben hinausgehende Angaben sind zulässig, können aber nicht von der BaFin verlangt werden. Verglichen mit den notwendigen Angaben im Verschmelzungsplan von offenen Pub- 6 likumsinvestmentvermögen müssen damit im Verschmelzungsplan bei einer Verschmelzung von Spezialsondervermögen die Art der Verschmelzung und die beteiligten Sondervermögen (§ 184 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1), der Hintergrund der geplanten Verschmelzung und die diesbezüglichen Beweggründe (§ 184 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2), die erwarteten Auswirkungen der geplanten Verschmelzung auf die Anleger des übertragenden und des übernehmenden Sondervermögens (§ 184 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3) und die beschlossenen Kriterien für die Bewertung der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Berechnung des Umtauschverhältnisses (§ 184 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4) nicht angegeben werden. Hintergrund des entschlackten Verschmelzungsplans bei der Verschmelzung von Spezialsondervermögen ist, dass in der Praxis Verschmelzungen im Spezialfondsbereich regelmäßig nur auf Wunsch und mit der ausdrücklichen Zustimmung der Anleger, also in erster Linie aus anlegerseitigen Beweggründen erfolgen.3 Gem. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 kann mit Zustimmung der Anleger eine Prüfung durch die 7 Verwahrstellen nach § 185 Abs. 1 unterbleiben. Der gesamte Verschmelzungsvorgang ist jedoch vom Abschlussprüfer zu prüfen. Gem. § 185 Abs. 2 Satz 2 ist die Prüfung mit einer Erklärung darüber abzuschließen, ob bei der Verschmelzung die Kriterien, die im Zeitpunkt der Berechnung des Umtauschverhältnisses für die Bewertung der Vermögensgegenstände und gegebenenfalls der Verbindlichkeiten beschlossen worden sind, beachtet wurden (Nr. 1), die Barzahlung, sofern eine Barzahlung erfolgte, je Anteil entsprechend den getroffenen Vereinbarungen berechnet wurde (Nr. 2) und die Methode, die zur Berechnung des Umtauschverhältnisses beschlossen worden ist, beachtet wurde und das tatsächliche Umtauschverhältnis zu dem Zeitpunkt, auf den die Berechnung dieses Umtauschverhältnisses erfolgte, nach dieser Methode berechnet wurde (Nr. 3).

_____ 3

453

Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 95 Rn. 45.

München

§ 281

8

Verschmelzung

Gem. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 sind Bekanntmachungen, Veröffentlichungen oder Unterrichtungen nach § 189 Abs. 4 nicht erforderlich. Gem. § 189 Abs. 4 hat die KVG des übernehmenden Sondervermögens das Wirksamwerden der Verschmelzung im Bundesanzeiger und darüber hinaus in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien bekannt zu machen. Bei der Verschmelzung von Spezialsondervermögen entfallen diese Bekanntmachungspflichten. D. Keine Genehmigungspflicht (Abs. 1 Satz 3)

9

Gem. Abs. 1 Satz 3 bedarf die Verschmelzung von Spezialsondervermögen keiner Genehmigung gem. § 182 durch die BaFin, sondern erfordert lediglich die Zustimmung der Anleger nach der Vorlage eines Verschmelzungsplanes. E. Entsprechende Anwendung des Abs. 1 (Abs. 2) E. Entsprechende Anwendung des Abs. 1 (Abs. 2)

10

Abs. 1 ist auf folgende Verschmelzungsvorgänge entsprechend anzuwenden:

Nr. 1

Übertragendes Investmentvermögen

Aufnehmendes Sondervermögen





Spezialsondervermögen

− – − Nr. 2



– Nr. 3

– −

Nr. 4

– −

Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital offene InvKG Teilgesellschaftsvermögen einer Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital oder Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG

– Teilgesellschaftsvermögen einer Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital − Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG

Teilgesellschaftsvermögen der-selben InvAG

Teilgesellschaftsvermögen einer – Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital Teilgesellschaftsvermögen einer − offenen InvKG

Teilgesellschaftsvermögen einer anderen Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital Teilgesellschaftsvermögen einer anderen offenen InvKG

Teilgesellschaftsvermögen einer – Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG

Spezialsondervermögen

Teilgesellschaftsvermögen derselben InvKG

F. Anwendung des UmwG (Abs. 3) 11

Gem. Abs. 3 sind auf die Fälle der Verschmelzung einer Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital oder einer offenen InvKG auf eine andere Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital oder eine andere offene InvKG, ein Teilgesellschaftsvermögen einer SpeziMünchen

454

§ 282

Anlageobjekte, Anlagegrenzen

al-InvAG mit veränderlichem Kapital, ein Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG oder ein Spezialsondervermögen die Vorschriften des UmwG zur Verschmelzung anzuwenden, soweit sich aus § 182 i.V.m. Abs. 1 Satz 3, § 189 Abs. 2, 3 und 5 und § 190 nichts anderes ergibt. Abs. 3 deckt damit drei Fälle ab, in denen eine Spezial-InvAG mit veränderlichem 12 Kapital oder eine offene InvKG als übertragendes Investmentvermögen auf eine andere Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital, eine andere offene InvKG, ein Teilgesellschaftsvermögen einer Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital, ein Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG oder ein Spezialsondervermögen als übernehmenden Rechtsträger verschmolzen wird (Verschmelzung durch Aufnahme). Übertragendes Investmentvermögen Rechtsträger

Übernehmendes Sondervermögen –

Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital



– offene InvKG

− − −

Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital Teilgesellschaftsvermögen einer Spezial-InvAG mit veränderlichem Kapital Spezialsondervermögen offene InvKG Teilgesellschaftsvermögen einer offenen InvKG Spezialsondervermögen

Bei den Verschmelzungen des Abs. 3 handelt es sich um Verschmelzungen unter Auf- 13 lösung ohne Abwicklung i.S.d. § 2 Nr. 1 UmwG, auf die das UmwG anzuwenden ist, sofern sich nicht aus § 182 i.V.m. Abs. 1 Satz 3, § 189 Abs. 2, 3 und 5 und § 190 etwas anderes ergibt.

UNTERABSCHNITT 2 Besondere Vorschriften für allgemeine offene inländische Spezial-AIF https://doi.org/10.1515/9783110492217-069

§ 282 Anlageobjekte, Anlagegrenzen § 282 Anlageobjekte, Anlagegrenzen München Anlageobjekte, Anlagegrenzen (1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss die Mittel des allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF nach dem Grundsatz der Risikomischung zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage anlegen. (2) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für den Spezial-AIF nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. 2 Die Zusammensetzung der Vermögensgegenstände des Spezial-AIF muss im Einklang mit den für den Spezial-AIF geltenden Regelungen zur Rücknahme von Anteilen oder Aktien stehen. 3 § 285 Absatz 3 ist auf die Vergabe von Gelddarlehen für Rechnung eines allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF entsprechend anzuwenden. (3) Erfüllt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die einen oder mehrere allgemeine offene ausländische Spezial-AIF verwaltet, die in § 287 genannten Voraussetzungen, sind die §§ 287 bis 292 anzuwenden. 455 https://doi.org/10.1515/9783110492217-069

München

§ 282

Anlageobjekte, Anlagegrenzen

Schrifttum Viciano-Gofferje Neue Transparenzanforderungen für Private Equity Fonds nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, BB 2013 2506.

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 17/12294; BTDrucks. 18/6744.

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Grundsatz der Risikomischung (Abs. 1) | 2 Anforderungen an Vermögensgegenstände, in die investiert wird (Abs. 2 Satz 1 und 2) | 3

D. E.

Darlehensvergabe (Abs. 2 Satz 3) | 4 Kein Kontrollerwerb i.S.d. § 288 und Mitteilungspflichten (Abs. 3) | 5

A. Allgemeines 1

§ 282 ist vor dem Hintergrund der AIFM-RL zu lesen. Er definiert die Anforderungen an die Vermögensgegenstände, in die eine AIF-KVG für einen allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF investieren darf. Abs. 1 und 2 enthalten autonome deutsche Produktregeln, während Abs. 3 die Vorgaben der Art. 26 bis 30 AIFM-RL umsetzt.1 B. Grundsatz der Risikomischung (Abs. 1)

2

Gem. Abs. 1 muss die AIF-KVG die Mittel des allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF nach dem Grundsatz der Risikomischung zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage anlegen. Hinsichtlich der Vermögensgegenstände, in die die AIF-KGV für den Spezial-AIF investieren darf, gibt es darüber hinaus keine Einschränkungen dergestalt, dass ein Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen aufgeführt wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die AIFM-RL dem Grundsatz nach keine Regeln im Hinblick auf die AIFs selbst enthält und dass die Anteile oder Aktien von Spezial-AIF ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern gehalten werden.2 C. Anforderungen an Vermögensgegenstände, in die investiert wird C. Anforderungen an Vermögensgegenstände, in die investiert wird (Abs. 2 Satz 1 und 2)

3

Abs. 2 normiert allgemeine, abstrakte Anforderungen, die die Vermögensgegenstände, in die die AIF-KVG für den Spezial-AIF investieren darf. Gem. Satz 1 darf die AIF-KVG nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Ohne eine solche Bewertbarkeit der Vermögensgegenstände könnte insbesondere der Nettoinventarwert des AIF und damit der Rücknahmepreis im Falle einer Anteils- oder Aktien rückgabe nicht bestimmt werden.3 Ferner muss gem. Abs. 2 Satz 2 die Zusammen-

_____

1 Assmann/Wallach/Zetzsche/Schmolke KAGB, § 282 Rn. 2. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 275. 3 Assmann/Wallach/Zetzsche/Schmolke KAGB, § 282 Rn. 9; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Krause Investment, § 282 Rn. 12; Moritz/Kleebeck/Jesch/v. Livonius/Riedl KAGB, § 282 Rn. 9 ff.

München

456

Hedgefonds

§ 283

setzung der Vermögensgegenstände des Spezial-AIF im Einklang mit den geltenden Regelungen zur Rücknahme von Anteilen oder Aktien stehen. Dies bedeutet, dass bei der Zusammensetzung der Vermögensgegenstände insbesondere ihre jeweilige Liquidität berücksichtigt werden muss.4 D. Darlehensvergabe (Abs. 2 Satz 3) Eine Darlehensvergabe für Rechnung eines offenen Spezial-AIF ist ausgeschlossen, 4 es sei denn, es handelt sich um Gesellschafterdarlehen nach Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 285 Abs. 3.5 Abs. 2 Satz 3 erlaubt inländischen Spezial-AIF die Vergabe von Gelddarlehen, sofern es sich bei diesen um Gesellschafterdarlehen nach Maßgabe des entsprechend anwendbaren § 285 Abs. 3 handelt. Der Begriff des Gelddarlehens bestimmt sich hierbei nach zivil- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.6 E. Kein Kontrollerwerb i.S.d. § 288 und Mitteilungspflichten (Abs. 3) Gem. Abs. 3 Satz 1 hat die AIF-KVG sicherzustellen, dass das Investmentvermögen 5 keine Kontrolle i.S.d. § 288 über das Unternehmen erlangt, wenn ein allgemeiner offener inländischer Spezial-AIF Beteiligungen an einem nicht börsennotierten Unternehmen erwirbt. Fonds, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen oder Emittenten erlangen, können nur als geschlossene Fonds aufgelegt werden und unterliegen nach der AIFM-RL besonderen Vorschriften, die in den Vorschriften für geschlossene Spezial-AIF umgesetzt wurden.7 Abs. 3 Satz 2 setzt Art. 26 Abs. 3 der AIFM-RL um, wonach eine Mitteilungspflicht 6 nach Art. 27 Abs. 1 der AIFM-RL auch dann besteht, wenn ein AIF eine Minderheitsbeteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen erlangt. Aus diesem Grund ordnet der Gesetzgeber eine entsprechende Anwendung des § 289 Abs. 1 an. § 289 Abs. 1 setzt Art. 27 Abs. 1 der AIFM-RL um. Gem. § 289 Abs. 1 hat die AIF-KVG die BaFin zu unterrichten, wenn der Anteil der Stimmrechte des nicht börsennotierten Unternehmens, der von dem AIF gehalten wird, durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen an dem nicht börsennotierten Unternehmen die Schwellenwerte von 10%, 20%, 30%, 50% und 75% erreicht, überschreitet oder unterschreitet.

UNTERABSCHNITT 3 Besondere Vorschriften für Hedgefonds § 283 Hedgefonds § 283 Hedgefonds München/Zingler Hedgefonds https://doi.org/10.1515/9783110492217-070

(1) 1 Hedgefonds sind allgemeine offene inländische Spezial-AIF nach § 282, deren Anlagebedingungen zusätzlich mindestens eine der folgenden Bedingungen vorsehen:

_____ 4 5 6 7

BTDrucks. 17/12294 S. 276. BTDrucks. 18/6744 S. 42. BTDrucks. 18/6744 S. 63. BTDrucks. 17/12294 S. 276.

457 https://doi.org/10.1515/9783110492217-070

München/Zingler

§ 283

Hedgefonds

1. 2.

den Einsatz von Leverage in beträchtlichem Umfang oder den Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum AIF gehören (Leerverkauf). 2 Die Kriterien zur Bestimmung, wann Leverage in beträchtlichisiem Umfang eingesetzt wird, richten sich nach Artikel 111 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (2) Die Anlagebedingungen von Hedgefonds müssen Angaben darüber enthalten, ob die Vermögensgegenstände bei einer Verwahrstelle oder bei einem Primebroker verwahrt werden. (3) Für die Rücknahme von Anteilen oder Aktien gilt § 227 entsprechend mit der Maßgabe, dass abweichend von § 227 Absatz 2 Anteil- oder Aktienrückgaben bei Hedgefonds bis zu 40 Kalendertagen vor dem jeweiligen Rücknahmetermin, zu dem auch der Anteil- oder Aktienpreis ermittelt wird, durch eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erklären sind. Zingler

Schrifttum Dornseifer Alternative Investments – Bedeutung und Rahmenbedingungen in einem geänderten Umfeld, ZfgK 2009 360; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Gerke/Mager/Kiehn Zur Konzeption eines deutschen Hedgefonds, ZBB 2002 479; Graef Aufsicht über Hedgefonds im deutschen und amerikanischen Recht. Zugleich ein Beitrag zu den Einflüssen des Anlagemodells auf die Finanzmarktstabilität, Diss. Darmstadt 2008; Gringel Die Regulierung von Hedgefonds zwischen Anleger- und Fondsinteressen, Diss. Münster 2009; Gstädtner/Elicker Das Aufsichtsrecht der Hedgefonds – Anspruch und Wirklichkeit, BKR 2006 91; Kumpan Börsenmacht Hedge-Fonds: Die Regelung in den USA und mögliche Implikationen für Deutschland, ZHR 170 (2006) 39; Laurer Der Leerverkauf von Aktien: Abgrenzung, Formen und aufsichtsrechtliche Implikationen, ZfgK 2008 980; Lehmann Die Regulierung und Überwachung von Hedgefonds als internationales Zuständigkeitsproblem, ZIP 2007 1889; Möllers/Harrer/Krüger Die Regelung von Hedgefonds und Private Equity durch die neue AIFM-Richtlinie, WM 2011 1537; Pütz/Schmies Die Umsetzung der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen für Hedgefonds in der Praxis, BKR 2004 51; Schmies Die Regulierung von Hedgefonds, Diss. Bonn 2007/2008; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagegesetzbuch, DStR 2013 1483; Wallach Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht, - erste umfassende Regulierung des deutschen Investmentrechts, RdF 2013 92; Wentrup Die Kontrolle von Hedgefonds, Diss. Freiburg 2007; Werner Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, StBW 2013 811; Wilhelmi Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftsrechtlichen Regelung von Hedgefonds, WM 2008 861.

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Definition von Hedgefonds (Abs. 1) | 4 I. Rechtsform des Hedgefonds (§ 91 Abs. 3 KAGB) | 16 II. Leverage (Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 und Satz 2) | 19 III. Leerverkauf (Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2) | 25 IV. Abgrenzung zu Dach-Hedgefonds (§ 225 KAGB) | 30

Zingler

V.

C.

D. E.

Abgrenzung zu offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen, § 284 KAGB | 31 Ergänzende Angaben bei den Anlagebedingungen (Abs. 2) | 32 Rücknahme von Anteilen oder Aktien (Abs. 3) | 42 Übergangsvorschrift des § 350 KAGB | 47

458

A. Allgemeines

§ 283

A. Allgemeines A. Allgemeines Die Grundidee der erstmals Anfang der 50er Jahre in den USA aufgelegten Hedge-Fonds 1 war, unterbewertete Aktien zu kaufen (Long-Position) und im gleichen Umfang überbewertete Aktien leer zu verkaufen (Short-Position).1 Als Leerverkäufe oder Fixen bezeichnet man den Verkauf von Waren und Finanzinstrumenten zu einem Zeitpunkt, zu dem sich diese nicht im Anlagevermögen befinden und deshalb zur Erfüllung des Geschäfts gegebenenfalls noch anzuschaffen sind.2 Grundsätzlich werden Hedgefonds als „Alternative Investments“ angesehen und damit den traditionellen (Wertpapier-)Fonds gegenübergestellt.3 Jedoch ist es aufgrund der Vielzahl von Investmentstrategien4 und Investmentopportunitäten, die sich bei unterschiedlichsten Hedgefonds abzeichnen schwerlich möglich den Begriff des Hedgefonds als solchen zu definieren.5 Stattdessen ist es sinnvoll, Hedgefonds anhand einzelner Charakteristika zu typisieren, um den Begriff auf diese Weise einzugrenzen.6 Hedgefonds wurden erstmalig Anfang 2004 mit dem Investmentmodernisierungsge- 2 setz7 in Deutschland eingeführt und reguliert.8 Im Zeitpunkt der Einführung wurden diese noch als Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken bezeichnet. Der Gesetzgeber fand den Begriff „Hedge Fund“ an sich irreführend,9 da dieser den Eindruck vermitteln würde, es handele sich um Absicherungsinstrumente, obwohl tatsächlich gerade diese Fonds spekulativ in hochriskante Vermögensgegenstände anlegen können. Die Fonds bedienen sich typischerweise auch Leerverkäufen, die als Hedging bezeichnet werden,10 da hierdurch in der Tat eine Absicherung des Portfolios oder einzelner Vermögenswerte des Fonds erfolgen kann; zugleich wird der Begriff des Hedging für Absicherungen, z.B. über Optionsgeschäften, verwandt (Risikokompensation durch Gegengeschäfte). Einige Hedgefonds arbeiten auch mit doppelten Hebeln – hohe Kreditaufnahme und Einsatz derivativer Instrumente.11 Mit der Einführung des KAGB hat der Gesetzgeber sich im deutschen Gesetzestext dieses Anglizismusses bedient, ohne dass sich dem Begriff inhaltlich eine andere Bedeutung zuschreiben ließe. Ziel der Regelungen zu Hedgefonds ist es, einen Rahmen zu schaffen, der Hedgefonds nur minimalen Anlagerestriktionen unterwirft, was letztlich eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit begünstigen soll.12 Der ursprüngliche Gesetzentwurf zum InvG aufgrund des Investmentmodernisie- 3 rungsgesetzes13 hatte noch vorgesehen, dass Hedgefonds nur als Spezial-Sondervermö-

_____

1 Baur Investmentgesetze, 2. Aufl., Einl. I Rn. 52. 2 Vgl. die graphische Darstellung bei Laurer ZfgK 2008 980 (981). 3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, vor §§ 112–120, Rn. 2. 4 Vgl. zu verschiedenen Strategien ausführlich Graef Aufsicht über Hedgefonds im deutschen und amerikanischen Recht, S. 62 ff. 5 Berger/Steck ZBB 2003 192 (193); Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, Vor §§ 112 bis 120 Rn. 3, Wilhelmi WM 2008 861 spricht davon, „dass es bisher nicht nur an einer Definition der Hedgefonds fehlt, sondern auch ihrer Abgrenzung bisher nicht wirklich gelungen ist“. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, vor §§ 112–120, Rn. 2 spricht insofern von „hedgefondstypische[n] Merkmalen“, zu denen er insbesondere den Einsatz von Leverage und/oder Leerverkäufen und eine weitestgehende Freiheit von gesetzlichen Anlagebeschränkungen zählt. 7 Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15.12.2003 – BGBl. I, S. 2676. 8 Entgegen der ursprünglichen Erwartung haben sich allerdings deutsche Hedgefonds in deutlich geringerer Zahl etabliert, vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, vor §§ 112–120, Rn. 6. 9 Reg.-Begr. BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf) S. 107. 10 Baur Investmentgesetze, 2. Aufl., Einl. I Rn. 61. 11 Baur Investmentgesetze, 2. Aufl., Einl. I Rn. 52. 12 Reg.-Begr. BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf) S. 65, 67. 13 Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15.12.2003 – BGBl. I, S. 2676.

459

Zingler

§ 283

Hedgefonds

gen aufgelegt werden dürfen; schließlich hat man sich aber darauf verständigt, dass Hedgefonds nur nicht öffentlich vertrieben werden dürfen.14 Hiermit sollte vermieden werden, dass ausländische (Publikums-)Hedgefonds im Rahmen des sogenannten Private Placements hätten verkauft werden können, während inländischen Anbietern diese Möglichkeit nicht offen gestanden hätte.15 Mit der Einführung des KAGB dürfen Hedgefonds gemäß § 283 Abs. 1 KAGB – vergleichbar der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers zum InvG – nunmehr ausschließlich als offene inländische Spezial-AIF und nicht mehr als Publikumsfonds bzw. offene Publikumsinvestmentvermögen aufgelegt werden. Aus Anlegerschutzgründen dürfen Anteile oder Aktien an Hedgefonds daher zukünftig ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern gehalten und an diese vertrieben werden;16 eine Investition von Privatanlegern in Hedgefonds ist zukünftig nur noch über Dach-Hedgefonds möglich.17 B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1) B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1) 4

§ 283 KAGB definiert die weiteren Anforderungen an und Voraussetzungen für Hedgefonds. Hedgefonds dürfen nur als allgemeine offene inländische Spezial-AIF gemäß § 282 KAGB aufgelegt werden. Dementsprechend müssen Hedgefonds auch die allgemeinen Anforderungen von § 282 KAGB erfüllen. Das heißt, auch für Hedgefonds gilt insbesondere der nicht abdingbare Grundsatz der Risikomischung.18 Das Gesetz enthält keine Legaldefinition zu dem Begriff des Grundsatzes der Risikomischung. Lediglich für einzelne AIF werden (nicht abschließende) Auslegungshilfen und Vorgaben gegeben.19 Viele Investment- und Risikogrenzen führen häufig bereits schon zu einer adäquaten Risikomischung eines Investmentvermögens.20 Es ist klar, dass der Grundsatz der Risikomischung sowohl ein quantitatives als auch qualitatives Element beinhalten muss, um den Anforderungen an eine „gesunde“ Mischung des Investmentvermögens zu genügen.21 Eine schematische Betrachtungsweise verbietet sich aber hier.22 Vielmehr ist auf die konkrete Art des Investmentvermögens abzustellen und auch die Anlageziele und die Anlagepolitik sind jeweils mit einzubeziehen, so dass auch mittelbare Investments zu einer adäquaten Risikomischung führen können.23 Dementsprechend lassen sich aus dem Gesetz auch für Hedgefonds keine konkreteren Anforderungen an die Anlagepolitik ableiten.24

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14 § 112 Abs. 2 InvG; BTDrucks. 15/1896 (Beschlussempfehlung) S. 78. 15 BTDrucks. 15/1944 (Bericht) S. 14, zu § 112 Abs. 2. 16 Siehe hierzu die Kommentierung zu §§ 293 ff. KAGB bzw. § 350 KAGB im Hinblick auf die besonderen Übergangsvorschriften. 17 BTDrucks. 791/12 (Gesetzentwurf) S. 486, zu § 225 (Dach-Hedgefonds). 18 Siehe hierzu auch die Kommentierungen zu §§ 214, 262 und 282 KAGB. 19 Vgl. beispielsweise § 262 Abs. 1 KAGB. 20 Vgl. zum Beispiel § 243 KAGB für Immobilien-Sondervermögen und § 262 KAGB für geschlossene Publikums-AIF. 21 So auch bereits das Schreiben der BaFin vom 28.7.2009 (Grundsatz der Risikomischung; Goldfonds); siehe auch Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 22. Dezember 2008. 22 So schon bereits nur für Hedgefonds Beckmann/Scholtz/Vollmer/Lindemann/Kayser InvG, § 112 Rn. 7. Die BaFin hat in der Vergangenheit allerdings häufig eine sehr formale Sichtweise vertreten, in der sie beispielsweise von einer Risikomischung ausgegangen ist bei einer Anlage von mehr als drei Vermögensgegenständen (Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 22. Dezember 2008 unter I.1.b). 23 Dies ermöglicht beispielsweise auch im Rahmen von Master-Feeder-Strukturen eine Investition des gesamten Vermögens in den Master-Fonds, solange dieser wiederum selbst dem Grundsatz der Risikomischung genügt. 24 Ebenfalls für eine der Anlagestrategie von Hedgefonds angepasste Auslegung: Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Lindemann/Kayser InvG, § 112 Rn. 7; sowie Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 112 Rn. 22,

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B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1)

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Unter dem alten noch bis zum 31.12.2017 geltenden InvStG (InvStG aF) waren für 5 Zwecke der Besteuerung noch eigene Definitionen für Investmentfonds bzw. Investitionsgesellschaften vorgesehen.25 Um unter dem InvStG aF nicht als Investitionsgesellschaft26 zu qualifizieren, mussten durch einen Hedgefonds insbesondere die Anforderungen an einen Investmentfonds gemäß § 1 Abs. 1b InvStG aF erfüllt werden. Unter dem neuen seit dem 1.1.2018 geltenden InvStG (InvStG nF) hat sich die Besteuerung von Investmentfonds allerdings grundlegend geändert und für die Einordnung als Investmentfonds nach dem InvStG nF kommt es wieder im Grunde genommen nur noch auf die formale Qualifikation als Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 KAGB an. Um allerdings eine Besteuerung auf der Fondsebene zu vermeiden und, im Wesentlichen wie bisher, als Spezial-Investmentfonds nach § 26 InvStG transparent besteuert zu werden, muss ein Hedgefonds die Anforderungen an § 26 InvStG nF erfüllen. Insoweit kommt es auch auf die Anforderungen an den in § 26 InvStG nF genannten Katalog von Vermögensgegenständen an. Zu beachten ist aber, dass um steuerlich als Investmentfonds nach § 26 InvStG zu qualifizieren, ein Hedgefonds dahingehend ebenfalls nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein muss. Eine Risikomischung liegt regelmäßig nur dann vor, wenn das Vermögen in mehr als drei Vermögensgegenstände (quantitatives Element) mit unterschiedlichen Anlagerisiken (qualitatives Element) angelegt ist,27 wobei auch ein mittelbares Investment als ausreichend angesehen wird.28 Darüber hinaus dürfen Hedgefonds nur in Vermögensgegenstände investieren, für 6 die ein Verkehrswert ermittelt werden kann und die Zusammensetzung ihrer Vermögensgegenstände muss im Einklang mit den für sie geltenden Rücknahmeregelungen stehen. Ferner ist die ursprüngliche noch unter dem alten InvG geltende sogenannte PrivatEquity-Grenze von 30% weggefallen.29 Das ursprünglich in § 282 Abs. 3 KAGB enthaltene Verbot die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu erlangen30 sowie die Mitteilungspflicht beim Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen sind ebenfalls weggefallen und wurden durch die allgemeinen Regeln nach §§ 287 bis 292 KAGB im Hinblick auf die Erlangung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten ersetzt.31 Während unter dem InvG der Erwerb von Vermögensgegenständen durch den Verweis 7 auf die Liste der erwerbbaren Vermögensgegenstände nach § 2 Abs. 4 InvG noch eingeschränkt und insbesondere der Erwerb von Immobilien und Immobiliengesellschaften ausgeschlossen war, ist eine derartige Beschränkung in § 283 KAGB nicht mehr vorgesehen. Entsprechend führt die Gesetzesbegründung zu § 282 KAGB aus, dass für den allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF kein Katalog von zulässigen Vermögensgegen-

_____ der eine Investition in eine bestimmte Mindestanzahl von Vermögensgegenständen mit Verweis auf interne Risikomanagementsysteme ausdrücklich nach § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 4 InvStG aF ablehnt. 25 Simonis/Grabbe/Faller DB 2014 16. 26 § 1 Abs. 1c InvStG aF. 27 Vgl. § 26 Nr. 3 InvStG nF. 28 Vgl. § 26 Nr. 3 S. 3 InvStG nF. 29 112 Abs. 1 Satz 3 InvG sah noch eine Begrenzung von 30% des Wertes des Sondervermögens für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, vor; damals sollte es sich hierbei schon weniger um ein typisierendes Tatbestandsmerkmal, als um eine Anlagerestriktion und demnach eine Rechtsfolge handeln, die an das Vorliegen eines Hedgefonds anknüpft (so schon: Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel § 112 Rn. 3). 30 282 Abs. 3 KAGB (auf den § 283 Abs. 1 S. 1 KAGB verweist) in der noch vor dem 19.7.2014 geltenden Fassung sah noch vor, dass an einem nicht börsennotierten Unternehmen keine Kontrolle im Sinne des § 288 KAGB über das Unternehmen erlangt werden durfte. 31 Vgl. § 282 Abs. 3 KAGB: siehe auch nachfolgend Rn. 6.

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ständen aufgestellt wird; es findet allein der Grundsatz der Risikomischung Anwendung.32 Hierfür spricht auch die systematische Stellung von § 283 KAGB, in dem mit „Unterabschnitt 3 – Besondere Vorschriften für Hedgefonds“ den Hedgefonds eine eigene Regelung zugewiesen ist. Ebenso wenig finden die Regelungen des § 284 KAGB Anwendung. Zum einen befinden sich diese systematisch ebenfalls in dem eigenen „Unterabschnitt 4 – Besondere Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen“ und sind zum anderen der Regelung zu Hedgefonds nachgelagert. Sollte § 284 KAGB auf Hedgefonds Anwendung finden, so hätte der Gesetzgeber diesen den allgemeinen Vorschriften zuweisen müssen. Während § 91 InvG (als Vorgängerregelung zu § 284 KAGB) noch explizit auf § 112 InvG (als Vorgängerregelung zu § 283 KAGB) Bezug genommen hat, erfolgt das durch § 284 KAGB nicht mehr. Dementsprechend führt auch die Gesetzesbegründung zu § 284 KAGB aus, dass § 283 KAGB eine eigenständige Regelung im Hinblick auf die zulässigen Vermögensgegenstände für Hedgefonds enthält. Entsprechend der Gesetzesbegründung zu § 283 KAGB soll für Hedgefonds die Regelung gelten, dass sie überwiegend in Finanzinstrumente investieren müssen. Diese Regelung findet aber im Gesetzeswortlaut im Übrigen keinen Rückhalt und steht im klaren Widerspruch zu der vorstehenden Gesetzesbegründung zu § 282 KAGB, dass gerade kein Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen aufgestellt wurde. Dementsprechend dürfen in diesem Rahmen für Hedgefonds sämtliche denkbaren Vermögensgegenstände erworben werden.33 Zu den Vermögensgegenständen gehören daher auch Immobilien, Anteile an Immobiliengesellschaften, stille Beteiligungen und unverbriefte Darlehensforderungen34 sowie weitere im KAGB genannte Vermögensgegenstände, beispielsweise solche gemäß § 261 KAGB. Demzufolge dürfen Hedgefonds zukünftig grundsätzlich auch Warenterminkontrakte erwerben, die eine physische Lieferung (physisches Settlement) vorsehen,35 oder generell direkt in physische Waren (sogenannte „commodities“) investieren. Durch den pauschalen Verweis von § 283 Abs. 1 S. 1 KAGB auf § 282 KAGB findet 8 über § 282 Abs. 2 S. 3 KAGB die Regelung zur Vergabe von Gelddarlehen nach § 285 Abs. 3 KAGB entsprechende Anwendung.36 Der Begriff des Gelddarlehens bestimmt sich hierbei nach zivil- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.37 Ursprünglich hatte die BaFin aufgrund von europarechtlichen Regelungen ihre Verwaltungspraxis im Hinblick auf die Vergabe sowie Restrukturierung von Darlehen durch Investmentvermögen geändert.38 Insbesondere auch für Hedgefonds, für die das KAGB keine oder nahezu keine Produktvorgaben vorgesehen hat, sah die geänderte Verwaltungspraxis die Vergabe sowie die anschließende Restrukturierung und Prolongation von Darlehen als zulässig

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32 BTDrucks. 791/12 (Gesetzentwurf) S. 503, zu § 282 Abs. 1, siehe aber oben die Ausführungen zu den sich möglicherweise aus § 26 InvStG nF ergebenden Einschränkungen. 33 So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum § 283 Rn. 5 unter Verweis auf ein Redaktionsversehen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. 34 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 113 Rn. 6 weist darauf hin, dass die Investition in non-performing loans in den letzten Jahren einen erheblichen Bedeutungsgewinn erfahren hat und die Investition in unverbriefte Darlehensforderungen bereits bisher durchaus eine Schwerpunktstrategie von ausländischen Single-Hedgefonds sein konnte. 35 Dieses war unter dem alten Recht noch umstritten, vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 112 Rn. 6. 36 Vgl. § 282 Abs. 2 S. 3 KAGB; auch hierbei handelt es sich nicht um ein typisierendes Tatbestandsmerkmal sondern vielmehr um eine Anlagerestriktion bzw. Rechtsfolge (siehe entsprechend für die frühere Private-Equity Grenze von 30%: Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG § 112 Rn. 3). 37 BR-Drs. 437/15 S. 78. 38 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“).

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B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1)

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an39 und nicht mehr als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft unter dem KWG. Die Kreditund Darlehensvergabe ist als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung anzusehen, so dass die Regelungen des KAGB als lex specialis das KWG verdrängen.40 In Folge hierzu wurde im Rahmen der Anpassung des KAGB an die sog. OGAW-V-Richtlinie41 die Regelung zur Vergabe von Gelddarlehen in § 282 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 285 Abs. 3 KAGB42 aufgenommen. Aufgrund des ausschließlichen Verweises in § 282 Abs. 2 S. 3 auf § 285 Abs. 3 KAGB (und nicht auch auf § 285 Abs. 2 KAGB), dürfen Hedgefonds als allgemeine offene inländische Spezial-AIF nur Gelddarlehen an Unternehmen oder Tochterunternehmen gewähren, an denen der Hedgefonds bereits beteiligt ist. Tochterunternehmen sind hierbei solche Unternehmen im Sinne des § 290 HGB.43 Die Regelung des § 285 Abs. 3 KAGB soll als Ausnahme zu § 285 Abs. 2 KAGB den praktischen Bedürfnissen insbesondere in den Bereichen Private Equity und Venture Capital sowie der Strukturierung über Zweckgesellschaften Rechnung tragen.44 Dementsprechend darf ein Hedgefonds höchstens 50% seines aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals für diese Gelddarlehen verwenden (berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen). Die Formulierung zielt primär auf die typische Konstruktion für geschlossene Fonds ab, so dass es in der Regel auf den Nettoinventarwert (NAV) des Hedgefonds in der Praxis ankommen dürfte; soweit aber auch bei einem Hedgefonds Kapitalzusagen vorhanden sind, können diese allerdings ebenfalls berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss das Gelddarlehen wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllen: 1. bei dem jeweiligen Unternehmen handelt es sich um ein Tochterunternehmen,45 2. das Darlehen muss nur aus dem frei verfügbaren Jahres- oder Liquidationsüberschuss oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens übersteigenden frei verfügbaren Vermögen und in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens nur nach der Befriedigung sämtlicher Unternehmensgläubiger erfüllt werden (Gelddarlehen mit Rangrücktritt), oder 3. die dem jeweiligen Unternehmen gewährten Darlehen überschreiten nicht das Zweifache der Anschaffungskosten der an dem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen. Soweit ein Hedgefonds selbst Darlehen aufnimmt nur bis zur Höhe von 30% seines 9 aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals (berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Ver-

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39 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“) unter IV. 1 und 2. b). 40 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“) unter IV. 41 Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014. 42 § 282 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 285 Abs. 3 KAGB gelten seit dem 18.3.2016. 43 Vgl. die Definition von Tochterunternehmen in § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB, d.h. Unternehmen auf die der Hedgefonds als „Mutterunternehmen“ unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss i.S.d. § 290 HBG ausüben kann. 44 Vgl. BR-Drs. 437/15 S. 80; das ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehen grundsätzliche Verbot der Darlehensgewährung durch offene Spezial-AIF in § 20 Abs. 9 KAGB-Entwurf ist nicht Gesetz geworden (vgl. BT-Drs. 18/7393, S. 15). 45 § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB i.V.m. § 290 HGB.

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fügung stehen),46 darf der Hedgefonds auch zu mehr als 50% seines Kapitals (§ 285 Abs. 3 S. 1 KAGB) in Rangrücktrittsdarlehen47 an Unternehmen investieren.48 Erfolgt die Vergabe eines Gelddarlehens (§ 285 Abs. 3 S. 1 KAGB) an ein Tochterunternehmen,49 muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellen, dass (i) das Tochterunternehmen seinerseits Gelddarlehen nur an Unternehmen gewährt, an denen das Tochterunternehmen bereits beteiligt ist, und (ii) wenigstens eine der vorstehenden Bedingungen in § 285 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 3 KAGB ebenfalls erfüllt ist (§ 285 Abs. 3 S. 3 KAGB). Darüber hinaus werden auch nicht im KAGB genannte Vermögensgegenstände wie 10 beispielsweise Kunstgegenstände, Automobile, Wein etc. erfasst. Einziges Merkmal, das diese Vermögengegenstände erfüllen müssen, ist, dass deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Die Ermittlung des Verkehrswertes unterliegt insoweit den allgemeinen Regelungen.50 Die nicht mehr vorhandene Beschränkung auf bestimmte Vermögensgegenstände dürfte in der Praxis Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen und die Auflage regulierter Investmentvermögen ermöglichen, die in dieser Form bisher nicht möglich waren. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass auch Hedgefonds als (offene) inländische Spezial-AIF den allgemeinen Vorschriften der §§ 278–281 KAGB unterliegen. Dementsprechend muss der Bewerter der Vermögensgegenstände den Anforderungen des § 216 KAGB51 genügen. Darüber hinaus ist für Hedgefonds die ursprüngliche noch unter dem alten InvG gel11 tende sogenannte Privat-Equity-Grenze von 30% weggefallen. Während § 112 Abs. 1 Satz 3 InvG noch eine Begrenzung von 30% des Wertes des Sondervermögens für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, vorgesehen hat, ist diese Grenze im Rahmen des § 283 KAGB gestrichen worden.52 Das ursprünglich in § 282 Abs. 3 KAGB aF enthaltene Verbot die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu erlangen53 sowie die Mitteilungspflicht beim Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen sind inzwischen ebenfalls weggefallen. Insoweit gelten jetzt die allgemeinen Regeln nach §§ 287 bis 292 KAGB bei Erlangung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten.54 Ein nicht börsennotiertes Unternehmen ist „ein Unternehmen, das seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Anteile […] nicht zum Handel auf einem regulierten Markt zugelassen sind“ (§ 1 Abs. 19 Nr. 27 KAGB). Ein Hedgefonds erlangt die Kontrolle im Sinne des § 288 KAGB im Fall nicht börsennotierter Unternehmen bei Erlangung von mehr als 50% der Stimmrechte der nicht börsennotierten Unternehmen durch den Hedgefonds. Insoweit kommt es nicht mehr auf den Anteil des Wertes dieser Beteiligungen im Sondervermögen an, sondern nur noch auf die Zurechnung von Stimmrechten. Während unter dem InvG

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46 § 285 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 285 Abs. 2 Nr. 1 KAGB. 47 § 285 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KAGB. 48 § 285 Abs. 3 S. 2 KAGB. 49 § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB i.V.m. § 290 HGB. 50 Vgl. §§ 278, 168 KAGB und §§ 26 ff. KARBV. 51 Vgl. § 278 i.V.m. § 216 KAGB. 52 § 112 Abs. 1 Satz 3 InvG sah noch eine Begrenzung von 30% des Wertes des Sondervermögens für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, vor; damals sollte es sich hierbei schon weniger um ein typisierendes Tatbestandsmerkmal, als um eine Anlagerestriktion und demnach eine Rechtsfolge handeln, die an das Vorliegen eines Hedgefonds anknüpft (so schon: Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel § 112 Rn. 3). 53 § 282 Abs. 3 (auf den § 283 Abs. 1 S. 1 verweist) in der noch vor dem 19.7.2014 geltenden Fassung sah noch vor, dass an einem nicht börsennotierten Unternehmen keine Kontrolle im Sinne des § 288 über das Unternehmen erlangt werden durfte. 54 Hinsichtlich börsennotierter Unternehmen gelten, mangels spezieller Regelung im KAGB, (nur) die allgemeinen Anforderungen des WpÜG.

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noch zwischen Beteiligungen an Unternehmen und stillen Beteiligungen unterschieden wurde,55 ist dieses unter dem KAGB nicht mehr der Fall. Daher sind auch stille Beteiligungen bei der Betrachtung der Beteiligungsschwelle von 50% zukünftig miteinzubeziehen. Die ursprüngliche Beteiligungsgrenze von 50% galt grundsätzlich auch für Beteili- 12 gungen an Immobilien-Gesellschafen.56 Da Immobilien-Gesellschaften häufig nur als Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicle – SPV) oder als Ein-Objekt-Gesellschaften aufgelegt werden, um eine einzelne Immobilie zu halten oder zu erwerben, kam es im Vergleich zu direkt durch den Hedgefonds gehaltenen Immobilien zu einem Wertungswiderspruch. Die Beschränkung auf nur 50% der Stimmreche hätte in diesem Zusammenhang wohl nicht der Intention des Richtliniengebers entsprochen,57 da es vorliegend nicht darum ging, die Kontrolle über ein Unternehmen zu erlangen, sondern (mittelbar) in einen Vermögensgegenstand (Immobilie) zu investieren, der auch unmittelbar direkt gehalten werden durfte. Die (Ausnahme-)Regelung in § 287 Abs. 2 Ziffer 2 KAGB58 fand aufgrund ihrer systematischen Stellung aber keine Anwendung finden, da § 287 Abs. 2 KAGB insoweit die Anwendbarkeit von § 287 Abs. 1 KAGB voraussetzte. Bei richtlinienkonformer Auslegung hätte daher § 288 KAGB bzw. § 282 Abs. 3 Satz 1 KAGB daher keine Anwendung finden sollen, wenn es sich um eine solche Zweckgesellschaft handelt und soweit ein Hedgefonds sich zu 100% an einer Immobilien-Gesellschaft beteiligt und sämtliche Anteile bzw. Stimmrechte an dieser gehalten hätte, wäre dieses einem Direkterwerb gleich zu stellen gewesen, so dass ein Anteil von 100% an einer Immobilien-Gesellschaft auch für einen Hedgefonds einen erwerbbaren Vermögensgegenstand dargestellt hätte. Auch wenn ein Direktinvestment in sämtliche Aktiva eines Unternehmens nur schwer 13 vorstellbar und Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit fraglich ist, so hätte die vorstehende richtlinienkonforme Auslegung dann aber auch für Beteiligungen an kleinen oder mittleren Unternehmen im Sinne von § 287 Abs. 2 Ziffer 1 KAGB gelten müssen.59 Entsprechend Artikel 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 sind dieses Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft. Soweit ein Hedgefonds seinerzeit in ein solches Unternehmen investiert hätte, hätte ein Hedgefonds auch sämtliche Anteile bzw. Stimmrechte an diesem Unternehmen bei richtlinienkonformer Auslegung halten dürfen. Nach dem KAGB wird (anders als unter dem InvG) nicht mehr zwischen Arten von Beteiligungen an Unternehmen unterschieden. Korrespondierend mit dem Erwerb solcher (Minderheits-) Beteiligungen an nicht 14 börsennotierten Unternehmen ordnete § 282 Abs. 3 Satz 2 KAGB aF im Hinblick auf bestimmte Schwellenwerte eine Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin an, obwohl es dieses Verweises auf § 289 Abs. 1 KAGB nicht bedurft hätte, da § 287 Abs. 3 KAGB sich generell für anwendbar erklärt60 und ebenso auf § 289 Abs. 1 KAGB verweist. Gemäß der aktuellen Fassung von § 282 Abs. 3 KAGB gelten jetzt aber die allgemeinen Regeln nach §§ 287 bis 292 KAGB bei Erlangung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten. Dementsprechend besteht gemäß § 282 Abs. 3 KAGB i.V.m. § 289 Abs. 1 KAGB eine Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin, wenn der Anteil der Stimmrechte des

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55 Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 112 Rn. 25. 56 § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB. 57 § 288 KAGB setzt Artikel 26 Abs. 5 AIFMD um. 58 § 287 Abs. 2 Nr. 2 KAGB setzt Artikel 26 Abs. 2(b) AIFMD um. 59 § 287 Abs. 2 Nr. 1 KAGB setzt Artikel 26 Abs. 2(a) AIFMD um. 60 Trotz der vermeintlich systematischen Stellung bei den Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF.

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nicht börsennotierten Unternehmens, der von dem Hedgefonds gehalten wird, durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen die Schwellenwerte von 10%, 20%, 30%, 50% und 75% erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Sollte es im Rahmen einer Anlagegrenzverletzung zu einer Überschreitung dieser Schwellen kommen, dürfte wohl auch hier jeweils eine Meldung an die BaFin erforderlich sein. Als zentrales Charakteristikum für einen Hedgefonds müssen dessen Anlagebedin15 gungen aber mindestens den Einsatz von (i) so genanntem Leverage in beträchtlichem Umfang oder (ii) den Leerverkauf von Vermögensgegenständen („short sale“) vorsehen.61 Dementsprechend sieht das Gesetz gemäß § 93 Abs. 5 Satz 2 KAGB für Hedgefonds auch Ausnahmen von dem Grundsatz nach § 93 Abs. 5 Satz 1 KAGB vor, wonach Gegenstände, die zu einem Sondervermögen gehören, nicht verpfändet oder sonst belastet, zur Sicherung übereignet oder zur Sicherung abgetreten werden dürfen. Wie bereits oben ausgeführt, ist aber zu beachten, dass das InvStG für Zwecke der Besteuerung als Spezial-Investmentfonds nach § 26 InvStG eine eigene Definition vorsieht. Um als Spezial-Investmentfonds nach § 26 InvStG zu qualifizieren, müssen daher insbesondere die Anforderungen an einen Spezial-Investmentfonds gemäß § 26 InvStG erfüllt werden. Dieses bedeutet aber, dass Hedgefonds dann auch die dort genannten Voraussetzungen erfüllen müssen. Zu nennen wäre hier beispielsweise die Anlage von 90%62 des Wertes des Fonds in den festgelegten Katalog von Vermögensgegenständen,63 die Anlage von höchstens 20% seines Wertes in Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die weder zum Handel an einer Börse zugelassen noch in einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind64 und die Höhe der unmittelbaren Beteiligung oder der mittelbaren Beteiligung über eine Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft liegt unter 10% des Kapitals der Kapitalgesellschaft. Um als Investmentfonds im Sinne des InvStG zu qualifizieren, muss ein Hedgefonds darüber hinaus auch eine Begrenzung der Kreditaufnahme gemäß § 26 Nr. 7 InvStG vorsehen; zu beachten ist, dass die Begrenzung der Kreditaufnahme insofern nur eine Möglichkeit zum Einsatz von Leverage darstellt und die etwaige alleinige Begrenzung der Kreditaufnahme dem Hedgefonds-Merkmal des Einsatzes von Leverage in beträchtlichem Umfang (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 KAGB) insoweit nicht entgegensteht. I. Rechtsform des Hedgefonds (§ 91 Abs. 3 KAGB) 16

Hedgefonds sind offene inländische Investmentvermögen (§ 283 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1, 7 KAGB). Grundsätzlich dürfen offene inländische Investmentvermögen sowohl als Sondervermögen (§§ 92 ff. KAGB), als auch als Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§§ 108 ff. KAGB) aufgelegt werden. Offene inländische Investmentvermögen, die nicht inländische OGAW sind und deren Anteile nach dem Gesellschaftsvertrag ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern gehalten werden dürfen (vgl. §§ 293 ff.), dürfen zusätzlich als offene Investmentkommanditgesellschaft (§§ 124 ff. KAGB) aufgelegt werden. Hedgefonds als offene inländische AIF, deren Anteile ausschließlich von professionellen und semi-professionellen

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61 Dieser Ansatz, der auf die Anlagestrategie abstellt, entspricht auch dem bisherigen britischen Rechtsverständnis, vgl. Wilhelmi WM 2008 861. 62 Die „Schmutzgrenze“ von 10% war bereits in einem früheren Rundschreiben der BaFin enthalten (Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 22. Dezember 2008 zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG) unter I.c); siehe auch BTDrucks. 18/68 S. 41 zu § 1 Abs. 1b Nr. 5; sowie BMF v. 23.4.2014 – IV C 1 – 1980 – 1/13/10007:002, S. 6 und auch § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 5 InvStG aF (Fassung gültig bis 31.12.2017). 63 § 26 Nr. 4 InvStG. 64 § 26 Nr. 5 InvStG.

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B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1)

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Anlegern gehalten werden dürfen, steht damit zusätzlich zum Sondervermögen und zur Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital die Rechtsform der offenen Investmentkommanditgesellschaft, als nach der Zielsetzung des Gesetzgebers steuerlich transparentes, reguliertes Investmentvehikel, zur Verfügung.65 Problematisch im Zusammenhang mit Hedgefonds gestaltet sich die Regelung des 17 § 91 Abs. 3 KAGB. Danach dürfen offene inländische Investmentvermögen, die nach den Anlagebedingungen das bei ihnen eingelegte Geld in Immobilien anlegen, nur als Sondervermögen aufgelegt werden. Abgewichen wird hier von der Regelung in § 91 Abs. 1 und 2 KAGB. Ausgehend davon, dass es sich bei § 91 KAGB um eine allgemeine Regelung handelt (Unterabschnitt 1, Allgemeine Vorschriften für offene inländische Investmentvermögen) müsste diese Regelung auch für Hedgefonds gelten. Soweit der Hedgefonds nach seinen Anlagebedingungen (auch) in Immobilien investieren darf, würde aufgrund der Systematik dann die Beschränkung auf die Rechtsform als Sondervermögens auch für Hedgefonds gelten. Der Wortlaut ist insoweit ebenfalls eindeutig. Fraglich wird dies allerdings, wenn man die Gesetzesbegründung zu § 91 Abs. 3 KAGB heranzieht. Recht schlicht heißt es da: „Wie bereits nach dem aufzuhebenden Investmentgesetz steht für offene Immobilienfonds nur das Sondervermögen als Rechtsform zur Verfügung“.66 Darüber hinaus waren in dem ursprünglichen Gesetzentwurf zum KAGB Regelungen zu Immobilienfonds nicht mehr enthalten; insofern spricht viel dafür, dass § 91 Abs. 3 KAGB nur im Hinblick auf die dann wieder in dem Gesetz enthaltenen Immobilienfonds aufgenommen worden ist und auch nur für diese gelten sollte.67 Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber Hedgefonds nicht im Sinn hatte, obwohl es sich bei diesen um offene inländische Investmentvermögen, die – entsprechend der hier vertretenen Ansicht – nach den Anlagebedingungen das bei ihnen eingelegte Geld zumindest auch in Immobilien anlegen können. Der Gesetzgeber spricht insoweit nur von den offenen Immobilienfonds. Folglich kann die Beschränkung der Rechtsform trotz der systematischen Stellung im „Allgemeinen Teil“ für Hedgefonds nicht gelten, so dass diese nicht nur als Sondervermögen oder als Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital sondern auch als offene Investmentkommanditgesellschaft aufgelegt werden können. Die vorstehende Frage ist von praktischer Relevanz, da bisher bei deutschen Single- 18 Hedgefonds die Investmentaktiengesellschaft (gemäß dem InvG)68 weite Verbreitung gefunden hat.69 Bei einer rein auf Wortlaut und Systematik bezogenen Auslegung wäre solchen Hedgefonds verwehrt in Immobilien zu investieren und sie könnten ihre Anlagebedingungen nicht entsprechend umstellen oder ändern, obwohl ihnen inzwischen auch Immobilien als Anlageklasse zur Verfügung stehen. Durch die Hintertür würde so doch wieder eine zumindest faktische Beschränkung der Anlageklassen bei Hedgefonds erfolgen, die durch das KAGB ja gerade aufgehoben worden ist, zumindest dann, wenn für Hedgefonds im Übrigen eine Wahlfreiheit der Rechtsform gelten soll. II. Leverage (Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 und Satz 2) Ein Investmentvermögen qualifiziert als Hedgefonds, wenn seine Anlagebedingun- 19 gen den Einsatz von Leverage in beträchtlichem Umfang vorsehen. Unter dem englisch-

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65 BRDrucks. 791/12 S. 430, zu § 91 Abs. 1. 66 §§ 96 ff. InvG. 67 Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen; Bearbeitungsstand: 20.7.2012 10:00 Uhr, § 87. 68 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, vor §§ 112–120, Rn. 6. 69 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, vor §§ 112–120, Rn. 6.

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sprachigen Begriff des Leverage wird nicht nur die bloße Kreditaufnahme verstanden. Leverage bezeichnet vielmehr die allgemeine Hebelfinanzierung für ein Investmentvermögen.70 Leverage (Hebelfinanzierung) ist dabei jede Methode, mit der die Kapitalverwaltungsgesellschaft den Investitionsgrad eines von ihr verwalteten Investmentvermögens erhöht. Dieses kann durch Kreditaufnahme, Wertpapierdarlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auch auf sonstige Weise erfolgen, § 1 Abs. 19 Nr. 25 S. 1 KAGB.71 Leverage begünstigt die Ertragssteigerung, gleichzeitig steigt jedoch mit dem Einsatz das Verlustrisiko des Hedgefonds.72 Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft muss im Rahmen ihres Risikomanagements73 20 ein Höchstmaß des einsetzbaren Leverage sowie den Umfang der Wiederverwendung von Sicherheiten und Garantien im Zusammenhang mit dem Leverage festlegen, § 29 Abs. 4 KAGB. Darüber hinaus müssen KVGen, die mindestens einen AIF verwalten, der in beträchtlichem Umfang Leverage einsetzt, zusätzliche Informationen an die BaFin übermitteln, § 35 Abs. 4 KAGB. Ebenso bestehen zusätzliche Informationspflichten der KVG gegenüber den Anlegern (§§ 300 Abs. 2, 308 Abs. 4 KAGB). 21 Gemäß § 283 Abs. 1 Satz 2 KAGB bestimmen sich die Kriterien, wann Leverage in einem beträchtlichem Umfang eingesetzt wird nach Art. 111 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013.74 Art. 111 der Verordnung lautet: 22

Artikel 111 Einsatz von Hebelfinanzierungen in beträchtlichem Umfang (1) Für die Zwecke von Artikel 24 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU ist davon auszugehen, dass Hebelfinanzierungen in beträchtlichem Umfang eingesetzt werden, wenn das nach der Commitment-Methode gemäß Artikel 8 dieser Verordnung berechnete Engagement eines AIF seinen Nettoinventarwert dreifach übersteigt. (2) Sind die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Bedingungen erfüllt, übermitteln die AIFM die in Artikel 24 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU genannten Informationen den zuständigen Behörden ihrer Herkunftsmitgliedstaaten gemäß den in Artikel 110 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Grundsätzen.

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Um als Hedgefonds zu qualifizieren genügte es früher gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 InvG, wenn die Vertragsbedingungen nur grundsätzlich eine unbeschränkte Aufnahme von Krediten vorsahen. § 283 Abs. 1 KAGB lässt dies jedoch nicht mehr genügen und führt mit Verweis auf Art. 111 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 insoweit eine starres Verhältnis zwischen dem Netto-Inventarwert (Net Asset Value – NAV) und Risiko ein,75 wobei hiermit der Gesetzgeber nur die AIFMD bzw. die Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 umsetzt und diesen folgt. Hiernach erfolgt der Einsatz von Leverage in beträchtlichem Umfang, wenn das nach der Commitment-Methode (vgl. Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013) berechnete Risiko des Fonds den NAV des Fonds um das Dreifache übersteigt. Ebenso differenziert die AIFMD bzw. Art 111 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 – auch im Hinblick auf unterschiedlichste Anlagestrategien eines Hedgefonds – nicht anhand Art und Umfang des Leverage. Während ESMA im Rahmen des ESMA Advice76 bei der Beurteilung des Einsatzes von Leverage in beträchtlichem

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70 Vgl. auch van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1486 f.). 71 Die Definition von Leverage entspricht der Definition in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe v der Richtlinie 2011/61/EU. Nummer 25 dient zugleich der Umsetzung von Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2011/61/EU, vgl. BRDrucks. 791/12 S. 369. 72 Berger/Steck/Lübbehüsen/Gringel InvG, § 112 Rn. 12. 73 Werner StBW 2013 811 (814). 74 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission v. 19. Dezember 2012, sog. Level-2-VO. 75 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann AIFM, Art. 24 Rn. 31. 76 ESMA/2011/379 – ESMA’s technical advice to the European Commission on possible implementing measures of the Alternative Investment Fund Managers Directive, S. 238, Box 111.

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Umfang noch unterschiedliche Berechnungs- und Betrachtungsweisen vorschlägt, hat sich dieser differenzierende Vorschlag nicht in Art. 111 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 niedergeschlagen. Hieraus resultieren praktische Probleme, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wann und wie die Voraussetzungen des Einsatzes von Leverage in beträchtlichen Umfang vorliegen müssen bzw. erfüllt werden können.77 Da weder die AIFMD noch die Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 weitere 24 Konkretisierungen vorsehen, kann diese Voraussetzung nur anhand entsprechender Anwendung vergleichbarer Regelungen ausgelegt werden. Sachgerecht erscheint es daher entsprechend auf die Regelung von Art. 4 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 abzustellen,78 die eine Regelung zur Überschreitung von Schwellenwerten enthält. Demnach qualifiziert ein Fonds als Hedgefonds, wenn das berechnete Risiko den NAV um das Dreifache für einen Zeitraum von länger als drei Monaten in Folge (voraussichtlich) übersteigt. Wenn aufgrund der gewählten Anlagestrategie des Hedgefonds möglicherweise nicht klar ist, ob die vorstehende Grenze bei dem Einsatz von Leverage länger als drei Monate eingehalten wird, sollten die Anlagebedingungen zusätzlich noch die Bedingung der Zulässigkeit des Leerverkaufs nach § 283 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KAGB vorsehen, um in jedem Fall als Hedgefonds zu qualifizieren. III. Leerverkauf (Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2) Ein weiteres, typisierendes Merkmal für einen Hedgefonds stellt gemäß § 283 Abs. 1 25 Satz 1 Ziffer 2 KAGB der Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Vermögen des Fonds gehören, dar (Leerverkauf). Soweit das Gesetz im Weiteren keine Ausnahme vorsieht, ist einer Kapitalverwal- 26 tungsgesellschaft grundsätzlich der Leerverkauf praktisch schon dadurch verwehrt, dass nach § 93 Abs. 2 KAGB eine Verbindlichkeit für das Sondervermögen nicht begründet werden kann. Darüber hinaus ist zumeist der Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nicht erlaubt, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zu dem jeweiligen Fonds gehören (vgl. § 205 für OGAW bzw. §§ 218, 220 und 284 KAGB für Gemischte und Sonstige Investmentvermögen sowie offene inländische Spezial-AIF; § 265 KAGB für geschlossenen Publikums-AIF; § 276 KAGB für Spezial-AIF; generelles Leerverkaufsverbot nach § 225 Abs. 1 Satz 2 KAGB für Dach-Hedgefonds). Ausnahmen von dem Leerverkaufsverbot sieht das Gesetz zum Teil vor, soweit in entsprechende Derivate investiert werden darf (§§ 205, 276 i.V.m. 197 KAGB). Mit Hilfe von Derivaten können (synthetisch) Leerverkaufspositionen eingegangen werden. Dementsprechend werden vermehrt aber auch HedgefondsStrategien in OGAW (sogenannte „Newcits“) durch den Einsatz von Derivaten abgebildet. Dieses hat in jüngster Zeit aber auch dazu geführt, dass diese von OGAW verfolgten Strategien kritischer durch die europäische Aufsicht betrachtet und überprüft werden.79 Soweit inländische Publikumsinvestmentvermögen (§§ 162 bis 260 KAGB) und offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB) in Derivate gemäß

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77 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 24 Rn. 35. 78 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 24 Rn. 35. 79 Vgl. ESMA vom 25. Juli 2012, Report and Consultation paper – Guidelines on ETFs and other UCITS issues Consultation on recallability of repo and reverse repo arrangements (ESMA/2012/474), Annex III; European Commission, Consultation Document (UCITS) – Product Rules, Liquidity Management, Depositary, Money Market Funds, Long-term Investments vom 26. Juli 2012 (sogenannte Konsultation zu UCITS VI), insbesondere S. 5, Box 1 (2) zu „Eligible Assets“.

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§ 197 KAGB investieren, muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 3 DerivateV aber sicherstellen, dass sie allen für Rechnung eines Investmentvermögens eingegangenen, bedingten und unbedingten Liefer- und Zahlungsverpflichtungen aus Derivaten in vollem Umfang nachkommen kann und eine ausreichende Deckung der derivativen Geschäfte vorhanden ist. Für eine angemessene Deckung nach § 3 Ziffer 2 DerivateV ist bei Derivaten, die bei Fälligkeit bzw. Ausübung üblicherweise die (physische) Lieferung des Basiswertes vorsehen, grundsätzlich das Basisinstrument selbst zur Deckung im Portfolio zu halten.80 Soweit für einen Hedgefonds nach seinen Anlagebedingungen Leerverkäufe getätigt 27 werden dürfen, obliegen diese grundsätzlich keinen Beschränkungen. Insbesondere gilt für Hedgefonds die Derivateverordnung nicht, da diese gemäß § 1 Abs. 2 DerivateV nur auf offene inländische Publikumsinvestmentvermögen gemäß den §§ 162 bis 260 KAGB und für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gemäß § 284 KAGB Anwendung findet und insoweit Hedgefonds ausgenommen werden. Soweit Hedgefonds zum Teil mit Hilfe von Derivaten und Finanzinnovationen (synthetisch) Leerverkaufspositionen abbilden, um ihre Investmentstrategien umzusetzen, unterliegen sie insbesondere daher nicht den Beschränkungen des § 197 KAGB bzw. der Derivateverordnung. 28 Bei Leerverkäufen wird zudem nach gedeckten und ungedeckten Leerverkäufen unterschieden.81 Bei gedeckten Leerverkäufen (covered short sales) veräußert der Verkäufer Wertpapiere, die er sich mit Hilfe eines Wertpapierdarlehens geliehen hat und spekuliert darauf, dass der Preis für die Wertpapiere zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Wertpapierdarlehen zurückführen muss, gesunken ist. Der Leerverkäufer profitiert auf diese Weise von gefallenen Kursen. Bei ungedeckten Leerverkäufen (naked short sales) veräußert der Verkäufer Wertpapiere, ohne bereits über diese zu verfügen/Eigentümer zu sein, und spekuliert darauf, dass der Preis für die Wertpapiere zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Lieferverpflichtung erfüllen muss, ebenfalls gesunken ist. Die marktüblichen Abwicklungsfrist von Börsengeschäften beträgt in Deutschland meist zwei Tage nach Abschluss des Handelsgeschäfts (sogenanntes „T+2“), so dass sich der Leerverkäufer innerhalb dieser Fristen noch mit Wertpapieren (auch zum Teil wieder mit Hilfe von Wertpapierdarlehen oder -leihen) eindecken kann.82 Im Rahmen von Leerverkäufen unterliegen Hedgefonds im Hinblick auf bestimmte Aktien, öffentliche Schuldtiteln wie Staatsanleihen und ungedeckte Positionen in Credit-Default-Swaps (CDS) den Anforderungen an die EU-Leerverkaufsverordnung und der zu ihr ergangenen Rechtsakte.83 Im Jahresbericht des Hedgefonds sind die während des Berichtszeitraums getätigten Leer-

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80 BaFin, Erläuterungen zur Derivateverordnung in der Fassung vom 16. Juli 2013 vom 22. Juli 2013, zu § 3. 81 Vgl. insoweit auch die Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Verbot ungedeckter Leerverkäufe in bestimmten Aktien vom 18. Mai 2010 (widerrufen mit Wirkung zum 27.7.2010) und die hierzu ergangene FAQ-Liste zum Verbot ungedeckter Leerverkäufe in bestimmten Aktien vom 1. Juli 2010. 82 Die Neuregulierung von Zentralverwahrern (CSDR) stellt europaweit die Abwicklungsfrist auf T+2 um; vgl. Vorschlag für eine Verordnung zur Verbesserung der Wertpapierabrechnung in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG, Artikel 5. 83 Verordnung (EU) 236/2012 vom 14. März 2012; Delegierte Verordnung (EU) Nr. 918/2012 vom 5. Juli 2012 unter anderem im Hinblick auf Begriffsbestimmungen; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 827/2012 vom 29. Juni 2012 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards; Delegierte Verordnung (EU) Nr. 826/2012 vom 29. Juni 2012 im Hinblick auf technische Regulierungsstandards; Delegierte Verordnung (EU) Nr. 919/2012 vom 5. Juli 2012 ebenfalls im Hinblick auf technische Regulierungsstandards.

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B. Definition von Hedgefonds (Abs. 1)

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verkäufe in Wertpapieren unter Nennung von Art, Nennbetrag oder Zahl, Zeitpunkt der Verkäufe und Nennung der erzielten Erlöse anzugeben.84 Gemäß § 276 Abs. 2 Satz 2 KAGB kann die BaFin vorgenannte Leerverkäufe be- 29 schränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. IV. Abgrenzung zu Dach-Hedgefonds (§ 225 KAGB) Wie bereits oben dargestellt, gibt es keinen Katalog von zulässigen Vermögensge- 30 genständen für Hedgefonds. Diese dürfen daher grundsätzlich auch in Anteile oder Aktien an anderen Hedgefonds investieren. Dieses gilt aber auch für Dach-Hedgefonds, die gemäß § 225 Abs. 1 Satz 1 KAGB in Anteile oder Aktien von Hedgefonds anlegen. § 225 Abs. 2 Satz 1 KAGB schreibt vor, dass Dach-Hedgefonds nur bis zu 49% des Wertes in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente und Anteile an Geldmarkt-OGAW investieren dürfen. Charakteristisch für den Dach-Hedgefonds ist, dass dieser überwiegend in Hedgefonds investiert sein muss; dementsprechend verlangt die Fondskategorie-Richtlinie der BaFin, dass Dachfonds nach den Anlagebedingungen zu mindestens 51% ihres Wertes in Zielfonds investiert sein müssen.85 Aus der Systematik von § 283 KAGB und § 225 KAGB könnte daher ein Typenzwang für Hedgefonds und Dach-Hedgefonds abgeleitet werden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass ein Hedgefonds gerade nur noch als allgemeiner offener inländischer Spezial-AIF und nicht mehr als offener inländischer Publikums-AIF aufgelegt werden darf, so dass aufgrund der Systematik die beiden Fondstypen nebeneinander und nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander stehen. Entsprechend findet auch die Fondskategorien-Richtlinie der BaFin nur auf Dach-Hedgefonds und nicht auf Hedgefonds Anwendung.86 Von daher darf ein Hedgefonds auch zu 51% oder mehr seines Wertes in andere Hedgefonds investieren. Soweit ein Hedgefonds selbst in andere Hedgefonds investiert, verliert der Hedgefonds aber seine Eignung als Zielfonds für Dach-Hedgefonds (§ 225 Abs. 4 S. 2 KAGB).87 V. Abgrenzung zu offenen inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen, § 284 KAGB Sowohl Hedgefonds i.S.v. § 283 KAGB als auch Spezial-AIF i.S.v. § 284 KAGB qualifi- 31 zieren als offene inländische Spezial-AIF gemäß Kapitel 3, Abschnitt 2 KAGB. Es stellt sich daher die Frage in welchem Verhältnis § 283 und § 284 KAGB zueinander stehen. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen für Hedgefonds kein Katalog von erwerbbaren Vermögensgegenständen und nur sehr wenige Anlagegrenzen. Von daher kann ein Hedgefonds als allgemeiner offener inländischer Spezial-AIF (§ 283 KAGB) genau wie ein offener inländischer Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB) ausgestaltet werden, solange die hedgefondsspezifischen Besonderheiten (Leverage und Leerverkäufe) in den Anlagebedingungen vorgesehen werden. Es spricht daher viel dafür offene

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84 § 101 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 S. 2 KAGB. 85 Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien der BaFin vom 22. Juli 2013 – Fondskategorien-Richtlinie, Art. 2 (1). 86 Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien der BaFin vom 22. Juli 2013 – Fondskategorien-Richtlinie, Art. 1. 87 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 225 KAGB.

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inländische Spezial-AIF von vornherein als Hedgefonds aufzulegen und somit von den erweiterten Anlagemöglichkeiten zu profitieren.88 Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn institutionelle Anlegern (wie zum Beispiel Versicherungen)89 aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen nur begrenzt in Hedgefonds investieren dürfen. Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich, dass § 283 KAGB und § 284 KAGB nebeneinander stehen und allenfalls unterschiedliche Fondstypen beschreiben. C. Ergänzende Angaben bei den Anlagebedingungen (Abs. 2) C. Ergänzende Angaben bei den Anlagebedingungen (Abs. 2) 32

Die Regelung des § 283 Abs. 2 KAGB entspricht der Regelung des aufgehobenen § 118 Abs. 2 InvG. Nach § 283 Abs. 2 KAGB müssen die Anlagebedingungen eines Hedgefonds Angaben darüber enthalten, ob die Vermögensgegenstände des Hedgefonds bei einer Verwahrstelle (§ 80 Abs. 2 KAGB) oder bei einem Primebroker (§ 1 Abs. 19 Nr. 30 KAGB) verwahrt werden. Einen expliziten Verweis auf die Zulässigkeit der Verwendung eines Primebrokers 33 enthält § 283 KAGB, anders als noch § 112 Abs. 2 InvG, nicht mehr. Durch die Pflicht, Angaben in den Anlagebedingungen zu machen, ob die Verwahrung der Vermögensgegenstände des Hedgefonds durch die Verwahrstelle oder einen Primebroker erfolgt, stellt § 283 Abs. 2 KAGB aber entsprechend klar, dass die Verwendung eines Primebrokers nach wie vor zulässig ist. Bereits mit Einführung des InvG wurde der regelmäßig besonderen Struktur von Hed34 gefonds90 im Vergleich zu anderen Sondervermögen Rechnung getragen, indem einzelne Aufgaben der Depotbank (jetzt nach dem KAGB: Verwahrstelle) auch von einer anderen vergleichbaren Einrichtung wahrgenommen werden konnten, wenn vertraglich sichergestellt war, dass die Depotbank für ein Verschulden der von ihr unmittelbar eingeschalteten Einrichtung wie für eigenes Verschulden haftete (§ 112 Abs. 3 InvG in der bis zum 28.12.2007 geltenden Fassung). Abweichend von den damaligen allgemeinen Regelungen zur Depotbank wurde aufgrund der Änderungen durch das Investmentänderungsgesetz91 in § 112 Abs. 2 InvG die Möglichkeit vorgesehen, dass die Verwahrung von Vermögensgegenständen explizit von einem Primebroker wahrgenommen werden konnte. Der Primebroker musste seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Staat haben, der Vollmitgliedstaat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, in seinem Sitzstaat einer wirksamen öffentlichen Aufsicht unterstehen und über eine angemessene Bonität verfügen. Der Primebroker konnte sowohl unmittelbar durch die damalige Kapitalanlagegesellschaft (Direktbeauftragungsmodell) als auch durch die damalige Depotbank (Unterverwahrermodell) bestellt werden. Die Regelung zum Verschulden entfiel. Gemäß der vormaligen Definition in § 2 Abs. 15 InvG waren Primebroker Unterneh35 men, die Vermögensgegenstände verwahren, sich diese ganz oder teilweise zur Nutzung auf eigene Rechnung übertragen lassen und gegebenenfalls sonstige mit Hedgefonds

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88 Insoweit sei aber erneut auf die Beschränkungen nach § 26 InvStG verwiesen, um als SpezialInvestmentfonds nach § 26 InvStG zu qualifizieren. 89 Vgl. hierzu die Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen (Anlageverordnung – AnlV). 90 Zur bildlichen Darstellung der Struktur von Hedgefonds siehe: PWC, Die Novellierung des Investmentrechts 2004, S. 131. 91 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz – InvÄndG) vom 21.12.2007 – Bundesgesetzblatt Teil I 2007 Nr. 68 S. 3089.

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C. Ergänzende Angaben bei den Anlagebedingungen (Abs. 2)

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verbundene Dienstleistungen erbringen.92 Diese Definition war durch den Gesetzgeber bewusst sehr weit gefasst worden, eine Abgrenzung sollte insoweit zu sonstigen Brokern erfolgen.93 Die heutige Definition des Primebrokers nach § 1 Abs. 19 Nr. 30 KAGB übernimmt die Definition von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a AIFMD. Hiernach ist ein Primebroker „ein Kreditinstitut, eine Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG oder eine andere Einheit, die einer Regulierungsaufsicht und ständigen Überwachung unterliegt und professionellen Anlegern Dienstleistungen anbietet, in erster Linie, um als Gegenpartei Geschäfte mit Finanzinstrumenten im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU zu finanzieren oder durchzuführen, und die möglicherweise auch andere Dienstleistungen wie Clearing und Abwicklung von Geschäften, Verwahrungsdienstleistungen, Wertpapier-Darlehen und individuell angepasste Technologien und Einrichtungen zur betrieblichen Unterstützung anbietet“. Ein Primebroker ist typischerweise nicht bereit, wie eine Verwahrstelle im alleinigen 36 Interesse der Anleger einzelne Verwahrstellenaufgaben zu erfüllen.94 Dementsprechend macht die Verwahrung der Vermögensgegenstände durch einen Primebroker Abweichungen von den allgemeinen Vorschriften für die Verwahrung durch Verwahrstellen erforderlich. Primebroker agieren als umfassende Dienstleister für Hedgefonds und bieten ver- 37 schiedene Dienstleistungen an. Sie verwahren beispielsweise Vermögensgegenstände der Hedgefonds. Insofern können Hedgefonds auch Vermögensgegenstände auf einen Primebroker in der Weise übertragen, dass diesem ein Nutzungsrecht an den übertragenen Vermögensgegenständen eingeräumt wird und der Primebroker diese auch für eigene Zwecke verleihen oder anderweitig verwenden darf. Die Übertragung von Wertpapieren als Sicherheit erfolgt beispielsweise zur Besicherung von Krediten und Wertpapierleihen des Primebrokers an den Hedgefonds. Die weitere Verwendung der gestellten Sicherheiten für eigene Zwecke durch den Primebroker erfolgt insbesondere auch zur Stellung von Sicherheiten bei eigenen Transaktionen wie Kreditaufnahmen; dieses wird im Englischen auch als „Rehypothecation“ bezeichnet und steht insoweit im Gegensatz zu der Stellung von Sicherheiten, bei denen der Sicherungsgeber Eigentümer der Sicherheit bleibt (im Englischen „Hypothecation“). Zu den von Primebrokern erbrachten Dienstleistungen gehören darüber hinaus die Bereitstellung von Fremdkapital (gegen Sicherheiten) zur Erhöhung des Investitionsgrades, Beschaffung von Wertpapieren bei der Durchführung von Leerverkäufen, Durchführung oder Abwicklung sonstiger bei Hedgefonds üblicherweise anfallenden Geschäfte oder Erbringung sonstiger mit der Verwaltung der Hedgefonds verbundener Dienstleistungen.95 Hierzu finanziert der Primebroker auch als Gegenpartei Geschäfte mit Finanzinstrumenten oder führt diese durch und bietet darüber hinaus auch andere Dienstleistungen wie Clearing und Abwicklung von Geschäften, Verwahrungsdienstleistungen, Wertpapier-Darlehen und individuell angepasste Technologien und Einrichtungen zur betrieblichen Unterstützung an (§ 1 Abs. 19 Nr. 30 KAGB). Nach § 31 Abs. 1 KAGB ist Voraussetzung, dass der Primebroker durch schriftlichen 38 Vertrag für den Hedgefonds bestellt wird. Dadurch, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vertrag mit dem Primebroker zu schließen hat und die Verwahrstellen nach § 31 Abs. 1 KAGB Satz 3 KAGB hierüber in Kenntnis zu setzen ist, erscheint es zunächst so,

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92 93 94 95

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Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 195 f. BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf) S. 57, Zu Nummer 3 (§ 2), Zu Buchstabe j, Zu Absatz 15. BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf) S. 90, Zu Nummer 95 (§ 112), Zu Buchstabe c. BTDrucks. 16/5576 (Gesetzentwurf) S. 57, Zu Nummer 3 (§ 2), Zu Buchstabe j, Zu Absatz 15.

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als würde nur noch das Direktbeauftragungsmodell nach dem KAGB zulässig sein. Dieses ist aber nur dann richtig, wenn an Stelle der Verwahrstelle ein Primebroker durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bestellt wird. Während § 112 Abs. 3 InvG explizit bei Hedgefonds die Abweichung von den allgemeinen Regeln und insofern eine Substituierung der Depotbank durch den Primebroker vorsah,96 könnte dieses nach dem KAGB zweifelhaft sein. Dadurch, dass der Primebroker aber auch die Verwahrung der Vermögensgegenstände vornehmen darf, kann dieser auch unmittelbar als Verwahrstelle durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bestellt werden und (zusätzlich) die für einen Primebroker typischen Dienstleistungen erbringen. Hierfür spricht, dass nach § 85 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 KAGB der Primebroker, wenn er zugleich auch als Kontrahent bei Geschäften für Rechnung des inländischen AIF auftritt, nur unter bestimmten Umständen auch die Aufgaben einer Verwahrstelle wahrnehmen darf. Entsprechend geht auch der Erwägungsgrund 43 AIFMD davon aus, dass ein Primebroker nur unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen als Verwahrstelle bestellt werden soll. Daher ist es auch unter dem KAGB nach wie vor möglich einen Primebroker als (alleinige) Verwahrstelle eines Hedgefonds zu bestellen. Hier wird das Investmentdreieck durch den Anleger, die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft und den Primebroker gebildet. Es ist nicht erforderlich, dass für einen Hedgefonds eine Verwahrstelle und zusätzlich noch eine weitere Einheit als Primebroker bestellt werden. Soweit allerdings ein Primebroker als Verwahrstelle bestellt wird, sollten gemäß Erwägungsgrund 43 AIFMD die zusätzlichen PrimebrokerDienste aber nicht im Rahmen der Vereinbarungen zur Aufgabenübertragung (Verwahrstellenvertrag), sondern in einer zusätzlichen gesonderten Vereinbarung geregelt werden. Nach wie vor besteht aber auch noch die Möglichkeit, dass für einen Hedgefonds 39 eine Verwahrstelle bestellt wird, die keine Primebroker-Dienste erbringt. In einem solchen Fall und unter Beachtung weiterer Voraussetzungen des § 85 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 KAGB kann die Verwahrstelle sich allerdings bei einem Bedarf für solche Dienstleistungen eines Primebrokers bedienen und diesem Verwahraufgaben übertragen. Insofern findet auch weiterhin das Unterverwahrermodell Anwendung. Gemäß § 283 Abs. 2 KAGB müssen die Anlagebedingungen von Hedgefonds Anga40 ben darüber enthalten, ob die Vermögensgegenstände bei einer Verwahrstelle oder bei einem Primebroker verwahrt werden. Das Gesetz sieht grundsätzlich für inländische Spezial-AIF keine Anforderungen an die Ausgestaltung der Anlagebedingungen vor. Dementsprechend können die Anlagebedingungen eines Hedgefonds frei gestaltet werden. Voraussetzung für die Ausgestaltung der Anlagebedingungen von Hedgefonds ist nur, dass sich diese zu der Verwahrung der Vermögensgegenstände äußern müssen. Anders als noch nach dem Investmentgesetz97 bedürfen die Anlagebedingungen auch nicht mehr der Genehmigung der BaFin, sondern sind dieser nur gemäß § 273 Satz 2 KAGB vorzulegen. 41 Soweit ein Primebroker als (alleinige) Verwahrstelle98 eines Hedgefonds bestellt wird, bedarf es für dessen Bestellung keiner Genehmigung durch die BaFin. Gemäß § 86 KAGB bestehen aber generelle Informationspflichten gegenüber der BaFin. Der Wechsel des Prime Brokers muss auch nicht mehr99 der BaFin angezeigt werden.

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 195. § 93 Abs. 1 InvG. Anders im Hinblick auf die Auswahl als Verwahrstelle bei OGAW; siehe § 69 KAGB. So aber noch nach § 112 Abs. 3 InvG.

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D. Rücknahme von Anteilen oder Aktien (Abs. 3)

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D. Rücknahme von Anteilen oder Aktien (Abs. 3) D. Rücknahme von Anteilen oder Aktien (Abs. 3) Die Regelung des Abs. 3 entspricht der Regelung des früheren § 116 InvG in Bezug 42 auf Single-Hedgefonds. Die Regelung trägt Hedgefonds dahingehend Rechnung, dass Hedgefonds häufig auch Anlagestrategien verfolgen, die auf Langfristigkeit ausgelegt sind. Darüber hinaus können Hedgefonds auch in illiquide Vermögensgegenstände investieren, was dazu führt, dass diese nur begrenzte oder keine liquiden Mittel zur Verfügung haben, um Anteil- oder Aktienrücknahmen bedienen zu können. Die andernfalls erforderliche erhöhte Vorhaltung von Liquidität mindert die Mittel für die Anlage, so dass insofern auch die Rendite geringer ausfallen kann. Der kurzfristige Abzug von Liquidität durch Rückgabe der Anteile bzw. Aktien könnte auch die Chancen, die mit dem Einsatz der Kreditaufnahme (Leverage) verbunden sind, in ihr Gegenteil verkehren;100 durch das Erfordernis Liquidität für den Hedgefonds in einem solchen Moment zu schaffen müssen beispielsweise fremdfinanzierte Vermögensgegenstände des Hedgefonds zu Preisen unter dem ursprünglichen Kaufpreis veräußert werden, was anschließend zu einem zu hohen Verschuldungsgrad des Hedgefonds führen kann, so dass der Hedgefonds handlungsunfähig wird. Dementsprechend ermöglicht Abs. 3 die eingeschränkte Rückgabe von Anteilen bzw. Aktien und ermöglicht die Aufnahme weitergehender Anforderungen an eine solche Rückgabe, indem § 227 KAGB grundsätzlich für insgesamt entsprechend anwendbar erklärt wird. Grundsätzlich besteht nach den allgemeinen Normen ein jederzeitiges Rückgabe- 43 recht der Anleger bzw. Aktionäre im Hinblick auf die Anteile oder Aktien.101 Gemäß Abs. 3 wird dieses jederzeitige Rückgaberecht jedoch bei Hedgefonds (optional) eingeschränkt, indem für die Rücknahme von Anteilen oder Aktien eines Hedgefonds § 227 KAGB entsprechend gilt. Für Hedgefonds in der Form eines Sondervermögens stellt dieses eine Erleichterung von der täglichen Rücknahmeverpflichtung102 dar, während für Hedgefonds in der Rechtsform der Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital oder der offene Investmentkommanditgesellschaft dieses eine Verschärfung gegenüber der nur grundsätzlichen Verpflichtung zur Rücknahme als offenes Investmentvermögen103 darstellt.104 Entsprechend § 227 Abs. 1 KAGB können daher die Anlagebedingungen des Hedgefonds nur bestimmte Termine vorsehen, zu denen die Anteile oder Aktien zurückgenommen werden. Die Anlagebedingungen müssen jedoch vorsehen, dass eine solche Rücknahme mindestens einmal in jedem Kalendervierteljahr erfolgen kann. Das heißt nicht, dass die Anteile gleichmäßig genau vierteljährlich zurückgenommen werden müssen. Eine Rücknahme innerhalb des jeweiligen Vierteljahres ist insofern ausreichend.105 Soweit die Anlagebedingungen die vorstehenden Mindestanforderungen an die Rücknahme einmal in jedem Kalendervierteljahr erfüllen, können weitere Termine für die Rücknahme vorgesehen werden, die dann zusätzliche Anforderungen an die Rücknahme an diesen Terminen stellen können. Hierzu gehören beispielsweise Regelungen zur Liquiditätssteuerung des Hedgefonds (Schleusen-Mecha-

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100 BTDrucks. 15/1553 (Gesetzentwurf), S. 111, Zu § 116 (Rücknahme). 101 Vgl. §§ 98 Abs. 1 S. 1 KAGB. 102 Vgl. §§ 98 Abs. 1 S. 1 KAGB. 103 § 1 Abs. 4 KAGB. 104 §§ 110 Abs. 2 S. 2 und 116 Abs. 2 S. 1 KAGB sowie § 125 Abs. 2 S. 2 KAGB, die jeweils nur vorschreiben, dass das Recht zur Rücknahme nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 KAGB für offene Investmentvermögen in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein muss. 105 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 116 Rn. 4.

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§ 283

Hedgefonds

nismus oder Gating Mechanism).106 Bei der Umsetzung dieser Regelungen ist allerdings jeweils die Gleichbehandlung aller Anleger zu gewährleisten.107 Abweichend von § 227 Absatz 2 KAGB sind Anteil- oder Aktienrückgaben jedoch nicht 44 wie bei Dach-Hedgefonds bis zu 100 Kalendertage sondern bis zu 40 Kalendertage vor dem jeweiligen Rücknahmetermin zu erklären.108 Die Anlagebedingungen können daher frei (bis zu 40 Kalendertagen) eine Regelung vorsehen, bis zu welchem Zeitpunkt vor dem Rückgabetermin die Rückgabe durch den Anleger zu erklären ist. Zumindest zu diesem Rücknahmetermin muss auch der Anteil- oder Aktienpreis ermittelt werden. Es steht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft natürlich frei den Anteil- oder Aktienpreis öfters zu ermitteln. Ebenso ist der Anteil- oder Aktienpreis bei der Ausgabe von Anteilen oder Aktien zu ermitteln. Dieses ist zwar nicht explizit geregelt, ergibt sich aber aus der Natur der Sache.109 Die Zeitpunkte für die Ausgabe müssen nicht mit den Zeitpunkten der Rückgabe übereinstimmen. Im Übrigen wiederholt Abs. 3 nur den Wortlaut von § 227 Abs. 2 KAGB. Soweit § 283 45 Abs. 3 KAGB auf einen Rücknahmetermin verweist, „zu dem auch der Anteil- oder Aktienpreis ermittelt wird“ hätte es dieses Einschubes nicht bedurft, da die gleichlautende Regelung durch den Verweis auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 227 KAGB Anwendung gefunden hätte. Eine von § 227 Abs. 2 Satz 1 KAGB abweichende Regelung wird durch den Einschub jedenfalls nicht getroffen. Das gleiche gilt auch für den Einschub, dass Rückgaben „durch eine unwiderrufliche Rückgabeerklärung gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erklären“ sind. Auch hier wird keine von § 227 KAGB abweichende Regelung getroffen. Insbesondere findet über den generellen Verweis auf § 227 KAGB auch § 227 Abs. 2 Satz 2 KAGB ebenso wie § 227 Abs. 1, 3 und 4 KAGB entsprechende Anwendung.110 Grundsätzlich kann von den vorstehenden Fristen zugunsten der Anleger auch ab46 gewichen werden. Dieses kann zum einen durch tatsächliches Verhalten geschehen oder zum anderen bereits in den Anlagebedingungen im Rahmen einer „bis zu“ Regelung erfolgen. Hierbei ist jedoch auch immer dem Grundsatz der Anlegergleichbehandlung Rechnung zu tragen.111 E. Übergangsvorschrift des § 350 KAGB E. Übergangsvorschrift des § 350 KAGB 47

Verwiesen sei noch auf die besondere Übergangsvorschrift des § 350 KAGB.112 Unter dem Investmentgesetz durften (Single-)Hedgefonds nur nicht-öffentlich vertrieben werden.113 Die Neureglung durch das KAGB geht hierüber allerdings noch hinaus. Dadurch,

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106 Oder auch „Gate-Klausel“ vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 116 Rn. 11. 107 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 116 Rn. 11. 108 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 116 Rn. 13. 109 So geht auch die Überschrift von § 223 KAGB von einer Regelung zur Ausgabe und Rücknahme von Anteilen oder Aktien aus, obwohl § 223 explizit auch nur Regelungen zur Rücknahme trifft. 110 Siehe hierzu und zu dem Verhältnis zu § 305 Abs. 6 KAGB entsprechend die Kommentierung zu § 227 KAGB. 111 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, § 116 Rn. 15. 112 Siehe hierzu insbesondere auch die entsprechende Kommentierung zu § 350 KAGB. 113 Vgl. § 112 Abs, 2 InvG. Der Vertrieb von Anteilen an „leverage companies“ war bereits schon nach § 2 Ziffer 4 Buchst. f AuslInvestmG untersagt, da eine Kreditaufnahme nur unter besonderen Voraussetzungen möglich war. Gleiche Einschränkungen galten für die Kreditaufnahme deutscher KAGen (§ 9 Abs. 4 KAGG).

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Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

§ 284

dass Hedgefonds zukünftig nur noch als offene inländische Spezial-AIF qualifizieren, dürfen diese per se nicht mehr von Privatanlegern gehalten werden. Auch die Möglichkeit des Reverse Solicitation, wonach ein Privatanleger von sich aus Anteile oder Aktien eines Hedgefonds nachfragt, scheidet dementsprechend aus. Sowohl der Vertrieb der Anteile oder Aktien eines Hedgefonds an einen Privatanleger als auch der Erwerb durch einen Privatanleger ist nicht mehr zulässig. § 350 Abs. 1 KAGB enthält insoweit ein Vertriebsverbot und Übergangsregelungen im Hinblick auf bereits bestehende Hedgefonds. Ein Neuerwerb von Anteilen oder Aktien an Single-Hedgefonds ist nach dem Inkrafttreten des KAGB für Privatanleger jedenfalls ausgeschlossen. § 350 Abs. 2 KAGB trägt der Beschränkung des Anlegerkreises zudem Rechnung, indem Privatanlegern gestattet wird, Anteile oder Aktien, die diese vor dem 22. Juli 2013 erworben haben, auch nach diesem Datum weiter zu halten, bis sie diese Anteile oder Aktien zurückgeben ohne, dass sich zukünftig an der Qualifikation des Hedgefonds als offener inländischer Spezial-AIF etwas ändert (auch wenn Privatanleger weiterhin an dem Fonds beteiligt bleiben).

UNTERABSCHNITT 4 Besondere Vorschriften für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen https://doi.org/10.1515/9783110492217-071

§ 284 Anlagebedingungen, Anlagegrenzen § 284 Anlagebedingungen, Anlagegrenzen Zingler Anlagebedingungen, Anlagegrenzen (1) Für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gelten § 282 Absatz 1 sowie die §§ 192 bis 211 und 218 bis 260, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 4 nichts anderes ergibt. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann bei offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen von den §§ 192 bis 211, 218 bis 224 und 230 bis 260 abweichen, wenn 1. die Anleger zustimmen; 2. für den entsprechenden Spezial-AIF nur die folgenden Vermögensgegenstände erworben werden: a) Wertpapiere, b) Geldmarktinstrumente, c) Derivate, d) Bankguthaben, e) Immobilien, f) Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften, g) Anteile oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen sowie an entsprechenden offenen EU- oder ausländischen Investmentvermögen, h) Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften, wenn der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann, i) Edelmetalle, unverbriefte Darlehensforderungen und Unternehmensbeteiligungen, wenn der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann; 3. § 197 Absatz 2, § 276 Absatz 1, die §§ 240 und 260 Absatz 3 mit der Maßgabe, dass die Belastung nach § 260 Absatz 3 Satz 1 insgesamt 50 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreiten darf, unberührt bleiben und 477 https://doi.org/10.1515/9783110492217-071

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§ 284

Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

4.

die Anlagegrenze nach § 221 Absatz 4 hinsichtlich der in § 198 Satz 1 Nummer 1 genannten Vermögensgegenstände, sofern es sich um Aktien handelt, unberührt bleibt. (3) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für einen offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen in Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind, nur bis zu 20 Prozent des Wertes des offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen anlegen. 2 § 282 Absatz 3 gilt entsprechend. (4) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann für Rechnung eines offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 30 Prozent des Wertes des AIF aufnehmen. 2 § 254 bleibt unberührt; soweit Kredite zulasten der im Sondervermögen befindlichen Immobilien aufgenommen werden, ist dieser jedoch mit der Maßgabe anzuwenden, dass für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger Kredite bis zur Höhe von 50 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien aufgenommen werden dürfen. (5) § 285 Absatz 3 ist auf die Vergabe von Gelddarlehen für Rechnung eines offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen entsprechend anzuwenden; Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 240 bleibt unberührt.

Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Entzian BVI-Studie Wertpapier-Spezialfonds 2009: Institutionelle nutzen maßgeschneidertes Asset Management, ZfgKW 2009 740; Helios/Schmies Ausländische Investmentanteile i.S.d. § 2 Abs. 9 InvG – Investmentrechtliche Zweifelsfragen des BaFin Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 22.12.2008 und steuerrechtliche (Fern-)Wirkungen, BB 2009 1105; Kestler/Benz Aktuelle Entwicklungen im Investmentrecht, BKR 2008 403; Kruppa Spezialfonds aus der Aufsicht entlassen?, ZfgKW 1991 1142; Koch Das Kapitalanlagegesetzbuch: Neue Rahmenbedingungen für PrivateEquity-Fonds – Transparenz, gesellschaftsrechtliche Maßnahmen und Finanzierung, WM 2014 433; Neubauer Der Spezialfonds erfolgreich auf dem Weg in die Zukunft, ZfgKW 2009 751; Roegele/Görke Novelle des Investmentgesetzes (InvG), BKR 2007 393; Seip Investmentgesetz: neuer Schwung für deutsche Spezialfonds, ZfgKW 2007 114; Werner Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, StBW 2013 811; Zetzsche Zwischen Anlegerschutz und Standortwettbewerb: Das Investmentänderungsgesetz, ZBB 2007 438.

A. B. C.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) | 7 Zulässige Abweichungen (Abs. 2) | 10 I. Zustimmung der Anleger (Abs. 2 Nr. 1) | 11 II. Zulässige Vermögensgegenstände (Abs. 2 Nr. 2) | 12 III. Anlagegrenzen (Abs. 2 Nr. 3 und 4) | 13

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D. E. F. G. H.

Unternehmensbeteiligungen (Abs. 3) | 20 Möglichkeit der Kreditaufnahme (Abs. 4) | 24 Vergabe von Gelddarlehen (Abs. 5) | 27 Abdingbarkeit und Anwendung weiterer Regelungen | 30 Befreiung von der Konsolidierungspflicht (§ 290 HGB) | 35

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A. Allgemeines

§ 284

A. Allgemeines A. Allgemeines Die Vorschrift wurde mit Wirkung zum 22. Juli 2013 im Zuge der Umsetzung der eu- 1 ropäischen AIFM-Richtlinie1 geschaffen und ersetzt § 91 InvG. Die vorgenommenen Änderungen wirken sich insgesamt mit Ausnahme des neugeschaffenen Abs. 3 nur marginal aus. § 91 InvG seinerseits entspricht in den besonderen Ausgestaltungsmerkmalen des Spezial-Sondervermögens wiederum grundsätzlich der Regelung in § 1 Abs. 2 KAGG.2 Aufgrund einer Änderung der Verwaltungspraxis der BaFin im Rahmen von europarechtlichen Regelungen3 wurde Abs. 5 der Vorschrift im Rahmen der Anpassung des KAGB an die sog. OGAW-V-Richtlinie4 aufgenommen.5 Offene (inländische) Spezial-AIF, die bisher im Investmentrecht als Spezial-Sonder- 2 vermögen bekannt waren, häufig aber auch schlicht „Spezialfonds“ genannt wurden, sind besonders bedeutsam für institutionelle Investoren. Das KAGG von 1957, mit dem die „Investmentidee“ erstmals in Deutschland gesetzlich gefasst wurde, sah ausschließlich Publikumsfonds vor.6 Nachdem es „Spezialfonds“ bereits seit 1968 in Deutschland gibt, wurden diese durch das Erste Finanzmarktförderungsgesetz von 19907 erstmals in das kodifizierte Investmentrecht eingeführt.8 Durch das InvÄndG9 wurden „Spezialfonds“ weitgehend liberalisiert, es sollte für institutionelle Anleger ein Fonds zur Verfügung stehen, der in sämtliche nach dem InvG zulässigen Vermögensgegenstände investieren konnte, ohne den Restriktionen der Publikumsfonds hinsichtlich von Anlagegrenzen und Fondstypen zu unterliegen.10 Für institutionelle Anleger, etwa Versicherungsunternehmen, Sozialversicherungsträger, Pensionskassen und Versorgungswerke, ebenso wie für Kirchen, Stiftungen und Verbände, Bausparkassen, Hypothekenbanken und immer häufiger auch Großunternehmen, die so ihre Pensionsrückstellungen finanzieren, ist eine solche Anlageform bilanziell wie steuerlich auch unter Geltung des KAGB nach wie vor interessant. Offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen dürfen als Sondervermögen (§§ 92 ff. KAGB), als Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§§ 108 ff. KAGB) und als offene Investmentkommanditgesellschaft (§§ 124 ff. KAGB) aufgelegt werden.11 Soweit sie nach ihren Anlagebedingungen das bei ihnen eingelegte Geld in Immobilien anlegen dürfen sie nur als Sondervermögen aufgelegt werden.12 Aus § 1 Abs. 6 KAGB ergibt sich, dass nur professionelle Anleger im Sinne des § 1 3 Abs. 19 Nr. 32 KAGB und semiprofessionelle Anleger im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 33

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1 Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds v. 8.6.2011; vgl. auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Steck InvG, § 91, Rn. 1. 2 BGBl. 1998 I, S. 2726, Geltung bis 31.12.2003, vgl. dazu schon Baur Investmentgesetze, KAGG, § 1, Rn. 31 ff. 3 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“). 4 Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014. 5 § 284 Abs. 5 KAGB ist gültig seit 18.3.2016. 6 Vgl. zur historischen Entwicklung und wirtschaftlichen Bedeutung von Spezialfonds ausführlich Baur Investmentgesetze, KAGG, Anhang zu § 1. 7 Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Finanzmärkte (Finanzmarktförderungsgesetz), BGBl. I 1990, S. 266, Nr. 7 vom 28.2.1990. 8 Vgl. Bödecker/Kuhn Investmentrecht, S. 391. 9 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften v. 21.12.2007, BGBl. I, S. 3089 (Nr. 68); Geltung ab 28.12.2007. 10 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Herkströter/Loff InvG, § 91 Rn. 1. 11 § 91 Abs. 1 und 2 KAGB. 12 § 91 Abs. 3 KAGB.

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Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

KAGB Anteile an Spezial-AIF erwerben dürfen. Professioneller Anleger ist danach jeder Anleger, der im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2004/39/EG als professioneller Kunde angesehen wird oder auf Antrag als ein professioneller Kunde behandelt werden kann. Semiprofessionelle Anleger müssen mehrere Voraussetzungen erfüllen, v.a. muss das Investitionsvolumen mehr als 200.000 Euro betragen, das notwendige Risikobewusstsein muss nachgewiesen und entsprechender Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse müssen vorhanden sein. Dazu negativ abzugrenzen sind die Privatanleger, § 1 Abs. 19 Nr. 31 KAGB. Eine Beschränkung des Erwerbs von Anteilen an Spezial-AIF auf nicht natürliche Personen (ehemals § 2 Abs. 3 S. 1 InvG)13 besteht, insofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, damit nicht (mehr).14 Als Anleger kommen damit unzweifelhaft auch Personenverbände, die nicht juristische Personen sind, in Betracht. Im deutschen Recht betrifft dies rechtsfähige offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), ebenso wie teilrechtsfähige Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Soweit ein Anleger nicht als professioneller Anleger qualifiziert, ist mithin nunmehr alleine auf die für semiprofessionelle Anleger geforderten Voraussetzungen abzustellen. Die Anzahl der zulässigen Anleger wurde in § 91 Abs. 1 InvG (i.V.m. § 2 Abs. 3 InvG) 4 von ursprünglich zehn auf 30 angehoben, um auch kleineren institutionellen Anlegern die Anlage in Spezial-Sondervermögen zu ermöglichen.15 Durch das InvÄndG,16 das den Spezialfondsbereich deregulierte, wurde dieser Absatz und damit eine Begrenzung der Höchstzahl an Anlegern schließlich ganz gestrichen, wenngleich sich in der Praxis seitdem zumeist eine Zahl von maximal 100 Anlegern zusammenfand, um von steuerrechtlichen Erleichterungen zu profitieren.17 Für steuerliche Zwecke erfolgt allerdings unter dem alten noch bis zum 31.12.2017 geltenden InvStG (InvStG aF) immer noch eine Beschränkung auf nicht mehr als 100 Anleger oder Aktionäre, die nicht natürliche Personen sind, § 15 Abs. 1 Satz 1 InvStG. aF Insofern folgte das Investmentsteuerrecht nicht (mehr) dem Aufsichtsrecht. Das Investmentsteuergesetz stellte insofern auch auf nicht natürliche Personen als Anleger und Aktionäre ab. Soweit daher Anleger oder Aktionäre in dem Spezial-AIF investiert waren, die zwar als semi-professionelle Anleger nicht aber als nicht natürliche Personen qualifizieren, fanden die steuergünstigen Regelungen auf den Spezial-AIF keine Anwendung. Unter dem neuen seit dem 1.1.2018 geltenden InvStG (InvStG nF) hat sich die Besteuerung von Investmentfonds allerdings grundlegend geändert. Es besteht grundsätzlich jetzt eine Steuerpflicht auf Ebene des Investmentfonds sowie auf Ebene des jeweiligen Anlegers nach Maßgabe der persönlichen Steuermerkmale des Anlegers. Anknüpfungspunkt ist insoweit die aufsichtsrechtliche Qualifikation als Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 KAGB.18 Um allerdings eine Besteuerung auf der Fondsebene zu vermeiden und, im Wesentlichen wie bisher, als Spezial-Investmentfonds nach § 26 InvStG transparent besteuert zu werden, muss ein offener Spezial-AIF die Anforderungen an § 26 InvStG nF erfüllen. Hierzu gehört auch, dass sich

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13 Vgl. dazu noch BTDrucks. 11/5411 S. 25. 14 Vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113, Rn. 94, die noch davon sprechen, dass die Zulassung von Personenverbänden, die nicht juristische Personen sind, umstritten ist. 15 BTDrucks. 15/1553 S. 74, 103. 16 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz), BGBl. I 2007, S. 3089, Nr. 68 vom 21.12.2007, Geltung ab 28.12.2007. 17 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 16; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Herkströter/Loff InvG, § 91 Rn. 1; ausführlich zur steuerrechtlichen Bedeutung Berger/Steck/Lübbehüsen InvStG, § 15 Rn. 23 ff. 18 § 1 Abs. 2 S. 1 InvStG nF.

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B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1)

§ 284

an dem Spezial-Investmentfonds unmittelbar und mittelbar über Personengesellschaften insgesamt nicht mehr als 100 Anleger beteiligen.19 Hinsichtlich einer Mindestanzahl von Anlegern gab es von Anfang an keine explizite 5 gesetzliche Anforderung.20 Ein-Anleger-Spezial-Sondervermögen spielen in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle.21 Die Aufsicht billigte diese Konstruktionen bisher, solange nach den Vertragsbedingungen die Aufnahme mindestens eines weiteren Anteilsinhabers möglich bleibt.22 Letztlich ist dieses auch Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Investmentvermögen vorliegt, da sonst kein Organismus „für gemeinsame Anlagen“ i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB vorliegen würde.23 Fraglich ist, was der Gesetzgeber mit der Bezeichnung „feste Anlagebedingungen“ 6 ausdrücken möchte. Eine Definition im Gesetz selbst findet sich jedenfalls nicht. Der Begriff hat im deutschen Investmentrecht auch keine Tradition. § 273 KAGB enthält die allgemeine Regelung zu den Anlagebedingungen für inländische Spezial-AIF.24 Die Anlagebedingungen zwischen Kapitalverwaltungsgesellschaft und Anlegern, die unter dem InvG noch Vertragsbedingungen hießen und sich üblicherweise in Allgemeine und Besondere Anlagebedingungen aufteilen lassen, sind grundsätzlich im Sinne der Privatautonomie frei gestaltbar, so dass sich der Begriff „fest“ nicht erschließt. Ansatzweise nachvollziehbar wird dieser Begriff einzig in Zusammenschau mit der Norm des § 283 KAGB. Während danach Hedgefonds grundsätzlich keiner Beschränkung hinsichtlich der erwerbbaren Vermögensgegenstände unterliegen,25 gelten für offene inländische SpezialAIF die Beschränkungen des § 284 Abs. 2 KAGB.26 Deshalb von „festen Anlagebedingungen“ zu sprechen erscheint jedoch verfehlt, zumal der Begriff der festen Anlagebedingungen auch sonst an keiner Stelle im Gesetz seinen Niederschlag gefunden hat. Dem Begriff kommt daher keine gesonderte Bedeutung bei der Betrachtung und Auslegung von Spezial-AIF zu. B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) B. Anwendbare Vorschriften (Abs. 1) Einem Bedürfnis der Branche folgend wird im Bereich der offenen Spezial-AIF neben 7 dem allgemeinen offenen inländischen Spezial-AIF nach § 282 KAGB der offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen normiert. Dieser orientiert sich an § 91

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19 26 Nr. 8 InvStG nF; natürliche Personen dürfen nur beteiligt sein, wenn (a) die natürlichen Personen ihre Spezial-Investmentanteile im Betriebsvermögen halten, (b) die Beteiligung natürlicher Personen aufgrund aufsichtsrechtlicher Regelungen erforderlich ist oder (c) die mittelbare Beteiligung von natürlichen Personen an einem Spezial-Investmentfonds bereits früher erworben wurde (siehe zu letzterem auch die Übergangsregelung in § 26 Nr. 8 c) S. 2 und 3 InvStG nF). 20 Problematisiert wird in diesem Zusammenhang jedoch, dass ein Investmentvermögen nach § 1 S. 2 des InvG ein Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage erforderte, vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 9; kritisch auch Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 94, die insbesondere Ein-Personen-GmbHs, als „Millionärsfonds“ kritisch sehen. 21 In Heinke/Krämer/Nürk/Neiße Handbuch Investmentfonds für institutionelle Anleger. Der deutsche institutionelle Fondsmarkt im Wandel, S. 3, 10 wird auf eine Umfrage des BVI aus dem Jahr 2009 verwiesen, nach der Ein-Anleger-Spezialvermögen etwa 84% aller Spezialfonds ausmachen sollen. 22 Vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113, Rn. 94. 23 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14.6.2013, geändert am 9.3.2015 (Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006) unter I.4. 24 Vgl. dazu die Kommentierung zu § 273 KAGB. 25 Vgl. die Kommentierung zu § 283 KAGB, Rn. 5. 26 Zum Verhältnis von § 283 und § 284 KAGB, vgl. die Kommentierung bei § 283 KAGB, Rn. 26.

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§ 284

Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

InvG. Das heißt, es gelten hinsichtlich der Vermögensgegenstände und Anlagegrenzen grundsätzlich die Regelungen für offene Publikumsinvestmentvermögen. Anwendbar sind auf den offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen, soweit sich aus den Abs. 2–4 (dazu unten) nichts anderes ergibt, § 282 Abs. 1 KAGB, §§ 192–211 KAGB sowie die §§ 218–260 KAGB. Durch den Verweis auf § 282 Abs. 1 KAGB wird geregelt, dass auch der offene inländi8 sche Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen dem Grundsatz der Risikomischung unterliegt.27 Von dieser Anforderung kann nicht abgewichen werden.28 In den §§ 192–211 KAGB finden sich besondere Vorschriften für offene Publikumsinvestmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie.29 In den §§ 218–260 KAGB finden sich besondere Vorschriften für offene inländische Publikums-AIF. Relevant sind daher auch die Vorschriften für gemischte Investmentvermögen (§§ 218 f. KAGB), sonstige Investmentvermögen (§§ 220 ff. KAGB), Dach-Hedgefonds (§§ 225 ff. KAGB) sowie Immobilien-Sondervermögen (§§ 230 ff. KAGB). Mithin wird eine Homogenität im Bereich der Investmentvermögen hergestellt. Abgewichen werden kann von den genannten Regelungen nur unter den Voraussetzungen der Abs. 2–4. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass Versicherungen als Hauptinvestoren in offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen unter Diversifizierungsund Risikogesichtspunkten, die strengeren Anlagegrenzen für OGAW angewendet wünschen.30 Hinsichtlich der Verweisungen besteht mithin weitgehender Gleichklang mit der 9 Vorgängerregelung des § 91 InvG. Aus der neuen Systematik des KAGB ergibt sich, dass ein Verweis entsprechend § 91 Abs. 2 InvG auf die Regeln von Hedgefonds nicht übernommen wurde, da diese im Kapitel 3 Spezial-AIF als quasi eigener Investmentfondstyp gesondert geregelt wurden. C. Zulässige Abweichungen (Abs. 2) C. Zulässige Abweichungen (Abs. 2) 10

Von den §§ 192 bis 211, §§ 218 bis 224 und §§ 230 bis 260 können die offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen abweichen, solange die in Abs. 2 bis 4 genannten Mindestvorschriften eingehalten werden. Das bedeutet im Ergebnis dann allerdings, dass, sollten sich aus den jeweiligen Regelungen von denen abgewichen wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorteilhaftere Möglichkeiten zur Anlage ergeben, diese nicht herangezogen werden dürfen. Die Regelungen der Abs. 2–4 sind dann insofern abschließend zu verstehen. Einzig bei Hedgefonds i.S.d. § 283 KAGB scheint eine freiere Gestaltung und damit gewissermaßen auch eine Kombination aus verschiedensten Vermögensgegenständen in die angelegt wird zulässig, gleichwohl kann institutionellen Anlegern spezialgesetzlich die Investition in Hedgefonds untersagt sein, so dass der hinsichtlich der zulässigen Vermögensgegenstände deutlich restriktivere § 284 KAGB alleine in Betracht kommt.31 Abs. 2 basiert grundsätzlich auf der Regelung des auf-

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27 BTDrucks. 17/12294 S. 276. 28 Die BaFin sieht grundsätzlich den Swap sämtlicher Erträge eines Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen mit einem Kontrahenten als zulässig an, wenn Erträge aus einem risikodiversifizierten Vermögen in den Spezial-AIF geswapt werden; BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 6. 29 Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW). 30 Hierzu bereits Beckmann/Scholtz/Vollmer/Herkströter/Loff InvG, § 91 Rn. 4. 31 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 283 KAGB, Rn. 5 und 26.

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C. Zulässige Abweichungen (Abs. 2)

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zuhebenden § 91 Abs. 3 InvG. Die Verweise auf §§ 90a bis90k InvG wurden nicht entsprechend übernommen. Die Mindestanforderungen des Abs. 2 müssen kumulativ vorliegen. I. Zustimmung der Anleger (Abs. 2 Nr.1) Bereits unter dem alten InvG galt, dass eine Abweichung von den üblichen Anlage- 11 beschränkungen nur mit Zustimmung der Anleger möglich ist. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Anleger bei freierer Anlagepolitik auch größeren Risiken ausgesetzt ist.32 Die Form der Zustimmung ist gesetzlich nicht normiert, kann also grundsätzlich auch fernmündlich erfolgen, was aus Beweisgründen allerdings nicht praktikabel erscheint.33 Darüber hinaus sind aber die Anlagebedingungen sind vor Ausgabe der Anteile oder Aktien schriftlich festzuhalten.34 Eine individuelle Vereinbarung ist nicht erforderlich, zurückgegriffen werden kann auf die zum Teil mit der BaFin abgestimmten Musterbedingungen des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. („BVI“).35 II. Zulässige Vermögensgegenstände (Abs. 2 Nr. 2) Der Katalog der Vermögensgegenstände in Abs. 2 Nr. 2 entspricht § 2 Abs. 4 Nr. 1 bis 12 9 des aufzuhebenden InvG. Allerdings wurden inländische Investmentvermögen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 9 Var. 1 InvG nicht übernommen. Ebenso wurden § 2 Abs. 4 Nr. 9a bis 11 InvG nicht übernommen, da sie sich zum einen auf Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen beziehen, die es nach diesem Gesetz nicht mehr gibt, und zum anderen auf zulässige Vermögensgegenstände von Hedgefonds, die in § 283 eine eigenständige Regelung erhalten. Zulässig ist und bleibt damit die Anlage in Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Derivaten, Bankguthaben, Immobilien, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften, Anteilen oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen sowie an entsprechenden offenen EU- oder ausländischen Investmentvermögen, Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften, wenn der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann, Edelmetallen, unverbrieften Darlehensforderungen und Unternehmensbeteiligungen, ebenfalls jeweils vorausgesetzt, dass der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden kann. – Wertpapiere (Abs. 2 Nr. 2a) KAGB) Eine Definition des Begriffs „Wertpapier“ findet sich im KAGB, wie schon im InvG, nicht. Aus der Gesetzesbegründung zum InvMoG36 ergibt sich ein wirtschaftlicher Wertpapierbegriff, der auf die Kriterien Liquidität und Fungibilität und damit Marktfähigkeit abstellt.37 Zurückgegriffen werden kann zur Orientierung ebenfalls auf die Definition in § 2 Abs. 1 WpHG. Danach sind „Wertpapiere (…), auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärk-

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32 Vgl. etwa auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Steck InvG, § 91 Rn. 7. 33 Vgl. etwa auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Steck InvG, § 91 Rn. 7 f. 34 § 273 S. 1 KAGB. 35 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Herkströter/Loff InvG, § 91 Rn. 6. 36 BTDrucks. 15/1553, S. 75. 37 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer InvG, § 2 Rn. 56; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/ Emde InvG, § 2 Rn. 36.

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Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

ten handelbar sind.“38 Es kommt dabei nicht darauf an, ob ein Vermögensgegenstand deutschem oder ausländischem Recht unterliegt.39 Geldmarkinstrumente (Abs. 2 Nr. 2b) KAGB) Eine Definition von Geldmarktinstrumenten findet sich in § 194 KAGB. Es handelt sich dabei um Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, sowie verzinsliche Wertpapiere, die im Zeitpunkt ihres Erwerbs eine restliche Laufzeit von höchstens 397 Tagen40 haben, deren Verzinsung nach den Ausgabebedingungen während ihrer gesamten Laufzeit regelmäßig, mindestens aber einmal in 397 Tagen, marktgerecht angepasst wird oder deren Risikoprofil dem Risikoprofil solcher Wertpapiere entspricht. Diese Norm entspricht abgesehen von redaktionellen Änderungen der Regelung des § 48 InvG. Der dortige Geldmarktbegriff entsprach auch dem für die Vermögensgegenstände gebräuchlichen Begriff.41 Derivate (Abs. 2 Nr. 2c) KAGB) Derivate sind Finanzinstrumente bei denen sich die Wertentwicklung von einem Basiswert ableitet. Erfasst sind mithin alle abgeleiteten Finanzinstrumente,42 gleich ob als Termingeschäft, Option oder Swap ausgestaltet.43 In Abweichung von § 284 Abs. 1 KAGB sind Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nicht auf Derivate i.S.d. § 197 Absatz 1 KAGB beschränkt.44 Ein solcher Swap ist zulässig, wenn Erträge aus einem risikodiversifizierten Vermögen in den Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen geswapt werden und der Swap-Kontrahent Sicherheiten nach § 27 Absatz 7 DerivateV stellt. Von der Kontrahentengrenze nach § 27 Absatz 1 DerivateV kann bei einem Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gemäß § 27 Absatz 2 DerivateV zwar abgewichen werden, aber auch hier ist der Grundsatz der Risikomischung zu beachten. Darüber hinaus sieht die DerivateV weitere Ausnahmen bei Spezial-AIF vor. So darf gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 DerivateV45 die Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Spezial-AIF auch dann Derivate abschließen, wenn die Basiswerte dieser Derivate nach Maßgabe des KAGB und den Anlagebedingungen für den Spezial-AIF nicht erworben werden dürfen.46 Des Weiteren dürfen Derivate selbst dann erworben werden, wenn die Risiken, welche die Basiswerte repräsentieren, nicht auch durch die nach dem KAGB und den Anlagebedingungen zulässigen Vermögensgegenstände hätten entstehen können (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DerivateV). Bankguthaben (Abs. 2 Nr. 2d) KAGB) Unter Bankeinlagen fallen grundsätzlich alle Sicht-, Termin- und Spareinlagen.47

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38 So auch schon Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen InvG, § 2 Rn. 10ff. 39 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 37. 40 Vgl. insoweit auch BaFin, Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien gemäß § 4 Absatz 2 Kapitalanlagegesetzbuch und weitere Transparenzanforderungen an bestimmte Fondskategorien vom 22. Juli 2013 – Fondskategorien-Richtlinie – vom 22.7.2013, geändert am 17.4.2015 unter Artikel 3, 3. b. i. und Artikel 3, 4. a. 41 BTDrucks. 15/1553 S. 75. 42 BTDrucks. 15/1553 S. 75. 43 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 46; vgl. hierzu auch ausführlich Haisch/Helios/Böhringer/Funk Rechtshandbuch Finaninstrumente, § 13 Rn. 51 ff. 44 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 1. 45 Spezial-AIF sind von der Regelung des § 2 Abs. Nr. 1 DerivateV ausgenommen („mit Ausnahme von … Spezial-AIF nach § 284 des Kapitalanlagegesetzbuches“). 46 BaFin, Erläuterungen zur Derivateverordnung in der Fassung vom 16. Juli 2013 vom 22. Juli 2013. 47 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 48.

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C. Zulässige Abweichungen (Abs. 2)



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Immobilien (Abs. 2 Nr. 2e) KAGB) Bei Immobilien handelte es sich nach der Definition in § 1 Abs. 19 Nr. 21 KAGB um Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten. Abzustellen ist beim Begriff des Grundstücks nicht auf den rein sachenrechtlichen Begriff, der auf katastermäßig vermessene Teile der Erdoberfläche, für die ein Grundbuchblatt angelegt ist,48 abstellt, sondern auf einen wirtschaftlichen Begriff.49 Unter die grundstücksgleichen Rechte fallen insbesondere das Wohnungseigentum und das Erbbaurecht.50 Grundsätzlich konnten und können Nießbrauchrechte, als beschränkt dingliche Rechte, durch ein Sondervermögen erworben werden. Nicht unter Immobilien fielen in der Vergangenheit allerdings Nießbrauchrechte. Während eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Immobilien-Sondervermögen nach den §§ 230 ff. KAGB Nießbrauchrechte an Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, erwerben durfte und darf, wenn zur Zeit der Bestellung die Aufwendungen für das Nießbrauchrecht zusammen mit dem Wert der Nießbrauchrechte, die sich bereits im Sondervermögen befinden, 10 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen, wie § 231 Abs. 1 Nr. 6 KAGB ausdrücklich regelt,51 werden Nießbrauchrechte in dem Katalog des § 284 Abs. 2 KAGB für offene inländische Spezial-AIF nicht explizit (wie in § 231 Abs. 1 Nr. 6 KAGB) erwähnt. Dieses hatte in der Vergangenheit zur Folge, dass ein offener inländische Spezial-AIF nur dann in Nießbrauchrechte investieren konnte, wenn er von den in § 284 Abs. 1 KAGB genannten Regelungen nicht abweicht. Sollte von den Regelungen nach Maßgabe des § 284 Abs. 2 KAGB abgewichen werden, hätte das früher bedeutet, dass der Spezial-AIF nur in die in dem Katalog genannten Vermögensgegenstände investieren konnte. Wich ein Spezial-AIF von den in § 284 Abs. 1 KAGB genannten Regelungen ab, konnte der Spezial-AIF nicht mehr in Nießbrauchrechte investieren. Hierbei hatte es sich möglicherweise um ein gesetzgeberisches Versehen gehandelt. Um den nicht unerheblichen Bedürfnissen der Praxis zu entsprechen, hat der Gesetzgeber aber schließlich eine Änderung vorgenommen, damit der Erwerb solcher Vermögensgegenstände auch bei Anpassungen der Anlagebedingungen gemäß § 284 Abs. 2 KGAB möglich ist. Anstelle das Nießbrauchrecht entsprechend der Regelung in § 231 Abs. 1 Nr. 6 KAGB auch in den Katalog des § 284 Abs. 2 KAGB aufzunehmen, wurden durch das OGAW-V-UmsG52 nun auch Nießbrauchrechte als grundstücksgleiche Rechte in die Definition in § 1 Abs. 19 Nr. 21 KAGB aufgenommen. Dies hat jedenfalls zur Folge, dass offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen inzwischen dann auch in Nießbrauchrecht nach § 231 Abs. 1 Nr. 6 KAGB investieren dürfen, wenn sie gemäß § 284 Abs. 2 KAGB von den in § 284 Abs. 1 KAGB genannten Regelungen abweichen.

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48 So aber Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen InvG, § 2 Rn. 23. 49 So auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen InvG, § 2 Rn. 23. 50 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 52. 51 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 231 Abs. 1 Nr. 6 KAGB; Weitnauer/Boxberger/Anders/Volhard/ Jang § 1 Rn. 86. 52 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, vom 3. März 2016, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 11, ausgegeben zu Bonn am 10. März 2016.

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Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

Gemäß § 284 Abs. 1 KAGB i.V.m. § 231 Abs. 3 KAGB dürfen auch Gegenstände erworben werden, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände eines Immobilien-Sondervermögens erforderlich sind. Allerdings fehlt für Spezial-AIF nach § 284 KAGB nach wie vor eine dem § 231 Abs. 3 KAGB entsprechende Regelung in § 284 Abs. 2 KAGB, nach der eben für ein Immobilien-Sondervermögen auch Gegenstände erworben werden dürfen, die zur Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des Immobilien-Sondervermögens erforderlich sind. Da diese Gegenstände auch unter keine anderen zulässigen Vermögensgegenstände in § 284 Abs. 2 KAGB direkt gefasst werden können, ist davon auszugehen, dass ein Erwerb dieser Vermögensgegenstände – ebenso wie früher bei den Nießbrauchrechten – nicht zulässig ist, wenn der Spezial-AIF von den in § 284 Abs. 1 KAGB genannten Regelungen abweicht. Der Katalog in § 284 Abs. 2 KAGB ist insoweit enumerativ.53 Bei wirtschaftlicher Betrachtung bliebe gleichwohl die Beteiligung an einer Immobilien-Gesellschaft (§ 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB) eine mögliche Alternative. Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (Abs. 2 Nr. 2f) KAGB) Bei Immobilien-Gesellschaften handelte es sich nach der Definition in § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB um Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien sowie die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlichen Gegenstände erwerben dürfen. Auch wenn die BaFin nicht explizit54 verlangt, dass – wie bei Unternehmensbeteiligungen55 - eine mitgliedschaftsrechtliche Beteiligung an einem Unternehmen, durch die sowohl Vermögensrechte (z.B. Teilnahme am Gewinn) als auch Verwaltungsrechte (z.B. Mitsprache- und Informationsrechte) gewährt werden, so wird man doch beispielsweise im Rahmen einer Mezzanine-Finanzierung verlangen müssen, dass man in einem solchen Rahmen wenigstens teilweise mitgliedschaftsrechtlich beteiligt sein muss.56 Entsprechend sind nach der Verwaltungspraxis der BaFin auch Beteiligungen an anderen Immobiliengesellschaften unter Einschluss der Ausreichung von Darlehen an diese zulässig.57 Gleichwohl darf die Tätigkeit nicht über das Halten und Bewirtschaften von Immobilien hinausgehen, um als Immobiliengesellschaft zu qualifizieren.58 Tätigkeiten, die für die Gesellschaft neben den einer mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Immobilie innewohnenden Risiken weitere wesentliche Risiken begründen, führen zum Ausschluss der Eigenschaft als Immobilien-Gesellschaft. Obwohl dieses in der Immobilienwirtschaft nicht unüblich ist, geht die BaFin, entsprechend dem Vorstehenden, davon aus, dass umsatzbezogene Mietverträge für Fondsimmobilien grundsätzlich unzulässig sind, da durch diese ein über das Vermietungsrisiko hinausgehendes Unternehmerrisiko eingegangen wird.59 Im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung auf Objekt- und auf Fondsebene unter Einbeziehung der Vermietungssituation hatte die BaFin allerdings einmal ein

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53 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 1. 54 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 8. 55 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 7. 56 So wohl auch BaFin, Konsultation zur „Erwerbbarkeit von Immobilien-Gesellschaften für Immobilien-Sondervermögen“ vom 16.10.2017 (GZ: WA 42-QB 4100-2016/0005). 57 BaFin, Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 21. Januar 2010 (WA 41-Wp 2136-2008/0001), Frage 8 und 9. 58 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 56. 59 BaFin, Schreiben vom 3.6.2013 (GZ: WA 42-Wp 2100-2013/0002).

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Verhältnis von reiner Umsatzmiete zu Gesamtmieterträgen von höchstens 10% als aufsichtsrechtlich akzeptable Obergrenze auf Objektebene bei einem ShoppingCenter angesehen.60 Die vorstehende Regelung ist nicht auf andere Immobilien, insbesondere nicht auf Hotels, übertragbar. Der Erwerb von immobilienbesicherten Darlehensforderungen oder eine eigenständige gewerbliche Betätigung (z.B. Betrieb eines Hotels) führt zum Ausschluss einer Qualifikation als Immobilien-Gesellschaft.61 In einem solchen Fall kommt allerdings immer noch der Erwerb als Unternehmensbeteiligung in Betracht (§ 284 Abs. 2 Nr. 2i) KAGB). Aufgrund der weiten Definition der Immobilien-Gesellschaft in § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB ist es nicht ausgeschlossen, dass es sich bei einer Immobilien-Gesellschaft gleichzeitig auch um einen AIF handeln kann, wenn die Anforderungen an eine Immobilien-Gesellschaft im Speziellen und die investmentrechtlichen Anforderungen beim Erwerb einer Immobilien-Gesellschaft im Allgemeinen insgesamt erfüllt werden, so dass ein AIF als Immobilien-Gesellschaft für das Investmentvermögen erworben werden kann.62 Bei Spezial-AIF nach § 284 KAGB können allerdings in den Anlagebedingungen gemäß § 284 Abs. 2 KAGB auch Abweichungen von den allgemeinen Regelungen, insbesondere §§ 231, 234 und 235 KAGB, vereinbart werden. Inländische offene Investmentvermögen sowie entsprechende offene EU- oder ausländische Investmentvermögen (Abs. 2 Nr. 2g) KAGB) Generell dürfen Anteile oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen (§ 1 Abs. 4, 5 und 7 KAGB) sowie an entsprechenden offenen EU- oder ausländischen Investmentvermögen (§ 1 Abs. 8 und 9 KAGB) erworben werden. Unter Nutzung der Ausnahmemöglichkeit nach § 284 Abs. 2 KAGB dürfen daher auch Anteile an Kaskadenfonds (beachte insoweit die Abweichung von § 196 KAGB), Dach-Hedgefonds sowie in- und ausländischen Spezial-AIF (einschließlich Hedgefonds) erworben werden.63 Eine Vergleichbarkeit mit inländischen Investmentvermögen ist allerdings nicht gegeben, wenn das offene EU- oder ausländische Investmentvermögen unmittelbar als Darlehnsgeber Darlehns-/Kreditverträge eingeht und diese nicht durch Abtretung erworben hat;64 aufgrund den Änderung der Verwaltungspraxis der BaFin im Rahmen von europarechtlichen Regelungen65 zur Kredit- und Darlehensvergabe sowie der Einführung von § 285 Abs. 2 und 3 KAGB66 zur Kreditvergabe im Rahmen der Anpassung des KAGB an die sog. OGAW-V-Richtlinie,67 dürfte dieses als Kriterium für die mangelnde Vergleichbarkeit nicht mehr relevant sein. Darüber hinaus darf ein Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen Feederfonds eines Masterfonds sein; Voraussetzung ist allerdings, dass der Masterfonds nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist und § 280 KAGB beachtet wird, wonach Spezial-AIF ge-

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60 BaFin, Schreiben vom 3.6.2013 (GZ: WA 42-Wp 2100-2013/0002). 61 BaFin, Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 21. Januar 2010 (WA 41-Wp 2136-2008/0001), Frage 8 und 9. 62 Siehe insbesondere BaFin, Konsultation zur „Erwerbbarkeit von Immobilien-Gesellschaften für Immobilien-Sondervermögen“ vom 16.10.2017 (GZ: WA 42-QB 4100-2016/0005). 63 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 3. 64 BaFin, Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 21. Januar 2010 (WA 41-Wp 2136-2008/0001), Frage 3. 65 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“). 66 § 285 Abs. 2 und 3 KAGB sind gültig seit 18.3.2016. 67 Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014.

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nerell nicht Masterfonds oder Feederfonds einer Master-Feeder-Struktur sein dürfen, wenn Publikumsinvestmentvermögen Masterfonds oder Feederfonds in dieser Master-Feeder-Struktur sind.68 Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften (Abs. 2 Nr. 2h) KAGB) Was eine ÖPP-Projektgesellschaft ist, ist im KAGB in § 1 Abs. 19 Nr. 28 KAGB definiert. Die Definition stimmt mit der Definition in § 2 Abs. 14 InvG überein. ÖPP-Projektgesellschaften sind danach im Rahmen Öffentlich-Privater Partnerschaften tätige Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung zu dem Zweck gegründet wurden, Anlagen oder Bauwerke zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Als Anforderung besteht, dass der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden können muss. Anders als noch in § 91 Abs. 3 Nr. 2 InvG fehlt der Zusatz, dass Beteiligungen an ÖPPProjektgesellschaften auch vor Beginn der Betreiberphase erworben werden dürfen. Diese Anordnung war aber wie aus dem Wortlaut auch deutlich wird „abweichend von § 90b Abs. 2 S. 1 InvG gedacht. Da es die Kategorie der „Infrastruktur-Sondervermögen“ nach dem KAGB allerdings nicht mehr gibt, war eine entsprechende Anordnung nicht nötig. Richtigerweise können damit Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften auch vor Beginn der Betreiberphase erworben werden. Die KAGB-Regelung ist insofern nicht restriktiver als die Vorgängerregelung im InvG. Edelmetalle (Abs. 2 Nr. 2i) KAGB) Der Begriff der Edelmetalle richtet sich nach dem allgemeinen naturwissenschaftlichen Verständnis. Ein mittelbarer Erwerb von Edelmetallen über Zertifikate ist dann erfasst, wenn das Edelmetall als Basiswert physisch hinterlegt ist.69 Unverbriefte Darlehensforderungen (Abs. 2 Nr. 2i) KAGB) Unverbriefte Darlehensfordungen sind, in Abgrenzung zu verbrieften Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten, erfasst. Soweit Darlehensforderungen nicht aufgrund von § 284 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 240 KAGB oder gemäß § 284 Abs. 5 i.V.m. § 285 Abs. 3 KAGB unmittelbar begeben werden können, ist zu beachten, dass diese nur durch Abtretung erworben und nicht durch Vergabe des Darlehens begründet werden dürfen.70 Unternehmensbeteiligungen (Abs. 2 Nr. 2 i) KAGB) Ebenso wie bei der Beteiligung an Immobiliengesellschaften handelt es sich bei der Beteiligung an Unternehmen um den Erwerb von mitgliedsrechtlichen Anteilen, die sowohl Vermögensrechte als auch Verwaltungsrechte gewähren.71 Als zusätzliche Anforderung besteht, dass der Verkehrswert dieser Beteiligungen ermittelt werden können muss. Soweit ein geschlossener AIF die vorstehenden Anforderungen erfüllt, kann dieser auch als Unternehmensbeteiligung erworben werden.72 III. Anlagegrenzen (Abs. 2 Nr. 3 und 4)

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Bei Abs. 2 Nr. 3 und 4 und Abs. 3 handelt es sich um Rückausnahmen. Abs. 2 Nr.3 und 4 greifen inhaltlich weitgehend unverändert die Regelungen von § 91 Abs. 3 Nr. 3

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68 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 5. 69 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, § 2 Rn. 64 f. 70 BaFin, Fragenkatalog zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG und zum Rundschreiben 14/2008 (WA) vom 21. Januar 2010 (WA 41-Wp 2136-2008/0001), Frage 3. 71 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) („FAQ Eligible Assets“) vom 22. Juli 2013 geändert am 5.7.2016 (WA 41-Wp 2137-2013/0001), Teil 2 Frage 7. 72 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Krause KAGB, § 284 Rn. 4.

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C. Zulässige Abweichungen (Abs. 2)

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und 4 InvG auf. Einzig die Unternehmensbeteiligungen sind nun in einem eigenen Abs. 3 geregelt. Nach § 284 Abs. 2 Nr. 3 KAGB bleiben § 197 Abs. 2 (Marktrisikopotential bei dem Einsatz von Derivaten), § 276 Abs. 1 (Leerverkaufsverbot), § 240 (Darlehnsgewährung an Immobilien-Gesellschaften) und § 260 Abs. 3 (Belastung von Vermögensgegenständen eines Immobilien-Sondervermögen) KAGB unberührt, mit der Maßgabe, dass die Belastung nach § 260 Abs. 3 S. 1 KAGB insgesamt 50 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreiten darf. Die Regelung des § 197 Abs. 2 KAGB aufgreifend hat die AIF-Verwaltungsgesellschaft 14 sicherzustellen, dass sich das Marktrisikopotenzial eines offenen inländischen SpezialAIF durch den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente gemäß § 197 Abs. 1 höchstens verdoppelt.73 Zu beachten ist, dass die DerivateV für den Einsatz von Derivaten sowie von Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften in Spezial-AIF besondere Regelungen bzw. Ausnahmen vorsieht. Hierzu gehören Abweichungen von den Anforderungen an Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften (§ 26 Abs. 4 Satz 2 DerivateV) oder auch Abweichungen beim Anrechnungsbetrag für das Kontrahentenrisiko von Vertragspartnern (§ 27 Abs. 2 DerivateV). Darüber hinaus finden erleichterte Berichtspflichten Anwendung (§§ 9 Abs. 6, 38 Abs. 1). Auch gilt das Verbot von „echten“ Leerverkäufen nach § 276 Abs. 1 KAGB. Folg- 15 lich darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger keine Vermögensgegenstände nach Maßgabe von §§ 193 (Wertpapiere), 194 (Geldmarktinstrumente) und 196 (Investmentanteil) KAGB verkaufen, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gehören.74 Beschränkt ist auch die Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften 16 nach § 240 KAGB. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens ein Darlehen nur gewähren, wenn 1. sie an der Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, 2. die Darlehensbedingungen marktgerecht sind, 3. das Darlehen ausreichend besichert ist und 4. bei einer Veräußerung der Beteiligung das Darlehen innerhalb von sechs Monaten nach der Veräußerung zurückzuzahlen ist (§ 240 Abs. 1 KAGB).

1.

2.

Außerdem hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherzustellen, dass 17 die Summe der Darlehen, die einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens insgesamt gewährt werden, 50 Prozent des Wertes der von der Immobilien-Gesellschaft gehaltenen Grundstücke nicht übersteigt und die Summe der Darlehen, die den Immobilien-Gesellschaften insgesamt für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens gewährt werden, 25 Prozent des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht übersteigt; bei der Berechnung der Grenze sind die aufgenommenen Darlehen nicht abzuziehen (§ 240 Abs. 2 KAGB).

Einer Darlehensgewährung nach den Absätzen 1 und 2 steht gleich, wenn ein Dritter im Auftrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Immobilien-Gesellschaft ein Dar-

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73 Vgl. die Kommentierung zu § 197 KAGB sowie auch § 7 Abs. 1 DerivateV (einfacher Ansatz) und § 15 Abs. 1 DerivateV (qualifizierter Ansatz). 74 Vgl. die Kommentierung zu § 276 KAGB.

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§ 284

Anlagebedingungen, Anlagegrenzen

lehen im eigenen Namen für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens gewährt (§ 240 Abs. 3 KAGB).75 Entsprechend der Regelung des § 260 Abs. 3 KAGB bleiben die Belastung von Ver18 mögensgegenständen nach § 231 Abs. 1 KAGB, die zu einem Immobilien-Sondervermögen gehören, sowie die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf solche Vermögensgegenstände beziehen, vorbehaltlich des § 239 KAGB zulässig, wenn 1. dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist, 2. die Verwahrstelle den vorgenannten Maßnahmen zustimmt, weil sie die Bedingungen, unter denen die Maßnahmen erfolgen sollen, für marktüblich erachtet, und 3. die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellt, dass die Belastung insgesamt 50 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien nicht überschreitet.76 Hier zeigt sich eine Änderung zu § 260 Abs. 3 Nr. 3 KAGB der für Publikumsinvestmentvermögen nur eine Belastung von insgesamt 30 Prozent des Verkehrswerts der im Sondervermögen befindlichen Immobilien zulässt. § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB regelt, dass die Anlagegrenze nach § 221 Abs. 4 KAGB unbe19 rührt bleiben muss. Demzufolge darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Wertpapiere gemäß § 198 Satz 1 Nr. 1 KAGB, soweit es sich um Aktien handelt, nur bis zu 20 Prozent des Wertes des Spezial-AIF investieren. Es muss sich daher um Aktien handeln, die „nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, im Übrigen jedoch die Kriterien des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a bis c Ziffer ii, Buchstabe d Ziffer ii und Buchstabe e bis g der Richtlinie 2007/16/EG erfüllen“. Diese auch als Private-Equity Grenze bezeichnete Regelung setzt zum Teil den vorherigen § 91 Abs. 3 i.V.m. § 90h Abs. 4 InvG um, der der Vermeidung von Private-Equity Strategien77 dienen sollten. Ursprünglich galt diese Grenze von 20 Prozent für vorgenannte Aktien und Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen waren, zusammen. Aufgrund der systematischen Stellung ergibt sich aber, dass diese 20 Prozentgrenze nur für solche Aktien gilt. Die Regelung für Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen, findet sich nun im folgenden § 284 Abs. 3 KAGB. Anders als noch unter der Altregelung78 steht die 20 Prozentgrenze in § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB neben der 20 Prozentgrenze in § 284 Abs. 3 KAGB. Dementsprechend darf ein spezial-AIF auch weiterhin zu 100 Prozent in nicht notierte Wertpapiere im Sinne des § 198 Abs. 1 Nr. 1 KAGB investieren soweit es sich nicht um Aktien (§ 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB) und nicht um Beteiligungen an Unternehmen, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind (§ 284 Abs. 3 KAGB), handelt und der allgemeine Grundsatz der Risikomischung gewahrt bleibt.79 Anders als bei § 284 Abs. 3 KAGB80 findet § 282 Abs. 3 KAGB im Rahmen des § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB keine Anwendung, da dieser explizit nach § 284 Abs. 1 KAGB ausgeschlossen ist. Soweit es sich um Aktien handelt,

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75 Vgl. die Kommentierung zu § 240 KAGB. 76 Vgl. die Kommentierung zu § 260 KAGB. 77 Vgl. zuletzt BTDrucks. 17/4510 S. 79. 78 § 91 Abs. 3 Nr. 4 InvG. 79 Vgl. entsprechend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 33. 80 Zur Aufhebung des ursprünglich in § 282 Abs. 3 KAGB aF enthaltenen Verbotes die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen siehe nachfolgend.

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D. Unternehmensbeteiligungen (Abs. 3)

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die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind, ist Abs. 2 gegenüber Abs. 3 auch die speziellere Vorschrift, so dass Abs. 3 im Hinblick auf solche Aktien keine Anwendung findet. Andernfalls würden – wie unter der Vorgängernorm des § 91 Abs. 3 Nr. 4 InvG – Aktien und Unternehmensbeteiligungen in einem Absatz zusammengefasst werden. D. Unternehmensbeteiligungen (Abs. 3) D. Unternehmensbeteiligungen (Abs. 3) Neben § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB soll § 284 Abs. 3 KAGB der Abgrenzung von offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen zu Private Equity Gesellschaften dienen.81 Zulässige Vermögensgegenstände können bei offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen zwar – anders als bei Publikums-AIF – auch Unternehmensbeteiligungen sein, vgl. entsprechend Abs. 2 Nr. 2 lit. i). Für diese wird dann allerdings auch die 20 Prozentgrenze des Wertes des Fonds aus § 91 Abs. 3 Nr.4 in Verbindung mit § 90h Abs. 4 S. 1 InvG übernommen. Die 20 Prozentgrenze für Unternehmensbeteiligungen steht hierbei neben der 20 Prozentgrenze für Aktien nach § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB. Auch wenn Aktien nach § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB zugleich auch Unternehmensbeteiligungen im Sinne des Abs. 3 darstellen, geht insoweit die 20 Prozentgrenze des Abs. 2 vor. D.h. eine Anrechnung erfolgt hier nicht. Anders als nach der Vorgängernorm des § 91 Abs. 3 Nr.4 InvG können daher insgesamt 20 Prozent des Wertes eines SpezialAIF in Aktien nach § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB plus 20 Prozent des Wertes in Unternehmensbeteiligungen nach § 284 Abs. 3 KAGB investiert werden. Ursprünglich schloss der Verweis in S. 2 auf § 282 Abs. 3 KAGB aF aus, dass der offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen mit diesen 20 Prozent seines Wertes die Kontrolle über ein Unternehmen i.S.d. § 288 KAGB erlangen konnte. Das ursprünglich in § 282 Abs. 3 KAGB enthaltene Verbot die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu erlangen82 sowie die Mitteilungspflicht beim Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen sind aber inzwischen weggefallen, so dass insoweit die allgemeinen Regeln nach §§ 287 bis 292 KAGB bei Erlangung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten gelten.83 Aber auch hier müssen aufgrund der spezielleren Norm des § 284 Abs. 2 Nr. 4 KAGB die dort genannten Aktien außer Betracht bleiben. Aufgrund des Verweise auf § 282 Abs. 3 KAGB gelten inzwischen auch die Mitteilungspflichten nach § 289 Abs. 1 KAGB, wenn der Spezial-AIF eine Minderheitsbeteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen erlangt. Relevant sind insofern die Schwellen der Über- oder Unterschreitung von 10%, 20%, 30%, 50% und 75%. Eine weitere Funktion des Abs. 3 liegt im Erhalt der Liquidität des Fonds. Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen, als wenig liquide bzw. illiquide Vermögensgegenstände, stellen sich insbesondere bei einem erhöhten Rücknahmeverlangen der Anleger des Sondervermögens als problematisch im Hinblick auf eines ausreichende Liquidität dar.84 Insoweit bleibt allerdings festzuhalten, dass – anders als noch unter der Vorgängernorm des InvG – durch die Erweiterung der Anlagegrenze von einmal 20 Pro-

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81 Vgl. schon BTDrucks. 16/5576 S. 81. 82 282 Abs. 3 (auf den § 283 Abs. 1 S. 1 verweist) in der noch vor dem 19.7.2014 geltenden Fassung sah noch vor, dass an einem nicht börsennotierten Unternehmen keine Kontrolle im Sinne des § 288 über das Unternehmen erlangt werden durfte. 83 Hinsichtlich börsennotierter Unternehmen gelten, mangels spezieller Regelung im KAGB, (nur) die allgemeinen Anforderungen des WpÜG. 84 Vgl, dazu auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Fischer InvG, § 90h Rn. 21 und Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Knöfler/Ghedina InvG, § 90h Rn. 21.

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zent (§ 91 Abs. 3 Nr. 4 InvG) auf zweimal 20 Prozent (§ 284 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 KAGB) die Investmentmöglichkeit eines Spezial-AIF in illiquide Vermögensgegenstände erhöht wurde. E. Möglichkeit der Kreditaufnahme (Abs. 4) E. Möglichkeit der Kreditaufnahme (Abs. 4) Abs. 4 übernimmt die Regelung des aufzuhebenden § 91 Abs. 4 InvG. Eine AIF-KVG kann danach für Rechnung eines offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 30 Prozent des Wertes des AIF aufnehmen. Die Regelung ist insoweit gleichlautend mit § 199 und § 221 Abs. 6 KAGB, die allerdings eine Begrenzung von 10 Prozent und 20 Prozent vorsehen.85 Auf die Marktüblichkeit des Kredites kommt es anders als bei § 199 und § 221 Abs. 6 KAGB grundsätzlich nicht an. Eine Zustimmung der Anleger ist insofern nicht erforderlich. Diese Regelung die mit dem InvÄndG eingeführt wurde brachte eine Erweiterung der Anlagegrenzen und bewirkt darüber hinaus auch eine Abgrenzung zu Hedgefonds,86 die als entscheidendes Merkmal Leverage aufnehmen dürfen.87 Der Begriff „kurzfristig“ darf daher, im Einklang mit der Verwaltungspraxis der Ba25 Fin,88 keineswegs so verstanden werden, dass lediglich Liquiditätsengpässe überbrückt werden und Investitionszwecke nicht verfolgt werden dürfen.89 Nicht abschließend geklärt ist was dann „kurzfristig“ konkret bedeutet, die entsprechenden Wertungen liegen zwischen drei Monaten und zumindest aus Sicht der BaFin90 nicht länger als ein Jahr.91 Vergleicht man die kurzfristige Kreditaufnahme mit der Anlage in spiegelbildlichen, kurzfristigen Geldern (Geldmarktinstrumenten) wird vorliegend davon ausgegangen, dass eine Kreditaufnahme bis zu 397 Tagen zulässig ist. Anders als noch unter der Vorgängerregelung kann aufgrund des weggefallen Verweises auf §§ 199 und § 221 Abs. 6 KAGB nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Marktüblichkeit der Darlehnsbedingungen zu den unabdingbaren Voraussetzungen der Kreditaufnahme gehört.92 Soweit Kredite zulasten der im Sondervermögen befindlichen Immobilien aufge26 nommen werden, gilt § 254 KAGB entsprechend mit der Maßgabe, dass für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger Kredite nur bis zur Höhe von 50 Prozent des Verkehrswertes der im Sondervermögen befindlichen Immobilien aufgenommen werden dürfen, § 284 Abs. 4 Satz 2 KAGB. Die Kreditaufnahmegrenzen nach Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 gelten insoweit nebeneinander.93

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F. Vergabe von Gelddarlehen (Abs. 5) F. Vergabe von Gelddarlehen (Abs. 5) 27

Durch den Verweis von § 284 Abs. 5 KAGB auf § 285 Abs. 3 KAGB findet die Regelung zur Vergabe von Gelddarlehen entsprechende Anwendung. Der Begriff des Gelddarle-

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85 § 91 Abs. 4 InvG nahm noch auf die entsprechenden Normen §§ 53 und § 90h Abs. 6 InvG direkt Bezug. 86 Vgl. InvÄndG, BTDrucks. 16/6874 S. 118. 87 Vgl. dazu die entsprechende Kommentierung bei § 283 KAGB, Rn. 14 ff. 88 Vgl. dazu den Fragenkatalog der BaFin zu § 53 InvG (Kreditaufnahme) v. 1. Dezember 2009 WA 41-WP 2136-2008/0053. 89 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 39. 90 Vgl. dazu den Fragenkatalog der BaFin zu § 53 InvG (Kreditaufnahme) v. 1. Dezember 2009 WA 41-WP 2136-2008/0053, Frage 8. 91 Vgl. dazu ausführlich Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 40; Baur Investmentgesetze, KAGG, § 9 Rn. 32. 92 So noch zur Altregelung Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 41. 93 Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 91 Rn. 18.

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F. Vergabe von Gelddarlehen (Abs. 5)

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hens bestimmt sich hierbei nach zivil- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.94 Ursprünglich hatte die BaFin aufgrund von europarechtlichen Regelungen ihre Verwaltungspraxis im Hinblick auf die Vergabe sowie Restrukturierung von Darlehen durch Investmentvermögen geändert.95 Insbesondere auch für offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen sah die geänderte Verwaltungspraxis die Vergabe sowie die anschließende Restrukturierung und Prolongation von Darlehen als zulässig an96 und nicht mehr als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft unter dem KWG. Die Kredit- und Darlehensvergabe ist als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung anzusehen, so dass die Regelungen des KAGB als lex specialis das KWG verdrängen.97 In Folge hierzu wurde im Rahmen der Anpassung des KAGB an die sog. OGAW-V-Richtlinie 98 die Regelung zur Vergabe von Gelddarlehen in § 284 Abs. 5 i.V.m. § 285 Abs. 3 KAGB99 aufgenommen. Aufgrund des ausschließlichen Verweises in § 284 Abs. 5 auf § 285 Abs. 3 KAGB (und nicht auch auf § 285 Abs. 2 KAGB), dürfen Spezial-AIF nach § 284 KAGB nur Gelddarlehen an Unternehmen oder Tochterunternehmen gewähren, an denen der Spezial-AIF bereits beteiligt ist. Tochterunternehmen sind hierbei solche Unternehmen im Sinne des § 290 HGB.100 Die Regelung des § 285 Abs. 3 KAGB soll als Ausnahme zu § 285 Abs. 2 KAGB den praktischen Bedürfnissen insbesondere in den Bereichen Private Equity und Venture Capital sowie der Strukturierung über Zweckgesellschaften Rechnung tragen.101 Dementsprechend darf ein Spezial-AIF nach § 284 KAGB höchstens 50% seines aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals für diese Gelddarlehen verwenden (berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen). Die Formulierung zielt primär auf die typische Konstruktion für geschlossene Fonds ab, so dass es in der Regel auf den Nettoinventarwert (NAV) des Spezial-AIF nach § 284 KAGB in der Praxis ankommen dürfte; soweit aber auch bei einem Spezial-AIF nach § 284 KAGB Kapitalzusagen vorhanden sind, können diese allerdings ebenfalls berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss das Gelddarlehen wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllen: 1. bei dem jeweiligen Unternehmen handelt es sich um ein Tochterunternehmen,102 2. das Darlehen muss nur aus dem frei verfügbaren Jahres- oder Liquidationsüberschuss oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens übersteigenden frei verfügbaren Vermögen und in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Un-

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94 BR-Drs. 437/15, S. 78. 95 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“). 96 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“) unter I. 2 und 2. b). 97 BaFin, Schreiben vom 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001 („Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“) unter IV. 98 Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014. 99 § 284 Abs. 5 i.V.m. § 285 Abs. 3 KAGB gelten seit dem 18.3.2016. 100 Vgl. die Definition von Tochterunternehmen in § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB, d.h. Unternehmen auf die der Fonds als „Mutterunternehmen“ unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss i.S.d. § 290 HBG ausüben kann. 101 Vgl. BR-Drs. 437/15 S. 80; das ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehen grundsätzliche Verbot der Darlehensgewährung durch offene Spezial-AIF in § 20 Abs. 9 KAGB-Entwurf ist nicht Gesetz geworden (vgl. BT-Drs. 18/7393, S. 15). 102 § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB i.V.m. § 290 HGB.

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3.

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ternehmens nur nach der Befriedigung sämtlicher Unternehmensgläubiger erfüllt werden (Gelddarlehen mit Rangrücktritt), oder die dem jeweiligen Unternehmen gewährten Darlehen überschreiten nicht das Zweifache der Anschaffungskosten der an dem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen.

Soweit ein Spezial-AIF nach § 284 KAGB selbst Darlehen aufnimmt nur bis zur Höhe von 30% seines aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals (berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen),103 darf der Spezial-AIF auch zu mehr als 50% seines Kapitals (§ 285 Abs. 3 S. 1 KAGB) in Rangrücktrittsdarlehen104 an Unternehmen investieren.105 Erfolgt die Vergabe eines Gelddarlehens (§ 285 Abs. 3 S. 1 KAGB) an ein Tochterunternehmen,106 muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellen, dass (i) das Tochterunternehmen seinerseits Gelddarlehen nur an Unternehmen gewährt, an denen das Tochterunternehmen bereits beteiligt ist, und (ii) wenigstens eine der vorstehenden Bedingungen in § 285 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 3 KAGB ebenfalls erfüllt ist (§ 285 Abs. 3 S. 3 KAGB). Der zweite Halbsatz des Abs. 5 stellt klar, dass § 284 Abs. 2 Nr. 3 KAGB i.V.m. § 240 29 KAGB als speziellere Regelung vorgehen,107 so dass die Darlehensgewährung an Immobilien-Gesellschaften durch den Spezial-AIF nach § 284 KAGB nach wie vor unabhängig von den Regelungen des § 285 Abs. 3 KAGB erfolgen kann. G. Abdingbarkeit und Anwendung weiterer Regelungen

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G. Abdingbarkeit und Anwendung weiterer Regelungen Im Rahmen des § 284 Abs. 2 KAGB stellt sich die Frage, inwieweit von weiteren nicht explizit in § 284 Abs. 2 bis 4 KAGB genannten Regelungen nicht abgewichen werden darf. Soweit eine Regelung nicht nur ausschließlich das Verhältnis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu den Anlegern regelt sondern auch Rechte Dritter betroffen sind, ist davon auszugehen, dass eine solche Regelung nicht abbedungen werden kann.108 Nach Ansicht der BaFin gehören die Regelungen des § 246 KAGB zu den abdingba31 ren Vorschriften, so dass auf die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung zugunsten der Verwahrstelle bei offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen mit Anlagemöglichkeit in Immobilien verzichtet werden kann. Dieses setzt aber nach Ansicht der BaFin auch den expliziten Ausschluss von § 246 KAGB nach Maßgabe von § 284 Abs. 2 KAGB in den Anlagebedingungen des Spezial-AIF voraus. Andernfalls findet über die Vorschrift des § 246 Abs. 1 KAGB die Reglungen der §§ 84 Abs. 1 Nr. 3 und 83 Abs. 4 Nr. 1 KAGB sowie über die Vorschrift des § 246 Abs. 2 KAGB die Regelungen der §§ 87 und 69 Abs. 1, 2 und 4 KAGB Anwendung.109 Da die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung zugunsten der Verwahrstelle bei einem Immobilienfonds (zumindest in Deutschland) ein Kernelement der Überwachung bzw. Sicherstellung des Eigentums an den Immobilien darstellt, stellt sich aber die Frage, warum hiervon aus Anlegerschutzgesichtspunkten überhaupt abgewichen werden soll, auch wenn dieses rechtlich möglich ist.

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103 § 285 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 285 Abs. 2 Nr. 1 KAGB. 104 § 285 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KAGB. 105 § 285 Abs. 3 S. 2 KAGB. 106 § 1 Abs. 19 Nr. 35 KAGB i.V.m. § 290 HGB. 107 Vgl. BR-Drs. 437/15 S. 78. 108 Berger/Steck/Lübbehüsen/Steck InvG, § 91 Rn. 4; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 39. 109 BaFin, Zur Frage der Genehmigungspflicht für die Auswahl der Verwahrstelle nach Maßgabe des § 284 Absatz 1 und 2 KAGB, WA 42-Wp 2136-2013/0284 vom 7. Oktober 2013.

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H. Befreiung von der Konsolidierungspflicht (§ 290 HGB)

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Ebenfalls zu den abdingbaren Vorschriften gehört § 245 KAGB.110 Hierdurch besteht 32 die Möglichkeit, dass bei offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen mit Anlagemöglichkeit in Immobilien die Immobilien als Vermögensgegenstände des Sondervermögens im Eigentum des Investors bzw. der Investoren sich befinden. Diese in der Praxis häufig vorkommende Regelung hat den Vorteil das Immobilen grunderwerbsteuerneutral im Rahmen einer Sacheinlage in das Sondervermögen und auch wieder zurück überführt werden können, ohne das zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsträgerwechsel kommt. Nicht abbedungen werden kann die Regelung des § 242 KAGB, wonach ein Verstoß 33 gegen die Regelungen zu Immobilien-Sondervermögen nicht zu einer Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes im Hinblick auf Immobilien-Transaktionen im Außenverhältnis führt. Hier aber ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des § 284 KAGB die Regelungen zu den Immobilien-Sondervermögen grundsätzlich abbedungen werden können. Fraglich ist außerdem, wie sich der Verweis in § 284 Abs. 2 Nr. 3 KAGB auf § 260 Abs. 3 34 KAGB auch im Hinblick auf die Regelungen in § 275 KAGB verhält. Nach dem Wortlaut von § 284 Abs. 2 Nr. 3 KAGB muss § 260 Abs. 3 KAGB bei Abweichung von generell anwendbaren Vorschriften unberührt bleiben. Lediglich die dort genannte Belastungsgrenze erhöht sich auf 50%. Das Bedeutet aber auch, dass von der Regelung in § 260 Abs. 3 Nr. 2 KAGB nicht abgewichen werden kann. Insofern enthält § 260 Abs. 3 Nr. 2 KAGB die Ermächtigungsgrundlage für die Zustimmungspflicht der Verwahrstelle bei inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen soweit es sich um die in § 231 Abs. 1 KAGB genannten Vermögensgegenstände handelt. Eine (gleichlautende) allg. Regelung zur Zustimmung der Verwahrstelle wie für Publikumsfonds in § 84 Abs. 1 Nr. 3 KAGB gibt es nicht. Dementsprechend ist der Verweis in § 284 Abs. 2 Nr. 3 KAGB auf § 260 Abs. 3 KAGB zugleich lex specialis gegenüber der Regelung in § 275 KAGB, die insofern für die übrigen Vermögensgegenstände in dem Spezial-AIF Anwendung findet. Es können daher weder die Regelungen des § 260 Abs. 3 KAGB111 noch die Regelungen des § 275 KAGB im Hinblick auf die Zustimmungspflicht der Verwahrstelle abbedungen werden. H. Befreiung von der Konsolidierungspflicht (§ 290 HGB) H. Befreiung von der Konsolidierungspflicht (§ 290 HGB) Gemäß § 290 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 2. Hs HGFB sind von der Konsolidierung auf Ebene des 35 Mutterunternehmens ausgenommen „Spezial-Sondervermögen im Sinn des § 2 Absatz 3 des Investmentgesetzes oder vergleichbare ausländische Investmentvermögen oder als Sondervermögen aufgelegte offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen im Sinn des § 284 des Kapitalanlagegesetzbuchs oder vergleichbare EU-Investmentvermögen oder ausländische Investmentvermögen, die den als Sondervermögen aufgelegten offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen im Sinn des § 284 des Kapitalanlagegesetzbuchs vergleichbar sind.“ Für die Praxis attraktiv muss unabhängig von der Beteiligungshöhe an einem Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen in der Form eines Sondervermögens112 dieser nicht von dem Mutterunternehmen konsolidiert werden. Wäre das nicht der Fall müsste andernfalls das Mutterunternehmen durch den Fonds „hindurchschauen“ und jeden einzelnen Vermögensgegenstand bei sich in der (konsolidierten) Bilanz aufführen. neue Seite!

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110 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Zirlewagen InvG, § 91 Rn. 37; anderer Auffassung noch Berger/ Steck/Lübbehüsen/Steck InvG, § 91 Rn. 4. 111 Entsprechend zur Altregelung Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schultz-Süchting InvG, § 82 Rn. 34. 112 § 1 Abs. 10 KAGB.

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§ 285

Anlageobjekte

ABSCHNITT 3 Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF UNTERABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften für geschlossene inländische Spezial-AIF § 285 Anlageobjekte § 285 Anlageobjekte Hartrott Anlageobjekte https://doi.org/10.1515/9783110492217-072

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für das Investmentvermögen nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darf für Rechnung eines geschlossenen Spezial-AIF Gelddarlehen nur unter den folgenden Bedingungen gewähren: 1. für den geschlossenen Spezial-AIF werden Kredite nur bis zur Höhe von 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals aufgenommen, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen; 2. das Gelddarlehen wird nicht an Verbraucher im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches vergeben; 3. an einen Darlehensnehmer werden Gelddarlehen nur bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen Spezial-AIF vergeben, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen. (3) 1 Abweichend von Absatz 2 darf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung eines geschlossenen Spezial-AIF Gelddarlehen an Unternehmen gewähren an denen der geschlossene Spezial-AIF bereits beteiligt ist, wenn höchstens 50 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen Spezial-AIF für diese Darlehen verwendet werden, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, und zudem eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 1. bei dem jeweiligen Unternehmen handelt es sich um ein Tochterunternehmen des geschlossenen Spezial-AIF; 2. das Darlehen muss nur aus dem frei verfügbaren Jahres- oder Liquidationsüberschuss oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens übersteigenden frei verfügbaren Vermögen und in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens nur nach der Befriedigung sämtlicher Unternehmensgläubiger erfüllt werden, oder 3. die dem jeweiligen Unternehmen gewährten Darlehen überschreiten nicht das Zweifache der Anschaffungskosten der an dem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen. 2 Erfüllt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anforderungen des Absatzes 2 Nummer 1, können auch mehr als 50 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des geschlossenen Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-072

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A. Allgemeines

§ 285

Spezial-AIF für nach Satz 1 Nummer 2 nachrangige Darlehen verwendet werden. 3 Erfolgt die Vergabe eines Gelddarlehens nach Satz 1 an ein Tochterunternehmen, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellen, dass das Tochterunternehmen seinerseits Gelddarlehen nur an Unternehmen gewährt, an denen das Tochterunternehmen bereits beteiligt ist, und eine der entsprechend anzuwendenden Bedingungen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 erfüllt ist.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 5 Kommentierung I. Absatz 1 | 7 II. Absatz 2 | 10 1. Beschränkungen bei der Darlehensaufnahme des darlehensgewährenden AIF (Abs. 2 Nr. 1) | 12 2. Keine Darlehensgewährung an Verbraucher (Abs. 2 Nr. 2) | 13

3.

III.

Begrenzung des Umfangs zu gewährender Darlehen (Abs. 2 Nr. 3) | 14 Absatz 3 | 15 1. Darlehensempfänger als Tochterunternehmen des darlehensgewährenden AIF (Abs. 3 Nr. 1) | 20 2. Mittelherkunft des Darlehens (Abs. 3 Nr. 2) | 22 3. Umfang der gewährten Darlehen (Abs. 3 Nr. 3) | 23

A. Allgemeines A. Allgemeines Die Regelung des § 285 führt den dritten Abschnitt des dritten Kapitels des KAGB an. 1 Während der erste Abschnitt allgemeine Vorschriften für inländische Spezial-AIF enthält, enthalten die Abschnitte zwei und drei spezielle Regelungen für offene und geschlossene inländische Spezial-AIF. Die AIFM-Richtlinie selbst enthält grundsätzlich keine Regeln im Hinblick auf die 2 AIF. Bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber insoweit von seinem Recht Gebrauch gemacht, über den Regelungsgehalt der Richtlinie hinaus neben den Verwaltern von AIF auch die AIF zu regulieren (sog. „Gold-plating“). I. Entstehungsgeschichte Während die finale Gesetzesfassung in § 285 ausschließlich regelt, in welche Vermö- 3 gensgegenstände die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Investmentvermögen investieren darf, enthielt der Diskussionsentwurf in § 253 auch Aussagen über die Anlagegrenzen des AIF. Hierdurch sollten offene von geschlossenen Spezial-AIF besser abgegrenzt werden können. Durch das OGAW V-Umsetzungsgesetz1 wurde die Regelung wesentlich überarbeitet. 4 Angefügt wurden die Absätze 2 und 3, die Vorgaben für die Gewährung von Gelddarlehen an Dritte (Abs. 2) und beteiligte Unternehmen (Abs. 3) enthalten.

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1 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen v. 3.3.2016, BGBl. I 2016, S. 348.

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§ 285

Anlageobjekte

II. Inhalt und Zweck der Regelung Durch die in Absatz 1 enthaltene gesetzgeberische Begrenzung der Anlageobjekte eines inländischen geschlossenen Spezial-AIF auf solche Vermögensgegenstände, deren Verkehrswert ermittelt werden kann, soll eine Bewertung der Vermögensgegenstände und damit auch der Anteile an dem AIF ermöglicht werden. 6 Mit den im Zuge des OGAW-V-UmsG eingefügten Absätzen 2 und 3 hat der Gesetzgeber die neue Verwaltungspraxis der BaFin, nach der die Vergabe von Darlehen durch einen AIF seit Mai 2015 grundsätzlich als zulässig erachtet wird, normiert. 5

B. Kommentierung B. Kommentierung I. Absatz 1 Die in Absatz 1 enthaltene Regelung legt fest, in welche Vermögensgegenstände eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen geschlossenen inländischen Spezial-AIF investieren darf. „Spezial-AIF“ sind AIF, deren Anteile auf Grund schriftlicher Vereinbarungen mit 8 der Verwaltungsgesellschaft oder auf Grund der konstituierenden Dokumente des AIF ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern gehalten werden dürfen. „Professionelle Anleger“ sind Anleger im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 32. „Semi-professionelle Anleger“ sind Anleger im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 33. Im Gegensatz zu der Parallelvorschrift für geschlossene inländische Publikums-AIF 9 enthält § 285 jedoch keinen Katalog von zulässigen Vermögensgegenständen. Stattdessen wird umrissartig festgelegt, dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Investmentvermögen nur in solche Vermögensgegenstände investieren darf, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Der „Verkehrswert“ oder „gemeine Wert“ wird nach § 9 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bleiben jedoch außer Betracht. 7

II. Absatz 2 Der mit dem Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG eingefügte Absatz 2 enthält Regelungen in Bezug auf die Vergabe von Gelddarlehen, die nicht als Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren sind. Sachdarlehen sind von Absatz 2 nicht erfasst. Wann eine Darlehensgewährung vorliegt, bestimmt sich ausschließlich nach zivilrechtlichen Grundsätzen (§ 488 BGB).2 Mezzanine Finanzierungsformen (z.B. die Vergabe von Genussrechten) oder stille Beteiligungen3 sind begrifflich von der Regelung des Absatzes 2 ausgenommen. Im Verhältnis zur Regelung in Absatz 3, die Sonderregelungen für die Vergabe von Gelddarlehen an Unternehmen trifft, an denen der das Darlehen gewährende geschlossene Spezial-AIF selbst beteiligt ist, handelt es sich bei Absatz 2 um das allgemeinere Gesetz. Für die Vergabe von Gelddarlehen an Unternehmen hat der Gesetzgeber enge Gren11 zen gesteckt, da es sich dabei aus seiner Sicht prinzipiell um eine Ausnahme handelt. Der Ausnahmecharakter kommt einerseits darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber

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2 Moritz/Klebeck/Jesch/Stoschek/Rinas/Windszus KAGB, § 285 Rn. 20. 3 Vgl. insoweit auch „Merkblatt Kreditgeschäft“ der BaFin v. 2.5.2016, abrufbar unter: https://www.bafin. de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090108_tatbestand_kreditgeschaeft.html.

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B. Kommentierung

§ 285

bereits in § 20 Absatz 9 sagt, dass die Vergabe von Gelddarlehen durch AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften nur ausnahmsweise möglich ist. Daneben enthält Absatz 2 neben der volumenmäßigen Limitierung zu gewährender Darlehen (Nr. 1) noch weitere Voraussetzungen für deren Vergabe (Nr. 2 und 3). Die jeweiligen Voraussetzungen gelten kumulativ. 1. Beschränkungen bei der Darlehensaufnahme des darlehensgewährenden 12 AIF (Abs. 2 Nr. 1). Nach Absatz 2 Nummer 1 dürfen Gelddarlehen für einen geschlossenen Spezial-AIF nur in Höhe von 30 Prozent des investitionsfähigen Kapitals aufgenommen werden, damit ein solcher AIF seinerseits in den weiteren Grenzen des Absatzes 2 Gelddarlehen an einen Darlehensnehmer vergeben darf. Der kompliziert klingende Wortlaut („…des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals…“) der prozentualen Begrenzung orientiert sich dabei an den anderenorts im KAGB verwendeten Formulierungen für die Limitierung von Risiken (§ 262 Abs. 1 Nr. 1), die Limitierung des Leverage (§ 263 Abs. 1) sowie für die Limitierung von Belastungen der Vermögensgegenstände eines AIF (§ 263 Abs. 4) bei geschlossenen Publikums-AIF. 2. Keine Darlehensgewährung an Verbraucher (Abs. 2 Nr. 2). Nach Absatz 2 13 Nummer 2 sind Darlehensvergaben an Verbraucher aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht gestattet. Wer als „Verbraucher“ gilt, wird in § 13 BGB legal definiert. 3. Begrenzung des Umfangs zu gewährender Darlehen (Abs. 2 Nr. 3). Soweit die 14 in Absatz 2 Nummer 1 und 2 enthaltenen Vorgaben beachtet werden, darf in dem in Absatz 2 Nummer 3 bestimmten Umfang eine Darlehensgewährung erfolgen. Das bedeutet, dass Darlehen nur insoweit gewährt werden dürfen, wie deren Betrag 20 Prozent des investitionsfähigen Kapitals, das dem darlehensgewährenden AIF zur Verfügung steht, nicht überschreitet. Der Wortlaut der in Abs. 2 Nr. 3 enthaltenen Begrenzung der Darlehensgewährung orientiert sich begrifflich an anderenorts im KAGB enthaltenen Limitierungen. III. Absatz 3 Mit dem ebenfalls neu in § 285 aufgenommenen Absatz 3 werden für die Vergabe 15 von Gesellschafterdarlehen Sonderregelungen getroffen. Die Ausnahme soll einerseits den praktischen Bedürfnissen der Private Equity- und Venture Capital-Branche Rechnung tragen4 und andererseits die Strukturierung über Zweckgesellschaften erleichtern.5 Die Regelung ermöglicht vor diesem Hintergrund die Gewährung von Gelddarlehen 16 an Unternehmen, an denen der AIF beteiligt ist. Dies muss nicht zwangsläufig nur im Falle unmittelbarer Beteiligungen gelten, sondern auch bei mittelbaren Beteiligungen innerhalb von Konzernstrukturen, da eine Beschränkung auf unmittelbare Fälle dem vorgenannten Gesetzeszweck zuwiderlaufen würde. Absatz 3 setzt voraus, dass der darlehensgewährende AIF am darlehensnehmenden 17 Unternehmen „bereits“ beteiligt ist. Damit sollen rein schuldrechtliche Konstellationen vermieden werden.6 Eine Beschränkung der Möglichkeit der Darlehensgewährung auf

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BT-Drs. 18/7393 S. 77. BT-Drs. 18/6744 S. 65. Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 285 Rn. 15.

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§ 286

Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung

inländische Beteiligungen ist jedoch abzulehnen, da sich eine solche Begrenzung weder aus dem Gesetzzweck noch aus dem Wortlaut der Regelung ergibt. Absatz 3 Satz 1 setzt ferner voraus, dass der Umfang der zu gewährenden Darlehen 18 nicht mehr als 50 Prozent des investitionsfähigen Kapitals beträgt. Diese Begrenzung gilt nach Absatz 3 Satz 2 jedoch dann wiederum nicht, wenn der darlehensgewährende AIF die in Absatz 2 Nummer 1 enthaltene Begrenzung bei der Aufnahme eigener Kredite (30 Prozent des investitionsfähigen Kapitals) beachtet. Weitere Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung im Sinne des Absatzes 3 19 Satz 1 enthält der dort genannte Katalog, wobei die in den Nummern 1 bis 3 enthaltenen Regelungen nicht kumulative, sondern alternative Voraussetzungen bilden. Eine dieser alternativen Voraussetzungen muss jedoch neben der vorgenannten Begrenzung der Darlehensgewährung (d.h. eine Darlehensgewährung in Höhe von maximal 50 Prozent des investitionsfähigen Kapitals). 1. Darlehensempfänger als Tochterunternehmen des darlehensgewährenden AIF (Abs. 3 Nr. 1). Bei dem Darlehensempfänger muss es sich nach Absatz 3 Nummer 1 um ein Tochterunternehmen des darlehensgewährenden AIF handeln. In diesem Fall muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch sicherstellen, dass das Tochterunternehmen seinerseits nur Gelddarlehen an Unternehmen vergibt, an denen es bereits beteiligt ist. Als „Tochterunternehmen“ gelten solche iSd § 290 HGB. 21

20

22

2. Mittelherkunft des Darlehens (Abs. 3 Nr. 2). Handelt es sich bei dem Darlehensempfänger nicht um eine Tochtergesellschaft des AIF, muss nach Absatz 3 Nummer 2 bei der Darlehensvergabe gewährleistet werden, dass die Darlehensmittel aus dem Free Cash Flow des AIF erfolgen.

23

3. Umfang der gewährten Darlehen (Abs. 3 Nr. 3). Handelt es sich bei dem Darlehensempfänger nicht um eine Tochtergesellschaft des AIF und erfüllt die Mittelherkunft für das Darlehen nicht die Voraussetzungen des Absatzes 3 Nummer 2, ist der Umfang der zu gewährenden Darlehen betragsmäßig zu begrenzen. Eine Darlehensgewährung, deren Umfang das Zweifache der Anschaffungskosten für die das Darlehen beanspruchende Beteiligung übersteigt, ist insoweit untersagt. https://doi.org/10.1515/9783110492217-073

§ 286 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung § 286 Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung Hartrott Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung

(1) Für die Bewertung, das Bewertungsverfahren und den Bewerter gelten die §§ 168, 169 und 216 entsprechend. (2) Für die Häufigkeit der Bewertung gilt § 272 entsprechend.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 4 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 6 Kommentierung

Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-073

I.

II.

Bewertungsverfahren und Bewerter | 8 1. Bewertungsverfahren | 10 2. Bewerter | 16 Häufigkeit der Bewertung | 22

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B. Kommentierung

§ 286

A. Allgemeines § 286 legt für geschlossene inländische Spezial-AIF die Bewertungsmaßstäbe mit 1 Blick auf das Bewertungsverfahren, den Bewerter und die Häufigkeit der Bewertung fest. Die Regelung gehört zu den wenigen Anlagebeschränkungen, denen ein geschlos- 2 sener inländischer Spezial-AIF unterliegt. Als produktbezogene Vorschrift ist sie nicht Bestandteil der AIFM-Richtlinie, son- 3 dern geht in erlaubter Weise über deren Umfang hinaus. I. Entstehungsgeschichte Der Inhalt der Vorschrift verteilte sich in dem ursprünglichen Diskussionsentwurf 4 des KAGB auf die §§ 254 und 255. In der finalen Gesetzesfassung wurden die Regelungsgehalte in einer Vorschrift zusammengefasst. Durch das OGAW-V-UmsG haben sich keine Änderungen für die Vorschrift ergeben. 5 II. Inhalt und Zweck der Regelung Die Vorschrift verweist hinsichtlich des Bewertungsverfahrens und des Bewerters 6 auf die für offene AIF-Publikumsinvestmentvermögen geltenden Vorschriften. Mit Blick auf die Häufigkeit der Bewertung wird auf die für geschlossene inländische PublikumsAIF geltende Regelung verwiesen. Zweck der Regelung ist, einheitliche Maßstäbe für die Bewertung von Vermögensge- 7 genständen zu schaffen und dadurch letztlich den Anlegerschutz zu erhöhen. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Bewertungsverfahren und Bewerter Die Vorschriften zum Bewertungsverfahren und zur Bewertung bei offenen AIF- 8 Publikumsinvestmentgesellschaften gelten nach dem Willen des Gesetzgebers auch für geschlossene Spezial-AIF, da bereits die Vorschriften zu offenen Publikumsinvestmentvermögen im Wesentlichen auf der Umsetzung der AIFM-Richtlinie beruhen.1 Über den Verweis in § 286 Absatz 1 sind daher für das Bewertungsverfahren und die 9 Bewerter die §§ 168 und 169 anzuwenden. 1. Bewertungsverfahren. So enthält § 168 Absatz 1 die Berechnung des Nettoinven- 10 tarwerts je Anteil oder je Aktie. Der „Nettoinventarwert“ (auch „Net Asset Value“ oder „NAV“ genannt) beschreibt 11 das Vermögen des AIF, das für die Berechnung des Werts der einzelnen Anteile oder Aktien entscheidend ist. Er ergibt sich aus dem Nettovermögen des jeweiligen AIF geteilt durch die Anzahl der insgesamt ausgegebenen Teile. Der „Wert des AIF“ ergibt sich wiederum aus der Summe der Verkehrswerte seiner 12 Vermögensgegenstände abzüglich der aufgenommenen Kredite und sonstigen Verbindlichkeiten.

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501

BT-Drucks. 17/12294 S. 132.

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§ 286

Bewertung, Bewertungsverfahren und Bewerter; Häufigkeit der Bewertung

13

Existiert für die Vermögensgegenstände des geschlossenen Spezial-AIF kein Kurswert, ist nach § 168 Absatz 3 der Wert als Verkehrswert zugrunde zu legen, der bei sorgfältiger Einschätzung nach geeigneten Bewertungsmodellen unter Berücksichtigung der aktuellen Marktgegebenheiten angemessen ist. § 168 Absatz 7 verpflichtet die Kapitalverwaltungsgesellschaft alle angemessenen 14 Maßnahmen zu ergreifen, um bei Erwerb oder Veräußerung der Vermögensgegenstände das bestmögliche Ergebnis für den AIF zu erzielen. Dabei gibt der Gesetzgeber einen Katalog mit gewichteten Kriterien vor, welchen die Kapitalverwaltungsgesellschaft zu beachten hat. Hierzu gehören u. a. die Merkmale des Auftrags sowie die Merkmale der Ausführungsplätze. Diese – ursprünglich für Sondervermögen in § 36 Absatz 2 InvG entwickelten – Kriterien sind jedoch inhaltlich nicht auf alle durch einen geschlossenen Spezial-AIF erwerbbaren Vermögensgegenstände übertragbar. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist nach § 169 Absatz 1 dazu verpflichtet, eine 15 interne Bewertungsrichtlinie zu erstellen, die von den in § 169 Absatz 2 genannten Grundsätzen gekennzeichnet sein soll. Hiernach hat die Bewertung von Vermögensgegenständen unparteiisch und mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erfolgen. Die Bewertungsrichtlinie muss geeignete und kohärente Verfahren für eine ordnungsgemäße, transparente und unabhängige Bewertung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens festlegen. 16 17

18

19 20 21

2. Bewerter. Wer die Bewertung von Anteilen oder Aktien an geschlossenen inländischen Spezial-AIF vornehmen darf, ergibt sich aus § 216. Danach ist die Bewertung entweder durch einen externen Bewerter oder von der Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst durchzuführen. Die Bestellung eines externen Bewerters entbindet die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht von ihrer für die ordnungsgemäße Bewertung bestehenden Verantwortung. Bei dem externen Bewerter kann es sich um eine natürliche oder eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft handeln, die unabhängig von der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder anderen Personen mit engen Verbindungen zum Spezial-AIF sein muss. Für die Bestellung eines externen Bewerters gelten im Übrigen die in § 216 Absatz 2 genannten Nachweispflichten. Ein bestellter externer Bewerter darf seine Bewertungsfunktion nach § 216 Absatz 4 nicht an Dritte delegieren. Die Bestellung eines externen Bewerters ist nach § 216 Absatz 5 der BaFin mitzuteilen. II. Häufigkeit der Bewertung

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Die erforderliche Häufigkeit der Bewertung von Anteilen oder Aktien an geschlossenen inländischen Spezial-AIF ergibt sich aus § 272. Nach dessen Absatz 1 hat die Bewertung der Vermögensgegenstände und die Be23 rechnung des Nettoinventarwerts je Anteil oder Aktie mindestens einmal jährlich zu erfolgen und darüber hinaus auch dann, wenn das Gesellschaftsvermögen des AIF erhöht oder herabgesetzt wird. Absatz 3 enthält darüber hinaus eine Offenlegungspflicht zulasten der Kapitalver24 waltungsgesellschaft. Sie muss die Bewertungen der Vermögensgegenstände und die Berechnungen des Nettoanteilswerts gegenüber den Anlegern offenlegen.

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Systematische Übersicht

§ 287

UNTERABSCHNITT 2 Besondere Vorschriften für AIF, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten erlangen § 287 Geltungsbereich § 287 Geltungsbereich Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-074 (1) Die §§ 287 bis 292 sind anzuwenden auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, 1. die AIF verwalten, die entweder allein oder gemeinsam aufgrund einer Vereinbarung die Erlangung von Kontrolle gemäß § 288 Absatz 1 über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zum Ziel haben; 2. die mit einer oder mehreren AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeiten, gemäß der die von diesen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften verwalteten AIF die Kontrolle gemäß § 288 Absatz 1 über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangen. (2) Die §§ 287 bis 292 sind nicht anzuwenden, wenn das nicht börsennotierte Unternehmen 1. ein kleineres oder mittleres Unternehmen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen ist oder 2. eine Zweckgesellschaft für den Erwerb, den Besitz oder die Verwaltung von Immobilien ist. (3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 ist § 289 Absatz 1 auch auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anzuwenden, die AIF verwalten, die eine Minderheitsbeteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen erlangen. (4) 1 § 290 Absatz 1 bis 3 und § 292 sind auch auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anzuwenden, die solche AIF verwalten, die Kontrolle in Bezug auf einen Emittenten im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2004/ 109/EG erlangen, 1. der seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat und 2. dessen Wertpapiere im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 21 der Richtlinie 2014/65/EU zum Handel auf einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind. 2 Für die Zwecke dieser Paragraphen gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. (5) Die §§ 287 bis 292 gelten, vorbehaltlich der Bedingungen und Beschränkungen, die in Artikel 6 der Richtlinie 2002/14/EG festgelegt sind. Systematische Übersicht A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 6 Kommentierung I. Anwendbarkeit der §§ 287 bis 292 (Absatz 1) | 8 1. Verwalteter AIF erlangt Kontrolle (Absatz 1 Nummer 1, 1. Variante) | 9

503 https://doi.org/10.1515/9783110492217-074

2.

3.

Verwaltete AIF erlangen gemeinsam Kontrolle (Absatz 1 Nummer 1, 2. Variante) | 10 Kooperierende AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet AIF, der Kontrolle erlangt (Absatz 1 Nummer 2, 1. Variante) | 11

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§ 287

Geltungsbereich

4.

II.

Kooperierende AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften verwalten AIF, die Kontrolle erlangen (Absatz 1 Nummer 2, 2. Variante) | 12 Ausschluss der Anwendbarkeit bei bestimmten Unternehmen (Absatz 2) | 17 1. Kleine und mittlere nicht börsennotierte Unternehmen | 18 2. Zweckgesellschaften | 22

III.

IV.

V.

Anwendbarkeit des § 289 im Falle von Minderheitsbeteiligungen (Absatz 3) | 24 Anwendbarkeit der §§ 290 und 292 auf Unternehmen mit Sitz in der EU (Absatz 4) | 29 Anwendungsvorbehalt im Hinblick auf die Richtlinie 2002/14/EG (Absatz 5) | 36

A. Allgemeines § 266 setzt die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe t und Artikel 26 Absatz 1 bis 4 und 6 der AIFM-Richtlinie genannten Vorgaben um. Die Regelung legt fest, dass AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die AIF verwal2 ten, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten erlangen, die in den §§ 287 bis 292 genannten besonderen Vorschriften zu beachten haben. Sie findet in erster Linie für Private-Equity-AIF Anwendung. 1

I. Entstehungsgeschichte Die in den §§ 288 bis 292 enthaltenen Kontrollvorschriften nebst des in § 287 festgelegten Geltungsbereichs waren bereits Bestandteil des Diskussionsentwurfs zum KAGB, dort noch unter den §§ 256 ff. KAGB-E. § 287 wurde dabei nahezu inhaltsgleich, jedoch mit einigen formellen Änderungen, in die finale Fassung des KAGB aufgenommen. Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Fi4 nanzmarktes1 wurde die Regelung in Abs. 4 Nr. 1 auf den Europäischen Wirtschaftsraum erweitert. Mit Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG2 wurden die Regelung in Abs. 4 Nr. 2 an das 5 geltende EU-Recht angepasst. 3

II. Inhalt und Zweck der Regelung 6

Bereits die im Diskussionsentwurf verwendete Überschrift der Regelung verdeutlicht, an welche Adressaten sich die Regelung hauptsächlich richtet. Mit Hilfe der in den §§ 288 bis 292 enthaltenen Vorschriften möchte der Gesetzgeber insbesondere PrivateEquity-Fonds dazu verpflichten, bei Erlangung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen bestimmte Publizitätserfordernisse zu beachten, um eine „heimliche“ Änderung der wesentlichen Beteiligungsverhältnisse zu verhindern. 7 Damit dienen die Vorschriften vor allem dem Schutz der übrigen Beteiligten und auch dem Schutz des Rechtsverkehrs im Allgemeinen. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Anwendbarkeit der §§ 287 bis 292 (Absatz 1)

8

Die in den §§ 288ff. enthaltenen Kontrollvorschriften sind aufgrund der in Absatz 1 enthaltenen, abschließenden Aufzählung nur in vier Fällen anwendbar:

_____ 1 2

BGBl. 2014, S. 934. BGBl. 2016, S. 348.

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B. Kommentierung

§ 287

1. Verwalteter AIF erlangt Kontrolle (Absatz 1 Nummer 1, 1. Variante). Wenn 9 eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft AIF verwaltet, die alleine die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangen. 2. Verwaltete AIF erlangen gemeinsam Kontrolle (Absatz 1 Nummer 1, 2. Vari- 10 ante). Wenn eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft AIF verwaltet, die gemeinsam aufgrund einer Vereinbarung die Kontrolle über ein nicht-börsennotiertes Unternehmen erlangen. 3. Kooperierende AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet AIF, der Kon- 11 trolle erlangt (Absatz 1 Nummer 2, 1. Variante). Wenn eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeitet, gemäß der die von dieser AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangen. 4. Kooperierende AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften verwalten AIF, die Kontrolle erlangen (Absatz 1 Nummer 2, 2. Variante). Wenn eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit mehreren AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeitet, gemäß der die von diesen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften verwalteten AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangen. „Nicht börsennotierte Unternehmen“ sind nach § 1 Absatz 19 Nummer 27 solche Unternehmen, die ihren satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union haben und deren Anteile im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der MiFID-Richtlinie3 nicht zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen sind. Der Begriff „regulierter Markt“ ist gleichzusetzen mit dem Begriff des „geregelten Marktes“, wie ihn die MiFID-RL verwendet. Ein „geregelter Markt“ im Sinne des Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 MiFID-RL ist ein multilaterales System, das Angebot und Nachfrage beim Handel von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt und diese Zusammenführung der Interessen aktiv fördert. Da der Begriff „geregelter Markt“ bereits durch ein Marktsegment im Wertpapierhandel vergeben ist, hat der deutsche Gesetzgeber den Begriff als organisierten Markt bezeichnet. Das KAGB definiert den „organisierten Markt“ als einen Markt, der anerkannt und für das Publikum offen ist und dessen Funktionsweise ordnungsgemäß ist, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Weswegen das KAGB an dieser Stelle keine einheitlichen Begriffe verwendet, ist unklar. Wann ein AIF die „Kontrolle“ über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangt, regelt § 288 Absatz 1. Danach bedeutet „Kontrolle“ im Falle nicht börsennotierter Unternehmen die Erlangung von mehr als 50% der Stimmrechte dieser Unternehmen. Hinsichtlich der Berechnung des Anteils an Stimmrechten gilt § 288 Absatz 2. Bei dem in Absatz 1 Nummer 2 verwendeten Wort „zusammenarbeiten“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. An die „Zusammenarbeit“ sind jedoch keine rechtlichen Voraussetzungen zu knüpfen. Um dem Gesetzeszweck Rechnung zu tragen, ist eine faktische Kooperation bereits ausreichend.

_____

3 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (ABl. L 145 v. 30.4.2004, S. 1).

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§ 287

Geltungsbereich

II. Ausschluss der Anwendbarkeit bei bestimmten Unternehmen (Absatz 2) 17

Nach Absatz 2 sind die Kontrollvorschriften der §§ 287 bis 292 jedoch nicht ausnahmslos auf alle nicht börsennotierten Unternehmen anzuwenden.

1. Kleine und mittlere nicht börsennotierte Unternehmen. Vielmehr gelten sie nicht, wenn es sich bei dem nicht börsennotierten Unternehmen um ein kleineres oder mittleres Unternehmen handelt. Der Begriff des „kleinen“ oder „mittleren“ Unternehmen ist der Definition der 19 Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen zu entnehmen, welche die Europäische Kommission aufgestellt hat.4 Nach Artikel 2 Absatz 1 des Anhangs wird ein „kleines Unternehmen“ definiert als 20 ein Unternehmen, das weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigt und dessen Umsatz oder Jahresbilanz 10 Mio. € nicht überschreiten. Bei einem „mittleren Unternehmen“ handelt es sich um ein Unternehmen, das 21 weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt und dessen Umsatz 50 Mio. € oder dessen Jahresbilanz 43 Mio. € nicht überschreiten. 18

2. Zweckgesellschaften. Ferner sind die §§ 287 bis 292 nicht anzuwenden, wenn es sich bei dem nicht-börsennotierten Unternehmen um eine Zweckgesellschaft für den Erwerb, den Besitz oder die Verwaltung von Immobilien handelt. Was als „Zweckgesellschaft“ gilt, ist dem KAGB nicht zu entnehmen. Der Begriff 23 wird jedoch in § 290 Absatz 2 Nummer 4 legaldefiniert. Danach handelt es sich bei einer Zweckgesellschaft um ein Unternehmen, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient. 22

III. Anwendbarkeit des § 289 im Falle von Minderheitsbeteiligungen (Absatz 3) 24

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§ 289 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Mitteilung gegenüber der BaFin, wenn ein von ihr verwalteter AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangt. Nach Absatz 3 soll diese Mitteilungspflicht auch auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anwendbar sein, die solche AIF verwalten, die eine Minderheitsbeteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen erlangen. Was eine Minderheitsbeteiligung ist, besagen die §§ 287ff. nicht. Eine Legaldefinition dieses Begriffs enthält dagegen § 234 Absatz 2. Danach liegt eine Minderheitsbeteiligung vor, wenn die sich beteiligende Gesellschaft nicht die für eine Änderung der Satzung erforderliche Stimmen- und Kapitalmehrheit hat. Nach § 289 Absatz 5 muss die Mitteilung gegenüber der BaFin so rasch wie möglich, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF die entsprechende Kontrolle oder Minderheitsbeteiligung erlangt hat, erfolgen. Die Formulierung „so rasch wie möglich“ ist gleichzusetzen mit der Bedeutung des Begriffs „unverzüglich“ im Sinne des § 121 Absatz 1 BGB. Die Mitteilung muss seitens der KVG ohne schuldhaftes Zögern bzw. in der o.g. Frist von zehn Arbeitstagen nach dem Erwerb der Beteiligung gegenüber der BaFin erfolgen.

_____

4 Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. 124 v. 20.5.2003).

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B. Kommentierung

§ 287

IV. Anwendbarkeit der §§ 290 und 292 auf Unternehmen mit Sitz in der EU (Absatz 4) Nach Absatz 4 sind die in § 290 Absatz 1 bis 3 sowie in § 292 enthaltenen Regelungen auch auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften anzuwenden, die AIF verwalten, die die Kontrolle über einen Emittenten im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe d der europäischen Transparenzrichtlinie5 erlangen. „Emittent“ im Sinne des Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d der Transparenzrichtlinie ist jede juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts mit Sitz innerhalb der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, wobei im Falle von Zertifikaten, die Wertpapiere vertreten, als Emittent der Emittent der vertretenen Wertpapiere gilt. Bei der Übernahme der Kontrolle über derartige Unternehmen durch einen von ihr verwalteten AIF muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die in § 290 Absatz 1 bis 3 enthaltenen Offenlegungspflichten sowie die in § 292 enthaltenen Vorschriften zur Vermeidung der Zerschlagung des Unternehmens beachten. § 290 Absatz 1 beschreibt den Adressaten der Offenlegungspflicht. Danach erfolgt die Offenlegung der Übernahme der Kontrolle durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber dem übernommenen Unternehmen, dessen Anteilseignern sowie gegenüber der BaFin. Den Umfang der offenzulegenden Informationen regelt § 290 Absatz 2. Hierzu gehört unter anderem die Identität der die erwerbenden AIF verwaltenden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, deren Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenskonflikten sowie eine Beschreibung der Grundsätze der internen und externen Kommunikation des erworbenen Unternehmens. § 290 Absatz 3 besagt, dass mit der Offenlegung gegenüber dem erworbenen Unternehmen dessen Vorstand ersucht werden soll, die in § 290 Absatz 2 enthaltenen Informationen den Arbeitnehmern entweder unmittelbar oder über Arbeitnehmervertreter bekannt zu machen. § 292 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, innerhalb von 24 Monaten nach Übernahme der Kontrolle oder einer Minderheitsbeteiligung durch den jeweiligen AIF, bestimmte Kapitalmaßnahmen unter dessen Beteiligung zu unterlassen. Hierdurch soll die Zerschlagung des Unternehmens, dessen Anteile erworben wurden, vermieden werden.

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V. Anwendungsvorbehalt im Hinblick auf die Richtlinie 2002/14/EG (Absatz 5) Nach Absatz 5 gelten die §§ 287 bis 292 nur, soweit in Artikel 6 der Richtlinie 2002/ 36 14/EG6 keine Bedingungen oder Beschränkungen enthalten sind, die der Anwendung entgegenstehen. Artikel 6 der Richtlinie 2002/14/EG begrenzt den nach §§ 287 bis 292 erforderlichen 37 Informationsfluss. Nach Absatz 1 müssen die Mitgliedstaaten in einzelstaatlichen Rechts-

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5 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG. 6 Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11.3.2004 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft.

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Hartrott

§ 288

Erlangen von Kontrolle

vorschriften regeln, dass es den Arbeitnehmervertretern und den sie etwaig unterstützenden Sachverständigen untersagt ist, als vertraulich mitgeteilte Informationen an Arbeitnehmer oder Dritte weiterzugeben. Nach Absatz 2 kann der Arbeitgeber in besonderen Fällen von der Unterrichtungs- und/oder Anhörungspflicht entbunden werden. Die Entbindung setzt voraus, dass die Unterrichtung bzw. Anhörung nach objektiven Kriterien die Tätigkeit des Unternehmens erheblich beeinträchtigen oder dem Unternehmen schaden kann.

§ 288 Erlangen von Kontrolle § 288 Erlangen von Kontrolle Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-075 (1) Für die Zwecke der §§ 287 bis 292 bedeutet Kontrolle im Fall nicht börsennotierter Unternehmen die Erlangung von mehr als 50 Prozent der Stimmrechte dieser Unternehmen. (2) 1 Bei der Berechnung des Anteils an den Stimmrechten, die von den entsprechenden AIF gehalten werden, werden zusätzlich zu von dem betreffenden AIF direkt gehaltenen Stimmrechten auch die folgenden Stimmrechte berücksichtigt, wobei die Kontrolle gemäß Absatz 1 festgestellt wird: 1. von Unternehmen, die von dem AIF kontrolliert werden, und 2. von natürlichen oder juristischen Personen, die in ihrem eigenen Namen, aber im Auftrag des AIF oder eines vom AIF kontrollierten Unternehmens handeln. 2 Der Anteil der Stimmrechte wird ausgehend von der Gesamtzahl der mit Stimmrechten versehenen Anteile berechnet, auch wenn die Ausübung dieser Stimmrechte ausgesetzt ist. (3) Kontrolle in Bezug auf Emittenten wird für die Zwecke der §§ 290 und 292 gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12 ) definiert.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Inhalt und Zweck der Regelung | 5 Kommentierung

I. II. III.

Begriff der Kontrolle (Absatz 1) | 7 Berechnung des Anteils an Stimmrechten (Absatz 2) | 9 Begriff der Kontrolle in Bezug auf Emittenten (Absatz 3) | 11

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Regelung enthält neben einer Erläuterung des Begriffs „Kontrolle“ auch Hinweise zu der diesbezüglichen Berechnung des Anteils an den Stimmrechten. § 288 setzt damit Artikel 26 Absatz 5 der AIFM-Richtlinie um. 2 I. Entstehungsgeschichte 3

Im ersten Entwurf des KAGB befand sich die Vorschrift noch unter § 257. Inhaltlich ist sie jedoch unverändert in die finale Fassung übernommen worden und setzt so Artikel 26 Absatz 5 der AIFM-Richtlinie um. 4 Änderungen durch das OGAW-V-UmsG haben sich für die Vorschrift nicht ergeben. Hartrott https://doi.org/10.1515/9783110492217-075

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B. Kommentierung

§ 288

II. Inhalt und Zweck der Regelung Für die Zwecke der §§ 287 bis 292 definiert die Regelung, unter welchen Vorausset- 5 zungen von der Erlangung der Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen auszugehen ist. Der Zweck der Regelung und ihrer benachbarten Vorschriften besteht darin, die 6 heimliche Übernahme von nicht börsennotierten Unternehmen durch inländische geschlossene Spezial-AIF, vorwiegend in Gestalt von Private-Equity-Fonds, zu vermeiden. B. Kommentierung B. Kommentierung I. Begriff der Kontrolle (Absatz 1) Nach Absatz 1 übernimmt derjenige die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Un- 7 ternehmen, der mehr als 50 Prozent der Stimmrechte daran erlangt. Bei einem „Stimmrecht“ handelt es sich um die Befugnis des Mitglieds einer Gesell- 8 schaft zur Teilnahme an der Willensbildung durch Beschlüsse. Die Ausübung des Stimmrechts erfolgt in der Regel im Rahmen der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung. Stimmrechte gewähren Nennwertaktien nach ihrem Nennwert, Stückaktien nach der Zahl der Stücke.1 II. Berechnung des Anteils an Stimmrechten (Absatz 2) Absatz 2 enthält Hinweise für die Berechnung des Anteils an Stimmrechten. 9 Danach sind zusätzlich zu den von dem betroffenen AIF direkt gehaltenen auch 10 Stimmrechte – von Unternehmen, die von dem betroffenen AIF kontrolliert werden sowie – von natürlichen und juristischen Personen, die in ihrem eigenen Namen, aber im Auftrag des betroffenen AIF oder eines von dem AIF kontrollierten Unternehmens mit in die Berechnung des gesamten Stimmrechtsanteils einzubeziehen. Ob die Ausübung eines einzelnen Stimmrechts ausgesetzt ist, ist für die Berechnung irrelevant. Maßgebend ist die Zahl aller Stimmrechte, die der betreffende AIF mittel- oder unmittelbar hält. III. Begriff der Kontrolle in Bezug auf Emittenten (Absatz 3) Nach Absatz 3 wird Kontrolle in Bezug auf einen Emittenten hinsichtlich der §§ 290 11 und 292 gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2004/25/EG definiert. Die Regelung ist erforderlich, da die §§ 290 bis 292 nicht nur Publizitätspflichten vor- 12 sehen, wenn ein AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangt, sondern auch bei Erlangung der Kontrolle über einen Emittenten. „Emittent“ im Sinne der AIFM-RL2 ist jeder Emittent im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 13 Buchstabe d der Richtlinie 2004/109/EG, der seinen satzungsmäßigen Sitz in der Union hat, und dessen Wertpapiere im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der MiFID zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind. „Emittent“ im Sinne von Art. 2 Ab-

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1 Berwanger, in: Gabler-Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/1714/ stimmrecht-v11.html. 2 Art. 4 Absatz 1 Buchstabe t.

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§ 289

Mitteilungspflichten

satz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2004/109/EG (sog. „Transparenzrichtlinie“) ist eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, einschließlich eines Staates, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, wobei im Falle von Zertifikaten, die Wertpapiere vertreten, als Emittent der Emittent der vertretenen Wertpapiere gilt. Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2004/25/EG (sog. „Übernahmerichtlinie“) besagt 14 schließlich, dass der prozentuale Anteil der Stimmechte, der eine Kontrolle begründet, sowie die Art der Berechnung dieses Anteils sich nach den Vorschriften desjenigen Mitgliedstaats richten, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. 15 Steht der Kontrollerwerb bei einem Emittenten durch einen AIF in Frage, kommt es für die Berechnung des prozentualen Anteils der Stimmrechte somit auf das Recht des Sitzstaates des Emittenten an.

§ 289 Mitteilungspflichten § 289 Mitteilungspflichten Hartrott/Behme Mitteilungspflichten https://doi.org/10.1515/9783110492217-076

(1) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unterrichtet die Bundesanstalt, wenn der Anteil der Stimmrechte des nicht börsennotierten Unternehmens, der von dem AIF gehalten wird, durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen an dem nicht börsennotierten Unternehmen die Schwellenwerte von 10 Prozent, 20 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent und 75 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet. (2) Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gemäß § 287 Absatz 1 in Verbindung mit § 288 Absatz 1, informiert die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die folgenden Stellen über den Kontrollerwerb: 1. das nicht börsennotierte Unternehmen, 2. die Anteilseigner, soweit deren Identität und Adresse der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft a) vorliegen, b) von dem nicht börsennotierten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden können oder c) über ein Register, zu dem die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Zugang hat oder erhalten kann, zur Verfügung gestellt werden können und 3. die Bundesanstalt. (3) Die Mitteilung nach Absatz 2 erhält die folgenden zusätzlichen Angaben: 1. die sich hinsichtlich der Stimmrechte ergebende Situation, 2. die Bedingungen, unter denen die Kontrolle erlangt wurde, einschließlich Nennung der einzelnen beteiligten Anteilseigner, der zur Stimmabgabe in ihrem Namen ermächtigten natürlichen oder juristischen Personen und gegebenenfalls der Beteiligungskette, über die die Stimmrechte tatsächlich gehalten werden, 3. das Datum, an dem die Kontrolle erlangt wurde. (4) 1 In seiner Mitteilung nach Absatz 2 Nummer 1 ersucht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorstand des Unternehmens, entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von der Erlangung der Kontrolle durch den AIF und von den Informationen gemäß Absatz 3 in Kenntnis zu setzen. 2 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bemüht sich nach besten Kräften sicherzustellen, dass der Vorstand Hartrott/Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-076

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Systematische Übersicht

§ 289

entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst ordnungsgemäß informiert. (5) Die Mitteilungen gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 werden so rasch wie möglich, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF die entsprechende Schwelle erreicht, über- oder unterschritten hat oder die Kontrolle über das nicht börsennotierte Unternehmen erlangt hat, gemacht. § 289 Mitteilungspflichten Behme Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Eidenmüller Regulierung von Finanzinvestoren, DStR 2007 2116 Hägele Praxisrelevante Probleme der Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 AktG, NZG 2000 726; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagengesetzbuch (KAGB), DStR 2013 1483; Kramer/Recknagel Die AIFM-Richtlinie – Neuer Rechtsrahmen für die Verwaltung alternativer Investmentfonds, DB 2011 2077; Möllers/Harrer/Krüger Die Regelung von Hedgefonds und Private Equity durch die neue AIFM-Richtlinie, WM 2011 1537; Reichold Durchbruch zu einer europäischen Betriebsverfassung – Die Rahmen-Richtlinie 2002/EG/14 zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer, NZA 2003 289; Seibert/Wedemann Der Schutz der Privatanschrift im elektronischen Handels- und Unternehmensregister, GmbHR 2007 17; Ulrici Geschäftsähnliche Handlungen, NJW 2003 2053; Viciano-Gofferje Neue Transparenzanforderungen für Private Equity Fonds nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, BB 2013 2506; Volhard/Qalqili Private Equity und AIFM-Richtlinie, Corporate Finance Law 2014 202; Wansleben Derivative Finanzinstrumente und Meldepflichten nach dem WpHG, StudZR 2009 465; Weitnauer Das Übernahmesonderrecht des KAGB und seine Auswirkungen auf die Private-Equity-Branche, AG 2013 672; Zetzsche Anteils- und Kontrollerwerb an Zielgesellschaften durch Verwalter alternativer Investmentfonds, NZG 2012 1164.

Systematische Übersicht A. B. C. D.

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Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 3 Normzweck | 4 Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1) | 10 I. Voraussetzungen der Unterrichtungspflicht 1. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als Unterrichtungspflichtige | 11 2. Beteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen | 15 3. Berührung der Schwellenwerte | 18 a) Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen | 19 b) Berechnung des Anteils der Stimmrechte | 23 II. Rechtsfolge: Unterrichtungspflicht 1. BaFin als Unterrichtungsadressatin | 27 2. Inhalt der Unterrichtung | 29 3. Form der Unterrichtung | 31 4. Unterrichtungsfrist | 32

E.

F. G.

Informationspflichten bei Kontrollerlangung (Abs. 2–4) | 33 I. Voraussetzungen der Mitteilungspflicht | 34 II. Rechtsfolge: Mitteilungspflicht 1. Mitteilungsadressaten | 36 a) Zielgesellschaft (Abs. 2 Nr. 1) | 37 b) Anteilseigner der Zielgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2) | 38 c) BaFin (Abs. 2 Nr. 3) | 42 d) Arbeitnehmer (Abs. 4) | 43 2. Inhalt der Mitteilung | 50 3. Form der Mitteilung | 55 4. Mitteilungsfrist | 56 Rechtzeitigkeit der Information (Abs. 5) | 57 Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Unterrichtungs- bzw. Mitteilungspflicht | 60

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§ 289

Mitteilungspflichten

A. Überblick § 289 statuiert Informationspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei Veränderungen des von dem AIF gehaltenen Anteils an nicht börsennotierten Unternehmen. Diese Informationspflichten entstehen zum einen, wenn der Anteil des AIF an einem nicht börsennotierten Unternehmen bestimmte Schwellenwerte erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Abs. 1), und zum anderen, wenn der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangt (Abs. 2–4). 2 Das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten von Schwellenwerten hat gem. Abs. 1 lediglich eine Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin zur Folge. Inhaltliche Vorgaben, die über ein bloßes „In-Kenntnis-setzen“ hinausgehen, enthält Abs. 1 nicht. Dagegen besteht bei Erlangung der Kontrolle gem. Abs. 2 eine Pflicht zur Mitteilung nicht nur gegenüber der BaFin, sondern auch gegenüber dem nicht börsennotierten Unternehmen und dessen Anteilseignern; ferner mittelbar gegenüber dessen Arbeitnehmervertretern bzw. Arbeitnehmern (Abs. 4). Zudem erschöpft sich die Mitteilung nicht in einem bloßen „In-Kenntnis-setzen“, sondern muss bestimmte inhaltliche Angaben (Abs. 3) enthalten. Sowohl im Falle von Abs. 1 als auch im Falle von Abs. 2–4 muss die Information spätestens zehn Arbeitstage nach dem Eintritt des Ereignisses erfolgen, das die Informationspflicht auslöst (Abs. 5). B. Entstehungsgeschichte 1

B. Entstehungsgeschichte 3

Durch § 289 wird Art. 27 AIFM-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt.1 Beide Normen sind identisch aufgebaut. Die deutsche Fassung von Art. 27 Abs. 2 AIFM-Richtlinie (Mitteilungspflicht bei Kontrollerlangung) ist allerdings missverständlich formuliert. Dort heißt es: „Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass, wenn ein AIF allein oder gemeinsam2 die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gemäß Artikel 26 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des genannten Artikels erlangt, der AIFM, der den betreffenden AIF verwaltet, Folgendes in Bezug auf den Kontrollerwerb durch den AIF mitteilt: a) das nicht börsennotierte Unternehmen; b) die Anteilseigner (…); und c) die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats des AIFM.“

Das börsennotierte Unternehmen, die Anteilseigner und die zuständige Behörde sind aber nicht Gegenstand, sondern Adressaten der von dem AIFM zu übermittelnden Informationen. Dies ist aus den übrigen Sprachfassungen der Richtlinie klar ersichtlich. Der deutsche Gesetzgeber hat daher Art. 27 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie korrekt umgesetzt, indem er für den Fall der Kontrollerlangung eine Informationspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber den in Abs. 2 Nr. 1–3 genannten Adressaten normiert hat.

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1 Zur Entstehungsgeschichte von Art. 27 AIFM-Richtlinie s. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/ Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 1 f. 2 D.h. gemeinsam mit einem anderen AIF.

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C. Normzweck

§ 289

C. Normzweck C. Normzweck § 289 dient der Umsetzung von Art. 27 AIFM-Richtlinie und ist wegen der unionsrechtlichen Verpflichtung der europäischen Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht3 rechtspolitisch alternativlos. Ein über die Erfüllung der Umsetzungspflicht hinausgehender Normzweck des § 289 bzw. ein Normzweck des zugrundeliegenden Art. 27 AIFM-Richtlinie ist allerdings nur schwer ergründbar. Die Anteilseigner von Gesellschaften sind aufgrund ihrer eigenen vielfältigen Informationsbedürfnisse typischerweise Informationsadressaten; dass ihnen gesetzliche Informationspflichten auferlegt werden, ist eher die Ausnahme als die Regel4 und bedarf daher näherer Begründung. Vordergründig dienen die in Art. 27 AIFM-Richtlinie statuierten Informationspflichten der Transparenz bei einer Veränderung der Beteiligungshöhe bzw. beim Kontrollerwerb durch AIF;5 daneben wird die Regelung ganz allgemein auf das Bedürfnis nach einer stärkeren Regulierung und Kontrolle von Investmentfonds und ihren Managern durch die zuständigen mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden zurückgeführt.6 In Erwägungsgrund 52 der AIFM-Richtlinie heißt es dazu, es müsse sichergestellt werden, dass die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats des AIFM, die Unternehmen, über die die von einem AIFM verwalteten AIF Kontrolle ausüben, und die Beschäftigten dieser Unternehmen über die Informationen verfügen, die erforderlich sind, damit die Unternehmen beurteilen können, wie sich diese Kontrolle auf ihre Situation auswirkt. Dass die von einer Kontrollerlangung durch AIF Betroffenen in die Lage versetzt werden sollen, beurteilen zu können, wie sich die Kontrolle auf ihre Situation auswirkt, kann allenfalls die Mitteilungspflichten im Falle eines Kontrollerwerbs gem. Abs. 2–4 erklären, nicht aber die Unterrichtungspflichten gegenüber der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe gem. Abs. 1, die nicht nur beim Erwerb von Anteilen im Zusammenhang mit einem (späteren oder gleichzeitigen) Kontrollerwerb bestehen, sondern auch beim Erwerb einer bloßen Minderheitsbeteiligung durch AIF (§ 287 Abs. 3). Das im Zuge der rechtspolitischen Aufarbeitung der Finanzkrise identifizierte abstrakte Bedürfnis nach Regulierung von Investmentfonds zum Zweck einer konkreten Regulierung zu erklären, erscheint tautologisch. Auch vermag der lapidare Hinweis auf Transparenz die Frage nach dem Normzweck nicht befriedigend zu beantworten. Denn die Herstellung von Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern lediglich ein regulatorisches Mittel zur Realisierung eines übergeordneten Regelungszwecks. Worin ein solcher Regelungszweck bei § 289 bzw. bei Art. 27 AIFM-Richtlinie bestehen soll, ist aber unklar. Der Versuch einer Zweckbestimmung in Anlehnung an andere kapitalmarkt- oder gesellschaftsrechtlich normierte Informationspflichten, insbesondere §§ 21 ff. WpHG und §§ 20, 21 AktG, scheitert aus verschiedenen Gründen. Anders als bei den Informationspflichten nach § 21 WpHG kommt ein verbesserter Schutz von Anlegern durch Transparenz und eine Stärkung des Vertrauens der Anleger in den Kapitalmarkt7 als Normzweck

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3 Zur unionsrechtlichen Grundlage der Umsetzungsverpflichtung siehe EuGH 18.12.1997 Slg. 1997 I-7411 Rn. 40; Calliess/Ruffert/Ruffert EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 23; Grabitz/Hilf/Nettesheim/Nettesheim EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 114. 4 Vgl. Grohmann Informationsmodell, S. 77 ff. 5 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 4. 6 Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2510). 7 MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 1; Assmann/Schneider/Schneider WpHG, Vor § 21 Rn. 19; Wansleben StudZR 2009 465 (483); vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 30 ff. der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen

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§ 289

Mitteilungspflichten

von vornherein nicht in Betracht, da die Anteile nicht börsennotierter Unternehmen, die § 289 betrifft, nicht an institutionalisierten Kapitalmärkten gehandelt werden und für eine erhöhte Schutzbedürftigkeit von sonstigen Anteilseignern der Zielgesellschaft daher nichts ersichtlich ist.8 Etwas anderes gilt lediglich insoweit, als § 289 auch bei Unternehmen Anwendung findet, die außerhalb eines organisierten Marktes börsennotiert sind (s. unten Rn. 16); allerdings ist ein geringeres Maß an Regulierung und damit an Anlegerschutz für den Freiverkehr gerade kennzeichnend. Auch den Normzweck von § 20 AktG, Aktionäre, Gläubiger und die Öffentlichkeit besser über geplante und bestehende Konzernverbindungen zu unterrichten,9 können § 289 und Art. 27 AIFM-Richtlinie nicht für sich in Anspruch nehmen, da zumindest die Informationspflichten nach Abs. 1 unabhängig von einem Erwerb von Kontrolle oder von beherrschendem Einfluss durch den AIF bestehen und zudem bei nicht börsennotierten Zielgesellschaften die Informationspflichten gem. §§ 20, 21 AktG neben den Informationspflichten des § 289 weiterhin zur Anwendung kommen. Der entscheidende Unterschied sowohl zu §§ 21 ff. WpHG als auch zu §§ 20, 21 AktG 8 besteht aber darin, dass die Informationspflichten nach § 289 und Art. 27 AIFM-Richtlinie nicht in dem bloßen Umstand des Beteiligungserwerbs oder der Kontrollerlangung als solchem oder in der Börsennotierung der Anteile begründet sind, mithin in der Sphäre der Zielgesellschaft liegen. Sondern sie liegen in der Sphäre des Erwerbers, da sie ausschließlich dadurch begründet und ausgelöst werden, dass die Beteiligung durch geschlossene Spezial-AIF10 erworben wird; dabei wird es sich in der Praxis vor allem um Private Equity Fonds und um Hedgefonds handeln.11 Der Erwerb von Beteiligungen an nicht börsennotierten Gesellschaften durch andere Investoren löst, unabhängig von einer tatsächlichen oder angestrebten Kontrollerlangung, keine entsprechenden Informationspflichten aus; hier bleibt es bei Zielgesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft12 bei den Mitteilungspflichten nach § 20 Abs. 1 AktG, die – dem konzernrechtlichen Regelungszweck entsprechend – nur greifen, wenn der Investor ein Unternehmen ist und bestimmte, vergleichsweise hoch angesiedelte Beteiligungsschwellen überschritten werden. Die Informationspflichten lassen sich daher nicht durch ein allgemeines Bedürfnis nach Transparenz im Hinblick auf die Beteiligungssituation erklären – dann wären sie nämlich rechtssystematisch in §§ 20 ff. AktG zu verorten (bzw. es müssten vergleichbare Vorschriften für Zielgesellschaften anderer Rechtsform geschaffen werden) und sie müssten für alle Investoren gleichermaßen gelten. Sie sind vielmehr ausschließ-

_____ Parlaments und des Rates v. 29.5.2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.7.2001, S. 1. 8 Vgl. auch Möllers/Harrer/Krüger WM 2011 1537 (1541): „kein schützenswerter Markt vorhanden“. 9 BGH 22.4.1991 BGHZ 114 203 (215); MüKoAktG/Bayer § 20 Rn. 1; Hägele NZG 2000 726 (727). 10 Die §§ 287 ff. gelten für geschlossene inländische Spezial-AIF, finden über die Verweisung des § 261 Abs. 7 aber auch auf geschlossene inländische Publikums-AIF Anwendung; krit. dazu Weitnauer AG 2013 672 (674). 11 Viciano-Gofferje BB 2013 2506; Weitnauer AG 2013 672 (673). Hedgefonds sind gem. § 283 allgemeine offene Spezial-AIF nach § 282, deren Anlagebedingungen mindestens eine der folgenden Bedingungen vorsehen: (i) den Einsatz von Leverage in beträchtlichem Umfang oder (ii) den Verkauf von Vermögensgegenständen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum AIF gehören (Leerverkauf). Aufgrund der Verweisung auf § 282 gilt für den Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an einem nicht börsennotierten Unternehmen durch einen Hedgefonds § 289 Abs. 1 entsprechend. Der Kontrollerwerb über ein nicht börsennotiertes Unternehmen wird für nicht zulässig erklärt. 12 Gleiches gilt beim Erwerb von Beteiligungen an einer KGaA oder (aufgrund des Verweises in Art. 9 SE-Verordnung) einer SE; s. Spindler/Stilz/Petersen AktG, § 20 Rn. 6.

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D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1)

§ 289

lich durch ein weitreichendes und zugleich unspezifisches Misstrauen gegenüber der Private Equity Branche zu begründen;13 die Investitionstätigkeit von Private Equity Fonds wird offenbar als Bedrohung für die Zielgesellschaft und deren Stakeholder empfunden, die eine gesonderte Information sowohl der BaFin als auch der von einem Kontrollerwerb Betroffenen – der Zielgesellschaft und deren Anteilseigern und Arbeitnehmer(vertretern)14 – erforderlich macht. Ob dieses Unbehagen und die daraus resultierende massive Ungleichbehandlung von Private Equity-Investoren gegenüber sonstigen Investoren (insbes. Banken, Wettbewerbern, vermögenden Privatinvestoren)15 rational begründbar ist16 oder die (europäische) Gesetzgebung hier eher emotionalen Reflexen und Ressentiments folgt, die nach der Finanzkrise dem politischen Zeitgeist entsprechen, mag an dieser Stelle dahinstehen. Wenn es um die Eindämmung vermeintlicher Gefahren geht, die von dem Beteiligungs- bzw. Kontrollerwerb durch eine bestimmte Sorte von Investoren ausgehen, ist die Statuierung bloßer Informationspflichten jedenfalls ein stumpfes Schwert, da nicht ersichtlich ist, welchen konkreten Beitrag sie zur Vermeidung der mit dem Beteiligungserwerb durch Private Equity-Investoren typischerweise assoziierten Risiken und von schädlichen Praktiken im Einzelfall leisten können. Dies gilt sowohl für die Informationspflichten gegenüber der BaFin als auch für jene gegenüber der Zielgesellschaft, da es für etwaige Abwehrmaßnahmen bei Zugang der Mitteilung längst zu spät ist. Die Unschärfe des Normzwecks ist umso problematischer, als die Erfüllung der In- 9 formationspflichten in der Praxis einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bedeutet. Dies gilt insbesondere für die Anfangsphase ihrer Geltung, in denen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften sich bei der Normanwendung weder auf eine gesicherte (Verwaltungs-)Praxis noch auf einschlägige Rechtsprechung stützen können und daher zur Vermeidung von Pflichtverstößen gezwungen sind, bei Zweifelsfragen (insbesondere die Reichweite der Zurechnung nach § 288 Abs. 2 betreffend; s. dazu unten Rn. 24 f.) die jeweiligen Pflichten weit auszulegen. Zugleich führen die Informationspflichten zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber anderen Investoren.17 De lege ferenda sollte der europäische Gesetzgeber daher den mit Art. 27 AIFM-Richtlinie verfolgten Normzweck überdenken und die darin statuierten Informationspflichten insoweit reduzieren, wie sie nicht durch ein klares rechtspolitisches Konzept gedeckt sind. D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1) D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1) Abs. 1 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die BaFin zu unterrich- 10 ten, wenn der Anteil der Stimmrechte des nicht börsennotierten Unternehmens, der von dem AIF gehalten wird, durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen an dem nicht börsennotierten Unternehmen die Schwellenwerte von 10 Prozent, 20 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent und 75 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet.

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13 Vgl. mit Blick auf das deutsche Risikobegrenzungsgesetz bereits Eidenmüller DStR 2007 2116 (2118). 14 Eine Information der ggf. ebenfalls von dem Beteiligungserwerb betroffenen Gläubiger ist nicht vorgesehen. 15 Auf diese Ungleichbehandlung weisen zu Recht Striegel/Wiesbrock/Jesch/Swoboda/Schatz Kapitalbeteiligungsrecht, S. 868 sowie Zetzsche NZG 2012 1164 (1170) hin. 16 Für einen empirisch fundierten Überblick über die positiven Effekte der Beteiligung von Finanzinvestoren (Private Equity-Fonds und Hedgefonds) siehe Eidenmüller DStR 2007 2116 (2117 f.). 17 Striegel/Wiesbrock/Jesch/Swoboda/Schatz Kapitalbeteiligungsrecht, S. 868.

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§ 289

Mitteilungspflichten

I. Voraussetzungen der Unterrichtungspflicht 1. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als Unterrichtungspflichtige. Unterrichtungspflichtig ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die den betreffenden AIF verwaltet. Gem. § 287 Abs. 3 besteht die Unterrichtungspflicht auch, wenn der von der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verwaltete AIF lediglich eine Minderheitsbeteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen erlangt; die in § 287 Abs. 1 Nr. 1 ansonsten für die Anwendung der §§ 287 bis 292 normierte Voraussetzung, dass der AIF die Erlangung von Kontrolle i.S.v. § 288 Abs. 2 über ein nicht börsennotiertes Unternehmen zum Ziel hat, gilt für die Unterrichtungspflicht nach § 289 Abs. 1 ausdrücklich nicht. Die Holdingausnahme des § 2 Abs. 1, wonach das KAGB insgesamt auf Holdingge12 sellschaften nicht anzuwenden ist, kommt nur dann in Betracht, wenn die Gesellschaft ausweislich ihres Jahresberichts oder anderer amtlicher Unterlagen nicht mit dem Hauptzweck gegründet wurde, ihren Anlegern durch Veräußerung ihrer Tochterunternehmen oder verbundenen Unternehmen eine Rendite zu verschaffen. Diese Definition der Holdinggesellschaft entspricht Art. 4 lit. o AIFM-Richtlinie. Die Holding-Ausnahme soll ausweislich der Regierungsbegründung zu § 2 Manager von Private-Equity-Fonds nicht erfassen.18 Offenbar geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese nicht die Förderung eines langfristigen Wertes der Unternehmen verfolgen, an denen sie sich beteiligen, sondern die Erzielung einer maximalen Rendite durch deren Veräußerung.19 Keine Anwendung findet § 289 auf „kleine“ AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, 13 die nicht erlaubnispflichtig, sondern gem. § 2 Abs. 4 nur registrierungspflichtig sind und daher den Vorschriften des KAGB nur eingeschränkt unterliegen.20 Dies ist der Fall, wenn die verwalteten Vermögensgegenstände („Assets under Management“) der von ihnen verwalteten Spezial-AIF einschließlich der durch den Einsatz von Leverage (§ 1 Abs. 19 Nr. 25) erworbenen Vermögensgegenstände insgesamt den Wert von 100 Mio. Euro nicht überschreiten; sofern für die Spezial-AIF kein Leverage eingesetzt wird, liegt die Schwelle bei 500 Mio. EUR. Keine Anwendung findet § 289 ferner auf AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die 14 Europäische Risikokapitalfonds verwalten. Für sie wird in § 337 lediglich die Geltung bestimmter KAGB-Normen angeordnet, zu denen die §§ 289 ff. nicht zählen, im Übrigen gelten die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds. 11

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2. Beteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen. Die von dem AIF gehaltene Beteiligung muss an einem nicht börsennotierten Unternehmen bestehen. Aus der wiederholten Inbezugnahme der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmervertreter in den §§ 289–291 wird teilweise gefolgert, der Unternehmensbegriff im Sinne dieser Vorschriften setze das Vorhandensein von Arbeitnehmern und damit eine operativ tätige Gesellschaft voraus; ein bloßes Halten und Verwalten von Beteiligungen genüge nicht.21 Dieser Schluss ist freilich nicht zwingend. Abgesehen davon, dass eine Gesellschaft, die über (einige wenige) Arbeitnehmer verfügt, nicht zwingend „operativ“ tätig sein muss, sondern ihre Arbeitnehmer auch mit dem Verwalten von Beteiligungen beschäftigt sein können, setzen lediglich die Regelungen, die explizit Informationspflichten gegenüber Arbeitnehmerver-

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18 BTDrucks. 17/12294 S. 204 f. 19 Volhard/Qalqili Corporate Finance Law 2014 202 f. 20 Vgl. dazu Volhard/Qalqili Corporate Finance Law 2014 202 (204). 21 So im Hinblick auf Art. 27 Abs. 1 AIFM-Richtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/ Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 15.

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D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1)

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tretern oder Arbeitnehmern statuieren (wie z.B. Abs. 4), das Vorhandensein von Arbeitnehmern voraus. Warum die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin (oder den sonstigen in §§ 281–291 genannten Informationsadressaten) davon abhängen soll, ob die Zielgesellschaft Arbeitnehmer beschäftigt und ob sie „operativ“ tätig ist oder nicht, ist nicht ersichtlich. Etwas anderes ließe sich allenfalls dann vertreten, wenn der Schutz von Arbeitnehmerinteressen der primäre Normzweck von § 289 wäre. Dies lässt sich aber kaum begründen, zumal eine Unterrichtung der BaFin über die Berührung von Schwellenwerten zum Schutz von Arbeitnehmerinteressen nichts beizutragen vermag. Richtigerweise kann daher auch der Erwerb einer Beteiligung durch den AIF an einer Holdinggesellschaft eine Unterrichtungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber der BaFin auslösen. Die Zielgesellschaft muss ferner nicht börsennotiert sein. Der Begriff ist in § 1 16 Abs. 19 Nr. 27 legaldefiniert. Ein nicht börsennotiertes Unternehmen ist demnach ein Unternehmen, das seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Anteile im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1) nicht zum Handel auf einem regulierten (richtigerweise: geregelten)22 Markt zugelassen sind. Aus dieser Definition folgt für die Praxis, dass Beteiligungserwerbe an Unternehmen mit Satzungssitz außerhalb der Europäischen Union keine Unterrichtungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber der BaFin auslösen. Dagegen besteht eine solche Unterrichtungspflicht bei Beteiligungen an Unternehmen, deren Satzungssitz sich in der Europäischen Union befindet und die an Börsen bzw. in Börsensegmenten notiert sind, die keine geregelten Märkte im Sinne der MiFID bzw. keine organisierten Märkte i.S.v. § 2 Abs. 11 WpHG sind (beispielsweise an der New York Stock Exchange oder am Open Market der Frankfurter Wertpapierbörse).23 Unerheblich ist die Rechtsform des nicht börsennotierten Unternehmens. Die in 17 §§ 289 ff. normierten Informations- und Offenlegungspflichten bestehen auch dann, wenn die Rechtsform der Zielgesellschaft für eine Börsennotierung von vornherein völlig ungeeignet ist (vgl. § 1 Rn. 169).24 § 289 erfasst mithin den Erwerb von Anteilen an einer Aktiengesellschaft (auch an einer SE) ebenso wie an einer GmbH und auch an einer Personenhandelsgesellschaft. Die teilweise in der Literatur vertretene Auffassung, dass mit nicht börsennotierten Gesellschaften nur Kapitalgesellschaften gemeint seien,25 widerspricht dem Wortlaut („Unternehmen“) von § 289 und der deutschsprachigen Fassung des zugrunde liegenden Art. 27 AIFM-Richtlinie. Auch in teleologischer Hinsicht ist es nicht überzeugend, dass das Bestehen von Informationspflichten der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft davon abhängen soll, ob es sich bei der Zielgesellschaft

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22 Die Urfassung der AIFM-Richtlinie wurde in englischer Sprache verhandelt und erstellt (Zetzsche NZG 2012 1164) und verwendet in Anlehnung an die Terminologie der MiFID den Begriff des „regulated market“ (Art. 4 lit. t und lit. ac). In der deutschen Sprachfassung ist die Terminologie uneinheitlich; teilweise wird der Begriff „geregelter Markt“ (Art. 4 lit. t) verwendet, teilweise der Begriff „regulierter Markt“ (Art. 4 lit. ac). Der korrekte, auch in der deutschsprachigen Fassung der MiFID verwendete deutschsprachige Terminus für „regulated market“ ist aber der des „geregelten Marktes“; dem entspricht im deutschen Recht der „organisierte Markt“ i.S.d. § 2 Abs. 11 WpHG, nicht der „regulierte Markt“ i.S.d. § 32 BörsG. Dieser Fehler wurde bei der Konzeption des KAGB nicht korrigiert. 23 Zutreffend Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 14; van Kann/ Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487). 24 Wie hier Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Rn. 205; Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2507). 25 Zetzsche NZG 2012 1164; so wohl auch Kramer/Recknagel DG 2011 2077 (2083).

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§ 289

Mitteilungspflichten

um eine Kapitalgesellschaft oder um eine Personenhandelsgesellschaft handelt, zumal viele mittelständische Unternehmen, an denen sich Private Equity-Fonds typischerweise beteiligen, in der Rechtsform der (Kapitalgesellschaft & Co.) KG verfasst sind. Die rechtsformunabhängige Definition des nicht börsennotierten Unternehmens führt allerdings im Rahmen von § 292 zu erheblichen Anwendungsproblemen (s. ausführlich § 292 Rn. 12 f.). 18

3. Berührung der Schwellenwerte. Die Unterrichtungspflicht wird ausgelöst, wenn der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen an dem nicht börsennotierten Unternehmen einen der maßgeblichen Schwellenwerte von 10 Prozent, 20 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Der deutsche Gesetzgeber hat damit die in Art. 27 Abs. 1 AIFM-Richtlinie vorgegebenen Schwellenwerte übernommen, ohne von der durch Art. 26 Abs. 7 AIFM-Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, weitere Schwellenwerte einzufügen.26

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a) Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen. Eine Berührung des Schwellenwertes kann durch drei Vorgänge ausgelöst werden: durch den Erwerb, den Verkauf oder das Halten von Anteilen. Der Tatbestand des „Erwerbs“ wird mit Erlangung der Gesellschafterstellung erfüllt. Bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft entsteht die Unterrichtungspflicht daher nicht bereits mit dem Abschluss des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrags („Signing“), sondern erst mit dem vollständigen dinglichen Anteilsübergang („Closing“);27 bei der GmbH also mit Übertragung des Geschäftsanteils durch formwirksamen (d.h. notariell beurkundeten, § 15 Abs. 3 GmbHG) Abtretungsvertrag, nicht erst durch Eintragung des Erwerbers in die Gesellschafterliste;28 bei der AG durch den für die jeweiligen Aktiengattung (Inhaber- oder Namensaktien) erforderlichen dinglichen Übertragungsakt.29 Bei Namensaktien kommt es ebenso wie bei der Übertragung von GmbH-Anteilen auf die materiell-rechtliche Berechtigung und nicht auf die Eintragung im Aktienregister an. Dagegen hängt bei vinkulierten Namensaktien die Wirksamkeit der von dem Veräußerer getroffenen Verfügung von der Erteilung der erforderlichen Zustimmung der Gesellschaft ab;30 wird die Zustimmung erst nach der

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26 Dagegen ist der deutsche Gesetzgeber bei § 21 Abs. 1 WpHG über die unionsrechtlichen Vorgaben hinausgegangen; s. dazu MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 16; Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 21 Rn. 27. 27 Ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 22; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 36; vgl. für § 21 WpHG MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 27; Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 21 Rn. 73; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 21 WpHG Rn. 17; anders aber im Rahmen von § 20 Abs. 2 Nr. 1 AktG, wonach zu den Aktien, die einem Unternehmen gehören, auch Aktien zählen, die lediglich Gegenstand eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übereignung sind. 28 § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG ändert nichts daran, dass der Erwerb des Geschäftsanteils materiell-rechtlich bereits mit Abschuss des notariell beurkundeten Abtretungsvertrags vollzogen ist. Vor Eintragung in die in das Handelsregister aufzunehmende Gesellschafterliste ist dem Erwerber zwar grundsätzlich die Ausübung von Gesellschafterrechten verwehrt. Aus § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG folgt jedoch, dass die Ausübung von Gesellschafterrechten, insbesondere die Ausübung des Stimmrechts bei Gesellschafterbeschlüssen, bereits vor Eintragung möglich ist; die Rechtshandlung des noch nicht eingetragenen Erwerbers ist lediglich schwebend unwirksam, wird aber mit Eintragung in die Gesellschafterliste ex tunc wirksam; s. Michalski/ Ebbing GmbHG, § 16 Rn. 119; MüKoGmbHG/Heidinger § 16 Rn. 161 f. 29 Zu den Voraussetzungen der Übertragung von Aktien s. den Überblick bei Spindler/Stilz/Vatter AktG, § 10 Rn. 52 ff. 30 MüKoAktG/Bayer § 68 Rn. 96; Spindler/Stilz/Cahn AktG, § 68 Rn. 71.

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D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1)

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Verfügung erteilt, liegt erst mit Erteilung der Zustimmung ein „Erwerb“ i.S.v. Abs. 1 vor,31 sodass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt zur Unterrichtung der BaFin verpflichtet ist. Auf die materiell-rechtliche Begründung der Stellung als Gesellschafter kommt es auch an, wenn Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung übernommen werden. Dasselbe gilt bei Beteiligungen an Personengesellschaften (insb. Kommanditbeteiligungen), wobei die gem. § 107 HGB erforderliche Eintragung in das Handelsregister nur deklaratorische Wirkung hat. Die Neugründung eines Unternehmens stellt keinen „Erwerb“ von Anteilen i.S.v. 20 Abs. 1 dar und begründet dementsprechend keine Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin.32 Zwar sollen nach der Rechtsprechung des BGH auch Gründungsaktionäre den Vorschriften über die Mitteilung und Veröffentlichung von qualifizierten Beteiligungen gem. § 20 AktG unterliegen;33 diese Erwägungen sind aber auf die Unterrichtungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber der BaFin nach Abs. 1 nicht übertragbar. Zum einen ist der Wortlaut von § 20 Abs. 1 AktG anders gefasst und stellt nicht auf einen „Erwerb“ ab („Sobald einem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Aktien einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland gehört …“); zum anderen begründet der BGH seine Auffassung im Wesentlichen mit dem Normzweck von § 20 AktG, Gläubiger und die Öffentlichkeit besser über geplante und bestehende Konzernverbindungen zu unterrichten.34 In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob der unternehmerische Aktionär seine Beteiligung durch eine Neugründung oder einen Beteiligungserwerb erlangt hat. Dieser Normzweck ist auf die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin nach Abs. 1 aber nicht übertragbar (s. oben Rn. 7). Die allgemeine Zwecksetzung einer Regulierung der Private Equity-Branche legt es vielmehr nahe, entsprechend dem Wortlaut die Unterrichtungspflicht nur an einen Beteiligungserwerb im eigentlichen Sinne zu knüpfen, da Private Equity Fonds sich typischerweise an bereits existierenden Unternehmen beteiligen. Ebenso wie bei der Variante des „Erwerbs“ kommt es ungeachtet des insoweit miss- 21 verständlichen Wortlauts auch bei der Variante des „Verkaufs“ für die Unterrichtungspflicht nicht auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft an, sondern auf den dinglichen Anteilsübergang.35 Der deutsche Gesetzgeber sollte den Begriff des „Verkaufs“ im Rahmen einer Novellierung des KAGB durch den der „Veräußerung“ (vgl. § 21 Abs. 1 WpHG) ersetzen. Der Umstand, dass der Begriff des „Verkaufs“ Art. 27 Abs. 1 AIFM-Richtlinie entnommen ist, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist der Wortlaut der Richtlinie nicht auf die rechtsdogmatischen Besonderheiten des nationalen Rechts in Bezug auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zugeschnitten; zum anderen zeigt auch der Wortlaut anderer Sprachfassungen,36 dass es nach der Richtlinie nicht auf den Abschluss des schuldrechtlichen (Kauf-)Vertrages ankommt. Die Variante des „Haltens“ von Anteilen ist einschlägig, wenn sich der Anteil der 22 Stimmrechte verändert, ohne dass ein Erwerb oder eine Veräußerung vorliegt. Es handelt

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31 Vgl. zum parallel gelagerten Problem bei § 21 WpHG MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 27; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 21 WpHG Rn. 17. 32 A.A. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 23, die allerdings darauf hinweisen, dass Neugründungen in der Regel aufgrund der Ausnahme für KMU nach § 287 Abs. 2 Nr. 1 KAGB (Art. 26 Abs. 2 lit. a [nicht: b] AIFM-Richtlinie) aus dem Anwendungsbereich des Abs. 1 herausfallen; wie hier Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 37. 33 BGH 24.4.2006 NJW-RR 2006 1110 (1111 f.). 34 BGH 22.4.1991 BGHZ 114 203 (215); MüKoAktG/Bayer § 20 Rn. 1; Hägele NZG 2000 726 (727). 35 Zutreffend Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 22. 36 Englisch: „disposes of (…) shares“; französisch: „cède (…) des actions“; italienisch: „ceda azioni di una società“.

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§ 289

Mitteilungspflichten

sich mithin um einen Auffangtatbestand, dessen praktischer Anwendungsbereich gering ist und der insbesondere nicht deckungsgleich ist mit dem Erreichen von Stimmrechten „auf sonstige Weise“ i.S.v. § 21 Abs. 1 WpHG. Er kommt vor allem dann in Betracht, wenn sich Stimmrechtsanteile infolge von Kapitalmaßnahmen verändern oder Stimmrechte aus Vorzugsaktien gem. § 140 Abs. 2 AktG aufleben.37 b) Berechnung des Anteils der Stimmrechte. Bei der Berechnung des für die Berührung der Schwellenwerte maßgeblichen Anteils der Stimmrechte des nicht börsennotierten Unternehmens werden nur solche erworbenen Anteile berücksichtigt, die mit Stimmrechten versehen sind, d.h. dem AIF Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung und damit die Befugnis vermitteln, an der durch Beschlüsse erfolgenden Willensbildung der Zielgesellschaft teilzunehmen.38 Auf das tatsächliche Stimmgewicht kommt es nicht an. Gesellschaftsanteile ohne Stimmrecht (z.B. Vorzugsaktien, §§ 139 ff. AktG) werden nicht berücksichtigt; ihr Erwerb löst die Unterrichtungspflicht nicht aus.39 Es ist fraglich, ob für die Berechnung des Anteils der Stimmrechte § 288 Abs. 2 ent24 sprechend heranzuziehen ist. Die Frage ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Zum einen hat die Anwendung von § 288 Abs. 2 S. 1 zur Folge, dass zusätzlich zu den von dem AIF direkt gehaltenen Stimmrechten auch Stimmrechte von Unternehmen hinzugerechnet werden, die von dem AIF kontrolliert werden (was gem. § 288 Abs. 1 der Fall ist, wenn der AIF mehr als 50 Prozent der Stimmrechte dieser Unternehmen hält); dies wird insbesondere bei dem typischen Fall einer zwischengeschalteten Erwerbergesellschaft relevant. Zum anderen wird gem. § 288 Abs. 2 S. 2 der Anteil der Stimmrechte ausgehend von der Gesamtzahl der mit Stimmrechten versehenen Anteile berechnet, auch wenn die Ausübung dieser Stimmrechte ausgesetzt ist. 25 Der bloße Umstand, dass der Wortlaut von § 289 nicht ausdrücklich auf § 288 verweist, kann allenfalls als ein schwaches Argument dafür anzusehen sein, dass § 288 Abs. 2 für die Berechnung der Schwellenwerte nicht anzuwenden ist.40 In systematischer Hinsicht kann gegen eine Anwendung von § 288 angeführt werden, dass dieser ausweislich seiner Überschrift (nur) das „Erlangen von Kontrolle“ betrifft, während die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin nach § 289 Abs. 1 eine Kontrollerlangung durch den AIF (anders als Abs. 2) gerade nicht voraussetzt. Allerdings erfordert auch die Feststellung eines Kontrollerwerbs nichts anderes als eine Berechnung des Anteils der Stimmrechte (erforderlich sind hier mehr als 50 Prozent), und es sprechen keine plausiblen Gründe dafür, die Berechnung des Anteils zwecks Feststellung der Schwellenwerte im Rahmen von Abs. 1 anders vorzunehmen als die Berechnung zwecks Feststellung eines Kontrollerwerbs im Rahmen von Abs. 2. Die besseren Gründe sprechen für eine einheitliche Berechnung des Anteils der Stimmrechte und damit für die einheitliche Anwendung von § 288 Abs. 2. Solange eine gesicherte Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung zu der Frage nicht existiert, ist der Praxis jedenfalls zur Vermeidung von Sanktionen (s. unten Rn. 60) eine „konservative“ Handhabung zu empfehlen, die unter Zugrundelegung der Zurechnung gem. § 288 Abs. 2 den Stimmrechtsanteil im Zweifel hoch ansetzt und zu einer frühen Unterrichtung der BaFin führt.41 23

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37 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 24; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 38; Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 289 Rn. 2. 38 Zum Begriff des Stimmrechts K. Schmidt Gesellschaftsrecht, S. 604. 39 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 27. 40 Vgl. Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2507 f.). 41 So im Ergebnis auch Burghard/Heimann WM 2014 821 (830); Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/ Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 19; Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2508).

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D. Unterrichtung der BaFin bei Veränderungen der Beteiligungshöhe (Abs. 1)

§ 289

Fraglich ist, ob die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin nach Abs. 1 auch im 26 Falle eines Erwerbs aller Anteile an der Zielgesellschaft durch den AIF besteht. Unter Verweis auf den Wortlaut, der voraussetzt, dass der AIF einen „Anteil der Stimmrechte“ hält, ließe sich begründen, dass der Erwerb von 100 Prozent der Anteile nicht erfasst ist. Wenn der AIF vor dem Erwerb aller Anteile jedoch über höchstens 75% der Anteile verfügt hat, wird durch einen Erwerb aller Anteile immer auch die Schwelle von 75 Prozent der Anteile überschritten, sodass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Unterrichtung der BaFin verpflichtet ist. Lag der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte hingegen bereits vor Erwerb aller Anteile über 75%, besteht keine erneute Unterrichtungspflicht, wenn der AIF seine Beteiligung weiter aufstockt und schließlich alle Anteile erwirbt (vgl. zu dem parallel gelagerten Problem bei Abs. 2 unten Rn. 35). II. Rechtsfolge: Unterrichtungspflicht 1. BaFin als Unterrichtungsadressatin. Adressatin der Unterrichtung ist die BaFin. 27 Es ist freilich nicht ersichtlich, inwiefern die BaFin die Information über das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten von Schwellenwerten für die Wahrnehmung ihrer Aufsichtstätigkeit (§ 5) benötigt. Dass die bloße Berührung von Schwellenwerten die BaFin zum Erlass aufsichtlicher Anordnungen gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft veranlasst, dürfte praktisch kaum vorkommen.42 Der rechtspolitische Zweck der Unterrichtungspflicht ist daher zweifelhaft (vgl. bereits oben Rn. 4 ff.). Die BaFin ist auch dann Adressatin der Unterrichtung, wenn die von dem AIF gehal- 28 tene Beteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen mit Sitz im (europäischen, s. oben Rn. 16) Ausland besteht. Eine Pflicht zur Unterrichtung der für die ausländische Zielgesellschaft ggf. zuständigen nationalen Behörden besteht nach deutschem Recht nicht (derartige Pflichten können aber nach dem Recht des Herkunftsstaates der Zielgesellschaft bestehen). Dies ist insofern konsistent, als der deutsche Gesetzgeber auch von der Informationsoption des Art. 28 Abs. 1 S. 2 AIFM-Richtlinie43 keinen Gebrauch gemacht hat.44 2. Inhalt der Unterrichtung. Inhaltlich erschöpft sich die „Unterrichtung“ der Ba- 29 Fin in einem schlichten „in Kenntnis setzen“; dies ist auch der Begriff, den Art. 27 Abs. 1 AIFM-Richtlinie verwendet.45 Die Anforderungen an eine wirksame Unterrichtung sind also gering;46 es genügt, dass die BaFin in die Lage versetzt wird, die ihr übermittelten Informationen einer bestimmten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, einem bestimmten AIF und einem bestimmten nicht börsennotierten Unternehmen eindeutig zuordnen zu können. Dazu ist es erforderlich, dass der BaFin der Name (genauer: die Firma), der satzungsmäßige Sitz und die (vollständige) Anschrift der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und des AIF sowie des betreffenden nicht börsennotierten Unternehmens mitgeteilt werden; ferner muss sich aus der Unterrichtung ergeben, welcher Schwellenwert in welcher Tatbestandsvariante (erreichen, überschreiten, unterschreiten) berührt wird.

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42 Ähnlich Möllers/Harrer/Krüger WM 2011 1537 (1541). 43 Art. 28 Abs. 1 S. 2 AIFM-Richtlinie lautet: „Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in Absatz 2 festgelegten Informationen auch den für das nicht börsennotierte Unternehmen zuständigen nationalen Behörden vorgelegt werden, die die Mitgliedstaaten für diesen Zweck benennen können.“ 44 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 34. 45 Die englischsprachige Sprachfassung verwendet den Begriff „notify“; die französische Sprachfassung den Begriff „notifier“. 46 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 31.

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§ 289

Mitteilungspflichten

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Darüber hinaus könnte erwogen werden, den Inhalt der Unterrichtung in Anlehnung an § 17 WpAIV47 zu bestimmen. Die Vorschrift regelt den erforderlichen Inhalt von Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1a WpHG und verlangt weitere Angaben, die über den in Rn. 29 beschriebenen Mindestinhalt der Unterrichtung hinausgehen. Da jedoch ohnehin unklar ist, welchen Normzweck § 289 Abs. 1 verfolgt und inwiefern die BaFin von den in der Unterrichtung enthaltenen Angaben im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit Gebrauch machen soll (s. oben Rn. 4 ff., 27), ist eine über den unmittelbaren Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Ausdehnung der Unterrichtungspflicht abzulehnen; sie ist auch durch den Wortlaut von Art. 27 AIFM-Richtlinie nicht gefordert. Dies gilt umso mehr, als die in § 17 WpAIV verlangten weiterreichenden Angaben zumindest teilweise auf den spezifischen Normzweck von § 21 WpHG und den Erwerb von Anteilen am Kapitalmarkt zugeschnitten sind. Sie lassen sich damit nicht sinnvoll auf § 289 Abs. 1 übertragen.

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3. Form der Unterrichtung. Was die Form der Unterrichtung anbelangt, enthält § 18 WpAIV eine sachgerechte Regelung, die einen brauchbaren Anhaltspunkt dafür liefert, welche Anforderungen insoweit zu stellen sind: Die Unterrichtung muss schriftlich oder per Telefax erfolgen; eine Übermittlung per E-Mail genügt nicht.48 Sie kann – da alleinige Unterrichtungsadressatin die BaFin ist – sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache erfolgen.

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4. Unterrichtungsfrist. Gem. Abs. 5 (s. unten Rn. 57 ff.) hat die Unterrichtung der BaFin so rasch wie möglich zu erfolgen, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF die entsprechende Schwelle erreicht, über- oder unterschritten hat. E. Informationspflichten bei Kontrollerlangung (Abs. 2–4) E. Informationspflichten bei Kontrollerlangung (Abs. 2–4)

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Abs. 2–4 sind gemeinsam zu lesen. Sie statuieren für den Fall, dass der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte den für eine Kontrollerlangung i.S.v. § 288 Abs. 1 erforderlichen Umfang, mithin mehr als 50 Prozent erreicht, eine weiterreichende Mitteilungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die sowohl hinsichtlich der Informationsadressaten (Abs. 2 und Abs. 4) als auch hinsichtlich des Informationsinhalts (Abs. 3) über die Unterrichtungspflicht nach Abs. 1 hinausgeht. I. Voraussetzungen der Mitteilungspflicht

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Mitteilungspflichtig ist auch im Rahmen von Abs. 2–4 die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die von dem AIF gehaltene Beteiligung muss an einem nicht börsennotierten Unternehmen (unabhängig von dessen Rechtsform, s. oben Rn. 17) bestehen und der AIF muss allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über dieses Unternehmen gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangen. Davon ist auszugehen, wenn der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte mehr als 50 Prozent erreicht. Eine gemeinsame Kontrollerlangung setzt voraus, dass entweder verschiedene AIF, die von derselben AIF--

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47 Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Wertpapierhandelsanzeige und Insiderverzeichnisverordnung, WpAIV) v. 13.12.2004, BGBl. I S. 3376. 48 S. für § 18 WpAIV Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 21 Rn. 121 f.

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E. Informationspflichten bei Kontrollerlangung (Abs. 2–4)

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Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, aufgrund einer Vereinbarung gemeinsam Stimmrechte an einem nicht börsennotierten Unternehmen in einem Umfang von mehr als 50 Prozent halten, oder dass mehrere AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeiten, AIF verwalten, die gemeinsam mehr als 50 Prozent halten. Die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgende weitere Aufstockung einer kontrollbegründenden Beteiligung löst keine erneute Mitteilungspflicht aus. Auf die Rn. 11 ff. dieser Kommentierung sowie die Kommentierung zu §§ 287, 288 wird verwiesen. Wenn der von dem AIF erworbene bzw. gehaltene, die Kontrollerlangung begründen- 35 de Anteil der Stimmrechte 100 Prozent beträgt, entfällt die Mitteilungspflicht gegenüber den übrigen Anteilseignern nach Abs. 2 Nr. 2, da diese nicht mehr existieren. Dagegen besteht die Informationspflicht gegenüber der Zielgesellschaft bzw. deren Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan (Abs. 2 Nr. 1) sowie gegenüber der BaFin (Abs. 2 Nr. 3) auch im Falle eines Erwerbs aller Anteile; ferner muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch bei Erwerb aller Anteile auf eine Information der Arbeitnehmer(vertreter) durch das Leitungsorgan gem. Abs. 4 hinwirken. II. Rechtsfolge: Mitteilungspflicht 1. Mitteilungsadressaten. Unmittelbare Mitteilungsadressaten sind das nicht bör- 36 sennotierte Unternehmen (Abs. 2 Nr. 1), seine Anteilseigner (Abs. 2 Nr. 2) und die BaFin (Abs. 2 Nr. 3). Gegenüber den Arbeitnehmern bzw. den Arbeitnehmervertretern besteht keine unmittelbare Mitteilungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft; sie hat nach Abs. 4 jedoch darauf hinzuwirken, dass das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von der Erlangung der Kontrolle durch den AIF und von den Informationen gem. Abs. 3 in Kenntnis setzt. Die Arbeitnehmervertreter bzw. die Arbeitnehmer sind damit mittelbare Mitteilungsadressaten. a) Zielgesellschaft (Abs. 2 Nr. 1). Abs. 2 Nr. 1 statuiert zunächst eine Mitteilungs- 37 pflicht gegenüber der Zielgesellschaft selbst. Darunter ist das Unternehmen zu verstehen, das tatsächlich erworben werden soll. Keine Mitteilungspflicht besteht gegenüber Tochtergesellschaften der Zielgesellschaft oder gegenüber im Zuge des Erwerbs gegründeten Zweckgesellschaften. 49 Aus Abs. 4, wonach die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in der Mitteilung gem. Abs. 2 Nr. 1 den Vorstand des nicht börsennotierten Unternehmens ersucht, die Arbeitnehmer(vertreter) zu informieren, ergibt sich, dass die Mitteilung an den Vorstand der Zielgesellschaft zu richten ist. Der Begriff des „Vorstandes“ ist lediglich auf Zielgesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft zugeschnitten. Bei Zielgesellschaften anderer Rechtsform sind daher die Organe zu adressieren, die dem Vorstand bei der Aktiengesellschaft funktional entsprechen, mithin die zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigten Personen. Bei einer GmbH sind dies die Geschäftsführer und bei einer Personenhandelsgesellschaft die zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigten persönlich haftenden Gesellschafter. b) Anteilseigner der Zielgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2). Abs. 2 Nr. 2 statuiert eine Mit- 38 teilungspflicht gegenüber den Anteilseignern der Zielgesellschaft. Problematisch daran

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Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 289 Rn. 4 und § 290 Rn. 4.

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ist, dass die Anteilseigner der Zielgesellschaft der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht zwangsläufig vollständig bekannt sein werden. Anders als der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der Kommission vom 30. April 2009, der eine Mitteilungspflicht gegenüber allen Anteilseignern vorsah,50 tragen § 289 Abs. 2 Nr. 2 und der dieser Vorschrift zugrunde liegende Art. 27 Abs. 2 lit. b AIFM-Richtlinie diesem Umstand dadurch Rechnung, dass sie die Mitteilungspflicht nur gegenüber denjenigen Anteilseignern vorschreiben, deren Identität und Adresse der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft entweder bereits vorliegen oder deren Identität und Adresse von der Zielgesellschaft oder über ein Register, zu dem die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Zugang hat oder erhalten kann, zur Verfügung gestellt werden können. Aus der Formulierung von Abs. 2 Nr. 2 ist ersichtlich, dass der AIF-Kapitalverwal39 tungsgesellschaft keine Mitteilungspflichten aufgebürdet werden, die sie mangels Kenntnis der Identität und Adresse aller Anteilseigner nicht erfüllen kann. Zugleich wird aber deutlich, dass sie gewisse (Mindest-)Anstrengungen unternehmen muss, um die Identität und die Adressen der Anteilseigner in Erfahrung zu bringen. Zu den erforderlichen und zumutbaren Anstrengungen gehört es insbesondere, die Zielgesellschaft um Auskunft hinsichtlich der Identität und der Adressen ihrer Anteilseigner zu ersuchen, wobei ein Auskunftsanspruch gegenüber der Zielgesellschaft nicht besteht; ferner hat die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft in die Register Einsicht zu nehmen, zu denen sie Zugang hat oder erhalten kann. Damit ist insbesondere das Handelsregister gemeint. Über ein Auskunftsersuchen bei der Zielgesellschaft und die Einsichtnahme in das Handelsregister hinausgehende Recherchepflichten hinsichtlich der Adressen namentlich bekannter Anteilseigner (z.B. Recherche über das Telefonbuch) bestehen allerdings nicht. Sofern der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Identität und die Adressen der 40 anderen Anteilseigner weder vorliegen noch von der Zielgesellschaft zur Verfügung gestellt werden, wird es in der Praxis daher nur zu einer lückenhaften Information der Anteilseigner der Zielgesellschaft kommen, ohne dass darin eine Pflichtverletzung der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft oder eine Ordnungswidrigkeit der handelnden Personen (§ 340 Abs. 2 Nr. 26; s. unten Rn. 60) läge. Bei der Aktiengesellschaft sind zwar die Identität und auch die Adressen der Inhaber von Namensaktien und Zwischenscheinen (§ 10 AktG) im Aktienregister erfasst, sofern ein solches vorhanden ist (§ 67 Abs. 1 S. 1 AktG); dazu wird die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aber regelmäßig keinen Zugang haben.51 Bei der GmbH ist die Identität und der Wohnort der Gesellschafter aus der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste ersichtlich (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG); die Angabe ihrer Adressen in der Gesellschafterliste wird aber überwiegend nicht für erforderlich gehalten,52 wenn diese auch teilweise in den Gesellschafterlisten genannt sind. Auch bei Personenhandelsgesellschaften sind Identität und Wohnort der Gesellschafter aus dem Handelsregister ersichtlich (§ 106 Abs. 2 HGB); deren Adressen werden nicht eingetragen.53 Soweit es sich bei den Anteilseignern der Zielgesellschaft nicht um natürliche Personen handelt, sondern um Handelsgesellschaften, kann die Adresse freilich über deren Registerauszug ermittelt werden.

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50 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG, KOM (2009) 207 endg., S. 39. 51 Entgegen Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 39 erlangen auch Aktionäre aus dem Aktienregister heutzutage keine Informationen mehr über ihre Mitaktionäre, siehe MüKoAktG/Bayer § 67 Rn. 7 f.; daher besteht auch keine Ausnahme für selbst verwaltete AIF. 52 MüKoGmbHG/Heidinger § 40 Rn. 12; Baumbach/Hueck/Noack GmbHG, § 40 Rn. 12; Seibert/Wedemann GmbHR 2007 17 (19). 53 Oetker/Lieder HGB, § 106 Rn. 15; MüKoHGB/Langhein § 106 Rn. 22.

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De lege ferenda wäre zu erwägen, die insgesamt wenig praktikable Mitteilungs- 41 pflicht gegenüber den Anteilseignern der Zielgesellschaft durch eine an Abs. 4 angelehnte Regelung zu ersetzen, wonach die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft zu ersuchen hat, die Anteilseigner unverzüglich von der Erlangung der Kontrolle und von den Informationen gem. Abs. 3 in Kenntnis zu setzen. Denn die Zielgesellschaft kennt die Identität und die Adressen ihrer Anteilseigner; § 67 Abs. 6 S. 3 AktG sieht sogar explizit vor, dass eine Aktiengesellschaft die im Aktienregister erfassten Daten „für ihre Aufgaben im Verhältnis zu den Aktionären“ verwendet. Erforderlich wäre dazu aber eine Änderung von Art. 27 Abs. 2 lit. b AIFM-Richtlinie. Es ist sehr zweifelhaft, ob eine eigenmächtige Abänderung bzw. Verkürzung der Mitteilungspflicht gegenüber den Anteilseignern durch den deutschen Gesetzgeber mit der unionsrechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie vereinbar wäre.54 Art. 27 Abs. 2 lit. b AIFM-Richtlinie regelt Umfang und Adressaten der Mitteilungspflicht ausführlich und präzise, sodass nicht von einem weiten Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten ausgegangen werden kann.55 c) BaFin (Abs. 2 Nr. 3). Abs. 2 Nr. 3 statuiert schließlich eine Mitteilungspflicht ge- 42 genüber der BaFin. Demnach wird für den Fall, dass der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte die Schwelle von 50 Prozent überschreitet (nicht schon für den Fall des bloßen Erreichens der Schwelle), die nach Abs. 1 ohnehin bestehende Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin inhaltlich um die in Abs. 3 genannten Informationen erweitert. d) Arbeitnehmer (Abs. 4). Abs. 4 erweitert den in Abs. 2 genannten Kreis der Mittei- 43 lungsadressaten dahingehend, dass er eine mittelbare Mitteilungspflicht gegenüber den Arbeitnehmervertretern bzw. den Arbeitnehmern statuiert: Gem. Abs. 4 S. 1 hat die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft in ihrer Mitteilung gegenüber der Zielgesellschaft nach Abs. 2 Nr. 1 deren Vorstand zu ersuchen, entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von der Erlangung der Kontrolle durch den AIF und von den Informationen gem. Abs. 3 in Kenntnis zu setzen. Die Ersuchenspflicht wird gem. Abs. 4 S. 2 ergänzt durch eine Bemühenspflicht: Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat sich „nach besten Kräften“56 zu bemühen, sicherzustellen, dass der Vorstand entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst ordnungsgemäß informiert. Der Begriff des „Vorstandes“ ist terminologisch auf die Aktiengesellschaft zuge- 44 schnitten; bei Zielgesellschaften anderer Rechtsform besteht die Ersuchenspflicht gegenüber den jeweiligen Geschäftsführungs- und Vertretungsorganen (s. oben Rn. 37). Arbeitnehmervertreter sind gem. § 1 Abs. 19 Nr. 2 Vertreter der Arbeitnehmer i.S.v. 45 Art. 2 lit. e der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft.57 Nach dieser Richtlinie sind Arbeitneh-

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54 So offenbar Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 39. 55 Zum Inhalt der Umsetzungspflicht siehe Grabitz/Hilf/Nettesheim/Nettesheim EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 120. 56 Nach Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 61 soll bereits einfachste Fahrlässigkeit dazu führen, dass ein Bemühen „nach besten Kräften“ zu verneinen ist. 57 Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 80 v. 23.3.2002, S. 29.

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mervertreter die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten vorgesehenen Vertreter der Arbeitnehmer. Verwiesen wird damit auf die betriebliche Mitbestimmung nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts. Das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft ist daher zu ersuchen, den zuständigen Betriebsrat von der Kontrollerlangung in Kenntnis zu setzen (vgl. die ähnlich strukturierte Vorschrift des § 10 Abs. 5 S. 2 WpÜG). Da die Erlangung der Kontrolle durch AIF das gesamte Unternehmen betrifft, ist der Gesamtbetriebsrat zuständig, falls ein solcher existiert (§ 50 Abs. 1 BetrVG). Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um das herrschende Unternehmen eines Konzerns und existiert ein Konzernbetriebsrat (§ 58 Abs. 1 BetrVG), ist dieser zuständig. Die Regelungstechnik von Abs. 4, wonach der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 46 lediglich eine Ersuchens- und Bemühenspflicht gegenüber dem Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft, aber keine unmittelbare Informationspflicht gegenüber den Arbeitnehmervertretern oder den Arbeitnehmern der Zielgesellschaft auferlegt wird, trägt dem Umstand Rechnung, dass zwischen dem AIF bzw. der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und den Arbeitnehmern der Zielgesellschaft keine direkten Beziehungen bestehen (vgl. Erwägungsgrund 54 der AIFM-Richtlinie). Dagegen hat das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft zu den Organen der Betriebsverfassung bzw. zu den Arbeitnehmern selbst unmittelbaren Zugang. Die Ersuchens- und Bemühungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist keine Erfolgs-, sondern eine reine Handlungspflicht.58 Ihre Erfüllung setzt nicht voraus, dass eine tatsächliche Weitergabe der Informationen an die Arbeitnehmervertreter bzw. die Arbeitnehmer durch das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft erfolgt. Ausreichend ist vielmehr, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft zu einer unverzüglichen Information der Arbeitnehmer (-vertreter) auffordert und, soweit erforderlich, dieser Aufforderung durch entsprechendes Nachfragen und Insistieren Nachdruck verleiht. 47 Das KAGB verzichtet darauf, eine Pflicht des Geschäftsführungs- und Vertretungsorgans der Zielgesellschaft zur Weiterleitung der übermittelten Informationen an die Arbeitnehmer zu normieren. Eine solche Verpflichtung lässt sich aber grundsätzlich aus der Geschäftsführungsaufgabe als solcher ableiten; die Weitergabe der Informationen wird regelmäßig der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG) bzw. eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG) entsprechen. Gem. § 287 Abs. 5 gelten allerdings die §§ 287 bis 292 und damit auch die Mittei48 lungspflichten bei Kontrollerlangung gem. § 289 Abs. 2–4 lediglich vorbehaltlich der Bedingungen und Beschränkungen, die in Art. 6 der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft59 festgelegt sind. Damit unterliegen zum einen die Arbeitnehmervertreter einer beschränkten Vertraulichkeitsverpflichtung: Gem. Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie ist es ihnen nämlich nicht gestattet, ihnen im berechtigten Interesse der Unternehmen oder Betriebe ausdrücklich als vertraulich mitgeteilte Informationen an Arbeitnehmer oder Dritte weiterzugeben. Die Vertraulichkeit der Information hängt mithin davon ab, ob der

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58 Zutreffend Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 52. 59 Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 80 v. 23.3.2002, S. 29.

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Arbeitgeber – hier das in der Mitteilung nach Abs. 2 Nr. 1 adressierte Geschäftsführungsund Vertretungsorgan der Zielgesellschaft – sie als vertraulich kennzeichnet.60 Zum anderen ist nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie der Arbeitgeber nicht zur Information der Arbeitnehmervertreter verpflichtet, wenn die Information nach objektiven Kriterien die Tätigkeit des Unternehmens oder Betriebs erheblich beeinträchtigen oder dem Unternehmen oder Betrieb schaden könnte.61 Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Zielgesellschaft keine Arbeitnehmervertretung hat und damit die gesamte Belegschaft zu informieren ist. Inwieweit das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan von der Möglichkeit Ge- 49 brauch macht, die Erlangung der Kontrolle durch den AIF für vertraulich zu erklären oder im Unternehmensinteresse von einer Information der Arbeitnehmervertreter abzusehen, spielt für die Frage, ob die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ihrer Ersuchensund Bemühenspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, keine Rolle.62 2. Inhalt der Mitteilung. Die Mitteilung hat zum einen über den Kontrollerwerb als 50 solchen, d.h. den Umstand, dass der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte 50 Prozent überschreitet (nicht bloß: erreicht), zu informieren (Abs. 2). Die Mitteilung hat zumindest die Angaben über den (bzw. die beteiligten) AIF zu enthalten, die für seine (bzw. ihre) Identifizierung erforderlich sind; dazu gehören der Name (genauer: die Firma), der satzungsmäßige Sitz und die (vollständige) Anschrift des AIF. Darüber hinaus sind in Abs. 3 weitere Angaben genannt, die die Mitteilung enthalten63 muss; diese Angaben werden durch die Offenlegungspflichten nach § 290 weiter ergänzt. Abs. 3 Nr. 1 verlangt, dass die Mitteilung Angaben zu der sich hinsichtlich der 51 Stimmrechte ergebenden Situation enthält. Aufgrund dieser weit gefassten Formulierung ist (anders als bei der Unterrichtung nach Abs. 1, s. oben Rn. 29 f.) sowohl die Angabe des auf zwei Nachkommastellen gerundeten prozentualen Anteils der von dem AIF gehaltenen Stimmrechte als auch ihrer Anzahl erforderlich.64 Im Falle einer gemeinsamen Kontrollerlangung ist der Stimmrechtsanteil der AIF, die Stimmrechte an dem nicht börsennotierten Unternehmen halten, im Einzelnen aufzuschlüsseln.65 Abs. 3 Nr. 2 verlangt ferner die Mitteilung der Bedingungen, unter denen die Kont- 52 rolle erlangt wurde, wobei der Begriff der „Bedingungen“ untechnisch im Sinne von „Umstände“ zu verstehen ist.66 Die wesentlichen mitteilungsbedürftigen Umstände der

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60 Anders als nach § 79 BetrVG muss es sich dabei nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handeln; siehe zur Richtlinienkonformität von § 79 BetrVG Reichold NZA 2003 289 (297). 61 Art. 6 Abs. 2 findet im deutschen Betriebsverfassungsrecht keine Entsprechung; nach Reichold NZA 2003 289 (297) musste sie wegen des Vorrangs mitgliedstaatlicher Gepflogenheiten, die für Arbeitnehmer günstiger sind, im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2002/14/EG in Deutschland nicht neu eingeführt werden. Da Art. 26 Abs. 6 AIFM-Richtlinie aber auf den vollständigen Regelungsgehalt von Art. 6 der Richtlinie 2002/14/EG verweist, nicht aber auf die in dieser Richtlinie enthaltenen Vorbehalte zugunsten mitgliedstaatlicher Gepflogenheiten, war der deutsche Gesetzgeber gezwungen, im Zuge der Umsetzung der AIFM-Richtlinie nicht auf § 79 BetrVG zu verweisen, sondern auf den inhaltlich weiterreichenden Art. 6 der Richtlinie 2002/14/EG. 62 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 55. 63 Abs. 3 spricht fälschlicherweise davon, dass die Mitteilung diese Angaben „erhält“; es müsste heißen: „enthält“. 64 Ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 42; ebenso für § 21 WpHG BaFin-Emittentenleitfaden, 4. Aufl. (Stand 22. Juli 2013) VIII.2.3.9.2., S. 110; Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 21 Rn. 121 f.; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 21 WpHG Rn. 25. 65 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch KAGB, § 289 Rn. 51. 66 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 43.

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Kontrollerlangung werden im Normtext selbst genannt: Erforderlich ist danach die Nennung der einzelnen beteiligten Anteilseigner, der zur Stimmabgabe in ihrem Namen ermächtigten natürlichen oder juristischen Personen und gegebenenfalls der Beteiligungskette, über die die Stimmrechte tatsächlich gehalten werden. Die Auflistung ist nicht abschließend. Welche Umstände darüber hinaus mitteilungsbedürftig sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Keine Mitteilungspflicht besteht hinsichtlich der Inhalte einer dem Anteilserwerb durch den AIF zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung, etwa eines Kaufvertrags (SPA). Nicht mitteilungspflichtig sind insbesondere der Kaufpreis, die Modalitäten der Kaufpreiszahlung und die vertraglichen Regelungen betreffend Gewährleistung und Garantien. Abgesehen davon, dass der Kaufvertrag selbst regelmäßig gegenseitige Vertraulichkeitsverpflichtungen der Parteien enthalten wird (die freilich nur so weit reichen können, wie keine gesetzlichen Offenlegungspflichten bestehen), zählen die Inhalte des Kaufvertrages zu den legitimen Geschäftsgeheimnissen der Parteien, und es besteht kein Anlass dafür, diese Inhalte – anders als bei sonstigen M&ATransaktionen – dem weiten Kreis der Mitteilungsadressaten (insbesondere den anderen Anteilseignern und – mittelbar – den Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern) zu offenbaren. Jedenfalls vermag der bloße Umstand, dass es sich bei dem Investor um einen geschlossenen Spezial-AIF handelt, eine derartige Offenlegung und den damit verbundenen Eingriff in die Rechte des AIF bzw. seiner Investoren nicht zu rechtfertigen.67 Abs. 3 Nr. 3 verlangt die Mitteilung des Datums, an dem die Kontrolle erlangt wurde. 53 Entscheidend ist auch hier das Datum des vollständigen dinglichen Anteilsübergangs („Closing“; s. oben Rn. 19). Abs. 4 verlangt ausschließlich für die Mitteilung gegenüber der Zielgesellschaft (Abs. 2 54 Nr. 1), dass die68 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft deren Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan ersucht, die Arbeitnehmervertreter oder, falls es solche Vertreter nicht gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von der Kontrollerlangung durch den AIF und den Informationen nach Abs. 3 Nr. 1 bis 3 in Kenntnis zu setzen (s. im Einzelnen bereits oben Rn. 43 ff.). Um der Ersuchens- und Bemühungspflicht gerecht zu werden, sollte die Mitteilung sowohl den (Gesamt-)Betriebsrat als richtigen Adressaten für die Weitergabe der Informationen benennen als auch auf das Erfordernis einer „unverzüglichen“ Weitergabe dieser Informationen hinweisen. Ein Hinweis auf § 287 Abs. 5 (s. oben Rn. 48) ist weder erforderlich noch schädlich. 55

3. Form der Mitteilung. Anders als bei der Unterrichtung gegenüber der BaFin gem. Abs. 1 (s. oben Rn. 31) kommt für die Form der Mitteilung eine Orientierung an § 18 WpAIV nicht in Betracht. Zwar wird man auch insoweit verlangen können, dass die Mitteilung schriftlich oder per Telefax erfolgt; eine Übermittlung per E-Mail genügt nicht. Bei einer deutschen Zielgesellschaft mit deutschen Anteilseignern kann (anders als bei der BaFin) aber nicht davon ausgegangen werden, dass diese Adressaten ohne weiteres in der Lage sind, eine englischsprachige Mitteilung zu verstehen. Hier ist es daher erforderlich, dass die erforderlichen Informationen in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt werden. Bei einer Zielgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat spricht hingegen nichts dagegen, dass die Mitteilung in englischer Sprache erfolgt; im Gegenteil

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67 Wie hier Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 44; Striegel/ Wiesbrock/Jesch/Swoboda/Schatz Kapitalbeteiligungsrecht, S. 870 f.; Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 289 Rn. 5. 68 An dieser Stelle ist der Gesetzestext grammatikalisch fehlerhaft; es müsste heißen: „In ihrer Mitteilung nach Absatz 2 Nummer 1 ersucht die AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft (…)“.

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F. Rechtzeitigkeit der Information (Abs. 5)

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wird dadurch die Rezeption der Mitteilung erleichtert. Dies kann allerdings nicht verlangt werden; erst recht kann nicht verlangt werden, dass die Mitteilung in der Sprache des Herkunftsstaates der Zielgesellschaft erfolgt. 4. Mitteilungsfrist. Gem. Abs. 5 (s. unten Rn. 57 ff.) hat die Mitteilung gegenüber 56 den jeweiligen Adressaten so rasch wie möglich zu erfolgen, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF die Kontrolle erlangt hat. Nach dem oben (Rn. 47, 49) Gesagten ist für eine fristgemäße Mitteilung nicht erforderlich, dass die tatsächliche Information der Arbeitnehmer(vertreter) durch das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft ebenfalls innerhalb der Frist des Abs. 5 erfolgt. F. Rechtzeitigkeit der Information (Abs. 5) F. Rechtzeitigkeit der Information (Abs. 5) Abs. 5 legt fest, innerhalb welcher Frist die Informationspflichten zu erfüllen sind. 57 Die Vorschrift gilt für alle in § 289 normierten Informationspflichten, also sowohl für die Unterrichtungspflicht nach Abs. 1 als auch für die Mitteilungspflicht nach Abs. 2–4. Terminologisch orientiert sich Abs. 5 eng an Art. 27 Abs. 5 AIFM-Richtlinie, anstatt dem deutschen Rechtsanwender vertraute Formulierungen aus anderen Gesetzen aufzugreifen. Sämtliche Mitteilungen sollen „so rasch wie möglich“ erfolgen. Die Formulierung ermöglicht eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, von denen abhängt, was „möglich“ ist; es liegt daher nahe, ihren Inhalt entsprechend der Legaldefinition des Begriffs „unverzüglich“ i.S.d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zu bestimmen.69 Die Mitteilungen erfolgen demnach „so rasch wie möglich“, wenn sie „ohne schuldhaftes Zögern“ abgegeben werden. Durch eine solche Auslegung wird zugleich ein Gleichlauf zu den Mitteilungspflichten der §§ 21 Abs. 1 WpHG, 20 Abs. 1 S. 2 AktG hergestellt. Spätestens müssen die Mitteilungen zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF 58 die entsprechende Schwelle erreicht, überschritten oder unterschritten hat, gemacht werden. Der Fristbeginn wird erst durch den vollständigen dinglichen Anteilsübergang ausgelöst.70 Was die Zählung der „Arbeitstage“ anbelangt, ist unklar, ob Samstage mitgezählt werden sollen oder nicht. Das deutsche Recht definiert als „Werktage“ alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind (vgl. § 3 Abs. 2 BUrlG); Samstage sind demnach als Werktage anzusehen.71 Demgegenüber geht der allgemeine Sprachgebrauch von fünf Wochenarbeitstagen aus; in verschiedenen (teils landesrechtlichen) Gesetzen wird der Begriff des „Arbeitstages“ unterschiedlich definiert.72 Dass Abs. 5 nicht von „Werktagen“ spricht, sondern von „Arbeitstagen“, legt eine Orientierung am allgemeinen Sprachgebrauch nahe; es sprechen keine Argumente dafür, den Samstag als Arbeitstag mitzuzählen. Unklar ist schließlich, was erforderlich ist, damit eine Mitteilung i.S.v. Abs. 5 „ge- 59 macht“ wurde. Im Rahmen der Fristbestimmung nach § 21 Abs. 1 WpHG („unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Handelstagen“) wird aus der fehlenden Verweisung auf § 121 Abs. 1 S. 2 BGB gefolgert, es sei nicht nur eine Absendung innerhalb der Frist, sondern darüber hinaus ein fristgerechter Zugang der Mitteilung zu fordern.73 Richtig ist,

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69 Die Frage offen lassend Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2507). 70 Ebenso Weitnauer AG 2013 672 (675). 71 ErfK ArbeitsR/Gallner § 3 BUrlG Rn. 3. 72 Vgl. z.B. § 3 Abs. 1 ArbeitszeitVO NRW: Arbeitstage = Montag bis Freitag; § 5 Abs. 1 ArbeitszeitVO Bayern: Arbeitstage = Werktage; § 3 ArbeitszeitVO Berlin: Arbeitstag = Werktag mit Ausnahme des Sonnabends. 73 Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 21 Rn. 131; MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 41.

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dass es sich bei Mitteilungen um geschäftsähnliche Handlungen handelt, auf die wegen der vergleichbaren Interessenlage die Vorschriften über Willenserklärungen grundsätzlich analog anzuwenden sind.74 Das Gebot der analogen Anwendung gilt insbesondere für § 130 Abs. 1 BGB, wonach die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abgegebene Willenserklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie ihm zugeht.75 Allerdings hat der BGH die analoge Anwendung von § 130 Abs. 1 BGB nur für solche Mitteilungen und Anzeigen bejaht, an die das Gesetz Rechtsfolgen knüpft. Er hat die Analogie daher abgelehnt bei bloßen Benachrichtigungen (im konkreten Fall ging es um die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gem. § 666 BGB).76 Da das Gesetz an die Unterrichtung nach Abs. 1 und die Mitteilung nach Abs. 2–4 keine unmittelbaren Rechtsfolgen knüpft, sprechen gute Argumente dafür, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nur die ordnungsgemäße Absendung innerhalb der Frist des Abs. 5 schuldet.77 Die Berechnung der Frist richtet sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1, 193 BGB.78 G. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Unterrichtungs- bzw. Mitteilungspflicht G. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Unterrichtungs- bzw. Mitteilungspflicht Gem. § 340 Abs. 2 Nr. 26 begehen die für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft handelnden Personen eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 289 Abs. 1, 2 oder 5 eine Unterrichtung, Information oder Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornehmen. Ein Verstoß, der auf einfacher Fahrlässigkeit beruht, genügt für die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitentatbestands nicht. Die Begehung der Ordnungswidrigkeit kann durch ein Bußgeld von bis zu 100.000 EUR (siehe im Einzelnen § 340 Rn. 8) geahndet werden. Damit ist der Vorgabe von Art. 48 AIFM-Richtlinie genüge getan, wonach die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für den Verstoß gegen die nach der Richtlinie erlassenen Bestimmungen festlegen müssen. 61 Gem. §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 AktG sowie § 28 WpHG hat ein Verstoß gegen die in §§ 20, 21 AktG sowie §§ 21 ff. WpHG normierten Mitteilungspflichten zur Folge, dass Rechte aus Aktien, die dem Mitteilungs- bzw. Meldepflichtigen gehören, für die Zeit nicht bestehen, für welche die Mitteilungspflichten nicht erfüllt werden. Ein vergleichbarer Rechtsverlust ist bei Verstoß gegen die weiterreichenden Unterrichtungs- und Mitteilungspflichten nach § 289 weder im KAGB noch in der AIFM-Richtlinie79 vorgesehen. Da Vorschriften, welche die Befugnisse von Gesellschaftern und damit auch die Frage des

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74 MüKoBGB/Armbrüster vor § 116 Rn. 116 ff.; ausführlich Ulrici NJW 2003 2053. 75 MüKoBGB/Einsele § 130 Rn. 4; Staudinger/Singer BGB, § 130 Rn. 14; Ulrici NJW 2003 2053 (2055). 76 BGH 7.5.2002 NJW 2002 2703 (2703 f.). 77 Würde man die analoge Anwendung von § 130 Abs. 1 BGB bejahen, müsste ohne weiteres der Zugang innerhalb der Frist erfolgen; dies folgt nicht erst aus der fehlenden Verweisung auf § 121 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine Abweichung von der Regel ließe sich allenfalls durch analoge Anwendung von § 121 Abs. 1 S. 2 BGB begründen. Bei der analogen Anwendung der Norm ist allerdings wegen der schutzwürdigen Interessen des Erklärungsempfängers Zurückhaltung geboten, da es sich um eine Ausnahmevorschrift zum Schutz des Erklärenden handelt, der bei der Abgabe der angefochtenen Willenserklärung einem Irrtum unterlag; s. Staudinger/Singer BGB, § 121 Rn. 12; BAG 3.7.1980 NJW 1981 1332 (1334). 78 Siehe für § 21 WpHG MüKoAktG/Bayer § 21 WpHG Rn. 41. 79 Vgl. demgegenüber den im Zuge der Überarbeitung der Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013, ABl. EU Nr. L 294 v. 6.11.2013, S. 13) neu geschaffenen Art. 28b Abs. 2 Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 390 v. 31.12.2004, S. 38).

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Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

§ 290

Bestehens oder Nichtbestehens von Stimmrechten regeln, Bestandteil des für die betroffene Gesellschaft maßgeblichen Gesellschaftsstatuts sind,80 hätte der deutsche Gesetzgeber einen solchen Rechtsverlust ohnehin nur für den Erwerb von Beteiligungen an inländischen Zielgesellschaften vorsehen können.81 Außerdem wird mit Recht bezweifelt, ob die Anordnung eines Rechtsverlusts mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot vereinbar wäre.82 Zu einem Rechtsverlust kann es daher nur dann kommen, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft handelt und die neben den Informationspflichten gem. § 289 weiterhin bestehenden Mitteilungspflichten nach § 20 AktG verletzt werden. Fraglich ist, ob die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Falle einer unterlassenen, 62 nicht richtigen, nicht vollständigen oder nicht rechtzeitigen Unterrichtung oder Mitteilung zivilrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das KAGB selbst sieht eine Schadensersatzpflicht nicht vor, sodass ein Anspruch sich allenfalls aus § 823 Abs. 2 BGB ergeben könnte. Für die in §§ 20, 21 AktG sowie §§ 21 ff. WpHG normierten Mitteilungspflichten ist umstritten, ob es sich dabei um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB handelt;83 dieselbe Frage stellt sich mit Blick auf § 289. Dabei kommt es für die Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft maßgeblich darauf an, ob die jeweilige Vorschrift dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist.84 Dies ist jedenfalls für die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin nach Abs. 1 zu verneinen. Für die Mitteilungspflicht nach Abs. 2–4 lässt sich vertreten, dass diese zumindest auch dem spezifischen Informationsbedürfnis der darin genannten Informationsadressaten im Hinblick auf den Beteiligungserwerb durch geschlossene Spezial-AIF dienen (zur Unschärfe des Normzwecks s. oben Rn. 4 ff.). Ein Schadensersatzanspruch erscheint daher theoretisch denkbar, wird aber in der Praxis gleichwohl keine Rolle spielen, da der erforderliche Nachweis eines kausal auf der Verletzung der Mitteilungspflicht beruhenden Schadens nur schwer zu führen sein dürfte. https://doi.org/10.1515/9783110492217-077

§ 290 Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle § 290 Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle Behme Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

(1) Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten gemäß § 287 Absatz 1 in Verbindung mit § 288 Absatz 1, legt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den folgenden Stellen die in Absatz 2 genannten Informationen vor: 1. dem betreffenden Unternehmen, 2. den Anteilseignern, soweit deren Identität und Adresse der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft a) vorliegen, b) von dem nicht börsennotierten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden können oder

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80 Zum Umfang des Gesellschaftsstatuts MüKoBGB/Kindler IntGesR, Rn. 522; vgl. ferner RG 25.5.1910 RGZ 73 366 (367). 81 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 56. 82 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 56. 83 Zum Meinungsstand hinsichtlich §§ 20, 21 AktG s. Spindler/Stilz/Petersen AktG, Vorbemerkung zu §§ 20 bis 22 Rn. 25 ff. und hinsichtlich §§ 21 ff. WpHG Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 28 Rn. 79 ff.; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 28 WpHG Rn. 20. 84 Staudinger/Hager BGB, § 823 Rn. G 19; MüKoBGB/Wagner § 823 Rn. 498.

531 https://doi.org/10.1515/9783110492217-077

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§ 290

Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

c)

3.

über ein Register, zu dem die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Zugang hat oder erhalten kann, zur Verfügung gestellt werden können und die Bundesanstalt. (2) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft legt die folgenden Informationen

vor: 1. die Identität der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die entweder allein oder im Rahmen einer Vereinbarung mit anderen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften die AIF verwalten, die die Kontrolle erlangt haben, 2. die Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten, insbesondere zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, dem AIF und dem Unternehmen, einschließlich Informationen zu den besonderen Sicherheitsmaßnahmen, die getroffen wurden, um sicherzustellen, dass Vereinbarungen zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder dem AIF und dem Unternehmen wie zwischen voneinander unabhängigen Geschäftspartnern geschlossen werden, und 3. die Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern. (3) 1 In ihrer Mitteilung nach Absatz 1 Nummer 1 ersucht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorstand des Unternehmens, entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von den Informationen gemäß Absatz 2 in Kenntnis zu setzen. 2 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bemüht sich nach besten Kräften sicherzustellen, dass der Vorstand entweder die Arbeitnehmervertreter oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst ordnungsgemäß informiert. (4) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft stellt sicher, dass den in Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Unternehmen und Anteilseignern folgende Informationen offengelegt werden: 1. die Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung des nicht börsennotierten Unternehmens und 2. die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung, einschließlich wesentlicher Änderungen der Arbeitsbedingungen. 2 Ferner ersucht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorstand des nicht börsennotierten Unternehmens, die in diesem Absatz genannten Informationen entweder den Arbeitnehmervertretern oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, den Arbeitnehmern des nicht börsennotierten Unternehmens selbst zur Verfügung zu stellen und bemüht sich nach besten Kräften, dies sicherzustellen. (5) Sobald ein AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gemäß § 287 Absatz 1 in Verbindung mit § 288 Absatz 1 erlangt, legt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die den betreffenden AIF verwaltet, der Bundesanstalt und den Anlegern des AIF Angaben zur Finanzierung des Erwerbs vor. Schrifttum Schrifttum Baums Low Balling, Creeping in und deutsches Übernahmerecht, ZIP 2010 2374; Behrens „Corporate Governance“, in: Festschrift für Ulrich Drobnig, hrsg. von Basedow, Tübingen 1998, 491; Berle/Means The Modern Corporation and Private Property, 1932; Fleischer Mitteilungspflichten für Inhaber wesentlicher Beteiligungen (§ 27a WpHG), AG 2008 873; Greven/Fahrenholz Die Handhabung der neuen Mitteilungspflichten nach § 27a WpHG, BB 2009 1487; Jensen/Meckling Theory of the firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure, Journal of Financial Economics 3 (1976) 305; Möllers/Harrer/ Krüger Die Regelung von Hedgefonds und Private Equity durch die neue AIFM-Richtlinie, WM 2011 1537;

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A. Überblick

§ 290

Schröder/Rahn Das KAGB und Private-Equity-Transaktionen – Pflichten für Manager von Private-EquityFonds und deren Verwahrstellen, GWR 2014 49; Weitnauer Das Übernahmesonderrecht des KAGB und seine Auswirkungen auf die Private-Equity-Branche, AG 2013 672; Wißmann Probleme bei der Umsetzung der EG-Richtlinie über Massenentlassungen in deutsches Recht, RdA 1998 221; Zetzsche Anteils- und Kontrollerwerb an Zielgesellschaften durch Verwalter alternativer Investmentfonds, NZG 2012 1164.

A. B. C. D.

E.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck | 5 Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten (Abs. 1–3) | 7 I. Voraussetzungen der Offenlegungspflicht | 8 II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht 1. Offenlegungsadressaten | 14 2. Inhalt der Offenlegung a) Identität der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 1) | 16 b) Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten (Abs. 2 Nr. 2) | 18 c) Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern (Abs. 2 Nr. 3) | 22 3. Form der Offenlegung | 23 4. Offenlegungsfrist | 24 Besondere Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung über ein nichtbörsennotiertes Unternehmen (Abs. 4) | 25

I.

F.

G.

Voraussetzungen der Offenlegungspflicht | 26 II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht 1. Offenlegungsadressaten | 28 2. Inhalt der Offenlegung a) Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft (Abs. 4 Nr. 1) | 29 b) Voraussichtliche Auswirkungen auf die Beschäftigung (Abs. 4 Nr. 2) | 36 3. Form der Offenlegung | 39 4. Offenlegungsfrist | 40 Pflicht zur Vorlage von Angaben zur Finanzierung des Erwerbs (Abs. 5) | 41 I. Voraussetzungen der Offenlegungspflicht | 42 II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht 1. Offenlegungsadressaten | 43 2. Inhalt der Offenlegung | 44 3. Form der Offenlegung | 48 4. Offenlegungsfrist | 49 Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht | 50

A. Überblick A. Überblick § 290 statuiert weitreichende Offenlegungspflichten der AIF-Kapitalverwaltungs- 1 gesellschaft für den Fall, dass der AIF gemeinsam oder mit anderen AIF die Kontrolle über die Zielgesellschaft gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangt. Die Vorschrift ergänzt und erweitert damit die bereits in § 289 Abs. 2–4 normierten Mitteilungspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Falle der Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen. Die verschiedenen in § 290 geregelten Offenlegungspflichten unterscheiden sich so- 2 wohl hinsichtlich ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen in Bezug auf die Zielgesellschaft als auch hinsichtlich der Adressaten der jeweils offenzulegenden Informationen. So bestehen die Offenlegungspflichten gem. Abs. 1–3 nicht nur im Falle der Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen, sondern auch dann, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um einen Emittenten handelt. Dagegen bestehen die Pflichten nach Abs. 4 und nach Abs. 5 lediglich bei Erlangung der Kontrolle über ein nicht börsen533

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§ 290

Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

notiertes Unternehmen. Die Informationen gem. Abs. 1–3 sind gegenüber der Zielgesellschaft, deren Anteilseignern, der BaFin sowie (mittelbar) gegenüber den Arbeitnehmern bzw. ihren Vertretern offenzulegen. Die Informationen gem. Abs. 4 sind dagegen nur gegenüber der Zielgesellschaft, deren Anteilseignern sowie (mittelbar) den Arbeitnehmern bzw. ihren Vertretern offenzulegen, nicht aber gegenüber der BaFin. Die Informationen zur Finanzierung des Erwerbs gem. Abs. 5 sind der BaFin sowie den Anlegern des AIF vorzulegen. Daraus ergibt sich folgende Übersicht: 3

Abs. 1–3

Zielgesellschaft

Offenlegungsadressat

Inhalt der Offenlegung



– –

Zielgesellschaft Anteilseigner der Zielgesellschaft BaFin Arbeitnehmervertreter bzw. Arbeitnehmer (mittelbar)



Zielgesellschaft Anteilseigner der Zielgesellschaft Arbeitnehmervertreter bzw. Arbeitnehmer (mittelbar)



BaFin Anleger des AIF





Abs. 4

Nicht börsennotiertes Unternehmen Emittent

Nicht börsennotiertes Unternehmen

– –

– – –

Abs. 5

Nicht börsennotiertes Unternehmen

– –







Identität der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft Voraussichtliche Auswirkungen auf die Beschäftigung Angaben zur Finanzierung des Erwerbs

B. Entstehungsgeschichte B. Entstehungsgeschichte 4

Durch § 290 wird Art. 28 AIFM-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt.1 Der deutsche Gesetzgeber setzt die Vorgaben der Richtlinie eins zu eins um. Er macht keinen Gebrauch von der in Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 AIFM-Richtlinie enthaltenen Ermächtigung, wonach die Mitgliedstaaten vorschreiben können, dass die in Abs. 2 festgelegten Informationen auch den für das nicht börsennotierte Unternehmen zuständigen nationa-

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1 Zur Entstehungsgeschichte von Art. 28 AIFM-Richtlinie s. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/ Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 3.

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C. Normzweck

§ 290

len Behörden vorgelegt werden. Abs. 4 wurde gegenüber Art. 28 Abs. 4 AIFM-Richtlinie sprachlich verkürzt und hat dadurch an Präzision eingebüßt (s. unten Rn. 26); eine inhaltliche Abweichung von den Vorgaben der Richtlinie ist damit aber nicht verbunden. C. Normzweck C. Normzweck Ebenso wie die Mitteilungspflichten gem. § 289 Abs. 2–4 dienen auch die in § 290 5 Abs. 1–4 statuierten Offenlegungspflichten vordergründig der Transparenz beim Kontrollerwerb durch geschlossene Spezial-AIF, insbesondere einer Verbesserung der Informationspolitik gegenüber der Zielgesellschaft und deren Arbeitnehmer(vertretern).2 Anders als die strukturell vergleichbare Mitteilungspflicht nach § 27a WpHG (die freilich nur für den Erwerb wesentlicher Beteiligungen an einem Emittenten gilt, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, und die zudem in der Satzung des Emittenten abbedungen werden kann) und die teilweise ähnlich formulierten Anforderungen an den Inhalt einer Angebotsunterlage i.S.d. § 11 WpÜG, knüpfen § 290 und Art. 28 AIFMRichtlinie aber nicht an den Umstand, den Umfang oder die Modalitäten des Beteiligungserwerbs als solchen und die daraus resultierenden Informationsbedürfnisse bestimmter Adressaten an. Vielmehr werden die Offenlegungspflichten ausschließlich dadurch begründet und ausgelöst, dass die Beteiligung durch geschlossene Spezial-AIF3 erworben wird. Bei der Kontrollerlangung durch andere Investoren bestehen diese Offenlegungspflichten nicht. Dies ist aus den bereits zu § 289 ausgeführten Gründen rechtspolitisch fragwürdig (siehe ausführlich § 289 Rn. 4 ff.). Bemerkenswert und mit Blick auf die Schutzrichtung der Vorschrift wenig stimmig erscheint insbesondere, dass die in § 290 Abs. 1 bis 3 statuierten Offenlegungspflichten nur beim Erwerb der Kontrolle über einen Emittenten durch einen geschlossenen Spezial-AIF, nicht aber durch einen Hedgefonds gelten; auf § 290 Abs. 1 bis 3 wird in § 283 i.V.m. § 282 nicht verwiesen. Aus Sicht der in § 290 Abs. 1 bis 3 angesprochenen Informationsadressaten macht es aber keinen Unterschied, ob die Kontrolle durch einen geschlossenen Spezial-AIF (Private Equity-Fonds) oder durch einen Hedgefonds erworben wird; das Informationsbedürfnis ist (sofern überhaupt vorhanden) in beiden Fällen identisch. Abs. 5 verfolgt einen eigenständigen, rechtspolitisch überzeugenden Normzweck.4 6 Dieser besteht zum einen darin, die Anleger über die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verfolgte Anlagepolitik und die damit verbundenen Risiken zu informieren; er trägt damit dem zwischen den Anlegern des AIF und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bestehenden Principal Agent-Konflikt5 Rechnung. Zum anderen ermöglichen Informationen zur Finanzierung des Erwerbs der BaFin, etwaige systemische Risiken, die aus umfangreichen Fremdfinanzierungen von Beteiligungserwerben durch Private Equity-Fonds resultieren können, frühzeitig zu erkennen.

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2 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 4. 3 Die §§ 287 ff. gelten für geschlossene inländische Spezial-AIF, finden über die Verweisung des § 261 Abs. 7 aber auch auf geschlossene inländische Publikums-AIF Anwendung; krit. dazu Weitnauer AG 2013 672 (674). 4 Vgl. auch die positive Bewertung bei Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 57: „Die Vorschrift des § 290 Abs. 5 KAGB ist zu begrüßen, da (aggressiven) Finanzierungsstrukturen mit hohem Fremdkapitalanteil ein immanentes Risiko innewohnt.“ 5 Siehe grundlegend Berle/Means The Modern Corporation and Private Property; Jensen/Meckling J.Fin.Econ. 3 (1976) 305; zusammenfassend Behrens FS Drobnig, 491, 494 ff.

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§ 290

Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

D. Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten (Abs. 1–3) D. Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung 7 Abs. 1–3 sind gemeinsam zu lesen und verpflichten die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für den Fall der Kontrollerlangung durch AIF über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten zur Offenlegung bestimmter, in Abs. 2 näher bezeichneter Informationen: der Identität der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 1), der Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten, insbesondere zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, dem AIF und der Zielgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2), sowie der Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern (Abs. 2 Nr. 3). Die Offenlegungspflicht besteht gegenüber demselben Adressatenkreis wie die Mitteilungspflicht gem. § 289 Abs. 2–4. I. Voraussetzungen der Offenlegungspflicht Offenlegungspflichtig ist ebenso wie im Rahmen von § 289 die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (s. § 289 Rn. 11 ff.). Die Offenlegungspflicht besteht unabhängig davon, ob es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder um einen Emittenten handelt. Ausgelöst wird die Offenlegungspflicht dadurch, dass der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt. Der Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens ist in § 1 Abs. 19 Nr. 27 legalde9 finiert. Ein nicht börsennotiertes Unternehmen ist demnach ein Unternehmen, das seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Anteile im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1) nicht zum Handel auf einem regulierten (richtigerweise: geregelten, s. § 289 Rn. 16, Fußn. 22) Markt zugelassen sind; die Definition erfasst Unternehmen unabhängig davon, ob sie in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft verfasst sind (siehe ausführlich § 289 Rn. 17). Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen, ist von einer Kontrollerlangung durch den AIF auszugehen, wenn der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte mehr als 50 Prozent erreicht (§ 288 Abs. 1). Eine gemeinsame Kontrollerlangung setzt voraus, dass entweder verschiedene AIF, die von derselben AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, aufgrund einer Vereinbarung gemeinsam Stimmrechte an einem nicht börsennotierten Unternehmen in einem Umfang von mehr als 50 Prozent halten, oder dass mehrere AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeiten, AIF verwalten, die gemeinsam mehr als 50 Prozent halten (siehe im Einzelnen die Kommentierungen zu §§ 287, 288, 289 Rn. 34). Der Begriff des Emittenten ist das Gegenstück zum nicht börsennotierten Unterneh10 men und wird in § 287 Abs. 4 dahingehend konkretisiert, dass es sich um einen Emittenten im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/109/EG6 handeln muss, der seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Wertpapiere im Sinne 8

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6 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38.

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D. Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung

§ 290

von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG7 zum Handel auf einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 11 WpHG zugelassen sind. Die Definition ist aufgrund der mehrfachen Verweisungen nicht nur sperrig, sondern auch teilweise redundant. Entscheidend sind zwei Merkmale: Erstens der satzungsmäßige Sitz in der europäischen Union (insoweit besteht ein Gleichlauf zum Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens) und zweitens die Zulassung der Anteile zum Handel auf einem geregelten8 Markt (darin besteht der Unterschied zum Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens). Die Erlangung von Kontrolle an einem Emittenten richtet sich (anders als bei nicht 11 börsennotierten Zielgesellschaften) nicht nach § 288 Abs. 1; vielmehr verweist § 288 Abs. 3 insoweit auf Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12). Danach bestimmen sich der prozentuale Anteil der Stimmrechte, der eine Kontrolle begründet, und die Art der Berechnung dieses Anteils nach den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat; der Begriff der Kontrolle wird in Bezug auf Emittenten weder durch die Übernahmerichtlinie noch durch die AIFM-Richtlinie harmonisiert. Für Emittenten mit Sitz in Deutschland bedeutet diese (Rück-)Verweisung auf das nationale Recht, dass gem. § 29 Abs. 2 WpÜG eine Kontrollerlangung schon beim Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte gegeben ist.9 Anstelle der vergleichsweise knappen Zurechnungsnorm des § 288 Abs. 2 treten die deutlich umfassenderen Zurechnungsregeln des § 30 WpÜG. Die Offenlegungspflichten aus § 290 Abs. 1–3 treten bei der Erlangung der Kontrolle 12 über einen Emittenten damit neben die Pflicht zur Veröffentlichung der Kontrollerlangung und zur Abgabe eines Pflichtangebots aus § 35 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WpÜG. Adressat der in § 35 WpÜG normierten Pflichten ist freilich derjenige, der die Kontrolle erlangt, mithin nicht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, sondern der AIF selbst. Wenn der von dem AIF erworbene bzw. gehaltene, die Kontrollerlangung begrün- 13 dende Anteil der Stimmrechte 100 Prozent beträgt, entfällt die Offenlegungspflicht gegenüber den übrigen Anteilseignern nach Abs. 1 Nr. 2, da solche nicht mehr existieren, wohingegen die Offenlegungspflicht gegenüber der Zielgesellschaft bzw. deren Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan (Abs. 1 Nr. 1) sowie gegenüber der BaFin (Abs. 1 Nr. 3) auch im Falle eines Erwerbs aller Anteile besteht. Ferner muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch bei Erwerb aller Anteile auf eine Information der Arbeitnehmer (-vertreter) durch das Leitungsorgan gem. Abs. 3 hinwirken (vgl. § 289 Rn. 35). II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht 1. Offenlegungsadressaten. Abs. 1 bestimmt die unmittelbaren Adressaten der Of- 14 fenlegung: die Zielgesellschaft (Abs. 1 Nr. 1), deren Anteilseigner (Abs. 1 Nr. 2) sowie die10 BaFin (Abs. 1 Nr. 3). Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 289, Rn. 36 ff. verwiesen.

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7 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. 8 Dem in der MiFID verwendeten Begriff des „geregelten Marktes“ entspricht im deutschen Recht der „organisierte Markt“ i.S.d. § 2 Abs. 11 WpHG. 9 Der Schwellenwert von 30% ist auch in den Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten verbreitet; s. den Überblick bei Baums ZIP 2010 2374 (2379). 10 Abs. 1 Nr. 3 ist grammatikalisch fehlerhaft; es müsste heißen: „der Bundesanstalt“.

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Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um einen Emittenten mit typischerweise großem Anteilseignerkreis, dürfte eine lückenlose Offenlegung gegenüber sämtlichen Anteilseignern in der Praxis kaum möglich sein, da der AIF-Kapitalgesellschaft die Adressen der Aktionäre nicht vorliegen werden. Kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ihrer Offenlegungspflicht aus diesem Grunde nicht gegenüber allen Offenlegungsadressaten nachkommen, so ist darin keine Pflichtverletzung und keine Ordnungswidrigkeit der handelnden Personen (§ 340 Abs. 2 Nr. 27) zu sehen. Abs. 3 erweitert den Kreis der Offenlegungsadressaten, indem er die AIF-Kapitalver15 waltungsgesellschaft verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft die Arbeitnehmervertreter (d.h. den zuständigen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat) oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, die Arbeitnehmer selbst unverzüglich von den Informationen gem. Abs. 2 in Kenntnis setzt. Ebenso wie im Rahmen von § 289 Abs. 4 sind die Arbeitnehmervertreter bzw. die Arbeitnehmer damit mittelbare Offenlegungsadressaten; die Ausführungen zu § 289 Rn. 43 ff. gelten entsprechend. 2. Inhalt der Offenlegung 16

a) Identität der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 1). Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss die Angaben offenlegen, die für ihre eigene Identifizierung sowie ggf. die Identifizierung der anderen beteiligten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften11 erforderlich sind. Dazu gehören der Name (genauer: die Firma), der satzungsmäßige Sitz und die (vollständige) Anschrift der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Nummer der Handelsregistereintragung ist für eine Identifizierung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht zwingend erforderlich; ihre Angabe kann sich gleichwohl als zweckmäßig erweisen.12 Abs. 2 Nr. 1 verlangt keine Offenlegung der Identität des AIF.13 Dies ist deshalb ent17 behrlich, weil im Falle der Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen die den AIF betreffenden Angaben bereits in der Mitteilung gem. § 289 Abs. 2–4 über die Kontrollerlangung enthalten sind (§ 289 Rn. 50); im Falle der Kontrollerlangung über einen Emittenten ergeben sie sich aus der sowohl im Rahmen eines Übernahmeangebots (§ 34 i.V.m. § 11 WpÜG) als auch im Rahmen eines Pflichtangebots (§ 39 i.V.m. § 11 WpÜG) vorzulegenden Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 WpÜG).

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b) Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten (Abs. 2 Nr. 2). Offenzulegen sind ferner die Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten, insbesondere zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, dem AIF und dem Unternehmen. Dazu zählen nach dem Wortlaut des Gesetzes auch Informationen zu den besonderen Sicherheitsmaßnahmen, die getroffen wurden, um sicherzustellen, dass Vereinbarungen zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder dem AIF und dem Unternehmen wie zwischen voneinander unabhängigen Geschäftspartnern (d.h. at arm’s length) geschlossen werden.

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11 Das KAGB verwendet fälschlicherweise den Singular; es müsste heißen: „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften“. Vgl. Art. 28 Abs. 2 lit. a AIFM-Richtlinie: „die Namen der AIFM (…)“. 12 Die Angabe der Registernummer verlangen Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 13. 13 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 25.

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D. Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung

§ 290

Dass im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen durch AIF ganz verschie- 19 denartige Interessenkonflikte im Verhältnis zwischen dem AIF und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Zielgesellschaft und ihren Tochtergesellschaften14 auftreten können, liegt auf der Hand. Von diesen Interessenkonflikten betrifft Abs. 2 Nr. 2 nur einen Ausschnitt: Zum einen mögliche Interessenkonflikte zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Zielgesellschaft, wie sie etwa aus Gebühren entstehen können, welche die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Zielgesellschaft in Rechnung stellt; zum anderen mögliche Interessenkonflikte zwischen dem AIF und der Zielgesellschaft, wie sie etwa entstehen können, wenn die Finanzierung des Beteiligungserwerbs oder die Rückführung einer Kaufpreisfremdfinanzierung zu Lasten der Zielgesellschaft erfolgen soll.15 Die Offenlegungspflicht beschränkt sich auf die Darstellung der Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von solchen Interessenkonflikten, die in Bezug auf die Zielgesellschaft bestehen, nicht aber von etwaigen Interessenkonflikten zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem AIF. Zum einen würde eine Offenlegung von Grundsätzen zur Vermeidung und Steuerung solcher Interessenkonflikte gegenüber den in Abs. 1 und 3 benannten Offenlegungsadressaten keinen Sinn ergeben; zum anderen werden die Anforderungen an den Umgang mit solchen Interessenkonflikten abschließend durch § 27 geregelt. An die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach Abs. 2 Nr. 2 können grundsätzlich 20 keine hohen Anforderungen gestellt werden. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat lediglich in abstrakter Form Grundsätze zur Vermeidung und Steuerung von Interessenkonflikten darzustellen. Es wird aber – obwohl dadurch viel eher ein Beitrag zur Lösung des Problems möglicher Interessenkonflikte geleistet werden könnte – nicht verlangt, dass die im Einzelfall konkret auftretenden Interessenkonflikte beschrieben werden und die Darstellung der Grundsätze darauf Bezug nimmt, indem sie Wege zur Bewältigung dieser konkreten Interessenkonflikte aufzeigt. Auch ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, welchen qualitativen und quantitativen Anforderungen die Grundsätze genügen müssen. Weder enthält sie eine Zielvorgabe dahingehend, dass Interessenkonflikte grundsätzlich im Sinne der Zielgesellschaft zu lösen wären, noch regelt sie, wie Interessenkonflikte tatsächlich zu steuern und zu vermeiden sind, oder verbietet bestimmte Praktiken, die typischerweise zu Interessenkonflikten führen.16 Eine konkrete inhaltliche Vorgabe ist Abs. 2 Nr. 2 ausschließlich im Hinblick auf 21 Vereinbarungen zwischen der AIF-Kapitalgesellschaft oder dem AIF und der Zielgesellschaft zu entnehmen: Indem er eine Darstellung der besonderen Sicherheitsmaßnahmen verlangt, die getroffen wurden, um sicherzustellen, dass solche Vereinbarungen wie zwischen voneinander unabhängigen Geschäftspartnern geschlossen werden, schreibt er dies zugleich vor und statuiert damit eine entsprechende Verhaltenspflicht der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft.17 Vertragliche Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft, etwa über die entgeltliche Erbringung von Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, sind damit unter Berücksichtigung des Arms Length-Prinzips abzuschließen. Ein Verbot des Abschlusses von Unterneh-

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14 Nach Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 290 Rn. 12 bezieht sich die Offenlegungspflicht daher auf Interessenkonflikte im Verhältnis zu dem gesamten Zielgesellschafts-Konzern, nicht nur im Verhältnis zu der unmittelbaren Zielgesellschaft; ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 26. 15 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 18. 16 Wie hier Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 27 Rn. 20; Moritz/ Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 27; die Frage offen lassend Schröder/Rahn GWR 2014 49 (51). 17 Vgl. Zetzsche NZG 2012 1164 (1170); a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 290 Rn. 14.

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mensverträgen ist damit nicht verbunden, weil es sich dabei nicht um „Vereinbarungen zwischen Geschäftspartnern“ handelt; insoweit wird die Zielgesellschaft durch die Schutzmechanismen des allgemeinen Gesellschaftsrechts (§ 301 AktG) hinreichend geschützt.18 22

c) Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern (Abs. 2 Nr. 3). Offenzulegen sind schließlich die Grundsätze für die externe und interne Kommunikation in Bezug auf die Zielgesellschaft, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern. Auch Abs. 2 Nr. 3 enthält keine inhaltlichen Vorgaben im Hinblick auf die konkrete Kommunikationspolitik, sondern verlangt lediglich die Darstellung entsprechender Grundsätze. Der Sinn einer solchen Offenlegungspflicht erschließt sich schon deshalb nicht, weil zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder dem AIF als Gesellschafter und den Arbeitnehmern regelmäßig überhaupt keine unmittelbare Kommunikation stattfinden wird. Die interne und externe Kommunikation in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern bzw. den Arbeitnehmervertretern, ist vielmehr genuine Angelegenheit der Geschäftsführung. Sofern nicht die Umstände des Einzelfalles eine solche Kommunikation erforderlich machen, dürfte ein Hinweis darauf genügen, dass die interne und externe Kommunikation im Einklang mit einschlägigen gesetzlichen Vorgaben durchgeführt wird (z.B. Unterrichtung des Betriebsrats gem. § 80 Abs. 2 BetrVG und des Wirtschaftsausschusses gem. § 106 BetrVG durch den Arbeitgeber).19

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3. Form der Offenlegung. An die Form der Offenlegung sind dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Form der Mitteilung gem. § 289 Abs. 2–4: Die Offenlegung muss schriftlich oder per Telefax erfolgen; eine Übermittlung per E-Mail genügt nicht. Die erforderlichen Informationen sind grundsätzlich in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen (vgl. § 289 Rn. 55). Weitergehende Anforderungen an die Form der Veröffentlichung, durch die sich insbesondere bei Emittenten sicherstellen ließe, dass die Offenlegung einen breiten Anteilseignerkreis erreicht (etwa eine Pflicht zur Veröffentlichung der einschlägigen Informationen durch Bekanntgabe im Internet oder über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, vgl. § 10 Abs. 3 WpÜG), sind weder im KAGB noch in der AIFM-Richtlinie angelegt.

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4. Offenlegungsfrist. § 290 enthält keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Frist, innerhalb derer die Offenlegung zu erfolgen hat. Aufgrund des engen inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Mitteilungsfrist gem. § 289 Abs. 2–4 und den Offenlegungspflichten gem. § 290 im Hinblick auf die Voraussetzungen und die Adressaten der jeweiligen Pflichten ist es naheliegend, die Fristbestimmung des § 289 Abs. 5 im Rahmen von § 290 entsprechend anzuwenden. Die Offenlegung hat demnach so rasch wie möglich zu erfolgen, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag der Kontrollerlangung.20 Zu den Einzelheiten siehe § 289 Rn. 57 ff.

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18 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 28; Schröder/Rahn GWR 2014 49 (53). 19 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 22. 20 Für entsprechende Anwendung von § 289 Abs. 5 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 35. Großzügiger ist insoweit § 27a Abs. 1 S. 1 WpHG, der dem nach dieser Vorschrift Meldepflichtigen eine Frist von 20 Handelstagen einräumt; krit. dazu Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 27a Rn. 26 („völlig unangemessen“).

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E. Besondere Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung

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E. Besondere Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen (Abs. 4) E. Besondere Offenlegungspflichten bei Kontrollerlangung Abs. 4 verpflichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für den Fall der Kontroll- 25 erlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen (nicht: über einen Emittenten) durch AIF zur Offenlegung weiterer Informationen: der Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft (Abs. 4 Nr. 1) und der voraussichtlichen Auswirkungen der Kontrollerlangung auf die Beschäftigung, einschließlich wesentlicher Änderungen der Arbeitsbedingungen (Abs. 4 Nr. 2). Adressaten der Offenlegung sind die Zielgesellschaft und deren Anteilseigner, nicht aber die BaFin, sowie – mittelbar – die Arbeitnehmervertreter bzw. die Arbeitnehmer. I. Voraussetzungen der Offenlegungspflicht Die Offenlegungspflicht gem. Abs. 4 besteht nur, wenn der AIF allein oder gemein- 26 sam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangt (zum Begriff s. oben Rn. 9). Anders als die Offenlegungspflicht gem. Abs. 1–3 besteht sie nicht im Falle der Kontrollerlangung über einen Emittenten. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 4 AIFM-Richtlinie.21 Gegenüber dem Text der Richtlinie hat sich der deutsche Gesetzgeber an dieser Stelle offenbar um eine sprachliche Straffung bemüht und darauf verzichtet, die Voraussetzungen der Offenlegungspflicht erneut auszuformulieren. Stattdessen knüpft er insoweit an Abs. 1–3 an; erst anhand des Inhalts der Offenlegung („Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung des nicht börsennotierten Unternehmens“) wird deutlich, dass die Offenlegungspflicht nur bei Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen bestehen soll. Konzeptionell ist die Vorschrift daher misslungen und sollte im Rahmen einer Novellierung des KAGB sprachlich präzisiert werden. Die Beschränkung der Offenlegungspflicht auf Fälle der Kontrollerlangung über 27 nicht börsennotierte Unternehmen trägt dem Umstand Rechnung, dass der Erwerber im Zuge der Kontrollerlangung über einen Emittenten immer eine Angebotsunterlage vorzulegen hat, welche die in § 11 Abs. 2 WpÜG vorgeschriebenen Angaben enthält: Wird die Kontrolle aufgrund eines auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten Übernahmeangebots (§ 29 Abs. 1 WpÜG) erlangt, folgt diese Pflicht bereits im Vorfeld der Kontrollerlangung aus § 34 i.V.m. § 11 WpÜG; wird die Kontrolle auf sonstige Weise erlangt, ist jedenfalls mit Erlangung der Kontrolle ein Pflichtangebot (§ 35 Abs. 2 WpÜG) abzugeben, bei dem gem. § 39 i.V.m. § 11 WpÜG ebenfalls eine Angebotsunterlage vorzulegen ist. Gem. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG hat die Angebotsunterlage u.a. Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft sowie die Arbeitnehmer und deren Vertretungen und wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen einschließlich der insoweit vorgesehenen Maßnahmen zu enthalten. Erwirbt der AIF die Kontrolle über einen Emittenten, sind die in § 290 Abs. 4 offenzulegenden Informationen ohnehin in der vorzulegenden Angebotsunterlage enthalten. § 290 Abs. 4 erstreckt die Informationspflichten aus der Angebotsunterlage i.S.d. § 11 Abs. 2 WpÜG zumindest teilweise auf Fälle der Kontrollerlangung über nicht börsennotierte Unternehmen22 (wobei § 290 anders als § 11 WpÜG nur im Fall der Kontrollerlangung durch ge-

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21 „Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass, wenn ein AIF allein oder gemeinsam die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gemäß Artikel 26 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des genannten Artikels erlangt (…)“. 22 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 4.

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schlossene Spezial-AIF23 gilt, nicht aber bei Kontrollerlangung durch sonstige Investoren; s. § 289 Rn. 8). II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht 28

1. Offenlegungsadressaten. Unmittelbare Adressaten der Offenlegung sind aufgrund der Verweisung auf Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 die Zielgesellschaft und deren Anteilseigner. Mangels Verweisung auf Abs. 1 Nr. 3 zählt die BaFin nicht zu den Offenlegungsadressaten. Dies erscheint in Anbetracht des Inhalts der Offenlegung ohne weiteres nachvollziehbar, da der Aufgabenbereich der BaFin weder die zukünftige Geschäftsentwicklung nicht börsennotierter Zielgesellschaften noch Belange von Arbeitnehmern betrifft.24 Die Arbeitnehmervertreter bzw. die Arbeitnehmer sind ebenso wie im Rahmen der Offenlegung gem. Abs. 1–3 mittelbare Offenlegungsadressaten; mit der sprachlichen Straffung im Vergleich zu Abs. 3 sind keine inhaltlichen Abweichungen verbunden. Die Ausführungen zu § 289 Rn. 43 ff. gelten entsprechend. 2. Inhalt der Offenlegung

a) Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft (Abs. 4 Nr. 1). Die Pflicht zur Offenlegung der Absichten des AIF hinsichtlich der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft gem. Abs. 4 Nr. 1 knüpft, was die Subjektivierung des Offenlegungstatbestandes betrifft, an Regelungsvorbilder des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts an25 und findet im europäischen Kapitalmarktrecht eine weitgehende Entsprechung in Art. 6 Abs. 3 lit. i der Übernahmerichtlinie,26 der in Deutschland durch § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG umgesetzt wurde.27 Eine inhaltliche Parallele besteht im deutschen Recht weiterhin zu § 27a WpHG, der den Aktionär eines Emittenten bei Erreichen oder Überschreiten der Schwelle von 10 Prozent der Stimmrechte aus Aktien oder einer höheren Schwelle (i.S.d. § 21 Abs. 1 WpHG)28 verpflichtet, dem Emittenten u.a. die mit dem Erwerb der Stimmrechte verfolgten Ziele mitzuteilen. 30 Bezugspunkt der offenlegungspflichtigen Absichten des AIF ist die zukünftige Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft. Diese auf den ersten Blick sehr weit gefasste Formulierung wird – anders als im Rahmen von § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG und § 27a Abs. 1 WpHG – nicht weiter konkretisiert; aufgrund der inhaltlichen Parallelität zu diesen Vorschriften ist es aber zielführend, sich bei der Bestimmung des Inhalts der Offenlegungspflicht an den nach diesen Vorschriften mitteilungspflichtigen Inhalten zu orientieren.29 Ferner wird man ebenso wie bei Abs. 4 Nr. 2, der nur die Offenlegung solcher 29

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23 § 290 findet über die Verweisung des § 261 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 auch auf geschlossene inländische Publikums-AIF Anwendung, wenn diese in Beteiligungen an Unternehmen investieren, die nicht zum Handel an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind; krit. dazu Weitnauer AG 2013 672 (674). 24 Möllers/Harrer/Krüger WM 2011 1537 (1154); Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 47. 25 S. Veil/Veil Europäisches Kapitalmarktrecht, § 20 Rn. 6. 26 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12). 27 Gegen eine Orientierung an den Vorschriften der Übernahmerichtlinie und des WpÜG Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 290 Rn. 18. 28 Greven/Fahrenholz BB 2009 1487 (1488); Veil/Veil Europäisches Kapitalmarktrecht, § 20 Rn. 125, Fn. 269. 29 Ebenso unter Bezug auf Art. 6 Abs. 3 lit. i der Übernahmerichtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 27.

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Änderungen der Arbeitsbedingungen verlangt, die „wesentlich“ sind (s. unten Rn. 37), auch bei Abs. 4 Nr. 1 nur eine Offenlegung solcher Absichten des AIF verlangen können, deren Umsetzung „wesentliche“ Auswirkungen auf die wirtschaftliche Ausrichtung oder auf die gesellschaftsrechtliche Struktur der Zielgesellschaft haben wird. Wesentliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Ausrichtung der Zielgesellschaft 31 hat etwa eine (vollständige oder teilweise) Einstellung oder Ausweitung der Produktion oder des Angebotsspektrums der Zielgesellschaft. Eine bloße Modifikation von Arbeitsabläufen genügt nicht. Offenzulegen ist auch die beabsichtigte Begründung, Änderung oder Aufhebung bedeutender Kunden- oder Lieferantenbeziehungen sowie sonstiger wesentlicher Kooperationen mit Drittunternehmen. Gleiches gilt für wesentliche beabsichtigte Investitionen. Ebenso wie im Rahmen von § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG erstreckt sich die Offenle- 32 gungspflicht insbesondere auf eine beabsichtigte (innerstaatliche oder grenzüberschreitende) Verlegung des Sitzes der Zielgesellschaft (Satzungssitz und/oder Verwaltungssitz) oder von wesentlichen Unternehmensteilen, wozu nicht nur die Haupt- und eventuelle Zweigniederlassungen der Zielgesellschaft zählen, sondern auch rechtlich selbständige Tochtergesellschaften.30 Offenzulegen ist ferner eine beabsichtigte Einflussnahme auf die Besetzung der (rechtsformspezifischen) Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Zielgesellschaft. Zu den sonstigen offenlegungspflichtigen beabsichtigten Eingriffen in die gesellschaftsrechtliche Struktur der Zielgesellschaft31 zählen insbesondere Änderungen des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung; (innerstaatliche oder grenzüberschreitende) Umwandlungsmaßnahmen (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, § 1 Abs. 1 UmwG), der Abschluss eines Beherrschungs-, Gewinnabführungs- oder Eingliederungsvertrages, Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen, die Auflösung und Liquidation der Zielgesellschaft oder die Stellung eines Insolvenzantrags. Soweit sich die Absichten des AIF auf die Arbeitnehmer und deren Beschäftigungsbedingungen beziehen, besteht die Offenlegungspflicht gem. Abs. 4 Nr. 2 (s. unten Rn. 36 ff.). Eine offenlegungspflichtige Absicht besteht, wenn bestimmte Maßnahmen, auch 33 wenn sie formal noch nicht beschlossen sind, bereits konkret in Aussicht genommen werden.32 Erforderlich ist also, dass die diesbezügliche Planung bereits ein hinreichendes Maß an Konkretheit erlangt hat;33 nicht erforderlich ist hingegen, dass die in Aussicht genommene Maßnahme bereits formal beschlossen ist oder gar bereits mit ihrer Umsetzung begonnen wurde. Die zu § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG vertretene Auffassung, wonach unter „Absichten“ schon innere Beweggründe zu verstehen sein sollen, die an sich noch nicht einmal das Planungsstadium erreicht haben,34 verkennt den Unterschied zwischen Absichten und bloßen Überlegungen und kann daher nicht überzeugen. Sind bereits Gutachten oder Machbarkeitsstudien zur Vorbereitung einer späteren Entscheidung in Auftrag gegeben worden, kann das ein Indiz dafür darstellen, dass die in dem Gutachten thematisierten Maßnahmen beabsichtigt sind und damit eine Offenlegungspflicht besteht; dies hängt freilich von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Gegenstand des beauftragten Gutachtens ab. Keineswegs besteht per se eine Absicht hinsichtlich aller in einem Gutachten erörterten Maßnahmen. Dass bereits die Ertei-

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30 Vgl. zu § 11 WpÜG MüKoAktG/Wackerbarth § 11 WpÜG Rn. 52. 31 Vgl. zu § 11 WpÜG die ausführliche Aufzählung bei MüKoAktG/Wackerbarth § 11 WpÜG Rn. 49 ff. 32 Siehe zu § 27a WpHG Fleischer AG 2008 873 (877). 33 Ähnlich Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 290 Rn. 18: hoher Grad an Konkretisierung erforderlich. 34 So zu § 11 WpÜG Schwark/Zimmer/Noack/Holzborn KMRK, § 11 WpÜG Rn. 21; zu weitgehend auch Angerer/Geibel/Süßmann/Geibel/Süßmann WpÜG, § 11 Rn. 23 („subjektive Vorstellungen“).

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lung des Gutachtenauftrages als solche offenzulegen sein soll,35 geht daher ebenfalls zu weit. An die Bestimmtheit und Ausführlichkeit der Darstellung der Absichten dürfen kei34 ne zu hohen Anforderungen gestellt werden.36 Insbesondere muss die Offenlegung keine Angaben darüber enthalten, wie die geplanten Maßnahmen konkret umgesetzt werden sollen; dies wird im Zeitpunkt der Kontrollerlangung durch den AIF regelmäßig auch noch nicht feststehen. Auf der anderen Seite darf sich die Offenlegung nicht in inhaltsleeren Floskeln erschöpfen. Auch durch eine Pauschalerklärung des Inhalts, es bestünden keine Absichten hinsichtlich der Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft, dürfte der Offenlegungspflicht nicht Genüge getan sein, zumal bei Erlangung der Kontrolle über eine nicht börsennotierte Zielgesellschaft – anders als im Zeitpunkt der Veröffentlichung einer Angebotsunterlage i.S.v. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG37 – solche Absichten regelmäßig bestehen dürften. Die Offenlegung bestimmter Absichten führt nicht zu einer Verpflichtung des AIF, 35 diese Absichten in der Zukunft auch tatsächlich umzusetzen; eine Änderung dieser Absichten bleibt ohne weiteres jederzeit möglich.38 In Ermangelung einer dem § 27a Abs. 1 S. 2 WpHG entsprechenden ausdrücklichen Anordnung besteht bei einem solchen Gesinnungswandel keine Verpflichtung zu einer erneuten Offenlegung; dies wird auch durch Art. 28 AIFM-Richtlinie nicht verlangt. b) Voraussichtliche Auswirkungen auf die Beschäftigung (Abs. 4 Nr. 2). Mit Blick auf die Pflicht zur Offenlegung voraussichtlicher Auswirkungen auf die Beschäftigung gem. Abs. 4 Nr. 2 ist fraglich, ob damit die Auswirkungen der Kontrollerlangung als solcher gemeint sind oder die Auswirkungen der Absichten hinsichtlich der Geschäftsentwicklung gem. Nr. 1 bzw. der Umsetzung dieser Absichten auf die Beschäftigung.39 Da die Kontrollerlangung als solche eine bloße Änderung der Beteiligungsverhältnisse darstellt, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung hat, ist Abs. 4 Nr. 2 sinnvollerweise im Zusammenhang mit Abs. 4 Nr. 1 auszulegen. Darzustellen sind dementsprechend die Absichten des AIF im Hinblick auf die Beschäftigung, die regelmäßig in engem Zusammenhang mit den Absichten des AIF im Hinblick auf die Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft stehen werden. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG ist insoweit klarer formuliert, indem er Angaben des Bieters „im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft (…), insbesondere (…) die Arbeitnehmer und deren Vertretungen, die Mitglieder der Geschäftsführungsorgane und wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen (…)“ verlangt. Zu informieren ist insbesondere über „wesentliche Änderungen der Arbeitsbedin37 gungen“. Damit sind vor allem solche Maßnahmen gemeint, die Auswirkungen auf den Bestand von Arbeitsplätzen oder die Entlohnung von Arbeitnehmern haben, wie etwa die geplante Stilllegung oder Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen, Entlassungen in größerem Umfang oder eine Verkürzung der Arbeitszeiten. Wann derartige Änderungen der Arbeitsbedingungen „wesentlich“ i.S.v. Abs. 4 Nr. 2 sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Jedenfalls kann es sich dabei nur um solche Änderungen der Arbeitsbedingungen handeln, von denen die Belegschaft insgesamt oder jedenfalls we-

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35 Vgl. zu § 11 WpÜG MüKoAktG/Wackerbarth § 11 WpÜG Rn. 46. 36 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 290 Rn. 42. 37 Darauf weisen zu Recht Angerer/Geibel/Süßmann/Geibel/Süßmann WpÜG, § 11 Rn. 38 hin. 38 Vgl. zu § 27a WpHG Fleischer AG 2008 873 (878) und zu § 11 WpÜG Angerer/Geibel/Süßmann/Geibel/ Süßmann WpÜG, § 11 Rn. 24. 39 So Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 26.

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sentliche Teile der Belegschaft betroffen sind und nicht bloß einzelne Arbeitnehmer. Einen Anhaltspunkt dafür, wann wesentliche Teile der Belegschaft betroffen sind, bieten die Kriterien für das Vorliegen einer „Massenentlassung“ i.S.v. § 17 Abs. 1 KSchG;40 sie können auch im Rahmen von Abs. 4 Nr. 2 als Anhaltspunkt dafür dienen, wann eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen bevorsteht, die im Rahmen der Offenlegung thematisiert werden muss.41 Sofern im Anschluss an den Kontrollerwerb Änderungen betrieblicher Strukturen 38 geplant sind, kommt es zu gewissen Überschneidungen der Offenlegungspflicht mit den betriebsverfassungsrechtlichen Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betriebsrat bei Massenentlassungen (§ 17 KSchG) und geplanten Betriebsänderungen (§ 111 BetrVG) sowie dem Wirtschaftsausschuss (§ 106 Abs. 2 BetrVG). Diese betriebsverfassungsrechtlichen Unterrichtungspflichten treffen freilich nicht die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, sondern den Arbeitgeber (§ 17 KSchG) bzw. den Unternehmer (§§ 106 Abs. 2, 111 BetrVG), mithin die Zielgesellschaft bzw. deren Geschäftsführungsorgan. Die Offenlegungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geht einerseits über die Pflicht des Unternehmers gem. § 111 BetrVG zur Unterrichtung des Betriebsrats über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, hinaus: Sie besteht nämlich unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten der Zielgesellschaft und unabhängig vom Bestehen eines Betriebsrates, während § 111 BetrVG voraussetzt, dass es sich bei der Zielgesellschaft um ein Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern handelt und dass ein Betriebsrat in dem Zeitpunkt besteht, in dem der Arbeitgeber beschließt, die Betriebsänderung durchzuführen.42 Andererseits bleibt die Offenlegungspflicht insoweit (deutlich) hinter der Unterrichtungspflicht nach § 111 BetrVG zurück, als die zur Verfügung gestellten Informationen nicht „umfassend“43 sein müssen; insbesondere müssen keine internen Unterlagen (z.B. Gutachten) zur Verfügung gestellt werden. Auch besteht keine über die bloße Offenlegung hinausgehende Pflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Beratung mit dem zuständigen Betriebsrat der Zielgesellschaft oder zur sonstigen Herstellung eines Interessenausgleichs. Dies läge auch außerhalb der Zuständigkeit der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. 3. Form der Offenlegung. Ebenso wie die Mitteilung gem. § 289 Abs. 2–4 und die 39 Offenlegung gem. Abs. 1–3 muss auch die Offenlegung gem. Abs. 4 schriftlich oder per Telefax erfolgen; eine Übermittlung per E-Mail genügt nicht. Die erforderlichen Informationen sind grundsätzlich in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen (vgl. oben Rn. 23 sowie § 289 Rn. 55). 4. Offenlegungsfrist. Die Offenlegung nach Abs. 4 hat ebenso wie die Offenlegung 40 nach Abs. 1–3 (s. oben Rn. 24) in entsprechender Anwendung von § 289 Abs. 5 so rasch

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40 § 17 Abs. 1 KSchG basiert auf einer (überschießenden) Umsetzung von Art. 1 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, ABl. L 225 vom 12.8.1998, S. 16. Siehe zur Umsetzung der Massenentlassungsrichtlinie in das deutsche Recht Wißmann RdA 1998 221. 41 Auch im Rahmen von § 111 BetrVG wird für die Beurteilung der Frage, von einer geplanten Betriebsänderung „die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft“ betroffen sind, auf die Zahlenangaben des § 17 Abs. 1 BetrVG rekurriert; s. BAG 6.12.1988 BAGE 60, 237; ErfK ArbeitsR/Kania BetrVG, § 111 Rn. 10; Richardi/Annuß § 111 Rn. 48. 42 ErfK ArbeitsR/Kania § 111 Rn. 6; Richardi/Annuß BetrVG, § 111 Rn. 27 m.w.N. 43 Zu den Anforderungen an eine „umfassende“ Unterrichtung bei § 111 BetrVG s. ErfK ArbeitsR/Kania BetrVG, § 111 Rn. 23; Richardi/Annuß BetrVG, § 111 Rn. 150 f.

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wie möglich zu erfolgen, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag der Kontrollerlangung. Siehe zu den Einzelheiten § 289 Rn. 57 ff. F. Pflicht zur Vorlage von Angaben zur Finanzierung des Erwerbs (Abs. 5) F. Pflicht zur Vorlage von Angaben zur Finanzierung des Erwerbs (Abs. 5) 41

Abs. 5 enthält eine eigenständige Offenlegungspflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Bezug auf Angaben zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs. Adressaten der Offenlegung sind zum einen die BaFin und zum anderen – hierin liegt eine Abweichung von den übrigen Informationspflichten der §§ 289, 290 – die Anleger des AIF. I. Voraussetzungen der Offenlegungspflicht

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Die Offenlegungspflicht gem. Abs. 5 besteht ebenso wie die gem. Abs. 4 nur dann, wenn der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erlangt. Im Falle der Kontrollerlangung über einen Emittenten schreibt § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 WpÜG vor, dass die im Rahmen eines Übernahme- oder Pflichtangebots vorzulegende Angebotsunterlage Angaben zu den notwendigen Maßnahmen enthält, die sicherstellen, dass dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, und zu den erwarteten Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bieters. Auch insoweit werden die Informationspflichten aus der Angebotsunterlage i.S.d. § 11 Abs. 2 WpÜG somit auf Fälle der Kontrollerlangung über nicht börsennotierte Unternehmen erstreckt (vgl. oben Rn. 27). II. Rechtsfolge: Offenlegungspflicht

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1. Offenlegungsadressaten. Adressaten der Offenlegung sind die BaFin und die Anleger des AIF. Eine Pflicht zur Offenlegung gegenüber der Zielgesellschaft und deren Anteilseignern besteht ebenso wenig wie eine mittelbare Offenlegungspflicht gegenüber den Arbeitnehmervertretern bzw. Arbeitnehmern.

2. Inhalt der Offenlegung. Auf den ersten Blick ist zu erwägen, auch den Inhalt der Offenlegung nach Abs. 5 in Anlehnung an den Inhalt der übernahmerechtlichen Angebotsunterlage zu bestimmen. Denn Angaben zur Finanzierung des Angebots zählen gem. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 WpÜG zu den „ergänzenden Angaben“, die in der im Rahmen eines Übernahme- oder Pflichtangebots vorzulegenden Angebotsunterlage enthalten sein müssen (s. bereits oben Rn. 42). Eine inhaltliche Parallele besteht ferner zu § 27a WpHG, der den Aktionär eines Emittenten bei Erreichen oder Überschreiten der Schwelle von 10 Prozent der Stimmrechte aus Aktien oder einer höheren Schwelle (i.S.d. § 21 Abs. 1 WpHG)44 verpflichtet, dem Emittenten u.a. die Herkunft der verwendeten Mittel mitzuteilen. 45 Allerdings verfolgen die Anforderungen an den Inhalt der übernahmerechtlichen Angebotsunterlage und die Mitteilungspflicht gem. § 27a WpHG einen anderen Zweck als die Offenlegungspflicht gem. Abs. 5. Die Angebotsunterlage hat die Funktion, den Angebotsadressaten sowie der Zielgesellschaft Gewissheit darüber zu verschaffen, dass das

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44 Greven/Fahrenholz BB 2009 1487 (1488); Veil/Veil Europäisches Kapitalmarktrecht, § 20 Rn. 125, Fn. 269.

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F. Pflicht zur Vorlage von Angaben zur Finanzierung des Erwerbs (Abs. 5)

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Angebot auf einer gesicherten finanziellen Grundlage erfolgt, um das Risiko einer (vollständigen oder teilweisen) Nichterfüllung oder einer verzögerten Erfüllung auf Seiten des Bieters zu vermeiden; sie dient also dem Schutz vor unseriösen Bietern.45 Demgegenüber geht es bei der Offenlegungspflicht nach Abs. 5 darum, die Anleger des AIF und die BaFin darüber zu informieren, wie das investierte Vermögen eingesetzt wird und welche Risiken dabei eingegangen werden (s. oben Rn. 6). Auch der Normzweck von § 27a WpHG ist ein anderer, da er nicht den Informationsinteressen etwaiger Anteilseigner des Meldepflichtigen und der BaFin dient, sondern denen des Emittenten und – aufgrund der Veröffentlichungspflicht des Emittenten gem. § 27a Abs. 2 WpHG – des Kapitalmarkts.46 Dagegen zählt im Rahmen von Abs. 5 die Zielgesellschaft nicht zu den Adressaten der Offenlegung. Die unterschiedlichen Normzwecke wirken sich auf die Anforderungen aus, die an 46 den Inhalt der Offenlegung zu stellen sind. Der Normzweck von Abs. 5 spricht dafür, dass den Anlegern des AIF und der BaFin sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen sind, die sie in die Lage versetzen, die Finanzierung des Kontrollerwerbs im Wesentlichen nachzuvollziehen und die sich daraus für den AIF ergebenden Risiken einzuschätzen. Dazu gehören insbesondere Informationen zur Art und zur Höhe des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals; ferner sind Angaben zur Laufzeit und zu den wesentlichen Konditionen der Fremdfinanzierung erforderlich.47 Demgegenüber wird bei § 27a WpHG eine solch weitreichende Mitteilungspflicht aus 47 guten Gründen abgelehnt. Der nach dieser Vorschrift Meldepflichtige hat lediglich anzugeben, ob es sich bei den zur Finanzierung des Erwerbs der Stimmrechte eingesetzten Mitteln um Eigenmittel des Meldepflichtigen oder um Fremdmittel handelt; bei gemischter Finanzierung sollen die jeweiligen Anteile anzugeben sein.48 Begründet wird der Verzicht auf eine weitergehende Mitteilungspflicht in der Regierungsbegründung zum Risikobegrenzungsgesetz mit der Erwägung, dass Wettbewerbsnachteile für Kreditgeber und Mitteilungspflichtige vermieden werden sollen, die sich aus einer vollständigen Offenlegung der Finanzierung und deren Konditionen sowie der beteiligten Institute ergeben könnten. 49 Allerdings resultieren diese möglichen Wettbewerbsnachteile maßgeblich daraus, dass der Emittent gem. § 27a Abs. 2 WpHG die erhaltene Information zu veröffentlichen hat. Eine solche Veröffentlichung ist mit Blick auf die nach Abs. 5 offenzulegenden Angaben zur Finanzierung des Erwerbs nicht vorgesehen. Die Angaben werden allein dem zahlenmäßig begrenzten Kreis von Anlegern des AIF und der BaFin zur Verfügung gestellt, sodass das Risiko von Wettbewerbsnachteilen, die einer Offenlegung auch der Finanzierungskonditionen entgegenstehen könnten, nur gering ist. 3. Form der Offenlegung. Ebenso wie die Mitteilung gem. § 289 Abs. 2–4 und die 48 Offenlegung gem. Abs. 1–3 und gem. Abs. 4 muss auch die Offenlegung gem. Abs. 5 schriftlich oder per Telefax erfolgen; eine Übermittlung per E-Mail genügt nicht. Die erforderlichen Informationen sind grundsätzlich in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen (vgl. oben Rn. 23, 39 sowie § 289 Rn. 55).

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45 MüKoAktG/Wackerbarth § 11 WpÜG Rn. 37; Schwark/Zimmer/Noack/Holzborn KMRK, § 11 WpÜG Rn. 18; s. auch BTDrucks. 14/7034, S. 41. 46 Zum Normzweck des § 27a WpHG s. Fleischer AG 2008 873 (875). 47 Tendenziell zu eng Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 28 Rn. 33. 48 Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 27a Rn. 20. 49 BTDrucks. 16/7438 S. 12.

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§ 290

49

Offenlegungspflicht bei Erlangen der Kontrolle

4. Offenlegungsfrist. Auf den ersten Blick scheint für die Offenlegungspflicht nach Abs. 5 eine kürzere Frist als für die Offenlegungspflichten der Abs. 1–3 und Abs. 4 zu gelten: Sie hat zu erfolgen, sobald ein AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangt. Die Formulierung geht zurück auf die deutschsprachige Fassung von Art. 28 AIFM-Richtlinie, der in Abs. 5 die Konjunktion „sobald“ verwendet,50 in Abs. 1 und Abs. 4 hingegen die Konjunktion „wenn“.51 Dagegen wird in anderen Sprachfassungen der Richtlinie in Abs. 1, 4 und 5 durchweg dieselbe Formulierung verwendet. 52 Mit den unterschiedlichen Formulierungen in der deutschen Sprachfassung sind aber keine inhaltlichen Unterschiede verbunden. Die Lektüre anderer Sprachfassungen deutet vielmehr darauf hin, dass die Offenlegungsfrist bei allen in Art. 28 AIFM-Richtlinie vorgesehenen Offenlegungspflichten identisch ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der deutsche Gesetzgeber davon abweichend unterschiedliche Fristen vorschreiben wollte. Die Offenlegung nach Abs. 5 hat daher ebenso wie die Offenlegung nach Abs. 1–3 und nach Abs. 4 (s. oben Rn. 24, 40) in entsprechender Anwendung von § 289 Abs. 5 so rasch wie möglich zu erfolgen, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag der Kontrollerlangung. Siehe zu den Einzelheiten § 289 Rn. 57 ff. G. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht G. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht

Gem. § 340 Abs. 2 Nr. 27 begehen die für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft handelnden Personen eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 290 Abs. 1 oder Abs. 5 eine dort genannte Information oder Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegen. Ein Verstoß, der auf einfacher Fahrlässigkeit beruht, genügt für die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitentatbestands nicht. Unklar ist, ob auch ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht nach § 290 Abs. 4 eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Davon ist in Anbetracht der Bezugnahme in § 290 Abs. 4 auf Abs. 1 auszugehen, zumal der Gesetzgeber aufgrund von Art. 48 AIFM-Richtlinie verpflichtet ist, für einen Verstoß gegen die nach der Richtlinie erlassenen Bestimmungen wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festzulegen; dem würde es widersprechen, wenn ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht nach § 290 Abs. 4 sanktionslos bliebe. Im Rahmen einer Novellierung des KAGB wäre eine entsprechende Präzisierung von § 340 Abs. 2 Nr. 27 freilich wünschenswert. Die Begehung der Ordnungswidrigkeit kann durch ein Bußgeld von bis zu 100.000 EUR (siehe im Einzelnen § 340 Rn. 8) geahndet werden. Damit ist der Vorgabe von Art. 48 AIFMRichtlinie im Übrigen genüge getan. 51 Ein Rechtsverlust (vgl. §§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 AktG sowie § 28 WpHG) tritt im Falle einer unterlassenen, nicht richtigen, nicht vollständigen oder nicht rechtzeitigen Offenlegung nicht ein (vgl. § 289 Rn. 61).53 Mit Blick auf eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft lässt sich zwar vertreten, dass die Offen-

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50 „(…) sobald ein AIF die Kontrolle (…) erlangt (…)“. 51 „(…) wenn ein AIF (…) die Kontrolle (…) erlangt (…)“. 52 Englische Sprachfassung: „(…) when an AIF acquires (…) control (…)“; französische Sprachfassung: „(…) lorsqu’un FIA acquiert le contrôle (…)“; italienische Sprachfassung: „(…) qualora un FIA acquisisca (…) il controllo (…)“. 53 Auch bei einem Verstoß gegen § 27a WpHG ist ein solcher Rechtsverlust nicht vorgesehen; s. Assmann/Schneider/Schneider WpHG, § 27a Rn. 29; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 27a WpHG Rn. 15.

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Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts

§ 291

legungspflichten zumindest auch dem spezifischen Informationsbedürfnis der darin genannten Offenlegungsadressaten dienen; jedenfalls hat die Offenlegungspflicht gegenüber den Anlegern des AIF gem. Abs. 5 eine individualschützende Funktion. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB erscheint daher theoretisch denkbar, wird aber in der Praxis gleichwohl keine Rolle spielen, da der erforderliche Nachweis eines kausal auf der Verletzung der Mitteilungspflicht beruhenden Schadens nur schwer zu führen sein dürfte (vgl. § 289 Rn. 62). https://doi.org/10.1515/9783110492217-078

§ 291 Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts § 291 Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts Behme Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts

(1) Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten gemäß § 287 Absatz 1 in Verbindung mit § 288 Absatz 1, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dazu verpflichtet, 1. darum zu ersuchen und nach besten Kräften sicherzustellen, dass der Jahresabschluss und, sofern gesetzlich vorgeschrieben, der Lagebericht des nicht börsennotierten Unternehmens innerhalb der Frist, die in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften für die Erstellung der genannten Unterlagen vorgesehen ist, gemäß Absatz 2 erstellt, um die Information nach Absatz 2 ergänzt und von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens den Arbeitnehmervertretern oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, den Arbeitnehmern selbst zur Verfügung gestellt wird, oder 2. für jeden betreffenden AIF in den gemäß § 148 vorgesehenen Anhang zum Jahresabschluss oder den gemäß § 158 vorgesehenen Jahresbericht zusätzlich die in Absatz 2 genannten Informationen über das betreffende nicht börsennotierte Unternehmen aufzunehmen. (2) 1 Die zusätzlichen Informationen gemäß Absatz 1 Nummer 2 müssen zumindest einen Bericht über die Lage des nicht börsennotierten Unternehmens am Ende des von dem Jahresabschluss oder Jahresbericht abgedeckten Zeitraums enthalten, in dem der Geschäftsverlauf des Unternehmens so dargestellt wird, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht. 2 Der Bericht soll außerdem folgende Informationen enthalten: 1. Ereignisse von besonderer Bedeutung, die nach Abschluss des Geschäftsjahres eingetreten sind, 2. die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens und 3. die in Artikel 22 Absatz 2 der Zweiten Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWG) (ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1) bezeichneten Angaben über den Erwerb eigener Aktien. (3) Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat 1. darum zu ersuchen und nach bestmöglichem Bemühen sicherzustellen, dass die gesetzlichen Vertreter des nicht börsennotierten Unternehmens die in Absatz 1 Nummer 2 genannten Informationen über das betreffende Unternehmen 549 https://doi.org/10.1515/9783110492217-078

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§ 291

2.

Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts

entweder den Arbeitnehmervertretern des betreffenden Unternehmens oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, den Arbeitnehmern selbst innerhalb der in § 148 in Verbindung mit § 120 Absatz 1 oder in § 158 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 genannten Frist zur Verfügung stellt, oder den Anlegern des AIF die Informationen gemäß Absatz 1 Nummer 2, soweit bereits verfügbar, innerhalb der in § 148 in Verbindung mit § 120 Absatz 1 oder in § 158 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 genannten Frist und in jedem Fall spätestens bis zu dem Stichtag, zu dem der Jahresabschluss und der Lagebericht des nicht börsennotierten Unternehmens gemäß den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften erstellt werden, zur Verfügung zu stellen. Schrifttum

Möllers/Harrer/Krüger Die Regelung von Hedgefonds und Private Equity durch die neue AIFMRichtlinie, WM 2011 1537; Viciano-Gofferje Neue Transparenzanforderungen für Private Equity Fonds nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, BB 2013 2506; Weitnauer Das Übernahmesonderrecht des KAGB und seine Auswirkungen auf die Private-Equity-Branche, AG 2013 672.

A. B. C. D.

E.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 2 Normzweck | 3 Informationsmedium (Abs. 1) | 4 I. Jahresabschluss bzw. Lagebericht der Zielgesellschaft (Abs. 1 Nr. 1) | 5 II. Anhang zum Jahresabschluss bzw. Jahresbericht des AIF (Abs. 1 Nr. 2) | 6 Inhalt der zusätzlichen Informationen (Abs. 2) | 7 I. Bericht über die Lage der Zielgesellschaft (Abs. 2 S. 1) | 8 II. Ereignisse von besonderer Bedeutung, die nach Abschluss des Geschäftsjahres eingetreten sind (Abs. 2 S. 2 Nr. 1) | 9

III.

F.

G.

Voraussichtliche Entwicklung der Zielgesellschaft (Abs. 2 S. 2 Nr. 2) | 10 IV. Angaben über den Erwerb eigener Aktien (Abs. 2 S. 2 Nr. 3) | 11 Inhalt der Pflichten der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft | 13 I. Inhalt der Pflichten bei Wahl des Lageberichts bzw. Jahresabschlusses der Zielgesellschaft als Informationsmedium (Abs. 1 Nr. 1) | 14 II. Inhalt der Pflichten bei Wahl des Anhangs zum Jahresabschluss bzw. Jahresberichts des AIF als Informationsmedium (Abs. 1 Nr. 2) | 17 Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Informationspflicht | 18

A. Überblick A. Überblick 1

§ 291 verlangt für den Fall, dass der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über die Zielgesellschaft gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangt, dass bestimmte Informationen über die Zielgesellschaft entweder in deren Jahresabschluss und, sofern gesetzlich vorgeschrieben, deren Lagebericht oder in den für den betreffenden AIF vorgesehenen Anhang zum Jahresabschluss oder Jahresbericht aufgenommen werden. Ferner sind diese Informationen an die Arbeitnehmer(vertreter) der Zielgesellschaft bzw. die Anleger des AIF weiterzugeben. Die in den §§ 289, 290 enthaltenen Informationspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber den Arbeitnehmer(vertretern) der Zielgesellschaft und den Anlegern des AIF (§ 290 Abs. 5) werden dadurch weiter ergänzt. Behme

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C. Normzweck

§ 291

B. Entstehungsgeschichte Durch § 291 wird Art. 29 AIFM-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt.1 Seinem 2 Wortlaut nach geht § 291 Abs. 1 allerdings über die Vorgabe der Richtlinie hinaus, da er auch für den Fall der Kontrollerlangung an Emittenten gilt, während Art. 29 Abs. 1 AIFMRichtlinie ausschließlich die Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen erfasst. Zwar lässt Art. 26 Abs. 7 AIFM-Richtlinie eine derartige strengere Regulierung des Erwerbs von Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen und Emittenten durch das mitgliedstaatliche Recht ausdrücklich zu. Es kann jedoch bezweifelt werden, ob der deutsche Gesetzgeber vorliegend eine solche strengere Regulierung bezweckt hat, oder ob es sich nicht eher um ein redaktionelles Versehen des deutschen Gesetzgebers handelt.2 Für Letzteres spricht zum einen, dass sich die Regierungsbegründung zum KAGB zu der Frage nicht äußert, sondern sich auf den Hinweis beschränkt, § 291 diene der Umsetzung von Art. 29 AIFM-Richtlinie.3 Es ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber, wenn er über die Richtlinienvorgabe hinaus eine Erstreckung von § 291 auf Emittenten angestrebt hätte, dies in der Regierungsbegründung offengelegt hätte. Zum anderen deutet auch der Wortlaut von § 288 Abs. 3 und von § 291 selbst darauf hin, dass § 291 nur die Kontrollerlangung an nicht börsennotierten Unternehmen erfassen soll. § 288 Abs. 3 regelt den Begriff der Kontrolle in Bezug auf Emittenten ausschließlich „für die Zwecke der §§ 290 und 292“, ohne § 291 zu erwähnen. Ferner wird der Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens in allen Absätzen von § 291 mehrfach erwähnt; der Begriff des Emittenten taucht außer am Anfang von Abs. 1 an keiner Stelle mehr auf. Es sprechen daher gute Gründe dafür, dass § 291 nur für den Fall der Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gilt. C. Normzweck C. Normzweck § 291 bezweckt eine Verbesserung der Informationslage der Arbeitnehmer(vertreter) 3 der Zielgesellschaft und der Anleger des AIF über die Zielgesellschaft durch laufende Transparenz im Rahmen der Rechnungslegung. Dass die Anleger des AIF über die Umstände des Beteiligungserwerbs und die Zielgesellschaft sowie deren Entwicklung informiert werden, ist mit Blick auf den zwischen den Anlegern des AIF und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bestehenden Principal Agent-Konflikt (siehe § 290 Rn. 6) grundsätzlich überzeugend. Sofern der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dagegen Informationspflichten gegenüber Dritten – hier: den Arbeitnehmer(vertretern) der Zielgesellschaft – auferlegt werden, die ausschließlich dadurch begründet und ausgelöst werden, dass die Beteiligung durch geschlossene Spezial-AIF4 erworben wird, ist dies aus den bereits zu § 289 ausgeführten Gründen rechtspolitisch fragwürdig (siehe ausführlich § 289 Rn. 4 ff.). Im Hinblick auf § 291 kommt hinzu, dass die zusätzlichen Publizitätspflichten neben erhöhten Kosten auch mögliche Wettbewerbsnachteile für durch AIF übernommene Gesellschaften zur Folge haben können.5

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1 Zur Entstehungsgeschichte von Art. 29 AIFM-Richtlinie s. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/ Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 3 ff. 2 Dies hält auch Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2510) für möglich. 3 BTDrucks. 17/12294 S. 277. 4 Die §§ 287 ff. gelten für geschlossene inländische Spezial-AIF, finden über die Verweisung des § 261 Abs. 7 aber auch auf geschlossene inländische Publikums-AIF Anwendung; krit. dazu Weitnauer AG 2013 672 (674). 5 Möllers/Harrer/Krüger WM 2011 1537 (1541).

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§ 291

Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts

D. Informationsmedium (Abs. 1) D. Informationsmedium (Abs. 1) Art. 29 AIFM-Richtlinie benennt zwei zulässige Informationsmedien: entweder den 4 Jahresbericht der Zielgesellschaft (Abs. 1 lit. a) oder den Jahresbericht des AIF gem. Art. 22 (Abs. 1 lit. b). Der deutsche Gesetzgeber setzt diese Vorgabe dahingehend um, dass zulässige Informationsmedien entweder der Jahresabschluss und, sofern gesetzlich vorgeschrieben, der Lagebericht des nicht börsennotierten Unternehmens (Abs. 1 Nr. 1) sind, oder der gem. § 148 vorgesehene Anhang zum Jahresabschluss oder der gem. § 158 vorgesehene Jahresbericht des AIF (Abs. 1 Nr. 2). I. Jahresabschluss bzw. Lagebericht der Zielgesellschaft (Abs. 1 Nr. 1) 5

Art. 29 AIFM-Richtlinie meint mit dem „Jahresbericht“ des nicht börsennotierten Unternehmens dessen Lagebericht.6 Die weitergehende Formulierung in § 291 Abs. 1 Nr. 1 („Jahresabschluss und, sofern gesetzlich vorgeschrieben, der Lagebericht“) soll offenbar Informationslücken bei Zielgesellschaften verhindern, die gesetzlich nicht zur Aufstellung eines Lageberichts verpflichtet sind. Die praktische Bedeutung dieser Erweiterung ist freilich gering: Nicht zur Aufstellung eines Lageberichts verpflichtet sind gem. § 264 Abs. 1 S. 4 HGB Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften i.S.v. § 264a Abs. 1 HGB (Kapitalgesellschaften & Co.),7 die „klein“ i.S.v. § 267 Abs. 1 HGB sind. Für den Kontrollerwerb durch AIF an solchen Gesellschaften gelten die Informationspflichten des § 291 aber aufgrund der Ausnahmeregelung in § 287 Abs. 2 Nr. 1 für kleine und mittlere Unternehmen8 ohnehin nicht, da alle Gesellschaften, die aufgrund ihrer Größe gem. § 264 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 267 Abs. 1 HGB von der Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts befreit sind, von dieser Ausnahmeregelung erfasst werden.9 Der Fall, dass es sich bei der Zielgesellschaft um eine Personenhandelsgesellschaft handelt, die nicht unter den größenspezifischen Ausnahmetatbestand des § 287 Abs. 2 Nr. 1 fällt, aber gleichwohl keinen Lagebericht aufstellen muss, weil sie die Voraussetzungen des § 264a HGB nicht erfüllt (weil es sich also nicht um eine Kapitalgesellschaft & Co. handelt), dürfte nur selten vorkommen. Regelmäßig sind die zusätzlichen Informationen gem. Abs. 2 demnach in den Lagebericht aufzunehmen. II. Anhang zum Jahresabschluss bzw. Jahresbericht des AIF (Abs. 1 Nr. 2)

6

Abs. 1 Nr. 2 sieht vor, dass alternativ zur Aufnahme der zusätzlichen Informationen gem. Abs. 2 in den Lagebericht der Zielgesellschaft diese Informationen auch in den gem. § 148 vorgesehenen Anhang zum Jahresabschluss oder den gem. § 158 vorgesehenen Jahresbericht des AIF (Abs. 1 Nr. 2) aufgenommen werden können. § 148 betrifft dabei AIF, die als Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital aufgelegt wurden; § 158 betrifft AIF, die als geschlossene Investmentkommanditgesellschaft aufgelegt wurden. Inhaltlich entsprechen sich die Anforderungen an den Anhang zum Jahresabschluss bei einer

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6 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 9. 7 Die Größenklassen des § 267 HGB gelten auch für Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB (also Kapitalgesellschafen & Co.); s. MüKoHGB/Reiner § 267 Rn. 1. 8 Danach sind die §§ 287 bis 292 nicht anzuwenden, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um ein kleines oder mittleres Unternehmen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen handelt. 9 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 9.

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E. Inhalt der zusätzlichen Informationen (Abs. 2)

§ 291

Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital (§ 148) und an den Jahresbericht einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft (§ 158) weitgehend. Beim Erwerb einer Beteiligung i.S.v. § 261 Abs. 1 Nr. 2–6 durch einen geschlossenen Publikums-AIF (auf den § 291 aufgrund der Verweisung in § 261 Abs. 7 ebenfalls Anwendung findet) werden bereits durch § 148 Abs. 2 bzw. § 158 S. 2 bestimmte Angaben über die Zielgesellschaft gefordert; diese Angaben werden durch die in § 291 Abs. 2 geforderten Angaben ergänzt. E. Inhalt der zusätzlichen Informationen (Abs. 2) E. Inhalt der zusätzlichen Informationen (Abs. 2) Bei den Informationen nach Abs. 2 handelt es sich ausschließlich um Informatio- 7 nen, die ohnehin bereits Bestandteil der Rechnungslegung der Zielgesellschaft sind. Insgesamt sind die inhaltlichen Anforderungen an den Lagebericht gem. § 289 HGB bzw. (im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien) an den Anhang zum Jahresabschluss gem. § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG strenger als die in Abs. 2 normierten Anforderungen. Sie werden daher zugleich den Anforderungen des Abs. 2 gerecht.10 Eine eigenständige Bedeutung haben die Anforderungen nach Abs. 2 daher nur dann, wenn die Zielgesellschaft ausnahmsweise nicht zur Aufstellung eines Lageberichts verpflichtet ist.11 I. Bericht über die Lage der Zielgesellschaft (Abs. 2 S. 1) Abs. 2 S. 1 verlangt einen Bericht über die Lage der Zielgesellschaft, in dem der Ge- 8 schäftsverlauf des Unternehmens so dargestellt wird, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht. Dem entspricht § 289 Abs. 1 S. 1 HGB, wonach im Lagebericht der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Unternehmens so darzustellen sind, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. II. Ereignisse von besonderer Bedeutung, die nach Abschluss des Geschäftsjahres eingetreten sind (Abs. 2 S. 2 Nr. 1) Abs. 2 S. 2 Nr. 1 verlangt die Darstellung von Ereignissen von besonderer Bedeutung, 9 die nach Abschluss des Geschäftsjahres eingetreten sind. Dies entspricht § 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB, wonach der Lagebericht auch auf Vorgänge von besonderer Bedeutung eingehen soll, die nach dem Schluss des Geschäftsjahres eingetreten sind. III. Voraussichtliche Entwicklung der Zielgesellschaft (Abs. 2 S. 2 Nr. 2) Abs. 2 S. 2 Nr. 2 verlangt die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der Ziel- 10 gesellschaft. Dies entspricht § 289 Abs. 1 S. 4 HGB, wonach im Lagebericht auch die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern ist.

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Zutreffend Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 16. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 11.

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§ 291

Besondere Vorschriften hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts

IV. Angaben über den Erwerb eigener Aktien (Abs. 2 S. 2 Nr. 3) 11

Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ist nur einschlägig, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um eine Aktiengesellschaft handelt; in diesem Falle sind bestimmte Angaben über den Erwerb eigener Aktien erforderlich. Das Gesetz verweist insoweit auf Art. 22 Abs. 2 der Kapitalrichtlinie.12 Inzwischen finden sich die erforderlichen Angaben über den Erwerb eigener Aktien in inhaltlich unveränderter Form in Art. 63 Abs. 2 der am 30.6.2017 veröffentlichten Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts.13 Im Einzelnen sind folgende Angaben erforderlich: – die Gründe für die während des Geschäftsjahres getätigten Ankäufe (lit. a); – die Zahl und der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der während des Geschäftsjahres erworbenen und veräußerten Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital (lit. b); – bei entgeltlichem Erwerb oder entgeltlicher Veräußerung der Gegenwert der Aktien (lit. c); – die Zahl und der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert aller erworbenen und gehaltenen Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital (lit. d).

12

Die Richtlinienbestimmung setzt das deutsche Recht in § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG um. Dieser weicht insoweit von der Richtlinie ab, als die erforderlichen Angaben im Anhang zu machen sind anstatt – wie von der Richtlinie vorgegeben – im Lagebericht. Ein praktisches Problem ergibt sich daraus für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht, da der Anhang Teil des Jahresabschlusses ist, der gem. Abs. 1 Nr. 1 zulässiges Informationsmedium ist. F. Inhalt der Pflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft F. Inhalt der Pflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

13

In § 291 sind verschiedene Pflichten angelegt, deren Adressatin jeweils die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist. Welche dieser Pflichten im konkreten Fall einschlägig sind, hängt davon ab, ob als Informationsmedium der Lagebericht bzw. Jahresabschluss der Zielgesellschaft gewählt wird (Abs. 1 Nr. 1) oder der Anhang zum Jahresabschluss bzw. der Jahresbericht des AIF (Abs. 1 Nr. 2). I. Inhalt der Pflichten bei Wahl des Lageberichts bzw. Jahresabschlusses der Zielgesellschaft als Informationsmedium (Abs. 1 Nr. 1)

14

Wird als Informationsmedium der Lagebericht bzw. Jahresabschluss der Zielgesellschaft gewählt, trifft die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zunächst eine Ersuchensund Bemühenspflicht hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erstellung des Lageberichts bzw. Jahresabschlusses (Abs. 1 Nr. 1). Es handelt sich um eine reine Handlungs-, nicht um eine Erfolgspflicht.14 Die alleinige Verantwortlichkeit für die Aufstellung und Richtigkeit

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12 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1. 13 Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, Abl. L 169, S. 46. 14 Moritz/Klebeck/Jesch/Hoffert KAGB, § 291 Rn. 9.

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F. Inhalt der Pflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

§ 291

des Jahresabschlusses und des Lageberichts verbleibt bei der Zielgesellschaft bzw. deren Leitungsorgan. Eine zusätzliche Verantwortlichkeit der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wird dadurch nicht begründet; sie ließe sich auch rechtspolitisch nicht rechtfertigen.15 Die praktische Bedeutung der Ersuchens- und Bemühenspflicht ist daher gering und auf die Fälle beschränkt, in denen die Zielgesellschaft nicht ohnehin gesetzlich zur Aufstellung eines Lageberichts mit den Informationen nach § 289 HGB verpflichtet ist (vgl. bereits oben Rn. 5). Eine weitere Ersuchens- und Bemühenspflicht trifft die AIF-Kapitalverwaltungsge- 15 sellschaft dahingehend, dass der Lagebericht bzw. Jahresabschluss der Zielgesellschaft von deren gesetzlichen Vertretern den Arbeitnehmervertretern oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, den Arbeitnehmern selbst zur Verfügung gestellt wird (Abs. 1 Nr. 1). Auch insoweit handelt es sich um eine Handlungs-, nicht um eine Erfolgspflicht; eine entsprechende Aufforderung an das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft genügt. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Regelungsstruktur dieser Ersuchens- und Bemühenspflicht die Ausführungen zu § 289 Rn. 43 ff. entsprechend. Regelmäßig wird die Zielgesellschaft dieser Aufforderung bereits dadurch entsprechen, dass sie ihren gesetzlichen Offenlegungspflichten (§ 325 HGB) nachkommt. Mit der Offenlegung sind Lagebericht und Jahresabschluss auch den Arbeitnehmer(vertretern) zugänglich, sodass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht darauf hinwirken muss, dass sie diesen in gesonderter Form zur Verfügung gestellt werden. Schließlich sind die in Abs. 2 genannten Informationen (nicht aber notwendigerwei- 16 se der vollständige Lagebericht bzw. Jahresabschluss der Zielgesellschaft)16 den Anlegern des AIF zur Verfügung zu stellen (Abs. 3 Nr. 2). Soweit die Informationen zu diesem Zeitpunkt bereits verfügbar sind, sind sie den Anlegern innerhalb der Frist zur Verfügung zu stellen, die auch für die Aufstellung des Jahresabschlusses bzw. Jahresberichts des AIF gilt, also innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres des AIF (§ 120 Abs. 1 S. 2 bzw. § 135 Abs. 1 S. 1). Anderenfalls sind sie den Anlegern spätestens bis zu dem Stichtag zur Verfügung zu stellen, zu dem der Jahresabschluss und der Lagebericht der Zielgesellschaft gemäß den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften erstellt werden. II. Inhalt der Pflichten bei Wahl des Anhangs zum Jahresabschluss bzw. Jahresberichts des AIF als Informationsmedium (Abs. 1 Nr. 2) Wird als Informationsmedium der Anhang zum Jahresabschluss bzw. der Jahresbe- 17 richt des AIF gewählt (Abs. 1 Nr. 2), trifft die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Ersuchens- und Bemühenspflicht dahingehend, dass die gesetzlichen Vertreter der Zielgesellschaft die in Abs. 2 genannten Informationen entweder den Arbeitnehmervertretern des betreffenden Unternehmens oder, falls es keine solchen Vertreter gibt, den Arbeitnehmern selbst zur Verfügung gestellt werden. Auch insoweit handelt es sich um eine Handlungs-, nicht um eine Erfolgspflicht; eine entsprechende Aufforderung an das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Zielgesellschaft genügt.17 Im Übrigen gelten hinsichtlich der Regelungsstruktur dieser Ersuchens- und Bemühenspflicht die Ausführungen zu § 289 Rn. 43 ff. entsprechend. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat

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15 Zutreffend Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 11. 16 So aber Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Bärenz/Käpplinger AIFM, Art. 29 Rn. 20; diese Dokumente sind den Anlegern freilich aufgrund der Offenlegung nach den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften ebenfalls zugänglich. 17 Moritz/Klebeck/Jesch/Hoffert KAGB, § 291 Rn. 13.

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Zerschlagen von Unternehmen

darauf hinzuwirken, dass die Informationen den Arbeitnehmer(vertretern) innerhalb der Frist zur Verfügung gestellt werden, die auch für die Aufstellung des Jahresabschlusses bzw. Jahresberichts des AIF gilt, also innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres des AIF (§ 120 Abs. 1 S. 2 bzw. § 135 Abs. 1 S. 1). G. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Informationspflicht 18

Verstöße gegen die Rechnungslegungsvorschriften des KAGB werden gem. § 340 Abs. 2 Nr. 12 als Ordnungswidrigkeiten sanktioniert; in diesem Zusammenhang wird auch § 291 Abs. 1 Nr. 2 erwähnt, da er die Rechnungslegung des AIF betrifft. Gem. § 340 Abs. 2 Nr. 12 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 120 Abs. 1 S. 2, i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 8, jeweils auch i.V.m. § 122 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 oder § 148 Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1, jeweils auch i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2, einen Jahresabschluss, einen Lagebericht, einen Halbjahresfinanzbericht, einen Auflösungsbericht oder einen Abwicklungsbericht (lit. c) oder entgegen § 135 Abs. 1, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 11 S. 1, jeweils auch i.V.m. § 158, auch i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2, einen Jahresbericht (lit. d) nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstellt bzw. aufstellt. Kein Verstoß gegen § 291 und damit auch keine Ordnungswidrigkeit liegt allerdings vor, wenn die in Abs. 2 genannten Informationen im Lagebericht bzw. im Jahresabschluss der Zielgesellschaft enthalten sind (Abs. 1 Nr. 1). Ein Verstoß, der auf einfacher Fahrlässigkeit beruht, genügt für die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitentatbestands ebenfalls nicht. Die Begehung der Ordnungswidrigkeit kann durch ein Bußgeld von bis zu 100.000 EUR (siehe im Einzelnen § 340 Rn. 8) geahndet werden.

§ 292 Zerschlagen von Unternehmen § 292 Zerschlagen von Unternehmen Behme Zerschlagen von Unternehmen https://doi.org/10.1515/9783110492217-079

(1) Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten gemäß § 288, ist die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb von 24 Monaten nach Erlangen der Kontrolle über das Unternehmen durch den AIF dazu verpflichtet, 1. Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen, die Rücknahme von Anteilen oder den Ankauf eigener Anteile durch das Unternehmen gemäß Absatz 2 weder zu gestatten noch zu ermöglichen, zu unterstützen oder anzuordnen, 2. sofern sie befugt ist, in den Versammlungen der Leitungsgremien des Unternehmens im Namen des AIF abzustimmen, nicht für Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen, die Rücknahme von Anteilen oder den Ankauf eigener Anteile durch das Unternehmen gemäß Absatz 2 zu stimmen und 3. sich in jedem Fall bestmöglich zu bemühen, Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen, die Rücknahme von Anteilen oder den Ankauf eigener Anteile durch das Unternehmen gemäß Absatz 2 zu verhindern. (2) Die Pflichten gemäß Absatz 1 beziehen sich auf 1. Ausschüttungen an Anteilseigner, die vorgenommen werden, wenn das im Jahresabschluss des Unternehmens ausgewiesene Nettoaktivvermögen bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Recht oder die Satzung nicht gestattet, unterschreitet oder infolge einer solchen Ausschüttung unterschreiten würde, wobei der Betrag des gezeichneten Kapitals um den Betrag des Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-079

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Systematische Übersicht

2.

3.

1.

2.

3.

§ 292

noch nicht eingeforderten Teils des gezeichneten Kapitals vermindert wird, falls Letzterer nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen ist; Ausschüttungen an Anteilseigner, deren Betrag den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind, überschreiten würde; in dem Umfang, in dem der Ankauf eigener Anteile gestattet ist, Ankäufe durch das Unternehmen, einschließlich Anteilen, die bereits früher vom Unternehmen erworben und von ihm gehalten wurden, und Anteilen, die von einer Person erworben werden, die in ihrem eigenen Namen, aber im Auftrag des Unternehmens handelt, die zur Folge hätten, dass das Nettoaktivvermögen unter die in Nummer 1 genannte Schwelle gesenkt würde. (3) Für die Zwecke des Absatzes 2 gilt Folgendes: der in Absatz 2 Nummer 1 und 2 verwendete Begriff „Ausschüttungen“ bezieht sich insbesondere auf die Zahlung von Dividenden und Zinsen im Zusammenhang mit Anteilen, die Bestimmungen für Kapitalherabsetzungen erstrecken sich nicht auf Herabsetzungen des gezeichneten Kapitals, deren Zweck im Ausgleich von erlittenen Verlusten oder in der Aufnahme von Geldern in eine nicht ausschüttbare Rücklage besteht, unter der Voraussetzung, dass die Höhe einer solchen Rücklage nach dieser Maßnahme 10 Prozent des herabgesetzten gezeichneten Kapitals nicht überschreitet, und die Einschränkung gemäß Absatz 2 Nummer 3 richtet sich nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b bis h der Richtlinie 77/91/EWG. Schrifttum

Baums Low Balling, Creeping in und deutsches Übernahmerecht, ZIP 2010 2374; Brandes Europäische Aktiengesellschaft: Juristische Person als Organ?, NZG 2004 642; Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Drygala Die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Europäischen Gesellschaftsrechts, AG 2001 291; Eidenmüller Regulierung von Finanzinvestoren, DStR 2007 2116; Fleischer Juristische Personen als Organmitglieder im Europäischen Gesellschaftsrecht, RIW 2004 16; Hesse/Lamsa Die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Corporate Finance Law 2011 39; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagengesetzbuch (KAGB), DStR 2013 1483; Koch Das Kapitalanlagegesetzbuch: Neue Rahmenbedingungen für PrivateEquity-Fonds – Transparenz, gesellschaftsrechtliche Maßnahmen und Finanzierung, WM 2014 433; Priester Eigene Anteile bei Personengesellschaften, ZIP 2014 245; K. Schmidt Personengesellschaften: neu gedacht?, ZIP 2014 493; Schmidt-Aßmann/Groß Zur verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte nach der Privatgrundschul-Entscheidung des BVerfG, NVwZ 1993 617; Thiermann Beschränkungen von Leveraged BuyOuts durch das Asset Stripping Verbot des § 292 KAGB?, NZG 2016 335; Viciano-Gofferje Neue Transparenzanforderungen für Private Equity Fonds nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, BB 2013 2506; Wollenhaupt/Beck Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, DB 2013 1950; Zetzsche Anteils- und Kontrollerwerb an Zielgesellschaften durch Verwalter alternativer Investmentfonds, NZG 2012 1164.

Systematische Übersicht A. B. C. D.

557

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck | 6 Voraussetzungen des „Zerschlagungsverbots“ | 10

I.

E.

Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen | 11 II. Kontrolle über einen Emittenten | 14 Rechtsfolge: „Zerschlagungsverbot“ I. Inkriminierte Maßnahmen | 16

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§ 292

Zerschlagen von Unternehmen

1.

2. 3.

Ausschüttungen a) Begriff der Ausschüttung (Abs. 3 Nr. 1) | 17 b) Erfasste Ausschüttungen (Abs. 2 Nr. 1 und 2) | 18 Kapitalherabsetzungen | 21 Rücknahme von Anteilen oder Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft | 22

II.

F.

Die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Einzelnen | 24 III. Dauer der Wohlverhaltenspflichten | 27 Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Zerschlagungsverbot | 28

A. Überblick A. Überblick § 292 untersagt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für den Fall, dass der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten erlangt, für den Zeitraum von 24 Monaten nach Kontrollerwerb in einem weiten Sinne die Mitwirkung an Ausschüttungen, die einen bestimmten Umfang überschreiten, an Kapitalherabsetzungen und an der Rücknahme von Anteilen oder am Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft. Die Vorschrift ergänzt damit die Informationspflichten, die beim Erwerb der Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gem. §§ 289 Abs. 2 bis 4, 290 und 291 sowie beim Erwerb der Kontrolle über einen Emittenten gem. § 290 Abs. 1 bis 3 bestehen.1 Während die genannten Informationspflichten für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in erster Linie zusätzlichen Aufwand verursachen, bedeutet § 292 einen vergleichsweise weitreichenden Eingriff in das Geschäftsmodell und in die Eigentumsrechte von Private EquityFonds.2 Zwar werden die von § 292 erfassten Maßnahmen nicht per se untersagt: Die Vor2 schrift trifft keine Aussage über die (gesellschaftsrechtliche) Zulässigkeit von Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen und dem Erwerb eigener Anteile durch die Zielgesellschaft, sondern ist lediglich eine an die AIF-Kapitalgesellschaft als Repräsentantin eines Gesellschafters (des AIF) adressierte (aufsichtsrechtliche) Verhaltensnorm.3 Die Maßnahmen dürfen aber nicht mehr auf Initiative oder unter Mitwirkung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erfolgen. Anders als die amtliche Überschrift suggeriert, wird eine „Zerschlagung“ der Zielgesellschaft nicht verhindert: § 292 verbietet weder die Veräußerung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens4 noch Umwandlungen (z.B. DebtPush-Down- oder Merger-Buy-Out-Gestaltungen, bei denen die Zielgesellschaft mit einer Erwerbergesellschaft verschmolzen wird,5 oder die Aufspaltung mit anschließender Veräußerung eines aus der Spaltung hervorgehenden Rechtsträgers), sonstige Restrukturierungsmaßnahmen oder gar die Auflösung der Gesellschaft.6 3 Die Struktur von § 292 folgt der Struktur von Art. 30 AIFM-Richtlinie und erscheint wenig übersichtlich. Bereits Abs. 1 ist zu entnehmen, welche Maßnahmen die Norm erfasst (Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen, Rücknahme von Anteilen oder Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft) und welche konkreten Handlungen der AIF1

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1 § 291 betrifft entgegen dem Wortlaut der Norm nur den Fall der Kontrollerlangung über ein nicht börsennotiertes Unternehmen, nicht über einen Emittenten, s. § 291 Rn. 2. 2 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 1; Koch WM 2014 433 (437); Wollenhaupt/Beck DB 2013 1950 (1955). 3 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 19. 4 Unrichtig Koch WM 2014 433 (437). 5 Schröder/Rahn GWR 2014 49 (52); Weitnauer AG 2013 672 (677). 6 Zutreffend Burgard/Heimann WM 2014 821 (830); van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487); Zetzsche NZG 2012 1164 (1168).

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B. Entstehungsgeschichte

§ 292

Kapitalverwaltungsgesellschaft untersagt sind. Abs. 2 und Abs. 3 ergänzen und präzisieren Abs. 1; sie lassen sich den in Abs. 1 genannten Maßnahmen wie folgt zuordnen: – Ausschüttungen: Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1; – Kapitalherabsetzungen: Abs. 3 Nr. 2; – Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft: Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3. B. Entstehungsgeschichte B. Entstehungsgeschichte Durch § 292 wird Art. 30 AIFM-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Beide Nor- 4 men sind identisch aufgebaut und entsprechen sich im Wortlaut weitgehend. Dass in der deutschsprachigen Fassung von Art. 30 Abs. 1 lit. a AIFM-Richtlinie statt von „Ausschüttung“ von „Vertrieb“ die Rede ist, beruht auf einer falschen Übersetzung7 des in der englischen Sprachfassung verwendeten Begriffs distribution; dieser Fehler wurde im Zuge der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber korrigiert. Bereits im Hinblick auf die deutschsprachige Fassung von Art. 30 AIFM-Richtlinie ist kritisiert worden, dass Abs. 2 den in der deutschen Rechtsterminologie nicht gebräuchlichen Begriff des „Nettoaktivvermögens“ 8 verwendet; 9 immerhin wird dieser Begriff aber auch in der deutschsprachigen Fassung der am 30.6.2017 veröffentlichten Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts10 an verschiedenen Stellen verwendet und ist daher dem europäischen Gesellschaftsrecht nicht fremd. § 292 ist jedoch die einzige Norm des deutschen Rechts, in der dieser Begriff auftaucht; jedenfalls im Rahmen der Richtlinienumsetzung wäre es daher sinnvoll gewesen, eine Anpassung an die im deutschen Gesellschafts- und Bilanzrecht gebräuchliche Terminologie vorzunehmen und den Begriff des „Eigenkapitals“ anstelle von „Nettoaktivvermögen“ zu verwenden. Art. 30 Abs. 1 AIFM-Richtlinie verweist hinsichtlich des Begriffs der Kontrollerlan- 5 gung (ebenso wie Art. 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 29 Abs. 1 AIFM-Richtlinie) auf Art. 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AIFM-Richtlinie. Art. 26 Abs. 1 AIFM-Richtlinie wird durch § 287 Abs. 1 umgesetzt; Art. 26 Abs. 5 AIFM-Richtlinie durch § 288. Dementsprechend verweisen § 289 Abs. 2, § 290 Abs. 1 und § 291 Abs. 1 hinsichtlich der Kontrollerlangung einheitlich auf § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1. Dagegen verweist § 292 Abs. 1 lediglich auf § 288. In Anbetracht des eindeutigen Wortlauts von Art. 30 Abs. 1 AIFM-Richtlinie und des Umstands, dass die Regierungsbegründung zum KAGB lediglich ausführt, § 292 diene der Umsetzung von Art. 30 AIFM-Richtlinie,11 ist nicht davon auszugehen, dass die Kontrollerlangung im Rahmen von § 292 anders zu beurteilen ist als im Rahmen von § 289 Abs. 2, § 290 Abs. 1 und § 291 Abs. 1, zumal § 287 Abs. 1 seinerseits auch auf § 292 Bezug nimmt. Vielmehr dürfte es sich bei der fehlenden Bezugnahme auf § 287 Abs. 1 in § 292 Abs. 1 um ein redaktionelles Versehen handeln.12

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7 Die Urfassung der AIFM-Richtlinie wurde in englischer Sprache verhandelt und erstellt; s. Zetzsche NZG 2012 1164. 8 Die englischsprachige Sprachfassung verwendet den Begriff „net assets“; die französische Sprachfassung den Begriff „valeur nette d’inventaire“. 9 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 25; Hesse/Lamsa Corporate Finance Law 2011 39 (46). 10 Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, Abl. L 169, S. 46. 11 BTDrucks. 17/12294 S. 277. 12 Zweifelnd Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 3.

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Zerschlagen von Unternehmen

C. Normzweck C. Normzweck § 292 bzw. der zugrundeliegende Art. 30 AIFM-Richtlinie verfolgt den Zweck, im An6 schluss an die Übernahme einer Zielgesellschaft deren „Zerschlagung“ zu erschweren oder zumindest zu verzögern, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder um einen Emittenten handelt. Unter dem untechnischen, semantisch unscharfen13 Begriff der „Zerschlagung“ sind Praktiken zu verstehen, die der Zielgesellschaft liquide Mittel und Vermögenswerte entziehen (sog. Asset Stripping),14 um auf diese Weise kurzfristige Gewinne zu erzielen und insbesondere auf Kosten der Zielgesellschaft Mittel für die Rückführung einer zum Zwecke der Übernahme aufgenommenen Fremdfinanzierung (Leveraged Buyout) zu erhalten.15 7 Der Normzweck des § 292 ist vielschichtiger als der Normzweck der in §§ 289 bis 291 statuierten Informationspflichten (s. dazu ausführlich § 289 Rn. 4 ff.). Die Verhinderung bzw. Verzögerung des Asset Strippings und missbräuchlicher Finanzierungsstrukturen bezweckt im Wesentlichen den Schutz des Bestands der Zielgesellschaft und dient damit zugleich den Interessen jener Personengruppen, denen am Bestand und an einem nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Zielgesellschaft gelegen ist. Dazu zählen insbesondere – soweit vorhanden – die übrigen (Minderheits-)Gesellschafter sowie die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft. Wie sämtliche Normen, die – im weitesten Sinne – den Zugriff von Gesellschaftern auf das Gesellschaftsvermögen beschränken, bezweckt § 292 mittelbar auch den Schutz der Gläubiger der Zielgesellschaft. Darin besteht ein wesentlicher Unterschied zu den Informationspflichten der §§ 289 bis 291, die eine Information der Gläubiger im Falle der Kontrollerlangung durch den AIF nicht vorsehen. 8 Ebenso wie im Rahmen von §§ 289 bis 291 ist auch mit Blick auf § 292 zu kritisieren, dass eine bestimmte Gruppe von Investoren, nämlich geschlossene Spezial-AIF,16 einer weitaus strengeren Regulierung beim Erwerb kontrollbegründender Beteiligungen unterworfen wird als andere Investoren. Die Ursache hierfür kann nur in einem weitreichenden und zugleich unspezifischen Misstrauen gegenüber der Private Equity-Branche gesehen werden (s. § 289 Rn. 8). Auch wenn bestimmte Corporate Raiding-Maßnahmen, die § 292 erschweren soll, charakteristisch für Private Equity-Transaktionen sein mögen,17 können Anreize zu solchen Maßnahmen auch für andere Investoren bestehen. Es ist daher eine grundsätzliche rechtspolitische Frage, ob und in welcher Weise sie zu unterbinden oder zumindest zu regulieren sind; die Antwort auf diese Frage ist jedoch unabhängig davon, um welche Art von Investor es sich handelt. Insbesondere erscheint es wenig stimmig, dass § 292 nicht beim Erwerb der Kontrolle über einen Emittenten durch Hedgefonds gilt; auf § 292 wird in § 283 i.V.m. § 282 nicht verwiesen. Aus Sicht der Zielgesellschaft macht es aber kaum einen Unterschied, ob die Kontrolle durch einen geschlossenen Spezial-AIF (Private Equity-Fonds) oder durch einen Hedgefonds erworben wird.

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13 van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487). 14 S. für eine Übersicht der gängigsten Corporate Raiding-Maßnahmen Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 4 ff. 15 Burgard/Heimann WM 2014 821 (830); van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487); Zetzsche NZG 2012 1164 (1168). 16 Die §§ 287 ff. gelten für geschlossene inländische Spezial-AIF, finden über die Verweisung des § 261 Abs. 7 aber auch auf geschlossene inländische Publikums-AIF Anwendung; krit. dazu Weitnauer AG 2013 672 (674). 17 Die positiven Effekte einer Beteiligung von Finanzinvestoren (Private Equity-Fonds und HedgeFonds) betont demgegenüber Eidenmüller DStR 2007 2116 (2117).

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D. Voraussetzungen des „Zerschlagungsverbots“

§ 292

Unabhängig von der rechtspolitisch (und möglicherweise auch verfassungsrecht- 9 lich) fragwürdigen Ungleichbehandlung verschiedener Investorengruppen mit potentiell ähnlichem „Gefährdungspotential“ ist zweifelhaft, ob § 292 einen wirksamen Beitrag zur Verhinderung der finanziellen Ausbeutung von Zielgesellschaften zu leisten vermag. Denn zum einen gelten die Restriktionen des § 292 nur für einen begrenzten Zeitraum von 24 Monaten nach Kontrollerlangung, unabhängig von der tatsächlichen Dauer des Engagements des AIF in der Zielgesellschaft im Einzelfall. Zum anderen kommen bei Verstößen gegen in § 292 normierten Wohlverhaltenspflichten nahezu ausschließlich aufsichtsrechtliche Sanktionen gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Betracht, die der konkret betroffenen Zielgesellschaft aber nicht nutzen; die gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit der von § 292 erfassten Maßnahmen bleibt von der Vorschrift unberührt (s. unten Rn. 30). Wirksame regulatorische Mittel gegen missbräuchliche Finanzierungsstrukturen sind daher weniger im Aufsichtsrecht als im Gesellschafts- und im Insolvenzrecht (dort insbesondere im Anfechtungsrecht)18 zu verorten. D. Voraussetzungen des „Zerschlagungsverbots“ D. Voraussetzungen des „Zerschlagungsverbots“ Die in § 292 normierten Wohlverhaltenspflichten richten sich an die AIF-Kapitalver- 10 waltungsgesellschaft (s. zu den Ausnahmen ausführlich § 289 Rn. 12 ff.). Sie bestehen unabhängig davon, ob es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder um einen Emittenten handelt, und werden dadurch ausgelöst, dass der AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt. I. Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen Der Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens ist in § 1 Abs. 19 Nr. 27 legalde- 11 finiert. Ein nicht börsennotiertes Unternehmen ist demnach ein Unternehmen, das seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Anteile im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1) nicht zum Handel auf einem regulierten (richtigerweise: geregelten, s. § 289 Rn. 16) Markt zugelassen sind; die Definition erfasst Unternehmen unabhängig davon, ob sie in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft verfasst sind (s. ausführlich § 289 Rn. 17).19 Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um ein nicht börsennotiertes Unternehmen, ist von einer Kontrollerlangung durch den AIF auszugehen, wenn der von dem AIF gehaltene Anteil der Stimmrechte mehr als 50 Prozent erreicht (§ 288 Abs. 1). Eine gemeinsame Kontrollerlangung setzt voraus, dass entweder verschiedene AIF, die von derselben AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, aufgrund einer Vereinbarung gemeinsam Stimmrechte an einem nicht börsennotierten Unternehmen in einem Umfang von mehr als 50 Prozent halten, oder dass mehrere AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die aufgrund einer Vereinbarung zusammenarbeiten, AIF verwalten, die gemeinsam mehr als 50 Prozent halten (s. im Einzelnen die Kommentierungen zu §§ 287, 288, 289 Rn. 34).

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18 Eidenmüller DStR 2006 2116 (2120 f.). 19 A.A. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 20; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Swoboda § 292 Rn. 4; unklar Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 19 („im Kern ... eine rechtsformunabhängige Ausschüttungssperre“) und Rn. 34 („dass es sich bei dem Unternehmen nur um eine Kapitalgesellschaft handeln kann“).

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§ 292

Zerschlagen von Unternehmen

12

Die rechtsformunabhängige Definition des nicht börsennotierten Unternehmens birgt im Rahmen von § 292 erhebliche Anwendungsprobleme. Denn während sich Informationspflichten gegenüber der Zielgesellschaft, ihren Gesellschaftern und Arbeitnehmern ohne weiteres unabhängig davon erfüllen lassen, ob es sich bei der Zielgesellschaft um eine Kapitalgesellschaft oder um eine Personengesellschaft handelt, und daher eine Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften im Rahmen der §§ 289 bis 291 jeder inneren Rechtfertigung entbehren würde (s. § 289 Rn. 17), ist § 292 terminologisch ausschließlich auf Kapitalgesellschaften zugeschnitten: Bei Personengesellschaften gibt es weder „Ausschüttungen“ (sondern es werden Gewinne den Kapitalkonten der Gesellschafter zugeschrieben) noch „Kapitalherabsetzungen“ noch ist eine Rücknahme von Anteilen oder ein Ankauf eigener Anteile denkbar.20 Gleichwohl erscheinen die mit § 292 verfolgten Zwecke (s. oben Rn. 6 ff.) zumindest auf den ersten Blick auch bei Personengesellschaften einzugreifen, da auch bei ihnen eine finanzielle Ausbeutung durch Finanzinvestoren denkbar erscheint und ihr Bestand sowie die Interessen ihrer stakeholder insbesondere durch missbräuchliche Finanzierungsstrukturen in ähnlicher Weise gefährdet werden können wie dies bei Zielgesellschaften in der Rechtsform der AG oder der GmbH der Fall ist. Zu betonen ist allerdings, dass im Ausgangspunkt Personengesellschaften aufgrund ihrer im Vergleich zu juristischen Personen geringeren rechtlichen Verselbständigung noch weniger als diese als Vertreter eines autonomen Bestandsinteresses anzuerkennen sind; 21 im Vordergrund stehen vielmehr die Interessen der Gesellschafter, deren Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen folgerichtig keinen den §§ 30 GmbHG, 57 AktG vergleichbaren Restriktionen unterworfen sind. Mit Blick auf den – von § 292 freilich nur mittelbar bewirkten (s. oben Rn. 7) – Gläubigerschutz liegt es in der Natur von Personengesellschaften, dass Gesellschaftsgläubigern aufgrund der persönlichen Haftung zumindest eines Gesellschafters für Gesellschaftsverbindlichkeiten gerade kein rechtlich gebundenes Gesellschaftskapital zur Verfügung steht. Schon aus diesen Gründen sind der praktischen Anwendung von § 292 beim Erwerb der Kontrolle über Personengesellschaften durch AIF Grenzen gesetzt. Entschärft wird die Problematik ferner dadurch, dass § 292 keinerlei gesellschafts13 rechtliche Wirkungen auf der Ebene der Zielgesellschaft entfaltet, sondern ein Verstoß lediglich aufsichtsrechtliche Maßnahmen der BaFin gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach sich zieht (s. zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 292 ausführlich unten Rn. 28 ff.). Fraglich ist daher, bei welchen Maßnahmen auf der Ebene einer als Personengesellschaft konfigurierten Zielgesellschaft die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die in § 292 normierten Pflichten treffen. Dabei ist (anders als dies bei der Anknüpfung konkreter gesellschaftsrechtlicher Rechtsfolgen auf der Ebene der Zielgesellschaft der Fall wäre) keine exakte Analogie zu den in § 292 ausdrücklich genannten Maßnahmen erforderlich. In Anbetracht des grundsätzlich weiten Ermessensspielraums der BaFin bei der Ausübung ihrer aufsichtsrechtlichen Befugnisse (vgl. § 5 Abs. 6) kann vielmehr genügen, dass sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, nachdem der AIF die Kontrolle über eine Personengesellschaft erlangt hat, an Maßnahmen beteiligt, die mit den in § 292 genannten Maßnahmen bei wertender Gesamtbetrachtung vergleichbar sind, weil sie den Bestand der Gesellschaft oder die Interessen der Gläubiger in ver-

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20 Eingehend Baumbach/Hopt/Roth HGB, § 105 Rn. 30; MüKoHGB/K. Schmidt § 105 Rn. 93; Staub/ Schäfer HGB, § 105 Rn. 97; a.A. neuerdings Priester ZIP 2014 245 mit Erwiderung von K. Schmidt ZIP 2014 493. 21 Vgl. für die GmbH MüKoGmbHG/Ekkenga § 30 Rn. 17.

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D. Voraussetzungen des „Zerschlagungsverbots“

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gleichbarer Weise gefährden (dies kann im Einzelfall etwa der Fall sein, wenn bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Gestaltung aufgrund von Entnahmen negative Kapitalkonten entstehen, oder wenn vor Entnahmen mit Insolvenzfolge eine Herabsetzung der funktional dem Stammkapital vergleichbaren Hafteinlagen von Kommanditisten erfolgt). II. Kontrolle über einen Emittenten Der Begriff des Emittenten ist das Gegenstück zum nicht börsennotierten Unterneh- 14 men und wird in § 287 Abs. 4 dahingehend konkretisiert, dass es sich um einen Emittenten im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/109/EG22 handeln muss, der seinen satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union hat und dessen Wertpapiere im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG23 (inzwischen: Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 der Richtlinie 2014/65/EU)24 zum Handel auf einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sind. Die Definition ist aufgrund der mehrfachen Verweisungen nicht nur sperrig, sondern auch teilweise redundant. Entscheidend sind zwei Merkmale: Erstens der satzungsmäßige Sitz in der europäischen Union (insoweit besteht ein Gleichlauf zum Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens) und zweitens die Zulassung der Anteile zum Handel auf einem geregelten25 Markt (darin besteht der Unterschied zum Begriff des nicht börsennotierten Unternehmens). Die Erlangung von Kontrolle an einem Emittenten richtet sich (anders als bei nicht 15 börsennotierten Zielgesellschaften) nicht nach § 288 Abs. 1; vielmehr verweist § 288 Abs. 3 insoweit auf Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12). Danach bestimmen sich der prozentuale Anteil der Stimmrechte, der eine Kontrolle begründet, und die Art der Berechnung dieses Anteils nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat; der Begriff der Kontrolle wird in Bezug auf Emittenten weder durch die Übernahmerichtlinie noch durch die AIFM-Richtlinie harmonisiert. Für Emittenten mit Sitz in Deutschland bedeutet diese (Rück-)Verweisung auf das nationale Recht, dass gem. § 29 Abs. 2 WpÜG eine Kontrollerlangung schon beim Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte gegeben ist.26 An die Stelle der vergleichsweise knappen Zurechnungsnorm des § 288 Abs. 2 treten die deutlich umfassenderen Zurechnungsregeln des § 30 WpÜG.

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22 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38. 23 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. 24 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349. 25 Dem in der MiFID verwendeten Begriff des „geregelten Marktes“ entspricht im deutschen Recht der „organisierte Markt“ i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG. 26 Der Schwellenwert von 30% ist auch in den Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten verbreitet; s. den Überblick bei Baums ZIP 2010 2374 (2379).

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E. Rechtsfolge: „Zerschlagungsverbot“ E. Rechtsfolge: „Zerschlagungsverbot“ I. Inkriminierte Maßnahmen 16

Das „Zerschlagungsverbot“ wird rechtstechnisch umgesetzt durch die Normierung verschiedener, an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft adressierter Wohlverhaltenspflichten, die sich auf die folgenden Maßnahmen beziehen: Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen und Rücknahme von Anteilen oder Rückkauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft. An diesen Maßnahmen ist der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft jede Mitwirkung untersagt. 1. Ausschüttungen

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a) Begriff der Ausschüttung (Abs. 3 Nr. 1). Der Begriff der Ausschüttung bezieht sich nach der Definition in Abs. 3 Nr. 1 in erster Linie auf die Zahlung von Dividenden und Zinsen im Zusammenhang mit Anteilen, erlaubt aber aufgrund der offenen Formulierung der Definition („insbesondere“), in den Grenzen des Wortsinns jeden schädlichen Transfer von Vermögenswerten27 an Gesellschafter unter den Begriff der Ausschüttung zu fassen. Erfasst sind damit insbesondere Zinsen auf Wandelschuldverschreibungen und sonstige Formen hybriden Kapitals, das sich in Gesellschaftsanteile umwandeln lässt.28 Der Normzweck, der insbesondere auf eine Verhinderung missbräuchlicher Finanzierungsstrukturen abzielt (s. oben Rn. 6 f.), legt es nahe, auch Zinszahlungen, die von der Zielgesellschaft nach Kontrollerwerb auf Darlehen zur Finanzierung des Anteilserwerbs geleistet werden, als Ausschüttungen i.S.v. Abs. 3 Nr. 1 anzusehen,29 wenngleich solche Zinszahlungen in keinem Zusammenhang mit der Stellung als Inhaber des Anteils oder als Inhaber einer vergleichbaren (hybriden) Rechtsposition, sondern lediglich mit der Finanzierung des Erwerbsvorgangs stehen. Bereits dem Wortlaut nach keine Ausschüttung ist die Bestellung von Sicherheiten am Vermögen der Zielgesellschaft zur Absicherung von Darlehen zur Finanzierung des Anteilserwerbs.30

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b) Erfasste Ausschüttungen (Abs. 2 Nr. 1 und 2). Nach Abs. 2 Nr. 1 beziehen sich die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Ausschüttungen, die vorgenommen werden, wenn das im Jahresabschluss der Zielgesellschaft ausgewiesene Nettoaktivvermögen bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres den Betrag des gezeichneten Kapitals unterschreitet oder infolge einer solchen Ausschüttung unterschreiten würde. Dabei wird der Betrag des gezeichneten Kapitals erhöht um die Rücklagen, deren Ausschüttung das Recht oder die Satzung nicht gestattet, und vermindert um den Betrag des noch nicht eingeforderten Teils des gezeichneten Kapitals, falls Letzterer nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen ist. Der in der deutschen Rechtsterminologie nicht gebräuchliche (s. oben Rn. 4) Begriff des „Nettoaktivvermögens“ lässt sich

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27 So die extrem weite Auslegung von Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 26. 28 Zetzsche NZG 2012 1164 (1168); van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487); Schröder/Rahn GWR 2014 49 (52). 29 Dafür Zetzsche NZG 2012 1164 (1168). 30 Wie hier Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 27; Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 56; Schröder/Rahn GWR 2014 49 (52); Weitnauer AG 2013 672 (676); Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 17; a.A. Thiermann NZG 2016 335 (338).

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E. Rechtsfolge: „Zerschlagungsverbot“

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definieren als der Betrag, um den das bei Abschluss des Geschäftsjahres bilanziell festgestellte Vermögen den Betrag des Stammkapitals bzw. Grundkapitals zuzüglich der gesetzlichen und satzungsmäßigen/gesellschaftsvertraglichen Rücklagen übersteigt; mit anderen Worten: als das nicht durch die Pflicht zur Deckung der Stammkapitals bzw. Grundkapitals sowie zur Unterhaltung gesetzlicher oder satzungsmäßiger/gesellschaftsvertraglicher Rücklagen gebundene Vermögen.31 Die sperrige Formulierung von Abs. 2 Nr. 1 lässt sich daher auf die schlichte Formel reduzieren, dass Ausschüttungen inkriminiert werden, die das Nettoaktivvermögen überschreiten.32 Es handelt sich mithin um ein aufsichtsrechtliches Pendant zu den gesellschaftsrechtlichen Verbotstatbeständen gem. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG und § 57 Abs. 1 S. 1 AktG. Aufsichtsrechtlich bestehen anders als nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG und § 57 Abs. 1 19 S. 2 AktG keine ausdrücklichen Verbotsfreistellungen für Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter bzw. Aktionär gedeckt sind.33 Allerdings besteht in diesen Fällen nach dem Schutzzweck der Norm keine Veranlassung für ein Eingreifen der aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltenspflichten: Bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages deshalb nicht, weil die Zielgesellschaft durch die Schutzmechanismen des Konzernrechts (insb. §§ 300 bis 302 AktG) ausreichend geschützt wird, weshalb § 292 nach richtiger Ansicht dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG nicht entgegen steht;34 bei einem vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch deshalb nicht, weil das Vermögen der Zielgesellschaft bilanziell nicht geschmälert wird, da es sich um einen bloßen Aktivtausch handelt. Sofern man überhaupt annimmt, dass es sich bei derartigen Zahlungen um „Ausschüttungen“ i.S.v. Abs. 3 Nr. 1 handelt, erscheint daher eine teleologische Reduktion der Wohlverhaltenspflichten geboten. Nach Abs. 2 Nr. 2 beziehen sich die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwal- 20 tungsgesellschaft ferner auf Ausschüttungen, deren Betrag den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind, überschreiten würde. Hierbei handelt es sich um ein rechtsformunabhängiges aufsichtsrechtliches Pendant zu der gesellschaftsrechtlich nur für die Aktiengesellschaft maßgeblichen Regelung des § 57 Abs. 3 AktG.35 2. Kapitalherabsetzungen. Die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwal- 21 tungsgesellschaft bestehen ferner bei Kapitalherabsetzungen. Hiervon bestehen gem. Abs. 3 Nr. 2 zwei für die Praxis bedeutende Ausnahmen, die an die Voraussetzungen für eine vereinfachte Kapitalherabsetzung gem. §§ 229 ff. AktG, §§ 58 GmbHG angelehnt sind: Die erste Ausnahme betrifft den Fall, dass der Zweck der Kapitalherabsetzung im Ausgleich von Verlusten besteht. Ein praktisches Bedürfnis für eine solche nominelle Kapitalherabsetzung, die häufig von einer effektiven Kapitalerhöhung flankiert wird (sog.

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31 Drygala AG 2001 291 (295) Fn. 43. 32 Zutreffend van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487); ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 45. 33 Burgard/Heimann WM 2014 821 (830); van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487 f.). 34 Wie hier Schröder/Rahn GWR 2014 49 (53); Weitnauer AG 2013 672 (677). 35 Burgard/Heimann WM 2014 821 (830); van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1487 f.).

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„Kapitalschnitt“), besteht vor allem in Sanierungsfällen.36 Die zweite Ausnahme betrifft den Fall, dass der Zweck der Kapitalherabsetzung in der Aufnahme von Geldern in eine nicht ausschüttbare Rücklage besteht, die Kapitalherabsetzung also eine Umbuchung von gezeichnetem Kapital in die Kapitalrücklage zur Vorsorge vor Verlusten37 bedeutet. Voraussetzung ist, dass die Höhe einer solchen Rücklage nach dieser Maßnahme zehn Prozent des herabgesetzten gezeichneten Kapitals nicht überschreitet (vgl. auch § 231 AktG, § 58b Abs. 2 GmbHG). Die Einziehung von Geschäftsanteilen nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen (§ 34 GmbHG) ist ebenso wie die Zwangseinziehung infolge eines Gesellschafterausschlusses vom Begriff der „Kapitalherabsetzung“ nicht erfasst und bleibt demnach von § 292 unberührt.38 3. Rücknahme von Anteilen oder Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft. Schließlich treffen die Wohlverhaltenspflichten die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gem. Abs. 2 Nr. 3 bei der Rücknahme von Anteilen und beim Ankauf eigener Anteile durch die Zielgesellschaft, wenn dadurch das Nettoaktivvermögen unter die in Abs. 2 Nr. 1 genannte Schwelle (= Betrag des gezeichneten Kapitals zzgl. nicht ausschüttbarer Rücklagen abzgl. Betrag des noch nicht eingeforderten Teils des gezeichneten Kapitals, falls letzter nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird) absinkt. 23 Gem. Abs. 3 Nr. 3 richtet sich die Einschränkung gemäß Abs. 2 Nr. 3 nach Art. 20 Abs. 1 lit. b bis h der Richtlinie 77/91/EWG (sog. Kapitalrichtlinie). Die Formulierung des Gesetzes („richtet sich nach“) ist sprachlich insofern missglückt, als sie nicht hinreichend deutlich macht, dass Abs. 3 Nr. 3 eine Ausnahmevorschrift enthält: Die Verweisung zielt nämlich auf einen Katalog von Ausnahmetatbeständen, bei deren Vorliegen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie über den Erwerb eigener Aktien nicht anzuwenden brauchen. Die Verweisung in Abs. 3 Nr. 3 auf diesen Katalog bringt zum Ausdruck, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile keine besonderen Wohlverhaltenspflichten treffen. Die Kapitalrichtlinie ist zwischenzeitlich in der am 30.6.2017 veröffentlichten Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts39 aufgegangen; die einschlägigen Ausnahmetatbestände finden sich in inhaltlich unveränderter Form nunmehr in Art. 61 Abs. 1 lit. b bis h dieser Richtlinie.40 22

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36 van Kann/Redeker/Keiluweit DStR 2013 1483 (1488); s. dazu eingehend K. Schmidt Gesellschaftsrecht, S. 898 sowie S. 907 (für die AG) und S. 1180 f. (für die GmbH). 37 Vgl. Hüffer/Koch AktG, § 229 Rn. 9; Spindler/Stilz/Marsch-Barner AktG, § 229 Rn. 9; MüKoGmbHG/Vetter § 58b Rn. 17. 38 Zutreffend Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 21 f. 39 Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, Abl. L 169, S. 46. 40 Art. 61 Abs. 1 der Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts lautet: Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 60 nicht anzuwenden a) auf Aktien, die in Durchführung einer Entscheidung über eine Kapitalherabsetzung oder im Falle des Artikels 82 erworben werden; b) auf Aktien, die durch eine Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben werden; c) auf voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder die von Banken und anderen Finanzinstituten auf Grund einer Einkaufskommission erworben werden; d) auf Aktien, die auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer gerichtlichen Entscheidung zum Schutz der Minderheitsaktionäre, insbesondere im Falle der Verschmelzung, der Änderung des Gegenstands oder der Rechtsform der Gesellschaft, der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft ins Ausland oder der Einführung von Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien erworben werden; e) auf Aktien, die aus der Hand eines Aktionärs erworben werden, weil er seine Einlage nicht leistet;

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E. Rechtsfolge: „Zerschlagungsverbot“

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II. Die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Einzelnen Abs. 1 Nr. 1 bis 3 untersagt – im weitesten Sinne – jede Mitwirkung der AIF-Kapital- 24 verwaltungsgesellschaft an den von § 292 erfassten Maßnahmen. Sofern die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dazu befugt ist, in den „Versammlungen der Leitungsgremien“ im Namen des AIF abzustimmen, bedeutet dies zunächst, dass jede Stimmabgabe für die Durchführung der erfassten Maßnahmen zu unterbleiben hat (Abs. 1 Nr. 2). Der Begriff der „Versammlungen der Leitungsgremien“ ist in einem untechnischen und weiten Sinne zu verstehen (die englischsprachige Fassung von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIFM-Richtlinie spricht von governing bodies of the company) und erfasst sämtliche Gremien, die über die jeweilige Maßnahme entscheiden und in denen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft vertreten ist. Welche Gremien dies im Einzelfall sind, richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut der Zielgesellschaft. Wären die Wohlverhaltenspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auf ein 25 Stimmverbot beschränkt, würde der durch die Norm bezweckte Bestandsschutz weitgehend leerlaufen. Denn zum einen ist der AIF regelmäßig nicht unmittelbar an der Zielgesellschaft beteiligt, sondern mittelbar über eine Erwerbergesellschaft.41 Zum anderen entstünden Lücken, wenn der AIF in seiner Eigenschaft als Gesellschafter lediglich in der Gesellschafterversammlung der Zielgesellschaft vertreten ist, nicht aber in den Leitungsorganen der Zielgesellschaft, die etwa über den von § 292 erfassten Ankauf eigener Anteile oder die Erteilung der Zustimmung hierzu entscheiden; vielen Rechtsordnungen – darunter dem deutschen Gesellschaftsrecht – ist eine Bestellung von juristischen Personen zu Mitgliedern der Geschäftsleitung anderer juristischer Personen gänzlich fremd.42 In beiden Fällen greift Abs. 1 Nr. 2 nicht ein. Aus diesen Gründen wird das Stimmverbot in Abs. 1 Nr. 1 ergänzt durch ein umfas- 26 sendes Verbot, in sonstiger Weise an den erfassten Maßnahmen mitzuwirken: Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft darf diese weder gestatten noch ermöglichen, unterstützen oder anordnen.43 Daneben wird ihr gem. Abs. 1 Nr. 3 eine Bemühenspflicht auferlegt, die Maßnahmen aktiv zu verhindern. Die Bemühenspflicht ist strukturell den Bemühenspflichten der §§ 289 Abs. 4, 290 Abs. 3 und Abs. 4 S. 2 und 291 Abs. 1 und Abs. 3 vergleichbar. Sie hat zur Folge, dass sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei Abstimmungen über die inkriminierten Maßnahmen nicht enthalten darf, sondern verpflichtet ist, auf ein Veto hinzuwirken.44 Ist der AIF mittelbar über eine Erwerbergesellschaft an der

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auf Aktien, die erworben werden, um Minderheitsaktionäre verbundener Gesellschaften zu entschädigen; g) auf voll eingezahlte Aktien, die bei einer gerichtlichen Versteigerung zum Zwecke der Erfüllung einer Forderung der Gesellschaft gegen den Eigentümer dieser Aktien erworben werden und h) auf voll eingezahlte Aktien, die von einer Investmentgesellschaft mit festem Kapital im Sinne von Artikel 56 Absatz 7 Unterabsatz 2 ausgegeben worden sind und von dieser oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft auf Wunsch der Anleger erworben werden. Artikel 56 Abs. 7 Unterabsatz 3 Buchstabe a findet Anwendung. Dieser Erwerb darf nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz nicht gestattet, unterschreitet. 41 Zutreffend Koch WM 2014 433 (437); Weitnauer AG 2013 672 (676). 42 S. für einen rechtsvergleichenden Überblick Fleischer RIW 2004 16 (17 ff.); s. ferner im Hinblick auf die SE auch Brandes NZG 2004 642 (643). 43 In der englischsprachigen Fassung von Art. 30 Abs. 1 AIFM-Richtlinie bezieht sich das Verbot auf folgende Verhaltensweisen: „to facilitate, support or instruct“. Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda KAGB, § 292 Rn. 12 geht vor diesem Hintergrund von einem „Übersetzungsfehler“ aus. 44 Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 41; Koch WM 2014 433 (437); Weitnauer AG 2013 672 (676).

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§ 292

Zerschlagen von Unternehmen

Zielgesellschaft beteiligt, hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ihren Einfluss innerhalb der Erwerbergesellschaft dahingehend auszuüben, dass die Geschäftsführung der Erwerbergesellschaft nicht für die Durchführung der Maßnahmen stimmt.45 III. Dauer der Wohlverhaltenspflichten 27

Die in Abs. 1 statuierten Verbote gelten für die Dauer von 24 Monaten nach Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft durch den AIF. Die Frist beginnt also mit Erlangung der Kontrolle und damit in dem Zeitpunkt, in dem der AIF den für die Kontrollerlangung jeweils erforderlichen Stimmrechtsanteil (bei nicht börsennotierten Unternehmen: mehr als 50% der Stimmrechte der Zielgesellschaft; bei Emittenten: mindestens 30% der Stimmrechte der Zielgesellschaft, s. oben Rn. 11, 14) erreicht; maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt des vollständigen dinglichen Anteilsübergangs (s. § 289 Rn. 19). Vor Erlangung der Kontrolle bereits beschlossene Maßnahmen bleiben demnach von § 292 unberührt, auch wenn sie nach Erlangung der Kontrolle gegen § 292 verstoßen würden.46 Besteht die Kontrolle nicht mehr, enden auch die Wohlverhaltenspflichten gem. § 292, auch wenn der Zeitraum von 24 Monaten noch nicht abgelaufen ist.47 Die Berechnung der Frist richtet sich nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. F. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Zerschlagungsverbot F. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Zerschlagungsverbot

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Das KAGB sieht keine speziellen Rechtsfolgen für den Fall vor, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die in § 292 statuierten Verbote verstößt. Insbesondere wird ein Verstoß gegen § 292 – anders als Verstöße gegen die diversen Informationspflichten der §§ 289 bis 291 – nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet. Allerdings kann die BaFin im Einzelfall von den Befugnissen Gebrauch machen, die 29 ihr im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Überwachung der Einhaltung der Gebote und Verbote des KAGB und im Rahmen der Missstandsaufsicht gem. § 5 Abs. 6 KAGB zugewiesen sind. Darunter fällt als ultima ratio auch die Aufhebung der Genehmigung zur Verwaltung eines AIF aufgrund nachhaltiger Verstöße gegen die Bestimmungen des KAGB gem. § 39 Abs. 3 Nr. 5.48 Von einer „Nachhaltigkeit“ der Verstöße kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn diese „schwerwiegend“ und „systematisch“ i.S.v. Art. 11 lit. e AIFM-Richtlinie sind. Unter „systematischen“ Verstößen sind fortgesetzte Verstöße zu verstehen;49 ein einmaliger Verstoß gegen eines der in § 292 statuierten Verbote wird für eine Aufhebung der Erlaubnis daher nicht genügen. Bei der Erheblichkeit des Verstoßes handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dem zweifelhaft ist, ob seine Ausfüllung durch die BaFin im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt oder ob der BaFin insofern ein Beurteilungsspielraum zukommt, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.50 Auch wenn man mit der Rechtsprechung und ganz herrschenden Meinung in der Literatur davon ausgeht, dass unbestimmte

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45 Weitnauer AG 2013 672 (676). 46 Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 23. 47 Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 25; Thiermann NZG 2016 335 (336). 48 Weitnauer AG 2013 672 (676); ähnlich Viciano-Gofferje BB 2013 2506 (2510), der aber davon ausgeht, es handele sich um einen Fall fehlender Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft (§ 39 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 23 Nr. 3). 49 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 27. 50 Vgl. zum generellen Problem der gerichtlichen Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe im öffentlichen Recht Eyermann/Rennert VwGO, § 114 Rn. 51; Kopp/Schenke VwGO, § 114 Rn. 23.

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F. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Zerschlagungsverbot

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Rechtsbegriffe grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar sind,51 könnte wegen der hohen Komplexität und der besonderen Dynamik des Investmentrechts ausnahmsweise eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle angezeigt sein. Ob die Rechtsprechung bei Verstößen gegen § 292 davon ausgehen wird, bleibt abzuwarten. Bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen § 292 ist das der BaFin nach dem Wortlaut von § 39 Abs. 3 zustehende Entschließungsermessen auf Null reduziert.52 Eine andere Frage ist, welche zivilrechtlichen Folgen ein Verstoß gegen § 292 hat. 30 Zunächst ist zu betonen, dass § 292 sämtliche (rechtsformspezifischen) Normen des Gesellschaftsrechts unberührt lässt, welche die von § 292 erfassten Maßnahmen in irgendeiner Form regulieren, und diese Bestimmungen weder verschärft noch (als lex specialis) verdrängt. Dies gilt nicht nur auf Tatbestands-, sondern auch auf Rechtsfolgenebene, sodass bei Verstößen gegen die einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen die daran anknüpfenden Rechtsfolgen und Sanktionen völlig unabhängig davon eingreifen, ob zugleich ein Verstoß gegen § 292 gegeben ist oder nicht. Zugleich sind gesellschaftsrechtliche Konsequenzen undenkbar, wenn eine bestimmte Maßnahme gesellschaftsrechtlich zulässig ist und lediglich – auf der Ebene der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft – gegen § 292 verstößt. Es versteht sich daher von selbst, dass Maßnahmen auf der Ebene der Zielgesell- 31 schaft nicht allein deshalb gem. § 134 BGB nichtig sein können, weil an ihnen die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft unter Verstoß gegen § 292 mitgewirkt hat.53 Eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 292 lässt sich auch nicht aus § 241 Nr. 3 AktG (bei der AG) herleiten. Was eine Schadensersatzhaftung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei Verstößen gegen das „Zerschlagungsverbot“ betrifft, ist nach richtiger Ansicht zu differenzieren: § 292 ist (ebenso wenig wie etwa § 30 GmbHG)54 kein Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.55 Dagegen lässt sich die Eigenschaft von § 292 als Schutzgesetz zugunsten der Gesellschaft selbst, deren Bestand durch die Norm geschützt werden soll, grundsätzlich bejahen, sodass ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft nach § 823 Abs. 2 BGB nicht ausgeschlossen ist.56

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51 BVerfG 16.12.1992 NVwZ 1993 666 (670); BVerwG 7.11.1985 BVerwGE 72 195 (197); BVerfG 28.6.1983 BVerfGE 64 261 (279); Kopp/Schenke VwGO, § 114 Rn. 24; Schmidt-Aßmann/Groß NVwZ 1993 617 (622). 52 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Boxberger AIFM, Art. 30 Rn. 27. 53 Zutreffend Weitnauer AG 2013 672 (676 f.). 54 Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG, § 30 Rn. 1; MüKoGmbHG/Ekkenga § 30 Rn. 275. 55 Weitnauer AG 2013 672 (676). 56 Moritz/Klebeck/Jesch/Jesch/Kohl KAGB, § 292 Rn. 67; Weitnauer AG 2013 672 (676); Zetzsche NZG 2012 1164 (1169); a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Swoboda § 292 Rn. 33.

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§ 293

Allgemeine Vorschriften

KAPITEL 4 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen ABSCHNITT 1 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen UNTERABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen https://doi.org/10.1515/9783110492217-080

§ 293 Allgemeine Vorschriften § 293 Allgemeine Vorschriften Zingel/Oppenheim Allgemeine Vorschriften (1) 1Vertrieb ist das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. 2Als Vertrieb gilt nicht, wenn 1. Investmentvermögen nur namentlich benannt werden, 2. nur die Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse oder die Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens genannt oder veröffentlicht werden, 3. Verkaufsunterlagen eines Investmentvermögens mit mindestens einem Teilinvestmentvermögen, dessen Anteile oder Aktien im Geltungsbereich dieses Gesetzes an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummern 31 bis 33 vertrieben werden dürfen, verwendet werden und diese Verkaufsunterlagen auch Informationen über weitere Teilinvestmentvermögen enthalten, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht oder nur an eine oder mehrere andere Anlegergruppen vertrieben werden dürfen, sofern in den Verkaufsunterlagen jeweils drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle darauf hingewiesen wird, dass die Anteile oder Aktien der weiteren Teilinvestmentvermögen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht vertrieben werden dürfen oder, sofern sie an einzelne Anlegergruppen vertrieben werden dürfen, an welche Anlegergruppe im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummern 31 bis 33 sie nicht vertrieben werden dürfen, 4. die Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des Investmentsteuergesetzes genannt oder bekannt gemacht werden, 5. Angaben zu einem Investmentvermögen auf Grund gesetzlich vorgeschriebener Veröffentlichungen oder Informationen erfolgen, insbesondere wenn a) in einen Prospekt für Wertpapiere Mindestangaben nach der Verordnung (EU) 2017/1129 und den Vorgaben in den Kapiteln II bis IV der Delegierten Verordnung (EU) 2019/980 der Kommission vom 14. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Aufmachung, des Inhalts, der Prüfung und der Billigung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission (ABl. L 166 vom 21.6.2019, S. 26) oder Zusatzangaben gemäß § 268 oder § 307 aufgenommen werden, b) in einen Prospekt für Vermögensanlagen Mindestangaben nach § 8g des Verkaufsprospektgesetzes oder Angaben nach § 7 des Vermögensanlagengesetzes aufgenommen werden oder Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-080

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Schrifttum

§ 293

c)

bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung Informationen nach § 7 Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nummer 7 der VVG-Versicherungsvertragsgesetz-Informationspflichtenverordnung zur Verfügung gestellt werden, 6. Verwaltungsgesellschaften nur ihre gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ausschließlich ihre regelmäßigen Informationspflichten gegenüber dem bereits in das betreffende Investmentvermögen investierten Anleger nach diesem Gesetz oder nach dem Recht des Herkunftsstaates erfüllen, 7. ein EU-Master-OGAW ausschließlich Anteile an einen oder mehrere inländische OGAW-Feederfonds ausgibt und darüber hinaus kein Vertrieb im Sinne des Satzes 1 stattfindet. 2Ein Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger ist nur dann gegeben, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. 3Die Bundesanstalt kann Richtlinien aufstellen, nach denen sie für den Regelfall beurteilt, wann ein Vertrieb im Sinne der Sätze 1 und 3 vorliegt. (2) Enthalten die Vorschriften dieses Kapitels Regelungen für Investmentvermögen, gelten diese entsprechend auch für Teilinvestmentvermögen, es sei denn, aus den Vorschriften dieses Kapitels geht etwas anderes hervor. Schrifttum Schrifttum

BaFin Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0293 vom 4. Juli 2013, geändert am 13. Juli 2016 (zit.: BaFin FAQ „Vertrieb“); Bußalb/Vogel Das Gesetz über Vermögensanlagen – neue Regeln für geschlossene Fonds, WM 2012 1416; Bußalb/Unzicker Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Emde/ Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Görke/Ruhl Neuregelung der offenen Immobilienfonds nach dem Regierungsentwurf des Kapitalanlagegesetzbuches: Bestandsaufnahme und erste Bewertung, BKR 2013 142; Hanke Überblick über die Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds nach dem Inkrafttreten des KAGB, BKR 2014 441; Jäger Das Gesetz über Vermögensanlagen und seine Folgen für den Finanzvertrieb, ZVertriebsR 2012 223; Jäger/Maas/Renz Compliance bei geschlossenen Fonds – Ein Überblick, CCZ 2014 63; Jesch Private Equity-Fonds – Strukturierung und Vertrieb unter dem KAGB, RdF 2014 180; Klebeck Neue Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds?, DStR 2009 2154; Krause/Gölz Herausforderungen beim Vertrieb drittausländischer Alternativer Investmentfonds in Deutschland, RdF 2015 15; Kugler/Lochmann Ausgewählte Rechtsfragen zum öffentlichen Vertrieb von Hedgefonds in Deutschland, BKR 2006 41; Lehne Die AIFM-Richtlinie aus Sicht des europäischen Gesetzgebers, DB 2010 81; Leuering Die Neuordnung der gesetzlichen Prospekthaftung, NJW 2012 1905; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFM-Richtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Müchler Die neuen Kurzinformationsblätter – Haftungsrisiken im Rahmen der Anlageberatung, WM 2012 974; Nickel Der Vertrieb von Investmentanteilen nach dem Investmentgesetz, ZBB 2004 197; Oppenheim/Ulmrich Kausalitätsvermutung in Kapitalanlageverfahren, WM 2017 164; Patz Verkaufsprospektpflicht für offene inländische Investmentvermögen – De facto eine gesetzliche Prospektpflicht für offene Spezial-Investmentfonds aufgrund der Vertriebsvorschriften des KAGB, BKR 2014 271; Roegele/ Görke Novelle des Investmentgesetzes, BKR 2007 393; Paul Der Anteilserwerb bei der als Spezial-AIF konzipierten Investmentgesellschaft durch Privatanleger, ZIP 2016 1009; Schubert/Schuhmann Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2015 45; Steck US-amerikanisches Wertpapieraufsichtsrecht und Internet, ZBB 2000 112; Voigt/Busse Die Übergangsvorschriften für geschlossene Fonds nach dem Regierungsentwurf zum AIFM-Umsetzungsgesetz, BKR 2013 184; Volhard/ Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Wollenhaupt/Beck Das neue Kapitalanlagegesetzbuch – Überblick über die Neuregelung des deutschen Investmentrechts nach der Umsetzung der

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Zingel/Oppenheim

§ 293

Allgemeine Vorschriften

AIFM-RL, DB 2013 1950; Wrogemann Spezialfonds im KAGB – Halte- und Erwerbsverbot für Privatanleger?, BKR 2017 501; Zingel/Varadinek Vertrieb von Vermögensanlagen nach dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BKR 2012 177.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Allgemeine Definition des Vertriebs (Abs. 1 Satz 1) I. Regelungssystematik | 2 II. Abgrenzungen | 3 III. Keine Ausnahme für Privatplatzierungen | 9 IV. Anbieten oder Platzieren | 12 Ausnahmen von der Vertriebsdefinition (Abs. 1 Satz 2) I. Einleitung | 19 II. Nur namentliche Benennung (Nr. 1) | 20 III. Nennung der Nettoinventarwerte, Börsenkurse oder Ausgabe-/Rücknahmepreise (Nr. 2) | 21

IV.

D. E. F.

Investmentvermögen mit Teilinvestmentvermögen (Nr. 3) | 25 V. Nennung von Besteuergrundlagen (Nr. 4) | 27 VI. Angaben in einem Prospekt (Nr. 5) | 28 VII. Gesetzliche Veröffentlichungspflichten (Nr. 6) | 29 VIII. Ausgabe von Anteilen an einem Masterfonds an Feederfonds (Nr. 7) | 30 Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger (Abs. 1 Satz 3) | 31 Richtlinien-Ermächtigung für die BaFin (Abs. 1 Satz 4) | 33 Anwendbarkeit auf Teilinvestmentvermögen (Abs. 2) | 34

A. Regulierungshintergrund 1

§ 293 Abs. 1 Satz 1 definiert mit dem Vertrieb das zentrale Tatbestandsmerkmal des vierten Kapitels des Kapitalanlagegesetzbuches. Die Definition basiert nach der Gesetzesbegründung auf dem aufgehobenen § 2 Abs. 11 InvG, passe den Wortlaut allerdings an, um den neuen Begriffsbestimmungen in § 1 und der Vertriebsdefinition in Art. 4 Abs. 1 Buchstabe x AIFM-Richtlinie Rechnung zu tragen.1 Dies klingt nach einer behutsamen Überleitung bekannter Bestimmungen in das Kapitalanlagegesetzbuch. Tatsächlich hat der Gesetzgeber durch die Verabschiedung der §§ 293 ff. mit wesentlichen Elementen der ursprünglichen Vertriebsregulierung von Investmentfonds gebrochen. Vor allem wird in § 293 Abs. 1 Satz 1 die Unterscheidung zwischen einem regulierten öffentlichen Vertrieb und der regulierungsfreien Privatplatzierung aufgegeben. Die neue Vertriebsdefinition ist dabei nicht nur deutlich weiter als die bisherige in § 2 Abs. 11 InvG, sie geht auch über die Definition in Art. 4 Abs. 1 Buchstabe x AIFM-Richtlinie hinaus. B. Allgemeine Definition des Vertriebs (Abs. 1 Satz 1) B. Allgemeine Definition des Vertriebs (Abs. 1 Satz 1) I. Regelungssystematik

2

Das Tatbestandsmerkmal „Vertrieb“ wird in den folgenden Vorschriften unabhängig davon verwandt, ob der Vertrieb eines inländischen OGAW, eines EU-OGAW, eines inländischen AIF, eines EU-AIF oder eines ausländischen AIF reguliert wird. II. Abgrenzungen

3

Vertrieb im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 1 ist das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Die Tatbestandsalternativen „Anbieten“ und „Platzieren“ tragen den unterschiedlichen Gestaltungsmög-

_____ 1

RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 277.

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B. Allgemeine Definition des Vertriebs (Abs. 1 Satz 1)

§ 293

lichkeiten von Investmentvermögen Rechnung. Während der Zugang zu Sondervermögen im Sinne von § 1 Abs. 10 und zu einer Investmentkommanditgesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 11 regelmäßig durch eine Vereinbarung mit dem Anleger erfolgt, werden Aktien einer Investmentaktiengesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 11 am Kapitalmarkt handelbar gemacht.2 Der Vertrieb kann sowohl durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst (direkter Vertrieb) als auch durch Intermediäre wie Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute (indirekter Vertrieb) erfolgen.3 Für die Bejahung eines Vertriebs kommt es nicht auf eine Gewerbsmäßigkeit oder auch nur auf Wiederholungsabsicht an.4 Allerdings muss eine Aktivität produktbezogen sein, um unter den Vertriebsbegriff zu 4 fallen. Kommunikationen, die sich lediglich auf eine Verwaltungsgesellschaft beziehen, wie etwa eine Imagebroschüre, fallen nicht unter den Tatbestand, solange sie keinen Bezug zu einem bestimmten OGAW oder AIF enthalten.5 Dies entspricht der in den Ausnahmebestimmungen von § 293 Abs. 1 Satz 2 zum Ausdruck kommenden Wertung. Wenn dort etwa die ausdrückliche namentliche Nennung eines Investmentvermögens nicht als Vertrieb gilt, weil die Anleger insoweit nicht schutzbedürftig seien, muss dies umso mehr gelten, wenn eine Verwaltungsgesellschaft lediglich auf sich selbst aufmerksam macht.6 Ein Angebot oder eine Platzierung kann denknotwendig nur dann produktbezogen 5 sein, wenn ein Produkt überhaupt existiert. Damit eine Ansprache einen Bezug zu einem existierenden Investmentvermögen aufweisen kann, ist es grundsätzlich notwendig, dass die Anlagebedingungen keine Lücken mehr aufweisen, das Investmentvermögen also angebotsreif ist.7 Solange etwa im Fall eines Spezial-AIF noch mit den Anlageinteressenten über die Angebotsbedingungen verhandelt wird, liegt kein produktbezogenes Angebot vor.8 Allerdings ist zu beachten, dass die BaFin nicht zwingend die Angebotsreife voraus setzt, um einen Bezug zu einem Investmentvermögen zu bejahen. Der Bezug kann auch dadurch hergestellt werden, dass Investmentvermögen bereits „unter einem bestimmten Namen firmieren“.9 Die Definition des Vertriebs in § 293 Abs. 1 Satz 1 ist weiter als jene in Art. 4 Abs. 1 6 Buchstabe x AIFM-Richtlinie, die nur den Vertrieb erfasst, der auf Initiative oder im Auftrag einer Verwaltungsgesellschaft erfolgt. Diese Beschränkung der Definition in der AIFM-Richtlinie wird in § 293 Abs. 1 Satz 3 allein in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger umgesetzt. Dies ist europarechtskonform, da die AIFM-Richtlinie harmonisierte Vorschriften nur für den Vertrieb an professionelle Anleger aufstellt.10 Nach Art. 43 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 AIFM-Richtlinie können die Mitgliedsstaaten den Vertrieb an Kleinanleger (= Privatanleger in der Terminologie des Kapitalanlagegesetzbuches) strengeren Bestimmungen unterwerfen.

_____

2 Siehe auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Rn. 183, zu Unklarheiten bei der Abgrenzung der beiden Tatbestandsalternativen unten Rn. 18 und Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/ Schwack KAGB, § 293 Rn. 22. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 27 f. 4 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 293 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 5. 5 So im Ergebnis bereits zu § 1 Abs. 11 Satz 1 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 160; a.A. Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 2 InvG Rn. 68. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 160. 7 Ziff. 1.1 BaFin-FAQ „Vertrieb“; Wollenhaupt/Beck DB 2013 1950 (1957). 8 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 10 weisen auf Gestaltungen bei Spezialfonds hin, bei denen nach dem vollständigen Aushandeln der Angebotsbedingungen auf jegliche weiteren Vertriebsaktivitäten verzichtet wird, so dass die Vorschriften der §§ 293 ff. KAGB insgesamt nicht einschlägig sind. 9 Ziff. 1.1 a.E. BaFin-FAQ Vertrieb. 10 Volhard/Jang DB 2013 273; Lehne DB 2010 81 (82); Klebeck DStR 2009 2154 (2155).

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§ 293

Allgemeine Vorschriften

7

Durch die weite Definition in § 293 Abs. 1 Satz 1 werden etwa Angebote erfasst, die ein Anlageberater unabhängig von der Initiative oder dem Auftrag einer Verwaltungsgesellschaft abgibt.11 Es kommt auch nicht darauf an, ob der angesprochene Anleger bereits Anteile oder Aktien des angebotenen Investmentvermögens hält.12 Das Wort „Vertrieb“ beinhaltet allerdings eine auf den Absatz gerichtete Aktivität, „rein passives Verhalten“ oder die bloße Umsetzung eines Kundenauftrages erfüllt den Tatbestand nicht.13 Aus der Regelung in § 293 Abs. 1 Satz 3 kann also nicht etwa im Umkehrschluss gefolgert werden, dass von der allgemeinen Vertriebsdefinition in § 293 Abs. 1 Satz 1 auch Fälle erfasst sind, bei denen ein Anleger von sich aus ein Unternehmen anspricht, um Anteile oder Aktien an einem bestimmten Investmentvermögen zu erwerben und das Unternehmen sich auf die Ausführung dieses Auftrages beschränkt.14 Soweit der Vertreibende allerdings die Ansprache durch den Anleger zum Anlass nimmt, „weitere Handlung“ vorzunehmen oder Informationsmaterial zu versenden, liegt eine zum Vertrieb führende aktive Tätigkeit vor.15Damit nicht vergleichbar ist der Fall, dass sich ein Anlageinteressent eigenständig über den AIF anhand frei zugänglicher Unterlagen (z.B. der letzten Geschäftsberichte) auf der Website der Kapitalverwaltungsgesellschaft informiert, sofern dort nicht werbend auf die Möglichkeit der Zeichnung hingewiesen wird. Bei einem Fondssparplan wird zwar in der Regel der ursprüngliche Vertragsschluss auf eine auf den Absatz gerichtete Tätigkeit eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers zurückgehen und damit ein Angebot im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 1 darstellen. Die regelmäßigen Erwerbsvorgänge sind dann aber nur noch Folge des ursprünglichen Angebots und stellen selbst keine Angebote dar.16 Auch stellt es in der Regel keinen Vertrieb dar, wenn ein Privatanleger Anteile oder Ak8 tien (beispielsweise am Zweitmarkt) veräußert.17Die BaFin begründet dies mit dem Regelungszweck der §§ 293 ff., der nicht darauf gerichtet sei, einem Anleger eine Desinvestition unmöglich zu machen.18Dies umfasst dann auch die Tätigkeit eines Anlagevermittlers, der seine Tätigkeit auf die Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsinteressenten beschränkt. Erst wenn dieser über die bloße Vermittlungstätigkeit hinaus absatzfördernd wirkt, liegt ein Anbieten im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 1 vor. Die BaFin nennt hierfür den Fall, dass der Vermittler Anteile oder Aktien zunächst auf die eigenen Bücher nimmt und verweist auf die Umgehungsmöglichkeiten, die ein anderes Verständnis bieten würde.19 III. Keine Ausnahme für Privatplatzierungen 9

Die Definition des Vertriebs in § 293 Abs. 1 ist weiter als jene im aufgehobenen § 2 Abs. 11 InvG, auf der sie nach der Regierungsbegründung beruht.20 In § 2 Abs. 11 Satz 1 InvG war der Anwendungsbereich auf das öffentliche Anbieten oder Werben oder ähnliche Vertriebsweisen beschränkt. Nicht öffentlich im Sinne der Vorschrift war die sogenannte Privatplatzierung, bei der ein eingeschränkter Personenkreis angesprochen wird.21 Vorschrif-

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11 Vgl. Ziff. 1.1. BaFin-FAQ Vertrieb. 12 Ziff. 1.4 BaFin-FAQ Vertrieb. 13 Ziff. 1.1 BaFin-FAQ Vertrieb; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 5, 25. 14 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 25; offen gelassen von Dornseifer/Jesch/ Klebeck/Tollmann/Tollmann Art. 4 Rn. 191. 15 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 25. 16 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 26. 17 Vgl. hierzu Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 293 Rn. 24 ff. 18 Ziff. 1.3 BaFin-FAQ Vertrieb; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 15. 19 Ziff. 1.3 BaFin-FAQ Vertrieb. 20 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 277. 21 Siehe zu dieser Abgrenzung etwa Kugler/Lochmann BKR 2006 41.

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B. Allgemeine Definition des Vertriebs (Abs. 1 Satz 1)

§ 293

ten, die auf den öffentlichen Vertrieb abstellten, galten daher für Privatplatzierungen nicht. Dies betraf den gesamten Vertrieb von EU-Investmentanteilen und von ausländischen Investmentanteilen. § 130 Abs. 1 InvG legte für EU-Investmentanteile fest, dass die Vertriebsvorschriften des Investmentgesetzes (nur) für den öffentlichen Vertrieb der Anteile gelten. § 135 Abs. 1 InvG regelte dies genauso für ausländische Investmentanteile. Auch der Vertrieb von geschlossenen Fonds (= geschlossene AIF im Sinne von § 1 10 Abs. 3 und 5) war bis zum Inkrafttreten des AIFM-Umsetzungsgesetzes im Rahmen einer Privatplatzierung und damit ohne die Einhaltung spezifischer aufsichtsrechtlicher Anforderungen möglich. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VermAnlG a.F. waren geschlossene Fonds Vermögensanlagen, die nach § 1 Abs. 1 VermAnlG a.F. nur im Fall des öffentlichen Anbietens unter die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vertrieb fielen. Mit der Vertriebsdefinition in § 293 Abs. 1 Satz 1 hat der Gesetzgeber sich entschie- 11 den – insoweit vollständig im Einklang mit den Zielen der AIFM-Richtlinie –,22 den regulierungsfreien Bereich der Privatplatzierung aufzugeben. Auch eine Privatplatzierung unterfällt sämtlichen Vorgaben der §§ 293 ff.23 Lediglich für eine Übergangszeit waren Privatplatzierungen noch genehmigungsfrei möglich (siehe §§ 345 Abs. 6 bis 9, 351 Abs. 5, 353 Abs. 6 Satz 2).24 Nunmehr gilt ohne Ausnahme, dass durch eine Privatplatzierung die Anwendung der Vertriebsvorschriften nicht ausgeschlossen wird. Dies galt unter der alten Rechtslage zwar schon für den Vertrieb von inländischen Investmentanteilen. Dort stellte das Investmentgesetz – mit Ausnahme der Regelung über den Vertrieb von Hedgefonds25 – nicht auf den öffentlichen Vertrieb ab (vgl. § 121 InvG).26 Allerdings regelte das Investmentgesetz den Vertrieb von inländischen Investmentanteilen nur sehr eingeschränkt, im Wesentlichen unterlag deren Vertrieb aufsichtsrechtlich allein den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung. Nunmehr gelten zusätzlich die Vertriebsvorschriften der §§ 297 ff. IV. Anbieten oder Platzieren Angesichts des Verzichts auf das Kriterium „öffentlich“ ist die Bestimmung des Tat- 12 bestandmerkmals „Anbieten“ in § 293 Abs. 1 Satz 1 entscheidend, um die von den Vertriebsvorschriften erfassten Sachverhalte zu bestimmen. Der Begriff ist weit zu verstehen. Unter Anbieten ist entsprechend der Auslegung von § 2 Abs. 11 InvG jede Tätigkeit zu fassen, die Anlegern die Möglichkeit zum Erwerb von Anteilen oder Aktien bietet oder sie auf eine solche Möglichkeit aufmerksam macht.27 Ein Angebot im zivilrechtlichen Angebot ist nicht notwendig, ausreichend ist eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum).28 Zweifeln lässt sich, ob ein Angebot voraussetzt, dass mit der Ansprache eine konkrete 13 Erwerbsmöglichkeit verbunden ist. Bejaht man dies, so wären bloße Werbemaßnahmen

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22 Siehe hierzu Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM Art. 4 Rn. 179. 23 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97); Görke/Ruhl BKR 2013 142 (148); Wollenhaupt/Beck DB 2013 1950 (1957); Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 3; Patzner/Döser/Kempf § 293 KAGB Rn. 2. 24 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97). 25 Der öffentliche Vertrieb von Hedgefonds (Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 InvG) war gemäß § 101 InvG verboten. Hedgefonds konnten also ausschließlich in Form einer Privatplatzierung vertrieben werden. 26 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 152. 27 Zur Auslegung des Begriffs „Anbieten“ im Investmentgesetz siehe etwa Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 157. 28 So bereits die allgemeine Ansicht bei der Auslegung des Begriffs im Auslandinvestmentgesetz und im Investmentgesetz Brinkhaus/Scherer/Pfüller/Schmitt § 1 AuslInvestmG und Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 157.

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§ 293

Allgemeine Vorschriften

nicht vom Tatbestand umfasst. Für ein engeres Verständnis spricht auf den ersten Blick, dass in den Gesetzesentwürfen eine umfassendere Definition des Vertriebes vorgesehen war, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben wurde. Nach dem Regierungsentwurf sollte der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem Investmentvermögen nicht nur vorliegen, wenn sie angeboten oder platziert werden, sondern auch, wenn für sie geworben wird. Das zusätzliche Tatbestandsmerkmal „Werbung“ fehlt in der verabschiedeten Fassung von § 293 Abs. 1 Satz 1, die Formulierung ist insoweit an Art. 4 Abs. 1 Buchstabe x AIFM-Richtlinie angepasst worden. Unter den Begriff „Werbung“ im Sinne des aufgehobenen § 2 Abs. 11 InvG wurden in der Vergangenheit gerade Fälle erfasst, bei denen mit der Ansprache von Anlegern keine konkrete Erwerbsmöglichkeit verbunden war.29 Nach der alten Rechtslage kam es auf eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Wer14 bung auf der einen Seite und einem Angebot auf der anderen Seite allerdings gar nicht an, da es für die Annahme eines Vertriebs reichte, wenn eine der beiden Tatbestandsalternativen erfüllt war.30 Zumindest teilweise wurden Werbemaßnahmen im Rahmen von § 2 Abs. 11 InvG jedenfalls auch als Angebote angesehen.31 Nach der alten Rechtslage wurde der Begriff des „Angebots“ also nicht durchgehend eng ausgelegt. Von einem weiten Verständnis ging denn auch der Gesetzgeber bei der Schaffung von § 293 aus, er sah das zusätzliche Tatbestandsmerkmal „Werbung“ als „im Wesentlichen redundant“ an und hat es aus diesem Grund gestrichen.32 Die Gesetzgebungsgeschichte spricht daher trotz der Streichung des Tatbestandsmerkmals „Werbung“ für die weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Angebot“ in § 293 Abs. 1 Satz 1. 15 Für ein weites Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Angebot“ sprechen auch die Ausnahmebestimmungen in § 293 Abs. 1 Satz 2. So bedürfte es der Ausnahme in § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, wonach die bloße Nennung des Namens eines Investmentvermögens keinen Vertrieb darstellt, gar nicht, wenn ein Angebot ohnehin nur vorliegt, wenn mit der Ansprache eine konkrete Erwerbsmöglichkeit verbunden ist. Mit der Nennung des Namens eines Investmentvermögens, ohne jeden Bezug zu weiterführenden Informationen, ist eine solche in keinem Fall verbunden. Gleiches gilt für die Nennung von Besteuerungsgrundlagen, die nach § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 von der Vertriebsdefinition ausgenommen sind, für die Ausnahme für Prospektangaben (§ 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5) und für gesetzliche Veröffentlichungspflichten (§ 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6). Hinzu kommt, dass auch der Begriff „Vertrieb“ in Art. 4 Abs. 1 Buchstabe x AiFM-Richtlinie weit auszulegen ist. Hierfür spricht bereits der umfassende Regulierungsansatz der Richtlinie.33 Deutlich wird das weite Verständnis zudem auch in Art. 1 Abs. 5 Buchstabe b AIFM-Verordnung,34 wonach es ein Kriterium für die Bestimmung des Referenzmitgliedsstaats für die Aufsicht über einen ausländischen AIF ist, wo Werbemaßnahmen stattfinden.35 16 Ein Angebot im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 2 kann demnach vorliegen bei Verkaufsund Beratungsgesprächen, Kundenanschreiben, Postwurfsendungen, Zeitungsanzeigen,

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29 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 159; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Schmies § 124 Rn. 16 ff.; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 4. 30 Siehe Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann § 2 InvG Rn. 290 („Die Begriffe gehen zum Teil ineinander über“); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 161 („Auf eine trennscharfe Unterscheidung zwischen den Begriffen kommt es in der Praxis letztendlich nicht an“). 31 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 157. 32 Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks. 17/13395 S. 408. 33 Loff/Klebeck BKR 2012 353 (354). 34 Commission Implementing Regulation (EU) 448/2013 of 15 May 2013 establishing a procedure for determining the Member State of reference of a non-EU AIFM pursuant to Directive 2011/61/EU of the European Parliament and of the Council. 35 Siehe auch bereits Loff/Klebeck BKR 2012 353 (354).

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C. Ausnahmen von der Vertriebsdefinition (Abs. 1 Satz 2)

§ 293

Werbebannern, Darstellungen auf einer Internetseite oder in sozialen Netzwerken.36 Da bereits das indirekte Anbieten den Tatbestand erfüllt, sind auch Fälle erfasst, bei denen Dritten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die diese zur Kundenansprache nutzen. Sofern eine Verwaltungsgesellschaft Vertriebspartnern vor der eigentlichen Aufnahme des Vertriebes Produktinformationen zur Verfügung stellt, muss sie daher Vorkehrungen treffen, um eine Weitergabe an potentielle Anleger zu verhindern. Andernfalls kann sie ungewollt vorzeitig den Tatbestand von § 293 Abs. 1 Satz 1 erfüllen. Das Angebot im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 1 muss nicht aus dem Inland erfolgen. Aus- 17 reichend ist, dass (auch) inländische Anleger angesprochen werden. Auf die Sprache, in der die Ansprache erfolgt, kommt es nicht an.37 Ein Vertrieb im Internet kann regelmäßig auch inländische Anleger ansprechen und zwar selbst dann, wenn die Internetseite des Anbieters fremdsprachig ist und die Abrechnung in einer ausländischen Währung erfolgt.38 Anders ist dies zur beurteilen, wenn die Ansprache mit einem eindeutigen Sperrhinweis versehen wird39 und der Anbieter Kaufangebote von Anlegern, die erkennbar aus Deutschland kommen, auch tatsächlich nicht annimmt. Anhaltspunkte dafür, wann die BaFin bei Angeboten im Internet einen Vertrieb im Inland annimmt, lassen sich nach wie vor aus einer Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BaKred) gewinnen.40 Das Tatbestandsmerkmal Platzieren entspricht der Formulierung in Art. 4 Abs. 1 18 Abs. 1 Buchstabe x AIFM-Richtlinie. Platzieren meint nach der Auslegung der BaFin von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c KWG (Platzierungsgeschäft): „Die Unterbringung (den Verkauf) von Finanzinstrumenten im Kapitalmarkt oder an einen begrenzten Kreis von Personen oder (institutionellen) Investoren im Rahmen einer Emission.“41 Allerdings lehnt die BaFin selbst einen Rückgriff auf diese Definition ab, der Begriff im KAGB entspreche nicht jenem im KWG.42 Von einer Platzierung wird in Abgrenzung zur Tatbestandsalternative des Anbietens teilweise dann ausgegangen, wenn Aktien oder Anteile am Erstmarkt erworben werden.43 Auch eine Abgrenzung danach, ob der Anlegerkreis unbestimmt oder bestimmt ist, wird erwogen.44 Ein Vermögensverwalter platziert nach Auffassung der BaFin Anteile oder Aktien, wenn er sie für einen Kunden erwirbt.45 C. Ausnahmen von der Vertriebsdefinition (Abs. 1 Satz 2) C. Ausnahmen von der Vertriebsdefinition (Abs. 1 Satz 2) I. Einleitung In § 293 Abs. 1 Satz 2 werden Ausnahmen von der Vertriebsdefinition festgelegt. Die 19 Ausnahmen orientieren sich an jenen im aufgehobenen § 2 Abs. 11 Satz 2 InvG. Sie gelten

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36 Vgl. bereits Brinkhaus/Scherer/Pfüller/Schmitt § 1 AuslInvestmentG Rn. 7; Moritz/Klebeck/Jesch/ Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 20. 37 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 2 InvG Rn. 71. 38 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Rn. 186. 39 Hierzu eingehend Steck ZBB 2000 115 ff. 40 Richtlinie „Öffentlicher Vertrieb ausländischer Investmentanteile über das Internet“ vom 2. Juni 1998“, verfügbar etwa über www.beck-online.de. Siehe hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Verführt/Emde InvG, § 1 Rn. 32. 41 BaFin-Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts“, Stand Juli 2013, Ziffer 1. 42 Ziff. 1.7 BaFin FAQ Vertrieb. 43 Patzner/Döser/Patzner/Schneider-Deters § 293 KAGB Rn. 4; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 293 Rn. 9. 44 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 293 Rn. 22 unter Verweis auf Höring § 10 Rn. 7. 45 Ziff. 1.7 BaFin-FAQ Vertrieb, siehe aber Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 293 Rn. 9, wo zu Recht darauf hingewiesen wird, dass regelmäßig die relevanten Sachverhalte unter beide gesetzliche Tatbestände fallen.

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§ 293

Allgemeine Vorschriften

gemäß § 293 Abs. 1 Satz 2 a. E. nur, wenn darüber hinaus kein Vertrieb im Sinne von § 293 Abs. 1 Satz 1 stattfindet. II. Nur namentliche Benennung (Nr. 1) 20

Als Vertrieb gilt gemäß § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nicht, wenn ein Investmentvermögen nur namentlich benannt wird. Dies entspricht der alten Regelung in § 2 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 InvG. Zwar kann auch die bloße Nennung des Namens eines Investmentvermögens die Aufmerksamkeit von Anlegern wecken. Allerdings sah der Gesetzgeber des Investmentgesetzes darin noch keine Gefahren für Erwerbinteressenten, die spezifische Schutzvorschriften erfordern würden.46 Die Ausnahmevorschrift erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut („nur namentlich benannt“) lediglich Sachverhalte, in denen neben der Namensnennung überhaupt keine weiteren Angaben über das Investmentvermögen gemacht werden. III. Nennung der Nettoinventarwerte, Börsenkurse oder Ausgabe-/ Rücknahmepreise (Nr. 2)

Kein Vertrieb von Investmentanteilen ist nach Nr. 2 die bloße Nennung von Nettoinventarwerten oder der Ausgabe- und Rücknahmepreise oder der Kurse, die an einem organisierten Markt i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 29 ermittelt wurden. Die Regelung lehnt sich an § 2 Abs. 11 Satz 2 Nr. 3 InvG an. Hinter ihr steht die gleiche Überlegung wie hinter der Ausnahme in Nr. 1. Diese Angaben wecken das Interesse des Anlegers noch nicht in einer Art und Weise, die spezifische Schutzvorschriften erfordern würden.47 Auch hier gilt, dass neben der Nennung der Nettoinventarwerte, Börsenkurse oder Ausgabe-/Rücknahmepreise keine weiteren Angaben gemacht werden dürfen. Der Nettoinventarwert wird bei einem inländischen OGAW gemäß § 212 von der Ver22 wahrstelle oder von der Verwaltungsgesellschaft ermittelt. Er ergibt sich nach § 168 Abs. 1 Satz 1 aus der Teilung des Wertes des offenen Publikumsvermögens durch die Zahl der in Verkehr gelangten Anteile oder Aktien. Bei einem geschlossenen inländischen PublikumsAIF bestimmt § 271 i.V.m. § 168 das Verfahren zur Bewertung. Der Nettoinventarwert ist nach § 272 Abs. 2 gemäß den Regeln in Art. 67 bis 73 der AIFM-Verordnung zu bestimmen.48 Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines inländischen 23 OGAW bestimmen sich gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 nach dem Nettoinventarwert zuzüglich eines in den Anlagebedingungen festzusetzenden Aufschlags gemäß § 165 Abs. 2 Nr. 8.49 Ein organisierter Markt im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches ist gemäß § 1 24 Abs. 19 Nr. 29 ein Markt, der anerkannt und für das Publikum offen ist und dessen Funktionsweise ordnungsgemäß ist. Von § 1 Abs. 19 Nr. 29 werden auch rein privatrechtlich organisierte Fondsbörsen für AIF erfasst. Dies entspricht dem Ziel des Gesetzgebers, die Besonderheiten beim Handel mit geschlossenen Fonds zu erfassen.50 Anerkannt, für das Publikum offen und mit ordnungsgemäßer Funktionsweise ist ein Markt jedenfalls dann, wenn er als multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem im Sinne von § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 8, Nr. 9 WpHG zugelassen ist. 21

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46 BTDrucks. 16/5576 S. 56 f. Siehe hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde § 2 InvG Rn. 171. 47 BTDrucks. 16/5576 S. 57. 48 Siehe hierzu § 272. 49 Siehe hierzu § 165. 50 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 277.

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C. Ausnahmen von der Vertriebsdefinition (Abs. 1 Satz 2)

§ 293

IV. Investmentvermögen mit Teilinvestmentvermögen (Nr. 3) Die Ausnahme in § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bezieht sich auf die in § 96 geregelten 25 Fonds in einer Umbrella-Konstruktion. Nach der Definition in § 96 Abs. 2 Satz 1 handelt es sich dabei um mehrere Sondervermögen im Sinne von § 1 Abs. 10, die sich hinsichtlich der Anlagepolitik oder eines anderen Ausstattungsmerkmals unterscheiden (= Teilsondervermögen) und die zu einem Sondervermögen zusammengefasst werden. Vermögensund haftungsrechtlich sind die Teilsondervermögen voneinander getrennt (§ 96 Abs. 1 Satz 1). Im Rahmen der Ausnahmeregelung in Nr. 3 gilt dieses Verständnis nicht nur für inländische, sondern auch für EU-OGAW in einer Umbrella-Konstruktion. Durch die Ausnahme wird verhindert, dass der Vertrieb einzelner Teilfonds im In- 26 land gleichzeitig als Vertrieb aller anderen Teilfonds anzusehen ist, selbst wenn einheitliche Verkaufsunterlagen für alle Teilfonds eingesetzt werden. Ohne die Ausnahme müssten die Anlegerschutzvorschriften der §§ 293 ff. auch für Teilfonds eingehalten werden, die Anleger gar nicht erwerben können. Ein solcher Schutz wäre sinnlos. Dies hatte der europäische Ausschuss der Wertpapieraufsichtsbehörden CESR bereits 2006 klargestellt.51 Mit dem Investmentänderungsgesetz wurde dieses Verständnis in nationales Recht überführt. In § 131 Abs. 3 InvG wurde für richtlinienkonforme Umbrella-Fonds und in § 137 Abs. 1 Nr. 5 InvG für sonstige ausländische Umbrella-Fonds festgelegt, dass nicht vertriebene Teilfonds von der Anzeigepflicht ausgenommen sind.52 Eine entsprechende Regelung findet sich nunmehr in § 309 Abs. 3 Satz 2.53 Voraussetzung für den Wegfall der Anzeigepflicht ist danach, dass in den Unterlagen für den oder die vertriebenen Teilfonds drucktechnisch hervorgehoben an zentraler Stelle darauf hingewiesen wird, dass für das weitere oder die weiteren Teilinvestmentvermögen keine Anzeige erstattet wurde und die Anteile oder Aktien in Deutschland nicht vertrieben werden dürfen. Die Ausnahme in § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 stellt klar, dass damit auch kein Vertrieb der Teilfonds vorliegt.54 V. Nennung von Besteuerungsgrundlagen (Nr. 4) Die Nennung und Bekanntmachung von Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des In- 27 vestmentsteuergesetzes ist gemäß § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 kein Vertrieb. Dies dient der Vermeidung von Wertungswidersprüchen. § 5 Investmentsteuergesetz schreibt die Veröffentlichung der Besteuerungsgrundlagen vor.55 Der Gesetzgeber wollte die bloße Erfüllung von gesetzlichen Vorgaben nicht mit weiteren gesetzlichen Pflichten belegen. VI. Angaben aufgrund gesetzlicher Informationspflichten (Nr. 5) Nach § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 liegt kein Vertrieb vor, wenn Angaben zu einem In- 28 vestmentvermögen gemacht werden, weil sie gesetzlich vorgeschrieben sind. Als Beispiele nennt die Regelung, die ihren Wortlaut durch das OGAW-V-UmsG erhalten hat, wenn in einem Prospekt die Mindestangaben nach der EU-Prospektverordnung (2017/ 1129) oder der konkretisierenden Delegierten Verordnung (2019/980), die Zusatzangaben

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51 Committee of European Securities Regulators (CESR), Guidelines to simplify the notice procedure, CESR/06-120b (www.esma.europa.eu). 52 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 173. 53 Siehe hierzu § 309. 54 Siehe auch bereits Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 173. 55 BTDrucks. 16/5576 S. 57; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verführt/Emde InvG, § 2 Rn. 174.

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§ 293

Allgemeine Vorschriften

nach § 268 oder § 307 oder die Mindestangaben nach § 8g VerkProspG oder § 7 VermAnlG aufgenommen werden. Zudem wird ausdrücklich eine Information bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 VVG, § 2 Abs. 1 Nr. 7 VVG-InfoV ausgenommen. Mit diesen Ausnahmen wird ein Wertungswiderspruch vermieden, der entstehen würde, wenn die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen neue gesetzliche Verpflichtungen nach sich zöge. VII. Gesetzliche Veröffentlichungspflichten (Nr. 6) 29

Nach § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ist es kein Vertrieb, wenn eine Verwaltungsgesellschaft ihre gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ihre regelmäßigen Informationspflichten gegenüber den bereits investierten Anlegern erfüllt. Hiervon erfasst sind die Offenlegung des Jahresberichts (§ 160), der Jahresabschluss und Lagebericht (§ 123 Abs. 1) oder die Erfüllung der Informationspflichten nach §§ 289, 299, 300. VIII. Ausgabe von Anteilen an einem Masterfonds an Feederfonds (Nr. 7)

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Bis auf die sprachliche Anpassung („EU-Master-OGAW“ statt „ausländischer Masterfonds“) an die Systematik des Kapitalanlagegesetzbuches entspricht die Ausnahmebestimmung in § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 dem aufgehobenen § 2 Abs. 11 Satz 2 Nr. 8 InvG. Die Regelung setzt Art. 58 Abs. 4 Buchstabe b OGAW-Richtlinie um. Der Begriff „Masterfonds“ ist in § 1 Abs. 19 Nr. 12, der Begriff „Feederfonds“ in § 1 Abs. 19 Nr. 11 definiert. Die Ausnahme greift – entsprechend der Regelung in Art. 58 Abs. 4 Buchstabe b OGAWRichtlinie („nicht an das Publikum“) – nur, wenn die Erwerber der Anteile ausschließlich Feederfonds sind. D. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger (Abs. 1 Satz 3) D. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger (Abs. 1 Satz 3)

Unter dem Regime des Investmentgesetzes war die Ansprache von bestimmten institutionellen Anlegern von sämtlichen Vorschriften ausgenommen, die auf einen öffentlichen Vertrieb abstellten. Dies betraf gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InvG die Ansprache von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, privaten und öffentlichrechtlichen Versicherungsunter-nehmen, Kapitalanlagegesellschaften, Investmentaktiengesellschaften und deren Verwaltungsgesellschaften, Pensionsfonds und deren Verwaltungsgesellschaften. Eine solche allgemeine Ausnahme für den Vertrieb an institutionelle Anleger sieht die AIFM-Richtlinie nicht vor. Sie soll gerade auch den Vertrieb von AIF an institutionelle Anleger wie Hedgefonds regeln.56 Der Gesetzgeber der Richtlinie hat allerdings eine bewusste Entscheidung gefällt, 32 den sog. passiven Vertrieb von der Regulierung auszunehmen. Dies war eine der wesentlichen Abweichungen vom ursprünglichen Vorschlag der Kommission.57 Der deutsche Gesetzgeber hat die Einschränkung in § 293 Abs. 1 Satz 3 nahezu wortgetreu umgesetzt und festgelegt, dass ein Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger nur gegeben ist, wenn dieser auf Initiative oder im Auftrag der Verwaltungsgesellschaft erfolgt. Eine Verwaltungsgesellschaft bietet Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen jedenfalls dann nicht an, wenn sie nur auf konkrete Anfragen von semi31

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Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Rn. 179. Siehe hierzu Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Rn. 180.

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Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften

§ 294

professionellen oder professionellen Anlegers reagiert.58 Dies gilt auch dann, wenn sie zuvor gegenüber diesen Anlegern die Auflegung eines entsprechenden Investmentvermögens in Aussicht gestellt hat. Allerdings greift die Ausnahme in diesem Fall nur solange, wie die Verwaltungsgesellschaften nach der Angebotsreife der Anteile oder Aktien auf Nachfragen bei den potentiellen Investoren verzichtet. Ein Dritter ohne Bezug zur Verwaltungsgesellschaft kann hingegen auch ohne diese Einschränkung Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen an semiprofessionelle und professionelle Anleger vertreiben, ohne die Anforderungen der §§ 293 ff. einhalten zu müssen. E. Richtlinien-Ermächtigung für die BaFin (Abs. 1 Satz 4) Die BaFin ist durch § 293 Abs. 1 Satz 4 ermächtigt, Richtlinien aufzustellen, in denen 33 sie festlegt, wann ein Vertrieb im Sinne der allgemeinen Vertriebsdefinition und gemäß den speziellen Vorgaben für semiprofessionelle und professionelle Anleger vorliegt. Die BaFin hat bisher auf eine solche Richtlinie verzichtet. Sie hat sich aber mit einem Schreiben über „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ zu ihrer Auslegung des Vertriebsbegriffs in § 293 geäußert. Dieses Schreiben hat sie zuletzt am 16. März 2018 aktualisiert. F. Anwendbarkeit auf Teilinvestmentvermögen (Abs. 2) § 293 Abs. 2 stellt klar, dass die Vertriebsvorschriften auch für Teilinvestmentvermö- 34 gen gelten, soweit in einzelnen Vorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes festgestellt wird. Dies war bereits ohne ausdrückliche Regelung im Rahmen des Investmentgesetzes allgemeines Verständnis.59 Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften https://doi.org/10.1515/9783110492217-081

§ 294 Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften § 294 Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften Zingel/Oppenheim

(1) 1Auf den Vertrieb und den Erwerb von Anteilen oder Aktien an inländischen OGAW oder an zum Vertrieb berechtigten EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Unterabschnitts 2 dieses Abschnitts, soweit sie auf Anteile oder Aktien an inländischen OGAW oder EU-OGAW Anwendung finden, anzuwenden. 2Zudem sind auf EU-OGAW die Vorschriften des Abschnitts 2 Unterabschnitt 1 und auf inländische OGAW die Vorschriften des Abschnitts 2 Unterabschnitt 2 anzuwenden. 3Der Vertrieb von EU-OGAW im Inland ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 310 gegeben sind. (2) Die Bundesanstalt veröffentlicht auf ihrer Internetseite gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2010/44/EU die Anforderungen, die beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu beachten sind.

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Siehe zur Subsumtion unter die allgemeine Angebotsdefinition Rn. 7. Vgl. etwa Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Schott InvG, § 34 Rn. 28.

581 https://doi.org/10.1515/9783110492217-081

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§ 294

Auf den Vertrieb und den Erwerb von OGAW anwendbare Vorschriften

A. Regulierungshintergrund Die Formulierung in § 294 Abs. 1 Satz 1 über die anwendbaren Vorschriften für den Vertrieb von OGAW ist an den Wortlaut des aufgehobenen § 130 InvG angelehnt, wurde aber an die Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst. Zudem galt § 130 InvG nur für EU-OGAW, während § 294 auch inländische OGAW erfasst. Diese Erweiterung dient dem Gleichlauf mit den Vorschriften für AIF. Demselben Zweck dienen die aufgenommenen Regelungen über den Erwerb von Anteilen und Aktien, über die Berechtigung zum Vertrieb eines EU-OGAW und zur Zulässigkeit des Vertriebs von EU-OGAW.1 Die Regelung steht nicht in Widerspruch zu Art. 97 Abs. 3 S. 1 OGAW IV-Richtlinie, 2 der das Prinzip der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedsstaat festlegt. Ein Aufnahmemitgliedsstaat kann nach Erwägungsgrund 64 OGAW IV-Richtlinie Vermarktungsund Vertriebsaktivitäten sowie Werbung innerstaatlichem Recht unterwerfen, solange EU-OGAW dabei nicht diskriminiert werden.2 B. Lotsenfunktion 1

B. Lotsenfunktion 3

§ 294 Abs. 1 übernimmt – so wie § 295 für AIF – eine „Lotsenfunktion“ für die auf OGAW anwendbaren Vorschriften der Vertriebsregulierung.3 Danach regeln folgende Vorschriften den Vertrieb von inländischen OGAW und EU-OGAW: Abschnitt 1 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen



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Unterabschnitt 2 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf Privatanleger und für den Vertrieb und den Erwerb von OGAW § 297 Abs. 1 = Zurverfügungstellung von wesentlichen Anlegerinformationen, Verkaufsprospekt und Jahres-/Halbjahresbericht, Abs. 3 = dem Verkaufsprospekt beizufügende Unterlagen, Abs. 4 = Form der Informationen, Abs. 5 = Informationen für Anleger eines Feederfonds, Abs. 7 = Ausnahmen für einen Erwerb im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung und Sonderregelungen für den Erwerb im Rahmen eines Investmentsparplans, Abs. 8 = Kaufabrechnung mit Hinweis auf Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag und Widerrufsrecht nach § 305, Abs. 9 = Informationen über Anlagegrenzen des Risikomanagements, Risikomanage-mentmethoden und jüngste Entwicklungen bei Risiken und Renditen, § 298 = Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW § 301 = Veröffentlichung der wesentlichen Anlegerinformationen § 302 Abs. 1 bis 5 und 7 = Anforderungen an Werbung und Untersagung von Werbung durch die BaFin § 303 = Maßgebliche Sprachfassung § 304 = Zulässigkeit von Kostenvorausbelastungen § 305 Abs. 1 bis 6 = Widerrufsrecht § 306 = Prospekthaftung und Haftung für wesentliche Anlegerinformationen Abschnitt 2 – Vertriebsanzeige und Vertriebsuntersagung für OGAW

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Unterabschnitt 1 – Anzeigeverfahren beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland § 309 = Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW § 310 = Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW § 311 = Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW

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1 RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 278. 2 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 130 Rn. 1; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 294 Rn. 2. 3 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97); Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 294 Rn. 3; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 294 Rn. 7.

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Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften

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§ 295

Unterabschnitt 2 – Anzeigeverfahren für den Vertrieb von inländischen OGAW in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftraum § 312 = Anzeige zum Vertrieb von inländischen OGAW in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWRVertragsstaat § 313 = Veröffentlichungspflichten beim Vertrieb in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder EWRVertragsstaat

§ 294 Abs. 1 ist nicht so zu verstehen, dass die Regelung die Anwendbarkeit aller 4 nicht genannten Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs für EU-OGAW ausschließen soll. Vielmehr gelten auch für diese die Straf-, Bußgeld- und Übergangsregeln des Kapitels 7. Zudem kann die BaFin auch gegenüber EU-OGAW von ihrer Befugnis nach § 50 Abs. 6 Satz 1 Gebrauch machen.4 § 294 Abs. 1 Satz 3 bestimmt, dass der Vertrieb von EUOGAW im Inland nur zulässig ist, wenn das Anzeigeverfahren nach § 310 erfolgreich durchlaufen wurde. C. BaFin-Veröffentlichung § 294 Abs. 2 setzt Art. 30 OGAW-DRL um, wonach die Aufsichtsbehörden der Mit- 5 gliedsstaaten verpflichtet sein sollen, auf ihrer Internetseite die Anforderungen zu veröffentlichen, die beim Vertrieb von EU-OGAW in ihrem Hoheitsgebiet zu beachten sind. Diese Information dient nach Erwägungsgrund 65 OGAW IV-Richtlinie der Verbesserung der Rechtssicherheit. Ein OGAW, der seine Anteile grenzüberschreitend vertreiben will, soll einen einfachen Zugang zu den hierbei zu beachtenden Anforderungen in einer Sprache haben, die an den internationalen Finanzmärkten gebräuchlich ist. Die BaFin hat mit dem Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches am 22. Juli 2013 ein „Merkblatt zum Vertrieb von EU-OGAW in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 310 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“ auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Das Merkblatt gibt es in einer deutschen und in einer englischen Fassung. Im Merkblatt wird erläutert, welche einzelnen Angaben im Anzeigeverfahren notwendig sind und welche Anforderungen der OGAW beim Vertrieb erfüllen muss. In der Anlage5 zum Merkblatt findet sich eine nicht abschließende Auflistung der beim Vertrieb von EU-OGAW geltenden Vorschrift. https://doi.org/10.1515/9783110492217-082

§ 295 Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften § 295 Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften Zingel/Oppenheim Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften

(1) 1Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an inländischen Publikums-AIF an Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 316 erfüllt sind. 2 Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der §§ 317 bis 320 erfüllt sind. 3Die Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten, die die Voraussetzungen für den Vertrieb an Privatanleger nicht erfül-

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4 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 294 Rn. 5 mit Verweis auf die entsprechende Auffassung unter dem Regulierungsregime des Investmentgesetzes; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 294 Rn. 3. 5 Abgedruckt bei Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 294 nach Rn. 17.

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§ 295

Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften

len, müssen wirksame Vorkehrungen treffen, die verhindern, dass Anteile oder Aktien an den AIF an Privatanleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden; dies gilt auch, wenn unabhängige Unternehmen eingeschaltet werden, die für den AIF Wertpapierdienstleistungen erbringen. (2) 1Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an professionelle Anleger ist im Inland nur zulässig 1. bis zu dem in dem auf Grundlage des Artikels 66 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 67 Absatz 6 der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt nach den Voraussetzungen der §§ 321, 323, 329, 330 oder 330a; 2. ab dem Zeitpunkt, auf den in Nummer 1 verwiesen wird, nach den Voraussetzungen der §§ 321 bis 328 oder § 330a. 2Abweichend von Satz 1 darf eine AIFVerwaltungsgesellschaft, die bis zu dem in Nummer 1 genannten Zeitpunkt inländische Spezial-Feeder-AIF, EU-Feeder-AIF, EU-AIF oder ausländische AIF gemäß § 329 oder § 330 vertreiben darf, diese AIF auch nach diesem Zeitpunkt an professionelle Anleger im Inland weiterhin vertreiben. 3Die Befugnis der Bundesanstalt, nach § 11 oder nach § 314 erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, bleibt unberührt. (3) 1Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland ist nur zulässig 1. bis zu dem in dem auf Grundlage des Artikels 66 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 67 Absatz 6 der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt a) nach den für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger genannten Voraussetzungen der §§ 321, 323, 329, 330 oder 330a oder b) nach den Voraussetzungen der §§ 317 bis 320; 2. ab dem Zeitpunkt, auf den in Nummer 1 verwiesen wird, a) nach den für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger genannten Voraussetzungen der §§ 321 bis 328 oder 330a oder b) nach den Voraussetzungen der §§ 317 bis 320. 2 Absatz 2 Satz 2 und 5 gilt entsprechend. (4) Werden im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anteile oder Aktien an inländischen Publikums-AIF, an zum Vertrieb an Privatanleger berechtigten EU-AIF oder an zum Vertrieb an Privatanleger berechtigten ausländischen AIF an Privatanleger vertrieben oder von diesen erworben, so gelten die Vorschriften des Unterabschnitts 2 dieses Abschnitts, soweit sie sich auf den Vertrieb oder den Erwerb von inländischen Publikums-AIF, EU-AIF oder ausländischen AIF beziehen; (5) Werden im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anteile oder Aktien an 1. inländischen AIF, 2. von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder ab dem Zeitpunkt, auf den in Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, die eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, verwalteten EU-AIF, 3. zum Vertrieb an professionelle Anleger berechtigten EU-AIF, die von einer EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder ab dem Zeitpunkt, auf den in Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, verwaltet werden oder 4. zum Vertrieb an professionelle Anleger berechtigten ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger vertrieben oder durch diese erworben, gelten die Vorschriften des Unterabschnitts 3 dieses Abschnitts. Zingel/Oppenheim

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A. Regulierungshintergrund

§ 295

(6) 1Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten inländischen AIF, an EU-AIF oder, ab dem Zeitpunkt, auf den in Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, an ausländischen AIF an professionelle Anleger in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu vertreiben, gelten § 331 und ab dem Zeitpunkt, auf den in Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, § 332. 2Die AIF Kapitalverwaltungsgesellschaft stellt den am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für jeden von ihr verwalteten inländischen AIF oder EUAIF und für jeden von ihr vertriebenen AIF vor Vertragsschluss 1. die in § 307 Absatz 1 genannten Informationen einschließlich aller wesentlichen Änderungen dieser Informationen unter Berücksichtigung von § 307 Absatz 4 in der in den Anlagebedingungen, der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag des AIF festgelegten Art und Weise zur Verfügung und 2. unterrichtet die am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten nach § 307 Absatz 2 Satz 1. 3 Zudem informiert die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anleger nach § 308 Absatz 1 bis 4, auch in Verbindung mit § 300 Absatz 1 bis 3, und über Änderungen der Informationen nach § 307 Absatz 2 Satz 1. (7) Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ab dem Zeitpunkt, auf den in Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten inländischen AIF, an EU-AIF oder an ausländischen AIF an professionelle Anleger in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu vertreiben, gelten die §§ 333 und 334 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. (8) 1Die Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes und der Verordnung (EU) 2017/1129 bleiben unberührt. 2An die Stelle des Verkaufsprospekts in diesem Kapitel treten die in einem Wertpapierprospekt enthaltenen Angaben nach § 269, wenn 1. der AIF gemäß § 268 Absatz 1 Satz 3 oder § 318 Absatz 3 Satz 2 auf Grund seiner Pflicht zur Erstellung eines Prospekts nach der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Aufnahme aller gemäß § 269 erforderlichen Angaben in diesen Prospekt von der Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts befreit ist und 2. aus den Vorschriften dieses Kapitels nichts anderes hervorgeht.

A. B. C.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Pflichten beim Vertrieb an Privatanleger (Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 4) | 5 Pflichten beim Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger (Abs. 2, 3 und 5) | 8

D.

E.

Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Abs. 1 Satz 3) | 12 Verhältnis zu den Prospektpflichten (Abs. 8) | 13

A. Regulierungshintergrund A. Regulierungshintergrund Die umfangreiche Regulierung des Vertriebs von AIF in den §§ 297 ff. war nur zum 1 Teil zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie notwendig. Die Richtlinie regelt den Vertrieb eingeschränkt, sie führt lediglich einen europäischen Pass für den Vertrieb durch AIF585

Zingel/Oppenheim

§ 295

Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften

Verwaltungsgesellschaften ein.1 Auf die Übernahme dieser Vorgabe hätte sich also auch der deutsche Gesetzgeber beschränken können. Er hat sich jedoch anders entschieden und den Vertrieb von AIF unabhängig davon reguliert, ob ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt oder nicht. Reguliert wurde mit den §§ 293 ff. auch der Vertrieb an Privatanleger, der von der 2 AIFM-Richtlinie gar nicht behandelt wird.2 Er wird dort allein in Form einer Negativabgrenzung angesprochen, indem in Art. 43 AIFM-Richtlinie festgelegt wird, dass die Mitgliedsstaaten ihn strengeren Auflagen unterwerfen können. Der deutsche Gesetzgeber hat aus Art. 43 AIFM-Richtlinie die Schlussfolgerung gezogen, dass die AIFM-Richtlinie allgemeine Mindeststandards für den Vertrieb von AIF festlege.3 Auf diesen aufbauend hat er dann strengere Regeln für den Vertrieb an Privatanleger festgelegt. § 295 übernimmt – so wie § 294 Abs. 1 für OGAW – eine „Lotsenfunktion“ für die 4 auf AIF anwendbaren Vorschriften der Vertriebsregulierung.4 B. Pflichten beim Vertrieb an Privatanleger (Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 4) B. Pflichten beim Vertrieb an Privatanleger (Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 4) In § 295 Abs. 1 Satz 1 wird festgelegt, dass der Vertrieb von Publikums-AIF nur zulässig ist, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ihre Anzeigepflicht nach § 316 erfüllt hat. Der Begriff des Publikums-AIF wird in § 1 Abs. 6 Satz 2 in Abgrenzung zum Begriff des Spezial-AIF definiert. Alle AIF, die kein Spezial-AIF sind, sind Publikums-AIF. Ein Publikums-AIF ist damit jeder AIF, der (auch) von Privatanlegern erworben werden kann.5 Nach § 295 Abs. 1 Satz 2 muss die Verwaltungsgesellschaft die Anzeigepflicht gemäß 6 § 316 unabhängig davon erfüllt haben, ob der Publikums-AIF an Privatanleger, semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger vertrieben werden soll. Die Regelung trägt nach der Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Bestimmungen in Art. 31 Abs. 6, Art. 32 Abs. 9, Art. 35 Abs. 17, Art. 39 Abs. 11, Art. 40 Abs. 17 und Art. 43 Abs. 1 Unterabsatz 1 AIFMRichtlinie und Art. 31 Abs. 6, 32 Abs. 9, 35 Abs. 17, 39 Abs. 11, 40 Abs. 17, 43 Abs. 1 Unterabsatz. 2 AIFM-Richtlinie bei, indem klargestellt werde, dass nur AIF in Deutschland vertrieben werden dürfen, die das Anzeigeverfahren nach § 316 (für inländische AIF) durchlaufen haben bzw. die Voraussetzungen von §§ 317 ff. (für ausländische AIF) erfüllen.6 § 295 Abs. 4 legt fest, dass inländische Publikums-AIF, EU-AIF und ausländische AIF 7 nur an Privatanleger vertrieben und von diesen erworben werden können, wenn folgende Vorschriften eingehalten werden: 5

Abschnitt 1 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen



Unterabschnitt 2 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf Privatanleger und für den Vertrieb und den Erwerb von OGAW § 297 Abs. 2 = Information über Nettoinventarwert oder Marktpreis, Zurverfügungstellung von wesentlichen Anlegerinformationen, Verkaufsprospekt und Jahres-/Halbjahresbericht, Abs. 3 = Ergänzung des Verkaufsprospekts um Anlagebedingungen, Satzung, Gesellschaftsvertrag und Treuhandvertrag, Abs. 4 = Form der Informationen, Abs. 5 = Informationen für Anleger eines Feederfonds, Abs. 6 = Besondere Anforderungen für EU-AIF oder ausländische AIF, deren Anlagepolitik Anforde-

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1 Volhard/Jang DB 2013 273. 2 Volhard/Jang DB 2013 273; siehe auch Lehne DB 2010 81 (82); Klebeck DStR 2009 2154 (2115); Kramer/ Recknagel DB 2011 2077 (2083). 3 Vgl. RegBegr. 17/12294 S. 192; gegen diese Schlussfolgerung Volhard/Jang DB 2013 273. 4 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97); Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 295 Rn. 1. 5 Siehe näher bei § 1. 6 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 278.

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586

C. Pflichten beim Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger

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§ 295

rungen unterliegt, die mit Hedgefonds vergleichbar sind, Abs. 7 = Ausnahmen von den Pflichten nach § 294 für den Erwerb im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung und Sonderregelungen für den Erwerb im Rahmen eines Investmentsparplans, Abs. 8 = Kaufabrechnung mit Hinweis auf Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag und Widerrufsrecht nach § 305, Abs. 9 = Informationen über Anlagegrenzen des Risikomanagements, Risikomanagementmethoden und jüngste Entwicklungen bei Risiken und Renditen auf Verlangen eines Anlegers § 299 = Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF und ausländische AIF § 300 = Information über illiquide Vermögenswerte, über neue Regelungen zum Liquiditätsmanagement, über das aktuelle Risikoprofil und über Umfang und Höhe des Leverage § 301 = Veröffentlichung der wesentlichen Anlegerinformationen § 302 = Anforderungen an Werbung, Untersagung von Werbung durch die BaFin § 303 = Maßgebliche Sprachfassung § 304 = Regelung zur Kostenvorausbelastung § 305 = Widerrufsrecht § 306 = Prospekthaftung und Haftung für wesentliche Anlegerinformationen Abschnitt 3 – Anzeige, Einstellung und Untersagung des Vertriebs von AIF

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§ 314 = Untersagung des Vertriebs § 315 = Einstellung des Vertriebs Unterabschnitt 1 – Anzeigeverfahren für den Vertrieb von Publikums-AIF, von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland § 316 = Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Publikums-AIF im Inland § 317 = Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 318 = Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 319 = Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 320 = Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland

C. Pflichten beim Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger C. Pflichten beim Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger (Abs. 2, 3 und 5) und beim Vertrieb im EU-Ausland (Abs. 6 und 7) Durch § 295 Abs. 2, 3 und 5, 6 und 7 wird festgelegt, welche Bestimmungen für den 8 Vertrieb von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an professionelle oder semi-professionelle Anleger gelten und welche Bestimmungen beim Vertrieb im anderen EU-Mitgliedsstaaten oder EWR-Vertragsstaaten zu beachten sind. Im Einzelnen sind dies: Abschnitt 1 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von Investmentvermögen

– –

Unterabschnitt 3 – Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger § 307 = Informationspflichten und Haftung § 308 = Sonstige Informationspflichten Abschnitt 3 – Anzeige, Einstellung und Untersagung des Vertriebs von AIF

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§ 314 = Untersagung des Vertriebs § 315 = Einstellung des Vertriebs

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§ 295

– –

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Auf den Vertrieb und den Erwerb von AIF anwendbare Vorschriften

Unterabschnitt 2 – Anzeigepflicht für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger im Inland § 321 = Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF § 322 = Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird § 323 = Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EUAIF oder von inländischen Spezial-AIF § 324 = Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird § 325 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen AIF § 326 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF § 327 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen AIF § 328 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF § 329 = Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb hinsichtlich von ihr verwalteten inländischen SpezialFeeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird oder ausländischen AIF § 330 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ihr verwalteter ausländischen AIF oder EU-AIF § 330a = Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie erfüllen beim beabsichtigten Vertrieb von AIF Unterabschnitt 3 – Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 331 = Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder EWR-Vertragsstaat, Verordnungsermächtigung § 332 = Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedsstaaten oder EWR-Vertragsstaaten § 333 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedsstaaten oder EWR-Vertragsstaaten § 334 = Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedsstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von ausländischen AIF an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedsstaaten oder EWR-Vertragsstaaten § 335 = BaFin-Bescheinigungen über die Einhaltung der Vorschriften der AIFM-Richtlinie und über die Registrierung einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 44 Unterabschnitt 4 – Verweis und Ersuchen für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger § 336 = Verweise und Ersuchen nach Art. 19 der AIFM-Verordnung

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D. Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Abs. 1 Satz 3)

§ 295

Bei der Festlegung der anwendbaren Vorschriften hat der Gesetzgeber der Tatsache 9 Rechnung getragen, dass Art. 67 Abs. 6 AIFM-Richtlinie eine Ermächtigung für die Europäische Kommission enthält, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, der den Marktzugang von ausländischen AIF regelt. Dann greifen die Bestimmungen in Art. 35, 39 und 40 AIFM-Richtlinie (Art. 66 Abs. 3 AIFM-Richtlinie). Gleichzeitig treten gemäß Art. 66 Abs. 4 AIFM-Richtlinie Art. 36 und Art. 42 AIFM-Richtlinie außer Kraft. § 295 Abs. 2 und Abs. 3 unterscheiden bezüglich der anwendbaren Vertriebsvorschriften daher zwischen der Zeit vor und nach dem Erlass des delegierten Rechtsaktes. Bisher ist ein delegierter Rechtsakt noch nicht erlassen worden. Die ESMA hat zu- 10 letzt am 12. September 2016 eine Empfehlung hierfür vorgelegt7 und dabei zwölf Länder genannt, deren Regulierung einen Vertrieb von AIF in der Union erlaubt. Die in Art 67 Abs. 6 AIFM-Richtlinie bestimmte drei Monatsfrist zur Verabschiedung des delegierten Rechtsakts ist bereits seit einiger Zeit abgelaufen. Die Verzögerung dürfte nicht vorrangig mit Fragen der Erfüllung der Kriterien für einen Zugang zum Binnenmarkt zusammenhängen,8 sondern vor allem mit Fragen nach Vorkehrungen zur Geldwäscheprävention und gegen Steuerhinterziehung. Die ESMA betont in ihrer Empfehlung jedenfalls, dass diese Aspekte von ihr nicht geprüft wurden.9 Für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger gelten 11 erst nach der Verabschiedung des delegierten Rechtsaktes folgende Vorschriften: §§ 322, 323 bis 328. Umgekehrt gelten nach der Verabschiedung des delegierten Rechtsaktes §§ 329 und 330 nicht mehr. Ein Vertrieb, der vor der Verabschiedung des delegierten Rechtsakts begonnen wurde, darf aber unabhängig vom Wechsel des rechtlichen Grundsatz festgesetzt werden (§ 295 Abs. 2 Satz 2), sofern die BaFin dies nicht ausdrücklich untersagt (§ 295 Abs. 2 Satz 2). Das gilt für den Vertrieb an professionelle wie an semiprofessionelle Anleger (§ 295 Abs. 3 Satz 2, mit redaktionellem Fehler in der Verweisung). Beim Vertrieb in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder EWR-Vertragsstaat gilt gemäß § 295 Abs. 6 Satz 1 bis zur Verabschiedung des delegierten Rechtsaktes § 331, ab diesem Zeitpunkt gilt dann § 332. Eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft kann gemäß § 295 Abs. 7 Satz 1 nach Erlass des delegierten Rechtsaktes Anteile oder Aktien an einem inländischen AIF oder an einem EU-AIF nach den Vorgaben der §§ 333 und 334 vertreiben. Die vorvertraglichen Informationspflichten nach § 307 gelten auch in diesen Konstellationen (§ 295 Abs. 6 Satz 2, Abs. 7 Satz 2). D. Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Abs. 1 Satz 3) D. Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Abs. 1 Satz 3) § 295 Abs. 1 Satz 3 verlangt von AIF-Verwaltungsgesellschaften wirksame Vorkeh- 12 rungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatkunden, wenn die Voraussetzungen für einen solchen Vertrieb nicht erfüllt sind. Die Ausgestaltung der Vorkehrungen bleibt der Verwaltungsgesellschaft überlassen. Sie müssen auch dann wirksam sein, wenn unabhängige Unternehmen eingeschaltet werden, die für den AIF Wertpapierdienstleistungen erbringen. Eine Verwaltungsgesellschaft, die einen EU-AIF oder einen ausländischen AIF ausschließlich an semiprofessionelle und professionelle Anleger vertreiben will, muss dies daher in allen Werbe- und Informationsmaterialien deutlich machen. Der entsprechende

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7 ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application of the AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs (ESMA/2016/1140). 8 Siehe zu diesem Aspekt bei der vorherigen ESMA Empfehlung vom 30.7.2016 Moritz/Klebeck/Jesch/ Keunecke/Schwack KAGB, § 295 Rn. 47. 9 ESMA/2016/1140 S. 13.

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Zingel/Oppenheim

§ 296

Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität

Hinweis muss drucktechnisch hervorgehoben werden. Es sind zudem organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, den Vertrieb an Privatanleger zu verhindern. Nach den Vorstellungen der BaFin sollte etwa bei einem Onlinevertrieb ein getrenntes und zugangsgesichertes Verkaufsportal eingerichtet werden, das nur für semiprofessionelle und professionelle Anleger zugänglich ist. Vertriebsvereinbarungen mit unabhängigen Unternehmen müssten zudem den Vertrieb an Privatanleger ausdrücklich ausschließen.10 E. Verhältnis zu den Prospektpflichten (Abs. 8) 13

§ 295 Abs. 8 Satz 1 stellt klar, dass die EU-Prospektverordnung und das Wertpapierprospektgesetz von den Vertriebsvorschriften nicht verdrängt werden und setzt damit Art. 61 Abs. 2 i.V.m. Erwägungsgrund 60 AIFM-Richtlinie um. § 295 Abs. 8 Satz 2 legt fest, dass dann, wenn ein AIF gemäß § 268 Abs. 1 Satz 3 oder § 318 Abs. 3 Satz 2 von der Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospektes befreit ist, die Angaben im Wertpapierprospekt (entsprechend der Vorgaben im WpPG und der EU-Prospektverordnung) grundsätzlich an die Stelle des Verkaufsprospektes treten. Hintergrund der Regelung ist, dass es tatsächlich bei geschlossenen AIF (anders als bei offenen Investmentvermögen, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a EU-Prospektverordnung) zu Überschneidungen der wertpapierrechtlichen Prospektpflicht kommen kann.11 Denn auch Investmentvermögen (§ 1 Abs. 1 Satz 1) können Wertpapiere i.S.v. Art. 2 lit. a EU-Prospektverordnung und § 2 Nr. 1 WpPG sein.

§ 296 Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität § 296 Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-083

(1) 1Die Bundesanstalt kann mit den zuständigen Stellen von Drittstaaten vereinbaren, dass Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität 1. die §§ 310 und 311 auf Anteile an ausländischen AIF, die in dem Drittstaat gemäß den Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG aufgelegt und verwaltet werden, entsprechend anzuwenden sind, sofern diese AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden sollen, und 2. die §§ 312 und 313 entsprechend anzuwenden sind, wenn Anteile an inländischen OGAW auf dem Hoheitsgebiet des Drittstaates vertrieben werden sollen. 2 § 310 gilt dabei mit der Maßgabe, dass zusätzlich zu der Bescheinigung nach § 310 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle des Drittstaates zu übermitteln ist, dass der angezeigte AIF gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltet wird. (2) Die Bundesanstalt darf die Vereinbarung nach Absatz 1 nur abschließen, wenn 1. die Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG in das Recht des Drittstaates entsprechend umgesetzt sind und öffentlich beaufsichtigt werden, 2. die Bundesanstalt und die zuständigen Stellen des Drittstaates eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 42 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Absatz 3

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Ziff. 1.5 BaFin-FAQ „Vertrieb“. Zutreffend FF/Keunecke/Schwack § 295 Rn. 44.

Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-083

590

Vereinbarungen mit Drittstaaten zur OGAW-Konformität

§ 296

der Richtlinie 2011/61/EU abgeschlossen haben oder zeitgleich mit der Vereinbarung nach Absatz 1 abschließen werden, 3. der Drittstaat gemäß Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2011/61/EU nicht auf der Liste der nicht kooperierenden Länder und Gebiete, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde, steht, 4. der gegenseitige Marktzugang unter vergleichbaren Voraussetzungen gewährt wird und 5. die Vereinbarung nach Absatz 1 auf solche ausländischen AIF des Drittstaates beschränkt wird, bei denen sowohl der AIF als auch der Verwalter ihren Sitz in diesem Drittstaat haben, und die gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltet werden. (3) 1Auf ausländische AIF, deren Anteile entsprechend Absatz 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden, sind diejenigen Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden, die eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft zu beachten hat, wenn sie Anteile an einem EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertreibt; insbesondere sind § 35 Absatz 3 bis 5 des Wertpapierhandelsgesetzes, die §§ 297, 298 sowie 301 bis 306 und 309 entsprechend anzuwenden. 2 Darüber hinaus gilt für den Vertrieb des ausländischen AIF Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit den Artikeln 22, 23 und 24 der Richtlinie 2011/ 61/EU. (4) 1Die Bundesanstalt veröffentlicht die Vereinbarung nach Absatz 1 unverzüglich nach Inkrafttreten auf ihrer Internetseite. 2Mit der Bekanntmachung sind die in Absatz 3 genannten Vorschriften anzuwenden. 3Die Vereinbarung nach Absatz 1 verliert ihre Geltungskraft ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird. § 296 Abs. 1 ist an den aufgehobenen § 136 Abs. 5 InvG angelehnt.1 Nach der Re- 1 gelung kann die BaFin AIF aus einem Drittstaat wie EU-OGAW behandeln, indem sie eine bilaterale behördliche Vereinbarung mit der zuständigen Stelle in dem Drittstaat trifft. Macht die BaFin von dieser Möglichkeit Gebrauch, so können Anteile an den entsprechenden AIF mit dem in §§ 310 und 311 vorgesehenen Produktpass in Deutschland vertrieben werden. Umgekehrt sind dann §§ 312 und 313 auf den Vertrieb inländischer OGAW in dem Drittstaat anwendbar. Die BaFin hat mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) eine entsprechende Vereinbarung getroffen, die seit dem 1. Januar 2014 gültig ist.2 Dies erleichtert Effektenfonds nach Art. 53 bis 57 des Schweizer Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) einen Vertrieb in Deutschland. Denn das Vertriebsanzeigeverfahren nach § 310 für OGAW ist deutlich weniger aufwändig als das Anzeigeverfahren für ausländische AIF nach § 320.3 Voraussetzung für die Vereinbarung ist nach § 296 Abs. 1 Satz 1, dass das Invest- 2 mentvermögen und die Verwaltungsgesellschaft entsprechend den Anforderungen in der OGAW-Richtlinie reguliert und beaufsichtigt werden. Eine diese Tatsache bestätigende Bescheinigung der Drittstaatbehörde ist nach § 310 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 notwendig.

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1 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 280. 2 Siehe Klebeck/Eichhorn RdF 2014 16; eingehend zu den einzelnen Inhalten zudem Moritz/Klebeck/ Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 296 Rn. 13 ff. 3 Weinauer/Boxberger/Anders/Paul § 296 Rn. 4.

591

Zingel/Oppenheim

§ 297

Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten

Daneben muss die Drittstaatbehörde gemäß § 296 Abs. 1 Satz 2 bescheinigen, dass der angezeigte AIF entsprechend den Anforderungen der AIFM-Richtlinie verwaltet wird. Die BaFin darf eine Vereinbarung nach § 296 Abs. 1 nur treffen, wenn die Voraus3 setzungen von § 296 Abs. 2 kumulativ erfüllt sind: – Die Anforderungen der OGAW-Richtlinie sind im Recht des Drittstaats entsprechend umgesetzt und beaufsichtigt, – die besonderen Vertriebsregelungen gemäß Art. 42 der AIFM-Richtlinie sind erfüllt, die BaFin und die zuständige Stelle im Drittstaat haben eine Vereinbarung nach Art. 42 Abs. 1 Buchstabe c AIFM-Richtlinie abgeschlossen, – der Drittstaat steht nicht auf der Liste der nicht kooperierenden Länder und Gebiete der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung,“ – der gegenseitige Marktzugang wird unter vergleichbaren Voraussetzungen erfüllt und – sowohl der AIF als auch seine Verwaltungsgesellschaft haben ihren Sitz in dem Drittstaat, mit dem die Vereinbarung abgeschlossen wird, und der AIF wird entsprechend der AIFM-Richtlinie verwaltet. 4

§ 296 Abs. 3 stellt klar, dass ausländische AIF, die auf Basis einer behördlichen Vereinbarung nach § 296 Abs. 1 im Inland vertrieben werden, die gleichen Vorschriften wie EU-OGAW beachten müssen. Die Regelung trägt den in Art. 42 Abs. 1 Buchstabe a i.V.m. Art. 22, 23 und 24 AIFM-Richtlinie vorgesehenen besonderen Vertriebsvorschriften für ausländische AIF Rechnung.4 Die BaFin veröffentlicht die von ihr geschlossenen Vereinbarungen auf ihrer Internetseite (§ 296 Abs. 4 Satz 1). Mit der Veröffentlichung finden die in Absatz 3 genannten Normen Anwendung (§ 296 Abs. 4 Satz 2). Sobald der delegierte Rechtsakt nach Art. 67 Abs. 6 AIFM-Richtlinie5 erlassen ist, verlieren getroffene Vereinbarungen ihre Gültigkeit (§ 296 Abs. 4 Satz 3). Ab dann gelten die Passregeln in Art. 37, 39 und 40 AIFMRichtlinie, so dass kein Raum mehr für bilaterale behördliche Vereinbarungen besteht.6

UNTERABSCHNITT 2 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf Privatanleger und für den Vertrieb und den Erwerb von OGAW https://doi.org/10.1515/9783110492217-084

§ 297 Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten § 297 Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten Zingel/Oppenheim Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten

(1) 1Dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem OGAW Interessierten sind rechtzeitig vor Vertragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen in der geltenden Fassung kostenlos zur Verfügung zu stellen. 2Darüber hinaus sind ihm sowie auch dem Anleger eines OGAW auf Verlangen der Verkaufsprospekt sowie der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht kostenlos zur Verfügung zu stellen. (2) 1Der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem AIF interessierte Privatanleger ist vor Vertragsschluss über den jüngsten Nettoinventarwert des Investmentvermögens oder den jüngsten Marktpreis der Anteile oder Aktien gemäß den §§ 168 und 271 Absatz 1 zu informieren. 2Ihm sind rechtzeitig vor Ver-

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RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 280. Siehe hierzu § 295 Rn. 9. RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 281.

Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-084

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Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten

§ 297

tragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen, der Verkaufsprospekt und der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht in der geltenden Fassung kostenlos zur Verfügung zu stellen. (3) Die Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag und der Treuhandvertrag mit dem Treuhandkommanditisten sind dem Verkaufsprospekt von OGAW und AIF beizufügen, es sei denn, dieser enthält einen Hinweis, wo diese im Geltungsbereich dieses Gesetzes kostenlos erhalten werden können. (4) 1Die in den Absätzen 1, 2 Satz 2 sowie in Absatz 3 genannten Unterlagen (Verkaufsunterlagen) sind dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten und dem Anleger auf einem dauerhaften Datenträger oder einer Internetseite gemäß Artikel 38 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 sowie auf Verlangen jederzeit kostenlos in Papierform zur Verfügung zu stellen. 2Der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierte ist darauf hinzuweisen, wo im Geltungsbereich des Gesetzes und auf welche Weise er die Verkaufsunterlagen kostenlos erhalten kann. (5) 1Dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem Feederfonds Interessierten und dem Anleger eines Feederfonds sind auch der Verkaufsprospekt sowie Jahres- und Halbjahresbericht des Masterfonds auf Verlangen kostenlos in Papierform zur Verfügung zu stellen. 2Zusätzlich ist den Anlegern des Feederfonds und des Masterfonds die gemäß § 175 Absatz 1 oder § 317 Absatz 3 Nummer 5 abgeschlossene Master-Feeder-Vereinbarung auf Verlangen kostenlos zur Verfügung zu stellen. (6) 1Dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie interessierten Privatanleger sind vor dem Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem Dach-Hedgefonds oder von EU-AIF oder ausländischen AIF, die hinsichtlich der Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Dach-Hedgefonds vergleichbar sind, sämtliche Verkaufsunterlagen auszuhändigen. 2Der Erwerb bedarf der schriftlichen Form. 3Der am Erwerb Interessierte muss vor dem Erwerb auf die Risiken des AIF nach Maßgabe des § 228 Absatz 2 ausdrücklich hingewiesen werden. 4Ist streitig, ob der Verkäufer die Belehrung durchgeführt hat, trifft die Beweislast den Verkäufer. (7) 1Soweit sie Informationspflichten gegenüber dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten betreffen, finden die Absätze 1, 2, 5 Satz 1 und Absatz 6 keine Anwendung auf den Erwerb von Anteilen oder Aktien im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Absatz 1a Nummer 3 des Kreditwesengesetzes oder des § 20 Absatz 2 Nummer 1 oder Absatz 3 Nummer 2. 2 Werden Anteilen oder Aktien im Rahmen eines Investment-Sparplans in regelmäßigem Abstand erworben, so sind die Absätze 1, 2, 5 Satz 1 und Absatz 6, soweit sie Informationspflichten gegenüber dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten betreffen, nur auf den erstmaligen Erwerb anzuwenden. (8) Dem Erwerber eines Anteils oder einer Aktie an einem OGAW oder AIF ist eine Durchschrift des Antrags auf Vertragsabschluss auszuhändigen oder eine Kaufabrechnung zu übersenden, die jeweils einen Hinweis auf die Höhe des Ausgabeaufschlags und des Rücknahmeabschlags und eine Belehrung über das Recht des Käufers zum Widerruf nach § 305 enthalten müssen. (9) Auf Verlangen des am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die EU-Verwaltungsgesellschaft oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft zusätzlich über die Anlagegrenzen des Risikomanagements des Investmentvermögens, die Risikomanagementmethoden und die jüngsten Entwicklungen bei den Risiken und Renditen der wichtigs593

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§ 297

Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten

ten Kategorien von Vermögensgegenständen des Investmentvermögens informieren.

A. B.

C. D.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Zurverfügungstellung der wesentlichen Anlegerinformationen beim Vertrieb von OGAW und AIF (Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2) | 4 Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von OGAW (Abs. 1 und 3) | 10 Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von AIF (Abs. 2 und 3) | 11

E. F.

G. H.

Form der Information (Abs. 5) | 12 Erwerb von Feederfonds, Dach-Hedgefonds oder mit Dach-Hedgefonds vergleichbare EU- oder ausländische AIF (Abs. 6 und 7) | 13 Ausnahmeregelungen (Abs. 7) | 19 Kaufunterlagen und weitere Informationsrechte des Anlegers (Abs. 8 und 9) | 21

A. Regulierungshintergrund A. Regulierungshintergrund

§ 297 legt Informations- und Hinweispflichten fest, die zu erfüllen sind, bevor ein Anleger Anteile oder Aktien eines Investmentvermögens erwirbt. Informationsmedien sind dabei: die wesentlichen Anlegerinformationen, der Verkaufsprospekt, die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag, ein etwaiger Treuhandvertrag sowie Jahres- und Halbjahresberichte. Die Informationspflichten sind nicht auf Verwaltungsgesellschaften beschränkt, sondern treffen jeden, der Anteile oder Aktien an Investmentvermögen vertreibt. § 297 Abs. 1 gilt allein für den Vertrieb von OGAW, § 297 Abs. 2 allein für den Vertrieb von AIF an Privatanleger. Die übrigen Absätze enthalten Regeln für beide Arten von Investmentvermögen. Die Vorschrift gilt – wie alle Regelungen im zweiten Unterabschnitt – nicht für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger. Für diese gelten die Vorschriften der §§ 307 und 308. Kernelement der Aufklärung sind die wesentlichen Anlegerinformationen. Diese 2 waren als Aufklärungsmedium bereits im aufgehobenen Investmentgesetz vorgesehen, wo sie durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz eingeführt worden sind. § 121 Abs. 1 Satz 1 InvG verlangte ebenso wie nunmehr § 297 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, dass die wesentlichen Anlegerinformationen dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Für den Vertrieb von geschlossenen Fonds bestand vor dem Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches lediglich im Fall der Anlageberatung die Pflicht, das Vermögensanlagen-Informationsblatt im Sinne von § 13 VermAnlG zur Verfügung zu stellen (§ 31 Abs. 3a WpHG a.F. für Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. § 15 FinVermV für Finanzanlagenvermittler). Ab 1. Januar 2020 gilt die sog. PRIIPsVerordnung1 auch für AIF und OGAW, d.h. einem Anleger ist rechtzeitig vor Vertragsschluss statt wesentlicher Anlegerinformationen ein Basisinformationsblatt im Sinne von Art. 6 ff. der PRIIPs-Verordnung zur Verfügung zu stellen. Dies gilt sowohl im Beratungsgeschäft als auch im beratungsfreien Geschäft. Im Hinblick auf semiprofessionelle Anleger besteht bereits heute ein Wahlrecht, ob diesen wesentliche Anlegerinformationen oder ein Basisinformationsblatt zur Verfügung gestellt werden (§ 307 Abs. 5). 3 Im Frühjahr 2016 wurde die Vorschrift des § 297 leicht angepasst.2 Abs. 4 wurde gestrichen, da die bisherige Möglichkeit der vertraglichen Haftungsbefreiung der Verwahr1

_____ 1 2

Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014. Durch das Gesetz vom 3.3.2016, BGBl. I, S. 348.

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B. Zurverfügungstellung der wesentlichen Anlegerinformationen

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stelle bei OGAW und Publikums-AIF aufgehoben wurde bzw. entsprechende Vereinbarungen hierüber nunmehr nichtig sind (§ 77 Abs. 4 und § 88 Abs. 4). In Folge der Streichung des Abs. 4 ergaben sich redaktionelle Änderungen in der Nummerierung der nachfolgenden Absätze. B. Zurverfügungstellung der wesentlichen Anlegerinformationen B. Zurverfügungstellung der wesentlichen Anlegerinformationen beim Vertrieb von OGAW und AIF (Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2) § 297 Abs. 1 Satz 1 entspricht weitgehend der aufgehobenen Regelung in § 121 Abs. 1 4 Satz 1 und 2 InvG3 und verlangt, dass dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie eines OGAW Interessierten die wesentlichen Anlegerinformationen (§ 166) zur Verfügung gestellt werden. Der Wortlaut der Regelung wurde im Vergleich zum alten Wortlaut in § 121 Abs. 1 Satz 1 InvG an die Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst. Eine entsprechende Regelung für AIF findet sich in § 297 Abs. 2 Satz 2. Die Pflicht ist eine vorvertragliche Informationspflicht. Sie trifft jeden, der Anteile oder Aktien an einem OGAW oder AIF im Sinne des § 293 Abs. 1 Satz 1 anbietet oder platziert. In einer Vertriebskette ist hingegen nur derjenige verpflichtet, der den unmittelbaren Kontakt zum Anleger hat.4 Die wesentlichen Anlegerinformationen sind in der aktuellen Fassung zur Verfügung zu stellen. Bei ihnen handelt es sich um das Kurzinformationsblatt im Sinne von Art. 78 OGAW IV-Richtlinie (siehe hierzu § 166). Die in § 297 vorgeschriebenen Informationen sollen einen Erwerbsinteressenten in 5 die Lage versetzen, sich ein umfassendes Bild über das jeweilige Investmentvermögen zu machen, um auf dieser Basis eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können.5 Die Informationspflichten dienen damit dem Anlegerschutz.6 Zudem sind sie ein Ausgleich dafür, dass den Anlegern nur eingeschränkte Kontrollrechte hinsichtlich der Verwaltung eines Investmentvermögens zustehen.7 Die Pflicht, die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung zu stellen, be- 6 steht unabhängig davon, ob der Erwerbsinteressent beraten wird oder nicht. Anders ist dies gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 WpHG, wonach Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur im Fall der Anlageberatung die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung stellen müssen. Diese parallele Normierung derselben Pflicht (vorvertragliche Information durch die wesentlichen Anlegerinformationen) mit unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen (Pflicht besteht bei jedem Erwerb/Pflicht besteht nur in der Anlageberatung) warf bereits unter der Geltung des Investmentgesetzes die Frage auf, ob § 121 Abs. 1 Satz 1 InvG auch Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtete oder ob diese allein an § 64 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 WpHG (bzw. § 31 Abs. 3a Satz 1 und 3 WpHG a.F.) gebunden waren. Bejaht man ersteres, besteht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch im beratungsfreien Geschäft die Pflicht, die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung zu stellen, andernfalls ist dies nur im Fall der Anlageberatung notwendig.8 Mit dem Kapitalanlagegesetzbuch hat der Gesetzgeber die-

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3 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 280. 4 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 4; vgl. bereits zu § 121 InvG Baur/Ziegler in BuB, Rn. 9/497 und Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 9. Wohl weitergehend Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 5, wonach jedes mit dem Interessenten in unmittelbaren oder mittelbaren Kontakt tretende und vertrieblich tätige Unternehmen als Anspruchsgegner erfasst ist. Ebenso Assmann/Schütze/Eckhold/Balzer Kapitalanlagerecht, § 22 Rn. 115. 5 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 1. 6 Ausführlich Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 6. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 1. 8 Umfassende Darstellung der Positionen bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 7.

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Verkaufsunterlagen und Hinweispflichten

se Streitfrage entschieden. Nach § 5 Abs. 5 überwacht die BaFin die Einhaltung der Vertriebsvorschriften nicht nur bei Verwaltungsgesellschaften von Investmentvermögen, sondern auch bei anderen von ihr beaufsichtigten Unternehmen; also auch bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 WpHG.9 § 297 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 gelten damit für jeden, der im Geltungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen vertreibt. Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind nicht ausgenommen. Folge hiervon ist, dass sie die Informationspflichten auch im beratungsfreien Geschäft treffen. Die BaFin überwacht die Einhaltung der Informationspflicht gemäß § 5 Abs. 5 zu7 dem auch bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten im Sinne des Kreditwesengesetzes und bei Versicherungsunternehmen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes.10 Der Anleger kann auf sein Informationsrecht nicht verzichten. Die BaFin erachtete 8 zwar zunächst noch einen Verzicht auf die Informationspflichten nach § 297 für zulässig, wenn dieser vor dem konkreten Geschäft im Einzelfall erklärte wurde.11 Seit der Aktualisierung der FAQ am 20. März 2015 entspricht dies nicht mehr der Ansicht der Aufsicht. Zwar zwinge § 297 den am Erwerb Interessierten nicht, die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen entgegen und zur Kenntnis zu nehmen. Auf die Bereitstellung der Verkaufsunterlagen könne er aber nicht verzichten.12 Lediglich unter engen Voraussetzungen könne ausnahmsweise im beratungsfreien Geschäft von § 297 abgesehen werden. Dies gelte beispielsweise, wenn der Kaufauftrag des Kunden per Brief, E-Mail oder Fax bei der Bank eingeht, ohne dass in Bezug auf den konkreten Auftrag eine vorherige Kontaktaufnahme zwischen dem Adressaten des § 297 und dem Kunden stattgefunden hat. Auch bei telefonischer Erteilung eines Kaufauftrags kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Einhaltung des § 297 abgesehen werden.13 Zur Verfügung gestellt sind Informationsmaterialien, wenn dem Erwerbsinteres9 senten die Übergabe angeboten wird und er tatsächlich unmittelbar die Möglichkeit hat, den Inhalt zur Kenntnis zu nehmen.14 Die Zurverfügungstellung muss rechtzeitig vor Vertragsschluss und kostenfrei erfolgen. Auf eine tatsächliche Kenntnisnahme der Informationen kommt es nicht an.15 Für die Frage, ob die wesentlichen Anlegerinformationen dem Erwerbsinteressenten rechtzeitig zur Verfügung gestellt wurden, kommt es allein auf den Zeitpunkt der Vertragserklärung des Interessenten an.16 Rechtzeitigkeit bedeutet, dass der Erwerbsinteressent vor der Anlageentscheidung ausreichend Zeit hat, die Informationen aufzunehmen und einzuordnen.17 Ein fester Zeitrahmen lässt sich hierfür nicht bestimmen. Bei der Bewertung im Einzelfall sind vor allem die Kenntnisse und Erfahrungen des Interessenten und die Komplexität des Produktes zu berücksichtigen. Maßgeblich kann auch sein, wenn ein Anleger selbst auf einen zügigen Vertragsab-

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9 Vgl. Ziff. 3.1 BaFin-FAQ Vertrieb. 10 Ziff. 3.1 BaFin-FAQ „Vertrieb“. 11 Ziff. 3.1 BaFin-FAQ Vertrieb in der alten Fassung vom 4.7.2013. 12 Vgl. Ziff. 3.2 BaFin-FAQ Vertrieb. Insofern überholt Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 4. 13 Vgl. Ziff. 3.2 BaFin-FAQ Vertrieb. 14 Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang/Rozok Rn. 938; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 14; in anderem Zusammenhang BGH NJW-RR 2017 750. 15 FF/Merk § 297 Rn. 17. 16 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 17; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler § 121 Rn. 14. 17 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 15; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Paul § 297 Rn.

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D. Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von AIF (Abs. 2 und 3)

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schluss drängt, z.B., weil er ein Produkt zu einem nur zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbaren Preis erwerben möchte.18 Angesichts des geringen Umfanges, die die wesentlichen Anlegerinformationen haben, wird regelmäßig eine kurze Zeitspanne ausreichen.19 C. Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von OGAW (Abs. 1 und 3) Gemäß § 297 Abs. 1 Satz 2 muss derjenige, der Aktien oder Anteile an einem OGAW 10 vertreibt, „auf Verlangen“ den Verkaufsprospekt sowie den letzten veröffentlichten Jahres- und Halbjahresbericht kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Regelung basiert auf § 121 Abs. 1 Satz 2 InvG.20 Die Pflicht ist – anders als die Pflicht, die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung zu stellen – nicht allein eine vorvertragliche, auch ein bereits investierter Anleger kann jederzeit die Zurverfügungstellung der Informationsmaterialien verlangen. Dem Verkaufsprospekt müssen die Anlagebedingungen oder – bei einer Investmentaktiengesellschaft – die Satzung beigefügt werden, es sei denn, der Anleger wird im Verkaufsprospekt darauf hingewiesen, wo er diese kostenlos in Inland erhalten kann (§ 297 Abs. 3). Im Unterschied zu den wesentlichen Anlegerinformationen besteht beim Vertrieb von OGAW keine Pflicht, den Verkaufsprospekt und den Jahres- und Halbjahresbericht dem Anlageinteressenten rechtzeitig vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht vielmehr nur auf Verlangen des Interessenten bzw. Anlegers. D. Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von AIF (Abs. 2 und 3) D. Weitere Informationspflichten beim Vertrieb von AIF (Abs. 2 und 3) Die Informationspflichten beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem AIF an 11 Privatanleger unterscheiden sich in zweierlei Hinsicht von den entsprechenden Regelungen für den Vertrieb von OGAW. Zum einen sind der Verkaufsprospekt und der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht gemäß § 297 Abs. 2 Satz 2 stets rechtzeitig vor Vertragsschluss und nicht nur auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Zum anderen ist der Erwerbsinteressent nach § 297 Abs. 2 Satz 1 vor Vertragsschluss über den jüngsten Nettoinventarwert (NAV) des Investmentvermögens oder über den jüngsten Marktpreis der Anteile oder Aktien gemäß §§ 168 und 271 Abs. 1 zu informieren. Die Ermittlung des NAV bestimmt sich dabei grundsätzlich nach den für offene Publikumsinvestmentvermögen geltenden Vorgaben in § 168. Für geschlossene inländische Publikums-AIF gelten lediglich einige Modifizierungen (vgl. hierzu § 271 Abs. 1). 21 Der Verkaufsprospekt muss die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag mit dem Treuhandkommanditisten enthalten, es sei denn, der Anleger wird im Verkaufsprospekt darauf hingewiesen, wo er diese Unterlagen kostenlos im Inland erhalten kann (§ 297 Abs. 3).

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18 Vgl. in Bezug auf das Basisinformationsblatt nach PRIIPs die Erwägungen der Kommission in Art. 17 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/653 vom 8.3.2017. 19 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 17, wonach bei einem kenntnisreichen Anleger auch „eine juristische Sekunde“ genügen kann. Siehe auch Radig/Schedensack WM 2015 506, wonach die Übergabe der lediglich wenige Seiten umfassenden wesentlichen Anlegerinformationen am Zeichnungstag genügt. 20 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 280. 21 Zu Einzelheiten vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 26 f.

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E. Form der Information (Abs. 4) 12

§ 297 Abs. 4 entspricht weitgehend den aufgehobenen § 121 Abs. 1 Satz 4 und 6 InvG, passt den Wortlaut aber an die Begriffsbestimmungen in § 1 an.22 Die wesentlichen Anlegerinformationen, der Verkaufsprospekt, der Jahres- und Halbjahresbericht, die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag und ggf. der Treuhandvertrag sind dem Erwerbsinteressenten oder dem Anleger nach § 297 Abs. 4 Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger oder auf einer Internetseite gemäß Art. 38 OGAW-Verordnung23 zur Verfügung zu stellen. Der Begriff des dauerhaften Datenträgers ist in § 1 Abs. 19 Nr. 8 definiert und erfasst „jedes Medium, das den Anlegern gestattet, Informationen für eine den Zwecken der Information angemessene Dauer zu speichern, einzusehen und unverändert wiederzugeben“. Umfasst sind damit u.a. die Papierform, E-Mails und CDs.24 Allerdings kann der Erwerbsinteressent oder Anleger jederzeit verlangen, dass ihm die Unterlagen kostenlos in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Bei der Verwendung eines dauerhaften Datenträgers sind zudem die Vorgaben des § 167 zu beachten, d.h. bei der Verwendung eines anderen dauerhaften Datenträgers als Papier ist die ausdrückliche Zustimmung des Anlegers erforderlich.25 Der Erwerbsinteressent oder Anleger muss die Informationen zudem tatsächlich auch zur Kenntnis nehmen können. Dies ist etwa im Rahmen einer Anlageberatung in einer Bankfiliale bei der Verwendung eines Datenspeichers dann nicht der Fall, wenn der Anlageinteressent gar keine Gelegenheit hat, die dort gespeicherte Datei zu öffnen. Wird eine Internetseite als Ort der Information genutzt, so muss der Erwerbsinteressent oder Anleger auch Zugang zum Internet haben. Davon wird man regelmäßig ausgehen können, wenn der Kunde für die Ausführung des Geschäfts eine E-Mail-Adresse angegeben hat. Ihm ist zudem ein Link zu übergeben, der unmittelbar die Öffnung der gespeicherten Datei ermöglicht. Die Informationen müssen stets auf dem aktuellen Stand sein. F. Erwerb von Feederfonds, Dach-Hedgefonds F. Erwerb von Feederfonds, Dach-Hedgefonds oder mit Dach-Hedgefonds vergleichbare EU- oder ausländische AIF (Abs. 5 und 6)

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Besondere Informationspflichten bestehen gemäß § 297 Abs. 5 und 6 beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem Feederfonds im Sinne von § 1 Abs. 11, an einem Dach-Hedgefonds im Sinne von § 225 Abs. 1 Satz 1 und an solchen EU-AIF und ausländischen AIF, die mit Dach-Hedgefonds vergleichbar sind. Der Wortlaut der Regelungen basiert auf § 121 Abs. 2 und 3 des aufgehobenen Investmentgesetzes. Beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem Feederfonds sind einem Erwerbs14 interessenten nach § 297 Abs. 5 Satz 1 der Verkaufsprospekt sowie der Jahres- und Halbjahresbericht des Masterfonds kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn er dies verlangt. Die Unterlagen müssen in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Den Anlegern des Masterfonds und des Feederfonds ist zudem die Master-Feeder-Vereinbarung nach § 175 Abs. 1 bzw. § 317 Abs. 2 Nr. 5 kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Regelung entspricht weitgehend dem aufgehobenen § 121 Abs. 2 InvG, der Art. 60 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 und Art. 63 Abs. 5 OGAW-IV-Richtlinie umgesetzt hatte. Hintergrund der Regelung ist, dass Feederfonds keine eigene Anlagepolitik verfolgen. Sie investieren das ihnen

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22 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 280. 23 Verordnung (EU) Nr. 583/2010. 24 Weitnauer/Boxberger/Anders/Volhard/Jang § 1 Rn. 71; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 18. 25 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 28 f.; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 18.

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F. Erwerb von Feederfonds, Dach-Hedgefonds

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anvertraute Vermögen zu mindestens 85 Prozent in ihren Masterfonds (vgl. § 1 Abs. 11). Die gesamte Konstruktion ist für einen Anleger daher überhaupt nur mit Informationen über den Masterfonds nachvollziehbar.26 Bei Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem Dach-Hedgefonds oder einem mit Dach-Hedgefonds vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF, sind dem Erwerbsinteressenten gemäß § 297 Abs. 6 Satz 1 sämtliche Verkaufsunterlagen auszuhändigen. Dies umfasst nach der Definition in § 297 Abs. 4 Satz 1 die wesentlichen Anlegerinformationen, den Verkaufsprospekt, den letzten veröffentlichten Jahres- und Halbjahresbericht, die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag. Die Reglung basiert auf § 121 Abs. 3 InvG.27 In Abweichung zu den sonstigen Informationspflichten in § 297 reicht es nicht, wenn die Durchschrift zur Verfügung gestellt wird. Der Wortlaut („aushändigen“) verlangt eine Übergabe.28 Damit ist ein Verweis auf eine Internetseite ausgeschlossen.29 Die Übergabe eines dauerhaften Datenträgers ist allerdings ausreichend.30 Zwar legt der Wortlaut die Übergabe in Papierform nahe. Da der Gesetzgeber aber auf eine Formvorgabe verzichtet hat, reicht dies nicht, um eine entsprechende Verpflichtung zu begründen.31 Auch die Bezugnahme auf die in § 297 Abs. 4 Satz 1 definierten Verkaufsunterlagen spricht dafür, da auch § 297 Abs. 4 Satz 1 als Form der zur Verfügung Stellung den dauerhaften Datenträger genügen lässt.32 Gemäß § 297 Abs. 6 Satz 2 bedarf der Erwerb von Dach-Hedgefonds und mit DachHedgefonds vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB). Dadurch soll der Anleger vor den Risiken des Erwerbs gewarnt werden.33 Die Schriftform kann durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden (§ 126a BGB).34 Dem mit dem Schriftformerfordernis zum Ausdruck gebrachten Schutzbedürfnis wird Rechnung getragen, wenn die Willenserklärung des Anlegers das Formerfordernis erfüllt; nicht notwendig ist, dass der gesamte Erwerbsvertrag in Schriftform geschlossen wird.35 Die Schriftform ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Willenserklärung des Anlegers (§ 125 Satz 1 BGB). Beauftragt der Erwerbsinteressent einen Dritten mit dem Vertragsschluss, so gilt das Schriftformerfordernis nach seinem Sinn und Zweck für die Erklärung, mit der die Beauftragung erfolgt,36 also etwa für den Kommissionsauftrag. § 297 Abs. 6 Satz 3 verlangt, dass der Erwerbsinteressent entsprechend der Vorgabe in § 228 Abs. 2 ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Dach-Hedgefonds oder vergleichbare EU-AIF oder ausländische AIF keinen Leverage- oder Risikobeschränkungen unterliegt. Die Beweislast dafür, dass diese Aufklärung erfolgt ist, liegt nach

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26 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 22; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 34. 27 RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 280. 28 Baur § 3 AuslInvestmG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 24; FF/Merk § 297 Rn. 38; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 35. 29 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 121 InvG Rn. 20, Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 24. 30 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler § 121 Rn. 24, Berger/Steck/Lübbehüsen/Müchler InvG, § 121 Rn. 21. 31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 24. 32 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 38. 33 RegBegr. zum Investmentmodernisierungsgesetz, BTDrucks. 15/1553 S. 113; Moritz/Klebeck/Jesch/ Merk KAGB, § 297 Rn. 40. 34 Qualifiziert elektronische Signaturen sind solche im Sinne von Art. 3 Nr. 12, 25 ff. der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (kurz: eIDAS-Verordnung). 35 Näher hierzu Kugler/Lochmann BKR 2006 41 (45). 36 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 25.

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§ 297 Abs. 6 Satz 4 beim Verkäufer der Aktie oder des Anteils. Es handelt sich insofern um eine gesetzlich angeordnete Beweislastumkehr.37 Die Regelung entspricht dem Inhalt der Regelung im aufgehobenen § 121 Abs. 3 Satz 3 und 4 InvG. Die Warnpflicht kann nicht durch die Aushändigung des Verkaufsprospektes mit dem in § 228 Abs. 2 geforderten Hinweis erfüllt werden.38 § 121 Abs. 3 Satz 3 fordert einen eigenständigen ausdrücklichen Warnhinweis. Der Verkäufer sollte sich angesichts der Beweislastverteilung vom Erwerbsinteressenten schriftlich bestätigen lassen, dass er den Hinweis erteilt hat.39 G. Ausnahmeregelungen (Abs. 7) Die vorvertraglichen Informationspflichten finden gemäß § 297 Abs. 7 Satz 1 keine Anwendung, wenn der Erwerb von Aktien oder Anteilen an einem Investmentvermögen im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG; § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WpHG; § 20 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2) erfolgt. Die Regelung basiert auf § 121 Abs. 3a InvG,40 der sich allerdings allein auf Hedgefonds und Dach-Hedgefonds bezog. Der Gesetzgeber des InvG begründete diese Ausnahme mit dem Wesen des Vermögensverwaltungsvertrages, der dem Vermögensverwalter ein eigenes Ermessen bei seinen Anlageentscheidungen einräumt.41 Es liegt auf der Hand, dass diese Erwägungen nicht nur in Bezug auf Hedgefonds und Dach-Hedgefonds gelten. Daher entsprach es der vorherrschenden Ansicht, dass der Vermögensverwalter auch beim Erwerb anderer Investmentvermögen umfassend von den Informationspflichten des InvG ausgenommen sein sollte.42 Trifft nicht der schützenswerte Anleger die Entscheidungen, so ist es schlüssig, bei vorvertraglichen Informationspflichten nicht auf die einzelnen Anlageentscheidungen abzustellen, sondern solche Pflichten allein vor dem Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages festzulegen. Dies ist in § 297 Abs. 7 Satz 1 nun gesetzlich geregelt, so dass es bei der Finanzportfolioverwaltung auch unter Geltung des Kapitalanlagegesetzbuches dabei bleibt, dass aufsichtsrechtlich allein die vorvertraglichen Informationspflichten nach § 63 Abs. 7 WpHG i.V. mit Art. 47 Abs. 3 der Delegierten Verordnung zur MiFID II43 maßgeblich sind. § 297 Abs. 7 Satz 2 legt fest, dass bei einem Erwerb von Aktien oder Anteilen im 20 Rahmen eines Investment-Sparplans die vorvertraglichen Informationspflichten nur vor dem ersten Erwerb zu erfüllen sind. Diese Ausnahme wurde vom Gesetzgeber des InvG damit begründet, dass der Anleger seine Anlageentscheidung bei Abschluss des Sparplans trifft und alle nachfolgenden Verkäufe automatisch erfolgen.44 H. Kaufunterlagen und weitere Informationsrechte des Anlegers (Abs. 8 und 9) 19

H. Kaufunterlagen und weitere Informationsrechte des Anlegers (Abs. 8 und 9) 21

Gemäß § 297 Abs. 8 ist einem Erwerbsinteressenten eine Durchschrift des Antrags auf Vertragsschluss (etwa Zeichnungsschein oder Vertrag über einen Investmentsparplan)45 auszuhändigen oder eine Kaufabrechnung zu übersenden. In der Durchschrift

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37 Vgl. eingehend Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 42. 38 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 39; Nickel ZBB 2004 208; Kugler/Lochmann BKR 2006 41 (45). 39 Kugler/Lochmann BKR 2006 41 (45). 40 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 280. 41 RegBegr. zum Investmentgesetz, BTDrucks. 16/5576 S. 92. 42 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 28; OLG Frankfurt NZG 2014 505. 43 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. 4.2016. 44 RegBegr. zum Investmentgesetz, BTDrucks. 16/5576 S. 92. 45 Vgl. Baur § 19 KAGG Rn. 11; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 121 InvG Rn. 16.

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H. Kaufunterlagen und weitere Informationsrechte des Anlegers (Abs. 8 und 9)

§ 297

des Antrags oder der Kaufabrechnung muss ein Hinweis auf die Höhe des Ausgabeaufschlags und des Rücknahmeabschlags und eine Belehrung über das Widerrufsrecht nach § 305 enthalten sein. Der Inhalt der Regelung entspricht vollständig der Regelung im aufgehobenen § 121 Abs. 1 Satz 7 InvG. Der Wortlaut wurde lediglich an die Begrifflichkeiten in § 1 angepasst. Eine entsprechende Regelung fand sich bereits in § 19 Abs. 1 Satz 4 KAGG und in § 15 Buchstabe f Abs. 1 Satz 2 AuslInvestmG. Es reicht nicht, wenn die Durchschrift lediglich zur Verfügung gestellt wird. Der Wortlaut („auszuhändigen“) verlangt eine Übergabe. Mit der Möglichkeit der Zusendung der Kaufabrechnung hat der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung getragen, dass bei der Nutzung von Fernkommunikationsmitteln eine Aushändigung der Antragsdurchschrift in der Regel nicht möglich ist.46 Die Durchschrift oder Kaufabrechnung müssen Angaben zur Höhe des Ausgabeaufschlages und Rücknahmeabschlages enthalten. In der Kaufabrechnung ist der Wert zu beziffern,47 in der Durchschrift des Antrages kann ein prozentualer Wert genannt werden.48 Die Belehrung über das Widerrufsrecht nach § 305 ist an den Anforderungen von Art. 246 Abs. 3 Satz 3 EGBGB zu messen49 und setzt bei ordnungsgemäßer Belehrung die Widerrufsfrist von zwei Wochen in Gang. Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag und Belehrung über das Widerrufsrecht müssen in der Durchschrift des Antrags oder der Kaufabrechnung selbst enthalten sein. Ein Verweis auf andere Dokumente mit den entsprechenden Angaben erfüllt die gesetzliche Anforderung nicht.49 Ein Erwerbsinteressent kann von der Kapitalverwaltungsgesellschaft (§ 1 Abs. 15, Abs. 16), der EU-Verwaltungsgesellschaft (§ 1 Abs. 17) oder der ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft (§ 1 Abs. 14) zusätzliche Informationen verlangen, und zwar über die Anlagegrenzen des Risikomanagements, die Risikomanagementmethoden und die jüngsten Entwicklungen bei Risiken und Renditen.50 Die Regelung in § 297 Abs. 9 basiert auf den aufgehobenen §§ 13a Abs. 5, 121 Abs. 4 InvG,51 die Art. 70 Abs. 4 OGAW-Richtlinie umgesetzt hatten. Die Anlagegrenzen des Risikomanagements sind vor allem quantitative Grenzen, die über die Beschränkungen hinausgehen, die gesetzlich und in den Vertragsbedingungen festgelegt sind.52 Die Risikomanagementmethoden umfassen alle Verfahren, mit denen die Verwaltungsgesellschaft Risiken ermittelt, begrenzt und steuert.53 Die Auskunftserteilung kann standardisiert und bezogen auf die Risiken und Renditen unter Bezugnahme auf den Jahres- und Halbjahresbericht erfolgen.54

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46 RegBegr. zum KAGG, BTDrucks. 13/8933 S. 114. 47 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 21. 48 Nickel ZBB 2004 197. 49 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 46. 49 Nickel ZBB 2004 197 (202); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 21; Moritz/ Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 297 Rn. 43. 50 Hierzu kritisch Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 297 Rn. 44. 51 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 280. 52 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 121 InvG Rn. 34; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 30. 53 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 121 InvG Rn. 34; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 30. 54 Vgl. Baur/Ziegler in BuB Rn. 9/493; Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang/Rozok Rn. 947; Emde/ Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 30.

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§ 298

Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW

§ 298 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW § 298 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-OGAW Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-085

(1) 1Für nach § 310 zum Vertrieb angezeigte Anteile oder Aktien an EU-OGAW hat die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft folgende Unterlagen und Angaben im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen üblichen Sprache zu veröffentlichen: 1. den Jahresbericht für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres, 2. den Halbjahresbericht, 3. den Verkaufsprospekt, 4. die Anlagebedingungen oder die Satzung, 5. die Ausgabe- und Rücknahmepreise der Anteile oder Aktien sowie 6. sonstige Unterlagen und Angaben, die in dem Herkunftsmitgliedstaat des EUOGAW zu veröffentlichen sind. 2 Die wesentlichen Anlegerinformationen gemäß Artikel 78 der Richtlinie 2009/ 65/EG sind ohne Änderung gegenüber der im Herkunftsmitgliedstaat verwendeten Fassung in deutscher Sprache zu veröffentlichen. 3Die in den Sätzen 1 und 2 beschriebenen Anforderungen gelten auch für jegliche Änderungen der genannten Informationen und Unterlagen. 4Für die Häufigkeit der Veröffentlichungen von Ausgabe- und Rücknahmepreis gelten die Vorschriften des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW entsprechend. (2) Neben der Veröffentlichung in einem im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium sind die Anleger entsprechend § 167 unverzüglich mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten über 1. die Aussetzung der Rücknahme der Anteile oder Aktien eines Investmentvermögens; 2. die Kündigung der Verwaltung eines Investmentvermögens oder dessen Abwicklung; 3. Änderungen der Anlagebedingungen, die mit den bisherigen Anlagegrundsätzen nicht vereinbar sind, die wesentliche Anlegerrechte berühren oder die Vergütungen und Aufwendungserstattungen betreffen, die aus dem Investmentvermögen entnommen werden können, einschließlich der Hintergründe der Änderungen sowie der Rechte der Anleger in einer verständlichen Art und Weise; dabei ist mitzuteilen, wo und auf welche Weise weitere Informationen hierzu erlangt werden können, 4. die Verschmelzung von Investmentvermögen in Form von Verschmelzungsinformationen, die gemäß Artikel 43 der Richtlinie 2009/65/EG zu erstellen sind und 5. die Umwandlung eines Investmentvermögens in einen Feederfonds oder die Änderung eines Masterfonds in Form von Informationen, die gemäß Artikel 64 der Richtlinie 2009/65/EG zu erstellen sind. Schrifttum Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 293 und BaFin Merkblatt (2013) zum Vertreib von Anteilen an EU-OGAW in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 310 Kapitalanlagegesetzbuch – „Incoming UCITS-Notification“ bzw. „Incoming UCITS-Update“, vom 14.3.2017.

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B. Allgemeine Veröffentlichungspflichten (Abs. 1)

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A. Regulierungshintergrund § 298 entspricht weitgehend dem aufgehobenen § 122 Abs. 1 InvG. Der Wortlaut ist 1 lediglich an die Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst worden.1 Die Vorschrift legt Veröffentlichungspflichten in Bezug auf solche OGAW fest, die 2 dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder dem Recht eines anderen Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums (EU-OGAW) unterliegen und für die gemäß § 310 der Vertrieb im Inland angezeigt wurde. Die Veröffentlichung muss nach § 298 Abs. 1 in deutscher Sprache oder „in einer in internationalen Finanzkreisen üblichen Sprache“ erfolgen. Die Regelung berücksichtigt, dass nach Art. 94 OGAW IV-Richtlinie2 Informationen, die ein EU-OGAW in seinem Herkunftsstaat veröffentlicht hat, in gleicher Weise im Aufnahmestaat zu veröffentlichen sind.3 Die Vorschrift dient dem Schutz „inländischer Anleger“ von EU-OGAW, für die andernfalls nur Informationspflichten nach dem Herkunftsland bestünden.4 B. Allgemeine Veröffentlichungspflichten (Abs. 1) B. Allgemeine Veröffentlichungspflichten (Abs. 1) Die Veröffentlichungspflichten treffen die Verwaltungsgesellschaft und umfassen 3 gemäß § 298 Abs. 1 Satz 1 folgende Unterlagen: – den Jahresbericht, – den Halbjahresbericht, – den Verkaufsprospekt, – die Anlagebedingungen oder die Satzung, – die Ausgabe- und Rücknahmepreise der Anteile oder Aktien, – sonstige Unterlagen, die der EU-OGAW in seinem Herkunftsstaat veröffentlichen muss. Unstrittig genügt eine Veröffentlichung in englischer Sprache den Anforderungen.5 4 Für die wesentlichen Anlegerinformationen gemäß Art. 78 OGAW-Richtlinie (umgesetzt durch § 166) schreibt § 298 Abs. 1 Satz 2 eine Veröffentlichung in deutscher Sprache zwingend vor, die unverändert zur Originalfassung ist. Für Änderungen der Informationen gelten die Vorschriften nach § 298 Abs. 1 Satz 3 entsprechend. Sonstige Unterlagen, die im Herkunftsstaat zu veröffentlichen sind, können bei- 5 spielsweise Einladungen zu Anlegerversammlungen, Ausschüttungsmitteilungen, Änderungen in der Geschäftsführung oder geplante Änderungen des Verkaufsprospektes, der Vertragsbedingungen oder der Satzung sein.6 § 298 Abs. 1 Satz 3 legt fest, dass auch jegliche Änderungen dieser Informationen zu 6 veröffentlichen sind. Für die Häufigkeit der Veröffentlichung von Ausgabe- und Rücknahmepreis gelten gemäß § 298 Abs. 1 Satz 4 die Vorschriften des Herkunftsmitgliedstaates.

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1 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 281. 2 Richtlinie 2009/65/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009. 3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 122 Rn. 1. 4 So Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 298 Rn. 4. 5 Vgl. etwa Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 122 Rn. 7; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 298 Rn. 12 als „im Finanzsektor [...] wichtigste Sprache“, möglich seien aber auch Französisch, Spanisch, Russisch, Chinesisch und Japanisch; vgl. auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Baum § 298 Rn. 9, wonach „ausschließlich die englische Sprache“ zulässig sei. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 122 Rn. 3.

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Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

§ 298 Abs. 1 trifft keine Aussage, in welcher Form die Veröffentlichung erfolgen soll. In der Gesetzesbegründung findet sich zwar eine entsprechende Behauptung, wenn gesagt wird, der Gesetzestext stelle klar, dass „entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis der Bundesanstalt“ die Veröffentlichungspflicht mittels eines dauerhaften Datenträgers (§ 167) erfüllt werden könne.7 Tatsächlich fehlt eine solche Klarstellung aber im Wortlaut der Regelung. Der Bezug auf einen dauerhaften Datenträger in Absatz 2 entspricht lediglich der Formulierung im aufgehobenen § 122 Abs. 1 Satz 5 InvG und bezieht sich hier wie dort nur auf die in Absatz 2 aufgezählten zusätzlichen Informationen. Die BaFin lässt die Veröffentlichung mittels eines dauerhaften Datenträgers aber ausdrücklich auch in Bezug auf die § 298 Abs. 1 genannten Informationen zu. Auch die Veröffentlichung auf der Website der OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder einer Zeitung im Erscheinungsort in Deutschland genügen nach ausdrücklicher Festlegung der BaFin.8 C. Besondere Veröffentlichungspflichten (Abs. 2)

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§ 298 Abs. 2 verlangt eine Unterrichtung der Anleger mittels eines im Verkaufsprospekt benannten Mediums und9 mittels eines dauerhaften Datenträgers im Sinne von § 167. Selbst wenn die Verwaltungsgesellschaft bereits den dauerhaften Datenträger als reguläres Informationsmedium gewählt hat, ist nach Auffassung der BaFin eine zusätzliche Veröffentlichung in einem weiteren Informationsmedium erforderlich und hierauf im Verkaufsprospekt hinzuweisen.10 Die Veröffentlichungspflichten gelten bei folgenden Ereignissen: – Aussetzung der Rücknahme; – Kündigung der Verwaltung oder Abwicklung des Investmentvermögens; – Änderungen der Anlagebedingungen, die (i) mit den bisherigen Anlagegrundsätzen nicht vereinbar sind, (ii) wesentliche Anlegerrechte berühren oder (iii) Vergütungen oder Aufwendungserstattungen betreffen. Die Hintergründe der Änderungen und die Rechte der Anleger sind in verständlicher Art und Weise zu erläutern. Zudem ist der Anleger darauf hinzuweisen, wo und wie er weitere Informationen erlangen kann; – Verschmelzungsinformationen gemäß Art. 43 OGAW IV-Richtlinie; – Umwandlung eines Investmentvermögens in einen Feederfonds oder die Änderung der Form eines Masterfonds gemäß Art. 64 OGAW IV-Richtlinie. https://doi.org/10.1515/9783110492217-086

§ 299 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF und ausländische AIF § 299 Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF Zingel/Oppenheim Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

(1) 1Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft veröffentlicht für Anteile oder Aktien an EU-AIF oder ausländischen AIF

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7 RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 281. 8 BaFin-Merkblatt „Vertrieb von Anteilen an EU-OGAW“, S. 5. 9 Siehe auch BaFin-Merkblatt „Vertrieb von Anteilen an EU-OGAW“, S. 6. 10 BaFin-Merkblatt „Vertrieb von Anteilen an EU-OGAW“, S. 6; kritisch Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 298 Rn. 11.

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Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

1. 2. 3.

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§ 299

den Verkaufsprospekt und alle Änderungen desselben auf der Internetseite der AIF-Verwaltungsgesellschaft; die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag und alle Änderungen derselben auf der Internetseite der AIF-Verwaltungsgesellschaft; einen Jahresbericht für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres im Bundesanzeiger spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres; der Bericht hat folgende Angaben zu enthalten: a) eine Vermögensaufstellung, die in einer dem § 101 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 und 2, ausgenommen Nummer 1 Satz 3 und 7 und § 247 Absatz 1, vergleichbaren Weise ausgestaltet ist und die im Berichtszeitraum getätigten Käufe und Verkäufe von Vermögensgegenständen im Sinne von § 261 Absatz 1 Nummer 1 benennt; b) eine nach der Art der Aufwendungen und Erträge gegliederte Aufwandsund Ertragsrechnung; c) einen Bericht über die Tätigkeiten der AIF-Verwaltungsgesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr einschließlich einer Übersicht über die Entwicklung des Investmentvermögens in einer § 101 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 vergleichbaren Weise; die Übersicht ist mit dem ausdrücklichen Hinweis zu verbinden, dass die vergangenheitsbezogenen Werte keine Rückschlüsse für die Zukunft gewähren; d) die Anzahl der am Berichtsstichtag umlaufenden Anteile oder Aktien und den Wert eines Anteils oder einer Aktie; e) jede wesentliche Änderung der im Verkaufsprospekt aufgeführten Informationen während des Geschäftsjahres, auf das sich der Bericht bezieht; f) die Gesamtsumme der im abgelaufenen Geschäftsjahr gezahlten Vergütungen, aufgegliedert nach festen und variablen von der Verwaltungsgesellschaft an ihre Mitarbeiter gezahlten Vergütungen, sowie die Zahl der Begünstigten und gegebenenfalls die vom EU-AIF oder ausländischen AIF gezahlten Carried Interest; g) die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen, aufgegliedert nach Vergütungen für Führungskräfte und Mitarbeiter der Verwaltungsgesellschaft, deren Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des AIF auswirkt; h) eine Wiedergabe des vollständigen Berichts des Rechnungsprüfers einschließlich etwaiger Vorbehalte; i) eine Gesamtkostenquote entsprechend § 166 Absatz 5 oder § 270 Absatz 1 in Verbindung mit § 166 Absatz 5; gegebenenfalls zusätzlich eine Kostenquote für erfolgsabhängige Verwaltungsvergütungen und zusätzliche Verwaltungsvergü-tungen nach § 166 Absatz 5 Satz 4 oder § 270 Absatz 4; einen Halbjahresbericht für die Mitte eines jeden Geschäftsjahres, falls es sich um einen offenen AIF handelt; der Bericht ist im Bundesanzeiger spätestens zwei Monate nach dem Stichtag zu veröffentlichen und muss die Angaben nach Nummer 3 Buchstabe a und d enthalten; außerdem sind die Angaben nach Nummer 3 Buchstabe b und c aufzunehmen, wenn für das Halbjahr Zwischenausschüttungen erfolgt oder vorgesehen sind; die Ausgabe- und Rücknahmepreise und den Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie bei jeder Ausgabe oder Rücknahme von Anteilen oder Aktien, jedoch mindestens einmal im Jahr, in einer im Verkaufsprospekt anzugebenden hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung mit Erscheinungsort im Zingel/Oppenheim

§ 299

Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

Geltungsbereich dieses Gesetzes oder in den im Verkaufsprospekt bezeichneten elektronischen Informationsmedien; dabei ist der für den niedrigsten Anlagebetrag berechnete Ausgabepreis zu nennen; abweichend erfolgt die Veröffentlichung bei mit OGAW nach § 192 vergleichbaren Investmentvermögen mindestens zweimal im Monat. 2 Inhalt und Form des Jahres- und Halbjahresbericht bestimmen sich im Übrigen nach den Artikeln 103 bis 107 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. 3 Der Jahres- und Halbjahresbericht eines Feederfonds muss zudem die Anforderungen entsprechend § 173 Absatz 4 erfüllen. 4Die Berichte nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 sind dem Anleger auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. 5 Ist der AIF nach der Richtlinie 2004/109/EG verpflichtet, Jahresfinanzberichte zu veröffentlichen, so sind dem Anleger die Angaben nach Satz 1 Nummer 3 auf Verlangen gesondert oder in Form einer Ergänzung zum Jahresfinanzbericht zur Verfügung zu stellen. 6In letzterem Fall ist der Jahresfinanzbericht spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres zu veröffentlichen. (2) Ausgabe- und Rücknahmepreise der Anteile oder Aktien an ausländischen AIF und EU-AIF dürfen in Bekanntgaben nur gemeinsam genannt werden; dabei ist der für den niedrigsten Anlagebetrag berechnete Ausgabepreis zu nennen. (3) Für geschlossene EU-AIF und geschlossene ausländische AIF, die mit inländischen geschlossenen Publikums-AIF nach den §§ 261 bis 272 vergleichbar sind und die an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder an einem organisierten Markt, der die wesentlichen Anforderungen an geregelte Märkte im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU erfüllt, zugelassen sind, müssen die gemäß Absatz 1 Nummer 3 zu veröffentlichenden Unterlagen eine Darstellung der Entwicklung des Kurses der Anteile oder Aktien des Investmentvermögens und des Nettoinventarwertes des Investmentvermögens im Berichtszeitraum enthalten. (4) 1Absatz 1 Nummer 5 und Absatz 2 gelten nicht für geschlossene EU-AIF und geschlossene ausländische AIF, die mit inländischen geschlossenen AIF nach den §§ 261 bis 272 vergleichbar sind. 2Für AIF im Sinne von Satz 1, die nicht zu den in Absatz 3 genannten AIF gehören, muss den Anlegern der Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie entsprechend den Vorschriften für inländische geschlossene Publikums-AIF nach § 272 offengelegt werden. 3Für AIF im Sinne von Absatz 3 veröffentlichen die AIF-Verwaltungsgesellschaften täglich in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung mit Erscheinungsort im Geltungsbereich dieses Gesetzes 1. den Kurs der Anteile oder Aktien des AIF, der an dem organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder an einem organisierten Markt, der die wesentlichen Anforderungen an geregelte Märkte im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU erfüllt, ermittelt wurde, und 2. den Nettoinventarwert des AIF entsprechend den Vorschriften für inländische geschlossene Publikums AIF nach § 272. 4 In sonstigen Veröffentlichungen und Werbeschriften über den AIF im Sinne von Satz 3 dürfen der Kurs der Anteile oder Aktien und der Nettoinventarwert des Investmentvermögens nur gemeinsam genannt werden. (5) Die Veröffentlichungs- und Unterrichtungspflichten gemäß § 298 Absatz 2 gelten für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften entsprechend.

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B. Grundsätzliche Veröffentlichungspflichten

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Grundsätzliche Veröffentlichungspflichten (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 Halbsatz 1) | 2 Inhalt des Jahresberichts und Form der Veröffentlichung (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 und Satz 2 bis 4) | 3

A. B.

C.

D.

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F.

§ 299

Halbjahresbericht und Jahresfinanzbericht (Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 4 und 5) | 11 Ausgabe- und Rücknahmepreise und Nettoinventarwert (Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 4) | 12 Weitere Veröffentlichungs- und Informationspflichten (Abs. 2 bis 5) | 13

A. Regulierungshintergrund § 299 Abs. 1 bis 4 basiert auf entsprechenden Regelungen in § 122 Abs. 2 bis 5 InvG. 1 § 299 Abs. 5 erstreckt die für OGAW geltenden Informations- und Veröffentlichungspflichten auf EU-AIF und ausländische AIF, die in Deutschland vertrieben werden. Er dient darüber hinaus der Umsetzung von Art. 22 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 2 und Unterabsatz 2 und Art. 23 Abs. 2 Satz 2 der AIFM-Richtlinie.1 Die Vorschrift gilt – wie alle Regelungen im zweiten Unterabschnitt – nicht für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger.2 Mit Inkrafttreten des 2. FiMaNoG3 zur Umsetzung der MiFID II 4 und der hieraus resultierenden geänderten Nummerierung des WpHG ergaben sich in § 299 Abs. 3 und 4 zum 3. Januar 2018 redaktionelle Anpassungen. B. Grundsätzliche Veröffentlichungspflichten B. Grundsätzliche Veröffentlichungspflichten (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 Halbsatz 1, Nr. 4 und 5) § 299 Abs. 1 regelt Veröffentlichungspflichten von EU-AIF und ausländischen AIF. 2 Die entsprechenden Verpflichtungen für inländische Publikums-AIF ergeben sich aus der Produktregulierung (vor allem §§ 107, 162). Die Pflichten treffen die Verwaltungsgesellschaft des EU-AIF oder ausländischen AIF. Sie muss veröffentlichen: – den Verkaufsprospekt und Änderungen des Verkaufsprospektes (Nr. 1), – die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag und Änderungen an diesen Dokumenten (Nr. 2), – einen Jahresbericht und ggf. einen Halbjahresbericht (Nr. 3 und 4), – Ausgabe- und Rücknahmepreis und Nettoinventarwert (Nr. 5). Verkaufsprospekt, Anlagebedingungen und Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag sind auf der Internetseite der Verwaltungsgesellschaft zu veröffentlichen. Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung gilt allerdings nicht der Maßstab des KAGB, sondern es gelten die Anforderungen des jeweiligen Herkunftsstaates.5 Denn anders als im Hinblick auf den Jahresbericht enthält § 299 insofern keine inhaltlichen Anforderungen.

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RegBeg, BTDrucks. 17/12294 S. 281. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 299 Rn. 3. BGBl. I 2017, S. 1693. Richtlinie 2014/65/EU vom 14.5.2015. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 299 Rn. 3.

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Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

C. Inhalt des Jahresberichts und Form der Veröffentlichung (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 und Satz 2 bis 4) C. Inhalt des Jahresberichts und Form der Veröffentlichung Der Jahresbericht ist gemäß § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und muss die folgenden Angaben enthalten: eine Vermögensaufstellung; eine Aufwands- und Ertragsrechnung; einen Tätigkeitsbericht mit einer Übersicht über die Entwicklung des Investmentvermögens (vergleichbar §§ 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3, 247 Abs. 1); die Anzahl der umlaufenden Anteile oder Aktien; jede wesentliche Änderung der Informationen im Verkaufsprospekt; die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen, eine Wiedergabe des vollständigen Berichts des Rechnungsprüfers einschließlich etwaiger Vorbehalte und eine Darstellung der Kosten. Die Vermögensaufstellung muss den Anforderungen von § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 entsprechen (§ 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a). Notwendig ist die von § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 geforderte Unterteilung der Vermögensgegenstände nach Art, Nennbetrag oder Zahl, Kurs und Kurswert. Entbehrlich ist die in 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 3 geforderte untergliederte Darstellung des Wertpapierbestandes und die von § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 7 geforderte Angabe über Rechte Dritter an Vermögensgegenständen des Sondervermögens. Für die Aufwands- und Ertragsrechnung verlangt § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b lediglich, dass sie nach Art der Aufwendungen und Erträge gegliedert ist. Es liegt auch ohne gesetzlichen Verweis nahe, sie entsprechend der Anforderung in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 und 2 zu gliedern.6 Eine abweichende Darstellung kann dann geboten sein, wenn sie entsprechend vom Herkunftsstaat des AIF vorgeschrieben ist. Bezüglich der Aufwendungen sollten zumindest folgende Positionen gesondert ausgewiesen werden: Verwaltungsvergütung und erfolgsabhängige Vergütung, Depotbankvergütung, Vergütungen für Beratungsleistungen, sonstige Kosten und der Sollsaldo aus Gewinnen und Verlusten.7 Bezüglich der Erträge sollte in der Darstellung zumindest wie folgt unterschieden werden: Habensaldo aus Gewinnen und Verlusten, Dividenden, Zinsen aus Wertpapieren, sonstige Zinserträge und Gewinne aus Geschäfte mit Derivaten.8 Bei AIF, die in Immobilien investieren, sind einerseits die Kapitalerträge und anderseits die Zinsen, Kapitalverluste, Unterhalts- und Renovierungsaufwendungen, entsprechende Rückstellungen und Abschreibungen anzugeben.9 Der Tätigkeitsbericht muss gemäß § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c eine Übersicht über die Entwicklung des Investmentvermögens enthalten (entsprechend § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3 und § 247 Abs. 1). Die Übersicht ist mit dem Hinweis zu versehen, „dass die vergangenheitsbezogenen Werte keinen Rückschluss für die Zukunft gewähren“. Die Angabe der Anzahl der umlaufenden Anteile oder Aktien und der Wert eines Anteils oder einer Aktie muss in Bezug auf einen Stichtag erfolgen (§ 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe d). Jede wesentliche Änderung zu den Informationen im Verkaufsprospekt ist gemäß § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e anzugeben.10

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6 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 299 Rn. 9; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 299 Rn. 11. 7 Baur § 4 AuslInvestmG Rn. 5; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann § 4 AuslInvestmG Rn. 9; Berger/ Steck/Lübbehüsen/Ewers § 122 Rn. 12; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 122 InvG Rn. 15. 8 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers InvG, § 122 Rn. 12; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 122 InvG Rn. 15. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 122 InvG Rn. 16. 10 Zum Begriff der „wesentlichen Änderung“ siehe bei § 101.

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D. Halbjahresbericht und Jahresfinanzbericht

§ 299

Die Darstellung der gezahlten Vergütungen muss gemäß § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 8 Buchstabe f und g wie folgt aufgebaut sein: Die Gesamtsumme der im abgelaufenen Geschäftsjahr gezahlten Vergütungen ist aufzugliedern nach – festen und variablen Vergütungen an Mitarbeiter der Verwaltungsgesellschaft, – der Zahl der Begünstigten und – ggf. eines gezahlten Carried Interest im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 7. Daneben ist die Gesamtsumme der Vergütungen aufzugliedern nach Vergütungen für Führungskräfte und Mitarbeiter der Verwaltungsgesellschaft, deren Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des AIF auswirkt. Neu im Vergleich zur Regelung in § 122 Abs. 2 InvG ist die Verpflichtung, den Be- 9 richt des Rechnungsprüfers (§ 299 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Buchstabe h) wiederzugeben. Nach § 299 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Buchstabe i mit seinem Verweis auf § 166 Abs. 5 ist eine Gesamtkostenquote im Verhältnis zum durchschnittlichen Nettoinventarwert auszuweisen und, sofern erfolgsabhängige Vergütungen oder zusätzliche Verwaltungsvergütungen vorgesehen sind, auch die Kostenquote für diese Vergütungen.11 Inhalt und Form des Jahresberichts bestimmen sich im Übrigen nach Art. 103 bis 10 107 AIFM-DVO (§ 299 Abs. 1 Satz 2).12 Der Jahresbericht und der Halbjahresbericht eines Feederfonds muss den Anforderungen von § 173 Abs. 4 entsprechen (§ 299 Abs. 1 Satz 3). Einem Anleger sind die Berichte auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (§ 299 Abs. 1 Satz 4). Dies hat kostenlos zu erfolgen. Eine bestimmte Form der zur Verfügung Stellung ist nicht vorgeschrieben, so dass nur auf ausdrücklichen Wunsch des Anlegers eine Bereitstellung in Papierform notwendig ist.13 D. Halbjahresbericht und Jahresfinanzbericht D. Halbjahresbericht und Jahresfinanzbericht (Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 4 und 5) Bei einem offenen AIF im Sinne von § 1 Abs. 4 muss die Verwaltungsgesellschaft 11 einen Halbjahresbericht für die Mitte eines Geschäftsjahres veröffentlichen (§ 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4). Die Veröffentlichung muss zwei Monate nach dem Stichtag im Bundesanzeiger erfolgen und die Angaben nach § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a und d enthalten, d.h. eine Vermögensaufstellung entsprechend § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2, die getätigten Käufe/Verkäufe, die Anzahl der umlaufenden Anteile oder Aktien und deren Wert). Der Bericht muss zudem entsprechend § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b und c eine Aufwands- und Ertragsrechnung und einen Tätigkeitsbericht der AIF-Verwaltungsgesellschaft enthalten, wenn für das Halbjahr Zwischenausschüttungen erfolgen oder vorgesehen sind. Einem Anleger ist der Halbjahresbericht auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (§ 299 Abs. 1 Satz 4). Ist ein AIF nach der Transparenzrichtlinie verpflichtet, Jahresfinanzberichte zu erstellen, so sind sie gesondert oder als Ergänzung zum Jahresbericht zur Verfügung zu stellen (§ 299 Abs. 1 Satz 5).

_____

11 Zur Berechnung siehe § 166. 12 Hierzu bei § 101 Rn. 74. 13 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 299 Rn. 15; vgl. zu Beispielen für andere dauerhafte Datenträger auch die Kommentierung zu § 297 Rn. 12.

609

Zingel/Oppenheim

§ 299

Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten für EU-AIF

E. Ausgabe- und Rücknahmepreise und Nettoinventarwert (Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 4) 12

Ausgabe- und Rücknahmepreise und Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie sind gemäß § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bei jeder Ausgabe oder Rücknahme von Aktien oder Anteilen zur Verfügung zu stellen. Es ist der Ausgabepreis zu nennen, der für den niedrigsten Anlagebetrag berechnet wurde. Ausgabe- und Rücknahmepreis sind zudem mindestens einmal im Jahr in einer im Verkaufsprospekt genannten „hinreichend verbreiteten“ inländischen Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen. Bei AIF, die wie OGAW lediglich in die in § 192 genannten Vermögensgegenstände investieren, muss die Veröffentlichung mindestens zweimal im Monat erfolgen. F. Weitere Veröffentlichungs- und Informationspflichten (Abs. 2 bis 5) F. Weitere Veröffentlichungs- und Informationspflichten (Abs. 2 bis 5)

Ausländische AIF und EU-AIF dürfen die Ausgabe- und Rücknahmepreise nur gemeinsam (§ 299 Abs. 2) nennen. Ausländischen AIF und EU-AIF müssen gemäß § 299 Abs. 3 ihrem Jahresbericht eine 14 Darstellung der Kursentwicklung und der Entwicklung des Nettoinventarwertes beifügen, wenn sie geschlossenen inländischen Publikums-AIF vergleichbar sind und ihre Anteile oder Aktien an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 11 WpHG bzw. an einem geregelten Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 21 MiFID II gehandelt werden. Geschlossene AIF können aufgrund ihrer Struktur keine Ausgabe- und Rücknahme15 preise veröffentlichen. Dem trägt § 299 Abs. 4 Satz 1 Rechnung, indem er diese von der entsprechenden Verpflichtung ausnimmt. Anstelle der Ausgabe- und Rücknahmepreise muss der Jahresbericht dafür aber die Kursentwicklung darstellen, wenn die Aktien oder Anteile an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 11 WpHG oder einem vergleichbaren Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II gehandelt werden. Die Kurse sind zusammen mit dem Nettoinventarwert im Sinne des § 272 in einer „hinreichend verbreiteten“ Wirtschafts- oder Tageszeitung zu veröffentlichen (§ 299 Abs. 4 Satz 3). In sonstigen Veröffentlichungen dürfen der Kurs und der Nettoinventarwert nur gemeinsam genannt werden (§ 299 Abs. 4 Satz 4). Geschlossene EU-AIF und geschlossen ausländische AIF, deren Anteile oder Aktien nicht börsengehandelt sind, müssen gemäß § 299 Abs. 4 Satz 2 den Nettoinventarwert nach den Anforderungen in § 272 veröffentlichen. 16 Die Veröffentlichungspflichten in § 298 Abs. 2 für EU-OGAW gelten gemäß § 299 Abs. 5 entsprechend auch für die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Soweit § 299 Abs. 5 Informationspflichten enthält, die über die Vorgaben nach Art. 108 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 hinausgehen (z.B. hinsichtlich der Aussetzung der Rücknahme gemäß § 299 Abs. 5 Satz 1 i.V. mit § 298 Abs. 2 Nr. 1), gehen diese der Delegierten Verordnung vor.14 13

_____ 14

Vgl. Ziff. 3.6 BaFin-FAQ Vertrieb.

Zingel/Oppenheim

610

A. Regulierungshintergrund

§ 300

§ 300 Zusätzliche Informationspflichten bei AIF § 300 Zusätzliche Informationspflichten bei AIF Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-087

(1) Für jeden von ihr verwalteten inländischen AIF, EU-AIF oder ausländischen AIF muss die AIF-Verwaltungsgesellschaft den Anlegern im Geltungsbereich dieses Gesetzes regelmäßig Folgendes offenlegen: 1. den prozentualen Anteil der Vermögensgegenstände des AIF, die schwer zu liquidieren sind und für die deshalb besondere Regelungen gelten, 2. jegliche neue Regelungen zum Liquiditätsmanagement des AIF und 3. das aktuelle Risikoprofil des AIF und die von der AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Steuerung dieser Risiken eingesetzten Risikomanagementsysteme. (2) Für jeden von ihr verwalteten, Leverage einsetzenden inländischen AIF, EU-AIF oder ausländischen AIF muss die AIF-Verwaltungsgesellschaft den Anlegern im Geltungsbereich dieses Gesetzes regelmäßig Folgendes offenlegen: 1. alle Änderungen des maximalen Umfangs, in dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft für Rechnung des AIF Leverage einsetzen kann sowie etwaige Rechte zur Wiederverwendung von Sicherheiten oder sonstige Garantien, die im Rahmen von Leverage-Geschäften gewährt wurden, und 2. die Gesamthöhe des Leverage des betreffenden AIF. (3) Nähere Bestimmungen zu den Offenlegungspflichten gemäß den Absätzen 1 und 2 ergeben sich aus den Artikeln 108 und 109 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (4) Die AIF-Verwaltungsgesellschaft informiert die Anleger zusätzlich unverzüglich mittels dauerhaften Datenträgers entsprechend § 167 und durch Veröffentlichung in einem weiteren im Verkaufsprospekt zu benennenden Informationsmedium über alle Änderungen, die sich in Bezug auf die Haftung der Verwahrstelle ergeben.

A. B. C. D.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Illiquide Vermögensgegenstände | 3 Liquiditätssteuerung | 5 Risikoprofil und Risikosteuerung | 6

E.

F.

Offenlegungspflichten Leverage einsetzender AIF (§ 300 Abs. 2) | 8 Veränderte Haftung der Verwahrstelle (§ 300 Abs. 4) | 9

A. Regulierungshintergrund A. Regulierungshintergrund Mit § 300 Abs. 1 bis 3 soll ausweislich der Gesetzesbegründung Art. 23 Abs. 4 bis 6 1 AIFM-Richtlinie, mit § 300 Abs. 4 soll Art. 23 Abs. 2 Satz 2 AIFM-Richtlinie umgesetzt werden.1 Die zugrunde liegenden Bestimmungen der AIFM-Richtlinie werden durch Art. 108 und 109 AIFM-DVO2 konkretisiert (vgl. § 300 Abs. 3). Die Informationspflichten treffen die Verwaltungsgesellschaft, nach Art. 108 Abs. 1 AIFM-DVO muss sie die Informationen klar und verständlich darstellen.

_____ 1 2

RegBegr., BTDrucks. 17/12294 S. 283. Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 vom 19.12.2012.

611 https://doi.org/10.1515/9783110492217-087

Zingel/Oppenheim

§ 300

2

Zusätzliche Informationspflichten bei AIF

Die Pflichten des § 300 bestehen, wie alle Pflichten des zweiten Unterabschnitts in Bezug auf AIF, nur gegenüber Privatanlegern.3 Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern sind in §§ 307 f. festgelegt. B. Illiquide Vermögensgegenstände

3

Das prozentuale Verhältnis der illiquiden Vermögensgegenstände gemäß § 300 Abs. 1 Nr. 1 wird nach Art. 108 Abs. 2 Satz 2 AIFM-DVO dadurch berechnet, dass deren Nettoinventarwert durch den Nettoinventarwert des AIF geteilt wird.4 Gemäß Art. 108 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a AIFM-DVO muss die Offenlegung des pro4 zentualen Anteils der illiquiden Vermögensgegenstände einen Überblick enthalten über: – alle Sonderregeln und eine Aussage darüber, ob diese sich auf Side Pockets (= Abspaltungen, siehe Erwägungsgrund 59 AIFM-DVO), Gates (= Rücknahmebeschränkungen, siehe Erwägungsgrund 59 AIFM-DVO) oder ähnliches beziehen; – die Bewertungsmethoden, die für sie gelten; – darüber, wie Verwaltungsentgelte und Erfolgsprämien angewendet werden. Die Informationen sind nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b AIFM-DVO als Teil des regelmäßigen Berichtswesens gegenüber den Anlegern gemäß den Vertragsbedingungen oder der Satzung des AIF oder zeitgleich mit dem Prospekt und den Emissionsunterlagen vorzulegen, zumindest aber einmal im Jahr zeitgleich mit dem Jahresbericht.5 C. Liquiditätssteuerung C. Liquiditätssteuerung 5

Informationen über jegliche neue Regeln zur Liquiditätssteuerung gemäß § 300 Abs. 1 Nr. 2 beinhalten nach Art. 108 Abs. 3 AIFM-DVO Informationen über: – jede wesentliche Änderung am Liquiditätsmanagement und den Verfahren zu deren Überwachung nach Art. 16 Abs. 1 AIFM-Richtlinie (Art. 108 Abs. 3 Buchstabe a AIFMDVO). Hiervon sind geschlossene nicht-hebelfinanzierte AIF ausgenommen;6 – die Aktivierung von Gates (Rücknahmebeschränkungen) oder Side Pockets (Abspaltungen) oder ähnlichen besonderen Regeln (Art. 108 Abs. 3 Buchstabe b AIFM-DVO); – die Aussetzung der Rücknahme (Art. 108 Abs. 3 Buchstabe b AIFM-DVO); – Änderungen an sonstigen liquiditätsbezogenen Regelungen, wobei ein Überblick ausreichend ist (Art. 108 Abs. 3 Buchstabe c AIFM-DVO). Während die Informationen nach Art. 108 Abs. 3 Buchstabe b AIFM-DVO „umgehend“ (entsprechend „unverzüglich“ im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB) erteilt werden müssen, wird dies im Hinblick auf die Informationen nach Art. 108 Abs. 3 Buchstabe a und c AIFM-DVO nicht gefordert. Mangels ausdrücklicher Regelung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung können die Informationen auch im nächsten Jahresbericht erteilt werden.7

_____

3 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 300 Rn. 2. 4 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 61. 5 Vgl. auch Ziff. 3.6 BaFin-FAQ Vertrieb. 6 Siehe § 30 Rn. 21. 7 Anders Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 300 Rn. 10, der eine Information innerhalb „angemessener Zeit (wenige Wochen)“ verlangt.

Zingel/Oppenheim

612

E. Offenlegungspflichten Leverage einsetzender AIF (§ 300 Abs. 2)

§ 300

D. Risikoprofil und Risikosteuerung Art. 108 Abs. 4 Satz 1 AIFM-DVO konkretisiert die Pflicht nach § 300 Abs. 1 Nr. 3 zur 6 regelmäßigen Information über das Risikoprofil und die Maßnahmen, die zur Risikosteuerung eingesetzt werden. Danach muss Folgendes dargestellt werden: – Die Maßnahmen zur Bewertung der Sensitivität des Portfolios gegenüber den Hauptrisiken, denen der AIF ausgesetzt ist, und – eine drohende oder eingetretene Überschreitung der festgelegten Risikolimits. Wurden die Risikolimits überschritten, ist zudem zu erläutern, unter welchen Umständen dies geschah und welche Abhilfemaßnahmen getroffen wurden. Ebenso wie bei der Pflicht zur Darstellung der illiquiden Vermögensgegenstände sollen die Angaben im Rahmen des regelmäßigen Berichtswesens offengelegt werden (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 AIFM-DVO). Auch hier sind also die Vertragsbedingungen oder die Satzung des AIF maßgeblich, die Informationen können mit dem Verkaufsprospekt, den Angebotsunterlagen oder aber zumindest zeitgleich mit dem Jahresbericht vorgelegt werden. Art. 108 Abs. 5 Satz 1 AIFM-DVO verlangt zudem, dass die Verwaltungsgesellschaft 7 die Grundzüge der Risikomanagement-Systeme darlegt, die der AIF zur Steuerung der Risiken einsetzt. Art. 108 Abs. 5 Satz 2 AIFM-DVO fordert zusätzlich die Information über eine Änderung dieser Systeme und die erwarteten Auswirkungen auf den AIF und seine Anleger. E. Offenlegungspflichten Leverage einsetzender AIF (§ 300 Abs. 2) E. Offenlegungspflichten Leverage einsetzender AIF (§ 300 Abs. 2) AIF-Verwaltungsgesellschaften von inländischen AIF, EU-AIF oder ausländischen 8 AIF, die Leverage (Hebelfinanzierung) 8 einsetzen, treffen zusätzliche Informationspflichten. Als Leverage bezeichnet das KAGB jede Methode, mit der die Verwaltungsgesellschaft den Investitionsgrad eines von ihr verwalteten Investmentvermögens erhöht. Dies kann durch Kreditaufnahme, Wertpapier-Darlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise geschehen (§ 1 Abs. 19 Nr. 25). Mit der Erhöhung des Investitionsgrads sind für die Anleger auch höhere Risiken verbunden.9 Dies rechtfertigt weitergehende Informationspflichten. Ergänzend offenzulegen sind nach § 300 Abs. 2 daher: – alle Änderungen des maximalen Umfangs, in dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft für Rechnung des AIF Leverage einsetzen kann, – etwaige Rechte zur Wiederverwendung von Sicherheiten oder sonstigen Garantien, die im Rahmen von Leverage-Geschäften gewährt wurden, und – eine drohende oder eingetretene Überschreitung der festgelegten Risikolimits. Wurden die Risikolimits überschritten, ist zudem zu erläutern, unter welchen Umständen dies geschah und welche Abhilfemaßnahmen getroffen wurden. Konkretisiert werden diese Informationspflichten in Art. 109 Abs. 2 und 3 AIFMDVO.

_____ 8 9

613

Vgl. Art. 109 Abs. 2 AIFM-DVO. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 300 Rn. 13.

Zingel/Oppenheim

§ 301

Sonstige Veröffentlichungspflichten

F. Veränderte Haftung der Verwahrstelle (§ 300 Abs. 4) 9

Änderungen in der Haftung der Verwahrstelle müssen den Anlegern gemäß § 300 Abs. 4 mittels eines dauerhaften Datenträgers (§ 167) mitgeteilt werden. Allerdings kommt eine Haftungsbefreiung unter bestimmten Voraussetzungen nur bei Spezial-AIF in Betracht (§ 88 Abs. 4). Nachdem § 88 Abs. 4 a.F. vor der Änderung im Frühjahr 201610 sich zunächst auch noch auf Publikums-AIF bezog, wurde die Vorschrift mit Wirkung zum Frühjahr 2016 auf Spezial-AIF beschränkt. Soweit § 300 Abs. 4 daher zusätzlich die Veröffentlichung in einem weiteren, im Verkaufsprospekt genannten Informationsmedium verlangt, handelt es sich offenkundig um ein Redaktionsversehen, da bei Spezial-AIF kein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden muss. Die geforderte zusätzliche Veröffentlichung über ein weiteres Informationsmedium läuft somit ins Leere und die Information mittels eines dauerhaften Datenträgers im Sinne von § 167 genügt.11 10 11

§ 301 Sonstige Veröffentlichungspflichten § 301 Sonstige Veröffentlichungspflichten Zingel/Oppenheim Schrifttum https://doi.org/10.1515/9783110492217-088

Auf der Internetseite der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der EU-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft ist jeweils eine geltende Fassung der wesentlichen Anlegerinformationen zu veröffentlichen. 1

§ 301 entspricht weitgehend dem aufgehobenen § 121 Abs. 1 Satz 5 InvG, passt den Wortlaut aber an die Begriffsbestimmungen in § 1 an. Die Regelung gilt für alle Arten von Investmentvermögen. Normadressaten sind die Verwaltungsgesellschaften. Die zunächst in § 301 statuierte Pflicht, auf eine bestehende Vereinbarung zur Haftungsfreistellung der Verwahrstelle hinzuweisen, wurde mit Wirkung zum 18. März 2016 in Umsetzung der OGAW V-Richtlinie gestrichen.1 Eine solche Vereinbarung ist nur noch bei Spezial-AIF unter bestimmten Voraussetzungen möglich (§ 88 Abs. 4). Bei anderen Investmentvermögen ist eine solche Vereinbarung nicht mehr möglich (für OGAW, vgl. § 77 Abs. 4; für Publikums-AIF, vgl. Umkehrschluss aus § 88 Abs. 4), weshalb sich auch entsprechende Hinweise erübrigen.2 Im Übrigen setzt die Regelung Art. 81 Abs. 1 Unterabsatz 2 OGAW IV-Richtlinie um. 2 Der Wortlaut verlangt ausdrücklich eine Veröffentlichung auf der Website der Kapitalverwaltungsgesellschaft, Veröffentlichungen an anderer Stelle erfüllen die Pflicht nicht, vor allem auch nicht die Veröffentlichung auf der Website einer Vertriebsgesellschaft.3 Die wesentlichen Anlegerinformationen müssen allgemein öffentlich zugänglich sein. Die Einrichtung eines Zugangs lediglich für Anleger über einen geschützten Bereich auf der Internetseite der Verwaltungsgesellschaft genügt diesen Anforderungen nicht.4

_____ 10 11 1 2 3 4

BGBl. I, S. 348. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 300 Rn. 12. Vgl. BGBl. I. 2016, S. 248. BT Drucks. 18/6744 S. 67. Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Müchler InvG, § 121 Rn. 19. Ziff. 3.7 BaFin FAQ Vertrieb.

Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-088

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Werbung

§ 302

Die Verwaltungsgesellschaft eines AIF muss gemäß § 301 stets eine aktuelle Fassung 3 der wesentlichen Anlegerinformationen auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

§ 302 Werbung § 302 Werbung Zingel/Oppenheim Werbung https://doi.org/10.1515/9783110492217-089 (1) 1Werbung für AIF gegenüber Privatanlegern und Werbung für OGAW muss eindeutig als solche erkennbar sein. 2Sie muss redlich und eindeutig sein und darf nicht irreführend sein. 3Insbesondere darf Werbung, die zum Erwerb von Anteilen oder Aktien eines inländischen Investmentvermögens, EU-Investmentvermögens oder ausländischen AIF auffordert und spezifische Informationen über diese Anteile oder Aktien enthält, keine Aussagen treffen, die im Widerspruch zu Informationen des Verkaufsprospekts und den in den §§ 166, 270, 318 Absatz 5 oder in Artikel 78 der Richtlinie 2009/65/EG genannten wesentlichen Anlegerinformationen stehen oder die Bedeutung dieser Informationen herabstufen. (2) 1Bei Werbung in Textform ist darauf hinzuweisen, dass ein Verkaufsprospekt existiert und dass die in den §§ 166, 270, 318 Absatz 5 oder in Artikel 78 der Richtlinie 2009/65/EG genannten wesentlichen Anlegerinformationen verfügbar sind. 2Dabei ist anzugeben, wo und in welcher Sprache diese Informationen oder Unterlagen erhältlich sind und welche Zugangsmöglichkeiten bestehen. (3) Werbung in Textform für den Erwerb von Anteilen oder Aktien eines inländischen Investmentvermögens, nach dessen Anlagebedingungen oder Satzung die Anlage von mehr als 35 Prozent des Wertes des Investmentvermögens in Schuldverschreibungen eines der in § 206 Absatz 2 Satz 1 genannten Aussteller zulässig ist, muss diese Aussteller benennen. (4) 1Werbung für den Erwerb von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, nach dessen Anlagebedingungen oder Satzung ein anerkannter Wertpapierindex nachgebildet wird oder hauptsächlich in Derivate nach Maßgabe des § 197 angelegt wird, muss auf die Anlagestrategie hinweisen. 2Weist ein Investmentvermögen auf Grund seiner Zusammensetzung oder der für die Fondsverwaltung verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität auf, so muss in der Werbung darauf hingewiesen werden. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Werbung für ausländische AIF oder EU-AIF. (5) Werbung in Textform für einen Feederfonds muss einen Hinweis enthalten, dass dieser dauerhaft mindestens 85 Prozent seines Vermögens in Anteile eines Masterfonds anlegt. (6) Werbung für Dach-Hedgefonds oder für ausländische AIF oder EU-AIF, die hinsichtlich der Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von DachHedgefonds vergleichbar sind, muss ausdrücklich auf die besonderen Risiken des Investmentvermögens nach Maßgabe des § 228 Absatz 2 hinweisen. (7) 1Die Bundesanstalt kann Werbung untersagen, um Missständen bei der Werbung für AIF gegenüber Privatanlegern und für OGAW zu begegnen. 2Dies gilt insbesondere für 1. Werbung mit Angaben, die in irreführender Weise den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen können sowie 2. Werbung mit dem Hinweis auf die Befugnisse der Bundesanstalt nach diesem Gesetz oder auf die Befugnisse der für die Aufsicht zuständigen Stellen in an615 https://doi.org/10.1515/9783110492217-089

Zingel/Oppenheim

§ 302

Werbung

deren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Drittstaaten. Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 293 und BaFin Hinweise zur Werbung mit der_BaFin vom 14. September 2005.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Begriff der Werbung und Anforderungen an die Redlichkeit (Abs. 1) | 2 Allgemeine Hinweispflichten (Abs. 2) | 6

D.

E.

Hinweispflichten auf besondere Risiken (Abs. 3 bis 6) | 7 Untersagung von Werbung durch die BaFin (Abs. 7) | 10

A. Regulierungshintergrund 1

Der Wortlaut von § 302 orientiert sich an dem aufgehobenen § 124 InvG.1 Anwendungsbereich ist die Werbung für AIF gegenüber Privatanlegern und die Werbung für OGAW. Erfasst wird die Werbung für ein bestimmtes Investmentvermögen. Sonstige Werbung einer Kapitalverwaltungsgesellschaft oder einer extern verwalteten Investmentgesellschaft wird durch § 33 i.V.m. § 23 KWG reguliert. Wie bereits § 124 InvG ist der Adressatenkreis der Vorschrift unbeschränkt.2 B. Begriff der Werbung und Anforderungen an die Redlichkeit (Abs. 1) B. Begriff der Werbung und Anforderungen an die Redlichkeit (Abs. 1)

Werbung im Sinne von § 302 Abs. 1 Satz 1 erfasst sämtliche Äußerungen, die das Interesse am Erwerb von Aktien oder Anteilen an einem Investmentvermögen wecken sollen.3 Auf das Medium kommt es nicht an. Bei der Werbung in Textform stellt § 302 Abs. 2 und 3 aber zusätzliche Anforderungen auf. 3 Werbung für ein Investmentvermögen muss nach § 302 Abs. 1 Satz 1 eindeutig als solche erkennbar sein. Die Formulierung entspricht jener in § 63 Abs. 6 Satz 2 WpHG (§ 31 Abs. 2 Satz 2 WpHG a.F.). Die eindeutige Erkennbarkeit setzt nicht eine Bezeichnung als „Werbung“ voraus. Ausreichend ist, dass Art, Form oder Inhalt der Information sie erkennbar als Werbung erscheinen lässt. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die Werbung wie eine objektive Information wirkt, etwa wie ein unabhängiger redaktioneller Beitrag.4 Werbung muss redlich und eindeutig, sie darf nicht irreführend sein (§ 302 Abs. 1 4 Satz 2). Dies entspricht der Verpflichtung in § 63 Abs. 6 Satz 1 WpHG (§ 31 Abs. 2 Satz 1 WpHG a.F.) für die Werbung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Diese Regelung setzt Art. 24 Abs. 3 MiFID II um. Zur Auslegung der Vorgabe in § 302 Abs. 1 Satz 2 2

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1 RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 282. 2 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 302 Rn. 5. 3 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 124 InvG Rn. 4; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 4; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 124 InvG Rn. 16; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 302 Rn. 3. 4 Assmann/Schneider/Koller § 31 WpHG Rn. 89.

Zingel/Oppenheim

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D. Hinweispflichten auf besondere Risiken (Abs. 3 bis 6)

§ 302

kann daher Art. 44 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 herangezogen werden, der weitgehend der Regelung in § 4 WpDVerOV a.F. entspricht. Redlich ist Werbung, wenn sie notwendige Informationen beinhaltet. Unredlich 5 wäre es etwa, veraltete Angaben zu machen oder ein Erstellungsdatum zu verschleiern.5 Eindeutig ist Werbung, wenn sie so klar formuliert wird, dass eine abweichende Interpretation des Gesagten fernliegend ist.6 Irreführend ist Werbung, wenn sie ein Verständnis hervorrufen kann, dass mit den Tatsachen nicht übereinstimmt.7 Die Verpflichtung in § 302 Abs. 1 Satz 3 zur Übereinstimmung der Informationen mit den Angaben im Verkaufsprospekt und in den wesentlichen Anlegerinformationen konkretisiert das Verbot der Irreführung zusätzlich. Ein Widerspruch zwischen Werbung einerseits und Verkaufsprospekt und wesentlichen Anlegerinformationen anderseits liegt etwa vor, wenn Risiken abgeschwächt dargestellt werden. C. Allgemeine Hinweispflichten (Abs. 2) Bei Werbung in Textform muss darauf hingewiesen werden, dass es einen Ver- 6 kaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen gibt. Es ist anzugeben, wo und in welcher Sprache diese erhältlich sind und welche Zugangsmöglichkeiten bestehen (§ 302 Abs. 2). Textform umfasst – abweichend von der Definition beim Formerfordernis in § 126b BGB8 – jede Werbung, die Schriftzeichen enthält. Auf die Art der Speicherung des Textes kommt es nicht an.9 Für die Angaben, wo und auf welche Weise der Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen erhältlich sind, ist mittlerweile der Verweis auf eine Internetseite mit der Möglichkeit zum Herunterladen der Dokumente üblich. Möglich ist aber auch weiterhin die Angabe einer Postanschrift oder Telefonnummer, über die die Dokumente angefordert werden können.10 D. Hinweispflichten auf besondere Risiken (Abs. 3 bis 6) D. Hinweispflichten auf besondere Risiken (Abs. 3 bis 6) Werbung in Textform für ein Investmentvermögen, das 35 Prozent oder mehr seines 7 Wertes in Schuldverschreibungen der in § 206 Abs. 2 Satz 1 genannten Aussteller anlegen darf, muss gemäß § 302 Abs. 3 Satz 1 diese Aussteller benennen. Wenn das Investmentvermögen einen anerkannten Wertpapierindex nachbildet 8 oder hauptsächlich in Derivate nach § 197 anlegt, muss hierauf bei der Werbung hingewiesen werden (§ 302 Abs. 4 Satz 1). Dies gilt bei jeder Form der Werbung, nicht nur bei der Werbung in Textform. Gleiches gilt für den nach § 302 Abs. 4 Satz 2 notwendigen Hinweis auf eine erhöhte Volatilität aufgrund der Zusammensetzung eines Investmentvermögens oder aufgrund der von der Verwaltung genutzten Techniken. Allerdings gelten diese Pflichten nicht bei der Werbung für ausländische AIF und EUAIF. Werbung in Textform für einen Feederfonds muss gemäß § 302 Abs. 5 einen Hin- 9 weis enthalten, dass dieser dauerhaft mindestens 85 Prozent seines Vermögens in Antei-

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5 Vgl. Assmann/Schneider/Koller § 31 WpHG Rn. 59. 6 Schwark/Zimmer/Rothenhöfer § 31 WpHG Rn. 103; Assmann/Schneider/Koller § 31 WpHG Rn. 57. 7 Assmann/Schneider/Koller § 31 Rn. 58; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 302 Rn. 16 mit Verweis auf §§ 5, 5a UWG. 8 Jäger/Maas/Renz CCZ 2014 63 (72). 9 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 123 InvG Rn. 8; Jäger/Maas/Renz CCZ 2014 63 (72). 10 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 124 InvG Rn. 8.

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Zingel/Oppenheim

§ 302

Werbung

le eines Masterfonds anlegt. Werbung für Dach-Hedgefonds und vergleichbare ausländische AIF oder EU-AIF muss ausdrücklich auf die besonderen Risiken nach Maßgabe des § 228 Abs. 2 hinweisen (§ 302 Abs. 6). Bei Werbung in Textform ist eine drucktechnische Hervorhebung erforderlich. Bei anderen Formen der Werbung muss eine entsprechende Hervorhebung, etwa durch eine abgegrenzte mündliche Erklärung, sichergestellt werden. E. Untersagung von Werbung durch die BaFin (Abs. 7) E. Untersagung von Werbung durch die BaFin (Abs. 7) 10

§ 302 Abs. 7 Satz 1 gibt der BaFin die Möglichkeit, Werbung zu untersagen, um Missständen zu begegnen. Ein Anknüpfungspunkt für eine Untersagungsverfügung ist nicht der bloße Verstoß gegen die Vorgaben des § 302. Begrifflich verlangt ein Missstand vielmehr eine Pflichtverletzung von einer gewissen Intensität.11 Ein Missstand liegt daher erst dann vor, wenn mit der Werbung erheblich gegen die Pflichten aus § 302 verstoßen wird. Ein Maßstab hierfür ergibt sich aus der vom UWG bestimmten Wettbewerbsordnung.12 § 302 Abs. 7 Satz 2 nennt zwei Beispiele für Verstöße, die eine Untersagung durch die 11 BaFin begründen können. Zum einen die Werbung mit Angaben, die in irreführender Weise den Eindruck eines besonders günstigen Angebots hervorrufen können. Zum anderen die Werbung mit Befugnissen der BaFin oder einer anderen Aufsichtsbehörde der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums. Der irreführende Eindruck eines besonders günstigen Angebots ist gegeben, wenn gegenüber anderen Anbietern mit Vorteilen geworben wird, die nicht allgemein üblich sind.13 Die Art des Vorteils ist bedeutungslos. Erfasst sind vor allem die Werbung mit geringen Gebühren und die Werbung mit überdurchschnittlichen Wertentwicklungen.14 Irreführend ist der Eindruck freilich nur dann, wenn er nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Verhältnisse unrichtig, unvollständig, einseitig und nicht mit der gebotenen Vorsicht dargestellt werden.15 Die Werbung mit einem tatsächlich günstigen Angebot bleibt zulässig. Bei der Darstellung der Wertentwicklung sollte jedoch beachtet werden, dass das Gesetz davon ausgeht, dass vergangenheitsbezogene Werte keine Rückschlüsse für die Zukunft gewähren (vgl. § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c). Darauf sollte bei der Darstellung einer positiven vergangenen Wertentwicklung im Rahmen von Werbematerialien deutlich hingewiesen werden. Weitere Anhaltspunkte für eine angemessene Darstellung lassen sich aus Art. 44 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 gewinnen,16 insbesondere bezüglich der Darstellung von Wertentwicklungen. Die Untersagung der Werbung mit Befugnissen einer Aufsichtsbehörde soll verhin12 dern, dass ein falscher Eindruck über die Reichweite der Aufsicht entsteht. Entsprechend der „Hinweise zur Werbung mit der BaFin“ vom 14. September 2005 wirbt jeder Hinweis mit Befugnissen der BaFin, der über die bloße Nennung der BaFin als Aufsichtsbehörde hinausgeht. Gleiches muss dann für die Nennung einer anderen europäischen Auf-

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11 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 124 InvG Rn. 24 f.; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Süßmann § 124 InvG Rn. 13; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 302 Rn. 15. 12 Vgl. Baur § 10 AuslInvestmG Rn. 8; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 10. 13 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 11; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 15. 14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 15. 15 Baur § 10 AuslInvestmentG Rn. 12. 16 Vgl. auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 13 f. zu entsprechenden Regelung in § 4 WpDVerOV a.F.

Zingel/Oppenheim

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B. Grundsatz: Deutsche Sprache (Abs. 1 und Abs. 3)

§ 303

sichtsbehörde gelten.17 Die BaFin hat bisher bei ausländischen Investmentvermögen einen Hinweis auf die Anzeige bei der BaFin (vormals § 139 InvG, nunmehr § 310 und § 312) akzeptiert.18 Die BaFin untersagt Werbung durch einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 VwVfG, der im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden.19 17 18 19

§ 303 Maßgebliche Sprachfassung § 303 Maßgebliche Sprachfassung Zingel/Oppenheim https://doi.org/10.1515/9783110492217-090

(1) 1Sämtliche Veröffentlichungen und Werbeschriften, die sich auf Anteile oder Aktien an einem an Privatanleger vertriebenen AIF oder an einem inländischen OGAW beziehen, sind in deutscher Sprache abzufassen oder mit einer deutschen Übersetzung zu versehen. 2Dabei ist der deutsche Wortlaut der in § 297 Absatz 1 bis 4 und 8 genannten Unterlagen und der in Satz 1 genannten Unterlagen und Veröffentlichungen maßgeblich. (2) 1Bei EU-OGAW ist der deutsche Wortlaut der wesentlichen Anlegerinformationen für die Prospekthaftung nach § 306 maßgeblich; für die übrigen in § 298 Absatz 1 genannten Unterlagen ist die im Geltungsbereich dieses Gesetzes veröffentlichte Sprachfassung zugrunde zu legen. 2Erfolgt die Veröffentlichung auch in deutscher Sprache, so ist der deutsche Wortlaut maßgeblich. (3) 1Übersetzungen von wesentlichen Anlegerinformationen und Unterlagen gemäß § 298 Absatz 1 Satz 1 und gemäß § 299 Absatz 1 Satz 1 müssen unter der Verantwortung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der EU-Verwaltungsgesellschaft erstellt werden. 2Sie müssen den Inhalt der ursprünglichen Informationen richtig und vollständig wiedergeben. A. Regulierungshintergrund § 303 entspricht den entsprechenden Regelungen im aufgehobenen Investmentge- 1 setz: § 303 Abs. 1 übernimmt § 123 Abs. 1 InvG unter Anpassung an die Begrifflichkeiten in § 1, § 303 Abs. 2 basiert auf § 123 Abs. 2 InvG und § 303 Abs. 3 entspricht § 122 Abs. 1a InvG.1 Die Regelungen legen die maßgebliche Sprachfassung für den Vertrieb von OGAW und für den Vertrieb von AIF an Privatanleger fest. B. Grundsatz: Deutsche Sprache (Abs. 1 und Abs. 3) B. Grundsatz: Deutsche Sprache (Abs. 1 und Abs. 3) Nach § 303 Abs. 1 Satz 1 müssen sämtliche Veröffentlichungen und Werbeschrif- 2 ten, die sich auf Anteile oder Aktien an einem inländischen OGAW oder auf einen AIF

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17 Die Nennung von ausländischen Aufsichtsbehörden in der gesetzlichen Regelung zeigt zudem, dass der Gesetzgeber die Befürchtung nicht geteilt hat, der bloße Hinweis auf eine solche Behörde könne einen falschen Eindruck beim Anleger entstehen lassen, wenn diese von der BaFin abweichende Befugnisse habe (so Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 124 InvG Rn. 15 m.w.N.; dagegen schon unter dem Regulierungsregime des Investmentgesetzes Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 124 InvG Rn. 17). 18 Siehe Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 17. 19 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 302 Rn. 21. 1

RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 282.

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§ 304

Kostenvorausbelastung

beziehen, der in Deutschland an Privatanleger vertrieben wird, in deutsch abgefasst oder mit einer deutschen Übersetzung versehen sein. § 303 Abs. 1 dürfte ebenso wie zuvor § 121 Abs. 1 als ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sein, da die Regelung für den einzelnen Anleger sicherstellen will, dass er in einer Sprache unterrichtet wird, die für ihn verständlich ist.2 Zudem stellt ein Verstoß gegen die Vorgabe regelmäßig eine Verletzung von Aufklärungspflichten dar, wie sie etwa von § 297 festgelegt werden.3 Unter Werbeschriften wurden im Rahmen des Investmentgesetzes Veröffentlichungen in Textform verstanden, die der Absatzförderung dienen.4 Das Tatbestandsmerkmal hatte aber bereits dort keine eigenständige Bedeutung, da ohnehin alle Arten von Veröffentlichungen erfasst sind. Nicht notwendig ist die Schriftform; auch Podcasts, Videos oder Rundfunkausstrahlungen erfüllen den Tatbestand. Liegen die Unterlagen auch in einer anderen Sprache als der deutschen vor, so ist die deutsche Fassung für die Frage maßgeblich, ob gesetzliche oder vertragliche Pflichten durch die Veröffentlichung verletzt werden (§ 303 Abs. 1 Satz 2). § 303 Abs. 3 Satz 1 stellt klar, dass für die Übersetzungen die ausländische AIF3 Verwaltungsgesellschaft oder EU-Verwaltungsgesellschaft verantwortlich ist. § 303 Abs. 3 Satz 2 scheint etwas Selbstverständliches noch einmal ausdrücklich vorzugeben, nämlich, dass der Inhalt der Informationen in der Übersetzung richtig wiedergegeben werden muss. Dies soll wohl deutlich machen, dass die Übersetzung nicht etwa unverbindlich ist.5 C. Verwendung einer anderen Sprache beim Vertrieb von EU-OGAW (Abs. 2) 4

Nach § 298 Abs. 1 Satz 1 können beim Vertrieb von EU-OGAW Informationen auch in einer Sprache erteilt werden, die an den internationalen Finanzmärkten üblich ist. § 303 Abs. 2 bestimmt, dass bei mehreren nicht-deutschen Sprachfassungen diejenige maßgeblich ist, die für die Information in Deutschland gewählt wurde. Dies gilt nach § 303 Abs. 2 Satz 2 allerdings nur solange, wie keine deutsche Übersetzung erstellt worden ist.

§ 304 Kostenvorausbelastung § 304 Kostenvorausbelastung Zingel/Oppenheim Kostenvorausbelastung https://doi.org/10.1515/9783110492217-091

Wurde die Abnahme von Anteilen oder Aktien für einen mehrjährigen Zeitraum vereinbart, so darf von jeder der für das erste Jahr vereinbarten Zahlungen höchstens ein Drittel für die Deckung von Kosten verwendet werden, die restlichen Kosten müssen auf alle späteren Zahlungen gleichmäßig verteilt werden.

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2 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 2; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Ewers § 123 InvG Rn. 9; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 123 InvG Rn. 10; Brinkhaus/Scherer/Pfüller § 5 AuslInvestmG Rn. 9; Baur § 5 AuslInvestmG Rn. 5; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 303 Rn. 11. 3 FF/Merk § 303 Rn. 11; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 303 Rn. 3. 4 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 6. 5 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 123 InvG Rn. 10.

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B. Kosten

§ 304

A. Regulierungshintergrund § 304 legt für Investmentsparpläne fest, dass höchstens ein Drittel der für das erste 1 Jahr vereinbarten Zahlungen zur Deckung der Kosten verwandt werden darf. Die restlichen Kosten müssen auf alle späteren Zahlungen gleichmäßig verteilt werden. Eine derartige Einschränkung der Kostenvorausbelastung sah bereits das Auslandinvestmentgesetz in seiner ursprünglichen Fassung von 1969 vor.1 Der Wortlaut von § 304 entspricht nahezu vollständig dem aufgehobenen § 125 InvG, der seinerseits die vorher bestehenden Vorschriften in § 2 Abs. 1 Nr. 4c AuslInvestmG und in § 22 KAGG aufgenommen hatte.2 Die Vorschrift gilt – wie alle Regelungen im zweiten Unterabschnitt – bezüglich AIF nur bei einem Erwerb durch Privatanleger. Sinn und Zweck der Regelung ist, einen Mechanismus ähnlich der Zillmerung zu 2 verhindern.3 Der Begriff „Zillmerung“ stammt aus der Versicherungsmathematik. Dort bezeichnet er die Verwendung der ersten vom Kunden gezahlten Prämien für die Deckung der Abschlusskosten. Die Zillmerung führt bei einer Versicherung in den ersten Jahren zu Rückkaufswerten, die unter den gezahlten Prämien liegen.4 Übertragen auf einen Investmentsparplan bedeutet dies, dass der Anleger durch die Kostenvorausbelastung am Anfang der Laufzeit deutlich weniger Anteile oder Aktien erwerben würde als es seiner Sparrate entspricht. Durch die Beschränkung der Kostenbelastung im ersten Jahr soll der Anleger vor der negativen Wirkung dieses Effektes geschützt werden, ohne dass die Anreize zum Vertrieb von Investmentsparplänen ganz aufgehoben werden.5 B. Kosten B. Kosten Kosten im Sinne von § 304 sind alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dem 3 Erwerb, nicht etwa nur Ausgabeaufschläge, Vermittlungsprovisionen und Einrichtungsentgelte.6 Die Regelung gilt nicht nur für Verwaltungsgesellschaften, sondern unabhängig vom Anbieter für alle Vereinbarungen über die mehrjährige Abnahme von Investmentvermögen.7 Sie gilt allerdings nach ihrem Wortlaut nur insoweit, wie die Kosten von den Sparraten abgezogen werden.8 Schließt der Anleger eine gesonderte Vereinbarung über die Kosten, so kann diese auch eine Kostenvorausbelastung über die Grenze von einem Drittel hinaus vorsehen.9 Nicht erfasst von der Regelung sind damit Vereinba-

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1 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 2. 2 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 3. 3 RegBegr. zum Investmentgesetz, BTDrucks. 16/5576 S. 93. 4 Zum Verfahren und seinen rechtlichen Rahmenbedingungen in der Versicherungswirtschaft siehe etwa MüKo-HGB/Hommel § 341f HGB Rn. 48 ff. 5 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 1. Die Kostenvorausbelastung ist aus Sicht des Anbieters eines Investmentvermögens sinnvoll, da für ihn die Vertriebskosten beim Abschluss des Vertrages anfallen, vgl. Roegele/Görke BKR 2007 393 (400); Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 63 AEUV (Kapitalverkehrsfreiheit) werden von Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 304 Rn. 5 geäußert. 6 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 23. 7 Siehe bereits zu § 125 InvG VGH Kassel, Beschluss vom 23.9.2009 BeckRS 55460; a.A. VG Frankfurt, Beschluss vom 27.7.2009 NZG 2009 1230 f.; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 10. 8 VGH Kassel, Beschluss vom 23.9.2009 BeckRS 2012 55460. 9 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 Rn. 24 ff., a.A. Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 8.

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§ 305

Widerrufsrecht

rungen zwischen einem Anleger und einem Anlageberater über ein Honorar für die Beratung. C. Reichweite der Regelung § 304 regelt nur die Kostenvorausbelastung bei einem mehrjährigen Erwerb von Aktien oder Anteilen. Dies setzt begrifflich voraus, dass sich der Erwerb über mindestens 24 Monate erstreckt.10 Die Regelung gilt nur, wenn der Anleger sich zu Sparraten verpflichtet hat. 5 Nimmt er ohne rechtliche Verpflichtung in regelmäßigen Abständen Anteile oder Aktien ab, fehlt es an der vom Wortlaut geforderten Vereinbarung über die Abnahme.11 Es kommt allerdings nicht auf die Festlegung einer festen Sparrate an. Auch wenn deren konkrete Höhe ins Ermessen des Anlegers gestellt ist, darf von den Raten des ersten Jahres höchstens ein Drittel für die Kosten verwandt werden. Hat der Anleger sich hingegen zu bestimmten Raten verpflichtet und leistet er diese vertragswidrig nicht in voller Höhe, so dürfen die tatsächlichen Leistungen auch mit mehr als einem Drittel belastet werden.12 Die Grenze bildet der Betrag, der bei vereinbarungsgemäßer Leistung im ersten Jahr für die Kosten hätte verwandt werden dürfen.

4

D. Rechtsfolgen 6

§ 304 ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB,13 eine der Regelung widersprechende Vereinbarung über die Kostenvorausbelastung ist daher nichtig.14 § 304 dürfte auch als ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sein, die Regelung bezweckt den Schutz der Vermögensinteressen des einzelnen Anlegers.15 Der Anleger hat demnach einen Anspruch, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn für die unzulässig abgezogenen Kosten weitere Anteile erworben worden wären.16 Die BaFin kann gemäß § 5 Abs. 6 Satz 1 Vereinbarungen untersagen, die gegen § 304 verstoßen.

§ 305 Widerrufsrecht § 305 Widerrufsrecht Zingel/Oppenheim Widerrufsrecht https://doi.org/10.1515/9783110492217-092

(1) 1Ist der Käufer von Anteilen oder Aktien eines offenen Investmentvermögens durch mündliche Verhandlungen außerhalb der ständigen Geschäftsräume desjenigen, der die Anteile oder Aktien verkauft oder den Verkauf vermittelt hat,

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10 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 5; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 11. 11 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 5; Brinkhaus/Scherer/Pfüller § 2 AuslInvestmG Rn. 74; a.A. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 18. 12 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 21; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 123 InvG Rn. 4. Anders wird das Problem von Baur § 22 KAGG Rn. 3 gelöst, der im Fall der vertragswidrigen Nichtleistung den Zeitraum verlängert, in dem ein Drittel der Zahlungen für die Kosten verwandt werden dürfen. So auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 7. 13 Vgl. Baur § 22 KAGG Rn. 22; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 10. 14 Einschränkend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 33 ff., wonach die Nichtigkeit der Vereinbarung auf den Teil beschränkt sei, der über die gesetzlich zulässige Kostenvorausbelastung hinausgeht. 15 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 125 InvG Rn. 36. 16 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 125 InvG Rn. 10.

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Schrifttum

§ 305

dazu bestimmt worden, eine auf den Kauf gerichtete Willenserklärung abzugeben, so ist er an diese Erklärung nur gebunden, wenn er sie nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei der Verwaltungsgesellschaft oder einem Repräsentanten im Sinne des § 319 in Textform widerruft; dies gilt auch dann, wenn derjenige, der die Anteile oder Aktien verkauft oder den Verkauf vermittelt, keine ständigen Geschäftsräume hat. 2Bei Fernabsatzgeschäften gilt § 312g Absatz 2 Nummer 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. (2) 1Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. 2Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn dem Käufer die Durchschrift des Antrags auf Vertragsabschluss ausgehändigt oder eine Kaufabrechnung übersandt worden ist und in der Durchschrift oder der Kaufabrechnung eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten ist, die den Anforderungen des Artikels 246 Absatz 3 Satz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch genügt. 3Ist der Fristbeginn nach Satz 2 streitig, trifft die Beweislast den Verkäufer. (3) Das Recht zum Widerruf besteht nicht, wenn der Verkäufer nachweist, dass 1. der Käufer kein Verbraucher im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist oder 2. er den Käufer zu den Verhandlungen, die zum Verkauf der Anteile oder Aktien geführt haben, auf Grund vorhergehender Bestellung gemäß § 55 Absatz 1 der Gewerbeordnung aufgesucht hat. (4) Ist der Widerruf erfolgt und hat der Käufer bereits Zahlungen geleistet, so ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die EU-Verwaltungsgesellschaft oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verpflichtet, dem Käufer, gegebenenfalls Zug um Zug gegen Rückübertragung der erworbenen Anteile oder Aktien, die bezahlten Kosten und einen Betrag auszuzahlen, der dem Wert der bezahlten Anteile oder Aktien am Tag nach dem Eingang der Widerrufserklärung entspricht. (5) Auf das Recht zum Widerruf kann nicht verzichtet werden. (6) Die Vorschrift ist auf den Verkauf von Anteilen oder Aktien durch den Anleger entsprechend anwendbar. (7) Das Widerrufsrecht in Bezug auf Anteile und Aktien eines geschlossenen Investmentvermögens richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. (8) 1Anleger, die vor der Veröffentlichung eines Nachtrags zum Verkaufsprospekt eine auf den Erwerb eines Anteils oder einer Aktie eines geschlossenen Publikums-AIF gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, können diese innerhalb einer Frist von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags widerrufen, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. 2Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform gegenüber der im Nachtrag als Empfänger des Widerrufs bezeichneten Verwaltungsgesellschaft oder Person zu erklären; zur Fristwahrung reicht die rechtzeitige Absendung. 3Auf die Rechtsfolgen des Widerrufs ist § 357a des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Schrifttum Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 293 und Markwardt/Kracke Auf dem Prüfstand: Das Widerrufsrecht nach § 11 Abs. 2 VermAnlG, BKR 2012 149.

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§ 305

A. B. C.

D.

Widerrufsrecht

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Anwendungsbereich | 2 Keine Anwendung der Vorschriften über den Widerruf von Fernabsatzgeschäften (Abs. 1 Satz 2) | 3 Voraussetzungen des Widerrufsrechts (Abs. 1 und 2) I. Gespräch als Grundlage des Anteilserwerbs | 4 II. Außerhalb der ständigen Geschäftsräume | 5 III. Frist | 6

E. F. G. H. I.

IV. Widerrufsbelehrung | 7 V. Widerrufserklärung | 8 Ausschluss des Widerrufsrechts (Abs. 3) | 9 Rechtsfolgen des Widerrufs (Abs. 4) | 10 Kein Verzicht auf das Widerrufsrecht (Abs. 5) | 11 Verkauf von Anteilen oder Aktien (Abs. 6) | 12 Widerrufsrecht beim Nachtrag zum Verkaufsprospekt eines geschlossenen Publikums-AIF (Abs. 8) | 13

A. Regulierungshintergrund 1

§ 305 entspricht in seinen Absätzen 1 bis 6 der Regelung im aufgehobenen § 126 InvG, der Wortlaut wurde lediglich an die Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst.1 § 126 InvG gründete seinerseits auf § 23 KAGG.2 Die Regelung gibt einem Anleger eines offenen Investmentvermögens unter bestimmten Umständen ein Widerrufsrecht. Er soll sich nach § 305 Abs. 1 Satz 1 von seiner Anlageentscheidung wieder lösen können, wenn der Erwerb auf einer Überrumpelung außerhalb der Geschäftsräume des Verkäufers oder Vermittlers gründet. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung3 ist § 305 an die Änderungen zum Widerrufsrecht im BGB und EGBGB angepasst worden. B. Anwendungsbereich B. Anwendungsbereich

2

§ 305 BGB regelt das Bestehen, die Ausübung und die Rechtsfolgen eines speziellen Widerrufsrechts im Zusammenhang mit Investmentvermögen. Die Vorschrift gilt – ohne dass dies explizit erwähnt wird – nur für Privatanleger.4 Die Regelungen in § 305 Abs. 1 bis 6 gelten für offene Investmentvermögen. Sie schließen als spezielle Regelung ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB aus (vgl. § 312g Abs. 3 BGB). Für geschlossene Investmentvermögen gilt dagegen gemäß § 305 Abs. 7 die allgemeine Regelung in § 312g Abs. 1 BGB. Für geschlossene Publikums-AIF enthält § 305 Abs. 8 zudem Bestimmungen zum Widerrufsrecht nach Veröffentlichung von Prospektnachträgen. Das Widerrufsrecht gilt auch im Rahmen eines Investment-Sparplans, wenn die Entscheidung zum Abschluss des Sparplans auf eine Vermittlung oder Verkauf außerhalb der Geschäftsräume des Verkäufers oder Vermittlers gründet.5 Das Widerrufsrecht besteht zudem unabhängig davon, ob der Anleger Anteile oder Aktien eines bestimmten Investmentvermögens erwerben will oder ob die Auswahl in das Ermessen eines Dritten gestellt ist.6

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1 2 3 4 5 6

RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 282 f. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 Rn. 1. BGBl. I, S. 3642. Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 2; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 1. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 3. Vgl. Baur § 23 KAGG Rn. 17; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 3.

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D. Voraussetzungen des Widerrufsrechts (Abs. 1 und 2)

§ 305

C. Keine Anwendung der Vorschriften über den Widerruf von Fernabsatzgeschäften (Abs. 1 Satz 2) Bei Fernabsatzgeschäften über offene Investmentvermögen ist ein Wiederruf ge- 3 mäß § 305 Abs. 1 Satz 2 entsprechend § 312g Abs. 2 Nr. 8 BGB ausgeschlossen. D. Voraussetzungen des Widerrufsrechts (Abs. 1 und 2) D. Voraussetzungen des Widerrufsrechts (Abs. 1 und 2) I. Gespräch als Grundlage des Anteilserwerbs Das Widerrufsrecht setzt voraus, dass der Anleger den Anteil oder die Aktie eines 4 offenen Investmentvermögens auf der Grundlage eines Gesprächs erworben hat (§ 305 Abs. 1 Satz 1). Auf andere Formen der Kommunikation – etwas die rein schriftliche Kommunikation – ist § 305 nach seinem eindeutigen Wortlaut („mündliche Verhandlungen“) nicht anwendbar.7 „Mündlich“ ist eine Verhandlung, wenn zwischen den Parteien „direkte sprachliche Kommunikation“ stattfindet.8 Fernmündliche Gespräche werden daher im Grundsatz von § 305 Abs. 1 Satz 1 ebenso erfasst, wobei allerdings das Widerrufsrecht in diesen Fällen regelmäßig wegen § 305 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 BGB ausgeschlossen ist.9 Der Anleger muss durch die mündlichen Verhandlungen „dazu bestimmt worden“ sein, eine „auf den Kauf gerichtete Willenserklärung“ abzugeben. Die Willenserklärung zum Erwerb des Anteils oder der Aktie muss nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Gespräch abgegeben worden sein, um das Widerrufsrecht zu begründen.10 Notwendig ist allein, dass es ohne das Gespräch nicht zu dem Erwerb gekommen wäre. Dies wird allerdings zweifelhafter, wenn eine längere Zeit zwischen dem Gespräch und dem Erwerb liegt.11 Letztlich ist die Frage, ob die Kausalität zwischen Gespräch und Erwerb gegeben ist, aber eine Frage des Einzelfalls.12 II. Außerhalb der ständigen Geschäftsräume Der Begriff des ständigen Geschäftsraums in § 305 Abs. 1 Satz 1 lässt sich in Anleh- 5 nung an § 42 Abs. 2 GewO bestimmen.13 Ein ständiger Geschäftsraum ist danach ein Raum, der regelmäßig vom Vermittler oder Verkäufer genutzt wird. Nicht notwendig ist, dass die geschäftliche Nutzung die überwiegende Nutzung der Räume ist. Auch hautsächlich privat genutzte Räume sind erfasst, solange sie nur auch geschäftlich genutzt werden.14 Unerheblich ist, ob der Verkäufer oder Vermittler überhaupt Geschäftsräume hat. Für den Überrumpelungseffekt, vor dem das Widerrufsrecht schützen will, kommt

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7 Unstreitig, vgl. nur Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 10. 8 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 305 Rn. 10; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 5. 9 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 5. 10 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 12 mwN. 11 Vgl. auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 7, wonach faktisch ein enger zeitlicher Zusammenhang aus Gründen der Nachweisbarkeit erforderlich ist; ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 13. 12 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 13; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 7. 13 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 Rn. 6; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 8; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 14, wonach ergänzend auf die Definition des Geschäftsraumes in § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückgegriffen werden könne. 14 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 6, Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 3; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 8.

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§ 305

Widerrufsrecht

es allein darauf an, dass das Geschäft eben nicht in solchen Räumen angebahnt wurde.15 III. Frist 6

Der Käufer kann seine Willenserklärung binnen zwei Wochen durch eine Erklärung in Textform (§ 126b BGB) widerrufen. Die Frist beginnt nach § 305 Abs. 2 Satz 2 erst zu laufen, wenn der Anleger entweder eine Durchschrift seines Kaufantrages oder eine Kaufabrechnung erhalten hat und darin eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten war. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 ff. BGB entsprechend.16 Die Beweislast für den Fristbeginn trifft den Verkäufer (§ 305 Abs. 2 Satz 2). Zur Wahrung der Frist genügt gemäß § 305 Abs. 2 Satz 1 die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Die rechtzeitige Absendung muss nach der allgemeinen Beweislastverteilung der Käufer ebenso beweisen wie den Zugang beim Verkäufer.17 IV. Widerrufsbelehrung

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Die Widerrufsbelehrung muss den Anforderungen von Art. 246 Abs. 3 Satz 2 und 3 EGBGB (vormals § 360 Abs. 1 BGB a.F.) genügen und auf der Durchschrift des Kaufantrages oder der Kaufabrechnung abgedruckt sein (§ 305 Abs. 2 Satz 2). Die Belehrung auf einer gesonderten Urkunde genügt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht.18 In der Widerrufsbelehrung ist zu benennen, an wen sie zu richten ist (Art. 246 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EGBGB). V. Widerrufserklärung

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Der Käufer muss eine Widerrufserklärung nicht als solche bezeichnen, es muss aus seiner Erklärung aber deutlich werden, dass er den Kauf des Anteils oder der Aktie widerruft.19 Adressaten der Erklärung sind gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 die Verwaltungsgesellschaft oder ein Repräsentant im Sinne von § 319. E. Ausschluss des Widerrufsrechts (Abs. 3) E. Ausschluss des Widerrufsrechts (Abs. 3)

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Das Widerrufsrecht besteht nur, wenn der Käufer ein Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist (Umkehrschluss aus § 305 Abs. 3 Nr. 1). Es besteht nach § 305 Abs. 3 Nr. 2 nicht, wenn der Verkäufer den Käufer zu den Verhandlungen auf Grund einer vorhergehenden Bestellung durch den Käufer aufgesucht hat. Diesen Fällen fehlt es regelmäßig an dem für das Widerrufsrecht erforderlichen Überrumpelungseffekt, weil der Käufer sich aufgrund der Bestellung des Verkäufers auf die Verkaufssituation einstellen kann.20 Eine solche vorhergehende Bestellung setzt allerdings voraus, dass der Käufer unbeeinflusst

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15 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 6; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 9; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 305 Rn. 13. 16 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 27; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 13. 17 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 7. 18 Abweichend Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 16, wonach die Belehrung zwar nicht in einer gesonderten Urkunde erfolgen muss, im Umkehrschluss dies aber möglich sein soll; ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 12. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 9. 20 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 18.

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G. Kein Verzicht auf das Widerrufsrecht (Abs. 5)

§ 305

vom Verkäufer um dessen Besuch gebeten hat. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die Bestellung vom Verkäufer durch eine Überrumpelung des Käufers ausgelöst wurde.21 F. Rechtsfolgen des Widerrufs (Abs. 4) Mit dem Widerruf löst sich der Käufer von der Willenserklärung, die auf den Erwerb 10 der Anteile oder Aktien gerichtet war. Sind noch keine Zahlungen geleistet worden, ist auch keine Rückabwicklung erforderlich.22 Der Käufer wird von seinen Zahlungsverpflichtungen frei. Hat der Käufer vor dem Widerruf bereits Zahlungen geleistet, so muss die Verwaltungsgesellschaft diese nach den Maßgaben des § 305 Abs. 4 zurückgewähren. § 305 Abs. 4 sieht dabei nicht die Rückzahlung des Kaufpreises vor, sondern die Zahlung des Gegenwertes der Anteile oder Aktien am Tag nach dem Eingang der Widerrufserklärung. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Gegenwert über oder unter dem Kaufpreis liegt.23 Ist der Käufer bereits Inhaber der Anteile oder Aktien, so erfolgt diese Rückzahlung Zug um Zug gegen die Rückübertragung der Anteile oder Aktien. Neben dem Gegenwert der Anteile oder Aktien sind dem Käufer aufgrund des Erwerbsvertrages gezahlte Kosten zu erstatten.24 Dies umfasst einen Ausgabeaufschlag, jedoch nicht Kosten außerhalb des eigentlichen Erwerbs, wie etwa Depotentgelte der Bank des Käufers.25 G. Kein Verzicht auf das Widerrufsrecht (Abs. 5) G. Kein Verzicht auf das Widerrufsrecht (Abs. 5) Der Käufer eines Anteils oder einer Aktie an einem Investmentvermögen kann auf 11 sein Widerrufsrecht nicht verzichten (§ 305 Abs. 5). Dies gilt unabhängig davon, wann eine Verzichtserklärung abgegeben wird, ob also bereits beim Erwerb der Anteile oder Aktien oder nachträglich.26 Eine Verwirkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB ist grundsätzlich denkbar, allerdings nur unter den strengen Voraussetzungen, die auch beim Haustürwiderruf gelten.27

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21 Baur § 23 KAGG Rn. 28; Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 14; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Schmies § 126 InvG Rn. 15; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 10. 22 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 23. 23 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 Rn. 12. 24 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 15. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 Rn. 13. 25 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 15; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 305 Rn. 19; a.A. Baur § 23 KAGG Rn. 34; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 13; Moritz/ Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 24, sofern die Kosten für das Depot ausschließlich hinsichtlich der widerrufenen Anlage identifizierbar sind. 26 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 16; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 305 Rn. 25 f., wonach ein nachträglicher Verzicht mit dem Sinn und Zweck von § 305 vereinbar sei; ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 305 Rn. 27 unter Verweis auf die Vertragsfreiheit; Weitnauer/ Boxberger/Anders/Paul § 305 Rn. 29 und bereits unter dem Regime von § 23 Abs. 5 KAGG Brinkhaus/ Scherrer/Södermeier/Baltzer § 23 KAGG Rn. 12, wo zwischen dem Verzicht auf das Widerrufsrecht und den Verzicht auf die „Ausübung eines vorhandenen Widerrufsrechts“ unterschieden wird. 27 Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers § 126 InvG Rn. 16; einschränkender Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Süßmann § 126 InvG Rn. 14. Zu den Voraussetzungen beim Haustürwiderruf etwa MüKo-BGB/ Masuch § 355 BGB Rn. 71; jede Verwirkung verneinend OLG Karlsruhe WM 2006 676 (678).

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§ 305

Widerrufsrecht

H. Verkauf von Anteilen oder Aktien (Abs. 6) H. Verkauf von Anteilen oder Aktien (Abs. 6) Der Schutz des Anlegers durch das Widerrufsrecht ist nicht auf den Kauf der Anteile 12 oder Aktien beschränkt. Er kann nach § 305 Abs. 6 auch einen Verkauf seiner Anteile oder Aktien widerrufen, wenn die Voraussetzungen von § 305 Abs. 1 Satz 1 erfüllt sind und kein Ausschlussgrund nach § 305 Abs. 3 vorliegt. I. Widerrufsrecht beim Nachtrag zum Verkaufsprospekt eines geschlossenen Publikums-AIF (Abs. 8) Privatanleger, die ihre Willenserklärung zum Erwerb von Anteilen oder Aktien an einem Publikums-AIF vor der Veröffentlichung eines Nachtrags zum Verkaufsprospekt abgeben haben, können diese Erklärung gemäß § 305 Abs. 8 Satz 1 widerrufen, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. Die Regelung entspricht § 11 Abs. 2 VermAnlG und § 16 Abs. 3 WpPG.28 Der Widerruf muss binnen zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags erfolgen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs (§ 305 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 2). Im Nachtrag muss eine Stelle benannt sein, die Empfänger des Widerrufs ist (in der Regel die Verwaltungsgesellschaft des AIF). Der Widerspruch ist in Textform (§ 126b BGB) zu erklären, er muss keine Begründung enthalten (§ 305 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 1). § 357a BGB gilt für die Rechtsfolgen des Widerrufs entsprechend, die empfangenen Leistungen sind zurück zu gewähren. Der Anleger erhält den Kaufpreis Zug um Zug gegen die Übertragung seines Gesellschaftsanteils auf die Verwaltungsgesellschaft.29 Nach dem Wortlaut der Regelung kommt es für das Widerrufsrecht allein darauf an, 14 ob es einen Nachtrag zum Prospekt gegeben hat. Damit scheint es unerheblich zu sein, ob der Anleger seine Anlageentscheidung vor oder nach dem Ereignis getroffen hat, das die Nachtragspflicht begründet hat. Die Regelung dient indes dem Schutz solcher Anleger, die ihre Entscheidung auf Angaben gegründet haben, die zum Zeitpunkt ihrer Anlageentscheidung falsch oder unvollständig waren.30 Daher ist die Regelung so zu verstehen, dass das Widerrufsrecht nur den Anlegern zusteht, die ihre Willenserklärung zwar nach einem nachtragspflichtigen Ereignis, aber vor dessen Veröffentlichung abgeben haben.31 Voraussetzung für das Widerrufsrecht ist, dass das Erwerbsangebot des Anlegers 15 noch nicht erfüllt wurde. Erfüllt ist ein Erwerbsangebot für Anteile oder Aktie an einem geschlossenen AIF, wenn der Anleger die Stellung erreicht hat, die er mit seiner entsprechenden Willenserklärung anstrebt hat. Erfüllt ist etwa der Erwerb einer Aktie mit ihrer Übertragung oder mit der Einbuchung in das Depot des Anlegers. Der Erwerb eines Anteils einer Personengesellschaft in Form der GmbH & Co. KG erfolgt mit der Aufnahme in die Gesellschaft.32 13

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28 Eingehend hierzu Markwardt/Kracke BKR 2012 149. 29 Für die Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Markwardt/Kracke BKR 2012 149; siehe zudem zu den gesellschaftsrechtlichen Hindernissen einer Rückgewährung bei einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft § 306 Rn. 24. 30 Vgl. den Beschluss des Finanzausschusses (BTDrucks. 17/7453 S. 72) und seine Bezugnahme auf § 16 WpPG, der nach seiner Regierungsbegründung eine Kauferklärung nach dem nachtragspflichtigen Ereignis verlangt (BTDrucks. 15/4999 S. 36 f.). Siehe auch Schwark/Zimmer/Heidelbach KMRK, § 16 WpPG Rn. 45. 31 Markwardt/Kracke BKR 2012 149 (150); a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 305 Rn. 53. 32 Markwardt/Kracke BKR 2012 149 (151).

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Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

§ 306

§ 306 Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen § 306 Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen Zingel/Oppenheim Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

(1) 1Sind in dem Verkaufsprospekt Angaben, die für die Beurteilung der Anteile oder Aktien von wesentlicher Bedeutung sind, unrichtig oder unvollständig, so kann der Käufer von der Verwaltungsgesellschaft, von denjenigen, die neben der Verwaltungsgesellschaft für den Verkaufsprospekt die Verantwortung übernommen haben oder von denen der Erlass des Verkaufsprospektes ausgeht, und von demjenigen, der diese Anteile oder Aktien im eigenen Namen gewerbsmäßig verkauft hat, als Gesamtschuldner die Übernahme der Anteile oder Aktien gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrages verlangen. 2Ist der Käufer in dem Zeitpunkt, in dem er von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts Kenntnis erlangt hat, nicht mehr Inhaber des Anteils oder der Aktie, so kann er die Zahlung des Betrages verlangen, um den der von ihm gezahlte Betrag den Rücknahmepreis des Anteils oder der Aktie oder andernfalls den Wert des Anteils oder der Aktie im Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt. (2) 1Sind in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltene Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbar, so kann der Käufer von der Verwaltungsgesellschaft und von demjenigen, der diese Anteile oder Aktien im eigenen Namen gewerbsmäßig verkauft hat, als Gesamtschuldner die Übernahme der Anteile oder Aktien gegen Erstattung des von ihm gezahlten Betrages verlangen. 2Ist der Käufer in dem Zeitpunkt, in dem er von der Fehlerhaftigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen Kenntnis erlangt hat, nicht mehr Inhaber des Anteils oder der Aktie, so kann er die Zahlung des Betrages verlangen, um den der von ihm gezahlte Betrag den Rücknahmepreis des Anteils oder der Aktie oder andernfalls den Wert des Anteils oder der Aktie im Zeithttps://doi.org/10.1515/9783110492217-093 punkt der Veräußerung übersteigt. (3) 1Eine Gesellschaft, eine Person oder diejenige Stelle, welche die Anteile oder Aktien im eigenen Namen gewerbsmäßig verkauft hat, kann nicht nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch genommen werden, wenn sie nachweist, dass sie die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts oder die Unrichtigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. 2Der Anspruch nach Absatz 1 oder nach Absatz 2 besteht nicht, wenn 1. der Käufer der Anteile oder Aktien die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts oder die Unrichtigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen beim Kauf gekannt hat oder 2. die Anteile oder Aktien nicht auf Grund des Verkaufsprospekts oder der wesentlichen Anlegerinformationen erworben wurden. (4) 1Zur Übernahme nach Absatz 1 oder 2 ist auch verpflichtet, wer gewerbsmäßig den Verkauf der Anteile oder Aktien vermittelt oder die Anteile oder Aktien im fremden Namen verkauft hat, wenn er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts oder die Unrichtigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen gekannt hat. 2Dies gilt nicht, wenn auch der Käufer der Anteile oder Aktien die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts oder die Unrichtigkeit der wesentlichen Anlegerinformationen beim Kauf gekannt hat oder die Anteile oder Aktien nicht auf Grund des Verkaufsprospekts oder der wesentlichen Anlegerinformation erworben wurden. 629 https://doi.org/10.1515/9783110492217-093

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

(5) 1Wurde ein Verkaufsprospekt entgegen § 164 Absatz 1, § 268 Absatz 1, § 298 Absatz 1 oder § 299 Absatz 1 nicht veröffentlicht, so kann der Erwerber eines Anteils oder einer Aktie an einem Investmentvermögen von dem Anbieter die Übernahme der Anteile oder Aktien gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht überschreitet, und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts und innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien dieses Investmentvermögens im Inland abgeschlossen wurde. 2Ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Anteile oder Aktien des Investmentvermögens, kann er die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis der Anteile oder Aktien sowie der mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen üblichen Kosten verlangen. 3Die Ansprüche dieses Absatzes bestehen nicht, sofern der Erwerber die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen, bei dem Erwerb kannte. (6) 1Eine Vereinbarung, durch die der Anspruch nach Absatz 1, 2, 4 oder 5 im Voraus ermäßigt oder erlassen wird, ist unwirksam. 2Weitergehende Ansprüche, die sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder unerlaubten Handlungen ergeben können, bleiben unberührt. Schrifttum Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 293 sowie Aurich Der wesentliche Prospektfehler nach KAGB und VermAnlG, GWR 2016 23; Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages 2002, NJW 2002 3073; Bohlken/Lange Die Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach §§ 13 I Nr. 3, 13a Verkaufsprospektgesetz n.F., DB 2005 1259; Bongartz Verschuldensunabhängige Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt trotz Abstimmung mit der BaFin?, BB 2012 470; Fleischer Prospektpflicht und Prospekthaftung für Kapitalanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004 339; Günther Hinweise zur Gestaltung des Produktinformationsblattes gemäß § 31 Abs. 3a WpHG, GWR 2013 55; Hanke Überblick über die Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds nach dem Inkrafttreten des KAGB, BKR 2014 441; Heidelbach/Preuße Die Anwendung des neuen europäischen Prospektregimes in der Praxis – ausgewählte Probleme, BKR 2012 397; Janet/Schuster Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers am Beispiel der Haftung für Prospektgutachten, BB 2005 987; Keul/Erttmann Inhalt und Reichweite zivilrechtlicher Prospekthaftung, DB 2006 1664; Kiethe Prospekthaftung und grauer Kapitalmarkt, ZIP 2000 216; Kind/Bruchwitz Die Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen bei geschlossenen Fonds und Bauherrenmodellen, BKR 2011 10; Klöhn Optimistische Prognosen in der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, WM 2010 289; ders. Die Ausweitung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung durch das „Rupert Scholz“-Urteil des BGH, WM 2012 97; Leuering Die Neuordnung der gesetzlichen Prospekthaftung, NJW 2012 1905; Müchler Die neuen Kurzinformationsblätter – Haftungsrisiken im Rahmen der Anlageberatung, WM 2012 974; Nobbe Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds – Ein Überblick über die Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs, WM 2013 193; Pobortscha/Rinas Das Vermögensanlagen-Informationsblatt: neue Anforderungen im Bereich geschlossener Fonds, BB 2012 1615; Podewigs Beipackzettel für Finanzprodukte – Verbesserte Anlegerinformationen durch Informationsblätter und Key Investor Information Dokuments?, ZBB 2011 169; Preuße/Schmidt Anforderungen an Informationsblätter nach § 31 Abs. 3a WpHG, BKR 2011 265; Schäfer Stand und Entwicklungstendenzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung, ZGR 2006 41; Schlee/Maywald PIB: Ein neues Risiko im Rahmen der Prospekthaftung, BKR 2012 320; Schnauder Regimewechsel im Prospekthaftungsrecht bei geschlossenen Publikumsfonds, NJW 2013 3207; Schnorbus Die prospektfreie Platzierung von Wertpapieren nach dem WpPG, AG 2008 389; Schultheiß Die Dritthaftung von Wirtschaftsprüfern nach dem KAGB, BKR 2015 133; Suchomel Konkurrenz von § 20 VermAnlG und bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung, NJW 2013 1126; Tilp Anmerkung zum Urteil des LG Frankfurt vom 20.12.2002 – 2-21 O 15/02, ZIP 2003 306; Zugehör Berufliche „Dritthaftung“ – insbesondere der Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare – in der deutschen Rechtsprechung, NJW 2000 1601.

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A. Regulierungshintergrund

A. B. C. D. E. F. G.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Fehler im Verkaufsprospekt | 7 Fehler in den wesentlichen Anlegerinformationen | 14 Kausalität | 17 Anspruchsberechtigte und Anspruchsgegner | 19 Grenzen der Haftung | 25 Anspruchsinhalt | 27

H. I. J.

K.

§ 306

Haftung für fehlenden Verkaufsprospekt | 30 Verjährung | 31 Anspruchskonkurrenzen I. Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung | 32 II. Sonstige vorvertragliche und vertragliche Ansprüche | 34 III. Deliktische Ansprüche | 36 Unwirksamer Haftungsausschluss | 38

A. Regulierungshintergrund A. Regulierungshintergrund § 306 orientiert sich in seinen Absätzen 1 bis 4 an dem aufgehobenen § 127 InvG, 1 wobei der Wortlaut an die Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst und der Kreis der erfassten Personen ausgedehnt wurde. Seine jetzige Formulierung hat § 306 Abs. 1 auf Vorschlag des Finanzausschusses des Bundestags erhalten. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 6. Februar 2013 war der Wortlaut von § 127 Abs. 1 InvG weitgehend unverändert übernommen worden.1 Danach hätte der Anspruch allein gegen die Kapitalverwaltungsgesellschaft und einen gewerbsmäßigen Verkäufer bestanden. Im endgültigen Wortlaut hat der Gesetzgeber den Kreis der haftenden Personen in Anlehnung an § 20 Abs. 1 VermAnlG weiter gefasst.2 Durch das „Finanzmarktanpassungsgesetz“3 wurde der Wortlaut nachträglich an die Formulierungen in §§ 21 ff. WpPG und § 20 VermAnlG angepasst und klargestellt, dass für die Kausalität zwischen fehlerhaftem Prospekt/ fehlerhaften wesentlichen Anlegerinformationen und der Anlageentscheidung die Beweislast umgekehrt ist.4 In § 127 InvG waren seinerzeit Regelungen aus § 20 Abs. 1 KAGG und §§ 12 Abs. 1, 15i 2 AuslInvG übernommen worden.5 Die Prospekthaftung war im KAGG bereits seit 1969 vorgesehen und orientierte sich an der börsenrechtlichen Prospekthaftung.6 Im Rahmen der OGAW III-Umsetzung wurde die Prospekthaftung um Haftungsregeln in Bezug auf den vereinfachten Verkaufsprospekt ergänzt.7 Mit dem vereinfachten Verkaufsprospekt wurde erstmals das Ziel verfolgt, dem Anleger in leicht verständlicher Form eine Kurzdarstellung über ein OGAW-Sondervermögen an die Hand zu geben.8 Der vereinfachte Verkaufsprospekt wurde mit der OGAW IV-Richtlinie durch die wesentlichen Anlegerinformationen abgelöst, was der deutsche Gesetzgeber durch eine Neufassung von § 127 Abs. 2 InvG umgesetzt hatte.9 Für geschlossene Publikumsfonds galt vor dem Inkrafttreten von § 306 die Haftungs- 3 regelungen in §§ 20 ff. VermAnlG. § 306 Abs. 5 übernimmt die Regelungen in §§ 20 Abs. 6 und 22 Abs. 6 VermAnlG.10

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1 BTDrucks. 17/12294 S. 141. 2 Zur Gesetzgebungsgeschichte Schnauder NJW 2013 3207 (3209). 3 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBL 2014, S. 934. 4 RegBegr. BTDrucks. 18/1305 S. 51. 5 RegBegr zum Investmentmodernisierungsgesetz, BTDrucks. 15/1553 S. 115; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Köndgen § 127 InvG Rn. 1. 6 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 1. 7 BTDrucks. 15/1553 S. 66. 8 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 9. 9 Siehe hierzu § 166. 10 RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 283.

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

4

§ 306 gilt unmittelbar nur für Privatanleger. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger gelten gemäß § 307 Abs. 3 die Absätze 1, 3, 4 und 6 des § 306 mit der Maßgabe, dass es statt auf den „Verkaufsprospekt” auf die „Informationen nach § 307 Abs. 1 und 2” Bezug genommen wird. Zudem sind die Haftungsregelungen in Bezug auf die wesentlichen Anlegerinformationen nicht anzuwenden. Verkaufsprospekte und wesentliche Anlegerinformationen nach dem Kapitalanla5 gegesetzbuch sind gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KapMuG öffentliche Kapitalmarktinformationen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KapMuG. Ein Musterverfahren ist damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG bei falscher, irreführender oder unterlassener Information durch einen Verkaufsprospekt oder durch wesentliche Anlegerinformationen möglich. B. Fehler im Verkaufsprospekt B. Fehler im Verkaufsprospekt

Nach § 306 Abs. 1 Satz 1 kann der Erwerber von Anteilen oder Aktien deren Rücknahme gegen Erstattung des Kaufpreises verlangen, wenn Angaben, die für die Beurteilung der Aktien oder Anteile von wesentlicher Bedeutung sind, im Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig sind. 7 Anknüpfungspunkt von § 306 Abs. 1 ist der Verkaufsprospekt, der für offene Publikumsinvestmentvermögen nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 164, 165 und für geschlossene inländische Publikums-AIF nach §§ 268, 269 zu erstellen ist. Auf den von der Rechtsprechung11 entwickelten Prospektbegriff für die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung kommt es nicht an. Fehlerhafte Angaben in anderen Dokumenten – etwa in Werbematerialien – begründen den Anspruch nicht.12 Allerdings können sie vorvertragliche und vertragliche Ansprüche begründen.13 Für die Frage, ob unrichtige Angaben – sprich Prospektfehler – vorliegen, kann 8 hingegen auf die von der Rechtsprechung zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung herausgearbeiteten Grundsätze zurückgegriffen werden.14 Anerkannt ist, dass sowohl Tatsachen als auch Werturteile unrichtig sein können.15 Die Darstellung einer Tatsache ist unrichtig, wenn sie mit den objektiven Verhältnissen nicht übereinstimmt.16 Ein Werturteil ist unrichtig, wenn es nicht ausreichend durch Tatsachen gestützt oder wenn es kaufmännisch unvertretbar ist. Der Anspruch ist vor allem auch begründet, wenn der Verkaufsprospekt eine unvertretbare Darstellung einer zukünftigen Geschäftsentwicklung (= Prognose) enthält.17 Allerdings übernimmt der Prospektherausgeber keine Gewähr dafür, dass die prognostizierte Entwicklung auch tatsächlich eintritt. Dieses Risiko trägt der Anleger. Seinen Interessen ist bereits dadurch Rechnung getragen, wenn die 6

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11 BGH NJW 2012 758. 12 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 15; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 16. 13 Siehe hierzu etwa MüKo-HGB/Grunewald § 161 Rn. 195 ff.; Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 36; zum Verhältnis zwischen § 306 und der zivilrechtlichen Prospekthaftung Rn. 32 f. 14 Vgl. die Darstellung möglicher Prospektfehler bei Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 18. 15 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 18. 16 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 25; Assmann/Schütze/Assmann § 5 Rn. 50; siehe zur Kasuistik des BGH bezüglich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung Nobbe WM 2013 193 (194 f.). 17 Siehe vor allem BGH WM 1982 862 (865); BGH WM 2009 2303 (2305); BGH BKR 2010 35; zur Kasuistik des BGH Nobbe, WM 2013 193 (195); vgl. auch Baur § 20 KAGG Rn. 8; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Heisterhagen § 127 InvG Rn. 19.

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B. Fehler im Verkaufsprospekt

§ 306

prognostizierten Ereignisse (bei ex ante-Betrachtung) ausreichend durch Tatsachen gestützt sind.18 Dann darf die Prognose auch optimistisch sein.19 Die Darstellung in einem Verkaufsprospekt kann unrichtig im Sinne von § 306 Abs. 1 sein, obwohl er zutreffende Angaben enthält. Dies ist dann der Fall, wenn die Darstellung unklar oder unübersichtlich ist.20 Denn entscheidend für die Beurteilung eines Prospektes ist das durch ihn vermittelte Gesamtbild.21 Ein Prospektfehler kann sich insofern auch aus einer gezielten Entwertung zutreffender Risikohinweise durch andere Prospektpassagen ergeben.22 Abzustellen ist auf einen durchschnittlich gebildeten, gehörig aufmerksamen und verständigen Anleger.23 Dabei darf der Prospektersteller davon ausgehen, dass der Anleger eine Bilanz zu lesen versteht, er darf aber nicht die Kenntnis von Fachbegriffen voraus setzen.24 Von wesentlicher Bedeutung sind Angaben, wenn sie die Urteilsbildung eines verständigen Durchschnittsanlegers beeinflussen können.25 Wesentlich sind alle Informationen, die zu den wertbildenden Faktoren des jeweiligen Investmentvermögens zählen.26 Rein theoretische bzw. eher fernliegende Risiken sind für den Anleger nicht von wesentlicher Bedeutung. Streng genommen handelt es sich dabei schon um keinen Prospektfehler, weil solche Risiken nicht zu den gesetzlich geforderten Mindestangaben im Verkaufsprospekt gehören (§§ 165 Abs. 1, 269 Abs. 1). Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, bestimmte Angaben im Verkaufsprospekt für wesentlich zu erklären.27 Notwendig bleibt immer eine Bewertung des Einzelfalls. Allerdings dürfte ein Verstoß gegen die von § 165 Abs. 2 Nr. 2 und 3 geforderte Darstellung der Anlagepolitik/-strategie und des Risikoprofils regelmäßig den Anspruch begründen.28 Auch freiwillige, also nicht von § 165 geforderte Angaben, können wesentlich sein. Keine wesentliche Bedeutung haben rein technische Informationen; eine falsche Anschrift oder ein falsch angegebener Vorname begründet die Haftung also nicht.29 Für die Vollständigkeit greift eine Vermutung, wenn alle gesetzlich verlangten Angaben im Verkaufsprospekt enthalten sind.30

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18 BGH WM 1982 862 (865); BGH WM 2009 2303 (2305); BGH NJW-RR 2012 1312. 19 BGH BKR 2010 35; zurückhaltender BGH NJW-RR 2012 1312, wonach anhand von Vergangenheitswerten „vorsichtig kalkulierend auf die Zukunft“ zu schließen ist; vgl. dazu auch Klöhn WM 2010 289. 20 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 127 InvG Rn. 9; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Heisterhagen § 127 InvG Rn. 21. 21 BGH NJW 1982 2823 (2824); BGH NJW-RR 2016 567 (568); BGH NJW-RR 2017 750 (753). 22 BGH NJW-RR 2017 750 (753). 23 BGH NJW-RR 2016 567 (568). 24 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 20; BGH BKR 2012 515. 25 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 3; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 18; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 21. 26 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 17; Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 141. 27 Anders Aurich GWR 2016 23, wonach alle in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben „wesentlich“ sind. 28 Zu diesen Anforderungen siehe § 165. Siehe auch BGH NJW-RR 2005 772 sowie Moritz/Klebeck/ Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 21. 29 Baur § 20 KAGG Rn. 6; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 18; Berger/ Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 3; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 21. 30 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 4.

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

C. Fehler in den wesentlichen Anlegerinformationen Nach § 306 Abs. 2 Satz 1 kann der Erwerber die Rücknahme von Anteilen oder Aktien gegen Erstattung des Kaufpreises verlangen, wenn die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen im Verkaufsprospekt vereinbar sind. Die Regelung setzt Art. 79 Abs. 2 OGAW IV-Richtlinie um und übernimmt gleichzeitig die Haftungsregelung in § 22 VermAnlG. Die Haftung basiert auf der Inanspruchnahme von Vertrauen.31 Unrichtig sind Angaben in den wesentlichen Anlegerinformationen unter densel15 ben Voraussetzungen wie beim Verkaufsprospekt. Irreführend sind Angaben, wenn sie zwar den Tatsachen entsprechen, aber durch eine unklare oder missverständliche Darstellung beim Anleger einen unzutreffenden Eindruck erwecken.32 Maßgeblich ist hierbei der Gesamteindruck, der beim Anleger entsteht.33 Dabei wird für die Bewertung teilweise auf die Grundsätze des Wettbewerbsrechts (§ 5 UWG) zurückgegriffen.34 Unvereinbar mit dem Verkaufsprospekt ist eine Angabe zum einen, wenn sie im direkten Widerspruch zu einer Angabe im Verkaufsprospekt steht. Daneben ist ein Widerspruch aber auch anzunehmen, wenn das von den wesentlichen Anlegerinformationen gezeichnete Gesamtbild vom im Verkaufsprospekt gezeichneten abweicht.35 16 Die Haftung nach § 306 Abs. 2 Satz 1 ist beschränkt auf die genannten Fälle unrichtiger, irreführender und mit dem Verkaufsprospekt unvereinbarer Angaben. Die wesentlichen Anlegerinformationen dienen einer kurzen und verständlichen Information,36 ein Anleger kann sich daher nicht darauf berufen, dass die Angaben unvollständig seien.37 Unberührt von dieser Beschränkung bleiben Ansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen, also etwa Ansprüche aufgrund einer Aufklärung durch einen Anlageberater, die nicht anleger- oder nicht objekt- bzw. anlagegerecht war.38 D. Kausalität

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D. Kausalität 17

Sowohl der Prospekthaftungsanspruch aus § 306 Abs. 1 Satz 1 als auch die Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen nach § 306 Abs. 2 Satz 1 setzten nach dem ursprünglichen Wortlaut voraus, dass die Anteile oder Aktien „auf Grund“ des jeweiligen Dokuments erworben wurden. Dies entsprach der Formulierung in § 127 InvG. Die herrschende Meinung ging daher davon aus, dass der Anleger die Kausalität des Pflichtverstoßes für seine Anlageentscheidung zu beweisen hat, wobei ihm allerdings auch Beweiserleichterungen zukommen sollten.39 Der Gesetzgeber hatte offenbar ein anderes Verständnis. Mit dem Finanzmarktanpassungsgesetz ist die Formulierung in § 306 verändert worden. § 306 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 schließt den Anspruch nun aus, wenn die Anteile

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31 Müchler WM 2012 974 (977); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 31. 32 Müchler WM 2012 974 (978); Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 24. 33 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 24. 34 Assmann/Schütze/Assmann § 5 Rn. 425; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 25 („können […] vorsichtig herangezogen werden“). 35 Müchler WM 2012 974 (978); Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 24; Assmann/Schütze/ Assmann Kapitalanlagerecht § 5 Rn. 432. 36 § 166. 37 RegBegr BTDrucks. 17/6051 S. 38 zum Vermögensanlagen-Informationsblatt unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die wesentlichen Anlegerinformationen. Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Heisterhagen § 127 InvG Rn. 32; Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 425. 38 BTDrucks. 17/4510 S. 84. 39 Vgl. hierzu Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 401 ff., 435; Hanke BKR 2014 441 (447).

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E. Anspruchsberechtigte und Anspruchsgegner

§ 306

oder Aktien nicht auf Grund des Verkaufsprospekts oder der wesentlichen Anlegerinformationen erworben wurde. Nach der Regierungsbegründung sollte dadurch klargestellt werden, dass der Anspruchsgegner die Beweislast dafür trägt, dass der Prospekt nicht kausal für die Anlageentscheidung war. Der Gesetzgeber wollte eine auch im WpPG und VermAnlG geltende Beweislastumkehr in die Regelung des § 306 intergieren. 40 Dies entspricht der vom BGH im Wege der Rechtsfortbildung aufgestellten Grundsätzen zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung.41 Die Beweislastumkehr entbindet den Anleger nicht davon, substantiiert vorzutra- 18 gen, dass er bei Kenntnis des Prospektfehlers das Investmentvermögen nicht gezeichnet hätte.42 E. Anspruchsberechtigte und Anspruchsgegner E. Anspruchsberechtigte und Anspruchsgegner Anspruchsberechtigt ist nur der Ersterwerber von Aktien oder Anteilen, nicht ein 19 Zweiterwerber oder Beschenkter.43 Dies folgt aus § 306 Abs. 1 Satz 2, wonach der Käufer auch dann einen Anspruch behält, wenn er nicht mehr Inhaber des Anteils oder der Aktie ist.44 Ein Anspruch wegen eines fehlerhaften Verkaufsprospektes besteht gemäß § 306 20 Abs. 1 Satz 1 gegen die – Verwaltungsgesellschaft, – diejenigen, die neben der Verwaltungsgesellschaft für den Verkaufsprospekt die Verantwortung übernommen haben (Prospektverantwortliche), – jene, von denen der Erlass des Prospektes ausging (Prospektveranlasser) und – gewerbsmäßige Anteilsverkäufer. Der Tatbestand von § 306 Abs. 1 übernimmt bezüglich der Anspruchsgegner die 21 Formulierung in § 20 Abs. 1 VermAnlG, der seinerseits auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BörsG gründete. Prospektverantwortliche sind diejenigen, die im Verkaufsprospekt als solche genannt werden.45 Prospektveranlasser ist derjenige, von dem die Erstellung des Prospekts ausgeht.46 Dies umfasst Personen, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Angebot oder der Platzierung der Anteile haben und die darauf hinwirken, dass ein fehlerhafter Verkaufsprospekt veröffentlicht wird.47 Gewerbsmäßige Anteilsverkäufer sind Personen, die Aktien oder Anteile an einem Investmentvermögen als Verkaufskommissionär im Sinne von §§ 383 ff. HGB oder aus eigenen Beständen veräußern.48 Die Gewerbsmäßigkeit ist nach den Maßstäben des Gewerberechts zu bestimmen, es kommt also darauf an, ob die Tätigkeit auf Dauer angelegt ist und mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.49

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40 BTDrucks. 18/1305 S. 51. 41 Hierzu skeptisch Oppenheim/Ulmrich WM 2017 164. 42 Vgl. Oppenheim/Ulmrich WM 2017 164 (169). 43 Vgl. bereits Baur § 20 KAGG Rn. 18 und Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 11; Emde/ Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 4; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 127 InvG Rn. 14. A.A. Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 393. 44 Baur § 20 KAGG Rn. 18; Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 11. 45 Vgl. aber Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 397, wonach auch andere „Kundgebungstatbestände der Verantwortungsübernahme“ denkbar seien. 46 Suchomel NJW 2013 1126 (1128). 47 Suchomel NJW 2013 1126 (1128). 48 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 37; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 10; Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 16. 49 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 16.

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

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Ein Anspruch wegen fehlerhafter wesentlicher Anlegerinformationen richtet sich gemäß § 306 Abs. 2 Satz 1 gegen die Verwaltungsgesellschaft und gegen einen gewerbsmäßigen Anteilsverkäufer. Nach § 306 Abs. 4 Satz 1 haftet für den fehlerhaften Verkaufsprospekt oder die feh23 lerhaften wesentlichen Anlegerinformationen zudem derjenige, der Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen in fremden Namen verkauft hat oder den Kauf der Anteile oder Aktien gewerbsmäßig vermittelt hat. Dies gilt entsprechend der Festlegung in § 306 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 dann nicht, wenn der Anspruchsgegner nachweisen kann, dass der Erwerb nicht auf Grund von Verkaufsprospekt bzw. wesentlichen Anlegerinformationen erfolgte (§ 306 Abs. 4 Satz 2). In fremdem Namen verkauft werden Aktien oder Anteile von Handelsvertretern (§§ 84 ff. HGB); gewerbsmäßige Vermittler sind Handelsvertreter und Handelsmakler (§§ 93 ff. HGB).50 Erfasst werden von der Regelung Abschlussvermittler51 und Anlagevermittler.52 Auch der Anlageberater ist von § 306 Abs. 4 erfasst.53 Der Wortlaut spricht zwar gegen dieses Verständnis, da bei der Anlageberatung im Unterschied zur Vermittlung nicht die gewerbsmäßige Anteilveräußerung, sondern die Abgabe einer persönlichen Empfehlungen im Vordergrund steht (vgl. § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 10 WpHG). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Anlageberatung, die regelmäßig auch Elemente einer Vermittlung enthält, aus dem Anwendungsbereich ausnehmen wollte. Die nach § 306 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Verpflichteten haften 24 gesamtschuldnerisch im Sinne der §§ 421 ff. BGB. Für den Innenregress gemäß § 426 BGB kommt es zunächst auf eine vertragliche Regelung zwischen den Gesamtschuldnern an. Eine solche ist oftmals Teil der Vertriebsvereinbarung zwischen der Verwaltungsgesellschaft und ihren Vertriebspartnern. Auch zwischen der Verwaltungsgesellschaft und sonstigen Prospektverantwortlichen wird oftmals eine Haftungsvereinbarung geschlossen. Fehlt es an einer vertraglichen Regelung, kommt eine Teilung in analoger Anwendung von § 254 BGB in Betracht.54 Hiergegen wird eingewandt, dass die Pflicht zur Erstellung des Verkaufsprospektes und der wesentlichen Anlegerinformationen der Verwaltungsgesellschaft zugewiesen sei (§ 164 Abs. 1 Satz 1) und für eine Anwendung der Regeln einer unechten Gesamtschuld plädiert, mit der Folge, dass allein die Verwaltungsgesellschaft hafte.55 Gegen dieses Verständnis spricht, dass das Gesetz eine Aufklärung mittels des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen gerade nicht allein von der Verwaltungsgesellschaft, sondern von jedem verlangt, der Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen vertreibt.56 Eine allgemein vorrangige Pflicht der Verwaltungsgesellschaft lässt sich dem Gesetz also nicht entnehmen. F. Grenzen der Haftung F. Grenzen der Haftung 25

Ein Anspruch gegen alle nach § 306 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Verpflichteten ist ausgeschlossen, wenn der Käufer eines Anteils oder einer Aktie die Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes bzw. der wesentlichen Anlegerinformationen beim

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50 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 38. 51 Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 397. 52 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 16. 53 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 11; Hanke BKR 2014 441; a.A. Assmann/Schütze/ Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 400. 54 Hierfür Baur § 20 KAGG Rn. 20; Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer § 20 KAGG Rn. 18. 55 Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 17; zur unechten Gesamtschuld etwa MüKo-BGB/ Bydlinski § 421 Rn. 60 ff. 56 Hierzu § 297 Rn. 1.

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G. Anspruchsinhalt

§ 306

Erwerb gekannt hat (§ 306 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2). Notwendig für den Ausschluss ist nach dem eindeutigen Wortlaut die positive Kenntnis des Käufers, auch grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht.57 Eine positive Kenntnis des Käufers dürfte in der Regel nur nachweisbar sein, wenn er vor dem Erwerb der Anteile oder Aktien auf den Fehler im Verkaufsprospekt oder in den wesentlichen Anlegerinformationen schriftlich hingewiesen worden ist. § 306 Abs. 3 Satz 1 beschränkt die Haftung von Prospektverantwortlichen, Pro- 26 spektveranlassern und gewerbsmäßigen Anteilsverkäufern. Sie haften nicht für einen fehlerhaften Verkaufsprospekt oder fehlerhafte wesentliche Anlegerinformationen, wenn sie nachweisen, dass sie die Fehlerhaftigkeit nicht gekannt haben. Die Beweislast trägt also der Anspruchsgegner. Voraussetzung für diesen Anspruchsausschluss ist allerdings, dass die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Weiter geht die Haftungsbeschränkung für Abschlussvermittler und Anlagevermittler bzw. Anlageberater nach § 306 Abs. 4 Satz 1. Sie haften ausschließlich bei positiver Kenntnis von den Prospektfehlern, auch grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Nach dem Wortlaut gilt die allgemeine Beweislastverteilung, so dass der Anleger die Kenntnis des Anspruchsgegners beweisen muss.58 G. Anspruchsinhalt G. Anspruchsinhalt Der Anspruch des Anlegers richtet sich auf Übernahme der Anteile oder Aktien 27 gegen Rückübertragung des Kaufpreises, wenn der Anleger noch Inhaber der Anteile oder Aktien zu dem Zeitpunkt ist, an dem er Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen erlangt (§ 306 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1). Dies umfasst die mit dem Erwerb verbundenen Kosten wie Vertriebsprovisionen, soweit sie Bestandteil des Kaufpreises oder eines Ausgabeaufschlags sind.59 Die Rechtsfolge des Anspruches (= Übertragung der Anteile gegen Rückübertra- 28 gung des Kaufpreises) steht bei einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft in Konflikt zu hergebrachten Grenzen des Personengesellschaftsrechts, wenn die Gesellschaft zugleich interne Kapitalverwaltungsgesellschaft (§ 17 Abs. 2 Nr. 2) und damit Anspruchsgegner ist.60 Gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 darf eine Investmentkommanditgesellschaft nur in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben werden. § 149 Abs. 1 Satz 2 erklärt ausdrücklich die Regeln des Handelsgesetzbuches für anwendbar, soweit sich aus den Bestimmungen in §§ 149 ff. nicht etwas anderes ergibt. Einer Kommanditgesellschaft ist es aber nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben gar nicht möglich, den Kaufpreis an den Anleger zurück zu zahlen und die Anteile zurück zu nehmen. Zum einen wäre die Rückgewährung des Kaufpreises eine unzulässige Rückgewähr der Pflichteinlage, zum anderen kennt das Personengesellschaftsrecht eigene Anteile der Gesellschaft nicht.61 Dieses Problem stellte sich bereits bisher bei der Rege-

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57 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 41; FF/Merk § 306 Rn. 29; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 28. 58 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 31; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 40.; a.A. Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 406; ebenso bereits Baur § 20 KAGG Rn. 30; auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 43. 59 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 44. 60 Schnauder NJW 2013 3207 (3210); Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 21. Zu der Bewertung mit Blick auf das Kapitalgesellschaftsrecht siehe etwa Groß § 21 WpPG Rn. 10 ff.; Schwark/Zimmer/Schwark KMRK, § 45 BörsG Rn. 13. 61 MüKo-HGB/Schmidt § 105 Rn. 93.

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

lung in § 13 VerkProspG.62 Will man den Rückübertragungsanspruch bei der Investmentkommanditgesellschaft nicht leer laufen lassen, wird man hier ebenso wie dort – abweichend von dem sonstigen Verständnis im Personengesellschaftsrecht – davon ausgehen müssen, dass das Gesetz dem Anleger ein modifiziertes Rücktrittsrecht gibt, wenn er durch den Prospekt irregeführt wurde.63 Der Anspruch des Anlegers richtet sich auf die Zahlung eines Ausgleichsbetrages, 29 wenn der Berechtigte nicht mehr Inhaber der Anteile oder Aktien zu dem Zeitpunkt ist, an dem er Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen erlangt (§ 306 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2). Der Ausgleichsbetrag berechnet sich nach der Differenz zwischen dem Erwerbspreis und dem Rücknahmepreis oder dem Wert der Anteile zum Zeitpunkt der Veräußerung. Veräußerung ist nicht im Sinne eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes zu verstehen, auch eine Schenkung erfüllt die Voraussetzung.64 H. Haftung für fehlenden Verkaufsprospekt 30

§ 306 Abs. 5 Satz 1 legt die Haftung eines Anbieters von Anteilen oder Aktien an einem Investmentvermögen fest, wenn ein Verkaufsprospekt entgegen § 164 Abs. 1, § 268 Abs. 1, § 298 Abs. 1 oder § 299 Abs. 1 nicht veröffentlicht worden ist. Davon erfasst sind auch Fälle, in denen der Prospekt dem Anlegerpublikum im Internet nicht zugänglich gemacht wurde.65 Die Haftung besteht gegenüber allen Erwerbern, die Anteile oder Aktien zwei Jahre nach ihrem erstmaligen Angebot erworben haben. Der Anspruchsinhalt entspricht jenem in § 306 Abs. 1, auch in § 306 Abs. 5 Satz 1 wird danach unterschieden, ob der Anleger noch Inhaber der Anteile oder Aktien ist oder ob er diese veräußert hat. Ein Verschulden des Anbieters ist nicht Anspruchsvoraussetzung.66 Die Haftung besteht nach § 306 Abs. 5 Satz 3 aber nicht, wenn der Erwerber die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes kannte. I. Verjährung

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Für sämtliche in § 306 normierten Ansprüche gelten die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 BGB.67 J. Anspruchskonkurrenzen J. Anspruchskonkurrenzen I. Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung

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Die Prospekthaftung nach § 306 Abs. 1 lässt keinen Raum für die sog. Prospekthaftung im engeren Sinne nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen.

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62 Schnauder NJW 2013 3207 (3210). 63 Vgl. etwa Fleischer BKR 2004 339 (345) unter Verweis in Fußnote 109 auf die bereits zum Regierungsentwurf für ein Vermögensanlagengesetz von 1978 geführte Diskussion, a.A. Schnauder NJW 2013 3207 (3210). Siehe auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 21, § 305 Rn. 43, wonach dem Anleger nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft lediglich ein Abfindungsanspruch zustehen soll. 64 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 45. 65 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 306 Rn. 43. 66 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 42. Zur Frage, ob § 21 VermAnlG ein Verschulden voraus setzt, siehe Leuering NJW 2012 1905 (1008). 67 Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 144; Hanke BKR 2014 441.

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J. Anspruchskonkurrenzen

§ 306

Diese auch als allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung bezeichnete68 Haftungsgrundlage ist für Anlagen auf dem grauen Kapitalmarkt entwickelt worden, weil es dort an spezialgesetzlichen Regeln fehlte.69 Ihr unterlagen diejenigen, die für die Prospekterstellung verantwortlich sind und diejenigen, die an der Erstellung maßgeblich mitgewirkt haben, also vor allem Initiatoren, Gestalter und Gründer sowie Hintermänner, aber auch berufsmäßig sachkundige wie Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte, wenn sie durch ihre Mitwirkung gegenüber den Anlegern einen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen.70 Dabei geht es nicht um ein persönliches Vertrauen gegenüber einer dem Anleger bekannten Person. Es handelt sich um eine typisierte Vertrauenshaftung, das Anlagepublikum soll sich darauf verlassen können, dass die Angaben im Verkaufsprospekt richtig und zutreffend sind.71 § 306 Abs. 1 ist ebenso wie die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung eine typi- 33 sierte Vertrauenshaftung. Das galt bereits für § 127 InvG und § 20 VermAnlG, die ihrerseits an § 44 BörsG a.F. angelehnt waren.72 Die gesetzliche Regelung in § 306 stellt für diese Vertrauenshaftung – ebenso wie die vorherigen Regulierungen in § 127 InvG und § 20 VermAnlG – ein ausdifferenziertes Haftungsregime dar, das den Haftungsgrund, die Anspruchsgegner, die Haftungsfolgen und einen etwaigen Haftungsausschluss regelt.73 Diese gesetzliche Festlegung würde weitgehend bedeutungslos, wenn daneben ein weiteres Haftungsregime anwendbar bliebe. § 306 verdrängt daher als spezialgesetzliche Regelung die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung.74 § 306 Abs. 6 Satz 2 spricht nicht gegen dieses Verständnis. Danach sind weitergehende Ansprüche „auf Grund von Verträgen“ nicht ausgeschlossen. Die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung ist indes keine vertragliche Haftung.75 II. Sonstige vorvertragliche und vertragliche Ansprüche Unberührt von § 306 Abs. 1 bleiben Ansprüche auf der Grundlage einer persönli- 34 chen Vertrauenshaftung unter Verwendung des Verkaufsprospektes, wie § 306 Abs. 6 Satz 2 ausdrücklich klarstellt. Dies erfasst auch Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, die durch spezialgesetzliche Prospekthaftungstatbestände nicht verdrängt werden.76 Denn bei der Prospekthaftung im weiteren Sinne handelt es sich um einen Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. Hier liegt kein Fall der Anspruchskonkurrenz vor, denn der An-

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68 Vgl. hierzu Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 23. 69 BeckOK-BGB/Herresthal § 311 Rn. 543; Suchomel NJW 2013 1126 (1127). 70 Eingehend zur allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne MüKo-BGB/Emmerich § 311 Rn.141 ff.; BeckOK-BGB/Herresthal § 311 Rn. 541 ff.; Keul/Erttmann DB 2006 1664. 71 Grundlegend BGHZ 71 284 = NJW 1978 1625; BGHZ 72 382 = NJW 1979 718. 72 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 1 und Rn. 54. 73 Siehe auch die RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 2, wo das Haftungsregime „als in sich geschlossenes Regelwerk für Investmentfonds und ihre Manager“ beschrieben wird. 74 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 59; Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 6; Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 416; Schnauder NJW 2013 3207 (3212) mit Bezug zur Gesetzesbegründung; entsprechend bereits bezüglich § 127 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 29; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 54 f.; siehe auch Nobbe WM 2013 193 (202) mit Nachweisen zur Diskussion im Rahmen der Auslegung von § 13 VerkProspG und § 20 VermAnlG. 75 Siehe näher Nobbe WM 2013 193 (197). 76 BGH WM 2013 1597 (1598); MüKo-BGB/Emmerich § 311 Rn.127; Nobbe WM 2013 193; Suchomel NJW 2013 1126.

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§ 306

Prospekthaftung und Haftung für die wesentlichen Anlegerinformationen

spruch gründet auf der eigenständigen Verletzung von vorvertraglichen oder vertraglichen Aufklärungspflichten.77 Auch die Haftung des Beraters bzw. Vermittlers aus dem zwischen ihm und dem 35 Kunden geschlossenen Anlageberatungs- bzw. Anlagevermittlungsvertrag wird durch § 306 KAGB nicht ausgeschlossen. Der Anlageberater bzw. Anlagevermittler, der etwa vom Verkaufsprospekt oder den wesentlichen Anlegerinformationen abweichende oder relativierende Angaben tätigt, haftet unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis. Auch die Haftung des Beraters für eine fehlerhafte anlegergerechte Beratung bleibt von § 306 KAGB unberührt. Auch Ansprüche aufgrund von Fehlern in anderen Dokumenten als dem Verkaufsprospekt oder den wesentlichen Anlegerinformationen, etwa in Werbeflyern, stehen selbständig neben dem Anspruch aus § 306.78 III. Deliktische Ansprüche 36

Deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 2 und § 826 BGB stehen selbständig neben den Ansprüchen aus § 306, wie § 306 Abs. 6 Satz 2 ausdrücklich klarstellt.79 Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt vor allem § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) in Betracht.80 § 306 selbst ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.81 Zwar scheint der Gesetzgeber des OGAW IV-Umsetzungsgesetzes bezüglich der Vorgängerregelung in § 127 InvG davon ausgegangen zu sein, dass diese Haftungsbestimmung ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt.82 Dies widerspricht jedoch den Anforderungen, die der BGH an die Schutzgesetzeigenschaft stellt. Der Vermögensschutz im deliktischen Haftungssystem soll grundsätzlich allein durch § 826 BGB gewährleistet werden. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers würde durch eine ausufernde Annahme von Schutzgesetzen unterlaufen werden.83 § 823 Abs. 2 BGB ist keine Hintertür für eine allgemeine Fahrlässigkeitshaftung für Vermögensschäden.84 Notwendig für seine Anwendbarkeit ist, dass das spezialgesetzliche Haftungsregime unvollständig ist.85 Dies dürfte angesichts der detaillierten Regelung in § 306 mit ihrer Vielzahl an Anspruchsgegnern nicht begründbar sein. K. Unwirksamer Haftungsausschluss K. Unwirksamer Haftungsausschluss

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§ 306 Abs. 6 Satz 1 bestimmt, dass ein Haftungsausschluss und eine Haftungsbeschränkung unwirksam sind, wenn sie vor der Entstehung des Anspruches abgeschlossen werden.

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77 So auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 31; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Heisterhagen § 127 InvG Rn. 56; Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer § 20 KAGG Rn. 34. 78 Siehe auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 16. 79 Moritz/Klebeck/Jesch/Merk KAGB, § 306 Rn. 6; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 72. Befürwortend bereits vorher Baur § 20 KAGG Rn. 43; Berger/Steck/Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 32, Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 59, Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 127 InvG Rn. 30; a.A. Brinkhaus/Scherer/ Schödermeier/Baltzer § 20 KAGG Rn. 66. 80 Assmann/Schütze/Assmann Kapitalanlagerecht, § 5 Rn. 9; Schultheiß BKR 2015 133; Berger/Steck/ Lübbehüsen/Köndgen § 127 InvG Rn. 32. 81 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 306 Rn. 74. 82 Vgl. BTDrucks. 17/4510 S. 84. Hierzu näher Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 60. 83 BGH NZG 2008 477 (479); BGH NJW 2010 3651 (3652). 84 Müchler WM 2012 974 (982). 85 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen § 127 InvG Rn. 60.

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Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern

§ 307

UNTERABSCHNITT 3 Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger § 307 Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern und Haftung § 307 Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern Zingel/Oppenheim Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern

(1) 1Dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie interessierten professionellen Anleger oder semiprofessionellen Anleger ist vor Vertragsschluss der letzte Jahresbericht nach den §§ 67, 101, 102, 106, 107, 120 bis 123, 135 bis 137, 148, 158 bis 161 oder Artikel 22 der Richtlinie 2011/61/EU zur Verfügung zu stellen. 2Zusätzlich sind ihm folgende Informationen einschließlich aller wesentlichen Änderungen in der in den Anlagebedingungen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrages des AIF festgelegten Art und Weise zur Verfügung zu stellen: 1. eine Beschreibung der Anlagestrategie und der Ziele des AIF; 2. eine Beschreibung der Art der Vermögenswerte, in die der AIF investieren darf und der Techniken, die er einsetzen darf und aller damit verbundenen Risiken; 3. eine Beschreibung etwaiger Anlagebeschränkungen; 4. Angaben über den Sitz eines eventuellen Master-AIF und über den Sitz der Zielinvestmentvermögen, wenn es sich bei dem AIF um ein Dach-Investmentvermögen handelt; https://doi.org/10.1515/9783110492217-094 5. eine Beschreibung der Umstände, unter denen der AIF Leverage einsetzen kann, Art und Quellen des zulässigen Leverage und damit verbundener Risiken, Beschreibung sonstiger Beschränkungen für den Einsatz von Leverage sowie des maximalen Umfangs des Leverage, den die AIF-Verwaltungsgesellschaft für Rechnung des AIF einsetzen darf, und der Handhabung der Wiederverwendung von Sicherheiten und Vermögenswerten; 6. eine Beschreibung der Verfahren, nach denen der AIF seine Anlagestrategie oder seine Anlagepolitik oder beides ändern kann; 7. eine Beschreibung der wichtigsten rechtlichen Auswirkungen der für die Tätigung der Anlage eingegangenen Vertragsbeziehung, einschließlich Informationen über die zuständigen Gerichte, das anwendbare Recht und darüber, ob Rechtsinstrumente vorhanden sind, die die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in dem Gebiet vorsehen, in dem der AIF seinen Sitz hat; 8. Identität der AIF-Verwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle des AIF, des Rechnungsprüfers oder sonstiger Dienstleistungsanbieter sowie eine Erläuterung ihrer Pflichten sowie der Rechte der Anleger; 9. eine Beschreibung, in welcher Weise die AIF-Verwaltungsgesellschaft den Anforderungen des § 25 Absatz 6 oder des Artikels 9 Absatz 7 der Richtlinie 2011/ 61/EU gerecht wird; 10. eine Beschreibung sämtlicher von der AIF-Verwaltungsgesellschaft übertragener Verwaltungsfunktionen gemäß Anhang I der Richtlinie 2011/61/EU sowie sämtlicher von der Verwahrstelle übertragener Verwahrfunktionen; die Bezeichnung des Beauftragten sowie eine Beschreibung sämtlicher Interessenkonflikte, die sich aus der Aufgabenübertragung ergeben könnten; 11. eine Beschreibung des Bewertungsverfahrens des AIF und der Kalkulationsmethoden für die Bewertung von Vermögenswerten, einschließlich der Verfahren für die Bewertung schwer zu bewertender Vermögenswerte gemäß den §§ 278, 279, 286 oder gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2011/61/EU; 641 https://doi.org/10.1515/9783110492217-094

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§ 307

Informationspflichten gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern

12. eine Beschreibung des Liquiditätsrisikomanagements des AIF, einschließlich der Rücknahmerechte unter normalen und außergewöhnlichen Umständen, und der bestehenden Rücknahmevereinbarungen mit den Anlegern; 13. eine Beschreibung sämtlicher Entgelte, Gebühren und sonstiger Kosten unter Angabe der jeweiligen Höchstbeträge, die von den Anlegern mittel- oder unmittelbar getragen werden; 14. eine Beschreibung, in welcher Weise die AIF-Verwaltungsgesellschaft eine faire Behandlung der Anleger gewährleistet, sowie, wann immer Anleger eine Vorzugsbehandlung oder einen Anspruch darauf erhalten, eine Erläuterung a) dieser Behandlung, b) der Art der Anleger, die eine solche Behandlung erhalten sowie c) gegebenenfalls der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbindungen zwischen diesen Anlegern und dem AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft; 15. eine Beschreibung der Verfahren und Bedingungen für die Ausgabe und den Verkauf von Anteilen oder Aktien; 16. die Angabe des jüngsten Nettoinventarwerts des AIF oder des jüngsten Marktpreises der Anteile oder Aktien des AIF nach den §§ 278 und 286 Absatz 1 oder nach Artikel 19 der Richtlinie 2011/61/EU; 17 Angaben zur bisherigen Wertentwicklung des AIF, sofern verfügbar; 18. die Identität des Primebrokers, eine Beschreibung aller wesentlichen Vereinbarungen zwischen der AIF-Verwaltungsgesellschaft und ihren Primebrokern einschließlich der Darlegung, in welcher Weise diesbezügliche Interessenkonflikte beigelegt werden sowie die Bestimmung, die im Vertrag mit der Verwahrstelle über die Möglichkeit einer Übertragung oder Wiederverwendung von Vermögenswerten des AIF enthalten ist und Angaben über jede eventuelle bestehende Haftungsübertragung auf den Primebroker; 19. eine Beschreibung, wann und wie die Informationen offengelegt werden, die gemäß § 308 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit § 300 Absatz 1 bis 3 oder Artikel 23 Absatz 4 und 5 der Richtlinie 2011/61/EU erforderlich sind; 20. die in Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2015/2365 genannten Informationen. (2) 1Der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierte ist auf eine bestehende Vereinbarung hinzuweisen, die die Verwahrstelle getroffen hat, um sich vertraglich von der Haftung gemäß § 88 Absatz 4 freizustellen. 2§ 297 Absatz 7 sowie § 305 gelten entsprechend. (3) § 306 Absatz 1, 3 4 und 6 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „Verkaufsprospekt“ „Informationen nach § 307 Absatz 1 und 2“ heißen muss und dass die Haftungsregelungen in Bezug auf die wesentlichen Anlegerinformationen nicht anzuwenden sind. (4) Ist die AIF-Verwaltungsgesellschaft durch die Verordnung (EU) 2017/1129 verpflichtet, einen Wertpapierprospekt zu veröffentlichen, so hat sie die in Absatz 1 genannten Angaben entweder gesondert oder als ergänzende Angaben im Wertpapierprospekt offenzulegen. (5) Dem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie interessierten semiprofessionellen Anleger sind rechtzeitig vor Vertragsschluss entweder wesentliche Anlegerinformationen nach § 166 oder § 270 oder ein Basisinformationsblatt gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 zur Verfügung zu stellen.

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B. Inhalt der Informationspflicht (Abs. 1)

A. B. C.

Systematische Übersicht Regulierungshintergrund | 1 Inhalt der Informationspflicht (Abs. 1) | 3 Hinweispflicht auf Haftungsfreistellungs-vereinbarung der Verwahrstelle (Absatz 2) | 23

D.

E.

§ 307

Anwendbare Vorschriften und Angabenim Wertpapierprospekt (Absatz 3 und 4) | 24 Wahlrecht gegenüber semiprofessionellen Anlegern (Absatz 5) | 25

A. Regulierungshintergrund § 307 dient der Umsetzung von Art. 23 Abs. 1 bis 3 der AIFM-Richtlinie.1 Die Regelung 1 bestimmt die vorvertraglichen Informationspflichten beim Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass ein Verkaufsprospekt für einen AIF gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 nur bei Publikumsinvestmentvermögen im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 2 zu erstellen ist. Bei Spezial-AIF im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 (= AIF, die nur von semiprofessionellen und professionellen Anlegern erworben werden dürfen) ist der Verkaufsprospekt als gesetzliches Informationsdokument hingegen nicht vorgesehen. Ohne die Regelung in § 307 gäbe es daher keine Informationsdokumente beim Vertrieb von Spezial-AIF. § 307 schafft (gemeinsam mit § 308) auch beim Vertrieb von Spezial-AIF für professionelle und semiprofessionelle Anleger die Möglichkeit, dass diese eine ausreichend informierte Anlageentscheidung treffen können.2 In Umsetzung der AIFM-Richtlinie wird so dem von der Richtlinie verfolgten Transparenzgedanken umfassend Rechnung getragen.3 § 307 Abs. 2 wurde mit Wirkung zum 18. März 2016 angepasst und enthält die bisherige 2 und nun gestrichene Regelung in § 297 Abs. 4 und berücksichtigt, dass nach § 88 Abs. 4 eine Haftungsbefreiung der Verwahrstelle nur bei Spezial-AIF in Betracht kommt.4 Mit dem 1. FiMaNoG5 zum 31. Dezember 2016 wurde § 307 Abs. 5 eingefügt. Es handelt sich hierbei um ein Wahlrecht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, einem semiprofessionellen Anleger entweder wesentliche Anlegerinformationen oder ein Basisinformationsblatt (BiB) nach der PRIIP-Verordnung rechtzeitig vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Dies beruht auf Art. 32 Abs. 2 der PRIIP-Verordnung, wo die Verwendung von wesentlichen Anlegerinformationen anstelle des BiB gestattet wird. § 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 20 wurde zum 25. Juni 2017 durch das 2. FiMaNoG ergänzt und geht zurück auf Art. 14 der Verordnung (EU) 2015/2365 zu Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften. B. Inhalt der Informationspflicht (Abs. 1) B. Inhalt der Informationspflicht (Abs. 1) § 307 Abs. 1 Satz 1 verlangt, dass einem semiprofessionellen oder professionellen 3 Erwerbsinteressenten der letzte Jahresbericht zur Verfügung gestellt wird. Der Jahresbericht ist an den Anforderungen des § 67 Abs. 3 zu messen. In zeitlicher Hinsicht muss der Jahresbericht dem Anleger vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Das Gebot der Rechtzeitigkeit ist hier – anders als in § 307 Abs. 5 – nicht enthalten, weshalb auch eine

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1 RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 283. 2 Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 6. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 4; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 307 Rn. 3 f. 4 BGBl. I, S. 348. 5 BGBl. I, S. 1514.

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Aushändigung unmittelbar vor der Vertragsunterzeichnung genügt.6 § 307 Abs. 1 Satz 2 verlangt daneben detaillierte weitere Informationen: Die Informationspflicht umfasst Angaben über die Anlagestrategie und die Ziele des AIF (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1). Während die Anlageziele die Absichten des AIF beschreiben und oftmals in Anlagerichtlinien niedergelegt sind,7 wird in der Strategie festgehalten, wie diese Ziele zu erreichen sind.8 Da das Gesetz eine Beschreibung verlangt, wird die bloße Auflistung einzelner Begriffe als unzulässig angesehen.9 Näher zu beschreiben ist dabei, in welche Vermögenswerte der AIF investieren darf, welche Techniken er einsetzen kann und welche Risiken damit verbunden sind (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2). Zu beschreiben sind zudem etwaige Anlagebeschränkungen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3). Bei mehrstufigen Strukturen mit Master-AIF oder Dach-Investmentvermögen sind Erwerbsinteressenten über den Sitz des Master-AIF oder des Zielinvestmentvermögens zu unterrichten (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4). Sofern der AIF Hebelfinanzierungen (Leverage im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 25) einsetzen darf, sind die Umstände zu beschreiben, unter denen dies geschehen kann (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5). Art, Herkunft und Umfang des zulässigen Leverage und die mit ihm verbundenen Risiken sind zu erläutern. Typische Fälle sind neben der Kreditfinanzierung von Investitionen der Abschluss von Derivategeschäften.10 Beschränkungen für den Einsatz von Leverage sind ebenso zu beschreiben wie die Handhabung der Wiederverwendung von Sicherheiten und Vermögenswerten. Verfahren, nach denen der AIF seine Anlagestrategie oder Anlagepolitik ändern kann, sind zu beschreiben (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6). Dies umfasst etwa Zustimmungsvorbehalte durch einen Beirat oder einen Anlegerausschuss.11 Ein AIF geht im Rahmen seiner Anlagetätigkeit zwangläufig vertragliche Beziehungen ein. Die wichtigsten hiervon sind einem Erwerbsinteressenten zu beschreiben (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7). Der Wortlaut („für die Tätigung der Anlage“) erfasst lediglich Verträge, die unmittelbar dem Erwerb und der Veräußerung von Vermögensgegenständen dienen.12 Beispielhaft aufgezählt werden Informationen über zuständige Gerichte, anwendbares Recht und über Rechtsinstrumente, die die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen im Sitzstaat des AIF vorsehen. Die Information ist nur insoweit für einen Anleger von Interesse und damit notwendig, wie sie die Rechtsdurchsetzung betreffen.13 Über die Identität der Verwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle, des Rechnungsprüfers oder sonstiger Dienstleister muss ein Erwerbsinteressent informiert werden. Die Pflichten dieser Personen und die Rechte der Anleger sind ihm zu erläutern (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8). Art. 9 Abs. 7 AIFM-Richtlinie und § 25 Abs. 6 legen Anforderungen für die Deckung von Berufshaftungsrisiken durch Eigenmittel oder eine Berufshaftpflichtversicherung fest. Einem Erwerbsinteressenten ist zu beschreiben, wie die AIF-Verwaltungsgesell-

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6 A.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 307 Rn. 9; Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 21. 7 Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 37. 8 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 307 Rn. 16 f. 9 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 307 Rn. 17; Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 36. 10 Vgl. auch Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 49. 11 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 22; Moritz/Klebeck/Jesch/ Gottschling KAGB, § 307 Rn. 36. 12 Im Ergebnis ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 23; Moritz/ Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 62. 13 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 23, 26; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Kunschke § 307 Rn. 40; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 64.

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B. Inhalt der Informationspflicht (Abs. 1)

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schaft diese Verpflichtung erfüllt (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9). Offenzulegen sind dem Anleger unter Risikogesichtspunkten dabei vor allem Art und Höhe der Risikoabdeckung.14 Die Auslagerung von Funktionen der Verwaltungsgesellschaft gemäß Anlage I AIFM-Richtlinie sowie jede Auslagerung von Funktionen durch die Verwahrstelle sind zu beschreiben. Gleichfalls zu beschreiben sind die mit der Auslagerung verbundenen Interessenkonflikte, der Beauftragte ist zu benennen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10). Anhang I AIFM-Richtlinie unterscheidet zwischen Funktionen, die eine Verwaltungsgesellschaft mindestens übernehmen muss (Portfolioverwaltung und Risikomanagement) und Funktionen, die sie übernehmen kann (etwa administrative Dienstleistungen, Gewinnausschüttungen oder die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen). Da der Verweis in § 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 nicht zwischen den obligatorischen und den fakultativen Aufgaben trennt, ist jede Auslagerung zu beschreiben.15 Zu beschreiben ist das Bewertungsverfahren des AIF und die Kalkulationsmethoden für die Bewertung von Vermögenswerten (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11). Dies umfasst die Bewertungsverfahren für schwer zu bewertende Vermögenswerte (§§ 278, 279, 286 bzw. Art. 19 AIFM-Richtlinie). Das Liquiditätsmanagement des AIF ist zu beschreiben. Dies umfasst Rücknahmerechte unter normalen und außergewöhnlichen Umständen sowie Rücknahmevereinbarungen mit den Anlegern (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12). Den Erwerbsinteressenten sind sämtliche Entgelte, Gebühren und sonstige Kosten zu beschreiben. Dabei sind die Höchstbeträge anzugeben, die von den Anlegern mitteloder unmittelbar getragen werden (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13). Zur Art und Weise der Darstellung enthält weder die AIFM-Richtlinie noch die Durchführungsverordnung nähere Vorgaben. Die Ermächtigung für Delegierte Rechtsakte in Art. 23 Abs. 6 AIFM Richtlinie umfasst die Bestimmung über die Offenlegung von Entgelten, Gebühren und Kosten nicht.16 Es liegt nahe, die Darstellung an den Vorgaben in § 165 Abs. 3 zu orientieren.17 Unerheblich für die Verpflichtung zur Darstellung ist, ob die Kosten beim AIF oder bei der Verwaltungsgesellschaft anfallen. Auch Kosten von Dienstleistern der Verwaltungsgesellschaft sind als mittelbare Kosten erfasst.18 Erfasst sind aber nur Kosten, die von den Anlegern zu tragen sind, die also aus dem Investmentvermögen entnommen werden.19 Auf welche Weise die Verwaltungsgesellschaft eine faire Behandlung der Anleger gewährleisten will, muss einem Erwerbsinteressenten beschrieben werden. Wann immer ein Anleger eine Vorzugsbehandlung oder einen Anspruch darauf erhält, ist eine Erläuterung dieser Behandlung, der Art der Anleger, die sie erhalten, und gegebenenfalls der rechtlichen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen diesen Anlegern und dem AIF oder der Verwaltungsgesellschaft notwendig (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14). Beschrieben werden müssen die Verfahren und Bedingungen für die Ausgabe und den Verkauf der Anteile (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 15) Der Nettoinventarwert des AIF oder der jüngste Marktpreis der Anteile oder Aktien (§§ 278 und 286 Abs. 1 bzw. Art. 19 AIFM-Richtlinie) ist anzugeben (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 16).

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14 Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 70. 15 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 31; ebenso Moritz/ Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 75; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 307 Rn. 51, wonach der Schwerpunkt gleichwohl auf Übertragungen hinsichtlich der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements liegen soll. 16 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 34. 17 Siehe hierzu § 165 Rn. 80 ff. 18 Siehe auch bei Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 23 Rn. 35. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 38.

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Verfügbare Angaben zur bisherigen Wertentwicklung des AIF sind mitzuteilen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 17). Im Gegensatz zur Regelung in § 165 Abs. 2 Nr. 9 wird kein Warnhinweis gefordert, dass die bisherige Wertentwicklung kein Indikator für die Zukunft ist. Diese Einsicht wird man von professionellen und semiprofessionellen Anlegern erwarten können.20 Angesichts der vielfältigen Pflichten eines Primebrokers im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 30 soll der Erwerbsinteressent über dessen Identität und alle wesentlichen Vereinbarungen zwischen der Verwaltungsgesellschaft und ihren Primebrokern informiert werden (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 18). Dies umfasst eine Darlegung, wie Interessenkonflikte beigelegt werden. Zudem ist eine Information darüber notwendig, ob in einer Vereinbarung mit der Verwahrstelle Möglichkeiten bestehen, Vermögenswerte zu übertragen oder wiederzuverwenden und ob Haftungsübertragungen auf den Primebroker vorgesehen sind. Zudem ist ein Erwerbsinteressent von Spezial-AIF darüber zu informieren, wann und wie die Informationen nach § 300 Abs. 1 bis 3 offengelegt werden, die über § 308 Abs. 4 Satz 2 auch gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern gegeben werden müssen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 19). Schließlich sind die Anleger entsprechend Art 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2015/2365 über die Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (WFG) und Gesamtrendite-Swaps zu informieren, die die Verwaltungsgesellschaften einsetzen dürfen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 20). Dies geschieht mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass derartige Transaktionen und Instrumente eingesetzt werden dürfen. Die im Einzelnen offenzulegenden Informationen sind im Anhang unter Abschnitt B der Verordnung aufgeführt. Haben sich Anlageziele, Anlagestrategie oder andere der in den Informationen enthaltenen Tatsachen geändert, so ist der professionelle oder semiprofessionelle Interessent auch hierüber zu unterrichten. Die Informationen sind insoweit also zu ergänzen.21 Eine Änderung ist wesentlich, wenn ein durchschnittlicher professioneller oder semiprofessioneller Anleger sie bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen wird, wenn er von ihr erfährt.22 C. Hinweispflicht auf Haftungsfreistellungsvereinbarung der Verwahrstelle C. Hinweispflicht auf Haftungsfreistellungsvereinbarung der Verwahrstelle (Absatz 2)

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Anleger sind darauf hinzuweisen, wenn die Verwahrstelle unter den Voraussetzungen des § 88 Abs. 4 in Bezug auf Finanzinstrumente eines inländischen Spezial-AIF, die von einem Unterverwahrer (§ 82) verwahrt werden, eine Haftungsfreistellungsvereinbarung getroffen hat (§ 307 Abs. 2 Satz 1). Soweit die Anteile an dem Spezial-AIF im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung erworben werden, gilt diese Hinweispflicht nicht (§ 307 Abs. 2 Satz 2). Teilweise wird davon ausgegangen, dass sich die Verwaltungsgesellschaft besonders um die Übermittlung dieses Hinweises bemühen muss.23

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20 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 99 f., der die Aufnahme eines solchen Hinweises aus Anlegerschutzgesichtspunkten gleichwohl empfiehlt. 21 Siehe Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 31. 22 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 307 Rn. 5; um eine Abgrenzung von wesentlichen und nicht wesentlichen Änderungen bemüht sich Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 31 ff. und mit Blick auf einzelne Informationen bei der Betrachtung von diesen. 23 Siehe Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 307 Rn. 115.

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D. Anwendbare Vorschriften und Angaben im Wertpapierprospekt (Absatz 3 und 4) Nach § 307 Abs. 3 gelten die Haftungsregeln des § 306 Abs. 1, 3, 4 und 6 entspre- 24 chend, wobei an die Stelle des Verkaufsprospektes die Angaben nach § 307 Abs. 1 und 2 treten und die Haftungsregeln für die wesentlichen Anlegerinformationen nicht anzuwenden sind (§ 307 Abs. 3). § 307 Abs. 4 stellt klar, dass die von § 307 Abs. 1 geforderten Angaben auch in einem Wertpapierprospekt als ergänzende Angaben offengelegt werden können. E. Wahlrecht gegenüber semiprofessionellen Anlegern (Absatz 5) Mit der ab 1. Januar 2018 anzuwenden PRIIP-Verordnung besteht für den Hersteller 25 sog. verpackter Anlageprodukte die Pflicht, ein Basisinformationsblatt (BiB) zu erstellen. Wer solche Produkte an Kleinanleger (im Sinne von Anhang II der MiFID II) vertreibt, hat das BiB dem Anleger rechtszeitig vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Auch AIF sind verpackte Anlageprodukte, für die allerdings aufgrund von Übergangsvorschriften die Regelungen der PRIIP-Verordnung erst ab 1. Januar 2020 anzuwenden sind. Für den Vertrieb von Spezial-AIF an semiprofessionelle Anleger gibt es bereits heute für die Verwaltungsgesellschaft ein Wahlrecht, ob sie dem Anleger entweder die wesentlichen Anlegerinformationen zur Verfügung stellt oder das BiB nach der PRIIPVerordnung. https://doi.org/10.1515/9783110492217-095

§ 308 Sonstige Informationspflichten § 308 Sonstige Informationspflichten Zingel/Oppenheim Sonstige Informationspflichten

(1) Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft haben den semiprofessionellen und den professionellen Anlegern eines EU-AIF oder ausländischen AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes spätestens sechs Monate nach Ende eines jeden Geschäftsjahres auf Verlangen den geprüften und testierten Jahresbericht nach Artikel 22 der Richtlinie 2011/61/EU zur Verfügung zu stellen. (2) 1Der Jahresbericht muss folgende Angaben enthalten: 1. eine Vermögensaufstellung, 2. eine Aufwands- und Ertragsrechnung, 3. einen Bericht über die Tätigkeiten der AIF-Verwaltungsgesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr und 4. die in § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe e bis h genannten Angaben. 2 § 299 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) 1Ist der AIF nach der Richtlinie 2004/109/EG verpflichtet, Jahresfinanzberichte zu veröffentlichen, so sind dem Anleger die Angaben nach Absatz 2 auf Verlangen gesondert oder in Form einer Ergänzung zum Jahresfinanzbericht zur Verfügung zu stellen. 2In letzterem Fall ist der Jahresfinanzbericht spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres zu veröffentlichen. (4) 1Die AIF-Verwaltungsgesellschaft informiert die Anleger unverzüglich über alle Änderungen, die sich in Bezug auf die Haftung der Verwahrstelle ergeben. 2Zudem gilt § 300 Absatz 1 bis 3 entsprechend. 647 https://doi.org/10.1515/9783110492217-095

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Sonstige Informationspflichten

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§ 308 setzt die in Art. 22 AIFM-Richtlinie festgelegte Pflicht zur Information von Anlegern durch einen Jahresbericht von EU-AIF und ausländischen AIF um.1 Er ergänzt § 307, der ebenso Informationspflichten gegenüber inländischen professionellen und semiprofessionellen Anlegern beinhaltet. Normadressat in § 308 Abs. 1 bis 3 ist die EUAIF-Verwaltungsgesellschaft und ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Für AIFKapitalverwaltungsgesellschaften, die EU-AIF oder ausländische AIF verwalten, gibt es in § 67 Abs. 1 eine entsprechende Verpflichtung.2 Die Verwaltungsgesellschaft muss spätestens sechs Monate nach dem Ende eines 2 jeden Geschäftsjahres auf Verlangen einem semiprofessionellen oder professionellen Anleger den geprüften und testierten Jahresbericht nach Art. 22 AIFM-Richtlinie zur Verfügung stellen (§ 308 Abs. 1).3 Sofern eine Verwaltungsgesellschaft mehrere AIF verwaltet, ist für jeden AIF geson3 dert ein Jahresbericht zu erstellen. Erforderlich sind jeweils gesonderte Dokumente, um dem Anleger eine hinreichende Information im Hinblick auf den für ihn relevanten AIF zu ermöglichen.4 4 Der Jahresbericht muss gemäß § 308 Abs. 2 i.V.m. § 299 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 enthalten: – eine Vermögensaufstellung,5 – eine Aufwands- und Ertragsrechnung,6 – einen Tätigkeitsbericht der Verwaltungsgesellschaft,7 – jede wesentliche Änderung der Angaben im Verkaufsprospekt,8 – eine Darstellung der gezahlten Vergütungen,9 – eine Wiedergabe des vollständigen Berichts des Rechnungsprüfers. Inhalt und Form bestimmen sich nach Art. 103 bis 107 AIFM-DVO.10 Der Jahresbericht kann auch in Ergänzung zum Jahresfinanzbericht zur Verfügung gestellt werden, wenn der AIF nach der Transparenzrichtlinie zur Veröffentlichung eines solchen verpflichtet ist. Der Jahresfinanzbericht muss dann spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres veröffentlicht werden. Über Änderungen in der Haftung der Verwahrstelle muss eine AIF-Verwaltungs7 gesellschaft die Anleger unverzüglich unterrichten. Die zusätzlichen Informationspflichten nach § 300 Abs. 1 bis 3 gelten entsprechend.11

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1 Vgl. RegBegr. BTDrucks. 17/12294 S. 283. 2 Siehe daher zu den einzelnen Pflichten eingehend bei § 67. 3 Zum Inhalt des Jahresberichts siehe bei § 67 Rn. 10 ff. Siehe dazu wie Dokumente zur Verfügung gestellt werden § 297 Rn. 9. 4 Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 308 Rn. 17. A.A. auf Basis des Wortlauts der AIFM Richtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 22 Rn. 15. 5 Siehe § 67 Rn. 13. 6 Siehe § 67 Rn. 14. 7 Siehe § 101 und § 247. 8 Siehe § 101 Rn. 73. 9 Siehe zu den Einzelheiten § 299 Rn. 8. 10 Siehe hierzu § 67 Rn. 12 ff. und Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Dornseifer AIFM, Art. 22 Rn. 16 ff.; sowie Moritz/Klebeck/Jesch/Gottschling KAGB, § 308 Rn. 22, 25 ff. 11 Siehe hierzu bei § 300.

Zingel/Oppenheim

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Schrifttum

§ 309

ABSCHNITT 2 Vertriebsanzeige und Vertriebsuntersagung für OGAW UNTERABSCHNITT 1 Anzeigeverfahren beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland § 309 Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland Oppenheim/Klebeck https://doi.org/10.1515/9783110492217-096

§ 309 Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland (1) 1 Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW unter Einhaltung der deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sämtliche Vorkehrungen treffen, die sicherstellen, dass 1. Zahlungen an die Anteilinhaber oder Aktionäre im Geltungsbereich dieses Gesetzes geleistet werden und 2. Rückkauf und Rücknahme der Anteile oder Aktien im Geltungsbereich dieses Gesetzes erfolgen. 2 Sie hat mindestens ein inländisches Kreditinstitut oder eine inländische Zweigniederlassung eines Kreditinstituts mit Sitz im Ausland zu benennen, über das oder die die Zahlungen für die Anleger geleitet werden und über das oder die die Rücknahme von Anteilen oder Aktien durch die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft abgewickelt werden kann, soweit die Anteile oder Aktien an EU-OGAW als gedruckte Einzelurkunden ausgegeben werden. (2) Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien an EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertreibt, hat sicherzustellen, dass die Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes alle Informationen und Unterlagen sowie Änderungen dieser Informationen und Unterlagen erhalten, die sie gemäß Kapitel IX der Richtlinie 2009/65/EG den Anlegern im Herkunftsmitgliedstaat des EU-OGAW liefern muss. (3) 1 Angaben über die nach den Absätzen 1 und 2 getroffenen Vorkehrungen und Maßnahmen sind in den Verkaufsprospekt aufzunehmen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes verbreitet ist. 2 Bei EU-OGAW mit mindestens einem Teilinvestmentvermögen, dessen Anteile oder Aktien im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden dürfen, und mindestens einem weiteren Teilinvestmentvermögen, für das keine Anzeige nach § 310 erstattet wurde, ist drucktechnisch hervorgehoben an zentraler Stelle darauf hinzuweisen, dass für das oder die weiteren Teilinvestmentvermögen keine Anzeige erstattet wurde und Anteile oder Aktien dieses oder dieser Teilinvestmentvermögen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht vertrieben werden dürfen; dieses oder diese weiteren Teilinvestmentvermögen sind namentlich zu bezeichnen. Schrifttum Schrifttum Baur/Boegl Die neue europäische Finanzmarktaufsicht – Der Grundstein ist gelegt, BKR 2011 177; Blankenheim Die Umsetzung der OGAW-IV-Richtlinie in das Investmentgesetz, ZBB 2011 344; Boxberger/Klebeck Anforderungen an die Vergütungssysteme von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, BKR 2013 441; Burki Informationswege und -quellen der Finanzverwaltung bei Schweizer Bankkonten, JbFfSt 2010/2011 618; Bussalb/Unzicker Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Duve/Keller MiFID: Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts – Transparenz und Marktintegrität für

649 https://doi.org/10.1515/9783110492217-096

Oppenheim/Klebeck

§ 309

Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

einen europäischen Kapitalmarkt, BB 2006 2425; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Fleischer/Schmolke Die Reform der Transparenzrichtlinie: Mindest- oder Vollharmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungspublizität?, NZG 2010 1241; Frick Private Equity im Schweizer Recht, 2009; Hanten Aufsichtsrechtliche Erlaubnispflicht bei grenzüberschreitenden Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen, WM 2003 1412; Herring/Krause Auswirkungen der AIFMRichtlinie auf institutionelle Investoren, Absolut Report 2/2010 54; Herring/Loff Die Verwaltung alternativer Investmentvermögen, DB 2012 2029; Hoffmann/Detzen ESMA – Praktische Implikationen und kritische Würdigung der neuen Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, DB 2011 1261; Hosp/Langer Das DBA zwischen Deutschland und Liechtenstein, IWB 2011 878; Johannsen Jumping the gun: hedge funds in search of capital under UCITS IV, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law 2011 473; Kammel Alternative Investment Fund Manager Richtlinie – „Another European Mess“?, ÖBA 2011 18; Kind/Haag Der Begriff des Alternative Investment Fund nach der AIFM-Richtlinie – geschlossene Fonds und private Vermögensanlagegesellschaften im Anwendungsbereich?, DStR 2010 1526; Klebeck Neue Richtlinie für Verwalter von alternativen Investmentfonds?, DStR 2009 2154; ders. Auslagerung von Anlageverwaltungsfunktionen, RdF 2012 225; Klebeck/Boxberger Vertrieb von Alternativen Investmentfonds unter dem KAGB, Absolut Report 4/2013 64; Klebeck/Eichhorn OGAW-Konformität von AIF, RdF 2014 16; Klebeck/Frick Compliance bei grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen, CB 2013 312; Klebeck/Jesch Private Equity für institutionelle Investoren, CFlaw 2010 372; Klebeck/Kolbe Aufsichts- und Arbeitsrecht im KAGB, BB 2014 707; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Klebeck/Zollinger Compliance-Funktion nach der AIFM-Richtlinie, BB 2013 459; Kobbach/Anders Umsetzung der AIFM-Richtlinie aus Sicht einer Verwahrstelle, NZG 2012 1170; Kolbe Arbeitnehmer-Beteiligung nach der geplanten Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds, DB 2009 1874; Kramer/Recknagel Die AIFM-Richtlinie – Neuer Rechtsrahmen für die Verwaltung alternativer Investmentfonds, DB 2011 2077; Krause/Klebeck Family Office und AIFM-Richtlinie BB 2012 2063; Krause/Klebeck Fonds(anteils)begriff nach der AIFM-Richtlinie und dem Entwurf des KAGB, RdF 2013 4; Kumpan Börsenmacht Hedge-Fonds – Die Regelungen in den USA und mögliche Implikationen für Deutschland, ZHR 170 (2006) 39; Kurth Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000 1521; Kurz Vertrieb von Finanzprodukten in Deutschland, DB 2013 501; Lehmann Die Regulierung und Überwachung von Hedgefonds als internationales Zuständigkeitsproblem, ZIP 2007 1889; Lehne Die AIFM-Richtlinie aus Sicht des deutschen Gesetzgebers, DB Standpunkte 2010 81; Lezzi Regulierung und Aufsicht über kollektive Kapitalanlagen für alternative Anlage, 2012; von Livonius/Schatz Die AIFM-Richtlinie – Handlungsbedarf für Fondsmanager, Absolut Report 6/2010 54; von Livonius Aktuelle Rechtsfragen des Vertriebs von Finanzprodukten, BKR 2005 12; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFM-Richtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Möllers/Hailer Management- und Vertriebsvergütungen bei Alternativen Investmentfonds – Überlegungen zur Umsetzung der Vergütungsvorgaben der AIFM-RL in das deutsche Recht, ZBB 2012 178; Möllers/Harrer/Krüger Die Regelung von Hedgefonds und Private Equity durch die neue AIFM-Richtlinie, WM 2011 1537; Nelle/Klebeck Der „kleine“ AIFM – Chancen und Risiken der neuen Regulierung für deutsche Fondsmanager, BB 2013 2499; Nietsch/Graef Aufsicht über Hedgefonds nach dem AIFM-Richtlinienvorschlag, ZBB 2010 12; Schmolke Der Lamfalussy-Prozess im Europäischen Kapitalmarktrecht – eine Zwischenbilanz, NZG 2005 912; Schwärzler/Schatzmann Internationale Amtshilfe in Steuersachen, SAM 2010 67; Spindler Die europäische Regulierung von „Alternativen Investments“ – oder: gezähmte „Heuschrecken“?, DB Standpunkte 2010 85; Spindler/Kasten Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung – Teil I, WM 2006 1749; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Teichmann Private Equity-Fonds im Sog der AIFM-Richtlinie, Corporate Finance 2011 321; Timmerbeil/Spachmüller Anforderungen an das Risikomangement nach der AIFM-Richtlinie, DB 2012 1425; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Volhard/Kruschke Zur geplanten Regulierung von Vergütungsstrukturen bei Private Equity Fonds durch die AIFMRichtlinie, DB 2011 2645; dies. Die Regulierung von Private Equity Fonds-Manager durch den Europäischen Gesetzgeber – Ausgewählte Aspekte der AIFM-Richtlinie und der VC-Verordnung im Überblick, EWS 2012 21; Wallach Alternative Investment Funds Managers Directive – ein neues Kapitel des europäischen Investmentrechts, RdF 2011 80; ders. Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht – erste umfassende Regulierung des deutschen Investmentrechts, RdF 2013 92; Weiser/Jang Die nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Fondsbranche in Deutschland, BB 2011 1219; Weiser/Hüwel Verwaltung alternativer Investmentfonds und Auslagerung nach dem KAGB-E, BB 2013 Oppenheim/Klebeck

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A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung

§ 309

1091; Weisner/Friedrichsen/Heimberg Neue Anforderungen an Erlaubnis und Tätigkeit der „freien“ Anlageberater und -vermittler, DStR 2012 1034; Weitnauer Die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung, BKR 2011 143; Wilhelmi Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftsrechtlichen Regelung von Hedgefonds, WM 2008 861; Zetzsche Die Europäische Regulierung von Hedgefonds und Private Equity – ein Zwischenstand, NZG 2009 692.

A. B.

C.

Systematische Übersicht Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung | 1 Anwendungsbereich I. Adressat der Verpflichtungen | 6 II. Vertrieb von EU-OGAW im Inland als Auslöser | Pflichtenprogramm beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland I. Sicherstellung des Zahlungsverkehrs im Inland | 13 1. Bestellung einer Zahlstelle im Inland | 14 2. Zahlung und Abwicklung im Inland ohne Zahlstelle | 18 II. Sicherstellung der Anlegerinformation im Inland durch eine in-

III.

IV.

V.

ländische Informationsstelle | 20 Deutschlandspezifische Angaben im Verkaufsprospekt 1. Angaben zu Zahlstelle, Informationsstelle und sonstigen getroffenen Vorkehrungen | 25 2. Angaben zu einem geeigneten Veröffentlichungsmediums | 29 3. Steuerliche Informationen | 31 Pflichten bei Vertrieb lediglich eines oder mehrerer Teilfonds eines Umbrella-Fonds | 32 Formelles und Sprache | 34

A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung Die Vorschrift des § 309 stellt die allgemeinen wie auch die deutschlandspezifischen 1 Voraussetzungen und Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland auf. § 309 entspricht dem aufgehobenen § 131 InvG a.F. und wurde lediglich redaktionell den neuen Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst.1 Insbesondere wurde der Begriff des „öffentlichen Vertriebs“ durch den Begriff des „Vertriebs“ ersetzt, da (nunmehr) die Öffentlichkeit kein maßgebliches Kriterium für das Vorliegen von Vertrieb im Sinne der §§ 293 ff. ist.2 § 131 InvG a.F. selbst diente der Umsetzung von Art. 92 und Art. 94 Abs. 1 S. 1 und 2 Abs. 2 sowie der Umsetzung von Anhang I Schema A Ziff. 4 der OGAW IV-Richtlinie (sog. deutschlandspezifische Angaben).3 Nach Art. 92 der OGAW IV-Richtlinie müssen OGAW unter Einhaltung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dem ihre Anteile vertrieben werden, die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Anteilinhaber in diesem Mitgliedstaat in den Genuss der Zahlungen, des Rückkaufs und der Rücknahme der Anteile kommen und die vom OGAW zu liefernden Informationen erhalten. Nach Art. 94 Abs. 1 der OGAW IV-Richtlinie ist ein OGAW, der seine Anteile in einem 3 Aufnahmemitgliedstaat vertreibt, verpflichtet, den Anlegern im Hoheitsgebiet dieses

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1 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) S. 520; hierzu auch Emde/Dreibus BKR 2013 89 (98). 2 Vgl. umfassend zum Vertriebsbegriff die Kommentierung zu § 293. 3 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 1 ff.

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Oppenheim/Klebeck

§ 309

Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

Mitgliedstaats alle Informationen und Unterlagen zu liefern, die er gemäß Kapitel IX den Anlegern in seinem Herkunftsmitgliedstaat liefern muss. Dem EU-Richtliniengeber geht es – den Empfehlungen der EU-Kommission in ih4 rem Grünbuch4 sowie Weißbuch5 für den Ausbau des Binnenmarktrahmens für Investmentfonds folgend – zwar einerseits um eine Verbesserung des grenzüberschreitenden Fondsvertriebs und v.a. um Beseitigung der administrativen Hindernisse für den Fondsvertrieb, andererseits soll aber ein hohes Anlegerschutzniveau gewahrt bzw. durch eine effizientere Gestaltung des Fondsvertriebs nicht beeinträchtigt werden. 5 Hierauf zielen auch Art. 92 und 94 der OGAW IV-Richtlinie – wie deren Erwägungsgrund (63) belegt: OGAW sollen ihre Anteile europaweit vertreiben können – „unter der Bedingung, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass Einrichtungen für die Ausführung von Zahlungen an Anteilinhaber, die Rücknahme oder Auszahlung von Anteilen sowie für die Bereitstellung der Informationen, die die OGAW zur Verfügung stellen müssen, verfügbar sind“.6 B. Anwendungsbereich B. Anwendungsbereich

I. Adressat der Verpflichtungen 6

Regelungsadressaten sind EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die im Wege der Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verwaltung (Zweigniederlassung oder grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr) EU-OGAW verwalten.7 Wenngleich das KAGB für EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaften keine gesonderte Begriffsbestimmung in § 1 vorsieht, lässt sich aus § 1 Abs. 17 ableiten, welche Unternehmen hiervon erfasst sind. Danach sind EU-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen EWR-Vertragsstaat, die den Anforderungen an eine Verwaltungsgesellschaft oder an eine intern verwaltete Investmentgesellschaft im Sinne der OGAW IV-Richtlinie entsprechen.8 Richtigerweise greift das Pflichtenprogramm auch für eine externe AIF-Kapitalverwal7 tungsgesellschaft, der zusätzlich eine Erlaubnis als externe OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft erteilt worden ist und insoweit die Verwaltung von OGAW übernommen hat – § 20 Abs. 3 Nr. 7. Nichts anderes gilt für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die in ihrem Heimatstaat die zusätzliche Erlaubnis zur Verwaltung von OGAW erhalten haben. Diese Möglichkeit der Doppelzulassung wird in Artikel 6 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie ausdrücklich vorgesehen.9

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4 Grünbuch – Ausbau des Europäischen Rahmens für Investmentfonds, 12.7.2005, KOM (2005) 314 endgültig. 5 Weißbuch für den Ausbau des Binnenmarktrahmens für Investmentfonds, 15.11.2006, KOM (2006) 686 endgültig. 6 So Erwägungsgrund (63) der OGAW IV-Richtlinie. 7 Zu den Einzelheiten des sog. „EU-Pass für Verwaltungsgesellschaften“ eingehend Reiter/Plumridge WM 2012 343 (344 ff.); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Nietsch § 12 InvG Rn. 5 ff.; Blankenheim ZBB 2011 344 (348 f.). 8 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 1 Abs. 17. 9 Zur Wechselwirkung zwischen der AIFM-Richtlinie und OGAW IV-Richtlinie vgl. Klebeck in: Zetzsche, The Alternative Investment Fund Managers Directive – European Regulation of Alternative Investment Funds 2012, S. 77 ff.

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B. Anwendungsbereich

§ 309

Für eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (sprich: Nicht-EU-AIFM) besteht 8 diese Möglichkeit indes nicht, da eine Zulassung unter der OGAW IV-Richtlinie Verwaltungsgesellschaften und Fonds mit Sitz in der EU vorbehalten sind.10 Anderes gilt indes, sofern gemäß § 296 die BaFin mit den zuständigen Stellen von 9 Drittstaaten eine Vereinbarung zur OGAW-Konformität getroffen hat.11 Zwischen der deutschen Aufsicht und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) ist ein entsprechendes Memorandum of Understanding 12 unterzeichnet worden, wonach die OGAW-Konformität von deutschen und schweizerischen Effektenfonds vereinbart werden soll. Damit soll der Vertrieb der deutschen Kapitalanlagen in der Schweiz und der schweizerischen in Deutschland nicht nur zugelassen, sondern auch vereinbart werden.13 OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaften sind gemäß § 1 Abs. 15 Kapitalverwaltungs- 10 gesellschaften gemäß § 17, die mindestens einen OGAW verwalten oder zu verwalten beabsichtigen. Und nach § 17 Abs. 1 S. 1 sind Kapitalverwaltungsgesellschaften Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. Verwaltung eines Investmentvermögens liegt nach § 17 Abs. 1 S. 2 vor, wenn mindestens die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für ein oder mehrere Investmentvermögen erbracht wird. II. Vertrieb von EU-OGAW im Inland als Auslöser Die Pflichten nach § 309 treffen die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAW- 11 Kapitalverwaltungsgesellschaft nur, wenn sie EU-OGAW im Inland vertreiben. Vertrieb ist in § 293 Abs. 1 S. 1 als das „direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Aktien eines Investmentvermögens“ definiert.14 Der Inlandsbezug bedeutet, dass die angesprochenen Anleger ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort, d.h. ihren Wohnsitz in Deutschland haben.15 Ob Vertriebsmaßnahmen über das Internet „Vertrieb im Inland“ darstellen, ist häu- 12 fig eine Frage des jeweiligen Internetauftritts. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist zu bewerten, ob in Deutschland ansässige Anleger angesprochen werden. Kriterien können dabei u.a. die Sprache, Produktbeschreibung oder die Nennung deutscher Ansprechpartner sein.16 Werbung in deutscher Sprache über das Internet, die Anlegern mit Wohnsitz in Deutschland zugängig ist, ist daher regelmäßig als Vertrieb im Inland anzusehen. Bedeutung kommt im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch sog. Disclaimern zu, die über einen zentralen Hinweis an Besucher der Internetseiten klarstellen, dass die enthaltenen Inhalte bzw. Angebote ausdrücklich nur an Personen mit einem bestimmten Wohnsitz adressiert sind. Wenn der Besucher der Internetseite sich über diesen Hinweis hinwegsetzt und sich gleichwohl über den EU-OGAW informiert, handelt es sich aus

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10 Hierzu auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck AIFM, 2013, Vorb. zu Kapitel VII Rn. 20 ff. 11 Hierzu umfassend auch Klebeck/Eichhorn RdF 2014 16 ff. 12 Abrufbar im Internet unter www.bafin.de. 13 Hierzu und zu den Einzelheiten auch Klebeck/Eichhorn RdF 2014 16 ff. 14 Vgl. zum Vertriebsbegriff die Kommentierung zu § 293. 15 Vgl. zu § 1 Abs. 1 VermAnlG Siering/Izzo-Wagner/von Ammon § 1 VermAnlG Rn. 24; zu § 3 Abs. 1 WpPG BaFin, Hinweise zur Prospektpflicht, Stand: 1.11.2013, abrufbar im Internet unter www.bafin.de (Ansprache von „in der Bundesrepublik ansässige Anleger“). 16 BaFin, Merkblatt zur Erlaubnispflicht von grenzüberschreitend betriebenen Geschäften, Stand: April 2005, abrufbar im Internet unter www.bafin.de.

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§ 309

Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

Sicht der Verwaltungsgesellschaft aufgrund der aufgebrachten Eigeninitiative des Besuchers nicht um Vertrieb.17 C. Pflichtenprogramm beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland C. Pflichtenprogramm beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland I. Sicherstellung des Zahlungsverkehrs im Inland 13

Liegt ein Vertrieb von Anteilen oder Aktien von EU-OGAW im Inland vor, trifft die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft das Pflichtenprogramm des § 309. Sie müssen – unter Einhaltung der deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften – sämtliche Vorkehrungen treffen, die sicherstellen, dass Zahlungen an die Anteilinhaber oder Aktionäre im Geltungsbereich des KAGB geleistet werden und Rückkauf und Rücknahme der Anteile oder Aktien im Geltungsbereich des KAGB erfolgen.

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1. Bestellung einer Zahlstelle im Inland. Werden Anteile oder Aktien an EU-OGAW als gedruckte Einzelurkunden ausgegeben, haben die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft mindestens ein inländisches Kreditinstitut oder eine inländische Zweigniederlassung eines Kreditinstituts mit Sitz im Ausland zu benennen, über das die Zahlungen für die Anleger geleitet werden und über das die Rücknahme von Anteilen oder Aktien abgewickelt werden kann (§ 309 Abs. 1 S. 2). Während vor der Umsetzung der OGAW IV-Richtlinie in deutsches Recht allgemein 15 die Bestellung einer sog. Zahlstelle erforderlich war,18 gilt dies nach Umsetzung der OGAW-IV-Richtlinie nur dann, wenn und soweit Anteile oder Aktien an EU-OGAW als gedruckte Einzelurkunden ausgegeben worden sind bzw. werden. Damit ist der deutsche Gesetzgeber der in der Industrie und Wissenschaft vielfach geäußerten Kritik bzw. Zweifel an der Notwendigkeit der Bestellung einer Zahlstelle im Inland nachgekommen.19 Die praktische Bedeutung der Zahlstelle ist damit nicht allzu groß, da die gedruckte 16 Ausgabe von Einzelurkunden von Anteilen oder Aktien des EU-OGAW in Deutschland „unüblich“ ist.20 Anderes gilt indes für den Vertrieb von sog. Publikums-AIF aus der EU oder dem Nicht-EU-Ausland. Nach § 317 Abs. 1 Nr. 6 muss hierfür zwingend eine Zahlstelle im Inland benannt werden.21 Ist die Bestellung einer Zahlstelle erforderlich, sind Firma, Rechtsform, Sitz und Anschrift aller inländischen Kreditinstitute oder inländischen Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz im Ausland, über welche die für die Anleger bestimmten Zahlungen geleitet werden und die Rücknahme und gegebenenfalls der Umtausch von Anteilen abgewickelt wird, der BaFin anzugeben. Ist die Benennung einer Zahlstelle nicht erforderlich, hat die Verwaltungsgesellschaft der BaFin mitzuteilen, dass keine gedruckten Einzelurkunden ausgegeben werden.22

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17 Vgl. auch Berger/Streck/Lübbehüsen/Köndgen § 2 InvG Rn. 71 f. Nach Ansicht der BaFin ist der Disclaimer nur ein Indikator unter vielen, vgl. Merkblatt zur Erlaubnispflicht von grenzüberschreitend betriebenen Geschäften, Stand: April 2005, abrufbar im Internet unter www.bafin.de. 18 Hierzu Berger/Streck/Lübbehüsen/Blankeheim § 131 InvG Rn. 4 ff.; ders. ZBB 2011 344 (357); Baur Investmentgesetze, § 15a AuslInvG Rn. 1 ff. 19 Zu den Zweifeln an der Notwendigkeit der Bestellung einer Zahlstelle Berger/Streck/Lübbehüsen/ Blankeheim § 131 InvG Rn. 8; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 4 ff. 20 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 309 Rn. 5; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 309 Rn. 6. 21 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 317. 22 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV.2.

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C. Pflichtenprogramm beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

§ 309

Eine Pflicht des inländischen Anlegers zur Nutzung der Zahlstelle bei Rückgabe der 17 Investmentanteile oder der Auszahlung von Erträgen ist ebenso wenig anzuerkennen23 wie eine Pflicht der Zahlstelle bzw. EU-OGAW zur Entgegennahme von Bareinzahlungen oder Schecks und deren Weiterleitung an die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft.24 2. Zahlung und Abwicklung im Inland ohne Zahlstelle. Wird zulässigerweise auf 18 die Bestellung einer Zahlstelle verzichtet, weil keine gedruckten Einzelurkunden ausgegeben wurden bzw. werden, stellt sich die Frage nach alternativen Vorkehrungen zur Sicherzustellung, dass die inländischen Anleger in den Genuss der Zahlungen, des Rückkaufs und der Rücknahme der Anteile entsprechend den Vorgaben des Art. 92 der OGAW IV-Richtlinie kommen. Die BaFin äußerst sich lediglich dahingehend, dass eine entsprechende Verpflichtung besteht und Angaben hierzu in den Verkaufsprospekt aufzunehmen sind.25 Da Anleger, die über ein Girokonto verfügen, ohne weiteres auch aus dem EU-Ausland Zahlungen erhalten können, soll der Hinweis, dass Zahlungen aus dem Herkunftsstaat des EU-OGAW direkt nach Deutschland erfolgen, zur Erfüllung der Anforderungen nach § 309 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 genügen.26 Nach § 309 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 haben die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die 19 OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch sicherzustellen, dass Rückkauf und Rücknahme der Anteile oder Aktien in Deutschland erfolgen. Dass die Abwicklungen der Rückgabe von Anteilen an einem EU-OGAW auf demselben Vertriebsweg, über die ein inländischer Anleger seine Anteile erworben hat, erfolgen muss, lässt sich weder den EU-Vorgaben noch der deutschen Umsetzung entnehmen.27 Gleichwohl ist dies aber im Interesse der Anleger und v.a. zur Sicherstellung einer Rückabwicklung im Inland durchaus zu empfehlen. Erwirbt der Anleger die Anteile an einem EU-OGAW über ein inländisches Kreditinstitut, ist die Rückabwicklung hinreichend sichergestellt, wenn der Anleger dieses Kreditinstitut mit der Rückgabe der Anteile beauftragt. Sind andere Vertriebskanäle involviert, sind auch diese zur Sicherstellung der Zahlungen an die deutschen Anleger und die Anteilsrücknahme in der Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten. Auch die bloße Weiterleitung von Rücknahmeanträgen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung kann allerdings eine Finanzdienstleistung in Form der Anlagevermittlung darstellen und Erlaubnispflichten nach § 32 KWG oder § 34f GewO auslösen.28 II. Sicherstellung der Anlegerinformation im Inland durch eine inländische Informationsstelle Nach § 309 Abs. 2 muss die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder OGAW-Kapital- 20 verwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien an EU-OGAW im Geltungsbereich des

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23 So schon unter Geltung des AulInvG Baur Investmentgesetze, § 15a AuslInvG, Rn. 3. 24 So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 309 Rn. 6; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 309 Rn. 8; schon unter Geltung des InvG vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 131 InvG Rn. 8; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 8. 25 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 2. a). 26 So Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 309 Rn. 6; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 309 Rn. 8; vgl. auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 309 Rn.11, wonach die Benennung eines inländischen Kreditinstituts oder eine inländische Zweigniederlassung eines Kreditinstituts mit Sitz im Ausland (§ 53b KWG) genügt. 27 Anders Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 309 Rn. 16; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Kunschke § 309 Rn. 16; wohl auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 309 Rn. 8. 28 Ebenso Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 17; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Zeidler § 309 Rn. 8.

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Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

KAGB vertreibt, zudem sicherstellen, dass die inländischen Anleger alle Informationen und Unterlagen sowie Änderungen dieser Informationen und Unterlagen erhalten, die sie gemäß Kapitel IX der Richtlinie 2009/65/EG den Anlegern im Herkunftsmitgliedstaat des EU-OGAW liefern muss. Der deutsche Gesetzgeber setzt damit die europäischen Vorgaben nach Art. 94 Abs. 1 und 2 der OGAW IV-Richtlinie um.29 Nach den OGAW-Richtlinienvorgaben muss ein OGAW, der seine Anteile in einem Aufnahmemitgliedstaat vertreibt, den Anlegern im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats alle Informationen und Unterlagen liefern, die er gemäß Kapitel IX der OGAW IV-Richtlinie den Anlegern in seinem Herkunftsmitgliedstaat liefern muss.30 Diese Verpflichtung wird in § 298 konkretisiert.31 Aufsichtsrechtlich verlangt die BaFin die Anzeige des Namens oder der Firma und Anschrift der Stelle(n) in der Bundesrepublik Deutschland (Informationsstelle), bei der/denen die Anleger kostenlos Informationen einholen und Dokumente erhalten können. Anzugeben ist auch, auf welche Weise der Anleger die Unterlagen bzw. Informationen bei der Informationsstelle erhalten kann.32 Zur Vermeidung von Rückfragen seitens der BaFin beim Vertriebsanzeigeverfahren fordert die BaFin, alle Informationsstellen in Deutschland aufzuführen.33 Sofern die Zahlstelle auch die Funktion der Informationsstelle übernimmt, so ist sie bei der Angabe der Informationsstelle ebenfalls zu nennen.34 Anders als an die Zahlstelle nach § 309 Abs. 1 werden keine besonderen Anforderungen an die Informationsstelle gestellt: diese Funktion kann jede natürliche oder juristische Person mit Sitz im Inland übernehmen.35 Bei den in Kapitel IX der OGAW IV-Richtlinie aufgeführten Dokumenten handelt es sich um den Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen bzw. Satzung, Jahresbericht sowie Halbjahresbericht und die wesentlichen Anlegerinformationen. Als weitere Informationen nennt Art. 76 der OGAW IV-Richtlinie den Ausgabe-, Verkaufs-, Rücknahme- oder Auszahlungspreis der Anteile am OGAW. Andere als die in § 298 genannten Informationen und Unterlagen sind nicht erfasst. Soweit die BaFin36 erstellte Vierteljahresberichte als von der Informationspflicht erfasst ansieht, geht dies über die Vorschrift hinaus.37 Die Bestellung eines Repräsentanten im Inland ist – anders als beim Vertrieb von AIF, vgl. etwa beim Vertrieb von EU- sowie Nicht-EU-Publikums-AIF an Privatanleger nach § 317 Abs. 1 Nr. 4 – für den Vertrieb von OGAW nicht erforderlich.38 III. Deutschlandspezifische Angaben im Verkaufsprospekt

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1. Angaben zu Zahlstelle, Informationsstelle und sonstigen getroffenen Vorkehrungen. Angaben über die nach den § 309 Abs. 1 und 2 getroffenen Vorkehrungen

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29 Vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfes zum OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes, BTDrucks. 17/4510 S. 147. 30 Zum Erfordernis der Bestellung von Informationsstellen unter Geltung des AuslInvG Baur Investmentgesetze, § 15a AuslInvG, Rn. 5 ff. 31 Vgl. die Kommentierung zu § 298. 32 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4. d). 33 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, unter III. 2. b). 34 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4. d). 35 Statt vieler Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 Rn. 17; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Blankenheim § 131 InvG Rn. 10. 36 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 3 a). 37 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 309 Rn. 25. 38 Vgl. zur alten Rechtslage Baur Investmentgesetze, § 15a AuslInvG Rn. 4.

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C. Pflichtenprogramm beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

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und Maßnahmen sind nach § 309 Abs. 3 S. 1 in den für den Vertrieb in Deutschland vorgesehenen Verkaufsprospekt (nicht allerdings in die wesentlichen Anlegerinformationen)39 aufzunehmen. Folgende Angaben bzw. Informationen für die Anleger in Deutschland sind nach Ansicht der BaFin40 in den Prospekt aufzunehmen: Sofern eine Zahlstelle zu benennen ist, sind Firma und Anschrift der Zahlstelle(n) in 26 Deutschland aufzuführen; hinzu kommen Angaben darüber, dass Rücknahmeanträge und bei einem Umbrella-Fonds zusätzlich auch Umtauschanträge für die Anteile (die in Deutschland öffentlich vertrieben werden dürfen) bei der/den deutschen Zahlstelle(n) eingereicht werden können; sowie Angaben darüber, dass sämtliche Zahlungen an die Anleger (Rücknahmeerlöse, etwaige Ausschüttungen und sonstige Zahlungen) über die deutsche(n) Zahlstelle(n) geleitet werden können. Sofern auf die Bestellung einer Zahlstelle verzichtet wird, sind Ausführungen in den Prospekt aufzunehmen, wie die Anleger Anteile zurückgeben bzw. umtauschen können und wie sie in den Genuss von Zahlungen kommen. Weiter ist der Name oder Firma und Anschrift der Informationsstelle(n) in der 27 Bundesrepublik Deutschland mit einem Hinweis anzugeben, dass und auf welche Weise bei dieser/diesen die nachfolgend zu benennenden Unterlagen kostenlos erhältlich sind: der Verkaufsprospekt, die wesentlichen Anlegerinformationen, die Satzung bzw. die Vertragsbedingungen des Investmentfonds, die Jahres- und Halbjahresberichte (nach Ansicht der BaFin ggfs. auch die Vierteljahresberichte);41 sowie die Angabe, dass die nachfolgenden Informationen bei der Informationsstelle kostenlos einsehbar oder erhältlich sind: die Ausgabe- und Rücknahmepreise (ggfs. auch die Umtauschpreise), sonstige Angaben und Unterlagen die im Herkunftsstaat des EU-OGAW zu veröffentlichen sind (wie etwa die einschlägigen Verträge und Gesetze). Dabei sind die Verkaufsunterlagen, sonstigen Unterlagen und sonstigen Informatio- 28 nen im Verkaufsprospekt einzeln aufzuführen. Fehlt es an einem Hinweis, an welcher Stelle die Vertragsbedingungen oder die Satzung kostenlos erlangt werden können, sind diese dem Verkaufsprospekt beizufügen.42 2. Angaben zu einem geeigneten Veröffentlichungsmedium. Darüber hinaus 29 gehört nach Ansicht der BaFin zu den deutschlandspezifischen Angaben auch die Nennung eines zur Information der Anleger in Deutschland geeigneten Veröffentlichungsmediums, in denen die Ausgabe- und Rücknahmepreise (ggfs. auch die Umtauschpreise) der Anteile sowie sonstige Unterlagen und Angaben, die in dem Herkunftsstaat des EU-OGAW zu veröffentlichen sind, publiziert werden.43 Als geeignete Veröffentlichungsmedien anerkennt die BaFin Zeitungen mit Erschei- 30 nungsort in Deutschland, den dauerhaften Datenträger, den Bundesanzeiger, andere an Anleger in Deutschland gerichtete elektronische Informationsmedien, wie z.B. die Homepage der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft44 sowie für sonstige Unterlagen (z.B. relevante Verträge und Gesetze), die für die

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39 Kritisch mit Blick auf den Anlegerschutz Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 27. 40 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4 d). 41 Vgl. hierzu kritisch bereits oben unter Rn. 23. 42 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4 d). 43 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4 f). 44 Zur Frage, ob auch Internetseiten von Fondsplattformen als geeignetes Informationsmedium in Betracht kommen, vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 42; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Zeidler § 309 Rn. 10.

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Pflichten beim Vertrieb von EU-OGAW im Inland

Anleger im Heimatstaat ausschließlich zur Einsichtnahme bei einer in den Verkaufsunterlagen bezeichneten Stelle bereit gehalten werden, auch die Informationsstelle.45 31

3. Steuerliche Informationen. Die in den für den Vertrieb in Deutschland typischerweise vorgesehenen, steuerlichen Informationen und Angaben sind keine aufsichtsrechtlich geforderten Angaben. Vielmehr sind diese Angaben steuerlich getrieben, um die steuerliche Transparenz nach dem InvStG zu gewährleisten.46 IV. Pflichten beim Vertrieb lediglich eines oder mehrerer Teilfonds eines Umbrella-Fonds

Handelt es sich bei dem EU-OGAW um eine Umbrella-Fondsstruktur mit mindestens einem Teilinvestmentvermögen, dessen Anteile oder Aktien im Geltungsbereich des KAGB vertrieben werden dürfen, und mindestens einem weiteren Teilinvestmentvermögen, für das keine Anzeige nach § 310 erstattet wurde, ist nach § 309 Abs. 3 S. 2 drucktechnisch hervorgehoben an zentraler Stelle darauf hinzuweisen, dass für das oder die weiteren Teilinvestmentvermögen keine Anzeige erstattet wurde und Anteile oder Aktien dieses oder dieser Teilinvestmentvermögen im Geltungsbereich KAGB nicht vertrieben werden dürfen; dieses oder diese weiteren Teilinvestmentvermögen sind namentlich zu bezeichnen (§ 293 Abs. 1 Nr. 3). Die Hinweise im Verkaufsprospekt haben in den deutschlandspezifischen Angaben 33 zu erfolgen und sind durch Fettdruck hervorzuheben. Die Aufnahme dieser Hinweise in die Satzung oder die Vertragsbedingungen soll nur dann erforderlich sein, wenn diese nicht Bestandteil des Verkaufsprospektes sind und Bezugnahmen auf nicht vertriebsberechtigte Teilfonds enthalten, die über eine namentliche Nennung hinausgehen.47 Die Hinweise sind nach den Vorgaben der BaFin in die für den Anleger in Deutschland bestimmten Unterlagen aufzunehmen – unabhängig davon ob diese in einer deutschen Übersetzung oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache verwandt werden.48

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V. Formelles und Sprache Allgemein sind die deutschlandspezifischen Angaben in der Sprache aufzunehmen, in der auch der für den Vertrieb in Deutschland bestimmte Verkaufsprospekt abgefasst ist. Wenn der Verkaufsprospekt in die deutsche Sprache übersetzt wurde oder bereits ursprünglich auf deutsch abgefasst ist, also in deutsch, ansonsten in der in internationalen Finanzkreisen üblichen Sprache,49 in der er abgefasst ist.50 Zudem fordert die BaFin, dass Informationen für die Anleger in Deutschland in den 35 für den Vertrieb in Deutschland bestimmten Verkaufsprospekt als fester Bestandteil aufgenommen werden, was im Inhaltsverzeichnis entsprechend berücksichtigt und durch eine Nummerierung der Seiten dokumentiert werden sollte. Die lose Beilage oder das

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45 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 3. b). 46 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 44; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/ Schwack KAGB, § 309 Rn. 25. 47 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 5. 48 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 5. 49 Im Einzelnen zu den in internationalen Finanzkreisen üblichen Sprache, vgl. die Kommentierung zu § 298. 50 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4 c).

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bloße Anheften eines gesonderten Blattes mit diesen zusätzlichen Informationen ist nach Ansicht der BaFin nicht ausreichend.51 https://doi.org/10.1515/9783110492217-097

§ 310 Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland § 310 Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland Oppenheim/Klebeck Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

(1) 1 Beabsichtigt eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder eine OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft Anteile oder Aktien im Geltungsbereich dieses Gesetzes an EU-OGAW zu vertreiben, so prüft die Bundesanstalt, ob die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW folgende Unterlagen an die Bundesanstalt übermittelt haben: 1. das Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010, 2. die Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 darüber, dass es sich um einen EU-OGAW handelt, 3. die Anlagebedingungen oder die Satzung des EU-OGAW, den Verkaufsprospekt sowie den letzten Jahresbericht und den anschließenden Halbjahresbericht gemäß Artikel 93 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2009/65/EG und 4. die in Artikel 78 der Richtlinie 2009/65/EG genannten wesentlichen Anlegerinformationen. 2 Der Vertrieb kann aufgenommen werden, wenn die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW über diese Übermittlung unterrichtet wurde. 3 Die näheren Inhalte, die Form und die Gestaltung des Anzeigeverfahrens bestimmen sich nach den Artikeln 1 bis 5 der Verordnung (EU) Nr. 584/2010. (2) 1 Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Unterlagen sind entweder in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen. 2 Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten wesentlichen Anlegerinformationen sind in deutscher Sprache vorzulegen. 3 Verantwortlich für die Übersetzungen ist die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft; der Inhalt der ursprünglichen Informationen muss richtig und vollständig wiedergeben werden. 4 Das Anzeigeschreiben gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und die Bescheinigung gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen, sofern die Bundesanstalt und die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates nicht vereinbart haben, dass diese in einer Amtssprache beider Mitgliedstaaten übermittelt werden können. (3) Die Bundesanstalt verlangt im Rahmen des Anzeigeverfahrens keine zusätzlichen Unterlagen, Zertifikate oder Informationen, die nicht in Artikel 93 der Richtlinie 2009/65/EG vorgesehen sind. (4) 1 Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat die Bundesanstalt über Änderungen der Anlagebedingungen oder der Satzung, des Verkaufsprospekts, des Jahresberichts, des Halbjahresberichts und der wesentlichen Anlegerinformationen gemäß Artikel 78 der Richtlinie 2009/65/EG jeweils unverzüglich zu unterrichten und unverzüglich darüber zu informieren, wo diese Unterlagen in elektronischer Form verfügbar sind. 2 Die

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51 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. IV. 4 c); allgemein kritisch zur Verortung der deutschlandspezifischen Angaben im Verkaufsprospekt Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 131 InvG Rn. 27.

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Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

Bundesanstalt hat eine E-Mail-Adresse anzugeben, an die die Aktualisierungen und Änderungen sämtlicher in Satz 1 genannter Unterlagen übermittelt werden müssen. 3 Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat bei der Übersendung die Änderungen oder Aktualisierungen zu beschreiben oder eine geänderte Fassung des jeweiligen Dokuments als Anlage in einem gebräuchlichen elektronischen Format beizufügen. (5) Werden Informationen über die Modalitäten der Vermarktung oder vertriebene Anteil- oder Aktienklassen, die im Anzeigeschreiben gemäß Artikel 93 Absatz 1 der Richtlinie 2009/65/EG mitgeteilt wurden, geändert, so teilt die EU-OGAWVerwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft diese Änderung der Bundesanstalt vor Umsetzung der Änderung in Textform mit.

A. B.

Systematische Übersicht Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung | 1 Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von EU-OGAW I. Allgemeines zum Ablauf des Vertriebsanzeigeverfahrens | 8 II. Notwendige Informationen und Unterlagen des EU-OGAW 1. Anzeigeschreiben | 14 a) Vorkehrungen für den Vertrieb | 16 b) Maßnahmen für die Anteilinhaber gem. Art. 92 OGAW IV-RL | 19 c) Sonstige Informationen | 20 2. OGAW-Bescheinigung | 21

3.

C. D.

Vertragsbedingungen oder Satzung, Verkaufsprospekt sowie Jahresbericht und Halbjahresbericht des EU-OGAW | 22 4. Wesentliche Anlegerinformationen | 24 5. Keine weiteren Unterlagen über Artikel 93 der OGAW-RL hinaus | 25 III. Sprache und Übersetzungen | 28 IV. (Rest-)Prüfungskompetenz durch BaFin | 34 Anzeige bei Änderungen der EU-OGAWUnterlagen | 36 Anzeige bei Änderungen der Vermarktungsmodalitäten und vertriebenen Anteilsklassen | 44

A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung § 310 entspricht dem aufgehobenen § 132 InvG,1 der seinerseits v.a. Art. 93 der OGAW IV-Richtlinie umsetzen sollte.2 Die Vorschrift wurde lediglich der neuen Terminologie des KAGB angepasst. § 132 InvG a.F. seinerseits erfuhr nicht nur durch das OGAW-IVUmsetzungsgesetz, sondern allgemein durch das Konzept des EU-Produktpasses für OGAW durch die OGAW IV-Richtlinie eine grundlegende Änderung.3 Die Möglichkeit, einen OGAW grenzüberschreitend in anderen Mitgliedstaaten ver2 treiben zu können, war nicht nur eines der wesentlichen Motive für die ursprüngliche OGAW-Richtlinie aus dem Jahr 1985,4 sondern der EU-weit geltende Produktpass bot 1

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1 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) S. 520 ff. 2 Vgl. BTDrucks. 17/4510 S. 147. 3 Hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum Vorbemerkungen zu §§ 128–129 InvG, Rn. 1 ff.; Johannsen Jumping the gun: hedge funds in search of capital under UCITS IV, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law Volume 5 (2011) S. 473 (483 f.). 4 Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren.

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A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung

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unbestritten der Fondsindustrie einen positiven Anreiz, sich dem OGAW-Regime zu unterstellen.5 Jedoch erwies sich das ursprüngliche Aufsichtskonzept des grenzüberschreitenden Vertriebs als sehr aufwändig und kostspielig6 sowie konfliktträchtig: Nach der ursprünglichen OGAW-Richtlinie hatte der Fondsverwalter vor dem Vertrieb in anderen Mitgliedstaaten ausführliche Unterlagen (zusammen mit entsprechenden Übersetzungen) bei den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden einzureichen und zwei Monate zu warten, während die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde die Einhaltung der jeweils nationalen Vertriebsregeln prüfte.7 Diese Zweimonatsfrist wurde in der Praxis nicht immer eingehalten. So wurde von Fällen berichtet, in denen der Abschluss des Notifizierungsverfahrens acht bis neun Monate gedauert hatte.8 Auf der Gegenseite standen diesem Notifizierungssystem nur wenige erkennbare Vorteile gegenüber – worauf die EUKommission auch in ihren beiden Grundlagenpapieren aus den Jahren 2005 und 2006 (Stichwort: Grünbuch9 und Weißbuch)10 ausdrücklich hinwies.11 Trotz zahlreicher Bemühungen zur Beseitigung administrativer Hindernisse, allen voran die Leitlinien des CESR, wurden die administrativen und verfahrenstechnischen Hindernisse nicht vollumfänglich beseitigt, die ihren Ursprung letztlich in den veralteten Richtlinienbestimmungen der ursprünglichen OGAW-Richtlinie hatten.12 Die OGAW IV-Richtlinie hat nunmehr das Anzeigeverfahren mit mehr oder weniger klaren Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden des Herkunftsstaates des OGAW und des Aufnahmestaates neu gestaltet.13 Zusätzlich wurde der vorgegebene Rechtsrahmen durch die in den einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende EU-Verordnung Nr. 584/2010 konkretisiert bzw. ergänzt. Die Anzeige zum Vertrieb ist nach den Vorgaben der OGAW IV-Richtlinie nunmehr bei der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates des OGAW einzureichen, die diese dann elektronisch der zuständigen Behörde im Mitgliedstaat, in dem der OGAW vertrieben werden soll, übermittelt. Damit ist der bisherige Weg über die jeweilige Auf-

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5 Hierzu auch Blankenheim ZBB 2011 344 (356 f.). 6 Zu den Kosten auch das Arbeitspapier der EU-Kommission „Commission staff working document accompanying the proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on the coordination of laws, regulations and administrative provisions relating to undertakings for collective investment in transferable securities (UCITS) – Impact assessment of the legislative proposal amending The UCITS directive, 16.7.2008 (COM[2008] 458 final) (SEC[2008] 2264) S. 4 ff.; hierzu auch Rouch/Smith The UCITS Directive and the Single European Funds Market: A Case Review, Journal of International Banking Law and Regulation, 20 (6)(2005) S. 251 (257); Blankenheim ZBB 2011 344 (356). 7 Eingehend aus der englischsprachigen Literatur auch Rouch/Smith The UCITS Directive and the Single European Funds Market: A Case Review, Journal of International Banking Law and Regulation, 20 (6) (2005) S. 251 (257 ff.); Johannsen Jumping the gun: hedge funds in search of capital under UCITS IV, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law, Volume 5 (2011) S. 473 (483 ff.); Blankenheim ZBB 2011 344 (356 f.). 8 Vgl. hierzu auch Blankenheim ZBB 2011 344 (356 f.); Reiter/Plumdridge WM 2012 388 (390 f.). 9 Grünbuch – Ausbau des Europäischen Rahmens für Investmentfonds, 12.7.2005, KOM (2005) 314 endgültig. 10 Weißbuch für den Ausbau des Binnenmarktrahmens für Investmentfonds, 15.11.2006, KOM (2006) 686 endgültig. 11 Auf den Wettbewerbsnachteil von OGAW-Produkten im Vergleich zu anderen Finanzprodukten und deren EU-weiten Vertrieb hinweisend Blankenheim, ZBB 2011 344 (356). 12 Vgl. Reiter/Plumridge WM 2012 388 (390 ff.). 13 Hierzu auch Reiter/Plumridge WM 2012 388 (390 ff.); Blankenheim ZBB 2011 344 (356 ff.); Johannsen Jumping the gun: hedge funds in search of capital under UCITS IV, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law, Volume 5 (2011) S. 473 (483 ff.).

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Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

sichtsbehörde jedes einzelnen Vertriebslandes entfallen, was in der Tat eine deutliche Erleichterung für die Zulassung eines OGAW zum grenzüberschreitenden Vertrieb darstellt.14 Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinienvorgaben v.a. in § 132 InvG a.F. und 7 nunmehr in § 310 nachgezeichnet – worauf die Begründung des Entwurfes des OGAWIV-UmsG ausdrücklich hinweist: „Durch Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG wird ein vereinfachtes Anzeigeverfahren geschaffen, das auf einem verbesserten Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten beruht. Die Notifizierung bzw. Vertriebsanzeige erfolgt zukünftig bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des OGAW. Die Überprüfung durch den Aufnahmemitgliedsstaat erfolgt ausschließlich auf Grundlage der von der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedsstaates übermittelten Informationen. Nachdem die Behörden des Herkunftsstaates des Investmentvermögens die notwendigen Informationen an die zuständige Behörde übermittelt hat, ist es dem Aufnahmestaat verwehrt, dem in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Investmentvermögen den Zugang zu seinem Markt zu verweigern oder die vom anderen Mitgliedstaat erteilte Zulassung anzufechten.“15 B. Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von EU-OGAW B. Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von EU-OGAW I. Allgemeines zum Ablauf des Vertriebsanzeigeverfahrens 8

§ 310 regelt das Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW durch EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaften oder OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Geltungsbereich des KAGB („Incoming UCITS-Notification“ bzw. „Incoming UCITS-Update“).16 Zentrales Tatbestandsmerkmal und Auslöser der Anzeigepflicht nach § 310 ist der Vertrieb von EU-OGAW im Inland.17 Will eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder eine OGAW-Kapitalverwaltungs9 gesellschaft Anteile oder Aktien an EU-OGAW in Deutschland vertreiben, so muss nach dem in § 310 zum Ausdruck kommenden „regulator-to-regulator“-Konzept die Verwaltungsgesellschaft ihre Vertriebsabsicht nicht mehr selbst bei der BaFin kundtun, sondern die Notifizierung bzw. Vertriebsanzeige erfolgt bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des EU-OGAW.18 Die BaFin prüft insoweit nur, ob die zuständigen Stellen bzw. Aufsichtsbehörden 10 des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW die in § 310 Abs. 1 aufgezählten Unterlagen an die BaFin übermittelt haben. Von der Vertriebsabsicht erfährt die BaFin nur noch durch die Aufsichtsbehörden des Herkunftsstaates. Mehr noch: Als Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates ist es der BaFin verwehrt, dem in einem anderen Mitgliedstaat zuge-

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14 Hierzu auch Blankenheim ZBB 2011 344 (356 ff.); zur Kritik und der Notwendigkeit weiterer Verbesserung Reiter/Plumridge WM 2012 388 (390 ff.); Johannsen Jumping the gun: hedge funds in search of capital under UCITS IV, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law, Volume 5 (2011) S. 473 (494 ff.). 15 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes des OGAW-IV-Umsetzungsgesetz BTDrucks. 17/4510 S. 90. 16 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB Ziff. III, S. 1. 17 Vgl. hierzu bereits die Kommentierungen zu §§ 293, 309. 18 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 5; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Zeidler § 310 Rn. 1; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 310 Rn. 6; Reiter/Plumridge WM 2012 388 (390 ff.); Blankenheim ZBB 2011 344 (356 ff.).

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B. Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von EU-OGAW

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lassenen Investmentvermögen den Zugang zu seinem Markt zu verweigern oder die vom anderen Mitgliedstaat erteilte Zulassung anzuzweifeln.19 Insoweit beschränkt sich der Prüfungsauftrag und -umfang der BaFin auf eine Voll- 11 ständigkeitsprüfung20 der übermittelten Unterlagen durch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW. Nach Art. 5 der EU-VO Nr. 584/2010 müssen die zuständigen Aufsichtsbehörden eines Mitgliedstaats, in dem ein OGAW seine Anteile vermarkten will, die Unterlagen, die ihnen nach Art. 93 Absatz 3 der OGAW IV-Richtlinie zu übermitteln sind, erhalten. Sie bestätigen den zuständigen Aufsichtsbehörden des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber fünf Arbeitstage nach Eingang der Unterlagen, ob sie alle Anlagen, die nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung aufzuführen sind, erhalten haben und die Unterlagen, die ihnen übermittelt werden müssen, angezeigt oder ausgedruckt werden können.21 Haben die zuständigen Behörden des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats von den zu- 12 ständigen Aufsichtsbehörden des Aufnahmestaates nicht innerhalb von fünf Arbeitstagen gesetzten Fristen eine Bestätigung erhalten, setzen sie sich mit Letzteren in Verbindung und vergewissern sich, dass die Unterlagen vollständig übermittelt wurden.22 Auf den Vertriebsbeginn für den EU-OGAW hat dies aber keinen Einfluss: Nach 13 Art. 93 Abs. 3 UAbs. 4 OGAW IV-Richtlinie bzw. § 310 Abs. 1 S. 2 unterrichten die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates den OGAW unmittelbar über den Versand der Unterlagen. Der OGAW kann seine Anteile ab dem Datum dieser Versand- bzw. Übermittlungsanzeige im Aufnahmemitgliedstaat auf den Markt bringen. Ob der Versand bzw. Übermittlung erfolgreich war, ist mit Blick auf den Vertriebsbeginn nicht von Bedeutung. Insoweit greift die Übermittlungsfiktion des Art. 4 der EU-VO Nr. 584/2010.23 II. Notwendige Informationen und Unterlagen des EU-OGAW 1. Anzeigeschreiben. Für die Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland ist ein 14 Muster-Anzeigeschreiben entsprechend Anhang I der EU-VO Nr. 584/2010 zu verwenden (§ 310 Abs. 1 Nr. 1). Der Anzeige sind die nach § 310 Abs. 1 und 2 erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Anzeige ist gegenüber der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW zu erstatten, welche diese per E-Mail an die BaFin weiterleitet.24 Während Teil A des Muster-Anzeigeschreibens allgemeine Informationen und Erläu- 15 terungen über den EU-OGAW sowie die Verwaltungsgesellschaft enthält (z.B. Name, Herkunft, Rechtsform etc.),25 und Teil C des Muster-Anzeigeschreibens eine vorgegebene Bestätigung durch den EU-OGAW fordert, sind beim Ausfüllen des Teils B des Muster-Anzeigeschreibens deutschland-spezifische Besonderheiten des Aufnahmemitgliedstaates zu beachten. Auf diese beziehen sich die Hinweise der BaFin in ihrem Merkblatt.26

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19 Zum beschränkten Prüfungsumfang der BaFin auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 1 f.; Blankenheim ZBB 2011 344 (356 ff.). 20 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 5; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 310 Rn. 9. 21 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 11. 22 Vgl. Art. 5 Abs. 2 der EU-VO Nr. 584/2010. 23 Zu dieser Fiktion auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 14; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 310 Rn. 5. 24 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III, S. 1. 25 Vgl. hierzu auch Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 14. 26 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III, S. 1.

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Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

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a) Vorkehrungen für den Vertrieb. Zunächst sind Angaben zu machen, auf welche Weise der EU-OGAW in Deutschland vertrieben werden soll. Die BaFin weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass Angaben zu allen vorgesehenen Vertriebswegen erforderlich sind.27 Im Anzeigeverfahren sind die Vertriebsstellen zu benennen. Während ein Vertrieb 17 durch die Verwaltungsgesellschaft selbst oder eine andere OGAW-Verwaltungsgesellschaft, Kreditinstitute, zugelassene Wertpapierfirmen oder Berater ohne namentliche Nennung durch ein entsprechendes Ankreuzen angegeben werden können, sind bei einem Vertrieb durch „sonstige Einrichtungen“ weitere Angaben zu machen.28 Zu den sonstigen Einrichtungen gehören auch Vermittler, die über keine BaFin18 Erlaubnis nach § 32 KWG verfügen. Eine Erlaubnis nach § 32 KWG ist u.a. dann nicht erforderlich, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der in § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG normierten Bereichsausnahme vorliegen. Solche Finanzanlagenvermittler mit einer Gewerbeerlaubnis gemäß § 34f GewO sind als sonstige Einrichtungen zu verstehen.29 Eine namentliche Nennung und Auflistung sämtlicher Finanzanlagenvermittler kann richtigerweise nicht verlangt werden.30 Eine beschreibende Erläuterung genügt.31 19

b) Maßnahmen für die Anteilinhaber gem. Art. 92 OGAW IV-RL. Was die Vorkehrungen und Maßnahmen für die Anleger nach Art. 92 der OGAW IV-Richtlinie anlangt (Angaben zur Zahlstelle (sofern erforderlich) und Informationsstelle) sind im Anzeigeschreiben die entsprechenden Angaben zu Name/Firma, Rechtsform, Sitz sowie Anschrift, etc. zu machen. Mit Blick auf die Modalitäten für die Veröffentlichung der Ausgabe-, Verkaufs-, Rücknahme- oder Auszahlungspreise für OGAW-Anteile verlangt die BaFin die Nennung eines zur Information der Anleger in Deutschland geeigneten Veröffentlichungsmediums, in denen die Ausgabe-, Rücknahme- oder Auszahlungspreise der Anteile veröffentlicht werden.32

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c) Sonstige Informationen. Mit Blick auf die Ausführungen zu den „sonstige Informationen i.S.d. Teils B Nr. 3, die den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates gemäß Art. 91 Absatz 3 der Richtlinie 2009/65/EG“ zur Verfügung zu stellen sind, verlangt die BaFin lediglich den Nachweis der Zahlung der Gebühr für die Bearbeitung der Anzeige auf das im BaFin-Merkblatt 2013 angeführte Konto. Die Gebühr beträgt EUR 380,00. Als Beleg der Zahlung der Gebühr ist der Anzeige ein Nachweis über die getätigte Überweisung beizufügen, etwa der Scan des Überweisungsträgers. Weitere Angaben sind für einen Vertrieb in Deutschland in diesem Abschnitt des Muster-Anzeigeschreibens nicht zu machen.33

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27 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III. 1. 28 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 24; Moritz/Klebeck/Jesch/ Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 16; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 310 Rn. 7, der aufgrund unterschiedlicher Handhabung der europäischen Aufsichtsbehörden empfiehlt, die Vertriebsstellen stets möglichst namentlich zu benennen. 29 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III. 1.e). 30 So schon Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 Rn. 26, der zutreffend auf die Ziele der Erleichterung des Marktzugangs und des Anzeigeverfahrens verweist. 31 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 16; vgl. hierzu auch Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Kunschke § 310 Rn. 14. 32 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III. 2. a) bis c); siehe auch die Kommentierung zu § 309. 33 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III. 3. b).

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B. Anzeigeverfahren beim beabsichtigten Vertrieb von EU-OGAW

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2. OGAW-Bescheinigung. Gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2 prüft die BaFin weiter, ob die 21 sog. OGAW-Bescheinigung ihr übermittelt wurde. Diese Bescheinigung, dass der EUOGAW die in der Richtlinie 2009/65/EG genannten Bedingungen erfüllt, wird von den zuständigen Behörden des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats nach dem Muster in Anhang II der EU-VO Nr. 584/2010 erstellt (vgl. Art. 2 EU-VO Nr. 584/2010). 3. Vertragsbedingungen oder Satzung, Verkaufsprospekt sowie Jahresbericht 22 und Halbjahresbericht des EU-OGAW. Die BaFin prüft weiter, ob ihr die Anlagebedingungen oder die Satzung des EU-OGAW, der Verkaufsprospekt sowie der letzte Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht gemäß Art. 93 Abs. 2 lit. a) der OGAW IVRL übermittelt wurden (§ 310 Abs. 1 Nr. 3). Diese Unterlagen sind als Anlagen dem in Anhang I der EU-VO Nr. 584/2010 genann- 23 ten Anzeigeschreiben beizufügen. Nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 der EU-VO Nr. 584/2010 sind die Unterlagen in der E-Mail an die BaFin gesondert aufzuführen und in einem gängigen Format bereitzustellen, das Anzeige und Ausdruck ermöglicht. Falls der BaFin bereits Dokumente übermittelt worden sind, und diese weiterhin gültig sind, soll im Anzeigeschreiben hierauf verwiesen werden können. 4. Wesentliche Anlegerinformationen. Endlich hat die Aufsichtsbehörde des Her- 24 kunftsmitgliedstaates des EU-OGAW der BaFin die in Art. 78 der OGAW IV-Richtlinie genannten wesentlichen Anlegerinformationen des EU-OGAW zu übermitteln (§ 310 Abs. 1 Nr. 4). Die wesentlichen Anlegerinformationen sollen nach Art. 78 Abs. 6 der OGAW IVRichtlinie in allen Mitgliedstaaten, in denen der Vertrieb der OGAW-Anteile angezeigt wurde, abgesehen von der Übersetzung, ohne Änderungen oder Ergänzungen verwendet werden.34 5. Keine weiteren Unterlagen über Artikel 93 der OGAW IV-RL hinaus. Dass die 25 Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates keine zusätzlichen Unterlagen, Zertifikate oder Informationen, die nicht in Art. 93 OGAW IV-Richtlinie vorgesehen sind, verlangen dürfen, schreibt auf europäischer Ebene Art. 93 Abs. 6 der OGAW IV-Richtlinie vor. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben nahezu wortgleich in § 310 Abs. 3 umgesetzt.35 III. Sprache und Übersetzungen Während die Anlagebedingungen, die Satzung des EU-OGAW, der Verkaufsprospekt 26 sowie der letzte Jahresbericht und der anschließenden Halbjahresbericht nach § 310 Abs. 2 S. 1 entweder in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen sind, sind die wesentlichen Anlegerinformationen nach § 310 Abs. 2 S. 2 für den Vertrieb in Deutschland zwingend in deutscher Sprache vorzulegen. Das Anzeigeschreiben und die OGAW-Bescheinigung gemäß § 310 Abs. 2 S. 4 sind in 27 einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen, sofern die BaFin und die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates nicht vereinbart haben, dass diese in einer Amtssprache beider Mitgliedstaaten übermittelt werden können. Die BaFin hat solche Vereinbarungen nicht getroffen.36

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BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. IV. 4. a). So auch § 132 InvG a.F.; hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 38. BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III. S. 1.

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Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

Der deutsche Gesetzgeber hat in § 310 Abs. 2 die Vorgaben des Art. 94 Abs. 1 UAbs. 2 lit. b) und c) der OGAW IV-Richtlinie umgesetzt. Hintergrund und Ziel der europäischen Vorgaben ist, den Zugang eines EU-OGAW zu den Märkten anderer Mitgliedstaaten zu erleichtern und die durch hohe Übersetzungskosten bedingten Marktzugangshindernisse zu beseitigen.37 Nach Erwägungsgrund (66) der OGAW IV-Richtlinie soll ein OGAW lediglich dazu verpflichtet sein, die wesentlichen Informationen für den Anleger in die Amtssprache oder eine der Amtssprachen seines Aufnahmemitgliedstaats oder in eine von dessen zuständigen Behörden akzeptierte Sprache übersetzen zu lassen.38 Dabei soll in den wesentlichen Anlegerinformationen angegeben werden, in welcher Sprache andere obligatorische Unterlagen und zusätzliche Informationen erhältlich sind. Für die Praxis bedeutet dies zunächst, dass lediglich die wesentlichen Anlegerinformationen in die deutsche Sprache übersetzt werden müssen.39 Von der nach Art. 94 Abs. 1 UAbs. 2 lit. b) der OGAW IV-Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit, eine Übersetzung in andere Sprache zu akzeptieren, hat der deutsche Gesetzgeber bzw. BaFin bislang keinen Gebrauch gemacht. Die anderen Unterlagen, also v.a. Anlagebedingungen, Satzung, Verkaufsprospekt sowie Halbjahres- und Jahresbericht sind – wenn sie nicht bereits in Deutsch abgefasst sind – in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen.40 Verantwortlich für die Übersetzungen ist die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft; der Inhalt der ursprünglichen Informationen muss richtig und vollständig wiedergeben werden. Ob und inwieweit diese aufsichtsrechtlichen Vorgaben mit den zivil(richter)rechtlichen Vorgaben einer Prospekthaftung einhergehen, ist nicht abschließend beantwortet.41 Ebenfalls in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache sind das Anzeigeschreiben sowie die OGAW-Bescheinigung zu verfassen. Nicht festgelegt ist in § 310, welcher Text bei mangelnder Übereinstimmung zwischen dem Originaltext der oben genannten Unterlagen und der Übersetzung dieser oder jene als verbindlich anzusehen ist. § 310 Abs. 2 S. 3 legt lediglich die Verantwortlichkeiten fest: Verantwortlich für die Übersetzungen ist die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, wobei der Inhalt der ursprünglichen Informationen richtig und vollständig wiedergeben werden muss. Mit Blick auf die maßgebliche Sprachfassung kann auf § 303 Abs. 2 zurückgegriffen werden.42 Danach ist bei EU-OGAW der deutsche Wortlaut der wesentlichen Anlegerinformationen für die Prospekthaftung nach § 306 maßgeblich; für die übrigen in § 298 Abs. 1 genannten Unterlagen ist die im Geltungsbereich des KAGB veröffentlichte Sprachfassung zugrunde zu legen. Erfolgt die Veröffentlichung auch in deutscher Sprache, so ist der deutsche Wortlaut maßgeblich.

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37 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 Rn. 34. 38 Kritisch hierzu mit Blick auf den gleichsam verfolgten Anlegerschutz und die Erschwerung der Rechtsdurchsetzung Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 5 und 35. 39 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 28; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 310 Rn. 12; vgl. hierzu auch Blankenheim ZBB 2011 344 (356). 40 Zur Frage, welche Sprachen hiervon erfasst sind, vgl. die Kommentierung zu § 298. Englisch genügt in jedem Fall, vgl. statt vieler Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 310 Rn. 20. 41 Weiterführend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 35; Reiter/Plumridge WM 2012 388 (391), die aus zivilrechtlichen Gründen empfehlen, die Amtssprache des Aufnahmemitgliedstaates zu verwenden. 42 Auch Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 32.

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C. Anzeige bei Änderungen der EU-OGAW-Unterlagen

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IV. (Rest-)Prüfungskompetenz durch BaFin Welche (Rest-)Prüfungskompetenz verbleibt nach dem zuvor Gesagten bei der Ba- 34 Fin? Anders als vor Inkrafttreten der OGAW IV-Richtlinie und deren deutschen Umsetzung kann die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 310 Abs. 1 S. 2 den Vertrieb des EU-OGAW unmittelbar aufnehmen, wenn sie von der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW über die Übermittlung unterrichtet wurde.43 Das Abwarten der bis dahin geltenden Zwei-Monatsfrist, innerhalb derer die BaFin 35 den Vertrieb in Deutschland untersagen konnte, ist nicht mehr notwendig.44 Ob die von der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates zu übermittelnden Unterlagen und Informationen über den EU-OGAW vollständig sind, ist für den Vertriebsbeginn nach dem Gesetzeswortlaut ebenfalls ohne Belang. Einschreiten gegen den Vertrieb des EUOGAW kann die BaFin mithin nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 311.45 C. Anzeige bei Änderungen der EU-OGAW-Unterlagen C. Anzeige bei Änderungen der EU-OGAW-Unterlagen Bei Änderungen der Anlagebedingungen oder der Satzung, des Verkaufsprospekts, 36 des Jahresberichts, des Halbjahresberichts und der wesentlichen Anlegerinformationen gemäß Art. 78 der OGAW IV-Richtlinie ist nach § 310 Abs. 4 die BaFin jeweils unverzüglich zu unterrichten und darüber zu informieren, wo diese (geänderten) Unterlagen in elektronischer Form verfügbar sind. Unverzüglich meint auch in diesem Zusammenhang ohne schuldhaftes Zögern.46 Die Unterrichtungspflicht gegenüber der BaFin trifft die EU-OGAW-Verwaltungsge- 37 sellschaft bzw. die OGAW-Verwaltungsgesellschaft selbst – was sich aus Art. 93 Abs. 7 der OGAW IV-Richtlinie ergibt.47 Danach informiert der OGAW die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats des OGAW (und nicht die Aufsichtsbehörden des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW) über jede Änderung an den Unterlagen des EU-OGAW sowie darüber, wo diese Unterlagen in elektronischer Form verfügbar sind. Ob und inwieweit die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft auch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW informieren muss, geht über die Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers hinaus.48 Als Änderung i.S.d. § 310 Abs. 4 wird man richtigerweise auch eine entsprechende 38 Aktualisierung der Unterlagen des EU-OGAW begreifen müssen.49 Nach dem BaFinMerkblatt sind auch Änderungen bestimmter im Anzeigeschreiben gemachter Angaben der BaFin bereits vor deren Umsetzung mitzuteilen.50 Anders als nach alter Rechtslage

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43 Vgl. hierzu auch Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB § 310 Rn. 22; Blankenheim ZBB 2011 344 (356 f.). 44 Hierzu noch Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 133 Rn. 3 ff. 45 Vgl. hierzu § 311. 46 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V.; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 38; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 310 Rn. 23; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 39. 47 Kritisch hierzu Reiter/Plumridge WM 2012 388 (391). 48 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 34 (das richtet sich nach dem „jeweiligen nationalen Recht“). 49 So auch BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V.; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 36; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 132 InvG Rn. 39. 50 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V.

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Anzeige zum Vertrieb von EU-OGAW im Inland

besteht dabei aber kein Billigungserfordernis seitens der BaFin – etwa für den Wechsel der Zahlstelle (sofern erforderlich) oder Informationsstelle. Bei der Übersendung sind die Änderungen oder Aktualisierungen zu beschreiben oder eine geänderte Fassung des jeweiligen Dokuments als Anlage in einem gebräuchlichen elektronischen Format beizufügen. Dies betrifft nach Ansicht der BaFin insbesondere die Änderung von Adressen und Bezeichnungen, Umfirmierungen sowie Fusionen und Liquidationen.51 In der Meldung an die BaFin muss zudem eine Erklärung enthalten sein, dass die mitgeteilten Änderungen entsprechend den Regelungen im Herkunftsstaat des EU-OGAW von der dort zuständigen Stelle genehmigt, gebilligt oder zur Kenntnis genommen wurden bzw. ihr zur Kenntnis gebracht wurden. Diese Erklärung kann alternativ auch direkt auf der beigefügten Verkaufsunterlage angebracht werden. In diesem Fall muss aber nach den Vorgaben der BaFin die Person des Erklärenden und dessen Funktion eindeutig erkennbar sein.52 Änderungsmitteilungen können in deutscher oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache abgegeben werden. Nach § 310 Abs. 4 S. 2 hat die BaFin eine E-Mail-Adresse anzugeben, an die die Aktualisierungen und Änderungen sämtlicher in Satz 1 genannter Unterlagen übermittelt werden müssen. Dieser Pflicht ist die BaFin – wie im BaFin-Merkblatt ausgeführt – nachgekommen: Mitteilungen von Änderungen der Verkaufsunterlagen sind an das E-Mail-Postfach: „[email protected]“ zu senden.53 Die E-Mail darf nicht größer sein als 20 MB, wobei es aber zulässig ist, die Anhänge in eine Zip-Datei zu packen. Ist der Datenumfang grösser 20 MB, kann der Inhalt auch auf mehrere E-Mails aufgeteilt werden, was im Betreff kenntlich zu machen ist. Zulässige Dateiformate für Anhänge sind pdf, doc und docx. Im Betreff der E-Mail sind die achtstellige BaFin-ID (70), der Name der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft, sowie eine laufende Nummer, wenn die Mitteilung mit mehreren E-Mails versendet wird, zu nennen.54 Endlich müssen der vollständige Name des Absenders und dessen Funktion innerhalb der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft aus der Änderungsmitteilung eindeutig hervorgehen. Bei der gesammelten Einreichung von zahlreichen wesentlichen Anlegerinformationen erbittet die BaFin zur besseren Übersicht eine alphabetische Sortierung nach Teilinvestmentvermögen/Anteilklassen.55 D. Anzeige bei Änderungen der Vermarktungsmodalitäten D. Anzeige bei Änderungen der Vermarktungsmodalitäten und vertriebenen Anteilsklassen

Werden Informationen über die Modalitäten der Vermarktung oder vertriebene Anteil- oder Aktienklassen, die im Anzeigeschreiben mitgeteilt wurden, geändert, so muss die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft diese Änderung der BaFin ebenfalls vor Umsetzung der Änderung in Textform56 mitteilen (§ 310 Abs. 5). Dies soll nach Ansicht der BaFin auch dann gelten, wenn der Vertrieb von be45 stimmten Anteilsklassen eines EU-OGAW bzw. eines Teilinvestmentvermögens eines

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51 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 52 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 1. b). 53 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 1. 54 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 3. 55 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 3. e). 56 Zur Auslegung des Begriffes „Textforms“ und den europarechtlichen Vorgaben der OGAW IVRichtlinie Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 13 ff.

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Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW

§ 311

EU-OGAW in Form einer Umbrella-Struktur in Deutschland eingestellt wird bzw. neue Anteilsklassen für den Vertrieb in Deutschland lanciert werden.57 Eine neue Vertriebsanzeige soll in diesem Fall aber nicht erforderlich sein, als sich das Anzeigeverfahren lediglich auf die Ebene des EU-OGAW bzw. eines Teilfonds einer EU-OGAW-Umbrella bezieht. Die Mitteilung nach § 310 Abs. 5 muss jedoch vor der Umsetzung der Änderungen erfolgen. Führen die nach § 310 Abs. 5 mitgeteilten Änderungen zu einer Änderung der Ver- 46 kaufsunterlagen, so ist die BaFin über diese Änderung der Verkaufsunterlagen gemäß § 310 Abs. 4 zu informieren. Die Mitteilung nach § 310 Abs. 5 ist in Textform gemäß § 126b BGB abzugeben,58 d.h. sie kann unter anderem mit normaler Post oder per EMail erfolgen. Sofern die Meldung per E-Mail abgegeben wird, so ist nach dem BaFin-Merkblatt diese ebenfalls an das E-Mail-Postfach: [email protected] zu senden.59 https://doi.org/10.1515/9783110492217-098

§ 311 Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW § 311 Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW Oppenheim/Klebeck Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW

(1) Die Bundesanstalt ist befugt, alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW, wenn 1. die Art und Weise des Vertriebs gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts verstoßen, 2. die Pflichten nach § 309 nicht oder nicht mehr erfüllt sind. (2) Hat die Bundesanstalt hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien an EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertreibt, gegen Vorschriften dieses Gesetzes verstößt, und hat die Bundesanstalt keine Befugnisse nach Absatz 1, so teilt sie ihre Erkenntnisse den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW mit und fordert diese auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. (3) 1 Werden Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes durch die Maßnahmen der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW nicht beendet oder erweisen sich diese Maßnahmen als nicht geeignet oder als unzulänglich, so ist die Bundesanstalt befugt, 1. nach Unterrichtung der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW im Rahmen ihrer Aufsicht und Überwachung der Vorschriften des Abschnitts 1 Unterabschnitt 1 und des Abschnitts 2 Unterabschnitt 1 dieses Kapitels alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des weiteren Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EUOGAW, 2. die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe zu ersuchen. 2 Maßnahmen gemäß Satz 1 Nummer 1 und 2 sind auch zu ergreifen, wenn der Herkunftsmitgliedstaat des EU-OGAW nicht innerhalb einer angemessenen Frist

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BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. VI. Hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 310 Rn. 49. BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. V. 2.

669 https://doi.org/10.1515/9783110492217-098

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§ 311

Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW

Maßnahmen ergreift und die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien dieses EU-OGAW im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertreibt, deshalb weiterhin auf eine Weise tätig ist, die den Interessen der Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes eindeutig zuwiderläuft. 3 Die Europäische Kommission und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde sind unverzüglich über jede nach Satz 1 Nummer 1 ergriffene Maßnahme zu unterrichten. (4) 1 Die Bundesanstalt teilt den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW die Untersagung des Vertriebs mit. 2 Sofern der Herkunftsmitgliedstaat dieses EU-OGAW ein anderer ist als der Herkunftsmitgliedstaat der verwaltenden EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft, teilt die Bundesanstalt die Untersagung auch den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates der EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft mit. 3 Sie macht die Untersagung im Bundesanzeiger bekannt, falls ein Vertrieb stattgefunden hat. 4 Entstehen der Bundesanstalt durch die Bekanntmachung nach Satz 2 Kosten, sind diese der Bundesanstalt von der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erstatten. (5) 1 Teilt die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW der Bundesanstalt die Einstellung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW mit, so hat die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft dies unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und die Veröffentlichung der Bundesanstalt nachzuweisen. 2 Wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung durch die Bundesanstalt nicht erfüllt wird, kann die Bundesanstalt die Veröffentlichung auf Kosten der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft vornehmen. 3 Absatz 6 bleibt unberührt. (6) 1 Teilt die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW der Bundesanstalt die Einstellung des Vertriebs von einzelnen Teilinvestmentvermögen des EU-OGAW mit, so hat die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Bundesanstalt über geänderte Angaben und Unterlagen entsprechend § 310 Absatz 4 Satz 1 zu unterrichten. 2 Dabei ist § 293 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 zu berücksichtigen. 3 Die geänderten Unterlagen dürfen erst nach der Unterrichtung im Geltungsbereich dieses Gesetzes eingesetzt werden. 4 Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat die Einstellung des Vertriebs unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und dies der Bundesanstalt nachzuweisen. 5 Wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung nicht erfüllt wird, kann die Bundesanstalt die Veröffentlichung auf Kosten der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft vornehmen.

A. B.

Systematische Übersicht Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung | 1 Originäre Aufsichtsbefugnisse vs. aufsichtsrechtliche Restzuständigkeit der BaFin I. Voraussetzungen für aufsichtsbehördliches Einschreiten durch die BaFin 1. Verstoß gegen sonstiges Recht | 8

Oppenheim/Klebeck

2.

C.

Verstoß gegen Pflichten nach § 309 | 10 II. Anlegerschutz als Ziel und Eingriffsgrenze – Verhältnismäßigkeit | 12 III. Eingriffsinstrumente der BaFin | 17 Subsidiäre Handlungsund Eingriffsbefugnisse der BaFin

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A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung

I. II. III.

IV.

Verstoß gegen Vorschriften des KAGB | 18 Fehlende Befugnisse der BaFin nach Abs. 1 | 21 Mitteilung an und Aufforderung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates zum Einschreiten | 22 Restaufsichts- und Eingriffskompetenz der BaFin 1. Untätigkeit der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates | 23 2. Ungeeignetheit und Unzulänglichkeit der behördlichen Maßnahmen | 25 3. Fristüberschreitungen | 26 4. Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin

§ 311

a)

D.

E. F.

„Selbstvornahme“ bzw. „Ersatzvornahme“ durch die BaFin | 28 b) Hilfeersuchen an ESMA | 30 5. Informationspflichten der BaFin vor und nach Einschreiten | 32 Verfahrens- und Rechtsschutzfragen bei Eingriffen der BaFin I. Mitteilung und Veröffentlichung der Untersagung | 33 II. Rechtsschutz | 35 Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW | 38 Einstellung des öffentlichen Vertriebs von einzelnen Teilfonds eines EUOGAW-Umbrella-Fonds | 41

A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung § 311 entspricht weitgehend § 133 des aufgehobenen InvG und wurde lediglich redaktionell aufgrund der in § 1 enthaltenen neuen Begriffsbestimmungen überarbeitet.1 Insoweit gelten auch für § 311 die gesetzgeberischen Erwägungen zu § 133 InvG in der Fassung des OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes. Diese Vorschrift zielt auf die Umsetzung der aufsichtsbehördlichen Abgrenzung zwischen den Aufsichtsbefugnissen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW und den Restbefugnissen des Aufnahmestaates gemäß Art. 108 der OGAW IV-Richtlinie.2 Nach Art. 108 Abs. 1 der OGAW IV-Richtlinie gilt der Grundsatz, dass allein die Stellen des Herkunftsmitgliedstaats des EU-OGAW befugt sind, diesem EU-OGAW gegenüber bei Verletzung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der in den Vertragsbedingungen oder in der Satzung der Investmentgesellschaft enthaltenen Bestimmungen Maßnahmen zu ergreifen. § 311 ist damit Ausdruck des allgemeinen Herkunftsstaatsprinzips.3 Die Behörden des Aufnahmemitgliedstaats des EU-OGAW können lediglich im Falle einer Verletzung der in diesem Mitgliedstaat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die nicht unter den Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie oder unter die in den Art. 92 und 94 der OGAW IV-Richtlinie festgelegten Anforderungen fallen, Maßnahmen ergreifen.4 Dieser nunmehr geltenden Kompetenzver- bzw. -zuteilung zwischen der Aufsichtsbehörde des Heimatstaates des EU-OGAW und der Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaa-

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1 Vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfes des OGAW-IV-Umsetzungsgesetz BTDrucks. 17/4510 S. 91. 2 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 1 ff. 3 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 311 Rn. 1; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 311 Rn. 4. 4 In diese Richtung auch die Abgrenzung in der „Erläuternden Mitteilung der Kommission, Die jeweiligen Zuständigkeiten von Herkunftsmitgliedstaat und Aufnahmemitgliedstaat beim Vertrieb von OGAW gemäß Abschnitt VIII der OGAW-Richtlinie“, 19.3.2007, KOM (2007) 112.

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tes bzw. Vertriebslandes war ein langer Kompetenzstreit zwischen den Aufsichtsbehörden der einzelnen EU-Mitgliedstaaten vorausgegangen. Die EU-Kommission versuchte zunächst in einer erläuternden Mitteilung der Kommission zu den jeweiligen Zuständigkeiten von Herkunftsmitgliedstaat und Aufnahmemitgliedstaat beim Vertrieb von EUOGAW gemäß Abschnitt VIII der OGAW-Richtlinie zu schlichten.5 Art.108 der OGAW IV-Richtlinie will diesen Kompetenzstreit beenden. Nunmehr 5 werden die Eingriffs- und Untersagungsrechte der BaFin mit Blick auf den Vertrieb von EU-OGAW in Deutschland weitgehend auf nationale Angelegenheiten bzw. Verstöße gegen nationale Vorschriften, deren Einhaltung nach der OGAW IV-Richtlinie nicht der Aufsichtsbefugnis des Heimatstaates des EU-OGAW zugewiesen ist, beschränkt. Im Interesse des Binnenmarktes und einer reibungslosen Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen sollen die Zuständigkeiten der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden eindeutig zugewiesen sein.6 Der EU-Gesetzgeber vertraut und setzt damit auf eine effiziente Kooperation zwi6 schen den einzelnen Aufsichtsbehörden.7 Auch die AIFM-Richtlinie setzt entscheidend auf eine Kooperation der Aufsichtsbehörden.8 In der Zusammenschau mit § 310 bleibt festzuhalten, dass der BaFin mit Blick auf 7 einen EU-OGAW-Vertrieb letztlich kaum Befugnisse mehr zu stehen, die Aufnahme des Vertriebs in Deutschland zu verhindern.9 Der EU-OGAW kann unmittelbar nach der Mitteilung der Übermittlung der nach § 310 notwendigen Information und Unterlagen an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates durch seine Heimataufsichtsbehörde mit dem grenzüberschreitenden Vertrieb beginnen. Der BaFin verbleibt lediglich ein Einschreiten nach den Vorschriften des § 311 – mithin post Aufnahme des Vertriebs in Deutschland.10 B. Originäre Aufsichtsbefugnisse vs. aufsichtsrechtliche Restzuständigkeit der BaFin B. Originäre Aufsichtsbefugnisse vs. aufsichtsrechtliche Restzuständigkeit der BaFin I. Voraussetzungen für aufsichtsbehördliches Einschreiten durch die BaFin 8

1. Verstoß gegen sonstiges Recht. Nach § 311 Abs. 1 Nr. 1 ist die BaFin im Rahmen ihrer nach Art. 108 der OGAW IV-Richtlinie zugewiesenen Restbefugnisse ermächtigt, alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW, wenn die Art und Weise des Vertriebs gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts verstoßen. Nach Art. 108 Abs. 1 S. 2 der OGAW IV-Richtlinie sind unter den sonstigen Vorschriften alle geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu verstehen, die nicht

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5 Vgl. Erläuternde Mitteilung der Kommission, Die jeweiligen Zuständigkeiten von Herkunftsmitgliedstaat und Aufnahmemitgliedstaat beim Vertrieb von OGAW gemäß Abschnitt VIII der OGAW-Richtlinie, 19.3.2007, KOM (2007) 112 endgültig; hierzu auch Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim Vor §§ 128 bis 133 InvG Rn. 1 ff. sowie § 129 InvG Rn. 3 ff. 6 Vgl. auch Reiter/Plumridge WM 2012 388 (390). 7 Vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfes des OGAW-IV-Umsetzungsgesetz BTDrucks. 17/4510 S. 91. 8 Zur Aufsichtskooperation nach der AIFM-Richtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Kunschke/ Machhausen AIFM, Art. 50 Rn. 2 ff. 9 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 2. 10 Vgl. Blankenheim ZBB 2011 344 (356 ff.); Klebeck in: Zetzsche, The Alternative Investment Fund Managers Directive – European Regulation of Alternative Investment Funds 2012, S. 77 ff.

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B. Originäre Aufsichtsbefugnisse vs. aufsichtsrechtliche Restzuständigkeit der BaFin

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in den Anwendungsbereich der OGAW IV-Richtlinie fallen.11 Nach herrschender Meinung wurden unter Geltung des InvG hierunter v.a. Vorschriften des Gewerbe-, Wettbewerbs-, Straf- und Steuerrechts gefasst.12 Diese Ansicht ist auch für § 311 Abs. 1 Nr. 1 zutreffend.13 Entsprechend verpflichtet auch Art. 91 Abs. 3 der OGAW IV-Richtlinie die Mitglied- 9 staaten sicherzustellen, dass vollständige Informationen über Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die nicht in den von dieser Richtlinie geregelten Bereich fallen und die für die Modalitäten der Vermarktung von Anteilen von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen OGAW auf ihrem Hoheitsgebiet spezifisch relevant sind, „aus der Ferne und elektronisch leicht zugänglich sind“. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Informationen in einer in der Finanzwelt gebräuchlichen Sprache bereitgestellt werden, eindeutig und unmissverständlich sind und dem neuesten Stand entsprechen. Ob die BaFin diesen Anforderungen mit den wenigen Informationen auf ihrer Website gerecht wird, wird mitunter in Frage gestellt. 2. Verstoß gegen Pflichten nach § 309. Weiter kann die BaFin alle erforderlichen 10 und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW, wenn die Pflichten nach § 309 nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Das meint zunächst die Pflicht, sämtliche Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellen, dass Zahlungen an die Anleger im Geltungsbereich des KAGB geleistet werden und Rückkauf und Rücknahme der Anteile oder Aktien im Geltungsbereich des KAGB erfolgen. Die Pflicht zur Bestellung einer Zahlstelle nach § 309 Abs. 1 besteht freilich nur 11 dann, soweit die Anteile oder Aktien an dem in Rede stehenden EU-OGAW als gedruckte Einzelurkunden ausgegeben werden bzw. wurden.14 Zu den Pflichten nach § 311 Abs. 1 Nr. 2 zählt, eine entsprechende Informationsstelle i.S.d. § 309 Abs. 2 zu bestellen sowie die deutschlandspezifischen Angaben und Informationen im Verkaufsprospekt zu machen. II. Anlegerschutz als Ziel und Eingriffsgrenze – Verhältnismäßigkeit Die von der BaFin zu ergreifenden Maßnahmen müssen nicht nur geeignet, erforder- 12 lich und angemessen im Sinne des für die Eingriffsverwaltung der BaFin anwendbaren Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sein. Das Eingriffshandeln der BaFin muss nach dem Wortlaut zum Schutz der (deutschen) Anleger erfolgen. Das Einschreiten der BaFin muss also geeignet, erforderlich und angemessen zur Erreichung dieses gesetzlich vorgegebenen Ziels sein. Dass mit der in § 311 Abs. 1 ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit einer Untersa- 13 gung des Vertriebs die bereits investierten deutschen Anleger den Schutz des KAGB verlieren,15 ist eine These, die noch ihre Begründung sucht. Zutreffend wäre dies etwa für den Fall einer aufsichtsbehördlich angeordneten Zwangsliquidation des EU-OGAW; aber

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11 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 7; Blankenheim ZBB 2011 344 (357). 12 Hierzu nur Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 133 InvG Rn. 13; Baur Investmentgesetze, § 15d AuslInvG, Rn. 3. 13 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 7; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 311 Rn. 1; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 311 Rn. 7. 14 Vgl. bereits die Kommentierung zu § 309. 15 So etwa Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 7; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Blankenheim § 133 InvG Rn. 17; Baur Investmentgesetze, § 15d AuslInvG, Rn. 16 ff.

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eine solche Eingriffsbefugnis der BaFin sieht weder Art. 108 OGAW IV-Richtlinie noch das KAGB vor – zu Recht. In die Abwägungsentscheidung der BaFin ist aber in der Tat der mit einer Untersa14 gung einhergehende Wegfall der Pflichten zum Schutz der deutschen Anleger (Bestellung einer Zahlstelle (falls erforderlich), einer Informationsstelle, Angabe deutschlandspezifischer Angaben in den Verkaufsunterlagen) einzubeziehen.16 Ein solcher Wegfall kann aber nur in den seltensten Fällen im Interesse der deutschen Anleger sein. Denkbar wäre mithin die Untersagung eines weiteren Vertriebs in Deutschland unter Beibehaltung der bestehenden Pflichten zugunsten der deutschen Anleger. Für den EU-OGAW, EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAW-Kapitalverwal15 tungsgesellschaft ist eine Untersagung des Vertriebs in Deutschland unstrittig ein empfindlicher Eingriff in ihre Geschäftstätigkeit, sodass eine entsprechende Untersagung nur bei erheblichen und wiederholten Verstößen gegen sonstige Vorschriften i.S.d. § 311 Abs. 1 Nr. 1 bzw. bei Verzug mit der Pflichtenerfüllung nach § 311 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 309 als ultima ratio in Betracht kommt.17 16 Umstritten ist, ob und inwieweit die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft für das Fehlverhalten Dritter, allen voran von Vertriebsträgern in Deutschland einzustehen hat bzw. sich dieses zurechnen lassen muss.18 Die bloße Möglichkeit einer Einflussnahme auf den Vertriebsträger wird man richtigerweise nicht als Grund für die Zurechnung ausreichen lassen können. Eine solche Mithaftung lässt sich weder aus allgemein- bzw. sonderpolizeirechtlichen Grundsätzen noch aus dem KAGB entnehmen.19 III. Eingriffsinstrumente der BaFin 17

Die BaFin kann alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger ergreifen – sofern die Eingriffsvoraussetzungen nach § 311 Abs. 1 Nr. 1 und 2 vorliegen. Mit Blick auf die Maßnahmen der BaFin greifen die allgemeinen Grundsätze der Eingriffsverwaltung. Typisches Instrument ist der belastende Verwaltungsakt, gegen den Widerspruch und Anfechtungsklage zulässig sind.20 Der BaFin steht insoweit nicht nur ein Eingriffs-, sondern auch ein Auswahlermessen zu, was gerichtlich überprüft werden kann.21

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16 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 9; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 311 Rn. 2; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 311 Rn. 10. 17 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 9; schon unter Geltung des InvG a.F. Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 133 InvG Rn. 17. 18 Hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 8; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Blankenheim § 133 InvG Rn. 17. 19 So schon Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 8; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Blankenheim § 133 InvG Rn. 17; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 133 InvG Rn. 25. Anders Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 12, die empfehlen, mit den Vertriebspartnern Vereinbarungen über die Folgen von Verstößen zu schließen. 20 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 10. Hierzu auch Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum § 133 Rn. 9; zum Rechtsschutz unter Geltung des InvG vor Inkrattreten des OGAWIV-Umsetzungsgesetzes Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 133 InvG Rn. 27 f.; Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Schmies § 133 InvG Rn. 30 ff. 21 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 9.

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C. Subsidiäre Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin

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C. Subsidiäre Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin C. Subsidiäre Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin I. Verstoß gegen Vorschriften des KAGB Nach § 311 Abs. 2 teilt die BaFin, sofern sie hinreichende Anhaltspunkte für die An- 18 nahme, dass eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien an EU-OGAW in Deutschland vertreibt, gegen Vorschriften des KAGB verstößt, und sie keine Befugnisse nach Abs. 1 hat, den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW diese Missstände mit und fordert diese auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Damit setzt der deutsche Gesetzgeber nahezu wortgleich die Vorgaben von Art. 108 Abs. 4 der OGAW IV-Richtlinie um. Bedenken sind zunächst mit Blick auf die tatbestandliche Weite des § 311 Abs. 2 und 19 damit folgend des genannten Eingriffsgrundes nach § 311 Abs. 3 angebracht: Anlass eines Einschreitens gegenüber dem EU-OGAW durch die BaFin sind nach dem Wortlaut des § 311 Abs. 3 „Verstöße gegen dieses Gesetz“ (d.h. des KAGB). Damit stellt sich zentral die Frage nach einer Konkretisierung.22 Denkbar wäre es etwa, das Erfordernis eines Bezugs des Rechtsverstoßes zum Ver- 20 trieb des EU-OGAW zu verlangen.23 Hierfür spricht auch die Begrenzung des § 311 Abs. 3, wonach die BaFin im Rahmen ihrer Aufsicht und Überwachung der Vorschriften des „Abschnitts 1 Unterabschnitt 1 und des Abschnitts 2 Unterabschnitt 1 dieses Kapitels“ alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger ergreifen kann. Beschränkend wirkt insoweit auch das mit dem Eingriff der BaFin zu verfolgende Ziel des Eingriffs in den Vertrieb des EU-OGAW – namentlich: der Schutz der deutschen Anleger. II. Fehlende Befugnisse der BaFin nach Abs. 1 Eine Mitteilung der BaFin an die zuständigen Aufsichtsbehörden des Herkunftsmit- 21 gliedstaates des EU-OGAW über die Rechtsverstöße sowie eine entsprechende Aufforderung, geeignete Maßnahmen gegenüber dem EU-OGAW zu ergreifen, muss freilich nur dann erfolgen, wenn der BaFin keine eigenen Eingriffsbefugnisse zum Einschreiten nach § 311 Abs. 1 zustehen.24 Insoweit werden die in Art. 108 der OGAW IV-Richtlinie angelegten Eskalationsstufen in das deutsche Recht umgesetzt: Kann die BaFin nach § 311 Abs. 1 selbst einschreiten, ist sie nicht verpflichtet, die Aufsichtsbehörde des Heimatstaates des EU-OGAW zum Einschreiten zu veranlassen.25 III. Mitteilung an und Aufforderung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates zum Einschreiten Bestehen keine Eingriffsbefugnisse der BaFin nach § 311 Abs. 1, bleibt es zunächst 22 Sache der Aufsichtsbehörde des EU-OGAW die Aufsichtsbefugnisse entsprechend auszuüben und gegen den EU-OGAW in geeigneter Weise vorzugehen, um allfällige Missstände zu beseitigen. Der BaFin kommt bei hinreichenden Anhaltspunkten auf erster Stufe lediglich das Recht zu, die Aufsichtsbehörde zu informieren und entsprechend zum

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22 Vgl. zu einer vergleichbaren Frage beim grenzüberschreitenden Vertrieb von AIF unter der AIFMRichtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 39 Rn. 74 ff. sowie Art. 40 Rn. 46 ff. 23 Wohl ähnlich Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 15, wonach der Verstoß „produktbezogen“ zu sein hat. 24 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 17; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 311 Rn. 3. 25 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 11 ff.

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Einschreiten zu bewegen. Dies schließt freilich nicht aus, dass die BaFin zunächst selbst Vorabklärung trifft, um zu entscheiden, ob die Anhaltspunkte in der Tat hinreichend sind.26 IV. Restaufsichts- und Eingriffskompetenz der BaFin 23

1. Untätigkeit der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates. Werden Verstöße gegen Vorschriften des KAGB durch die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW nicht beendet oder erweisen sich diese Maßnahmen als nicht geeignet oder als unzulänglich, so ist die BaFin zum Einschreiten entsprechend § 311 Abs. 3 befugt. Dabei handelt es sich bei der Eingriffsbefugnis der BaFin letztlich nur um eine subsidiäre Eingriffskompetenz27 – entsprechend den Vorgaben des Art. 108 Abs. 5 der OGAW IV-Richtlinie. Zuständig für die Aufsicht, Überwachung und einen allfälligen Eingriff ist grund24 sätzlich zunächst die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW. Erst wenn die Rechtsverstöße durch die Maßnahmen der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW nicht beendet werden bzw. worden sind, kann die BaFin entsprechend § 311 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 einschreiten. Die Zuständigkeit der BaFin beschränkt sich allerdings auf die Einhaltung der §§ 293 bis 296 sowie §§ 309 bis 311.28 25

2. Ungeeignetheit und Unzulänglichkeit der behördlichen Maßnahmen. Gleiches soll nach § 311 Abs. 3 gelten, wenn sich die Maßnahmen der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW als nicht geeignet oder als unzulänglich erweisen. Unklar ist, ob und inwieweit zugunsten der BaFin in diesem Zusammenhang ein Einschätzungsspielraum anzuerkennen ist. Zu bedenken ist freilich, dass ein entsprechender Streit zwischen Aufsichtsbehörden in der Praxis wohl vielfach vermieden werden wird, sodass diese Frage eher von theoretischer Natur ist.

3. Fristüberschreitungen. Endlich können Maßnahmen gemäß § 311 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 von der BaFin auch dann ergriffen werden, wenn der Herkunftsmitgliedstaat des EU-OGAW nicht innerhalb einer angemessenen Frist einschreitet und die EU-OGAWVerwaltungsgesellschaft oder OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anteile oder Aktien dieses EU-OGAW im Geltungsbereich des KAGB vertreibt, deshalb weiterhin auf eine Weise tätig ist, die den Interessen der (deutschen) Anleger im Geltungsbereich des KAGB eindeutig zuwiderläuft. 27 Ob diese Frist von der BaFin gesetzt werden muss, beantwortet das Gesetz ebenso wenig wie die Frage, wie die Angemessenheit der Frist zu bestimmen ist.29 Letztere wird man richtigerweise im Einzelfall – abhängig vom Umfang und von der Komplexität der Rechtsverstöße – bestimmen müssen. Leitgedanke und ausgerufenes Ziel nach Erwägungsgrund (70) der OGAW IV-Richtlinie ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden zu verstärken.

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26 So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 13. 27 Zutreffend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 15, der von einem „Zuständigkeitswechsel“ spricht, von „subsidiärer“ Befugnis spricht Blankenheim ZBB 2011 344 (357); ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 18. 28 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 311 Rn. 3; vgl. auch Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 21, die ein Redaktionsversehen erkennen wollen und die §§ 297 bis 306 als erfasst ansehen. 29 Zur Angemessenheit der Frist auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 19.

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C. Subsidiäre Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin

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4. Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der BaFin a) „Selbstvornahme“ bzw. „Ersatzvornahme“ durch die BaFin. Hat die originär 28 zuständige Aufsichtsbehörde des EU-OGAW keine, ungeeignete oder nicht fristgerecht die erforderlichen Maßnahmen getroffen, kann die BaFin nach § 311 Abs. 3 Nr. 1 nach Unterrichtung der Aufsichtsbehörden des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der (deutschen) Anleger ergreifen, einschließlich einer Untersagung des weiteren Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW. Dies wird einerseits durch die allgemein geltenden Grenzen eines grenzüberschreiten- 29 den Verwaltungshandelns begrenzt.30 Die Mitgliedstaaten sind nach Erwägungsgrund (68) der OGAW IV-Richtlinie aufgerufen, die erforderlichen verwaltungs- und organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Zusammenarbeit zwischen den innerstaatlichen Behörden und den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten u.a. durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen zwischen diesen Behörden zu ermöglichen, dies könnte auch eine freiwillige Übertragung von Aufgaben beinhalten. b) Hilfeersuchen an ESMA. Ebenfalls kann die BaFin nach § 311 Abs. 3 Nr. 2 die 30 ESMA nach Maßgabe des Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. Dabei handelt es sich um ein Schlichtungsverfahren unter der Federführung der ESMA. Das auf Empfehlung (22) des sog. Larosière-Report v. 25.2.2009 – benannt nach dem Vorsitzenden Jacques de Larosière der „High-Level Group on Financial Supervision in the EU“31 – zurückgehende Schlichtungsverfahren ist ein europarechtliches Zwischenverfahren zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen Behörden in grenzübergreifenden Fällen.32 Schlichtungsentscheidungen sollen nach Art. 19 Abs. 5 VO (EU) 1095/2010 „Vor- 31 rang“ vor allen von den zuständigen Behörden in der gleichen Sache erlassenen früheren Beschlüssen haben. Dabei sind v.a. die Auswirkungen dieses Vorrangs auf bestandskräftige Verwaltungsakte der zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden fraglich.33 Der Wortlaut spricht für eine Rücknahmepflicht der betreffenden mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörde. Demgegenüber ist im Rahmen der Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 3 EUV anerkannt, dass die Mitgliedsstaaten nicht dazu verpflichtet sind, auch unionsrechtwidrige Verwaltungsakte in jedem Fall und unter allen Umständen zurückzunehmen.34 An diesen primärrechtlich verankerten Grundsätzen dürfte sich durch den „Vorranganspruch“ des (sekundärrechtlichen) Art. 19 Abs. 5 VO (EU) 1095/2010 nichts ändern. 5. Informationspflichten der BaFin vor und nach Einschreiten. Vor dem Ergrei- 32 fen einer Maßnahme durch die BaFin nach § 311 Abs. 3 Nr. 1 sind die zuständigen Stellen

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30 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck AIFM, Vorbem. zu Kapitel VII Rn. 8 ff. 31 The High-Level Group on Financial Supervision in the EU – chaired by Jacques de Larosière (25.2.2009) S. 62 ff. (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/de_larosiere_ report_en.pdf; zuletzt abgerufen am 3. April 2014). 32 Hierzu auch mit Blick auf die Streitbeilegung nach der AIFM-Richtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 44 ff. 33 Hierzu auch mit Blick auf die Streitbeilegung nach der AIFM-Richtlinie Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 44 ff. 34 Streinz EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 4 EUV Rn. 56 f. m.w.N.; Bader/Ronellenfitsch/Müller BeckOK VwVfG, § 48 Rn. 132 (Stand 1.10.2011) unter Verweis auf EuGH Rs 205-215/82, NJW 1984 2024 – Deutsches Milchkontor und Rs. C-392/04 u. C-422/04, NVwZ 2006 1277 – i-21/Arcor.

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Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW

(Aufsichtsbehörden des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW) zu unterrichten. Die EU-Kommission und ESMA sind ebenfalls unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, über jede nach § 311 Abs. 1 Nr. 1 ergriffene Maßnahme der BaFin zu unterrichten. D. Verfahrens- und Rechtsschutzfragen bei Eingriffen der BaFin I. Mitteilung und Veröffentlichung der Untersagung Im Falle einer Untersagung des Vertriebs eines EU-OGAW – sei es aufgrund ihrer Restkompetenz nach § 311 Abs. 1 oder einer Ersatzvornahme nach § 311 Abs. 3 – teilt die BaFin den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW diese Untersagung mit (§ 311 Abs. 4 S. 1). Sofern der Herkunftsmitgliedstaat dieses EU-OGAW ein anderer ist als der Herkunftsmitgliedstaat der verwaltenden EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft,35 teilt die BaFin die Untersagung auch den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft mit (§ 311 Abs. 4 S. 2). 34 Zudem macht sie die Untersagung im Bundesanzeiger bekannt, falls zuvor ein Vertrieb stattgefunden hat (§ 311 Abs. 4 S. 3). Regelmäßig veröffentlicht die BaFin die Untersagung auch im BaFinJournal.36 Entstehen der BaFin durch die Bekanntmachung Kosten, sind diese der BaFin von der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft zu erstatten (§ 311 Abs. 4 S. 4). 33

II. Rechtsschutz Die von der BaFin nach § 311 Abs. 1 wie auch Abs. 3 getroffenen Maßnahmen werden typischerweise als belastende Verwaltungsakte zu qualifizieren sein – mit der Folge, dass Widerspruch und Anfechtungsklage als verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe in Frage kommen.37 Und bei der Frage nach der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe entspricht § 311 dem § 133 des aufgehobenen Investmentgesetzes nicht in Gänze und insoweit wurde dieser auch nicht lediglich redaktionell aufgrund der in § 1 enthaltenen Begriffsbestimmungen überarbeitet. 36 § 133 Abs. 4 InvG a.F. sah ausdrücklich vor,38 dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der BaFin keine aufschiebende Wirkung haben sollten. Eine entsprechende Vorschrift enthält § 311 nicht. Auf die Praxis wird dies (ob der Möglichkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen) kaum Auswirkungen haben bzw. Erleichterungen bringen. Für Klagen gegen die BaFin gilt Frankfurt als Sitz der Behörde. Vor einer Anfech37 tungsklage gegen eine entsprechende Untersagungsverfügung bedarf es nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO eines Widerspruchsverfahrens. Bei der BaFin handelt es sich nicht um eine oberste Bundesbehörde, sodass die Ausnahme des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO nicht Platz greift.39 35

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35 Zur Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verwaltung und dem EU-Pass für Verwaltungsgesellschaften nur Blankenheim ZBB 2011 344 (348 ff.). 36 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 31. 37 Hierzu auch schon Baur Investmentgesetze, § 15d AuslInvG Rn. 23 ff. 38 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 133 Rn. 24; Berger/Steck/Lübbehüsen/ Blankenheim § 133 InvG Rn. 27 ff.; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 133 InvG Rn. 30 ff. 39 Hierzu schon Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 133 InvG Rn. 31 ff.

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F. Einstellung des öffentlichen Vertriebs von einzelnen Teilfonds

§ 311

E. Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW § 311 Abs. 5 regelt das Deregistrierungsverfahren bei Einstellung des Vertriebs des 38 EU-OGAW in Deutschland. Danach teilt die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW der BaFin die Einstellung des Vertriebs des EU-OGAW mit. Eine direkte Mitteilung an die BaFin durch die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. die OGAWKapitalverwaltungsgesellschaft ist nicht mehr erforderlich.40 Vielmehr haben die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. die OGAW-Kapitalver- 39 waltungsgesellschaft die Einstellung des Vertriebs unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und die Veröffentlichung der Bundesanstalt nachzuweisen. Wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung seitens BaFin nicht erfüllt wird, kann diese die Veröffentlichung auf Kosten der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft vornehmen. Der Nachweis über die Veröffentlichung der Einstellung des Vertriebs ist an das E- 40 Mail-Postfach [email protected] zu senden. Hierbei sind die von der BaFin gemachten Hinweise zur Einreichung per E-Mail zu beachten.41 F. Einstellung des öffentlichen Vertriebs von einzelnen Teilfonds F. Einstellung des öffentlichen Vertriebs von einzelnen Teilfonds eines EU-OGAW-Umbrella-Fonds Die Einstellung des Vertriebes einzelner vertriebsberechtigter Teilfonds eines EUOGAW in Form einer Umbrella-Konstruktion ist unter den Voraussetzungen des § 311 Abs. 6 möglich. Danach teilt die zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW der BaFin die Einstellung des Vertriebs von einzelnen Teilinvestmentvermögen des EU-OGAW mit. Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat die BaFin über geänderte Angaben und Unterlagen entsprechend § 310 Abs. 4 S. 1 zu unterrichten. Dabei ist freilich auch § 293 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 zu berücksichtigen.42 Für die Einstellung des Vertriebs einzelner vertriebsberechtigter Teilinvestmentvermögen eines EU-OGAW sind in die Verkaufsunterlagen (mit Ausnahme der wesentlichen Anlegerinformationen) Hinweise auf die fehlende Vertriebsberechtigung der entsprechenden Teilfonds aufzunehmen und die BaFin hierüber zu unterrichten.43 Die geänderten Unterlagen dürfen gemäß § 311 Abs. 6 S. 3 erst nach der Unterrichtung in Deutschland eingesetzt werden. Weiter muss die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Einstellung des Vertriebs unverzüglich im Bundesanzeiger veröffentlichen und dies der BaFin nachweisen. Auch hier gilt: Wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung nicht erfüllt wird, kann die Bundesanstalt die Veröffentlichung auf Kosten der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft vornehmen. Die Deregistrierung durch die BaFin erfolgt erst, wenn die erforderlichen Unterlagen, der Nachweis über die Veröffentlichung im Bundesanzeiger sowie der Nachweis über die Zahlung der Deregistrierungsgebühr in Höhe von EUR 280,00 pro Teilinvest-

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40 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 35; vgl. zum alten Recht Berger/Steck/ Lübbehüsen/Blankenheim § 133 InvG Rn. 31 ff.; zu Einzelheiten des Verfahrens auch Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum § 133 InvG Rn. 30 ff. 41 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. VI. 1. 42 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. VI. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 311 Rn. 40. 43 Vgl. auch BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. VI. 2.

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mentvermögen bei der BaFin eingereicht worden sind.44 Die geänderten Unterlagen oder die Beschreibung der Änderungen, der Nachweis über die Veröffentlichung der Einstellung des Vertriebes sowie der Nachweis der Zahlung der Deregistrierungsgebühr sind an das E-Mail Postfach: [email protected] zu senden. Die Einstellung des Vertriebs einzelner Anteilsklassen wird nicht durch § 311 Abs. 6, 45 sondern vielmehr durch § 310 Abs. 5 geregelt. Auf die Kommentierung zu § 310 Abs. 5 soll an dieser Stelle verwiesen werden.

UNTERABSCHNITT 2 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von inländischen OGAW in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum https://doi.org/10.1515/9783110492217-099

§ 312 Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung § 312 Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung Oppenheim/Klebeck Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung

(1) 1 Beabsichtigt eine OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen OGAW in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt mit einem Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 anzuzeigen. 2 Die Anzeige muss in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache gefasst sein, wenn nicht vereinbart wurde, dass sie in einer der Amtssprachen der beiden Mitgliedstaaten gefasst wird. 3 Der Anzeige sind in jeweils geltender Fassung beizufügen: 1. die Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung, der Verkaufsprospekt sowie der letzte Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht, 2. die wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 166. (2) Die nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 beizufügenden Unterlagen sind entweder zu übersetzen 1. in die Amtssprache des Aufnahmestaates, 2. in eine der Amtssprachen des Aufnahmestaates, 3. in eine von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates akzeptierte Sprache oder 4. in eine in internationalen Finanzkreisen gebräuchliche Sprache. (3) 1 Die wesentlichen Anlegerinformationen sind in der Amtssprache oder in einer der Amtssprachen des Aufnahmestaates oder in einer von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates akzeptierten Sprache vorzulegen. 2 Verantwortlich für die Übersetzung ist die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft; die Übersetzung muss den Inhalt der ursprünglichen Informationen richtig und vollständig wiedergeben. (4) 1 Die Bundesanstalt prüft, ob die gemäß Absatz 1 übermittelten Unterlagen vollständig sind. 2 Fehlende Angaben und Unterlagen fordert sie innerhalb von zehn Arbeitstagen als Ergänzungsanzeige an. 3 Die Ergänzungsanzeige ist der Bun-

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BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. VI. 2.

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Systematische Übersicht

§ 312

desanstalt innerhalb von sechs Monaten nach der Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen; anderenfalls ist eine Übermittlung der Anzeige nach Absatz 5 ausgeschlossen. 4 Die Frist nach Satz 3 ist eine Ausschlussfrist. 5 Eine erneute Anzeige ist jederzeit möglich. (5) 1 Spätestens zehn Arbeitstage nach Eingang der vollständigen Anzeige bei der Bundesanstalt übermittelt sie den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates diese Anzeige sowie eine Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 darüber, dass es sich um einen inländischen OGAW handelt. 2 Das Anzeigeschreiben und die Bescheinigung sind den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache zu übermitteln, wenn nicht vereinbart wurde, dass sie in einer der Amtssprachen der beiden Mitgliedstaaten gefasst werden. 3 Die Bundesanstalt benachrichtigt die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft unmittelbar über die Übermittlung. 4 Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft kann ihre Anteile oder Aktien ab dem Datum dieser Benachrichtigung im Aufnahmestaat auf den Markt bringen. 5 Die näheren Inhalte, die Form und die Gestaltung des Anzeigeverfahrens bestimmen sich nach den Artikeln 1 bis 5 der Verordnung (EU) Nr. 584/2010. (6) Unbeschadet der Anzeige nach Absatz 1 stellt die Bundesanstalt auf Antrag der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 aus, dass die Vorschriften der Richtlinie 2009/65/EG erfüllt sind. (7) Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hat das Anzeigeschreiben nach Absatz 1 Satz 1 und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Unterlagen über das Melde- und Veröffentlichungssystem der Bundesanstalt zu übermitteln. (8) 1 Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Form der einzureichenden Unterlagen nach Absatz 6 und über die zulässigen Datenträger und Übertragungswege erlassen. 2 Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. Systematische Übersicht A. B.

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Systematische Übersicht Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung | 1 Anzeigepflicht, -schreiben und beizufügende Unterlagen I. Grenzüberschreitender Vertrieb von OGAW in der EU | 6 II. Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/ 2010 | 13 III. Beizufügende Unterlagen 1. Anlagebedingungen, Verkaufsprospekt, Jahres- und Halbjahresbericht und wesentliche Anlegerinformationen | 17 2. Sprache und Übersetzungen | 22

IV.

C.

D.

Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin | 26 Prüfung durch die BaFin und Verfahren I. „Vollständigkeit“ der Unterlagen | 27 II. Ergänzungsanzeige 1. Fehlende Angaben und Unterlagen | 29 2. Fehlerhafte Angaben? | 31 3. Ausschlussfrist von 6 Monaten und Neuanzeige | 34 Übermittlung an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates I. Frist zur Übermittlung: innerhalb von 10 Tagen | 35

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§ 312

Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung

II.

E.

Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 | 37 III. Zwischenbehördliche Übermittlung der Unterlagen | 38 Aufnahme des grenzüberschreitenden Vertriebs

I.

II.

Beginn unmittelbar mit Übermittlungsanzeige durch BaFin | 44 Besonderheiten des Aufnahmestaates | 47

A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung 1

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Während der Unterabschnitt 1 (§§ 309 ff.) das Anzeigeverfahren für den Vertrieb von EU-OGAW im Inland regelt, werden im Unterabschnitt 2 (§ 312) für den umgekehrten Fall die Voraussetzungen für das Anzeigeverfahren für den Vertrieb von inländischen OGAW in anderen Mitgliedstaaten der EU oder in EWR-Vertragsstaaten aufgestellt – sog. „Outgoing-Notification“. § 312 entspricht weitgehend dem aufgehobenen § 128 InvG.1 Die Vorschrift wurde redaktionell aufgrund der in § 1 enthaltenen Begriffsbestimmungen überarbeitet. Zudem wurde der Verweis in § 13a Abs. 5 InvG a.F. umgesetzt, indem die Vorschriften sich nunmehr unmittelbar auch auf EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaften, die inländische OGAW verwalten, beziehen.2 Europarechtlich dient § 312 v.a. der Umsetzung von Art. 93 der OGAW IV-Richtlinie für den Fall, in dem Anteile an einem inländischen OGAW im EU/EWR-Ausland vertrieben werden sollen. Das neue Vertriebsanzeigeverfahren nach dem „regulator-toregulator“-Konzept greift auch für den Fall des sog. Outbound.3 Anders als gemäß § 128 InvG in der Fassung vor Inkrafttreten des OGAW IV-Umsetzungsgesetzes4 ist eine Vertriebsanzeige sowohl bei der BaFin als auch bei der Aufsichtsbehörde des EU-/EWRAufnahmestaates, d.h. des Staates, in dem der inländische OGAW vertrieben werden soll, nicht mehr notwendig. Erforderlich ist nach Inkrafttreten des OGAW IV-Umsetzungsgesetzes nur noch eine Vertriebsanzeige und zwar bei der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde des inländischen OGAW. Diese prüft die Vertriebsanzeige und leitet sie bei Vollständigkeit an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates weiter. Mit Unterrichtung über die Weiterleitung der Vertriebsanzeige kann mit dem Vertrieb des inländischen OGAW im Aufnahmemitgliedstaat begonnen werden (§ 312 Abs. 5 S. 4). Da oftmals auch ein praktisches Bedürfnis für die Erteilung eines OGAW-Passes für den Vertrieb außerhalb des EU-/EWR-Raums besteht, stellt die BaFin nach § 312 Abs. 6 auf Antrag auch hierfür eine gebührenpflichtige OGAW-Bescheinigung aus. Für den Vertrieb von OGAW in der Schweiz gilt das zwischen der BaFin und der FINMA vereinbarte Memorandum Of Understanding.5 Danach übermittelt die Herkunftsstaatsbehörde die OGAW-Bescheinigung der Aufnahmestaatsbehörde per E-Mail.

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1 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) S. 520 ff. 2 BTDrs. 17/12294 S. 283. 3 Eingehend hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum Vorbemerkung zu §§ 128 bis 129 InvG Rn. 11 ff. 4 Hierzu Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 128 InvG Rn. 1 ff. 5 Abrufbar im Internet unter www.bafin.de.

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B. Anzeigepflicht, -schreiben und beizufügende Unterlagen

§ 312

B. Anzeigepflicht, -schreiben und beizufügende Unterlagen B. Anzeigepflicht, -schreiben und beizufügende Unterlagen I. Grenzüberschreitender Vertrieb von OGAW in der EU Eine Anzeigepflicht für eine OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft gegenüber der BaFin besteht, wenn diese Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen OGAW in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat zu vertreiben beabsichtigt. Nicht anders als für den Fall des Vertriebs von EU-OGAW in Deutschland, kommt es auch für den Vertrieb eines inländischen OGAW im EU-/EWR-Ausland entscheidend darauf an, was als „Vertrieb“ qualifiziert wird. Fraglich ist jedoch, wann im Sinne des § 312 von Vertrieb ausgegangen werden kann. Maßgeblich ist jedenfalls nicht das deutsche Verständnis von Vertrieb, da der OGAW gerade Vertrieb im Aufnahmestaat und nicht in Deutschland beabsichtigt.6 Dem deutschen Gesetzgeber steht im Aufnahmestaat keine Gesetzgebungs- und Bestimmungskompetenz zu.7 Auch fehlt es an einer europaweiten Harmonisierung. Die OGAW IV-Richtlinie hilft nicht weiter, spricht sie sehr allgemein vom Vertrieb bzw. Verkauf „im Publikum“ oder an anderer Stelle von „Beschaffung von Geldern im Publikum“.8 Auch die EU-VO Nr. 584/2010 enthält ebenso wenig eine Legaldefinition.9 Aus dem Fehlen einer europaweiten Harmonisierung schließt die herrschende Meinung in der Literatur10 zu Recht, dass es jedem Mitgliedstaat überlassen bleibt, zu definieren, wann von Vertrieb im jeweiligen Mitgliedstaat auszugehen ist bzw. welche Aktivitäten als Vertrieb, Verkauf oder Vermarktung i.S.d. OGAW IV-Richtlinie zu qualifizieren sind. Dementsprechend hat der OGAW die Vorgaben des jeweiligen Ziellandes genau zu analysieren. Für die Praxis ist diese Unsicherheit unbefriedigend und führt dazu, dass man zur Sicherheit eher von einem weiten Vertriebsbegriff auszugehen hat, die Vertriebsanzeige bei der BaFin einreichen wird, um nicht die Gefahr zu laufen, ohne aufsichtsbehördlich notwendige Notifizierung im Zielland Vertriebsaktivitäten aufzunehmen. Auf den Vertriebsbegriff der AIFM-Richtlinie (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. x), wonach als Vertrieb „das direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“ verstanden wird, abzustellen, hilft nur bedingt weiter. In der AIFM-Richtlinie geht es nämlich ausschließlich um die Regulierung des Vertriebs an professionelle Anleger.11 Entsprechend geht der deutsche Gesetzgeber auch von einem grundsätzlich weiteren Vertriebsbegriff nach § 293 Abs. 1 S. 1 aus.

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6 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 312 Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 8. 7 Zur beschränkten Gesetzgebungskompetenz mit Blick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb nach altem Recht schon Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 129 InvG Rn. 1; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Schmies § 128 InvG Rn. 9 ff. 8 Eingehend hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 9 ff. 9 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 10. 10 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 11; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Schmies § 128 InvG Rn. 4; Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 128 InvG Rn. 4; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Zeidler § 312 Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 8. 11 Zum Vertrieb unter der AIFM-Richtlinie Loff/Klebeck BKR 2012 353 ff.; Klebeck/Boxberger Absolutreport 2013 64 ff.; Volhard/Jang DB 2013 273 ff.

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Wann von einer Absicht i.S.d. § 312 Abs. 1 auszugehen ist, ist Tatfrage.12 Maßgeblich dabei sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien.13 Unstrittig gibt es weder die Möglichkeit einer Vertriebsanzeige auf Vorrat von noch nicht zugelassenen inländischen OGAW bzw. Teilfonds von inländischen OGAW noch ist es zulässig, die Vertriebsanzeige erst nach Aufnahme des Vertriebs im Aufnahmemitgliedstaat bei der BaFin einzureichen. Jedenfalls dann, wenn der Entschluss zum Vertrieb gefasst wurde und dieser beginnt, sich nach außen durch entsprechende (interne) Vorbereitungsmaßnahmen zu manifestieren, liegt Vertriebsabsicht vor. II. Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010

Die Vertriebsabsicht hat die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft der BaFin mit einem Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 anzuzeigen. Entsprechend Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 ist dieses weithin selbsterläuternde Muster ohne Veränderungen aus Anhang I zu übernehmen. Während Teil A des Muster-Anzeigeschreibens Angaben und Informationen zu dem zu 14 vertreibenden inländischen OGAW, zur Verwaltungsgesellschaft und zu dem jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat verlangt, müssen in Teil B Informationen zu allfälligen spezifischen Besonderheiten im Aufnahmemitgliedstaaten gemacht werden. Welche Angaben im Einzelfall zu machen sind, soll der Website der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates entnommen werden.14 Auf der Internetseite der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) findet sich eine Liste mit den jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden.15 15 Teil C verlangt schließlich die Bestätigung eines für den OGAW Unterzeichnungsberechtigten oder eines bevollmächtigten Dritten,16 dass die dem Anzeigeschreiben beigefügten Unterlagen alle in der OGAW IV-Richtlinie vorgesehenen Informationen enthalten und der Wortlaut der Dokumente denjenigen entspricht, die bei der nationalen Aufsichtsbehörde des OGAW (hier die BaFin), eingereicht wurden bzw. im Fall einer Übersetzung den Inhalt zuverlässig wiedergibt. 16 Das Anzeigeschreiben selbst muss nach § 312 Abs. 1 S. 2 in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache gefasst sein, wenn nicht vereinbart wurde, dass sie in einer der Amtssprachen der beiden Mitgliedstaaten gefasst wird. Die BaFin hat solche Vereinbarung über die Verwendung einer Amtssprache nicht getroffen.17 Als eine in internationalen Finanzkreisen anerkannte Sprache wird man unstrittig Englisch anerkennen dürfen. Ob und inwieweit Deutsch als eine entsprechend anerkannte Sprache zu betrachten ist, ist fraglich. Dies wird man wohl nur in deutschsprachigen Ländern bejahen können.18 13

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12 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 14 ff. 13 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 5; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 312 Rn. 6. 14 Hierzu auch schon Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 24 ff. 15 www.esma.euopa.eu; vgl. auch Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 5. 16 Zur Form der Vollmacht nach § 2 Abs. 3 EAKAV, vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 15. 17 BaFin, Merkblatt § 310 KAGB, Ziff. III, S. 1. 18 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 17; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 312 Rn. 6; zum Sprachenregime schon Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 20 ff.

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III. Beizufügende Unterlagen 1. Anlagebedingungen, Verkaufsprospekt, Jahres- und Halbjahresbericht und wesentliche Anlegerinformationen. Nach § 312 Abs. 1 S. 3 sind dem Anzeigeschreiben die Anlagebedingungen, der Verkaufsprospekt sowie der letzte Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht sowie die wesentlichen Anlegerinformationen (gemäß § 166) des inländischen OGAW in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Dies entspricht den Vorgaben des Muster-Anzeigeschreibens nach Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010. Liegen diese Dokumente (zum Teil) bereits bei der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates vor, und sind diese weiterhin gültig, kann nach der Anmerkung im Muster-Anzeigeschreiben hierauf verwiesen werden. Typischerweise greift dies für Umbrella-Fondsstrukturen, bei denen weitere Teilfonds zum Vertrieb angezeigt werden.19 Sofern die Unterlagen nur bei der BaFin vorliegen, müssen diese indes noch einmal beigefügt werden.20 Zu beachten ist freilich, dass nach Anhang I, Schema A Nr. 4 des Anhangs 1 zur OGAW IV-Richtlinie – je nach den Anforderungen des einzelnen Aufnahmemitgliedstaates – Angaben über die Maßnahmen zu machen sind, die getroffen worden sind, um die Zahlungen an die Anteilinhaber, den Rückkauf oder die Rücknahme der Anteile sowie die Verbreitung der Informationen über den OGAW vorzunehmen. Falls die Anteile auch noch in einem anderen Mitgliedstaat vertrieben werden, sind die oben bezeichneten Angaben auch hinsichtlich dieses Mitgliedstaats zu machen und in den dort verbreiteten Prospekt aufzunehmen. Dies kann dazu führen, dass man für das jeweilige Vertriebsland entsprechende Verkaufsunterlagen erstellen muss. Was das Anzeigeverfahren bei der BaFin und die hierbei einzureichenden Unterlagen anbelangt, ist zwingend § 312 Abs. 8 i.V.m. der „Verordnung zum elektronischen Anzeigeverfahren nach dem Kapitalanlagegesetzbuch – EAKAV“ zu beachten. Nach § 5 EAKAV (1) sind die einzureichenden Dateien wie folgt zu bezeichnen: (1) Anzeigeschreiben: BaFin-ID und Bezeichnung „Notification Letter“, (2) Anlagebedingungen: BaFin-ID und Bezeichnung „Terms and Conditions for Investment“, (3) Satzung: BaFin-ID und Bezeichnung „Articles of Association“ sowie BaFin-ID und Bezeichnung „Terms and Conditions for Investment“, (4) Verkaufsprospekt: BaFin-ID und Bezeichnung „Prospectus“, (5) Jahresbericht: BaFin-ID und Bezeichnung „Annual Report“, (6) Halbjahresbericht: BaFin-ID und Bezeichnung „Half-yearly Report“, (7) Wesentliche Anlegerinformationen: BaFin-ID und Bezeichnung „Key Investor Information“, (8) zusätzliche Dokumente, die der Anzeige gemäß Teil B Nummer 3 des Anzeigeschreibens nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des jeweiligen Aufnahmemitgliedstaates beizufügen sind: BaFin-ID und eine den Inhalt kennzeichnende Benennung, (9) Anschreiben zur Ergänzungsanzeige nach § 6 Satz 3 EAKAV: BaFin-ID und Bezeichnung „Ergänzungsanzeige“.

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2. Sprache und Übersetzungen. Was die Sprachfassung bzw. die Übersetzung der 22 einzureichenden Dokumente anlangt, ist zu differenzieren: Gemäß § 312 Abs. 2 sind die Anlagebedingungen, der Verkaufsprospekt wie auch der Jahres- und Halbjahresbericht entweder zu übersetzen in die Amtssprache des Aufnahmestaates, in eine der Amtsspra-

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19 So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 30; Moritz/Klebeck/Jesch/ Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 19. 20 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 30.

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Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung

chen des Aufnahmestaates, in eine von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates akzeptierte Sprache oder in eine in internationalen Finanzkreisen gebräuchliche Sprache. 23 Nichts anderes besagt das Muster-Anzeigeschreiben nach Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010. Damit hängt die Frage nach der Übersetzung von der Frage nach dem Vertriebsfokus des inländischen OGAW ab. Auf der sicheren Seite ist man mit einer Übersetzung in die englische Sprache.21 Anderes gilt jedoch für die wesentlichen Anlegerinformationen: Diese sind nach 24 § 312 Abs. 3 S. 1 in der Amtssprache oder in einer der Amtssprachen des Aufnahmestaates oder in einer von den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates akzeptierten Sprache vorzulegen. Zu beachten ist bei der Übersetzung der wesentlichen Anlegerinformationen, dass für bestimmte Abschnitte und Überschriften gemäß den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Wortlaut in der jeweiligen Sprache vorgegeben ist.22 Verantwortlich für die Übersetzung der wesentlichen Anlegerinformationen ist nach 25 § 312 Abs. 3 S. 2 die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft; die Übersetzung muss den Inhalt der ursprünglichen Informationen richtig und vollständig wiedergeben. Eine entsprechende Verantwortlichkeit für die Übersetzung der anderen Dokumente nach § 312 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ist in § 312 Abs. 2 zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, allerdings gleichwohl selbstverständlich, da die Verwaltungsgesellschaft für das Vertriebsanzeigeverfahren zuständig und damit verantwortlich ist.23 IV. Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin 26

Nach § 312 Abs. 7 muss die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft das Anzeigeschreiben nach § 312 Abs. 1 S. 1 und die in § 312 Abs. 1 S. 2 genannten Unterlagen über das Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin (sog. MVP Portal) übermitteln (vgl. auch § 3 Abs. 1 und 2 EAKAV). Einzelheiten zu den technischen Anforderungen und zum Zugang zu diesem Meldesystem lassen sich den entsprechenden Hinweisen und Handbüchern der BaFin entnehmen, die auch auf der BaFin-Website unter www.bafin.de abrufbar sind. C. Prüfung durch die BaFin und Verfahren C. Prüfung durch die BaFin und Verfahren I. „Vollständigkeit“ der Unterlagen

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Gemäß § 312 Abs. 4 S. 1 prüft die BaFin, ob die gemäß Abs. 1 übermittelten Unterlagen vollständig sind. Der Begriff „Unterlagen“ meint in diesem Zusammenhang nicht nur die Beilagen, also Anlagebedingungen, Verkaufsprospekt, Jahres- und Halbjahresbericht und wesentliche Anlegerinformationen, sondern ist umfassender dahin auszulegen, dass auch das Anzeigeschreiben selbst auf Vollständigkeit geprüft werden muss. Dies ergibt sich nicht nur aus Art. 93 Abs. 3 der OGAW IV-Richtlinie, der von der Auf-

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21 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 24. Kritisch zum Sprachenregime der Verkaufsunterlagen auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 34 mit weiteren Nachweisen. 22 Vgl. etwa Art. 4 Abs. 3, 12 und 14 oder etwa auch Art. 7 Abs. 1 der EU-VO Nr. 583/2010; hierauf hinweisend auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 40. 23 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 28.

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C. Prüfung durch die BaFin und Verfahren

§ 312

sichtsbehörde des Heimatstaates des OGAW eine Überprüfung der Angaben im Anzeigeschreiben fordert, sondern auch aus der EAKAV.24 Das Anzeigeschreiben und die weiteren Unterlagen sind ausschließlich in den Datei- 28 formaten PDF, DOC oder DOCX zu übermitteln (§ 4 Abs. 1 EAKAV). Die zu übermittelnden Dateien sind zweifach als ZIP-Datei unverschlüsselt zu verpacken (§ 4 Abs. 2 EAKAV). II. Ergänzungsanzeige 1. Fehlende Angaben und Unterlagen. Fehlende Angaben und Unterlagen fordert 29 die BaFin nach § 312 Abs. 4 S. 1 innerhalb von zehn Arbeitstagen als Ergänzungsanzeige an. Insoweit werden auch in das KAGB die Regelungen zur Ergänzungsanzeige aus der Fassung des § 132 Abs. 3 InvG vor Inkrafttreten des OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes aufgenommen. Art. 93 der OGAW IV-Richtlinie macht keine Vorgaben dazu, wie bei unvollständigen Unterlagen vorzugehen ist.25 Damit geht § 312 Abs. 4 über die Richtlinie hinaus..26 Die Ergänzungsanzeige ist der BaFin innerhalb von sechs Monaten nach der Erstat- 30 tung der Vertriebsanzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige gemäß § 312 Abs. 4 S. 3 einzureichen. Mit Eingang der fehlenden Unterlagen beginnt die 10-Tage-Frist erneut zu laufen, innerhalb der die BaFin die Vollständigkeit der Unterlagen prüft und u.U. erneut eine Ergänzungsanzeige verlangt. Auch das Ergänzungsverlangen hat der Anzeigepflichtige über das MVP Portal vorzunehmen (§ 6 S. 1 EAKAV). Der Ergänzungsanzeige ist zudem ein Anschreiben beizufügen, aus dem sich ergibt, auf welche Anzeige sich die eingereichten Unterlagen beziehen (§ 6 S. 3 EAKAV). 2. Fehlerhafte Angaben? Fraglich ist, wie im Fall von fehlerhaften Angaben vorzu- 31 gehen ist. Der Wortlaut des § 312 Abs. 4 spricht lediglich von fehlenden und nicht von fehlerhaften Angaben bzw. Unterlagen. In der Sache ist dies letztlich eine Frage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Aufsichtsbehörden des Aufnahmemitgliedstaates einerseits und des Heimatmitgliedstaates des OGAW andererseits. Dabei ist richtigerweise zu differenzieren: Geht es um die Zulassung des inländi- 32 schen OGAW als solchen sowie um die Richtigkeit der in den Verkaufsunterlagen gemachten Angaben und deren Konformität mit den Vorgaben der OGAW IV-Richtlinie, liegt dies zweifelsohne in der Aufsichtskompetenz der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde des inländischen OGAW. Eine erneute Prüfung durch die BaFin im Rahmen des Vertriebsanzeigeverfahrens 33 wird man aber durch die nach Teil C des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 geforderte Bestätigung abfangen. Was die Angaben der spezifischen Informationen im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat anlangt, fällt dies richtigerweise in den Kompetenzbereich der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates. Entsprechend kann im umgekehrten Fall des Inbounds die BaFin nach § 311 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 309 einschreiten.27

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24 Zur Vollständigkeitsprüfung unter Geltung des § 128 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 53 ff. 25 Zu § 132 Abs. 3 InvG a.F. und das dort vorgesehene Verfahren der Ergänzungsanzeige Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim § 132 InvG Rn. 22; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 55; Reiter/Plumridge WM 2012 388 (391). 26 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 37. 27 Hierzu vgl. die Kommentierung zu § 311 Rn. 4 ff.

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§ 312

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Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung

3. Ausschlussfrist von 6 Monaten und Neuanzeige. Die Ergänzungsanzeige ist der BaFin innerhalb von sechs Monaten nach der Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen (§ 312 Abs. 4 S. 3).28 Wird diese Frist nicht eingehalten, ist eine Übermittlung der Anzeige nach § 312 Abs. 5 ausgeschlossen. Dabei handelt es um eine Ausschlussfrist, die weder verlängert werden kann noch eine Wiedereinsetzung möglich ist (§ 312 Abs. 4 S. 4).29 Hintergrund ist nicht nur das Ziel einer Beschleunigung, sondern auch und v.a. die fehlende Aktualität der eingereichten Dokumente.30 Eine Neuanzeige des grenzüberschreitenden Vertriebs ist nach § 312 Abs. 4 S. 5 aber jederzeit möglich. D. Übermittlung an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates D. Übermittlung an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates I. Frist zur Übermittlung: innerhalb von 10 Tagen

Im Einklang mit Art. 93 Abs. 3 S. 2 der OGAW IV-Richtlinie muss die BaFin spätestens zehn Arbeitstage nach Eingang der vollständigen Anzeige und Unterlagen den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates die Vertriebsanzeige sowie eine Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 darüber, dass es sich um einen inländischen OGAW handelt („OGAW-Bescheinigung“), übermitteln (§ 312 Abs. 5 S. 1). Das Anzeigeschreiben und die Bescheinigung sind den zuständigen Stellen des Auf36 nahmestaates in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache zu übermitteln, wenn nicht vereinbart wurde, dass sie in einer der Amtssprachen der beiden Mitgliedstaaten gefasst werden. Eine entsprechende Vereinbarung der BaFin mit anderen Aufsichtsbehörden ist bislang nicht erfolgt. 35

II. Bescheinigung gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 37

Nach Art. 2 der EU-VO Nr. 584/2010 müssen die zuständigen Behörden des OGAWHerkunftsmitgliedstaats die in Art. 93 Abs. 3 der OGAW IV-Richtlinie genannte Bescheinigung erstellen, dass – sofern zutreffend – der OGAW die in dieser Richtlinie genannten Bedingungen erfüllt. Diese OGAW-Bescheinigung muss nach dem Muster in Anhang II der EU-VO Nr. 584/2010 erstellt werden, welches in allen Amtssprachen der Mitgliedstaaten erhältlich und ebenfalls online verfügbar ist. III. Zwischenbehördliche Übermittlung der Unterlagen

Die zwischenbehördliche Übermittlung des Anzeigeschreibens und Unterlagen erfolgt nach Art. 4 der EU-VO Nr. 584/2010 per E-Mail. Die Anlagen zum Anzeigeschreiben werden jeweils in der E-Mail aufgeführt und in einem gängigen Format bereitgestellt, das Anzeige und Ausdruck ermöglicht. Nach Art. 3 der EU-VO Nr. 584/2010 benennen die Aufsichtsbehörden für die Über39 mittlung der Unterlagen und für den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit dem Anzeigeverfahren eine E-Mail-Adresse. Dabei richten die zuständigen Behörden

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28 Vgl. auch Reiter/Plumridge WM 2012 388 (391). 29 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 56. 30 Vgl. BTDrucks. 17/4510 S. 84; hierzu auch Reiter/Plumridge WM 2012 388 (391); Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Kunschke § 312 Rn. 21.

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E. Aufnahme des grenzüberschreitenden Vertriebs

§ 312

ein Verfahren ein, das gewährleistet, dass die von ihnen für den Empfang von Anzeigen benannte E-Mail-Adresse an jedem Arbeitstag auf Nachrichteneingang hin überprüft wird. Bevor die BaFin als zuständige Behörde des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats die Übermittlung der vollständigen Unterlagen an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates bestätigt und dann dort mit dem Vertrieb des inländischen OGAW begonnen werden kann, muss sie nach Art. 4 Abs. 3 der EU-VO Nr. 584/2010 sicherstellen, dass diese Übermittlung auch stattgefunden hat. Denkbar wäre eine Empfangsbestätigung seitens der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates zu verlangen.31 Entsprechend verpflichtet Art. 5 Abs. 1 der EU-VO Nr. 584/2010 die zuständigen Aufsichtsbehörden des Aufnahmemitgliedstaats spätestens fünf Arbeitstage nach Eingang der Unterlagen zu bestätigen, dass sie alle zu übermittelnden Anlagen erhalten haben und die Unterlagen angezeigt oder ausgedruckt werden können. Die Bestätigung kann per E-Mail an die benannte Adresse der Aufsichtsbehörde gesandt werden, sofern die Behörden keine andere Abmachung über die Form der Bestätigung getroffen haben. Ob und inwieweit eine Empfangs- bzw. Übermittlungsfiktion greift, ist fraglich. Nach Art. 5 Abs. 2 der EU-VO Nr. 584/2010 haben die zuständigen Behörden des OGAWHerkunftsmitgliedstaats von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der OGAW seine Anteile vertreiben will, sich mit Letzteren in Verbindung zu setzen und zu vergewissern, dass die Unterlagen vollständig übermittelt wurden, wenn die zuständigen Behörden nicht innerhalb der in Art. 5 Abs. 1 der EU-VO Nr. 584/2010 gesetzten Fristen eine Bestätigung erhalten haben. Nach Art. 4 Abs. 2 der EU-VO Nr. 584/2010 gilt die Übermittlung der Unterlagen nur dann als nicht erfolgt, wenn eine der zu übermittelnden Unterlagen fehlt, unvollständig ist oder ein von Art. 4 Abs. 1 abweichendes Format hat, die zuständigen Behörden des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats nicht die E-Mail-Adresse verwenden, die die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der OGAW seine Anteile vermarkten will, gemäß Art. 3 Abs. 1 benannt haben oder die Übermittlung der vollständigen Unterlagen durch die zuständigen Behörden des OGAW-Herkunftsmitgliedstaats wegen eines technischen Fehlers in ihrem elektronischen System fehlgeschlagen ist. Auch Art. 4 Abs. 3 der EU-VO Nr. 584/2010 verpflichtet die zuständigen Behörden, sich über den Erhalt der Unterlagen zu vergewissern.32

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E. Aufnahme des grenzüberschreitenden Vertriebs E. Aufnahme des grenzüberschreitenden Vertriebs I. Beginn unmittelbar mit Übermittlungsanzeige durch BaFin Die BaFin benachrichtigt gemäß § 312 Abs. 5 S. 3 die OGAW-Kapitalverwaltungsgesell- 44 schaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft unmittelbar über die Übermittlung an die zuständige Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates. Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft kann ihre Anteile oder Aktien des inländischen OGAW ab dem Datum dieser Benachrichtigung im Aufnahmestaat auf den Markt bringen (§ 312 Abs. 5 S. 4).

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31 So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 65. 32 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 128 InvG Rn. 65, der der BaFin einen weiteren Arbeitstag zur Prüfung einräumen will.

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§ 313

Veröffentlichungspflichten

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Zwar kann sich die OGAW-Verwaltungsgesellschaft im Aufnahmestaat nicht auf § 312 Abs. 5 S. 4 berufen, weil dem deutschen Gesetzgeber insoweit die Gesetzgebungskompetenz fehlt – v.a. der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates bindende Vorgaben zu machen.33 Die Vorschrift entspricht aber dem Wortlaut von Art. 93 Abs. 3 UAbs. 3 der OGAW IV-RL. Daran hat sich auch die Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates zu richten..34 46 Fraglich ist, wie es sich bei einer Untätigkeit der BaFin verhält, d.h. die Benachrichtigung der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft über die Übermittlung nicht erfolgt. Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft kann nach dem Gesetzeswortlaut ihre Anteile oder Aktien erst ab dem Datum der BaFin-Benachrichtigung im Aufnahmestaat auf den Markt bringen. Eine Vermutung bzw. Fiktion, dass bei Untätigkeit bzw. Schweigen der BaFin nach Ablauf der oben genannten Frist die Anzeige mit vollständigen Angaben und Unterlagen weitergeleitet worden ist, sieht das Gesetz nicht vor. Richtigerweise wird man in diesem Fall der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft die Möglichkeit einräumen müssen, Untätigkeitsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben.35 II. Besonderheiten des Aufnahmestaates Nicht anders als für den umgekehrten Fall des Vertriebs eines EU-OGAW im Inland sind auch für den Vertrieb eines inländischen OGAW im EU-/EWR-Ausland die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Anteilinhaber in dem Aufnahmemitgliedstaat in den Genuss der Zahlungen, des Rückkaufs und der Rücknahme der Anteile kommen und die vom OGAW zu liefernden Informationen erhalten. Zudem gilt es, jeweils die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu beachten, die 48 nicht in den von der OGAW IV-Richtlinie geregelten Bereich fallen und die für die Modalitäten der Vermarktung von Anteilen von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen OGAW auf ihrem Hoheitsgebiet spezifisch relevant sind. Nach Art. 91 Abs. 3 OGAW IVRichtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese einschlägigen Vorschriften aus der Ferne und elektronisch leicht zugänglich sind. Dabei müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese Informationen in einer in 49 der Finanzwelt gebräuchlichen Sprache bereitgestellt werden, eindeutig und unmissverständlich sind und dem neuesten Stand entsprechen. Im Fall des Inbounds hat die BaFin versucht, diese Bestimmungen in Deutsch und Englisch als Anlage I zum BaFinMerkblatt zu § 310 – wenn auch nicht abschließend – aufzulisten. 47

§ 313 Veröffentlichungspflichten § 313 Veröffentlichungspflichten Oppenheim/Klebeck Veröffentlichungspflichten https://doi.org/10.1515/9783110492217-100

(1) 1 Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hat sämtliche in § 312 Absatz 1 und 2 genannten Unterlagen so-

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33 Zu den Grenzen der deutschen Gesetzgebungskompetenz schon Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies § 128 InvG Rn. 9 f. 34 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 48. 35 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 312 Rn. 49. Zur Untätigkeitsklage nach altem Recht Baur Investmentgesetze, § 15d AuslInvG Rn. 7.

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A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung

§ 313

wie deren Änderungen auf ihrer Internetseite oder einer Internetseite, die sie im Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 genannt hat, zu veröffentlichen. 2 Sie hat den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates Zugang zu dieser Internetseite zu gewähren. (2) 1 Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hat die veröffentlichten Unterlagen und Übersetzungen auf dem neuesten Stand zu halten. 2 Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft hat die zuständigen Stellen des Aufnahmestaates auf elektronischem Wege über jede Änderung an den in § 312 genannten Unterlagen sowie darüber, wo diese Unterlagen im Internet verfügbar sind, zu unterrichten. 3 Die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hat hierbei entweder die Änderungen oder Aktualisierungen zu beschreiben oder eine geänderte Fassung des jeweiligen Dokuments als Anlage in einem gebräuchlichen elektronischen Format beizufügen. (3) Sollten sich die im Anzeigeschreiben nach Absatz 1 Satz 1 mitgeteilten Vorkehrungen für die Vermarktung gemäß Anhang I Teil B der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 oder für die vertriebenen Anteil- oder Aktienklassen ändern, so hat die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft dies den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates vor Umsetzung der Änderung in Textform mitzuteilen.

A. B.

Systematische Übersicht Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung | 1 Veröffentlichungspflichten I. Unterlagen nach § 312 Abs. 1 und 2 | 3 II. Veröffentlichung auf Internetseite und Zugriff | 5

C.

Pflicht zur Aktualisierung und Unterrichtung I. Aktualisierung der Unterlagen des § 312 und Unterrichtung | 7 II. Änderung der Vermarktungsstrategie und der vertriebenen Anteilsklassen | 11

A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung A. Grundlagen: EU-Vorgaben und deutsche Umsetzung Wie seine Vorgängernorm (§ 129 InvG a.F.) dient § 313 v.a. der Umsetzung von Art. 93 1 Abs. 7 und 8 der OGAW IV-Richtlinie.1 Auch § 313 wurde an die neuen Begriffsbestimmungen in § 1 angepasst. Gemäß Art. 93 Abs. 7 hat der Herkunftsmitgliedstaat des OGAW sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats des OGAW auf elektronischem Wege Zugang zu den in Art. 93 Abs. 2 der OGAW IV-Richtlinie genannten Unterlagen sowie gegebenenfalls zu den einschlägigen Übersetzungen haben. Zudem ist zu gewährleisten, dass der OGAW diese Unterlagen und Übersetzungen 2 auf dem neuesten Stand hält. Der OGAW ist zu verpflichten, die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats des OGAW über jede Änderung an den in Art. 93 Abs. 2 der OGAW IV-Richtlinie genannten Unterlagen sowie darüber, wo diese Unterlagen in elektronischer Form verfügbar sind, zu unterrichten.

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Zum Inhalt des § 129 InvG a.F. vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 1 ff.

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§ 313

Veröffentlichungspflichten

B. Veröffentlichungspflichten I. Unterlagen nach § 312 Abs. 1 und 2 Erfasst von der Unterrichtungs- bzw. Veröffentlichungspflicht nach § 313 sind sämtliche in § 312 Abs. 1 und 2 genannte Unterlagen sowie deren Änderungen. Das heißt: Zu veröffentlichen sind die Anlagebedingungen, der Verkaufsprospekt sowie der letzte Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht sowie die wesentlichen Anlegerinformationen in der jeweils maßgeblichen Sprache bzw. Übersetzung. Das Anzeigeschreiben selbst wird man nicht als eine zu veröffentlichende Unterlage qualifizieren.2 Die Form bzw. das Format der zu veröffentlichenden Unterlagen wird durch Art. 31 4 Abs. 1 der DRL 2010/44/EU dahingehend konkretisiert, dass die Veröffentlichung der Unterlagen in einem allgemein gültigen Format zu erfolgen hat. In entsprechender Anwendung von § 4 Abs. 1 EAKAV wird man dies für die Formate PDF, DOC sowie DOCX derzeit bejahen können.3 Die namentliche Bezeichnung sollte – insbesondere zur Vermeidung von Rückfragen – aussagekräftig sein. 3

II. Veröffentlichung auf Internetseite und Zugriff Die genannten Unterlagen sowie deren Änderungen sind auf der Internetseite der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder einer Internetseite, die im Anzeigeschreiben gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 genannt worden ist, zu veröffentlichen (§ 313 Abs. 1 S. 1). Den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates ist Zugang zu dieser Internetseite zu gewähren (§ 313 S. 2), was nicht als frei zugänglich zu verstehen ist. Mit Blick auf allfällige Grenzen des Internet-Vertriebs wird man es auch für zulässig 6 erachten dürfen, dass der jeweiligen Aufsichtsbehörde mittels Code und Passwort Zugang gewährt wird.4 Nicht zu beanstanden ist auch, wenn den Aufsichtsbehörden ein gänzlich separater Zugang gewährt wird, der nicht den Anlegern offen steht.5 5

C. Pflicht zur Aktualisierung und Unterrichtung C. Pflicht zur Aktualisierung und Unterrichtung I. Aktualisierung der Unterlagen des § 312 und Unterrichtung 7

Nach § 313 Abs. 2 S. 1 hat die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EUOGAW-Verwaltungsgesellschaft die veröffentlichten Unterlagen und Übersetzungen auf dem neuesten Stand zu halten und diese gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 auch die zuständigen Stellen des Aufnahmestaates auf elektronischem Wege über jede Änderung an den in § 312 genannten Unterlagen sowie darüber, wo diese Unterlagen im Internet verfügbar

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2 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 3. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 6. So auch schon Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 2. 4 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 10; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Zeidler § 313 Rn. 1. 5 Hierzu auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 4. Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Kunschke § 312 Rn. 4. A.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 11.

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C. Pflicht zur Aktualisierung und Unterrichtung

§ 313

sind, zu unterrichten. Nach herrschender Auffassung6 hat diese Unterrichtung unverzüglich zu erfolgen, obwohl dies nicht gesetzlich vorgesehen ist. Die Unterrichtung muss auf elektronischem Wege erfolgen, was nach Art. 32 der DRL 8 2010/44/EG via einfacher E-Mail-Kommunikation geschieht. Dies setzt freilich voraus, dass eine entsprechende E-Mail-Adresse bekannt ist. Art. 32 Abs. 2 der DRL 2010/44/EU verpflichtet die Mitgliedstaaten jedenfalls, eine entsprechende E-Mail-Adresse zur Verfügung zu stellen. Bei allfälligen Änderungen hat die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die 9 EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hierbei entweder die Änderungen oder Aktualisierungen zu beschreiben oder eine geänderte Fassung des jeweiligen Dokuments als Anlage in einem gebräuchlichen elektronischen Format beizufügen (§ 313 Abs. 2 S. 3). Dies ist nicht als zwingende Alternative zu verstehen: Denkbar wäre etwa, dass man 10 nicht nur die geänderte Fassung oder auch änderungsmarkierte Version übersendet, sondern auch die Änderungen jeweils in gebotener Kürze beschreibt. Letztlich ist es Sache der einzelnen Aufnahmemitgliedstaaten und deren Aufsichtspraxis, Vorgaben zum Inhalt und Umfang der Aktualisierungsmitteilung zu machen. II. Änderung der Vermarktungsstrategie und der vertriebenen Anteilsklassen Sollten sich die im Anzeigeschreiben nach § 312 Abs. 1 S. 1 mitgeteilten Vorkehrun- 11 gen für die Vermarktung gemäß Anhang I Teil B der Verordnung (EU) Nr. 584/2010 oder für die vertriebenen Anteil- oder Aktienklassen ändern, so hat die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft nach § 313 Abs. 3 dies den zuständigen Stellen des Aufnahmestaates vor Umsetzung der Änderung in Textform (§ 126b BGB)7 mitzuteilen. Gemeint sind zunächst jeweils die spezifischen Angaben im Aufnahmemitgliedstaat – wie etwa Änderungen bei den angegebenen Vertriebswegen, Änderungen bei den Zahlstellen bzw. Informationsstellen. Zudem sind auch Änderungen des Vertriebs von Anteilsklassen entsprechend den 12 jeweiligen Aufsichtsbehörden des Aufnahmemitgliedstaates mitzuteilen. Dies betrifft die Aufnahme des Vertriebs bereits bestehender Anteilsklassen, die zum Zeitpunkt des Vertriebsanzeigeverfahrens noch nicht im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat vertrieben werden sollten. Erfasst ist aber auch die Einbeziehung neuer, nach dem Vertriebsanzeigeverfahren aufgelegter Anteilsklassen. All dies begründet keine Pflicht zu einem neuen, gesonderten Vertriebsanzeigeverfahren, 8 sondern muss lediglich entsprechend § 313 Abs. 3 den Aufsichtsbehörden des Aufnahmestaates mitgeteilt werden.

neue Seite!

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6 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 23; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 313 Rn. 2; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 313 Rn. 7, wonach auch der notwendige Zeitaufwand des aktualisierten Dokuments zu berücksichtigen ist. 7 Ausführlich hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 13 f.; Moritz/Klebeck/ Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 313 Rn. 21; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Kunschke § 313 Rn. 11. 8 So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum § 129 InvG Rn. 12.

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§ 314

Untersagung des Vertriebs

ABSCHNITT 3 Anzeige, Einstellung und Untersagung des Vertriebs von AIF https://doi.org/10.1515/9783110492217-101

§ 314 Untersagung des Vertriebs § 314 Untersagung des Vertriebs Behme Untersagung des Vertriebs (1) Soweit § 11 nicht anzuwenden ist, ist die Bundesanstalt in Bezug auf AIF befugt, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien dieser Investmentvermögen, wenn 1. eine nach diesem Gesetz beim beabsichtigten Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem AIF erforderliche Anzeige nicht ordnungsgemäß erstattet oder der Vertrieb vor der entsprechenden Mitteilung der Bundesanstalt aufgenommen worden ist, 2. die nach § 295 Absatz 1 Satz 3 geforderten Vorkehrungen nicht geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern oder entsprechende Vorkehrungen nicht eingehalten werden, 3. eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs nach diesem Gesetz nicht vorliegt oder entfallen ist oder die der Bundesanstalt gegenüber nach § 320 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7, § 329 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 oder 3, § 330 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 oder § 330a Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und 3 übernommenen Pflichten trotz Mahnung nicht eingehalten werden, 4. die AIF-Verwaltungsgesellschaft, ein von ihr bestellter Repräsentant oder eine mit dem Vertrieb befasste Person erheblich gegen § 302 Absatz 1 bis 6 oder Anordnungen nach § 302 Absatz 7 verstößt und die Verstöße trotz Verwarnung durch die Bundesanstalt nicht eingestellt werden, 5. die Informations- und Veröffentlichungspflichten nach § 307 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 oder nach § 308 oder § 297 Absatz 2 bis 6, 8 oder 9, den §§ 299 bis 301, 303 Absatz 1 oder 3 oder § 318 nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, 6. gegen sonstige Vorschriften dieses Gesetzes verstoßen wird, 7. bei einem Vertrieb eines AIF an Privatanleger ein durch rechtskräftiges Urteil oder gerichtlichen Vergleich gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft festgestellter Anspruch eines Anlegers nicht erfüllt worden ist, 8. bei dem Vertrieb an Privatanleger erheblich gegen die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen worden ist, 9. die Art und Weise des Vertriebs gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts verstoßen, 10. Kosten, die der Bundesanstalt im Rahmen der Pflicht zur Bekanntmachung des gesetzlichen Vertreters nach § 319 Absatz 3 entstanden sind, trotz Mahnung nicht erstattet werden oder eine Gebühr, die für die Prüfung von nach § 320 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7, § 329 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 oder § 330 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen zu entrichten ist, trotz Mahnung nicht gezahlt wird. (2) Die Bundesanstalt kann bei AIF mit Teilinvestmentvermögen auch den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an Teilinvestmentvermögen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach den §§ 316, 320, 329 oder 330 an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 31 bis 33 vertrieben werden dürfen, untersagen, wenn weitere Anteile oder Aktien von Teilinvestmentvermögen desselben AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an eine, mehrere oder alle Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-101

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Systematische Übersicht

§ 314

Anlegergruppen im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 31 bis 33 vertrieben werden, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes entweder nicht oder nicht an diese Anlegergruppe vertrieben werden dürfen. (3) 1 Die Bundesanstalt macht eine Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger bekannt, falls ein Vertrieb bereits stattgefunden hat. 2 Entstehen der Bundesanstalt durch die Bekanntmachung nach Satz 1 Kosten, sind ihr diese von der AIF-Verwaltungsgesellschaft zu erstatten. (4) Hat die Bundesanstalt den weiteren Vertrieb eines AIF, der einer Anzeigepflicht nach den §§ 316, 320, 329 oder 330 unterliegt, nach Absatz 1 Nummer 2, 5 und 7 bis 10 oder Absatz 2 im Geltungsbereich dieses Gesetzes untersagt, darf die AIF-Verwaltungsgesellschaft die Absicht, die Anteile oder Aktien dieses AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben, erst ein Jahr nach der Untersagung wieder anzeigen. § 314 Untersagung des Vertriebs Behme Schrifttum Alexy Ermessensfehler, JZ 1986 701; Badura Gestaltungsspielraum und Prognoseverantwortung wirtschaftslenkender Verwaltung, Jura 1980 615; Böckmann/Kießling Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007 1796; Bühler Die subjektiven öffentlichen Rechte, 1914; Demleitner Aufsichtsrechtliche Folgen eines verkannten AIF, BB 2014 2058; Di Fabio Die Ermessensreduzierung, VerwArch 86 (1995) 214; Gern Die Ermessensreduzierung auf Null, DVBl 1987 1194; Ihrig Rechtsschutz Drittbetroffener im Übernahmerecht, ZHR 167 (2003) 315; v. Jhering Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Dritter Theil, Erste Abteilung, 3. Aufl. 1877; Lenz Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz in der Praxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, NJW 2003 2073; Möller Das Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsstellung Dritter, ZHR 167 (2003) 301; von Riegen Verwaltungsrechtsschutz Dritter im WpÜG, Der Konzern 2003 583; Rohlfing Wirtschaftsaufsicht und amtshaftungsrechtlicher Drittschutz, WM 2005 311; Schmidt-Aßmann/Groß Zur verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte nach der Privatgrundschul-Entscheidung des BVerfG, NVwZ 1993 617; Wagner Zur Rechtsstellung Dritter nach dem WpÜG, NZG 2003 718; Wallach Wann liegt ein Vertrieb von Anteilen an Investmentvermögen vor?, ZBB 2016 287.

Systematische Übersicht A. B. C. D.

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Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck | 6 Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen (Abs. 1) I. Zulässige Maßnahmen nach Abs. 1 | 7 1. Auswahlermessen der BaFin | 8 2. Entschließungsermessen der BaFin | 9 3. Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes | 10 II. Mögliche Adressaten von Maßnahmen nach Abs. 1 | 11 III. Rechtsnatur von Maßnahmen nach Abs. 1 | 12

IV.

Voraussetzungen für Maßnahmen nach Abs. 1 im Einzelnen 1. Nicht ordnungsgemäße Vertriebsanzeige oder vorzeitige Aufnahme des Vertriebs (Nr. 1) | 15 2. Vertrieb von AIF, welche die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen, an Privatanleger (Nr. 2) | 17 3. Nichtvorliegen oder Entfall der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs nach dem KAGB; Nichteinhaltung übernommener Pflichten gegenüber der BaFin zur Einreichung von Unterlagen (Nr. 3) | 19

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§ 314

Untersagung des Vertriebs

4.

E.

Erheblicher Verstoß gegen § 302 Abs. 1 bis 6 oder Anordnungen nach § 302 Abs. 7 (Nr. 4) | 21 5. Nicht ordnungsgemäße Erfüllung von Informations- und Veröffentlichungspflichten (Nr. 5) | 25 6. Verstoß gegen sonstige Vorschriften des KAGB (Nr. 6) | 26 7. Beim Vertrieb eines AIF an Privatanleger: Nichterfüllung eines durch rechtskräftiges Urteil oder gerichtlichen Vergleich festgestellten Anspruchs eines Anlegers (Nr. 7) | 27 8. Erheblicher Verstoß gegen die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag bei dem Vertrieb von AIF an Privatanleger (Nr. 8) | 30 9. Verstoß gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts (Nr. 9) | 31 10. Nicht-Erstattung von Kosten (Nr. 10) | 32 Befugnisse der BaFin bei AIF mit Teilinvestmentvermögen (Abs. 2) | 36

F.

G. H.

Bekanntmachung einer Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger durch die BaFin und Erstattung hierdurch entstehender Kosten (Abs. 3) | 39 Erneute Anzeige nach Vertriebsuntersagung (Abs. 4) | 43 Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 | 45 I. Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO | 46 II. Klage- und Widerspruchsbefugnis | 47 III. Örtliche Zuständigkeit des Gerichts | 50 IV. Rechtsschutz gegen Maßnahmen in Form von Verwaltungsakten | 51 1. Widerspruchsverfahren | 52 2. Anfechtungsklage | 53 3. Vorläufiger Rechtsschutz | 54 4. Fortsetzungsfeststellungsklage | 56 V. Rechtsschutz gegen Maßnahmen in Form von Realakten | 57 1. Feststellungsklage | 58 2. Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage | 59 VI. Rechtsschutz im Verwaltungsvollstreckungsverfahren | 60 VII. Staatshaftung | 61

A. Überblick A. Überblick § 314 steht am Anfang von Abschnitt 3 des Kapitels 4, der Regelungen betreffend den Vertrieb von AIF enthält, und ermächtigt die BaFin, in Bezug auf AIF alle zum Schutz der Anleger erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine der in Abs. 1 tatbestandlich näher spezifizierten Voraussetzungen vorliegt. Die einschneidendste dieser Maßnahmen, die in Abs. 1 explizit benannt wird und Eingang in die Überschrift von § 314 gefunden hat, ohne den alleinigen Regelungsgehalt der Norm auszumachen (s. unten Rn. 8), ist die Untersagung des Vertriebs. 2 § 314 bildet das für AIF einschlägige Pendant zu § 311, der die Untersagung und Einstellung des Vertriebs von EU-OGAW regelt. Der praktische Anwendungsbereich der Norm dürfte geringer sein, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn zum einen besteht die Befugnis der BaFin gem. Abs. 1 nur, soweit § 11 nicht anzuwenden ist; Abs. 1 ist somit zu § 11 subsidiär.1 Dieser regelt den Fall, dass eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, die im Inland AIF verwaltet oder vertreibt, gegen eine der Bestimmungen verstößt, deren Einhaltung die BaFin zu überwachen hat, und verfügt damit über einen weiten Anwendungsbereich. Zum anderen sind in den Vorschriften zu den einzelnen Anzeigeverfahren (§§ 316 ff.) verschiedene 1

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Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 4.

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C. Normzweck

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spezielle Ermächtigungsgrundlagen enthalten, die ebenfalls die BaFin ermächtigen, den Vertrieb bzw. dessen Aufnahme zu untersagen (z.B. § 316 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 4). Inwieweit Maßnahmen der BaFin im Anwendungsbereich von § 314 auch auf die allgemeine Befugnisnorm des § 5 gestützt werden können,2 der ebenfalls eine Untersagung des Vertriebs ermöglicht (s. § 5 Rn. 18, arg. ex § 5 Abs. 7 S. 2 und § 316 Abs. 4 S. 4), erscheint dagegen zweifelhaft, da § 314 insoweit als lex specialis anzusehen sein dürfte.3 Ergänzend zu Abs. 1 enthält Abs. 2 eine spezielle Ermächtigungsgrundlage, die es 3 der BaFin ermöglicht, den Vertrieb von Anteilen oder Aktien anderer Teilinvestmentvermögen bei AIF mit Teilinvestmentvermögen (Umbrella-Konstruktion) zu untersagen. Nach Abs. 3 macht die BaFin eine aufgrund von Abs. 1 oder Abs. 2 erfolgte Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger bekannt, falls ein Vertrieb bereits stattgefunden hat, und kann die hierdurch entstehenden Kosten von der AIF-Verwaltungsgesellschaft erstattet verlangen. In Abs. 4 wird als (weitere) Rechtsfolge für den Fall einer Untersagung des Vertriebs eine einjährige Anzeigensperre gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft angeordnet, wenn der AIF einer Anzeigepflicht nach den §§ 316, 320, 329 oder 330 unterliegt und der Vertrieb auf der Grundlage von Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5 und Nr. 7 bis Nr. 10 oder Abs. 2 untersagt wurde. B. Entstehungsgeschichte § 314 dient teilweise der Umsetzung der AIFM-RL. Die Regierungsbegründung zum 4 KAGB verweist insofern lediglich hinsichtlich Abs. 1 Nr. 2 auf Art. 39 Abs. 7, Art. 40 Abs. 8 sowie Art. 42 AIFM-RL und hinsichtlich § 314 Abs. 4 auf Art. 36 und Art. 42 AIFMRL.4 Ferner entspricht die Ermächtigungsgrundlage der an die Mitgliedstaaten adressierten Vorgabe, die zuständigen Behörden mit der Befugnis auszustatten, jegliche Art von Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass AIFM oder Verwahrstellen sich weiterhin an die auf sie anwendbaren Anforderungen der Richtlinie halten (Art. 46 Abs. 2 lit. i AIFM-RL). Zudem greift § 314 ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB wesentliche 5 Regelungsinhalte von § 140 des aufgehobenen InvG und im Fall von Abs. 1 Nr. 4 auch von § 124 Abs. 4 S. 1 InvG auf.5 Der Anwendungsbereich von § 140 InvG war freilich auf den öffentlichen Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen beschränkt; § 314 wurde in seinem Anwendungsbereich in dieser Hinsicht erheblich erweitert („in Bezug auf AIF“). C. Normzweck C. Normzweck § 314 verleiht der BaFin umfangreiche Befugnisse in Bezug auf AIF, die einen we- 6 sentlichen Beitrag dazu leisten, dass die BaFin ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion im Investmentbereich effektiv wahrnehmen kann. Seinem Wortlaut nach dient § 314 dem Schutz der Anleger im Zusammenhang mit dem Vertrieb von AIF, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, an welchen Anlegerkreis der Vertrieb erfolgt. Einzelne der in Abs. 1 tatbestandlich näher spezifizierten Voraussetzungen sind in ihrer Schutzrichtung

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2 So die Regierungsbegründung zum KAGB, BTDrucks. 17/12294 S. 284. 3 A.A. (parallele Anwendung) Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 6; Weitnauer/ Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 5, jeweils unter Verweis auf die Regierungsbegründung. 4 BTDrucks. 17/12294 S. 284. 5 BTDrucks. 17/12294 S. 284.

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Untersagung des Vertriebs

allerdings enger: So betreffen Abs. 1 Nrn. 2, 4,6 7 und 8 ausschließlich den Vertrieb an Privatanleger und sind in ihrer Schutzrichtung folglich auf Privatanleger begrenzt. Der mit § 314 (und sonstigen Befugnisnormen der BaFin) realisierte Anlegerschutz soll auch einen Beitrag dazu leisten, das im Zuge der Finanzmarktkrise gesunkene Vertrauen der Anleger in Investmentprodukte wiederherzustellen.7 D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen (Abs. 1) D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger I. Zulässige Maßnahmen nach Abs. 1 7

Gem. Abs. 1 ist die BaFin „befugt“, „Maßnahmen“ zu ergreifen. Damit stellt sich zum einen die Frage, welche Maßnahmen von der Ermächtigungsgrundlage erfasst sind, und zum anderen, ob die BaFin diese Maßnahmen lediglich ergreifen kann oder ob sie diese ergreifen muss.

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1. Auswahlermessen der BaFin. Ungeachtet der amtlichen Überschrift sowie des Umstands, dass auch in der Gesetzesbegründung ausdrücklich nur von der Untersagung des Vertriebs die Rede ist,8 kann die BaFin gem. Abs. 1 auch andere zum Schutz der Anleger geeignete und erforderliche Maßnahmen ergreifen. Im Gegensatz zu § 140 Abs. 2 und Abs. 3 des aufgehobenen InvG, auf denen § 314 Abs. 1 teilweise basiert und die bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen grundsätzlich kein Ermessen gewährt haben,9 ist der Wortlaut des § 314 Abs. 1 insofern offen gehalten („alle“ zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen) und enthält, anders als § 140 Abs. 2 und Abs. 3 des aufgehobenen InvG („untersagt … den weiteren öffentlichen Vertrieb“),10 keine Hinweise auf eine gebundene Entscheidung. Der BaFin steht somit hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen jedenfalls ein umfassendes Auswahlermessen11 zu.12 Dieses ist durch die Kriterien der Geeignetheit und Erforderlichkeit begrenzt (s. unten Rn. 10).

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2. Entschließungsermessen der BaFin. Eine andere Frage ist, ob die BaFin bei Vorliegen der Voraussetzungen von Abs. 1 verpflichtet ist, Maßnahmen zu ergreifen, oder ob ihr in dieser Hinsicht ein Entschließungsermessen13 zukommt. Der Wortlaut („ist befugt“) deutet auch auf ein Entschließungsermessen der BaFin hin.14 Es wäre mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch fragwürdig, wenn die BaFin sogar bei ganz unbedeutenden Verstößen verpflichtet wäre, Maßnahmen zu ergreifen. Eine Verpflichtung der BaFin zum Einschreiten besteht daher nur in Fällen einer Ermessensreduzie-

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6 Dies ergibt sich aus § 302, auf den Nr. 4 verweist. 7 BTDrucks. 17/12294 S. 187, 193. 8 BTDrucks. 17/12294 S. 284. 9 BTDrucks. 17/12294 S. 284. 10 Siehe dazu näher Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 12, 14. 11 Zum Begriff des Auswahlermessens vgl. Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt VwGO, § 114 Rn. 16. 12 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 12. 13 Zum Begriff des Entschließungsermessens vgl. Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt VwGO, § 114 Rn. 16. 14 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 11; vgl. in Bezug auf die Parallelvorschrift in § 6 WpHG auch (ohne nähere Begründung) Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 35.

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D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger

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rung auf Null.15 Die Ausübung des Ermessens durch die BaFin ist nach § 114 VwGO nur eingeschränkt auf Ermessensfehler hin gerichtlich überprüfbar.16 3. Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die BaFin hat bei Maßnah- 10 men auf der Grundlage des § 314 Abs. 1 den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die ausdrückliche Nennung der Kriterien „Geeignetheit“ und „Erforderlichkeit“ im Rahmen von § 314 Abs. 1 indiziert nicht eine eingeschränkte Prüfung der Verhältnismäßigkeit, sondern ist lediglich Ausdruck des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.17 Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der jeweiligen Maßnahmen bestimmt sich insbesondere vor dem Hintergrund des mit Abs. 1 verfolgten Normzwecks, Anleger im Zusammenhang mit dem Vertrieb von AIF umfassend zu schützen. Soweit ein AIF auch an Privatanleger vertrieben wird und die Maßnahmen der BaFin auf Tatbestandsvarianten von Abs. 1 gestützt werden, die dem spezifischen Schutz von Privatanlegern dienen (Nrn. 2, 4, 7 und 8, s. oben Rn. 6), wird der an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit anzulegende Maßstab dabei tendenziell großzügiger sein als bei AIF, die ausschließlich an professionelle oder semiprofessionelle Anleger vertrieben werden. Eine Vertriebsuntersagung kommt grundsätzlich nur als ultima ratio in Betracht18 und wäre bei leichten Verstößen zumindest ohne vorherige Androhung unverhältnismäßig. II. Mögliche Adressaten von Maßnahmen nach Abs. 1 Nach dem Wortlaut von Abs. 1 kann die BaFin Maßnahmen „in Bezug auf AIF“ tref- 11 fen. Diese Formulierung könnte so zu verstehen sein, dass als Adressat von Maßnahmen nach § 314 nur der AIF selbst und die AIF-Verwaltungsgesellschaft in Betracht kommen. Zwar wird regelmäßig die AIF-Verwaltungsgesellschaft Adressatin von Maßnahmen nach § 314 (insbesondere einer Vertriebsuntersagung) sein; sofern dies im Interesse eines effektiven Anlegerschutzes im Einzelfall jedoch geeignet und erforderlich ist, wird man der BaFin aber zugestehen müssen, im Rahmen ihres Auswahlermessens (s. oben Rn. 8) und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (s. oben Rn. 10) Maßnahmen auch gegenüber Dritten zu ergreifen, insbesondere gegenüber sämtlichen Adressaten der in Nr. 1 bis Nr. 10 genannten Bestimmungen (s. etwa Nr. 4: „die AIF-Verwaltungsgesellschaft, ein von ihr bestellter Repräsentant oder eine mit dem Vertrieb befasste Person“).19 III. Rechtsnatur von Maßnahmen nach Abs. 1 Die Untersagung des Vertriebs ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG; auch sons- 12 tige Maßnahmen nach Abs. 1 wird die BaFin regelmäßig als Verwaltungsakte erlassen.

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15 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 11; vgl. zu § 6 WpHG Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 34; ferner di Fabio VerwArch 86 (1995) 214; Gern DVBl. 1987 1194. 16 Vgl. zu § 4 WpHG Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 34; allgemein zur gerichtlichen Kontrolle der Ermessensausübung BVerwG 27.5.2010 DVBl. 2010 1119; Alexy JZ 1986 701; Badura Jura 1980 615; Redeker/v. Oertzen/Redeker VwGO, § 114 Rn. 13 ff.; Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt VwGO, § 114 Rn. 4 ff. 17 Vgl. in Bezug auf § 4 Abs. 1 S. 3 WpHG Assmann/Schneider/Döhmel WpHG, § 4 Rn. 11. 18 Ebenso Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 5. 19 Wie hier Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 6 (Maßnahmen insbesondere auch gegen den AIF selbst denkbar); a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 9 f.

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Untersagung des Vertriebs

Diese stellen gegenüber dem Betroffenen belastende Verwaltungsakte dar, da sie in dessen Rechte eingreifen; § 314 ist die hierfür erforderliche Ermächtigungsgrundlage (s. zum Rechtsschutz gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin unten Rn. 51 ff.). In formeller Hinsicht enthält das KAGB keine speziellen Vorgaben für den Erlass von 13 Verwaltungsakten; es gelten mithin die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Dies bedeutet im Einzelnen: Dem Betroffenen muss gem. § 28 Abs. 1 VwVfG vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes grundsätzlich die Möglichkeit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Gem. § 28 Abs. 2 VwVfG kann die BaFin im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände (insb. § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG: wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse) von der vorherigen Anhörung des Betroffenen absehen. Eine Verletzung des Anhörungserfordernisses kann gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG durch Nachholung geheilt werden. Hinsichtlich der Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes gilt § 37 VwVfG. Gem. § 39 VwVfG ist der Verwaltungsakt in der Regel mit einer Begründung und gem. § 58 VwGO mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. 14 Die Verfügungen, welche die BaFin auf der Grundlage von § 314 erlässt, kann sie gem. § 17 FinDAG mit Zwangsmitteln nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) durchsetzen. Dabei kann sie die Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung androhen (zum Rechtsschutz gegen Zwangsmittel und deren Androhung s. unten Rn. 60). IV. Voraussetzungen für Maßnahmen nach Abs. 1 im Einzelnen 1. Nicht ordnungsgemäße Vertriebsanzeige oder vorzeitige Aufnahme des Vertriebs (Nr. 1). Die Befugnis der BaFin zum Erlass von Maßnahmen nach Abs. 1 Nr. 1 erfasst zwei Fälle: Zum einen den Fall, dass eine nach den §§ 316 ff. beim beabsichtigten Vertrieb von Anteilen oder Aktien an einem AIF erforderliche Anzeige gegenüber der BaFin nicht ordnungsgemäß erstattet worden ist, was vor allem auch dann der Fall sein wird, wenn sich die handelnden Personen des Vorliegens eines Investmentvermögens i.S.v. § 1 Abs. 1 überhaupt nicht bewusst waren;20 zum anderen den Fall, dass der Vertrieb aufgenommen worden ist, bevor die erforderliche Mitteilung der BaFin erfolgt ist, ob mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann (§§ 316 Abs. 3, 321 Abs. 3). Anders als § 140 Abs. 2 des aufgehobenen InvG erfasst Abs. 1 Nr. 1 mithin sowohl eine vorherige als auch eine nachträgliche Vertriebsuntersagung.21 Welche Verhaltensweisen unter den Begriff des „Vertriebs“ fallen, ergibt sich aus der Legaldefinition in § 293 Abs. 1.22 Dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, was unter einer ordnungsgemäß erstatteten 16 Anzeige i.S.v. Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 zu verstehen ist. Zu § 140 Abs. 2 des aufgehobenen InvG wurde teilweise vertreten, eine Anzeige sei bereits dann „ordnungsgemäß“ erstattet worden, wenn sie in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.23 Dagegen spricht jedoch, dass die BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens die eingereichten Angaben und Unterlagen nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht auf 15

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20 Demleitner BB 2014 2058 (2059). 21 Vgl. zu der entsprechenden Problematik bei § 140 Abs. 2 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 15. 22 Umfassend und kritisch zum Vertriebsbegriff des KAGB Wallach ZBB 2016 287. 23 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann § 8 AuslInvestmG Rn. 9; a.A. Baur § 8 AuslInvestmG Rn. 12; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 14; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 17.

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D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger

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ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des KAGB zu überprüfen hat (s. § 316 Rn. 17). Ohnehin dürfte sich das Problem infolge der durch das KAGB erfolgten Reformierung des Anzeigeverfahrens erledigt haben: Ist die Anzeige nämlich nicht (in formeller und materieller Hinsicht) „ordnungsgemäß“, wird eine entsprechende Mitteilung der BaFin, dass mit dem Vertrieb begonnen werden kann (z.B. nach § 316 Abs. 3 S. 1, § 321 Abs. 3 S. 1), nicht erfolgen; solange diese Mitteilung nicht erfolgt ist, ist aber ohnehin Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 einschlägig.24 2. Vertrieb von AIF, welche die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen, an Pri- 17 vatanleger (Nr. 2). Nach Abs. 1 Nr. 2 besteht die Befugnis der BaFin zum Erlass von Maßnahmen, sofern die nach § 295 Abs. 1 S. 3 geforderten Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs solcher AIF an Privatanleger, welche die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen, nicht geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern, oder entsprechende Vorkehrungen nicht eingehalten werden. § 295 Abs. 1 S. 3 soll jeglichen Vertrieb von AIF an Privatanleger verhindern, welche 18 die Voraussetzungen für den Vertrieb an Privatanleger nicht erfüllen. Um dies sicherzustellen, muss die Verwaltungsgesellschaft eines solchen AIF wirksame Vorkehrungen treffen und diese einhalten. Dies gilt auch dann, wenn unabhängige Unternehmen eingeschaltet werden, die für den AIF Wertpapierdienstleistungen erbringen. Daher kann die BaFin im Rahmen ihres Auswahlermessens (s. oben Rn. 8) unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (s. oben Rn. 10) Maßnahmen nicht nur gegenüber der jeweiligen AIF-Verwaltungsgesellschaft, sondern auch gegenüber solchen Unternehmen ergreifen; inhaltlich wird sie regelmäßig eine Vertriebsuntersagung aussprechen.25 3. Nichtvorliegen oder Entfall der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des 19 Vertriebs nach dem KAGB; Nichteinhaltung übernommener Pflichten gegenüber der BaFin zur Einreichung von Unterlagen (Nr. 3). Nach Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 kann die BaFin Maßnahmen ergreifen, wenn eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs nach dem KAGB nicht vorliegt oder später entfallen ist. Unter Voraussetzungen für die Zulässigkeit i.S.v. Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 sind – auch wenn es sich bei der Anzeige um eine Vertriebsvoraussetzung i.w.S. handelt – nicht die Vorschriften zu verstehen, die eine Anzeigepflicht beim (beabsichtigten) Vertrieb von AIF statuieren und bestimmen, welche Angaben und Unterlagen die Anzeige enthalten muss. Denn wenn die Anzeige nicht ordnungsgemäß erstattet oder der Vertrieb vor der entsprechenden Mitteilung der BaFin, dass mit dem Vertrieb begonnen werden kann, aufgenommen worden ist, ist bereits Abs. 1 Nr. 1 einschlägig. Gemeint sind vielmehr die Voraussetzungen, die ausdrücklich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs normieren („… ist nur zulässig, wenn …“). Die Befugnis nach Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 besteht daher nur dann, wenn die in den §§ 317, 322 Abs. 1, 324 Abs. 1 i.V.m. § 322 Abs. 1, 326 Abs. 1 i.V.m. § 322 Abs. 1, 328 Abs. 1 i.V.m. 322 Abs. 1, 329 Abs. 1, 330 Abs. 1, 330a Abs. 1, 332 Abs. 1 i.V.m. § 322 Abs. 1, 334 Abs. 1 i.V.m. § 322 Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen oder später – d.h. nach Aufnahme des Vertriebs – entfallen sind. Zudem besteht die Befugnis nach Abs. 1 Nr. 3 Var. 2, wenn verschiedene Angaben 20 und Unterlagen, zu deren Einreichung sich die jeweilige Verwaltungsgesellschaft ge-

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24 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 17. 25 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 23 gehen insoweit aus Gründen des Anlegerschutzes von einer Ermessensreduzierung auf Null aus, wenn die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.

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Untersagung des Vertriebs

genüber der BaFin in der Vertriebsanzeige verpflichten muss, trotz vorheriger – im Regelfall aus Beweisgründen schriftlich erfolgender26 – Mahnung nicht eingereicht werden. Die Mahnung wird regelmäßig mit der Setzung einer angemessenen Frist verbunden werden, innerhalb derer die versäumte Handlung nachzuholen ist.27 Im Einzelnen sind die folgenden Pflichten angesprochen: – § 320 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 betrifft EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen, Anteile oder Aktien an einem von ihnen verwalteten EU-AIF oder an einem ausländischen AIF im Inland an Privatanleger zu vertreiben. Sie müssen im Anzeigeschreiben gegenüber der BaFin erklären, dass sie sich zu Folgendem verpflichten: Fristgerechte Einreichung von Rechnungslegungsdokumenten (lit. a), Unterrichtung der BaFin über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung nach § 320 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a zugrunde liegen, und Nachweis der Änderungsangaben (lit. b), auf Verlangen der BaFin Erteilung von Auskünften über die Geschäftstätigkeit der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder Vorlage von Unterlagen (lit. c), auf Verlangen der BaFin Beschränkung auf den von der BaFin geforderten Umfang oder Einstellung des Einsatzes von Leverage (lit. d) und – falls es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt – Erfüllung der Berichtspflichten nach § 35 (lit. e). – § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 betrifft EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften und § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen, Anteile oder Aktien an von ihnen verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF im Inland an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften müssen im Anzeigeschreiben gegenüber der BaFin erklären, dass sie sich zu Folgendem verpflichten: Fristgerechte Einreichung eines den Vorgaben entsprechenden Jahresberichtes des AIF (Nr. 2 lit. a), Unterrichtung der BaFin über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung nach § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 zugrunde liegen, und Nachweis der Änderungsangaben (Nr. 2 lit. b), auf Verlangen der BaFin Erteilung von Auskünften über die Geschäftstätigkeit der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder Vorlage von Unterlagen (Nr. 2 lit. c). Die Verpflichtung nach S. 3 Nr. 2 lit. b trifft gem. S. 3 Nr. 3 auch AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften. – § 330 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 betrifft ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen Anteile oder Aktien an von ihnen verwalteten ausländischen AIF oder EUAIF im Inland an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben. Sie müssen im Anzeigeschreiben gegenüber der BaFin erklären, dass sie sich zu Folgendem verpflichten: Fristgerechte Einreichung eines den Vorgaben entsprechenden Jahresberichtes des AIF (lit. a), Unterrichtung der BaFin über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind, und Nachweis der Änderungsangaben (lit. b), auf Verlangen der BaFin Erteilung von Auskünften über die Geschäftstätigkeit der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder Vorlage von Unterlagen und Erfüllung der sich aus § 330 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ergebenden Melde- und Informationspflichten (lit. c).

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26 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 26; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 27. 27 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 27.

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D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger



§ 314

§ 330a Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 betreffen EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 AIFM-RL erfüllen und die beabsichtigen, Anteile oder Aktien an von ihnen verwalteten AIF im Inland an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben. Sie müssen im Anzeigeschreiben gegenüber der BaFin erklären, dass sie sich zu Folgendem verpflichten: Unterrichtung der BaFin über alle wesentlichen Änderungen ihre Registrierung betreffend und Nachweis der Änderungsangaben (Nr. 2), auf Verlangen der BaFin Erteilung von Auskünften über die Geschäftstätigkeit der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und Vorlage von Unterlagen (Nr. 3).

4. Erheblicher Verstoß gegen § 302 Abs. 1 bis 6 oder Anordnungen nach § 302 21 Abs. 7 (Nr. 4). Gem. Abs. 1 Nr. 4 kann die BaFin Maßnahmen ergreifen, wenn die AIFVerwaltungsgesellschaft, ein von ihr bestellter Repräsentant oder eine mit dem Vertrieb befasste Person erheblich gegen die in § 302 Abs. 1 bis 6 normierten Anforderungen an Werbung für AIF gegenüber Privatanlegern oder gegen eine Untersagung von Werbung für AIF gegenüber Privatanlegern nach § 302 Abs. 7 verstößt und die Verstöße trotz Verwarnung durch die BaFin nicht eingestellt werden.28 Als Verursacher der Verstöße kommen neben AIF-Verwaltungsgesellschaften auch 22 Repräsentanten i.S.d. § 317 Abs. 1 Nr. 4 und alle sonstigen Personen in Betracht, die mit Duldung, auf Veranlassung oder aufgrund sonstiger Zurechnungsregeln mit dem Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF des AIFM befasst sind.29 Ein Verschulden ist nicht erforderlich.30 Erforderlich ist aber, dass der jeweilige Verstoß gegen § 302 Abs. 1 bis 6 oder die An- 23 ordnungen nach § 302 Abs. 7 „erheblich“ ist. Dieses Erfordernis macht deutlich, dass die BaFin nicht bei jedem Verstoß gegen § 302 Abs. 1 bis 6 befugt ist, über die in § 302 Abs. 7 vorgesehene Untersagung der Werbung hinausgehende Maßnahmen zu ergreifen, und ist somit Ausdruck des Übermaßverbotes.31 Was genau unter einem erheblichen Verstoß zu verstehen ist, lässt sich Abs. 1 Nr. 4 nicht entnehmen. Im Hinblick auf die Schutzrichtung von Abs. 1 Nr. 4 ist die Erheblichkeit des Verstoßes anhand der Schwere der Beeinträchtigung des Privatanlegers durch den Verstoß zu bestimmen.32 Zweifelhaft ist, ob die Beurteilung der Erheblichkeit des Verstoßes durch die BaFin der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt oder ob der BaFin insofern ein Beurteilungsspielraum zukommt, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.33 Auch wenn man mit der Rechtsprechung und der ganz herrschenden Auffassung in der Literatur davon ausgeht, dass unbestimmte Rechtsbegriffe grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar sind, 34 könnte wegen der hohen Komplexität und der besonderen Dynamik des Investmentrechts ausnahmsweise eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle angezeigt sein. Ob die Rechtsprechung im Rahmen von § 314 davon ausgehen wird, bleibt abzuwarten.

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28 § 302 gilt auch für den Vertrieb von OGAW; s. § 302 Rn. 1. 29 Vgl. zum Begriff der mit dem Vertrieb befassten Person Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers InvG, § 124 Rn. 19; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 124 Rn. 23. 30 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 124 Rn. 23. 31 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 124 Rn. 22. 32 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Ewers InvG, § 124 Rn. 19; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Süßmann InvG, § 124 Rn. 22. 33 Vgl. zum generellen Problem der gerichtlichen Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe im öffentlichen Recht Eyermann/Rennert VwGO, § 114 Rn. 51; Kopp/Schenke VwGO, § 114 Rn. 23. 34 BVerfG 16.12.1992 NVwZ 1993 666 (670); BVerwG 7.11.1985 BVerwGE 72 195 (197); BVerfG 28.6.1983 BVerfGE 64 261 (279); Kopp/Schenke VwGO, § 114 Rn. 24; Schmidt-Aßmann/Groß NVwZ 1993 617 (622); s. auch Baur § 8 AuslInvestmG Rn. 18.

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Untersagung des Vertriebs

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Die BaFin muss die genannten Adressaten bei Verstößen gegen § 302 zunächst verwarnen, bevor sie Maßnahmen nach Abs. 1 ergreift, und darf darüber hinaus nur tätig werden, wenn die Verstöße trotz dieser Verwarnung nicht eingestellt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei der ersten Zuwiderhandlung gegen § 302 die Verwarnung die einzig zulässige Maßnahme ist und die BaFin insoweit kein Auswahlermessen hat.35 Mit der Verwarnung stellt die BaFin den erheblichen Verstoß gegen § 302 fest. Aufgrund dieses eigenständigen Regelungsgehaltes hat die Verwarnung die Qualität eines Verwaltungsaktes i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG36 (zu Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin s. unten Rn. 51 ff.).

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5. Nicht ordnungsgemäße Erfüllung von Informations- und Veröffentlichungspflichten (Nr. 5). Gem. Abs. 1 Nr. 5 besteht die Befugnis der BaFin, wenn bestimmte Informations- und Veröffentlichungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden. Eine „nicht ordnungsgemäße“ Erfüllung der Informationspflichten ist bei jedem formellen oder materiellen Fehler gegeben.37 Die in Bezug genommenen Informations- und Veröffentlichungspflichten sind die Folgenden: – § 307 Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1 beinhalten vorvertragliche Informations- und Hinweispflichten für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF gegenüber semiprofessionellen und professionellen Anlegern. – § 308 statuiert Informations- und Offenlegungspflichten von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften und ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften gegenüber professionellen und semiprofessionellen Anlegern eines EU-AIF oder ausländischen AIF. – § 297 Abs. 2 bis Abs. 6, 8 oder 9 statuieren vorvertragliche Informations- und Offenlegungspflichten gegenüber am Erwerb von AIF interessierten Privatanlegern. – § 299 statuiert Veröffentlichungspflichten und kontinuierliche Informationspflichten von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften im Hinblick auf EU-AIF oder ausländische AIF. – § 300 statuiert weitere Offenlegungspflichten der AIF-Verwaltungsgesellschaft im Hinblick auf von ihr verwaltete inländische AIF, EU-AIF oder ausländischen AIF gegenüber den Anlegern. Teilweise werden diese Offenlegungspflichten durch die Art. 108 und 109 der Level 2-Verordnung ergänzt. – § 301 statuiert eine Veröffentlichungspflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft, der EU-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft auf ihrer Internetseite bezüglich der wesentlichen Anlegerinformationen und einer Vereinbarung, die die Verwahrstelle getroffen hat, um sich vertraglich von der Haftung gem. § 77 Abs. 4 oder § 88 Abs. 4 freizustellen. – § 303 Abs. 1 oder 3 bestimmen, dass sämtliche Veröffentlichungen und Werbeschriften, die sich auf Anteile oder Aktien an einem an Privatanleger vertriebenen AIF beziehen, in deutscher Sprache abzufassen oder mit einer deutschen Übersetzung zu versehen sind, die den Inhalt der ursprünglichen Information richtig und vollständig wiedergibt.

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35 Zutreffend Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 15; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/ Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 29. 36 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 35; vgl. bereits Berger/Steck/ Lübbehüsen/Ewers InvG, § 124 Rn. 20; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Süßmann InvG, § 124 Rn. 25. 37 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 43; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 17.

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D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger



§ 314

§ 318 regelt den Inhalt des Verkaufsprospektes des EU-AIF oder ausländischen AIF beim Vertrieb an Privatanleger (Abs. 1 bis 4). Außerdem normiert § 318 die Pflicht, wesentliche Anlegerinformationen für EU-AIF und ausländische AIF zu erstellen (Abs. 5) und die wesentlichen Anlegerinformationen sowie Angaben von wesentlicher Bedeutung im Verkaufsprospekt auf dem neuesten Stand zu halten (Abs. 6).

Anders als in Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 10 verlangt das Gesetz bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung von Informations- und Veröffentlichungspflichten gem. Abs. 1 Nr. 5 nicht ausdrücklich, dass eine Mahnung durch die BaFin erfolgt, bevor Maßnahmen ergriffen werden. Richtigerweise wird man von dem Erfordernis einer vorherigen Mahnung schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit jedoch auch im Rahmen von Abs. 1 Nr. 5 ausgehen müssen.38 6. Verstoß gegen sonstige Vorschriften des KAGB (Nr. 6). Abs. 1 Nr. 6 stellt 26 ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB klar, dass die Befugnis der BaFin, Maßnahmen zum Schutz der Anleger einschließlich einer Untersagung des Vertriebs zu ergreifen, bei jedem Verstoß gegen Vorschriften des KAGB und die durch das KAGB in Bezug genommenen Verordnungen39 besteht;40 es handelt sich mithin um einen denkbar weit gefassten Auffangtatbestand. Nicht zwingend erforderlich ist nach dem eindeutigen Wortlaut von Abs. 1 Nr. 6, dass die verletzte Vorschrift des KAGB selbst unmittelbar den Schutz der Anleger bezweckt;41 allerdings sind Maßnahmen nach Abs. 1 nur rechtmäßig, wenn sie zum Schutze der Anleger erforderlich sind, woran es bei Maßnahmen aufgrund der Verletzung von Vorschriften des KAGB, die nicht zumindest auch dem Anlegerschutz dienen (etwa bei der Verletzung steuerrechtlicher Vorschriften), regelmäßig fehlen wird (s. zum Verhältnismäßigkeitsprinzip oben Rn. 10). 7. Beim Vertrieb eines AIF an Privatanleger: Nichterfüllung eines durch rechts- 27 kräftiges Urteil oder gerichtlichen Vergleich festgestellten Anspruchs eines Anlegers (Nr. 7). Abs. 1 Nr. 7 ist nur einschlägig, wenn ein AIF auch (nicht notwendigerweise ausschließlich) an Privatanleger vertrieben wird. In diesem Falle kann die BaFin Maßnahmen ergreifen, wenn ein durch rechtskräftiges gerichtliches Urteil, durch einen Schiedsspruch (§ 1055 ZPO) oder durch einen gerichtlichen Vergleich gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft festgestellter Anspruch eines Anlegers nicht erfüllt worden ist. Dies gilt auch im Falle ausländischer Urteile oder Schiedssprüche, wenn diese im Inland für vollstreckbar erklärt wurden.42 Die Befugnis der BaFIn nach Abs. 1 Nr. 7 soll Verwaltungs- und Vertriebsgesellschaften, die AIF an Privatanleger vertreiben, dazu anhalten, rechtskräftige Ansprüche der Anleger schnellstmöglich zu erfüllen. Von besonderer praktischer Bedeutung ist dies insbesondere bei Ansprüchen, die einem Privatanleger durch ein deutsches Gericht gegen eine im Ausland ansässige Verwaltungs- oder Vertriebsgesellschaft zugesprochen werden: Mit einer etwaigen Vertriebsuntersagung, die von der BaFin schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zuvor unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erfüllung der Ansprüche

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38 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 45. 39 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 18. 40 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 284. 41 So aber Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 47; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Paul § 314 Rn. 19. 42 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 54.

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Untersagung des Vertriebs

anzudrohen ist,43 verfügt die BaFin über ein nicht unerhebliches Druckmittel auch gegen ausländische Verwaltungs- und Vertriebsgesellschaften, aufgrund dessen Privatanlegern ggf. die zeit- und kostenintensive Durchsetzung im Inland erstrittener Titel im Ausland erspart bleibt.44 In Anbetracht des Schutzzwecks von Abs. 1 Nr. 7 kann die Befugnis der BaFin nur bei solchen Ansprüchen der Anleger bestehen, die im Zusammenhang mit ihrer Stellung als Anteilsinhaber oder Aktionär des AIF stehen.45 28 Das von Anlegern gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft auf dem Zivilrechtsweg erstrittene Urteil ist gem. § 705 ZPO (formell) rechtskräftig, wenn die für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels (Berufung oder Revision) bestimmte Frist abgelaufen ist, ohne dass das Rechtsmittel rechtzeitig eingelegt worden wäre. Ein gerichtlicher Vergleich ist ein Vergleich, der von den Parteien vor Gericht geschlossen wurde (§ 278 ZPO). Unter der Nichterfüllung eines festgestellten Anspruchs ist bereits die Untätigkeit oder Erfüllungsverweigerung der Verwaltungs- oder Vertriebsgesellschaft ohne sachlichen Grund nach der Urteilsverkündung zu verstehen.46 Nicht erforderlich ist, dass der Anleger bereits einen Vollstreckungsversuch unternommen hat.47 Nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm ersichtlich ist, ob es sich bei den festge29 stellten Ansprüchen um solche von Privatanlegern handeln muss, oder ob die Befugnis auch dann besteht, wenn Ansprüche von professionellen oder semiprofessionellen Anlegern nicht erfüllt werden. Für Letzteres spricht zum einen der offene Wortlaut der Vorschrift. Zum anderen bezweckt die Vorschrift die Realisierung eines umfassenden Schutzes von Privatanlegern dadurch, dass Verwaltungs- und Vertriebsgesellschaften, die AIF an Privatanleger vertreiben, dazu angehalten werden, sämtliche durch rechtskräftiges Urteil oder gerichtlichen Vergleich festgestellten Ansprüche ihrer Anleger zuverlässig zu erfüllen, unabhängig davon, welcher Anlegergruppe sie angehören.48 Allerdings hat die BaFin hinsichtlich der Maßnahmen, die sie im konkreten Einzelfall ergreift, ein umfassendes Auswahlermessen (s. oben Rn. 8). 30

8. Erheblicher Verstoß gegen die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag bei dem Vertrieb von AIF an Privatanleger (Nr. 8). Nach Abs. 1 Nr. 8 besteht die Befugnis der BaFin zum Erlass von Maßnahmen, wenn bei dem Vertrieb eines (Publikums-)AIF an Privatanleger49 erheblich gegen die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen wurde. Bei der Erheblichkeit des Verstoßes handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher im Hinblick auf den von Abs. 1 Nr. 8 intendierten Schutz der Privatanleger von der BaFin auszulegen ist (s. zur Problematik der gerichtlichen Überprüfbarkeit unbestimmter Rechtsbegriffe oben Rn. 23). Ein Verstoß ist demnach erheblich, wenn der Schutz der Privatanleger durch den Verstoß wesentlich beeinträchtigt wird. Als Kriterien für die Beurteilung der Wesentlich-

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43 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 34. 44 Vgl. Baur § 8 AuslInvestmG Rn. 25; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 19; vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 33. 45 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 19. 46 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 19. 47 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 55. 48 Wie hier Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 52; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Paul § 314 Rn. 20. 49 Krit. Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 58: Es komme nicht darauf an, an wen vertrieben wird; Privatanleger, semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger seien in diesem Falle gleich schützenswert. Abs. 1 Nr. 8 hätte daher treffender lauten sollen: „bei dem Vertrieb von Publikums-AIF [...]“.

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D. Befugnis der BaFin, in Bezug auf AIF Maßnahmen zum Schutz der Anleger

§ 314

keit von Beeinträchtigungen können Intensität, Planmäßigkeit, Nachhaltigkeit und Häufigkeit des Verstoßes gelten.50 9. Verstoß gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts (Nr. 9). Abs. 1 31 Nr. 9 stellt klar, dass die BaFin Maßnahmen auch ergreifen darf, wenn die Art und Weise des Vertriebs gegen „sonstige“ Vorschriften des deutschen Rechts verstößt. Damit sind insbesondere Verstöße gegen Normen außerhalb des KAGB erfasst (für Verstöße gegen sämtliche Vorschriften des KAGB enthält bereits Nr. 6 eine umfassende Ermächtigungsgrundlage), etwa gegen Straf- und Steuergesetze sowie gegen die GewO und das UWG.51 Abs. 1 Nr. 9 enthält keine Eingrenzung auf bestimmte Verursacher (etwa die AIF-Verwaltungsgesellschaft). Der Verstoß muss unmittelbar mit der Art und Weise des Vertriebs zusammenhängen. Nicht zwingend erforderlich ist, dass die verletzte Vorschrift außerhalb des KAGB selbst unmittelbar den Schutz der Anleger bezweckt;52 allerdings sind Maßnahmen nach Abs. 1 nur rechtmäßig, wenn sie zum Schutze der Anleger erforderlich sind, woran es bei Maßnahmen aufgrund der Verletzung von Vorschriften außerhalb des KAGB, die nicht zumindest auch dem Anlegerschutz dienen (etwa bei der Verletzung steuerrechtlicher Vorschriften), regelmäßig fehlen wird (s. zum Verhältnismäßigkeitsprinzip oben Rn. 10). 10. Nicht-Erstattung von Kosten (Nr. 10). Gem. Abs. 1 Nr. 10 Var. 1 besteht die Be- 32 fugnis der BaFin zum Erlass von Maßnahmen schließlich, wenn die Kosten, die ihr im Rahmen der Pflicht zur Bekanntmachung des gesetzlichen Vertreters (= Repräsentanten) nach § 319 Abs. 3 entstanden sind, trotz vorheriger Mahnung nicht erstattet werden. Die Bekanntmachung des gesetzlichen Vertreters gem. § 319 Abs. 3 nimmt auf § 317 33 Abs. 1 Nr. 4 Bezug. Danach ist der Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft nur zulässig, wenn die AIF-Verwaltungsgesellschaft der BaFin ein inländisches Kreditinstitut oder eine zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz bzw. Wohnsitz im Inland als Repräsentanten benennt, die hinreichend ausgestattet ist, um die Compliance-Funktion gem. § 57 Abs. 3 S. 3 wahrnehmen zu können. Gem. § 319 Abs. 1 vertritt der Repräsentant den AIF gerichtlich und außergerichtlich. Gem. § 319 Abs. 3 sind der Name des Repräsentanten und die Beendigung seiner Stellung von der BaFin im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Wenn der BaFin hierdurch Kosten entstehen, sind ihr diese Kosten zu erstatten (s. im Einzelnen § 319 Rn. 25). Gem. Abs. 1 Nr. 10 Var. 2 besteht die Befugnis der BaFin des Weiteren, wenn eine 34 Gebühr, die für die Prüfung von nach § 320 Abs. 1 S. 2 Nr. 7, § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 oder § 330 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen zu entrichten ist, trotz Mahnung nicht gezahlt wird (s. zu den jeweiligen Angaben und Unterlagen bereits oben Rn. 20). Die Gebühren für die Prüfung der entsprechenden Vorschriften ergeben sich aus den folgenden Bestimmungen: – die Gebühren für die Prüfung der nach § 320 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen aus Ziff. 4.1.10.2.4.1.2 Anhang zur FinDAGKostV (zu § 2 Abs. 1) in der ab 26.6.2017 gültigen Fassung;

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50 Ebenso Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 21; vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 44. 51 Vgl. in Bezug auf § 140 Abs. 3 Nr. 4 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 21 sowie in Bezug auf § 8 AuslInvestmG Baur § 8 AuslInvestmG Rn. 17. 52 So aber Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 64; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Paul § 314 Rn. 22.

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§ 314





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Untersagung des Vertriebs

die Gebühren für die Prüfung der nach § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen aus Ziff. 4.1.10.2.7.2.2 Anhang zur FinDAGKostV (zu § 2 Abs. 1) in der ab 26.6.2017 gültigen Fassung; die Gebühren für die Prüfung der nach § 330 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen aus Ziffer 4.1.10.2.8.1.2 Anhang zur FinDAGKostV (zu § 2 Abs. 1) in der ab 26.6.2017 gültigen Fassung.

Auf den ersten Blick erscheint zweifelhaft, ob die Vorschriften, auf die Abs. 1 Nr. 10 verweist, überhaupt dem Anlegerschutz dienen. Sofern eine Bekanntmachung durch die BaFin gem. § 319 Abs. 3 erfolgt ist, ist der Anleger bereits dadurch hinreichend geschützt. Zur Prüfung der gem. § 320 Abs. 1 S. 2 Nr. 7, § 329 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 oder § 330 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen ist die BaFin gesetzlich verpflichtet. Für den Anleger können Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 Abs. 1 Nr. 10 bei Nichtzahlung der Gebühren, wie beispielsweise eine Vertriebsuntersagung, sogar nachteilig sein. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Tätigkeit der BaFin generell dem Anlegerschutz dient. Die BaFin finanziert sich ausschließlich aus Gebühren, gesonderten Erstattungen und Umlagen (§§ 13 ff. FinDAG) und erhält keine Mittel aus dem Bundeshaushalt. Folglich ist die Durchsetzung der Zahlungspflichten gegenüber der BaFin für den Anlegerschutz zumindest mittelbar von Bedeutung, da sie gewährleisten, dass die BaFin überhaupt in der Lage ist, ihren (auch) im Interesse des Anlegerschutzes bestehenden Aufgaben nachzukommen.53 E. Befugnisse der BaFin bei AIF mit Teilinvestmentvermögen (Abs. 2) E. Befugnisse der BaFin bei AIF mit Teilinvestmentvermögen (Abs. 2)

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Abs. 2 regelt spezielle Befugnisse der BaFin bezüglich AIF mit Teilinvestmentvermögen (Umbrella-Konstruktionen). Demnach kann die BaFin bei AIF mit Teilinvestmentvermögen auch den Vertrieb von Teilinvestmentvermögen, die im Inland nach den §§ 316, 320, 329 oder 330 an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis Nr. 33 (Privatanleger, professionelle Anleger, semiprofessionelle Anleger) vertrieben werden dürfen, untersagen, wenn weitere Teilinvestmentvermögen derselben UmbrellaKonstruktion im Geltungsbereich des KAGB an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis Nr. 33 vertrieben werden, die im Inland entweder nicht oder nicht an diese Anlegergruppe vertrieben werden dürfen. 37 Die BaFin kann folglich nicht nur gem. Abs. 1 den Vertrieb von Teilinvestmentvermögen verbieten, die an Anlegergruppen i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis Nr. 33 vertrieben werden, an die sie nicht vertrieben werden dürfen. Sie hat vielmehr in einem solchen Fall gem. Abs. 2 die weitergehende Befugnis, den Vertrieb von anderen Teilinvestmentvermögen derselben Umbrella-Konstruktion zu untersagen. Auf diese Weise sollen Anbieter von Umbrella-Konstruktionen nachhaltig dazu angehalten werden, von einem Vertrieb von Teilinvestmentvermögen ohne Vertriebsberechtigung abzusehen. 54 Dem Wortlaut nach („kann“) steht die Vertriebsuntersagung im Ermessen der BaFin, das sie unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (s. oben Rn. 10) auszuüben hat. Bei der Vertriebsuntersagung handelt es sich um einen gem. § 7 sofort vollziehbaren belastenden Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG (zu den formellen Anforderungen s. oben Rn. 13; zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin s. unten Rn. 51 ff.).

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53 54

A.A. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 40. Vgl. die Regierungsbegründung zum InvÄndG, BTDrucks. 16/5576 S. 97 (zu § 140 Abs. 4a InvG).

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F. Bekanntmachung einer Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger

§ 314

Die Befugnis zur Vertriebsuntersagung nach Abs. 2 besteht nur im Hinblick auf Teil- 38 investmentvermögen, die nach den Anzeigeverfahren der §§ 316, 320, 329 oder 330 an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis Nr. 33 vertrieben werden dürfen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Anzeigeverfahren: – § 316: Anzeigepflicht für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Publikums-AIF im Inland (unabhängig davon, an welche Anlegergruppe der Vertrieb erfolgt, s. § 316 Rn. 6); – § 320: Anzeigepflicht für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIFVerwaltungsgesellschaften beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland; – § 329: Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von von ihnen verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland; – § 330: Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von von ihr verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Inland. F. Bekanntmachung einer Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger F. Bekanntmachung einer Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger durch die BaFin und Erstattung hierdurch entstehender Kosten (Abs. 3) Nach Abs. 3 S. 1 macht die BaFin eine Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger be- 39 kannt, falls ein Vertrieb bereits stattgefunden hat. Nach Abs. 3 S. 2 kann sie die für die Bekanntmachung der Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger nach S. 1 entstandenen Kosten von der AIF-Verwaltungsgesellschaft erstattet verlangen. Die Bekanntmachung der Untersagung des Vertriebs von AIF, bei denen ein Vertrieb 40 bereits erfolgt ist, durch die BaFin im Bundesanzeiger dient dem Informationsbedürfnis der Anleger und der Öffentlichkeit.55 Die BaFin ist nach dem Wortlaut („macht … bekannt“) zur Veröffentlichung der Vertriebsuntersagung verpflichtet; sie hat insoweit kein Ermessen.56 Ihrem Telos entsprechend, greift die Bekanntmachungspflicht auch bei Vertriebsuntersagungen auf der Grundlage anderer Ermächtigungsgrundlagen als § 314 (z.B. Vertriebsuntersagung aufgrund von Ermächtigungsgrundlagen in den Anzeigevorschriften, §§ 316 ff.). Dies gilt jedoch nur, sofern ein Vertrieb bereits erfolgt ist. Für die Veröffentlichung einer Untersagung der Aufnahme des Vertriebs aufgrund von Mängeln der mit dem Anzeigeschreiben eingereichten Angaben und Unterlagen (§ 316 Abs. 3 S. 2) besteht kein Anlass. Nicht geregelt ist die Frist, innerhalb derer die Bekanntmachung der Vertriebsunter- 41 sagung zu erfolgen hat. Im Interesse des Anlegerschutzes erscheint eine unverzügliche Veröffentlichung sinnvoll, und zwar unabhängig von der Bestandskraft der Vertriebsuntersagung.57 Die BaFin hat jedoch auch hier den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu be-

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55 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 25; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 54. 56 So bereits zu § 8 AuslInvestmG Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 8 AuslInvestmG Rn. 62. 57 Ebenso Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 25; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/ Schwack KAGB, § 314 Rn. 82.

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§ 314

Untersagung des Vertriebs

achten. Die Gründe für die Vertriebsuntersagung sind nicht zu veröffentlichen.58 Die Bekanntmachung im Bundesanzeiger ist ein Realakt (zu den Rechtschutzmöglichkeiten gegen Realakte der BaFin s. unten Rn. 57 ff.). Die Veröffentlichung im Bundesanzeiger steht einer zusätzlichen Veröffentlichung 42 der Vertriebsuntersagung in anderen Medien, z.B. auf der Internetseite der BaFin nicht entgegen. Der Kostenersatzanspruch der BaFin gem. Abs. 3 S. 2 besteht jedoch nur hinsichtlich der Veröffentlichung im Bundesanzeiger.59 G. Erneute Anzeige nach Vertriebsuntersagung (Abs. 4) Abs. 4 ordnet an, dass, wenn die BaFin den weiteren Vertrieb eines AIF untersagt, der einer Anzeigepflicht nach den §§ 316, 320, 329 oder 330 unterliegt (für einen Überblick über diese Anzeigeverfahren s. oben Rn. 38), die AIF-Verwaltungsgesellschaft, die Adressatin der Vertriebsuntersagung war, für die Dauer eines Jahres keine erneute Vertriebsanzeige für diesen AIF erstatten darf. Auf diese Weise soll die Sanktionswirkung einer Vertriebsuntersagung verstärkt werden.60 Eine erneute Vertriebsanzeige für den AIF durch eine andere AIF-Verwaltungsgesellschaft wird freilich durch den Wortlaut von Abs. 4 nicht ausgeschlossen; eine Erstreckung der einjährigen Sperre auf eine neu bestellte AIF-Verwaltungsgesellschaft wäre auch unter teleologischen Gesichtspunkten nicht begründbar.61 Die einjährige Sperre besteht nur, wenn der Vertrieb nach Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, Nr. 7 bis 44 10 sowie nach Abs. 2 untersagt wurde. Auch im Falle eines in diesen Tatbestandsvarianten spezifizierten Verstoßes tritt die Sperre nicht ein, wenn die AIF-Verwaltungsgesellschaft im Rahmen eines Untersagungsverfahrens der Vertriebsuntersagung durch Mitteilung der Einstellung des öffentlichen Vertriebs gem. § 315 zuvorkommt.62 Kommt es hingegen zur Untersagung des Vertriebs, beginnt die Jahresfrist mit Eintritt der Bestandskraft bzw. bei gerichtlicher Überprüfung mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils, das die Untersagung bestätigt.63 Ihre Berechnung richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. H. Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 43

H. Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 45

Der Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin als bundesunmittelbarer, rechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 FinDAG) richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen Voraussetzungen des Verwaltungsprozessrechts. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die prozessualen Möglichkeiten gegen auf der Grundlage von § 314 getroffene Maßnahmen der BaFin erfolgen.

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58 Vgl. zu § 8 AuslInvestmG Baur § 8 AuslInvestmG Rn. 40; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 8 AuslInvestmG Rn. 63. 59 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 81; vgl. zu § 140 Abs. 7 InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 55. 60 Vgl. die Regierungsbegründung zum InvÄndG, BTDrucks. 16/5576, S. 95 (zu § 133 Abs. 9 InvG); Emde/ Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 46. 61 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 85; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 314 Rn. 32. 62 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 47. 63 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 23; a.A. (Beginn ab Vollziehbarkeit) Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 314 Rn. 87.

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H. Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314

§ 314

I. Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist grund- 46 sätzlich für alle Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 eröffnet.64 Dies zeigt auch die Bezugnahme in § 7 auf Rechtsbehelfe der VwGO. II. Klage- und Widerspruchsbefugnis Zudem muss nach h.M. gem. § 42 VwGO (ggf. analog) für alle Rechtsbehelfe eine 47 Klage- bzw. Widerspruchsbefugnis gegeben sein.65 Diese ist gegeben, wenn der Kläger geltend macht, in seinen eigenen Rechten verletzt zu sein. Hierdurch sollen Popularklagen, beispielsweise von Anlegerschutzverbänden, ausgeschlossen werden.66 Die bloße Möglichkeit einer Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts ist jedoch nach h.M. ausreichend.67 Eine solche Rechtsverletzung kann sich aus öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehungen, einfachgesetzlichen Normen und ausnahmsweise auch aus Grundrechten ergeben.68 Wenn der Kläger selbst Adressat eines auf der Grundlage von § 314 erlassenen, be- 48 lastenden Verwaltungsaktes der BaFin ist und hiergegen mit der Anfechtungsklage vorgeht (s. unten Rn. 53), ist grundsätzlich von einer Klagebefugnis auszugehen.69 Der Kläger ist als Adressat des ihn belastenden Verwaltungsaktes in diesem Fall jedenfalls in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG betroffen. Zweifelhaft erscheint, ob die Klagebefugnis auch in anderen Fällen gegeben ist. Besondere Bedeutung hat die Frage im Rahmen von § 314 insbesondere dann, wenn Dritte (z.B. Anleger) gegen eine auf der Grundlage von § 314 getroffene Maßnahme der BaFin vorgehen wollen, die nicht an sie adressiert ist, sie jedoch gleichwohl mittelbar belastet. Zudem sind Fälle denkbar, in denen ein Unterlassen der BaFin gerügt wird. In diesen Fällen wird eine Klagebefugnis in der Regel nur dann in Betracht kommen, soweit § 314 drittschützenden Charakter hat. Dies bestimmt sich nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen.70 Danach ist eine Norm im Sinne der Schutznormtheorie drittschützend, sofern sie neben dem Schutz von Allgemeininteressen auch den Interessen des individuell Betroffenen subjektiv zu dienen bestimmt ist.71 Entscheidend für den Drittschutz sind der Wortlaut der Vorschrift und der Wille des Gesetzgebers.72 Im KAGB findet sich keine den §§ 4 Abs. 2 WpÜG, 3 Abs. 3 BörsG oder 41 Abs. 1 S. 1 VAG vergleichbare Norm, derzufolge die BaFin ihre Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Vielmehr

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64 Ausführlich zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO beim Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der BaFin Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 72; Buck-Heeb KapitalmarktR, § 19 Rn. 692. 65 Schoch/Schneider/Bier/Wahl/Schütz VwGO, § 42 Rn. 21; verneinend für Feststellungsklage Erichsen Jura 1994 385 (386); Kopp/Schenke VwGO, § 42 Rn. 63; verneinend für Leistungsklage Erichsen DVBl. 1982 95 (100). 66 Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 67. 67 BVerwG 21.1.1993 NVwZ 1993 884 f. 68 Kopp/Schenke VwGO, § 42 Rn. 78. 69 Sog. „Adressatentheorie“; vgl. auch in Bezug auf das WpHG Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 77; Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 12. 70 Vgl. Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 16. 71 BVerwG 16.3.1989 BVerwGE 81 329 (334); BVerfG 17.12.1969 BVerfGE 27 297 (307); Kopp/Schenke VwGO, § 42 Rn. 82; Schoch/Schneider/Bier/Wahl VwGO, Vorb. zu § 42 VwGO Rn. 95. 72 Bühler S. 44 f.; v. Jhering S. 328.

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§ 314

Untersagung des Vertriebs

findet sich im Wortlaut des § 314 der ausdrückliche Hinweis, dass die BaFin ihre Befugnisse zum Schutz der Anleger ausübt. Dies spricht jedoch nur dann für einen Drittschutz, wenn es sich bei der Gruppe der Anleger im Sinne des § 314 um einen begrenzten und überschaubaren Personenkreis handelt.73 Hiervon ist in Bezug auf AIF jedoch in der Regel nicht auszugehen. Bereits die Kategorisierung der möglichen Anlegergruppen des KAGB in private, semiprofessionelle und professionelle Anleger (vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis 33) zeigt, dass es sich hierbei um inhomogene Personengruppen handelt. Der Vertrieb von AIF wird in der Regel auch nicht auf einen überschaubaren Personenkreis begrenzt sein, sondern sich an jeden richten, der hieran interessiert ist und an den der AIF vertrieben werden darf. Folglich wird durch § 314 das Anlegerpublikum als solches geschützt. Der damit einhergehende Schutz des individuellen Anlegers erfolgt als bloßer Rechtsreflex.74 Zudem ist zu bedenken, dass der Drittschutz durch kapitalmarktrechtliche Normen 49 grundsätzlich restriktiv gehandhabt wird.75 Dies kommt auch in § 4 Abs. 4 FinDAG zum Ausdruck, wonach die BaFin ihre Aufgaben ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt. III. Örtliche Zuständigkeit des Gerichts 50

Örtlich zuständig für Klagen gegen die BaFin ist gem. § 52 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 3 FinDAG das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main. IV. Rechtsschutz gegen Maßnahmen in Form von Verwaltungsakten

51

Die BaFin kann auf der Grundlage des § 314 Verwaltungsakte erlassen (s. oben Rn. 12 f.). Diese werden gegenüber dem Betroffenen in der Regel belastende Verwaltungsakte darstellen.76

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1. Widerspruchsverfahren. Gegen eine belastende Maßnahme in Form eines Verwaltungsaktes ist zunächst die Einlegung des Widerspruchs statthaft. Im Widerspruchsverfahren überprüft die BaFin den Verwaltungsakt auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit (vgl. § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der Widerspruch ist gem. § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes schriftlich oder zur Niederschrift bei der BaFin zu erheben. Die Frist des § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO läuft jedoch nur, wenn der Verwaltungsakt gem. § 58 Abs. 1 VwGO mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist; ansonsten gilt gem. § 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist. Das Widerspruchsverfahren endet dadurch, dass die BaFin dem Widerspruch abhilft (vgl. § 72 VwGO) oder den Widerspruch zurückweist und einen Widerspruchsbescheid erlässt (vgl. § 73 VwGO). Den Widerspruchsbescheid erlässt die BaFin gem. § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO selbst, da das Bundesfinanzministerium als nächsthöhere Behör-

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73 BVerwG 5.8.1983 NJW 1984 138; BVerwG 25.2.1977 BVerwGE 52 122. 74 Vgl. auch in Bezug auf das WpHG Buck-Heeb KapitalmarktR, § 19 Rn. 693. 75 Vgl. auch in Bezug auf das WpHG Buck-Heeb KapitalmarktR, § 19 Rn. 693; krit. Schwark/Zimmer/ Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 12 ff.; vgl. zu § 4 WpÜG MüKo-AktG/Wackerbarth/Kreße § 4 WpÜG Rn. 19 ff., 25 ff.; Böckmann/Kießling DB 2007 1796 (1801); Ihrig ZHR 167 (2003) 315 (319 ff.); Lenz NJW 2003 2073 (2075); Möller ZHR 167 (2003) 301 (302); v. Riegen Der Konzern 2003 583 (588 ff.); Rohlfing WM 2005 311; Schwark/Zimmer/Noack KMRK, § 4 WpÜG Rn. 13; Wagner NZG 2003 718. 76 Vgl. in Bezug auf § 140 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 24; Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 48.

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H. Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314

§ 314

de eine oberste Bundesbehörde ist.77 Der Widerspruchsbescheid ist gem. § 73 Abs. 3 VwGO zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. 2. Anfechtungsklage. Wird die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes be- 53 gehrt, ist die Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO die statthafte Klageart. Gem. § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO muss die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes vor Erhebung der Anfechtungsklage in einem Vorverfahren überprüft werden. Die Ausnahme des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO greift nicht ein, da die BaFin selbst keine oberste Bundesbehörde ist.78 Für das Vorverfahren gelten die §§ 68 ff. VwGO (s. oben Rn. 52). Die Klagefrist richtet sich nach § 74 Abs. 1 VwGO. Beklagte gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist die BaFin selbst (vgl. § 18 Abs. 1 FinDAG). 3. Vorläufiger Rechtsschutz. Gem. § 7 haben Widerspruch und Anfechtungsklage 54 gegen Maßnahmen der BaFin auf der Grundlage von § 314 Abs. 1 und Abs. 2 keine aufschiebende Wirkung. Hierbei handelt es sich um eine durch Bundesrecht geregelte Ausnahme gem. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vom grundsätzlichen Suspensiveffekt des Widerspruchs und der Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 VwGO).79 Diese Regelung dient dem Anlegerschutz. Die BaFin muss somit nicht im Einzelfall gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen und gem. § 80 Abs. 3 das besondere Interesse hieran schriftlich begründen. Der Adressat des belastenden Verwaltungsaktes soll nicht durch die Ausnutzung aller Rechtsschutzmöglichkeiten die im Interesse des Anlegerschutzes aufgrund von § 314 getroffenen Maßnahmen der BaFin zeitlich verzögern können.80 Der Adressat der Maßnahme kann im Wege des vorläufigen Rechtschutzes gem. § 80 55 Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragen. 4. Fortsetzungsfeststellungsklage. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist im Falle 56 der Erledigung eines belastenden Verwaltungsaktes nach Klageerhebung (Regelfall des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) und des Weiteren im Falle der Erledigung eines belastenden Verwaltungsaktes vor Klageerhebung (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog) die statthafte Klageart. Ein belastender Verwaltungsakt hat sich erledigt, wenn die wesentliche Beschwer weggefallen ist.81 Erforderlich für die Fortsetzungsfeststellungsklage ist insbesondere ein Feststellungsinteresse.82 Die weiteren Voraussetzungen der Fortsetzungsfeststellungsklage sind im Wesentlichen mit denen der Anfechtungsklage vergleichbar. V. Rechtsschutz gegen Maßnahmen in Form von Realakten Denkbar ist auch ein Tätigwerden der BaFin auf der Grundlage von § 314 durch 57 schlicht hoheitliches Handeln, welches nicht die Voraussetzungen eines Verwaltungsak-

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77 Vgl. auch Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 78. 78 Vgl. auch Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 78; Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 70. 79 Vgl. in Bezug auf das WpHG auch Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 72. 80 Vgl. auch in Bezug auf § 140 Abs. 6 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 140 Rn. 24; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 50. Der Suspensiveffekt wurde im Vergleich zu § 140 Abs. 6 InvG insofern ausgeweitet, als er nunmehr alle Maßnahmen der BaFin im Rahmen von § 314 Abs. 1 und Abs. 2 betrifft. 81 BVerwG 15.11.1990 NVwZ 1991 570 (571); Kopp/Schenke VwGO, § 113 Rn. 102. 82 Zu den Fallgruppen, in denen das Feststellungsinteresse gegeben ist, s. BVerwG 16.5.2013 NVwZ 2013 1481; Eyermann/Schmidt VwGO, § 113 Rn. 83 ff.

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§ 314

Untersagung des Vertriebs

tes gem. § 35 VwVfG erfüllt (sog. „Realakte“). Ein Beispiel für schlicht hoheitliches Handeln der BaFin auf der Grundlage von § 314 stellt die Bekanntmachung der Vertriebsuntersagung im Bundesanzeiger gem. § 314 Abs. 3 dar (s. oben Rn. 41). Rechtsschutz gegen Realakte wird durch die Feststellungs- und die Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage gewährt, wobei die Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO zu Leistungsund Gestaltungsklagen grundsätzlich subsidiär ist. 58

1. Feststellungsklage. Mit der Feststellungklage gem. § 43 VwGO kann der Kläger gerichtlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses klären lassen. Voraussetzung ist zum einen ein konkretes Rechtsverhältnis. Zum anderen muss ein Feststellungsinteresse gegeben sein. Hinsichtlich der Anforderungen an das Feststellungsinteresse ist danach zu differenzieren, ob ein gegenwärtiges, vergangenes oder zukünftiges Rechtsverhältnis vorliegt. Bei einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis sind wirtschaftliche, persönliche und ideelle Interessen ausreichend, sofern diese schutzwürdig sind.83 Bei einem vergangenem Rechtsverhältnis gelten vergleichbare Anforderungen wie bei der Fortsetzungsfeststellungsklage.84 Bei der Feststellung eines zukünftigen Rechtsverhältnisses (sog. vorbeugende Feststellungsklage) muss dem Kläger ein Abwarten unzumutbar sein.85

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2. Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage. Mit der Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage kann gegen Realakte der BaFin vorgegangen werden, sofern ein Unterlassungsanspruch besteht.86 Die Leistungsklage ist in der VwGO nicht ausdrücklich geregelt. Sie wird jedoch in zahlreichen Vorschriften der VwGO vorausgesetzt und ist zudem allgemein als Klageart anerkannt. Neben der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO (s. oben Rn. 47 ff.) kann im Einzelfall das Rechtsschutzbedürfnis problematisch sein. Der vorläufige Rechtsschutz bei der Leistungsklage richtet sich nach § 123 VwGO.87 VI. Rechtsschutz im Verwaltungsvollstreckungsverfahren

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Die BaFin kann die auf der Grundlage von § 314 getroffenen Maßnahmen gem. § 17 FinDAG mit Zwangsmitteln nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) durchsetzen. Gem. § 7 Abs. 1 sind die Androhung und Festsetzung der Zwangsmittel sofort vollziehbar. Gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung wird Rechtsschutz nach den allgemeinen Vorschriften gewährt. Nach h.M. kann die Rechtswidrigkeit eines auf der Grundlage von § 314 vorgenommenen Verwaltungsaktes nicht in dem Verfahren gegen die Verwaltungsvollstreckung geltend gemacht werden.88 Es ist vielmehr i.d.R. mit den oben genannten Rechtschutzmöglichkeiten gegen den rechtswidrigen Verwaltungsakt direkt vorzugehen. Hingegen kann die Androhung des Zwangsmittels i.d.R. selbstständig mit dem Widerspruch und der Anfechtungsklage angegriffen werden, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Festsetzung von Zwangsgeldern und die Kosten der Ersatzvornahme.89

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83 BVerwG 18.11.1997 BVerwGE 113 158. 84 BVerwG 10.5.1984 NJW 1985 1302; Eyermann/Happ VwGO, § 43 Rn. 18. 85 BVerwG 8.9.1972 BVerwGE 40 323 (326); Kopp/Schenke VwGO, Vorb. zu § 40 Rn. 33. 86 S. zu den Voraussetzungen der Leistungsklage ausführlich Eyermann/Happ VwGO, § 42 Rn. 62 ff. 87 S. hierzu näher Eyermann/Happ VwGO, § 123 Rn. 7. 88 BVerfG 7.12.1998 NVwZ 1999 290 (292); Fehling/Kastner/Störmer/Lemke Verwaltungsrecht, § 6 VwVG Rn. 25. 89 Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 4 Rn. 90.

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Systematische Übersicht

§ 315

VII. Staatshaftung Staatshaftungsrechtliche Ansprüche gegen die BaFin richten sich nach den allge- 61 meinen Regeln des Staatshaftungsrechts. In Betracht kommen kann insbesondere ein Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Voraussetzung hierfür ist insbesondere die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht. Da die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt (§ 4 Abs. 4 FinDAG), sind Staatshaftungsansprüche von mittelbar betroffenen Personen, beispielsweise Anlegern, jedoch in der Regel ausgeschlossen.90 Für den Amtshaftungsanspruch ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gem. Art. 34 S. 3 GG i.V.m. § 40 Abs. 2 S. 1 Var. 3 VwGO gegeben. Sachlich zuständig sind die Landgerichte gem. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG.

§ 315 Einstellung des Vertriebs von AIF § 315 Einstellung des Vertriebs von AIF Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-102 (1) 1 Stellt eine AIF-Verwaltungsgesellschaft den Vertrieb von Anteilen oder Aktien eines von ihr verwalteten und nach § 316 oder § 320 vertriebenen AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegenüber einer, mehreren oder allen Anlegergruppen im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 31 bis 33 ein, so hat die AIF-Verwaltungsgesellschaft dies unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und die Veröffentlichung der Bundesanstalt nachzuweisen. 2 Die Bundesanstalt kann die Veröffentlichung auf Kosten der AIF-Verwaltungsgesellschaft vornehmen, wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung durch die Bundesanstalt nicht erfüllt wird. 3 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) 1 Stellt eine AIF-Verwaltungsgesellschaft den Vertrieb von einzelnen Teilinvestmentvermögen eines AIF gegenüber einer, mehreren oder allen Anlegergruppen im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 31 bis 33 im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein, so hat sie § 293 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 bei Änderungen der im Anzeigeverfahren eingereichten Angaben und Unterlagen zu berücksichtigen. 2 Die AIF-Verwaltungsgesellschaft hat die Einstellung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an nach § 316 oder § 320 vertriebenen AIF unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und dies der Bundesanstalt nachzuweisen. 3 Die Bundesanstalt kann die Veröffentlichung auf Kosten der AIF-Verwaltungsgesellschaft vornehmen, wenn die Veröffentlichungspflicht auch nach Fristsetzung nicht erfüllt wird. Systematische Übersicht A. B. C.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 2 Normzweck | 3

D. E.

Einstellung des Vertriebs von AIF (Abs. 1) | 4 Einstellung des Vertriebs einzelner Teilinvestmentvermögen von AIF (Abs. 2) | 6

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90 Vgl. in Bezug auf § 4 WpHG Schwark/Zimmer/Zetzsche KMRK, § 4 WpHG Rn. 11; vgl. in Bezug auf § 4 WpÜG Schwark/Zimmer/Noack KMRK, § 4 WpÜG Rn. 12; vgl. auch BGH 20.1.2005 BGHZ 162 49 (62); BGH 7.5.2009 ZIP 2009 1166 (1169 f.).

715 https://doi.org/10.1515/9783110492217-102

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§ 315

Einstellung des Vertriebs von AIF

A. Überblick 1

Die AIF-Verwaltungsgesellschaft erwirbt durch das Anzeigeverfahren lediglich ein Recht zum Vertrieb, und es versteht sich von selbst, dass sie auf dieses Recht nachträglich verzichten und den Vertrieb eines AIF wieder einstellen kann. Für den Fall einer solchen Vertriebseinstellung durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft normiert § 315 eine Veröffentlichungspflicht, wobei Abs. 1 die Einstellung des Vertriebs von AIF („Monostrukturen“)1 betrifft und Abs. 2 Sonderregelungen für AIF mit Teilinvestmentvermögen (Umbrella-Konstruktionen) enthält. § 315 bildet das für AIF einschlägige Pendant zu § 311, der nicht nur die Untersagung des Vertriebs von EU-OGAW regelt (Abs. 1 bis 4), sondern auch Veröffentlichungspflichten im Falle der Vertriebseinstellung statuiert (Abs. 5 und 6). B. Entstehungsgeschichte

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§ 315 basiert nicht auf Vorgaben der AIFM-Richtlinie. Er übernimmt ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB § 140 Abs. 8 und Abs. 9 des aufgehobenen InvG, die ihrerseits erst durch das InvÄndG eingeführt und mit Inkrafttreten des KAGB lediglich an dessen Terminologie angepasst worden sind.2 Anders als in § 140 des aufgehobenen InvG und auch anders als in § 311, der die Untersagung und die Einstellung des Vertriebs von OGAW regelt, wurde die Untersagung und die Einstellung des Vertriebs von AIF in zwei separaten Vorschriften normiert, ohne dass für diese asymmetrische Regelungsstruktur ein sachlicher Grund erkennbar wäre. C. Normzweck

3

§ 315 dient den Informationsbedürfnissen der Anleger, und zwar in erster Linie bereits bestehender Anleger. Durch die sowohl im Falle von Abs. 1 als auch im Falle von Abs. 2 bestehende Befugnis der BaFin, die Veröffentlichung selbst vorzunehmen (s. unten Rn. 5, 8), wird sichergestellt, dass die bezweckte Transparenz im Interesse dieser Anleger in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einstellung des Vertriebs hergestellt wird. D. Einstellung des Vertriebs von AIF (Abs. 1) D. Einstellung des Vertriebs von AIF (Abs. 1)

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Abs. 1 betrifft lediglich die Einstellung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien eines AIF, der durch eine AIF-Verwaltungsgesellschaft nach § 316 oder nach § 320 vertrieben wird. Erfasst sind damit inländische Publikums-AIF, die durch eine AIF-Verwaltungsgesellschaft im Inland vertrieben werden (§ 316, und zwar unabhängig davon, an welche Anlegergruppen der Vertrieb erfolgt, s. § 316 Rn. 6), und EU-AIF oder ausländische AIF, die im Inland durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft an Privatanleger vertrieben werden (§ 320). Stellt die jeweilige AIF-Verwaltungsgesellschaft den Vertrieb eines solchen AIF ein, hat sie dies unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und (kumulativ)3 die Veröffentlichung der BaFin in geeigneter Form (etwa durch

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1 So die treffende Bezeichnung bei Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim InvG, § 133 Rn. 34. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 285. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 315 Rn. 3; Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul § 315 Rn. 2.

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E. Einstellung des Vertriebs einzelner Teilinvestmentvermögen von AIF (Abs. 2)

§ 315

einen Auszug der Veröffentlichung aus dem Bundesanzeiger)4 nachzuweisen. Ist der Vertrieb an mehrere Anlegergruppen i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis 33 erfolgt, besteht die Veröffentlichungspflicht nach Abs. 1 auch dann, wenn nur der Vertrieb gegenüber einer Anlegergruppe eingestellt wird. Kommt die AIF-Verwaltungsgesellschaft der Veröffentlichungspflicht auch nach 5 entsprechender Fristsetzung durch die BaFin nicht nach, kann die BaFin die Veröffentlichung selbst vornehmen. Gegenüber dem Vollstreckungsverfahren nach dem VwVG, das die Ersatzvornahme nur in Form der Fremdvornahme kennt und die Selbstvornahme durch die Behörde als Form von unmittelbarem Zwang (§ 12 VwVG) begreift mit der Folge, dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, ist damit eine gewisse Beschleunigung der mit der Veröffentlichung bezweckten Herstellung von Transparenz verbunden.5 Die Kosten der Veröffentlichung durch die BaFin hat die AIF-Verwaltungsgesellschaft zu tragen. E. Einstellung des Vertriebs einzelner Teilinvestmentvermögen von AIF (Abs. 2) E. Einstellung des Vertriebs einzelner Teilinvestmentvermögen von AIF (Abs. 2) Abs. 2 erweitert die (nach Abs. 1 ohnehin bestehende) Veröffentlichungspflicht der 6 AIF-Verwaltungsgesellschaft im Falle der Einstellung des Vertriebs einzelner nach § 316 oder § 320 vertriebener Teilinvestmentvermögen einer Umbrella-Konstruktion um eine Pflicht zur Anpassung der im Anzeigeverfahren eingereichten Angaben und Unterlagen. Diese Anpassung ist erforderlich, weil die sonstigen Teilinvestmentvermögen der Umbrella-Konstruktion weiterhin vertrieben werden; ihre (bisherigen) Anlagebedingungen können aber beispielweise Umtauschrechte in die bislang vertriebsberechtigten Teilinvestmentfonds vorgesehen haben, deren Vertrieb nunmehr eingestellt ist. Die Anpassung hat § 293 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 zu berücksichtigen, was bedeutet, dass die Verkaufsunterlagen um einen drucktechnisch herausgehobenen Hinweis an hervorgehobener Stelle ergänzt werden müssen. Für die Prüfung der geänderten Angaben und Unterlagen bei Einstellung des Ver- 7 triebs eines Teilinvestmentvermögens erhebt die BaFin eine Gebühr gem. § 2 Abs. 1 FinDAGKostV i.V.m. Nr. 4.1.10.2.2 des Gebührenverzeichnisses zu dieser Verordnung in der ab dem 26.6.2017 geltenden Fassung; diese Gebühr beläuft sich derzeit auf 746 Euro. Kommt die AIF-Verwaltungsgesellschaft ihrer Pflicht zur Veröffentlichung der Ein- 8 stellung des Vertriebs eines einzelnen Teilinvestmentvermögens auch nach entsprechender Fristsetzung durch die BaFin nicht nach, kann die BaFin die Veröffentlichung selbst vornehmen; insofern kann auf die Ausführungen zu Abs. 1 (s. oben Rn. 5) verwiesen werden.

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4 Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 315 Rn. 9. 5 Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim InvG, § 133 Rn. 33; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 61; Moritz/Klebeck/Jesch/Keunecke/Schwack KAGB, § 315 Rn. 12; die Regierungsbegründung zum InvÄndG geht (im Hinblick auf § 133 Abs. 9 des aufgehobenen InvG) von einer „deutlich schnellere[n] Information des Marktes“ aus, s. BTDrucks. 16/5576 S. 96.

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§ 316

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

UNTERABSCHNITT 1 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von Publikums-AIF, von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland § 316 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Publikums-AIF im Inland § 316 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Behme Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

(1) 1 Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen Publikums-AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss folgende Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten: https://doi.org/10.1515/9783110492217-103 1. einen Geschäftsplan, der Angaben zu dem angezeigten Publikums-AIF enthält; 2. die Anlagebedingungen oder einen Verweis auf die zur Genehmigung eingereichten Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF; 3. die Angabe der Verwahrstelle oder einen Verweis auf die von der Bundesanstalt gemäß den §§ 87, 69 Absatz 1 genehmigte Verwahrstelle des angezeigten AIF; 4. den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen des angezeigten AIF; 5. falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feederfonds handelt, einen Verweis auf die von der Bundesanstalt genehmigten Anlagebedingungen des Masterfonds, einen Verweis auf die von der Bundesanstalt gemäß § 87 in Verbindung mit § 69 genehmigte Verwahrstelle des Masterfonds, den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen des Masterfonds sowie die Angabe, ob der Masterfonds im Geltungsbereich dieses Gesetzes an Privatanleger vertrieben werden darf. (2) 1 Die Bundesanstalt prüft, ob die gemäß Absatz 1 übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind. 2 Fehlende Angaben und Unterlagen fordert die Bundesanstalt innerhalb einer Frist von 20 Arbeitstagen nach dem Tag, an dem sämtliche der folgenden Voraussetzungen vorliegen, als Ergänzungsanzeige an: 1. Eingang der Anzeige, 2. Genehmigung der Anlagebedingungen und 3. Genehmigung der Verwahrstelle. 3 Mit Eingang der Ergänzungsanzeige beginnt die in Satz 2 genannte Frist erneut. 4 Die Ergänzungsanzeige ist der Bundesanstalt innerhalb von sechs Monaten nach der Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen; andernfalls ist eine Mitteilung nach Absatz 3 ausgeschlossen. 5 Die Frist nach Satz 4 ist eine Ausschlussfrist. 6 Eine erneute Anzeige ist jederzeit möglich. (3) 1 Innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen nach Absatz 1 sowie der Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle teilt die Bundesanstalt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, ob sie mit dem Vertrieb des im Anzeigeschreiben nach Absatz 1 genannten AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen kann. 2 Die Bundesanstalt kann die Aufnahme des Vertriebs innerhalb der in Satz 1 genannten Frist untersagen, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften dieses Gesetzes verstößt. 3 Teilt sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft entsprechende Beanstandungen der eingereichten Angaben und Unterlagen innerhalb der Frist Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-103

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Systematische Übersicht

§ 316

von Satz 1 mit, wird die Frist unterbrochen und beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Einreichung der geänderten Angaben und Unterlagen erneut. 4 Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft kann ab dem Datum der entsprechenden Mitteilung nach Satz 1 mit dem Vertrieb des angezeigten AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen. (4) 1 Bei einer Änderung der nach Absatz 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen teilt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Bundesanstalt diese Änderung schriftlich mit und übermittelt der Bundesanstalt gegebenenfalls zeitgleich aktualisierte Angaben und Unterlagen. 2 Geplante Änderungen sind mindestens 20 Arbeitstage vor Durchführung der Änderung mitzuteilen, ungeplante Änderungen unverzüglich nach deren Eintreten. 3 Sollte die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die geplante Änderung gegen dieses Gesetz verstoßen, so teilt die Bundesanstalt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unverzüglich mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf. 4 Wird eine geplante Änderung ungeachtet der Sätze 1 bis 3 durchgeführt oder führt eine durch einen unvorhersehbaren Umstand ausgelöste Änderung dazu, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch diese Änderung nunmehr gegen dieses Gesetz verstößt, so ergreift die Bundesanstalt alle gebotenen Maßnahmen gemäß § 5 einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF. (5) Betrifft die Änderung nach Absatz 4 einen wichtigen neuen Umstand oder eine wesentliche Unrichtigkeit in Bezug auf die im Verkaufsprospekt eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF enthaltenen Angaben, die die Beurteilung des Investmentvermögens oder der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beeinflussen könnten, so ist diese Änderung auch als Nachtrag zum Verkaufsprospekt, der den Empfänger des Widerrufs bezeichnen sowie einen Hinweis, wo der Nachtrag zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten wird, und an hervorgehobener Stelle auch eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten muss, unverzüglich im Bundesanzeiger und in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt zu bezeichneten elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen. Schrifttum Kramer/Recknagel Die AIFM-Richtlinie – Neuer Rechtsrahmen für die Verwaltung alternativer Investmentfonds, DB 2011 2077; Patz Verkaufsprospektpflicht für offene inländische Investmentvermögen – De facto eine gesetzliche Prospektpflicht für offene Spezial-Investmentfonds aufgrund der Vertriebsvorschriften des KAGB, BKR 2014 271; Wallach Wann liegt ein Vertrieb von Anteilen an Investmentvermögen vor?, ZBB 2016 287.

Systematische Übersicht A. B. C. D. E.

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Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 3 Normzweck | 5 Anwendungsbereich (§§ 295 Abs. 1 S. 1, 316 Abs. 1 S. 1) | 6 Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) | 7 II. Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1 S. 2) | 8

1. 2.

3.

Geschäftsplan (Nr. 1) | 10 Anlagebedingungen oder Verweis auf die zur Genehmigung eingereichten Anlagebedingungen und ggf. Satzung oder Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF (Nr. 2) | 11 Angabe der Verwahrstelle oder Verweis auf die von der Bundesanstalt gemäß den §§ 87, 69

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§ 316

F.

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

Absatz 1 genehmigte Verwahrstelle des angezeigten AIF (Nr. 3) | 13 4. Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen des angezeigten AIF (Nr. 4) | 14 5. Spezielle Anforderungen bei Feederfonds (Nr. 5) | 15 Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 und Abs. 3) | 16 I. Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (Abs. 2 S. 1) | 17 II. Bei Unvollständigkeit der übermittelten Angaben und Unterlagen: Anforderung einer Ergänzungsanzeige (Abs. 2 S. 2 bis 6) | 20 III. Bei Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen: Mitteilung, ob mit dem

G.

Vertrieb begonnen werden kann, ggf. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3) | 22 1. Mitteilung, dass mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann (Abs. 3 S. 1 und S. 4) | 23 2. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3 S. 2 bis 3) | 25 Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen (Abs. 4 und Abs. 5) I. Anzeigepflichtige Änderungen | 29 II. Prüfung der Änderungen durch die BaFin | 30 III. Wesentliche Änderungen der im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben | 32

A. Überblick § 316 regelt das Anzeigeverfahren für den (beabsichtigten) Vertrieb von inländischen Publikums-AIF durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Inland, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem angezeigten AIF um einen offenen oder um einen geschlossenen inländischen Publikums-AIF handelt, und unabhängig von dem Anlegerkreis, an den der Vertrieb erfolgt (s. unten Rn. 6). Er steht damit systematisch vor den Vorschriften, die den Vertrieb von EU-AIF durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder von ausländischen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft an Privatanleger im Inland regeln (§§ 317 bis 320), ohne dass zu diesen Vorschriften ein näherer inhaltlicher Zusammenhang bestünde. Im Interesse der Übersichtlichkeit wäre es daher ratsam gewesen, § 316 einerseits und §§ 317 bis 320 andererseits jeweils separate Unterabschnitte innerhalb von Abschnitt 3 zu widmen. Abs. 1 statuiert die Anzeigepflicht als solche und legt fest, welche Angaben und Unter2 lagen das Anzeigeschreiben enthalten muss. Abs. 2 und Abs. 3 regeln das weitere Verfahren nach Eingang des Anzeigeschreibens bei der BaFin. Abs. 4 und Abs. 5 behandeln den Fall, dass sich die nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen nachträglich ändern. B. Entstehungsgeschichte 1

B. Entstehungsgeschichte 3

Die AIFM-Richtlinie reguliert nur den Vertrieb von AIF im Herkunftsstaat des AIFM an professionelle Anleger (Art. 31 AIFM-RL).1 Die Mitgliedstaaten dürfen AIFM jedoch gestatten, in ihrem Hoheitsgebiet Anteile an von ihnen verwalteten AIF auch an Kleinanleger2 zu vertreiben (Art. 43 Abs. 1 UAbs. 1 AIFM-RL). Dabei können die Mitgliedstaaten den AIFM oder AIF Auflagen unterwerfen, die strenger sind als jene, die für AIF gelten, die (nur) an professionelle Anleger vertrieben werden (Art. 43 Abs. 1 UAbs. 2 AIFM-RL). Damit ist zugleich gesagt, dass die für den Vertrieb an Kleinanleger geltenden Auflagen

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1 Siehe dazu näher Kramer/Recknagel DB 2011 2077 (2083). 2 Art. 4 Abs. 1 lit. aj AIFM-Richtlinie definiert den Kleinanleger als einen „Anleger, bei dem es sich nicht um einen professionellen Anleger handelt“; der Begriff ist damit weiter als der des Privatanlegers i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 31.

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

§ 316

nicht weniger streng sein dürfen als jene, die für den Vertrieb an professionelle Anleger gelten; sie müssen also mindestens das Regulierungsniveau von Art. 31 AIFM-Richtlinie erreichen. Dementsprechend dient § 316 auch der Umsetzung von Art. 31 AIFM-RL (im Hinblick auf den Inhalt des Anzeigeschreibens i.V.m. Anhang III der AIFM-Richtlinie), geht aber ausweislich der Regierungsbegründung in Einzelfragen zulässigerweise über dessen Schutzniveau hinaus.3 § 316 ist nicht auf eine unmittelbare Vorläufervorschrift im aufgehobenen InvG zu- 4 rückzuführen, greift ausweislich der Regierungsbegründung aber teilweise auf Regelungsmuster des InvG zurück (z.B. Abs. 2 auf § 128 Abs. 2 und § 139 Abs. 3 InvG;4 Abs. 3 auf § 43 Abs. 2 S. 3 und 4 InvG). C. Normzweck Das Anzeigeverfahren gem. § 316 dient dem Schutz der Anleger beim Erwerb von An- 5 teilen oder Aktien an inländischen Publikums-AIF und trägt dazu bei, dass die BaFin ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion im Investmentbereich effektiv wahrnehmen kann. Siehe im Übrigen § 314 Rn. 6. D. Anwendungsbereich (§§ 295 Abs. 1 S. 1, 316 Abs. 1 S. 1) § 316 betrifft den beabsichtigten Vertrieb von offenen und geschlossenen inländischen 6 Publikums-AIF gleichermaßen.5 § 295 Abs. 1 S. 1 stellt ausdrücklich klar, dass das Anzeigeverfahren gem. § 316 beim (beabsichtigten) Vertrieb von Anteilen und Aktien an inländischen Publikums-AIF im Inland immer durchzuführen ist, wenn der Vertrieb an Privatanleger, semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger erfolgen soll. Die Überschrift von Kapitel 4, Abschnitt 3, Unterabschnitt 1 („Anzeigeverfahren für den Vertrieb von Publikums-AIF, von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland“), an dessen Beginn § 316 steht, ist daher insoweit missverständlich, als sich die Formulierung „an Privatanleger“ nur auf den Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF gem. §§ 317 ff. bezieht, nicht aber auf den Vertrieb von inländischen Publikums-AIF gem. § 316. E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) Gem. Abs. 1 S. 1 hat eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die beabsichtigt, An- 7 teile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen Publikums-AIF im Geltungsbereich des KAGB, mithin im Inland, zu vertreiben, dies der BaFin anzuzeigen. Welche Verhaltensweisen unter den Begriff des „Vertriebs“ fallen, ergibt sich aus der Legaldefinition in § 293 Abs. 1.6 Die Anzeige ist formelle Voraussetzung für den Vertrieb7 und kann nur von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft abgegeben werden.8 Sie erfolgt mittels eines Anzeigeschreibens, das den in Abs. 1 S. 2 normierten inhaltlichen Anforderungen genügen muss.

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3 BTDrucks. 17/12294 S. 285. 4 Die Regierungsbegründung (BTDrucks. 17/12294 S. 285) verweist – sachlich falsch – auf § 129 Abs. 2 InvG. 5 Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 4. 6 Umfassend und kritisch zum Vertriebsbegriff des KAGB Wallach ZBB 2016 287. 7 Vgl. zu § 139 des aufgehobenen InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 2. 8 S. BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, 2.1.2.; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 12.

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§ 316

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

II. Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1 S. 2) Das Anzeigeschreiben muss gem. Abs. 1 S. 2 enthalten: einen Geschäftsplan, der Angaben zu dem angezeigten Publikums-AIF enthält (Nr. 1), die Anlagebedingungen oder einen Verweis auf die zur Genehmigung eingereichten Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF (Nr. 2), die Angabe der Verwahrstelle oder einen Verweis auf die von der Bundesanstalt gemäß den §§ 87, 69 Abs. 1 genehmigte Verwahrstelle des angezeigten AIF (Nr. 3), den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen des angezeigten AIF (Nr. 4) sowie, falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feederfonds handelt, einen Verweis auf die von der Bundesanstalt genehmigten Anlagebedingungen des Masterfonds, einen Verweis auf die von der Bundesanstalt gemäß § 87 in Verbindung mit § 69 genehmigte Verwahrstelle des Masterfonds, den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen des Masterfonds sowie die Angabe, ob der Masterfonds im Geltungsbereich des KAGB an Privatanleger vertrieben werden darf (Nr. 5). 9 Das Anzeigeschreiben darf weitere Angaben enthalten, sofern die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft dies für sinnvoll hält. In ihrem Merkblatt zum Anzeigeverfahren nach § 320 KAGB geht die BaFin ferner ohne nähere Begründung davon aus, dass sie auch weitere (d.h. über die inhaltlichen Anforderungen des § 320 Abs. 1 S. 2 hinausgehende) Angaben verlangen kann;9 dieselbe Befugnis wird man der BaFin im Anzeigeverfahren nach § 316 zugestehen müssen. Sie ergibt sich bereits aus den generellen Anordnungsbefugnissen der BaFin im Rahmen der Überwachung der Einhaltung der Gebote und Verbote des KAGB und im Rahmen der Missstandsaufsicht gem. § 5 Abs. 6.

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1. Geschäftsplan (Nr. 1). Der Geschäftsplan muss „Angaben zu dem angezeigten Publikums-AIF“ enthalten; welche Angaben dies im Einzelnen sind, ist weder dem Gesetzeswortlaut noch dem zugrunde liegenden Art. 31 Abs. 2 i.V.m. Anhang III AIFM-RL zu entnehmen. Anhang III der AIFM-Richtlinie stellt lediglich klar, dass zumindest Angaben zum Sitz des angezeigten AIF erforderlich sind. Im Einklang damit äußert sich die BaFin in ihrer FAQ zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB dahingehend, dass der Geschäftsplan den Namen und den Sitz des AIF beinhalten muss. Weitere Angaben zu dem angezeigten AIF seien im Geschäftsplan in der Regel nicht erforderlich, da die BaFin diese den übrigen in der Anzeige enthaltenen Angaben und Unterlagen entnehmen könne.10 Darin ist der BaFin gewiss zuzustimmen; mit dem, was der allgemeine Sprachgebrauch unter einem „Geschäftsplan“ versteht, hat ein Dokument, das lediglich den Namen und den Sitz des AIF angibt, freilich nichts mehr zu tun.

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2. Anlagebedingungen oder Verweis auf die zur Genehmigung eingereichten Anlagebedingungen und ggf. Satzung oder Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF (Nr. 2). Dem Anzeigeschreiben sind die Anlagebedingungen beizufügen (zu deren Inhalt s. bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 162; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: § 266). Wurden die Anlagebedingungen bereits zur Genehmigung eingereicht (bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 163; bei geschlossenen inländischen

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9 BaFin, Merkblatt für Anzeigen beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Stand Januar 2018, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/ dl_140617_merkbl_320_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), S. 3. 10 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, 2.2.3.

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F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 und Abs. 3)

§ 316

Publikums-AIF: § 267), genügt ein entsprechender Verweis.11 Es können somit auch Anlagebedingungen, die die BaFin noch nicht genehmigt hat, erstmals und zeitgleich mit der Vertriebsanzeige eingereicht werden; damit wird zugleich das Genehmigungsverfahren in Gang gesetzt.12 Die Genehmigung der Anlagebedingungen ist aber Voraussetzung für das weitere Anzeigeverfahren nach Maßgabe von Abs. 2 und 3. Bei inländischen Publikums-AIF in der Rechtsform einer Investmentaktiengesell- 12 schaft ist ferner die Satzung, bei solchen in der Rechtsform einer Investmentkommanditgesellschaft der Gesellschaftsvertrag beizufügen. 3. Angabe der Verwahrstelle oder Verweis auf die von der Bundesanstalt ge- 13 mäß den §§ 87, 69 Absatz 1 genehmigte Verwahrstelle des angezeigten AIF (Nr. 3). Im dem Anzeigeschreiben ist die Verwahrstelle anzugeben; wurde diese bereits genehmigt (§ 87 i.V.m. § 69 Abs. 1), genügt wiederum ein entsprechender Verweis. 4. Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen des angezeigten 14 AIF (Nr. 4). Dem Anzeigeschreiben sind der Verkaufsprospekt (bei offenen inländischen Publikums-AIF: §§ 164, 165; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: §§ 268, 269) sowie die wesentlichen Anlegerinformationen (bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 166; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: § 270) beizufügen.13 Gem. § 164 Abs. 1 S. 2 dürfen Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen dem Publikum erst zugänglich gemacht werden, sobald das Anzeigeverfahren nach § 316 erfolgreich durchlaufen wurde und die AIF-Verwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb des AIF beginnen darf. 5. Spezielle Anforderungen bei Feederfonds (Nr. 5). Für den Fall, dass es sich bei 15 dem angezeigten inländischen Publikums-AIF um einen Feederfonds handelt, muss das Anzeigeschreiben zusätzlich zu den Angaben gem. Nr. 1 bis 4, die sich auf den Feederfonds selbst beziehen, Angaben über den Masterfonds enthalten. Terminologisch ist das Gesetz an dieser Stelle unpräzise, da insbesondere Feeder-AIF i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 13 und Master-AIF i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 14 gemeint sind (vgl. auch den Wortlaut von § 317 Abs. 3). Die erforderlichen Angaben über den Masterfonds entsprechen inhaltlich weitgehend den Angaben über den Feederfonds gem. Nr. 1 bis 4. Das Anzeigeschreiben muss demnach einen Verweis auf die von der Bundesanstalt genehmigten Anlagebedingungen des Masterfonds (vgl. Nr. 2), einen Verweis auf die von der Bundesanstalt gem. § 87 i.V.m. § 69 genehmigte Verwahrstelle des Masterfonds (vgl. Nr. 3), den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen des Masterfonds (vgl. Nr. 4) sowie – zusätzlich – die Angabe enthalten, ob der Masterfonds im Geltungsbereich des KAGB an Privatanleger vertrieben werden darf. F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 und Abs. 3) F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 und Abs. 3) Der Eingang des Anzeigeschreibens und der beigefügten Unterlagen bei der BaFin 16 setzt dort ein Prüfungsverfahren in Gang, das in Abs. 2 und Abs. 3 näher beschrieben wird.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 16. BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, 2.2.2. S. zur Verkaufsprospektpflicht Patz BKR 2014 271 (272 f.).

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§ 316

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

I. Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (Abs. 2 S. 1) Zunächst prüft die BaFin, ob die übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind und ob bereits eine Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle erfolgt ist. Ist dies der Fall, wird bereits mit dem Eingang des Anzeigeschreibens eine Frist von 20 Arbeitstagen in Gang gesetzt, innerhalb derer die BaFin entweder fehlende Angaben und Unterlagen als Ergänzungsanzeige anfordert (Abs. 2 S. 2 bis 6, s. Rn. 19 f.) oder der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mitteilt, ob sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann (Abs. 3 S. 1, s. Rn. 21 f.). Sie hat innerhalb der Frist also sowohl (formell) die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen zu prüfen als auch (materiell) – wenn die Unterlagen vollständig sind – ihre Übereinstimmung mit den Vorgaben des KAGB (s. unten Rn. 22). Ist im Zeitpunkt des Eingangs des Anzeigeschreibens die Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle noch nicht erfolgt, beginnt die Frist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem beide Genehmigungen vorliegen. Die Prüfungsfrist von 20 Arbeitstagen ist relativ knapp bemessen und bezweckt 18 ausweislich der Regierungsbegründung eine Beschleunigung des Verfahrens.14 Bei der Zählung der Arbeitstage werden Samstage nicht berücksichtigt (s. § 289 Rn. 58); 20 Arbeitstage sind demnach vier Wochen.15 Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1, 193 BGB. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat einen Anspruch darauf, innerhalb der 19 Frist von 20 Arbeitstagen jedenfalls eine Reaktion der BaFin (in Form der Anforderung einer Ergänzungsanzeige nach Abs. 2 oder in Form einer Mitteilung nach Abs. 3) zu erhalten. Geschieht dies nicht, kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die BaFin mit einer Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO vorgehen (s. zum Rechtsschutz gegen Maßnahmen der BaFin ausführlich § 314 Rn. 45 ff.). 17

II. Bei Unvollständigkeit der übermittelten Angaben und Unterlagen: Anforderung einer Ergänzungsanzeige (Abs. 2 S. 2 bis 6) Stellt die BaFin fest, dass die mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten Angaben und Unterlagen unvollständig sind, und liegen die weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 S. 2 vor (Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle), fordert sie die fehlenden Angaben und Unterlagen innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen (s. Rn. 18) als Ergänzungsanzeige an. Der Eingang der Ergänzungsanzeige bei der BaFin setzt die Frist von 20 Arbeitstagen erneut in Gang. Sind die eingereichten Angaben und Unterlagen nach wie vor unvollständig, fordert die BaFin innerhalb dieser Frist die fehlenden Angaben und Unterlagen als weitere Ergänzungsanzeige an; anderenfalls teilt sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, ob sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann (Abs. 3 S. 1). 21 Für die Einreichung der Ergänzungsanzeige durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gilt eine Frist von sechs Monaten nach Erstattung der Anzeige; wird von der BaFin eine weitere Ergänzungsanzeige angefordert (s. Rn. 20), gilt eine Frist von sechs Monaten nach Erstattung der vorherigen (jeweils letzten) Ergänzungsanzeige. Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. Sie ist äußerst großzügig bemessen. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut handelt es sich um eine Ausschlussfrist (Abs. 2 S. 5); sie ist nicht verlängerbar16 und eine Wieder-

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BTDrucks. 17/12294 S. 285. Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 24. Vgl. zu § 139 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 139 Rn. 11.

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F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 und Abs. 3)

§ 316

einsetzung in den vorigen Stand ist gem. § 32 Abs. 5 VwVfG unzulässig.17 Wird die Ergänzungsanzeige nicht innerhalb der Frist eingereicht, ist eine Mitteilung nach Abs. 3, ob mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann, ausgeschlossen. Es kann allerdings durch eine erneute Anzeige ein neues Anzeigeverfahren in Gang gesetzt werden; dies ist gem. Abs. 2 S. 6 jederzeit möglich. III. Bei Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen: Mitteilung, ob mit dem Vertrieb begonnen werden kann, ggf. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3) Stellt die BaFin fest, dass die mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten 22 Angaben und Unterlagen vollständig sind, und liegen die weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 S. 2 vor (Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle), teilt sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen (Rn. 18) entweder mit, dass sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann, oder untersagt die Aufnahme des Vertriebs. Die Mitteilung dieser Entscheidung ist – in beiden Fällen – ein Verwaltungsakt (s. zur Rechtsnatur von Maßnahmen der BaFin bereits § 314 Rn. 12 f.). Er wird erlassen auf der Grundlage einer materiellen Prüfung der eingereichten Unterlagen am Maßstab der Vorgaben des KAGB, insbesondere des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen (ob die Anlagebedingungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, wurde bereits in dem – zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossenen – Genehmigungsverfahren gem. § 163 bzw. § 267 geprüft). 1. Mitteilung, dass mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden 23 kann (Abs. 3 S. 1 und S. 4). Kommt die BaFin nach materieller Prüfung der eingereichten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass keine Beanstandungen bestehen, erschöpft sich der Inhalt der Mitteilung darin, die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft darüber zu informieren, dass sie mit dem Vertrieb des angezeigten AIF beginnen kann. Sie kann mit dem Vertrieb bereits ab dem Datum der entsprechenden Mitteilung beginnen (Abs. 3 S. 4); damit ist gegenüber der Regelung des § 140 Abs. 1 des aufgehobenen InvG18 eine maßgebliche Verkürzung des Verfahrens verbunden. Eine dem § 163 Abs. 2 S. 8 vergleichbare Möglichkeit, die Mitteilung mit Nebenbestimmungen (Bedingungen oder Auflagen) zu versehen, ist im Rahmen von § 316 nicht vorgesehen. Treten Beanstandungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Tage, nachdem die AIF- 24 Kapitalverwaltungsgesellschaft bereits mit der Aufnahme des Vertriebs begonnen hat, kann die BaFin unter den Voraussetzungen des § 314 Abs. 1 (insbesondere Nr. 3: Entfallen einer Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs, ggf. Nr. 6: Verstoß gegen jede Vorschrift des KAGB, s. § 314 Rn. 19, 26) die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen ergreifen, einschließlich – sofern zum Schutze der Anleger geeignet und erforderlich – einer nachträglichen Untersagung des Vertriebs. 2. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3 S. 2 bis 3). Kommt die BaFin 25 nach materieller Prüfung der eingereichten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die AIF-

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17 Vgl. zur Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Ausschlussfristen Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Stamm VwVfG, § 32 Rn. 9. 18 Nach § 140 Abs. 1 des aufgehobenen InvG durfte der öffentliche Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen grundsätzlich erst aufgenommen werden, wenn seit dem Eingang der vollständigen Anzeige nach § 139 InvG drei Monate vergangen waren, ohne dass die Bundesanstalt die Aufnahme des öffentlichen Vertriebs untersagt hatte.

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Behme

§ 316

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften des KAGB verstoßen, kann sie die Aufnahme des Vertriebs innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen gem. Abs. 3 S. 2 untersagen. Dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten 26 AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt, ist zwingende Voraussetzung einer Untersagung der Aufnahme des Vertriebs.19 Diese Voraussetzung ist freilich weit auszulegen; es genügt mithin jeder Verstoß gegen Vorschriften des KAGB, um eine Untersagung der Aufnahme des Vertriebs zu rechtfertigen. Denn es wäre widersinnig, wenn die BaFin bei Verstößen gegen bestimmte Vorschriften des KAGB die Aufnahme des Vertriebs nicht untersagen dürfte, aber – nachdem die Aufnahme des Vertriebs erfolgt ist – wegen jedes Verstoßes gegen Vorschriften des KAGB gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen einschließlich einer nachträglichen Untersagung des Vertriebs ergreifen könnte. 27 Stellt die BaFin fest, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt, bedeutet dies nicht zwingend, dass sie die Aufnahme des Vertriebs untersagen muss. Der Wortlaut von Abs. 3 S. 2, wonach die BaFin die Aufnahme des Vertriebs innerhalb der in Satz 1 genannten Frist untersagen kann, deutet vielmehr darauf hin, dass die BaFin insoweit ein Entschließungsermessen hat, das unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (s. dazu § 314 Rn. 10) auszuüben ist.20 Bei ganz unbedeutenden Verstößen wird eine Untersagung der Aufnahme des Vertriebs daher nicht in Betracht kommen. Jedenfalls hat die BaFin zumindest bei Verstößen, die sich durch eine Änderung der Angaben und Unterlagen gem. Abs. 1 beseitigen lassen, vor einer (endgültigen) Untersagung der Aufnahme des Vertriebs ihre Beanstandungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mitzuteilen und dieser damit die Möglichkeit zur Überarbeitung zu geben, ohne dass nach erfolgter Überarbeitung ein neues Anzeigeverfahren einzuleiten wäre. Gem. Abs. 3 S. 3 beginnt mit Eingang der geänderten Angaben und Unterlagen die Frist von 20 Arbeitstagen für die Mitteilung gem. Abs. 3 S. 1 erneut. Wie viele „Korrekturschleifen“ die BaFin zulässt, liegt in ihrem Ermessen. Jedenfalls steht das Gesetz mehreren Korrekturschleifen, an deren Ende die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mitteilt, dass sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann, nicht entgegen; im Gegenteil scheint es von der Zulässigkeit mehrerer Korrekturschleifen auszugehen, wie die in Abs. 2 angesprochene Anforderung mehrerer Ergänzungsanzeigen im Falle der bloßen Unvollständigkeit der Angaben und Unterlagen zeigt. Die Untersagung der Aufnahme des Vertriebs stellt einen belastenden Verwaltungs28 akt dar (s. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Maßnahmen der BaFin § 314 Rn. 45 ff.).21

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19 Der Abs. 3 zugrunde liegende Art. 31 Abs. 3 AIFM-RL betont dies, indem er formuliert, dass die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates des AIFM den Vertrieb des AIF nur untersagen können, wenn die Verwaltung des AIF durch den AIFM gegen die Richtlinie verstößt bzw. verstoßen wird oder der AIFM gegen die Richtlinie verstößt oder verstoßen wird. 20 Wie hier Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 34. 21 So auch Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 38.

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G. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen

§ 316

G. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen (Abs. 4 und Abs. 5) G. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen I. Anzeigepflichtige Änderungen Abs. 4 S. 1 statuiert eine Pflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, während 29 der Vertriebsphase22 Änderungen der mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten Angaben und Unterlagen der BaFin schriftlich mitzuteilen und ihr zeitgleich entsprechend aktualisierte Angaben und Unterlagen zu übermitteln, wobei die BaFin in der Regel das Einreichen einer Austauschseite, auf der sich die entsprechende Änderung befindet, ausreichen lässt.23 Die Pflicht besteht nach dem Sinn und Zweck von Abs. 4 nur bei solchen Änderungen, die für die Zwecke des Anzeigeverfahrens von Relevanz sind. Dies soll nach Aussage der BaFin jedenfalls dann nicht der Fall sein, wenn die Änderungen rein redaktioneller Natur sind (z.B. Korrektur von Rechtschreibfehlern).24 Danach wird die Pflicht zur Anzeige von Änderungen insbesondere bei inhaltlichen Änderungen des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen (Abs. 1 Nr. 4) eine Rolle spielen. Änderungen der Anlagebedingungen bedürfen ohnehin der Genehmigung der BaFin (bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 163 Abs. 1; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: § 267 Abs. 1); dasselbe gilt für einen Wechsel der Verwahrstelle (§ 87 i.V.m. § 69 Abs. 1). II. Prüfung der Änderungen durch die BaFin Handelt es sich um eine geplante Änderung, so ist sie mindestens 20 Arbeitstage 30 (s. Rn. 18) vor ihrer Durchführung mitzuteilen; handelt es sich um eine ungeplante Änderung, ist sie unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) nach ihrem Eintreten mitzuteilen (Abs. 4 S. 2). Bestehen gegen die Änderung keinerlei Beanstandungen, wird die BaFin die entsprechende Mitteilung zur Kenntnis nehmen und gegenüber der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht weiter reagieren.25 Sofern eine geplante Änderung dazu führt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt, teilt die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf (Abs. 4 S. 3). Die entsprechende Mitteilung muss wiederum unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) erfolgen. Es handelt sich bei ihr um einen belastenden Verwaltungsakt (s. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin § 314 Rn. 51 ff.). Wird eine geplante Änderung durchgeführt, ohne dass sie gem. Abs. 4 S. 1 und 2 31 fristgerecht der BaFin angezeigt wurde, oder wird sie entgegen einer Mitteilung der BaFin gem. Abs. 4 S. 3 durchgeführt, kann die Bundesanstalt im Rahmen ihres diesbezüglichen Auswahlermessens alle gebotenen Maßnahmen einschließlich – falls erforderlich – der Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF ergreifen. Gleiches gilt, wenn eine ungeplante Änderung dazu führt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die

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22 Zutreffend Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 50. 23 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, 2.2.4. 24 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, 2.2.4. 25 Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 316 Rn. 66 (mit dem Hinweis, dass voraussichtlich in vielen Fällen trotzdem eine informelle Äußerung der BaFin erfolgen wird); offenbar a.A. („keine Genehmigungsfiktion“) Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 316 Rn. 20.

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§ 317

Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

Verwaltung des betreffenden AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt. Regelmäßig – insbesondere im Falle einer Vertriebsuntersagung – wird es sich bei den Maßnahmen der BaFin um belastende Verwaltungsakte handeln (vgl. § 314 Rn. 12 f.; s. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin § 314 Rn. 51 ff.). III. Wesentliche Änderungen der im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben Der sprachlich völlig missratene Abs. 5 betrifft ausschließlich geschlossene inländische Publikums-AIF. Er regelt den Fall, dass die Änderung i.S.v. Abs. 4 neue Umstände oder eine Unrichtigkeit in Bezug auf die im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben betrifft. Sind diese neuen Umstände „wichtig“ bzw. ist die Unrichtigkeit „wesentlich“, so ist die betreffende Änderung unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) auch als Nachtrag zum Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung hat im Bundesanzeiger und in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt zu bezeichnenden26 elektronischen Informationsmedien zu erfolgen. Für den Fall der Veröffentlichung eines Nachtrags zum Verkaufsprospekt bestimmt 33 § 305 Abs. 8 S. 1, dass Anleger, die vor der Veröffentlichung des Nachtrags eine auf den Erwerb eines Anteils oder einer Aktie eines geschlossenen Publikums-AIF gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, diese Willenserklärung innerhalb einer Frist von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags widerrufen können, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. Gem. § 305 Abs. 8 S. 2 muss der Wiederruf keine Begründung enthalten und ist in Textform (§ 126b BGB) gegenüber der im Nachtrag als Empfänger des Widerrufs bezeichneten Verwaltungsgesellschaft oder Person zu erklären. Vor dem Hintergrund von § 305 Abs. 8 verlangt § 316 Abs. 5, dass der Nachtrag den Empfänger des Widerrufs benennt; ferner muss der Nachtrag an hervorgehobener Stelle eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten.

32

https://doi.org/10.1515/9783110492217-104

§ 317 Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 317 Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger Behme Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

(1) Der Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft an Privatanleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur zulässig, wenn 1. der AIF und seine Verwaltungsgesellschaft im Staat ihres gemeinsamen Sitzes einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegen; 2. die zuständigen Aufsichtsstellen des Sitzstaates zu einer nach den Erfahrungen der Bundesanstalt befriedigenden Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt entsprechend den §§ 9 und 10 bereit sind; 3. die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch sie den Anforderungen der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen; 4. die AIF-Verwaltungsgesellschaft der Bundesanstalt ein inländisches Kreditinstitut oder eine zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes als Repräsentanten benennt, die hin-

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Im Normtext heißt es fehlerhaft: „zu bezeichneten“.

Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-104

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

5. 6.

7.

729

§ 317

reichend ausgestattet ist, um die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Absatz 3 Satz 4 wahrnehmen zu können; eine Verwahrstelle die Gegenstände des AIF in einer Weise sichert, die den Vorschriften der §§ 80 bis 90 vergleichbar ist; ein oder mehrere inländische Kreditinstitute oder inländische Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz im Ausland als Zahlstellen benannt werden, über welche von den Anlegern geleistete oder für sie bestimmte Zahlungen geleitet werden können; werden Zahlungen und Überweisungen über eine Zahlstelle geleitet, so ist sicherzustellen, dass die Beträge unverzüglich an das in § 83 Absatz 6 genannte Geldkonto oder an die Anleger weitergeleitet werden; die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag a) bei offenen AIF die Mindestinhalte nach § 162 und gegebenenfalls aa) bei mit Sonstigen Investmentvermögen vergleichbaren AIF die Angaben nach § 224 Absatz 2, bb) bei mit Dach-Hedgefonds vergleichbaren AIF die Angaben nach § 229, cc) bei mit Immobilien-Sondervermögen vergleichbaren AIF die Angaben nach § 256 Absatz 2 aufweisen, b) bei geschlossenen AIF die Mindestinhalte nach § 266 aufweisen, c) Regelungen enthalten, die bei offenen AIF die Einhaltung der Vorschriften in den §§ 192 bis 213 oder den §§ 218, 219 oder den §§ 220, 221, 222 oder § 225 oder den §§ 230 bis 246, 252 bis 254, 258 bis 260 und bei geschlossenen AIF die Einhaltung der Vorschriften in den §§ 261 bis 265 sicherstellen, d) vorsehen, dass die zum AIF gehörenden Vermögensgegenstände nicht verpfändet oder sonst belastet, zur Sicherung übereignet oder zur Sicherung abgetreten werden dürfen, es sei denn, es werden für den AIF Kredite unter Berücksichtigung der Anforderungen nach den §§ 199, 221 Absatz 6, nach § 254 aufgenommen, einem Dritten Optionsrechte eingeräumt oder Wertpapierpensionsgeschäfte nach § 203 oder Finanzterminkontrakte, Devisenterminkontrakte, Swaps oder ähnliche Geschäfte nach Maßgabe des § 197 abgeschlossen, e) bei offenen AIF mit Ausnahme von offenen Immobilien-Investmentvermögen vorsehen, dass die Anleger täglich die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können, es sei denn, sie sehen bei mit Sonstigen Investmentvermögen vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 223 Absatz 1, bei mit Sonstigen Investmentvermögen mit Anlagemöglichkeiten entsprechend § 222 Absatz 1 vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 223 Absatz 2 oder bei mit Dach-Hedgefonds vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 227 vor, f) bei mit Immobilien-Sondervermögen vergleichbaren Investmentvermögen eine Regelung entsprechend den §§ 255, 257 vorsehen, g) bei geschlossenen AIF vorsehen, dass die Anleger zumindest am Ende der Laufzeit die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können, h) Regelungen enthalten, die sicherstellen, dass die Bewertung des AIF bei offenen AIF in einer den §§ 168 bis 170, 216 und 217, bei mit ImmobilienSondervermögen vergleichbaren AIF unter Berücksichtigung der Sonderregelung in den §§ 248 bis 251 und bei geschlossenen AIF in einer den §§ 271 und 272 entsprechenden Weise erfolgt, Behme

§ 317

Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

i)

vorsehen, dass eine Kostenvorausbelastung nach Maßgabe des § 304 eingeschränkt ist und dass im Jahresbericht und gegebenenfalls in den Halbjahresberichten die Angaben gemäß § 101 Absatz 2 Nummer 4 zu machen sind, j) bei geschlossenen AIF zudem vorsehen, dass die Bildung von Teilinvestmentvermögen und Master-Feeder-Konstruktionen ausgeschlossen ist; 8. die in § 297 Absatz 2 bis 6, 8 und 9, in den §§ 299 bis 301, 303 Absatz 1 und 3 und in § 318 genannten Pflichten zur Unterrichtung der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten oder des Anlegers ordnungsgemäß erfüllt werden. (2) 1 Sofern es sich bei dem angezeigten AIF um einen ausländischen AIF handelt, der von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, ist der Vertrieb nur zulässig, wenn zusätzlich folgende Anforderungen erfüllt sind: 1. Es bestehen geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den für die Aufsicht zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz haben; die Vereinbarungen müssen a) der Überwachung von Systemrisiken dienen, b) im Einklang mit den internationalen Standards und den Artikeln 113 bis 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 stehen und c) einen wirksamen Informationsaustausch gewährleisten, der es der Bundesanstalt ermöglicht, ihre in § 5 festgelegten Aufgaben zu erfüllen. 2. 2 Der Herkunftsstaat des angezeigten AIF steht nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung" aufgestellt wurde. 3. 3 Der Herkunftsstaat des angezeigten AIF hat mit der Bundesrepublik Deutschland eine Vereinbarung unterzeichnet, die den Normen gemäß Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, gegebenenfalls einschließlich multilateraler Abkommen über die Besteuerung, gewährleistet. (3) Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, müssen zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 und gegebenenfalls nach Absatz 2 in Bezug auf den FeederAIF zumindest folgende Anforderungen erfüllt sein: 1. der Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft müssen denselben Herkunftsstaat haben wie der Feeder-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft, 2. die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des MasterAIF müssen Regelungen enthalten, die die Einhaltung der Vorschriften der §§ 220, 221 und 222 sicherstellen, 3. der Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft müssen die Voraussetzungen der §§ 317 bis 319 erfüllen und das Anzeigeverfahren gemäß § 320 erfolgreich abgeschlossen haben, 4. die Anlagebedingungen oder die Satzung des Feeder-AIF müssen eine Bezeichnung des Master-AIF enthalten, in dessen Anteile oder Aktien mindestens 85 Prozent des Wertes des Feeder-AIF angelegt werden und gewährleisten, dass die Anleger in einer Art und Weise geschützt werden, die mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Bezug auf Master-Feeder-Konstruktionen im Bereich der Publikumsinvestmentvermögen vergleichbar ist, 5. die in § 175 vorgesehenen Vereinbarungen wurden abgeschlossen. Behme

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Systematische Übersicht

§ 317

Schrifttum Vgl. die Angaben zu § 314; ferner Beckmann Der Begriff der „Vertragsbedingungen“ i.S.d. § 2 Nr. 4 Auslandsinvestmentgesetz, BB 1971 850; Behme Rechtsformwahrende Sitzverlegung und Formwechsel von Gesellschaften über die Grenze – Ein Beitrag zum Prinzip der gegenseitigen Anerkennung im europäischen Gesellschaftsrecht, 2015; Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Klebeck/Loff Gesetzliche Vertreter und Repräsentanten im KAGB, DB 2014 2635; Mansel Anerkennung als Grundprinzip des Europäischen Rechtsraums, RabelsZ 70 (2006) 651; Müller-Graff Gegenseitige Anerkennung im Europäischen Unionsrecht, ZVglRWiss 111 (2012) 72; Wallach Die Regulierung von Personengesellschaften im Kapitalanlagegesetzbuch, ZGR 2014 289; Wollenhaupt/Beck Das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), DB 2013 1950.

Systematische Übersicht A. B. C. D. E.

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Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck, insb. Schutzgesetzeigenschaft | 6 Anwendungsbereich (§§ 317 ff., 295 Abs. 3) | 9 Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Inland im Einzelnen (Abs. 1) I. Wirksame öffentliche Aufsicht im Sitzstaat (Nr. 1) | 10 II. Befriedigende Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichtsstellen des Sitzstaates mit der BaFin (Nr. 2) | 13 III. Erfüllung der Anforderungen der AIFM-Richtlinie (Nr. 3) | 16 IV. Benennung eines Repräsentanten (Nr. 4) | 18 1. Inländisches Kreditinstitut | 19 2. Sonstige zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im Inland | 20 3. Wahrnehmung der ComplianceFunktion | 25 V. Verwahrstelle (Nr. 5) | 27 1. Das Kriterium der „Vergleichbarkeit“ | 28 2. Anforderungen an die Verwahrstelle im Einzelnen | 30 3. Mehrere Verwahrstellen | 34 VI. Inländische Zahlstelle (Nr. 6) | 35 VII. Anforderungen an Anlagebedingungen und Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag (Nr. 7) | 38 1. Mindestinhalte bei offenen AIF (lit. a) | 40 2. Mindestinhalte bei geschlossenen AIF (lit. b) | 41

3.

F.

Regelungen betreffend das Anlageverhalten des AIF, Kreditaufnahme, Leerverkaufsverbot (lit. c) | 42 a) Insbesondere: Investition in Zielfonds | 44 b) Insbesondere: Kreditaufnahme | 46 c) Insbesondere: Leerverkaufsverbot | 49 4. Verpfändungs- und Belastungsverbot (lit. d) | 50 5. Rücknahmeverpflichtung bei offenen AIF (lit. e) | 53 6. Rücknahmeverpflichtung bei Immobilien-Sondervermögen (lit. f) | 57 7. Rücknahmeverpflichtung bei geschlossenen AIF (lit. g) | 58 8. Bewertung des AIF (lit. h) | 59 9. Einschränkung der Kostenvorausbelastung (lit. i) | 60 10. Ausschluss der Bildung von Teilinvestmentvermögen und von Master-Feeder-Konstruktionen bei geschlossenen AIF (lit. j) | 63 11. Nachträgliche Änderungen der Anlagebedingungen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags | 64 VIII. Ordnungsgemäße Erfüllung von Unterrichtungspflichten (Nr. 8) | 65 Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen AIF (Abs. 2) | 67 I. Bestehen von geeigneten Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den für die Aufsicht zuständigen Stellen des Sitzstaates (Nr. 1) | 68

Behme

§ 317

Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

II.

G.

Herkunftsstaat des angezeigten AIF steht nicht auf der NCCT-Liste der FATF (Nr. 2) | 70 III. Bestehen einer Vereinbarung zwischen dem Herkunftsstaat des angezeigten AIF und der Bundesrepublik Deutschland in Steuerangelegenheiten (Nr. 3) | 71 Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von Feeder-AIF (Abs. 3) | 72 I. Identischer Herkunftsstaat von MasterAIF und Feeder-AIF (Nr. 1) | 73

II.

III.

IV.

V.

Inhalt von Anlagebedingungen, Satzung oder Gesellschaftsvertrag des Master-AIF (Nr. 2) | 74 Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 317 bis 319 und erfolgreicher Abschluss des Anzeigeverfahrens gem. § 320 durch den MasterAIF (Nr. 3) | 76 Inhalt von Anlagebedingungen, Satzung oder Gesellschaftsvertrag des Feeder-AIF (Nr. 4) | 77 Abschluss der in § 175 vorgesehenen Vereinbarungen (Nr. 5) | 79

A. Überblick A. Überblick § 317 steht zu Beginn jener Vorschriften, die den Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF durch eine EU-AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft an Privatanleger im Inland regulieren. Er statuiert insoweit die wesentlichen materiellen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Vertrieb „zulässig“ ist, mithin das Anzeigeverfahren gem. § 320 erfolgreich durchlaufen werden kann. Soweit der Wortlaut keine ausdrückliche Differenzierung zwischen offenen und geschlossenen AIF enthält (Absatz 1 Nr. 7), gelten die Anforderungen sowohl für offene als auch für geschlossene AIF. § 317 wird ergänzt durch § 318 im Hinblick auf die inhaltlichen Anforderungen an den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen beim Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger und durch § 319 im Hinblick auf die Funktion des gem. Abs. 1 Nr. 4 zu benennenden Repräsentanten. Liegt eine der in § 317 bezeichneten Voraussetzungen für den Vertrieb nicht vor, kann die BaFin die Aufnahme des Vertriebs nach § 320 Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 untersagen; ist mit dem Vertrieb bereits begonnen worden oder entfällt eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen erst nachträglich, ist die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 3 befugt, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. 2 Die in Absatz 1 statuierten Voraussetzungen gelten für den Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF gleichermaßen. Absatz 2 enthält weitere, zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen AIF; Absatz 3 enthält weitere, zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 und ggf. nach Absatz 2 zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von (EU- und ausländischen) Feeder-AIF. 3 Die BaFin hat ein Merkblatt veröffentlicht, das die Grundzüge des Anzeigeverfahrens gem. § 320 KAGB und die Voraussetzungen für den Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Inland erläutert („BaFin-Merkblatt“).1 Ein solches Merkblatt hatte bereits zu dem Anzeigeverfahren nach § 139 des aufgehobenen InvG existiert.2 Das Merkblatt äußert sich ausführlich auch zu den materiellen Anforderungen an Anla1

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1 Merkblatt für Anzeigen beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Stand Januar 2018, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_140617_merkbl_320_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018). 2 Siehe dazu näher Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 6 f.

Behme

732

B. Entstehungsgeschichte

§ 317

gebedingungen, Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag, Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen, und ist daher im Hinblick auf § 317 für die Praxis von erheblicher Bedeutung. B. Entstehungsgeschichte B. Entstehungsgeschichte Durch § 317 werden an verschiedenen Stellen der AIFM-Richtlinie normierte Min- 4 destanforderungen umgesetzt. Dabei nimmt die Regierungsbegründung auf folgende Bestimmungen der AIFM-Richtlinie Bezug: – Gem. Art. 43 Abs. 1 UAbs. 1 AIFM-Richtlinie können die Mitgliedstaaten unbeschadet anderer Rechtsakte der Union AIFM gestatten, in ihrem Hoheitsgebiet Anteile an von ihnen gemäß dieser Richtlinie verwalteten AIF an Kleinanleger zu vertreiben, wobei es keine Rolle spielt, ob der Vertrieb der AIF auf nationaler Ebene oder grenzübergreifend erfolgt und ob es sich um einen EU-AIF oder einen Nicht-EU-AIF handelt. Dementsprechend verlangt Absatz 1 Nr. 3, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch sie den Anforderungen der AIFM-Richtlinie entsprechen (s. dazu im Einzelnen Rn. 16 f.). – Gem. Art. 37 Abs. 3 AIFM-Richtlinie muss ein Nicht-EU-AIFM, der beabsichtigt, EUAIF zu verwalten und/oder von ihm verwaltete AIF gem. Art. 39 oder 40 AIFMRichtlinie in der Union zu vertreiben, über einen gesetzlichen Vertreter mit Sitz in seinem Referenzmitgliedstaat verfügen. Der gesetzliche Vertreter ist die Kontaktstelle für den AIFM in der Union, und sämtliche Korrespondenz zwischen den zuständigen Behörden und dem AIFM und zwischen den EU-Anlegern des betreffenden AIF und dem AIFM erfolgt über ihn. Der gesetzliche Vertreter nimmt gemeinsam mit dem AIFM die Compliance-Funktion in Bezug auf die von dem AIFM gemäß dieser Richtlinie ausgeführten Verwaltungs- und Vertriebstätigkeiten wahr. Diese Richtlinienbestimmung wird in § 57 Abs. 3 umgesetzt; Absatz 1 Nr. 4 und § 319 lehnen sich bei der Beschreibung der Funktion des Repräsentanten teilweise daran an.3 – Art. 40 Abs. 2 AIFM-Richtlinie normiert bestimmte Bedingungen, die Nicht-EU-AIFM zusätzlich zu den in der Richtlinie festgelegten Anforderungen an EU-AIFM einhalten müssen. Diese Anforderungen werden in Absatz 2 umgesetzt. Ferner hat der Gesetzgeber auch bei § 317 von der in Art. 43 Abs. 1 UAbs. 2 AIFMRichtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, beim Vertrieb an Privatanleger über das Regulierungsniveau der Richtlinie hinauszugehen (vgl. bereits § 316 Rn. 3).4 § 317 basiert in weiten Teilen auf Regelungsinhalten von § 136 des aufgehobenen 5 InvG, die weitgehend neu strukturiert und an die Terminologie des KAGB angepasst wurden. Dabei wurden die Absätze 1, 2a, 3 und 4 von § 136 InvG in Absatz 1 integriert; § 136 Abs. 2 InvG wurde nicht übernommen.5 Ob die neue Regelungstechnik, die auf umfängliche Verweisungen statt auf die Beschreibung von Regelungsinhalten setzt, die Rechtsanwendung erleichtert, muss bezweifelt werden.

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3 Zur Abgrenzung zwischen Repräsentanten und gesetzlichem Vertreter ausführlich Klebeck/Loff DB 2014 2635. 4 BTDrucks. 17/12294 S. 285 f. 5 BTDrucks. 17/12294 S. 285 f.

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

C. Normzweck, insb. Schutzgesetzeigenschaft C. Normzweck, insb. Schutzgesetzeigenschaft Die in § 317 normierten materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Ver6 triebs bezwecken den Schutz der Anleger beim Erwerb von Anteilen oder Aktien an EUAIF und ausländischen AIF. Ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB soll das Schutzniveau beim Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF weitgehend an das Schutzniveau angeglichen werden, das nach dem KAGB beim Vertrieb inländischer Publikumsinvestmentvermögen besteht.6 Neben dem Schutz der Anleger kann daher auch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen beim Vertrieb von in- und ausländischen AIF an Privatanleger als ein Zweck von § 317 angesehen werden.7 Insgesamt sind die Anforderungen freilich so hoch, dass es nicht überzogen erscheint, wenn ihnen in der Literatur eine geradezu prohibitive Wirkung zugeschrieben wird.8 Soweit sie den Vertrieb von EU-AIF durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft betreffen, ist daher zweifelhaft, ob sie mit den Grundfreiheiten des europäischen Primärrechts, namentlich dem freien Kapitalverkehr (Art. 63 AEUV) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV), vollständig vereinbar sind. Der BGH hat bereits zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 lit. f AuslInvestmG entschieden, 7 dass es sich bei diesen Normen um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB handelt, aus deren Verletzung der Anleger folglich einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen die Investmentgesellschaft herleiten kann. Er hat dies im Wesentlichen mit der Erwägung begründet, dass diese Vorschriften unzweifelhaft dem Anlegerschutz dienen und insbesondere verhindern sollen, dass Anleger ihr Kapital in besonders gefährliche und aus diesem Grunde materiell unzulässige Anlagemodelle investieren. Er hat ferner betont, dass ihre Nichtbeachtung zur Unzulässigkeit des Anteilsvertriebs gem. § 2 AuslInvestmG geführt und die zuständige Behörde zu einem Einschreiten im Wege der Vertriebsuntersagung gem. § 8 Abs. 2, 3 AuslInvestmG verpflichtet hätte, wenn ihr die Verstöße bekannt geworden wären.9 Ausgehend von dieser Entscheidung des BGH, haben das OLG Stuttgart und – ihm folgend – das OLG Karlsruhe mit jeweils identischer Begründung die Schutzgesetzeigenschaft aller Einzelregelungen in § 2 AuslInvestmG bejaht; für eine differenzierende Würdigung des Charakters der einzelnen Anforderungen gebe es keinen Spielraum.10 Auch diese Entscheidungen stellen maßgeblich darauf ab, dass alle Einzelregelungen in § 2 AuslInvestmG zwingende Anforderungen an die Zulassung eines öffentlichen Vertriebs enthalten, mit der Folge, dass bei Nichterfüllung einer jeden dieser Zulassungsvoraussetzungen die Behörde ohne Ermessensspielraum (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 AuslInvestmG) ebenso wie bei fehlender Anzeige (§ 7 AuslInvestmG) den Vertrieb untersagen muss. Die Kommentarliteratur zu § 136 des aufgehobenen InvG, der auf § 2 AuslInvestmG basierte, hat diese Rechtsprechung auf die in § 136 InvG statuierten Zulässigkeitsvoraussetzungen übertragen. Denn es hätten sich im Hinblick auf die Gesetzessystematik, d.h. das ermessenslose Verbot des Vertriebs durch die BaFin, keine Änderungen ergeben.11 Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Rechtsprechung auch 8 sämtliche in § 317 normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen als Schutzgesetze i.S.d. § 823

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6 BTDrucks. 17/12294 S. 286. 7 Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 74. 8 So Burgard/Heimann WM 2014 821 (829). 9 BGH 13.9.2004 ZIP 2004 2095 (2099). 10 OLG Stuttgart 2.11.2005, 9 U 108/05 (juris); OLG Karlsruhe 24.2.2006, 1 U 190/05 (juris). 11 So ausdrücklich Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 5; im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 2.

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Abs. 2 BGB qualifizieren wird.12 Zwar hat die BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens gem. § 320 Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 nach dem Wortlaut („kann die Aufnahme des Vertriebs … untersagen“) ein Ermessen hinsichtlich der Untersagung der Aufnahme des Vertriebs und gem. § 314 („ist befugt“) ferner ein Ermessen hinsichtlich einer späteren Vertriebsuntersagung (s. § 314 Rn. 9). Darauf, ob die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen der BaFin ein Ermessen einräumen oder nicht, kommt es für die zivilrechtliche Qualifikation der Zulässigkeitsvoraussetzungen als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB aber nicht an. Entscheidend ist insoweit allein, ob die jeweilige Vorschrift dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist.13 Hiervon geht die Rechtsprechung offenbar aus, wenngleich dies keineswegs zweifelsfrei erscheint: Die besseren Argumente sprechen dafür, dass die allgemeinen Anforderungen an die Zulässigkeit des Vertriebs dem Schutz der Anleger in ihrer Gesamtheit und des Finanzmarktes als Institution dienen, nicht dem Schutz individueller Anlegerinteressen. Dies entspricht auch eher der Konzeption des deutschen Deliktsrechts, das den Schutz bloßer Vermögensinteressen grundsätzlich nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 826 BGB gewährleistet. D. Anwendungsbereich (§§ 317 ff., 295 Abs. 3) Die §§ 317 bis 320 betreffen nach ihrem Wortlaut und den amtlichen Überschriften 9 der Normen den Vertrieb von (offenen und geschlossenen) EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger im Inland. Gem. § 295 Abs. 3 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 lit. b ist eine Vertriebsanzeige nach §§ 317 bis 320 jedoch auch möglich, wenn der Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland erfolgen soll (alternativ zu den Voraussetzungen für den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland, auf die in § 295 Abs. 3 Nr. 1 lit. a oder Nr. 2 lit. a verwiesen wird). E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Inland im Einzelnen (Abs. 1) E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF I. Wirksame öffentliche Aufsicht im Sitzstaat (Nr. 1) Gem. Absatz 1 Nr. 1 müssen der AIF und seine Verwaltungsgesellschaft im Staat ih- 10 res gemeinsamen Sitzes einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterstehen. Die Formulierung macht deutlich, dass der AIF und die Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz in demselben Staat haben müssen.14 Für EU-AIF und ausländische AIF und ihre Verwaltungsgesellschaften gilt damit dasselbe wie für inländische Investmentvermögen und ihre Kapitalverwaltungsgesellschaften, bei denen sich gem. § 17 Abs. 1 ebenfalls der satzungsmäßige Sitz im Inland befinden muss. § 17 Abs. 1 verlangt zudem, dass sich auch die Hauptverwaltung der Kapitalverwaltungsgesellschaft im Inland befindet. Dagegen verlangt Absatz 1 Nr. 1 lediglich, dass sich der Sitz – gemeint ist der satzungsmäßige Sitz – der AIF-Verwaltungsgesellschaft im Herkunftsstaat des AIF befindet. Die Hauptverwaltung kann sich im Inland befinden, sofern das Recht des Herkunftsstaa-

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12 Einschränkend auf § 317 Abs. 1 Nr. 7 offenbar Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 2. 13 MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 498; Staudinger/Hager BGB, § 823 Rn. G 19. 14 Wollenhaupt/Beck DB 2013 1950 (1957).

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

tes dies gestattet.15 Für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften ergibt sich dies bereits aus der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften (Art. 49, 54 AEUV)16 im Sinne eines Prinzips der gegenseitigen Anerkennung.17 Es muss sich um eine öffentliche Aufsicht handeln, mithin eine Aufsicht, die durch 11 staatliche Organe oder Beliehene ausgeübt wird; eine Aufsicht durch Selbstregulierungseinrichtungen genügt nicht. Wirksam ist die Aufsicht dann, wenn die zuständige Behörde mit den erforderlichen Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet ist und von diesen auch tatsächlich Gebrauch macht.18 Die Aufsicht muss ferner dem Schutz der Anleger dienen; der Regierungsbegründung zum Investmentmodernisierungsgesetz ist insoweit zu entnehmen, dass eine ausreichende Überwachung der Einhaltung der Vertragsbedingungen oder Satzung, der Verkaufsprospekte und der anlegerschützenden gesetzlichen Bestimmungen im Ausland sichergestellt sein muss.19 Jedenfalls bei EU-AIF und EU-AIFVerwaltungsgesellschaften wird man davon ausgehen müssen, dass diese stets einer wirksamen öffentlichen Aufsicht in ihrem Herkunftsstaat unterliegen. Der Gedanke des gegenseitigen Vertrauens der europäischen Staaten in die Güte ihrer Regulierung und – darauf aufbauend – der gegenseitigen Anerkennung ist für den europäischen Binnenmarkt prägend;20 er lässt sich auf den Bereich des Aufsichtsrechts jedenfalls vor dem Hintergrund der durch die AIFM-Richtlinie erfolgten Angleichung der Aufgaben und Befugnisse der nationalen Aufsichtsbehörden (vgl. Art. 44 ff. AIFM-RL) übertragen.21 Gem. § 320 Abs. 1 Nr. 9 sind im Rahmen des Anzeigeverfahrens alle wesentlichen 12 Angaben und Unterlagen einzureichen, aus denen hervorgeht, dass der ausländische AIF und seine Verwaltungsgesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz haben, einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegen. Ausweislich des BaFin-Merkblatts ist eine Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber erforderlich, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft von dieser Behörde zugelassen worden ist und der dortigen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegt.22 Mit Blick auf EU-AIF und ihre Verwaltungsgesellschaften wird die Einreichung entsprechender Angaben und Unterlagen weder durch § 320 Abs. 1 Nr. 9 noch durch das BaFin-Merkblatt gefordert, da bei ihnen auch ohne gesonderten Nachweis davon auszugehen ist, dass sie einer wirksamen öffentlichen Aufsicht unterliegen (s. bereits oben Rn. 11). II. Befriedigende Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichtsstellen des Sitzstaates mit der BaFin (Nr. 2) 13

Absatz 1 Nr. 2 verlangt ferner, dass die zuständigen Aufsichtsstellen des Sitzstaates zu einer nach den Erfahrungen der BaFin befriedigenden Zusammenarbeit mit der BaFin

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15 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 11. 16 EuGH 9.3.1999 Slg. 1999 I-1459 (Centros); EuGH 5.11.2002 Slg. 2002 I-9919 (Überseering); EuGH 30.9.2003 Slg. 2003 I-10155 (Inspire Art). 17 S. dazu Behme S. 87 ff. 18 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 5; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 10; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 13; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Dieske § 317 Rn. 6. 19 BTDrucks. 15/1553 S. 117 in Bezug auf § 136 des aufgehobenen InvG. 20 Siehe ausführlich Müller-Graff ZVglRWiss 111 (2012) 72; zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung als Ausdruck des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten s. auch Mansel RabelsZ 70 (2006) 651 (668). 21 A.A. noch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 11, jedoch vor Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie. 22 BaFin-Merkblatt S. 14.

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entsprechend den §§ 9 und 10 bereit sind. Die Dimensionen der Zusammenarbeit werden in § 10 Abs. 1 S. 1 dahingehend beschrieben, dass sie sich auf den Informationsaustausch, die Zusammenarbeit bei Überwachungstätigkeiten, Überprüfungen vor Ort und Ermittlungen erstreckt, wobei der Informationsaustausch von besonderer Bedeutung ist.23 Der Wortlaut von Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass die BaFin bereits positive Erfah- 14 rungen hinsichtlich der Kooperationsbereitschaft der jeweiligen ausländischen Behörde gesammelt hat. Dies würde freilich bedeuten, dass ausländische AIF aus Staaten, mit denen entsprechende Erfahrungen noch nicht bestehen, in Deutschland grundsätzlich nicht vertrieben werden könnten. Daher ist wie auch im Rahmen von Absatz 1 Nr. 1 zu differenzieren: Bei Aufsichtsstellen anderer EU- und EWR-Mitgliedstaaten ist nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung (s. oben Rn. 11) stets davon auszugehen, dass sie zu einer entsprechenden Zusammenarbeit mit der BaFin bereit sind.24 In Bezug auf Aufsichtsstellen aus Drittstaaten verlangt die BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach § 320 eine aktuelle Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber, dass diese zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt bereit ist und die Bundesanstalt unverzüglich über eine Aufhebung, Rücknahme, einen anderen Wegfall der Zulassung der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder andere schwerwiegende Maßnahmen gegen die AIF-Verwaltungsgesellschaft unterrichten sowie weitere von der Bundesanstalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben erbetene Informationen zur Verfügung stellen wird.25 Diese Bescheinigung ist jedoch entbehrlich, wenn zwischen der Bundesanstalt und der zuständigen Aufsichtsbehörde des Staates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, eine bilaterale oder multilaterale Vereinbarung (Memorandum of Understanding, kurz: MoU) besteht, die eine Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden, insbesondere einen Informationsaustausch, auch auf dem Gebiet der einschlägigen Vorschriften des KAGB gewährleistet.26 Da Absatz 1 Nr. 2 nach dem soeben Ausgeführten nur für den Vertrieb von ausländi- 15 schen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft von Relevanz ist, wäre die Voraussetzung systematisch besser in Absatz 2 aufgehoben. Insgesamt erscheint weder die Regelung selbst, die auf § 136 Abs. 1 Nr. 1 des aufgehobenen InvG basiert und mit dem in Umsetzung der AIFM-Richtlinie eingefügten Absatz 2 nicht konsolidiert wurde, noch die Verwaltungspraxis der BaFin sonderlich durchdacht. Denn nach Absatz 2 Nr. 1 ist beim Vertrieb ausländischer AIF ohnehin erforderlich, dass zwischen der BaFin und den zuständigen Aufsichtsbehörden des Sitzstaates eine bilaterale Vereinbarung (MoU) besteht, deren inhaltliche Anforderungen dort näher beschrieben werden (s. unten Rn. 68 f.). Der Fall, dass nach dem Merkblatt (in Ermangelung eines entsprechenden MoU) eine Bescheinigung der zuständigen Aufsichtsbehörde über ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der BaFin erforderlich ist, wird daher niemals eintreten, da die Zulässigkeit des Vertriebs dann an Absatz 2 Nr. 1 scheitern würde. Das Multilateral Memorandum of Understanding concerning Consultation and Cooperation and the Exchange of Information der IOSCO (= International Organization of Securities Commissions), das von derzeit 117 Aufsichtsbehörden weltweit unterzeichnet wurde,27 ist zwar als „multilaterale

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23 Siehe grundlegend zu horizontalen Informationsbeziehungen im europäischen Verwaltungsverbund v. Bogdandy S. 365, 406 ff. 24 Ähnlich Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 7 („aufgrund der EU-Verträge“). 25 BaFin-Merkblatt S. 14 f. 26 BaFin-Merkblatt S. 15. 27 Eine Liste der Signatare des Multilateral Memorandum of Understanding concerning Consultation and Cooperation and the Exchange of Information der IOSCO ist online abrufbar unter

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

Vereinbarung“ i.S.d. BaFin-Merkblatts geeignet, die Bereitschaft der ausländische Aufsichtsbehörde zur Zusammenarbeit im Rahmen von Absatz 1 Nr. 2 nachzuweisen, macht aber den Abschuss eines bilateralen Abkommens, das den Anforderungen von Absatz 2 Nr. 1 genügt, nicht entbehrlich, da es selbst diesen Anforderungen nicht genügt. III. Erfüllung der Anforderungen der AIFM-Richtlinie (Nr. 3) Absatz 1 Nr. 3 verlangt, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch sie den (Mindest-)Anforderungen der AIFM-Richtlinie entsprechen. Damit macht der Gesetzgeber von der ihm durch Art. 43 Abs. 1 UAbs. 1 AIFMRichtlinie eingeräumten Befugnis Gebrauch, ausländischen AIFM zu gestatten, in Deutschland Anteile an von ihnen gemäß dieser Richtlinie verwalteten AIF an Kleinanleger zu vertreiben, wobei es keine Rolle spielt, ob der Vertrieb der AIF auf nationaler Ebene oder grenzübergreifend erfolgt und ob es sich um einen EU-AIF oder einen Nicht-EUAIF handelt. Eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft unterliegt aufgrund der im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften ihres Herkunftsstaates stets den Anforderungen der AIFM-Richtlinie (s. § 1 Abs. 17 Nr. 2); dass sie diesen Anforderungen auch tatsächlich entspricht, ist im Rahmen des Anzeigeverfahrens durch eine Bescheinigung der zuständigen Aufsichtsbehörde ihres Herkunftsmitgliedstaates oder ihres Referenzmitgliedstaates nachzuweisen (§ 320 Abs. 1 Nr. 1 lit. a). Anders verhält es sich bei einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft. Aufgrund ihrer jeweils beschränkten Hoheitsgewalt können weder der deutsche noch der europäische Gesetzgeber Regelungen für ausländische Investmentvermögen erlassen; diese unterliegen vielmehr dem nicht durch die AIFM-Richtlinie harmonisierten nationalen Recht ihres Herkunftsstaates. Aufgrund von Art. 43 Abs. 1 UAbs. 1 AIFM-Richtlinie dürfen die nationalen Gesetzgeber der Mitgliedstaaten aber nur den Vertrieb von solchen ausländischen AIF in ihrem Hoheitsgebiet zulassen, deren Verwaltung den Anforderungen der AIFMRichtlinie genügt. Mittelbar werden dadurch die Anforderungen der AIFM-Richtlinie auch auf ausländische Investmentvermögen zur Anwendung gebracht. Aus diesem Grunde hat eine ausländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Rahmen des Anzeigeverfahrens Angaben und Unterlagen entsprechend § 22 Abs. 1 Nrn. 1 bis 9 und 13 vorzulegen (§ 320 Abs. 1 Nr. 1 lit. b). Bereits aus Abs. 1 Nr. 3 ergibt sich, dass der Vertrieb ausländischer AIF nur zulässig 17 ist, wenn die Vermögensgegenstände des AIF durch eine Verwahrstelle gesichert werden. Denn eine Verwaltung nach den Anforderungen der Richtlinie setzt gem. Art. 21 Abs. 1 AIFM-Richtlinie zwingend voraus, dass der AIFM für jeden von ihm verwalteten AIF (also auch für einen ausländischen AIF) sicherstellt, dass eine Verwahrstelle im Einklang mit diesem Artikel bestellt wird.

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IV. Benennung eines Repräsentanten (Nr. 4) 18

Absatz 1 Nr. 4 verpflichtet die AIF-Verwaltungsgesellschaft, der BaFin einen inländischen Repräsentanten zu benennen, der hinreichend ausgestattet ist, um die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Abs. 3 S. 3 wahrnehmen zu können, und legt fest, wer als Repräsentant in Betracht kommt. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 319, der die Befugnisse des Repräsentanten regelt, für Klagen gegen den AIF oder die AIF-Verwaltungsge-

_____ https://www.iosco.org/about/?subSection=mmou&subSection1=signatories (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018).

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sellschaft einen gesetzlichen Gerichtsstand am Sitz des Repräsentanten begründet und eine Bekanntmachungspflicht der BaFin statuiert. 1. Inländisches Kreditinstitut. Als Repräsentant kommt ein inländisches Kreditin- 19 stitut oder eine zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im Inland in Betracht. Unter einem inländischen Kreditinstitut ist ein solches gem. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG zu verstehen, mithin ein Unternehmen, das Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Inländische Zweigstellen ausländischer Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben, gelten gem. § 53 Abs. 1 KWG als Kreditinstitut und können daher ebenfalls die Repräsentantenfunktion übernehmen. 28 Die Übernahme der Repräsentantenfunktion durch eine bloße Repräsentanz i.S.d. § 53a KWG fällt nicht unter Var. 1 („inländisches Kreditinstitut“), kann aber im Einzelfall unter Var. 2 („zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes“) fallen. 2. Sonstige zuverlässige, fachlich geeignete Person mit Sitz oder Wohnsitz im 20 Inland. Eine Person, die kein inländisches Kreditinstitut ist, kann die Repräsentantenfunktion übernehmen, wenn sie (i) zuverlässig und (ii) fachlich geeignet ist sowie (iii) über einen Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes verfügt. Anders als bei Kreditinstituten, bei denen Zuverlässigkeit und fachliche Eignung bereits im Rahmen der KWG-Erlaubnis festgestellt wurden,29 sind diese Eigenschaften bei sonstigen Personen positiv festzustellen. In Betracht kommen sowohl natürliche Personen als auch rechtsfähige Gesellschaften unabhängig von ihrer Rechtsform. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob eine Gesellschaft als juristische Person zu qualifizieren ist, sodass die Repräsentantenfunktion auch durch eine rechtsfähige Personengesellschaft wahrgenommen werden kann.30 Darunter fällt nach der Rechtsprechung des BGH31 auch die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, etwa eine in dieser Rechtsform organisierte Rechtsanwaltssozietät.32 Bei Gesellschaften ist auf die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung ihrer gesetzlichen Vertreter abzustellen.33 Eine Person ist als zuverlässig anzusehen, wenn sie nach ihrer gesamten Persönlich- 21 keit bzw. ihrem Lebenslauf Gewähr für eine ordnungsgemäße, gesetzeskonforme Wahrnehmung der Aufgaben eines Repräsentanten bietet.34 Die fachliche Eignung setzt unstreitig jedenfalls die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift voraus; als erforderlich wird man ferner ansehen müssen, dass der Repräsentant zumindest über

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28 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 9; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 19; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 24; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Dieske § 317 Rn. 11. 29 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 9. 30 Dass in § 1 Abs. 19 Nr. 34 lit. b von dem „gesetzlichen Vertreter“ (statt Repräsentanten) einer „juristischen Person“ (statt einer rechtsfähigen Gesellschaft) die Rede ist, liegt daran, dass die Terminologie von Art. 4 Abs. 1 lit. j iv) AIFM-Richtlinie vollständig übernommen wurde, ohne dass eine Anpassung an das deutsche Recht erfolgt wäre. Der Begriff der „juristischen Person“ (engl. legal person, franz. personne morale) in der AIFM-Richtlinie ist aber weiter als der Begriff der juristischen Person i.S.d. deutschen Gesellschaftsrechts. S. zutreffend Wallach ZGR 2014 289 (299). 31 Grundlegend BGH 29.1.2001 BGHZ 146 341. 32 Anders, jedoch vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR, noch Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 15 und § 6 AuslInvestmG Rn. 9. 33 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 9; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 25; Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 12. 34 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 20.

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

so weitreichende Kenntnisse im Bereich des Investmentwesens und -rechts verfügt, dass er in der Lage ist, seine grundsätzliche Funktion sowie den Inhalt und Umfang seiner Pflichten zutreffend zu beurteilen und diese Pflichten auch mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen.35 Die BaFin verlangt, dass der Repräsentant so „ausgestattet“ ist, dass eine kontinuierliche vertrauliche Kommunikation mit der Verwaltungsgesellschaft möglich ist und die für die Aufgabe erforderlichen Rechts- und Fachkenntnisse im Bereich des KAGB vorhanden sind.36 Gegen einen allzu großzügigen Maßstab bei der Beurteilung der fachlichen Eignung spricht vor allem die dem Repräsentanten zugewiesene Wahrnehmung der Compliance-Funktion, die voraussetzt, dass der Repräsentant fachlich dazu in der Lage ist, die KAGB-Konformität der AIF-Verwaltungsgesellschaft und der Verwaltung des AIF durch diese zu prüfen (s. dazu unten Rn. 25 f.). Dass die BaFin im Einklang mit ihrer früheren Verwaltungspraxis37 weitergehende Anforderungen an die fachliche Eignung stellen wird, die sich an den für die Geschäftsleiter von Kreditinstituten geltenden Bestimmungen (nunmehr § 25c Abs. 1 KWG) orientieren, ist derzeit nicht erkennbar. In der Literatur werden derartige Anforderungen mit Recht als unverhältnismäßig kritisiert.38 Die BaFin beurteilt die Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung anhand der nach 22 § 320 Abs. 1 Nr. 2 einzureichenden „wesentlichen Angaben zum Repräsentanten“, wozu ausweislich des Merkblatts zum Anzeigeverfahren nach § 320 (s. oben Rn. 3) insbesondere die folgenden Angaben zählen:39 – Lückenloser, eigenhändig unterzeichneter Lebenslauf, der sämtliche Vornamen, den Familien- und Geburtsnamen, Geburtstag, Geburtsort, die Privatanschrift, Staatsangehörigkeit sowie eine eingehende Darlegung der fachlichen Vorbildung, die Namen aller Unternehmen, für die diese Person tätig gewesen ist, und Angaben zur Art der jeweiligen Tätigkeit enthalten muss; bei der Art der jeweiligen Tätigkeit sind insbesondere die Vertretungsmacht dieser Person, ihre internen Entscheidungskompetenzen und die ihr innerhalb des Unternehmens unterstellten Geschäftsbereiche darzustellen; bei fremden Staatsangehörigen ist eine Erklärung erforderlich, ob sie die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen; – Erklärung der betreffenden Person, ob gegen sie ein Strafverfahren schwebt, ob ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen sie anhängig gewesen ist oder ob sie oder ein von ihr geleitetes Unternehmen als Schuldnerin in ein Insolvenzverfahren oder ein Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt war oder ist; – Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (Belegart „O“) des Bundesamtes für Justiz gemäß § 30 Abs. 5 Bundeszentralregistergesetz (BZRG);

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35 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 20; Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 13. 36 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Stand 13.7.2016, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), 2.3.1. („Aufgaben des Repräsentanten“). 37 BAK-Schreiben v. 21.1.1969, zit. nach Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 17: „An die fachliche Qualifikation des Repräsentanten können zwar nicht die Anforderungen des § 33 Abs. 2 KWG in vollem Umfang gestellt werden; in Anlehnung an diese Bestimmung dürfte die fachliche Eignung i.d.R. allerdings nur dann angenommen werden können, wenn eine dreijährige Tätigkeit in nicht nur untergeordneter Stellung auf dem Gebiet des Effektenwesens vorliegt (z.B. bei einer Bank, bei einer Wertpapierbörse, im Rahmen einer Investmentvertriebsorganisation).“ 38 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 20. 39 BaFin-Merkblatt S. 18 f.

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E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF



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Bei natürlichen Personen, die selbständig tätig waren oder sind, und solchen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden oder mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragt oder Leiter einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung waren oder sind, Auszug aus dem Gewerbezentralregister gemäß § 150 Gewerbeordnung (GewO) im Original.

Ist der Repräsentant eine Handels- oder Kapitalgesellschaft, so sind diese Unterlagen für sämtliche Mitglieder der Geschäftsleitung einzureichen. Das Erfordernis des inländischen Sitzes oder Wohnsitzes hat die Funktion, einen lo- 23 kalen Anknüpfungspunkt im Inland zu schaffen, damit sich der am Wohnsitz oder Sitz gem. § 319 Abs. 2 begründete gesetzliche Gerichtsstand des AIF, der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer Vertriebsgesellschaft im Inland befindet. Im Lichte dieser Funktion ist es nicht erforderlich, dass sich der Hauptwohnsitz des Repräsentanten im Inland befindet; es genügt, dass sich einer von ggf. mehreren Wohnsitzen40 im Inland befindet. Bei Gesellschaften ist entscheidend, dass sich zumindest ein lokaler Anknüpfungspunkt im Inland befindet, der die Begründung eines Gerichtsstands im Inland zur Folge hat. Dabei muss es sich nicht notwendigerweise um den satzungsmäßigen Sitz handeln; eine Zweigniederlassung im Inland genügt (§ 1 Abs. 19 Nr. 34 lit. b). Das Erfordernis eines inländischen Satzungssitzes und damit einhergehend einer inländischen Rechtsform wäre auch vor dem Hintergrund der Auslegung der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) im Sinne eines Prinzips der gegenseitigen Anerkennung41 durch die Rechtsprechung des EuGH42 unionsrechtlich nicht haltbar gewesen. Personelle Verflechtungen zwischen dem Repräsentanten und dem AIF, der AIF-Ver- 24 waltungsgesellschaft oder der Verwahrstelle sind unschädlich. Die Funktion des Repräsentanten besteht in der Wahrnehmung einer Mittlerfunktion zwischen dem AIF und der AIF-Verwaltungsgesellschaft auf der einen und den Anlegern und der BaFin auf der anderen Seite. Er wirkt weder an der Verwaltung des AIF mit noch nimmt er Aufsichts- oder Kontrollfunktionen war. Die Gefahr von Interessenkonflikten besteht daher nicht.43 3. Wahrnehmung der Compliance-Funktion. Der Repräsentant muss hinreichend 25 ausgestattet sein, um die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Abs. 3 S. 4 wahrnehmen zu können. Diese Anforderung wird von der BaFin in ihrer FAQ zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB konkretisiert.44 Danach umfasst die Compliance-Funktion die Prüfung, ob die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese mit den Anforderungen des KAGB konform sind. Richtigerweise beschränkt sich die Compliance-Funktion bei EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften auf Anforderungen des KAGB, die über die AIFM-Richtlinie hinausgehen. Denn die Einhaltung der Anforderungen der AIFM-Richtlinie (präziser: der im Rahmen der Umsetzung der

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40 Gem. § 7 Abs. 2 BGB kann eine Person ihren Wohnsitz an mehreren Orten haben, s. dazu BeckOGK BGB/Behme § 7 Rn. 25 f. 41 Siehe dazu Behme S. 87 ff. 42 EuGH 9.3.1999 Slg. 1999 I-1459 (Centros); EuGH 5.11.2002 Slg. 2002 I-9919 (Überseering); EuGH 30.9.2003 Slg. 2003 I-10155 (Inspire Art). 43 Ebenso Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 14; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 11; Emde/ Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 20; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 30. 44 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Stand 13.7.2016, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/ faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), 2.3.1. („Aufgaben des Repräsentanten“).

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AIFM-Richtlinie erlassenen Bestimmungen des nationalen Rechts) wird bereits von der zuständigen Stelle des Herkunftsstaates beaufsichtigt und bei der Vertriebsanzeige bestätigt (§ 320 Abs. 1 Nr. 1 lit. a). 26 Der BaFin zufolge hat der Repräsentant ferner im Rahmen der Wahrnehmung der Compliance-Funktion die AIF-Verwaltungsgesellschaft bei der Einhaltung des KAGB zu unterstützen. Aus diesem Grunde soll es erforderlich sein, dass der Repräsentant von der AIF-Verwaltungsgesellschaft „eingebunden“ wird, wenn Tätigkeiten oder Entscheidungen Auswirkungen auf die KAGB-Konformität haben könnten. Dazu, wie diese Einbindung konkret auszusehen hat, äußert sich die BaFin nicht. Da der Repräsentant selbst nicht an der Verwaltung des AIF beteiligt ist, kann es sich bei der Pflicht zur Einbindung lediglich um eine Pflicht zur Mitteilung der jeweiligen Tätigkeiten oder Entscheidungen handeln bzw. um eine Aufforderung zur Stellungnahme. Der Repräsentant hat jedenfalls im Rahmen der Compliance-Funktion keine Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten oder Entscheidungen im Rahmen der Verwaltung des AIF zu verhindern. Die BaFin weist allerdings darauf hin, dass der Repräsentant bei mangelnder Kooperationsbereitschaft der AIF-Verwaltungsgesellschaft sein Mandat niederlegen kann und muss, wodurch eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs (§ 317 Abs. 1 Nr. 4) entfällt. V. Verwahrstelle (Nr. 5) 27

Gem. Absatz 1 Nr. 5 ist erforderlich, dass eine Verwahrstelle die Gegenstände des AIF in einer Weise sichert, die den Vorschriften der §§ 80 bis 90 vergleichbar ist. Damit wird ebenso wie für inländische AIF der Grundsatz einer strikten Trennung von Vermögensverwahrung und Vermögensverwaltungsfunktionen postuliert.45 Dies folgt an sich bereits aus Absatz 1 Nr. 3 (s. oben Rn. 17), weshalb der Verweis auf die Vorschriften des deutschen Rechts über die Verwahrstelle nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Es handelt sich um ein Überbleibsel von § 136 Abs. 1 Nr. 3 des aufgehobenen InvG, der als Voraussetzung für die Zulässigkeit des öffentlichen Vertriebs von ausländischen Investmentanteilen eine Verwahrung der Vermögensgegenstände durch eine Depotbank in einer den Vorschriften der §§ 20 bis 29 InvG a.F. vergleichbaren Weise deshalb verlangte, weil eine Harmonisierung der organisatorischen Anforderungen, Aufgaben und Befugnisse der Verwahrstelle außerhalb des OGAW-Bereichs damals noch nicht erfolgt war.46 Eine eigenständige Bedeutung kann Absatz 1 Nr. 5 jedoch insoweit zukommen, wie die §§ 80 bis 90 über die Anforderungen an die Verwahrstelle nach Art. 21 AIFM-Richtlinie hinausgehen.

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1. Das Kriterium der „Vergleichbarkeit“. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich zunächst, dass es sich bei der Verwahrstelle nicht um ein Unternehmen handeln muss, auf das die §§ 80 bis 90 unmittelbar Anwendung finden. Erforderlich ist vielmehr, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das nach dem auf ihn anwendbaren ausländischen Recht vergleichbaren organisatorischen Anforderungen unterliegt und mit vergleichbaren Aufgaben und Befugnissen ausgestattet ist wie eine Verwahrstelle i.S.d. §§ 80 ff. Aufgrund der zentralen Rolle, welche die Verwahrstelle für den Anlegerschutz

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45 Vgl. auch Erwägungsgrund 32 der AIFM-Richtlinie: „Die jüngsten Entwicklungen haben deutlich gemacht, dass Vermögensverwahrung und -verwaltungsfunktionen strikt voneinander getrennt und die Vermögenswerte der Anleger von denen des Verwalters getrennt werden müssen.“ 46 Vgl. die Regierungsbegründung zum Investmentmodernisierungsgesetz BTDrucks. 15/1553 S. 116.

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E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF

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spielt, ist das Merkmal der Vergleichbarkeit eng auszulegen.47 Der Wortlaut von Absatz 1 Nr. 5 würde allerdings überspannt, wenn man verlangen würde, dass die auf die Verwahrstelle anwendbaren Regelungen den §§ 80 ff. inhaltlich vollumfänglich entsprechen, das Sicherungsniveau mithin identisch ist. Es ist daher unschädlich, wenn das maßgebliche ausländische Recht im Detail (z.B. Verfahrensfragen, Einzelbefugnisse der Verwahrstelle) von den Regelungen der §§ 80 ff. abweicht; das Gesamtbild muss jedoch dem einer Verwahrstelle nach den §§ 80 ff. entsprechen. Nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung (s. oben Rn. 11) und in Anbe- 29 tracht des Umstands, dass die in Art. 21 AIFM-Richtlinie statuierten (Mindest-)Anforderungen an eine Verwahrstelle von allen Mitgliedstaaten umzusetzen waren, wird man grundsätzlich von der Vergleichbarkeit der regulatorischen Rahmenbedingungen für die Verwahrstelle ausgehen müssen, wenn diese ihren Sitz in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat hat und den dortigen, in Umsetzung von Art. 21 AIFM-Richtlinie erlassenen Vorschriften unterliegt.48 2. Anforderungen an die Verwahrstelle im Einzelnen. Bei der Verwahrstelle 30 muss es sich jedenfalls um ein Kreditinstitut bzw. eine Wertpapierfirma i.S.d. Art. 4 Nr. 1 MiFID49 handeln (vgl. § 80 Abs. 2). Die Verwahrstelle muss ihren Sitz nicht im Inland oder in der Europäischen Union haben; hat sie ihren Sitz in einem Drittstaat, gelten die Anforderungen des § 80 VIII. Danach muss die Verwahrstelle (in Umsetzung der Anforderungen von Art. 21 Abs. 6 AIFM-RL und anders als die Depotbank i.S.d. § 136 Abs. 1 Nr. 3 des aufgehobenen InvG)50 in ihrem Herkunftsstaat einer wirksamen aufsichtlichen Regulierung, einschließlich Mindesteigenkapitalanforderungen, und einer Aufsicht unterliegen, die im Wesentlichen den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht und wirksam durchgesetzt wird. Gem. § 80 X bestimmen sich die Kriterien zur Bewertung der aufsichtlichen Regulierung und Aufsicht einer Verwahrstelle in einem Drittstaat nach Art. 84 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (sog. Level II-Verordnung). Unter den Voraussetzungen von § 80 Abs. 3 kommt als Verwahrstelle auch ein Treuhänder in Betracht. Erforderlich ist ferner, dass die für die Verwahrstelle maßgeblichen personellen An- 31 forderungen denen der §§ 80 ff. vergleichbar sind. Das bedeutet zum einen, dass mindestens ein Mitglied des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der Verwahrstelle über die für die Verwahrstellenaufgaben erforderliche Erfahrung verfügen muss (vgl. § 80 Abs. 9). Zum anderen dürfen keine personelle Verflechtungen zwischen der Verwahrstelle und der AIF-Verwaltungsgesellschaft i.S.v. § 85 Abs. 5 bestehen, d.h. die Geschäftsleiter, Prokuristen und die zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten der Verwahrstelle dürfen nicht gleichzeitig Angestellte der AIF-Verwaltungsgesellschaft sein und die Geschäftsleiter, Prokuristen und die zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten der AIF-Verwaltungsgesellschaft dürfen nicht gleichzeitig Angestellte der Verwahrstelle sein. Die gegenseitige Vertretung in Aufsichtsorganen ist unschädlich, sofern eine strenge organisatorische Trennung zwischen Be-

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47 Zutreffend Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 20; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 13; ebenso Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 29 ff. 48 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 25; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Dieske § 317 Rn. 15. 49 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1. 50 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 36 unter Berufung auf BTDrucks. 15/1944 S. 16.

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aufsichtigung und Geschäftsführung besteht. Dies kann insbesondere zweifelhaft erscheinen, wenn die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwahrstelle in einer monistisch verfassten Rechtsform organisiert sind, d.h. keine Trennung zwischen Leitungsund Überwachungsorgan besteht.51 Schließlich müssen die Aufgaben und Befugnisse der Verwahrstelle denen der 32 §§ 80 ff. vergleichbar sein. Insbesondere hat die Verwahrstelle bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Interesse des AIF und seiner Anleger zu handeln (vgl. § 85 Abs. 1). Sie muss die Vermögensgegenstände des AIF in einer Art und Weise verwahren, die § 81 vergleichbar ist; sofern es der Verwahrstelle gestattet ist, Verwahraufgaben auf einen Unterverwahrer auszulagern, muss dies nach Maßgabe von § 82 vergleichbaren Anforderungen geschehen. Darüber hinaus müssen der Verwahrstelle weitreichende Kontrollbefugnisse und -pflichten gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft zustehen, die inhaltlich im Wesentlichen den §§ 83 (Kontrollfunktion im Hinblick auf bestimmte Geschäftsvorgänge von besonderer Bedeutung), 84 (Zustimmungsbefugnis zu bestimmten Geschäften der AIF-Verwaltungsgesellschaft) und 89 (Geltendmachung von Ansprüchen der Anleger im eigenen Namen, sofern das nationale Recht des Herkunftsstaates das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft kennt)52 vergleichbar sein müssen. Die Beurteilung, ob die Art und Weise, in der die Verwahrstelle die Gegenstände ei33 nes ausländischen AIF sichert, den Anforderungen der §§ 80 bis 90 vergleichbar ist, erfolgt durch die BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens und würde an sich eine umfassende Prüfung unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles erfordern.53 Eine solche Prüfung könnte sich nicht auf die bloße Sichtung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Herkunftsstaates der Verwahrstelle beschränken; um die Aufgaben und Befugnisse der Verwahrstelle vollständig zu erfassen und zutreffend beurteilen zu können, wäre darüber hinaus vielmehr eine Analyse der dortigen Verwaltungspraxis und Rechtsprechung erforderlich.54 Dies kann die BaFin innerhalb der ihr nach Eingang des Anzeigeschreibens und der flankierenden Angaben und Unterlagen zur Verfügung stehenden Prüfungsfrist (§ 320 Abs. 2) nicht ansatzweise leisten. Ausweislich des Merkblatts zum Anzeigeverfahren nach § 320 verlangt die BaFin daher, dass die Anlagebedingungen und die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag des AIF eine detaillierte Beschreibung der Aufgaben und Pflichten der Verwahrstelle enthalten.55 Diese detaillierte Beschreibung macht sie zur Grundlage der erforderlichen Prüfung, ob die Verwahrstelle die Anleger in einer den §§ 80 ff. vergleichbaren Weise sichert. In ihrem Merkblatt weist die BaFin ferner darauf hin, dass den danach notwendigen inhaltlichen Anforderungen an die Darlegung der vergleichbaren Sicherung regelmäßig Rechnung getragen ist, wenn in den Anlagebedingungen, der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag sämtliche in den §§ 80 ff. aufgelisteten Voraussetzungen aufgeführt werden. Dass ungeachtet der gesetzlichen Bestimmungen des Herkunftsstaates sämtliche in den §§ 80 ff. aufgelisteten Voraussetzungen in die Gründungsdokumente des AIF aufgenommen werden, kann freilich nach dem Gesetzeswortlaut nicht verlangt werden, da dieser nur verlangt, dass die Anforderungen an die Verwahrstelle den §§ 80 ff. vergleichbar, nicht aber, dass sie identisch sind.

_____ 51 52 53 54 hin. 55

Zutreffend Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 47. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 63. Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 13. Auf dieses Problem weist mit Recht Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 32 BaFin-Merkblatt S. 29.

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3. Mehrere Verwahrstellen. Anders als noch in § 136 Abs. 1 Nr. 3 des aufgehobenen 34 InvG vorgesehen, kann die BaFin nach Absatz 1 Nr. 5 nicht mehr ausnahmsweise zulassen, dass die Verwahr- und Kontrollfunktion durch mehrere Verwahrstellen wahrgenommen wird. Der Gesetzgeber begründet diese Änderung mit dem Ziel einer weitgehenden Äquivalenz zwischen EU-AIF und ausländischen AIF einerseits und inländischen Publikumsinvestmentvermögen andererseits (s. bereits oben Rn. 6).56 VI. Inländische Zahlstelle (Nr. 6) Gem. Absatz 1 Nr. 6 hat die AIF-Verwaltungsgesellschaft mindestens eine inländi- 35 sche Zahlstelle zu benennen, über die von den Anlegern geleistete oder für sie bestimmte Zahlungen geleitet werden können. Als Zahlstellen kommen zum einen inländische Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG in Betracht, wobei inländische Zweigstellen ausländischer Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben, gem. § 53 Abs. 1 KWG als Kreditinstitut gelten (s. oben Rn. 19); zum anderen Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz im Ausland. Die Begriffe „Zweigstelle“ und „Zweigniederlassung“ werden im deutschen Recht nicht einheitlich verwendet; als „Zweigniederlassung“ werden in § 53b KWG Niederlassungen bezeichnet, die durch den Europäischen Pass gem. § 53b KWG oder aufgrund von § 53c KWG von der nationalen Aufsicht teilweise befreit sind.57 Die Zahlstellenfunktion wird nicht selten durch dasselbe Kreditinstitut wahrgenommen wie die Verwahrstellenfunktion.58 Die Zahlstelle soll der Erleichterung des Zahlungsverkehrs zwischen den Anlegern 36 und dem AIF bzw. der Verwahrstelle dienen.59 Worin diese Erleichterung heutzutage noch bestehen soll, ist nicht ersichtlich: Zahlungen und Überweisungen können ohne weiteres über das Konto des Anlegers bei seiner Hausbank erfolgen. Dass der Anleger durch die (ohnehin nur fakultative) Nutzung der Zahlstelle Sicherheit hinsichtlich des Zahlungswegs gewinnen soll,60 erscheint als tatsächlicher Vorteil der Zahlstelle kaum greifbar. Eine Funktion der Zahlstelle könnte allenfalls darin bestehen, auch Anlegern ohne eigene Bankverbindung die Teilnahme am Investmentsparen zu ermöglichen. Dazu wäre es erforderlich, dass die Zahlstelle Bareinzahlungen und -auszahlungen akzeptiert bzw. vornimmt.61 Es wird aber mit Recht bezweifelt, ob dies im Hinblick auf die sich fortlaufend verschärfenden Geldwäschevorschriften und Kundenidentifizierungspflichten von der Zahlstelle überhaupt verlangt werden kann.62 In Anbetracht der geringen praktischen Bedeutung der Zahlstelle sollte de lege ferenda auf das Erfordernis der Benennung einer inländischen Zahlstelle als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs verzichtet werden. Für den Fall, dass die von einem Anleger geleisteten oder für ihn bestimmten Zah- 37 lungen (auf seine Veranlassung) über die Zahlstelle geleitet werden, hat die Zahlstelle sicherzustellen, dass Zwischenverfügungen sowie Umwege zu Lasten des Anlegers ausgeschlossen werden und keine unnötigen Verzögerungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr vorkommen.63 Dies lässt sich die BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens

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56 BTDrucks. 17/12294, S. 286. 57 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Vahldiek KWG, § 53 Rn. 11. 58 Siehe dazu ausführlich Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 13. 59 Siehe Regierungsbegründung zu § 2 AuslInvestmG, BTDrucks. V/3494 S. 19. 60 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 70. 61 Dies verlangen Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 49; Berger/Steck/Lübbehüsen/Blankenheim InvG, § 131 Rn. 6. 62 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 72. 63 Siehe Regierungsbegründung zu § 2 AuslInvestmG, BTDrucks. V/3494 S. 19.

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durch eine schriftliche Erklärung der Zahlstelle bestätigen, die dem von der BaFin vorformulierten Wortlaut entsprechen sollte.64 Sofern dem Anleger infolge von Pflichtverletzungen der Zahlstelle ein Schaden entsteht (was praktisch kaum relevant werden dürfte), haftet die Zahlstelle gegenüber dem Anleger aus § 280 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung des zwischen der Zahlstelle und dem Anleger bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrags und ggf. aus 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 (s. oben Rn. 7 f.); in seltenen Ausnahmefällen mag auch eine Haftung aus § 826 BGB in Betracht kommen.65 VII. Anforderungen an Anlagebedingungen und Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag (Nr. 7) Absatz 1 Nr. 7 normiert umfangreiche und detaillierte Vorgaben im Hinblick auf den Inhalt der Anlagebedingungen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags des angezeigten AIF. Diese Vorgaben sind in den Regelungswerken umzusetzen, die nach dem nationalen Recht des Herkunftsstaates des AIF das Rechtsverhältnis zwischen dem AIF und dem Anleger regeln, unabhängig von ihrer dortigen Bezeichnung. Bei in Gesellschaftsform konfigurierten AIF wird dies regelmäßig die Satzung (bei Kapitalgesellschaften) bzw. der Gesellschaftsvertrag (bei Personengesellschaften) sein. Sofern daneben – wie im deutschen Recht (§§ 111, 126, 143, 151) – Anlagebedingungen zu erstellen sind, sind die Vorgaben des Absatz 1 Nr. 7 jeweils an geeigneter Stelle der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages oder der Anlagebedingungen umzusetzen. Bei in Vertragsform konfigurierten AIF sind die Vorgaben des Absatz 1 Nr. 7 in den relevanten Vertragswerken („Anlagebedingungen“)66 umzusetzen. Die in Absatz 1 Nr. 7 genannten Vorgaben sind vollumfänglich umzusetzen. Die Ba39 Fin äußert sich in ihrer FAQ zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB dahingehend, dass die Regelung für (auch geringfügige) Abweichungen von den in Absatz 1 Nr. 7 genannten Vorschriften (einschließlich der darin enthaltenen Kataloge von erwerbbaren Vermögensgegenständen) keinen Raum lässt.67 In der Praxis ist ferner zu beachten, dass die BaFin die inhaltlichen Anforderungen an die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag in ihrem Merkblatt zum Anzeigeverfahren nach § 320 umfänglich konkretisiert hat.68

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1. Mindestinhalte bei offenen AIF (lit. a). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. a müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag bei offenen EU-AIF bzw. ausländischen AIF die Mindestangaben aufweisen, die § 162 Abs. 2 für die Anlagebedingungen inländischer offener Publikumsinvestmentvermögen vorschreibt. Ferner müssen

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64 BaFin-Merkblatt S. 22; der von der BaFin vorformulierte Wortlaut lautet: „Wir bestätigen hiermit, dass wir für den/die ... (Name des/der AIF) die Funktion einer Zahlstelle im Sinne des § 317 Absatz 1 Nummer 6 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) übernommen haben. Wir werden von den Anlegern geleistete oder für diese bestimmte Zahlungen unverzüglich und unmittelbar an das in § 83 Absatz 6 KAGB genannte Geldkonto bzw. an die Anleger weiterleiten.“ 65 Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 50; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 71. 66 S. zu den Problemen bei der Auslegung des in § 136 Abs. 1 Nr. 5 InvG und in § 2 Nr. 4 AuslInvestmG verwendeten Begriffs der „Vertragsbedingungen“ Beckmann BB 1971 850 sowie Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 19. 67 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Stand 13.7.2016, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), 2.3.2. („Anforderungen an die Anlagebedingungen“). 68 S. für offene AIF BaFin-Merkblatt S. 23 ff. und für geschlossene AIF BaFin-Merkblatt S. 52 ff.

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E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF

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sie bei einem offenen EU-AIF bzw. ausländischen AIF, der einer bestimmten Form offener inländischer Publikums-AIF vergleichbar ist, die Angaben aufweisen, die bei solchen inländischen Publikums-AIF zusätzlich zu den Angaben nach § 162 erforderlich sind. Dies sind – bei mit Sonstigen Investmentvermögen vergleichbaren AIF die Angaben nach § 224 Abs. 2; – bei mit Dach-Hedgefonds vergleichbaren AIF die Angaben nach § 229; – bei mit Immobilien-Sondervermögen vergleichbaren AIF die Angaben nach § 256 Abs. 2. Das Merkmal der „Vergleichbarkeit“ wird von der BaFin eng ausgelegt.69 2. Mindestinhalte bei geschlossenen AIF (lit. b). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. b müssen 41 die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag bei geschlossenen EU-AIF bzw. ausländischen AIF die Mindestangaben aufweisen, die § 266 Abs. 2 für die Anlagebedingungen inländischer geschlossener Publikumsinvestmentvermögen vorschreibt; es handelt sich um das Pendant zu lit. a, der offene AIF betrifft. 3. Regelungen betreffend das Anlageverhalten des AIF, Kreditaufnahme, Leer- 42 verkaufsverbot (lit. c). Bei offenen AIF müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. c Regelungen enthalten, die sicherstellen, dass der EU-AIF bzw. ausländische AIF entweder die Vorschriften des für Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie maßgeblichen Normenregimes oder die Vorschriften eines der für die verschiedenen Formen offener inländischer Publikums-AIF maßgeblichen Normenregime einhält. Die Vorschrift bezweckt ausweislich der Gesetzesbegründung die weitgehende Äquivalenz von EU-AIF und ausländischen AIF einerseits und inländischen Publikumsinvestmentvermögen.70 Die Vorschriften, auf die verwiesen wird, betreffen im weitesten Sinne das Anlageverhalten des EU-AIF bzw. ausländischen AIF. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Normenregime: – §§ 192 bis 213: Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie; – §§ 218, 219: Gemischte Investmentvermögen; – §§ 220, 221, 222: Sonstige Investmentvermögen; – § 225: Dach-Hedgefonds; – §§ 230 bis 246, 252 bis 254, 258 bis 260: Immobilien-Sondervermögen. Bei geschlossenen AIF müssen Regelungen enthalten sein, die sicherstellen, dass der EU-AIF bzw. ausländische AIF die Vorschriften der §§ 261 bis 265 einhält. Die Verweisung ist auf den Regelungsgehalt der genannten Normenregime und die 43 darin ausdrücklich in Bezug genommenen Vorschriften beschränkt. Absatz 1 Nr. 7 lit. c verlangt nicht die Beachtung anderer Normen des KAGB, die auf die jeweiligen Arten von Investmentvermögen im Sinne des deutschen Rechts Anwendung finden, insbesondere der allgemeinen Vorschriften für offene bzw. geschlossene inländische Investmentvermögen (z.B. zulässige Rechtsformen und deren Ausgestaltung, §§ 91 ff., 139 ff.). a) Insbesondere: Investition in Zielfonds. Gem. § 136 Abs. 1 Nr. 5 lit. d des aufge- 44 hobenen InvG durften Anteile an risikogemischten Investmentvermögen nur in einer den

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69 Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 317 Rn. 48; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Dieske § 317 Rn. 20. 70 BTDrucks. 17/12294 S. 286.

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

§§ 50, 61, 64 Abs. 3, 84 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie 85 InvG entsprechenden Art und Weise erworben werden. Die §§ 50 und 84 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InvG regelten, in welche Arten von Investmentvermögen investiert werden durfte; aus den §§ 50, 61, 64 Abs. 3 und 85 InvG ergaben sich die dabei zu beachtenden Anlagegrenzen.71 Diese Regelungen betreffend die Investition in Zielfonds sind in den in Absatz 1 Nr. 7 45 lit. c enthaltenen Verweisungen aufgegangen. Den §§ 50 und 84 Abs. 1 Nr. 2 und 3 entsprechende Regelungen sind nunmehr in § 196 sowie (in modifizierter Form)72 in § 219 Abs. 1 Nr. 2 enthalten. Den §§ 50, 61, 64 Abs. 3 und 85 InvG entsprechende Regelungen finden sich nunmehr in den §§ 196, 207, 210 Abs. 3 und 219 Abs. 5. Die §§ 196, 207 und 210 Abs. 3 sind Teil des Normenregimes für Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie; auf diese Regelungen wird in den übrigen Normenregimen teilweise verwiesen, teilweise werden sie – der Natur des jeweiligen offenen Publikums-AIF entsprechend – modifiziert. Für geschlossene Publikums-AIF regelt § 261 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6, in welche Zielfonds eine Investition zulässig ist. 46

b) Insbesondere: Kreditaufnahme. Die Aufnahme von Krediten wurde in § 136 Abs. 1 Nr. 5 lit. f des aufgehobenen InvG dahingehend eingeschränkt, dass Kredite zu Lasten des Investmentvermögens nur entsprechend der Regelung des § 53 InvG aufgenommen werden durften und Kreditaufnahmen der Zustimmung der Depotbank zu den Darlehensbedingungen bedurften; Sonderregelungen bestanden für ausländische Immobilienfonds und ausländische Sonstige Investmentvermögen. Gem. § 53 des aufgehobenen InvG durfte die Kapitalanlagegesellschaft für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 10 Prozent des Sondervermögens aufnehmen, und auch dies nur dann, wenn die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und dies in den Vertragsbedingungen vorgesehen ist. Diese Regelungen sind ebenfalls in den in Absatz 1 Nr. 7 lit. c enthaltenen Verwei47 sungen aufgegangen: § 199 enthält für Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie eine § 53 InvG inhaltlich entsprechende Regelung; auf diese Norm wird in § 218 S. 2 (für gemischte Investmentvermögen) und in § 225 Abs. 1 S. 2 (für Dach-Hedgefonds) verwiesen. Für Sonstige Investmentvermögen wird die Regelung in § 221 Abs. 6 dahingehend modifiziert, dass Kreditaufnahmen bis zur Höhe von 20 Prozent des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens zulässig sind. Für Immobilien-Sondervermögen enthält § 254 eine Sonderregelung, die unter den dort genannten Voraussetzungen Kreditaufnahmen bis zur Höhe von 30 Prozent des Verkehrswertes der Immobilien, die zum Sondervermögen gehören, erlaubt. Für geschlossene Publikums-AIF sind gem. § 263 Kreditaufnahmen bis zur Höhe von 60 Prozent des Wertes des geschlossenen Publikums-AIF zulässig; im Übrigen entsprechen die Voraussetzungen denen des § 199. Das in § 53 des aufgehobenen InvG statuierte Erfordernis der Zustimmung der De48 potbank findet sich nunmehr in § 84 Abs. 1 Nr. 1 (Erfordernis der Zustimmung der Verwahrstelle, soweit es sich nicht um valutarische Überziehungen handelt) und gilt bereits über Absatz 1 Nr. 5 auch für EU-AIF und ausländische AIF. 49

c) Insbesondere: Leerverkaufsverbot. Auch das in § 136 Abs. 1 Nr. 5 lit. g des aufgehobenen InvG enthaltene Verbot von Geschäften zu Lasten des Investmentvermögens, die den Verkauf nicht zum Investmentvermögen gehörender Vermögensgegenstände

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71 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 30; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 98. 72 Die Modifizierungen betreffen die Streichung von Immobilien-Sondervermögen und Hedgefonds als zulässige Vermögensgegenstände von gemischten Investmentvermögen, s. BTDrucks. 17/12294 S. 264.

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E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF

§ 317

zum Inhalt haben (Leerverkaufsverbot), ist in den in Absatz 1 Nr. 7 lit. c enthaltenen Verweisungen aufgegangen: § 205 statuiert ein Leerverkaufsverbot für Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie; auf diese Norm wird in § 218 S. 2 (für gemischte Investmentvermögen), in § 220 (für Sonstige Investmentvermögen) und in § 230 Abs. 1 (für Immobilien-Sondervermögen) verwiesen. Für Dach-Hedgefonds wird in § 225 Abs. 1 S. 2 eigens betont, dass für sie Leerverkäufe nicht durchgeführt werden dürfen. Für geschlossene Publikums-AIF wird ein Leerverkaufsverbot in § 265 normiert. Damit gilt für alle offenen und geschlossenen EU-AIF und ausländischen AIF, die in Deutschland an Privatanleger vertrieben werden, ein Leerverkaufsverbot. Nicht von dem Leerverkaufsverbot erfasst ist nach der FAQ der BaFin zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) ein synthetischer Leerverkauf über Derivate, wenn das Geschäft angemessen gedeckt ist.73 4. Verpfändungs- und Belastungsverbot (lit. d). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. d müssen 50 die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die zum AIF gehörenden Vermögensgegenstände nicht verpfändet oder sonst belastet, zur Sicherung übereignet oder zur Sicherung abgetreten werden dürfen. Das Verpfändungsund Belastungsverbot ist weit auszulegen und erfasst alle Formen rechtsgeschäftlicher Pfand- und Sicherungsrechte, auch solche nach ausländischem Recht, die der deutschen Terminologie nicht entsprechen;74 es ist auch nicht beschränkt auf Finanzsicherheiten im Sinne der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten.75 Die Regelung geht damit über die für inländische Publikums-AIF maßgeblichen Bestimmungen hinaus, die ein vergleichbares Verpfändungs- und Belastungsverbot nur bei als Sondervermögen i.S.d. §§ 92 ff. konfigurierten offenen AIF vorsehen (§ 93 Abs. 5). Das Verpfändungs- und Belastungsverbot besteht nicht, wenn für den EU-AIF Kre- 51 dite aufgenommen werden, die nach den Vorschriften, auf die in Absatz 1 Nr. 7 lit. c verwiesen wird, zulässig sind (s. oben Rn. 47); ferner wenn einem Dritten Optionsrechte eingeräumt oder Wertpapierpensionsgeschäfte nach § 203 oder Finanzterminkontrakte, Devisenterminkontrakte, Swaps oder ähnliche Geschäfte nach Maßgabe des § 197 abgeschlossen werden. Absatz 1 Nr. 7 lit. d enthält keine § 93 Abs. 5 vergleichbare Regelung, wonach eine 52 unter Verstoß gegen diese Vorschrift vorgenommene Verfügung gegenüber den Anlegern unwirksam ist (relatives Veräußerungsverbot i.S.d. § 135 Abs. 1 BGB). Diese Rechtsfolge kann sich ggf. aus dem für den AIF maßgeblichen ausländischen Recht ergeben.76 Es handelt sich aber jedenfalls um einen Verstoß gegen die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag mit der Konsequenz, dass die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 8 die zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs.77 5. Rücknahmeverpflichtung bei offenen AIF (lit. e). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. e müs- 53 sen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag bei offenen AIF mit Ausnahme von offenen Immobilien-Investmentvermögen vorsehen, dass die Anleger

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73 BaFin, Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets), Stand 5.7.2016, online abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentschei dung/WA/ae_130722_fragen_ea.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018). 74 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 31. 75 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 103. 76 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 105. 77 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 27.

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

täglich die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können. Da der Anleger die Verwaltung des AIF nicht beeinflussen kann, ist die Rückgabe der Anteile bzw. der Aktie für ihn die einzige Möglichkeit, auf mangelnde Anlageerfolge zu reagieren.78 Die Rückgabemöglichkeit ist für den Anleger daher von essentieller Bedeutung. Indem der Anleger die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen kann, wird der Rückkaufswert allein vom Wert der von dem AIF gehaltenen Vermögensgegenstände und nicht von Angebot und Nachfrage der Anteile auf dem Markt abhängig gemacht. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Anleger keine Abschläge wegen mangelnder Nachfrage nach Anteilen oder Aktien des jeweiligen AIF fürchten muss.79 In zeitlicher Hinsicht wird gegenüber § 136 Abs. 1 Nr. 5b des aufgehobenen InvG 54 klargestellt, dass der Anleger die Auszahlung täglich verlangen können muss; bereits zuvor hatte die BaFin in ihrer ständigen Verwaltungspraxis verlangt, dass diese Möglichkeit „jederzeit“ bestehen muss. Eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Praxis dürfte mit dieser zeitlichen Klarstellung nicht verbunden sein; es ist weiterhin davon auszugehen, dass die Auszahlung spätestens sieben Kalendertage nach Erhalt eines vollständigen Rücknahmeantrags zu erfolgen hat.80 Dies ist von der gem. Absatz 1 Nr. 5 zu bestellenden Verwahrstelle sicherzustellen (vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 1). Die tägliche bzw. „jederzeitige“ Rückgabemöglichkeit ist auch dann gesichert, wenn der Anleger die Rücknahme des Anteils bzw. der Aktie und die Auszahlung des entsprechenden Vermögensteils von einer Rückkaufgesellschaft verlangen kann; Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es dadurch nicht zu Verzögerungen oder sonstigen Beeinträchtigungen der Auszahlung kommt.81 Absatz 1 Nr. 7 lit. e sieht keine Aussetzungsmöglichkeit vor. Die Anlagebedingun55 gen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag dürfen jedoch entsprechend § 98 Abs. 2, auf den in § 116 Abs. 2 S. 6 für die Rücknahme von Aktien und in § 133 Abs. 1 S. 5 für die Kündigung von Kommanditbeteiligungen verwiesen wird, vorsehen, dass die Rücknahme ausgesetzt werden darf, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen (sog. „Katastrophenklausel“).82 Von dem Grundsatz, dass Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschafts56 vertrag bei offenen AIF mit Ausnahme von offenen Immobilien-Investmentvermögen eine tägliche Rückgabemöglichkeit vorsehen müssen, bestehen Ausnahmen für offene EU-AIF oder ausländische AIF, die mit bestimmten Formen offener inländischer Publikums-AIF vergleichbar sind, sofern Regelungen vorgesehen sind, die den bei diesen Formen offener inländischer Publikums-AIF zulässigen oder vorgeschriebenen Regelungen entsprechen. Im Einzelnen bestehen Ausnahmen, wenn – bei mit Sonstigen Investmentvermögen vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 223 Abs. 1 vorgesehen sind; – bei mit Sonstigen Investmentvermögen mit Anlagemöglichkeiten entsprechend § 222 Abs. 1 vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 223 Abs. 2 vorgesehen sind;

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78 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 24; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 85. 79 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 24. 80 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 90, der darauf hinweist, dass diese Verwaltungspraxis auf Sec. 22 (e) des US-Investment Company Act zurückgeht. 81 Strenger Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 88: Gesamtschuldnerische Haftung von Rückkaufgesellschaft und AIF für den Rückgabeerlös erforderlich. 82 Vgl. Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 27; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 91.

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E. Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF



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bei mit Dach-Hedgefonds vergleichbaren AIF Regelungen entsprechend § 227 vorgesehen sind.

6. Rücknahmeverpflichtung bei Immobilien-Sondervermögen (lit. f). Gem. Ab- 57 satz 1 Nr. 7 lit. f müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag bei mit Immobilien-Sondervermögen vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF eine Regelung entsprechend den §§ 255, 257 vorsehen. § 255 enthält Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen; § 257 regelt die Aussetzung der Rücknahme, wenn die liquiden Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen (vgl. zur Aussetzung der Rücknahme im Übrigen oben Rn. 55). 7. Rücknahmeverpflichtung bei geschlossenen AIF (lit. g). Anders als noch im 58 Rahmen von § 136 Abs. 1 Nr. 5b des aufgehobenen InvG, der die Möglichkeit des Vertriebs ausländischer Investmentanteile auf offene Fonds beschränkt hat,83 ist nach § 317 auch der Vertrieb geschlossener EU-AIF und ausländischer AIF zulässig. Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. g müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag jedoch vorsehen, dass die Anleger zumindest am Ende der Laufzeit die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können. 8. Bewertung des AIF (lit. h). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. h müssen die Anlagebedin- 59 gungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag Regelungen enthalten, die sicherstellen, dass die Bewertung des EU-AIF bzw. ausländischen AIF in einer Weise erfolgt, die den für die Bewertung inländischer Publikums-AIF maßgeblichen Vorschriften entspricht. Im Einzelnen sind dies – bei offenen AIF die §§ 168 bis 170, 216 und 217, bei mit Immobilien-Sondervermögen vergleichbaren AIF unter Berücksichtigung der Sonderregelung in den §§ 248 bis 251; – bei geschlossenen AIF die §§ 271 und 272. 9. Einschränkung der Kostenvorausbelastung (lit. i). Absatz 1 Nr. 7 lit. i verlangt, 60 dass die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass bei auf mehrere Jahre angelegten Fondssparplänen, bei denen sich der Anleger zur regelmäßigen Einzahlung gleich hoher Beträge in das Investmentvermögen verpflichtet, eine Kostenvorausbelastung nach Maßgabe des § 304 eingeschränkt ist. Von jeder der für das erste Jahr vereinbarten Zahlungen darf also höchstens ein Drittel für die Deckung von Kosten verwendet werden; die restlichen Kosten müssen auf alle späteren Zahlungen gleichmäßig verteilt werden. Auf diese Weise sollen die Nachteile abgemildert werden, die dem Anleger bei vorzeitiger Beendigung des Sparplans daraus entstehen, dass er durch die ersten Zahlungen aufgrund des Abzugs der Kosten weniger Anteile erwirbt als es der Sparrate entspricht und dementsprechend auch an Wertsteigerungen und Erträgen des AIF nur in entsprechend verringertem Umfang partizipiert (sog. Zillmerung; s. § 304 Rn. 2).84 Diesem Schutzzweck entsprechend ist der Begriff der Kostenvorausbelastung weit auszulegen; als Kosten i.S.d. § 304 sind alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb anzusehen (s. im Einzelnen § 304 Rn. 4).

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83 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 24; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 84. 84 Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 17; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 136 Rn. 29.

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Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

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De lege ferenda sollte die Verpflichtung, die Einschränkung der Kostenvorausbelastung in die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des EU-AIF oder ausländischen AIF aufzunehmen, gestrichen werden. § 304 ist ohnehin beim Vertrieb sämtlicher AIF an Privatanleger zu beachten; die bloße Wiederholung seines Regelungsgehalts in den genannten Dokumenten ist daher überflüssig. Wird beim Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF gegen § 304 verstoßen, werden die Anleger hinreichend dadurch geschützt, dass die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 (statt Nr. 8) alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs.85 Ferner müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag 62 vorsehen, dass im Jahresbericht und gegebenenfalls in den Habjahresberichten die Angaben gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 4 zu machen sind. Die Vorschrift dient der Kostentransparenz. Anzugeben sind der Betrag der Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge, die dem EU-AIF bzw. ausländischen AIF im Berichtszeitraum für den Erwerb und die Rücknahme von Anteilen im Sinne der §§ 196 und 230 berechnet worden sind, sowie die Vergütung, die dem EU-AIF bzw. dem ausländischen AIF als Verwaltungsvergütung für die im Sondervermögen gehaltenen Anteile berechnet wurde. 63

10. Ausschluss der Bildung von Teilinvestmentvermögen und von MasterFeeder-Konstruktionen bei geschlossenen AIF (lit. j). Gem. Absatz 1 Nr. 7 lit. j ist bei geschlossenen AIF zudem vorzusehen, dass die Bildung von Teilinvestmentvermögen (Umbrella-Konstruktionen) und Master-Feeder-Konstruktionen ausgeschlossen ist. Insoweit wird ein Gleichlauf zu inländischen Publikums-AIF hergestellt, bei denen ebenfalls die Bildung von Teilinvestmentvermögen und Master-Feeder-Konstruktionen bei geschlossenen AIF ausgeschlossen ist.

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11. Nachträgliche Änderungen der Anlagebedingungen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags. Die BaFin prüft die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des EU-AIF bzw. ausländischen AIF im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach § 320. Bei nachträglichen Änderungen kann sie gem. § 314 Abs. 1 Nr. 3 die zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. Für die Anleger bedeutet dies, dass sie (ebenso wie im Falle einer Einstellung des Vertriebs gem. § 315 Abs. 1) den Schutz des KAGB verlieren; mit anderen Worten: Die Aufnahme der in Absatz 1 Nr. 7 statuierten Anforderungen in die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag ist nur solange gesichert, wie der EU-AIF bzw. ausländische AIF in Deutschland vertrieben wird. Dies ist umso problematischer, als Änderungen dieser Dokumente nach dem für den AIF maßgeblichen (Gesellschafts-)Recht möglicherweise erfolgen, ohne dass die Anleger dies beeinflussen können: Zum einen kann eine Änderung von vornherein auch ohne die Zustimmung der Anteilseigner möglich sein, etwa durch Beschluss der Geschäftsführung; zum anderen sind die Aktien bzw. Anteile der Anleger nicht notwendigerweise mit einem Stimmrecht verbunden. In der Literatur wird daher vertreten, es sei zu verlangen, dass eine Änderung der betreffenden Dokumente ohne Mitwirkung der Anleger nur zulässig ist, wenn sie zumindest den Anlegern so rechtzeitig bekanntgemacht wird, dass diese die Möglichkeit haben, ihre Anteile vor Wirksamwerden der Änderungen zurückzugeben.86 Diese Ansicht ist abzulehnen. Gegen sie ist zum einen einzuwenden, dass mit

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85 Vgl. überzeugend bereits Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 96. 86 Vgl. Baur § 2 AuslInvestmG Rn. 59; dies erwägt auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 78.

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F. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen AIF

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einer solchen Regelung eine massive Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit des AIF verbunden wäre, die einer gesetzlichen Grundlage im Rahmen von § 317 entbehrt,87 obwohl davon auszugehen ist, dass der KAGB-Gesetzgeber sich des seit Jahrzehnten diskutierten Problems bewusst war. Zum anderen wird zutreffend darauf hingewiesen, dass das Risiko einer Änderung der Gründungsdokumente und einer daraufhin erfolgenden Vertriebsuntersagung der Anlage in einen EU-AIF oder ausländischen AIF immanent ist.88 VIII. Ordnungsgemäße Erfüllung von Unterrichtungspflichten (Nr. 8) Die Zulässigkeit des Vertriebs wird ferner an die Voraussetzung geknüpft, dass die 65 in § 297 Abs. 2 bis 7, 9 und 10, in den §§ 299 bis 301, 303 Abs. 1 und 3 und in § 318 genannten Informations- und Veröffentlichungspflichten zugunsten (potentieller) Anleger ordnungsgemäß erfüllt werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die folgenden Pflichten: – Informations- und Hinweispflichten, bevor ein Anleger Anteile oder Aktien eines AIF erwirbt (§ 297), – Veröffentlichungspflichten und laufende Informationspflichten (§ 299); – zusätzliche Informationspflichten bei AIF (§ 300); – sonstige Veröffentlichungspflichten (§ 301); – Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts und wesentlicher Anlegerinformationen (§ 318). Der Verweis auf § 303 Abs. 1 und 3 macht deutlich, dass die Erfüllung der Informations- und Veröffentlichungspflichten in deutscher Sprache zu erfolgen hat; alternativ sind die jeweiligen Dokumente mit einer deutschen Übersetzung zu versehen, wobei die deutsche Sprachfassung maßgeblich ist.89 Im Zeitpunkt der Vertriebsanzeige gem. § 320 wird der BaFin eine Prüfung, ob die 66 jeweiligen Informations- und Veröffentlichungspflichten erfüllt werden, nur teilweise (z.B. im Hinblick auf den Inhalt des Verkaufsprospekts gem. § 318) möglich sein. Darüber, ob die AIF-Verwaltungsgesellschaft die laufenden Pflichten erfüllen wird, kann sie nur eine Prognose treffen.90 Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, kann die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 5 die zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. F. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen AIF F. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen AIF (Abs. 2) Absatz 2 statuiert weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs, die zu- 67 sätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 zu erfüllen sind, wenn es sich bei dem angezeigten AIF um einen ausländischen AIF handelt, der von einer ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft verwaltet wird.

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87 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 78; vgl. auch schon Beckmann BB 1971 850 (853). 88 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 78. 89 Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 317 Rn. 39. 90 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 115.

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§ 317

Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

I. Bestehen von geeigneten Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den für die Aufsicht zuständigen Stellen des Sitzstaates (Nr. 1) Gem. Absatz 2 Nr. 1 ist zunächst erforderlich, dass zwischen der BaFin und der zuständigen Aufsichtsbehörde des Drittstaates, in dem der ausländische AIF und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz haben, geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit bestehen (zur fehlenden inhaltlichen Abstimmung zwischen Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 Nr. 1 s. bereits oben Rn. 15). „Geeignet“ sind diese Vereinbarungen, wenn sie den in Absatz 2 Nr. 1 beschriebenen inhaltlichen Anforderungen genügen: Sie müssen (a) der Überwachung von Systemrisiken dienen, (b) im Einklang mit den internationalen Standards und den Art. 113 bis 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (sog. Level II-Verordnung) stehen und (c) einen wirksamen Informationsaustausch gewährleisten, der es der Bundesanstalt ermöglicht, ihre in § 5 festgelegten Aufgaben wahrzunehmen. 69 Die BaFin hat ein „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaates im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU“ veröffentlicht.91 Darin führt die BaFin aus, dass die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden in Drittstaaten über bilaterale Kooperationsvereinbarungen (Memorandum of Understanding – MoU) geregelt wird. Das Merkblatt enthält auch eine Liste der Aufsichtsbehörden, mit denen bereits Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen wurden, die den in Absatz 2 Nr. 1 statuierten inhaltlichen Anforderungen genügen,92 und gibt Hinweise über das erforderliche Vorgehen, wenn noch keine Kooperationsvereinbarung mit der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde besteht. Die AIF-Verwaltungsgesellschaft sollte sich in diesem Falle zunächst an die zuständige ausländische Aufsichtsbehörde wenden. Diese Aufsichtsbehörde sollte sich dann direkt mit der BaFin in Verbindung setzen, um den Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung vorzubereiten.

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II. Herkunftsstaat des angezeigten AIF steht nicht auf der NCCT-Liste der FATF (Nr. 2) 70

Der Herkunftsstaat des angezeigten AIF darf gem. Absatz 2 Nr. 2 ferner nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete (non-cooperative countries and territories, kurz: NCCT) stehen, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ (Financial Action Task Force on Money Laundering, kurz: FATF) aufgestellt wurde. Die Liste (aktueller Stand: 27.6.2014) ist auf der Homepage der FATF einsehbar.93

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91 Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaates im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU, Stand: 10.2.2014, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/WA/mb_130722_internat_ koopvereinbarungen_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018). 92 Derzeit (Stand: 10.12.2015) sind dies: Australien (ASIC), Bermuda (BMA), Cayman Islands (CIMA), Guernsey (GFSC), Hong Kong (SFC), Hong Kong (HKMA), Indien (SEBI), Japan (JFSA), Japan (METI), Japan (MAFF), Jersey (JFSC), Kanada (AMF), Kanada (OSC), Kanada (ASC), Kanada (BCSC), Kanada (OSFI), Republik Korea (FSS), Republik Korea (FSC), Schweiz (FINMA), Singapur (MAS), USA (SEC), USA (CFTC), USA (FED/CC)). 93 http://www.fatf-gafi.org/topics/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/documents/publicstatement-june-2014.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018).

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§ 317

G. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von Feeder-AIF

III. Bestehen einer Vereinbarung zwischen dem Herkunftsstaat des angezeigten AIF und der Bundesrepublik Deutschland in Steuerangelegenheiten (Nr. 3) Gem. Absatz 2 Nr. 3 ist erforderlich, dass zwischen dem Herkunftsstaat des angezeig- 71 ten AIF und der Bundesrepublik Deutschland eine Vereinbarung besteht, die einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gewährleistet. Diese Vereinbarung muss den Normen von Art. 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen, das zuletzt am 15. Juli 2014 aktualisiert wurde und die Basis für zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen weltweit bildet, vollständig entsprechen. Art. 26 des OECD-Musterabkommens regelt den zwischenstaatlichen Informationsaustausch zwischen den nationalen Steuerbehörden und begründet zwischen den Vertragsstaaten eines Doppelbesteuerungsabkommens einen völkerrechtlichen Anspruch auf Erteilung derjenigen Auskünfte, die zur Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens, insbesondere aber auch zur Durchführung ihres gesamten innerstaatlichen Steuerrechts erforderlich sind.94 G. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von Feeder-AIF G. Zusätzlich zu erfüllende Voraussetzungen für den Vertrieb von Feeder-AIF (Abs. 3) Absatz 3 enthält weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs, die zu 72 erfüllen sind, wenn es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF (§ 1 Abs. 19 Nr. 13) handelt. Handelt es sich um einen EU-Feeder-AIF, sind diese Voraussetzungen zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1, handelt es sich um einen ausländischen Feeder-AIF, sind sie zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 und Absatz 2 zu erfüllen. I. Identischer Herkunftsstaat von Master-AIF und Feeder-AIF (Nr. 1) Gem. Absatz 3 Nr. 1 müssen der Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft 73 denselben Herkunftsstaat haben wie der Feeder-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft. Ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB soll die Rechtslage damit derjenigen bei inländischen offenen Publikumsinvestmentvermögen entsprechen; ferner soll wegen der fehlenden Harmonisierung von AIF eine grenzüberschreitende Verwaltung weder des Feeder-AIF noch des Master-AIF möglich sein, weshalb nicht nur die Investmentvermögen, sondern auch deren Verwaltungsgesellschaften denselben Herkunftsstaat haben müssen.95 II. Inhalt von Anlagebedingungen, Satzung oder Gesellschaftsvertrag des Master-AIF (Nr. 2) Gem. Absatz 3 Nr. 2 müssen die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesell- 74 schaftsvertrag des Master-AIF Regelungen enthalten, die die Einhaltung der Vorschriften der §§ 220, 221 und 222 sicherstellen. Diese Vorschriften betreffen Sonstige Investmentvermögen; die Verweisung trägt ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB im Sinne der Gleichbehandlung von inländischen Publikums-AIF einerseits und EU-AIF

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Siehe näher Vogel/Lehner/Engelschalk DBA, OECD-MA Art. 26 Rn. 2 f. BTDrucks. 17/12294 S. 286.

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§ 317

Zulässigkeit des Vertriebs von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger

und ausländischen AIF, die im Inland an Privatanleger vertrieben werden, andererseits dem Umstand Rechnung, dass Master-Feeder-Konstruktionen im Bereich der inländischen Publikums-AIF nur bei Sonstigen Investmentvermögen zulässig sind.96 Auf Sonstige Investmentvermögen sind gem. § 220 die Vorschriften der §§ 192 bis 205 75 betreffend Investmentvermögen gemäß der OGAW-Richtlinie insoweit anzuwenden, als sich aus den §§ 221 ff. nichts anderes ergibt. Die §§ 192 bis 205 sind über § 220 daher mittelbar ebenfalls von der Verweisung in Absatz 3 Nr. 2 erfasst. Im Übrigen ist die Verweisung jedoch auf den Regelungsgehalt der §§ 220, 221 und 222 und der darin ausdrücklich in Bezug genommenen Vorschriften beschränkt. Absatz 3 Nr. 2 verlangt daher nicht die Beachtung anderer Normen des KAGB, die auf Sonstige Investmentvermögen im Sinne des deutschen Rechts Anwendung finden, insbesondere der allgemeinen Vorschriften für offene inländische Investmentvermögen (z.B. zulässige Rechtsformen und deren Ausgestaltung, §§ 91 ff.). III. Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 317 bis 319 und erfolgreicher Abschluss des Anzeigeverfahrens gem. § 320 durch den Master-AIF (Nr. 3) 76

Absatz 3 Nr. 3 verlangt, dass der Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft die Voraussetzungen der §§ 317 bis 319 erfüllen und das Anzeigeverfahren gem. § 320 erfolgreich abgeschlossen haben. Auch für den Master-AIF gelten somit die in § 317 statuierten materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs; ferner sind die Anforderungen des § 318 an den Verkaufsprospekt zu erfüllen und es sind wesentliche Anlegerinformationen für den Master-AIF zu erstellen; auch für den Master-AIF muss ein Repräsentant im Inland benannt werden, der die in § 319 beschriebenen Funktionen ausübt. Dadurch, dass der Master-AIF ebenfalls das Anzeigeverfahren gem. § 320 erfolgreich abgeschlossen haben muss, wird eine umfassende Prüfung auch des Master-AIF durch die BaFin sichergestellt.97 IV. Inhalt von Anlagebedingungen, Satzung oder Gesellschaftsvertrag des Feeder-AIF (Nr. 4)

Gem. Absatz 3 Nr. 4 müssen die Anlagebedingungen oder die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag98 des Feeder-AIF eine Bezeichnung des Master-AIF enthalten, in dessen Anteile oder Aktien mindestens 85 Prozent des Wertes des Feeder-AIF angelegt werden. Die Bezeichnung des Master-AIF muss die Angaben enthalten, die für die Identifizierung des Master-AIF erforderlich sind. Dazu gehören der Name (genauer: die Firma), der satzungsmäßige Sitz und die (vollständige) Anschrift des Master-AIF. Ferner müssen sie gewährleisten, dass die Anleger in einer Art und Weise geschützt 78 werden, die mit den Vorschriften des KAGB in Bezug auf Master-Feeder-Konstruktionen im Bereich der Publikums-Investmentvermögen (§§ 171 ff.) vergleichbar ist. Die Vorschrift soll ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB sicherstellen, dass die Privatanleger eines EU- bzw. ausländischen Feeder-AIF ein mit inländischen Feeder-AIF ver77

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96 BTDrucks. 17/12294 S. 286. 97 BTDrucks. 17/12294 S. 286. 98 Dass der Gesellschaftsvertrag in Abs. 3 Nr. 4 (anders als in Abs. 3 Nr. 3 mit Blick auf den Master-AIF) nicht genannt wird, dürfte als Redaktionsversehen anzusehen sein, da EU-Feeder-AIF oder ausländische Feeder-AIF nach dem nationalen Recht ihres Herkunftsstaates durchaus in der Rechtsform einer Personengesellschaft konfiguriert sein können und folglich nicht über eine Satzung, sondern über einen Gesellschaftsvertrag verfügen.

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Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

§ 318

gleichbares Schutzniveau erhalten.99 Ähnlich wie bei Absatz 1 Nr. 5 (s. oben Rn. 28) ist daher nicht zu verlangen, dass die Anlagebedingungen bzw. die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des Feeder-AIF Regelungen enthalten, die den für inländische FeederAIF maßgeblichen anlegerschützenden Bestimmungen vollumfänglich entsprechen, das Schutzniveau mithin identisch ist. Das Schutzniveau kann in Detailfragen divergieren, muss aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dem des KAGB entsprechen. V. Abschluss der in § 175 vorgesehenen Vereinbarungen (Nr. 5) Gem. Absatz 3 Nr. 5 müssen die in § 175 vorgesehenen Vereinbarungen abgeschlos- 79 sen worden sein. Dabei handelt es sich (i) um die Master-Feeder-Vereinbarung zwischen der Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF und der Verwaltungsgesellschaft des Feeder-AIF gem. § 175 Abs. 1, (ii) die Verwahrstellenvereinbarung zwischen der für den Master-AIF beauftragten Verwahrstelle und der für den Feeder-AIF beauftragten Verwahrstelle gem. § 175 Abs. 2 und (iii) um die Abschlussprüfervereinbarung zwischen dem für den Master-AIF bestellten Abschlussprüfer und dem für den Feeder-AIF bestellen Abschlussprüfer gem. § 175 Abs. 3. Diese Vereinbarungen sollen bei Master-Feeder-Strukturen gewährleisten, dass die auf der Ebene des Feeder-AIF Beteiligten die erforderlichen Informationen erhalten, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen.100 Ebenso wie Absatz 3 Nr. 4 soll Absatz 3 Nr. 5 ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB dazu beitragen, dass die Privatanleger eines EU- bzw. ausländischen Feeder-AIF ein mit inländischen Feeder-AIF vergleichbares Schutzniveau erhalten.101 Die gem. Absatz 3 Nr. 5 (i.V.m. § 175 Abs. 1) abgeschlossene Master-Feeder-Verein- 80 barung ist den Anlegern des Feeder-Fonds und des Masterfonds gem. § 297 Abs. 6 auf Verlangen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

§ 318 Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 318 Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen Behme https://doi.org/10.1515/9783110492217-105

(1) 1 Der Verkaufsprospekt des EU-AIF oder des ausländischen AIF muss mit einem Datum versehen sein und alle Angaben enthalten, die zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Beurteilung der Anteile oder Aktien des EU-AIF oder des ausländischen AIF von wesentlicher Bedeutung sind. 2 Er muss zumindest die in § 165 Absatz 2 bis 7 und 9 geforderten Angaben enthalten. 3 Der Verkaufsprospekt eines geschlossenen AIF muss keine Angaben entsprechend § 165 Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 4 bis 7, dafür aber Angaben entsprechend § 269 Absatz 2 Nummer 2 und 3 und Absatz 3 sowie einen Hinweis enthalten, wie die Anteile oder Aktien übertragen werden können und gegebenenfalls Hinweise entsprechend § 262 Absatz 1 Satz 4, § 262 Absatz 2 Satz 3, § 263 Absatz 5 Satz 2 und gegebenenfalls einen Hinweis, in welcher Weise ihre freie Handelbarkeit eingeschränkt ist. 4 Der Verkaufsprospekt eines Feeder-AIF muss zusätzlich die Angaben nach § 173 Absatz 1 enthalten. 5 Darüber hinaus muss der Verkaufsprospekt eines EU-AIF oder ausländischen AIF insbesondere Angaben enthalten

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99 BTDrucks. 17/12294 S. 286. 100 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Daemgen InvG, § 45b Rn. 1 ff. 101 BTDrucks. 17/12294 S. 286.

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§ 318

Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

1.

über Name oder Firma, Rechtsform, Sitz und Höhe des gezeichneten und eingezahlten Kapitals (Grund- oder Stammkapital abzüglich der ausstehenden Einlagen zuzüglich der Rücklagen) des EU-AIF oder des ausländischen AIF, der AIF-Verwaltungsgesellschaft, des Unternehmens, das den Vertrieb der Anteile oder Aktien im Geltungsbereich dieses Gesetzes übernommen hat (Vertriebsgesellschaft), und der Verwahrstelle, 2. über Name oder Firma, Sitz und Anschrift des Repräsentanten und der Zahlstellen, 3. über die Voraussetzungen und Bedingungen, zu denen die Anleger die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können sowie über die für die Auszahlung zuständigen Stellen. 6 Der Verkaufsprospekt muss ferner ausdrückliche Hinweise darauf enthalten, dass der EU-AIF oder der ausländische AIF und seine Verwaltungsgesellschaft nicht einer staatlichen Aufsicht durch die Bundesanstalt unterstehen. 7 Die Bundesanstalt kann verlangen, dass in den Verkaufsprospekt weitere Angaben aufgenommen werden, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass die Angaben für den Erwerber erforderlich sind. (2) 1 Der Verkaufsprospekt von EU-AIF und ausländischen AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Dach-Hedgefonds nach § 225 Absatz 1 und 2 vergleichbar sind, muss darüber hinaus Angaben entsprechend den in § 228 genannten Angaben enthalten. 2 Der Verkaufsprospekt von EUAIF oder ausländischen AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Sonstigen Sondervermögen nach den §§ 220, 221, 222 vergleichbar sind, muss darüber hinaus Angaben entsprechend den in § 224 Absatz 1 genannten Angaben enthalten. 3 Der Verkaufsprospekt von EU-AIF oder ausländischen AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Immobilien-Sondervermögen nach § 230 vergleichbar sind, muss darüber hinaus Angaben entsprechend den Angaben nach § 256 Absatz 1 enthalten. (3) 1 Für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die nach der Verordnung (EU) 2017/1129 einen Prospekt zu veröffentlichen haben, bestimmen sich die in diesen Prospekt aufzunehmenden Mindestangaben nach der Verordnung (EU) 2017/1129 und den Vorgaben in den Kapiteln II bis IV der Delegierten Verordnung (EU) 2019/980. 2 Enthält dieser Prospekt zusätzlich die in den Absätzen 1 und 2 geforderten Angaben, muss darüber hinaus kein Verkaufsprospekt erstellt werden. 3 Die Absätze 4 und 6 gelten entsprechend. (4) Außerdem ist dem Verkaufsprospekt als Anlage beizufügen: 1. ein Jahresbericht nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, dessen Stichtag nicht länger als 16 Monate zurückliegen darf, und 2. bei offenen AIF, wenn der Stichtag des Jahresberichts länger als acht Monate zurückliegt, auch ein Halbjahresbericht nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4. (5) 1 Für EU-AIF und ausländische AIF sind wesentliche Anlegerinformationen zu erstellen. 2 Für offene EU-AIF und offene ausländische AIF gilt § 166 Absatz 1 bis 5 und für geschlossene EU-AIF und geschlossene ausländische AIF gilt § 270 entsprechend. 3 Für die wesentlichen Anlegerinformationen von EU-AIF und ausländischen AIF, die Immobilien-Sondervermögen entsprechen, sind die Anforderungen nach § 166 Absatz 6 und von EU-AIF und ausländischen AIF, die Dach-Hedgefonds nach § 225 entsprechen, sind die Anforderungen nach § 166 Absatz 7 zu beachten. (6) 1 Die wesentlichen Anlegerinformationen sowie Angaben von wesentlicher Bedeutung im Verkaufsprospekt sind auf dem neusten Stand zu halten. 2 Bei geBehme

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A. Überblick

§ 318

schlossenen AIF mit einer einmaligen Vertriebsphase gilt dies nur für die Dauer der Vertriebsphase. Schrifttum Siehe bei § 314; ferner Voß Die Überarbeitung der Prospektrichtlinie, ZBB 2010 194.

A. B. C. D.

E.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck | 5 Mindestanforderungen an den Inhalt des Verkaufsprospekts im Einzelnen (Abs. 1) I. Allgemeines (Abs. 1 S. 1) | 6 II. Inhaltliche Vorgaben im Einzelnen (Abs. 1 S. 2 bis 5) | 7 III. Hinweis auf fehlende staatliche Aufsicht durch die BaFin (Abs. 1 S. 6) | 13 Zusätzliche Anforderungen für bestimmte AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik besonderen Anforderungen unterliegen (Abs. 2)

Dach-Hedgefonds (Abs. 2 S. 1) | 14 Sonstige Sondervermögen (Abs. 2 S. 2) | 15 III. Immobilien-Sondervermögen (Abs. 2 S. 3) | 16 Konkurrenzverhältnis zur Prospektpflicht nach der Prospektrichtlinie (Abs. 3) | 17 Beifügung von Finanzberichten (Abs. 4) | 19 Wesentliche Anlegerinformationen (Abs. 5) | 21 Aktualisierungspflicht (Abs. 6) | 22 Rechtsfolgen bei Verstößen | 24 I. II.

F.

G. H. I. J.

A. Überblick A. Überblick § 318 normiert die inhaltlichen Mindestanforderungen an den Verkaufsprospekt ei- 1 nes EU-AIF oder ausländischen AIF, der im Inland an Privatanleger vertrieben werden soll, und schreibt ferner die Erstellung wesentlicher Anlegerinformationen vor. Der Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen sind gem. § 320 Abs. 1 Nr. 3 mit dem Anzeigeschreiben bei der BaFin einzureichen. Sie sind ferner gem. § 297 Abs. 2 S. 2 jedem am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem AIF interessierten Privatanleger rechtzeitig vor Vertragsschluss kostenlos zur Verfügung zu stellen. Beide Dokumente sind gem. § 303 Abs. 1 in deutscher Sprache abzufassen oder mit einer deutschen Übersetzung zu versehen, wobei die deutsche Sprachfassung maßgeblich ist. Abs. 1 regelt, welche Angaben der Verkaufsprospekt des EU-AIF oder des ausländi- 2 schen AIF im Einzelnen enthalten muss, wobei er teilweise zwischen offenen und geschlossenen AIF differenziert und ferner eine Erweiterung für den Verkaufsprospekt eines EU- oder ausländischen Feeder-AIF enthält. Abs. 2 enthält eine Erweiterung der inhaltlichen Anforderungen gem. Abs. 1 für bestimmte AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik besonderen Anforderungen unterliegen. Sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 bedienen sich dabei weitreichender Verweisungen auf die für inländische Publikums-AIF maßgeblichen Bestimmungen. Abs. 3 regelt das Konkurrenzverhältnis zu einer etwaigen Prospektpflicht nach dem WpPG. Gem. Abs. 4 ist dem Verkaufsprospekt ein Jahresbericht und bei offenen AIF ggf. auch ein Halbjahresbericht beizufügen. Abs. 5 schreibt vor, dass für EU-AIF und ausländische AIF wesentliche Anlegerinformationen zu erstellen sind. Abs. 6 regelt, dass die wesentlichen Anlegerinformationen sowie Angaben von wesentlicher Bedeutung im Verkaufsprospekt auf dem neuesten Stand zu halten sind. Gem. Abs. 1 S. 7 kann die BaFin verlangen, dass in den Verkaufsprospekt weitere, 3 d.h. über die in § 318 normierten inhaltlichen Anforderungen hinausgehende Angaben 759

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§ 318

Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

aufgenommen werden, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass die Angaben für den Erwerber erforderlich sind. Die BaFin hat ein Merkblatt veröffentlicht, das die Grundzüge des Anzeigeverfahrens gem. § 320 KAGB und die Voraussetzungen für den Vertrieb von EUAIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Inland erläutert („BaFin-Merkblatt“).1 Diesem Merkblatt kann u.a. entnommen werden, welche weiteren Anforderungen die BaFin an den Inhalt des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen stellt.2 Die BaFin kann im Einzelfall aber auch über das Merkblatt hinausgehende Angaben verlangen (s. § 320 Rn. 9).3 B. Entstehungsgeschichte 4

§ 318 entspricht weitgehend dem Regelungsgehalt von § 137 des aufgehobenen InvG, wobei ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB eine umfassende Anpassung an die Anforderungen an die Verkaufsprospekte von inländischen Publikumsinvestmentvermögen (bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 165; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: § 269) vorgenommen wurde. Ferner wurde die Regelung an die Terminologie des KAGB angepasst.4 Eine erste inhaltliche Erweiterung hat § 318 bereits durch Art. 2 Nr. 58 des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes (FiMaAnpG)5 erfahren; dadurch wurde Abs. 1 S. 3 um die Pflicht ergänzt, ggf. Hinweise entsprechend § 262 Abs. 1 S. 4, § 262 Abs. 2 S. 3, § 263 Abs. 5 S. 2 in den Verkaufsprospekt eines geschlossenen AlF aufzunehmen. C. Normzweck C. Normzweck

5

Der Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen sind zentrale Instrumente des Anlegerschutzes. Die darin enthaltenen Angaben versetzen den am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie eines AIF interessierten Anleger in die Lage, sich mit den Eigenschaften des AIF zu befassen sowie die mit der Anlage verbundenen Chancen und Risiken zu analysieren und mit seinen Präferenzen, insbesondere seiner individuellen Risikobereitschaft abzugleichen. Auf diese Weise soll er seine Anlageentscheidung schließlich auf der Grundlage ausreichender und fundierter Informationen treffen können. § 318 stellt durch die Normierung inhaltlicher Mindestanforderungen an den Verkaufsprospekt sicher, dass dem Anlegerschutz insoweit auch beim Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF in Deutschland Rechnung getragen wird. Er wird flankiert von der Prospekthaftung gem. § 306 für den Fall, dass die im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben unrichtig oder unvollständig oder die in den wesentlichen Anlegerinformationen enthaltenen Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbar sind.

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1 Merkblatt für Anzeigen beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Stand Januar 2018, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/ dl_140617_merkbl_320_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018). 2 S. für offene AIF BaFin-Merkblatt S. 33 ff. und für geschlossene AIF BaFin-Merkblatt S. 57 ff. 3 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 137 Rn. 5. 4 BTDrucks. 17/12294 S. 285. 5 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes (FiMaAnpG) v. 15.7.2014, BGBl. I, S. 934.

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§ 318

D. Mindestanforderungen an den Inhalt des Verkaufsprospekts im Einzelnen

D. Mindestanforderungen an den Inhalt des Verkaufsprospekts im Einzelnen (Abs. 1) D. Mindestanforderungen an den Inhalt des Verkaufsprospekts im Einzelnen I. Allgemeines (Abs. 1 S. 1) Gem. Abs. 1 S. 1 muss der Verkaufsprospekt des EU-AIF oder des ausländischen AIF 6 mit einem Datum versehen sein, womit das Datum seiner Erstellung gemeint ist.6 Er muss sämtliche Angaben enthalten, die zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Beurteilung der Anteile oder Aktien des EU-AIF oder des ausländischen AIF von wesentlicher Bedeutung sind. Von wesentlicher Bedeutung sind solche Angaben, die objektiv für einen durchschnittlich verständigen Anleger erforderlich sind, um sich ein fundiertes Urteil über die Anlage zu bilden. Individuelle Kenntnisse und Erfahrungen des einzelnen Anlegers spielen keine Rolle.7 Die Angaben, die aufgrund derjenigen Vorschriften erforderlich sind, auf die in Abs. 1 und Abs. 2 verwiesen wird, sowie die in Abs. 1 S. 5 ausdrücklich verlangten Angaben sind qua gesetzlicher Regelung von wesentlicher Bedeutung. Mit dem Zeitpunkt der Antragstellung ist der Zeitpunkt gemeint, in dem der Erwerber den Kaufantrag stellt (in § 297 Abs. 9 und § 305 Abs. 2 als Antrag auf Vertragsabschluss bezeichnet). II. Inhaltliche Vorgaben im Einzelnen (Abs. 1 S. 2 bis 5) Gem. Abs. 1 S. 2 muss der Verkaufsprospekt zumindest die in § 165 Abs. 2 bis 7 und 9 7 für den Verkaufsprospekt offener inländischer Publikums-AIF vorgeschriebenen Mindestangaben enthalten. § 165 Abs. 8 ist deshalb nicht Teil der Verweisung, weil er wortgleich Abs. 1 S. 7 entspricht, wonach die BaFin verlangen kann, dass in den Verkaufsprospekt weitere Angaben aufgenommen werden, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass die Angaben für den Erwerber erforderlich sind. Abs. 1 S. 3 schränkt für den Verkaufsprospekt eines geschlossenen AIF die Verwei- 8 sung auf § 165 in Abs. 1 S. 3 dahingehend ein, dass die Angaben nach § 165 Abs. 3 Nr. 2 sowie Abs. 4 bis 7 nicht erforderlich sind. Stattdessen muss der Verkaufsprospekt Angaben nach § 269 Abs. 2 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 3 enthalten sowie einen Hinweis darauf, wie die Anteile oder Aktien übertragen werden können, gegebenenfalls Hinweise entsprechend § 262 Abs. 1 S. 4 und § 262 Abs. 2 S. 3 (sofern ohne Einhaltung des Grundsatzes der Risikomischung investiert wird) sowie § 263 Abs. 5 S. 2 (bei fehlender Begrenzung von Leverage und Belastung), und schließlich gegebenenfalls einen Hinweis, in welcher Weise ihre freie Handelbarkeit eingeschränkt ist. Letzteres entspricht der Vorgabe von § 269 Abs. 2 Nr. 1 für den Verkaufsprospekt eines geschlossenen Publikums-AIF in Form der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft deutschen Rechts. Die Übertragbarkeit der Anteile und ihre freie Handelbarkeit richtet sich nach den für die Rechtsform des betreffenden AIF maßgeblichen Vorschriften des nationalen Rechts seines Herkunftsstaates. Gem. Abs. 1 S. 4 muss der Verkaufsprospekt eines EU- oder ausländischen Feeder- 9 AIF zusätzlich die Angaben nach § 173 Abs. 1 enthalten, die im Wesentlichen den MasterAIF und das Verhältnis zwischen Feeder-AIF und Master-AIF betreffen.

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6 Präziser ist insoweit die Formulierung in § 5 WpPG. 7 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 137 Rn. 4; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 318 Rn. 9.

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Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

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Abs. 1 S. 5 enthält weitere Angaben, die der Verkaufsprospekt eines EU-AIF oder ausländischen AIF enthalten muss. Dazu gehören gem. Abs. 1 S. 5 Nr. 1 zunächst Name oder Firma, Rechtsform, Sitz sowie gezeichnetes und eingezahltes Kapital (definiert als Grund- oder Stammkapital abzüglich der ausstehenden Einlagen zuzüglich der Rücklagen) des EU-AIF oder des ausländischen AIF, der AIF-Verwaltungsgesellschaft und ggf. der Vertriebsgesellschaft(en) sowie der Verwahrstelle. Mit Recht wird kritisiert, dass die Angaben im Hinblick auf sämtliche Vertriebsgesellschaften erforderlich sind, die den EU-AIF oder ausländischen AIF in Deutschland vertreiben. Denn es ist nicht ersichtlich, welchen konkreten Beitrag eine Liste aller Vertriebsgesellschaften mit Informationen u.a. über ihre finanzielle Struktur zu dem mit dem Prospekt verfolgten Zweck leisten soll, eine ausreichende Informationsgrundlage für potentielle Anleger im Hinblick auf Chancen und Risiken der Anlage im Vorfeld ihrer Anlageentscheidung zu schaffen. Sie bedeutet zudem einen erheblichen Verwaltungsaufwand, da nach dem Gesetzeswortlaut jede Änderung der Liste der Vertriebsgesellschaften die Aktualisierungspflicht nach Abs. 6 und bei deren Verletzung die Prospekthaftung nach § 306 auslöst.8 Es sollte daher genügen, wenn Name oder Firma, Rechtsform, Sitz und Anschrift aller in Deutschland tätigen Vertriebsgesellschaften der BaFin im Rahmen des Anzeigeverfahrens gem. § 320 Abs. 1 Nr. 3 mitgeteilt werden.9 Von erheblicher Bedeutung für die Anleger sind hingegen die gem. Abs. 1 S. 5 Nr. 2 11 erforderlichen Angaben über Name oder Firma, Sitz und Anschrift des Repräsentanten und der Zahlstellen. Bei der Benennung eines Repräsentanten und einer oder mehrerer Zahlstellen handelt es sich gem. § 317 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6 um materielle Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs. Der Repräsentant vertritt gem. § 319 Abs. 1 den AIF gerichtlich und außergerichtlich und ist zum Empfang von Schriftstücken ermächtigt, die für die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Vertriebsgesellschaft bestimmt sind; ferner besteht gem. § 319 Abs. 2 an seinem (Wohn-)Sitz ein Gerichtsstand für Klagen gegen den AIF, die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine Vertriebsgesellschaft, die zum Vertrieb des AIF Bezug haben. Über die Zahlstellen können von den Anlegern zu leistende oder für sie bestimmte Zahlungen geleistet werden. Schließlich hat der Verkaufsprospekt gem. Abs. 1 S. 5 Nr. 3 Angaben über die Vo12 raussetzungen und Bedingungen zu enthalten, zu denen die Anleger die Auszahlung des auf den Anteil oder die Aktie entfallenden Vermögensteils verlangen können, sowie über die für die Auszahlung zuständigen Stellen. Ergänzend dazu verlangt die BaFin Angaben zu dem Verfahren und den Bedingungen eines etwaigen Umtausches von Anteilen oder Aktien zwischen verschiedenen Teilinvestmentvermögen einer Umbrella-Konstruktion.10 III. Hinweis auf fehlende staatliche Aufsicht durch die BaFin (Abs. 1 S. 6) 13

Gem. Abs. 1 S. 6 muss der Verkaufsprospekt einen ausdrücklichen Hinweis11 darauf enthalten, dass der EU-AIF oder der ausländische AIF und seine Verwaltungsgesellschaft nicht der staatlichen Aufsicht durch die BaFin unterstehen. Der Wortlaut der Formulierung wird im BaFin-Merkblatt vorgegeben und sollte in der Praxis in dieser Form ver-

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8 Überzeugend insoweit Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 11. 9 Diese Angaben verlangt die BaFin, s. BaFin-Merkblatt S. 20. 10 BaFin-Merkblatt S. 37; s. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 25. 11 Dass die Formulierung des Gesetzes in Abs. 1 S. 6 den Plural („ausdrückliche Hinweise“) verwendet, ist nicht von näherer Bedeutung; ein entsprechender Hinweis genügt.

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E. Zusätzliche Anforderungen für bestimmte AIF

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wendet werden; der Hinweis muss in drucktechnisch deutlich herausgestellter Form erfolgen.12 E. Zusätzliche Anforderungen für bestimmte AIF, die hinsichtlich ihrer Anlagepolitik besonderen Anforderungen unterliegen (Abs. 2) E. Zusätzliche Anforderungen für bestimmte AIF I. Dach-Hedgefonds (Abs. 2 S. 1) Gem. Abs. 2 S. 1 muss der Verkaufsprospekt von EU-AIF und ausländischen AIF, die 14 hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Dach-Hedgefonds nach § 225 Abs. 1 und 2 vergleichbar sind, über die Angaben nach Abs. 1 hinaus Angaben entsprechend den in § 228 genannten Angaben enthalten. Die nach § 228 (zusätzlich zu den Angaben nach § 165 erforderlichen) Angaben beziehen sich im Wesentlichen auf die Zielfonds, an denen der Dach-Hedgefonds Anteile erwirbt, sowie die Einzelheiten und Bedingungen der Rücknahme und der Auszahlung von Anteilen oder Aktien (§ 228 Abs. 1); ferner muss der Verkaufsprospekt an auffälliger Stelle drucktechnisch hervorgehoben einen Warnhinweis darauf enthalten, dass der AIF in Hedgefonds investiert, die keinen gesetzlichen Leverage- oder Risikobeschränkungen unterliegen (§ 228 Abs. 2). II. Sonstige Sondervermögen (Abs. 2 S. 2) Gem. Abs. 2 S. 2 muss der Verkaufsprospekt von EU-AIF und ausländischen AIF, die 15 hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Sonstigen Sondervermögen nach den §§ 220, 221, 22213 vergleichbar sind, über die Angaben nach Abs. 1 hinaus Angaben entsprechend den in § 224 Abs. 1 genannten Angaben enthalten. Die nach § 224 Abs. 1 (zusätzlich zu den Angaben nach § 165) erforderlichen Angaben beziehen sich auf die Vermögensgegenstände, in die der AIF investiert, sowie die Voraussetzungen und Bedingungen für die Rücknahme14 und Auszahlung von Anteilen oder Aktien aus dem Sonstigen Investmentvermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile oder Aktien. III. Immobilien-Sondervermögen (Abs. 2 S. 3) Gem. Abs. 2 S. 3 muss der Verkaufsprospekt von EU-AIF und ausländischen AIF, die 16 hinsichtlich ihrer Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von ImmobilienSondervermögen nach § 230 vergleichbar sind, über die Angaben nach Abs. 1 hinaus Angaben entsprechend den Angaben nach § 256 Abs. 1 enthalten. Die nach § 256 Abs. 1 (zusätzlich zu den Angaben nach § 165) erforderlichen Angaben beziehen sich auf die Sonderregelung für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen gem. § 255 Abs. 2 sowie die Voraussetzungen und Bedingungen für die Rücknahme und Auszahlung von Anteilen oder Aktien aus dem Sondervermögen Zug um Zug gegen Rückgabe der Anteile.

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12 BaFin-Merkblatt, S. 41 f. Der Wortlaut lautet wie folgt: „Sowohl das Investmentvermögen als auch seine Verwaltungsgesellschaft unterliegen nicht der staatlichen Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.“ 13 Die Verweisung ist insoweit terminologisch unscharf, als diese in § 220 nicht als „Sonstige Sondervermögen“, sondern als „Sonstige Investmentvermögen“ bezeichnet werden. 14 In § 256 Abs. 1 Nr. 2 heißt es fälschlicherweise: „Rückgabe“.

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§ 318

Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen

F. Konkurrenzverhältnis zur Prospektpflicht nach der Prospektrichtlinie (Abs. 3) 17

Abs. 3 S. 1 regelt den Fall, dass eine Prospektpflicht für den EU-AIF oder den ausländischen AIF15 nach der Verordnung (EU) 2017/1129 (sog. Prospektverordnung) besteht. Die neue, unmittelbar anwendbare Prospektverordnung regelt die Prospektpflicht als solche (Art. 3 Abs. 1) und enthält Vorgaben zu Inhalt und Aufmachung des Prospekts (Art. 13 ff.); nähere Anforderungen an den Prospektinhalt sind der Delegierten Verordnung (EU) 2019/980 zu entnehmen.16 Enthält der nach Maßgabe dieser Bestimmungen erstellte Prospekt zusätzlich die in Abs. 1 und Abs. 2 geforderten Angaben, ist die Erstellung eines zusätzlichen Verkaufsprospekts nach dem KAGB nicht erforderlich. Abs. 3 S. 2 stellt klar, dass in diesem Falle die Abs. 4 bis 6 „entsprechend“ gelten, 18 d.h. dem Prospekt ist ein Jahresbericht als Anlage beizufügen (Abs. 4), es sind wesentliche Anlegerinformationen zu erstellen (Abs. 5) und es besteht eine Pflicht zur Aktualisierung der wesentlichen Anlegerinformationen und der Angaben von wesentlicher Bedeutung (s. unten Rn. 22 f.) im Prospekt (Abs. 6). G. Beifügung von Finanzberichten (Abs. 4) Abs. 4 Nr. 1 verlangt, dass dem Verkaufsprospekt ein Jahresbericht als Anlage beigefügt wird, dessen Stichtag nicht länger als 16 Monate zurückliegen darf. Welche Angaben der Jahresbericht zu enthalten hat, bestimmt § 299 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; hinsichtlich Inhalt und Form des Jahresberichts wird in § 299 Abs. 1 S. 2 im Übrigen auf die Art. 103 bis 107 der Delegierten Verordnung (EU) NR. 231/2013 (sog. Level II-Verordnung) verwiesen. Bei offenen EU-AIF und ausländischen AIF ist, wenn der Stichtag des Jahresberichts 20 länger als acht Monate zurückliegt, auch ein Halbjahresbericht beizufügen, dessen Inhalt § 299 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 durch partielle Verweisung auf die Angaben im Jahresbericht gem. § 299 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bestimmt. H. Wesentliche Anlegerinformationen (Abs. 5) 19

H. Wesentliche Anlegerinformationen (Abs. 5) 21

Gem. Abs. 5 sind für EU-AIF und ausländische AIF, die im Inland an Privatanleger vertrieben werden, wesentliche Anlegerinformationen zu erstellen. Hinsichtlich Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen wird auf die für inländische Publikums-AIF maßgeblichen Vorschriften verwiesen: – für offene EU-AIF und offene ausländische AIF auf § 166 Abs. 1 bis 5 (der seinerseits in Abs. 4 für offene Publikums-AIF auf die Verordnung (EU) Nr. 583/2010 verweist); – für geschlossene EU-AIF und geschlossene ausländische AIF auf § 270 (der seinerseits auf § 166 Abs. 1 bis 3 und 5 verweist); – für EU-AIF und ausländische AIF, die Immobilien-Sondervermögen entsprechen, auf § 166 Abs. 6; – für EU-AIF, die Dach-Hedgefonds nach § 225 entsprechen, auf § 166 Abs. 7.

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15 Der Gesetzeswortlaut spricht unpräzise von „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische[n] Verwaltungsgesellschaften, die nach der Richtlinie 2003/71/EG einen Prospekt zu veröffentlichen haben.“ 16 Siehe ausführlich zum neuen Prospektrecht Schmidt/Bhatti/Storck ZEuP 2019, 287.

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Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb

§ 319

I. Aktualisierungspflicht (Abs. 6) Abs. 6 S. 1 statuiert eine Aktualisierungspflicht, die § 164 Abs. 3 und § 268 Abs. 2 ent- 22 spricht. Danach sind die wesentlichen Anlegerinformationen sowie Angaben von wesentlicher Bedeutung im Verkaufsprospekt auf dem neuesten Stand zu halten. Abs. 6 S. 2 enthält ebenso wie § 268 Abs. 2 S. 2 eine Sonderregelung für geschlossene AIF mit einer einmaligen Vertriebsphase, bei denen eine Aktualisierung des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen nur während dieser Vertriebsphase erforderlich ist. Die Aktualisierung kann dadurch erfolgen, dass ein neuer Verkaufsprospekt erstellt wird; ebenso ist es möglich, dem Verkaufsprospekt einen Nachtrag voranzustellen, der es dem Anleger ermöglicht, die Änderungen nachzuvollziehen. Anders als noch in § 42 Abs. 5 des aufgehobenen InvG bezieht sich die Aktualisie- 23 rungspflicht auf die wesentlichen Anlegerinformationen insgesamt und ist nicht auf darin enthaltene Angaben „von wesentlicher Bedeutung“ beschränkt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die wesentlichen Anlegerinformationen (bei offenen inländischen Publikums-AIF: § 166; bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF: § 270) regelmäßig keine unwesentlichen Angaben enthalten; sie sind vielmehr gem. § 166 Abs. 3 S. 4 kurz zu halten. Dagegen besteht die Aktualisierungspflicht im Hinblick auf den Verkaufsprospekt weiterhin nur in Bezug auf Angaben von wesentlicher Bedeutung. Aus Gründen des Anlegerschutzes ist dieses Merkmal allerdings weit auszulegen. Bei den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalten des Verkaufsprospekts ist stets davon auszugehen, dass sie von wesentlicher Bedeutung sind. Eine Aktualisierungspflicht besteht nur ausnahmsweise nicht, wenn im Verkaufsprospekt ergänzende Angaben gemacht werden und sich diese Tatsachen nachträglich ändern.17 J. Rechtsfolgen bei Verstößen Verstöße gegen die Prospektpflicht können zum einen die Prospekthaftung nach 24 § 306 auslösen und zum anderen eine Untersagung des Vertriebs nach § 314 Abs. 1 bzw. § 320 Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 nach sich ziehen.18 https://doi.org/10.1515/9783110492217-106

§ 319 Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger § 319 Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb Behme Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb

(1) 1 Der Repräsentant vertritt den EU-AIF oder ausländischen AIF gerichtlich und außergerichtlich. 2 Er ist ermächtigt, für die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft bestimmten Schriftstücke zu empfangen. 3 Diese Befugnisse können nicht beschränkt werden. (2) 1 Für Klagen gegen einen EU-AIF oder einen ausländischen AIF, eine AIFVerwaltungsgesellschaft oder eine Vertriebsgesellschaft, die zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes Bezug haben, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Repräsentant seinen Wohnsitz oder Sitz hat. 2 Dieser Gerichtsstand kann durch Vereinbarung nicht ausgeschlossen werden.

_____ 17 18

Vgl. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, § 42 Rn. 129. Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 318 Rn. 30.

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(3) 1 Der Name des Repräsentanten und die Beendigung seiner Stellung sind von der Bundesanstalt im Bundesanzeiger bekannt zu machen. 2 Entstehen der Bundesanstalt durch die Bekanntmachung nach Satz 1 Kosten, so sind ihr diese Kosten zu erstatten. Schrifttum Vgl. die Angaben zu § 314; ferner Klebeck/Loff Gesetzliche Vertreter und Repräsentanten im KAGB, DB 2014 2635.

A. B. C. D.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 3 Normzweck | 5 Rechtsstellung des Repräsentanten (Abs. 1) I. Vertretung des EU-AIF bzw. ausländischen AIF | 6 II. Empfangsbevollmächtigung für die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft | 10

III.

E. F.

Begründung der Repräsentantenstellung | 11 IV. Beendigung der Repräsentantenstellung | 15 Gesetzlicher Gerichtsstand (Abs. 2) | 19 Bekanntmachungspflicht der BaFin (Abs. 3) | 23

A. Überblick § 319 bestimmt die Funktion des Repräsentanten näher, dessen Benennung gem. § 317 Abs. 1 Nr. 4 zwingende materielle Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs ist. Die Norm ist gemeinsam mit § 317 Abs. 1 Nr. 4 zu lesen, der die Voraussetzungen für die Benennung als Repräsentant statuiert. Dessen Funktion lässt sich als die eines Mittlers zwischen dem AIF auf der einen und den Anlegern und der BaFin auf der anderen Seite charakterisieren (s. § 317 Rn. 24);1 daneben nimmt der Repräsentant die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Abs. 3 S. 4 wahr. Abs. 1 regelt die wesentlichen Aufgaben des Repräsentanten, die (neben der Wahr2 nehmung der Compliance-Funktion) in der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des EU-AIF bzw. ausländischen AIF sowie in der Entgegennahme der für die AIFVerwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft bestimmten Schriftstücke bestehen. Abs. 2 begründet einen gesetzlichen Gerichtsstand am Sitz des Repräsentanten für Klagen gegen einen EU-AIF oder einen ausländischen AIF, eine AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine Vertriebsgesellschaft, sofern die Klage in Bezug zum Vertrieb des AIF im Inland steht. Abs. 3 statuiert schließlich eine Pflicht der BaFin zur Bekanntmachung des Namens des Repräsentanten sowie der Beendigung seiner Stellung auf Kosten der AIF-Verwaltungsgesellschaft. B. Entstehungsgeschichte 1

B. Entstehungsgeschichte 3

§ 319 basiert nicht unmittelbar auf Vorgaben der AIFM-Richtlinie. Lediglich die Beschreibung der Funktion des Repräsentanten in § 317 Abs. 1 Nr. 4 und in § 319 lehnt sich teilweise an die Beschreibung des gesetzlichen Vertreters eines AIFM, der beabsichtigt, EU-AIF zu verwalten und/oder von ihm verwaltete AIF gem. Art. 39 oder 40 AIFM-Richt-

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1 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 1; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 20.

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D. Rechtsstellung des Repräsentanten (Abs. 1)

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linie in der Union zu vertreiben, in Art. 37 Abs. 3 AIFM-RL an. Diese Richtlinienbestimmung wird in § 57 Abs. 3 umgesetzt (s. § 317 Rn. 4).2 § 319 entspricht weitgehend dem Regelungsgehalt von § 138 des aufgehobenen InvG, 4 der ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB an dessen Terminologie angepasst wurde.3 C. Normzweck Auch § 319 dient dem Anlegerschutz. Die Bestellung des Repräsentanten hat dabei 5 vor allem die Funktion, den Anlegern, aber auch der BaFin die Kommunikation und die effektive Durchsetzung von Rechten gegenüber dem EU-AIF bzw. ausländischen AIF, der AIF-Verwaltungsgesellschaft und einer ggf. beauftragten Vertriebsgesellschaft4 im Inland erheblich zu erleichtern.5 D. Rechtsstellung des Repräsentanten (Abs. 1) D. Rechtsstellung des Repräsentanten (Abs. 1) I. Vertretung des EU-AIF bzw. ausländischen AIF Die Vertretungsbefugnis des Repräsentanten für den AIF wird in der Literatur dog- 6 matisch nur unzureichend erfasst. Überwiegend wird sie als gesetzliche Vertretungsmacht charakterisiert;6 teilweise dieselben Autoren nehmen aber zugleich an, es handele sich bei der Repräsentantenstellung „im Kern um ein rechtsgeschäftliches Stellvertretungsverhältnis mit gesetzlich normiertem Vertretungsumfang“,7 oder sie rücken die Vertretungsmacht des Repräsentanten in die Nähe organschaftlicher Vertretungsmacht, deren Umfang der eines GmbH-Geschäftsführers gem. § 35 Abs. 1 GmbHG oder eines AGVorstands gem. § 78 Abs. 1 AktG entspreche.8 Anders als bei einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht mit gesetzlich normiertem Vertretungsumfang, wie etwa der handelsrechtlichen Prokura (§ 48 HGB),9 handelt es sich bei der Bestellung des Repräsentanten nicht um einen freiwilligen Akt im Sinne gewillkürter Stellvertretung. Sondern die Bestellung des Repräsentanten ist gesetzlich vorgeschrieben und eine materielle Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs. Darin liegt eine Parallele zu Fällen gesetzlicher Vertretungsmacht, für die im Übrigen aber charakteristisch ist, dass der Vertretene den Vertreter nicht selbst auswählt und ein konkurrierendes Handeln des Vertretenen ausgeschlossen ist; sie ist nicht Ausdruck von Selbst-, sondern von Fremdbestimmung.10 Eine größere Nähe besteht daher in der Tat zu der organschaftlichen Ver-

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2 Zur Abgrenzung zwischen Repräsentanten und gesetzlichem Vertreter ausführlich Klebeck/Loff DB 2014 2635. 3 BTDrucks. 17/12294 S. 287. 4 § 318 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 enthält eine Legaldefinition der Vertriebsgesellschaft: Es handelt sich um das Unternehmen, das den Vertrieb der Anteile oder Aktien (= des EU-AIF oder ausländischen AIF) im Geltungsbereich dieses Gesetzes (= im Inland) übernommen hat. 5 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 1; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 5. 6 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 10; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 2; Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 6. 7 So Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 5; ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/ Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 6. 8 So Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 6; Klebeck/ Loff DB 2014 2635 (2637). 9 MüKoHGB/Krebs § 48 Rn. 1. 10 MüKoBGB/Schubert § 164 Rn. 8.

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tretungsmacht, die aber typischerweise mit einer entsprechenden Geschäftsführungsbefugnis einhergeht (vgl. etwa § 35 GmbHG, §§ 77, 78 AktG, §§ 114, 125 HGB). Die Funktion des Repräsentanten soll sich nach der Konzeption des Gesetzes aber gerade auf die Wahrnehmung der Mittlerfunktion zwischen einerseits den Anlegern und der BaFin und andererseits dem AIF sowie auf die Wahrnehmung der Compliance-Funktion beschränken; eine Befugnis zur Geschäftsführung oder zur Verwaltung des Gesellschaftsvermögens ist ihm nicht zugewiesen. Die Vertretungsbefugnis des Repräsentanten im Außenverhältnis ist weder durch 7 die ihm gesetzlich zugewiesene Mittlerfunktion beschränkt noch ist sie durch Vereinbarungen, die der AIF mit dem Repräsentanten selbst oder mit Dritten trifft, beschränkbar (Abs. 1 S. 3). Vereinbarungen über eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis sind gem. § 134 BGB nichtig. Die einzige Norm, aus der sich eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Repräsentanten ergibt, ist § 181 BGB (Insichgeschäft). Sämtliche Willenserklärungen, die der Repräsentant im Namen des AIF abgibt, wirken daher gem. § 164 Abs. 1 BGB unmittelbar für und gegen den AIF, unabhängig davon, auf welche Art von Geschäft (z.B. Kreditaufnahme) sie sich beziehen.11 In Anbetracht der weitreichenden und im Außenverhältnis unbeschränkbaren Ver8 tretungsbefugnis des Repräsentanten ist es von umso größerer Bedeutung, die Befugnisse des Repräsentanten im Innenverhältnis durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen AIF und Repräsentant (s. dazu ausführlich unten Rn. 12) zu beschränken.12 Bei einer Überschreitung der im Innenverhältnis gezogenen Grenzen der Vertretungsbefugnis kann im Einzelfall ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegen, der dazu führt, dass sich der Geschäftsgegner nicht auf die Vertretungsmacht berufen kann, wenn er den Missbrauch kennt oder sich ihm diese Erkenntnis nach den Umständen geradezu aufdrängt13 (Einzelheiten sind umstritten).14 In Fällen kollusiven Zusammenwirkens von Repräsentant und Geschäftsgegner zum Nachteil des AIF kann das Geschäft sogar gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein.15 Fehlt es an den Voraussetzungen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht, kommt zumindest eine Schadensersatzpflicht des Repräsentanten gegenüber dem AIF in Betracht. Aus der Nähe der Repräsentantenstellung zur organschaftlichen Vertretung (s. oben 9 Rn. 6) folgt, dass in analoger Anwendung von § 31 BGB der AIF für Schäden haftet, die der Repräsentant in Ausübung seiner Befugnisse einem Dritten zufügt. Der AIF kann seinerseits den Repräsentanten in Regress nehmen.16 II. Empfangsbevollmächtigung für die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft 10

Über seine Stellung als Vertreter des AIF hinaus ist der Repräsentant gem. Abs. 1 S. 2 auch ermächtigt, für die AIF-Verwaltungsgesellschaft und eine etwaige Vertriebsgesellschaft bestimmte17 Schriftstücke zu empfangen. Für den AIF selbst ergibt sich eine entsprechende Ermächtigung des Repräsentanten schon aus dessen Vertretungsbefugnis

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11 Siehe zum Ganzen Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 4. 12 Siehe dazu Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 4. 13 Siehe bereits BGH 25.3.1968 NJW 1968 1379; BGH 31.1.1999 NJW 1991 1812 (1813); BGH 5.11.2003 NJWRR 2004 247 (248). 14 Siehe ausführlich zum Missbrauch der Vertretungsmacht MüKoBGB/Schubert § 164 Rn. 210 ff. m.w.N. 15 BGH 17.5.1988 NJW 1989 26; BGH 5.11.2003 NJW-RR 2004 247 (248). 16 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 19. 17 In Abs. 1 S. 2 heißt es fälschlicherweise: „bestimmten“; es müsste heißen: „bestimmte“.

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D. Rechtsstellung des Repräsentanten (Abs. 1)

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nach Abs. 1 S. 1.18 Damit ist insbesondere eine wirksame Zustellung schriftlicher Verwaltungsakte der BaFin und ggf. anderer Behörden sowie gerichtlicher Schriftstücke an die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft unter der Adresse des Repräsentanten möglich; eine Zustellung im Ausland wird damit entbehrlich (bleibt aber selbstverständlich möglich). Die Entgegennahme von Erklärungen in anderer als schriftlicher Form (mündlich, elektronisch) ist von der Empfangsermächtigung nicht erfasst; die Empfangsermächtigung kann jedoch rechtsgeschäftlich erweitert werden.19 Zu beachten ist, dass gem. § 305 Abs. 1 S. 1 der Käufer von Anteilen oder Aktien eines offenen Investmentvermögens unter bestimmten Voraussetzungen ein Widerrufsrecht hat, dass er auch gegenüber dem Repräsentanten ausüben kann; insoweit genügt auch für den Widerruf gegenüber dem Repräsentanten Textform i.S.v. § 126b BGB, ohne dass ein „Schriftstück“ erforderlich wäre. Ebenso wie die Vertretungsbefugnis für den EU-AIF bzw. ausländischen AIF (s. oben Rn. 7) ist gem. Abs. 1 S. 3 auch die Empfangsermächtigung für die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft im Außenverhältnis nicht beschränkbar. III. Begründung der Repräsentantenstellung Das Gesetz enthält keine Regelungen zur Begründung der Repräsentantenstellung, 11 sondern ordnet in § 317 Abs. 1 Nr. 4 lediglich an, dass der Repräsentant der BaFin zu „benennen“ ist. Die Benennung ist eine Erklärung der AIF-Verwaltungsgesellschaft gegenüber der BaFin, die voraussetzt, dass eine vorherige Bestellung des Repräsentanten erfolgt ist.20 Dies ist auch daraus ersichtlich, dass zu den nach § 320 Abs. 1 Nr. 2 einzureichenden „wesentlichen Angaben zum Repräsentanten“ ausweislich des Merkblatts zum Anzeigeverfahren nach § 320 (s. § 317 Rn. 3) auch eine aktuelle Bestätigung des Repräsentanten über die erfolgte Übernahme dieser Funktion zählt; sie ist im Original einzureichen und sollte dem von der BaFin vorformulierten Wortlaut entsprechen.21 Aufgrund der aufgezeigten Nähe der Stellung des Repräsentanten zu organschaft- 12 lichen Vertretungsverhältnissen (s. oben Rn. 6) erscheint es erforderlich, ebenfalls zwischen einem „organschaftlichen“ Bestellungsakt und dem Abschluss eines Repräsentantenvertrags auf der schuldrechtlichen Ebene zu differenzieren.22 Typische Inhalte des Repräsentantenvertrags sind eine Beschreibung der durch den Repräsentanten zu erfüllenden Aufgaben, die Festlegung der dem Repräsentanten zustehenden Vergütung (pauschal oder nach Zeitaufwand)23 und insbesondere die im Innenverhältnis maßgebliche Beschränkung der nach außen hin unbeschränkbaren Vertretungsbefugnis des Repräsentanten (s. oben Rn. 8).24 Der Repräsentantenvertrag unterliegt dem von den Parteien

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18 Zutreffend Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 10; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 8. 19 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 14; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 10; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 18. 20 Zutreffend Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 3. 21 BaFin-Merkblatt S. 19; der von der BaFin vorformulierte Wortlaut lautet: „Hiermit bestätige(n) ich (wir), dass ich (wir) für die … (Name der AIF-Verwaltungsgesellschaft bzw. des AIF) die Funktion des Repräsentanten im Sinne von § 319 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) übernommen habe(n) und die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Absatz 3 Satz 4 KAGB wahrnehmen.“ Bei einem rechtlich unselbständigen AIF ist zusätzlich die Bezeichnung des AIF zu nennen („… für die … wegen des AIF …“). 22 Ebenso Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 319 Rn. 2; s. für den GmbH-Geschäftsführer MüKo GmbHG/Stephan/Tieves § 35 Rn. 39. 23 Siehe Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 8. 24 Zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 10; Weitnauer/Boxberger/ Anders/Dieske § 319 Rn. 2.

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gewählten Recht (Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO). Nach deutschem Recht handelt es sich, sofern der Repräsentant entgeltlich tätig wird, um einen Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB), sonst um einen Auftrag (§§ 662 ff. BGB). Als Dienstvertrag hat der Repräsentantenvertrag Geschäftsbesorgungscharakter i.S.v. § 675 Abs. 1 BGB.25 Sein Abschluss ist keine Voraussetzung für die wirksame Bestellung des Repräsentanten. Weder § 317 Abs. 1 Nr. 4 noch § 319 regeln, durch wen die Bestellung des Repräsen13 tanten erfolgt und wer ggf. Partei des Repräsentantenvertrags auf Seiten des Auftraggebers ist. Der Umstand, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft den Repräsentanten der BaFin zu benennen hat, bedeutet keineswegs, dass sie auch für die Bestellung und den Abschluss des Repräsentantenvertrags zuständig ist. Die quasi-organschaftliche Vertretungsbefugnis des Repräsentanten für den AIF legt vielmehr nahe, dass die Bestellung des Repräsentanten bei rechtlich selbständigen AIF durch den AIF selbst erfolgen muss, und zwar unabhängig davon, ob der AIF intern oder extern verwaltet wird, wohingegen bei rechtlich unselbständigen AIF die Bestellung des Repräsentanten allein durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgen kann. Die konkrete Zuständigkeit für die Bestellung des Repräsentanten hängt demnach maßgeblich von der Rechtsform des AIF und den für diese Rechtsform nach dem nationalen Recht, dem der AIF unterliegt, einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen ab. Dagegen ist der Abschluss des Repräsentantenvertrags von diesen gesellschaftsrechtlichen Regelungen unabhängig; der Auftraggeber i.S.d. Repräsentantenvertrags muss nicht mit der Person identisch sein, die den Repräsentanten bestellt.26 Es ist daher auch denkbar, dass die Bestellung des Repräsentanten durch den AIF erfolgt, der Repräsentantenvertrag aber durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine dritte Person (z.B. die Vertriebsgesellschaft) abgeschlossen wird. 14 Lässt das maßgebliche ausländische Gesellschaftsrecht die Bestellung eines mit umfassender Vertretungsbefugnis ausgestatteten Repräsentanten nicht zu, kann ein solcher Repräsentant in Deutschland gegenüber der BaFin nicht benannt werden. Dies bedeutet, dass eine materielle Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs (§ 317 Abs. 1 Nr. 4) nicht geschaffen werden kann. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Bestellung des Repräsentanten ist die BaFin daher angehalten, von der AIF-Verwaltungsgesellschaft einen entsprechenden Nachweis zu verlangen.27 Ein solcher Nachweis kann beispielsweise durch ein Rechtsgutachten erbracht werden; verbleiben nach einem solchen Rechtsgutachten Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung, kann die BaFin im Rahmen ihres Ermessens und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Aufnahme des Vertriebs gem. § 320 Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 untersagen. IV. Beendigung der Repräsentantenstellung 15

Entgegen der h.M.28 kann die Beendigung der Repräsentantenstellung nicht durch Erklärung der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder des Repräsentanten gegenüber der BaFin erfolgen, ebenso wenig wie sie durch die Benennung gegenüber der BaFin (durch die

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25 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 20; Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 5. 26 Ebenso wie etwa das Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers nicht notwendig mit der Gesellschaft begründet werden muss, zu deren Geschäftsführer er bestellt wurde; s. MüKoGmbHG/ Stephan/Tieves § 35 Rn. 252; krit. mit Blick auf den Vorstand der AG MüKo AktG/Spindler § 84 Rn. 76. 27 Siehe Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 4. 28 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 20; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 12; ebenso wohl Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 7, der auf die bürgerlich-rechtlichen Stellvertretungsregelungen rekurriert.

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E. Gesetzlicher Gerichtsstand (Abs. 2)

§ 319

AIF-Verwaltungsgesellschaft) begründet wird (s. oben Rn. 11). Erforderlich ist vielmehr ein Widerruf der Bestellung durch den AIF bzw. – falls die Bestellung durch sie erfolgt ist (s. oben Rn. 13) – durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft; die Wirksamkeit des Widerrufs der Bestellung richtet sich ebenso wie die Wirksamkeit der Bestellung selbst nach dem nationalen Recht, dem der AIF bzw. die AIF-Verwaltungsgesellschaft unterliegt. Ferner kann der Repräsentant seine Stellung durch Amtsniederlegung beenden, deren Wirksamkeit sich ebenfalls nach dem Recht beurteilt, dem der AIF bzw. die AIF-Verwaltungsgesellschaft unterliegt. Sowohl der Widerruf der Bestellung als auch die Amtsniederlegung haben auf den Bestand des Repräsentantenvertrags im Innenverhältnis zunächst keine Auswirkungen, ebenso wenig wie bereits eine (ordentliche oder gem. § 626 BGB außerordentliche) Kündigung des Repräsentantenvertrags die quasiorganschaftliche Vertretungsbefugnis des Repräsentanten im Außenverhältnis beendet. Einen Widerruf der Bestellung oder eine Amtsniederlegung hat die AIF-Verwal- 16 tungsgesellschaft der BaFin gem. § 320 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 316 Abs. 4 schriftlich mitzuteilen. Sofern die Investmentgesellschaft in einem solchen Fall nicht zugleich einen neuen Repräsentanten benennt, entfällt eine materielle Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs (§ 317 Abs. 1 Nr. 4) mit der Konsequenz, dass die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 3 befugt ist, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, in den Repräsentantenvertrag Regelungen über die einseitige Beendigung des Repräsentantenverhältnisses durch eine der Parteien vorzusehen, sie etwa an Fristen oder das Bestehen eines wichtigen Grundes zu knüpfen. Solche vertraglichen Vereinbarungen betreffen zwar lediglich die schuldrechtliche Ebene und haben keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit einer Amtsniederlegung (s. oben Rn. 15); die Verletzung des Repräsentantenvertrags durch eine unbegründete Amtsniederlegung kann aber eine Schadensersatzpflicht des Repräsentanten begründen und ihn auf diese Weise von einer unbegründeten Amtsniederlegung abhalten. Aufgrund der engen Verknüpfung der Repräsentantenstellung mit dem Vertrieb des 17 EU-AIF bzw. ausländischen AIF im Inland endet die Stellung des Repräsentanten auch im Falle einer Untersagung des Vertriebs gem. § 314 Abs. 1 oder einer Einstellung des Vertriebs gem. § 315 Abs. 1.29 Gem. Abs. 3 hat die BaFin die Beendigung der Repräsentantenstellung, gleich aus 18 welchem Grunde sie erfolgt, im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat lediglich deklaratorische Wirkung (s. unten Rn. 24). E. Gesetzlicher Gerichtsstand (Abs. 2) E. Gesetzlicher Gerichtsstand (Abs. 2) Abs. 2 S. 1 statuiert einen gesetzlichen Gerichtsstand für Klagen gegen den EU-AIF 19 oder ausländischen AIF, die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine Vertriebsgesellschaft an dem Ort des Wohnsitzes oder Sitzes des Repräsentanten. Die Begründung eines Gerichtsstands im Inland trägt maßgeblich dazu bei, Anlegern die Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen zu erleichtern. Diesem Schutzzweck entsprechend, handelt es sich nicht um einen ausschließlichen Gerichtsstand; Gerichtsstandsvereinbarungen sind unter den Voraussetzungen von § 38 ZPO ebenso möglich wie eine Klage am ausländischen Gesellschaftssitz.30

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29 Krit. Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 21. 30 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 28; ebenso Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 8; Moritz/ Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 23; Weitnauer/Boxberger/Anders/Dieske § 319 Rn. 7.

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§ 319

Vertretung der Gesellschaft, Gerichtsstand beim Vertrieb

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Voraussetzung ist gem. Abs. 2 S. 1, dass die Klage Bezug zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger im Inland hat. Daraus folgt mit Blick auf Klagen von Anlegern, dass es sich bei dem Kläger um einen Privatanleger handeln muss, der in Deutschland eingeworben wurde.31 Erfolgt gem. § 295 Abs. 3 der Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland nach den Voraussetzungen der §§ 317 bis 320, ist der Gerichtsstand auch für Klagen semiprofessioneller Anleger eröffnet, die in Deutschland eingeworben wurden. Erfasst sind sämtliche Klagen, die im Zusammenhang mit der Stellung als Anleger (z.B. Geltendmachung einer Verletzung der Anlagebedingungen oder des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung) oder mit den Umständen des Vertriebs (z.B. Ansprüche wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts) stehen. Der Gerichtsstand nach Abs. 2 S. 2 ist ferner für Klagen von Dritten, z.B. Wettbewer21 bern, eröffnet, deren Rechte im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertrieb des EUAIF oder ausländischen AIF an Privatanleger (oder an semiprofessionelle Anleger) in Deutschland verletzt wurden.32 Ein allgemeiner Gerichtsstand am Wohnsitz oder Sitz des Repräsentanten wird durch Abs. 2 aber nicht begründet. Für Klagen, die mit dem Vertrieb nur in einem mittelbaren Zusammenhang stehen, richtet sich der Gerichtsstand daher nach den Regeln der ZPO (so etwa bei Kaufverträgen über Büromaterial, Mietverträgen etc.). Die Grenzziehung kann im Einzelfall schwierig sein; im Zweifel empfiehlt es sich, bei der Begründung vertraglicher Beziehungen eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen. 22 Verfügt der Repräsentant im Inland über mehrere Wohnsitze oder (im Falle einer Gesellschaft) über einen (inländischen oder ausländischen) Sitz und mehrere inländische Zweigniederlassungen (vgl. § 317 Rn. 23), werden nach Abs. 2 S. 1 mehrere Gerichtsstände begründet; zwischen mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger gem. § 35 ZPO die Wahl. Gem. Abs. 2 S. 2 kann der nach S. 1 begründete Gerichtsstand nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden; entsprechende Vereinbarungen wären demzufolge gem. § 134 BGB nichtig. F. Bekanntmachungspflicht der BaFin (Abs. 3) F. Bekanntmachungspflicht der BaFin (Abs. 3) 23

Gem. Abs. 3 S. 1 ist der Name (sinnvollerweise auch die Anschrift)33 des Repräsentanten und die Beendigung seiner Stellung von der BaFin im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Anleger und sonstige Geschäftsgegner des AIF, der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft sowie Behörden den Repräsentanten kennen und von den durch die Bestellung des Repräsentanten bewirkten Erleichterungen Gebrauch machen (können);34 die Anleger des AIF können den Namen oder die Firma, den Sitz und die Anschrift des Repräsentanten auch dem Verkaufsprospekt entnehmen (§ 318 Abs. 1 S. 5 Nr. 2). Die Bekanntmachung hat erst dann zu erfolgen, wenn das Anzeigeverfahren gem. § 320 im Übrigen erfolgreich durchlaufen wurde, d.h. nach Mitteilung der BaFin gegenüber der AIF-Verwaltungsgesellschaft, dass mit dem Vertrieb des AIF begonnen werden kann (§ 320 Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 1).35

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31 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 26; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 17. 32 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 18. 33 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 22. 34 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 11. 35 Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 13; Moritz/Klebeck/Jesch/Stadter/Pischetsrieder KAGB, § 319 Rn. 29.

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Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

§ 320

Die Bekanntmachung des Namens und der Beendigung der Repräsentantenstellung 24 hat nur deklaratorische Wirkung; sie ist keine Voraussetzung für die Bestellung des Repräsentanten oder deren Widerruf. Solange eine Bekanntmachung der Beendigung der Stellung des Repräsentanten nicht erfolgt ist, muss der AIF das Fortbestehen der Vertretungsmacht und die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Vertriebsgesellschaft das Fortbestehen der Empfangsermächtigung nach Rechtsscheingrundsätzen gegen sich gelten lassen, wenn nicht der Geschäftsgegner die Beendigung der Repräsentantenstellung kennt.36 Abs. 3 S. 2 ordnet an, dass der BaFin die aufgrund der Bekanntmachung entstehen- 25 den Kosten zu erstatten sind. Nicht geregelt ist, wer zur Erstattung verpflichtet ist. Da die Bekanntmachung aufgrund einer Anzeige (§ 320 Abs. 1) oder einer Änderungsmitteilung (§ 320 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 316 Abs. 4) der AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgt und die Kosten mittelbar hierdurch verursacht werden, ist die AIF-Verwaltungsgesellschaft auch zur Erstattung der Kosten verpflichtet.37 https://doi.org/10.1515/9783110492217-107

§ 320 Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von ausländischen AIF an Privatanleger im Inland § 320 Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF Behme Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

(1) 1 Beabsichtigt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder an einem ausländischen AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an Privatanleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss folgende Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten: 1. bei der Anzeige a) einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates oder ihres Referenzmitgliedstaates in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen und dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Erlaubnis zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie verfügt, b) einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft vor dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, Angaben und Unterlagen entsprechend § 22 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 13; 2. alle wesentlichen Angaben zur AIF-Verwaltungsgesellschaft, zum AIF, zum Repräsentanten, zur Verwahrstelle und zur Zahlstelle sowie die Bestätigungen des Repräsentanten, der Verwahrstelle und der Zahlstelle über die Übernahme dieser Funktionen; Angaben zur Verwahrstelle sind nur insoweit erforderlich, als sie von der Bescheinigung nach Nummer 1 Buchstabe a nicht erfasst werden;

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36 Baur § 6 AuslInvestmG Rn. 20, der auf die Grundsätze der Anscheinsvollmacht rekurriert; im Ergebnis ebenso Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 7 unter Verweis auf § 171 Abs. 2 BGB. 37 Ähnlich zu § 138 Abs. 3 des aufgehobenen InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 138 Rn. 12 im Hinblick auf die Investmentgesellschaft.

773 https://doi.org/10.1515/9783110492217-107

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

3.

die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des EU-AIF oder ausländischen AIF, seinen Geschäftsplan, der auch die wesentlichen Angaben zu seinen Organen enthält, sowie den Verkaufsprospekt und die wesentliche Anlegerinformationen und alle weiteren für den Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF sowie wesentliche Angaben über die für den Vertrieb im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorgesehenen Vertriebsgesellschaften; 4. den letzten Jahresbericht, der den Anforderungen des § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsprechen muss, und, wenn der Stichtag des Jahresberichts länger als acht Monate zurückliegt und es sich nicht um einen geschlossenen AIF handelt, auch der anschließende Halbjahresbericht, der den Anforderungen des § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 entsprechen muss; der Jahresbericht muss mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein; 5. die festgestellte Jahresbilanz des letzten Geschäftsjahres nebst Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluss) der Verwaltungsgesellschaft, die mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein muss; 6. Angaben zu den Vorkehrungen für den Vertrieb des angezeigten AIF; 7. die Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, dass sie sich verpflichtet, a) der Bundesanstalt den Jahresabschluss der Verwaltungsgesellschaft und den nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zu veröffentlichenden Jahresbericht spätestens sechs Monate nach Ende jedes Geschäftsjahres sowie für offene AIF zusätzlich den nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zu veröffentlichenden Halbjahresbericht spätestens drei Monate nach Ende jedes Geschäftshalbjahres einzureichen; der Jahresabschluss und der Jahresbericht müssen mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein; b) die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung der zuständigen Stelle nach Nummer 1 Buchstabe a zugrunde liegen, gemäß Absatz 4 zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen; c) der Bundesanstalt auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen; d) auf Verlangen der Bundesanstalt den Einsatz von Leverage auf den von der Bundesanstalt geforderten Umfang zu beschränken oder einzustellen und e) falls es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt, gegenüber der Bundesanstalt die Berichtspflichten nach § 35 zu erfüllen; 8. den Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige; 9. alle wesentlichen Angaben und Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass der ausländische AIF und seine Verwaltungsgesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz haben, einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegen; 10. gegebenenfalls die nach § 175 erforderlichen Vereinbarungen für Master-Feeder-Strukturen. 3 Fremdsprachige Unterlagen sind mit einer deutschen Übersetzung vorzulegen. (2) § 316 Absatz 2 und 3 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder

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Systematische Übersicht

§ 320

ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss und dass die in § 316 Absatz 3 Satz 1 genannte Frist bei der Anzeige 1. einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft drei Monate, 2. einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft vor dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, sechs Monate beträgt. (3) 1 Hat die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b bereits einen AIF zum Vertrieb an Privatanleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach Absatz 1 Satz 1 angezeigt, so prüft die Bundesanstalt bei der Anzeige eines weiteren AIF der gleichen Art nicht erneut das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 317 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3, wenn die anzeigende AIF-Verwaltungsgesellschaft im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf die Anforderungen nach § 317 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind. 2 In diesem Fall müssen die in § 22 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 genannten Angaben nicht eingereicht werden und die in Absatz 2 Nummer 2 genannte Frist beträgt drei Monate. (4) 1 § 316 Absatz 4 Satz 1 bis 3 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss. 2 Wird eine geplante Änderung ungeachtet von § 316 Absatz 4 Satz 1 bis 3 durchgeführt oder führt eine durch einen unvorhersehbaren Umstand ausgelöste Änderung dazu, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft, ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft gegen dieses Gesetz verstößt, so ergreift die Bundesanstalt alle gebotenen Maßnahmen einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF. 3 § 316 Absatz 5 gilt entsprechend. Schrifttum Siehe bei § 314; ferner Kramer/Recknagel Die AIFM-Richtlinie – Neuer Rechtsrahmen für die Verwaltung alternativer Investmentfonds, DB 2011 2077; Wallach Wann liegt ein Vertrieb von Anteilen an Investmentvermögen vor?, ZBB 2016 287.

Systematische Übersicht A. B. C. D. E.

F.

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Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 4 Normzweck | 6 Anwendungsbereich (§§ 295 Abs. 1 S. 1, 316 Abs. 1 S. 1) | 7 Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) | 8 II. Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1 S. 2) | 9 III. Vorlage einer deutschen Übersetzung (Abs. 1 S. 3) | 12 Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 und Abs. 3) | 13

I.

II.

III.

Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 1) | 14 Bei Unvollständigkeit der übermittelten Angaben und Unterlagen: Anforderung einer Ergänzungsanzeige (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 2 bis 6) | 16 Bei Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen: Mitteilung, ob mit dem Vertrieb begonnen werden kann, ggf. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3) | 18

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

1.

G.

Mitteilung, dass mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 1 und S. 4) | 21 2. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 bis 3) | 23 Wiederholte Anzeige von gleichartigen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (Abs. 3) | 27

H.

Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen (Abs. 4 und Abs. 5) I. Anzeigepflichtige Änderungen | 29 II. Prüfung der Änderungen durch die BaFin | 30 III. Wesentliche Änderungen der im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben | 32

A. Überblick § 320 regelt das Anzeigeverfahren für den (beabsichtigten) Vertrieb eines EU-AIF durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eines ausländischen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft im Inland, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem angezeigten AIF um einen offenen oder um einen geschlossenen EU-AIF bzw. ausländischen AIF handelt. Er steht damit in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 317, der die wesentlichen materiellen Voraussetzungen statuiert, die erfüllt sein müssen, damit der Vertrieb „zulässig“ ist, mithin das Anzeigeverfahren gem. § 320 erfolgreich durchlaufen werden kann. Hinsichtlich der Durchführung des Prüfungsverfahrens bei der BaFin und des Verfahrens bei einer Änderung der eingereichten Angaben oder Unterlagen verweist er teilweise auf die in § 316 für das Anzeigeverfahren beim (beabsichtigten) Vertrieb von inländischen Publikums-AIF durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Inland enthaltenen Regelungen. Abs. 1 statuiert die Anzeigepflicht als solche und legt fest, welche Angaben und Un2 terlagen das Anzeigeschreiben enthalten muss. Abs. 2 verweist hinsichtlich der Ausgestaltung des weiteren Verfahrens nach Eingang des Anzeigeschreibens bei der BaFin im Wesentlichen auf § 316 Abs. 2 und Abs. 3, verlängert aber die in § 316 Abs. 3 vorgesehene Prüfungsfrist. Abs. 3 modifiziert den Prüfungsumfang bei ausländischen AIF, wenn die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF der gleichen Art zum Vertrieb an Privatanleger im Inland nach Abs. 1 S. 1 angezeigt hat. Abs. 4 verweist für den Fall, dass sich die nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen nachträglich ändern, auf § 316 Abs. 4 und Abs. 5. Die BaFin hat ein Merkblatt veröffentlicht, das die Grundzüge des Anzeigeverfahrens 3 gem. § 320 KAGB und die Voraussetzungen für den Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF an Privatanleger im Inland erläutert („BaFin-Merkblatt“).1 Ein solches Merkblatt hatte bereits zu dem Anzeigeverfahren nach § 139 des aufgehobenen InvG existiert.2 Das Merkblatt enthält umfassende Angaben auch zum erforderlichen Inhalt des Anzeigeschreibens und der beizufügenden Angaben und Unterlagen; es ist in der Praxis unbedingt zu beachten (s. ausführlich unten Rn. 9 ff.). 1

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1 Merkblatt für Anzeigen beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland nach § 320 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Stand Januar 2018, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_140617_merkbl_320_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018). dl_140617_merkbl_320_kagb.html (zuletzt aufgerufen am 25.8.2014). 2 Siehe dazu näher Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 136 Rn. 6 f.

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D. Anwendungsbereich (§§ 317 ff., 295 Abs. 3)

§ 320

B. Entstehungsgeschichte Die AIFM-Richtlinie reguliert nur den Vertrieb von AIF im Herkunftsstaat des AIFM 4 an professionelle Anleger (Art. 31 AIFM-RL).3 Die Mitgliedstaaten dürfen AIFM jedoch gestatten, in ihrem Hoheitsgebiet Anteile an von ihnen verwalteten AIF auch an Kleinanleger4 zu vertreiben, wobei es keine Rolle spielt, ob der Vertrieb der AIF auf nationaler Ebene oder grenzübergreifend erfolgt und ob es sich um einen EU-AIF oder einen Nicht-EU-AIF handelt (Art. 43 Abs. 1 UAbs. 1 AIFM-RL). Dabei können die Mitgliedstaaten den AIFM oder AIF Auflagen unterwerfen, die strenger sind als jene, die für AIF gelten, die (nur) an professionelle Anleger vertrieben werden (Art. 43 Abs. 1 UAbs. 2 AIFM-RL). Damit ist zugleich gesagt, dass die für den Vertrieb an Kleinanleger geltenden Auflagen nicht weniger streng sein dürfen als jene, die für den Vertrieb an professionelle Anleger gelten; sie müssen also mindestens das Regulierungsniveau von Art. 31 AIFM-RL erreichen. Dementsprechend dient § 320 auch der Umsetzung von Art. 31 AIFM-RL (im Hinblick auf den Inhalt des Anzeigeschreibens in Verbindung mit Anhang IV der AIFM-RL), geht aber in Einzelfragen zulässigerweise über dessen Schutzniveau hinaus. § 320 basiert in weiten Teilen auf Regelungsinhalten von § 139 des aufgehobenen 5 InvG, die ausweislich der Regierungsbegründung an die Terminologie des KAGB angepasst wurden (s. zum Hintergrund von § 316 Abs. 2 und 3, auf den in Abs. 2 verwiesen wird, § 316 Rn. 4).5 C. Normzweck Das Anzeigeverfahren gem. § 320 dient dem Schutz der Anleger beim Erwerb von An- 6 teilen oder Aktien an EU-AIF und ausländischen AIF und trägt dazu bei, dass die BaFin ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion im Investmentbereich effektiv wahrnehmen kann. Siehe im Übrigen § 314 Rn. 6. D. Anwendungsbereich (§§ 317 ff., 295 Abs. 3) D. Anwendungsbereich (§§ 317 ff., 295 Abs. 3) Die §§ 317 bis 320 betreffen nach ihrem Wortlaut und den amtlichen Überschriften 7 der Normen den Vertrieb von (offenen und geschlossenen) EU-AIF oder ausländischen AIF an Privatanleger im Inland. Gem. § 295 Abs. 3 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 lit. b ist eine Vertriebsanzeige nach §§ 317 bis 320 jedoch auch möglich, wenn der Vertrieb von EU-AIF oder ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland erfolgen soll (alternativ zu den Voraussetzungen für den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an semiprofessionelle Anleger im Inland, auf die in § 295 Abs. 3 Nr. 1 lit. a oder Nr. 2 lit. a verwiesen wird).

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3 Siehe dazu näher Kramer/Recknagel DB 2011 2077 (2083). 4 Art. 4 Abs. 1 lit. aj AIFM-RL definiert den Kleinanleger als einen „Anleger, bei dem es sich nicht um einen professionellen Anleger handelt“; der Begriff ist damit weiter als der des Privatanlegers i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 31. 5 BTDrucks. 17/12294 S. 287.

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1) I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) 8

Gem. Abs. 1 S. 1 hat eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft, die beabsichtigt, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder ausländischen AIF im Geltungsbereich des KAGB, mithin im Inland, an Privatanleger zu vertreiben, dies der BaFin anzuzeigen. Welche Verhaltensweisen unter den Begriff des „Vertriebs“ fallen, ergibt sich aus der Legaldefinition in § 293 Abs. 1.6 Die Anzeige ist formelle Voraussetzung für den Vertrieb7 und kann nur von der EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft abgegeben werden.8 Sie erfolgt mittels eines Anzeigeschreibens, das den in Abs. 1 S. 2 normierten inhaltlichen Anforderungen genügt. II. Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1 S. 2)

Welche Angaben und Unterlagen das Anzeigeschreiben zu enthalten hat, regelt Abs. 1 S. 2; die dort statuierten Anforderungen werden in dem Merkblatt der BaFin zum Anzeigeverfahren nach § 320 umfänglich präzisiert und ergänzt. Das Anzeigeschreiben darf weitere Angaben enthalten, sofern die anzeigende EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft dies für sinnvoll hält. In ihrem Merkblatt zum Anzeigeverfahren nach § 320 KAGB geht die BaFin ferner ohne nähere Begründung davon aus, dass sie auch weitere (d.h. über die inhaltlichen Anforderungen von Abs. 1 S. 2 hinausgehende) Angaben verlangen kann.9 Diese Befugnis ergibt sich bereits aus den generellen Anordnungsbefugnissen der BaFin im Rahmen der Überwachung der Einhaltung der Gebote und Verbote des KAGB und im Rahmen der Missstandsaufsicht gem. § 5 Abs. 6. 10 Der Aufbau der Anzeige sollte sich in der Praxis nicht am Aufbau von Abs. 1 S. 2 orientieren, sondern am Aufbau des BaFin-Merkblatts; die BaFin verlangt sogar, dass die einzelnen Angaben entsprechend der Nummerierung und den zugehörigen Stichworten dieses Merkblatts gekennzeichnet werden. Sofern einzelne Positionen nicht einschlägig sind oder das Merkblatt einzelne Angaben in bestimmten Fällen für nicht erforderlich erklärt, sollen sie trotzdem in die Anzeige aufgenommen und mit „entfällt“ gekennzeichnet werden.10 Der in der linken Spalte der folgenden Tabelle wörtlich und vollständig wiedergege11 bene11 Teil des BaFin-Merkblatts, der den Inhalt der Anzeige betrifft, ist in 14 Punkte gegliedert; darin werden die nach Abs. 1 S. 2 geforderten Angaben den einzelnen Beteiligten wie folgt zugeordnet: 9

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6 Umfassend und kritisch zum Vertriebsbegriff des KAGB Wallach ZBB 2016 287. 7 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 2. 8 S. BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Stand 13.7.2016, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), 2.1.2. („Anzeigeberechtigung“). 9 BaFin-Merkblatt, S. 3. 10 BaFin-Merkblatt, S. 3. 11 Fehler in Rechtschreibung und Interpunktion werden korrigiert.

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

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§ 320

§ 320

I. Angaben über die AIF-Verwaltungsgesellschaft (im Fall von selbstverwalteten AIF haben die hier genannten Angaben entsprechend zu dem AIF zu erfolgen) 1. Name oder Firma, Rechtsform, Sitz, Anschrift, Ansprechpartner/Kontaktperson mit Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse 2. Name des Staates, nach dessen Recht die AIF-Verwaltungsgesellschaft errichtet worden ist 3. Name, Sitz und Anschrift der staatlichen Stelle, deren Aufsicht die AIF-Verwaltungsgesellschaft unterliegt 4. Im Fall einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft 4.1. Alle wesentlichen Angaben, aus denen sich ergibt, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft im Staat, in dem sie ihren Sitz hat, einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegt

Abs. 1 S. 2 Nr. 9

4.2. Weitere Angaben12 a) Angabe der Geschäftsleiter

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 2

b) Namen der an der AIF-Verwaltungsgesellschaft bedeutend beteiligten Inhaber

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 5

c) Angabe der Tatsachen, die auf eine enge Verbindung zwischen der AIF-Verwaltungsgesellschaft und anderen natürlichen oder juristischen Personen hinweisen

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 6

d) Angaben über Vergütungspolitik und Vergütungspraxis i.S.d. § 37 Die Angaben müssen mindestens enthalten: – eine Auflistung der Mitarbeiter(gruppen), die in den Anwendungsbereich der Vergütungspolitik und -praxis der Gesellschaft fallen; die Angabe der funktionalen Stellung des Mitarbeiters ist hierzu ausreichend, – die Angabe, ob ein Vergütungsausschuss errichtet wird und falls nicht, die Angabe der Gründe für die Nicht-Errichtung, – eine Darstellung der Ausgestaltung der variablen und festen Vergütung (z.B. Angabe der zugrundezulegenden Parameter)

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 8

e) Angaben über Auslagerungsvereinbarungen i.S.d. § 36

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 9

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12 Die Notwendigkeit dieser Angaben ergibt sich aus Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b; sie werden gem. Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Abs. 2 Nr. 1 verwiesen wird (s. näher § 295 Rn. 9), entbehrlich sein.

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Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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f) Angaben zu den Vereinbarungen zur Beauftragung der Verwahrstelle

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 13

Hat die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF zum Vertrieb an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland angezeigt, so müssen die unter a) bis e) genannten Angaben nicht erneut gemacht werden, sofern die AIF-Verwaltungsgesellschaft im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf die Anforderungen nach § 317 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind.

Abs. 3

5. Eigenkapital (Grund- oder Stammkapital abzüglich der ausstehenden Einlagen zuzüglich der Rücklagen) nach dem letzten Jahresabschluss 6. Datum der Gründung und Dauer der AIF-Verwaltungsgesellschaft 7. Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit 8. Geschäftsjahr 9. Beteiligungen der AIF-Verwaltungsgesellschaft (unter Angabe des Anteils in vom Hundert) an der Verwahrstelle II. Unterlagen zu den Angaben über die AIF-Verwaltungsgesellschaft (im Fall von selbstverwaltenden AIF sind die hier genannten Unterlagen entsprechend für den AIF einzureichen) 1. Erklärung über die Übernahme der Verpflichtungen nach § 320 Absatz 1 Satz 2 Nummer 713 Die Bestätigung sollte folgenden Wortlaut haben: „Bestätigung gemäß § 320 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) für … (Name des AIF bzw. der UmbrellaKonstruktion unter Nennung des/der angezeigten Teilinvestmentvermögen(s)) Hiermit verpflichtet sich die … (Name der AIF-Verwaltungsgesellschaft bzw. im Falle eines selbstverwaltenden AIF Name des AIF) – der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden Bundesanstalt) den Jahresabschluss der Verwaltungsgesellschaft und den nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 KAGB zu veröffentlichenden Jahresbericht spätestens sechs Monate nach Ende jedes Geschäftsjahres sowie für of-

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13 Die Verpflichtungserklärung ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die Verletzung der eingegangenen Verpflichtung begründet keine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche einzelner Anleger gegen die ausländische Investmentgesellschaft; die BaFin ist jedoch gem. § 314 Abs. 1 Nr. 3 befugt, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. S. bereits Baur § 7 AuslInvestmG Rn. 20; s. zur Funktion dieser Verpflichtungserklärung ferner ausführlich Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 139 Rn. 6.

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

§ 320

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§ 320

fene AIF zusätzlich den nach § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 KAGB zu veröffentlichenden Halbjahresbericht spätestens drei Monate nach Ende jedes Geschäftshalbjahres einzureichen; der Jahresabschluss und der Jahresbericht müssen mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein, – die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung der zuständigen Stelle nach § 320 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a KAGB zugrunde liegen, gemäß § 320 Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 316 Absatz 4 Satz 1 bis 2 KAGB zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen, – der Bundesanstalt auf Verlangen über die Geschäftstätigkeit der Verwaltungsgesellschaft Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, – auf Verlangen der Bundesanstalt den Einsatz von Leverage auf den von der Bundesanstalt geforderten Umfang zu beschränken oder einzustellen (und, – falls es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt) gegenüber der Bundesanstalt die Berichtspflichten nach § 35 KAGB zu erfüllen.“ Im Falle von AIF, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen ausüben, ist die Bestätigung dahingehend zu ergänzen, dass die besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Jahresberichts gemäß Artikel 29 der Richtlinie 2011/61/EU eingehalten und auch die Mitteilungs- und Offenlegungspflichten gegenüber der Bundesanstalt nach Artikel 27 und 28 der Richtlinie 2011/61/EU beachtet werden.

Abs. 1 S. 2 Nr. 7

2. Letzter festgestellter Jahresabschluss (Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung), versehen mit dem handschriftlich unterzeichneten Bestätigungsvermerk (Original) eines deutschen Wirtschaftsprüfers oder ihm gleichstehenden ausländischen Prüfers

Abs. 1 S. 2 Nr. 5

3. Nachweis der Zahlung der Gebühr für die Anzeige nach § 320 Absatz 1 Satz 2 Nummer 814

Abs. 1 S. 2 Nr. 8

4. Im Fall einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft: Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaats in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen und die für die Verwaltung des AIF erforderliche Erlaubnis vorliegt

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a

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14 Die Gebühr beläuft sich nach Ziff. 4.1.10.2.4.1.1. des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 FinDAGKostV n der ab dem 26.6.2017 geltenden Fassung auf derzeit 2 520 EUR. Der Nachweis über die Zahlung der Gebühr kann z.B. durch die Kopie eines Überweisungsträgers erfolgen, s. Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 30.

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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§ 320

5. Im Fall einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft:15 5.1. Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel i.S.d. § 25

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 1

5.2. Geschäftsplan, der neben der Organisationsstruktur der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft auch Angaben darüber enthält, wie die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Pflichten entsprechend dem KAGB einschließlich den Anforderungen aus der Richtlinie 2011/61/EU nachkommen will

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 7

5.3. Die Namen der Geschäftsleiter sowie Angaben zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung Den danach notwendigen inhaltlichen Anforderungen an die Darlegung der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung ist regelmäßig Rechnung getragen, wenn folgende Unterlagen zu allen Geschäftsleitern eingereicht werden: a) Führungszeugnisse oder entsprechende Bescheinigungen über von Aufsichtsbehörden des Wohnsitzstaates vorgenommene Zuverlässigkeitsprüfungen b) Erklärung der betreffenden Person, ob gegen sie ein Strafverfahren schwebt, ob ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen sie anhängig gewesen ist oder ob sie oder ein von ihr geleitetes Unternehmen als Schuldnerin in ein Insolvenzverfahren oder ein Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt war oder ist c) Lückenloser, vollständiger und wahrer Lebenslauf, welcher eigenhändig unterzeichnet und mit Datum versehen ist, der sämtliche Vornamen, den Familien- und Geburtsnamen, Geburtstag, Geburtsort, den Wohnsitz, Staatsangehörigkeit sowie eine eingehende Darlegung der fachlichen Vorbildung, die Namen aller Unternehmen, für die diese Person tätig gewesen ist, und Angaben zur Art und Dauer der jeweiligen Tätigkeit einschließlich Nebentätigkeiten enthalten muss. Der Schwerpunkt des Lebenslaufs hat auf den Stationen des Berufslebens zu liegen. Bei den einzelnen Stationen ist nicht nur das Jahr, sondern auch der jeweilige Monat des Beginns und des Endes einer Tätigkeit anzugeben. Bei der Art der jeweiligen Tätigkeit sind insbesondere die Vertretungsmacht dieser Person, ihre internen Entscheidungskompetenzen und die ihr innerhalb des Unternehmens unterstellten Geschäftsbereiche darzustellen. Auf Verlangen der Bundesanstalt sind, sofern vorhanden, Arbeitszeugnisse über unselbständige Tätigkeiten, die in den letzten drei Jahren vor Abgabe der Anzeige ausgeübt wurden, beizufügen.

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 3 und 4

_____

15 Die Notwendigkeit der Einreichung dieser Unterlagen ergibt sich aus Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b; sie werden gem. Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Abs. 2 Nr. 1 verwiesen wird (s. näher § 295 Rn. 9), entbehrlich sein.

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

§ 320

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§ 320

5.4. Die Namen der an der AIF-Verwaltungsgesellschaft bedeutend beteiligten Inhaber sowie Angaben zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und zur Höhe ihrer jeweiligen Beteiligung a) Führungszeugnisse oder entsprechende Bescheinigungen über von Aufsichtsbehörden des Wohnsitzstaates vorgenommene Zuverlässigkeitsprüfungen b) Erklärung der betreffenden Person, ob gegen sie ein Strafverfahren schwebt, ob ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen sie anhängig gewesen ist oder ob sie oder ein von ihr geleitetes Unternehmen als Schuldnerin in ein Insolvenzverfahren oder ein Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt war oder ist

Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 5

Hat die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF zum Vertrieb an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland angezeigt, so müssen die unter II.5.1 bis II.5.4 genannten Unterlagen nicht erneut eingereicht werden, sofern die AIF-Verwaltungsgesellschaft im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf die Anforderungen nach § 317 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind.

Abs. 3

5.5. Alle wesentlichen Unterlagen, aus denen sich ergibt, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegt und die zuständige Aufsichtsbehörde zur Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt bereit ist, insbesondere a) eine aktuelle Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft von dieser Behörde zugelassen worden ist und der dortigen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegt b) eine aktuelle Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber, dass diese zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt bereit ist und die Bundesanstalt unverzüglich über eine Aufhebung, Rücknahme, einen anderen Wegfall der Zulassung der AIF-Verwaltungsgesellschaft oder andere schwerwiegende Maßnahmen gegen die AIFVerwaltungsgesellschaft unterrichten sowie weitere von der Bundesanstalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben erbetene Informationen zur Verfügung stellen wird. Die Bescheinigung unter b) ist entbehrlich, wenn zwischen der Bundesanstalt und der zuständigen Aufsichtsbehörde des Staates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, eine bilaterale oder multilaterale Vereinbarung (MoU) besteht, die eine Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden, insbesondere einen Informationsaustausch, auch auf dem Gebiet der einschlägigen Vorschriften des KAGB gewährleistet.

Abs. 1 S. 2 Nr. 9

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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§ 320

6. Nur auf Verlangen: die auf die AIF-Verwaltungsgesellschaft sowie ggf. den AIF anwendbaren geltenden Gesetze, Verordnungen und Verlautbarungen des Staates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat III. Angaben zum AIF, dessen Anteile vertrieben werden sollen (Angaben, die bereits unter I. gemacht wurden, können an dieser Stelle entfallen, es ist jedoch ein entsprechender Hinweis erforderlich) 1. Bezeichnung und Dauer des AIF, falls diese von den Angaben zu Punkt I.1. abweichen; ISIN-Code, soweit vorhanden 1.1. Bezeichnung und Dauer des/der Teilinvestmentvermögen(s), soweit es sich um eine Umbrella-Konstruktion handelt 2. Angabe, ob die Anteile oder Aktien an dem AIF in dem Staat, in dem er seinen Sitz hat, an Privatanleger vertrieben werden dürfen; sollte der Vertrieb nicht statthaft sein, sind die Gründe hierfür ausführlich darzulegen 3. Rechtsform des AIF (z.B. Vertragsform, selbstverwaltender AIF; Satzungsform bzw. Gesellschaftsvertrag) 4. Darstellung des Rechtsverhältnisses der Inhaber von Anteilen oder Aktien an dem AIF, auf den sich die Anzeige bezieht (z.B.: „Die Anleger sind Aktionäre (Gesellschafter) des AIF.“ bzw. „Die Anleger sind an dem vom eigenen Vermögen der AIF-Verwaltungsgesellschaft getrennt gehaltenen Investmentvermögen beteiligt.“) 5. Datum der Errichtung des AIF 6. Datum der Errichtung des/der Teilinvestmentvermögen(s), soweit zutreffend 7. Datum der erstmaligen Ausgabe von Anteilen 8. Geschäftsjahr des AIF 9. Angaben zu den Vorkehrungen für den Vertrieb des angezeigten AIF

Abs. 1 S. 2 Nr. 6

IV. Unterlagen zu den Angaben über den AIF (Angaben, die bereits unter Punkt II. gemacht wurden, können an dieser Stelle entfallen; es ist jedoch ein entsprechender Hinweis erforderlich) 1. Die von der Aufsichtsbehörde in dem Staat, in dem der AIF seinen Sitz hat, genehmigten Anlagebedingungen, die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag des AIF Eine separate Einreichung der Anlagebedingungen, der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages ist entbehrlich, wenn diese(r) Bestandteil des Verkaufsprospektes sind/ist. Ein entsprechender Hinweis, ob die Anlagebedingungen, die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag Bestandteil des Verkaufsprospektes sind, ist an dieser Stelle erforderlich.

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Abs. 1 S. 2 Nr. 3

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

§ 320

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§ 320

2. Geschäftsplan, der ggf. auch die wesentlichen Angaben zu den Organen des AIF enthält

Abs. 1 S. 2 Nr. 3

3. Jahresbericht gemäß § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 für das letzte Geschäftsjahr, versehen mit dem handschriftlich unterzeichneten Bestätigungsvermerk (Original) eines Wirtschaftsprüfers

Abs. 1 S. 2 Nr. 4

4. Der sich an den letzten Jahresbericht anschließende Halbjahresbericht gemäß § 299 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, sofern der Stichtag des Jahresberichts länger als acht Monate zurückliegt (dieser Punkt entfällt, sofern es sich um einen geschlossenen AIF handelt)

Abs. 1 S. 2 Nr. 4

5. Die im Zeitpunkt der Anzeige gültige und bei der Aufsichtsbehörde in dem Staat, in dem der AIF seinen Sitz hat, eingereichte bzw. von dieser genehmigte Originalfassung des ggf. fremdsprachigen Verkaufsprospekts; fremdsprachigen Verkaufsprospekten ist eine deutsche Übersetzung beizufügen

Abs. 1 S. 2 Nr. 3

6. Die im Zeitpunkt der Anzeige gültigen wesentlichen Anlegerinformationen, die für den Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen sind

Abs. 1 S. 2 Nr. 3

7. Ggf. alle weiteren für den Anleger verfügbaren Informationen über den AIF

Abs. 1 S. 2 Nr. 3

8. Bei ausländischen AIF a) eine aktuelle Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber, dass der AIF von dieser Behörde zugelassen worden ist, der dortigen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Investmentanleger unterliegt und die Anlagebedingungen, die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag des AIF sowie der Verkaufsprospekt den geltenden Vorschriften entsprechen b) eine aktuelle Bescheinigung im Original der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber, dass diese zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt bereit ist und die Bundesanstalt unverzüglich über eine Aufhebung, Rücknahme, einen anderen Wegfall der Zulassung des AIF oder andere schwerwiegende Maßnahmen gegen den AIF unterrichten sowie weitere von der Bundesanstalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben erbetene Informationen zur Verfügung stellen wird Die Bescheinigung unter b) ist entbehrlich, wenn zwischen der Bundesanstalt und der zuständigen Aufsichtsbehörde in dem Staat, in dem der AIF seinen Sitz hat, eine bilaterale oder multilaterale Vereinbarung (MoU) besteht, die eine Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden, insbesondere einen Informationsaustausch, auch auf dem Gebiet der einschlägigen Vorschriften des KAGB, gewährleistet.

Abs. 1 S. 2 Nr. 9

V. Angaben über den Repräsentanten

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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§ 320

1. Name oder Firma, Rechtsform, Sitz oder Wohnsitz, Anschrift, E-Mail-Adresse sowie Telefon- und Telefaxnummer 2. Beruf/Tätigkeit oder Unternehmensgegenstand 3. Mitglieder der Geschäftsleitung unter Angabe von Name, Wohnort und Funktion (z.B. Vorsitzender, stellv. Vorsitzender) 4. Darstellung, dass die Compliance-Funktion gemäß der Richtlinie 2011/61/EU entsprechend § 57 Absatz 3 Satz 4 wahrgenommen werden kann Sofern es sich bei dem Repräsentanten um ein Kreditinstitut mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland handelt, sind die Angaben zu Punkt V.2. bis V.4. nicht erforderlich. VI. Unterlagen zu den Angaben über den Repräsentanten

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

1. Aktuelle Bestätigung im Original des Repräsentanten über die erfolgte Übernahme dieser Funktion Die Bestätigung sollte folgenden Wortlaut haben: „Hiermit bestätige(n) ich (wir), dass ich (wir) für die … (Name der AIF-Verwaltungsgesellschaft bzw. des AIF) die Funktion des Repräsentanten im Sinne von § 319 Absatz 1 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) übernommen habe(n) und die Compliance-Funktion entsprechend § 57 Absatz 3 Satz 4 KAGB wahrnehme(n). Bei einem rechtlich unselbständigen AIF ist zusätzlich die Bezeichnung des AIF zu nennen („… für die … wegen des AIF …“) 2. Öffentlich beglaubigter Auszug aus dem Handelsregister 3. Lückenloser, eigenhändig unterzeichneter Lebenslauf, der sämtliche Vornamen, den Familien- und Geburtsnamen, Geburtstag, Geburtsort, die Privatanschrift, Staatsangehörigkeit sowie eine eingehende Darlegung der fachlichen Vorbildung, die Namen aller Unternehmen, für die diese Person tätig gewesen ist, und Angaben zur Art der jeweiligen Tätigkeit enthalten muss; bei der Art der jeweiligen Tätigkeit sind insbesondere die Vertretungsmacht dieser Person, ihre internen Entscheidungskompetenzen und die ihr innerhalb des Unternehmens unterstellten Geschäftsbereiche darzustellen; bei fremden Staatsangehörigen ist eine Erklärung erforderlich, ob sie die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen 4. Erklärung der betreffenden Person, ob gegen sie ein Strafverfahren schwebt, ob ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen sie anhängig gewesen ist oder ob sie oder ein von ihr geleitetes Unternehmen als Schuldnerin in ein Insolvenzverfahren oder ein Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt war oder ist

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E. Anzeigepflicht und Inhalt des Anzeigeschreibens (Abs. 1)

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§ 320

§ 320

5. Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (Belegart „O“) des Bundesamtes für Justiz gemäß § 30 Abs. 5 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) 6. Bei natürlichen Personen, die selbständig tätig waren oder sind, und solchen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit – Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden oder – mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragt oder – Leiter einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung waren oder sind, Auszug aus dem Gewerbezentralregister gemäß § 150 Gewerbeordnung (GewO) im Original Ist der Repräsentant eine Handels- oder Kapitalgesellschaft, so sind die Unterlagen zu Punkt VI.3. bis VI.6. für sämtliche Mitglieder der Geschäftsleitung einzureichen. Sofern es sich bei dem Repräsentanten um ein Kreditinstitut mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland handelt, ist die Einreichung der Unterlagen zu Punkt VI.2. bis VI.6. nicht erforderlich. VII. Angaben über die Vertriebsgesellschaft(en)

Abs. 1 S. 2 Nr. 3

1. Name oder Firma, Rechtsform, Sitz und Anschrift aller in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Vertriebsgesellschaften 2. Art der Erlaubnis zum Vertrieb von Investmentanteilen VIII. Angaben über die Verwahrstelle (einzelne Angaben können entfallen, sofern sie von der Bescheinigung nach II.4. erfasst sind)

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

1. Name oder Firma, Rechtsform, Sitz und Anschrift 2. Haupttätigkeit der Verwahrstelle 3. Name des Staates, nach dessen Recht die Verwahrstelle errichtet worden ist 4. Name, Sitz und Anschrift der staatlichen Stelle, deren Aufsicht die Verwahrstelle unterliegt, bei einer Verwahrstelle aus einem Drittstaat unter ausführlicher Darstellung der Art und des Umfangs der Aufsicht, insbesondere dahingehend, dass nach den für die Aufsicht maßgeblichen Regelungen zu prüfen ist, ob die Verwaltungs- und Leitungsorgane (Geschäftsleitung) der Verwahrstelle über die für die Verwahrstellenfunktion erforderliche Erfahrung verfügen, ob die Verwahrstelle die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Organisation vorhält und ob sie Mindesteigenkapitalanforderungen unterliegt 5. Eigenkapital (Grund- oder Stammkapital, abzüglich der ausstehenden Einlagen zuzüglich der Rücklagen) nach dem letzten Jahresabschluss 6. Datum der Gründung der Verwahrstelle 7. Geschäftsjahr

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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§ 320

8. Datum der Übernahme der Funktion der Verwahrstelle 9. Art der Bestellung der Verwahrstelle, z.B. Bestellung durch die Verwaltungs- und Leitungsorgane (Geschäftsleitung) der AIF-Verwaltungsgesellschaft; Wahl oder Bestätigung durch Versammlung/Hauptversammlung der Anleger 10. Zeitliche Beschränkung der Bestellung (z.B. unbefristet, Bestellung für einen bestimmten Zeitraum mit Verlängerungsmöglichkeit, Kündigungsmöglichkeiten) 11. Leitende Angestellte der Verwahrstelle (Geschäftsleiter, Prokuristen, zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte), die gleichzeitig Organmitglieder oder Angestellte der AIF-Verwaltungsgesellschaft sind; leitende Angestellte (Geschäftsleiter, Prokuristen, zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte) der AIFVerwaltungsgesellschaft, die gleichzeitig Organmitglieder oder Angestellte der Verwahrstelle sind IX. Unterlagen zu den Angaben über die Verwahrstelle

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

1. Aktuelle Bestätigung der Verwahrstelle im Original über die Übernahme dieser Funktion unter entsprechender Einhaltung der Vorschriften nach §§ 80 bis 90 KAGB und mit Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen in dem Staat, in dem die Verwahrstelle ihren Sitz hat, aus denen sich Rechte und Pflichten der Verwahrstelle ergeben 2. Vertrag zwischen der AIF-Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle (Verwahrstellenvertrag) 3. Letzter Geschäftsbericht einschließlich des Jahresabschlusses der Verwahrstelle Die Einreichung von Unterlagen gemäß den Punkten IX.2. sowie IX.3. kann entfallen, sofern die entsprechenden Angaben von der Bescheinigung nach II.4. erfasst sind. X. Angaben über die Zahlstellen

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

1. Firma, Rechtsform, Sitz und Anschrift aller Kreditinstitute mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz im Ausland in der Bundesrepublik Deutschland, über welche von den Anlegern geleistete oder für sie bestimmte Zahlungen geleitet werden können 2. Darstellung des Zahlungswegs für Zahlungen von den Zahlstellen zur Verwahrstelle und umgekehrt XI. Unterlagen zu den Angaben über die Zahlstellen

Abs. 1 S. 2 Nr. 2

Aktuelle Bestätigung(en) der einzelnen Zahlstellen in der Bundesrepublik Deutschland im Original über die erfolgte Übernahme dieser Funktion sowie darüber, dass Zahlungen an das in

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F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 und Abs. 3)

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§ 320

§ 320

§ 83 Absatz 6 KAGB genannte Geldkonto bzw. an die Anleger unverzüglich und unmittelbar weitergeleitet werden. Die Bestätigung sollte folgenden Wortlaut haben: „Wir bestätigen hiermit, dass wir für den/die … (Name des/ der AIF) die Funktion einer Zahlstelle im Sinne des § 317 Absatz 1 Nummer 6 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) übernommen haben. Wir werden von den Anlegern geleistete oder für diese bestimmte Zahlungen unverzüglich und unmittelbar an das in § 83 Absatz 6 KAGB genannte Geldkonto bzw. an die Anleger weiterleiten.“ XII. Ggf. die nach § 175 erforderlichen Vereinbarungen für Master-Feeder-Strukturen

Abs. 1 S. 2 Nr. 10

XIII. Verkaufsunterlagen Zeichnungsantrag und/oder Kaufabrechnung Der Antrag auf Vertragsschluss und/oder die Kaufabrechnung müssen einen Hinweis auf die Höhe des Ausgabeaufschlags und des Rücknahmeabschlags sowie eine Belehrung über das Recht des Käufers zum Widerruf nach § 305 gegen̈ über der AIFVerwaltungsgesellschaft enthalten.

III. Vorlage einer deutschen Übersetzung (Abs. 1 S. 3) Das Anzeigeschreiben ist in deutscher Sprache bei der BaFin einzureichen; fremd- 12 sprachige Unterlagen sind gem. Abs. 1 S. 3 mit einer deutschen Übersetzung (d.h. doppelt: im Original und in deutscher Übersetzung) vorzulegen. Für Veröffentlichungen, Werbeschriften und die in § 297 genannten Unterlagen ergibt sich dies bereits aus § 303 Abs. 1. Daher hat Abs. 1 Satz 3 insbesondere Bedeutung für die Angaben und Unterlagen, die in Abs. 1 Satz 2 zusätzlich genannt sind.16 Für die Übersetzungen gilt ebenso wie im Rahmen von § 303, dass der deutsche Wortlaut maßgeblich ist (vgl. § 303 Abs. 1 S. 2) und dass sie den Inhalt des Ursprungsdokuments richtig und vollständig wiedergeben müssen (vgl. § 303 Abs. 3 S. 2). Andernfalls ist die Anzeige nicht ordnungsgemäß erstattet mit der Konsequenz, dass die BaFin gem. § 314 Abs. 1 Nr. 1 befugt ist, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs. F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 und Abs. 3) F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 und Abs. 3) Der Eingang des Anzeigeschreibens und der beigefügten Unterlagen bei der BaFin 13 setzt dort ein Prüfungsverfahren in Gang. Abs. 2 verweist hinsichtlich der näheren Ausgestaltung dieses Prüfungsverfahrens auf § 316 Abs. 2 und Abs. 3, modifiziert aber die Prüfungsfrist für die eingereichten Angaben und Unterlagen, wobei er zwischen EU-AIF und ausländischen AIF differenziert, und trägt damit dem erhöhten Prüfungsaufwand bei EUAIF und dem nochmals erhöhten Prüfungsaufwand bei ausländischen AIF Rechnung.

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Vgl. bereits Baur § 7 AuslInvestmG Rn. 8.

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

I. Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 1) Zunächst prüft die BaFin, ob die übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind. Anders als im Rahmen von § 316 Abs. 2 kann es auf die Frage, ob bereits eine Genehmigung der Anlagebedingungen und der Verwahrstelle erfolgt ist, nicht ankommen. Denn gem. § 317 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 ist zwar Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs, dass der AIF und seine Verwaltungsgesellschaft einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegen (Nr. 1) und dass eine Verwahrstelle die Gegenstände des AIF in einer Weise sichert, die den Vorschriften der §§ 80 bis 90 vergleichbar ist (Nr. 5), was u.a. voraussetzt, dass die Verwahrstelle in ihrem Herkunftsstaat einer wirksamen aufsichtlichen Regulierung, einschließlich Mindesteigenkapitalanforderungen, und einer Aufsicht unterliegt, die im Wesentlichen den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht und wirksam durchgesetzt wird (s. § 317 Rn. 30). Dies setzt aber nicht zwingend voraus, dass die Anlagebedingungen und die Auswahl der Verwahrstelle – wie nach deutschem Recht – von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen; mit welchen rechtstechnischen Mitteln die Aufsicht ausgeübt wird (Genehmigungserfordernisse, Verbotsvorbehalte usw.), ist nicht entscheidend. Ebenso wie im Rahmen von § 316 hat die BaFin für die (formelle) Prüfung, ob die 15 eingereichten Unterlagen vollständig sind, 20 Arbeitstage Zeit. Sind sie nicht vollständig, hat die BaFin innerhalb dieser Frist fehlende Angaben und Unterlagen als Ergänzungsanzeige anzufordern (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 2 bis 6, s. Rn. 16). Diese Frist wird auch nicht durch Abs. 2 modifiziert. Bei der Zählung der Arbeitstage werden Samstage nicht berücksichtigt (s. § 289 Rn. 58); 20 Arbeitstage sind demnach vier Wochen. Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1, 193 BGB.

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II. Bei Unvollständigkeit der übermittelten Angaben und Unterlagen: Anforderung einer Ergänzungsanzeige (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 2 bis 6) Stellt die BaFin fest, dass die mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten Angaben und Unterlagen unvollständig sind, fordert sie die fehlenden Angaben und Unterlagen innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen (s. Rn. 15) als Ergänzungsanzeige an. Der Eingang der Ergänzungsanzeige bei der BaFin setzt die Frist von 20 Arbeitstagen erneut in Gang. Sind die eingereichten Angaben und Unterlagen nach wie vor unvollständig, fordert die BaFin innerhalb dieser Frist die fehlenden Angaben und Unterlagen als weitere Ergänzungsanzeige an; anderenfalls beginnt mit dem Eingang der Ergänzungsanzeige die nach Abs. 3 modifizierte Frist für die materielle Prüfung der Unterlagen (s. unten Rn. 19 f.). Für die Einreichung der Ergänzungsanzeige durch die EU-AIF-Verwaltungsgesell17 schaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft gilt eine Frist von sechs Monaten nach Erstattung der Anzeige; wird von der BaFin eine weitere Ergänzungsanzeige angefordert (s. Rn. 16), gilt eine Frist von sechs Monaten nach Erstattung der vorherigen (jeweils letzten) Ergänzungsanzeige. Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. Sie ist äußerst großzügig bemessen. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut handelt es sich um eine Ausschlussfrist (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 5); sie ist nicht verlängerbar17 und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gem. § 32 Abs. 5 VwVfG unzulässig.18 Wird die Ergänzungsanzeige nicht inner-

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17 Vgl. zu § 139 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Erhard InvG, § 139 Rn. 11. 18 Vgl. zur Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Ausschlussfristen Stelkens/ Bonk/Sachs/Kallerhoff/Stamm VwVfG, § 32 Rn. 9.

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F. Prüfungsverfahren der BaFin (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 und Abs. 3)

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halb der Frist eingereicht, ist eine Mitteilung nach Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 1, ob mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann, ausgeschlossen. Es kann allerdings durch eine erneute Anzeige ein neues Anzeigeverfahren in Gang gesetzt werden; dies ist gem. Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 6 jederzeit möglich. III. Bei Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen: Mitteilung, ob mit dem Vertrieb begonnen werden kann, ggf. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3) Stellt die BaFin fest, dass die mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten 18 Angaben und Unterlagen vollständig sind, läuft die gegenüber § 316 Abs. 3 modifizierte Frist für die materielle Prüfung der eingereichten Unterlagen, innerhalb derer die BaFin der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft entweder mitteilt, dass sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann, oder die Aufnahme des Vertriebs untersagt. Die Mitteilung dieser Entscheidung ist – in beiden Fällen – ein Verwaltungsakt (s. zur Rechtsnatur von Maßnahmen der BaFin bereits § 314 Rn. 12 f.). Für die materielle Prüfung, die sich insbesondere auf die Einhaltung der in § 317 19 normierten materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs bezieht, hat die BaFin bei einem EU-AIF drei Monate und bei einem ausländischen AIF sechs Monate Zeit. Diese Prüfungsfrist ist gegenüber der im Rahmen von § 316 auch für die materielle Prüfung maßgeblichen Frist von 20 Arbeitstagen (s. § 316 Rn. 17 f.) erheblich verlängert; anders als im Rahmen von § 316 Abs. 2 und 3 sowie im Rahmen von § 321 Abs. 2 und 3 gelten für die Prüfung der Vollständigkeit und für die materielle Prüfung der vollständigen Unterlagen unterschiedliche Fristen, die allerdings zum gleichen Zeitpunkt (mit Eingang der Anzeige bzw. der Ergänzungsanzeige) beginnen. Die Berechnung der Frist für die materielle Prüfung richtet sich nach § 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB. Ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB trägt die Verlängerung der Prü- 20 fungsfrist dem Umstand Rechnung, dass sich die BaFin bei EU-AIF und ausländischen AIF mit einem höheren Prüfungsaufwand konfrontiert sieht als bei inländischen Publikums-AIF. Bei ausländischen Publikums-AIF ist dieser Prüfungsaufwand in Anbetracht der Vielzahl möglicher Herkunftsstaaten und dementsprechend der Vielgestaltigkeit solcher AIF nochmals höher als bei EU-AIF. Insbesondere ist bei ihnen eine zusätzliche Prüfung erforderlich, ob die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten ausländischen AIF durch diese die Anforderungen der AIFM-Richtlinie erfüllt (Abs. 1 Nr. 1 lit. b: Prüfung von Angaben und Unterlagen gem. § 22 Abs. 1 Nrn. 1 bis 9 und 13). Aus diesem Grunde beträgt die Prüfungsfrist sechs Monate (statt drei Monate bei EU-AIF). Der erforderliche Prüfungsumfang wird sich ab dem Zeitpunkt reduzieren, auf den in § 295 Abs. 2 Nr. 1 verwiesen wird (s. § 295 Rn. 9), weil ab diesem Zeitpunkt auch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates bzw. Referenzmitgliedstaates vorlegen muss, dass sie den Anforderungen der AIFM-Richtlinie entspricht.19 Aus diesem Grunde wird die Prüfungsfrist ab diesem Zeitpunkt auf drei Monate verkürzt und damit an die Prüfungsfrist angepasst, die bereits jetzt beim (beabsichtigten) Vertrieb von EU-AIF durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft gilt.

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BTDrucks. 17/12294 S. 287.

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§ 320

Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

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1. Mitteilung, dass mit dem Vertrieb des angezeigten AIF begonnen werden kann (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 1 und S. 4). Kommt die BaFin nach materieller Prüfung der eingereichten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass keine Beanstandungen bestehen, erschöpft sich der Inhalt der Mitteilung darin, die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft darüber zu informieren, dass sie mit dem Vertrieb des angezeigten AIF beginnen kann. Sie kann mit dem Vertrieb bereits ab dem Datum der entsprechenden Mitteilung beginnen (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 4); damit ist gegenüber der Regelung des § 140 Abs. 1 des aufgehobenen InvG20 eine Verkürzung des Verfahrens verbunden, wenn die Mitteilung bereits vor Ablauf der Prüfungsfrist erfolgt. Eine dem § 163 Abs. 2 S. 8 vergleichbare Möglichkeit, die Mitteilung mit Nebenbestimmungen (Bedingungen oder Auflagen) zu versehen, ist im Rahmen von Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 nicht vorgesehen. Treten Beanstandungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Tage, nachdem die EU22 AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits mit der Aufnahme des Vertriebs begonnen hat, kann die BaFin unter den Voraussetzungen des § 314 Abs. 1 (insbesondere Nr. 3: Entfallen einer Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vertriebs, ggf. Nr. 6: Verstoß gegen jede Vorschrift des KAGB, s. § 314 Rn. 19, 26) die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen ergreifen, einschließlich – sofern zum Schutze der Anleger geeignet und erforderlich – einer nachträglichen Untersagung des Vertriebs. 23

2. Untersagung der Aufnahme des Vertriebs (Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 bis 3). Kommt die BaFin nach materieller Prüfung der eingereichten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die jeweilige AIF-Verwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften des KAGB verstoßen, kann sie die Aufnahme des Vertriebs innerhalb der Frist von drei bzw. sechs Monaten gem. Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 2 untersagen. Dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesell24 schaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die jeweilige AIF-Verwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt, ist zwingende Voraussetzung einer Untersagung der Aufnahme des Vertriebs.21 Diese Voraussetzung ist freilich weit auszulegen; es genügt mithin jeder Verstoß gegen Vorschriften des KAGB (insbesondere gegen die §§ 317 bis 319), um eine Untersagung der Aufnahme des Vertriebs zu rechtfertigen. Denn es wäre widersinnig, wenn die BaFin bei Verstößen gegen bestimmte Vorschriften des KAGB die Aufnahme des Vertriebs nicht untersagen dürfte, aber – nachdem die Aufnahme des Vertriebs erfolgt ist – wegen jedes Verstoßes gegen Vorschriften des KAGB gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen einschließlich einer nachträglichen Untersagung des Vertriebs ergreifen könnte. Stellt die BaFin fest, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische 25 AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die jewei-

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20 Nach § 140 Abs. 1 InvG durfte der öffentliche Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen grundsätzlich erst aufgenommen werden, wenn seit dem Eingang der vollständigen Anzeige nach § 139 InvG drei Monate vergangen waren, ohne dass die Bundesanstalt die Aufnahme des öffentlichen Vertriebs untersagt hat. 21 Der Abs. 3 zugrunde liegende Art. 31 Abs. 3 AIFM-RL betont dies, indem er formuliert, dass die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates des AIFM den Vertrieb des AIF nur untersagen können, wenn die Verwaltung des AIF durch den AIFM gegen die Richtlinie verstößt bzw. verstoßen wird oder der AIFM gegen die Richtlinie verstößt oder verstoßen wird.

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G. Wiederholte Anzeige von gleichartigen AIF

§ 320

lige AIF-Verwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt, bedeutet dies allerdings nicht zwingend, dass sie die Aufnahme des Vertriebs untersagen muss. Der Wortlaut von § 316 Abs. 3 S. 2, wonach die BaFin die Aufnahme des Vertriebs innerhalb der einschlägigen Frist untersagen kann, deutet vielmehr darauf hin, dass die BaFin insoweit ein Entschließungsermessen hat, das unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (s. dazu § 314 Rn. 10) auszuüben ist. Bei ganz unbedeutenden Verstößen wird eine Untersagung der Aufnahme des Vertriebs daher nicht in Betracht kommen. Jedenfalls hat die BaFin zumindest bei Verstößen, die sich durch eine Änderung der Angaben und Unterlagen gem. Abs. 1 beseitigen lassen, vor einer (endgültigen) Untersagung der Aufnahme des Vertriebs ihre Beanstandungen der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft mitzuteilen und dieser damit die Möglichkeit zur Überarbeitung zu geben, ohne dass nach erfolgter Überarbeitung ein neues Anzeigeverfahren einzuleiten wäre. Gem. Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 3 beginnt mit Eingang der geänderten Angaben und Unterlagen die jeweils einschlägige Frist für die Mitteilung gem. Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 S. 1 erneut. Wieviele „Korrekturschleifen“ die BaFin zulässt, liegt in ihrem Ermessen. Jedenfalls steht das Gesetz mehreren Korrekturschleifen, an deren Ende die BaFin der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft mitteilt, dass sie mit dem Vertrieb des AIF beginnen kann, nicht entgegen; im Gegenteil scheint es von der Zulässigkeit mehrerer Korrekturschleifen auszugehen, wie die in § 316 Abs. 2 angesprochene Anforderung mehrerer Ergänzungsanzeigen im Falle der bloßen Unvollständigkeit der Angaben und Unterlagen zeigt. Die Untersagung der Aufnahme des Vertriebs stellt einen belastenden Verwaltungs- 26 akt dar (s. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Maßnahmen der BaFin § 314 Rn. 45 ff.). G. Wiederholte Anzeige von gleichartigen AIF G. Wiederholte Anzeige von gleichartigen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (Abs. 3) Abs. 3 strebt ausweislich der Regierungsbegründung zum KAGB einen Ausgleich 27 zwischen dem Interesse der anzeigenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft an einer möglichst kurzen Prüfungsdauer und der Zeit an, welche die BaFin für die Prüfung der Anzeige in Anbetracht des hohen Prüfungsaufwands bei ausländischen AIF benötigt.22 Aus diesem Grunde wird der Prüfungsumfang der BaFin reduziert, wenn die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen ausländischen AIF zum Vertrieb an Privatanleger im Inland nach Abs. 1 S. 1 angezeigt hat: In diesem Fall ist bei der Anzeige eines weiteren AIF der gleichen Art nicht erneut zu prüfen, ob der AIF und seine Verwaltungsgesellschaft in ihrem Herkunftsstaat einer wirksamen öffentlichen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterliegen (§ 317 Abs. 1 Nr. 1) und ob die AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch sie den Anforderungen der AIFM-Richtlinie entsprechen (§ 317 Abs. 1 Nr. 3), wenn die anzeigende AIF-Verwaltungsgesellschaft im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf diese Anforderungen seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind. Die ansonsten gem. Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b erforderlichen Angaben nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 müssen nicht eingereicht werden (nicht entbehrlich sind allerdings die Angaben nach § 22 Abs. 1 Nr. 13 zu den Vereinbarungen zur Beauftragung der Verwahrstelle) und die in Abs. 2 Nr. 2 genannte Frist wird auf drei Monate verkürzt.

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BTDrucks. 17/12294 S. 287.

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Anzeigepflicht beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF

Weder dem Gesetz noch der Regierungsbegründung ist zu entnehmen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die angezeigten AIF gleichartig i.S.v. Abs. 3 sind mit der Konsequenz, dass sich der Prüfungsumfang in der beschriebenen Form (s. oben Rn. 27) reduziert. Die BaFin lässt insoweit offenbar genügen, dass es sich um ausländische AIF handelt, die an Privatanleger vertrieben werden sollen; ausweislich des BaFinMerkblattes müssen nämlich die § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 entsprechenden Angaben und Unterlagen bereits dann nicht erneut eingereicht werden, wenn die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF zum Vertrieb an Privatanleger in der Bundesrepublik Deutschland angezeigt hat, ohne dass weitere Anforderungen an die Gleichartigkeit der angezeigten AIF gestellt würden.23 Sollte die BaFin ihre Verwaltungspraxis insoweit ändern, wäre die Gleichartigkeit der angezeigten AIF innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen nach Eingang der Anzeige gem. Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 2 S. 2 zu prüfen, da die fehlende Gleichartigkeit sich (lediglich) auf den Umfang der einzureichenden Angaben und Unterlagen und damit auf die (formelle) Prüfung der Vollständigkeit, nicht aber auf die materielle Prüfung nach Abs. 2 i.V.m. § 316 Abs. 3 auswirken würde. H. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen (Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 4 und Abs. 5) H. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen I. Anzeigepflichtige Änderungen

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Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 4 S. 1 statuiert eine Pflicht der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, Änderungen der mit dem Anzeigeschreiben gem. Abs. 1 übermittelten Angaben und Unterlagen der BaFin schriftlich mitzuteilen und ihr zeitgleich entsprechend aktualisierte Angaben und Unterlagen zu übermitteln. Die Pflicht besteht nach dem Sinn und Zweck von Abs. 4 nur bei solchen Änderungen, die für die Zwecke des Anzeigeverfahrens von Relevanz sind. Dies soll nach Aussage der BaFin in ihrer FAQ zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB jedenfalls dann nicht der Fall sein, wenn die Änderungen rein redaktioneller Natur sind (z.B. Korrektur von Rechtschreibfehlern).24 Danach wird die Pflicht zur Anzeige von Änderungen insbesondere bei inhaltlichen Änderungen der Angaben und Unterlagen gem. Abs. 1 Nr. 2 (Angaben zum Repräsentanten, zur Verwahrstelle und zur Zahlstelle) und Abs. 1 Nr. 3 (Anlagebedingungen, Satzung oder Gesellschaftsvertrag des EU-AIF oder ausländischen AIF, Geschäftsplan, Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen) eine Rolle spielen. Dass bereits ein Wechsel in den Vertriebsgesellschaften die Pflicht zur Anzeige von Änderungen auslösen soll, wird mit Recht bezweifelt.25 II. Prüfung der Änderungen durch die BaFin

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Handelt es sich um eine geplante Änderung, so ist sie mindestens 20 Arbeitstage (s. Rn. 15) vor ihrer Durchführung mitzuteilen; handelt es sich um eine ungeplante Änderung, ist sie unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) nach ihrem Eintreten mitzuteilen (Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 4 S. 2). Bestehen gegen die Änderung

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23 BaFin-Merkblatt, S. 11 (A.I.4.2.) und S. 15 (A.II.5.4.). 24 BaFin, Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB, Stand 13.7.2016, online abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html (zuletzt aufgerufen am 16.2.2018), 2.2.4. („Änderungsanzeigen“). 25 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 139 Rn. 37 („auf keinen Fall“).

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H. Änderungen der nach Abs. 1 übermittelten Angaben oder Unterlagen

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keinerlei Beanstandungen, wird die BaFin die entsprechende Mitteilung zur Kenntnis nehmen und gegenüber der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft nicht weiter reagieren. Sofern eine geplante Änderung dazu führt, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF gegen Vorschriften des KAGB verstößt, teilt die BaFin der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf (Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 4 S. 3). Die entsprechende Mitteilung muss wiederum unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) erfolgen. Es handelt sich bei ihr um einen belastenden Verwaltungsakt (s. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin § 314 Rn. 51 ff.). Wird eine geplante Änderung durchgeführt, ohne dass sie gem. Abs. 4 i.V.m. § 316 31 Abs. 4 S. 1 und 2 fristgerecht der BaFin angezeigt wurde, oder wird sie entgegen einer Mitteilung der BaFin gem. Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 4 S. 3 durchgeführt, kann die Bundesanstalt im Rahmen ihres diesbezüglichen Auswahlermessens alle gebotenen Maßnahmen einschließlich – falls erforderlich – der Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF ergreifen. Gleiches gilt, wenn eine ungeplante Änderung dazu führt, dass die EU-AIFVerwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft gegen Vorschriften des KAGB verstößt. Regelmäßig – insbesondere im Falle einer Vertriebsuntersagung – wird es sich bei den Maßnahmen der BaFin um belastende Verwaltungsakte handeln (vgl. § 314 Rn. 12; s. zu den Rechtsschutz möglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte der BaFin s. § 314 Rn. 51 ff.). III. Wesentliche Änderungen der im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben Abs. 4 verweist ferner auf den sprachlich völlig missratenen § 316 Abs. 5, der aus- 32 schließlich geschlossene inländische Publikums-AIF betrifft und somit nur für geschlossene EU-AIF bzw. geschlossene ausländische AIF entsprechend gilt. Er regelt den Fall, dass die Änderung i.S.v. Abs. 4 neue Umstände oder eine Unrichtigkeit in Bezug auf die im Verkaufsprospekt enthaltenen Angaben betrifft. Sind diese neuen Umstände „wichtig“ bzw. ist die Unrichtigkeit „wesentlich“, so ist die betreffende Änderung unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) auch als Nachtrag zum Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung hat im Bundesanzeiger und in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den im Verkaufsprospekt zu bezeichnenden26 elektronischen Informationsmedien zu erfolgen. Für den Fall der Veröffentlichung eines Nachtrags zum Verkaufsprospekt bestimmt 33 § 305 Abs. 8 S. 1, dass Anleger, die vor der Veröffentlichung des Nachtrags eine auf den Erwerb eines Anteils oder einer Aktie eines geschlossenen Publikums-AIF gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, diese Willenserklärung innerhalb einer Frist von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags widerrufen können, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. Gem. § 305 Abs. 8 S. 2 muss der Wiederruf keine Begründung enthalten und ist in Textform (§ 126b BGB) gegenüber der im Nachtrag als Empfänger des Widerrufs bezeichneten Verwaltungsgesellschaft oder Person zu erklären. Vor dem Hintergrund von § 305 Abs. 8 verlangt Abs. 4 i.V.m. § 316 Abs. 5, dass der Nachtrag den Empfänger des Widerrufs benennt; ferner muss der Nachtrag an hervorgehobener Stelle eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten.

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Im Normtext heißt es fehlerhaft: „zu bezeichneten“.

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§ 321

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

UNTERABSCHNITT 2 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle Anleger und professionelle Anleger im Inland § 321 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 321 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Lichtenstein Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

(1) 1 Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder an einem von ihr verwalteten inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss folgende Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten: https://doi.org/10.1515/9783110492217-108 1. einen Geschäftsplan, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält; 2. die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF; 3. den Namen der Verwahrstelle des angezeigten AIF; 4. eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF; 5. Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft, falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt; 6. alle in § 307 Absatz 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF; 7. Angaben zu den Vorkehrungen, die getroffen wurden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. 3 Ist der EU-AIF oder der inländische Spezial-AIF, den die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben beabsichtigt, ein Feeder-AIF, ist eine Anzeige nach Satz 1 nur zulässig, wenn der Master-AIF ebenfalls ein EU-AIF oder ein inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. 4 Andernfalls richtet sich das Anzeigeverfahren ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, nach § 322 und vor diesem Zeitpunkt nach § 329. (2) 1 Die Bundesanstalt prüft, ob die gemäß Absatz 1 übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind. 2 Fehlende Angaben und Unterlagen fordert sie innerhalb einer Frist von 20 Arbeitstagen als Ergänzungsanzeige an. 3 Mit Eingang der Ergänzungsanzeige beginnt die in Satz 2 genannte Frist erneut. 4 Die Ergänzungsanzeige ist der Bundesanstalt innerhalb von sechs Monaten nach der Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen; andernfalls ist eine Mitteilung nach Absatz 4 ausgeschlossen. 5 Die Frist nach Satz 3 ist eine Ausschlussfrist. 6 Eine erneute Anzeige ist jederzeit möglich. (3) 1 Innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen nach Absatz 1 teilt die Bundesanstalt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, ob diese mit dem Vertrieb des im Anzeigeschreiben genannten AIF an Lichtenstein https://doi.org/10.1515/9783110492217-108

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Schrifttum

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semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ab sofort beginnen kann. 2 Die Bundesanstalt kann innerhalb dieser Frist die Aufnahme des Vertriebs untersagen, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die Vorschriften der Richtlinie 2011/61/EU verstößt. 3 Teilt sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft entsprechende Beanstandungen der eingereichten Angaben und Unterlagen innerhalb der Frist von Satz 1 mit, wird die in Satz 1 genannte Frist unterbrochen und beginnt mit der Einreichung der geänderten Angaben und Unterlagen erneut. 4 Die AIF-Kapital-verwaltungsgesellschaft kann ab dem Datum der entsprechenden Mitteilung nach Satz 1 mit dem Vertrieb des angezeigten AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen. 5 Handelt es sich um einen EU-AIF, so teilt die Bundesanstalt zudem den für den EU-AIF zuständigen Stellen mit, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des EU-AIF an professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen kann. (4) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft teilt der Bundesanstalt wesentliche Änderungen der nach Absatz 1 oder 2 übermittelten Angaben schriftlich mit. 2 Änderungen, die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geplant sind, sind mindestens einen Monat vor Durchführung der Änderung mitzuteilen. 3 Ungeplante Änderungen sind unverzüglich nach ihrem Eintreten mitzuteilen. 4 Führt die geplante Änderung dazu, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nunmehr gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die Vorschriften der Richtlinie 2011/61/EU verstößt, so teilt die Bundesanstalt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unverzüglich mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf. 5 Wird eine geplante Änderung ungeachtet der Sätze 1 bis 4 durchgeführt oder führt eine durch einen unvorhersehbaren Umstand ausgelöste Änderung dazu, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nunmehr gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder der Richtlinie 2011/61/EU verstößt, so ergreift die Bundesanstalt alle gebotenen Maßnahmen gemäß § 5 einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF. Schrifttum

Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Bußalb/Unzicker Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Jesch/Geyer Die Übergangsbestimmungen der AIFM-Richtlinie, BKR 2012 359; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Krause/Götz Herausforderungen beim Vertrieb drittausländischer Alternativer Investment Fonds in Deutschland, RdF 2015 15; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFM-Richtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Wallach Alternative Investment Funds Managers Directive – ein neues Kapitel des europäischen Investmentrechts, RdF 2011 80; Weitnauer Die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung, BKR 2011 143; Weiser/Jang Die nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Fondsbranche in Deutschland, BB 2011 1219.

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§ 321

A.

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit | 2 II. Entstehung der Norm und Grundlagen | 8 Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm | 15 I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) 1. Adressat der Anzeigepflicht | 16 2. Anteile oder Aktien an deutschen Spezial-AIF sowie EU-AIF | 17 3. Vertriebsabsicht | 18 4. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger | 19 II. Anzeigeschreiben (Abs. 1 S. 2) | 21 1. Geschäftsplan (Nr. 1) | 22 2. Gründungsdokumente (Nr. 2) | 23 3. Verwahrstelle des angezeigten AIF (Nr. 3) | 24 4. Beschreibung und Informationen über den AIF (Nr. 4) | 25

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C.

Angaben zum Sitz des Master-AIF (Nr. 5) | 26 6. Informationspflichten gemäß § 307 Abs. 1 (Nr. 6) | 27 7. Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Nr. 7) | 28 8. Besonderheiten bei MasterFeeder-Konstruktionen (Abs. 1 S. 3 und 4) | 30 III. Prüfungsverfahren der BaFin | 33 1. Prüfungspflichten der BaFin und Ergänzungsanzeige (Abs. 2) | 34 2. Vertriebsmitteilung der BaFin (Abs. 3 S. 1 bis 4) | 39 3. Besonderheiten bei EU-AIF (Abs. 3 S. 5) | 42 IV. Informationspflichten der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft (Abs. 4 S. 1 bis 3) | 43 V. Verstoß gegen Rechtsvorschriften (Abs. 4 S. 4 und 5) | 46 Übergangsregelungen | 48

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

§ 321 enthält die Vorgaben für deutsche AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für den Vertrieb von Anteilen an inländischen – genauer gesagt: deutschen – Spezial-AIF und EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland und kann als „Grundnorm“ für inländische Vertriebsaktivitäten angesehen werden.1 Verwaltet eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft inländische Spezial-AIF und EU-AIF und beabsichtigt sie, deren Anteile an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland zu vertreiben, so richtet sich das Anzeigeverfahren bei der BaFin nach den Vorgaben des § 321.2 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit

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Die Norm ist im Unterabschnitt 2 des Abschnitts 3 des Kapitels 4 angesiedelt. Kapitel 4 beinhaltet die Vertriebsregeln des KAGB, Abschnitt 3 behandelt die verschiedenen Vertriebsmöglichkeiten von AIF und dessen Unterabschnitt 2 (§§ 321–330a) regelt die Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland3 und unterscheidet jeweils danach, ob inländische AIF, EU-AIF oder ausländische AIF von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen Verwaltungsgesellschaften vertrieben werden.

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1 Volhard/Jang DB 2013 273 (274); so auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM Art. 31 Rn. 9 für die Ausgangsnorm in der AIFM-Richtlinie. 2 Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 3 Den Vertrieb von AIF an Privatanleger im Inland regeln die §§ 316–320, den an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedsstaaten die §§ 331–335 KAGB.

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A. Allgemeines

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Bei den in Unterabschnitt 2 geregelten Anzeigeverfahren sind in zeitlicher Hinsicht zwei Reglungsregime zu unterscheiden; das erste Regime umfasst Vertriebssachverhalte mit reinem EU-Bezug (§§ 321, 323, 330a), das zweite solche mit Drittstaatenbezug (§§ 322, 324–328). Ein Vertrieb mit reinem EU-Bezug liegt vor, wenn sowohl der AIFM und der AIF (bei Master-Feeder-Konstruktionen der Feeder- und der Master-AIF) ihren Sitz in der EU haben, während bei einem Vertrieb mit Drittstaatenbezug mindestens ein Beteiligter (entweder der AIFM oder der AIF – bei Master-Feeder-Konstruktionen der Feederoder der Master-AIF) außerhalb der EU ansässig ist. Vertriebsvorschriften mit reinem EU-Bezug (erstes Regelungsregime) sind mit Inkrafttreten des KAGB am 22.7.2013 sofort anwendbar, für Vertriebsvorschriften mit Drittstaatenbezug (zweites Regelungsregime) gelten spezielle Vertriebsvorgaben. Der Übergang vom ersten Regelungsregime zum zweiten Regelungsregime wird allgemein als „Drittstaatenstichtag“ bezeichnet.4 Das Datum des Drittstaatenstichtages ist derzeit unklar. Gemäß Art. 67 Abs. 1b) der AIFM-Richtlinie sollte die ESMA bis zum 22.7.2015 eine einheitliche Empfehlung zur Frage der Erweiterung des Vertriebspasses auf Drittstaatenkonstellationen abgeben. Die Abgabe einer positiven Empfehlung ist eine Voraussetzung für den durch die Kommission zu erlassenden Delegierten Rechtsakt zur Erweiterung des Vertriebspasses auf Sachverhalte mit Drittstaatenbezug. Bislang hat die ESMA diese Empfehlung nur für einige Länder abgegeben. Wann, in welchem Umfang und bezügliche welcher Länder der Vertriebspass auf Drittstaatenkonstellationen erweitert wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.5 Das KAGB macht von dem Wahlrecht der AIFM-Richtlinie6 Gebrauch und unterstellt den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF und EU-AIF dem EU-Passport-Regime7 der AIFM-Richtlinie, welches für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug erst ab dem Zeitpunkt der Erweiterung des Vertriebspasses auf Drittstaatenkonstellationen (Drittstaatenstichtag) zwingend anwendbar ist, vgl. § 295 Abs. 2 und 3 KAGB i.V.m. Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 6 AIFM-Richtlinie (sog. gestreckte Anwendbarkeit).8 Dies gilt für den Vertrieb sowohl an professionelle Anleger9 als grundsätzlich auch an semiprofessionelle Anleger. Bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der AIFM-Richtlinie, an die nur solche AIF vertrieben werden dürfen, die gemäß der AIFM-Richtlinie verwaltet werden.10 Der deutsche Gesetzgeber stellt den semiprofessionellen Anleger im KAGB insoweit dem professionellen Anleger gleich.11 Bei der Auswahl des einschlägigen Anzeigeverfahrens für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland ist daher zu beachten, dass

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4 Emde/Dreibus BKR 2013 97 ff.; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vorbemerkung zu §§ 321–334 Rn. 4. 5 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vorbemerkung zu §§ 321–334 Rn. 7 mit weiteren Ausführungen zum Sachstand. 6 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1. 7 Zur Thematik des „EU-Passport-Regimes“ vgl. die Erläuterungen bei Volhard/Jang DB 2013 273 (274 ff.); ferner: Emde/Dreibus BKR 2013 97 ff.; Jesch/Geyer BKR 2012 362; Klebeck/Meyer RdF 2012 96; Spindler/Tancredi WM 2011 1446 ff.; Loff/Klebeck BKR 2012 355 ff.; Wallach 2011 86 ff.; Weiser/Jang BB 2011 1224 f. 8 Der Begriff wurde geprägt von Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 9 Zum Begriff des Professionellen Anlegers vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 32. 10 BTDrucks. 17/12294 S. 287 f.; zum Begriff des Semiprofessionellen Anlegers vgl. im Übrigen § 1 Abs. 19 Nr. 33. 11 Vgl. Begründung zu § 295 Abs. 3, BTDrucks. 17/12294 S. 278.

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§ 321

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

einige Anzeigeverfahren (§§ 329, 330) nur bis zu dem Zeitpunkt gelten, der in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt genannt wird, und andere Anzeigeverfahren (§§ 322, 324–328) erst ab diesem Zeitpunkt;12 bis dahin muss das für die jeweilige Fallkonstellation einschlägige Anzeigeverfahren gewählt werden.13 Die übrigen Anzeigeverfahren des Unterabschnitts 2 (§§ 321, 323, 330a) gelten ab Inkrafttreten des KAGB und über den vorgenannten Zeitpunkt hinaus. § 321 ist für den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF und EU-AIF an professionelle 7 und semiprofessionelle Anleger durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 295 Abs. 2 bzw. 3 mit Inkrafttreten des KAGB sofort anwendbar und gilt auch über den Drittstaatenstichtag hinaus. II. Entstehung der Norm und Grundlagen Nach der Begründung zum Regierungsentwurf14 setzt § 321 die europäischen Vorgaben des Art. 31 Abs. 1–4, Abs. 6 der AIFM-Richtlinie auf nationaler Ebene um15 und gehört – wie alle Normen des Unterabschnitts 2 – zu den durch die AIFM-Richtlinie neu geschaffenen investmentrechtlichen Regelungen. Das Investmentgesetz sah für den europaweiten Vertrieb von Investmentanteilen, die keine OGAW sind, keinen EU-Pass vor. Der öffentlichen Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen, die keine OGAW sind, wurde in Deutschland zwar in §§ 135 ff. InvG geregelt, diese setzten allerdings eine Vergleichbarkeit der ausländischen Investmentanteile mit deutschen Investmentanteilen voraus. Die Vergleichbarkeitsprüfung war streng und schloss all jene Investmentfonds vom öffentlichen Vertrieb in Deutschland aus, die nicht eigens dafür konzipiert worden waren.16 Eine Anzeige- oder Erlaubnispflicht auf Ebene der geschlossenen Fondskonstrukte gab es zuvor ebenso wenig wie eine generelle Anzeige- oder Erlaubnispflicht auf Ebene ihrer Verwalter;17 der Vertrieb erfolgte im Rahmen von Privatplatzierungen, die in bestimmten Konstellationen ohne jegliche Beteiligung der BaFin möglich war.18 Dementsprechend fehlt es an entsprechenden Vorgängernormen. Die Abschaffung der Privatplatzierungen erfolgt aufgrund eines Systemwechsels des Europäischen Gesetzgebers, der in der AIFM-Richtlinie nicht zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Vertrieb unterscheidet, sondern nur zwischen dem Vertrieb mit Passport oder ohne Passport.19 Zudem stellt § 321 die semiprofessionellen Anleger den professionellen Anlegern 9 gleich. Der Gesetzgeber sieht dies als richtlinienkonform an, da § 321 für den Vertrieb voraussetzt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und deren Verwaltung des angezeigten AIF der AIFM-Richtlinie entsprechen.20 10 § 321 Abs. 1 S. 1 dient der Umsetzung von Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 und Abs. 6 der AIFMRichtlinie. Art. 31 der AIFM-Richtlinie hat den Zweck, bereits auf Ebene der einzelnen Mitgliedsstaaten einheitliche Bedingungen für den nationalen Vertrieb von AIF durch 8

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12 Vgl. Antwort auf Frage 2.1.1 des FAQ „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der BaFin vom 4.7.2013 (Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/ 0293), geändert am 13.7.2016 abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/ FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html. 13 Ewers Bundestag beschließt AIFM-Umsetzungsgesetz, BaFin-Journal 06/2013 19. 14 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) vom 6.2.2013, BTDrucks. 17/12294. 15 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 287 f. 16 Weiser/Jang BB 2011 1225 m.w.N. 17 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM Art. 31 Rn. 35. 18 Vgl. Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 19 Vgl. Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 20 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 287 f.

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

ihren AIFM zu schaffen. Art. 31 der AIFM-Richtlinie weist die einzelnen Mitgliedsstaaten an, wie der nationale Vertrieb von AIF aus dem Herkunftsland sicherzustellen ist und schreibt ein Anzeigeverfahren für alle EU-AIF vor, die von einem EU-AIFM in seinem Herkunftsland an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. Dadurch wird den Behörden eines Aufnahmestaates Gewissheit verschafft, dass bestimmte Mindeststandards eingehalten werden. So wird ein Vertrieb in anderen Mitgliedsstaaten als dem Herkunftsland des AIFM zu gleichen Bedingungen möglich.21 § 321 Abs. 1 S. 2 setzt Art. 31 Abs. 2 und Anhang III der AIFM-Richtlinie um, mit denen die Mindeststandards für die Anzeigeschreiben vorgegeben werden. § 321 Abs. 1 S. 3 setzt Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 der AIFM-Richtlinie um,22 der die Bedingungen für eine Master-Feeder-Konstruktion vorgibt. § 321 Abs. 2 basiert laut der Gesetzesbegründung auf § 129 Abs. 2 des aufgehobenen Investmentgesetzes.23 Bei dem Verweis auf § 129 Abs. 2 InvG handelt es sich um ein redaktionelles Versehen in der Gesetzesbegründung, richtigerweise muss auf § 128 Abs. 2 des aufgehobenen Investmentgesetzes verwiesen werden, wie ein Vergleich der beiden Normen (§ 321 Abs. 2 und § 128 Abs. 2 InvG) unschwer erkennen lässt. Die Anlehnung an § 128 Abs. 2 InvG war vorgenommen worden, da die AIFM-Richtlinie – ebenso wie die OGAW IV-Richtlinie24 – keine Regelungen enthält, wie mit unvollständigen Anzeigen umgegangen werden soll. 25 Entsprechend der Gesetzesbegründung zum OGAW IVUmsG26 dient die Frist zur Überprüfung der Vollständigkeit einer Beschleunigung des Verfahrens.27 § 321 Abs. 3 setzt Art. 31 Abs. 3 und Abs. 6 der AIFM-Richtlinie um und stellt darüber hinaus die semiprofessionellen Anleger den professionellen Anlegern gleich. Da die AIFM-Richtlinie in den Parallelvorschriften von Art. 31 Abs. 3, wie etwa Art. 35 Abs. 4, 39 Abs. 3 und 40 Abs. 4, nicht auf einen etwaigen künftigen Verstoß abstellt, wird dies auch bei der Umsetzung des Art. 31 der AIFM-Richtlinie im Sinne der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der AIFM-Richtlinie nicht gefordert. § 321 Abs. 4 setzt Art. 31 Abs. 4 der AIFM-Richtlinie um. B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm Das Anzeigeverfahren nach § 321 ist anwendbar, wenn eine AIF-Kapitalverwaltungs- 15 gesellschaft inländische Spezial- oder EU-AIF verwaltet und beabsichtigt, die Anteile oder Aktien dieser AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland zu vertreiben. I. Anzeigepflicht (Abs. 1 S. 1) 1. Adressat der Anzeigepflicht. Anzeigeberechtigt ist gemäß § 321 Abs. 1 S. 1 die 16 (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 16, die den zu vertreibenden AIF verwaltet. Die Vertriebsanzeige kann nur von ihr abgegeben werden, sie ist

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21 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 7. 22 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 23 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 24 Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1. 25 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 26 BGBl. I 2011/1126. 27 Vgl. BTDrucks. 17/4510.

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

Adressatin der Vorschrift. Auch wenn sich die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einer externen Vertriebsgesellschaft bedient, bleibt sie für die Vertriebsanzeige verantwortlich.28 17

2. Anteile oder Aktien an deutschen Spezial-AIF sowie EU-AIF. § 321 Abs. 1 S. 1 betrifft ausschließlich deutsche Spezial-AIF sowie EU-AIF, die von der deutschen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden. Die Anzeigepflicht der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft für den Vertrieb von ausländischen AIF und MasterFeeder-AIF mit Drittstaatenbezug an semiprofessionelle und professionelle Anleger ist in § 322 geregelt. Die entsprechende Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft für den Vertrieb von inländische Spezial- oder EU-AIF regelt § 323 und von ausländischen AIF und Master-Feeder-AIF mit Drittstaatenbezug § 324, und die entsprechenden Pflichten einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft regeln die §§ 325, 327.

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3. Vertriebsabsicht. Die Anzeigepflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 321 Abs. 1 S. 1 knüpft nach dessen Wortlaut an die Absicht des Vertriebs in Deutschland. Mit „Absicht“ verwendet § 321 Abs. 1 S. 1 einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Hinblick auf die Willensbildung bei der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Bezug auf den Vertrieb der Auslegung bedarf.29 „Absicht“ bedeutet wohl nicht, dass die Anzeigepflicht bereits gegeben ist, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geschäftsintern einen derartigen Vertrieb nur in Erwägung zieht.30 Die Willensbildung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft wird erst zu einer Vertriebsabsicht gereift sein, wenn sie willens und in der Lage ist, die an den Vertrieb gestellten gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und den Vertrieb tatsächlich aufzunehmen.31 Sobald diese Voraussetzungen gegeben sind, löst die Vertriebsabsicht die Anzeigepflicht der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aus. Einer Anzeige bedarf es, bevor irgendeine nach außen gerichtete Vertriebstätigkeit aufgenommen wird.32

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4. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger. Die Anzeigepflicht des § 321 trifft die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nur, wenn sie die inländischen Spezial-AIF und die EU-AIF in Deutschland vertreiben will. Der Vertrieb muss sich dabei an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland richten.33 Gemäß § 293 Abs. 1 S. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.34 Bei einem Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger wird der Vertriebsbegriff entsprechend den Vorgaben aus der AIFM-Richtlinie durch § 293 Abs. 1 S. 3 KAGB eingeschränkt. Ein Vertrieb an diese Anlegergruppe i.S.d. § 321 ist nur gegeben, wenn der Vertrieb auf Initiative oder im Auftrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erfolgt. Das Anbieten von Anteilen oder Aktien eines AIF, das nicht auf Initiative oder im Auftrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft erfolgt (z.B. Vermittlung durch einen nicht von

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28 Vgl. Antwort auf Frage 2.1.2 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12). 29 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 128 Rn. 15. 30 So auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies InvG, § 128 Rn. 3. 31 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 128 Rn. 16. 32 So im Ergebnis auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies InvG, § 128 Rn. 3; Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum InvG, 2013, § 128 Rn. 17. 33 Zum Vertrieb von AIF an Privatanleger s. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme §§ 316 ff. 34 Zur Definition des Vertriebsbegriffes s. Baur/Tappen/Mehrkhah/Zingel § 293 Rn. 3 ff.

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der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beauftragten Dritten), stellt demnach keinen Vertrieb der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 321 dar.35 Im Spezialfondsbereich sind darüber hinaus Fallkonstellationen denkbar, dass eine 20 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegenüber einem Interessenten die eigenen Fähigkeiten bewirbt und dabei Musteranlagebedingungen und Musterprospekte übergibt, die ersichtlich noch nicht angebotsreif sind, weil sie noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, und die sodann von den Parteien verhandelt werden. Vertriebshandlungen für ein Investmentvermögen, das weder aufgelegt ist noch unter einem bestimmten Namen firmiert, sind erst möglich, wenn das Investmentvermögen angebotsreif ist. Das ist erst dann der Fall, wenn die Anlagebedingungen vollständig ausgehandelt sind. Denn ansonsten müsste die Verwaltungsgesellschaft jeden Verhandlungsstand bei der BaFin anzeigen, was nicht Sinn und Zweck des Anzeigeverfahrens sein kann.36 II. Anzeigeschreiben (Abs. 1 S. 2) Die Anzeige erfolgt gegenüber der BaFin. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 21 hat für jeden AIF, den sie zu vertreiben beabsichtigt, ein Anzeigeschreiben vorzulegen. Dies geht aus dem Wortlaut des § 321 Abs. 1 S. 2 zwar so eindeutig nicht hervor, die Norm setzt allerdings Art. 31 Abs. 2 und Anhang III der AIFM-Richtlinie um, der dies ausdrücklich verlangt. Der Anzeige an die BaFin ist ein Katalog von Unterlagen beizufügen. 1. Geschäftsplan (Nr. 1). Der Anzeige ist gemäß § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ein Geschäfts- 22 plan beizufügen, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält. Die BaFin hat in ihrem FAQ-Vertrieb37 festgelegt, dass der Geschäftsplan für Vertriebsanzeigen nach § 321 – vorbehaltlich abweichender Vorgaben der ESMA – den Namen und den Sitz des AIF beinhalten muss. Handelt es sich um einen EU-AIF muss der Geschäftsplan zusätzlich den Herkunftsmitgliedstaat des angezeigten AIF benennen. Weitere Angaben zu dem angezeigten AIF sind im Geschäftsplan in der Regel nicht erforderlich, da die BaFin den übrigen in der Anzeige enthaltenen Angaben und Unterlagen weitere Informationen entnehmen kann.38 2. Gründungsdokumente (Nr. 2). Dem Anzeigeschreiben sind die Gründungsdo- 23 kumente des AIF beizufügen (§ 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 2). Abhängig davon, ob der AIF als Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaft oder Investmentkommanditgesellschaft organisiert ist, sind dies die Anlagebedingungen bzw. die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF. 3. Verwahrstelle des angezeigten AIF (Nr. 3). Gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 muss die AIF- 24 Kapitalverwaltungsgesellschaft für jeden von ihr verwalteten AIF eine Verwahrstelle beauftragen. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 hat sie im Rahmen der Vertriebsanzeige lediglich den Namen der Verwahrstelle anzugeben, ob die investmentrechtliche Verwaltungspraxis darüber hinaus einen Nachweis über die Bestellung verlangt und sich z.B. den Verwahrstellenvertrag einreichen lassen wird, bleibt abzuwarten.

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Vgl. Antwort auf Frage 1.2 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12), Ewers BaFin-Journal 06/2013 18. Vgl. Antwort auf Frage 1.2 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12). Vgl. Fn. 12. Vgl. Antwort auf Frage 2.2.3 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12).

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

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4. Beschreibung und Informationen über den AIF (Nr. 4). Die Anzeige muss eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF enthalten (§ 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 4).

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5. Angaben zum Sitz des Master-AIF (Nr. 5). Falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, sind gemäß § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft zu machen.39

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6. Informationspflichten gemäß § 307 Abs. 1 (Nr. 6). Nach § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 bezieht sich die Anzeigeverpflichtung auch auf alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen, die semiprofessionellen und professionellen Anlegern vor Erwerb zur Verfügung gestellt werden müssen. Da diesen Anlegern regelmäßig kein detaillierter Verkaufsprospekt i.S.d. §§ 164, 165 vorgelegt werden muss, sind in § 307 die notwendigen Einzelinformationen aufgelistet.40 Im Wesentlichen sind die nachfolgenden Informationen zur bereitzustellen: – jüngster Jahresbericht, – Nettoinventarwert oder Marktpreis und Wertentwicklung, – Beschreibung der Anlagestrategie, – Darstellung des Einsatzes von Fremdmitteln (Leverage), – Beschreibung der Verwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle und sonstiger Dienstleister (einschließlich deren Pflichten), – Angabe der ausgegliederten Verwaltungsfunktionen der Verwaltungsgesellschaft, – Darstellung des Bewertungsverfahrens des Investmentvermögens, – Beschreibung des Liquiditätsmanagements (unter Berücksichtigung möglicher Rücknahmerechte), – Transparenzangaben (hinsichtlich Kostenstruktur), – Angaben zur fairen Behandlung der Anleger und – Angaben zur Informationspolitik.

7. Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Nr. 7). Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 wiederholt damit die bereits in § 295 Abs. 1 S. 3 enthaltene allgemeine Regelung für den Vertrieb von AIF. Die Vorkehrungen müssen so gestaltet sein, dass ein Vertrieb an Privatanleger wirksam verhindert wird.41 Die BaFin verlangt zur Einhaltung dieser „Kleinanlegersperre“42 im Prospekt und al29 len weiteren Informations- und Werbematerialien einen drucktechnisch herausgestellten Hinweis entsprechend § 293 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 aufzunehmen. Unter Berücksichtigung des Vertriebswegs ist darauf zu achten, dass die betreffenden AIF nicht an Privatanleger vertrieben werden können. Beim Online-Vertrieb sind etwa getrennte und zugangsgesicherte Verkaufsportale für die jeweiligen Anlegergruppen erforderlich. Für die Umsetzung

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39 Zu den Anforderungen an eine Master-Feeder-Konstruktion im Rahmen des § 321 vgl. nachfolgend Rn. 30. 40 Volhard/Jang DB 2013 275; Hartrott/Goller BB 2013 1610. 41 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 42 Der Begriff stammt von Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch/Klebeck AIFM, Anh. III Rn. 9 und orientiert sich vermutlich an dem Begriff „retail barrier“ aus dem englischen Sprachgebrauch.

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

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dieser Anforderungen bei Vertriebspartner reicht ein Hinweis gegenüber den Vertriebspartnern nicht aus, erforderlich ist vielmehr eine vertragliche Verpflichtung im Vertriebsvertrag. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist verpflichtet, sicherzustellen, dass auch ihre Vertriebspartner die Anforderungen des Gesetzes einhalten.43 8. Besonderheiten bei Master-Feeder-Konstruktionen (Abs. 1 S. 3 und 4). Han- 30 delt es sich bei dem inländischen Spezial-AIF oder dem EU-AIF um einen Feeder-AIF, ist gemäß § 321 Abs. 1 S. 3 das Anzeigeverfahren nach § 321 nur zulässig, wenn der MasterAIF ebenfalls ein inländischer Spezial-AIF oder EU-AIF ist, der von einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft oder einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Master- und Feeder-AIF müssen inländische Spezial-AIF oder EU-AIF sein, damit das Anzeigeverfahren nach § 321 einschlägig ist. Ein Feeder-AIF ist ein AIF, der sein Vermögen vollständig in einen anderen AIF, den 31 Master-AIF, investiert. Eine Risikomischung ergibt sich, da der Master-AIF die Regelungen zur Risikodiversifizierung beachten muss.44 Der Feeder-AIF muss gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 13 entweder (i) mindestens 85 Prozent seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegen, oder (ii) mindestens 85 Prozent seines Wertes in mehr als einem Master-AIF anlegen, wenn diese Master-AIF identische Anlagestrategien verfolgen, oder (iii) anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF haben. Ein Master-AIF ist gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 14 ein AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. Bei einem Feeder-AIF mit Drittstaatenbezug, d.h. einen Feeder-AIF, dessen Master- 32 AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, richtet sich gemäß § 321 Abs. 1 S. 4 das Anzeigeverfahren bis zum Drittstaatenstichtag nach § 329 und nach dem Drittstaatenstichtag nach § 322. III. Prüfungsverfahren der BaFin Das Prüfungsverfahren der BaFin nach § 321 Abs. 2 basiert auf dem in § 128 Abs. 2 33 des aufgehobenen Investmentgesetzes geregelten Verfahren,45 das nach der Neufassung der OGAW-Richtlinie und deren Umsetzung durch das OGAW IV-UmsG grundlegend umgestellt worden war. Der Wortlaut des § 128 Abs. 2 InvG wurde – redaktionell angepasst und um einen neuen Satz 3 ergänzt – in das KAGB übernommen. 1. Prüfungspflichten der BaFin und Ergänzungsanzeige (Abs. 2). Voraussetzung 34 für die Vertriebszulassung ist der Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen. Daher prüft die BaFin nach Eingang des Anzeigeschreibens, ob die mit der Vertriebsanzeige übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind. Das Gesetz verpflichtet die BaFin, diese Prüfung innerhalb von 20 Arbeitstagen vorzunehmen. Entsprechend der Gesetzesbegründung zum OGAW IV-UmsG dient diese Frist einer Beschleunigung des Ver-

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43 Vgl. Antwort auf Frage 1.5 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12); so auch Jesch/Klebeck, die vorschlagen, entsprechende Hinweise in die Fondsdokumentation aufzunehmen und darüber hinaus im Vertrieb mit entsprechenden Verpflichtungserklärungen oder -vereinbarungen zu arbeiten; vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch/Klebeck AIFM, Anh. III Rn. 9. 44 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 9. 45 Die Gesetzesbegründung (BTDrucks. 17/12294 S. 288) verweist an dieser Stelle auf § 129 Abs. 2 InvG statt auf § 128 Abs. 2 InvG, hierbei handelt es sich um ein redaktionelles Versehen in der Gesetzesbegründung, vgl. insoweit die Ausführungen oben Rn. 12.

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fahrens.46 Die Frist für die Prüfung der Vollständigkeit entspricht wie in § 128 des aufgehobenen InvG und in § 316 der Frist für die Möglichkeit der materiellen Prüfung der vollständigen Unterlagen.47 Sollten die eingereichten Unterlagen nicht vollständig sein, hat die antragstellenden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Anspruch darauf, dies innerhalb der Frist mitgeteilt zu bekommen;48 innerhalb dieser Frist hat die BaFin Gelegenheit, fehlende Angaben und Unterlagen anzufordern. Darüber hinaus teilt die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit, falls die Angaben und Unterlagen Anlass zu Beanstandungen geben. Die BaFin ist allerdings nicht verpflichtet, die gesetzlichen Bearbeitungsfristen auszuschöpfen, sie kann den Antragsteller – im Falle fehlender Unterlagen – auch vor Ablauf der Frist zu einer Ergänzungsanzeige unter Beifügung der fehlenden Dokumente auffordern.49 Die fehlenden Angaben und Unterlagen sind im Wege einer Ergänzungsanzeige bei der BaFin einzureichen. Der Gesetzgeber hat die Regelungen zur Ergänzungsanzeige aus § 128 Abs. 2 InvG fortgeführt.50 Mit Eingang der Ergänzungsanzeige beginnt gemäß § 321 Abs. 2 S. 3 die Prüfungsfrist der BaFin erneut. Die Ergänzungsanzeige ist gemäß § 321 Abs. 2 S. 4 innerhalb von sechs Monaten nach Erstattung der Vertriebsanzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen, andernfalls ist gemäß § 321 Abs. 2 S. 4 letzter Halbsatz „eine Mitteilung nach Absatz 4“ ausgeschlossen. Offensichtlich liegt hier ein Verweisfehler vor: § 321 Abs. 2 S. 4 verweist auf § 321 Abs. 4. Der Verweis müsste jedoch auf § 321 Abs. 3 lauten, denn Absatz 3 behandelt die Vertriebsmitteilungen der BaFin und um eine solche geht es hier. Absatz 4 dagegen behandelt Änderungsanzeigen der Verwaltungsgesellschaft. Die Frist von sechs Monaten ist eine Ausschlussfrist, die – ebenso wie die Frist in § 128 Abs. 2 des aufgehobenen InvG – verhindern soll, dass eine unvollständige Anzeige nach Ablauf von sechs Monaten noch vervollständigt werden kann. Der Gesetzgeber sieht darin regelmäßig die Gefahr, dass die bereits eingereichten Unterlagen veraltet sind. Eine erneute, vollständige Anzeige ist aber jederzeit möglich.51 Gemäß Satz 5 ist „die Frist nach Satz 3“ eine Ausschlussfrist. Hier liegt ein (weiterer) Verweisungsfehler vor, da die Ausschlussfrist von sechs Monaten in Satz 4 geregelt ist und nicht in dem zitierten Satz 3. 2. Vertriebsmitteilung der BaFin (Abs. 3 S. 1 bis 4). Die BaFin teilt der antragstellenden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen mit, ob sie mit dem Vertrieb des AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland beginnen kann (Satz 1) oder nicht (Satz 2). Bei dieser Frist handelt es sich um eine Entscheidungs- und keine Bearbeitungsfrist; die Norm enthält keine Option für die BaFin, die Frist zu verlängern, wenn sie es für notwendig hält.52 Eine Vertriebsuntersagung darf die BaFin nur dann aussprechen, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst oder die Verwaltung des angezeigten AIF

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46 Vgl. die Gesetzesbegründung zum OGAW IV-UmsG (BTDrucks. 17/4510), auf den die Vorgängernorm § 128 Abs. 2 InvG zurückgeht. 47 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 48 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 24. 49 Vgl. Antwort auf Frage 2.1.3 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12). 50 Die Regelungen zur Ergänzungsanzeige waren mit dem OGAW IV-UmsG in § 128 Abs. 2 InvG aufgenommen worden und aus § 132 Abs. 3 InvG in der Fassung vom 5.4.2011 – der Fassung des InvG vor Änderung durch das OGAW IV-UmsG – entnommen worden. 51 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 52 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 23, Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/ Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 52.

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

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durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen das KAGB oder die AIFM-Richtlinie verstoßen. Der dem § 321 Abs. 3 zugrundeliegende Art. 31 Abs. 3 AIFM-Richtlinie stellt auch auf mögliche zukünftige Verstöße des AIFM gegen die Richtlinie ab und gibt dem nationalen Gesetzgeber Spielraum für eine Zulassung mit Untersagungsvorbehalt. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Möglichkeit nicht in das KAGB aufgenommen, weil die AIFM-Richtlinie in den Parallelvorschriften von Artikel 31 Absatz 3, wie etwa Artikel 35 Absatz 4, 39 Absatz 3 und 40 Absatz 4, nicht auf einen etwaigen künftigen Verstoß abstellt, wird dies auch bei der Umsetzung des Artikel 31 der Richtlinie 2011/ 61/EU im Sinne der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Richtlinie nicht gefordert.53 Im Falle einer positiven Entscheidung kann die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 40 sofort ab Datum der Vertriebsmitteilung der BaFin mit dem Vertrieb des angezeigten AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland beginnen. Ob eine Genehmigungsfiktion greift, falls die BaFin innerhalb der Frist keine Ent- 41 scheidung trifft, wird weder vom KAGB noch von der AIFM-Richtlinie eindeutig beantwortet. Dagegen sprechen sich Zeidler54 und Patzner/Schneider-Deters55 aus, für eine Genehmigungsfunktion Klebeck/Brocker und Klebeck/Frick.56 3. Besonderheiten bei EU-AIF (Abs. 3 S. 5). Handelt es sich um einen EU-AIF, teilt 42 die BaFin neben der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft auch der zuständigen Heimatbehörde des EU-AIF mit, dass der EU-AIF nunmehr durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (auch) in Deutschland vertrieben werden darf. IV. Informationspflichten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Abs. 4 S. 1 bis 3) Sollten sich bei den in der Vertriebsanzeige gemachten Angaben wesentlichen Än- 43 derungen ergeben, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der BaFin diese mindestens einen Monat vor deren Durchführung oder – wenn es sich um ungeplante Änderungen handelt – unverzüglich nach deren Eintreten schriftlich mitteilen. Mit diesem Verfahren sollen Vertriebsuntersagungen möglichst verhindert werden.57 Für den Gesetzesanwender ist allerdings unklar, welche Änderungen als „wesent- 44 lich“ einzustufen sind. Nach dem BaFin-FAQ „Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“58 sind nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung nur solche Änderungen anzuzeigen, die für die Zwecke des Anzeigeverfahrens von Relevanz sind. Rein redaktionelle Änderungen ohne materielle Auswirkungen (z.B. Korrektur eines Rechtschreibfehlers) sind für die BaFin jedenfalls nicht relevant und daher nicht anzuzeigen.59 Das konkretisiert den Begriff „wesentlich“ nur unzureichend und für die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft bleibt fraglich, welche Änderungen als wesentlich einzustufen sind. Bei den geplanten Änderungen kommen z.B. Vergütungsanhebungen,

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53 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. 54 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 321 Rn. 8. 55 Moritz/Klebeck/Jesch/Patzner/Schneider-Deters KAGB, § 321 Rn. 14, Patzner/Döser/Patzner/SchneiderDeters § 321 Rn. 14. 56 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 52, Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 39 Rn. 48. 57 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 27. 58 Vgl. Fn. 12. 59 Vgl. Antwort auf Frage 2.2.4 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12).

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§ 321

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

organisatorische Änderungen im Bereich Risiko- oder Liquiditätsmanagement, zusätzliche Anlagegegenstände, Änderungen im Bereich der Bewertung und Übertragung von Funktionen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in Betracht; ungeplante Änderungen können Interessenkonflikte gemäß § 27 sein, die erst nach dem Erwerb von Zielinvestments und sich daraus ergebenden Kontrollverhältnissen sichtbar werden.60 Das weitere Anzeigeverfahren richtet sich bei Änderungen nach den Umständen des 45 Einzelfalls. Ist das Anzeigeverfahren im Zeitpunkt der Einreichung der geänderten Angaben und Unterlagen noch nicht abgeschlossen, so beginnt in jedem Fall die Bearbeitungsfrist der BaFin erneut. Insoweit kann jeweils die Regelung für die Ergänzungsanzeige entsprechend angewendet werden. In besonders gelagerten Fällen könnte die Einreichung von geänderten Angaben und Unterlagen aber auch als neue Anzeige zu werten sein, etwa wenn die eingereichten Angaben und Unterlagen umfassend geändert werden.61 V. Verstoß gegen Rechtsvorschriften (Abs. 4 S. 4 und 5) Sollte die geplante Änderung dazu führen, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder ihre Verwaltung des AIF nunmehr gegen die Vorschriften des KAGB oder der AIFM-Richtlinie verstößt, teilt die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unverzüglich mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf. Welche Frist für diese Mitteilung anwendbar ist, gibt der Gesetzgeber nicht vor, eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs fehlt im KAGB und auch die AIFM-Richtlinie bleibt eine Konkretisierung schuldig. Für das KAGB kann auf die Legaldefinition für „unverzüglich“ in § 121 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden. Demnach muss die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ohne schuldhaftes Zögern nachdem sie von dem Versagungsgrund Kenntnis erlangt hat mitteilen, dass die Änderung nicht zulässig ist. 47 Führt die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine geplante Änderung ungeachtet der Sätze 1 bis 4 durch oder führt eine durch einen unvorhersehbaren Umstand ausgelöste Änderung dazu, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder ihre Verwaltung des betreffenden AIF nunmehr gegen die Vorschriften des KAGB oder der AIFM-Richtlinie verstößt, so ergreift die BaFin alle gebotenen Maßnahmen gemäß § 5 einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF. Die BaFin kann auf weisungswidrig durchgeführte geplante Änderungen und auf materialisierte ungeplante Änderungen mit ihren gesamten Befugnissen nach § 5 reagieren. C. Übergangsregelungen

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C. Übergangsregelungen 48

Auf § 321 finden die Übergangsregelungen der §§ 343 Abs. 3, 345 Abs. 6, 7, 351 Abs. 1–4 und 353 Abs. 8 Anwendung.

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60 61

Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 27. Vgl. Antwort auf Frage 2.1.4 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 12).

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

§ 322

§ 322 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 322 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Ebel Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF und von Anteilen oder Aktien an EU-Feeder-AIF oder inländischen Spezial-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIFVerwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft ist nur zulässig, wenn 1. geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den Aufsichtsbehörden des Drittstaates bestehen, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, damit unter Berücksichtigung von § 9 Absatz 8 zumindest ein effizienter Informationsaustausch gewährleistet ist, der es der Bundesanstalt ermöglicht, ihre Aufgaben gemäß der Richtlinie 2011/61/EU https://doi.org/10.1515/9783110492217-109 wahrzunehmen; 2. der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete steht, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde; 3. der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, mit der Bundesrepublik Deutschland eine Vereinbarung unterzeichnet hat, die den Normen des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, gegebenenfalls einschließlich multilateraler Abkommen über die Besteuerung, gewährleistet; 4. die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Verwaltung eines ausländischen AIF abweichend von § 55 Absatz 1 Nummer 1 alle in der Richtlinie 2011/ 61/EU für diese AIF festgelegten Anforderungen erfüllt. (2) 1 Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten AIF im Sinne von Absatz 1 Satz 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2 Für den Inhalt des Anzeigeschreibens einschließlich der erforderlichen Dokumentation und Angaben gilt § 321 Absatz 1 Satz 2 entsprechend. (3) § 321 Absatz 2 gilt entsprechend. (4) 1 § 321 Absatz 3 Satz 1 bis 4 und 6 gilt entsprechend. 2 Die Bundesanstalt teilt der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde mit, dass die AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an professionelle Anleger beginnen kann. 3 Falls es sich um einen EU-Feeder-AIF handelt, teilt die Bundesanstalt zudem den für den EU-Feeder-AIF in seinem Herkunftsmitgliedstaat zuständigen Stellen mit, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von An809 https://doi.org/10.1515/9783110492217-109

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§ 322

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

teilen oder Aktien des EU-Feeder-AIF an professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen kann. (5) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft teilt der Bundesanstalt wesentliche Änderungen der nach Absatz 2 übermittelten Angaben schriftlich mit. 2 § 321 Absatz 4 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. 3 Änderungen sind zulässig, wenn sie nicht dazu führen, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die Vorschriften der Richtlinie 2011/61/EU verstößt. 4 Bei zulässigen Änderungen unterrichtet die Bundesanstalt unverzüglich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen. Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFMRichtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Wallach Alternative Investment Funds Managers Directive – ein neues Kapitel des europäischen Investmentrechts, RdF 2011 80; Weiser/Hüwel Verwaltung alternativer Investmentfonds und Auslagerung nach dem KAGB-E, BB 2013 1091.

A. B. C.

D.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Regulierungshintergrund | 2 Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm | 3 II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm | 6 III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm | 7 Vertriebsvoraussetzungen | 19 I. Vereinbarungen über die Zusammenarbeit | 20

Keine FATF-Listung | 24 OECD-Musterabkommen | 31 IV. Richtlinienkonformität | 33 Anzeigepflicht (Abs. 2) | 35 Prüfung durch die BaFin (Abs. 3) | 47 Entscheidung der BaFin (Abs. 4) | 49 Wesentliche Änderungen (Abs. 5) | 55 II. III.

E. F. G. H.

A. Überblick 1

Wie alle im Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 des 4. Kapitels des KAGB enthaltenen Vorschriften regelt § 322 den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland. § 322 betrifft hierbei den Vertrieb von ausländischen AIF und von Master-Feeder-Konstruktionen mit Drittstaatenbezug durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. B. Regulierungshintergrund B. Regulierungshintergrund

2

Mit § 322 werden die in Art. 35 der AIFM-Richtlinie enthaltenen Vorgaben hinsichtlich des inländischen Vertriebs von AIF mit Drittstaatenbezug durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft umgesetzt. Ebel

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C. Anwendungsbereich der Norm

§ 322

C. Anwendungsbereich der Norm C. Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschriften des Unterabschnittes 2 des dritten 3 Abschnittes von Kapitel 4 des KAGB ist zu beachten, dass § 295 Abs. 2 und 3 für diese zwei zeitlich getrennte Anwendungsregime vorsieht. Das erste zeitliche Regime umfasst die sofort anwendbaren §§ 321, 323, 329, 330 und 330 a. Das zeitlich nachfolgende Regime beginnt ab dem in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt.1 In diesem zeitlich zweiten Regime sind hinsichtlich des Unterabschnittes 2 die §§ 321–328 und 330a anwendbar. Erst im zeitlich zweiten Regime anwendbar sind daher der vorliegend kommentierte § 322 sowie die §§ 324, 325, 326, 327, und 328. Nicht mehr anwendbar sind im zweiten Regelungsregime §§ 329 und 330. Die im Gesetz verwendete umständlich anmutende Formulierung für die Festlegung 4 des Beginns des zeitlich zweiten Regimes „ab dem in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61 EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt“ erklärt sich daraus, dass der delegierte Rechtsakt noch nicht erlassen wurde und kein konkreter Zeitpunkt genannt wurde. Die Europäische Kommission erlässt den entsprechenden delegierten Rechtsakt laut Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie binnen drei Monaten nach Eingang der positiven Empfehlung und einer Stellungnahme der ESMA unter Angabe des Zeitpunkts, ab dem die Bestimmungen der Art. 35 sowie 37 bis 41 der AIFM-Richtlinie umgesetzt werden. Diese in Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie in Bezug genommene Empfehlung und Stellungnahme der ESMA legt diese gem. Art. 67 Abs. 1 der AIFM-Richtlinie bis zum 22. Juli 2015 vor. Es geht hierbei um die Stellungnahme und die Empfehlung der ESMA zur Anwendung des Passes u.a. auf den Vertrieb von Nicht-EU-AIF durch EU-AIFM in den Mitgliedstaaten. Die ESMA hatte zunächst im Juli 2015 eine erste Empfehlung bzgl. der Anwendung des Passes gegeben.2 Die Europäische Kommission hatte die ESMA mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 eingeladen, die Beurteilung auch im Hinblick auf weitere Länder zu ergänzen.3 Inzwischen hat die ESMA mit Datum vom 12. September 2016 eine 12 Drittstaaten umfassende Beurteilung abgegeben.4 Die ESMA kommt hierbei zur Auffassung, dass keine wesentlichen Hindernisse bzgl. der Implementierung des Passes bzgl. Kanada, Guernsey, Japan, Jersey und der Schweiz bestehen. Hinsichtlich Hong Kong und Singapur bestehen keine wesentlichen Hindernisse bzgl. AIF. Allerdings haben diese Länder Vorschriften, die bzgl. OGAW nur den Zugang bestimmter Mitgliedstaaten der EU für Retail-Kunden ermöglicht. Auch bzgl. der weiteren geprüften Länder Australien und USA gibt es Anmerkungen und bzgl. Bermuda, Cayman Islands und Isle of Man keine ab-

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1 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97) sprechen einprägsam vom Drittstaatenstichtag. 2 ESMA/2015/1236, ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application oft he AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs 30 Juli 2015, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/2015-1236_advice_to_ep-councilcom_on_aifmd_passport.pdf. 3 Schreiben der Europäischen Kommission vom 17. Dezember 2015, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/eu_commission_letter_aifmd_passport.pdf. 4 ESMA/2016/1140, ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application oft he AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs 12 September 2016, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2016-1140_aifmd_passport.pdf.

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

schließende Beurteilung.5 Der delegierte Rechtsakt der Kommission liegt aktuell noch nicht vor. Die Normen, die erst ab dem im delegierten Rechtsakt genannten Zeitpunkt gelten, 5 betreffen die Fälle des Vertriebes mit Drittstaatenbezug in der Union mit EU-Pass.6 Der Drittstaatenbezug kann sich daraus ergeben, dass es sich um einen ausländischen AIFM oder um einen ausländischen AIF handelt. Für den Zeitraum bis zum im delegierten Rechtsakt genannten Zeitpunkt hat der EU-Gesetzgeber den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht dahingehend gelassen, ob sie vor Geltung des zweiten Regimes unter vorausgesetzter Einhaltung von Mindeststandards die entsprechenden Vertriebskonstellationen in ihrem Gebiet zulassen wollen.7 II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm 6

Die Norm bezieht sich auf den Vertrieb durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften sind nach § 1 Abs. 16 Kapitalverwaltungsgesellschaften gemäß § 17, die mindestens einen AIF verwalten oder zu verwalten beabsichtigen. Laut § 17 Abs. 1 Satz 1 sind Kapitalverwaltungsgesellschaften Unternehmen mit satzungsmäßigen Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. Hierbei liegt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Verwaltung eines Investmentvermögens vor, wenn mindestens die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für ein oder mehrere Investmentvermögen erbracht wird.8 III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm

Der sachliche Anwendungsbereich des § 322 wird zum einen bestimmt durch die Objekte des Vertriebs. Hierbei gehören zum einen Anteile oder Aktien an ausländischen AIF zu den erfassten Vertriebsobjekten. Ausländische AIF sind laut § 1 Abs. 9 AIF, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 wiederum sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Die Frage, welchem Recht ein AIF unterliegt, bestimmt sich nach der rechtlichen Ausgestaltung des Vermögens und der Vertragsbedingungen, der Satzung, der Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Anleger zu dem AIF bestimmt.9 Bemerkenswert ist, dass der deutsche Gesetzgeber den ausländischen AIF anders 8 definiert, als der europäische Gesetzgeber dessen Pendant in der AIFM-Richtlinie, den dortigen Nicht-EU-AIF. Denn gemäß Art. 4 Abs. 1 z) aa) der AIFM-Richtlinie ist ein NichtEU-AIF ein AIF, der kein EU-AIF ist. Dementsprechend ist ein Nicht-EU-AIF ein AIF, der weder nach einschlägigem nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder 7

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5 Siehe hierzu Pressemitteilung der ESMA, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/pressnews/esma-news/esma-advises-extension-funds-passport-12-non-eu-countries. 6 Einen guten Überblick zum EU-Pass geben Spindler/Tancredi WM 2011 1446 f. sowie Wallach RdF 2011 80. 7 Vgl. AIFM-Richtlinie in Art. 36 und 42 von deren Möglichkeiten der deutsche Gesetzgeber in §§ 329 und 330 Gebrauch gemacht hat. 8 Zur Bestimmung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft näher Weiser, Hüwel BB 2013 1091 ff. 9 Siehe insofern zur Frage welchem Recht ein Investmentvermögen untersteht, das BaFin Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2136-2008/0001 unter I.1.e).

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C. Anwendungsbereich der Norm

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registriert ist, noch seinen satzungsmäßiger Sitz und/oder Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat hat.10 Aufgrund dieser unterschiedlichen Definitionen in KAGB und AIFMRichtlinie ist es möglich, dass die Frage, ob ein ausländischer AIF vorliegt, im Einzelfall durch das KAGB anders beantwortet wird als von der AIFM-Richtlinie vorgesehen. Dies erscheint deswegen problematisch, weil an den Vertrieb von Nicht-EU-AIF nach der AIFM-Richtlinie andere Voraussetzungen geknüpft sind, was das KAGB im Prinzip auch nachzeichnet.11 Im Übrigen können sich hier auch Divergenzen zu den Beurteilungen anderer Mitgliedstaaten ergeben. Als zweite Alternative für vom Anwendungsbereich des § 322 erfasste Vertriebsob- 9 jekte nennt dieser Anteile oder Aktien an EU-Feeder-AIF oder inländischen SpezialFeeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Hintergrund für die Erfassung der entsprechenden Drittstaaten-MasterFeeder-Konstruktionen ist, dass hiermit eine Umgehung der für ausländische AIF strengeren Vertriebsvoraussetzungen durch Zwischenschaltung eines inländischen SpezialFeeder-AIF oder EU-Feeder-AIF verhindert werden soll. Ein Feeder-AIF ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 13 ein AIF, der a) mindestens 85 Prozent seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegt, oder b) mindestens 85 Prozent seines Wertes in mehr als einem MasterAIF anlegt, die jeweils identische Anlagestrategien verfolgen, oder c) anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF hat. Master AIF sind gem. § 1 Abs. 19 Nr. 14 AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. Die Frage, ob es sich um einen Feeder-Fonds handelt, kann insbesondere in den Fällen des § 1 Abs. 19 Nr. 13b) mit schwierigen Abgrenzungsproblemen verbunden sein.12 Je abstrakter man die identischen Anlagestrategien fasst, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Dachfonds als Feeder-Fonds beurteilt werden.13 Die Anteile müssen im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertrieben werden. Gemäß 10 § 293 Abs. 1 Satz 1 ist Vertrieb das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Die BaFin hat in ihrem Rundschreiben „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“14 zahlreiche Hinweise zur Auslegung des Vertriebsbegriffes gegeben. Hiernach fallen unter den Begriff des Anbietens Angebote im juristischen und im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum.15 Ein Platzieren ist nur bei einem aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens gegeben, da das Wort „Vertrieb“ eine auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden impliziert.16 Somit stellt das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers keinen Vertrieb dar.17 Die BaFin weist weiter daraufhin, dass sich das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen beziehen muss. Ein Investmentvermögen in diesem Zusammenhang ist laut BaFin insbesondere gegeben, bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt seien, bei Investmentvermögen die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu ver-

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10 Umkehrschluss aus Art. 4 Abs. 1k) der AIFM-Richtlinie. 11 Auf die erhebliche Bedeutung der Abgrenzung zwischen EU-AIF und nicht EU-AIF weisen zu Recht Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 12 hin. 12 Vgl. insofern ausführlich Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 20. 13 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 21. 14 Schreiben der BaFin vom 4.7.2013, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0293, das regelmäßig aktualisiert und ggf. ergänzt werden soll (im Folgenden: BaFin FAQ zum Vertrieb). 15 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.1. 16 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.1. 17 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.1.

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handelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder bei Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren.18 § 293 Abs. 1 Satz 2 schränkt den Vertriebsbegriff für die dort genannten Fallkonstel11 lationen ein. Als Vertrieb gilt hiernach nicht, wenn 1. Investmentvermögen nur namentlich benannt werden, 2. nur die Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse oder die Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens genannt oder veröffentlich werden, 3. Verkaufsunterlagen eines Investmentvermögens mit mindestens einem Teilinvestmentvermögen, dessen Anteile oder Aktien im Geltungsbereich des KAGB an eine, mehrere oder alle Anlegergruppen im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 31 bis 33 vertrieben werden dürfen, verwendet werden und diese Verkaufsunterlagen auch Informationen über weitere Teilinvestmentvermögen enthalten, die im Geltungsbereich des KAGB nicht oder nur an eine andere Anlegergruppe vertrieben werden dürfen, sofern in den Verkaufsunterlagen jeweils drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle darauf hingewiesen wird, dass die Anteile oder Aktien der weiteren Teilinvestmentvermögen im Geltungsbereich des KAGB nicht vertrieben werden dürfen oder, sofern sie an einzelne Anlegergruppen vertrieben werden dürfen, an welche Anlegergruppe im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 31–33 sie nicht vertrieben werden dürfen, 4. die Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des Investmentsteuergesetzes genannt oder bekannt gemacht werden, 5. in einen Prospekt für Wertpapiere Mindestangaben nach § 7 des Wertpapierprospektgesetzes oder Zusatzangaben gem. § 268 oder § 307 oder in einen Prospekt für Vermögensanlagen Mindestangaben nach § 8g des Verkaufsprospektgesetzes oder nach § 7 des Vermögensanlagegesetzes aufgenommen werden, 6. Verwaltungsgesellschaften nur ihre gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ausschließlich ihre regelmäßigen Informationspflichten gegenüber dem bereits in das betreffende Investmentvermögen investierten Anleger nach dem KAGB erfüllen, 7. ein EU-Master-OGAW ausschließlich Anteile an einen oder mehrere inländische OGAW-Feederfonds ausgibt und darüber hinaus jeweils kein Vertrieb im Sinne des Satzes 1 stattfindet. § 293 Abs. 1 Satz 3 erklärt weiterhin, dass ein Vertrieb an semiprofessionelle und pro12 fessionelle Anleger nur dann gegeben ist, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Zum einen besteht somit eine räumliche Einschränkung des Vertriebsbegriffes. Zum anderen muss der Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Auftrag oder auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft erfolgen. Dies bedeutet, dass die Vermittlung durch einen nicht von der Verwaltungsgesellschaft beauftragten Dritten an semiprofessionelle und professionelle Anleger nicht als Vertrieb gilt.19 Die BaFin führt in ihrem FAQ zum Vertrieb aus, dass der Verkauf eigener Anteile 13 oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger in der Regel keinen Vertrieb darstelle, da Sinn und Zweck der KAGB nicht sei, den Anlegern eine Veräußerung ihrer Anteile oder Aktien zu verbieten.20 Dies gelte allerdings nur, soweit die Vertriebsvorschriften des KAGB nicht umgangen würden, was etwa der Fall wäre, wenn ein Vermittler die Anteile oder Aktien zunächst auf die eigenen Bücher nehme und sie anschließend an seine Kunden vertreibe.21

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BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.1. BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.2. BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.3. BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.3.

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Einen Vertrieb von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens verneint die BaFin inzwischen, wenn einem bereits investierten Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen oder Aktien desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt, etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospektes oder anderer Informationen, angeboten wird.22 Die BaFin hatte dies ursprünglich als Vertrieb angesehen, infolge des ESMA Q&A „Application of the AIFMD“ aber ihre Verwaltungspraxis geändert.23 Kein Vertrieb liegt zudem in den Fällen des § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KAGB, nämlich den gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und der ausschließlichen Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber dem bereits in das betreffende Investmentvermögen investierten Anleger nach dem KAGB, vor.24 Als Vertriebsadressaten sind professionelle oder semiprofessionelle Anleger von der Norm des § 322 erfasst. Professioneller Anleger ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 32 jeder Anleger, der i.S.v. Anhang II der MiFID-Richtlinie25 als professioneller Kunde angesehen wird oder auf Antrag als ein professioneller Kunde behandelt werden kann. Erfasst sind somit zum einen die in Anhang II der MiFID-Richtlinie unter I. genannten Kategorien von Kunden, die als professionelle Kunden angesehen werden. Zu diesen Kategorien der sog. geborenen professionellen Kunden gehören Rechtspersönlichkeiten, die zugelassen sein oder unter Aufsicht stehen müssen, um auf den Finanzmärkten tätig werden zu können, große Unternehmen die bestimmte Anforderungen erfüllen, Regierungen, Stellen der staatlichen Schuldenverwaltung, Zentralbanken, internationale und supranationale Einrichtungen, sowie andere institutionelle Anleger, deren Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumenten besteht, einschließlich Einrichtungen, die die wertpapiermäßige Verbriefung von Verbindlichkeiten und andere Finanzierungsgeschäfte betreiben. Zudem sind auch die unter II. genannten sog. gekorenen professionellen Kunden erfasst. Dies sind Kunden, die auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können, sofern die in II. 1. und 2. genannten Kriterien und Verfahren eingehalten werden. Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers war im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen zunächst nicht enthalten.26 Diese Kategorie wurde dann aufgrund von Kritik der Branche an der Einengung des potentiellen Investorenkreises für Spezialfonds aufgenommen.27 Semiprofessioneller Anleger ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 33 a) jeder Anleger, aa) der sich verpflichtet, mindestens 200.000 Euro zu investieren, bb) der schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, cc) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der An-

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22 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.4. 23 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.4 Fußnote 3 mit Verweis auf ESMA Q&A „Application of the AIFMD“ vom 5.4.2016 (ESMA/2016/568), Abschnitt II, Frage 3, wonach der AIFM keine neue Vertriebsanzeige nach Art. 31(2) der AIFM-RL einzureichen hat, wenn bestehenden AIF-Anlegern angeboten wird, weitere Anteile dieses AIF zu erwerben. 24 BaFin FAQ zum Vertrieb, 1.4. 25 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates. 26 Siehe Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 20.7.2012. 27 Siehe zur Kritik etwa die Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen unter 12.

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nahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG genannten Anleger verfügt, dd) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und ee) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die unter Doppelbuchstabe cc genannte Bewertung vorgenommen hat und die unter Doppelbuchstabe dd genannten Voraussetzungen gegeben sind, b) ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIFVerwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert, c) jeder Anleger, der sich verpflichtet, mindestens 10 Millionen Euro in ein Investmentvermögen zu investieren, d) jeder Anleger in der Rechtsform aa) einer Anstalt des öffentlichen Rechts, bb) einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder cc) einer Gesellschaft, an der der Bund oder ein Land mehrheitlich beteiligt ist, wenn der Bund oder das Land zum Zeitpunkt der Investition der Anstalt der Stiftung oder der Gesellschaft in den betreffenden Spezial-AIF investiert oder investiert ist. D. Vertriebsvoraussetzungen D. Vertriebsvoraussetzungen 19

§ 322 Abs. 1 regelt die Vertriebsvoraussetzungen und setzt hierbei den Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 der AIFM-Richtlinie hinsichtlich AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften um. I. Vereinbarungen über die Zusammenarbeit

Es müssen geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den Aufsichtsbehörden des Drittstaates bestehen, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, damit unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 7 zumindest ein effizienter Informationsaustausch gewährleistet ist, der es der BaFin ermöglicht, ihre Aufgaben gemäß der AIFM-Richtlinie wahrzunehmen. 21 Der Verweis in § 322 Abs. 1 Nr. 1 auf § 9 Abs. 8, der die Weitergabe von Informationen an zuständige Stellen in Drittländern betrifft, ist ein redaktioneller Fehler. Tatsächlich dürfte ein Verweis auf den § 9 Abs. 7 gemeint sein, welcher die Weitergabe von Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und daraus erlangten Informationen an andere Mitgliedstaaten, sowie die Möglichkeit der BaFin die ESMA in dem dort genannten Fällen anzurufen, regelt. § 9 Abs. 7 entspricht insofern auch weitgehend dem von Art. 35 Abs. 2 Satz 2 (a) als der Norm der AIFM-Richtlinie, auf dem § 322 Abs. 1 Nr. 1 beruht, in Bezug genommenen Art. 50 Abs. 4 der AIFM-Richtlinie. Der Verweisfehler dürfte darauf beruhen, dass im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Finanzen der jetzige § 9 Abs. 7 noch § 9 Abs. 8 war und der Verweis in § 322 Abs. 1 Nr. 1 (im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Finanzen noch § 288 Abs. 1 Nr. 1) versehentlich nicht angepasst wurde. Mit Art. 113–115 der delegierten Verordnung 231/2013 EU28 hat die Kommission, wie 22 von Art. 35 Abs. 11 der AIFM-Richtlinie vorgesehen, einen einheitlichen Rahmen zur Er-

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28 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die

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D. Vertriebsvoraussetzungen

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leichterung des Abschlusses derartiger Vereinbarungen über die Zusammenarbeit mit Drittländern geschaffen. Art. 113 statuiert allgemeine Anforderungen an die Kooperationsvereinbarungen, Art. 114 legt Mechanismen, Instrumente und Verfahren fest und Art. 115 enthält eine Regelung zum Datenschutz. Der einheitliche Rahmen der Kommission in den Art. 113–115 der Verordnung 23 231/2013 EU wird wiederum, wie in Art. 35 Abs. 12 der AIFM-Richtlinie vorgesehen, durch Leitlinien der ESMA konkretisiert. Mit Datum vom 28.11.2013 hat die ESMA „Leitlinien für das Muster-MoU über Konsultation und Kooperation sowie den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von AIFMD-Unternehmen“ veröffentlicht.29 Diese enthalten ein Muster Memorandum of Understanding (MoU). Auf der Seite der ESMA sind steht ebenfalls eine Liste darüber bereit, welche Mitgliedstaaten mit welchen Ländern MoU unterzeichnet haben.30 Die BaFin teilt in ihrem „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU“ ebenfalls mit, mit welchen Ländern sie bereits entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat. II. Keine FATF-Listung Der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, darf gem. § 322 Abs. 1 24 Nr. 2 nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ (engl. „Financial Action Task Force on Money Laundering“, FATF) aufgestellt wurde. Der Verweis auf die Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete die von der Ar- 25 beitsgruppe FATF aufgestellt wurde, ist nicht eindeutig. Die ursprüngliche, von der FATF aufgestellte, Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete wird, nachdem 2007 Myanmar als letztes Land von der Liste genommen wurde, nicht mehr aktualisiert. Stattdessen werden von der FATF nunmehr dreimal jährlich zwei Dokumente veröffentlicht, die Länder mit strategischen Defiziten in den Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung identifizieren.31 Zum einen gibt es das Dokument „FATF Public Statement“. Dieses Dokument ist wiederum zweigeteilt. In Teil 1 werden die Jurisdiktionen, die strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung haben und bezüglich derer die FATF ihre Mitgliedsländer und alle anderen Länder zum Schutz des internationalen Finanzsystems zu Gegenmaßnahmen aufruft, genannt. Mit Stand vom 23. Juni 2017 ist dies lediglich die Demokratische Volksrepublik Korea („Nordkorea“).32 In Teil 2 des FATF Public Statement werden die Jurisdiktionen genannt, die strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung haben und die keinen ausreichenden Fortschritt in der Beseitigung der Defizite gemacht haben oder sich nicht zu einem mit

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Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung. 29 Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/esma_2013_998_ de.pdf. 30 Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/aifmd_mous_ signed_by_eu_authorities_by_16_september_15.xlsx. 31 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/?hf=10&b=0&s= desc(fatf_releasedate). 32 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/documents/ public-statement-june-2017.html.

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der FATF entwickelten Aktionsplan verpflichtet haben, um die Defizite zu beseitigen und bezüglich derer die FATF ihre Mitgliedsländer zu einer Berücksichtigung der Risiken aufruft, die aus den Defiziten resultieren. Mit Stand vom 23. Juni 2017 ist dies der Iran.33 Zum anderen wird das Dokument „Improving Global AML/CFT Compliance: On-going Process“ von der FATF veröffentlicht. Hier werden die Jurisdiktionen mit Defiziten in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genannt, die mit der FATF jeweils einen Aktionsplan entwickelt haben und die schriftliche Selbstverpflichtungen auf hoher politischer Ebene abgegeben haben, die Defizite zu beseitigen. Bezüglich dieser ermutigt die FATF ihre Mitglieder lediglich, die von ihr im Dokument mitgeteilten Informationen zu berücksichtigen. Auf dieser Liste gibt es im Übrigen wiederum einen Teil, in dem Jurisdiktionen genannt sind, die bisher keinen ausreichenden Fortschritt machen. Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 1b) der AIFM-Richtlinie, auf dem § 322 Abs. 1 Nr. 2 basiert, hilft bei der Frage der referenzierten Liste nicht weiter, da auch dort keine Klarstellung erfolgt. Bei der Frage, auf welche Liste richtigerweise referenziert werden sollte, geht es letztlich darum, wie hoch man den Maßstab der Mindestanforderungen setzen will, die der Drittstaat in Bezug auf die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erfüllen muss, damit ein Vertrieb nach § 322 möglich ist. Dafür, dass auch die Länder im Dokument „Improving Global AML/CFT Compliance: On-going Process“ als referenzierte Länder gelten, spricht, dass die FATF selbst die Liste genau wie ihr Dokument „Public Statement“ mit „Hochrisiko und nicht-kooperative Jurisdiktionen“ überschreibt und einem Großteil dieser Jurisdiktionen weiterhin ausdrücklich strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung bescheinigt. Dagegen spricht aber, dass die FATF es hinsichtlich dieser Jurisdiktionen nicht für erforderlich hält, ihre Mitgliedsländer zu erhöhten Sorgfaltspflichten aufzurufen. Dass durch die Regelungen in der AIFM-Richtlinie und in der Umsetzung durch das KAGB insoweit stärkere Repressionen gewollt sein sollten, ist weder wahrscheinlich noch erkennbar. Nicht wahrscheinlich dürfte auch sein, dass auf die ursprüngliche Liste der nichtkooperativen Länder und Gebiete referenziert wird.34 Diese ist seit 2007 leer und wurde inhaltlich durch das jetzige Verfahren der beiden Listen ersetzt.35 Zutreffend ist wohl auf die FATF Public Statement Liste abzustellen. Insofern dürften auch sowohl Teil 1 als auch Teil 2 der Liste gemeint sein.36 Zwar wird nur bezüglich der Jurisdiktionen in Teil 1 zu Gegenmaßnahmen aufgerufen. Allerdings werden die Mitglieder der FATF bezüglich der in Teil 2 enthaltenen Liste jedenfalls zur Berücksichtigung der Risiken angehalten. Hierfür spricht auch, dass die ursprüngliche, nach dem Wortlaut des § 322 Abs. 1 Nr. 2 referenzierte Liste der FATF ebenfalls nicht für alle als nichtkooperative Jurisdiktionen gelisteten Jurisdiktionen zu Gegenmaßnahmen aufrief.

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33 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/documents/ public-statement-june-2017.html. 34 So aber Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Pauls/Schatz AIFM, Art. 36 Rn. 24 Fußnote 16. 35 Dies ergibt sich aus der Darstellung der FATF unter http://www.fatf-gafi.org/publications/highriskandnon-cooperativejurisdictions/more/moreabouttheinternationalcooperationreviewgroupicrg.html?hf=10&b=0&s=desc(fatf_releasedate). 36 So ausdrücklich auch die FCA https://www.fca.org.uk/firms/nppr/supervisory-co-operationarrangements-mous; sowie die ESMA in einer Anmerkung zur Liste der bisher gezeichneten MoUs, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/aifmd_mous_ signed_by_eu_authorities_by_16_september_15.xlsx.

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E. Anzeigepflicht (Abs. 2)

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III. OECD-Musterabkommen Weitere Voraussetzung für den Vertrieb ist gem. § 322 Abs. 1 Nr. 3, dass der Dritt- 31 staat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, mit der Bundesrepublik Deutschland eine Vereinbarung unterzeichnet hat, die den Normen des Art. 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, gegebenenfalls einschließlich multilateraler Abkommen über die Besteuerung, gewährleistet. Art. 26 des OECD-Musterabkommens regelt den zwischenstaatlichen Informations- 32 austausch der Steuerbehörden.37 IV. Richtlinienkonformität § 322 Abs. 1 Nr. 4 verlangt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Ver- 33 waltung eines ausländischen AIF abweichend von § 55 Absatz 1 Nummer 1 alle in der AIFM-Richtlinie für diese AIF festgelegten Anforderungen erfüllt. Die Regelung stellt laut Gesetzesbegründung klar, dass die Regelung des § 55 Abs. 1 34 Nr. 1, der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften in Bezug auf die Verwaltung von ausländischen AIF, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht vertrieben werden, von der Einhaltung der §§ 67 und 80 bis 90 befreit, dann nicht mehr greift, wenn der AIF in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vertrieben werden soll.38 E. Anzeigepflicht (Abs. 2) E. Anzeigepflicht (Abs. 2) Gemäß § 322 Abs. 2 Satz 1 hat eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Absicht eines Vertriebs im Anwendungsbereich der Norm der BaFin anzuzeigen.39 Hierbei wird für die Anzeigepflicht auf die Vertriebsabsicht abgestellt. Ein bloßes abstraktes Erwägen des entsprechenden Vertriebs genügt nicht, sondern die Überlegungen müssen sich bereits zu einer konkreten Absicht verdichtet haben. Die Anzeige hat aber in jedem Fall vor Entfaltung von Vertriebstätigkeiten zu erfolgen. Für den Inhalt des Anzeigeschreibens erklärt § 322 Abs. 2 Satz 2 den § 321 Abs. 1 Satz 2 für entsprechend anwendbar.40 Das Anzeigeschreiben muss demnach einen Geschäftsplan enthalten, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält. Die BaFin hat in ihrem FAQ zum Vertrieb bisher lediglich unter 2.2.3. ausgeführt, welche Angaben der Geschäftsplan bei Vertriebsanzeigen nach §§ 316, 321 und 331 enthalten muss. Hiernach muss der Geschäftsplan – vorbehaltlich abweichender Vorgaben der ESMA – den Namen und den Sitz des AIF beinhalten. Bei einer Anzeige nach § 321 oder § 331 muss der Geschäftsplan zusätzlich den Herkunftsmitgliedstaat des angezeigten AIF benennen. Weitere Angaben zu dem angezeigten AIF seien im Geschäftsplan in

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37 Siehe hierzu die Kommentierung von Wassermeyer DBA, Art. 26, dort ist zusätzlich die Kommentierung der OECD abgedruckt. 38 RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 288. 39 § 322 Abs. 2 Satz 1 setzt Art. 35 Abs. 1 und Abs. 3 Unterabs. 1 der AIFM-Richtlinie um. 40 § 322 Abs. 2 Satz 2 dient der Umsetzung von Art. 35 Abs. 1 und Abs. 3 Unterabs. 2 und Anhang III der AIFM-Richtlinie.

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der Regel nicht erforderlich, da die BaFin diese den übrigen in der Anzeige enthaltenen Angaben und Unterlagen entnehmen kann. Ob die BaFin im Hinblick auf den Drittstaatenbezug beim § 322 zusätzliche Angaben verlangen wird, bleibt abzuwarten, da die BaFin diesbezüglich bisher keine Aussagen gemacht hat. § 321 Abs. 1 Satz 2 verlangt des Weiteren, dass das Anzeigeschreiben die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag, sprich entsprechend die Gründungsdokumente des angezeigten AIF enthält. Des Weiteren ist der Name der Verwahrstelle des angezeigten AIF mitzuteilen. Anders als in § 320 werden nähere Angaben zur Verwahrstelle hier nicht gefordert. Des Weiteren muss das Anzeigeschreiben eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF enthalten. Soweit es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, sind zudem Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft zu machen. Das Anzeigeschreiben muss alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF enthalten. Es müssen Angaben zu den Vorkehrungen gemacht werden, die getroffen wurden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. Die BaFin hat in ihrem „Merkblatt (2013) zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIFVerwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gem. § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“41 ausgeführt, welche Angaben sie in Bezug auf die Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebs an Privatanleger verlangt.42 Diese Ausführungen können auch für die Anzeige nach § 322 Abs. 2 herangezogen werden. Die BaFin verlangt, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft anzugeben hat, ob sie interne Vorkehrungen getroffenen hat, um sicherzustellen, dass Anteile oder Aktien an den zum Vertrieb angezeigten AIF weder Privatanlegern angeboten noch bei diesen platziert werden und, sofern der Vertrieb über das Internet oder andere elektronische Systeme erfolgt, getrennte Zugangswege für die einzelnen Anlegergruppen (Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger) bestehen.43 Ferner hat sie anzugeben, ob eine Vereinbarung mit Vertriebspartnern abgeschlossen wurde, nach der Anteile oder Aktien an dem zum Vertrieb angezeigten AIF weder Privatanlegern angeboten, noch bei diesen platziert werden dürfen und sofern der Vertrieb über das Internet oder andere elektronische Systeme erfolgt, getrennte Zugangswege für die einzelnen Anlegergruppen (Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger) bestehen.44 F. Prüfung durch die BaFin (Abs. 3) F. Prüfung durch die BaFin (Abs. 3)

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§ 322 Abs. 3 erklärt die entsprechende Geltung von § 321 Abs. 2. Die Regelung basiert auf § 128 des aufgehobenen Investmentgesetzes.45 Gem. § 321 Abs. 2 prüft die BaFin, ob

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Im Folgenden bezeichnet als Merkblatt (2013) zu § 323. Merkblatt (2013) zu § 323 unter V.2. Merkblatt (2013) zu § 323 V. 2. Merkblatt (2013) zu § 323 V. 2. Der Verweis in der Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288 auf § 129 InvG ist ein redaktioneller Fehler.

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G. Entscheidung der BaFin (Abs. 4)

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die übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind und fordert fehlende Unterlagen innerhalb einer Frist von 20 Arbeitstagen als Ergänzungsanzeige an. Mit Eingang der Ergänzungsanzeige beginnt die Frist von 20 Arbeitstagen erneut. Die Ergänzungsanzeige ist der BaFin innerhalb von sechs Monaten nach Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen; andernfalls ist eine Vertriebsmitteilung ausgeschlossen. Die Frist von 6 Monaten ist eine Ausschlussfrist. Eine erneute Anzeige ist jedoch jederzeit möglich. Hierbei sind in § 321 Abs. 2 zwei Verweisfehler enthalten. Der Verweis in § 321 Abs. 2 Satz 4 muss auf Abs. 3 statt auf Abs. 4 und der Verweis in § 321 Abs. 2 Satz 5 muss auf die Frist nach Satz 4 statt auf die Frist nach Satz 3 gehen. Die AIFM-Richtlinie selbst enthält, genau wie schon die OGAW-Richtlinie, keine Re- 48 gelung wie mit unvollständigen Anzeigen umgegangen werden soll.46 Entsprechend der Gesetzesbegründung zum OGAW IV-Umsetzungsgesetz soll auch die in § 322 Abs. 3 i.V.m. § 321 Abs. 2 Satz 3 enthaltene Frist zur Überprüfung der Vollständigkeit einer Beschleunigung des Verfahrens dienen.47 Hierbei entspricht die Frist für die Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (wie schon im § 128 des aufgehobenen Investmentgesetzes) der materiellen Prüfungsfrist.48 Die in § 322 Abs. 3 i.V.m. § 321 Abs. 2 Satz 4 normierte Ausschlussfrist von sechs Monaten soll die Vervollständigung einer Anzeige nach diesem Zeitraum verhindern, da dann regelmäßig die Gefahr besteht, dass die bereits eingereichten Unterlagen veraltet sind.49 Ab Ablauf der Ausschlussfrist ist eine erneute, vollständige Anzeige erforderlich und möglich.50 G. Entscheidung der BaFin (Abs. 4) G. Entscheidung der BaFin (Abs. 4) § 322 Abs. 4 Satz 1 und 2 dienen der Umsetzung von Art. 35 Abs. 4 der AIFM-Richtlinie. § 322 Abs. 4 S. 1 erklärt, dass § 321 Abs. 3 Satz 1 bis 4 und 6 entsprechend gilt. Es gibt allerdings keinen § 321 Abs. 3 Satz 6. Gemeint sein dürfte ein Verweis auf § 321 Abs. 3 Satz 1 bis 4.51 Demnach teilt die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen mit, ob diese mit dem Vertrieb des im Anzeigeschreiben genannten AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ab sofort beginnen kann. Die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft kann ab dem Datum der entsprechenden positiven Mitteilung mit dem Vertrieb des angezeigten AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen. Die BaFin kann innerhalb der o.g. Frist von 20 Arbeitstagen aber auch die Aufnahme des Vertriebs untersagen, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die Vorschriften der AIFM-Richtlinie verstößt. Teilt sie der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft entsprechende Beanstandungen der eingereichten Angaben und Unterlagen innerhalb der Frist von 20 Arbeitstagen mit, wird die Frist unterbrochen und beginnt mit der Einreichung der geänderten Angaben und Unterlagen erneut.

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Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288. Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288. Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288. Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288. Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288. Für § 321 Abs. 3 Satz 5 besteht insofern kein Anwendungsfall.

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft

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Die BaFin teilt der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gem. § 322 Abs. 4 Satz 2 mit, dass die AIF- Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an professionelle Anleger beginnen kann. Falls es sich um einen EU-Feeder-AIF handelt, teilt die BaFin gem. § 322 Abs. 4 Satz 3 54 zudem den für den EU-Feeder-AIF in seinem Herkunftsmitgliedstaat zuständigen Stellen mit, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des EU-Feeder-AIF an professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes beginnen kann. Dies dient ausweichlich der Regierungsbegründung der Umsetzung des Prinzips der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.52 Diese in Art. 35 Abs. 4 der AIFM-Richtlinie nicht ausdrücklich normierte Mitteilungspflicht leitet die Regierungsbegründung aus Art. 50 Abs. 4 Unterabs. 1 und Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 32 Abs. 4 Unterabs. 2 und Art. 39 Absatz 3 Unterabs. 2 der AIFM-Richtlinie her.53 H. Wesentliche Änderungen (Abs. 5) H. Wesentliche Änderungen (Abs. 5) 55 56

§ 322 Abs. 5 dient der Umsetzung von Art. 35 Abs. 10 der AIFM-Richtlinie. Gem. § 322 Abs. 5 Satz 1 hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der BaFin wesentliche Änderungen der nach Abs. 2 übermittelten Angaben schriftlich mitzuteilen. Wesentlich sind Änderungen immer dann, wenn sie geeignet sind, Einfluss auf die Beurteilung der Zulässigkeit des Vertriebs zu haben. Rein redaktionelle Änderungen, wie die Korrektur eines Rechtschreibfehlers ohne materielle Auswirkungen sind für die BaFin jedenfalls nicht relevant und daher nicht anzuzeigen.54 Satz 2 erklärt § 321 Abs. 4 Satz 2 bis 5 für entsprechend anwendbar. Hiernach sind 57 Änderungen die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geplant sind, mindestens einen Monat vor Durchführung der Änderung mitzuteilen. Ungeplante Änderungen sind unverzüglich nach ihrem Eintreten mitzuteilen. Führt die geplante Änderung dazu, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des betreffenden AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nunmehr gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder gegen die Vorschriften der AIFM-Richtlinie verstößt, so teilt die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unverzüglich mit, dass sie die Änderung nicht durchführen darf. Wird eine geplante Änderung ungeachtet der Sätze 1 bis 4 durchgeführt oder führt eine durch einen unvorhersehbaren Umstand ausgelöste Änderung dazu, dass die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft nunmehr gegen die Vorschriften des KAGB oder der AIFM-Richtlinie verstößt, so ergreift die BaFin alle gebotenen Maßnahmen gem. § 5 einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs des betreffenden AIF. Änderungen sind gem. § 322 Abs. 5 Satz 3 zulässig, wenn sie nicht dazu führen, dass 58 die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft gegen die Vorschriften des KAGB oder gegen die Vorschriften der AIFM-Richtlinie verstößt. Bei zulässigen Änderungen unterrichtet die BaFin gem. § 322 Abs. 5 Satz 4 unverzüglich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen.

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Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288 f. Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 288 f. So zu § 316 Abs. 4 BaFin FAQ zum Vertrieb Punkt 2.2.4.

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Schrifttum

§ 323

§ 323 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 323 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Lichtenstein (1) 1 Beabsichtigt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft im Geltungsbereich dieses Gesetzes, Anteile oder Aktien an EU-AIF oder an inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Folgendes übermittelt hat: 1. eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten https://doi.org/10.1515/9783110492217-110 Anlagestrategie sowie 2. ein Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF, jeweils in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache. 2 Für den Inhalt des Anzeigeschreibens einschließlich der erforderlichen Dokumentation und Angaben gilt § 321 Absatz 1 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss, die Vorkehrungen zum Vertrieb des angezeigten AIF angegeben sein müssen und die Bundesrepublik Deutschland als Staat genannt sein muss, in dem Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. (2) 1 Der Vertrieb kann aufgenommen werden, wenn die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates über die Übermittlung nach Absatz 1 unterrichtet wurde. 2 Ist der AIF im Sinne von Absatz 1 Satz 1 ein Feeder-AIF, so besteht ein Recht zum Vertrieb gemäß Satz 1 nur, wenn der Master-AIF ebenfalls ein EU-AIF oder ein inländischer AIF ist, der von einer EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. 3 Die Bundesanstalt prüft, ob die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern und ob die Vorkehrungen nach § 323 Absatz 1 Satz 2 gegen dieses Gesetz verstoßen. (3) Wird die Bundesanstalt von den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Änderung der Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 und § 323 Absatz 1 Satz 2 unterrichtet, prüft die Bundesanstalt, ob die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 weiterhin geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern und ob die Vorkehrungen nach § 323 Absatz 1 Satz 2 weiterhin nicht gegen dieses Gesetz verstoßen. Schrifttum Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Bußalb/Unzicker Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Jesch/Geyer Die Übergangsbestimmungen der AIFM-Richtlinie, BKR 2012 359; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Krause/Götz Herausforderungen beim Vertrieb drittausländischer Alternativer Investment Fonds in Deutschland, RdF 2015 15; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFM-Richtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Wallach Alternative Investment Funds Managers Directive – ein neues Kapitel des europäischen Invest823 https://doi.org/10.1515/9783110492217-110

Lichtenstein

§ 323

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

mentrechts, RdF 2011 80; Weitnauer Die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung, BKR 2011 143; Weiser/Jang Die nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Fondsbranche in Deutschland, BB 2011 1219.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit | 2 II. Entstehung der Norm und Grundlagen | 8 Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm | 15 I. Vollständigkeitsprüfung der BaFin (Abs. 1) | 21 1. Zulassungsbescheinigung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates | 22 2. Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF | 23

3.

C.

In der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache | 27 II. Vertriebsaufnahme 1. Vertriebsmitteilung (Abs. 2 S. 1) | 28 2. Besonderheiten bei MasterFeeder-Konstruktionen (Abs. 2 S. 2) | 29 3. Vorkehrungen zum Vertrieb (Abs. 2 S. 3) | 31 III. Änderungsmitteilungen, Beendigung des Vertriebs in Deutschland | 36 Übergangsregelungen | 37

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

§ 323 enthält Vorgaben für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien1 an inländischen Spezial-AIF und EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland. Verwaltet eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft inländische Spezial-AIF oder EU-AIF und beabsichtigt sie, deren Anteile an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland zu vertreiben, richtet sich das Anzeigeverfahren bei der BaFin nach den Vorgaben des § 323. Die Norm kann in Anlehnung an die Begriffsverwendung zu EU-OGAW als „eingehender EU-Vertriebspass“, EUPass Incoming“ oder „EU-Pass Inbound“ bezeichnet werden.2 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit

Innerhalb des Kapitels 4 ist die Norm im Unterabschnitt 2 des Abschnitts 3 angesiedelt. Kapitel 4 beinhaltet die Vertriebsregeln des KAGB, Abschnitt 3 behandelt die verschiedenen Vertriebsmöglichkeiten von AIF und dessen Unterabschnitt 2 (§§ 321–330a) regelt die Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland. Den Vertrieb von AIF an Privatanleger im Inland regeln die §§ 316–320, den an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedsstaaten die §§ 331–335 KAGB. Bei den Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland wird jeweils danach unterschieden, ob inländische AIF, EU-AIF oder ausländische AIF von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen Verwaltungsgesellschaften vertrieben werden. Bei den in Unterabschnitt 2 geregelten Anzeigeverfahren sind in zeitlicher Hinsicht 3 zwei Reglungsregime zu unterscheiden; das erste Regime umfasst Vertriebssachverhalte mit reinem EU-Bezug (§§ 321, 323, 330a), das zweite solche mit Drittstaatenbezug (§§ 322, 2

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1 Zur besseren Lesbarkeit wird im folgenden Kommentartext nur noch von Anteilen gesprochen, gemeint sind dann jeweils Anteile oder Aktien, je nachdem, welche Organisationsform der AIF hat. 2 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 323 Rn. 1.

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A. Allgemeines

§ 323

324–328). Ein Vertrieb mit reinem EU-Bezug liegt vor, wenn sowohl der AIFM und der AIF (bei Master-Feeder-Konstruktionen der Feeder- und der Master-AIF) ihren Sitz in der EU haben, während bei einem Vertrieb mit Drittstaatenbezug mindestens ein Beteiligter (entweder der AIFM oder der AIF – bei Master-Feeder-Konstruktionen der Feederoder der Master-AIF) außerhalb der EU ansässig ist. Vertriebsvorschriften mit reinem EU-Bezug (erstes Regelungsregime) sind mit In- 4 krafttreten des KAGB am 22.7.2013 sofort anwendbar, für Vertriebsvorschriften mit Drittstaatenbezug (zweites Regelungsregime) gelten besondere Vertriebsvorgaben. Das zweite Regelungsregime beginnt ab dem Zeitpunkt, der in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Union genannt ist (sog. „Drittstaatenstichtag“).3 Das Datum des Drittstaatenstichtages ist derzeit unklar. Gemäß Art. 67 Abs. 1b) der AIFM-Richtlinie sollte die ESMA bis zum 22.7.2015 eine einheitliche Empfehlung zur Frage der Erweiterung des Vertriebspasses auf Drittstaatenkonstellationen abgeben. Die Abgabe einer positiven Empfehlung ist eine Voraussetzung für den durch die Kommission zu erlassenden Delegierten Rechtsakt zur Erweiterung des Vertriebspasses auf Sachverhalte mit Drittstaatenbezug. Bislang hat die ESMA diese Empfehlung nur für einige Länder abgegeben. Wann, in welchem Umfang und bezüglich welcher Länder der Vertriebspass auf Drittstaatenkonstellationen erweitert wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.4 Das KAGB macht von dem Wahlrecht der AIFM-Richtlinie5 Gebrauch und unterstellt 5 den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF und EU-AIF dem EU-Passport-Regime6 der AIFM-Richtlinie, das für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug erst ab dem Zeitpunkt der Erweiterung des Vertriebspasses auf Drittstaatenkonstellationen (Drittstaatenstichtag) zwingend anwendbar ist, vgl. § 295 Abs. 2 und 3 KAGB i.V.m. Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 6 AIFM-Richtlinie (sog. gestreckte Anwendbarkeit).7 Dies gilt für den Vertrieb sowohl an professionelle Anleger8 als grundsätzlich auch an semiprofessionelle Anleger. Bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der AIFM-Richtlinie, an die nur solche AIF vertrieben werden dürfen, die gemäß der AIFM-Richtlinie verwaltet werden.9 Der deutsche Gesetzgeber stellt den semiprofessionellen Anleger im KAGB insoweit dem professionellen Anleger gleich.10 Bei der Auswahl des einschlägigen Anzeigeverfahrens für den Vertrieb von AIF an 6 professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland ist daher zu beachten, dass einige Anzeigeverfahren (§§ 329, 330) nur bis zu dem Zeitpunkt gelten, der in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt genannt wird (Drittstaatenstichtag), und andere Anzeigeverfahren

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3 Von Emde/Dreibus BKR 2013 97 ff. sehr prägnant so bezeichnet; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vorbemerkung zu §§ 321–334 Rn. 4. 4 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vorbemerkung zu §§ 321–334 Rn. 7 mit weiteren Ausführungen zum Sachstand. 5 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1. 6 Zur Thematik des „EU-Passport-Regimes“ vgl. Volhard/Jang DB 2013 273 (274 ff.); ferner: Emde/Dreibus BKR 2013 97 ff.; Jesch/Geyer BKR 2012 362; Klebeck/Meyer RdF 2012 96; Spindler/Tancredi WM 2011 1446 ff.; Loff/Klebeck BKR 2012 355 ff.; Wallach 2011 86 ff.; Weiser/Jang BB 2011 1224 f. 7 Der Begriff wurde geprägt von Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 8 Zum Begriff des Professionellen Anlegers vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 32. 9 BTDrucks. 17/12294 S. 289; zum Begriff des Semiprofessionellen Anlegers vgl. im Übrigen § 1 Abs. 19 Nr. 33. 10 Vgl. Begründung zu § 295 Abs. 3, BTDrucks. 17/12294 S. 278.

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§ 323

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

(§§ 322, 324–328) erst ab diesem Zeitpunkt;11 bis dahin muss das für die jeweilige Fallkonstellation einschlägige Anzeigeverfahren gewählt werden.12 Die übrigen Anzeigeverfahren des Unterabschnitts 2 (§§ 321, 323, 330a) gelten ab Inkrafttreten des KAGB und über den Drittstaatenstichtag hinaus. § 323 ist gemäß § 295 Abs. 2 und 3 für den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF und 7 EU-AIF an professionelle bzw. semiprofessionelle Anleger durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften mit Inkrafttreten des KAGB sofort und über den Drittstaatenstichtag hinaus anwendbar. II. Entstehung der Norm und Grundlagen § 323 gehört – wie alle Normen des Unterabschnitts 2 – zu den durch die AIFMRichtlinie neu geschaffenen investmentrechtlichen Regelungen. Eine entsprechende Vorgängernorm fehlte im Investmentgesetz. Das Investmentgesetz sah für den europaweiten Vertrieb von Investmentanteilen, die keine OGAW sind, keinen EU-Pass vor. Der öffentliche Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen, die keine OGAW sind, wurde in Deutschland zwar in §§ 135 ff. InvG geregelt, diese setzten allerdings eine Vergleichbarkeit der ausländischen Investmentanteile mit deutschen Investmentanteilen voraus. Die Vergleichbarkeitsprüfung war streng und schloss all jene Investmentfonds vom öffentlichen Vertrieb in Deutschland aus, die nicht eigens dafür konzipiert worden waren.13 Eine Anzeige- oder Erlaubnispflicht auf Ebene der geschlossenen Fondskonstrukte gab es zuvor ebenso wenig wie eine generelle Anzeige- oder Erlaubnispflicht auf Ebene ihrer Verwalter;14 der Vertrieb erfolgte im Rahmen von Privatplatzierungen, die in bestimmten Konstellationen ohne jegliche Beteiligung der BaFin möglich war.15 Die Abschaffung der Privatplatzierungen erfolgt aufgrund eines Systemwechsels des Europäischen Gesetzgebers, er wollte den „grauen Kapitalmarkt“ im Bereich der (kollektiven) Kapitalanlage regulieren. Aufgrund dieser Zielsetzung wird in der AIFM-Richtlinie nur zwischen dem Vertrieb mit Passport oder ohne Passport und nicht zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Vertrieb unterschieden.16 Nach der Begründung zum Regierungsentwurf17 setzt § 323 die europäischen Vor9 gaben des Art. 32 der AIFM-Richtlinie auf nationaler Ebene um.18 Art. 32 der AIFM-Richtlinie schreibt ein Anzeigeverfahren für alle EU-AIF vor, die von einem EU-AIFM in einem anderen Staat als seinem Herkunftsland an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. Da Art. 32 der AIFM-Richtlinie keine Ausnahme für EU-AIF vorsieht, die im Aufnahmestaat des EU-AIFM aufgelegt wurden, besteht eine Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften auch beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Spezial-AIF an professionelle Anleger im Inland.19

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11 Vgl. Antwort auf Frage 2.1.1 des FAQ „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt vom 4.7.2013 (Geschäftszeichen WA 41-Wp 21372013/0293), geändert am 13.7.2016 abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen /DE/FAQ/faq_kagb_vertrieb_erwerb_130604.html. 12 Ewers Bundestag beschließt AIFM-Umsetzungsgesetz, BaFin-Journal 06/2013 19. 13 Weiser/Jang BB 2011 1225 m.w.N. 14 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 35. 15 Vgl. Volhard/Jang DB 2013 273 (274). 16 Vgl. Volhard/Jang DB 2013 273 (274); Moritz/Klebeck/Jesch/Patzner/Schneider-Deters KAGB, § 323 Rn. 4. 17 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) vom 6.2.2013, BTDrucks. 17/12294. 18 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. 19 Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289.

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§ 323

B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

Art. 32 der AIFM-Richtlinie regelt die Aufgabenverteilung zwischen den zuständigen Stellen des Heimatstaates und des Aufnahmestaates des AIF und dient so dem Zweck, die Rahmenbedingungen für einen EU-weiten Vertrieb von EU-AIF zu schaffen.20 Damit dehnt Art. 32 die Regelungen des Art. 31 AIFM-Richtlinie, der auf Ebene der einzelnen Mitgliedsstaaten einheitliche Bedingungen für den nationalen Vertrieb von AIF durch ihren AIFM schafft, auf den Vertrieb in anderen Mitgliedstaaten aus.21 § 323 stellt die semiprofessionellen Anleger den professionellen Anlegern gleich. Der Gesetzgeber sieht dies als richtlinienkonform an, da § 323 für den Vertrieb voraussetzt, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und deren Verwaltung des angezeigten AIF der AIFM-Richtlinie entsprechen.22 § 323 Abs. 1 S. 1 dient der Umsetzung von Art. 32 Abs. 1 UAbs. 1 und Abs. 6 der AIFMRichtlinie.23 § 323 Abs. 1 S. 2 setzt Art. 32 Abs. 2 und 3 der AIFM-Richtlinie um.24 Mit § 321 Abs. 2 S. 1 und S. 2 wird Artikel 32 Abs. 1 UAbs. 1 und 2 und Abs. 4 UAbs. 1 der AIFM-Richtlinie umgesetzt.25 § 323 Abs. 2 S. 3 setzt Art. 32 Abs. 5 der AIFM-Richtlinie um.26 § 323 Abs. 3 setzt Art. 32 Abs. 5 der AIFM-Richtlinie für den Fall um, dass die BaFin von den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Änderung der Vorkehrungen nach § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 oder § 323 Abs. 1 S. 2 unterrichtet wird.27 B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm Das Anzeigeverfahren nach § 323 ist anwendbar, wenn eine EU-AIF-Verwaltungsge- 15 sellschaft beabsichtigt, Anteile an EU-AIF oder an deutschen Spezial-AIF, die sie gemäß § 54 grenzüberschreitend im Inland verwaltet, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in Deutschland zu vertreiben. § 323 Abs. 1 betrifft ausschließlich deutsche Spezial-AIF sowie EU-AIF, die von der 16 EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden. Die Anzeigepflicht der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft für den Vertrieb von ausländischen AIF und Master-Feeder-AIF mit Drittstaatenbezug an semiprofessionelle und professionelle Anleger ist in § 324 geregelt. Die entsprechende Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für den Vertrieb von inländische Spezial- oder EU-AIF regelt § 321 und von ausländischen AIF und Master-Feeder-AIF mit Drittstaatenbezug § 324, und die entsprechenden Pflichten einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft regeln die §§ 325, 327. Die Anzeigepflicht der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nach § 323 Abs. 1 S. 1 knüpft 17 nach dessen Wortlaut an die Absicht des Vertriebs in Deutschland.28 Eine Vertriebsabsicht dürfte erst dann vorliegen, wenn die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft willens und in der Lage ist, die an den Vertrieb gestellten gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und den Vertrieb tatsächlich aufzunehmen.29 Sobald diese Voraussetzungen gegeben sind, löst die Vertriebsabsicht die Anzeigepflicht der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

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Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 32 Rn. 2. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 32 Rn. 3. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Vgl. hierzu bereits die Erläuterungen bei Baur/Tappen/Mehrkhah/Lichtenstein § 321 Rn. 18. Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 128 Rn. 16.

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§ 323

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

aus. Einer Anzeige bedarf es, bevor irgendeine nach außen gerichtete Vertriebstätigkeit aufgenommen wird.30 Die Anzeigepflicht des § 323 trifft die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nur, wenn sie 18 die inländischen Spezial-AIF und die EU-AIF in Deutschland vertreiben will. Der Vertrieb muss sich dabei an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland richten.31 Gemäß § 293 Abs. 1 S. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen eines Investmentvermögens.32 Bei einem Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger wird der Vertriebsbegriff entsprechend den Vorgaben aus der AIFM-Richtlinie durch § 293 Abs. 1 S. 3 KAGB eingeschränkt. Ein Vertrieb an diese Anlegergruppe ist nur gegeben, wenn der Vertrieb auf Initiative oder im Auftrag der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgt. Das Anbieten von Anteilen eines AIF, das nicht auf Initiative oder im Auftrag der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgt (z.B. Vermittlung durch einen Dritten, den die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nicht beauftragt hat), stellt demnach keinen Vertrieb der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft dar.33 19 Im Spezialfondsbereich sind darüber hinaus Fallkonstellationen denkbar, dass eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft gegenüber einem Interessenten die eigenen Fähigkeiten bewirbt und dabei Musteranlagebedingungen und Musterprospekte übergibt, die ersichtlich noch nicht angebotsreif sind, weil sie noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, und die sodann von den Parteien verhandelt werden. Vertriebshandlungen für ein Investmentvermögen, das weder aufgelegt ist noch unter einem bestimmten Namen firmiert, sind erst möglich, wenn das Investmentvermögen angebotsreif ist. Das ist erst dann der Fall, wenn die Anlagebedingungen vollständig ausgehandelt sind. Das Anzeigeverfahren selbst richtet sich in wesentlichen Teilen nach dem Recht des 20 Herkunftsmitgliedstaates nach Maßgabe der nationalen Norm, die Artikel 32 der AIFMRichtlinie im Herkunftsmitgliedstaat umsetzt. Deutschland ist der Aufnahmemitgliedstaat für die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und den EU-AIF. Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat die Vertriebsabsicht ihrer zuständigen Aufsichtsbehörde im Herkunftsmitgliedstaat für jeden EU-AIF, den sie zu vertreiben beabsichtigt, anzuzeigen. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats des AIFM prüft, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft den Vorschriften der AIFM-Richtlinie nicht entsprechen oder künftig nicht entsprechen werden. Wenn solche Anhaltspunkte nicht gegeben sind, übermittelt die zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates spätestens 20 Arbeitstage nach dem Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen diese Unterlagen sowie eine Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden EUAIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung des betreffenden EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF an die BaFin. Die Übermittlung kann nach dem Merkblatt der BaFin zu § 323 per E-Mail erfolgen.34 Des weiteren unterrichtet die Aufsichtsbehörde der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft diese unverzüglich über den Versand der Anzeigeunterlagen.

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30 So im Ergebnis auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Schmies InvG, § 128 Rn. 3; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 128 Rn. 17. 31 Zum Vertrieb von AIF an Privatanleger siehe Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme §§ 316 ff. 32 Zur ausführlichen Definition des Vertriebsbegriffes s. Baur/Tappen/Mehrkhah/Zingel § 293 Rn. 3 ff. 33 Vgl. Antwort auf Frage 1.2 des BaFin-FAQ zum Vertrieb (Fn. 11), Ewers BaFin-Journal 06/2013 18. 34 BaFin-Merkblatt (2013) zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen SpezialAIF, die von einer EU-AIF- Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom 17.7.2013, aktualisiert am 14.3.2017, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/ DE/Merkblatt/WA/dl_130722_merkbl_323KAGB_wa.pdf?__blob=publicationFile&v=6.

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B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

§ 323

I. Vollständigkeitsprüfung der BaFin (Abs. 1) Das Anzeigeverfahren nach § 323 basiert auf dem zwischenbehördlichen „regulator- 21 to-regulator“-Verfahren.35 Der Austausch von Dokumenten erfolgt zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten; einerseits der BaFin in Deutschland und andererseits der im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft für diese zuständigen Aufsichtsbehörde. Die BaFin prüft, ob die von den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates übermittelten Anzeigeunterlagen vollständig sind, eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates über die Erlaubnis der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft vorliegt und die Unterlagen in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache übermittelt wurden. 1. Zulassungsbescheinigung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaa- 22 tes. Die BaFin prüft gemäß § 323 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, ob sie von der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates eine Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden EUAIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie erhalten hat. Die Zulassung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgt auf deren Antrag bei dieser für sie zuständigen Aufsichtsbehörde. Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat hierfür verschiedene Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu geben. Darüber hinaus hat sie bestimmte organisatorische und personelle Voraussetzungen zu erfüllen. Art. 7 und Art. 8 der AIFM-Richtlinie legen Mindeststandards für die Zulassung einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft fest, die jeder Mitgliedstaat in nationales Recht umzusetzen hat. Ein Aufnahmemitgliedstaat kann sich daher darauf verlassen, dass EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten bestimmte Mindeststandards erfüllen und brauchen insoweit keine eigene Prüfung mehr vorzunehmen. So wird ein Vertrieb in anderen Mitgliedsstaaten als dem Herkunftsland des AIFM möglich.36 2. Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF. Ferner prüft die BaFin, ob sie von 23 der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates für jeden angezeigten AIF ein Anzeigeschreiben erhalten hat (§ 323 Abs. 1 S. 1 Nr. 2). Für den Inhalt des Anzeigeschreibens gilt gemäß Satz 2 der § 321 Abs. 1 S. 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIFKapitalverwaltungsgesellschaft“ „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss. Die redaktionellen Hinweise des Gesetzgebers bei der Anwendung des § 321 stellen sicher, dass die Rechtsanwendung verständlich und klar ist und keine zusätzlichen Auslegungsfragen durch Gesetzesverweise auftreten. Dem Anzeigeschreiben ist ein Katalog von Unterlagen beizufügen.37 Dies sind im Ein- 24 zelnen (i) ein Geschäftsplan, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält, (ii) die Gründungsdokumente des AIF, also abhängig davon, ob der AIF als Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaft oder Investmentkommanditgesellschaft organisiert ist, Anlagebedingungen bzw. Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF, (iii) Angaben zum Namen der Verwahrstelle, (iv) eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF, (v) falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, Angaben zum Sitz des Mas-

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Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 323 Rn. 2. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 7. Vgl. Baur/Tappen/Mehrkhah/Lichtenstein InvG, § 321 Rn. 21 ff.

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§ 323

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

ter-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft,38 (vi) alle in § 307 Absatz 1 genannten weiteren Informationen, die semiprofessionellen und professionellen Anlegern vor Erwerb zur Verfügung gestellt werden müssen (dies sind z.B. der jüngste Jahresbericht, der Nettoinventarwert oder Marktpreis, die Wertentwicklung, eine Beschreibung der Anlagestrategie, eine Darstellung des Einsatzes von Fremdmitteln, eine Beschreibung der Verwaltungsgesellschaft, der Verwahrstelle und sonstiger Dienstleister, Angabe der ausgegliederten Verwaltungsfunktionen, eine Darstellung des Bewertungsverfahrens, eine Beschreibung des Liquiditätsmanagements, Transparenzangaben hinsichtlich der Kostenstruktur, Angaben zur Informationspolitik),39 (vii) Angaben zu den Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger, auch bei Einschaltung eines Wertpapierdienstleisters.40 Weiterhin muss das Anzeigeschreiben entsprechend Anhang IV Buchstabe h der 25 AIFM-Richtlinie Angaben zu den Vorkehrungen für den Vertrieb des EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF in Deutschland sowie Angaben zu den Vorkehrungen beinhalten, die getroffen wurden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien an dem EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF in Deutschland an Privatanleger vertrieben werden. Dies gilt auch, wenn die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft zum Zwecke des Vertriebes auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. 26 Darüber hinaus muss Deutschland als Staat genannt sein, in dem Anteile des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. 27

3. In der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache. Die der BaFin zu übermittelnde Dokumentation hat in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache zu sein. Die EU-Kommission hat in dem Protokoll einer informellen Zusammenkunft am 26.1.200541 zu Art. 19 der Prospekt-Richtlinie42 festgestellt, dass jedenfalls Englisch eine in der internationalen Finanzwelt gebräuchliche Sprache sei. Es können aber auch andere Sprachen das Kriterium „in der internationalen Finanzwelt gebräuchliche Sprache“ erfüllen, insbesondere dann, wenn sie bei Finanztransaktionen in einer bestimmten Region verwendet würden. Dies kann gegeben sein, wenn der Vertrieb z.B. in den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg und Österreich erfolgt.43 II. Vertriebsaufnahme

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1. Vertriebsmitteilung (Abs. 2 S. 1). Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft kann den Vertrieb in Deutschland aufnehmen, sobald sie von der zuständigen Aufsichtsbehörde ihres Herkunftsmitgliedstaats über die Übermittlung der Zulassungsbescheinigung und des Anzeigeschreibens an die BaFin unterrichtet wurde. Hat die EU-AIF-Verwaltungsge-

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38 Zu den Anforderungen an eine Master-Feeder-Konstruktion im Rahmen des § 323 vgl. nachfolgend Rn. 29. 39 Vgl. nachfolgend Rn. 33. 40 Vgl. nachfolgend Rn. 34. 41 European Commission, Internal Market and Services DG, 3rd Informal Meeting on Prospectus Transposition – 26 January 2005, Summary record, Az. MARKT/G3/WG D(2005) S. 10, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/prospectus/summary-note-050126_en.pdf. 42 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. L 345/64 vom 31.12.2003. 43 Vgl. auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 128 Rn. 21.

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830

B. Vertriebsvoraussetzungen/Anwendungsbereich der Norm

§ 323

sellschaft eine solche Mitteilung erhalten, darf sie EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger vertreiben.44 2. Besonderheiten bei Master-Feeder-Konstruktionen (Abs. 2 S. 2). Handelt es 29 sich bei dem inländischen Spezial-AIF oder dem EU-AIF um einen Feeder-AIF, besteht das Vertriebsrecht gemäß § 323 Abs. 2 S. 2 nur, wenn der Master-AIF ebenfalls ein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Das Anzeigeverfahren nach § 323 ist nur einschlägig, wenn sowohl Master- und Feeder-AIF EU-AIF oder inländische Spezial-AIF sind. Ein Feeder-AIF ist ein AIF, der sein Vermögen vollständig in einen anderen AIF, den 30 Master-AIF, investiert. Eine Risikomischung ergibt sich, da der Master-AIF die Regelungen zur Risikodiversifizierung beachten muss.45 Der Feeder-AIF muss gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 13 entweder (i) mindestens 85 Prozent seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegen, oder (ii) mindestens 85 Prozent seines Wertes in mehr als einem Master-AIF anlegen, wenn diese Master-AIF identische Anlagestrategien verfolgen, oder (iii) anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF haben. Ein Master-AIF ist gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 14 ein AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. 3. Vorkehrungen zum Vertrieb (Abs. 2 S. 3). Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft muss Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass Anteile des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere, wenn sie für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. § 323 Abs. 2 S. 3 verweist auf § 321 Abs. 1 S. 2 Nr. 7, der damit die bereits in § 295 Abs. 1 S. 3 enthaltene allgemeine Regelung für den Vertrieb von AIF wiederholt. Die Vorkehrungen müssen so gestaltet sein, dass ein Vertrieb an Privatanleger wirksam verhindert wird.46 Gemäß § 323 Abs. 2 S. 3 KAGB prüft die BaFin, ob die Vorkehrungen zum Vertrieb geeignet sind, einen Verstoß gegen die Vertriebsvorschriften des KAGB zu vermeiden, insbesondere einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern. Gemäß Art. 32 Abs. 5 der AIFM-Richtlinie fällt diese Prüfung nicht in die Zuständigkeit der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates, sondern unterliegt den Rechtsvorschriften und der Aufsicht der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates, somit der BaFin. Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat allgemeine Vorkehrungen zum Vertrieb zu treffen. Sie hat im Anzeigeschreiben anzugeben, ob sie interne Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die in den §§ 307 und 308 genannten Informationspflichten eingehalten werden, z.B. durch entsprechende Anweisungen und Schulungen der Mitarbeiter, und ob sie mit allen Vertriebspartnern, die in ihrem Auftrag handeln, Vereinbarungen getroffen hat, nach denen diese ihrerseits verpflichtet sind, die in § 307 genannten Informationspflichten einzuhalten. Diese Angaben sind erforderlich, damit die BaFin überprüfen kann, ob die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft die Vertriebsvorgaben des KAGB erfüllen kann.47 Weiterhin hat die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Angaben in Bezug auf ihre Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebes an Privatanleger zu machen. Sie

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44 45 46 47

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Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 289. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 31 Rn. 9. Vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 288. BaFin-Merkblatt zum Vertrieb (Fn. 34), S. 3.

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§ 324

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

hat darzulegen, ob sie interne Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass Anteile an den zum Vertrieb angezeigten EU-AIF oder Spezial-AIF Privatanlegern weder angeboten noch bei diesen platziert werden.48 Sie hat diese Anforderungen auch bei ihren Vertriebspartnern umzusetzen und mit allen Vertriebspartnern Vereinbarungen zu schließen, nach denen Anteile an dem angezeigten EU-AIF oder Spezial-AIF Privatanlegern weder angeboten noch bei diesen platziert werden dürfen. Für die Umsetzung dieser Anforderungen bei Vertriebspartner reicht ein Hinweis gegenüber den Vertriebspartnern nicht aus, erforderlich ist vielmehr eine vertragliche Verpflichtung im Vertriebsvertrag. Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat der BaFin gegenüber anzugeben, ob mit allen Vertriebspartnern solche Vereinbarungen geschlossen wurden.49 Sofern der Vertrieb über das Internet oder andere elektronische Systeme erfolgt 35 müssen – unabhängig davon, ob der Vertrieb durch die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft selbst oder durch einen Vertriebspartner erfolgt – für die einzelnen Anlegergruppen (Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger) getrennte Zugangswege bestehen. Auch dies ist der BaFin anzugeben.50 III. Änderungsmitteilungen, Beendigung des Vertriebs in Deutschland 36

Aktualisierungen oder Änderungen der im Anzeigeschreiben enthaltenen Angaben und Unterlagen einschließlich der Einstellung des Vertriebes für EU-AIF oder inländische Spezial-AIF oder einzelner vertriebsberechtigter Teilinvestmentvermögen eines EUAIF oder inländischen Spezial-AIF (Deregistrierung) sind gegenüber der zuständigen Stelle im Herkunftsmitgliedstaat anzuzeigen.51 Diese informieren die BaFin entsprechend. Die BaFin prüft, ob die Änderungen gegen geltendes deutsches Investmentrecht verstoßen und ob die Vertriebsvorkehrungen (weiterhin) geeignet sind, den Vertrieb an Privatanleger zu verhindern. C. Übergangsregelungen

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Auf § 323 finden die Übergangsregelungen der §§ 345 Abs. 8, 9, 351 Abs. 5 und 353 Abs. 6 Anwendung. https://doi.org/10.1515/9783110492217-111

§ 324 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 324 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Lichtenstein/Ebel Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

(1) 1 Ein Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF und von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-

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48 49 50 51

BaFin-Merkblatt zum Vertrieb (Fn. 34), S. 3. BaFin-Merkblatt zum Vertrieb (Fn. 34), S. 3. BaFin-Merkblatt zum Vertrieb (Fn. 34), S. 3. BaFin-Merkblatt zum Vertrieb (Fn. 34), S. 4.

Lichtenstein/Ebel https://doi.org/10.1515/9783110492217-111

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B. Regulierungshintergrund

§ 324

Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft ist nur zulässig, wenn die in § 322 Absatz 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind. 2 Ist die Bundesanstalt nicht mit der Beurteilung der in § 322 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen durch die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft einverstanden, kann die Bundesanstalt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. (2) 1 Beabsichtigt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die in Absatz 1 Satz 1 genannten AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie sowie ein Anzeigeschreiben für jeden AIF in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache übermittelt hat. 2 § 323 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) § 323 Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Ebel

Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 323.

A. B. C.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Regulierungshintergrund | 2 Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm | 7 II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm | 10 III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm | 11

D. E. F.

G.

Vertriebsvoraussetzungen | 17 Bewertungsdivergenz | 22 Bescheinigung und Anzeigeschreiben (Abs. 2) | 28 Entsprechende Geltung von § 323 Abs. 2 Satz 1 und 3 sowie Abs. 3 | 34

A. Überblick Wie alle im Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 des 4. Kapitels des KAGB enthaltenen Vor- 1 schriften regelt § 324 den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland. § 324 betrifft hierbei den Vertrieb von ausländischen AIF und von Master-Feeder-Konstruktionen mit Drittstaatenbezug durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. B. Regulierungshintergrund B. Regulierungshintergrund Mit § 324 werden die in Art. 35 der AIFM-Richtlinie enthaltenen Vorgaben für den in- 2 ländischen Vertrieb von AIF mit Drittstaatenbezug mit EU-Pass durch eine EU-AIFVerwaltungsgesellschaft umgesetzt. 833

Ebel

§ 324

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

3

Hierbei setzt § 324 Abs. 1 Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 der AIFM-Richtlinie um.1 § 324 Abs. 2 setzt Art. 35 Abs. 5, Abs. 6 Unterabs. 2 und Art. 9 Unterabs. 1 der AIFM4 Richtlinie um.2 § 324 Abs. 3 setzt durch Verweis auf § 323 Abs. 2 Satz 1 und 3 Art. 35 Abs. 7 Unter5 abs. 1 Satz 2 und Art. 35 Abs. 8 der AIFM-Richtlinie um.3 6 Der deutsche Gesetzgeber stellt in § 324 zudem die semiprofessionellen Anleger den professionellen Anlegern gleich. C. Anwendungsbereich der Norm C. Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 324 ist zu beachten, dass § 295 Abs. 2 und 3 KAGB für die Zulässigkeit des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-AIF, EU-AIF und ausländischen AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland zwei unterschiedliche Regelungsregime vorsieht. Für den Zeitraum ab dem 22.7.2013 bis zu dem in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt gelten die §§ 321, 323, 329, 330 und 330a. Ab dem in dem vorbezeichneten delegierten Rechtsakt genannten Zeitpunkt gelten dann die §§ 321 bis 328 und § 330a.4 Daneben ist in beiden Regelungsregime an semiprofessionelle Anleger auch ein Vertrieb nach den §§ 317 bis 320 möglich. Grund für die unterschiedlichen Regelungsregime ist, dass der EU-Pass beim Ver8 trieb mit Drittstaatenbezug in den Mitgliedstaaten nicht unmittelbar gilt.5 Diesbezüglich statuiert Art. 66 Abs. 3 der AIFM-Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um den Art. 35 sowie 37 bis 41 der AIFMRichtlinie nachzukommen, gemäß dem von der Kommission nach Art. 67 Abs. 66 erlassenen delegierten Rechtsakt und von dem darin festgelegten Zeitpunkt an anwenden. Der Erlass des delegierten Rechtsaktes hängt gem. Art. 67 Abs. 6 u.a. von der positiven Empfehlung der ESMA zur Anwendung des Passes auf die entsprechenden DrittstaatenVertriebskonstellationen ab. § 324 gehört zu den Vorschriften, die ab dem in dem delegierten Rechtsakt genann9 ten Zeitpunkt Anwendung finden. Avisiert war dieser für 2015.7 Die ESMA hatte zunächst im Juli 2015 eine erste Empfehlung bzgl. der Anwendung des Passes gegeben.8 Die Europäische Kommission hatte die ESMA mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 eingeladen, 7

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1 Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 289. 2 Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 289. 3 Begr. RegE in BTDrucks. 17/12294 S. 290. 4 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97) sprechen einprägsam vom Drittstaatenstichtag. 5 Diesbezüglich gestattet die AIFM-Richtlinie in Art. 36 und 42 den Mitgliedstaaten allerdings vorübergehend die entsprechenden Vertriebskonstellationen auf nationaler Ebene ohne EU-Pass unter Berücksichtigung bestimmter Mindeststandards zuzulassen, wovon der deutsche Gesetzgeber in §§ 329 und 330 Gebrauch gemacht hat. 6 Bei dem Verweis von Art. 66 Abs. 3 auf den nicht existierenden Art. 65 Abs. 6 in der deutschen Fassung der AIFM-Richtlinie handelt es sich um einen redaktioneller Fehler. 7 Vgl. Erwägungsgrund 4 der AIFM-Richtlinie. 8 ESMA/2015/1236, ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application oft he AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs 30 Juli 2015, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/2015-1236_advice_to_ep-councilcom_on_aifmd_passport.pdf.

Ebel

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C. Anwendungsbereich der Norm

§ 324

die Beurteilung auch im Hinblick auf weitere Länder zu ergänzen.9 Inzwischen hat die ESMA mit Datum vom 12. September 2016 eine 12 Drittstaaten umfassende Beurteilung abgegeben.10 Die ESMA kommt hierbei zur Auffassung, dass keine wesentlichen Hindernisse bzgl. der Implementierung des Passes bzgl. Kanada, Guernsey, Japan, Jersey und der Schweiz bestehen. Hinsichtlich Hong Kong und Singapur bestehen keine wesentlichen Hindernisse bzgl. AIF. Allerdings haben diese Länder Vorschriften, die bzgl. OGAW nur den Zugang bestimmter Mitgliedstaaten der EU für Retail-Kunden ermöglicht. Auch bzgl. der weiteren geprüften Länder Australien und USA gibt es Anmerkungen und bzgl. Bermuda, Cayman Islands und Isle of Man keine abschließende Beurteilung.11 Der delegierte Rechtsakt der Kommission liegt aktuell noch nicht vor. II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm Die Norm gilt für den Vertrieb durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. EU-AIF- 10 Verwaltungsgesellschaften sind laut § 1 Abs. 17 Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der AIFM-Richtlinie entsprechen. III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm Der sachliche Anwendungsbereich des § 324 wird zum einen bestimmt durch die Ob- 11 jekte des Vertriebs. Hierbei gehören zum einen Anteile oder Aktien an ausländischen AIF zu den erfassten Vertriebsobjekten. Ausländische AIF sind laut § 1 Abs. 9 AIF, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten wiederum alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Die Frage, welchem Recht ein AIF unterliegt, bestimmt sich nach der rechtlichen Ausgestaltung des Vermögens und der Vertragsbedingungen, der Satzung, der Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Anleger zu dem AIF bestimmt.12 Bemerkenswert ist, dass der deutsche Gesetzgeber den ausländischen AIF anders 12 definiert, als der europäische Gesetzgeber dessen Pendant in der AIFM-Richtlinie, den dortigen Nicht-EU-AIF. Denn gemäß Art. 4 Abs. 1z) aa) der AIFM-Richtlinie ist ein NichtEU-AIF ein AIF, der kein EU-AIF ist. Dementsprechend ist ein Nicht-EU-AIF ein AIF, der weder nach einschlägigem nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert ist, noch seinen satzungsmäßiger Sitz und/oder Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat hat.13 Aufgrund dieser unterschiedlichen Definitionen in KAGB und AIFMRichtlinie ist es möglich, dass die Frage, ob ein ausländischer AIF vorliegt, im Einzelfall

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9 Schreiben der Europäischen Kommission vom 17. Dezember 2015, abrufbar unter https://www.esma. europa.eu/sites/default/files/library/eu_commission_letter_aifmd_passport.pdf. 10 ESMA/2016/1140, ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application oft he AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs 12 September 2016, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2016-1140_aifmd_passport.pdf. 11 Siehe hierzu Pressemitteilung der ESMA, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/press-news/ esma-news/esma-advises-extension-funds-passport-12-non-eu-countries. 12 Siehe insofern zur Frage welchem Recht ein Investmentvermögen untersteht, das BaFin Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2136-2008/0001 unter I.1.e). 13 Umkehrschluss aus Art. 4 Abs. 1k) der AIFM-Richtlinie.

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§ 324

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

durch das KAGB anders beantwortet wird als von der AIFM-Richtlinie vorgesehen. Dies erscheint deswegen problematisch, weil an den Vertrieb von Nicht-EU-AIF nach der AIFM-Richtlinie andere Voraussetzungen geknüpft sind als an den Vertrieb von EU-AIF, was das KAGB im Prinzip auch nachzeichnet.14 Im Übrigen können sich hier auch Divergenzen zu den Beurteilungen anderer Mitgliedstaaten ergeben. Als zweite Alternativ für vom Anwendungsbereich des § 324 erfasste Vertriebsobjek13 te nennt dieser Anteile oder Aktien an inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-FeederAIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Hintergrund für die Erfassung der entsprechenden Drittstaaten-Master-Feeder-Konstruktionen ist, dass hiermit eine Umgehung der für ausländische AIF strengeren Vertriebsvoraussetzungen durch Zwischenschaltung eines inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF verhindert werden soll. Ein Feeder-AIF ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 13 ein AIF, der a) mindestens 85 Prozent seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegt, oder b) mindestens 85 Prozent seines Wertes in mehr als einem Master-AIF anlegt, die jeweils identische Anlagestrategien verfolgen, oder c) anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF hat. Ein Master-AIF ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 14 ein AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. Die Frage, ob es sich um einen Feeder-Fonds handelt, kann insbesondere in den Fällen des § 1 Abs. 19 Nr. 13b) mit schwierigen Abgrenzungsproblemen verbunden sein.15 Je abstrakter man die identischen Anlagestrategien fasst, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Dachfonds als Feeder-Fonds beurteilt werden.16 Als Vertriebsadressaten sind semiprofessionelle und professionelle Anleger erfasst. 14 Gem. Art. 1 Abs. 19 Nr. 32 ist professioneller Anleger jeder Anleger, der im Sinne von Anhang II der MiFID-Richtlinie als professioneller Kunde angesehen wird oder auf Antrag als professioneller Kunde behandelt werden kann. Erfasst sind somit zum einen die in Anhang II der MiFID-Richtlinie unter I. genannten Kategorien von Kunden, die als professionelle Kunden angesehen werden. Zu diesen Kategorien der geborenen professionellen Kunden gehören Rechtspersönlichkeiten, die zugelassen sein oder unter Aufsicht stehen müssen, um auf den Finanzmärkten tätig werden zu können, große Unternehmen die bestimmte Anforderungen erfüllen, Regierungen, Stellen der staatlichen Schuldenverwaltung, Zentralbanken, internationale und supranationale Einrichtungen, sowie andere institutionelle Anleger, deren Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumenten besteht, einschließlich Einrichtungen, die die wertpapiermäßige Verbriefung von Verbindlichkeiten und andere Finanzierungsgeschäfte betreiben. Zudem sind auch die in Anhang II der MiFID-Richtlinie unter II. genannten gekorenen professionellen Kunden erfasst. Dies sind Kunden, die auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können, sofern die in II. 1 und 2 genannten Kriterien und Verfahren eingehalten werden. 15 Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers war im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen zunächst nicht enthalten.17 Diese Kategorie wurde dann nach der Kritik der Branche an der Einengung des potentiellen Investorenkreises für Spe-

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14 Auf die erhebliche Bedeutung der Abgrenzung zwischen EU-AIF und nicht EU-AIF weisen zu Recht Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 12 hin. 15 Vgl. insofern ausführlich Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 20. 16 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 21. 17 Siehe Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 20.7.2012.

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C. Anwendungsbereich der Norm

§ 324

zialfonds aufgenommen.18 Der semiprofessionelle Anleger ist in Art. 1 Abs. 19 Nr. 33 definiert. Es sind im Prinzip drei Alternativen gegeben, nach denen ein Anleger als semiprofessioneller Anleger qualifizieren kann. Zum einen erfasst ist jeder Anleger der sich verpflichtet, mindestens 200.000 Euro zu investieren und u.a. schriftlich angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der Investition bewusst ist, dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft bewertet und davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidung selbst zu treffen und die Risiken versteht und eine solche Verpflichtung für ihn angemessen ist und dies dem Anleger bestätigt. Die zweite Fallgruppe erfasst jeden in § 37 genannten Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern dieser in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern er in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Drittens gilt jeder Anleger, der sich verpflichtet mindestens 10 Millionen Euro zu investieren, als semiprofessioneller Anleger. Zudem ist lediglich der Vertrieb (bzw. in Abs. 2 die diesbezügliche Absicht) im 16 Geltungsbereich dieses Gesetzes erfasst. Vertrieb ist gem. § 293 Abs. 1 Satz 1 das direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Hierbei schränkt § 293 Abs. 1 Satz 3 den Vertriebsbegriff hinsichtlich des Vertriebs an semiprofessionelle und professionelle Anleger insofern ein, als dass ein Vertrieb nur dann gegeben ist, wenn er auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Zudem enthält § 293 Abs. 1 Satz 2 bestimmte Fälle, die nicht als Vertrieb gelten. Dies sind unter anderem Fälle, in denen lediglich gesetzliche Informationspflichten erfüllt werden. Die BaFin hat in ihrem Rundschreiben „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“19 Hinweise zur Auslegung des Vertriebsbegriffes gegeben. Hiernach fallen unter den Begriff des „Anbietens“ Angebote im juristischen und im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum.20 Ein „Platzieren“ ist nur bei einem aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens gegeben, da das Wort „Vertrieb“ eine auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden impliziere.21 Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stellt somit keinen Vertrieb dar.22 Des Weiteren stellt die BaFin klar, dass sich das Anbieten oder Platzieren zudem auf ein Investmentvermögen beziehen muss. Ein Investmentvermögen ist insbesondere gegeben, bei Investmentvermögen die bereits aufgelegt sind, bei Investmentvermögen, die angebotsreif sind oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren.23

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18 Siehe etwa die Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen unter 12. 19 Schreiben der BaFin vom 4.7.2013, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0293, das regelmäßig aktualisiert und ggf. ergänzt werden soll (im Folgenden: BaFin FAQ zum Vertrieb). 20 BaFin FAQ zum Vertrieb 1.1. 21 BaFin FAQ zum Vertrieb 1.1. 22 BaFin FAQ zum Vertrieb 1.1. 23 BaFin FAQ zum Vertrieb 1.1.

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§ 324

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

D. Vertriebsvoraussetzungen 17 18

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21

§ 324 Abs. 1 Satz 1 erklärt, dass ein Vertrieb im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur zulässig ist, wenn die in § 322 Abs. 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind. Es müssen demnach zunächst geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den Aufsichtsbehörden des Drittstaates bestehen, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, damit unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 724 zumindest ein effizienter Informationsaustausch gewährleistet ist, der es der BaFin ermöglicht, ihre Aufgaben gemäß der Richtlinie 2011/61/EU wahrzunehmen. In Art. 113–115 der delegierten Verordnung 231/2013 hat die Kommission nähere Einzelheiten zu den Kooperationsvereinbarungen geregelt.25 Die ESMA wiederum hat „Leitlinien für das MusterMoU über Konsultation und Kooperation sowie den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von AIFMD-Unternehmen“ veröffentlich.26 Diese enthalten ein Muster Memorandum of Understanding. Ebenfalls steht hier eine Liste darüber bereit, welche Mitgliedstaaten mit welchen Ländern MoU unterzeichnet haben.27 Die BaFin teilt in ihrem „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU“ ebenfalls mit, mit welchen Ländern sie bereits entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat. Des Weiteren darf der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde. Die referenzierte Liste wird nicht mehr aktualisiert. Richtigerweise ist darauf abzustellen, dass keine Listung durch die FATF in dem von ihr veröffentlichten Public Statement gegeben ist.28 Zudem muss der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, mit der Bundesrepublik Deutschland eine Vereinbarung unterzeichnet haben, die den Normen des Art. 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gegebenenfalls einschließlich multilateraler Abkommen über die Besteuerung, gewährleistet.29 Weiterhin muss die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft alle in der AIFM-Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllen. Die in § 322 Abs. 1 Nr. 4 genannte Regelung des § 55 Abs. 1 Nummer 1 findet ohnehin keine Anwendung auf EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften. E. Bewertungsdivergenz E. Bewertungsdivergenz

22

Für den Fall, das die BaFin mit der Beurteilung der in § 322 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Voraussetzungen durch die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedsstaates der

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24 Der Verweis in § 322 Abs. 1 Nr. 1 auf § 9 Abs. 8 muss richtigerweise auf § 9 Abs. 7 gehen, vgl. Kommentierung zu § 322 unter Rn. 21. 25 Siehe hierzu die Kommentierung zu § 322 Rn. 22. 26 Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/esma_2013_ 998_de.pdf. 27 Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/aifmd_mous_ signed_by_eu_authorities_by_16_september_15.xlsx. 28 Siehe hierzu ausführlich die Kommentierung unter § 322 Rn. 24 f. 29 Siehe auch die Kommentierung zu § 322 Rn. 31 f.

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F. Bescheinigung und Anzeigeschreiben (Abs. 2)

§ 324

EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nicht einverstanden ist, kann sie die ESMA nach Maßgabe des Art. 19 der Verordnung 1095/2010 EU30 um Hilfe ersuchen. Das Verfahren nach Maßgabe des Art. 19 ist ein Verfahren zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen Behörden in grenzübergreifenden Fällen. Das Verfahren nach Art. 19 ist zweistufig. Zunächst setzt die ESMA den zuständigen Behörden für die Schlichtung ihrer Meinungsverschiedenheiten eine angemessene Frist. In diesem Stadium handelt die ESMA als Vermittlerin. Erzielen die BaFin und die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates der EUAIF-Verwaltungsgesellschaft innerhalb der Schlichtungsphase keine Einigung, kann die ESMA in einer zweiten Stufe einen Beschluss mit verbindlicher Wirkung für die genannten Behörden fassen, mit dem diese dazu verpflichtet werden, zur Beilegung der Angelegenheit bestimmte Maßnahmen zu treffen oder von solchen abzusehen, um die Einhaltung des Unionsrechts zu gewährleisten. Kommt eine zuständige Behörde dem Beschluss der ESMA nicht nach und stellt somit nicht sicher, dass ein Finanzmarktteilnehmer die Anforderungen erfüllt, die unmittelbar auf diesen anwendbar sind, kann die ESMA einen Beschluss im Einzelfall an den betreffenden Finanzmarktteilnehmer richten und ihn so dazu verpflichten, die zur Einhaltung seiner Pflichten im Rahmen des Unionsrechts erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Einstellung jeder Tätigkeit. Die Möglichkeit des Verfahrens nach Art. 19 bietet § 324 Abs. 1 Satz 2 nur für den Fall, dass die BaFin mit der Beurteilung, ob geeignete Verfahren über die Zusammenarbeit bestehen und der Drittstaat nicht von der FATF gelistet ist, nicht einverstanden ist. Dies entspricht den Vorgaben der AIFM-Richtlinie. F. Bescheinigung und Anzeigeschreiben (Abs. 2)

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27

F. Bescheinigung und Anzeigeschreiben (Abs. 2) Die BaFin prüft im Falle der Vertriebsabsicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft 28 der in § 324 Abs. 1 Satz 1 genannten AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ob die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie sowie ein Anzeigeschreiben für jeden AIF in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache übermittelt hat. Für den Inhalt des Anzeigeschreibens verweist § 324 Abs. 2 Satz 2 auf § 323 Abs. 1 Satz 2. 29 Nach dieser Norm gilt für den Inhalt des Anzeigeschreibens einschließlich der erforderlichen Dokumentation und Angaben § 321 Abs. 1 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss, die Vorkehrungen zum Vertrieb des angezeigten AIF angegeben sein müssen und die Bundesrepublik Deutschland als Staat genannt sein muss, in dem Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. Somit sind zunächst die Angaben entsprechend § 321 Abs. 1 Satz 2 erforderlich, also 30 1. ein Geschäftsplan, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält; 2. die Gründungsdokumente des angezeigten AIF; 3. der Name der Verwahrstelle des angezeigten AIF; 4. eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF; 5. Angaben zum Sitz des Master-AIF

_____

30 Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission.

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Ebel

§ 324

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

und seiner Verwaltungsgesellschaft, falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt; 6. alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF und 7. Angaben zu den Vorkehrungen, die getroffen wurden, um zu verhindern dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere wenn die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. Die BaFin hat insofern in ihrem „Merkblatt (2013) zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gem. § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“31 ausgeführt, welche Angaben sie in Bezug auf die Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebs an Privatanleger verlangt.32 Diese Ausführungen können auch für die Anzeige nach § 324 Abs. 2 herangezogen werden. Die BaFin führt insofern aus, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft anzugeben hat, ob sie interne Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass Anteile oder Aktien an den zum Vertrieb angezeigten AIF weder Privatanlegern angeboten noch bei diesen platziert werden und, sofern der Vertrieb über das Internet oder andere elektronische Systeme erfolgt, getrennte Zugangswege für die einzelnen Anlegergruppen (Privatanleger, semiprofessionelle und professionelle Anleger bestehen. Ferner hat die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft anzugeben, ob eine Vereinbarung mit allen Vertriebspartnern geschlossen wurde, nach der Anteil oder Aktien an dem zum Vertrieb angezeigten AIF weder Privatlegern angeboten noch bei diesen platziert werden dürfen und sofern der Vertrieb über das Internet oder andere elektronische Systeme erfolgt, getrennte Zugangswege für die einzelnen Anlegergruppen bestehen.33 Darüber hinausgehend sind Angaben über die Vorkehrungen zum Vertrieb des an31 gezeigten AIF anzugeben. Die BaFin hat auch insofern in ihrem Merkblatt (2013) zu § 323 ausgeführt, welche Angaben enthalten sein müssen.34 Auch diese Ausführungen können für das Anzeigeschreiben nach § 324 Abs. 2 herangezogen werden. Die BaFin führt aus, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft anzugeben hat, ob sie interne Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die in den §§ 307 und 308 genannten Informationspflichten eingehalten werden (z.B. durch entsprechende Anweisungen und Schulungen der Mitarbeiter), und ob sie mit allen Vertriebspartnern, die in ihrem Auftrag handeln, Vereinbarungen getroffen hat, nach denen diese ihrerseits verpflichtet sind, die in § 307 genannten Informationspflichten einzuhalten. 32 Ergänzend ist noch die Bundesrepublik Deutschland als Staat zu nennen, in dem Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. 33 Die BaFin prüft, ob die zuständige Stelle des Herkunftslandes das Anzeigeschreiben und die Bescheinigung in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache übermittelt haben. Eine in der internationalen Finanzwelt gebräuchliche Sprache ist gegenwärtig jedenfalls Englisch. G. Entsprechende Geltung von § 323 Abs. 2 Satz 1 und 3 sowie Abs. 3 G. Entsprechende Geltung von § 323 Abs. 2 Satz 1 und 3 sowie Abs. 3 34

§ 324 Abs. 3 erklärt § 323 Abs. 2 Satz 1 und 3 sowie Abs. 3 für entsprechend anwendbar. Nach § 323 Abs. 2 Satz 1 kann der Vertrieb aufgenommen werden, wenn die EU-AIF-

_____ 31 32 33 34

Ebel

Im Folgenden bezeichnet als Merkblatt (2013) zu § 323. Merkblatt (2013) zu § 323 unter V.2. Merkblatt (2013) zu § 323 unter V.2. Merkblatt (2013) zu § 323 unter V.1.

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Schrifttum

§ 325

Verwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates über die Übermittlung der entsprechenden Bescheinigung und des Anzeigeschreibens unterrichtet wurde. Gem. § 323 Abs. 2 Satz 3 prüft die BaFin, ob die Vorkehrungen nach § 321 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern und ob die Vorkehrungen nach § 323 Abs. 1 Satz 2 gegen dieses Gesetz verstoßen. Die BaFin hat insofern bezüglich der Vorkehrungen zum Vertrieb eine Restprüfungskompetenz, die ausnahmsweise nicht beim Herkunftsmitgliedstaat liegt. Dies entspricht Art. 35 Abs. 8 der AIFM-Richtlinie. Laut § 323 Abs. 3 prüft die BaFin, wenn sie von den zuständigen Stellen im Her- 35 kunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Änderung der Vorkehrungen nach § 321 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und § 323 Abs. 1 Satz 2 unterrichtet wird, ob die Vorkehrungen nach § 321 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 weiterhin geeignet sind, um einen Vertrieb an Privatanleger wirksam zu verhindern und ob die Vorkehrungen nach § 323 Abs. 1 Satz 2 weiterhin nicht gegen dieses Gesetz verstoßen. https://doi.org/10.1515/9783110492217-112

§ 325 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 325 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Ebel/Izzo-Wagner/Baas

(1) 1Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der Bundesanstalt eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben, hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2§ 321 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss. (2) § 321 Absatz 2 bis 4 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass 1. es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss, 2. im Rahmen von § 321 Absatz 3 die Bundesanstalt zusätzlich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde mitteilt, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Inland beginnen kann und 3. bei zulässigen Änderungen nach § 321 Absatz 4 die Bundesanstalt unverzüglich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde unterrichtet, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen. Schrifttum Schrifttum Bußalb Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das

841 https://doi.org/10.1515/9783110492217-112

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§ 325

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Kapitalanlagegesetzbuch, DStR 2013 1483; Verband der Auslandsbanken in Deutschland e.V. Investment Business in Germany, 2014; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds – Regelungsrahmen für den Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger in Deutschland nach dem RegE zur Umsetzung der AIFM-RL, DB 2013 273; Wallach Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht – erste umfassende Regulierung des deutschen Investmentrechts, RdF 2013 92.

Izzo-Wagner/Baas

Gesetzesmaterialien BTDrucks. 791/2012; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-KraftTreten) | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 6 Tatbestand | 11 I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1) | 12 1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 13 2. Referenzmitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland gemäß § 56 | 16

3.

II.

Erlaubnis der Bundesanstalt gemäß § 58 | 20 4. Vertrieb eines EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF | 24 5. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger | 25 6. Vertrieb im Inland | 31 7. Anzeigeschreiben gemäß § 321 Abs. 1 | 38 Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2) | 39

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Regelung des § 325 ist Teil des Drittstaaten-EU-Vertriebspasses und stellt die Voraussetzungen und Pflichten beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Inland durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, dar. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-Kraft-Treten)

2

Im Rahmen der Vertriebsregelungen der §§ 293 ff. im Kapitel 4 des KAGB beschäftigen sich die §§ 321 ff. mit dem Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Die verschiedenen Vertriebsanzeigen der §§ 321 bis 330a werden danach differenziert, ob der Vertrieb durch eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft durchgeführt werden soll. Innerhalb der Vorschriften der §§ 325 bis 328 und 330, die die ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften regulieren, ist weiter danach zu differenzieren, ob (1) die ausIzzo-Wagner/Baas

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A. Allgemeines

§ 325

ländische AIF-Verwaltungsgesellschaft die Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat hat oder nicht und (2) ob inländische und/oder EU-AIF oder ausländische AIF vertrieben werden sollen. In zeitlicher Hinsicht sieht das KAGB teilweise eine sofortige und teilweise eine spä- 3 tere Anwendbarkeit der Vertriebsanzeige-Vorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatenbezuges vor. Ein solcher Drittstaatenbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug1 sehen die maßgeblichen Vorschriften des 4 KAGB (§ 295 Abs. 2 für den Vertrieb an professionelle Anleger und § 295 Abs. 3 für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger) ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission mit Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/69/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor. Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und -AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EU-Kommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten. Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des Vertriebs mit Drittstaatenbezug sind mithin in der Übergangsphase in den §§ 321, 323, 330 oder 330a geregelt; das endgültige EU Passporting-Regime auch für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug richtet sich nach den §§ 321 bis 328 oder 330a. Nach der oben dargelegten Systematik ist der § 325 Teil des endgültigen Regulie- 5 rungsregimes und damit vorerst nicht anwendbar. § 325 gilt erst ab dem in dem delegierten Rechtsakt zu nennenden Drittstaatenstichtag. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt hinsichtlich des Vertriebs von EU-AIF § 330, wobei zu beachten ist, dass dieser nicht den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften erfasst. Entsprechend gibt die Bundesanstalt in ihrer Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 20162 auch keine weiteren Hinweise zur Anzeigepflicht nach dieser Norm. II. Normentstehung und Grundlagen § 325 dient der Umsetzung des Art. 39 der Richtlinie 2011/61/EU. Danach unterliegt 6 die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Inland einer Anzeigepflicht. Im Einzelnen setzt § 325 Abs. 1 Satz 1 den Art. 39 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz 1 Richtlinie 2011/61/EU um und § 325 Abs. 1 Satz 2 den Art. 39 Abs. 2 Unterabsatz und Anhang III der Richtlinie. Das bisher Juli 2013 geltende InvG sah für den Vertrieb von Drittstaatenfonds noch kein Passsystem vor. So war ein Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen im Rahmen der §§ 135 ff. InvG lediglich möglich, sofern eine Vergleichbarkeit der ausländi-

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1 Zum Vertrieb mit Drittstaatenbezug allgemein s. Wallach RdF 2013 92 (101); Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (96); Emde/Dreibus BKR 2013 89 (99). 2 Siehe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293.

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§ 325

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

schen Investmentvermögensanteile mit deutschen Investmentvermögensanteile vorlag. Andernfalls war lediglich eine Privatplatzierung möglich.3 Ebenso wie bei den §§ 322 und 324 werden die semiprofessionellen Anleger i.S.d. § 1 Abs. 19 Nr. 33 den professionellen Anlegern und damit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für beide Anlegergruppen gleichgestellt. Dies ist nach Ansicht des deutschen Gesetzgebers richtlinienkonform, da eine Voraussetzung für den Vertrieb nach § 325 ist, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen.4 Nicht anders als die sonstigen Vorschriften zur Drittstaatenregulierung im Unterabschnitt 2 erweisen sich die Kontrolle und Aufsicht über den Vertrieb von EU-AIF durch Nicht-EU-AIFM in erster Linie als eine Frage der Aufsichtszuständigkeit.5 Auf der Basis der Richtlinie 2011/61/EU lehnt sich das KAGB an die in der OGAW-Richtlinie normierten Prinzipien der Herkunftslandkontrolle6 und der gegenseitigen Anerkennung an. Sie modifiziert dieses jedoch für Nicht-EU-AIFM dadurch, dass zuständige Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbehörde des Referenzmitgliedstaates des Nicht-EU-AIFM sein soll. Abzuwarten bleibt, wie die exakte Grenzlinie in der Praxis verlaufen wird zwischen der Kontrolle durch den Referenzmitgliedstaat und der Restzuständigkeit des Aufnahmemitgliedstaates, z.B. bei der Produktregulierung.7 Rechtstechnisch handelt es sich bei § 325 weniger um ein „echtes“ Zulassungsverfahren, sondern um ein bloßes Anzeigeverfahren, das sich an die bereits praktizierten Vertriebskonzepte der OGAW-Richtlinie und des bis zum 21. Juli 2013 geltenden Investmentgesetzes anlehnt. Der Nicht-EU-AIFM hat den beabsichtigten Vertrieb bei der Aufsichtsbehörde seines Referenzmitgliedstaates Bundesrepublik Deutschland anzuzeigen, die den Vertrieb nur dann nach § 321 Abs. 3 untersagen kann, wenn die Verwaltung des EU-AIF durch den Nicht-EU-AIFM gegen die Richtlinie 2011/61/EU oder das KAGB verstößt. Mit den §§ 325 ff. und dem hier geregelten EU-Pass auch für Fonds mit Drittstaatenbezug setzt der deutsche Gesetzgeber die von der AIFM-Richtlinie vorgegebene und politisch geforderte Harmonisierung einer grenzüberschreitenden Platzierung von Anteilen an AIF um. Diese Regelung soll nicht zuletzt Anreize schaffen, die bisherige OffshorePraxis durch die EU-Ansiedelung von Fonds zu ersetzen. B. Tatbestand B. Tatbestand

11

Die Regelung des § 325 sieht für den Vertrieb von EU-AIF oder inländischen SpezialAIF durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, eine Vertriebsanzeige in entsprechender Anwendung des § 321 Abs. 1 Satz 2 vor. Ferner bestehen Meldepflichten gegenüber der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde bei Beginn, Änderungen oder Beendigung des Vertriebs.

_____ 3 4 5 6 7

Moritz/Klebeck/Jesch/Patzner/Keunecke/Schwank KAGB, § 325 Rn. 5. Vgl. Gesetzesbegründung zu § 325. Siehe Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 39 Rn. 3. Siehe Spindler/Tancredi WM 2011 1446. Hierzu auch kritisch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 39 Rn. 5.

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B. Tatbestand

§ 325

I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1) Der Vertreib durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (s. Rn. 14–16) ist 12 zulässig, wenn sie – gemäß § 56 Referenzmitgliedstaat der Bundesrepublik Deutschland ist (s. Rn. 17–20), – die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen ihr gemäß § 58 eine Erlaubnis erteilt hat (s. Rn. 21–24), – sie eine EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF verwaltet (s. Rn. 25), – diesen an semiprofessionelle oder professionelle Anleger (s. Rn. 26–31) – im Inland vertreibt (s. Rn. 32–38), – sie ihre Vertriebsabsicht gemäß den Voraussetzungen des § 321 Abs. 1 Satz 2 angezeigt hat (s. Rn. 39) und – die Bundesanstalt nach Prüfung gemäß § 321 Abs. 2 bis Abs. 4 mitgeteilt hat, dass der Vertrieb beginnen kann (Rn. 40–42). 1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Bei der vertreibenden Verwal- 13 tungsgesellschaft muss es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handeln. Nach § 1 Abs. 18 sind ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Nach der Gesetzesbegründung sind ausländische Verwaltungsgesellschaften der Oberbegriff für externe als auch interne Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten und ihren Sitz in einem Drittstaat haben.8 Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.9 Im Hinblick auf die Anforderungen an eine (ausländische) AIF-Verwaltungsgesell- 14 schaft im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU ist wiederum auf Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie zu blicken. Diese Vorschrift adressiert eine ordnungsgemäß nach Art. 37 der Richtlinie zugelassene ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, welche Anteile eines ausländischen AIF, den sie verwaltet, an professionelle Anleger in der Europäischen Union mit einem Europäischen Pass vertreiben möchte.10 Nach Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie müssen ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen EU-AIF oder von ihnen verwaltete ausländische AIF gemäß Art. 39 oder Art. 40 der Richtlinie in der EU zu vertreiben, eine vorherige Genehmigung der zuständigen Behörden ihres Referenzmitgliedstaates einholen.11 Nach der Definition des Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EU-AIFM (– in den Begriff- 15 lichkeiten des KAGB eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft –) ein AIFM, der kein EU-AIFM ist (– in den Begrifflichkeiten des KAGB eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft –). Damit erfolgt die Definition im Umkehrschluss zur EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. l ist eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine AIF-Verwaltungsgesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz12 in einem Mitgliedstaat.

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8 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 18 S. 370. 9 Diese Definition entspricht der Definition im aufgehobenem § 2 Abs. 12 InvG; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 19 Nr. 5 S. 370. 10 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 9. 11 Vgl. auch Rn. 21 ff. 12 Zur Frage der Relevanz der Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung vgl. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/ Tollmann/ Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 14 ff. mit weiteren Nachweisen.

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§ 325

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

16

2. Referenzmitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland gemäß § 56. Referenzmitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft muss die Bundesrepublik Deutschland sein. Dies ist nach § 56 Abs. 1 der Fall, wenn sie gemäß dem in Art. 37 Abs. 4 lit. a) der Richtlinie 2011/61/EU genannten Kriterien Referenzmitgliedstaat sein kann und kein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als Referenzstaat in Betracht kommt oder wenn sie nach den kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 37 Abs. 4b–h) als Referenzmitgliedstaat festgelegt worden ist. § 56 soll in Verbindung mit Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU die effektive Auf17 sicht über ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften sicherstellen, in dem diese der zuständigen Behörde des Referenzmitgliedstaates übertragen wird. Die Bestimmung des Referenzmitgliedstaates ist einfach, wenn der AIF, den die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet, seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und diesen nicht innerhalb der EU, sondern nur im Sitzstaat vertreibt. Hingegen sind die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 37 Abs. 4 heranzuziehen, wenn die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt, eine oder mehrere EU-AIF mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten zu verwalten oder einen oder mehreren EU-AIF bzw. Nicht-EU-AIF in verschiedenen Mitgliedstaaten zu vertreiben.13 Die kollisionsrechtlichen Bestimmungen sollen sowohl einen positiven wie einen 18 negativen Kompetenzkonflikt vermeiden, d.h. verhindern, dass entweder kein Mitgliedstaat für die Beaufsichtigung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zuständig ist oder mehrere Mitgliedstaaten um die Beaufsichtigung konkurrieren. § 56 i.V.m. Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU stellt dabei sicher, dass der Referenzmitgliedstaat ausschließlich nach objektiven Kriterien bestimmt wird. Maßstab ist der engste sachliche Zusammenhang zwischen einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft und einem Mitgliedstaat.14 Anknüpfungspunkte für den sachlichen Zusammenhang können sich zum Beispiel aus dem Sitz eines von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten EU-AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat oder dem Vertrieb eines EU-AIF oder Nicht-EU-AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat ergeben.15 Trotz des Versuchs, durch die umfangreiche Einzelfallaufzählung in Art. 37 Abs. 4 19 der Richtlinie 2011/61/EU den Referenzmitgliedstaat zu identifizieren, wird dieser nicht immer eindeutig bestimmbar sein. Für derartige Fälle sieht Art. 37 Abs. 4 Unterabsatz 2 vor, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bei den zuständigen Aufsichtsbehörden sämtlicher möglicher Referenzmitgliedstaaten beantragen muss, sich untereinander über die Festlegung eines Referenzmitgliedstaates zu einigen. 20

3. Erlaubnis der Bundesanstalt gemäß § 58. Nicht anders als für die EU-AIFM gilt auch für die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ein Tätigkeitsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Sofern sie beabsichtigt, inländische Spezial-AIF oder EU-AIF zu verwalten oder von ihr verwaltete AIF gemäß Art. 39 und 40 der Richtlinie 2011/61/EU zu vertreiben, und sie die Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat angibt, hat sie bei der Bundesanstalt einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zu stellen.

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13 Ausführlich zu den einzelnen Konstellationen: Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 189 ff. 14 Vgl. zum sachlichen Zusammenhang Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 188. 15 S. Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1448); ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 201.

Izzo-Wagner/Baas

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B. Tatbestand

§ 325

Das in § 58 vorgesehene Erlaubnisverfahren der Bundesanstalt setzt die europäi- 21 schen Vorgaben des Art. 37 Abs. 5, Abs. 7, Abs. 8, Abs. 15 und Abs. 16 der Richtlinie 2011/61/EU vollständig, in ganzen Passagen wortgleich, um. § 58 enthält ergänzend für den Geltungsbereich des KAGB einige Klarstellungen. Die Erlaubnis wird erteilt bei Vorliegen aller Verwalter-bezogenen Voraussetzungen, 22 insbesondere der Ernennung eines gesetzlichen Vertreters mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland,16 und bei Erfüllung aller Drittstaaten-bezogenen Voraussetzungen, insbesondere Kooperationsverträgen zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden des Drittstaates und denen des Referenzmitgliedstaats sowie des Herkunftsmitgliedstaates des von der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten EU-AIF.17 Hervorzuheben ist, dass der Drittstaat, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen darf, die von der Arbeitsgruppe „Financial Action Task Force on Money Laundering“ (FATF) aufgestellt ist. Nach § 58 Abs. 9 erteilt die Bundesanstalt die Erlaubnis für die ausländische AIF- 23 Verwaltungsgesellschaft in Einklang mit der für die Erlaubnis von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, also deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften nach KAGB geltenden Vorschriften. Diese werden durch einige enumerativ in diesem Absatz aufgezählte Besonderheiten ergänzt. Hervorzuheben ist die Klarstellung in § 58 Abs. 9 Nr. 5, wonach ausländische AIF Verwaltungsgesellschaften im Inland nur Spezial-AIF und keine Publikums-AIF verwalten dürfen. 4. Vertrieb eines EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF. Bei dem zu vertreiben- 24 den Investmentvermögen muss es sich um einen EU-AIF oder einen inländischen Spezial-AIF handeln. Die Definition des EU-AIF findet sich in § 1 Abs. 8, wonach dies Investmentvermögen sind, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen. Bei Spezial-AIF handelt es sich um AIF, deren Anteile aufgrund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschaft oder aufgrund der konstituierenden Dokumente des AIF nur erworben werden dürfen von professionellen Anlegern im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 32 (s. Rn. 29) oder von semiprofessionellen Anlegern im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 33 (s. Rn. 28). Inländisch sind solche Investmentvermögen nach § 1 Abs. 7, wenn sie dem inländischen Recht unterliegen. 5. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger. § 325 setzt den 25 Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger voraus. Der dem § 325 Abs. 1 zugrundeliegende Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU regelt den 26 Vertrieb von Anteilen an ausländischen AIF an professionelle Anleger. Der Vertrieb von ausländischen AIF an Kleinanleger wird von der Richtlinie gar nicht reguliert. Die Regulierung der Kleinanleger obliegt vielmehr auch unter dem Regime der Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten und ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden. So präzisiert (einzig) Art. 43 der Richtlinie, dass es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber freisteht, den Vertrieb von AIF an Kleinanleger in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten und einen solchen Vertrieb entsprechend Auflagen zu unterwerfen, die strenger sind als die Auflagen für AIF, die in ihrem Hoheitsgebiet an professionelle Anleger vertrieben werden. Der deut-

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16 Vgl. zu den Verwalter-bezogenen Voraussetzungen Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/ Frick AIFM, Art. 37 Rn. 76 ff. 17 Vgl. zu den Drittstaaten-bezogenen Voraussetzungen Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/ Frick AIFM, Art. 37 Rn. 164 ff.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

sche Gesetzgeber hat hieraus den Schluss gezogen, dass es sich bei den Vorgaben der Richtlinie an den Vertrieb an professionelle Anleger um eine Art Mindeststandard handelt.18 Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst mit dem Regierungsentwurf in das Gesetzgebungsverfahren zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID II zu hoch sind.19 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Ein semiprofessioneller Anleger hingegen ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2014/65/EU genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ist ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger zu qualifizieren ist, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren. Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem professionellen Anleger gleich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Spezial-AIF und EU-AIF.20

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18 Vgl. Gesetzesbegründung Allgemeiner Teil, Abschnitt A. I. Ziffer 8 S. 357 – „Für die Anzeigeverfahren beim Vertrieb von AIF an Privatanleger wird als Mindeststandard auf die Vorschriften der AIFM-RL zurückgegriffen. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten werden für den Vertrieb jedoch strengere Regeln aufgestellt.“ Diesem Ansatz scheinen jedoch diverse andere Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Großbritannien nicht zu folgen. 19 Siehe auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33. 20 Siehe Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu Art. § 1 Abs. 19 Nr. 33. Siehe ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. c.

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B. Tatbestand

§ 325

6. Vertrieb im Inland. § 325 setzt den Vertrieb der AIF-Anteile im Inland voraus. Nach der Definition in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.21 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen.“ Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.22 Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebes sind nach Satz 2 des § 293 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse, die Nennung der Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, die Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder die regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht § 293 Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber dieser Anlegergruppe nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppe der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der Richtlinien-Definition in Art. 4 Abs. 1 lit. x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“. Hieraus („oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum, fallen. Für das „Platzieren“ fordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das Wort „Vertrieb“ impliziere einen auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit

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Vgl. auch die Kommentierung zum § 293. Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“). Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt 35 die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investment nicht angebotsreif ist. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. 36 Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb auch nicht die Veräußerung eigener Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolgt, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von 37 Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliegt, wenn einem Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 2 Nr. 6 (= gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und ausschließliche Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern). 38

7. Anzeigeschreiben gemäß § 321 Abs. 1. § 325 verlangt schließlich ein Anzeigeschreiben, das alle in § 321 Abs. 1 Satz 2 aufgelisteten Unterlagen und Angaben enthält. Im Einzelnen muss die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft vorlegen23 (1) den Geschäftsplan, (2) die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag der angezeigten AIF, (3) den Namen der Verwahrstelle, (4) eine Beschreibung des angezeigten AIF, (5) ggf. Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft, (6) alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF sowie (7) Angaben zu den Vorkehrungen, die getroffen werden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden. II. Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2)

§ 325 Abs. 2 setzt Art. 39 Abs. 3 und Abs. 9 der Richtlinie 2011/61/EU um. Er verweist für das durch die Bundesanstalt durchzuführende Prüfungsverfahren und dessen Fristen grundsätzlich auf den § 321 Abs. 2 bis Abs. 4 und stellt zunächst klar, dass hierbei ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften wie AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, also Kapitalverwaltungsgesellschaften nach § 17, die ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben, zu behandeln sind. Die Mitteilungspflichten des § 321 Abs. 3 werden darüber hinaus in § 325 Abs. 2 40 Nr. 2 ergänzt. Die Bundesanstalt hat nicht nur der ausländischen AIF-Verwaltungsge39

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Vgl. hierzu die ausführliche Kommentierung zu § 321.

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Schrifttum

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sellschaft innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigenunterlagen mitzuteilen, dass sie mit dem Vertrieb des im Anzeigeschreiben genannten AIF beginnen kann, sondern auch zusätzlich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde. Gesetzessystematisch ist nicht verständlich, warum § 325 Abs. 1 vom Vertrieb an „semiprofessionelle und professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes“ spricht, während Absatz 2 nur den Beginn des Vertriebs „an professionelle Anleger im Inland“ erwähnt. Da auch die Gesetzesbegründung24 die Gleichstellung von semiprofessionellen und professionellen Anlegern ausdrücklich hervorhebt, ist davon auszugehen, dass es sich bei der Nichterwähnung der semiprofessionellen Anleger in § 325 Abs. 2 Nr. 2 um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handelt. § 325 Abs. 2 Nr. 3 ergänzt weiter die Unterrichtungspflichten der Bundesanstalt an 41 die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde. Letztere ist auch bei zulässigen Änderungen der schriftlichen Angaben nach § 321 Abs. 1 und 2 zu informieren, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen.

§ 326 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 326 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Izzo-Wagner/Baas https://doi.org/10.1515/9783110492217-113

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU die Bundesrepublik Deutschland ist, ist nur zulässig, wenn die in § 322 Absatz 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind. (2) 1Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der Bundesanstalt eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten ausländischen AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2§ 321 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss. (3) § 322 Absatz 3, Absatz 4 Satz 1 und 2 und Absatz 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft“ heißen muss. Schrifttum Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 325.

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Vgl. Gesetzesbegründung zu § 325 Abs. 1 S. 528.

851 https://doi.org/10.1515/9783110492217-113

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§ 326

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Gesetzesmaterialien Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-Kraft-Treten) | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 5 Tatbestand | 9 I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1) | 10 1. Ausländischer AIF | 11 2. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger | 12

Vertrieb im Inland | 18 Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 25 5. Referenzmitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU | 28 6. Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 | 32 Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2) | 39 Vertriebsbeginn (Abs. 3) | 41 3. 4.

II. III.

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Regelung des § 326 stellt die Voraussetzungen und Pflichten einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland dar und ist Teil des Drittstaaten-Vertriebspasses. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-Kraft-Treten)

Im Rahmen der Vertriebsregelungen der §§ 293 ff. im Kapitel 4 des KAGB beschäftigen sich die §§ 321 ff. mit dem Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Die verschiedenen Vertriebsanzeigen der §§ 321 bis 330a werden danach differenziert, ob der Vertrieb durch eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft durchgeführt werden soll. Innerhalb der Vorschriften der §§ 325 bis 328 und 330, die die ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaften regulieren, ist weiter danach zu differenzieren, ob (1) die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft die Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat hat oder nicht und (2) ob inländische und/oder EU-AIF oder ausländische AIF vertrieben werden sollen. 3 In zeitlicher Hinsicht sieht das KAGB teilweise eine sofortige und teilweise eine spätere Anwendbarkeit der Vertriebsanzeige-Vorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatbezuges vor. Ein solcher Drittstaatbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische EU-AIFVerwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. 2

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A. Allgemeines

§ 326

Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug1 sehen die maßgeblichen Vorschriften des 4 KAGB (§ 295 Abs. 2 für den Vertrieb an professionelle Anleger und § 295 Abs. 3 für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger) ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission mit Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/69/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor. Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und –AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EU-Kommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten. Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des Vertriebs mit Drittstaatenbezug sind mithin in der Übergangsphase in den §§ 321, 323, 330 oder 330a geregelt; das endgültige EU Passporting-Regime auch für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug richtet sich nach den §§ 321 bis 328 oder 330 a. § 326 gilt erst ab dem in dem delegierten Rechtsakt zu nennenden Drittstaatenstichtag. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt hinsichtlich des Vertriebs von EU-AIF § 330. II. Normentstehung und Grundlagen Nach der Begründung des Regierungsentwurfes zum KAGB geht die Vorschrift des 5 § 326 im Wesentlichen auf Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU zurück, der grundsätzlich die Bedingungen regelt für den in der EU mit einem Pass erfolgenden Vertrieb von Nicht-EUAIF, die von einem Nicht-EU-AIFM vertrieben werden. § 326 Abs. 1 setzt Art. 40 Abs. 1 und Abs. 2, Untersatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU, 6 um.2 Das bis Juli 2013 geltende InvG sah für den Vertrieb von Drittstaatenfonds noch kein Passsystem vor. So war ein Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen im Rahmen der §§ 135 ff. InvG lediglich möglich, sofern eine Vergleichbarkeit der ausländischen Investmentvermögensanteile mit deutschen Investmentvermögensanteilen vorlag. Andernfalls war lediglich eine Privatplatzierung möglich.3Ebenso wie in den §§ 322, 324 und 325 werden die semiprofessionellen Anleger4 durch diese Regelung den professionellen Anlegern gleichgestellt, so dass für beide Anlegergruppen die gleichen Zuverlässigkeitsvoraussetzungen gelten. Art. 40 Abs. 1 und Abs. 2 waren eine der umstrittensten Regelungen des europäi- 7 schen Gesetzgebungsverfahrens zum Vertrieb von AIF.5 Insbesondere das Europäische Parlament wollte die Möglichkeit der Kapitalanlage von EU-Anlegern in Nicht-EU-AIF Strukturen weitgehend beschränken bzw. verbieten. Es nahm dabei die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Investitionsbeschränkung, also die Gefahr einer Spaltung der Finanzmärkte in einen EU- und einen Nicht-EU-Markt, in Kauf.6 Nicht zuletzt aufgrund des politischen Drucks von US-amerikanischer Seite ist diese Beschränkung jedoch nicht in die finale Fassung der AIFM-Richtlinie aufgenommen worden, sondern der Grundsatz der Gleichbehandlung von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und ausländischer AIF-Verwaltungsgesellschaft verankert worden.

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1 Zum Vertrieb mit Drittstaatenbezug allgemein s. Wallach RdF 2013 92 (101); Klebeck/Meyer RdF 2012 95; Emde/Dreibus BKR 2013 89 (99). 2 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 326. 3 Moritz/Klebeck/Jesch/Patzner/Keunecke/Schwank KAGB, § 326 Rn. 5. 4 Bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU, an die nur gemäß dieser Richtlinie verwaltete AIF vertrieben werden dürfen. 5 So auch Wallach RdF 2011 80 (86); Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (96); Dornseifer/Jesch/Klebeck/ Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 1. 6 Siehe Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 5.

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§ 326

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Der Gedanke der Vertriebsbeschränkung von Nicht-EU-AIF ist jedoch nicht ganz fallen gelassen worden. So heißt es im Erwägungsgrund 92 der AIFM-Richtlinie: „Die Kommission ist aufgefordert, die einschlägigen Bestimmungen in Bezug auf professionelle Anleger zu überprüfen, um über die Notwendigkeit strengerer Anforderungen für die Sorgfaltsprüfung (Due-Diligence-Verfahren) zu befinden, die von professionellen Anlegern der Union eingehalten werden müssen, die aus eigener Initiative in Finanzprodukte von außerhalb der EU, wie beispielsweise Nicht-EU-AIF, investieren.“ Einzelne Definitionsmerkmale des § 326 sind daher im Lichte dieser Erwägung auszulegen. B. Tatbestand B. Tatbestand

9

Die Regelung des § 326 sieht für den Vertrieb von ausländischen AIF durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, eine Vertriebsanzeige in entsprechender Anwendung des § 321 Abs. 1 Satz 2 vor. Ferner bestehen Meldepflichten gegenüber der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde bei Beginn, Änderungen oder Beendigung des Vertriebs. I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1)

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Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien von ausländischen AIF (s. Rn. 12) an semiprofessionelle oder professionelle Anleger (s. Rn. 13–18) im Inland (s. Rn. 19–25) durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (s. Rn. 26–28), deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU ist (s. Rn. 29–32) ist, ist nur zulässig, wenn – die in § 322 Abs. 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind (s. Rn. 33–39). – – – – –

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1. Ausländischer AIF. Bei dem zu vertreibenden Investmentvermögen muss es sich um einen ausländischen AIF handeln. Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 9 ist ein ausländischer AIF ein AIF, der dem Recht eines Drittstaates unterliegt. Drittstaaten sind wiederum nach der Definition des § 1 Abs. 19 Nr. 5 alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Diese Definition entspricht dem inzwischen aufgehobenen § 2 Absatz 12 InvG.

2. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger. § 325 setzt den Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger voraus. Der dem § 325 Abs. 1 zugrundeliegende Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU regelt den 13 Vertrieb von Anteilen an ausländischen AIF an professionelle Anleger. Der Vertrieb von ausländischen AIF an Kleinanleger wird von der Richtlinie gar nicht reguliert. Die Regulierung der Kleinanleger obliegt vielmehr auch unter dem Regime der Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten und ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden. So präzisiert (einzig) Art. 43 der Richtlinie, dass es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber freisteht, den Vertrieb von AIF an Kleinanleger in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten und einen solchen Vertrieb entsprechend Auflagen zu unterwerfen, die strenger sind als die Auflagen für AIF, die in ihrem Hoheitsgebiet an professionelle Anleger vertrieben werden. Der deutsche Gesetzgeber hat hieraus den Schluss gezogen, dass es sich bei den Vorgaben der

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B. Tatbestand

§ 326

Richtlinie an den Vertrieb an professionelle Anleger um eine Art Mindeststandard handelt.7 Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst mit dem Regierungsentwurf in das Gesetzgebungsverfahren zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID II zu hoch seien.8 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Ein semiprofessioneller Anleger hingegen ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2014/65/EU genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ist ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger zu qualifizieren ist, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren. Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem professionellen Anleger gleich.9

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3. Vertrieb im Inland. § 326 setzt den Vertrieb der AIF-Anteile im Inland voraus. 18 Nach der Definition in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte

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7 Vgl. Gesetzesbegründung Allgemeiner Teil, Abschnitt A. I. Ziffer 8. S. 357 – „Für die Anzeigeverfahren beim Vertrieb von AIF an Privatanleger wird als Mindeststandard auf die Vorschriften der AIFM-RL zurückgegriffen. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten werden für den Vertrieb jedoch strengere Regeln aufgestellt“. Diesem Ansatz scheinen jedoch diverse andere Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Großbritannien, nicht zu folgen. 8 Siehe auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33. 9 Siehe Volhard/Jang DB 2013 273 (274); Kommentierung zu Art. § 1 Abs. 19 Nr. 33. Siehe ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. c.

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§ 326

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.10 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen“. Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.11 19 Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebes sind nach Satz 2 des § 293 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse, die Nennung der Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, die Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder die regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht § 293 Abs. 1 Satz 3 der 20 Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber dieser Anlegergruppe nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppe der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der Richtlinien-Definition in Art. 4 Abs. 1 lit. x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“. Hieraus („oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. 21 Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum, fallen. Für das „Platzieren“ fordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das Wort „Vertrieb“ impliziere einen auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“).

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Vgl. auch Kommentierung zum § 293. Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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B. Tatbestand

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Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt 22 die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investment nicht angebotsreif sind. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb auch nicht die Veräußerung eigener An- 23 teile oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolgt, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von 24 Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliegt, wenn einem Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 1 Nr. 6 (= nach denen kein Vertrieb vorliegt, wenn gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder regelmäßige Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern erfüllt werden). 4. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Bei der vertreibenden Verwal- 25 tungsgesellschaft muss es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handeln. Nach § 1 Abs. 18 sind ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Nach der Gesetzesbegründung sind ausländische Verwaltungsgesellschaften der Oberbegriff für externe als auch interne Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten und ihren Sitz in einem Drittstaat haben.12 Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.13 Im Hinblick auf die Anforderungen an eine (ausländische) AIF-Verwaltungsgesell- 26 schaft im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU ist wiederum auf Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie zu blicken. Diese Vorschrift adressiert eine ordnungsgemäß nach Art. 37 der Richtlinie zugelassene ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, welche Anteile eines ausländischen AIF, den sie verwaltet, an professionelle Anleger in der Europäischen Union mit einem Europäischen Pass vertreiben möchte.14 Nach Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie müssen ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen, EU-AIF oder von ihnen verwaltete ausländische AIF gemäß Art. 39 oder Art. 40 der Richtlinie in der EU zu vertreiben, eine vorherige Genehmigung der zuständigen Behörden ihres Referenzmitgliedstaates einholen.15 Nach der Definition des Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EU-AIFM (– in den Begriff- 27 lichkeiten des KAGB eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft –) ein AIFM, der kein EU-AIFM ist (– in den Begrifflichkeiten des KAGB eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft –). Damit erfolgt die Definition im Umkehrschluss zur EU-AIF-Verwaltungsgesell-

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12 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 18 S. 370. 13 Diese Definition entspricht der Definition im aufgehobenem § 2 Abs. 12 InvG; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 19 Nr. 5 S. 370. 14 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 9. 15 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 49.

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§ 326

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

schaft. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. l ist eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine AIF-Verwaltungsgesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz16 in einem Mitgliedstaat. 5. Referenzmitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU. Referenzmitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft muss die Bundesrepublik Deutschland sein. Dies ist der Fall, wenn sie gemäß dem in Art. 37 Abs. 4 lit. a der Richtlinie 2011/61/EU genannten Kriterien Referenzmitgliedstaat sein kann und kein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als Referenzstaat in Betracht kommt oder wenn sie nach den kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 37 Abs. 4b–h als Referenzmitgliedstaat festgelegt worden ist. Nach Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU soll die effektive Aufsicht über auslän29 dische AIF-Verwaltungsgesellschaften sichergestellt werden, in dem diese der zuständigen Behörde des Referenzmitgliedstaates übertragen wird. Die Bestimmung des Referenzmitgliedstaates ist einfach, wenn der AIF, den die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet, seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und diesen nicht innerhalb der EU, sondern nur im Sitzstaat vertreibt. Hingegen sind die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 37 Abs. 4 lit. b bis h heranzuziehen, wenn die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt, eine oder mehrere EU-AIF mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten zu verwalten oder einen oder mehreren EU-AIF bzw. Nicht-EU-AIF in verschiedenen Mitgliedstaaten zu vertreiben.17 Die kollisionsrechtlichen Bestimmungen sollen sowohl einen positiven wie einen 30 negativen Kompetenzkonflikt vermeiden, d.h. verhindern, dass entweder kein Mitgliedstaat für die Beaufsichtigung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zuständig ist oder mehrere Mitgliedstaaten um die Beaufsichtigung konkurrieren. Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU stellt dabei sicher, dass der Referenzmitgliedstaat ausschließlich nach objektiven Kriterien bestimmt wird. Maßstab ist der engste sachliche Zusammenhang zwischen einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft und einem Mitgliedstaat.18 Anknüpfungspunkte für den sachlichen Zusammenhang können sich zum Beispiel aus dem Sitz eines von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten EU-AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat oder dem Vertrieb eines EU-AIF oder Nicht-EU-AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat ergeben.19 Trotz des Versuchs, durch die umfangreiche Einzelfallaufzählung in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU den Referenzmitgliedstaat zu identifizieren, wird dieser nicht immer eindeutig bestimmbar sein. Für derartige Fälle sieht Art. 37 Abs. 4 Unterabsatz 2 vor, dass die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft bei den zuständigen Aufsichtsbehörden sämtlicher möglicher Referenzmitgliedstaaten beantragen muss, sich untereinander über die Festlegung eines Referenzmitgliedstaates zu einigen. Anders als § 325 Abs. 1 und § 326 Abs. 2 nimmt § 326 Abs. 1 für die Bestimmung der 31 Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat nur Bezug auf die europäische Norm des Art. 37 der Richtlinie 2011/61/EU, nicht aber auf deren Umsetzung in deutsches 28

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16 Zur Frage der Relevanz der Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung vgl. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/ Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 14 ff. mit weiteren Nachweisen. 17 Ausführlich zu den einzelnen Konstellationen: Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 189 ff. 18 Vgl. zum sachlichen Zusammenhang Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 188. 19 Siehe Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1448); ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/ Frick AIFM, Art. 37 Rn. 201.

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B. Tatbestand

§ 326

Recht in §§ 56 ff. Dies erscheint umso erstaunlicher, als der deutsche Gesetzgeber um eine 1 : 1-Umsetzung der AIFM Richtlinie bemüht ist und der Regelungsgehalt der §§ 56, 58 weitestgehend dem des Art. 37 Abs. 4 entspricht. 6. Voraussetzungen des § 322 Abs. 1. Zulässig ist der Vertrieb nach § 326 nur, wenn auch die Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 erfüllt sind. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 obliegt wiederum der zuständigen Stelle des europäischen Referenzmitgliedstaates der ausländischen Verwaltungsgesellschaft. Sollte die Bundesanstalt jedoch mit dem Prüfungsergebnis der zuständigen Stelle des Referenzmitgliedstaates in Bezug auf die Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 Nr. 1 und 2 nicht einverstanden sein, kann die Bundesanstalt (nach Maßgabe des Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010) die ESMA um Hilfe ersuchen. § 322 Abs. 1 regelt die Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF und von Anteilen oder Aktien an EU-Feeder-AIF oder inländischen Spezial-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger. Ausweislich der Gesetzesbegründung setzt § 322 Abs. 1 den Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Der Gesetzesgeber versteht die Richtlinie so, dass auch der Vertrieb von Anteilen an EU-Feeder-AIF bzw. inländischen Spezial-FeederAIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger im Inland nur zulässig sein soll, wenn die Voraussetzungen von Absatz 1 in Bezug auf den Master-AIF erfüllt sind. Wenn in dieser Vorschrift auf einen „ausländischen AIF“ Bezug genommen wird, falle darunter auch ein etwaiger ausländischer Master-AIF.20 Wenngleich es sich bei der Vorschrift des § 322 um einen Vertrieb durch eine AIFKapitalverwaltungsgesellschaft handelt, ist dieser Paragraph ebenfalls nicht unmittelbar mit Inkrafttreten des KAGB anwendbar, sondern Bestandteil des künftigen endgültigen Vertriebs-Regimes nach Erlass des erforderlichen europäischen delegierten Rechtsaktes. Die in § 322 Abs. 1 aufgeführten Voraussetzungen21 1. bis 3. finden sich dem Grunde nach sowohl in der Regelung des Art. 40 als auch des Art. 35 der Richtlinie wieder. Diese Voraussetzungen sind namentlich: (1) Das Vorliegen einer geeigneten Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den Aufsichtsbehörden des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, um so einen effizienten Informationsaustausch zu gewährleisten, welcher wiederum der Bundesanstalt die Wahrnehmung ihrer Pflichten unter der Richtlinie ermöglicht;22 (2) das Fehlen des maßgeblichen Drittstaates auf der Liste der nicht kooperierenden Länder und Gebiete, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde; (3) die Unterzeichnung einer Vereinbarung durch den maßgeblichen Drittstaat mit der Bundesrepublik Deutschland, die den Normen des Art. 26 des OECD-

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20 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 322 Abs. 1 S. 528 f. 21 Siehe im Einzelnen die Kommentierung zu § 322 Abs. 1. 22 Siehe auch „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014.

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Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gewährleistet. Die Regelung in Nummer 4 von § 322 Abs. 1 trägt ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung, dass § 55 Abs. 1 Nr. 1 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften in Bezug auf die Verwaltung von ausländischen AIF, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht vertrieben werden, von der Einhaltung der §§ 67 und 80 bis 90 befreit. Hiernach stelle Nummer 4 klar, dass diese Ausnahme dann nicht mehr greift, wenn der AIF in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vertrieben werden soll. Bei den oben genannten Voraussetzungen handelt es sich somit um weitere dritt37 staatenbezogene Bedingungen. Ist der ausländische AIF in einem anderen Drittstaat als die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ansässig, muss auch dieser Drittstaat die oben genannten drittstaatenbezogenen Voraussetzungen erfüllen.23 38 Ist die Bundesanstalt mit der Bewertung der drittstaatenbezogenen Voraussetzungen nach Nummer 1 und 2 durch die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates nicht einverstanden, kann die Bundesanstalt die ESMA nach Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. Diese kann sodann ein entsprechendes Schlichtungsverfahren durchführen.24 II. Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2) Ist der Vertrieb nach Absatz 1 grundsätzlich zulässig, hat die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft dies der Bundesanstalt anzuzeigen. Voraussetzung ist dabei, dass die Bundesrepublik Deutschland Referenzmitglied der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft gemäß § 56 ist und sie von der Bundesanstalt eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat.25 Anders als in Absatz 1 ist dieser Verweis auf den Referenzstaat und dessen Erlaubnis rechtssystematisch überzeugend, da hierdurch Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU konsequent umgesetzt wird. 40 Absatz 2 Satz 2 verweist für das Anzeigeschreiben auf § 321 Abs. 1 Satz 1, der die Angaben und Unterlagen, die das Anzeigeschreiben an die Bundesanstalt enthalten muss, aufzählt.26 Satz 2 stellt darüber hinaus klar, dass in § 321 für die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften getroffenen Regelungen auch für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften gelten. 39

III. Vertriebsbeginn (Abs. 3) 41

§ 326 Abs. 3 verweist für das Prüfverfahren der Bundesanstalt und die Fristen bis zum Vertriebsbeginn auf § 322 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 und 2 und Abs. 5 und stellt zudem auch für den Vertriebsbeginn klar, dass die dort für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften getroffenen Regelungen auch für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften gelten.

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23 So auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 27 f.; Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (97 ff.). 24 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 29 mit weiteren Nachweisen. 25 Siehe zu §§ 56, 58 ausführlich § 325 Rn. 17 ff. bzw. 21 ff. 26 Siehe hierzu im Einzelnen § 321.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 327

§ 322 Abs. 3 verweist wiederum auf § 321 Abs. 2, der die vollständige Prüfung der übermittelten Angaben und Unterlagen durch die Bundesanstalt regelt. Dieser basiert auf § 129 Abs. 2 des aufgehobenen Investmentgesetzes, da die Richtlinie 2011/61/EU ebenso wie die Richtlinie 2009/65/EG keine Regelungen enthält, wie mit unvollständigen Anzeigen umgegangen werden soll. Dabei soll die Ausschlussfrist von sechs Monaten ebenso wie in § 129 Abs. 2 des aufgehobenen Investmentgesetzes verhindern, dass eine unvollständige Anzeige nach Ablauf von sechs Monaten noch vervollständigt werden kann, da dann regelmäßig die Gefahr besteht, dass die bereits eingereichten Unterlagen veraltet sind. § 322 Abs. 4 Satz 1 und 2 verweisen auf § 321 Abs. 3 Satz 1 bis 4 und 6 und legen damit fest, dass nach Ablauf der Frist von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Unterlagen die Bundesanstalt sowohl der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft als auch der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde mitteilt, dass diese mit dem Vertrieb beginnen kann.27 § 322 Abs. 5 Satz 1 betrifft das Verfahren bei wesentlichen Änderungen der übermittelten Unterlagen. Der weiterführende Verweis auf § 321 Abs. 4 Satz 2 bis 5 enthält Details zum Verfahren, wenn die Änderungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die Richtlinie 2011/61/EU verstoßen und die daran geknüpften Sanktionsmöglichkeiten der Bundesanstalt. In § 322 Abs. 5 Satz 2 sind die Unterrichtungspflichten bei zulässigen Änderungen dargestellt. https://doi.org/10.1515/9783110492217-114

§ 327 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 327 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Izzo-Wagner/Baas Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

(1) 1Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als die Bundesrepublik Deutschland ist, im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anteile oder Aktien an EU-AIF oder inländische Spezial-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben, so prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Folgendes übermittelt hat: 1. eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie und 2. ein Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF jeweils in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache. 2Für den Inhalt des Anzeigeschreibens einschließlich der erforderlichen Dokumentation und Angaben gilt § 321 Absatz 1 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesell-

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Siehe § 325 Rn. 41.

861 https://doi.org/10.1515/9783110492217-114

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§ 327

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schaft“ heißen muss, die Vorkehrungen zum Vertrieb des angezeigten AIF angegeben sein müssen und die Bundesrepublik Deutschland als Staat genannt sein muss, in dem Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. (2) 1Der Vertrieb kann aufgenommen werden, wenn die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ihres Referenzmitgliedstaates über die Übermittlung nach Absatz 1 unterrichtet wurde. 2§ 323 Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 325.

Gesetzesmaterialien Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-Kraft-Treten) | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 5 Tatbestand | 9 I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1) | 10 1. Ausländische AIF- Verwaltungsgesellschaft | 11 2. Referenzmitgliedstaat, der nicht die Bundesrepublik Deutschland ist | 14

3.

II.

EU-AIF oder inländischer Spezial-AIF | 17 4. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger | 18 5. Vertrieb im Inland | 24 6. Vertriebsanzeigeprüfung | 31 Vertriebsbeginn (Abs. 2) | 34

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Regelung des § 327 stellt die Voraussetzungen und Pflichten einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen Spezial-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland dar und ist Teil des Drittstaaten-Vertriebspasses. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit (In-Kraft-Treten)

2

Im Rahmen der Vertriebsregelungen der §§ 293 ff. im Kapitel 4 des KAGB beschäftigen sich die §§ 321 ff. mit dem Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiproIzzo-Wagner/Baas

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A. Allgemeines

§ 327

fessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Die verschiedenen Vertriebsanzeigen der §§ 321 bis 330a werden danach differenziert, ob der Vertrieb durch eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine AIF-Verwaltungsgesellschaft durchgeführt werden soll. Innerhalb der Vorschriften der §§ 325 bis 328 und 330, die die ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften regulieren, ist weiter danach zu differenzieren, ob (1) die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft die Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat hat oder nicht und (2) ob inländische und/oder EU-AIF oder ausländische AIF vertrieben werden sollen. In zeitlicher Hinsicht sieht das KAGB teilweise eine sofortige und teilweise eine spä- 3 tere Anwendbarkeit der Vertriebsanzeige-Vorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatenbezuges vor. Ein solcher Drittstaatenbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten-AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug1 sehen die maßgeblichen Vorschriften des 4 KAGB (§ 295 Abs. 2 für den Vertrieb an professionelle Anleger und § 295 Abs. 3 für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger) ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission mit Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/69/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor. Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und -AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EU-Kommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten. Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des Vertriebs mit Drittstaatenbezug sind mithin in der Übergangsphase in den §§ 321, 323, 330 oder 330a geregelt; das endgültige EU Passporting-Regime auch für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug richtet sich nach den §§ 321 bis 328 oder 330a. § 327 gilt erst ab dem in dem delegierten Rechtsakt zu nennenden Drittstaatenstichtag. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt hinsichtlich des Vertriebs von EU-AIF § 330, wobei zu beachten ist, dass dieser nicht den Vertrieb von inländischen Spezial-AIF durch ausländische AIFVerwaltungsgesellschaften erfasst. II. Normentstehung und Grundlagen Nach der Begründung des Regierungsentwurfs dient § 327 Abs. 1 Satz 1 der Umset- 5 zung von Art. 39 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 8 der Richtlinie 2011/61/EU. Das bis Juli 2013 geltende InvG sah für den Vertrieb von Drittstaatenfonds noch kein Passsystem vor. So war ein Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen im Rahmen der §§ 135 ff. InvG lediglich möglich, sofern eine Vergleichbarkeit der ausländischen Investmentvermögensanteile mit deutschen Investmentvermögensanteilen vorlag. Andernfalls war lediglich eine Privatplatzierung möglich.2 Art. 39 der Richtlinie 2011/61/EU schreibt ein Anzeigeverfahren für alle EU-AIF vor, die von einem Nicht-EU-AIFM in einem anderen Staat als seinem Referenzmitgliedstaat an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. Da Art. 39 der Richtlinie 2011/61/EU

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1 Zum Vertrieb mit Drittstaatenbezug allgemein s. Wallach RdF 2013 92 (101); Klebeck/Meyer RdF 2012 95; Emde/Dreibus BKR 2013 89 (99). 2 Moritz/Klebeck/Jesch/Patzner/Keunecke/Schwank KAGB, § 327 Rn. 5.

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§ 327

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

keine Ausnahme für EU-AIF vorsieht, die im Aufnahmestaat des Nicht-EU-AIFM aufgelegt wurden, besteht eine Anzeigepflicht von ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften auch beim beabsichtigten Vertrieb von inländischen Spezial-AIF an professionelle Anleger im Inland.3 Absatz 1 Satz 2 setzt Art. 39 Abs. 4 Unterabsatz 2 und Anhang IV der Richtli6 nie 2011/61/EU um. Zudem werden die semiprofessionellen Anleger durch diese Regelung den professionellen Anlegern gleichgestellt.4 Absatz 2 Satz 1 setzt Art. 39 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um.5 7 Absatz 2 Satz 2 setzt Art. 39 Abs. 7 der Richtlinie 2011/61/EU über den Verweis auf 8 § 323 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 um. Ist die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ihres Referenzmitgliedstaats über die Übermittlung ihrer Anzeige für den beabsichtigten Vertrieb eines EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF zum Vertrieb an professionelle Anleger unterrichtet worden, darf die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft die betreffenden AIF auch an semiprofessionelle Anleger vertreiben. Die semiprofessionellen Anleger werden im Inland somit den professionellen Anlegern gleichgestellt. Dies ist richtlinienkonform, da eine Voraussetzung für den Vertrieb nach § 327 ist, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU, an die nur gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltete AIF vertrieben werden dürfen.6 B. Tatbestand B. Tatbestand 9

Die Regelung des § 327 sieht für den Vertrieb von EU-AIF oder inländischen SpezialAIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Inland durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik ist, eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Stelle des Referenzmitgliedstaats sowie Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF in analoger Anwendung des § 321 Abs. 1 Satz 2 vor. I. Voraussetzungen für den Vertrieb (Abs. 1)

10 – – – – –

Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien eines EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF (s. Rn. 18), durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (s. Rn. 12–14), deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist (s. Rn. 15–17), an semiprofessionelle oder professionelle Anleger (s. Rn. 19–24), im Inland (s. Rn. 25–31),

ist nur zulässig, wenn – die Bundesanstalt die von der zuständigen Stelle des Referenzmitgliedstaates übermittelten Unterlagen geprüft hat und für jeden AIF ein Anzeigeschreiben in entsprechender Anwendung des § 321 Abs. 1 Satz 2 vorliegt (s. Rn. 32–34).

_____ 3 4 5 6

Vgl. Gesetzesbegründung § 327 Abs. 1 Satz 1. Vgl. Gesetzesbegründung § 327 Abs. 1 Satz 2. Vgl. Gesetzesbegründung § 327 Abs. 2 Satz 1. Vgl. Gesetzesbegründung § 327 Abs. 2 Satz 2.

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B. Tatbestand

§ 327

1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Bei der vertreibenden Verwal- 11 tungsgesellschaft muss es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handeln. Nach § 1 Abs. 18 sind ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Nach der Gesetzesbegründung sind ausländische Verwaltungsgesellschaften der Oberbegriff für externe als auch interne Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten und ihren Sitz in einem Drittstaat haben.7 Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.8 Im Hinblick auf die Anforderungen an eine (ausländische) AIF-Verwaltungsgesell- 12 schaft im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU ist wiederum auf Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie zu blicken. Diese Vorschrift adressiert eine ordnungsgemäß nach Art. 37 der Richtlinie zugelassene ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, welche Anteile eines ausländischen AIF, den sie verwaltet, an professionelle Anleger in der Europäischen Union mit einem Europäischen Pass vertreiben möchte.9 Nach Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie müssen ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen EU-AIF oder von ihnen verwaltete ausländische AIF gemäß Art. 39 oder Art. 40 der Richtlinie in der EU zu vertreiben, eine vorherige Genehmigung der zuständigen Behörden ihres Referenzmitgliedstaates einholen.10 Nach der Definition des Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EU-AIFM (– in den Begriff- 13 lichkeiten des KAGB eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft –) ein AIFM, der kein EU-AIFM ist (– in den Begrifflichkeiten des KAGB eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft –). Damit erfolgt die Definition im Umkehrschluss zur EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. l ist eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine AIF-Verwaltungsgesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz11 in einem Mitgliedstaat. 2. Referenzmitgliedstaat, der nicht die Bundesrepublik Deutschland ist. § 327 14 Abs. 1 Satz 1 setzt voraus, dass der Referenzmitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und nicht die Bundesrepublik Deutschland ist. Verfahrensrechtlich verbirgt sich hinter der Bestimmung des Referenzmitgliedstaates 15 eine Zulassung als ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Der Zulassungsantrag ist bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Referenzmitgliedstaates zu stellen. Im Kern handelt es sich hierbei um eine EU-weit geltende Zulassung, die allerdings von einer nationalen Zulassung oder einer Bewilligung im Drittstaat zu unterscheiden ist.12 Nach der Absicht des europäischen Gesetzgebers soll die Benennung eines Referenzmitgliedstaates in der EU eine effektive Aufsicht über die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und ihrer Aktivitäten in der Europäischen Union gewährleisten.13 Der Referenzmitglied-

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7 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 18 S. 370. 8 Diese Definition entspricht der Definition im aufzuhebenden § 2 Abs. 12 InvG; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 19 Nr. 5 S. 370. 9 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 9. 10 Vgl. auch Rn. 9. 11 Zur Frage der Relevanz der Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung vgl. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 14 ff. mit weiteren Nachweisen. 12 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 184. 13 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 185; Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (96 ff.); Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1447).

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

staat ist in der Folge auch der Staat, in welchem die ausländische Verwaltungsgesellschaft alle Anforderungen der Richtlinie erfüllen muss; allerdings mit Ausnahme des Kapitels VI.14 Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie enthält auch eine kollisionsrechtliche Bestimmung, wel16 che einem bestimmten EU-Mitgliedstaat die Aufsichtskompetenz zuweist. Hierdurch soll sowohl ein negativer als auch ein positiver Kompetenzkonflikt vermieden werden, mithin dass sich entweder kein Mitgliedstaat oder mehrere Mitgliedstaaten als kompetent in Bezug auf die Beaufsichtigung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft ansehen. Die Bestimmung des Referenzmitgliedstaates erfolgt im Grundsatz nach objektiven Kriterien, und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft hat diesbezüglich kein Wahlrecht. Entscheidendes Kriterium dieser Bestimmung soll der engste sachliche Zusammenhang zwischen der Verwaltungsgesellschaft und einem Mitgliedstaat sein. Ein solcher engster Zusammenhang kann wiederum z.B. durch den Sitz der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft oder durch den von ihr in einem bestimmten Mitgliedstaat erfolgenden Vertrieb hergestellt werden.15 Sollten aufgrund der in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie genannten Kriterien und der tatsächlichen Vertriebsstruktur und Ansässigkeit mehrere Referenzmitgliedstaaten in Betracht kommen, sieht Unterabsatz 2 der Regelung vor, dass die Verwaltungsgesellschaft bei sämtlichen in Betracht kommenden Referenzmitgliedstaaten einen Antrag auf Einigung zur Festlegung eines Referenzmitgliedstaates stellen muss. Der auf diesem Wege festgelegte Referenzmitgliedstaat informiert sodann die Verwaltungsgesellschaft unverzüglich über diese Festlegung.16 17

3. EU-AIF oder inländischer Spezial-AIF. Bei dem zu vertreibenden Investmentvermögen muss es sich um einen EU-AIF oder einen inländischen Spezial-AIF handeln. Die Definition des EU-AIF findet sich in § 1 Abs. 8, wonach dies Investmentvermögen sind, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen. Bei Spezial-AIF handelt es sich um AIF, deren Anteile aufgrund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschaft oder aufgrund der konstituierenden Dokumente des AIF nur erworben werden dürfen von professionellen Anlegern im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 3217 oder von semiprofessionellen Anlegern im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 33.18 Inländisch sind solche Investmentvermögen nach § 1 Abs. 7, wenn sie dem inländischen Recht unterliegen.

4. Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger. § 327 setzt den Vertrieb an semiprofessionelle oder professionelle Anleger voraus. 19 Der dem § 327 Abs. 1 zugrundeliegende Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU regelt den Vertrieb von Anteilen an ausländischen AIF an professionelle Anleger. Der Vertrieb von ausländischen AIF an Kleinanleger wird von der Richtlinie gar nicht reguliert. Die Regulierung der Kleinanleger obliegt vielmehr auch unter dem Regime der Richtlinie den ein-

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14 Vgl. auch Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1447); Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 186. 15 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 187 f.; bzw. siehe auch die in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie aufgeführten Kriterien und Einzelfälle. 16 Vgl. hierzu auch die Konkretisierungen in der „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates.“ 17 Vgl. Rn. 22. 18 Vgl. Rn. 21.

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B. Tatbestand

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zelnen Mitgliedstaaten und ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden. So präzisiert (einzig) Art. 43 der Richtlinie, dass es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber freisteht, den Vertrieb von AIF an Kleinanleger in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten und einen solchen Vertrieb entsprechend Auflagen zu unterwerfen, die strenger sind als die Auflagen für AIF, die in ihrem Hoheitsgebiet an professionelle Anleger vertrieben werden. Der deutsche Gesetzgeber hat hieraus den Schluss gezogen, dass es sich bei den Vorgaben der Richtlinie an den Vertrieb an professionelle Anleger um eine Art Mindeststandard handelt.19 Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst mit dem Regierungs- 20 entwurf in das Gesetzgebungsverfahren zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID II zu hoch seien.20 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die 21 im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Ein semiprofessioneller Anleger hingegen ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 22 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2014/65/EU genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ist ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger zu qualifizieren ist, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren.

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19 Vgl. Gesetzesbegründung Allgemeiner Teil, Abschnitt A. I. Ziffer 8. S. 357 – „Für die Anzeigeverfahren beim Vertrieb von AIF an Privatanleger wird als Mindeststandard auf die Vorschriften der AIFM-RL zurückgegriffen. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten werden für den Vertrieb jedoch strengere Regeln aufgestellt.“ Diesem Ansatz scheinen jedoch diverse andere Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Großbritannien nicht zu folgen. 20 Siehe auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33.

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§ 327

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem professionellen Anleger gleich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Spezial-AIF und EU-AIF.21

5. Vertrieb im Inland. § 327 setzt den Vertrieb der AIF-Anteile im Inland voraus. Nach der Definition in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.22 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen.“ Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.23 Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebes sind nach Satz 2 des § 293 25 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse, die Nennung der Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, die Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder die regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht § 293 Abs. 1 Satz 3 der 26 Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber dieser Anlegergruppe nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppe der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der Richtlinien-Definition in Art. 4 Abs. 1 lit. x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union.“ Hieraus („oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. 27 Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung der „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum, fallen. Für das „Platzieren“ fordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das

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21 Siehe Volhard/Jang DB 2013 273 (274); siehe auch Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33; s. ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. c. 22 Vgl. auch Kommentierung zu § 293. 23 Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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B. Tatbestand

§ 327

Wort „Vertrieb“ impliziere eine auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“). Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt 28 die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investment nicht angebotsreif ist. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb auch nicht die Veräußerung eigener An- 29 teile oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolgt, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von 30 Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliegt, wenn einem Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 2 Nr. 6 (wonach nicht als Vertrieb anzusehen sind: gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und die ausschließliche Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern). 6. Vertriebsanzeigeprüfung. Bei der Einreichung der Vertriebsanzeige der auslän- 31 dischen AIF-Verwaltungsgesellschaft prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaats (1) eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie sowie (2) ein Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF übermittelt hat. Die Unterlagen sind in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache zu übermitteln. Für den Inhalt des Anzeigeschreibens ist § 321 Abs. 1 Satz 2 entsprechend anzuwen- 32 den mit der Maßgabe, dass ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften wie AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, also bei Kapitalverwaltungsgesellschaften nach § 17 KAGB, die ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben, zu behandeln sind. Im Einzelnen muss die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft damit vorlegen 33 (1) den Geschäftsplan, (2) die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF, (3) den Namen der Verwahrstelle, (4) eine Beschreibung des angezeigten AIF, (5) ggf. Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft, (6) alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF sowie (7) Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger. II. Vertriebsbeginn (Abs. 2) Sobald die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ih- 34 res Referenzmitgliedstaats über die Übermittlung der Unterlagen nach Absatz 2 unterrichtet wurde, kann sie mit dem Vertrieb beginnen. 869

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§ 328

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 327 Abs. 2 Satz 2 verweist auf die entsprechende Anwendung des § 323 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3. § 323 Abs. 2 Satz 3 regelt die Prüfung der Bundesanstalt, ob geeignete oder zulässige Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebs an Privatanleger getroffen wurden.24 § 323 Abs. 3 regelt wiederum den Umgang der Bundesanstalt mit möglichen Änderungen dieser getroffenen Vorkehrungen. https://doi.org/10.1515/9783110492217-115

§ 328 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, beim beabsichtigten Vertrieb von ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 328 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Izzo-Wagner/Baas

(1) 1Ein Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, ist nur zulässig, wenn die in § 322 Absatz 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind. 2Ist die Bundesanstalt nicht mit der Beurteilung der in § 322 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen durch die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft einverstanden, kann die Bundesanstalt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. (2) 1Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anteile oder Aktien an ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Folgendes übermittelt hat: 1. eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie sowie 2. ein Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF jeweils in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache. 2§ 327 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) § 327 Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. Schrifttum Schrifttum Siehe Schrifttum zu § 325.

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24 Siehe hierzu auch die Ausführungen der Bundesanstalt unter Ziffer 1.5 in „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, bzw. unter Ziffer V. des „Merkblatts zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“ der Bundesanstalt vom 17. Juli 2013.

Izzo-Wagner/Baas https://doi.org/10.1515/9783110492217-115

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A. Allgemeines

§ 328

Gesetzesmaterialien Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 7 Tatbestand | 13 I. Anwendungsbereich (Abs. 1) | 16 1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 18 2. Referenzmitgliedstaat, der nicht die Bundesrepublik Deutschland ist | 21

Ausländischer AIF | 24 Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger | 26 5. Vertrieb im Inland | 32 6. Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 | 39 Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2) | 47 Vertriebsbeginn (Abs. 3) | 52 3. 4.

II. III.

A. Allgemeines A. Allgemeines Die Vorschrift des § 328 stellt die Voraussetzungen und Pflichten beim Vertrieb von 1 Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, im Inland (= Deutschland) dar. Die Vorschrift ist somit Teil des Drittstaaten-Vertriebspasssystems des KAGB. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit Die Vorschrift des § 328 ist Bestandteil des Kapitel 4 des KAGB, welches die allge- 2 meinen Bestimmungen betreffend den Vertrieb von Fondsanteilen regelt. Der Abschnitt 3 Unterabschnitt 2, in welchem § 328 genau angesiedelt ist, beschäftigt sich wiederum mit den Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Innerhalb dieses Unterabschnitts 2 (§§ 321 bis 330a) sind die verschiedenen Vertriebsanzeigen für den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger danach zu differenzieren, ob der Vertrieb durch eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgen soll. Innerhalb der die ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften regulierenden Vorschriften der §§ 325, 326, 327, 328 und 330 ist weiter danach zu differenzieren, ob (1) die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft die Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat hat oder nicht und (2) inländische und/oder EU-AIF oder ausländische AIF vertrieben werden sollen. Dieser Differenzierung (teilweise) folgend sieht das KAGB auch im Hinblick auf die 3 zeitliche Anwendbarkeit ab Inkrafttreten des KAGB teilweise eine sofortige und teilweise 871

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§ 328

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

eine in zeitlicher Hinsicht gestreckte Anwendbarkeit der Vertriebsanzeige-Vorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatenbezuges vor. Ein solcher Drittstaatenbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EU-AIFVerwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten-AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. 4 Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug (an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland) sehen die maßgeblichen Vorschriften des KAGB nunmehr ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor (vgl. § 295 Abs. 2 und 3 KAGB i.V.m. Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU). Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und –AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EU-Kommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten.1 Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Das Regime, welches nach diesem Rechtsakt für einen Vertrieb mit Drittstaatenbezug gelten wird, wird dann das zwingende Regime des EU-Passportes sein. Der deutsche Gesetzgeber ist damit über die Vorgaben der Richtlinie 2011/61/EU 5 hinaus gegangen, welche die Möglichkeit vorsieht, dass nationale Vertriebsregeln bis 2018 neben dem EU-Passport-Regime parallel bestehen bleiben.2 Nach der oben dargelegten Systematik bzw. der Regelung des § 295 Abs. 2 und 3 un6 terfällt die Vorschrift des § 328 dem künftigen endgültigen Regime und ist damit vorerst nicht anwendbar.3 II. Normentstehung und Grundlagen Nach der Begründung des Regierungsentwurfs des KAGB geht die Vorschrift des § 328 im Wesentlichen auf die diesbezüglich maßgeblichen Regelungen des Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU zurück. § 328 Abs. 1 Satz 1 setzt Art. 40 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/ 8 EU um.4 § 328 Abs. 1 Satz 2 setzt wiederum Art. 40 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um.5 Zudem werden die semiprofessionellen Anleger6 durch diese Regelung den professionellen Anlegern gleichgestellt, so dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für beide Anlegergruppen die gleichen sind. 7

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1 ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application of the AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs, ESMA/2016/1140 v. 12. September 2016. 2 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 2 S. 511: „Von der in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit, während einer zwischen diesen Zeitpunkten liegenden Übergangsfrist alle Verfahren parallel zuzulassen, wird kein Gebraucht gemacht.“ 3 Vgl. auch „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13.7.2016. 4 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 1 Satz 1 S. 511. 5 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 1 Satz 2 S. 511. 6 Bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU, an die nur gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltete AIF vertrieben werden dürfen.

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B. Tatbestand

§ 328

§ 328 Abs. 2 setzt Art. 40 Abs. 5, Abs. 6 und Abs. 9 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/ 61/EU um.7 Auch hier werden die semiprofessionellen Anleger den professionellen Anlegern und damit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für beide Anlegergruppen gleichgestellt. Ist die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft von der zuständigen Stelle ihres Referenzmitgliedstaates über die Übermittlung ihrer Anzeige für den beabsichtigten Vertrieb eines ausländischen AIF zum Vertrieb an professionelle Anleger unterrichtet worden, darf die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft die betreffenden AIF auch an semiprofessionelle Anleger vertreiben. Die semiprofessionellen Anleger werden im Inland somit den professionellen Anlegern gleichgestellt. Nach der Gesetzesbegründung ist dies richtlinienkonform, da eine Voraussetzung für den Vertrieb nach § 328 sei, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen.8 § 328 Abs. 3 setzt durch Verweis auf § 327 Abs. 2 Art. 40 Abs. 7 Unterabsatz 1 Satz 2 und Art. 40 Abs. 8 der Richtlinie 2011/61/EU für den Fall um, dass die Bundesanstalt von den zuständigen Stellen des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Änderung der entsprechenden Angaben unterrichtet wird.9 Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU, auf welchen § 328 in weiten Teilen zurückzuführen ist, geht vom Grundsatz der Gleichbehandlung von EU-Verwaltungsgesellschaften und ausländischen Verwaltungsgesellschaften aus. Auch eine zugelassene ausländische Verwaltungsgesellschaft soll berechtigt sein, ausländische AIF innerhalb der EU an professionelle Anleger zu vertreiben. Dabei stellt Art. 40 weitergehende Anforderungen an diese Vertriebs-Konstellation.10 Aufgrund der fehlenden sofortigen Anwendbarkeit der Vorschrift bei erstmaligem Inkrafttreten des KAGB am 22. Juli 2013, führt die Bundesanstalt in ihrer Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, entsprechend auch nicht weiter konkretisierend zur Anzeige nach § 328 aus.11 B. Tatbestand

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B. Tatbestand Da die Vorschrift des § 328 den Fall des Vertriebs von ausländischen AIF vorsieht, 13 bei welchem die Bundesrepublik Deutschland nicht Referenzmitgliedstaat ist, müssen nach § 328 gleichfalls die in § 322 Abs. 1 genannten Voraussetzungen eingehalten werden. Die Prüfung dieser Voraussetzungen obliegt jedoch ausschließlich der zuständigen Stelle des europäischen Referenzmitgliedstaates. Stammen die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und der ausländische AIF aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten, so müssen die Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 hinsichtlich beider Herkunftsstaaten vorliegen.12 Sofern die Bundesanstalt aber mit dem Prüfungsergebnis nicht einverstanden

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7 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 2 S. 511. 8 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 2 S. 511. 9 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 3 S. 511 f. 10 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 6; sowie Rn. 1 ff. mit weiteren Nachweisen zu der (umstrittenen) Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte der Möglichkeit des europaweiten Vertriebs von ausländischen AIF, die von einer ausländischen Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden. 11 Zur grundsätzlichen Systematik der Vertriebsanzeigeverfahren siehe jedoch die Merkblätter zu den Vertriebsanzeigen nach §§ 323, 331, 320 der Bundesanstalt vom 17. Juli 2013 bzw. 19. Juli 2013; herunterladbar auf www.bafin.de. 12 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 27, 28.

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§ 328

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

ist, kann sie nach Maßgabe des Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 die ESMA um Hilfe ersuchen, vgl. § 328 Abs. 1 Satz 2. Damit prüft die Bundesanstalt in erster Linie, ob ihr die zuständige Stelle des Refe14 renzmitgliedstaates der ausländischen Verwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung über die Erlaubnis sowie ein Anzeigeschreiben für jeden Drittstaaten-AIF übermittelt hat (§ 328 Abs. 2).13 Der Vertrieb kann aufgenommen werden, wenn die ausländische Verwaltungsge15 sellschaft von der zuständigen Stelle ihres Referenzmitgliedstaates über diese Übermittlung unterrichtet wurde (§ 328 Abs. 3 i.V.m. § 327 Abs. 2).14 I. Anwendungsbereich (Abs. 1) 16

Der Anwendungsbereich des § 328 ist eröffnet, wenn ein Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich des KAGB durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, beabsichtigt wird. 17 Zulässig ist ein solcher Vertrieb wiederum, wenn die in § 322 Abs. 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind.

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1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Bei der vertreibenden Verwaltungsgesellschaft muss es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handeln. Nach § 1 Abs. 18 sind ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Nach der Gesetzesbegründung sind ausländische Verwaltungsgesellschaften der Oberbegriff für externe als auch interne Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten und ihren Sitz in einem Drittstaat haben.15 Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.16 Im Hinblick auf die Anforderungen an eine (ausländische) AIF-Verwaltungsgesell19 schaft im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU ist wiederum auf Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie zu blicken. Diese Vorschrift adressiert eine ordnungsgemäß nach Art. 37 der Richtlinie zugelassene ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, welche Anteile eines ausländischen AIF, den sie verwaltet, an professionelle Anleger in der Europäischen Union mit einem Europäischen Pass vertreiben möchte.17 Nach Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie müssen ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die beabsichtigen (EU-AIF oder) von ihnen verwaltete ausländische AIF gemäß (Art. 39 oder) Art. 40 der Richtlinie in der EU zu vertreiben, eine vorherige Genehmigung der zuständigen Behörden ihres Referenzmitgliedstaates einholen.18

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13 Siehe auch Rn. 47. 14 Siehe auch Rn. 51. 15 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 18 S. 370. 16 Diese Definition entspricht der Definition im aufgehobenen § 2 Abs. 12 InvG; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 19 Nr. 5 S. 370. 17 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 9. 18 Vgl. auch Rn. 49.

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B. Tatbestand

§ 328

Nach der Definition des Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EU-AIFM (in den Begrifflich- 20 keiten des KAGB eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft) ein AIFM, der kein EUAIFM ist (in den Begrifflichkeiten des KAGB eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft). Damit erfolgt die Definition im Umkehrschluss zur EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. l ist eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine AIF-Verwaltungsgesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz19 in einem Mitgliedstaat. 2. Referenzmitgliedstaat, der nicht die Bundesrepublik Deutschland ist. § 328 21 Abs. 1 Satz 1 setzt voraus, dass der Referenzmitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft gemäß Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2011/61/EU ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und nicht die Bundesrepublik Deutschland ist. Verfahrensrechtlich verbirgt sich hinter der Bestimmung des Referenzmitgliedstaa- 22 tes eine Zulassung als ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Der Zulassungsantrag ist bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Referenzmitgliedstaates zu stellen. Im Kern handelt es sich hierbei um eine EU-weit geltende Zulassung, die allerdings von einer nationalen Zulassung oder einer Bewilligung im Drittstaat zu unterscheiden ist.20 Nach der Absicht des europäischen Gesetzgebers soll die Benennung eines Referenzmitgliedstaates in der EU eine effektive Aufsicht über die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und ihrer Aktivitäten in der Europäischen Union gewährleisten.21 Der Referenzmitgliedstaat ist in der Folge auch der Staat, in welchem die ausländische Verwaltungsgesellschaft alle Anforderungen der AIFM-Richtlinie mit Ausnahme des Kapitels VI erfüllen muss.22 Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie enthält auch eine kollisionsrechtliche Bestimmung, wel- 23 che einem bestimmten EU-Mitgliedstaat die Aufsichtskompetenz zuweist. Hierdurch soll sowohl ein negativer als auch ein positiver Kompetenzkonflikt vermieden werden, mithin dass sich entweder kein Mitgliedstaat oder mehrere Mitgliedstaaten als kompetent für die Beaufsichtigung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft ansehen. Die Bestimmung des Referenzmitgliedstaates erfolgt im Grundsatz nach objektiven Kriterien, und die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft hat diesbezüglich kein Wahlrecht. Entscheidendes Kriterium dieser Bestimmung soll der engste sachliche Zusammenhang zwischen der Verwaltungsgesellschaft und einem Mitgliedstaat sein. Ein solcher engster Zusammenhang kann wiederum z.B. durch den Sitz der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft oder durch den durch sie in einem bestimmten Mitgliedstaat erfolgenden Vertrieb hergestellt werden.23 Sollten aufgrund der in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie genannten Kriterien und der tatsächlichen Vertriebsstruktur und Ansässigkeit mehrere Referenzmitgliedstaaten in Betracht kommen, sieht Unterabsatz 2 der Regelung vor, dass die Verwaltungsgesellschaft bei sämtlichen in Betracht kommenden Referenzmitgliedstaaten einen Antrag auf Einigung zur Festlegung eines Referenzmitgliedstaates stellen

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19 Zur Frage der Relevanz der Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung vgl. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 14 ff. mit weiteren Nachweisen. 20 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 184. 21 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 185; Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (96 ff.); Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1447). 22 Vgl. auch Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1447); Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 186. 23 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 37 Rn. 187 f.; siehe auch die in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie aufgeführten Kriterien und Einzelfälle.

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§ 328

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

muss. Der auf diesem Wege festgelegte Referenzmitgliedstaat informiert sodann die Verwaltungsgesellschaft unverzüglich über diese Festlegung.24 3. Ausländischer AIF. Bei den zu vertreibenden Anteilen muss es sich um Anteile oder Aktien an ausländischen AIF handeln. Nach der Definition des § 1 Abs. 9 handelt es sich hierbei um AIF, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Hierbei entspricht die Definition von ausländischen AIF den Definitionen von inländischem Investmentvermögen und EU-Investmentvermögen.25 Nach der Definition der Richtlinie 2011/61/EU in Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EU25 AIF (– in den Begrifflichkeiten des KAGB ein ausländischer AIF –) ein AIF, der kein EUAIF ist. Die eigentliche Definition erfolgt damit auch hier über einen Umkehrschluss. Der EU-AIF wird in Art. 4 Abs. 1 lit. k (i) definiert als ein AIF, der nach nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert ist. Sollte der AIF in einem Drittstaat und gleichzeitig auch in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sein, so gilt ein solcher AIF als EU-AIF.26 Ist der AIF in keinem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert, ist gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. k (ii) ein EU-AIF gegeben, wenn sein satzungsmäßiger Sitz oder dessen Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat liegt. Die Hauptverwaltung wird wiederum unter Anlehnung an Anhang 1 Nr. 1 lit. a und b der Richtlinie dort anzunehmen sein, wo die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement des AIF hauptsächlich getätigt wird.27 Vor diesem Verständnis der Richtlinie scheint es unbeachtlich zu sein, wenn ein solcher AIF in einem Drittstaat zugelassen oder registriert ist.28

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4. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger. § 328 fordert, dass der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF (ausschließlich) an semiprofessionelle und professionelle Anleger erfolgt. Der dem § 328 Abs. 1 zugrundeliegende Art. 40 der Richtlinie 2011/61/EU regelt den 27 Vertrieb von Anteilen an ausländischen AIF an professionelle Anleger. Der Vertrieb von ausländischen AIF an Kleinanleger wird von der Richtlinie gar nicht reguliert. Die Regulierung der Kleinanleger obliegt vielmehr auch unter dem Regime der Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten und ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden. So präzisiert (einzig) Art. 43 der Richtlinie, dass es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber freisteht, den Vertrieb von AIF an Kleinanleger in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten und einen solchen Vertrieb entsprechend Auflagen zu unterwerfen, die strenger sind als die Auflagen für AIF, die in ihrem Hoheitsgebiet an professionelle Anleger vertrieben werden. Der deutsche Gesetzgeber hat hieraus den Schluss gezogen, dass es sich bei den Vorgaben der Richtlinie an den Vertrieb an professionelle Anleger entsprechend um eine Art Mindeststandard handelt.29

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24 Vgl. hierzu auch die Konkretisierungen in der „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 448/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung eines Verfahrens für die Bestimmung des Referenzmitgliedstaats eines Nicht-EU-AIFM gemäß der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates“. 25 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 9 S. 369. 26 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 15 bzw. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 4 Abs. 1 lit. k Rn. 22 ff. 27 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 28 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 29 Vgl. Gesetzesbegründung Allgemeiner Teil, Abschnitt A. I. Ziffer 8. S. 357 – „Für die Anzeigeverfahren beim Vertrieb von AIF an Privatanleger wird als Mindeststandard auf die Vorschriften der AIFM-RL zurückgegriffen. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten werden für den Vertrieb jedoch strengere Regeln aufgestellt.“. Diesem Ansatz scheinen jedoch diverse andere Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Großbritannien, nicht zu folgen.

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B. Tatbestand

§ 328

Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst mit dem Regierungsentwurf zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass gewisse vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID zu hoch seien.30 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Ein semiprofessioneller Anleger hingegen ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2014/65/EU genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger qualifiziert, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren. Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem professionellen Anleger gleich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Spezial-AIF und EU-AIF.31

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5. Vertrieb im Inland. § 328 setzt den Vertrieb der AIF-Anteile im Inland voraus. 32 Nach der Definition des Vertriebs in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.32 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen“. Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Wunsch

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30 Siehe auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33. 31 Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33; s. ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33c. 32 Vgl. auch Kommentierung zu § 293.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

bzw. Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.33 Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebs sind nach Satz 2 des § 293 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse oder die Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ausschließlich Informationen der regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht Satz 3 der Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber dieser Anlegergruppe nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppe der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der RichtlinienDefinition in Art. 4 Abs. 1x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“. Hieraus („oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt auch die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum fallen. Für das „Platzieren“ fordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das Wort „Vertrieb“ impliziere einen auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“). Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investmentvermögen nicht angebotsreif ist. Schließlich sei es nicht Sinn

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Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb nicht die Veräußerung eigener Anteile 37 oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolge, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von 38 Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliegt, wenn einem Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 2 Nr. 6 (= gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und ausschließliche Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern). 6. Voraussetzungen des § 322 Abs. 1. Eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Vertrieb unter § 328 ist, dass auch die Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 erfüllt sind. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 obliegt wiederum der zuständigen Stelle des europäischen Referenzmitgliedstaates der ausländischen Verwaltungsgesellschaft. Sollte die Bundesanstalt jedoch mit dem Prüfungsergebnis der zuständigen Stelle des Referenzmitgliedstaates in Bezug auf die Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 Nr. 1 und 2 nicht einverstanden sein, kann die Bundesanstalt (nach Maßgabe des Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010) die ESMA um Hilfe ersuchen. § 322 Abs. 1 regelt die Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF und von Anteilen oder Aktien an EU-Feeder-AIF oder inländischen Spezial-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an semiprofessionelle und professionelle Anleger. Ausweislich der Gesetzesbegründung setzt § 322 Abs. 1 Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Der Gesetzesgeber versteht die Richtlinie so, dass auch der Vertrieb von Anteilen an EU-Feeder-AIF bzw. inländischen Spezial-FeederAIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger im Inland nur zulässig sein soll, wenn die Voraussetzungen von Absatz 1 in Bezug auf den Master-AIF erfüllt sind. Wenn in dieser Vorschrift auf einen „ausländischen AIF“ Bezug genommen wird, falle darunter auch ein etwaiger ausländischer Master-AIF.34 Wenngleich es sich bei der Vorschrift des § 322 um einen Vertrieb durch eine AIFKapitalverwaltungsgesellschaft handelt, ist dieser Paragraph ebenfalls nicht unmittelbar mit Inkrafttreten des KAGB anwendbar, sondern Bestandteil des künftigen endgültigen Vertriebs-Regimes nach Erlass des erforderlichen europäischen delegierten Rechtsaktes. Die in § 322 Abs. 1 aufgeführten Voraussetzungen35 1. bis 3. finden sich dem Grunde nach sowohl in der Regelung des Art. 40 als auch des Art. 35 der Richtlinie wieder. Diese

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Vgl. Gesetzesbegründung zu § 322 Abs. 1 S. 528 f. Siehe hierzu im Einzelnen die Kommentierung zu § 322 Abs. 1.

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§ 328

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Voraussetzungen sind namentlich: (1) Das Vorliegen einer geeigneten Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den Aufsichtsbehörden des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, um so einen effizienten Informationsaustausch zu gewährleisten, welcher wiederum der Bundesanstalt die Wahrnehmung ihrer Pflichten unter der Richtlinie ermöglicht;36 (2) das Fehlen des maßgeblichen Drittstaates auf der Liste der nicht kooperierenden Länder und Gebiete, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde; (3) die Unterzeichnung einer Vereinbarung durch den maßgeblichen Drittstaat mit der Bundesrepublik Deutschland, die den Normen des Art. 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vollständig entspricht und einen wirksamen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gewährleistet. Die Regelung in Nummer 4 von § 322 Abs. 1 trägt ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung, dass § 55 Abs. 1 Nr. 1 AIFKapitalverwaltungsgesellschaften in Bezug auf die Verwaltung von ausländischen AIF, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nicht vertrieben werden, von der Einhaltung der §§ 67 und 80 bis 90 befreit. Hiernach stelle Nummer 4 klar, dass diese Ausnahme dann nicht mehr greift, wenn der AIF in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vertrieben werden soll. Bei den oben genannten Voraussetzungen handelt es sich somit um weitere dritt45 staatenbezogene Bedingungen. Ist der ausländische AIF in einem anderen Drittstaat als die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ansässig, muss auch dieser Drittstaat die oben genannten drittstaatenbezogenen Voraussetzungen erfüllen.37 46 Ist die Bundesanstalt mit der Bewertung der drittstaatenbezogenen Voraussetzungen nach Nummer 1 und 2 durch die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates nicht einverstanden, kann die Bundesanstalt ESMA nach Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. ESMA kann nach dieser Inkenntnisnahme ein entsprechendes Schlichtungsverfahren durchführen.38 II. Vertriebsanzeigeprüfung (Abs. 2) Bei Einreichung der Vertriebsanzeige der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, prüft die Bundesanstalt, ob die zuständige Stelle des Referenzmitgliedstaates (1) eine von ihr ausgestellte Bescheinigung über die Erlaubnis der betreffenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie sowie (2) ein Anzeigeschreiben für jeden angezeigten AIF übermittelt hat. Die Unterlagen sind in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache zu übermitteln. 48 Hierbei ist § 327 Abs. 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden, welcher (wiederum durch leicht modifizierenden und ergänzenden Verweis auf § 321 Abs. 1 Satz 2) den Inhalt des Anzeigeschreibens (einschließlich der erforderlichen Dokumentation und Angaben) 47

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36 Siehe hierzu auch „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014. 37 So auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 27 f.; Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (97 ff.). 38 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 29 mit weiteren Nachweisen.

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B. Tatbestand

§ 328

vorgibt. Dem Anzeigeschreiben ist entsprechend beizufügen: (1) ein Geschäftsplan mit Angaben zum AIF sowie zu seinem Sitz, (2) die Anlagebedingungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF, (3) der Namen der Verwahrstelle, (4) eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle verfügbaren Informationen, (5) ggf. Angaben zum Sitz des Master-AIF, (6) die in § 307 Abs. 1 genannten Informationen, (7) Angaben zu den Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger.39 Ergänzend ist die Bundesrepublik Deutschland als Staat zu nennen, in dem die Anteile an dem AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger vertrieben werden sollen und die Vorkehrungen zum Vertrieb des angezeigten AIF. Art. 40 Abs. 5 der Richtlinie, auf welchen die Vorschrift des § 328 Abs. 2 im Wesentli- 49 chen zurückgeht, sieht zum Prozedere im Referenzmitgliedstaat vor, dass eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, die beabsichtigt, Anteile an einem ausländischen AIF nicht nur im Referenzmitgliedstaat, sondern auch in weiteren Mitgliedstaaten zu vertreiben, der zuständigen Behörde seines Referenzmitgliedstaates für jeden ausländischen AIF, den er zu vertreiben beabsichtigt, eine Meldung vorzulegen hat, welche die in Anhang IV der Richtlinie aufgestellten Anforderungen erfüllen muss.40 Zusammen mit dieser Meldung sind der Behörde folgende Dokumente und Unterla- 50 gen zu übermitteln: (1) Geschäftsplan, der Angaben zum ausländischen AIF enthält, den die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft in einem weiteren Mitgliedstaat vertreiben möchte, (2) die Vertragsbedingungen oder die Satzung des ausländischen AIF, oder (3) eine Beschreibung des ausländischen AIF bzw. alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den ausländischen AIF.41 Spätestens 20 Arbeitstage nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen leitet 51 die zuständige Behörde des Referenzmitgliedstaates dieses an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten weiter, in denen die Anteile der AIF vertrieben werden sollen. Eine solche Weiterleitung wird nur erfolgen, wenn die Verwaltung des AIF durch die Verwaltungsgesellschaft den Vorgaben der Richtlinie entspricht und auch weiterhin entsprechen wird. Die zuständige Behörde fügt weiter eine Bescheinigung über die Zulassung der betreffenden ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie bei (Art. 40 Abs. 6 AIFM-Richtlinie). III. Vertriebsbeginn (Abs. 3) Absatz 3 von § 328 verweist auf § 327 Abs. 2,42 welcher entsprechend anzuwenden ist. 52 § 327 Abs. 2 wiederum besagt, dass der Vertrieb durch die AIF-Verwaltungsgesellschaft erst dann aufgenommen werden kann, wenn die ausländische AIF-Verwaltungsgesell-

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39 Siehe hierzu auch die Ausführungen der Bundesanstalt unter Ziffer 1.5 in „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016 sowie unter Ziffer V. des „Merkblatts zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“ der Bundesanstalt vom 17. Juli 2013. 40 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 46; Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (96 ff.); Spindler/Tancredi WM 2011 1441 (1450). 41 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick Art. 40 Rn. 47. 42 Absatz 3 von § 328 setzt durch Verweis auf § 327 Abs. 2 Art. 40 Abs. 7 Unterabsatz 1 Satz 2 und Art. 40 Abs. 8 der Richtlinie 2011/61/EU, für den Fall um, dass die Bundesanstalt von den zuständigen Stellen des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Änderung der entsprechenden Angaben unterrichtet wird. § 327 Abs. 2 Satz 1 setzt wiederum Art. 39 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um.

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§ 329

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

schaft von der zuständigen Stelle ihres Referenzmitgliedstaates über die Übermittlung der oben genannten Unterlagen unterrichtet wurde.43 § 327 Abs. 2 Satz 2 verweist seinerseits auf die entsprechende Anwendung von § 323 53 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3. § 323 Abs. 2 Satz 3 regelt die Prüfung der Bundesanstalt, ob geeignete und zulässige Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebs an Privatanleger getroffen wurden.44 § 323 Abs. 3 regelt wiederum den Umgang der Bundesanstalt mit möglichen Änderungen dieser getroffenen Vorkehrungen.

§ 329 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von von ihr verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 329 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Izzo-Wagner/Baas/Ebel Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft 1

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder ausländischen AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses https://doi.org/10.1515/9783110492217-116 Gesetzes ist zulässig, wenn 1. bei einem Vertrieb an professionelle Anleger a) die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anforderungen dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§ 80 bis 90 und die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese die Anforderungen der von ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen Vorschriften mit Ausnahme der in Artikel 21 der Richtlinie 2011/61/EU genannten Voraussetzungen erfüllt und b) die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine oder mehrere Stellen benannt hat, die sie nicht selbst ist und die die Aufgaben nach Artikel 21 Absatz 7, 8 und 9 der Richtlinie 2011/ 61/EU wahrnehmen, und sie diese Stelle oder Stellen der Bundesananstalt

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43 Maßgeblich dürfte jenes Datum sein, an welchem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft über die Weiterleitung unterrichtet wurde. Die zuständigen Behörden des Referenzmitgliedstaates sind nach Art. 40 Abs. 7 der Richtlinie verpflichtet, die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft unverzüglich über diese Weiterleitung in Kenntnis zu setzen; vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM Art. 40 Rn. 50. 44 Siehe hierzu auch die Ausführungen der Bundesanstalt unter Ziffer 1.5 in „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016 sowie unter Ziffer V. des „Merkblatts zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“ der Bundesanstalt vom 17. Juli 2013.

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Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 329

oder der in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zuständigen Stelle angezeigt § 329 Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Ebel Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat; 2. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese den Anforderungen dieses Gesetzes oder den von ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen Vorschriften entsprechen; 3. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger a) bei einem ausländischen AIF geeignete, der Überwachung der Systemrisiken dienende und im Einklang mit den internationalen Standards und den Artikeln 113 bis 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 213/2013 stehende Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt oder den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, bestehen, sodass ein effizienter Informationsaustausch gewährleistet ist, der es der Bundesanstalt oder den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft ermöglicht, ihre in der Richtlinie 2011/61/EU festgelegten Aufgaben zu erfüllen; b) der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete steht, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde; c) die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 geeignet sind, einen Vertrieb an Privatanleger zu verhindern. 2 Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, sind zusätzlich die Anforderungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 und 3 von dem Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft entsprechend einzuhalten. (2) 1 Beabsichtigt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten AIF im Sinne von Absatz 1 Satz 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2 § 321 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3 Darüber hinaus sind der Anzeige folgende Angaben und Dokumente beizufügen: 1. bei der Anzeige durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese der Richtlinie 2011/ 61/EU entsprechen, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Erlaubnis zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie verfügt und gegebenenfalls, dass geeignete Vereinbarungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a über die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsesellschaft und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, bestehen; ist nur ein Vertrieb an professionelle Anleger beabsichtigt, muss sich die Bescheinigung nicht auf die gesamten in Artikel 21 der Richtlinie 2011/61/EU genannten Anforderungen erstrecken, sondern nur auf die in Artikel 21 Absatz 7, 8 und 9 genannten Voraussetzungen; 883

Ebel

§ 329

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

2.

eine Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft darüber, dass sie sich verpflichtet, a) der Bundesanstalt den Jahresbericht des AIF, der den Anforderungen des Artikels 22 und gegebenenfalls des Artikels 29 der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen muss, spätestens sechs Monate nach Ende eines jeden Geschäftsjahres einzureichen; der Jahresbericht muss mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein; b) die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung der zuständigen Stelle nach Nummer 1 zugrunde liegen, zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen; c) der Bundesanstalt auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen; 3. eine Erklärung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, dass sie sich entsprechend Nummer 2 Buchstabe b verpflichtet; 4. ein Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige. (3) Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, 1. sind der Anzeige zusätzlich in Bezug auf den Master-AIF und seine Verwaltungsgesellschaft Angaben und Dokumente entsprechend a) Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 oder, sofern es sich bei der Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt, Angaben und Dokumente entsprechend § 22 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 13, und alle weiteren wesentlichen Angaben über die Verwahrstelle oder die Stellen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b sowie b) § 321 Absatz 1 Satz 2 beizufügen und 2. muss sich die Erklärung nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 oder 3 auch auf den Master-AIF und seine Verwaltungsgesellschaft erstrecken. (4) 1 Fremdsprachige Unterlagen sind in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen. 2 § 321 Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss und dass die in § 321 Absatz 3 Satz 1 genannte Frist 30 Arbeitstage und für den Fall, dass der angezeigte AIF ein Feeder-AIF ist, 1 dessen Master-AIF nicht von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, zwei Monate, 2. dessen Master-AIF von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, fünf Monate beträgt. Schrifttum Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Jesch/Geyer Die Übergangsbestimmungen der AIFM-Richtlinie, BKR 2012 359; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Loff/Klebeck Fundraising nach der AIFM-Richtlinie und Umsetzung in Deutschland durch das KAGB, BKR 2012 353; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds, DB 2013 273; Wallach Alternative Investment Funds Managers Directive – ein neues Kapitel des europäischen Investmentrechts, RdF 2011 80.

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C. Anwendungsbereich der Norm

A. B. C.

D.

Systematische Übersicht Überblick | 1 Entstehungsgeschichte | 2 Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm | 3 II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm | 6 III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm | 8 Vertriebsvoraussetzungen | 11 I. Vertrieb an professionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) | 12 II. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) | 18 III. Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) | 21 1. Vereinbarungen über die Zusammenarbeit | 22

§ 329

2.

E.

F.

Keine Listung durch die FATF | 25 3. Ausreichende Vorkehrungen | 32 IV. Zusätzlich bei Feeder-AIF (Abs. 1 Satz 2) | 33 Anzeige (Abs. 2) | 34 I. Inhalt entsprechend § 321 Abs. 1 Satz 2 (Abs. 2 Satz 2) | 35 II. Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates | 36 III. Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft | 37 IV. Erklärung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft | 41 V. Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige | 42 VI. Zusätzlich bei Feeder-AIF | 43 Prüfung und Entscheidung der BaFin (Abs. 4) | 47

A. Überblick Wie alle im Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 des 4. Kapitels des KAGB enthaltenen Vor- 1 schriften regelt § 329 den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland. § 329 betrifft hierbei den Vertrieb von ausländischen AIF und von Master-Feeder-Konstruktionen mit Drittstaatenbezug durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. B. Entstehungsgeschichte Mit der Norm des § 329 macht der Gesetzgeber von der in Art. 36 der AIFM-Richt- 2 linie eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, für einen Übergangszeitraum den nationalen Vertrieb von AIF mit Drittstaatenbezug ohne EU-Pass bei Beachtung bestimmter Mindeststandards zu ermöglichen. Hintergrund ist, dass der EU-Pass für Fälle mit Drittstaatenbezug erst nach Erlass des entsprechenden delegierten Rechtsakts möglich ist. C. Anwendungsbereich der Norm C. Anwendungsbereich der Norm I. Zeitlicher Anwendungsbereich der Norm Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 329 ist zu beachten, dass § 295 Abs. 2 und 3 für 3 die Zulässigkeit des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an inländischen Spezial-AIF, EUAIF und ausländischen AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland zwei unterschiedliche Regelungsregime vorsehen. Für den Zeitraum vom 22.7.2013 bis zu dem in dem auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt gelten die §§ 321, 323, 329, 330 und 330a. Ab dem in dem vorbezeichneten delegierten 885

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Rechtsakt genannten Zeitpunkt gelten dann die §§ 321 bis 328 und § 330a.1 Daneben ist in beiden Regelungsregime an semiprofessionelle Anleger auch ein Vertrieb nach den §§ 317 bis 320 möglich. 4 § 329 gehört ausweislich des § 295 Abs. 2 und 3 zu den Vorschriften, die ab Inkrafttreten des KAGB bis zu dem auf Grundlage des Artikels 66 Abs. 3 i.V.m. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission genannten Zeitpunkt gelten. Hintergrund ist, dass mit dem im zu erlassenden delegierten Rechtsakt genannten Zeitpunkt der EU-Pass für Fälle mit Drittstaatenbezug eingeführt wird. 5 Von der in der AIFM-Richtlinie eröffneten Möglichkeit, das nationale Platzierungsregime für den Vertrieb von AIF mit Drittstaatenbezug für einen Übergangszeitraum von voraussichtlich drei Jahren nach Einführung des EU-Passes für Drittstaaten-AIF neben dem EU-Pass beizubehalten, hat der deutsche Gesetzgeber insofern keinen Gebrauch gemacht. II. Persönlicher Anwendungsbereich der Norm Die Norm erfasst den Vertrieb durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften sind gem. § 1 Abs. 17 Unternehmen mit Sitz in ei7 nem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der AIFM-Richtlinie entsprechen. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften sind gemäß § 1 Abs. 16 Kapitalverwaltungsgesellschaften gemäß § 17, die mindestens einen AIF verwalten oder zu verwalten beabsichtigen.

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III. Sachlicher Anwendungsbereich der Norm 8

§ 329 erfasst zum einen den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-Feeder-AIF oder inländischen Spezial-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Hintergrund für die Erfassung der entsprechenden Drittstaaten-Master-Feeder-Konstruktionen ist, dass hiermit eine Umgehung der für ausländische AIF strengeren Vertriebsvoraussetzungen durch Zwischenschaltung eines inländischen Spezial-Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF verhindert werden soll.2 Ein Feeder-AIF ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 13 ein AIF, der a) mindestens 85 Prozent seines Wertes in Anteilen eines Master-AIF anlegt, oder b) mindestens 85 Prozent seines Wertes in mehr als einem Master-AIF anlegt, die jeweils identische Anlagestrategien verfolgen, oder c) anderweitig ein Engagement von mindestens 85 Prozent seines Wertes in einem Master-AIF hat. Master-AIF sind gem. § 1 Abs. 19 Nr. 14 AIF, an dem ein Feeder-AIF Anteile hält. Die Frage, ob es sich um einen Feeder-Fonds handelt, kann insbesondere in den Fällen des § 1 Abs. 19 Nr. 13b) mit schwierigen Abgrenzungsproblemen verbunden sein.3 Je abstrakter man die identischen Anlagestrategien fasst, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Dachfonds als Feeder-Fonds beurteilt werden.4

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1 2 3 4

Emde/Dreibus BKR 2013 89 (97) sprechen einprägsam vom Drittstaatenstichtag. RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 291. Vgl. insofern ausführlich Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 20. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 21.

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D. Vertriebsvoraussetzungen

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Des Weiteren erfasst § 329 den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen 9 AIF. Ausländische AIF sind laut § 1 Abs. 9 AIF, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 wiederum sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Die Frage, welchem Recht ein AIF unterliegt, bestimmt sich nach der rechtlichen Ausgestaltung des Vermögens und der Vertragsbedingungen, der Satzung, der Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Anleger zu dem AIF bestimmt.5 Bemerkenswert ist, dass der deutsche Gesetzgeber den ausländischen AIF anders 10 definiert, als der europäische Gesetzgeber dessen Pendant in der AIFM-Richtlinie, den dortigen Nicht-EU-AIF. Denn gemäß Art. 4 Abs. 1z) aa) der AIFM-Richtlinie ist ein NichtEU-AIF ein AIF, der kein EU-AIF ist. Dementsprechend ist ein Nicht-EU-AIF ein AIF, der weder nach einschlägigem nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert ist, noch seinen satzungsmäßiger Sitz und/oder Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat hat.6 Aufgrund dieser unterschiedlichen Definitionen in KAGB und AIFMRichtlinie ist es möglich, dass die Frage, ob ein ausländischer AIF vorliegt, im Einzelfall durch das KAGB anders beantwortet wird, als von der AIFM-Richtlinie vorgesehen. Dies erscheint deswegen problematisch, weil an den Vertrieb von Nicht-EU-AIF nach der AIFM-Richtlinie andere Voraussetzungen geknüpft sind, was das KAGB im Prinzip auch nachzeichnet.7 Im Übrigen können sich hier auch Divergenzen zu den Beurteilungen anderer Mitgliedstaaten ergeben. D. Vertriebsvoraussetzungen D. Vertriebsvoraussetzungen Die Vorschrift differenziert bei den Anforderungen an den Vertrieb danach, ob es 11 sich um einen solchen an semiprofessionelle oder professionelle Anleger handelt. Für professionelle Anleger gelten die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3. Für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger gelten die strengeren Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und wiederum Nr. 3. I. Vertrieb an professionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 normiert Anforderungen ausschließlich für den Vertrieb an 12 professionelle Anleger. Hierbei ist ein professioneller Anleger gem. § 1 Abs. 19 Nr. 32 jeder Anleger, der im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2004/39/EG (MiFID) als professioneller Kunde angesehen wird oder auf Antrag als ein professioneller Kunde behandelt werden kann. Diese Definition des professionellen Anlegers im KAGB entspricht wörtlich derjenigen der AIFM-Richtlinie. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 19 Nr. 32 könnte hinsichtlich der zweiten Alternative eines professionellen Anlegers „oder auf Antrag als ein professioneller Kunde behandelt werden kann“ zunächst anzunehmen sein, dass nur die Kriterien gem. II. 1. des Anhangs II der Richtlinie 2004/39/EG für eine Behandlung als professioneller Kunde vorliegen müssen, dass der Kunde aber nicht tatsächlich einen entsprechenden Antrag gestellt haben muss. Da nach dem Wortlaut in II. 1., 2. Abs. des Anhangs II

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5 Siehe insofern zur Frage welchem Recht ein Investmentvermögen untersteht, das BaFin Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2136-2008/0001 unter I.1.e). 6 Umkehrschluss aus Art. 4 Abs. 1k) der AIFM-Richtlinie. 7 Auf die erhebliche Bedeutung der Abgrenzung zwischen EU-AIF und nicht EU-AIF weisen zu Recht Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Brocker AIFM, Art. 35 Rn. 12 hin.

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der MiFID-Richtlinie ein Kunde aber nur dann als professioneller Kunde behandelt werden kann, wenn sowohl die Kriterien als auch „die nachstehend genannten einschlägigen […]Verfahren eingehalten werden“, ist ebenfalls erforderlich, dass der Kunde schriftlich mitgeteilt hat, dass er als professioneller Kunde behandelt werden kann, da dies zum einschlägigen Verfahren gehört. § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) verlangt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anforderungen des KAGB mit Ausnahme der §§ 80 bis 90 und die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese die Anforderungen der von ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie erlassenen Vorschriften mit Ausnahme der in Art. 21 der AIFM-Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt. Die Vorschriften der §§ 80 bis 90 bzw. Art. 21 der AIFM-Richtlinie sind die Regelungen betreffend die Verwahrstellen. Wie § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b) normiert, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft jedoch zumindest eine oder mehrere Stellen benannt haben, die sie nicht selbst ist und die die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7, 8 und 9 der AIFM-Richtlinie wahrnehmen, und diese Stelle oder Stellen der BaFin oder der in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zuständigen Stelle angezeigt haben. Art. 21 Abs. 7, 8 und 9 der AIFM-Richtlinie betreffen die Überwachung des Cashflows (Abs. 7), die Aufbewahrung von Vermögensgegenständen (Abs. 8) und ergänzende Aufgaben der Verwahrstelle (Abs. 9). Es muss also im Rahmen des Vertriebs an professionelle Anleger gewährleistet sein, dass eine Stelle, die nicht die Verwaltungsgesellschaft ist, die Aufgaben wahrnimmt, die normalerweise einer Verwahrstelle zukommen. Nicht erforderlich ist nach dem klaren Wortlaut des § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b), dass die Stelle, die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7, 8 und 9 der AIFM-Richtlinie wahrnimmt, ihren Sitz im Herkunftsstaat des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft hat.8 Die BaFin hat in ihrem FAQ zum Vertrieb unter 2.4.3. klargestellt, dass soweit das KAGB (z.B. §§ 80 ff. auch in Verbindung mit § 54 Abs. 5 für die Verwaltung von inländischen Spezial-AIF) oder die Gesetze zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie in anderen EUMitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten weitergehende Vorgaben in Bezug auf die zu benennende Verwahrstelle enthalten, diese Vorgaben nicht durch die Mindestvoraussetzungen für den Vertrieb nach § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) abbedungen werden. II. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2)

Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst im Regierungsentwurf des AIFM-Umsetzungsgesetzes eingeführt. Im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Finanzen fehlte diese Anlegergruppe.9 Insofern wurde nach der Kritik an der Einengung des potentiellen Investorenkreises für Spezialfonds nachgebessert.10 Semiprofessioneller Anleger ist gem. § 1 Abs. 19 Nr. 33 a) jeder Anleger, aa) der sich 19 verpflichtet, mindestens 200.000 Euro zu investieren, bb) der schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition be-

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8 So auch die BaFin unter 2.4.3. im Schreiben der BaFin vom 4.7.2013, Geschäftszeichen WA 41-Wp 21372013/0293, das regelmäßig aktualisiert und ggf. ergänzt werden soll (im Folgenden: BaFin FAQ zum Vertrieb). 9 Emde/Dreibus BKR 2013 89 (94). 10 Siehe zur Kritik etwa die Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen unter 12.

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D. Vertriebsvoraussetzungen

§ 329

wusst ist, cc) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG genannten Anleger verfügt, dd) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und ee) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die unter Doppelbuchstabe cc genannte Bewertung vorgenommen hat und die unter Doppelbuchstabe dd genannten Voraussetzungen gegeben sind, b) ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft, sofern es in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert, c) jeder Anleger, der sich verpflichtet, mindestens 10 Millionen Euro in ein Investmentvermögen zu investieren, d) jeder Anleger in der Rechtsform aa) einer Anstalt des öffentlichen Rechts, bb) einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder cc) einer Gesellschaft, an der der Bund oder ein Land mehrheitlich beteiligt ist, wenn der Bund oder das Land zum Zeitpunkt der Investition der Anstalt der Stiftung oder der Gesellschaft in den betreffenden Spezial-AIF investiert oder investiert ist. An den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger im Anwendungsbereich dieser Norm 20 werden im Vergleich zum Vertrieb an professionelle Anleger insofern strengere Anforderungen aufgestellt, als dass die Verwaltung des AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft allen Anforderungen dieses Gesetzes, bzw. die Verwaltung des AIF durch die EU-Verwaltungsgesellschaft allen von ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen Vorschriften, entsprechen muss. Dementsprechend müssen -anders als beim Vertrieb an professionelle Anleger- auch die Regelungen betreffend die Verwahrstellen eingehalten werden. III. Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 enthält Anforderungen, die sowohl für den Vertrieb an pro- 21 fessionelle Anleger als auch an semiprofessionelle Anleger gelten. Ausweislich der Gesetzesbegründung setzen dabei Buchstabe a und b Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe b und c um und Buchstabe c wiederholt die Anforderung aus § 295 Abs. 1 Satz 3 und ist von Art. 36 Abs. 2 der Richtlinie gedeckt.11 1. Vereinbarungen über die Zusammenarbeit. Gem. § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a) müs- 22 sen bei einem ausländischen AIF geeignete, der Überwachung der Systemrisiken dienende und im Einklang mit den internationalen Standards und Art. 113–115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 213/2013 stehende Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin oder den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, bestehen, so dass ein effizienter Informationsaustausch

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RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 291.

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gewährleistet ist, der es der BaFin oder den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft ermöglicht, ihre in der AIFM-Richtlinie festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Bei dem Verweis auf die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 213/2013 handelt es sich um einen redaktionellen Fehler. Tatsächlich ist die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 gemeint. § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a) verlangt, basierend auf der AIFM-Richtlinie, der Über23 wachung der Systemrisiken dienende Vereinbarungen über die Zusammenarbeit. Die Vorschriften betreffend des Vertriebs mit Drittstaatenbezug mit EU-Pass sehen dagegen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit, ohne die Beschränkung, dass diese der Überwachung der Systemrisiken dienen müssten, vor. Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 differenziert diesbezüglich allerdings genauso wenig wie die von der ESMA mit Datum vom 28.11.2013 zur Konkretisierung veröffentlichten „Leitlinien für das Muster-MoU über Konsultation und Kooperation sowie den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von AIFMD-Unternehmen“.12 Die fehlende Differenzierung wird vielfach kritisiert, da sie für den Vertrieb ohne Pass die gleichen Voraussetzungen wie für den Vertrieb mit Pass aufstellt, ohne aber den Vorteil des Passes zu gewähren.13 Die Leitlinien über das Muster-MoU der ESMA enthalten ein Muster Memorandum of 24 Understanding (MoU). Ebenfalls steht auf der Seite der ESMA eine Liste darüber bereit, welche Mitgliedstaaten mit welchen Ländern MoU unterzeichnet haben.14 Die BaFin teilt in ihrem „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU“ ebenfalls mit, mit welchen Ländern sie bereits entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat. 2. Keine Listung durch die FATF. Der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, darf gem. § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b) nicht auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde. Der Verweis auf die Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete die von der Ar26 beitsgruppe FATF aufgestellt wurde, ist nicht eindeutig. Die ursprüngliche, von der FATF aufgestellte, Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete wird, nachdem 2007 Myanmar als letztes Land von der Liste genommen wurde, nicht mehr aktualisiert. Stattdessen werden von der FATF nunmehr dreimal jährlich zwei Dokumente veröffentlicht, die Länder mit strategischen Defiziten in den Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung identifizieren.15 Zum einen gibt es das Dokument „FATF Public Statement“. Dieses Dokument ist wiederum zweigeteilt. In Teil 1 werden die Jurisdiktionen, die strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung haben und bezüglich derer die FATF ihre Mitgliedsländer und alle anderen Länder zum Schutz des internationalen Finanzsystems zu Gegenmaßnahmen aufruft, genannt. Mit Stand vom 23. Juni 2017 ist dies lediglich die De25

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12 Abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/esma_2013_ 998_de.pdf. 13 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Pauls/Schatz AIFM, Art. 36 Rn. 23. 14 Abrufbar unterhttps://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/aifmd_mous_ signed_by_eu_authorities_by_16_september_15.xlsx. 15 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/?hf=10&b=0&s= desc(fatf_releasedate).

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D. Vertriebsvoraussetzungen

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mokratische Volksrepublik Korea („Nordkorea“).16 In Teil 2 des FATF Public Statement werden die Jurisdiktionen genannt, die strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung haben und die keinen ausreichenden Fortschritt in der Beseitigung der Defizite gemacht haben und sich nicht zu einem mit der FATF entwickelten Aktionsplan verpflichtet haben, um die Defizite zu beseitigen und bezüglich derer die FATF ihre Mitgliedsländer zu einer Berücksichtigung der Risiken aufruft, die aus den Defiziten resultieren. Mit Stand vom 23. Juni 2017 ist dies der Iran.17 Zum anderen wird das Dokument „Improving Global AML/CFT Compliance: On-going Process“ von der FATF veröffentlicht. Hier werden die Jurisdiktionen mit Defiziten in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genannt, die mit der FATF jeweils einen Aktionsplan entwickelt haben und die schriftliche Selbstverpflichtungen auf hoher politischer Ebene abgegeben haben, die Defizite zu beseitigen. Bezüglich dieser ermutigt die FATF ihre Mitglieder lediglich, die von ihr im Dokument mitgeteilten Informationen zu berücksichtigen. Auf dieser Liste gibt es im Übrigen wiederum einen Teil, in dem Jurisdiktionen genannt sind, die bisher keinen ausreichenden Fortschritt machen. Art. 36 Abs. 1c) der AIFM-Richtlinie, auf dem § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b) basiert, hilft bei der Frage der referenzierten Liste nicht weiter, da auch dort keine Klarstellung erfolgt. Bei der Frage, auf welche Liste richtigerweise referenziert werden sollte, geht es letztlich darum, wie hoch man den Maßstab der Mindestanforderungen setzen will, die der Drittstaat in Bezug auf die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erfüllen muss, damit ein Vertrieb nach § 329 möglich ist. Dafür, dass auch die Länder im Dokument „Improving Global AML/CFT Compliance: On-going Process“ als referenzierte Länder gelten, spricht, dass die FATF selbst die Liste genau wie ihr Dokument „Public Statement“ mit „Hochrisiko und nicht-kooperative Jurisdiktionen“ überschreibt und einem Großteil dieser Jurisdiktionen weiterhin ausdrücklich strategische Defizite in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung bescheinigt. Dagegen spricht aber, dass die FATF es hinsichtlich dieser Jurisdiktionen nicht für erforderlich hält, ihre Mitgliedsländer zu erhöhten Sorgfaltspflichten aufzurufen. Dass durch die Regelungen in der AIFM-Richtlinie und in der Umsetzung durch das KAGB insoweit stärkere Repressionen gewollt sein sollten, ist weder wahrscheinlich noch erkennbar. Nicht wahrscheinlich dürfte auch sein, dass auf die ursprüngliche Liste der nichtkooperativen Länder und Gebiete referenziert wird.18 Diese ist seit 2007 leer und wurde inhaltlich durch das jetzige Verfahren der beiden Listen ersetzt.19 Zutreffend ist wohl auf die FATF Public Statement Liste abzustellen. Insofern dürften auch sowohl Teil 1 als auch Teil 2 der Liste gemeint sein.20 Zwar wird nur bezüglich

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16 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/documents/ public-statement-june-2017.html. 17 http://www.fatf-gafi.org/publications/high-riskandnon-cooperativejurisdictions/documents/ public-statement-june-2017.html. 18 So aber Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Pauls/Schatz AIFM, Art. 36 Rn. 24 Fußnote 16. 19 Dies ergibt sich aus der Darstellung der FATF unter http://www.fatf-gafi.org/publications/ high-riskandnon-cooperativejurisdictions/more/moreabouttheinternationalco-operationreview groupicrg.html?hf=10&b=0&s=desc(fatf_releasedate). 20 So ausdrücklich auch die FCA http:// https://www.fca.org.uk/firms/nppr/supervisory-co-operationarrangements-mous; sowie die ESMA in einer Anmerkung zur Liste der bisher gezeichneten MoUs, abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/aifmd_mous_ signed_by_eu_authorities_by_16_september_15.xlsx.

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der Jurisdiktionen in Teil 1 zu Gegenmaßnahmen aufgerufen. Allerdings werden die Mitglieder der FATF bezüglich der in Teil 2 enthaltenen Liste jedenfalls zur Berücksichtigung der Risiken angehalten. Hierfür spricht auch, dass die ursprüngliche, nach dem Wortlaut des § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b) referenzierte Liste der FATF ebenfalls nicht für alle als nichtkooperative Jurisdiktionen gelistete Jurisdiktionen zu Gegenmaßnahmen aufrief. 32

3. Ausreichende Vorkehrungen. Des Weiteren müssen die Vorkehrungen nach § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3c) i.V.m. § 321 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 geeignet sein, einen Vertrieb an Privatanleger zu verhindern. Die BaFin hat in ihrem FAQ zum Vertrieb ausgeführt, welche Vorkehrungen insbesondere erforderlich sind.21 So ist in den Prospekt und alle weiteren Informationsmaterialien einschließlich Werbung ein drucktechnisch herausgestellter Hinweis entsprechend § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 aufzunehmen. Es ist unter Berücksichtigung des Vertriebswegs auch darauf zu achten, dass die betreffenden AIF nicht an Privatanleger vertrieben werden können. Beim Online-Vertrieb sind etwa getrennte und zugangsgesicherte Verkaufsportale für die jeweiligen Anlegergruppen erforderlich. Ein Hinweis gegenüber den Vertriebspartnern reicht nicht aus, erforderlich ist vielmehr eine vertragliche Verpflichtung im Vertriebsvertrag. Denn die Verwaltungsgesellschaft hat immer auch die Pflicht, sicherzustellen, dass auch ihre Vertriebspartner die Anforderungen des Gesetzes einhalten. IV. Zusätzlich bei Feeder-AIF (Abs. 1 Satz 2)

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Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, sind zusätzlich die Anforderungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 und 3 von dem Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft entsprechend einzuhalten. E. Anzeige (Abs. 2) E. Anzeige (Abs. 2)

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Eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die beabsichtigt, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten AIF im Sinne von Abs. 1 Satz 1 im Geltungsbereich des KAGB an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, hat dies der BaFin anzuzeigen. Das Anzeigeverfahren soll der BaFin die Prüfung ermöglich, ob die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.22 I. Inhalt entsprechend § 321 Abs. 1 Satz 2 (Abs. 2 Satz 2)

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§ 329 Abs. 2 Satz 2 erklärt, dass § 321 Abs. 1 Satz 2 entsprechend gilt. Somit müssen folgende Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten sein: 1. ein Geschäftsplan, der Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz enthält; 2. die Gründungsdokumente des angezeigten AIF; 3. der Name der Verwahrstelle des angezeigten AIF bzw. der Stelle oder Stellen, welche die Aufgaben nach Artikel 21 Absatz 7, 8 und 9 der AIFM-Richtlinie für den angezeigten AIF wahrnehmen; 4. eine Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF; 5. Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft, falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt; 6. alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen für jeden angezeigten AIF; 7. Angaben zu den Vorkeh-

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BaFin FAQ zum Vertrieb 1.5. RegBegr in BTDrucks. 17/12294 S. 291.

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E. Anzeige (Abs. 2)

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rungen, die getroffen wurden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden, insbesondere wenn die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für den angezeigten AIF auf unabhängige Unternehmen zurückgreift. II. Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates Gem. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 ist darüber hinaus der Anzeige einer EU-AIF-Verwaltungs- 36 gesellschaft eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache darüber beizufügen, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese der AIFM-Richtlinie entsprechen, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft über eine Erlaubnis zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie verfügt und gegebenenfalls, dass geeignete Vereinbarungen im Sinne von Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a über die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen im Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat bestehen; ist nur ein Vertrieb an professionelle Anleger beabsichtigt, muss sich die Bescheinigung nicht auf die gesamten in Art. 21 der AIFM-Richtlinie genannten Anforderungen erstrecken, sondern nur auf die in Art. 21 Abs. 7, 8 und 9 genannten Voraussetzungen. Eine in der internationalen Finanzwelt gebräuchliche Sprache ist derzeit Englisch. III. Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft Dem Anzeigeschreiben ist zudem eine Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beizufügen. Die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft muss sich zum einen in der Erklärung verpflichten, der BaFin den Jahresbericht des AIF, der den Anforderungen des Artikels 22 und gegebenenfalls des Artikels 29 der AIFM-Richtlinie entsprechen muss, spätestens sechs Monate nach Ende eines jeden Geschäftsjahres einzureichen. Der Jahresbericht muss hierbei mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein. Des Weiteren muss die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft sich in der Erklärung verpflichten, die BaFin über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung der zuständigen Stelle nach Nr. 1 zugrunde liegen, zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen. Drittens muss sich die Verpflichtung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft darauf erstrecken, der BaFin auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.

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IV. Erklärung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Der Anzeige durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss diese eine Erklä- 41 rung dahingehend beifügen, dass sie sich entsprechend Nr. 2 Buchstabe b verpflichtet. Die Erklärung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft muss also darauf gerichtet sein, dass sie sich verpflichtet, die BaFin über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind oder die der Bescheinigung der zuständigen Stelle nach Nr. 1 zugrunde liegen, zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen. 893

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§ 329

Anzeigepflicht einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft

V. Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige 42

Ein Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige ist selbiger beizufügen. Dies kann z.B. ein Scan des Überweisungsträgers sein.23 VI. Zusätzlich bei Feeder-AIF

Abs. 3 statuiert weitere erforderliche Inhalte der Anzeige, wenn der angezeigte AIF ein Feeder-AIF ist. 44 Der Anzeige sind in diesem Fall zusätzlich in Bezug auf den Master-AIF und seine Verwaltungsgesellschaft Angaben und Dokumente entsprechend Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 oder, sofern es sich bei der Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt, Angaben und Dokumente entsprechend § 22 Absatz 1 Nr. 1 bis 9 und 13 beizufügen. Zudem sind alle weiteren wesentlichen Angaben über die Verwahrstelle oder die Stellen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b beizufügen. Die Angaben entsprechend § 321 Abs. 1 Satz 2 sind auf den Master-AIF zu erstrecken. 45 Die Erklärung nach Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 hat sich auch auf den Master-AIF und 46 seine Verwaltungsgesellschaft zu beziehen. F. Prüfung und Entscheidung der BaFin (Abs. 4) 43

F. Prüfung und Entscheidung der BaFin (Abs. 4) Fremdsprachige Unterlagen sind in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies die Prüfung der eingereichten Unterlagen in den in Abs. 4 Satz 2 genannten Fristen ermöglichen.24 Hinsichtlich des Verfahrens verweist Satz 2 auf § 321 Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 4. Hierbei 48 trägt die auf 30 Arbeitstage verlängerte Frist dem Umstand Rechnung, dass bei ausländischen AIF geprüft werden muss, ob geeignete Vereinbarungen im Sinne von Abs. 1 Nr. 3a vorliegen.25 Um dies feststellen zu können müsste die BaFin mit der zuständigen Stelle im Drittstaat Kontakt aufnehmen und die Frage klären, welche Informationen die BaFin von der zuständigen Stelle über den angezeigten AIF und seine Verwaltungsgesellschaft erhalten kann.26 Eine Fristverlängerung ist auch dann erforderlich, wenn es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, da in diesem Fall sowohl Feeder-AIF als auch Master-AIF Gegenstand der Prüfung sind.27 Ist die den Master-AIF verwaltende Verwaltungsgesellschaft eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, beträgt die Frist fünf Monate, sonst zwei Monate. 47

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Vgl. BaFin Merkblatt (2013) zu § 323 VI. RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 292. RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 291. RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 291. RegBegr BTDrucks. 17/12294 S. 291.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 330

§ 330 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beim beabsichtigten Vertrieb von ihr verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland § 330 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Ebel/Izzo-Wagner/Baas Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

(1) 1Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an von einer ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an professionelle oder semiprofessionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist zuhttps://doi.org/10.1515/9783110492217-117 lässig, wenn 1. bei einem Vertrieb an professionelle Anleger a) die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft den Anforderungen des § 35 und gegebenenfalls der §§ 287 bis 292 entsprechen, b) die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft eine oder mehrere Stellen benannt hat, die die Aufgaben nach Artikel 21 Absatz 7 bis 9 der Richtlinie 2011/61/EU wahrnehmen, die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft diese Aufgaben nicht selbst wahrnimmt und sie diese Stelle oder Stellen der Bundesanstalt angezeigt hat und c) die in § 307 Absatz 1 und 2 Satz 1 sowie § 308 vorgesehenen Pflichten zur Unterrichtung der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten oder des Anlegers ordnungsgemäß erfüllt werden; 2. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese den in diesem Gesetz umgesetzten Anforderungen der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen; 3. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger a) geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, und gegebenenfalls den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, und den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-AIF bestehen; die Vereinbarungen müssen aa) der Überwachung der Systemrisiken dienen, bb) im Einklang mit den internationalen Standards und den Artikeln 113 bis 115 der Verordnung (EU) Nr. 231/2013 [Level-2-Verordnung gemäß Artikel 42 Absatz 3 der Richtlinie 2011/61/EU] stehen und cc) einen effizienten Informationsaustausch gewährleisten, der es der Bundesanstalt ermöglicht, ihre in der Richtlinie 2011/61/EU festgelegten Aufgaben zu erfüllen; b) weder der Drittstaat, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat noch der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete steht, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde; c) die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 geeignet sind, einen Vertrieb an Privatanleger zu verhindern. 2 Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, sind zusätzlich die Anforderungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 und 3 von dem Master-AIF und dessen Verwaltungsgesellschaft entsprechend einzuhalten. 895 https://doi.org/10.1515/9783110492217-117

Ebel/Izzo-Wagner/Baas

§ 330

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

(2) 1Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2§ 321 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Darüber hinaus sind der Anzeige folgende Dokumente und Angaben beizufügen: Izzo-Wagner/Baas 1. alle wesentlichen Angaben über a) die Verwaltungsgesellschaft des angezeigten AIF und ihre Organe sowie b) die Verwahrstelle oder die Stellen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b, einschließlich der Angaben entsprechend § 22 Absatz 1 Nummer 13; 2. eine Erklärung der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft darüber, dass sie sich verpflichtet, a) der Bundesanstalt den Jahresbericht des AIF, der den Anforderungen des Artikels 22 und gegebenenfalls des Artikels 29 der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen muss, spätestens sechs Monate nach Ende jedes Geschäftsjahres einzureichen; der Jahresbericht muss mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen sein; b) die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen von Umständen, die bei der Vertriebsanzeige angegeben worden sind, zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen; c) der Bundesanstalt auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen und gegenüber der Bundesanstalt die sich aus Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 ergebenden Melde- und Informationspflichten zu erfüllen; 3. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger zusätzlich die Angaben und Unterlagen entsprechend § 22 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 in Bezug auf die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft; 4. der Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige. (3) Ist der angezeigte AIF ein Feeder-AIF, 1. sind der Anzeige zusätzlich in Bezug auf den Master-AIF und seine Verwaltungsgesellschaft Angaben und Dokumente a) entsprechend Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 sowie entsprechend § 321 Absatz 1 Satz 2 und b) bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger aa) entsprechend Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 in Bezug auf die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern der Master-AIF von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, oder bb) eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaates in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des Master-AIF durch diese der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen, sofern der Master-AIF von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, beizufügen und 2. muss sich die Erklärung nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 auch auf den Master AIF und seine Verwaltungsgesellschaft erstrecken. (4) 1Fremdsprachige Unterlagen sind in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen. 2§ 316 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss und dass die in § 316 Absatz 3 Satz 1 genannte Frist Izzo-Wagner/Baas

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Gesetzesmaterialien

§ 330

1.

bei einem Vertrieb an professionelle Anleger, a) für den Fall, dass der angezeigte AIF kein Feeder-AIF ist, zwei Monate, b) für den Fall, dass der angezeigte AIF ein Feeder-AIF ist, aa) dessen Master-AIF nicht von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, drei Monate, bb) dessen Master-AIF von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, vier Monate, 2. bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger a) für den Fall, dass der angezeigte AIF kein Feeder-AIF ist, vier Monate, b) für den Fall, dass der angezeigte AIF ein Feeder-AIF ist, aa) dessen Master-AIF nicht von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, fünf Monate, bb) dessen Master-AIF von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet wird, acht Monate beträgt. (5) 1Hat die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF zum Vertrieb an semiprofessionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach Absatz 2 Satz 1 angezeigt, so prüft die Bundesanstalt bei der Anzeige eines weiteren AIF der gleichen Art nicht erneut das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 mit Ausnahme der Artikel 22 und 23 der Richtlinie 2011/61/EU, wenn die anzeigende AIF-Verwaltungsgesellschaft im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf die gemäß Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 und 3 gemachten Angaben seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind. 2In diesem Fall sind die in Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 und 3 genannten Angaben nicht erforderlich und die in Absatz 4 Nummer 2 genannten Fristen für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger verkürzen sich jeweils um zwei Monate. Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagegesetzbuch, DStR 2013 1483; Verband der Auslandsbanken in Deutschland e.V. Investmentbusiness in Germany, 2014; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds – Regelungsrahmen für den Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland nach dem RegE zur Umsetzung der AIFM-RL, DB 2013 273.

Gesetzesmaterialien Gesetzesmaterialien Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM-Richtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014; Merkblatt „zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an professionelle oder semiprofessionelle Anleger in

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§ 330

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 330 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 20. Juli 2015; Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Einrichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 7 Tatbestand | 11 I. Anwendungsbereich (Abs. 1) | 15 1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 17 2. Vertrieb ausländischer AIF oder EU-AIF im Inland | 18 3. Vertrieb an professionelle Anleger (Abs. 1 Nr. 1) | 29 a) Anforderungen nach § 35 und §§ 287 bis 292 (Nr. 1 lit. a) | 34 b) Stelle nach Art. 21 Abs. 7 bis 9 der Richtlinie 2011/61/EU (Nr. 1 lit. b) | 36 c) Pflichten zur Unterrichtung (Nr. 1 lit. c) | 38 4. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Nr. 2) | 40 5. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger (Abs. 1 Nr. 3) | 45 a) Vereinbarungen über die Zusammenarbeit (Nr. 3 lit. a) | 47

b)

II.

III. IV.

V.

Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete (Nr. 3 lit. b) | 50 c) Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Nr. 3 lit. c) | 51 6. Anforderungen an Master-AIF (Abs. 1 S. 2) | 53 Vertriebsanzeige (Abs. 2) | 54 1. Anzeigeschreiben (§ 321 Abs. 1 Satz 2) | 56 2. Wesentliche Angaben (Abs. 2 Nr. 1) | 57 3. Erklärung der ausländischen Verwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2) | 58 4. Zusätzliche Angaben (Abs. 2 Nr. 3) | 60 5. Nachweis über Zahlung der Anzeige-Gebühr (Abs. 2 Nr. 4) | 63 Feeder-AIF (Abs. 3) | 64 Fremdsprachige Unterlagen und Bearbeitungsfristen (Abs. 4) | 67 Anmeldung eines weiteren AIF zum Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 5) | 70

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Vorschrift des § 330 stellt die Voraussetzungen und Pflichten beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft im Inland (= Deutschland) dar. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit

2

Die Vorschrift des § 330 befindet sich allgemein in Kapitel 4 des KAGB, welcher die allgemeinen Bestimmungen betreffend den Vertrieb von Fondsanteilen regelt. Der Abschnitt 3 Unterabschnitt 2, in welchem § 330 genau angesiedelt ist, beschäftigt sich wiederum mit den Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Innerhalb dieses Unterabschnittes 2 (§§ 321 bis 330a) sind die verschiedenen Vertriebsanzeigen für den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger danach zu differenzieren, ob der Vertrieb durch Izzo-Wagner/Baas

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A. Allgemeines

§ 330

eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgen soll. Dieser Differenzierung folgend sieht das KAGB auch im Hinblick auf die zeitliche Anwendbarkeit ab Inkrafttreten des KAGB teilweise eine sofortige und teilweise eine in zeitlicher Hinsicht gestreckte Anwendbarkeit der Vertriebsanzeige-Vorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatenbezuges vor. Ein solcher Drittstaatenbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten-AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug (an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland) sehen die maßgeblichen Vorschriften des KAGB nunmehr ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor (vgl. § 295 Abs. 2 und 3 KAGB i.V.m. Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU). Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und -AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EU-Kommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten.1 Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Das Regime, welches nach diesem Rechtsakt für einen Vertrieb mit Drittstaatenbezug gelten wird, wird das dann zwingende Regime des EU-Passportes sein.2 Der deutsche Gesetzgeber ist damit über die Vorgaben der Richtlinie 2011/61/EU hinaus gegangen, welche die Möglichkeit vorsieht, dass nationale Vertriebsregeln bis 2018 neben dem EU-Passport-Regime parallel bestehen bleiben.3 Nach der oben dargelegten Systematik bzw. der Regelung des § 295 Abs. 2 und 3 unterfällt die Vorschrift des § 330 dem unmittelbar anwendbaren Regime und ist damit die in der Übergangszeit anwendbare Norm für den inländischen Vertrieb (von ausländischen AIF bzw. EU-AIF) an semiprofessionelle und professionelle Anleger durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft.4 Nach dieser Übergangszeit bis zum Erlass des erforderlichen delegierten Rechtsaktes wird § 330 keine Anwendung mehr erfahren und für den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften werden stattdessen die Vorschriften der §§ 325, 326, 327 und 328 gelten.

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5

6

II. Normentstehung und Grundlagen Nach der Begründung des Regierungsentwurfs des KAGB dient die Vorschrift des 7 § 330 der fakultativen Umsetzung von Art. 42 der Richtlinie 2011/61/EU.5 Art. 42 Abs. 1

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1 ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application of the AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs, ESMA/2016/1140 v. 12. September 2016. 2 Es ist beabsichtigt, dass nach einer zweijährigen Übergangszeit nach Inkrafttreten des KAGB am 22. Juli 2013 das europaweit geltende Management- und Vertriebspass-System für ausländische AIFVerwaltungsgesellschaften angewendet werden soll; vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 3 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 295 Abs. 2 S. 511: „Von der in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit, während einer zwischen diesen Zeitpunkten liegenden Übergangsfrist alle Verfahren parallel zuzulassen, wird kein Gebraucht gemacht.“ 4 Vgl. auch „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016. 5 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 330 S. 535 ff.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

der Richtlinie 2011/61/EU stellt es den Mitgliedstaaten frei, ob sie den Vertrieb von AIF, die von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an professionelle Anleger in ihrem Staatsgebiet zulassen oder nicht. Dementsprechend ermöglicht diese Regelung grundsätzlich einen Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF, die von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an professionelle Anleger. Art. 42 Abs. 2 sieht weiter vor, dass die in Absatz 1 aufgezählten Anforderungen lediglich Mindestanforderungen sind und die Mitgliedstaaten bei Anwendung von Art. 42 entsprechend die Möglichkeit haben, zusätzliche weitergehende Anforderungen zu stellen.6 8 Zudem werden die semiprofessionellen Anleger durch diese Regelung den professionellen Anlegern im Wesentlichen gleichgestellt.7 § 330 Abs. 1 enthält entsprechend Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vertriebs 9 der genannten AIF und differenziert dabei zwischen einem Vertrieb an professionelle Anleger und einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger. In Satz 2 enthält § 330 Abs. 1 zusätzliche Anforderungen an Feeder-AIF. Hintergrund dessen ist wiederum, dass aus Art. 31 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 32 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 35 Abs. 1 und 2 und Art. 36 der Richtlinie 2011/61/EU folgt, dass bestimmte Anforderungen der Richtlinie 2011/61/ EU, insbesondere an ausländische AIF und ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, nicht über eine Master-Feeder-Konstruktion umgangen werden sollen.8 Da Art. 42 es Mitgliedstaaten gerade ermöglicht, für die Übergangszeit ein nationales 10 Platzierungsregime zu führen, sind die Bestimmungen des Art. 42 gemäß Art. 66 Abs. 2 auch ab dem 22. Juli 2013 anzuwenden. Die Anwendbarkeit endet als Interimsregelung spätestens zum im delegierten europäischen Rechtsakt bezeichneten Zeitpunkt. Spiegelbildlich erfährt auch die Vorschrift des § 330 Abs. 1 mit Inkrafttreten des KAGB unmittelbar Anwendung.9 Entsprechend führt die Bundesanstalt in ihrer Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, bereits weiter konkretisierend zur Anzeige nach § 330 aus.10 Ferner veröffentlichte die BaFin mit Stand vom 20. Juli 2015 ein Merkblatt „zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an professionelle oder semiprofessionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 330 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“.11 B. Tatbestand B. Tatbestand 11

Aufgrund der Regelung des Vertriebs von ausländischen und EU-AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland durch ausländische AIF-Verwaltungsge-

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6 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Zeller AIFM, Art. 42 Rn. 6. 7 Wobei berücksichtigt werden musste, dass es sich bei den semiprofessionellen Anlegern um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU handelt, an die nur gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltete AIF vertrieben werden dürfen. 8 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 330 S. 535 ff. 9 Es kommt damit zu einer gewissen Harmonisierung der nationalen Platzierungsregimes auch bei Drittlandbezug ab dem 22. Juli 2013; vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Zeller AIFM Art. 42 Rn. 2 und Klebeck/Meyer RdF 2012 95 (100 f.). 10 „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293, unter 2.4. 11 „Merkblatt zum Vertrieb nach § 330 KAGB (ausländische AIF oder EU-AIF) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 12. August 2014, zuletzt geändert am 20. Juli 2015.

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B. Tatbestand

§ 330

sellschaften in § 330 hat die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft in entsprechender Anwendung des § 321 Abs. 1 Satz 2 KAGB die Absicht, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten ausländischen oder EU-AIF im Inland zu vertreiben, der Bundesanstalt anzuzeigen. Ferner bestehen gemäß § 330 Abs. 2 Satz 2 Informationspflichten der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft gegenüber der Bundesanstalt. Im Ergebnis ist ein Vertrieb unter der Vorschrift des § 330 nur möglich, wenn (1) ent- 12 sprechende Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und der Aufsichtsbehörde des Drittstaates bestehen, die einen effizienten Informationsaustausch gewährleisten,12 (2) weder der Drittstaat, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, noch der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete steht, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde13 und (3) geeignete Vorkehrungen bestehen, einen Vertrieb an Privatanleger zu verhindern.14 Bezüglich des Vertriebs an die Anlegergruppe der professionellen Anleger hat sich 13 die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft zu verpflichten, eine Verwahrstelle zu benennen, der Bundesanstalt gegenüber die Meldepflichten aus § 35 zu erfüllen und die Informationspflichten aus § 307 zur Verfügung zu stellen. Beim Vertrieb an semiprofessionelle Anleger hat die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft entsprechend § 329 Abs. 1 Satz 2 den im KAGB umgesetzten Anforderungen der Richtlinie 2011/61/EU zu entsprechen (§ 296 Abs. 1 Nr. 2). Der Beginn des Vertriebs kann nach entsprechender Mitteilung der Bundesan- 14 stalt an die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgen. Die Mitteilungsfrist beträgt, je nach Vertriebskonstellation zwischen zwei und acht Monaten (§ 330 Abs. 4 Satz 2). I. Anwendungsbereich (Abs. 1) Der Anwendungsbereich des § 330 ist eröffnet, wenn ein Vertrieb von Anteilen oder 15 Aktien an ausländischen AIF oder an EU-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich des KAGB durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt ist. Im Grundsatz ist ein solcher Vertrieb zulässig, wenn die in § 330 Abs. 1 genannten 16 Voraussetzungen gegeben sind. 1. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft. Bei der vertreibenden Verwal- 17 tungsgesellschaft muss es sich um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft handeln. Nach § 1 Abs. 18 sind ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die den Anforderungen an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen. Nach der Gesetzesbegründung sind ausländische Verwaltungsgesellschaften der Oberbegriff für externe und interne Verwaltungsgesellschaften, die AIF verwalten und ihren Sitz in einem Drittstaat haben.15 Nach § 1 Abs. 19 Nr. 5 sind Drittstaaten alle Staaten, die nicht Mitgliedstaat der

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Siehe auch Rn. 47 ff. Siehe auch Rn. 50. Siehe auch Rn. 51 f. Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 18 S. 370.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.16 18

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2. Vertrieb ausländischer AIF oder EU-AIF im Inland. Bei den zu vertreibenden Anteilen muss es sich entweder um Anteile oder Aktien an ausländischen AIF oder Anteile oder Aktien an EU-AIF handeln. Nach der Definition des § 1 Abs. 9 handelt es sich bei ausländischen AIF um AIF, die dem Recht eines Drittstaates unterliegen. Hierbei entspricht die Definition von ausländischen AIF den Definitionen von inländischem Investmentvermögen und EU-Investmentvermögen.17 Die Definition von EU-Investmentvermögen findet sich wiederum in § 1 Abs. 8, wonach dies Investmentvermögen sind, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen.18 Nach der Definition der Richtlinie 2011/61/EU in Art. 4 Abs. 1 lit. aa ist ein Nicht-EUAIF (– in den Begrifflichkeiten des KAGB ein ausländischer AIF –) ein AIF, der kein EUAIF ist. Die eigentliche Definition erfolgt damit über einen Umkehrschluss. Der EU-AIF wird in Art. 4 Abs. 1 lit. k (i) definiert als ein AIF, der nach nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert ist. Sollte der AIF in einem Drittstaat und gleichzeitig auch in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sein, so gilt ein solcher AIF als EU-AIF.19 Ist der AIF in keinem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert, ist gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. k (ii) ein EU-AIF gegeben, wenn sein satzungsmäßiger Sitz oder dessen Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat liegt. Die Hauptverwaltung wird wiederum unter Anlehnung an Anhang 1 Nr. 1 lit. a und b der Richtlinie dort anzunehmen sein, wo die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement des AIF hauptsächlich getätigt wird.20 Vor diesem Verständnis der Richtlinie scheint es unbeachtlich zu sein, wenn ein solcher AIF in einem Drittstaat zugelassen oder registriert ist.21 § 330 setzt schließlich den Vertrieb der oben genannten AIF-Anteile im Inland voraus. Nach der Definition des Vertriebs in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.22 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen“. Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Wunsch bzw. Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.23

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16 Diese Definition entspricht der Definition im aufzuhebenden § 2 Abs. 12 InvG; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 19 Nr. 5 S. 370. 17 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 9 S. 369. 18 Spiegelbildliche Definition zur Definition von inländischen Investmentvermögen; vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 8 S. 369. 19 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 15 bzw. Dornseifer/Jesch/ Klebeck/Tollmann/Tollmann Art. 4 Abs. 1 lit. k Rn. 22 ff. 20 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 21 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 22 Vgl. auch Kommentierung zum § 293. 23 Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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B. Tatbestand

§ 330

Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebes sind nach Satz 2 des § 293 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse oder die Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvStG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ausschließlich Informationen der regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht Satz 3 der Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber dieser Anlegergruppe nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppen der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der Richtlinien-Definition in Art. 4 Abs. 1x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“. Hieraus (= „oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt auch die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum fallen. Für das „Platzieren“ erfordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das Wort „Vertrieb“ impliziere eine auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“). Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investment nicht angebotsreif sind. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb nicht die Veräußerung eigener Anteile oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolge, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliege, wenn einem Anleger der Er903

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

werb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 2 Nr. 6 (= gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und ausschließliche Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern). 29

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3. Vertrieb an professionelle Anleger (Abs. 1 Nr. 1). Die unter Nummer 1 von § 330 Abs. 1 Satz 1 aufgeführten Voraussetzungen dienen der Umsetzung von Art. 42 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/61/EU und gilt nur für den Vertrieb an professionelle Anleger, wobei entsprechend Art. 36 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. a der Richtlinie 2011/61/EU zusätzlich Stellen gefordert werden, die die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7, 8 und 9 der Richtlinie 2011/61/EU wahrnehmen.24 Aufgrund der Differenzierung in § 330 zwischen dem Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger regelt Nummer 1 von § 330 Abs. 1 Satz 1 zunächst auch nur den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF (ausschließlich) an professionelle Anleger. Der dem § 330 zugrundeliegende Art. 42 der Richtlinie 2011/61/EU geht ebenfalls vom Vertrieb durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften an professionelle Anleger aus. Der Vertrieb von ausländischen AIF an Kleinanleger wird von der Richtlinie gar nicht reguliert. Die Regulierung der Kleinanleger obliegt vielmehr auch unter dem Regime der Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten und ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden. So präzisiert (einzig) Art. 43 der Richtlinie, dass es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber freisteht, den Vertrieb von AIF an Kleinanleger in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten und einen solchen Vertrieb entsprechend Auflagen zu unterwerfen, die strenger sind als die Auflagen für AIF, die in ihrem Hoheitsgebiet an professionelle Anleger vertrieben werden. Der deutsche Gesetzgeber hat hieraus den Schluss gezogen, dass es sich bei den Vorgaben der Richtlinie an den Vertrieb an professionelle Anleger entsprechend um eine Art Mindeststandard handelt.25 Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers26 wurde erst mit dem Regierungsentwurf zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass gewisse vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID zu hoch sind.27 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. a) Anforderungen nach § 35 und §§ 287 bis 292 (Nr. 1 lit. a). Im Hinblick auf die konkreten Voraussetzungen für den Vertrieb an professionelle Kunden unter Absatz 1

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24 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 330 S. 535 ff. bzw. s. auch Rn. 35. 25 Vgl. Gesetzesbegründung Allgemeiner Teil, Abschnitt I. A. Ziffer 8 S. 357 – „Für die Anzeigeverfahren beim Vertrieb von AIF an Privatanleger wird als Mindeststandard auf die Vorschriften der AIFM-RL zurückgegriffen. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten werden für den Vertrieb jedoch strengere Regeln aufgestellt.“ Diesem Ansatz scheinen jedoch diverse andere Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Großbritannien nicht zu folgen. 26 Vgl. auch Rn. 41. 27 S. auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33.

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B. Tatbestand

§ 330

des § 330 ist unter lit. a zunächst verlangt, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft den Anforderungen des § 35 und gegebenenfalls den Anforderungen der §§ 287 bis 292 entsprechen. Bei § 35 handelt es sich um die Meldepflichten von AIF-Verwaltungsgesellschaften, welche wiederum im Wesentlichen die Vorgaben aus Art. 24 der Richtlinie 2011/61/EU umsetzen. Diese Meldepflichten gegenüber der Bundesanstalt umfassen beispielsweise die Unterrichtung über die wichtigsten Märkte und Instrumente, auf bzw. mit denen die Verwaltungsgesellschaft handelt.28 Die §§ 287 bis 292 stellen wiederum die besonderen Vorschriften für AIF dar, die die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen und Emittenten erlangen.29 Der den unter Nummer 1 aufgeführten Voraussetzungen zugrundeliegende Art. 42 35 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. a der Richtlinie 2011/61/EU sieht entsprechend vor, dass die Transparenzanforderungen des Kapitels IV der Richtlinie zu erfüllen sind. Diese sind unter anderem Art. 22 zum Jahresbericht, Art. 23 zu den Informationspflichten gegenüber Anlegern und Art. 24 zu den Informationspflichten gegenüber den zuständigen Behörden.30 Ist der verwaltete AIF wiederum ein hebelfinanzierter AIF oder ein AIF, der die Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen oder Emittenten erlangt, müssen auch die Vorschriften des Kapitels V der Richtlinie (Art. 26 bis 30) erfüllt werden.31 b) Stelle nach Art. 21 Abs. 7 bis 9 der Richtlinie 2011/61/EU (Nr. 1 lit. b). Nach 36 Unterziffer 1 lit. b von § 330 Abs. 1 Satz 1 muss die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft eine oder mehrere Stellen benannt haben, die die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7 bis 9 der Richtlinie 2011/61/EU wahrnehmen, wenn die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft diese Aufgaben nicht selbst wahrnimmt. Diese Stellen sind der Bundesanstalt anzuzeigen. Art. 21 Abs. 7 bis 9 der Richtlinie sind zentrale Pflichten bzw. Funktionen der Verwahrstelle, welche wiederum ihren Niederschlag in § 83 Abs. 6 und § 81 Abs. 1 KAGB gefunden haben.32 In ihrer Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Invest- 37 mentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013 in der Fassung vom 13. Juli 2016 nimmt die Bundesanstalt unter Ziffer 2.4.3. auch Stellung zu der Frage, inwieweit die Stelle, die die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7 bis 9 der Richtlinie im Sinne des § 330 (und des § 329) auch ihren Sitz in dem Herkunftsstaat des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft haben muss. Nach Auffassung der Bundesanstalt muss diese Stelle ihren Sitz nicht in dem Herkunftsstaat des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft haben. Die Vorschriften forderten die Benennung einer Stelle, die die Aufgaben nach Art. 21 Abs. 7 bis 9 wahrnimmt. Die Bestimmung über den Sitz der Verwahrstelle sei hingegen in Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie geregelt (Herkunftsstaat des AIF oder der AIF-Verwaltungsgesellschaft). Auf letzteren verwiesen die Vorschriften der §§ 330 und 329 allerdings nicht. Die Bundesanstalt führt weiter aus, dass soweit das KAGB (z.B. in §§ 80 ff. (auch in Verbindung mit § 54 Abs. 5 für die Verwaltung von inländischen Spezial-AIF)) oder die Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten weitergehende Vorgaben in Bezug auf die zu benennende Verwahrstelle enthielten, diese Vorgaben nicht durch die Mindestvoraussetzungen für den Vertrieb nach § 330 (oder § 329) abbedungen würden.

_____ 28 29 30 31 32

905

Vgl. auch Kommentierung zu § 35. Siehe auch Kommentierung zu den entsprechenden Paragraphen. Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Zeller AIFM, Art. 42 Rn. 2. Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Zeller AIFM, Art. 42 Rn. 3. Siehe entsprechend Kommentierung zu §§ 83 und 81.

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§ 330

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

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c) Pflichten zur Unterrichtung (Nr. 1 lit. c). Nummer 1 lit. c sieht wiederum vor, dass die in § 307 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie § 308 vorgesehenen Pflichten zur Unterrichtung der am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie Interessierten ordnungsgemäß erfüllt werden. Aufgrund der Streichung des § 297 Abs. 4 wurde Nr. 1 lit. c im Rahmen des OGAW-V-UmsG entsprechend angepasst und verweist von nun an lediglich auf § 307 Abs. 1 und 2 Satz 1. 39 Die Vorschrift des § 307 enthält in Absatz 1 einen umfassenden Katalog an Informationspflichten, welche durch die vertreibende Stelle gegenüber professionellen (und semiprofessionellen) Anlegern zu erfüllen sind. Dieser Absatz setzt Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU um und sieht entsprechend das zur Verfügung Stellen von Unterlagen und Informationen wie den Jahresbericht, eine Beschreibung der Anlagestrategie und der Ziele des AIF, eine Beschreibung der Art der Vermögenswerte etc. vor.33 § 308 sieht weitere sonstige Informationspflichten vor und setzt hierbei Art. 22 der Richtlinie um. § 297 Abs. 4 verlangt in Umsetzung von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie, dass der am Erwerb Interessierte auf eine bestehende Vereinbarung hinzuweisen ist, die die Verwahrstelle zu einer Haftungsfreistellung nach § 77 Abs. 4 oder § 88 Abs. 4 ermächtigt.

40

4. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 1 Nr. 2). Nummer 2 von § 330 Abs. 1 Satz 1 enthält abweichend von Nummer 1 zusätzliche Anforderungen für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger. 41 Ein semiprofessioneller Anleger ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIFVerwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft ist, sofern er in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger qualifiziert, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren.

_____ 33

Siehe auch Kommentierung zu § 307.

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B. Tatbestand

§ 330

Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem 42 professionellen Anleger gleich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Spezial-AIF und EU-AIF.34 Nummer 2 von § 330 Abs. 1 Satz 1 bringt zum Ausdruck, dass es sich bei den semi- 43 professionellen Anlegern um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU handelt, und daher an diese nur gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltete AIF vertrieben werden dürfen.35 Dieser Grundsatz wird auch von der Bundesanstalt in ihrer Veröffentlichung „Häu- 44 fige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, unter Ziffer 2.4.1. klargestellt. Die Bundesanstalt stellt fest, dass nach § 330 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (und § 329 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) bei einem Vertrieb an semiprofessionelle Anleger die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des AIF durch diese den im KAGB umgesetzten Anforderungen der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen muss und demnach alle Anforderungen der Richtlinie 2011/61/EU eingehalten werden müssen. 5. Vertrieb an semiprofessionelle Anleger oder professionelle Anleger (Abs. 1 45 Nr. 3). Nummer 3 enthält wiederum Anforderungen, die für den Vertrieb sowohl an professionelle Anleger als auch an semiprofessionelle Anleger gelten. Lit. a und b setzen dabei Art. 42 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. b und c um. Lit. c wiederholt 46 die Anforderung aus § 295 Abs. 1 Satz 3.36 a) Vereinbarungen über die Zusammenarbeit (Nr. 3 lit. a). Der Vertrieb unter der 47 Vorschrift des § 330 erfordert eine geeignete Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat. Gegebenenfalls ist eine solche Vereinbarung auch mit den zuständigen Stellen des Drittstaates erforderlich, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat und den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-AIF. Diese Art der Vereinbarungen müssen der Überwachung der Systemrisiken dienen, im Einklang mit den internationalen Standards und den Art. 113 bis 115 der Verordnung (EU) Nr. 231/201337 [Level 2 Verordnung gemäß Art. 42 Abs. 3 der Richtlinie 2011/61/EU] stehen und einen effizienten Informationsaustausch gewährleisten, der es der Bundesanstalt ermöglicht, ihre in der Richtlinie 2011/61/EU festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Der der Vorschrift zugrunde liegende Art. 42 sieht in seinem Absatz 1 Unterabsatz 2 48 vor, dass für den Fall, dass eine für einen EU-AIF zuständige Behörde die gemäß Unterabsatz 1 lit. b von Art. 42 geforderte Vereinbarung über die Zusammenarbeit nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums abschließt, sich die für die Beaufsichtigung des Vertriebs zuständigen Behörden an die ESMA wenden können. ESMA kommen gemäß Art. 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/201038 zum Zweck der Beilegung von Meinungsver-

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34 Volhard/Jang DB 2013 273 (274); bzw. Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33. S. ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. c. 35 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 330 S. 535 ff. 36 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 330 S. 535 ff. 37 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung. 38 Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Einrichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und

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§ 330

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

schiedenheiten zwischen zuständigen Behörden in grenzüberschreitenden Fällen besondere Befugnisse zu, die eine Schlichtung ermöglichen sollen.39 Mit Datum vom 22. Juli 2013 hat die Bundesanstalt ein erstes „Merkblatt zu Vereinba49 rungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU“ veröffentlicht. Mit Stand zum 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014, führt die Bundesanstalt hierin diejenigen Drittstaaten-Länder auf, mit denen sie bereits bilaterale Kooperationsvereinbarungen (Memorandum of Understanding) abgeschlossen hat. Im Weiteren gibt die Bundesanstalt im Merkblatt Empfehlungen für ein Vorgehen vor, für den Fall, dass bestimmte Geschäfte ((1) Auslagerung von Risk oder Portfoliomanagement in einem Drittstaat, (2) Verwaltung von ausländischen AIF durch eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, (3) Vertrieb von AIF in einem Drittstaat) mit einen Drittstaat geplant sind, die sich (noch) nicht auf der Liste befinden. 50

b) Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete (Nr. 3 lit. b). Nach Nummer 3 lit. b von § 330 Abs. 1 darf weder der Drittstaat, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, noch der Drittstaat, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, auf der Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete stehen, die von der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahme gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ aufgestellt wurde.

51

c) Vorkehrungen zur Verhinderung des Vertriebs an Privatanleger (Nr. 3 lit. c). Nummer 3 lit. c fordert über einen Verweis auf § 321 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebes an Privatanleger. 52 Zu diesem Erfordernis führt die Bundesanstalt unter Ziffer 1.5. in ihrer Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, aus, dass insbesondere folgende Vorkehrungen erforderlich sind: (1) In den Prospekt und alle weiteren Informationsmaterialien einschließlich Werbung ist ein drucktechnisch herausgestellter Hinweis entsprechend § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 aufzunehmen. (2) Es ist unter Berücksichtigung des Vertriebswegs auch darauf zu achten, dass die betreffenden AIF nicht an Privatanleger vertrieben werden können. Beim Online-Vertrieb sind etwa getrennte und zugangsgesicherte Verkaufsportale für die jeweiligen Anlegergruppen erforderlich. (3) Ein Hinweis gegenüber den Vertriebspartnern reicht nicht aus, erforderlich ist vielmehr eine vertragliche Verpflichtung im Vertriebsvertrag. Denn die Verwaltungsgesellschaft hat immer auch die Pflicht, sicherzustellen, dass auch ihre Vertriebspartner die Anforderungen des Gesetzes einhalten.40 53

6. Anforderungen an Master-AIF (Abs. 1 Satz 2). Handelt es sich bei dem ausländischen AIF um einen Feeder-AIF, so hat dessen Master-AIF die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 und 3 zu beachten, wobei es unerheblich ist, ob der Master-

_____ Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission. 39 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Zeller AIFM, Art. 42 Rn. 6. 40 Siehe auch Ausführungen unter Ziffer V. des „Merkblatts zum Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen Spezial-AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an semiprofessionelle und professionelle Anleger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 323 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)“ der Bundesanstalt vom 17. Juli 2013; s. im Übrigen auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Kommentierung zu § 321.

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B. Tatbestand

§ 330

AIF oder deren Verwaltungsgesellschaft in der EU ansässig sind.41 Eine Prüfung des Abs. 1 Nr. 3a findet mangels Drittstaatenbezug jedoch nicht statt, sofern es sich bei der Master-AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft um eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt. Sollten die Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF, sowie der Master-AIF aus einem Drittstaat stammen, so ist auf die Kooperationsvereinbarung zwischen der BaFin und dem Herkunftsstaat der Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF abzustellen. Sollten die Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF und der Master-AIF aus unterschiedlichen Drittstaaten stammen, so ist auf die Kooperationsvereinbarungen beider Herkunftsstaaten abzustellen. Handelt es sich um eine EUVerwaltungsgesellschaft und um einen ausländischen Master-AIF, so bedarf es einer Kooperationsvereinbarung mit beiden zuständigen Stellen der Herkunftsstaaten. Gleiches gilt, wenn es sich um eine ausländische Kapitalverwaltungsgesellschaft und um einen EU-Master-AIF handelt.42 II. Vertriebsanzeige (Abs. 2) Wie bei allen anderen Vertriebskonstellationen nach dem KAGB wird in Absatz 2 von 54 § 330 für den Vertrieb der in Absatz 1 Satz 1 genannten AIF ein Anzeigeverfahren erforderlich, um der Bundesanstalt die Prüfung zu ermöglichen, ob die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.43 Hierbei gilt § 321 Abs. 1 Satz 2 entsprechend und gibt damit vor, welche Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung in dem Anzeigeschreiben enthalten sein müssen. Die gemäß Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 und gegebenenfalls 3 dem Anzeigeschreiben 55 zusätzlich beizufügenden Angaben und Dokumente sind erforderlich, um der Bundesanstalt eine wirksame Prüfung der Anforderungen nach Absatz 1 zu ermöglichen.44 Hinsichtlich der Konkretisierung der notwendigen Anforderungen veröffentlichte die BaFin ein Merkblatt über den Vertrieb gemäß § 330 KAGB.45 1. Anzeigeschreiben (§ 321 Abs. 1 Satz 2). Durch den Verweis auf die entsprechen- 56 de Anwendung von § 321 Abs. 1 Satz 2 sind dem Anzeigeschreiben gegenüber der Bundesanstalt folgende Angaben und Unterlagen beizufügen: (1) Geschäftsplan mit Angaben zum angezeigten AIF sowie zu seinem Sitz, (2) Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des angezeigten AIF, (3) Name der Verwahrstelle des angezeigten AIF, (4) Beschreibung des angezeigten AIF und alle für die Anleger verfügbaren Informationen über den angezeigten AIF, (5) Angaben zum Sitz des Master-AIF und seiner Verwaltungsgesellschaft, falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, (6) alle in § 307 Abs. 1 genannten weiteren Informationen jeden angezeigten AIF; (7) Angaben zu den Vorkehrungen zur Verhinderung eines Vertriebs an Privatanleger.46 2. Wesentliche Angaben (Abs. 2 Nr. 1). Die in Abs. 2 Nr. 1 weiter verlangten zusätz- 57 lichen Angaben betreffen (1) die Verwaltungsgesellschaft des angezeigten AIF und ihre Organe und (2) die Verwahrstelle oder die Stellen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 lit. b,

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41 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 330 Rn. 12. 42 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 330 Rn. 13. 43 Vgl. auch Gesetzesbegründung S. 536. 44 Vgl. auch Gesetzesbegründung S. 536. 45 „Merkblatt zum Vertrieb nach § 330 KAGB (ausländische AIF oder EU-AIF) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 12. August 2014, zuletzt geändert am 20. Juli 2015. 46 Siehe auch Rn. 51 f. und Kommentierung zu § 321 Abs. 1 Satz 2.

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§ 330

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

einschließlich der Angaben entsprechend § 22 Abs. 1 Nr. 13. § 22 Abs. 1 Nr. 13 fordert (im Zuge des Erlaubnisantrags einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft) Angaben zu den Vereinbarungen zur Beauftragung der Verwahrstelle nach § 80 für jeden AIF, den die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu verwalten beabsichtigt. 3. Erklärung der ausländischen Verwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2). Die Erklärungen nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 müssen abgegeben werden, damit die Bundesanstalt auf der Grundlage der von der AIF-Verwaltungsgesellschaft eingereichten Angaben und Unterlagen prüfen kann, ob die Anforderungen nach Absatz 1 weiterhin gegeben sind, und damit die Bundesanstalt bei Bedarf weitere Informationen erhält.47 Bei den Erklärungen handelt es sich um Erklärungen der ausländischen AIF59 Verwaltungsgesellschaft darüber, dass sie sich verpflichtet (1) der Bundesanstalt den Jahresbericht des AIF spätestens sechs Monate nach Ende jeden Geschäftsjahres einzureichen, (2) die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen von Umständen zu unterrichten, die bei der Vertriebsanzeige angegeben wurden, (3) der Bundesanstalt auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen.

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4. Zusätzliche Angaben (Abs. 2 Nr. 3). Ist ein Vertrieb an semiprofessionelle Anleger beabsichtigt, sind gemäß Nummer 3 der Anzeige zusätzlich die Angaben und Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 beizufügen, damit die Bundesanstalt prüfen kann, ob die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft und die Verwaltung des angezeigten AIF durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen.48 61 Diese Angaben sind: (1) geeigneter Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel nach § 25, (2) Angabe der Geschäftsleiter, (3) Angaben zur Beurteilung der Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter, (4) Angaben zu fachlichen Eignung der Geschäftsleiter, (5) Namen der bedeutend beteiligten Inhaber (und zu ihrer Zuverlässigkeit) an der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, (6) Tatsachen, die auf eine enge Verbindungen zwischen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und anderen natürlichen oder juristischen Personen hinweisen, (7) Geschäftsplan mit Angaben darüber, wie die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft ihren Pflichten nach dem KAGB nachkommen will, (8) Angaben über die Geschäftspolitik, (9) Angaben zu Auslagerungsvereinbarungen nach § 36. 62 In der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, führt die Bundesanstalt unter Ziffer 2.4.2. insbesondere zum Inhalt des Geschäftsplans näher aus. Hiernach hat der Geschäftsplan unter anderem die folgenden Angaben und Dokumente zu enthalten: Plan-Bilanzen und Plan-GuV der nächsten drei Jahre, Darstellung der internen Kontrollverfahren, Art der geplanten oder getätigten Geschäfte, Organigramm der Gesellschaft, Beschreibung der Interessenkonflikte und Darstellung der Maßnahmen zu deren Vermeidung, Beschreibung des Risikomanagementprozesses (ggf. Nachforderung des Risikohandbuchs), Auflistung der aktuellen und zukünftigen Arten von AIF.49

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47 Vgl. auch Gesetzesbegründung S. 536. 48 Vgl. auch Gesetzesbegründung S. 536. 49 Siehe Ziffer 2.4.2. „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016.

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B. Tatbestand

§ 330

5. Nachweis über Zahlung der Anzeige-Gebühr (Abs. 2 Nr. 4). Schließlich hat die 63 ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft nachzuweisen, dass sie die Gebühr für die Anzeige gezahlt hat. Die Bundesanstalt erhebt für die Bearbeitung der Anzeige eine Gebühr nach der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) und dem Gebührenverzeichnis dieser Verordnung. Als Nachweis der Zahlung der Gebühr kann z.B. der Scan des Überweisungsträgers fungieren. III. Feeder-AIF (Abs. 3) Absatz 3 von § 330 regelt, welche Angaben und Dokumente der Anzeige in Bezug auf 64 den etwaigen Master-AIF und dessen AIF-Verwaltungsgesellschaft zusätzlich beizufügen sind. Diese sind die Angaben und Dokumente nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 sowie § 321 Abs. 1 Satz 2.50 Sofern es sich bei der Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF um eine ausländische 65 AIF-Verwaltungsgesellschaft handelt und ein Vertrieb an semiprofessionelle Anleger beabsichtigt ist, sind darüber hinaus die Angaben und Unterlagen beizufügen, die die Bundesanstalt benötigt, um die Konformität der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft mit der Richtlinie 2011/61/EU gemäß Absatz 1 Nummer 2 zu prüfen. Wird der Master-AIF von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet und ist ein 66 Vertrieb an semiprofessionelle Anleger beabsichtigt, muss eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaats über die Konformität mit der Richtlinie 2011/61/EU vorgelegt werden. Zudem bestimmt Nummer 2, dass sich die Erklärung nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 auch auf den Master AIF und seine Verwaltungsgesellschaft erstrecken muss.51 IV. Fremdsprachige Unterlagen und Bearbeitungsfristen (Abs. 4) Um eine Prüfung der eingereichten Unterlagen in den in Satz 2 genannten Fristen zu 67 ermöglichen, schreibt Satz 1 von § 330 Abs. 4 vor, dass fremdsprachige Unterlagen entweder in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen sind. Satz 2 verweist hinsichtlich des Verfahrens auf § 316 Abs. 2 und 3. Die gestaffelten, verlängerten Fristen in Nummer 1 und 2 tragen dem unterschiedli- 68 chen Prüfungsaufwand der Bundesanstalt Rechnung.52 Nummer 1 und 2 unterscheiden zwischen dem Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger. Die Fristen für den Vertrieb an semiprofessionelle Anleger tragen dem Umstand Rechnung, dass in Anlehnung an die Frist in § 22 Abs. 2 die Bundesanstalt umfangreich die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft zu prüfen hat. Denn bei den semiprofessionellen Anlegern handelt es sich um Kleinanleger im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Richtlinie 2011/61/EU, an die nur gemäß der Richtlinie 2011/61/EU verwaltete AIF vertrieben werden dürfen. Bei dem Vertrieb an professionelle Anleger müssen hingegen „nur“ die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 genannten Voraussetzungen geprüft werden.53 Darüber hinaus ist für die Länge der Frist entscheidend, ob es sich bei dem ange- 69 zeigten AIF um einen Feeder-AIF handelt, da in diesem Fall sowohl der Feeder-AIF als auch der Master-AIF Gegenstand der Prüfung sind. Ferner wird in diesem Fall eine Unter-

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Siehe hierzu auch Rn. 56. Vgl. Gesetzesbegründung S. 536. Vgl. Gesetzesbegründung S. 536 f. Vgl. Gesetzesbegründung S. 536 f.

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§ 330a

Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

scheidung danach getroffen, ob die den Master-AIF verwaltende Verwaltungsgesellschaft eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ist oder nicht. Ist auch die Verwaltungsgesellschaft des Master-AIF eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, ist der Prüfungsaufwand höher.54 V. Anmeldung eines weiteren AIF zum Vertrieb an semiprofessionelle Anleger (Abs. 5) 70

Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 330 Abs. 5 reduziert sich der Prüfungsumfang der Bundesanstalt, wenn die anzeigende ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft bereits einen AIF zum Vertrieb an semiprofessionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach Absatz 2 Satz 1 angezeigt hat und im Anzeigeschreiben versichert, dass in Bezug auf die Anforderungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 lit. b und Nummer 4 seit der letzten Anzeige keine Änderungen erfolgt sind. Satz 2 regelt, dass in diesem Fall die Angaben nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 lit. b und Nummer 4 nicht eingereicht werden müssen und sich die in Absatz 4 Nummer 2 genannten Fristen jeweils um zwei Monate verkürzen.55 https://doi.org/10.1515/9783110492217-118

§ 330a Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllen, beim beabsichtigten Vertrieb von AIF an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland § 330a Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften Izzo-Wagner/Baas Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist zulässig, wenn 1. die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft in ihrem Herkunftsmitgliedstaat gemäß den im Herkunftsmitgliedstaat anzuwendenden Vorschriften, die Artikel 3 der Richtlinie 2011/61/EU umsetzen, registriert ist und 2. der Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft einen Vertrieb von AIF, die von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach § 2 Absatz 4 erfüllt und gemäß § 44 Absatz 1 Nummer 1 registriert ist, ebenfalls gestattet und den Vertrieb dieser AIF nicht an höhere Voraussetzungen knüpft als dieses Gesetz. (2) 1Beabsichtigt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, Anteile oder Aktien an von ihr verwalteten AIF im Geltungsbereich dieses Gesetzes an semiprofessionelle oder professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt anzuzeigen. 2Der Anzeige sind folgende Angaben und Dokumente beizufügen: 1. eine Bescheinigung der zuständigen Stelle ihres Herkunftsmitgliedstaats in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die EU-

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54 55

Vgl. Gesetzesbegründung S. 536 f. Vgl. Gesetzesbegründung S. 537.

Izzo-Wagner/Baas https://doi.org/10.1515/9783110492217-118

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Gesetzesmaterialien

§ 330a

AIF-Verwaltungsgesellschaft in ihrem Herkunftsmitgliedstaat gemäß den im Herkunftsmitgliedstaat anzuwendenden Vorschriften, die Artikel 3 der Richtlinie 2011/61/EU umsetzen, registriert ist, 2. eine Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft darüber, dass sie sich verpflichtet, die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen ihre Registrierung betreffend zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen, 3. der Bundesanstalt auf Verlangen über ihre Geschäftstätigkeit Auskunft zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, 4. ein Nachweis über die Zahlung der Gebühr für die Anzeige. 3 Fremdsprachige Unterlagen sind in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen. (3) 1Der Vertrieb kann aufgenommen werden, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Absatz 1 gegeben sind und eine vollständige Anzeige nach Absatz 2 bei der Bundesanstalt eingegangen ist. 2Auf Antrag der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat die Bundesanstalt das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Absatz 1 und den Eingang der vollständigen Anzeige nach Absatz 2 zu bestätigen. (4) § 295 Absatz 5 findet keine Anwendung für den Vertrieb und den Erwerb von AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, und die im Inland gemäß § 330a vertrieben werden dürfen.

Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; van Kann/Redeker/Keiluweit Überblick über das Kapitalanlagegesetzbuch, DStR 2013 1483; Verband der Auslandsbanken in Deutschland e.V. Investmentbusiness in Germany, 2014; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds – Regelungsrahmen für den Vertrieb an professionelle und semiprofessionelle Anleger in Deutschland nach dem RegE zur Umsetzung der AIFM-RL, DB 2013 273.

Gesetzesmaterialien Gesetzesmaterialien Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 447/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung des Verfahrens für AIFM, die beschließen, sich der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu unterwerfen; „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293; „Merkblatt zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesanstalt und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFMRichtlinie 2011/61/EU“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Juli 2013, zuletzt geändert am 10. Februar 2014; Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Einrichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapierund Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission].

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§ 330a

A.

B.

Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit | 2 II. Normentstehung und Grundlagen | 6 Tatbestand | 11 I. Anwendungsbereich (Abs. 1) | 12 1. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft | 13 2. Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU | 16 3. Vertrieb von AIF im Inland | 25 4. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger | 32 5. Registrierung im Herkunftsmitgliedstaat (Abs. 1 Nr. 1) | 37 6. Gestattung des Vertriebs eines kleinen AIFM nach § 2 Abs. 4 auch im Herkunftsstaat (Abs. 1 Nr. 2) | 39

II.

III. IV.

Vertriebsanzeige (Abs. 2) | 41 1. Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaats (Abs. 2 Nr. 1) | 42 2. Erklärung der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2) | 43 3. Auskunftserteilung (Abs. 2 Nr. 3) | 45 4. Nachweis über Zahlung (Abs. 2 Nr. 4) | 46 5. Fremdsprachige Unterlagen | 47 Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3) | 48 Keine Anwendung von § 295 Abs. 5 (Abs. 4) | 50

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

Die Vorschrift des § 330a stellt die Voraussetzungen und Pflichten beim Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland) dar. I. Überblick und zeitliche Anwendbarkeit

Die Vorschrift des § 330a befindet sich in Kapitel 4 des KAGB, welches die allgemeinen Bestimmungen betreffend den Vertrieb von Fondsanteilen regelt. Der Abschnitt 3 Unterabschnitt 2, in welchem § 330a genau angesiedelt ist, beschäftigt sich wiederum mit den Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland (Deutschland). Innerhalb dieses Unterabschnitts 2 (§§ 321 bis 330a) sind die verschiedenen Vertriebsanzeigen für den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger danach zu differenzieren, ob der Vertrieb durch eine (deutsche) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft erfolgen soll. Unter anderem dieser Differenzierung folgend sieht das KAGB auch im Hinblick auf 3 die zeitliche Anwendbarkeit ab Inkrafttreten des KAGB teilweise eine sofortige und teilweise eine in zeitlicher Hinsicht gestreckte Anwendbarkeit der VertriebsanzeigeVorschriften bei Vorliegen eines Drittstaatenbezuges vor. Ein solcher Drittstaatenbezug liegt vor, wenn entweder eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft durch sie verwaltete ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt oder eine ausländische/Drittstaaten-AIF-Verwaltungsgesellschaft von ihr verwaltete inländische, EU-AIF oder ausländische/Drittstaaten-AIF vertreibt. Für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug (an professionelle und semiprofessionelle 4 Anleger in Deutschland) sehen die maßgeblichen Vorschriften des KAGB nunmehr ein Übergangsregime bis zum Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Art. 66 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 67 2

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A. Allgemeines

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Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU und ein endgültiges Regime nach Erlass dieses Rechtsaktes vor (vgl. § 295 Abs. 2 und 3 KAGB i.V.m. Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 6 der Richtlinie 2011/61/EU). Im Juli 2016 veröffentlichte ESMA ihren finalen Bericht zur Anwendung der EU-Pässe auf Drittstaaten-AIFM und –AIF. Auf Grundlage des Berichts sollte die EUKommission innerhalb von 3 Monaten einen delegierten Rechtsakt zur Anwendung der EU-Pässe erarbeiten.1 Dem ist die EU-Kommission bisher nicht nachgekommen. Das Regime, welches nach diesem Rechtsakt für einen Vertrieb mit Drittstaatenbezug gelten wird, wird das dann zwingende Regime des EU-Passportes sein.2 Nach der Regelung des § 295 Abs. 2 und 3 unterfällt die Vorschrift des § 330a dem 5 unmittelbar anwendbaren Regime und ist damit auch in der Übergangszeit die anwendbare Norm für den inländischen Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, an semiprofessionelle und professionelle Anleger im Inland. Nach der Übergangszeit bis zum Erlass des erforderlichen delegierten Rechtsaktes wird § 330a weiterhin Anwendung erfahren. II. Normentstehung und Grundlagen Die Vorschrift des § 330a ist erst durch den Finanzausschuss des Bundestages in einer späteren Phase des Gesetzgebungsverfahrens neu in das KAGB aufgenommen worden. Ausweislich der Begründung des Finanzausschusses wurde § 330a eingefügt, um einen grenzüberschreitenden Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF durch EU-AIFVerwaltungsgesellschaften, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/ 61/EU erfüllen, an professionelle und semiprofessionelle Anleger im Inland (Deutschland) bei Einhaltung der genannten Anforderungen zu ermöglichen. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie stellt eine De-minimis-Regelung zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar für Verwaltungsgesellschaften, die ein Portfolio unterhalb gewisser Schwellenwerte verwalten. Für diese sog. „kleinen AIFM“ wäre es mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, die Anforderungen der gesamten Richtlinie zu erfüllen. Nach dem Kommissionsvorschlag für die Richtlinie stünde dies außer Verhältnis zu den Vorteilen einer Anwendung der Richtlinie, weil es unwahrscheinlich sei, dass von solchen Verwaltungsgesellschaften Risiken für die Finanzmarktstabilität und die Markteffizienz ausgingen.3 Im Regierungsentwurf des KAGB vom 12. Dezember 2012 war für solche kleinen AIFM mit Sitz in der EU, die entsprechend nur über eine Registrierung in ihrem Herkunftsmitgliedstaat verfügen, ein Vertrieb nicht vorgesehen. Gemäß § 295 Abs. 1 bis 3 des Regierungsentwurfes war ein Vertrieb von AIF-Anteilen im Inland nur nach den dort genannten Vertriebsregeln zulässig, was wiederum eine (volle) Erlaubnis als EU-Verwaltungsgesellschaft im Herkunftsmitgliedstaat voraussetzte. Damit konnte der grenz-

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1 ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application of the AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs, ESMA/2016/1140 v. 12. September 2016. 2 Es ist beabsichtigt, dass nach einer zweijährigen Übergangszeit nach Inkrafttreten des KAGB am 22. Juli 2013 das europaweit geltende Management- und Vertriebspass-System für ausländische AIFVerwaltungsgesellschaften angewendet werden soll; vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/ Frick AIFM, Art. 40 Rn. 17. 3 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 19 sowie Kommissionsvorschlag für eine AIFM-Richtlinie, Begründung S. 5 f.

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überschreitende Vertrieb mittels eines europäischen Passports nur über ein „Opt-In“ erfolgen. Dies bedeutete praktisch, dass sich ein kleiner AIFM sämtlichen Anforderungen der Richtlinie unterwerfen und eine entsprechende Erlaubnis einholen musste. Diese faktische Untersagung eines nach Deutschland hinein grenzüberschreitenden Vertriebes durch kleine AIFM konnte als europarechtlich durchaus problematisch angesehen werden, da kleine EU-AIFM gegenüber inländischen kleinen AIFM als diskriminiert angesehen werden konnten.4 Dem könnte allerdings die Ratio von Art. 3 Abs. 4 entgegengehalten werden, welcher gerade die Rechtsstellung kleiner AIFM nach Maßgabe der Richtlinie regelt, wenn der kleine AIFM nicht von dem Opt-In Gebrauch gemacht hat. Hiernach kommen kleine AIFM nicht in den Genuss der in der Richtlinie genannten Rechte. Nicht genau benannt ist, welche Rechte hiermit im Konkreten gemeint sind. In der Literatur wird vertreten, dass nach Sinn und Zweck der Regelung und dem historischen Willen des Richtliniengebers kleine AIFM jedenfalls nicht der EU-Vertriebs- und Verwaltungspass zustehen solle.5 Wenngleich die Vorschrift des § 330a mit Inkrafttreten des KAGB sofortige Wirkung 10 entfaltete, war ein eigenes Merkblatt zur Vertriebsanzeige nach § 330a nicht vorgesehen.6 B. Tatbestand B. Tatbestand 11

Die Systematik der Vorschrift des § 330a setzt ganz zentral voraus, dass die EU-AIFVerwaltungsgesellschaft als sog. kleiner AIFM unter der Richtlinie 2011/61/EU zu qualifizieren ist. I. Anwendungsbereich (Abs. 1)

12

Der Anwendungsbereich des § 330a ist eröffnet, wenn ein Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich des KAGB durch eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt ist, die die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllen. Der Vertrieb von Nicht-EU-AIFM ist somit nicht erfasst. Ferner stellt § 330a entgegen § 330 Abs. 3 keine gesonderten Anforderungen an sog. Master-Feeder-Strukturen.7

13

1. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft. § 330a erfordert den Vertrieb durch eine EUAIF-Verwaltungsgesellschaft. Nach der Definition des § 1 Abs. 17 sind EU-Verwaltungsgesellschaften Unternehmen 14 mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die den Anforderungen an eine Verwaltungsgesellschaft oder an eine intern verwaltete Investmentgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG oder an einen Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne der Richtlinie 2011/61/EU entsprechen.

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4 Volhard/Jang DB 2013 273 (274 f.). 5 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 60. 6 „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293, unter 2.1.1. Zur grundsätzlichen Systematik der Vertriebsanzeigeverfahren siehe jedoch die Merkblätter zu den Vertriebsanzeigen nach §§ 323, 331, 320 der Bundesanstalt vom 03. Januar 2018 bzw. 22. Juli 2013 bzw. 05. Januar 2018; herunterladbar auf www.bafin.de. 7 Siehe dazu auch: Weitnauer/Boxberger/Anders/Boxberger § 330a Rn. 4a.

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B. Tatbestand

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Damit ist EU-Verwaltungsgesellschaft der Oberbegriff für externe als auch interne 15 Verwaltungsgesellschaften mit Sitz in der EU oder in einem EWR-Staat, die OGAW oder AIF verwalten.8 2. Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/61/EU spricht zunächst nur einheitlich von „AIFM“ und differenziert hierbei nicht zwischen einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft und einer ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft. Nach Sinn und Zweck der Richtlinie kann die Ausnahmeregelung in dieser Vorschrift nur für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften gelten, da sich auch nur für diese Verwaltungsgesellschaften die Frage stellt, ob sie außerhalb oder innerhalb des Regimes der Richtlinie tätig sein möchten.9 Mit Ausnahme von Art. 3 Abs. 3 müssen kleine AIFM keine Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Die Frage, ob und in welchem Umfang kleine AIFM von den jeweiligen Mitgliedstaaten weitergehend reguliert werden, ist den Mitgliedstaaten entsprechend frei überlassen. Absatz 2 von Art. 3 enthält zwei verschiedene Schwellenwerte, welche für kleine AIFM in Betracht kommen, wobei gemäß der Regelung bei beiden Alternativen auf den Konzern des AIFM abzustellen ist, um eine Umgehung der Schwellenwerte zu verhindern.10 (1) Der allgemeine Schwellenwert in Art. 3 Abs. 2 lit. a liegt bei € 100 Millionen für die verwalteten Vermögenswerte der verwalteten Portfolios von AIF, einschließlich der durch den Einsatz von Hebelfinanzierungen erworbenen Vermögenswerte. Hierbei ist es nicht erheblich, wie viele AIF eine Verwaltungsgesellschaft verwaltet. In die Kalkulation sind alle Vermögensgegenstände einzubeziehen, ungeachtet dessen ob sie mit Eigenoder Fremdkapital erworben wurden. Unberücksichtigt bleiben entsprechend AIF, die von der Verwaltungsgesellschaft nicht originär (sondern nur als Insourcer) verwaltet werden oder Portfolien, die sich aus OGAW zusammensetzen oder nur einer individuellen Vermögensverwaltung unterliegen.11 (2) Der besondere Schwellenwert des Art. 3 Abs. 2 lit. b lautet auf € 500 Millionen für die verwalteten Vermögenswerte der verwalteten Portfolios von AIF, wenn (a) diese Portfolios aus nicht hebelfinanzierten AIF bestehen, die (b) für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Tätigung der ersten Anlage keine Rücknahmerechte ausüben dürfen (geschlossene AIF). Diese zwei wesentlichen Kriterien dienen insbesondere dazu, Venture Capital Fonds und kleinere Private Equity Fonds eine Herausnahme aus der umfänglichen Regulierungswelt der Richtlinie zu ermöglichen. Nach Absatz 2 lit. b dürfen die AIF also zunächst keine Hebelfinanzierung aufweisen. Der Begriff der Hebelfinanzierung ist wiederum in Art. 4 Abs. 1 lit. v der Richtlinie definiert. Hebelfinanzierung ist hiernach jede Methode, mit der ein AIFM das Risiko eines von ihm verwalteten AIF durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht. Private Equity und Venture Capital Fonds setzen typischerweise keine Hebelfinanzierung ein, sondern setzen Fremdkapital außerhalb des Fonds ein.12

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8 Vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 17 S. 370. 9 Vgl. hierzu vor allem Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Frick AIFM, Art. 3 Rn. 18. Zur freiwilligen Unterwerfung einer kleinen AIFM unter das Regime der Richtlinie vgl. auch die „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 447/2013 der Kommission vom 15. Mai 2013 zur Festlegung des Verfahrens für AIFM, die beschließen, sich der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu unterwerfen.“ 10 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 25. 11 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 24. 12 Vgl. Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 28 mit diversen Beispielen und weiterführenden Hinweisen.

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Im Hinblick auf das Erfordernis der fehlenden Rückgaberechte13 für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass Private Equity und Venture Capital Fonds regelmäßig einen längeren Lebenszyklus aufweisen bzw. das Rückgaberecht erst bei Liquidation des Fonds besteht.14 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung der Fünfjahresfrist ist die Tätigung der ersten Anlage.15 Dies wiederum trägt dem Umstand Rechnung, dass zwischen Auflegung und der ersten Investition in einen Private Equity bzw. Venture Capital Fonds erfahrungsgemäß wegen Kaufverhandlungen und Auswahl der Zielgesellschaft ein längerer Zeitraum liegt. Sollte eine Verwaltungsgesellschaft sowohl die Voraussetzungen nach lit. a als auch 22 nach lit. b des Absatzes 2 erfüllen, darf sie frei wählen, auf welche Regelung bzw. auf welchen Schwellenwert sie sich berufen möchte. Erfüllt eine Verwaltungsgesellschaft zunächst die Voraussetzungen beider Alternativen, überschreitet mit der Zeit z.B. jedoch den niedrigeren allgemeinen Schwellenwert, kann sich die Verwaltungsgesellschaft dann, soweit die entsprechenden Bedingungen noch erfüllt sind, auf den höheren besonderen Schwellenwert berufen. Schließlich ist auch ein Wechsel zwischen den beiden Schwellenwerten möglich, wenn zunächst z.B. anfänglich nur der höhere besondere Schwellenwert erfüllt wurde, zeitlich später jedoch verwaltete AIF mit Fremdkapital liquidiert werden; dann kann sich die Verwaltungsgesellschaft durch einen Wechsel auf den allgemeinen Schwellenwert berufen.16 Im Hinblick auf die Berechnung der Schwellenwerte sind auf Grundlage von Art. 3 23 Abs. 6a in der delegierten „Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung“ nähere Festlegungen erfolgt, wie die Schwellenwerte in der Richtlinie zu berechnen sind. Die diesbezüglichen maßgeblichen Regelungen finden sich in Art. 2 der Verordnung. Gemäß Art. 2 Abs. 5 der Verordnung muss jeder kleine AIFM, der sich auf die 24 Schwellenwerte nach Art. 3 der Richtlinie beruft, mindestens einmal pro Jahr den Wert der von ihm verwalteten Vermögensgegenstände berechnen. Hierzu ist entsprechend ein Stichtag für die Berechnung auch für die Folgejahre zu wählen. Auch muss nach Art. 3 der Verordnung fortlaufend der aktuelle Wert beobachtet und berechnet werden. Art. 4 der Verordnung regelt wiederum die gelegentliche Überschreitung des Schwellenwerts. Hiernach gelten als dauerhafte, und damit nicht nur kurzfristige und vorübergehende, Überschreitungen, jedenfalls diejenigen, die länger als drei Monate dauern. In diesem Fall ist dies durch die Verwaltungsgesellschaft der Heimatbehörde anzuzeigen und innerhalb von 30 Tagen ein Antrag auf Zulassung als voll regulierte Verwaltungsgesellschaft gemäß Art. 7 der Richtlinie zu stellen.17 Weder die Richtlinie noch die Verordnung regeln die Konstellation, dass eine nach der Richtlinie voll zugelassene Verwaltungsgesellschaft unter die Schwellenwerte fällt.18 21

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13 Vgl. ausführlich zum Begriff des Rückgaberechtes, insbesondere in Bezug zur Differenzierung zwischen offenen und geschlossenen Fonds in Deutschland bzw. zu Kündigungs- und Widerrufsrechten Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 30 f. 14 Vgl. auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 13 Rn. 29. 15 Der Kommissionsvorschlag der Richtlinie stellte ursprünglich auf den Zeitpunkt der Auflegung des AIF ab. 16 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 23 f. 17 Siehe näher zu diesem Verfahren auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 41 ff. 18 Vgl. hierzu auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 48.

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3. Vertrieb von AIF im Inland. § 330a setzt den Vertrieb der oben genannten AIFAnteile im Inland voraus. Nach der Definition des Vertriebs in § 293 Abs. 1 qualifiziert als Vertrieb grundsätzlich jedes direkte oder indirekte Anbieten oder Platzieren von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens.19 Diese Definition des Vertriebsbegriffs enthielt bis zur Konsultation im Finanzausschuss des Bundestages noch die ergänzende Aufzählung „oder das Werben für ein Investmentvermögen“. Dieser Passus wurde jedoch durch den Finanzausschuss gestrichen. Ausweislich der Begründung handelt es sich hierbei nach Wunsch bzw. Ansicht des Finanzausschusses lediglich um eine „redaktionelle Änderung“, da der Begriff des Anbietens in § 293 Abs. 1 Satz 1 nicht nur Angebote im Sinne des BGB, sondern auch Angebote im weiteren Sinne, wie etwa die invitatio ad offerendum umfasse. Der Begriff der Werbung sei daher im Wesentlichen redundant und könne entsprechend gestrichen werden.20 Ausdrücklich ausgenommen vom Begriff des Vertriebes sind nach Satz 2 des § 293 Abs. 1 z.B. die namentliche Nennung des Investmentvermögens, die Nennung und Veröffentlichung der Nettoinventarwerte und die an einem organisierten Markt ermittelten Kurse oder die Ausgabe- und Rücknahmepreise von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens, Nennung bzw. Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 des InvStG, die Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger oder ausschließlich Informationen der regelmäßigen Informationspflichten der Verwaltungsgesellschaft gegenüber bereits investierten Anlegern nach dem KAGB. Diese Ausnahmen gelten jedenfalls solange nicht noch weitere Vertriebsaktivitäten nach § 293 ausgeübt werden. Für semiprofessionelle und professionelle Anleger sieht Satz 3 der Vorschrift eine weitere Einschränkung vor: Hiernach soll ein Vertrieb gegenüber diesen Anlegergruppen nur dann gegeben sein, wenn dieser auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgt und sich an semiprofessionelle oder professionelle Anleger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland oder in einem anderen Europäischen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet. Diese Einschränkung für die Anlegergruppe der semiprofessionellen und professionellen Anleger orientiert sich am Vertriebsbegriff der Richtlinie 2011/61/EU. Nach der RichtlinienDefinition in Art. 4 Abs. 1 lit. x ist Vertrieb das „direkte oder indirekte, auf Initiative des AIFM oder in dessen Auftrag erfolgende Anbieten oder Platzieren von Anteilen an einem vom AIFM verwalteten AIF an Anleger oder bei Anlegern mit Wohnsitz oder Sitz in der Union“. Hieraus (= „oder in dessen Auftrag“) lässt sich ableiten, dass das Einschalten von Dritten, wie z.B. von freien Vermittlern oder von Finanzdienstleistungsinstituten nicht dazu führt, dass der Vertrieb zu verneinen ist. Die Bundesanstalt hat mit der Veröffentlichung „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, ebenfalls zum Vertriebsbegriff Stellung genommen. Hierin stellt auch die Bundesanstalt klar, dass unter den Begriff des „Anbietens“ auch Angebote im weiteren Sinne, wie die invitatio ad offerendum fallen. Für das „Platzieren“ erfordert die Bundesanstalt einen aktiven Absatz von Anteilen oder Aktien eines Investmentvermögens. Das Wort „Vertrieb“ impliziere einen auf den Absatz von Anteilen oder Aktien gerichtete Aktivität des Vertreibenden. Das bloße Reagieren auf die Order eines Anlegers stelle somit keinen Vertrieb dar. Ferner müsse das Anbieten oder Platzieren auf ein Investmentvermögen bezogen sein. Dieses läge insbesondere vor bei Investmentvermögen, die bereits

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Vgl. Kommentierung zu § 293. Vgl. Gesetzesbegründung des Finanzausschusses zu § 293 S. 656.

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aufgelegt sind, die angebotsreif sind (Musteranlagebedingungen, die noch zu verhandelnde Lücken aufweisen, reichen nicht) oder Investmentvermögen, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Plus“). 29 Im Hinblick auf den Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger legt die Bundesanstalt anhand eines Beispiels dar, dass die Vorlage von Musteranlagebedingungen und Musterprospekten zum Zwecke der Darlegung der eigenen Fähigkeiten der Verwaltungsgesellschaft (noch) keinen Vertrieb darstelle, jedenfalls solange die Unterlagen bzw. das Investment nicht angebotsreif sind. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck des Vertriebs-Anzeigeverfahrens, dass der Bundesanstalt jeder Verhandlungsstand anzuzeigen ist. Die Bundesanstalt versteht unter Vertrieb nicht die Veräußerung eigener Anteile 30 oder Aktien an einem Investmentvermögen durch einen Anleger. Anderes gelte jedoch, wenn diese Veräußerung über einen Vermittler erfolge, der die Anteile zunächst auf die eigenen Bücher nimmt. Schließlich stellt die Bundesanstalt in ihrem Schreiben klar, dass ein Vertrieb von 31 Anteilen eines Investmentvermögens auch dann vorliege, wenn einem Anleger der Erwerb von weiteren Anteilen desselben Investmentvermögens direkt oder indirekt (etwa durch die Zusendung eines Verkaufsprospekts oder anderer Informationen) angeboten wird. Allerdings verweist die Bundesanstalt in diesem Kontext auf die Ausnahmen nach § 293 Abs. 2 Nr. 6 (gesetzliche Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger und ausschließliche Erfüllung der regelmäßigen Informationspflichten gegenüber bereits investierten Anlegern). 4. Vertrieb an semiprofessionelle und professionelle Anleger. § 330a fordert, dass der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an AIF (ausschließlich) an semiprofessionelle und professionelle Anleger erfolgt. Die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers wurde erst mit dem Regierungs33 entwurf zum KAGB eingeführt und war Folge entsprechender Stimmen aus der Fondsbranche, welche befürchteten, dass sich gewisse vermögende Privatpersonen und auch Stiftungen künftig nicht mehr als Investoren eines Spezial-AIF qualifizieren könnten, da die Hürden als sog. erkorene professionelle Kunden unter MiFID zu hoch sind.21 Professionelle Anleger sind nach der Definition von § 1 Abs. 19 Nr. 32 Anleger, die im 34 Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-Richtlinie) als professioneller Kunde angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. Ein semiprofessioneller Anleger hingegen ist nach der Definition von § 1 Abs. 19 35 Nr. 33 jeder Anleger, der (1) sich verpflichtet, mindestens € 200.000 zu investieren, (2) schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angibt, dass er sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst ist, (3) dessen Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft bewertet, ohne von der Annahme auszugehen, dass der Anleger über die Marktkenntnisse und -erfahrungen der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG genannten Anleger verfügt, (4) bei dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft unter Berücksichtigung der Art der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition hinreichend davon überzeugt ist, dass er in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht 32

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Siehe auch Volhard/Jang DB 2013 273 (274); siehe auch Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33.

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B. Tatbestand

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und dass eine solche Verpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist, und (5) dem die AIF-Verwaltungsgesellschaft oder die von ihr beauftragte Vertriebsgesellschaft schriftlich bestätigt, dass sie die oben genannte Bewertung vorgenommen hat und die weiteren genannten Voraussetzungen gegeben sind. Ebenfalls qualifiziert als semiprofessioneller Anleger ein in § 37 Abs. 1 genannter Geschäftsleiter oder Mitarbeiter der AIF-Verwaltungsgesellschaft, sofern er in von der AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF investiert, oder ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands einer extern verwalteten Investmentgesellschaft ist, sofern er in die extern verwaltete Investmentgesellschaft investiert. Erst durch den Finanzausschuss des Bundestages wurde schließlich die weitere Alternative ergänzt, dass als semiprofessioneller Anleger auch jeder Anleger qualifiziert, der sich verpflichtet, mindestens € 10 Millionen in ein Investmentvermögen zu investieren. Insgesamt stellt das KAGB in weiten Teilen den semiprofessionellen Anleger dem 36 professionellen Anleger gleich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Spezial-AIF und EU-AIF.22 5. Registrierung im Herkunftsmitgliedstaat (Abs. 1 Nr. 1). Nach § 330a Abs. 1 Nr. 1 37 muss die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft in ihrem Herkunftsmitgliedstaat gemäß den im jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat anzuwendenden Vorschriften, die Art. 3 der Richtlinie 2011/61/EU umsetzen, registriert sein. Damit ist das Pendant zu der deutschen Regelung des § 2 Abs. 4 KAGB im jeweiligen 38 Herkunftsmitgliedstaat gesucht. Mit § 2 Abs. 4 hat der deutsche Gesetzgeber Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie praktisch inhaltlich unverändert übernommen. Die in Art. 3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie für kleine AIFM aufgeführten geltenden Bestimmungen, haben ihren Niederschlag wiederum in § 44 gefunden. Von Interesse sind jedoch die deutschen Regelungen in § 44 Abs. 1 Nr. 6 und 7, welche vorsehen, dass es sich bei dem kleinen AIFM um eine juristische Person oder um eine Personenhandelsgesellschaft handeln muss, bzw. dass ein kleiner AIFM nur AIF in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft mit einer GmbH als Komplementärin und Ausschluss einer Nachschusspflicht der Anleger, verwalten darf. 6. Gestattung des Vertriebs eines kleinen AIFM nach § 2 Abs. 4 auch im Her- 39 kunftsstaat (Abs. 1 Nr. 2). Nummer 2 von § 330a Abs. 1 setzt wiederum eine Art wechselseitige Anerkennung des Vertriebs von kleinen AIFM im jeweiligen Mitgliedstaat voraus. Hiernach verlangt die Vorschrift, dass der Herkunftsmitgliedstaat der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft einen Vertrieb von AIF, die von einer (deutschen) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen nach § 2 Abs. 4 erfüllt und gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 registriert ist, ebenfalls gestatten muss und den Vertrieb dieser AIF nicht an höhere Voraussetzungen knüpfen darf als das KAGB. Eine solche Gegenseitigkeit dürfte aktuell für EU-AIFM aus Großbritannien, Luxemburg und Malta, sowie für Schweden, Tschechien, Finnland und Belgien zu bejahen sein. Demgegenüber wird sie für die Staaten Frankreich, Italien, Spanien, Niederlande, Norwegen, Griechenland, Österreich, Estland, Dänemark und Irland aufgrund abweichender Anforderungen zu verneinen sein.23 Der Bundesanstalt bleibt es jedoch unbenommen, im Zuge einer konkreten Ver- 40 triebsanzeige einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nach § 330a eine eingehende Prü-

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22 Volhard/Jang DB 2013 273 (274); siehe auch Kommentierung zu § 1 Abs. 19 Nr. 33. Siehe ebenfalls die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. c. 23 Weitnauer/Boxberger/Anders/Boxberger § 330a Rn. 6.

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§ 330a

Anzeigepflicht von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

fung dieses Erfordernisses in Bezug auf die jeweilige nationale Regelung des Herkunftsmitgliedstaates der anzeigenden EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft vorzunehmen. So kann sich die Bundesanstalt die entsprechende Vorschrift des Herkunftsmitgliedstaates vorlegen und durch die nationale Aufsicht erläutern lassen. Entsprechend wird das Vertriebsanzeigeverfahren nach § 330a hierdurch zeitlich faktisch verlängert. II. Vertriebsanzeige (Abs. 2) 41

Wie bei allen anderen Vertriebskonstellationen nach dem KAGB wird auch für den Vertrieb nach § 330a ein Anzeigeverfahren erforderlich, um der Bundesanstalt die Prüfung zu ermöglichen, ob die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.24 Dabei ist lediglich der EU-AIFM anzeigeberechtigt, und nicht eine möglicherweise eingeschaltete externe Vertriebsgesellschaft.25 Der Anzeige sind folgende Angaben und Dokumente beizufügen:

42

1. Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaats (Abs. 2 Nr. 1). § 330a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 verlangt eine Bescheinigung der zuständigen Stelle des Herkunftsmitgliedstaates in einer in der internationalen Finanzwelt gebräuchlichen Sprache, dass die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft in ihrem Herkunftsmitgliedstaat gemäß den im Herkunftsmitgliedstaat anzuwendenden Vorschriften, die Art. 3 der Richtlinie umsetzen, registriert ist.26

2. Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft (Abs. 2 Nr. 2). Nach Nummer 2 ist ferner eine Erklärung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft darüber gefordert, dass sie sich verpflichtet, die Bundesanstalt über alle wesentlichen Änderungen ihre Registrierung betreffend zu unterrichten und die Änderungsangaben nachzuweisen. Hierzu dürften insbesondere Änderungen zählen, die Art. 3 Abs. 3 lit. e der Richtlinie 44 unterfallen. Hiernach ist der AIFM verpflichtet, seiner Heimatbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme als kleiner AIFM nach Art. 3 Abs. 2 nicht länger vorliegen. Die Rechtsfolgen des Entfallens der Voraussetzungen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie sind wiederum in Absatz 3 Unterabsatz 3 von Art. 3 geregelt. 43

45

3. Auskunftserteilung (Abs. 2 Nr. 3). Nummer 3 stellt sicher, dass der Bundesanstalt auf Verlangen Auskunft erteilt und Unterlagen zur Geschäftstätigkeit der EU-AIFVerwaltungsgesellschaft vorgelegt werden. Im Falle des Unterlassens der Auskunftserteilung seitens der Verwaltungsgesellschaft, kann die BaFin erforderliche Maßnahmen, bis hin zu einer Vertriebsuntersagung von Anteilen ergreifen.27

46

4. Nachweis über Zahlung (Abs. 2 Nr. 4). Nach Nummer 4 hat die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft schließlich nachzuweisen, dass sie die Gebühr für die Anzeige gezahlt hat. Die Bundesanstalt erhebt für die Bearbeitung der Anzeige eine Gebühr nach

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24 Vgl. auch Gesetzesbegründung S. 534. 25 „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 4. Juli 2013, zuletzt geändert am 13. Juli 2016, Geschäftszeichen WA-Wp 2137-2013/0293, unter 2.1.2; siehe auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Boxberger § 330a Rn. 7. 26 Zur Registrierung s. auch Rn. 37. 27 Siehe § 314 Abs. 1 Nr. 1; Weitnauer/Boxberger/Anders/Boxberger § 330a Rn. 10.

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B. Tatbestand

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der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) und dem Gebührenverzeichnis dieser Verordnung. Als Nachweis der Zahlung der Gebühr kann z.B. der Scan des Überweisungsträgers fungieren. 5. Fremdsprachige Unterlagen. Um eine Prüfung der nach Absatz 2 eingereichten 47 Unterlagen zu ermöglichen, schreibt § 330a Abs. 1 letzter Satz vor, dass fremdsprachige Unterlagen entweder in deutscher Übersetzung oder in englischer Sprache vorzulegen sind. III. Aufnahme des Vertriebs (Abs. 3) Nach Absatz 3 kann der Vertrieb durch die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft aufge- 48 nommen werden, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind und eine vollständige Anzeige nach Absatz 2 bei der Bundesanstalt eingegangen ist. Auf Antrag der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft hat die Bundesanstalt das Vorliegen 49 der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Absatz 1 und den Eingang der vollständigen Anzeige nach Absatz 2 auch zu bestätigen. IV. Keine Anwendung von § 295 Abs. 5 (Abs. 4) Erfüllt eine EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft die Bedingungen nach Art. 3 Abs. 2 der 50 Richtlinie 2011/61/EU und darf sie in Deutschland gemäß § 330a vertreiben, findet für den Vertrieb und den Erwerb von von ihr verwalteten AIF § 295 Abs. 5 keine Anwendung. Die Vorschrift des § 295 Abs. 5 definiert den Anwendungsbereich des Unterab- 51 schnitts 328 des Abschnitts 1 des Kapitels 4 des KAGB und damit die Vorschriften für den Vertrieb und den Erwerb von AIF in Bezug auf semiprofessionelle und professionelle Anleger. § 295 Abs. 5 trägt ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung, dass Art. 23 der Richtlinie 2011/61/EU Informationen vor jeder Anlage in einen EU-AIF oder in der Europäischen Union vertriebenen AIF fordert. Allerdings wird bei EU-AIF, die nicht von einer (deutschen) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, auf die Berechtigung zum Vertrieb an professionelle Anleger abgestellt, damit der Anwendungsbereich des KAGB nicht auf EU-AIF ausgedehnt wird, die weder von einer (deutschen) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder einer ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaft mit einer Erlaubnis nach § 58 verwaltet, noch im Geltungsbereich des KAGB vertrieben werden.

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28 Bei dem Verweis auf Unterabschnitt 2 im Wortlaut des § 295 Abs. 5 kann es sich nur um ein redaktionelles Versehen handeln. Im Zuge der Anpassungen der Abschnittsnummerierung in Kapitel 4 des KAGB im Gesetzgebungsverfahrens wurde offensichtlich versäumt, auch den nunmehr auf Unterabschnitt 3 gerichteten Verweis in § 295 Abs. 5 entsprechend anzupassen.

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§ 331

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

UNTERABSCHNITT 3 Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum https://doi.org/10.1515/9783110492217-119

§ 331 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum; Verordnungsermächtigung § 331 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb Tusch Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

(1) 1 Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder an einem von ihr verwalteten inländischen AIF in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum an professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss die in § 321 Absatz 1 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. 3 Zusätzlich müssen in dem Schreiben Angaben zu den Vorkehrungen für den Vertrieb des angezeigten AIF gemacht und der Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen, angegeben werden. 4 Ist der AIF im Sinne von Satz 1 ein Feeder-AIF, so ist eine Anzeige nach Satz 1 nur zulässig, wenn der Master-AIF ebenfalls ein EU-AIF oder ein inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. 5 Ist dies nicht der Fall, so richtet sich das Anzeigeverfahren ab dem Zeitpunkt, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, nach § 332. (2) 1 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat das Anzeigeschreiben nach Absatz 1 einschließlich der erforderlichen Angaben und Unterlagen über das Melde- und Veröffentlichungssystem der Bundesanstalt zu übermitteln. 2 Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Form der einzureichenden Unterlagen nach Satz 1 und über die zulässigen Datenträger und Übertragungswege erlassen. 3 Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. (3) § 321 Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass nach Ablauf der in § 321 Absatz 2 Satz 4 genannten Frist eine Übermittlung der Anzeige nach Absatz 4 ausgeschlossen ist. (4) 1 Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorschriften dieses Gesetzes oder der Richtlinie 2011/61/EU nicht entspricht oder künftig nicht entsprechen wird, übermittelt die Bundesanstalt spätestens 20 Arbeitstage nach dem Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen nach Absatz 1 die vollständigen Anzeigeunterlagen an die zuständigen Stellen der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Tusch https://doi.org/10.1515/9783110492217-119

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Schrifttum

§ 331

Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in denen der angezeigte AIF an professionelle Anleger vertrieben werden soll. 2 Die Bundesanstalt fügt eine in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache erstellte Bescheinigung über die Erlaubnis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie bei. 3 Die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 und § 331 Absatz 1 Satz 3 sind von der Bundesanstalt nicht zu überprüfen. (5) 1 Die Bundesanstalt unterrichtet die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unverzüglich über den Versand der Anzeigeunterlagen. 2 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft kann ab dem Datum dieser Mitteilung mit dem Vertrieb des angezeigten AIF an professionelle Anleger in dem betreffenden Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beginnen. 3 Falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen EU-AIF handelt, für den eine andere Stelle als die Stelle des Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der angezeigte AIF an professionelle Anleger vertrieben werden soll, zuständig ist, teilt die Bundesanstalt zudem der für den EU-AIF zuständigen Stelle mit, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des EU-AIF an professionelle Anleger im Aufnahmestaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann. (6) 1 Können die Anzeigeunterlagen nicht nach Absatz 4 Satz 1 an die zuständigen Stellen der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum übermittelt werden, teilt die Bundesanstalt dies der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft unter Angabe der Gründe innerhalb der Frist von Absatz 4 Satz 1 mit. 2 Hierdurch wird die in Satz 1 genannte Frist unterbrochen und beginnt mit der Einreichung der geänderten Angaben und Unterlagen erneut. (7) 1 § 321 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden. 2 Bei zulässigen Änderungen unterrichtet die Bundesanstalt unverzüglich die zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedstaates der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft über diese Änderungen. 3 Die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 und § 331 Absatz 1 Satz 3 sind von der Bundesanstalt nicht zu überprüfen. Schrifttum

Schrifttum Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Klebeck/Boxberger Vertrieb von Alternativen Investmentfonds unter dem KAGB, Absolut report 4/2013 64; Klebeck/Meyer Drittstaatenregulierung der AIFM-Richtlinie, RdF 2012 95; Kramer/Recknagel Die AIFMRichtlinie – Neuer Rechtsrahmen für die Verwaltung alternativer Investmentfonds, DB 2011 2077; Kurz Vertrieb von Finanzprodukten in Deutschland, DB 2013 501; von Livonius Aktuelle Rechtsfragen des Vertriebs von Finanzprodukten, BKR 2005 12; Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), Teil I und II, WM 2011 1393 und 1441; Volhard/Jang Der Vertrieb alternativer Investmentfonds – Regelungsrahmen für den Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger in Deutschland nach dem RegE zur Umsetzung der AIFM-RL, DB 2013 273; Weiser/Jang Die nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Fondsbranche in Deutschland, BB 2011 1219; Weiser/Hüwel Verwaltung alternativer Investmentfonds und Auslagerung nach dem KAGB-E, BB 2013 1091; Weisner/Friedrichsen/Heimberg Neue Anforderungen an Erlaubnis und Tätigkeit der „freien“ Anlageberater und -vermittler, DStR 2012 1034; Weitnauer Die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung, BKR 2011 143.

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Tusch

§ 331

A.

B.

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

Systematische Übersicht Allgemeines I. Regelungsgegenstand | 1 II. Zeitliche Anwendbarkeit | 5 III. Europarechtliche Vorgaben | 10 Anwendungsbereich | 12 I. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft | 13 II. Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF in anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat | 14 III. Vertrieb an professionelle Anleger | 16

C.

D.

Vertriebsanzeige | 17 I. Prüfungsmaßstab und Verfahrensablauf | 20 II. Anzeigeschreiben | 26 III. Sprache | 30 IV. Unterschrift/Bestätigung | 32 V. Beizufügende Unterlagen | 33 VI. Übermittlung | 34 VII. Besonderheiten bei Feeder-AIF (Abs. 1 Satz 5 und 6) | 35 VIII. Gebühren | 37 Änderungsanzeige | 38

A. Allgemeines1 A. Allgemeines I. Regelungsgegenstand Der Unterabschnitt 3 (§§ 331 bis 335) dient der Errichtung des ausgehenden Teils („outgoing“) des Europäischen Vertriebspasses für AIF. Dieser Vertriebspass ermöglicht es AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften (oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften, deren Referenzmitgliedsstaat Deutschland ist), AIF, EU-AIF und ausländischen AIF in den EU-Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten zu vertreiben. Einer gesonderten Zulassung im jeweiligen Aufnahmestaat bedarf es dafür nicht. Damit wurde das System des Europäischen Passes, dessen Einrichtung die EU-Kommission für OGAW u.a. in ihrem Weißbuch2 empfohlen hat, auch auf den Bereich der AIF ausgedehnt. Die §§ 331 bis 335 regeln die verschiedenen Anzeigeverfahren für den grenzüber2 schreitenden Vertrieb von Anteilen an AIF. Welches Anzeigeverfahren jeweils Anwendung findet, richtet sich danach, ob es sich um eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder um eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzstaat Deutschland ist, handelt und danach, um was für einen AIF es sich handelt. 3 § 331 regelt das Anzeigeverfahren für den Fall, dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft EU-AIF oder inländische AIF an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten vertreiben will. Damit regelt § 331 sozusagen den innereuropäischen Grundfall des ausgehenden („outgoing“) Europäischen Passes ohne weiteren Drittstaatenbezug. Die Anzeige gemäß § 331 ermöglicht es der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Aktien 4 und Anteile an einem EU-AIF oder an einem von ihr verwalteten inländischen AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten unter einem Europäischen Pass zu vertreiben. Die Meldeunterlagen werden von der BaFin an die zuständige Behörde im Aufnahmemitgliedstaat weitergeleitet. Der Vorteil besteht darin, dass eine gesonderte Prüfung und Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates nicht erfolgt. 1

II. Zeitliche Anwendbarkeit 5

Gemäß § 295 Absatz 6 findet § 331 bereits seit dem Tag des Inkrafttretens des KAGB Anwendung.

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1 Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher. 2 Weißbuch für den Ausbau des Binnenmarktrahmens für Investmentfonds, 15.11.2006, KOM (2006) 686 endgültig.

Tusch

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B. Anwendungsbereich

§ 331

Zwischenzeitlich bestand eine Übergangsregelung gemäß § 345 Absatz 10 KAGB. Danach durfte eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die bei Inkrafttreten des KAGB in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Vertragsstaat zum Vertrieb eines ab 22. Juli 2013 der Anzeigepflicht nach § 331 unterfallenden AIF an professionelle Anleger berechtigt ist, diesen dort bis zum 21. Juli 2014 weitervertreiben. Seit dem 22. Juli 2014 ist der Vertrieb nicht mehr erlaubt, es sei denn, die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft hat ein neues Vertriebsrecht nach § 331 Absatz 5 Satz 2 erhalten. Es galt also eine einjährige Übergangszeit innerhalb derer eine neue Erlaubnis eingeholt werden musste. Davon unberührt bleiben jedoch abweichende Fristen in dem EU-Mitgliedstaat oder in dem EWR-Vertragsstaat, in dem der AIF bisher zum Vertrieb an professionelle Anleger zugelassen war. Die Fristen nach § 331 Absatz 3 und 4 beginnen erst zu laufen, sobald die BaFin der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Erlaubnis gemäß § 22 erteilt hat und die Änderungen der Anlagebedingungen in Kraft getreten sind.

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III. Europarechtliche Vorgaben Ebenso wie § 323 findet § 331 seine europarechtliche Grundlage in Artikel 32 der 10 Richtlinie 2011/61/EU. Artikel 32 der Richtlinie 2011/61/EU sieht ein Anzeigeverfahren für alle EU-AIF vor, die von einem EU-AIFM in einem anderen Staat als seinem Herkunftsland an professionelle Anleger vertrieben werden sollen. Während § 323 die Anzeigepflicht im Falle des Vertriebs von EU-AIF und inländischen Spezial-AIF durch EU-AIFVerwaltungsgesellschaften im Inland regelt, legt § 331 spiegelbildlich eine Anzeigepflicht für den Fall fest, dass eine inländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft EU-AIF oder inländische AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten vertreiben will. Im Einzelnen setzt Absatz 1 Satz 1 Artikel 32 Absatz 1 Unterabsatz 1 und Absatz 6 11 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 1 Satz 2 setzt Artikel 32 Absatz 2 und Anhang IV der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 1 Satz 3 setzt Artikel 32 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 2 Satz 1 setzt Artikel 32 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 4 setzt Artikel 32 Absatz 3, 5 und Absatz 6 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 5 setzt Artikel 32 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 5 setzt Artikel 32 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU um. B. Anwendungsbereich B. Anwendungsbereich AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften haben ihre Absicht des Vertriebs von Antei- 12 len oder Aktien an von ihr verwalteten EU-AIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in entsprechender Anwendung des § 321 Absatz 1 Satz 2 KAGB anzuzeigen. Die Anzeigepflicht betrifft also Kapitalverwaltungsgesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung im Inland, das heißt Deutschland, haben. § 331 regelt daher die so genannte „Outgoing-AIF-Notification“.3 Denn die Anzeige gegenüber der BaFin dient als Grundlage für die sich anschließende Notifizierung durch die BaFin an die entsprechenden Aufsichtsbehörden in den betreffenden EU-Mitgliedstaaten oder den betreffenden EWR-Vertragsstaaten („Regulator-to-Regulator-Verfahren“).

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Vgl. dazu auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler, 2. Aufl. 2017, § 331, Rn. 1.

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§ 331

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

I. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft 13

Zunächst muss es sich um eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 1 Absatz 16 handeln. Die Anzeigepflicht betrifft also nach § 17 Absatz 1 Unternehmen, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung im Inland, das heißt Deutschland, haben und deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. II. Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF in anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat

Es muss der Vertrieb von EU-AIF oder inländischen AIF in anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat beabsichtigt sein. Vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen ist daher der Vertrieb von ausländischen AIF. Die Vertriebsanzeige erfolgt für diese nach Maßgabe des § 332. 15 Hinsichtlich der Definition des Vertriebsbegriffs kann auf die ausführliche Kommentierung zu § 293 verweisen werden.

14

III. Vertrieb an professionelle Anleger 16

§ 331 erfasst nur den Vertrieb an professionelle Anleger. Solche sind gemäß § 1 Absatz 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EG (MiFID IIRichtlinie) als professionelle Kunden angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden. C. Vertriebsanzeige C. Vertriebsanzeige

17

Das in § 331 vorgesehene elektronische Anzeigeverfahren für den Vertrieb von EUAIF oder inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten („Outgoing-AIF-Notification“ bzw. das „Outgoing-AIF-Update“) ist zwischenbehördlich ausgestaltet. Absatz 2 enthält eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen, durch 18 Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Form der einzureichenden Unterlagen nach Satz 1 und über die zulässigen Datenträger und Übertragungswege zu erlassen. Die Vorschrift entspricht der ehemaligen Vorschrift des § 128 Absatz 6 des InvG.4 Das Bundesministerium der Finanzen hat die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die BaFin übertragen. Am 22. Juli 2013 hat die BaFin ein entsprechendes Merkblatt veröffentlicht.5 Das 19 Merkblatt enthält detaillierte Bestimmungen über Art, Umfang und Form der im Anzeigeverfahren einzureichenden Unterlagen und über die zulässigen Datenträger und Übertragungswege.

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4 Regierungsbegründung zum KAGB-Entwurf, BTDrucks. 17/12294 S. 293. 5 Merkblatt (2013) für den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an EU-AIF oder inländischen AIF, die durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gemäß § 331 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) „Outgoing AIF-Notification“ bzw. „Outgoing-AIF-Update“ vom 17. Juli 2013, abrufbar auf der Internetseite der BaFin unter: http://www. bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_130722_merkbl_331KAGB_wa.html.

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C. Vertriebsanzeige

§ 331

I. Prüfungsmaßstab und Verfahrensablauf Die Durchführung des Anzeigeverfahrens soll der BaFin die Prüfung ermöglichen, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorschriften des KAGB oder der Richtlinie 2011/61/EU nicht entspricht oder künftig nicht entsprechen wird. Es handelt sich damit also auch um eine Prognoseentscheidung der BaFin. Die BaFin überprüft zunächst, ob die übermittelten Angaben und Unterlagen vollständig sind (Absatz 3 i.V.m. § 321 Absatz 2). Fehlende Angaben und Unterlagen fordert die BaFin innerhalb von 20 Arbeitstagen als Ergänzungsanzeige an. Mit Eingang der Ergänzungsanzeige beginnt die Frist von 20 Arbeitstagen erneut. Die Ergänzungsanzeige ist der BaFin innerhalb von sechs Monaten nach der Erstattung der Anzeige oder der letzten Ergänzungsanzeige einzureichen. Geschieht das nicht, ist die Übermittlung der Anzeige gemäß Absatz 4 an die zuständigen Stellen der anderen EU-Mitgliedstaaten oder der anderen EWR-Vertragsstaaten ausgeschlossen. Die sechsmonatige Frist ist eine Ausschlussfrist. Eine erneute Anzeige ist jedoch jederzeit möglich. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorschriften des KAGB oder der Richtlinie 2011/61/EU nicht entsprechen oder künftig nicht entsprechen werden, übermittelt die BaFin spätestens 20 Arbeitstage nach dem Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen diese an die zuständigen Stellen der anderen EU-Mitgliedstaaten oder der anderen EWR-Vertragsstaaten, in denen der angezeigte AIF an professionelle Anleger vertrieben werden soll (§ 331 Absatz 4). Die BaFin fügt dem Übermittlungsschreiben eine Bescheinigung über die Erlaubnis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zur Verwaltung von AIF mit einer bestimmten Anlagestrategie bei. Die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 und § 331 Absatz 1 Satz 3 sind von der BaFin nicht zu überprüfen Unverzüglich nach dem Versand der Anzeigeunterlagen an die zuständige Stelle des Aufnahmestaates unterrichtet die BaFin die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Übermittlung (§ 331 Absatz 5). Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist ab dem Datum dieser Mitteilung der BaFin berechtigt, mit dem Vertrieb des angezeigten AIF an professionelle Anleger in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat zu beginnen (§ 331 Absatz 5). Falls es sich bei dem angezeigten AIF um einen EU-AIF handelt, für den eine andere Stelle als die Stelle des Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der angezeigte AIF an professionelle Anleger vertrieben werden soll, zuständig ist, teilt die BaFin zudem der für den EU-AIF zuständigen Stelle mit, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des EU-AIF an professionelle Anleger im Aufnahmestaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann (Absatz 5 Satz 3). Eine Lücke, die in der Richtlinie 2011/61/EU enthalten ist, soll Absatz 6 schließen.6 Denn die Richtlinie 2011/61/EU sieht kein Verfahren für den Fall vor, dass die Anzeigeunterlagen nicht übermittlungsfähig sind. Sollte das der Fall sein, teilt die BaFin der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft dies unter Angabe der genauen Gründe innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anzeigeunterlagen mit. Hierdurch er-

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Regierungsbegründung zum KAGB-Entwurf, BTDrucks. 17/12294 S. 294.

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§ 331

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

hält die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Möglichkeit einer Nachbesserung in ein und demselben Anzeigeverfahren, wodurch vermieden wird, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ein neues Anzeigeverfahren anstrengen muss. Allerdings beginnt die Entscheidungsfrist von 20 Arbeitstagen nach Einreichung der dann geänderten Angaben und Unterlagen von neuem zu laufen. II. Anzeigeschreiben Das Anzeigeschreiben muss die in § 321 Absatz 1 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. Auf die dortige Kommentierung wird insoweit verwiesen.7 Ein Muster des Anzeigeschreibens hat die BaFin am 22. Juli 2013 auf ihrer Internet27 seite veröffentlicht.8 Laut dem Merkblatt 2013 zu § 331 der BaFin ist dieses Anzeigeschreiben-Muster zu verwenden.9 Das Anzeigeschreiben muss insbesondere Angaben zum Geschäftsplan und zur Verwahrstelle des angezeigten AIF sowie eine Beschreibung des angezeigten AIF enthalten. Ferner sind solche Informationen in das Anzeigeschreiben aufzunehmen, die von 28 den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates ggfs. auf Basis der dortigen nationalen Gesetzgebung gefordert werden, wie beispielsweise der Nachweis der Zahlung von anfallenden Gebühren. Zusätzlich müssen in dem Schreiben neben der Nennung der EU-Mitgliedstaaten 29 oder der EWR-Vertragsstaaten, in denen Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger vertrieben werden sollen, Angaben zu den Vorkehrungen für den Vertrieb des angezeigten AIF gemacht werden, die getroffen wurden, um zu verhindern, dass Anteile oder Aktien des angezeigten AIF an Privatanleger vertrieben werden. Das bedeutet, dass Angaben darüber zu machen sind, durch wen Anteile oder Aktien des angezeigten AIF vertrieben werden sollen. Allerdings stellt Absatz 4 Satz 3 klar, dass diese Vorkehrungen von der BaFin nicht geprüft werden. 26

III. Sprache Das Anzeigeschreiben einschließlich der erforderlichen Angaben und Unterlagen für die Notifizierung des beabsichtigten Vertriebes werden von der inländischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache bei der BaFin über deren Melde- und Veröffentlichungssystem („MVP“) eingereicht. 31 Das von der BaFin veröffentlichte Merkblatt enthält genaue Angaben zu den technischen Spezifikationen, die der anzeigenden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft als Orientierung dienen sollen.10

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7 Siehe § 321 Rn. 20. 8 Anzeigeschreiben auf der Grundlage von § 331 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom 22. Juli 2013, geändert am 20. April 2016, abrufbar auf der Internetseite der BaFin unter: http://www.bafin.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Formular/WA/fo_kagb_331_anzeigeschreiben__wa.html. 9 Siehe Merkblatt (2013) zu § 331 vom 17. Juli 2013, Ziffer VII. Nr. 1. 10 Siehe Merkblatt (2013) zu § 331 vom 17. Juli 2013, Ziffer VI. Nr. 2.

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C. Vertriebsanzeige

§ 331

IV. Unterschrift/Bestätigung Das Anzeigeschreiben muss von einem/einer Unterzeichnungsberechtigten des 32 AIFM oder des selbstverwalteten AIF oder einer dritten Person unterzeichnet werden, die durch ein schriftliches Mandat bevollmächtigt wurde, im Namen des angezeigten AIF so zu handeln, dass seine/ihre Handlung von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats im Hinblick auf die Zertifizierung von Dokumenten akzeptiert wird.11 V. Beizufügende Unterlagen Das Anzeigeschreiben muss unter anderem die in § 331 Absatz 1 Satz 2 KAGB i.V.m. 33 § 321 Absatz 1 Satz 2 aufgeführten Angaben und Unterlagen in der jeweils geltenden Fassung enthalten. Es sind also mindestens die aktuelle Fassung der Anlagebedingungen, der Satzung oder des Gesellschaftsvertrages des angezeigten AIF sowie ein Dokument, das die Angaben gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 enthält, beizufügen. VI. Übermittlung § 331 Absatz 2 KAGB sieht vor, dass das Anzeigeschreiben durch die AIF-Kapitalver- 34 waltungsgesellschaft einschließlich der im Anzeigeschreiben enthaltenen Angaben und Unterlagen über das Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin zu übermitteln ist. Die Vorschrift orientiert sich an der bisher im OGAW-Bereich geltenden Vorschrift des § 128 Absatz 5 des InvG.12 Zusätzlich sind die Vorgaben der von der BaFin erlassenen „Verordnung zum elektronischen Anzeigeverfahren für inländische Investmentvermögen und EU-Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (EAKAV)“ zu beachten, die weiterhin Geltung hat. VII. Besonderheiten bei Feeder-AIF (Abs. 1 Satz 5 und 6) Sofern der AIF ein Feeder-AIF ist, so ist eine Anzeige für den Vertrieb nach § 331 Ab- 35 satz 1 Satz 1 KAGB nur zulässig, wenn der Master-AIF ebenfalls ein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird. Ist das nicht der Fall, so richtet sich das Anzeigeverfahren ab dem Zeitpunkt, auf den 36 in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird, nach § 332. VIII. Gebühren Im Anschluss an das Verwaltungsverfahren erlässt die BaFin einen Gebührenbe- 37 scheid über die jeweilige Bearbeitungsgebühr nach § 331 KAGB an die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Aktuell beträgt die Gebühr für die Prüfung der Anzeige gemäß § 331 Absatz 1 nach Maßgabe des Gebührenverzeichnisses zur FinDAGKostV13 EUR 1.545. Der Gebührenbescheid soll entsprechende Zahlungsdetails enthalten.

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11 Siehe Merkblatt (2013) zu § 331 vom 17. Juli 2013, Ziffer VII. Nr. 5. 12 Siehe Regierungsbegründung zum KAGB-Entwurf, BTDrucks. 17/12249 S. 293. 13 Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz.

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§ 331

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Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

D. Änderungsanzeige D. Änderungsanzeige Für die Anzeige wesentlicher Änderungen der im Anzeigeschreiben enthaltenen Angaben und Unterlagen („Outgoing-AIF-Update“) sieht § 331 Absatz 7 i.V.m. § 321 Absatz 4 ebenfalls ein zwischenbehördliches Verfahren vor. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat diese Änderungen gemäß § 331 Absatz 7 i.V.m. § 321 Absatz 4 der BaFin schriftlich in einer Änderungsanzeige zu übermitteln. Unter schriftlich versteht die BaFin, dass die Mitteilung der Änderung per normaler Post oder per E-Mail erfolgen kann.14 Wird die Meldung per E-Mail abgegeben, so ist dies an das E-Mail Postfach „[email protected]“ zu senden. Gemäß des Merkblatts 2013 der BaFin15 gelten ferner folgende technische Rahmenbedingungen: Die E-Mail darf nicht größer sein als 30 MB, wobei es aber zulässig ist, die Anhänge in eine Zip-Datei zu packen. Bei Bedarf ist der Inhalt auf mehrere E-Mails aufzuteilen, was im Betreff kenntlich zu machen ist. Zulässige Dateiformate für Anhänge sind pdf, doc und docx. Im Betreff der E-Mail sind die achtstellige BaFin-ID, der Name der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, sowie eine laufende Nummer, wenn die Mitteilung mit mehreren E-Mails versendet wird, anzugeben. Zudem müssen der vollständige Name des Absenders/der Absenderin und dessen/deren Funktion innerhalb der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aus der Änderungsmitteilung eindeutig hervorgehen. Wird die Mitteilung durch einen Bevollmächtigten/eine Bevollmächtigte abgegeben, so gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Mitteilung ist zum Nachweis der Vollmacht die entsprechende Vollmacht beizufügen, sofern nicht auf eine bereits vorgelegte Vollmacht Bezug genommen wird. Insbesondere ist in der Vollmacht anzugeben, ob und ggf. in welchem Umfang der/die Bevollmächtigte, dessen/deren Name und Funktion kenntlich zu machen ist, zu Bestätigungen für den AIF ermächtigt ist. Die Vollmacht ist von der vertretungsberechtigten Leitung der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder des selbstverwaltenden AIF zu unterzeichnen, wobei die Namen und Funktionsbezeichnungen der Unterzeichner/der Unterzeichnerinnen kenntlich zu machen sind. In zeitlicher Hinsicht ist vorgeschrieben, dass geplante Änderungen der BaFin mindestens einen Monat vor Durchführung der Änderung, ungeplante Änderungen unverzüglich nach ihrem Eintreten mitzuteilen sind. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die Verwaltung des angezeigten AIF durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vorschriften des KAGB oder der Richtlinie 2011/61/EU nicht entsprechen oder künftig nicht entsprechen werden, unterrichtet die BaFin unverzüglich die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats des AIF über diese Änderungen. Sofern die BaFin nach der Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass die Zulässigkeit der Änderung nicht gegeben ist, ist sie dazu berechtigt, alle gebotenen Maßnahmen gemäß § 5 einschließlich der ausdrücklichen Untersagung des Vertriebs vorzunehmen.16

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Siehe Merkblatt (2013) zu § 331 vom 17. Juli 2013, Ziffer VI. Nr. 2. Merkblatt (2013) zu § 331 vom 17. Juli 2013, Ziffer VI. Nr. 2. Vgl. § 331 Absatz 7 i.V.m. § 321 Absatz 4.

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Systematische Übersicht

§ 332

§ 332 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb von ausländischen AIF oder von inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 332 Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb Tusch https://doi.org/10.1515/9783110492217-120

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF und von Anteilen oder Aktien an inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIFVerwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist nur zulässig, wenn die in § 322 Absatz 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind. (2) 1 Beabsichtigt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten AIF im Sinne von Absatz 1 Satz 1 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum an professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss die in § 322 Absatz 2 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. (3) § 331 Absatz 2 bis 7 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, 1. dass die Bundesanstalt im Rahmen von § 331 Absatz 5 zusätzlich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde mitteilt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann, 2. dass die Bundesanstalt bei einer zulässigen Änderung nach § 331 Absatz 7 zusätzlich unverzüglich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zu benachrichtigen hat, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen. (4) 1 § 321 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden. 2 Bei zulässigen Änderungen unterrichtet die Bundesanstalt unverzüglich die zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedstaates der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft über diese Änderungen. 3 Die Vorkehrungen nach § 321 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 und § 331 Absatz 1 Satz 3 sind von der Bundesanstalt nicht zu überprüfen. Systematische Übersicht A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Regelungsgegenstand | 1 II. Zeitliche Anwendbarkeit | 4 III. Europarechtliche Vorgaben/ Entstehung der Norm | 5 Anwendungsbereich | 8

933 https://doi.org/10.1515/9783110492217-120

I. II.

AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft | 9 Vertrieb von ausländischen AIF und bestimmten EU-Feeder-AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten | 10

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§ 332

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

III.

C.

Vertrieb an professionelle Anleger | 12 Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren | 13

D.

Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige | 18

A. Allgemeines1 A. Allgemeines I. Regelungsgegenstand 1

§ 332 legt die insbesondere die Bedingungen für einen Vertrieb von ausländischen AIF (also Nicht-EWR-AIF) durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft an professionelle Anleger innerhalb des EWR fest. Konkret regelt § 332 regelt die Fälle, dass eine AIFKapitalverwaltungsgesellschaft – Anteile oder Aktien an ausländischen AIF oder – Anteile oder Aktien an inländischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIFVerwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird,

an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten vertreiben will. Dieser Vertrieb ist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. § 332 regelt also die Voraussetzungen für einen Vertrieb von Drittstaaten-AIF und DrittstaatenMaster-Feeder-Strukturen durch eine inländische AIF-Kapitalveraltungsgesellschaft in anderen EU-Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten. 2 § 332 sieht die Möglichkeit vor, dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Anteile von Nicht-EU-AIF unter einem so genannten Europäischen Pass europaweit vertreiben darf. Das gilt auch für EU-Feeder-AIF, die nicht die Anforderungen gemäß Artikel 31 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllen. Zuständige Aufsichtsbehörde ist die BaFin als Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Der beabsichtigte Vertrieb von Nicht-EU-AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten ist der BaFin anzuzeigen. Den jeweiligen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten, in denen der Vertrieb erfolgen soll, teilt die BaFin die Vertriebsabsicht mit. 3 Unverzüglich nach dem Versand der Anzeigeunterlagen an die zuständige Stelle des Aufnahmestaates unterrichtet die BaFin die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Übermittlung. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist ab dem Datum dieser Mitteilung der BaFin berechtigt, mit dem Vertrieb an professionelle Anleger in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat zu beginnen. Eine gesonderte Prüfung und Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates erfolgt nicht. II. Zeitliche Anwendbarkeit 4

Das Anzeigeverfahren nach § 332 (und somit die Möglichkeit des europaweiten Vertriebs) findet noch keine Anwendung. Das Anzeigeverfahren im Zusammenhang mit dem Vertrieb mit Drittstaatenbezug an professionale Anleger erfolgt gemäß § 295 Absatz 6

_____ 1

Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher.

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934

B. Anwendungsbereich

§ 332

Satz 1 i.V.m. Absatz 2 Nr. 1 erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Artikels 66 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 67 Absatz 6 der Richtlinie 2011/61/EU. Erst dann wird ein endgültiges Regime für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug errichtet.2 Dieses Regime wird dann zwingend der Vertrieb unter dem Europäischen Pass sein. Eine gleichzeitige Anwendung von nationalen Vertriebsvorschriften zusätzlich zum Europäischen Pass, wie es die Richtlinie 2011/ 61/EU bis 2018 vorsieht, wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht umgesetzt. III. Europarechtliche Vorgaben/Entstehung der Norm Seine europarechtliche Grundlage findet § 332 in Artikel 35 der Richtlinie 2011/61/ 5 EU. Artikel 35 Absatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU legt fest, dass die Mitgliedstaaten si- 6 cherzustellen haben, dass ein zugelassener EU-AIFM Anteile der von ihm verwalteten Nicht-EU-AIF und von EU-Feeder-AIF, die nicht die Anforderungen gemäß Artikel 31 Absatz 1 Unterabsatz 2 erfüllen, an professionelle Anleger in der Europäischen Union vertreiben kann, sobald die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen eingehalten sind. Im Einzelnen setzt Absatz 1 Satz 1 Artikel 35 Absatz 1 und Absatz 2 Unterabsatz 1 der 7 Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 2 Satz 1 setzt Artikel 35 Absatz 1, Absatz 5 Unterabsatz 1 und Absatz 9 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU um. Und Absatz 3 setzt Artikel 35 Absatz 6 bis 8, 9 Unterabsatz 2 und Absatz 10 der Richtlinie 2011/61/EU um. B. Anwendungsbereich B. Anwendungsbereich AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften haben ihre Absicht des Vertriebs von Antei- 8 len oder Aktien an von ihr verwalteten Nicht-EU-AIF an professionelle Anleger in entsprechender Anwendung des § 321 Absatz 1 Satz 2 KAGB anzuzeigen. Die Anzeigepflicht betrifft also Kapitalverwaltungsgesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung im Inland, das heißt Deutschland, haben. § 332 regelt daher, ebenso wie § 331, die so genannte „Outgoing-AIF-Notification“ bzw. das „Outgoing-AIF-Update“. Denn die Anzeige gegenüber der BaFin dient als Grundlage für die sich anschließende Notifizierung durch die BaFin an die entsprechenden Aufsichtsbehörden in den betreffenden EU-Mitgliedstaaten oder den betreffenden EWR-Vertragsstaaten. I. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Es muss sich um eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 1 Absatz 16 9 handeln. Die Anzeigepflicht betrifft demnach gemäß § 17 Absatz 1 Unternehmen, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung im Inland, das heißt Deutschland, haben und deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. II. Vertrieb von ausländischen AIF und bestimmten EU-Feeder-AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten Es muss der Vertrieb von Aktien oder Anteilen an ausländischen AIF oder an inlän- 10 dischen Feeder-AIF oder EU-Feeder-AIF, deren jeweiliger Master-AIF kein EU-AIF oder

_____ 2

935

Vgl. zum Drittstaatenstichtag Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vor § 321–334 Rn. 7.

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§ 332

Anzeigepflicht einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beim Vertrieb

inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, beabsichtigt sein. Hinsichtlich der Definition des Vertriebsbegriffs kann auf die ausführliche Kommentierung zu § 293 verweisen werden. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein AIF als ausländischer AIF zu qua11 lifizieren ist, kann auf die entsprechende Kommentierung zu § 322 verwiesen werden.3 Das Gleiche gilt für die Gleichstellung bestimmter EU-Feeder-AIF mit Nicht-EU-AIF. Von dem Anwendungsbereich des § 332 ausdrücklich ausgenommen sind solche EU-FeederAIF, bei denen in Bezug auf deren Master-AIF die Voraussetzungen des § 322 Absatz 1 nicht erfüllt sind. Der Vertrieb solcher Anteile ist gemäß § 332 Absatz 1 nicht zulässig. III. Vertrieb an professionelle Anleger 12

§ 332 erfasst nur den Vertrieb an professionelle Anleger. Solche sind gemäß § 1 Absatz 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EG (MiFID IIRichtlinie) als professionelle Kunden angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden. C. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren C. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren

Das in § 332 Absatz 2 vorgesehene elektronische Anzeigeverfahren für den Vertrieb von AIF im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 an professionelle Anleger in anderen EUMitgliedstaaten oder in anderen EWR-Vertragsstaaten ist zwischenbehördlich ausgestaltet („Regulator-to-Regulator-Verfahren“). 14 Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat den beabsichtigten Vertrieb der BaFin in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. Das Anzeigeschreiben muss die in § 322 Absatz 2 Satz 2, der seinerseits lediglich auf § 321 Absatz 1 Satz 2 verweist, geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen.4 Hinsichtlich des genauen Ablaufs, des Inhalts der Vertriebsanzeige und des genau15 en Notifizierungsverfahrens verweist § 332 Absatz 3 insgesamt auf § 331 Absatz 2 bis 7.5 Abweichungen zur Vertriebsmitteilung nach § 331 ergeben sich lediglich in Bezug 16 auf die durch die BaFin zu informierenden Behörden. Denn § 332 Absatz 3 Nr. 1 sieht vor, dass die BaFin im Rahmen von § 331 Absatz 5 zusätzlich eine Mitteilung an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde sendet und mitteilt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann. Diese Meldepflicht folgt für die BaFin bereits aus § 12 Absatz 6 Nr. 8 lit. b). Danach hat die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über den möglichen Beginn des Vertriebs von AIF gemäß § 322 Absatz 1 Satz 1 durch AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach § 332 Absatz 3 Nr. 1 zu informieren. 13

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3 Siehe dort Rn. 7: siehe dazu auch Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck/Borcker AIFM, Art. 35 Rn. 11 ff. 4 Siehe Kommentierung zu § 321 Rn. 20. 5 Siehe die dortige Kommentierung Rn. 19 ff.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 333

Darüber hinaus wird die Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit einem Outgoing- 17 AIF-Update im Sinne des § 331 Absatz 7 durch § 332 Absatz 3 Nr. 2 um eine zusätzliche Mitteilung an die Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde durch die BaFin erweitert. Auch hier ergibt sich die eigentliche Verpflichtung der BaFin aus § 12 Absatz 4 Nr. 4 lit. b). Eine solche Mitteilung ist aber nur dann erforderlich, wenn die zulässige Änderung nach § 331 Absatz 7 die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebene AIF betrifft. D. Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen die Vertriebsvorschriften richten sich 18 nach § 11, der besondere Vorschriften für die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Verwaltung und grenzüberschreitendem Vertrieb von AIF festlegt. Erfolgt ein Vertrieb, ohne dass die entsprechende Anzeige nach § 332 Absatz 2 erfolgt ist, untersagt die BaFin gemäß § 11 Absatz 9 Nr. 1 lit. b) auf Verlangen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 46 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU nach Maßgabe von § 11 Absatz 10 den Vertrieb. https://doi.org/10.1515/9783110492217-121

§ 333 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von EU-AIF oder von inländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 333 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Tusch Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft 1

(1) Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der Bundesanstalt eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten EU-AIF oder inländischen AIF in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum an professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss die in § 331 Absatz 1 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten, wobei es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss. (2) § 331 Absatz 2 bis 7 ist mit den Maßgaben entsprechend anzuwenden, dass, 1. es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss, 2. die Bundesanstalt im Rahmen von § 331 Absatz 5 zusätzlich der Europäischen Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde mitteilt, dass die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beginnen kann und 3. die Bundesanstalt bei einer zulässigen Änderung nach § 331 Absatz 7 zusätzlich unverzüglich die Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde zu benachrichtigen hat, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen. 937 https://doi.org/10.1515/9783110492217-121

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§ 333

A.

B.

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Systematische Übersicht Allgemeines I. Regelungsgegenstand | 1 II. Zeitliche Anwendbarkeit | 5 III. Europarechtliche Vorgaben | 6 Anwendungsbereich | 9 I. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 10 II. Vertrieb von durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft

C. D.

verwalteten EU-AIF oder inländischen AIF | 11 III. Vertrieb an professionelle Anleger | 12 Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren | 13 Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige | 20

A. Allgemeines1 A. Allgemeines I. Regelungsgegenstand 1

§ 333 regelt das Anzeigeverfahren für eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft (deren Referenzmitgliedsstaat Deutschland ist), die einen EU-AIF oder inländischen AIF in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten vertreiben möchte. § 333 sieht die Möglichkeit vor, dass eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, 2 deren Referenzmitgliedsstaat Deutschland ist, Anteile von ihr verwalteten EU-AIF und inländischen AIF unter einem so genannten Europäischen Pass europaweit vertreiben darf. Die Bestimmung ist also ebenso Teil des ausgehenden („outgoing“) EU-PassportRegimes. 3 Die zuständige Aufsichtsbehörde ist gemäß § 57 Absatz 2 Satz 3 die BaFin als Behörde des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft. Den jeweiligen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten, in denen der Vertrieb erfolgen soll, teilt die BaFin die Vertriebsabsicht mit. Unverzüglich nach dem Versand der Anzeigeunterlagen an die zuständige Stelle des 4 Aufnahmestaates unterrichtet die BaFin die ausländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Übermittlung. Die ausländische AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ist ab dem Datum dieser Mitteilung der BaFin berechtigt, mit dem Vertrieb an professionelle Anleger in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat zu beginnen. Eine gesonderte Prüfung und Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates erfolgt nicht. II. Zeitliche Anwendbarkeit 5

Das Anzeigeverfahren nach § 333 (und somit die Möglichkeit des europaweiten Vertriebs) findet noch keine Anwendung. Das Anzeigeverfahren im Zusammenhang mit dem Vertrieb mit Drittstaatenbezug an professionelle Anleger erfolgt gemäß § 295 Absatz 7 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 Nr. 1 erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Artikels 66 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 67 Absatz 6 der Richtlinie 2011/61/EU. Erst dann wird ein endgültiges Regime für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug errichtet.2 Dieses Regime

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Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher. Vgl. zum Drittstaatenstichtag Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vor § 321–334 Rn. 7.

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C. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren

§ 333

wird dann zwingend den Vertrieb unter dem Europäischen Pass sein. Eine gleichzeitige Anwendung von nationalen Vertriebsvorschriften zusätzlich zum Europäischen Pass, wie es die Richtlinie 2011/61/EU bis 2018 vorsieht, wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht umgesetzt. III. Europarechtliche Vorgaben Seine europarechtliche Grundlage findet § 333 in Artikel 39 der Richtlinie 2011/61/ 6 EU. Artikel 39 Absatz 1 der Richtlinie 2011/61/EU legt fest, dass die Mitgliedstaaten si- 7 cherzustellen haben, dass ein ordnungsgemäß zugelassener Nicht-EU-AIFM Anteile eines EU-AIF, den er verwaltet, an professionelle Anleger in der Union mit einem Pass vertreiben kann, sobald die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen eingehalten sind. Absatz 2 setzt Artikel 39 Absatz 5 bis 9 der Richtlinie 2011/61/EU um. 8 B. Anwendungsbereich § 333 regelt daher, ebenso wie § 331, die so genannte „Outgoing-AIF-Notification“. 9 Denn die Anzeige gegenüber der BaFin dient als Grundlage für die sich anschließende Notifizierung durch die BaFin an die entsprechenden Aufsichtsbehörden in den betreffenden EU-Mitgliedstaaten oder den betreffenden EWR-Vertragsstaaten. I. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft § 333 findet auf ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Anwendung, deren 10 Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der BaFin eine Erlaubnis nach § 58 erhalten haben. Die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft muss also über die Erlaubnis verfügen, von ihr verwaltete EU-AIF oder inländischen AIF gemäß Artikel 39 oder 40 der Richtlinie 2011/61/EU in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten zu vertreiben. II. Vertrieb von durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verwalteten EU-AIF oder inländischen AIF Es muss der Vertrieb von Aktien oder Anteilen an EU-AIF oder inländischen AIF be- 11 absichtigt sein. Hinsichtlich der Definition des Vertriebsbegriffs kann auf die ausführliche Kommentierung zu § 293 verweisen werden. III. Vertrieb an professionelle Anleger § 333 erfasst nur den Vertrieb an professionelle Anleger. Solche sind gemäß § 1 Ab- 12 satz 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EG (MiFID IIRichtlinie) als professionelle Kunden angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden. C. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren C. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren Das in § 333 vorgesehene elektronische Anzeigeverfahren für ausländische AIF-Ver- 13 waltungsgesellschaften in Bezug auf den Vertrieb von EU-AIF und inländischen AIF an 939

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§ 333

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedstaaten oder in anderen EWR-Vertragsstaaten („Outgoing-AIF-Notification“ bzw. das „Outgoing-AIF-Update“) ist zwischenbehördlich ausgestaltet („Regulator-to-Regulator-Verfahren“). Das Anzeigeverfahren unterscheidet sich inhaltlich kaum von demjenigen für AIFKapitalverwaltungsgesellschaften nach § 331. Dementsprechend verweist § 333 Absatz 1 Satz 2 auch in Bezug auf die einzureichenden Unterlagen und Angaben auf § 331 Absatz 1 Satz 2. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat den beabsichtigten Vertrieb der BaFin in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. Das Anzeigeschreiben muss die in § 321 Absatz 1 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen.3 Hinsichtlich des genauen Ablaufs, des Inhalts der Vertriebsanzeige und des genauen Notifizierungsverfahrens verweist § 332 Absatz 3 insgesamt auf § 331 Absatz 2 bis 7.4 Absatz 2 Nr. 1 stellt insoweit klar, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF“ heißen muss, da es sich hier um einen anderen Normadressaten handelt. Inhaltliche Abweichungen zur Vertriebsmitteilung nach § 331 ergeben sich lediglich in Bezug auf die durch die BaFin zu informierenden Behörden. Denn § 333 Absatz 2 Nr. 2 sieht vor, dass die BaFin im Rahmen von § 331 Absatz 5 zusätzlich eine Mitteilung an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sendet und mitteilt, dass die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann. Diese Meldepflicht folgt für die BaFin bereits aus § 12 Absatz 6 Nr. 9 lit. b). Danach hat die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über den möglichen Beginn des Vertriebs von EU-AIF oder inländischen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach § 333 Absatz 2 Nr. 2 zu informieren. Darüber hinaus wird die Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit einem OutgoingAIF-Update im Sinne des § 331 Absatz 7 durch § 332 Absatz 2 Nr. 3 um eine zusätzliche Mitteilung an die Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde durch die BaFin erweitert. Auch hier ergibt sich die eigentliche Verpflichtung der BaFin aus § 12 Absatz 4 Nr. 5 lit. b). Eine solche Mitteilung ist aber nur dann erforderlich, wenn die zulässige Änderung nach § 331 Absatz 7 die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebene AIF betrifft. D. Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige D. Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige

20

Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen die Vertriebsvorschriften richten sich nach § 11, der besondere Vorschriften für die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Verwaltung und grenzüberschreitendem Vertrieb von AIF festlegt. Erfolgt ein Vertrieb,

_____ 3 4

Siehe Kommentierung zu § 321 Rn. 20. Siehe die dortige Kommentierung Rn. 19 ff.

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Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

§ 334

ohne dass die entsprechende Anzeige nach § 333 Absatz 1 erfolgt ist, untersagt die BaFin gemäß § 11 Absatz 9 Nr. 1 lit. b) auf Verlangen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 46 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU nach Maßgabe von § 11 Absatz 10 den Vertrieb. https://doi.org/10.1515/9783110492217-122

§ 334 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, beim Vertrieb von ausländischen AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 334 Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft Tusch Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft 1

(1) Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an ausländischen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist nur zulässig, wenn die in § 322 Absatz 1 genannten Anforderungen erfüllt sind. 2 Ist die zuständige Stelle des Aufnahmestaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft nicht mit der Beurteilung der in § 322 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen durch die Bundesanstalt einverstanden, kann sie die Europäische Wertpapierund Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. (2) 1 Beabsichtigt eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der Bundesanstalt eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten AIF im Sinne von Absatz 1 Satz 1 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum an professionelle Anleger zu vertreiben, so hat sie dies der Bundesanstalt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. 2 Das Anzeigeschreiben muss die in § 331 Absatz 2 Satz 1 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten, wobei es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft“ heißen muss (3) § 331 Absatz 2 bis 5 Satz 1 und 2, Absatz 6 und Absatz 7 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass 1. es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft“ heißen muss, 2. im Rahmen von § 331 Absatz 5 die Bundesanstalt zusätzlich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde mitteilt, dass die ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft beginnen kann und 3. die Bundesanstalt bei einer zulässigen Änderung nach § 331 Absatz 7 zusätzlich unverzüglich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zu benachrichtigen hat, soweit die Änderungen die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebenen AIF betreffen.

941 https://doi.org/10.1515/9783110492217-122

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§ 334

A.

B.

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

Systematische Übersicht Allgemeines I. Regelungsgegenstand | 1 II. Zeitliche Anwendbarkeit | 6 III. Europarechtliche Vorgaben | 7 Anwendungsbereich | 11 I. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft | 12 II. Vertrieb von durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF | 13

III.

C. D. E.

Vertrieb an professionelle Anleger | 14 Voraussetzungen für den Vertrieb gemäß Absatz 1 | 15 Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren | 18 Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige | 26

A. Allgemeines1 A. Allgemeines I. Regelungsgegenstand 1

2

3

4

5

Während die §§ 326 und 328 jeweils den Vertrieb von Anteilen an ausländischen AIF in Deutschland regeln, legt § 334 die Bedingungen für einen Vertrieb von Nicht-EU-AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 56 ist, an professionelle Anleger in anderen EUMitgliedstaaten oder in anderen EWR-Vertragsstaaten fest. Eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der BaFin eine Erlaubnis nach § 58 erhalten hat, unterliegt dem in § 334 geregelten Anzeigeverfahren. § 334 regelt, wann eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft Anteile an von ihr verwalteten ausländischer AIF unter einem so genannten Europäischen Pass europaweit vertreiben darf. Die Bestimmung ist also Teil des neuen EU-Passport-Regimes. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist gemäß § 57 Absatz 2 Satz 3 die BaFin als Behörde des Referenzmitgliedstaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft. Den jeweiligen Aufsichtsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten und EWR-Vertragsstaaten, in denen der Vertrieb erfolgen soll, teilt die BaFin die Vertriebsabsicht mit. Die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft darf mit dem Vertrieb in einem weiteren EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat beginnen, sobald die BaFin der AIF-Verwaltungsgesellschaft mitgeteilt hat, dass sie die zuständige Behörde im Aufnahmestaat von der Vertriebsabsicht unterrichtet hat. II. Zeitliche Anwendbarkeit

6

Das Anzeigeverfahren nach § 334 (und somit die Möglichkeit des europaweiten Vertriebs) finden noch keine Anwendung. Das Anzeigeverfahren im Zusammenhang mit dem Vertrieb mit Drittstaatenbezug an professionelle Anleger erfolgt gemäß § 295 Absatz 7 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 Nr. 1 erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses eines delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission auf Grundlage des Artikels 66 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 67 Absatz 6 der Richtlinie 2011/61/EU. Erst dann wird ein endgültiges Regime für den Vertrieb mit Drittstaatenbezug errichtet.2 Dieses Regime wird dann zwingend der Vertrieb unter dem Europäischen Pass sein. Eine gleichzeitige Anwendung von nationalen Vertriebsvorschriften zusätzlich zum Europäischen Pass, wie es die

_____ 1 2

Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher. Vgl. zum Drittstaatenstichtag Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler Vor § 321–334 Rn. 7.

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C. Voraussetzungen für den Vertrieb gemäß Absatz 1

§ 334

Richtlinie 2011/61/EU bis 2018 vorsieht, wurde vom deutschen Gesetzgeber nicht umgesetzt. III. Europarechtliche Vorgaben Seine europarechtliche Grundlage findet § 334 in Artikel 40 der Richtlinie 2011/61/ 7 EU. Absatz 1 Satz 1 setzt Artikel 40 Absatz 1 und Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 8 2011/61/EU um. Absatz 1 Satz 2 setzt Artikel 40 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 2 Satz 1 setzt Artikel 40 Absatz 5 Unterabsatz 1 und Absatz 9 Unterabsatz 1 der 9 Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 2 Satz 2 setzt Artikel 40 Absatz 5 Unterabsatz 2 und Anhang IV der Richtlinie 2011/61/EU um. Absatz 3 setzt Artikel 40 Absatz 6 bis 10 der Richtlinie 2011/61/EU um. 10 B. Anwendungsbereich § 334 regelt, ebenso wie § 331, die so genannte „Outgoing-AIF-Notification“ bzw. das 11 „Outgoing-AIF-Update“. Denn die Anzeige gegenüber der BaFin dient als Grundlage für die sich anschließende Notifizierung durch die BaFin an die entsprechenden Aufsichtsbehörden in den betreffenden EU-Mitgliedstaaten oder den betreffenden EWR-Vertragsstaaten. I. Ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft § 334 findet auf ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Anwendung, deren Re- 12 ferenzmitgliedstaat gemäß § 56 die Bundesrepublik Deutschland ist und die von der BaFin eine Erlaubnis nach § 58 erhalten haben. Die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft muss also über die Erlaubnis verfügen, von ihr verwaltete AIF gemäß Artikel 39 oder 40 der Richtlinie 2011/61/EU in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten zu vertreiben. II. Vertrieb von durch die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft verwaltete AIF Es muss der Vertrieb von Aktien oder Anteilen an ausländischen AIF beabsichtigt 13 sein. Hinsichtlich der Definition des Vertriebsbegriffs kann auf die ausführliche Kommentierung zu § 293 verweisen werden. III. Vertrieb an professionelle Anleger § 334 erfasst nur den Vertrieb an professionelle Anleger. Solche sind gemäß § 1 Ab- 14 satz 19 Nr. 32 Anleger, die im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2014/65/EG (MiFID IIRichtlinie) als professionelle Kunden angesehen werden oder auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden. C. Voraussetzungen für den Vertrieb gemäß Absatz 1 C. Voraussetzungen für den Vertrieb gemäß Absatz 1 Der Vertrieb im Sinne des § 334 Absatz 1 Satz 1 ist nur zulässig, wenn die in § 322 Ab- 15 satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 943

Tusch

§ 334

Anzeigepflicht einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft

16

Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein AIF als ausländischer AIF zu qualifizieren ist, kann auf die entsprechende Kommentierung zu § 322 verwiesen werden.3 Eine gesonderte Prüfung und Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde des Aufnah17 memitgliedstaates erfolgt hinsichtlich der Erteilung des Europäischen Passes nicht. Allerdings kann die Behörde des Aufnahmestaates in Umsetzung von Artikel 40 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU eine eigene Prüfung der Voraussetzungen des § 322 Absatz 1 Nr. 1 und 1 vornehmen. Ist die zuständige Stelle des Aufnahmestaates der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft nicht mit der Beurteilung der in § 322 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen durch die BaFin einverstanden, kann sie, also die BaFin, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen (§ 334 Absatz 1 Satz 2). Dasselbe Recht steht der zuständigen Behörde im Aufnahmestaat gemäß Artikel 40 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie Richtlinie 2011/61/EU i.V.m. Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu. D. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren D. Vertriebsanzeige und Notifizierungsverfahren

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20 21

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23

24

Anteile oder Aktien an ausländischen AIF dürfen in anderen EU-Mitgliedstaaten oder EWR-Vertragsstaaten nur dann vertrieben werden, wenn die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, für den von ihr verwalteten AIF das einschlägige Anzeigeverfahren erfolgreich durchlaufen hat. § 334 legt dabei die Einzelheiten des Anzeigeverfahrens fest. Das in § 334 vorgesehene elektronische Anzeigeverfahren für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften in Bezug auf den Vertrieb von ausländischen AIF an professionelle Anleger in anderen EU-Mitgliedstaaten oder in EWR-Vertragsstaaten ist zwischenbehördlich ausgestaltet. Das Anzeigeverfahren unterscheidet sich inhaltlich kaum von demjenigen für AIFKapitalverwaltungsgesellschaften nach § 331. Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft hat den beabsichtigten Vertrieb der BaFin in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache anzuzeigen. Das Anzeigeschreiben muss die in § 321 Absatz 1 Satz 2 geforderten Angaben und Unterlagen in jeweils geltender Fassung enthalten. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen.4 Hinsichtlich des genauen Ablaufs, des Inhalts der Vertriebsanzeige und des genauen Notifizierungsverfahrens verweist § 334 Absatz 3 insgesamt auf § 331 Absatz 2 bis 5 Satz 1 und 2, Absatz 6 und Absatz 7, allerdings mit leichten Modifikationen. Lediglich § 331 Absatz 5 Satz 3 findet insgesamt keine Anwendung, weil diese Bestimmung den Vertrieb eines EU-AIF voraussetzt, was bei § 334 schon vom Anwendungsbereich her nicht der Fall sein kann. Absatz 3 Nr. 1 stellt insoweit klar, dass es statt „AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft“ „ausländische AIF“ heißen muss, da es sich hier um einen anderen Normadressaten handelt. Inhaltliche Abweichungen zur Vertriebsmitteilung nach § 331 ergeben sich lediglich in Bezug auf die durch die BaFin zu informierenden Behörden. Denn § 334 Absatz 3 Nr. 2

_____ 3 4

Siehe § 322 Rn. 7. Siehe Kommentierung zu § 321 Rn. 20.

Tusch

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A. Regelungsgegenstand

§ 335

sieht vor, dass die BaFin im Rahmen von § 331 Absatz 5 zusätzlich eine Mitteilung an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde sendet und mitteilt, dass die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft mit dem Vertrieb von Anteilen oder Aktien des angezeigten AIF an professionelle Anleger im Aufnahmemitgliedstaat der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beginnen kann. Diese Meldepflicht folgt für die BaFin bereits aus § 12 Absatz 6 Nr. 10 lit. b). Danach hat die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über den möglichen Beginn des Vertriebs von ausländischen AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach § 334 Absatz 3 Nr. 2 zu informieren. Darüber hinaus wird die Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit einem Outgoing- 25 AIF-Update im Sinne des § 331 Absatz 7 durch § 334 Absatz 3 Nr. 3 um eine zusätzliche Mitteilung an die Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde durch die BaFin erweitert. Auch hier ergibt sich die eigentliche Verpflichtung der BaFin aus § 12 Absatz 4 Nr. 6 lit. b). Eine solche Mitteilung ist aber nur dann erforderlich, wenn die zulässige Änderung nach § 331 Absatz 7 die Beendigung des Vertriebs von bestimmten AIF oder zusätzlich vertriebene AIF betrifft. E. Folgen eines Verstoßes gegen die Vertriebsanzeige Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen die Vertriebsvorschriften richten sich 26 nach § 11, der besondere Vorschriften für die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Verwaltung und grenzüberschreitendem Vertrieb von AIF festlegt. Erfolgt ein Vertrieb, ohne dass die entsprechende Anzeige nach § 334 Absatz 2 erfolgt ist, untersagt die BaFin gemäß § 11 Absatz 9 Nr. 1 lit. b) auf Verlangen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 46 Absatz 4 der Richtlinie 2011/61/EU nach Maßgabe von § 11 Absatz 10 den Vertrieb.

§ 335 Bescheinigung der Bundesanstalt § 335 Bescheinigung der Bundesanstalt Tusch https://doi.org/10.1515/9783110492217-123 (1) Unbeschadet der Anzeigen nach den §§ 331 bis 334 stellt die Bundesanstalt auf Antrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Bescheinigung darüber aus, dass die Vorschriften der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt sind. (2) Die Bundesanstalt stellt auf Antrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die gemäß § 44 registriert ist, eine Bescheinigung über die Registrierung aus. A. Regelungsgegenstand A. Regelungsgegenstand1 Unabhängig davon, ob eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 1 Ab- 1 satz 16 eine Anzeige nach den §§ 331 bis 334 vorgenommen hat, kann sie bei der BaFin eine Bescheinigung darüber beantragen, dass die Vorschriften der Richtlinie 2011/ 61/EU erfüllt sind. Dasselbe gilt für eine Bescheinigung über die Registrierung gemäß § 44 die die BaFin ebenfalls auf Antrag der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft aus-

_____ 1

Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher.

945 https://doi.org/10.1515/9783110492217-123

Tusch

§ 336

Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010

stellen muss. Der Antrag erfordert keine Darlegung der Gründe und kann formlos erfolgen. B. Begründung 2

Angelehnt an § 128 Absatz 4 des aufgehobenen Investmentgesetzes soll diese Vorschrift dem bestehenden praktischen Bedürfnis für die gebührenpflichtige Erteilung eines AIF-Passes für den Vertrieb außerhalb des EU/EWR-Raumes Rechnung tragen.2

UNTERABSCHNITT 4 Verweis und Ersuchen für den Vertrieb von AIF an semiprofessionelle und professionelle Anleger https://doi.org/10.1515/9783110492217-124

§ 336 Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 § 336 Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 Tusch

(1) Die näheren Bestimmungen zu den in § 322 Absatz 1 Nummer 1, § 324 Absatz 1 Satz 1, § 326 Absatz 1, § 328 Absatz 1 Satz 1, § 330 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, § 332 Absatz 1 Satz 1 und § 334 Absatz 1 Satz 1 genannten Vereinbarungen über die Zusammenarbeit richten sich nach den Artikeln 113 bis 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013. (2) Lehnt eine zuständige Stelle einen Antrag auf Informationsaustausch im Sinne der §§ 324, 328, 332 und 334 zwischen den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates oder des Referenzmitgliedstaates und den zuständigen Stellen der Aufnahmemitgliedstaaten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, der EUAIF-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft ab, so können die Bundesanstalt und die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates oder des Referenzmitgliedstaates und des Aufnahmemitgliedstaates der AIF-Verwaltungsgesellschaft die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. (3) Schließt eine für einen EU-AIF zuständige Stelle die gemäß § 330 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a geforderte Vereinbarung über Zusammenarbeit nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ab, kann die Bundesanstalt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Regelungsgegenstand | 1 II. Zeitliche Anwendbarkeit | 4 III. Europarechtliche Vorgaben | 5 Absatz 1

C. D.

I. Kooperationsvereinbarungen | 8 II. Delegierte Verordnung | 11 Absatz 2 | 15 Absatz 3 | 17

_____ 2

Siehe Regierungsbegründung zum KAGB-Entwurf, BTDrucks. 791/12, zu § 335 S. 536.

Tusch https://doi.org/10.1515/9783110492217-124

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B. Absatz 1

§ 336

A. Allgemeines1 I. Regelungsgegenstand Die Vorschrift hat deklaratorische Bedeutung. Denn die genannten Artikeln 113 bis 1 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 gelten ohnehin europarechtlich unmittelbar. Um EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften die Möglichkeit zur Verwaltung und zum 2 Vertrieb von ausländischen AIF und ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften die Möglichkeit zur Verwaltung und zum Vertrieb von EU-AIF in der EU zu geben, schreibt die Richtlinie 2011/61/EU den Abschluss angemessener Kooperationsvereinbarungen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden des Drittlands vor, in dem der ausländische AIF und/oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz haben.2 Diese Kooperationsvereinbarungen sollen einen wirksamen Informationsaustausch zwischen den betreffenden Aufsichtsbehörden sicherstellen. § 336 enthält im Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie 2011/61/EU nähere Be- 3 stimmungen zu den Kooperationsvereinbarungen und das Verfahren, das bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden anzuwenden ist. II. Zeitliche Anwendbarkeit 4

Die Vorschrift gilt seit Inkrafttreten des KAGB. III. Europarechtliche Vorgaben

Absatz 1 dient der Umsetzung von Artikel 35 Absatz 11, Artikel 40 Absatz 11 und Arti- 5 kel 42 Absatz 3 der Richtlinie 2011/61/EU. Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 35 Absatz 15 und Artikel 40 Absatz 15 der 6 Richtlinie 2011/61/EU. Absatz 3 setzt Artikel 42 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU um. 7 B. Absatz 1 B. Absatz 1 I. Kooperationsvereinbarungen § 336 verweist hinsichtlich der näheren Bestimmungen zu den in § 322 Absatz 1 Num- 8 mer 1, § 324 Absatz 1 Satz 1, § 326 Absatz 1, § 328 Absatz 1 Satz 1, § 330 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, § 332 Absatz 1 Satz 1 und § 334 Absatz 1 Satz 1 genannten Vereinbarungen über die Zusammenarbeit auf die Artikel 113 bis 115 der delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013.3

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1 Die Kommentierung fußt auf der Bearbeitung der Vorauflage (3. Aufl.) durch Herrn Dr. Böttcher. 2 Vgl. Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung, ABl. EU Nr. L, 2013/1, Erwägungsgrund 134. 3 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung, ABl. EU Nr. L, 2013/1.

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§ 336

Verweise und Ersuchen nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010

9

Bei diesen Vereinbarungen handelt es sich um Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der zuständigen Behörde des EU-Mitgliedstaates, sei es die BaFin oder die Behörde des Herkunftsstaates einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft, und der jeweiligen Aufsichtsbehörde des Drittstaates, in dem der ausländische AIF oder die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft seinen bzw. ihren Sitz hat. Zweck dieser Vereinbarungen ist es, einen effizienter Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden zu gewährleisten. Eine Liste der Stellen eines Drittstaates, mit denen die BaFin bereits entsprechende Vereinbarungen (ein so genanntes Memorandum of Understanding) geschlossen hat, hat die BaFin in einem Merkblatt vom 22. Juli 2013 veröffentlicht.4 Der Abschluss dieser Vereinbarungen ermöglicht es der BaFin, ihre Aufgaben ge10 mäß der Richtlinie 2011/61/EU wahrzunehmen. II. Delegierte Verordnung 11

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 ist Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie 2011/61/EU in den EU-Ländern und wurde zur Ergänzung bestimmter darin enthaltener Vorschriften erlassen. Die Artikel 113 bis 115 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 enthalten inhaltliche Anforderungen an die Vereinbarungen über Zusammenarbeit, um einen einheitlichen Rahmen zu gewährleisten, der den Abschluss solcher Vereinbarungen zwischen den Behörden vereinfacht. 12 Gemäß Artikel 113 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 legen die Vereinbarungen über die Zusammenarbeit den besonderen Rahmen für die Konsultation, Kooperation und den Informationsaustausch für Aufsichts- und Durchsetzungszwecke zwischen den zuständigen Behörden der EU und Drittland-Aufsichtsbehörden fest. Die Vereinbarungen müssen schriftlich geschlossen werden. Insbesondere müssen die Vereinbarungen eine besondere Bestimmung enthalten, 13 die die Übermittlung von Informationen regelt, die eine zuständige Behörde der Union von einer Aufsichtsbehörde eines Drittlands erhalten hat, an andere zuständige Behörden der Union, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde und den ESRB im Einklang mit der Richtlinie 2011/61/EU (Artikel 113 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013). Darüber hinaus müssen die Vereinbarungen Mechanismen, Instrumente und Ver14 fahren festlegen, a) die gewährleisten, dass den zuständigen Behörden der Union alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zugänglich sind, b) die die Durchführung von Ermittlungen vor Ort gewährleisten, wenn diese zur Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörde der Union gemäß der Richtlinie 2011/61/EU erforderlich sind. Ermittlungen vor Ort werden unmittelbar von der zuständigen Behörde der Union oder von der zuständigen Behörde des Drittlands mit Hilfe der zuständigen Behörde der Union durchgeführt, und c) die gewährleisten, dass die zuständige Behörde des Drittlands im Einklang mit den für diese Behörde geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorschriften die zuständigen Behörden der Union unterstützt, wenn die Rechtsvorschriften der Union und die nationalen Durchführungsvorschriften, die von einer in dem

_____

4 Merkblatt vom 22. Juli 2013 zu Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und zuständigen Stellen eines Drittstaats im Rahmen der AIFM Richtlinie 2011/61/EU, abrufbar auf der Internetseite der BaFin unter: http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/WA/ mb_130722_internat_koopvereinbarungen_kagb.html.

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D. Absatz 3

§ 336

Drittland niedergelassenen Einrichtung verletzt wurden, durchgesetzt werden müssen. C. Absatz 2 Für den Fall, dass eine zuständige Stelle einen Antrag auf Informationsaustausch im 15 Sinne der §§ 324, 328, 332 und 334 zwischen den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates oder des Referenzmitgliedstaates und den zuständigen Stellen der Aufnahmemitgliedstaaten der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft ablehnt, können die BaFin und die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates oder des Referenzmitgliedstaates und des Aufnahmemitgliedstaates der AIF-Verwaltungsgesellschaft die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen. Nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 kann die Europäische 16 Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach dem in den Absätzen 2 bis 4 des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 festgelegten Verfahren dabei helfen, eine Einigung zwischen den Behörden zu erzielen. D. Absatz 3 D. Absatz 3 Der Vertrieb von Anteilen oder Aktien an von einer ausländischen AIF-Verwaltungs- 17 gesellschaft verwalteten ausländischen AIF oder EU-AIF an semiprofessionelle oder professionelle Anleger im Geltungsbereich des KAGB setzt gemäß § 330 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a unter anderem voraus, dass geeignete Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz hat, und gegebenenfalls den zuständigen Stellen des Drittstaates, in dem der ausländische AIF seinen Sitz hat, und den zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-AIF bestehen. Um sicherzustellen, dass entsprechende Kooperationsvereinbarungen tatsächlich 18 geschlossen werden, kann die BaFin die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nach Maßgabe des Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 um Hilfe ersuchen, wenn eine für einen EU-AIF zuständige Stelle eine solche Vereinbarung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums abschließt.

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§ 337

Europäische Risikokapitalfonds

KAPITEL 5 Europäische Risikokapitalfonds § 337 Europäische Risikokapitalfonds § 337 Europäische Risikokapitalfonds Jesch https://doi.org/10.1515/9783110492217-125 (1) Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die die Voraussetzungen nach § 2 Absatz 6 erfüllen, gelten 1. die §§ 1, 2, 5 Absatz 1 und §§ 6, 7, 13 bis 16, 44 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 bis 7 und Absatz 4 bis 7 entsprechend sowie 2. die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 345/2013. (2) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die die Voraussetzungen des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 erfüllen und die Bezeichnung „EuVECA“ weiter führen, haben neben den Vorschriften dieses Gesetzes die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 zu erfüllen. Schrifttum Euhus/Käpplinger Veränderungen für Manager von Venture-Capital-Fonds, Börsen-Zeitung v. 14.10.2017, S. 9; Jesch/Aldinger EU-Verordnungsvorschlag über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) – Wer wagt, gewinnt?, RdF 2012 217; Nelle/Klebeck Der „kleine“ AIFM – Chancen und Risiken der neuen Regulierung für deutsche Fondsmanager, BB 2013 2499; Preqin Alternative Assets Performance Monitor, 2017; ders. Global Private Equity & Venture Capital Report, 2018; Schertler/Tykvová What lures cross-border venture capital inflows?, Journal of International Money and Finance 31 (2012) 1777; Siering/Izzo-Wagner „Praktische Hürden“ der EuVECA-Verordnung, BKR 2014 242; Volhard/Euhus Neue Regeln für VentureCapital-Fonds in Europa, Absolut report 02/2013 58; Volhard/Kruschke Die Regulierung von Private Equity Fonds-Manager durch den Europäischen Gesetzgeber: ausgewählte Aspekte der AIFM-Richtlinie und der VC-Verordnung im Überblick, EWS 2012 21; Weitnauer Social Impact Investment und Venture Philantrophy: Kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen, GWR 2017, 149.

Systematische Übersicht A. B.

C.

1

Systematische Übersicht Allgemeines | 2 Geltung bestimmter KAGBNormen für EuVECA (Abs. 1 Nr. 1) | 13 Geltung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 für EuVECA (Abs. 1 Nr. 2) | 15

D.

E.

Weiteres Führen der Bezeichnung „EuVECA“ bei Überschreiten von Schwellenwerten (Abs. 2) | 28 Bestehender Anpassungsbedarf | 30

Die Einzelnorm des § 337 KAGB1 betrifft die „Opt-In“-Regelung des Europäischen Risikokapitalfonds. Absatz 1 regelt die Anwendbarkeit selektiver KAGB-Normen (Nr. 1) sowie der EuVECA-VO selbst.2 Absatz 2 regelt den Sonderfall des Weiterführens der Bezeichnung „EuVECA“ bei Überschreiten von Schwellenwerten.

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1 Der Verfasser dankt Dr. Wolfgang Weitnauer für wertvolle Hinweise. 2 Zur Abgrenzung von KAGB und EuVECA-VO vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Weitnauer Art. 1 EuVECA-VO Rn. 4.

Jesch https://doi.org/10.1515/9783110492217-125

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A. Allgemeines

§ 337

A. Allgemeines A. Allgemeines Die Europäische Kommission hat am 7.12.2011 einen Verordnungsvorschlag veröffentlicht und damit ihren Vorschlag vom 15.6.2011 umgesetzt und konkretisiert.3 Nach der Beschlussfassung des Europäischen Parlaments am 12.3.2013 hat auch der Rat am 21.3.2013 dem Text der Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds („EuVECA-VO“) zugestimmt. Die endgültige Fassung entspricht dem Kompromissvorschlag der zypriotischen Ratspräsidentschaft aus dem Dezember 2012. Hintergrund des ursprünglichen Kommissionsvorschlags vom Dezember 2011 war die Befürchtung, dass Manager relativ kleiner Venture-Capital-Fonds gezwungen sein könnten, sich den sehr weitreichenden Regelungen der AIFM-RL zu unterwerfen.4 Die EuVECA-VO steht der AIFM-RL gegenüber. Während die AIFM-RL jeweils vom nationalen Gesetzgeber unter Nutzung (oder expliziter Nichtnutzung) eines Spielraums umgesetzt wurde, ist die EuVECA-VO unmittelbar anwendbar und eröffnet auf europäischer Ebene gleichermaßen z.B. den EU-Vertriebspass.5 Umso bemerkenswerter ist, dass die EuVECA-VO eine Vielzahl offener Fragestellungen aufweist.6 Eine freiwillige Unterwerfung unter die EuVECA-VO statt der „vollen“ KAGB-Regulierung kommt – anders als es der Name andeutet – nicht nur Venture-Capital-Strategien i.e.S. zugute. Voraussetzung hinsichtlich der Investmentstrategie ist, dass nach Art. 3(d) und (e) EuVECA-VO qualifizierte Anlagen in qualifizierte Portfolio-Unternehmen getätigt werden, welche durchaus auch gewisse Small-Cap- und sogar Mid-Cap-Strategien aus dem Private-Equity-Bereich zulassen.7 Dem Gesichtspunkt der Förderung innovativer kleinerer Unternehmen ist damit gleichermaßen Rechnung getragen. Interessant war anfangs, ob z.B. der Europäische Investmentfonds (EIF) es für seine Co-Investments bei europäischen Venture-Capital-Fonds zur Voraussetzung machen würde, dass diese als „Europäischer Risikokapitalfonds“ qualifizieren. Dieser Gedanke ist einerseits naheliegend.8 Andererseits bringt die EuVECA Compliance einen Aufwand mit sich, der im Vergleich zur KAGB Compliance geringfügiger, gleichwohl aber gewichtig ist. Da der EIF nach bisheriger Erfahrung (weiterhin) auch kleinere Branchen-/ Nischenfonds unterstützen will, ist das Gütesiegel „Europäischer Risikokapitalfonds“ insoweit nicht zur conditio sine qua non geworden. Es gibt Fondsgrößenordnungen, die selbst mit den erleichterten Anforderungen der EuVECA-VO ihre organisatorischen und/oder finanziellen Schwierigkeiten haben dürften.9

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3 Volhard/Kruschke Die Regulierung von Private Equity Fonds-Manager durch den Europäischen Gesetzgeber: ausgewählte Aspekte der AIFM-Richtlinie und der VC-Verordnung im Überblick, EWS 2012 21 (23 f.). 4 Volhard/Euhus Neue Regeln für Venture-Capital-Fonds in Europa, Absolut.report 02/2013 58 (59). 5 Noch nicht hingegen den EU-Verwaltungspass, der einem EuVECA-Verwalter aus einem Mitgliedstaat sinnvollerweise erlauben sollte, EuVECA-Fonds, die in einem anderen Mitgliedstaat errichtet wurden, zu verwalten. Möge die nächste Revision der EuVECA-VO diese Ergänzung verankern. 6 Genannt seien hier nur die Existenz von Alt-Investoren außerhalb von Art. 6 Abs. 1 lit. a) und b), die Höhe der „ausreichenden finanziellen Mittel“ für Verwalter eines Risikokapitalfonds und die Anforderungen an externe Verwaltungsgesellschaften, vgl. Siering/Izzo-Wagner „Praktische Hürden“ der EuVECA-Verordnung, BKR 2014 242 ff. 7 Nelle/Klebeck Der „kleine“ AIFM – Chancen und Risiken der neuen Regulierung für deutsche Fondsmanager, BB 2013 2499 (2505); dies ist von der EuVECA-VO explizit gewünscht, vgl. z.B. Erwägungsgrund (13) EuVECA-VO. 8 Und findet sich nicht nur andeutungsweise auch in Erwägungsgrund (52) EuVECA-VO. 9 Vgl. Jesch/Aldinger EU-Verordnungsvorschlag über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) – Wer wagt, gewinnt?, RdF 2012 217 (223 f.).

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§ 337

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Europäische Risikokapitalfonds

Letztlich bleibt abzuwarten, inwieweit es jedenfalls im Bereich der Venture-CapitalFonds üblich ist/wird, einen paneuropäischen Investitionsansatz zu verfolgen. Im Bereich der relativ wenigen Venture-Capital-Dachfonds dürfte dies kein Problem sein, bei anderen institutionellen Investoren dürfte ein gewisser home bias vorherrschen.10 Hier heiligt letztlich der Erfolg die geographische Expansion. Die Mitteilung der EU-Kommission vom 30.9.2015 zu einem Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion stellt fest, dass die EuVECA-VO geändert werden müsse, um optimale Rahmenbedingungen, die Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen (im Folgenden „KMU“) begünstigen, zu gewährleisten. Dies soll in einer weiteren Stufe auch Anschlussinvestitionen des EuVECA erlauben.11 Konkret betreffen soll dies auf der Ebene der Zielgesellschaften nicht börsennotierte KMU,12 nicht börsennotierte kleine Unternehmen mittlerer Kapitalisierung und an KMU-Wachstumsmärkten notierte KMU und deren durchschnittliche Börsenkapitalisierung weniger als 200 Mio. Euro beträgt.13 Die Beschränkungen gelten ausdrücklich nur zum Zeitpunkt der Erstinvestition des Fonds. Der EuVECA-Fonds darf erwähnte Anschlussinvestitionen auch dann leisten, wenn das Portfolio-Unternehmen „durch die Decke geht“.14 Die Verwendung der Bezeichnung „EuVECA“ soll nach dem Revirement auch OGAW-Verwaltern zur Verfügung stehen. Die durchgängige15 gleichwohl vereinfachte16 Registrierung der entsprechenden Vehikel sollte dem Transparenzgedanken Rechnung tragen. Für die Registrierung eines EuVECA-Managers sieht die revidierte EuVECA-VO in Art. 14a Abs. 6 eine Höchstfrist von zwei Monaten nach vollständiger Einreichung aller Unterlagen vor. In der Vergangenheit hatten Registrierungen z.B. durch die BaFin teilweise länger gedauert.17 Schließlich sollen Dachfondsstrukturen ermöglicht werden, um eine weitere Ebene der potentiellen Kapitalzufuhr zu ermöglichen.

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10 Ein wenig Hoffnung machen die Erkenntnisse von Schertler/Tykvová What lures cross-border venture capital inflows?, Journal of International Money and Finance Vol. 31 (2012) 1777 (1785). Danach konnten 2000–2008 zumindest Portfolio-Unternehmen aus Großbritannien signifikant Gelder aus anderen (europäischen) Staaten einwerben. Deutsche Portfolio-Unternehmen erhielten umgekehrt aus Großbritannien noch relativ starken Zuspruch (hier ist man Frankreich und Italien aber eher zugeneigt), weit mehr aus den USA, was allerdings in Relation zur Größe der dortigen Venture-Capital-Industrie bewertet werden muss. 11 Verordnung (EU) 2017/1991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum, EG (9). 12 Nicht mehr relevant ist insoweit die KMU-Definition aus dem Beihilfrecht (keine Börsennotierung, weniger als 250 Beschäftigte, Jahresumsatz von maximal 50 Mio. Euro bzw. Jahresbilanzsumme von max. 43 Mio. Euro. 13 Verordnung (EU) 2017/1991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum, EG (9). 14 Euhus/Käpplinger Veränderungen für Manager von Venture-Capital-Fonds, Börsen-Zeitung v. 14.10.2017 S. 9. 15 Verordnung (EU) 2017/1991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum, EG (6). 16 Verordnung (EU) 2017/1991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum, EG (10). 17 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Aufsicht zukünftig von den nationalen Aufsichtsbehöden auf die ESMA verlagert werden könnte, vgl. Pöllath/Rodin/Wewel/Hillebrand/ Schoeneberg/Schwarz von Berk Private Equity und Venture Capital Fonds, § 15 EuVECA/EuSEF-Fonds Rn. 7.

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C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 für EuVECA (Abs. 1 Nr. 2)

§ 337

Am 10.11.2017 wurde die Verordnung (EU) 2017/1991 vom 25.10.2017 im Europäi- 12 schen Amtsblatt veröffentlicht und ist drei Monate und 20 Tage später anwendbar. Die geänderte Fassung der EuVECA-VO ist damit grundsätzlich seit dem 1.3.2018 anzuwenden. B. Geltung bestimmter KAGB-Normen für EuVECA (Abs. 1 Nr. 1) Für EuVECA-Verwaltungsgesellschaften gelten in Ergänzung zur EuVECA-VO fol- 13 gende KAGB-Normen entsprechend: – § 1 KAGB: Dies betrifft die umfangreichen Begriffsbestimmungen des KAGB. – § 2 KAGB: Dies betrifft die Ausnahmebestimmungen des KAGB, wobei vorliegend § 2 Abs. 6 KAGB von besonderer Relevanz ist. – § 5 Abs. 1 KAGB: Dies betrifft die Festlegung der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde. – § 6 KAGB: Dies betrifft eine Sonderregelung für den Fall des Verdachts der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB. – § 7 KAGB: Dies betrifft die sofortige Vollziehbarkeit von BaFin-Maßnahmen. – §§ 13 und 14 KAGB: Dies betrifft den Informationsaustausch mit der Deutschen Bundesbank sowie Auskünfte und Prüfungen. – § 44 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 bis 7 und Absatz 4 bis 7 KAGB: Dies betrifft schließlich Registrierung und Berichtspflichten von AIF-KVG. Insgesamt gelten also für EuVECA-Verwaltungsgesellschaften jene KAGB-Normen, 14 welche die Registrierung bei der Aufsichtsbehörde, die laufende Aufsicht und den Informationsaustausch mit der Aufsichtsbehörde sowie deren Einschreiten auf Basis der KAGB-Terminologie regeln. C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 für EuVECA (Abs. 1 Nr. 2) C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 für EuVECA (Abs. 1 Nr. 2) Kleine Manager alternativer Investmentfonds mit nicht mehr als 500 Mio. Euro As- 15 sets under Management, welche grundsätzlich nur dem Registrierungserfordernis der AIFM-RL unterliegen, können sich freiwillig der EuVECA-VO unterwerfen. Die Kommission geht davon aus, dass dieser Schwellenwert von 98% aller europäischen VC-Manager nicht überschritten wird.18 Kleine Manager, die (auch) hebelfinanzierte AIF verwalten, sollen wohl nicht in den Anwendungsbereich der EuVECA-VO fallen, was ggf. für Manager relevant sein könnte, welche KfW-Mittel als Darlehen in ihren Bestandsfonds aufgenommen haben.19 Die EuVECA-Verwalter unterliegen nach der obligatorischen Registrierung bestimm- 16 ten operativen Anforderungen, Mindestkapital- und Ausstattungsvorschriften, Bewertungsvorschriften hinsichtlich der qualifizierenden Fonds20 sowie Transparenzanforderungen gegenüber den Investoren21 und der zuständigen Aufsichtsbehörde.22 Das Anfangskapital muss nach Art. 10 Abs. 2 EuVECA-VO 50.000 Euro betragen. Der Verord-

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18 Vgl. Volhard/Kruschke Die Regulierung von Private Equity Fonds-Manager durch den Europäischen Gesetzgeber: ausgewählte Aspekte der AIFM-Richtlinie und der VC-Verordnung im Überblick, EWS 2012 21 (24) unter Verweis auf Ziffer 1 der einführenden Erläuterungen zum damaligen EU-Verordnungsvorschlag. 19 Volhard/Euhus Neue Regeln für Venture-Capital-Fonds in Europa, Absolut.report 02/2013 58 (59). 20 Vgl. z.B. Erwägungsgrund (29) EuVECA-VO. 21 Vgl. Art. 13 EuVECA-VO. Hier sind u.a. Angaben zu einer Deckelung der Fondskosten zu machen. 22 Vgl. Art. 14 EuVECA-VO.

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§ 337

Europäische Risikokapitalfonds

nungsgeber rückt damit von der bisher wieselwortgleichen Formulierung der „ausreichenden Eigenmittel“ ab. Zu Eigenmittelanforderungen enthalten die Absätze 3 bis 5 des Artikel 10 EuVECA-VO nun vielmehr eine sehr detaillierte Regelung. Die Eigenmittel sind entweder in liquiden Mitteln zu halten oder in Vermögensgegenstände zu investieren, die kurzfristig unmittelbar in Bankguthaben umgewandelt werden können und keine spekulativen Positionen enthalten.23 Die Eigenmittelanforderungen gelten nicht hinsichtlich bereits bestehernder EuVECA-Fonds. Soweit die BaFin in der Vergangrenheit höhere Eigenkapital-Anforderungen gestellt hatsollte für den EuVECA-Verwalter ein Optionsrecht hin zu den neuen Regelungen bestehen. Die Bewertungsmaßstäbe für die Anlagen sind in der Fondsdokumentation niederzulegen und müssen ein ordnungsgemäßes und transparentes Bewertungsverfahren sicherstellen.24 Qualifizierende Fonds registrierter Manager dürfen mittels EU-Vertriebspass25 unter 17 dem Label „EuVECA“ an die zulässigen Anlegergruppen vertrieben werden,26 allerdings müssen sie das Label nicht verwenden, was z.B. im Small-oder Mid-Cap-Segment wünschenswert sein kann. Der Registrierungsantrag für qualifizierte Risikokapitalfonds umfasst schwerpunktmäßig – Anlagebedingungen bzw. Satzung des qualifizierten Risikokapitalfonds; – Angaben zur Identität der Verwahrstelle; – die in Art. 14 Abs. 1 EuVECA-VO genannten Informationen; – eine Liste jener Mitgliedstaaten, in denen die Verwalter qualifizierte Risikokapitalfonds errichtet haben oder zu errichten beabsichtigen. Von den zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten dürfen nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 EuVECA-VO keine Gebühren und andere Abgaben erhoben werden. In der Vergangenheit haben einige Mitgliedstaaten für den bloßen Vertrieb eines EuVECAFonds in ihrem Staatsgebiet Gebühren erhoben.27 Fiskalisch motivierten Vertriebsblockaden soll mit der EuVECA-Neuregelung entgegengewirkt werden. Zulässige Anleger sind zum einen professionelle Anleger nach MiFID und zum ande19 ren vermögende und qualifizierende Privatpersonen, die mindestens 100.000 Euro investieren und schriftlich bestätigen, dass sie sich des Risikos der Investition bewusst sind.28 Zulässige Anleger sind ebenfalls und uneingeschränkt die Teammitglieder des EuVECA-Managers. Ein Fonds qualifiziert dann als EuVECA, wenn (i) beabsichtigt ist, dass der Fonds 20 mindestens 70% des Anteils der Kapitalzusagen, der für Investitionen zur Verfügung steht, in qualifizierende Anlagen investiert und (ii) zu keinem Zeitpunkt mehr als 30% der investierbaren Kapitalzusagen in nichtqualifizierende Anlagen investiert werden. 21 Qualifizierende Anlagen, d.h. Finanzinstrumente,29 sind (i) Eigenkapital- und Quasieigenkapitalanlagen in bestimmte KMU, (ii) durch Anteilstausch erworbene andere Eigenkapital- und Quasieigenkapitaleinlagen, (iii) in gewissem Umfang Darlehen an bestehende qualifizierende Portfolio-Unternehmen sowie (iv) Anteile an direkt investierenden 18

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23 Zur Eingrenzung vgl. die BaFin-FAQ zur Anlage von Eigenmitteln gemäß § 25 Abs. 7 Kapitalanlagegesetzbuch. 24 Vgl. Art. 11 EuVECA-VO. 25 Vgl. Art. Art. 14a Abs. 7 EuVECA-VO. 26 Vgl. Art. 14 Abs. 3 EuVECA-VO. 27 Euhus/Käpplinger Veränderungen für Manager von Venture-Capital-Fonds, Börsen-Zeitung v. 14.10.2017 S. 9. 28 Vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. a) und b) EuVECA-VO. 29 Volhard/Euhus Neue Regeln für Venture-Capital-Fonds in Europa, Absolut.report 02/2013 58 (59).

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C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 für EuVECA (Abs. 1 Nr. 2)

§ 337

qualifizierenden Fonds. Danach kann auch ein Venture-Capital-Dachfonds als EuVECA registriert und vertrieben werden.30 „Bestimmte KMU“ sind solche mit weniger als 250 Angestellten sowie entweder weniger als 50 Mio. Euro Jahresumsatz oder weniger als 43 Mio. Euro Bilanzsumme. Es darf sich nicht um AIF, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Versicherungsunternehmen oder Finanzholdings handeln.31 Die ESMA führt nach Art. 17 EuVECA-VO eine zentrale, im Internet öffentlich zu- 22 gängliche EuVECA-Datenbank mit sämtlichen Verwaltern, deren Fonds und den entsprechenden Vertriebsländern.32 Interessant sind Datensatz und empirische Rückschlüsse, welche sich hieraus ziehen lassen: Heimatmitgliedstaat Dänemark Deutschland

Anzahl EuVECA-Fonds (Stichtag: 11.3.2018) 5 16

Finnland

2

Frankreich

3

Großbritannien Irland

57 5

Italien

6

Lettland

2

Luxemburg

9

Malta

1

Niederlande

16

Österreich

5

Portugal

1

Schweden

6

Spanien

4

Zypern

1

SUMME

139

Was lässt sich hieraus – bei aller dem juristischen Verf. aufzuerlegenden Vorsicht – 23 ableiten? Großbritannien, Deutschland und die Niederlande sind zunächst die Heimatmitgliedstaaten mit den meisten EuVECA-Fonds. Dies ist auch für Deutschland sehr erfreulich. Interessant ist angesichts des Brexit-Szenarios die hohe Anzahl der UKEuVECA-Fonds. Man kann also jeweils von einer relativ hohen Adaptionsrate in bezug auf die zusätzliche EuVECA-Fonds-Registrierung ausgehen, wenngleich dies zwingend

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30 Volhard/Euhus Neue Regeln für Venture-Capital-Fonds in Europa, Absolut.report 02/2013 58 (60). 31 Erwägungsgrund (18) EuVECA-VO. 32 Art. 17 EuVECA-VO. Zum Abrufstichtag 11.3.2018 waren unter https://registers.esma.europa.eu/ publication/searchRegister?core=esma_registers_euveca 139 Fonds erfasst.

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§ 337

24

25

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Europäische Risikokapitalfonds

noch genauer in Relation z.B. zu Bruttoinlandsprodukt oder Bevölkerungszahl überprüft werden müsste. Nicht per se ableiten lässt sich hieraus, dass (i) diese drei Länder auch die (unter Rendite- und Risikokennziffern) erfolgreichsten Verwalter von EuVECA-Fonds bzw. allgemein Venture-Capital-Fonds beherbergen und – hier von noch größerer Relevanz – (ii) diese drei Länder die regulatorisch attraktivsten Strukturen für Venture-Capital-Fonds bieten. Zur Frage der erfolgreichsten europäischen Verwalter von Venture-Capital-Fonds lässt sich länderspezifisch nur festhalten, dass unter den 45 unter Renditegesichtspunkten langfristig erfolgreichsten Verwaltern von Venture-Capital-Fonds Großbritannien (2), Frankreich (1), die Niederlande (1) und Luxemburg (1) immerhin vertreten sind.33 Dies ist nun bei aller gebotenen Zurückhaltung ein wirtschaftlich enttäuschendes, wenn auch nicht überraschendes Ergebnis für Europa insgesamt.34 Was kann seitens der europäischen Marktteilnehmer unternommen werden, um die Dominanz der USA (35 Vertreter) zu brechen? Ist die Sehnsucht nach nationalen Venture-Capital-Champions innerhalb der einzelnen EU-Länder gar kontraproduktiv? Es ist wünschenswert, dass die betriebswirtschaftliche Forschung sich diesem Thema intensiver zuwendet. Zur Frage der Länder mit den regulatorisch attraktivsten Strukturen für VentureCapital-Fonds lässt sich eingangs feststellen, dass in Europa Großbritannien (94), Frankreich (63) und Spanien (48) die Länder mit der höchsten Anzahl aktiver Verwalter von Venture-Capital-Fonds sind.35 Aber hier wäre denkbar, dass z.B. Großbritannien einfach, ggf. historisch gewachsen, einen größeren talent pool in Sachen Venture Capital besitzt und die entsprechenden Verwaltungsgesellschaften zumindest als solche selbst ein regulatorisch und/oder steuerlich widriges Umfeld in Großbritannien wegen sonstiger Vorteile „erdulden“. Diese Hypothese wird zwar nicht durch das im Vorabsatz Festgestellte gestützt, bedarf aber gleichwohl weiterer Analyse. Es bleibt insgesamt festzuhalten, dass Daten zur Anzahl der in den einzelnen europäischen Ländern aufgesetzten Venture-Capital-Fonds derzeit in Reinform nicht vorliegen, weswegen z.B. nicht festgestellt werden kann, ob die deutsche GmbH & Co. KG eine besonders attraktive Rechtsform für Venture-Capital-Fonds ist. Mit insgesamt 16 EuVECA-Fonds scheint aber eine Adaption der EuVECA-Fonds-Struktur für Verwalter deutscher Venture-Capital-Fonds relativ attraktiv. Was Investoren anbelangt, bleibt auch nach 30–40 Jahren Venture Capital in Europa ein entsprechendes Engagement unter Renditegesichtspunkten relativ schwierig. D. Weiteres Führen der Bezeichnung „EuVECA“ bei Überschreiten von Schwellenwerten D. Weiteres Führen der Bezeichnung „EuVECA“ bei Überschreiten von Schwellenwerten (Abs. 2)

Die Bezeichnung „EuVECA“ bleibt grundsätzlich verfügbar für AIF, wenn das verwaltete Vermögen des AIFM erst nach der Registrierung gem. EuVECA-VO die Schwelle von 500 Mio. Euro übersteigt. Allerdings muss der sodann zum AIFM gewordene Verwalter eine Zulassung bean29 tragen, die von ihm verwalteten qualifizierten Risikokapitalfonds müssen die Anforde-

28

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33 Preqin 2017 Preqin Alternative Assets Performance Monitor 2017 S. 54 f. 34 Dies begründet auch zu einem guten Teil, warum Europa vor allem gegenüber den USA erheblich weniger Venture Capital für junge, technologieorientierte Unternehmen zur Verfügung stellt, vgl. Pöllath/Rodin/Wewel/Hillebrand/Schoeneberg/Schwarz von Berk Private Equity und Venture Capital Fonds, § 15 EuVECA/EuSEF-Fonds Rn. 2. 35 Preqin Preqin Global Private Equity & Venture Capital Report 2018, S. 107.

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E. Bestehender Anpassungsbedarf

§ 337

rungen der AIFM-Richtlinie einhalten und zusätzlich jene der Art. 3 und 5 sowie Art. 13 Abs. 1 lit. c) und lit. i) EuVECA-VO. E. Bestehender Anpassungsbedarf E. Bestehender Anpassungsbedarf – – –

Die EU-Kommission hat nach 4 Jahren zu überprüfen, ob 30 die Mindestinvestitionssumme von derzeit 100.000 Euro für nicht-professionelle Anleger zu reduzieren ist, ein grenzüberschreitender Verwaltungspass auch für EuVECA sinnvoll und die bestehende Vertriebsdefinition noch angemessen ist.

Insgesamt erscheinen die EuVECA-VO resp. der § 337 KAGB in der Fassung von 2018 31 als regulatorisch handhabbarer Rahmen, um grenzüberschreitende Investitionen im Bereich des europäischen Venture Capital zu fördern. Wie angedeutet, dürften nunmehr nicht weitere Detailanpassungen im (Investment-)Recht, sondern nationale Professionalisierungsbemühungen dafür entscheidend sein, ob auch in Deutschland Venture Capital zu einer neuen Blüte erwacht. Interessant bleibt auch die Beobachtung einer weiteren Angleichung oder eben fort- 32 bestehenden Divergenz zwischen EuVECA-VO und EuSEF-VO einerseits sowie ELTIF-VO andererseits.36

neue Seite!

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36 Instruktiv hierzu Weitnauer Social Impact Investment und Venture Philantrophy: Kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen, GWR 2017 149 (153).

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§ 338

Europäische Fonds für soziales Unternehmertum

KAPITEL 6 Europäische Fonds für soziales Unternehmertum https://doi.org/10.1515/9783110492217-126

§ 338 Europäische Fonds für soziales Unternehmertum § 338 Europäische Fonds für soziales Unternehmertum Jesch (1) Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die die Voraussetzungen nach § 2 Absatz 7 erfüllen, gelten 1. die §§ 1, 2, 5 Absatz 1 und die §§ 6, 7, 13, 14, 44 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 bis 7 und Absatz 4 bis 7 entsprechend sowie 2. die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 346/2013. (2) AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die die Voraussetzungen des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 erfüllen und die Bezeichnung „EuSEF“ weiter führen, haben neben den Vorschriften dieses Gesetzes die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 genannten Artikel der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 zu erfüllen. Schrifttum Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/ 2013 20; Carnie How Philanthropy is Changing in Europe, 2017; Chen Creating Sustainable International Social Ventures, Thunderbird International Business Review 54 (2012) 131; Evans Meeting the challenge of impact investing: how can contracting practices secure social impact without sacrificing performance?, Journal of Sustainable Finance & Investment 3 (2013) 138; Forstinger „EuSEF’s“ (Europäischer Fonds für Soziales Unternehmertum), ÖBA 2013 498; Glos/Hildner/Maurer Was die Finanzaufsicht für das Jahr 2018 plant, die bank 2018 36; Möslein Reformperspektiven im Recht sozialen Unternehmertums, ZRP 2017 175; Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development 16 (2016) 38; Weitnauer Social Impact Investment und Venture Philanthropy: Kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen, GWR 2017 149.

A. B. C.

1

Systematische Übersicht Allgemeines | 2 Geltung bestimmter KAGB-Normen für EuSEF (Abs. 1 Nr. 1) | 7 Geltung der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 (Abs. 1 Nr. 2) | 9

D.

E.

Weiteres Führen der Bezeichnung „EuSEF“ bei Überschreiten von Schwellenwerten (Abs. 2) | 18 Überprüfung | 20

Die Einzelnorm des § 338 KAGB betrifft die „Opt-In“-Regelung des Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum. Absatz 1 regelt die Anwendbarkeit selektiver KAGBNormen (Nr. 1) sowie der EuSEF-VO1 selbst. Absatz 2 regelt den Sonderfall des Weiterführens der Bezeichnung „EuSEF“ bei Überschreiten von Schwellenwerten. A. Allgemeines A. Allgemeines

2

Die EuSEF-VO ist am 17.4.2013 in Kraft getreten. Sie gilt seit dem 22.7.2013 unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten und sieht europaweit einheitliche regulatorische Rah-

_____ 1

Verordnung für Europäische Fonds für soziales Unternehmertum („EuSEF“), VO (EU) 346/2013.

Jesch https://doi.org/10.1515/9783110492217-126

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A. Allgemeines

§ 338

menbedingungen und Qualitätsstandards für Fonds für soziales Unternehmertum sowie deren Administratoren vor.2 Am 1.3.20183 trat die überarbeitete Fassung der EuSEF-VO in Kraft.4 Hintergrund für die Revision war u. a. das Bestreben, den Markt für qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum zu öffnen, um Größenvorteile zu erschließen.5 Um den Gebrauch des Labels „EuSEF“ zu steigern und die Kapitalzufuhr auf Seiten der sozialen Unternehmen zu verbessern, wurde das Spektrum zulässiger Zielinvestitionen verbreitert. 6 Die großflächige Notwendigkeit europarechtlicher Rahmenbedingungen im Recht sozialen Unternehmertums wird teilweise hinterfragt, seien doch grenzüberschreitende, vor allem aber paneuropäische Strukturen eher selten.7 Insgesamt spricht z.B. Puaschunder von einer en vogue investment philosophy.8 Auch seien unterschiedliche Traditionen zu beachten; so überwiegen in den angelsächsischen Ländern rein private Investitionsformen, wohingegen in Zentraleuropa staatliche Strukturen und das institutionalisierte Bankwesen vorherrschen.9 Die EuSEF-VO galt bisher für AIFM, deren verwaltete Vermögenswerte insgesamt 3 500 Mio. Euro nicht überschreiten. Diese Grenze entfiel mit der Änderungs-VO. Die AIFM müssen in der EU niedergelassen sein und in ihrem Herkunftsstaat lediglich einer aufsichtsrechtlichen Registrierung unterliegen. Nach der Änderungs-VO unterliegt auch die BaFin einer Prüfungsfrist von max. 2 Monaten ab Einreichung des vollständigen Registrierungsantrags.10 Es entfällt künftig die erforderliche Doppelregistrierung der Verwaltungsgesellschaft, will heißen: Die Registrierung nach der EuSEF-VO entspricht einer Registrierung nach der AIFM-Richtlinie bzw. in Deutschland dem KAGB.11 Die EuSEF-VO ist unmittelbar anwendbar und eröffnet den Weg zum EU-Vertriebs- 4 pass. Das grenzüberschreitende Etablieren von Social Ventures hat aber seine Herausforderungen,12 dies dürfte auch auf das Etablieren entsprechender Fondsvehikel abfärben. Der Social Impact, die messbare positive soziale Wirkung, ist Herzstück der EuSEF-VO. 5 Die AIFM sind verpflichtet, transparente Verfahren zur Messung der positiven sozialen Wirkung zu etablieren. Die Verfahren müssen Indikatoren sozialer Wirkung einbinden, von denen die EuSEF-VO exemplarisch nennt Beschäftigung und Arbeitsmärkte, Standards und Rechte im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzqualität, soziale Eingliederung und Schutz bestimmter Gruppen, Gleichbehandlung, Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung, öffentliche Gesundheit und Sicherheit, Zugang zu Sozialschutz-, Gesundheits- und Bildungssystemen sowie Auswirkungen auf diese Systeme. Weitere Einzelheiten sollen in einer noch zu erlassenden EU-Durchführungsverordnung festgelegt werden.

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2 Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/2013 20. 3 Die Verordnung (EU) 2017/1991 vom 25. Oktober 2017 wurde am 10.11.2017 im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht und war 3 Monate und 20 Tage später anwendbar. 4 Vgl. Glos/Hildner/Maurer Was die Finanzaufsicht für das Jahr 2018 plant, die bank Heft 01/2018 36 (43). 5 Verordnung (EU) 2017/1991 vom 25.10.2017, EG. (4). 6 Verordnung (EU) 2017/1991 vom 25.10.2017, EG. (8). 7 Möslein Reformperspektiven im Recht sozialen Unternehmertums, ZRP 2017 175 (177). 8 Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development Vol. 16 (2016) 38. 9 Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development Vol. 16 (2016) 48. 10 Bisher war faktisch von einer Bearbeitungsdauer von um die 6 Monate auszugehen. 11 Weitnauer/Boxberger/Anders/Weitnauer Art. 1 EuSEF-VO Rn. 2. 12 Vgl. Chen Creating Sustainable International Social Ventures, Thunderbird International Business Review Vol. 54 (2012) 131.

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In Deutschland führen Social Impact Investments, anders als z.B. in Großbritannien,13 noch immer ein Schattendasein. Grund könnte die stärker wohlfahrtstaatlich geprägte Tradition Deutschlands sein.14 In der allgemeinen Wahrnehmung ist es nicht selbstverständlich, dass ein barmherziger Samariter hierbei ggf. über die „moralische Rendite“ hinaus auch eigene finanzielle Motive15 verfolgen könnte. Dabei wird der barmherzige Samariter i.R.d. revidierten EuSEF-VO schon insoweit diszipliniert, dass er als Verwalter für Schäden und Verluste haftet, die aus Verstößen gegen die EuSEF-VO resultieren. Die EuSEF-VO bietet eine gewisse Sicherheit dafür, dass die Finanzmittel tatsächlich 6 in echte Sozialunternehmen, welche ihre soziale Wirkung auch darstellen können, investiert werden.16 Eine höhere Netto-Investition wird nach der Änderungs-VO auch dadurch gewährleistet, dass die bisherige Praxis einiger EU-Aufnahmemitgliedstaaten unterbunden wird, für den Vertrieb eines EuSEF in ihrem Hoheitsgebiet Gebühren zu erheben, ohne dafür Aufsichtsmaßnahmen zu erbringen. Die EuSEF-VO kann keine Gewähr dafür bieten, dass diese Investition gleichzeitig auch eine gewisse Rendite17 abseits der bereits erwähnten und nicht quantifizierbaren „moralischen Rendite“ abwirft.18 B. Geltung bestimmter KAGB-Normen für EuSEF (Abs. 1 Nr. 1) B. Geltung bestimmter KAGB-Normen für EuSEF (Abs. 1 Nr. 1) 7

Für EuSEF-Verwaltungsgesellschaften gelten in Ergänzung zur EuVECA-VO folgende KAGB-Normen entsprechend: – § 1 KAGB: Dies betrifft die umfangreichen Begriffsbestimmungen des KAGB. – § 2 KAGB: Dies betrifft die Ausnahmebestimmungen des KAGB, wobei vorliegend § 2 Abs. 7 KAGB von besonderer Relevanz ist. – § 5 Abs. 1 KAGB: Dies betrifft die Festlegung der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde. – § 6 KAGB: Dies betrifft eine Sonderregelung für den Fall des Verdachts der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB. – § 7 KAGB: Dies betrifft die sofortige Vollziehbarkeit von BaFin-Maßnahmen. – §§ 13 und 14 KAGB: Dies betrifft den Informationsaustausch mit der Deutschen Bundesbank sowie Auskünfte und Prüfungen. – § 44 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 bis 7 und Absatz 4 bis 7 KAGB: Dies betrifft schließlich Registrierung und Berichtspflichten von AIF-KVG.

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13 Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development Vol. 16 (2016) 50. So gibt es gar in London mit der Social Stock Exchange einen speziellen Handelsplatz, der Börsennotierung und Gemeinwohlorientierung verbinden soll, vgl. Carnie How Philanthropy is Changing in Europe 2017, 202. zit. n. Möslein Reformperspektiven im Recht sozialen Unternehmertums, ZRP 2017 175 (178). 14 Weitnauer Social Impact Investment und Venture Philanthropy: Kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen, GWR 2017 149. 15 Anders als in mancherlei ausländischer Rechtsordnung verpflichtet das deutsche Gesellschaftsrecht die Geschäftsleitung nicht zur Erzielung eines Shareholder Value im Sinne Alfred Rappaports, vgl. . Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development Vol. 16 (2016) 50. 16 Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/2013 20. 17 Dass in diesem Bereich zumindest stabile Renditen erzielt werden, scheint sich in der Forschung zunehmend herauszukristallisieren, vgl. Puaschunder On the emergence, current state, and future perspectives of Socially Responsible Investment (SRI), Consilience: The Journal of Sustainable Development Vol. 16 (2016) 48. 18 Zu Ansätzen, wie sich beides verbinden lässt, vgl. Evans Meeting the challenge of impact investing: how can contracting practices secure social impact without sacrificing performance? Journal of Sustainable Finance & Investment Vol. 3 (2013) 138.

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C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 (Abs. 1 Nr. 2)

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Insgesamt gelten also auch für EuSEF-Verwaltungsgesellschaften jene KAGB- 8 Normen, welche die Registrierung bei der Aufsichtsbehörde, die laufende Aufsicht und den Informationsaustausch mit der Aufsichtsbehörde sowie deren Einschreiten auf Basis der KAGB-Terminologie regeln. C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 (Abs. 1 Nr. 2) C. Geltung der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 (Abs. 1 Nr. 2) Nach Art. 11 Abs. 2 EuSEF-VO n.F. haben sowohl intern verwaltete qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum wie auch externe Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum ein Anfangskapital von 50.000 Euro vorzuweisen. Die Absätze 3–6 der Neuregelung konkretisieren die vorzuhaltenden Eigenmittel.19 Die neuen Eigenmittelanforderungen gelten nur, wenn die Verwaltungsgesellschaft keine Erlaubnis nach der AIFM-Richtlinie hat. Wenn die Verwaltungsgesellschaft (im Rahmen der bisherigen Doppelregistrierung) eine Erlaubnis nach der AIFM-Richtlinie hat, ist eine vergleichbare Kapitalausstattung schon bisher erforderlich. Wird nach Geltung der neuen Regeln ein EuSEF aufgelegt, so werden „Altfonds“ bei den für die regulatorischen Eigenmittel maßgeblichen Werten nicht mitgerechnet. Ein Fonds qualifiziert als EuSEF, wenn er mindestens 70% des aggregierten, eingebrachten Kapitals für Investitionen (qualifizierte Anlagen) in Sozialunternehmen (qualifizierte Portfolio-Unternehmen) aufzuwenden plant.20 Dieser Anteil ist über die gesamte Laufzeit des EuSEF einzuhalten. Qualifizierte Anlagen sind Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente an qualifizierten Portfolio-Unternehmen. Eigenkapitalähnliche Instrumente sind u.a. Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, Genussrechte und Wandelschuldverschreibungen.21 Das Spektrum qualifizierter Anlagen wurde i.R.d. Revision durch die Erweiterung der Definition der positiven sozialen Wirkungen erweitert, womit der Finanzierungsanreiz gesteigert werden soll. Qualifizierte Portfolio-Unternehmen sind nicht börsengehandelte Unternehmen, die in der EU oder einem kooperativen Drittstaat niedergelassen sind und die die Erzielung messbarer positiver sozialer oder ökologischer Wirkungen (Social Impact) im Einklang mit Gesellschaftsvertrag oder Satzung als vorrangiges Ziel ansehen und etwaige Gewinne primär zur Erreichung ihrer sozialen Zwecke einsetzen.22 Im Rahmen der Revision der EuSEF-VO wurde verankert, dass es zukünftig genügen soll, wenn die Zielgesellschaft Dienstleistungen oder Güter bereitstellt, die eine gewisse „Sozialrendite“ bilden.23 Sozialunternehmen sollen insoweit schutzbedürftigen, benachteiligten oder ausgegrenzten Personen Dienstleistungen oder Güter bereitstellen, bei der Produktion von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen ein soziales Ziel verfolgen oder ausschließlich den beschriebenen Sozialunternehmen Finanzmittel gewähren. Nicht ausdrücklich erwähnt ist ein Produkt oder eine Dienstleistung, welche (gemeinsam) mit schutzbedürftigen, benachteiligten oder ausgegrenzten Personen erbracht wird. Weiterhin können ökologi-

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19 Vgl. hierzu auch die BaFin-FAQ zur Anlage von Eigenmitteln gem. § 25 Abs. 7 KAGB. 20 Forstinger „EuSEF’s“ (Europäischer Fonds für Soziales Unternehmertum), ÖBA 7/2013 498 (501). 21 Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/2013 20. 22 Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/2013 20. 23 „Sozialrendite“ und „moralische Rendite“ sind auch begrifflich nicht deckungsgleich – während jene auf eine Verantwortungsethik hinweist, scheint diese zumindest auch dem Gesinnungsethiker erstrebenswert.

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sche Probleme adressiert werden. Die Ausweitung auf Sozialunternehmen aus Drittstaaten ermöglicht z.B. die Förderung des fairen Handels mit Entwicklungsländern. Insgesamt sind die Anforderungen an Portfolio-Unternehmen durchaus anspruchsvoll und Auslegungsschwierigkeiten können Investitionen teilweise verhindern, wenn man zusätzlich bedenkt, dass im Fall von Minderheitsbeteiligungen nur eine begrenzte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Portfolio-Unternehmen besteht.24 Regelmäßig kann die Änderung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages einer Zielgesellschaft im Vorfeld einer Investition notwendig werden.25 Zulässige Anleger sind zum einen professionelle MiFID-Anleger und zum anderen 15 solche mit einer Mindesteinlage von 100.000 Euro, wenn letztere bestätigen, dass sie sich der Risiken im Zusammenhang mit dem Investment bewusst sind.26 Diese Beschränkung erscheint vollends unverständlich und wird hoffentlich schnellstmöglich aufgehoben.27 Würde man einer gemeinnützigen Einrichtung – auch ohne Gewinnaussichten – 100.000 Euro spenden wollen, bestehen diese Dokumentationserfordernisse nicht. Die EuSEF-VO verpflichtet den EuSEF-Verwalter, die erforderlichen Verfahren ein16 zurichten, mit denen er messen und überwachen kann, inwieweit die qualifizierten Portfolio-Unternehmen die positiven sozialen Ergebnisse, zu deren Erreichung sie sich verpflichtet haben, tatsächlich auch erreichen.28 Delegierte Rechtsakte sollen den EuSEFVerwaltern, den Sozialunternehmern und den zuständigen Aufsichtsbehörden zu mehr Klarheit verhelfen.29 Die ESMA führt nach Art. 18 Abs. 1 EuSEF-VO n. F. eine zentrale, im Internet öffent17 lich zugängliche EuSEF-Datenbank mit sämtlichen Verwaltern und deren Fonds.30 D. Weiteres Führen der Bezeichnung „EuSEF“ bei Überschreiten von Schwellenwerten D. Weiteres Führen der Bezeichnung „EuSEF“ bei Überschreiten von Schwellenwerten (Abs. 2) 18

Die Bezeichnung „EuSEF“ bleibt grundsätzlich verfügbar für AIF, wenn das verwaltete Vermögen des AIFM erst nach der Registrierung gem. EuSEF-VO die Schwelle von 500 Mio. Euro übersteigt. Für jene EU-weit gültige Registrierung gilt nach Artt. 15 Abs. 4, 15a Abs. 6 EuSEF-VO n. F. wie berichtet eine Zwei-Monats-Frist nach Bereitstellung der erforderlichen Informationen. Nach Art. 15a Abs. EuSEF-VO n. F. umfasst der Registrierungsantrag: – die Anlagebedingungen oder die Satzung des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum;

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24 Pöllath/Rodin/Wewel/Hillebrand/Schoeneberg/Schwarz von Berk Private Equity und Venture Capital Fonds, § 15 Rn. 23. 25 Pöllath/Rodin/Wewel/Hillebrand/Schoeneberg/Schwarz von Berk Private Equity und Venture Capital Fonds, § 15 Rn. 37. 26 Vgl. Art. 6 lit. a) und b) EuSEF-VO. 27 Im Ergebnis ähnlich Boxberger/Herdrich Mehr Transparenz bei der gemeinwohlorientierten Geldanlage, Die Stiftung 5/2013 20 (21). 28 Vgl. Art. 9 EuSEF-VO. 29 Forstinger „EuSEF’s“ (Europäischer Fonds für Soziales Unternehmertum), ÖBA 7/2013 498 (502). 30 Zum für die 3. Aufl. des Baur/Tappen einschlägigen Manuskript-Stichtag 22.7.2014 waren dort folgende Manager (Fonds) erfasst: BonVenture Management GmbH (BonVenture Management GmbH & Co. KG) aus Deutschland. Für die hiermit vorgelegte 4. Aufl. sind zum Stichtag 20.3.2018 keine revolutionären Entwicklungen zu verzeichnen: BonVenture sind nun aber immerhin mit drei Fonds vertreten – drei der sieben EuSEF, die es in der EU insgesamt gibt. DerEuSEF führt nicht nur in Deutschland ein Schattendasein. Die Situation in den USA scheint aber auch nicht viel ermutigender zu sein, dort gibt es z.B. zum Stichtag 20.3.2018 lt. SBA-Homepage neun sog. Impact SBICs, welche von der Struktur her den EuSEFs vergleichbar sind.

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E. Überprüfung

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die Angaben zur Identität der Verwahrstelle; die in Art. 15 Abs. 1 EuSEF-VO genannten Informationen; eine Liste der Mitgliedstaaten, in denen die in Absatz 1 genannten Verwalter qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum errichtet haben oder zu errichten beabsichtigen.

Der sodann qua Registrierung zum AIFM gewordene Verwalter musste eine Zulas- 19 sung beantragen, die von ihm verwalteten qualifizierten Fonds müssen die Anforderungen der AIFM-Richtlinie einhalten und zusätzlich jene der Art. 3, 5, 10 sowie Art. 13 Abs. 2 und 14 Abs. 1 lit. d), e) und f) EuSEF-VO. E. Überprüfung E. Überprüfung Mittelbar relevant für die Umsetzung der EuSEF-VO in § 338 KAGB ist die nach Art. 27 20 EuSEF-VO n. F. wiederum anstehende Überprüfung. Die EU-Kommission wird danach zunächst untersuchen, ob (i) die Mindestinvestitionssumme von 100.000 Euro bei nichtprofessionellen Anlegern reduziert werden soll. Dies sollte in der Tat geschehen – warum, nochmals, sollte jemand (ungetrübten Geistes) für gemeinnützige Zwecke 90.000 Euro spenden bzw. i.R.e. sog. „Crowdfunding“ riskieren dürfen – nicht aber 90.000 Euro langfristig investieren? Zu untersuchen ist weiterhin, ob (iii) ein grenzüberschreitender Verwaltungspass auch für EuSEF sinnvoll ist. Hierzu ist anzumerken, dass der Gesetzgeber eine Handlungsoption im EU-Kontext immer dann zur Verfügung stellen sollte, wenn dadurch das Prinzip des freien Dienstleistungsverkehrs, eine der vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes, zur Verwirklichung kommt. Schließlich hat die EUKommission zu untersuchen, ob (iv) die bestehende Vertriebsdefinition noch angemessen ist.

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Europäische langfristige Investmentfonds

KAPITEL 7 Europäische langfristige Investmentfonds https://doi.org/10.1515/9783110492217-127

§ 338a Europäische langfristige Investmentfonds § 338a Europäische langfristige Investmentfonds Izzo-Wagner/Siering/Otto Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die europäische langfristige Investmentfonds im Sinne der Verordnung (EU) 2015/760 verwalten, gelten hinsichtlich der Verwaltung der europäischen langfristigen Investmentfonds die Vorschriften der Verordnung (EU) 2015/760. Schrifttum Schrifttum Bühler ELTIF – eine neue Säule der Finanzierung der Europäischen Realwirtschaft, RdF 2015 196; Schneider Der europäische langfristige Investmentfonds („ELTIF“), GWR 2016 287; Weitnauer Social Impact Investment und Venture Philanthropy: Kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen, GWR 2017 149; Zetzsche Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF-VO) – Langfristigkeit im Sinne der Kleinanleger?, ZBB 2015 362.

A.

B.

Systematische Übersicht Einleitung I. Europa 2020 | 1 II. Verordnungsvorschlag und Gesetzgebungsverfahren | 3 III. Entstehung der Norm | 4 Tatbestand I. Definition und Einordnung von ELTIF | 5 II. Anwendungsbereich und Voraussetzungen 1. EU-AIF | 8 2. Antrag auf Zulassung als ELTIF a) Zulassungsverfahren | 9 b) Entscheidung über den Antrag | 15 c) Ablehnung des Antrags | 16 3. Eignung des Verwalters | 17 4. Geeignete Anleger | 19 5. Gegenstand des Investments: langfristige Anlagen | 20 6. Begriff und Gegenstand von Infrastrukturprojekten | 21 7. Ausschluss von Interessenkonflikten | 23 III. Einzelne Vorgaben der ELTIF-VO 1. Art. 9 ELTIF-VO – Zulässige Anlagen | 24 2. Art. 10 ELTIF-VO – Zulässige Anlagevermögenswerte

Izzo-Wagner/Siering/Otto https://doi.org/10.1515/9783110492217-127

a)

3.

Qualifizierte Portfoliounternehmen | 27 aa) Kein Organismus für gemeinsame Anlagen | 28 bb) Kein Finanzunternehmen | 29 cc) Kein börsennotiertes Unternehmen | 30 dd) Sitz in der Union oder gleichwertigen Drittstaat | 32 b) Investition in Sachwerte | 33 c) Investition in ELTIF, EuVECA und EuSEF | 34 Art. 27 ff. ELTIF-VO – Vertrieb an Kleinanleger | 35 a) Eignung des ELTIF zum Vertrieb an Kleinanleger | 36 b) Portfolioumfang min. 100.000 EUR | 38 c) Beurteilung der Kenntnisse, Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Ziele des Kleinanlegers | 39 d) Befugnis des Verwalters zum Vertrieb an Kleinanleger | 40 e) Zusätzliche Anforderungen, Art. 30 ELTIF-VO | 41

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A. Einleitung

f)

g) h)

Besondere Anforderungen an die Verwahrstelle, Art. 29 ELTIF-VO | 42 Mitteilung an die Aufsichtsbehörde | 43 Anforderungen in Bezug auf vertreibende Einrichtungen

C.

§ 338a

in den Mitgliedsstaaten, Art. 26 ELTIF-VO | 44 IV. Haftung | 45 V. Vergleich des ELTIF mit regulierten Produkten | 47 Ausblick | 49

A. Einleitung A. Einleitung Izzo-Wagner/Siering/Otto I. Europa 2020 Der Erlass der Verordnung (EU) 2015/7601 erfolgte im Rahmen der europäischen „Eu- 1 ropa 2020“-Strategie (s. Erwägungsgrund 1 ELTIF-VO). Mit der Entwicklung der Europa 2020-Strategie verfolgte die Kommission das Ziel, den Folgen der Finanzkrise zu begegnen. 2 Zur Erreichung eines „intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wirtschaftswachstums“3 formulierte die Kommission fünf Leitziele für die Bereiche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Forschung und Entwicklung, Klima- und Umweltschutz, Bildung und Armutsbekämpfung, „die bis 2020 verwirklicht und in nationales Recht umgesetzt“ werden sollten.4 Als eine der negativen Folgen der Finanzkrise wurde die zunehmende Schwierigkeit für eine Vielzahl von Mitgliedsstaaten gesehen, ausreichend finanzielle Mittel in die Erhaltung und Entwicklung der Verkehrs- und Energieinfrastruktur zu investieren.5 Um diesem Problem zu begegnen, verpflichtete sich die Kommission zur Entwicklung „innovative[r] Finanzierungsformen im Dienste der Ziele von Europa 2020“, insbesondere durch Mobilisierung privaten Kapitals.6 Konkretisiert wurden die Leitziele der Strategie Europa 2020 2012 durch die „Bin- 2 nenmarktakte II“ der Kommission.7 In deren Rahmen beschrieb die Kommission 12 Leitaktionen zur Erreichung der Leitziele der Europa 2020-Strategie. Im Abschnitt „Leitaktion 6 – Förderung langfristiger Investitionen in die Realwirtschaft durch Erleichterung des Zugangs zu langfristigen Investitionsfonds“ betonte die Kommission, dass die Verfügbarkeit von Finanzierungen über einen längeren Zeithorizont eine „entscheidende Voraussetzung für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ sei.8 II. Verordnungsvorschlag und Gesetzgebungsverfahren Die abstrakten Ziele der Kommission mündeten 2013 in die Vorstellung eines Ver- 3 ordnungsentwurfs zur Einführung langfristiger Investmentfonds.9 In der Begründung

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1 Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds („ELTIF-VO“). 2 Mitteilung der Kommission, Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, COM(2010) 2020, S. 2. 3 COM(2010) 2020, S. 5. 4 COM(2010) 2020, S. 3. 5 COM(2010) 2020, S. 9 6 COM(2010) 2020, S. 26 f. 7 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Binnenmarktakte II Gemeinsam für neues Wachstum, COM/2012/0573 final. 8 COM/2012/0573 final, S. 12. 9 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische langfristige Investmentfonds v. 26.6.2013, COM(2013) 462 final.

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§ 338a

Europäische langfristige Investmentfonds

des Entwurfs betont die Kommission, dass langfristige Investitionen zur Finanzierung von Sachanlagen dem breiten öffentlichen Interesse dienten, da sie essentielle Dienstleistungen förderten und den generellen Lebensstandard förderten.10 Der Kommissionsvorschlag sollte dem Ziel dienen, mehr Kapital für solche Investitionen verfügbar zu machen. Nach Ansicht der Kommission ließen sich solche Investitionen nur realisieren, wenn es gelänge, ausreichend „geduldiges Kapital“ zu finden, bei dem eine langfristige Bindung und der Ausschluss eines Rückgaberechts für einige Jahre einem Investment nicht entgegenstünden.11 Trotz relativer Einigkeit im Hinblick auf die generelle Förderung von Investitionsfonds benötigte die Abstimmung in den Detailfragen fast zwei Jahre, bis die ELTIF-VO am 19.5.2015 im Amtsblatt verkündet wurde. III. Entstehung der Norm 4

§ 338a KAGB wurde mit Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes am 18.3.2016 in das KAGB eingefügt.12 Die Norm dient der Klarstellung, dass neben den produktspezifischen Vorgaben der ELTIF-VO die generellen Voraussetzungen des KAGB zu beachten sind.13 Der Gesetzgeber stellt dabei klar, dass die Normen der ELTIF-VO lex specialis zu den generellen Anforderungen des KAGB sind.14 B. Tatbestand B. Tatbestand I. Definition und Einordnung von ELTIF

5

Ein ELTIF oder „europäischer langfristiger Investmentfonds“ ist ein Organismus für gemeinsame Anlagen, der die besonderen Voraussetzungen der ELTIF-VO erfüllt, Art. 4(1) ELTIF-VO. Zu diesen Voraussetzungen gehört nach Art. 7(2) ELTIF-VO, dass der ELTIF und der Verwalter des ELTIF die Anforderungen der AIFM-RL15 „befolgen“. Daraus ergibt sich, dass ein ELTIF grundsätzlich als AIF einzuordnen ist, der zusätzlich die Bestimmungen der ELTIF-VO einzuhalten hat.16 Zwar war bereits vor Verabschiedung der ELTIF-VO eine Beteiligung an Infrastrukturprojekten über Fondsstrukturen möglich, allerdings nur in Form geschlossener Nicht-Publikums-Strukturen. Mit der ELTIF-VO schuf der Gesetzgeber ein hybrides Vehikel17 zwischen OGAW und AIF, wobei sich der Gesetzgeber bei der Konzeption des ELTIF am Vorbild des OGAW orientierte.18

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10 COM(2013) 462 final, S. 2. 11 COM(2013) 462 final, S. 2. 12 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen v. 3.3.2016 – BGBl. I 2016, S. 348. 13 BTDrucks. 18/6744 S. 67. 14 BTDrucks. 18/6744 S. 67. 15 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010. 16 Derleder/Knops/Bamberger/Geibel Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 58 Rn. 175. 17 Schimansky/Bunte/Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechts-Handbuch, § 113 Rn. 47. 18 Lutter/Bayer/Schmidt Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 38 Rn. 38.70; Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine

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B. Tatbestand

§ 338a

Der ELTIF unterscheidet sich insofern von den weiteren Formen „besonderer AIF“,19 6 den EuVECA und EuSEF, als für diese die Geltung der AIFM-RL ausgeschlossen ist.20 Damit verbunden ist die grundsätzliche Frage, inwieweit die für AIF geltenden Normen des KAGB auf ELTIF Anwendung finden oder die ELTIF-VO insoweit abschließend ist.21 Im Unterschied zur AIFM-RL, die den Verwalter eines AIF reguliert, handelt es sich 7 bei der ELTIF-VO um eine Produktregulierung.22 II. Anwendungsbereich und Voraussetzungen 1. EU-AIF. Bei dem Investmentvermögen, das sich der ELTIF-VO unterwerfen will, 8 muss es sich um einen EU-AIF oder einen Teilfonds eines EU-AIF handeln, Art. 1 Abs. 1 ELTIF-VO. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. k) AIFM-RL sind EU-AIF AIF, die nach einschlägigem nationalem Recht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sind, oder AIF, die nicht in einem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sind, deren satzungsmäßiger Sitz und/oder Hauptverwaltung sich jedoch in einem Mitgliedstaat befindet. Die Nutzung des Europäischen Passes für Drittstaaten-AIFM (Art. 36, 37, 42 AIFM-RL) ist für die Zulassung als ELTIF ausgeschlossen (vgl. Erwägungsgrund 9 EL-TIF-VO).23 2. Antrag auf Zulassung als ELTIF a) Zulassungsverfahren. Während nach dem materiellen Ansatz der AIFM-RL bzw. 9 des KAGB ein Investmentvermögen zur Lizenzierung oder Registrierung verpflichtet ist, sobald der Organismus für gemeinsame Anlagen den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 KAGB entspricht, eröffnet die ELTIF-VO dem Verwalter des EU-AIF die Option, das Investmentvermögen den Vorgaben der ELTIF-VO entsprechend zu strukturieren und die Zulassung des EU-AIF als ELTIF zu beantragen (Art. 3, 4 ELTIF-VO).24 Für die Zulassung ist nach Art. 5 Abs. 1, 2, Art. 3 Abs. 1 ELTIF-VO i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. h) AIFM-RL die für die Aufsicht über den EU-AIF zuständige Behörde zuständig. Dabei können Verwalter und EU-AIF in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten ansässig und beaufsichtigt sein.25 Über die national erteilten Zulassungen als ELTIF in den Mitgliedsstaaten informie- 10 ren die Aufsichtsbehörden die ESMA quartalsweise (Art. 3 Abs. 3 S. 2 ELTIF-VO). Die ESMA veröffentlicht die Informationen über die Zulassungen in einem von ihr betriebenen Register.26 Dem Antrag auf Zulassung sind nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 ELTIF-VO folgende Unterlagen 11 beizufügen:

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Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische langfristige Investmentfonds, COM(2013) 462 – final, S. 2f. 19 Lutter/Bayer/Schmidt Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 38 Rn. 38.2. 20 S. EuVECA Art. 2 Abs. 1 EuVECA-VO, für EuSEF Art. 2 Abs. 1 a) EuSEF-VO, jeweils i.V.m. Art. 3 Abs. 2 lit. b) AIFM-RL; s. dazu Bühler RDF 2015, 196 (197). 21 Derleder/Knops/Bamberger/Geibel Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 58 Rn. 175. 22 Lutter/Bayer/Schmidt Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 38 Rn. 38.70; Schneider GWR 2016, 287; Zetzsche ZBB 2015 362 (363). 23 Zetzsche ZBB 2015 362 (364); Moritz/Klebeck/Jesch/Moritz/Klebeck/Jesch KAGB, § 338a Rn. 60. 24 Lutter/Bayer/Schmidt Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 38 Rn. 38.70. 25 Zetzsche ZBB 2015 362 (372). 26 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schien das entsprechende Register noch nicht veröffentlicht zu sein.

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§ 338a

1. 2.

3. 4.

12

Europäische langfristige Investmentfonds

die Vertragsbedingungen oder Satzung des EU-AIF; Angaben zur Identität des vorgeschlagenen Verwalters des ELTIF sowie zu seinen gegenwärtigen und früheren Erfahrungen und bisherigen Tätigkeiten im Bereich der Fondsverwaltung; Angaben zur Identität der Verwahrstelle; und eine Beschreibung der Informationen, die den Anlegern zur Verfügung gestellt werden sollen, einschließlich einer Beschreibung der Regelungen für die Behandlung der Beschwerden von Kleinanlegern.

Zusätzlich zu den Nachweisen zur Geeignetheit des EU-AIF ist nach Art. 5 Abs. 2 ELTIF-VO nachzuweisen, dass die für den EU-AIF bestellte KVG zur Verwaltung eines ELTIF zugelassen ist. Wird der Antrag für die Zulassung als ELTIF bei derselben Behörde gestellt, die auch für die Zulassung der KVG zuständig war bzw. ist, kann nach Art. 5 Abs. 2 UAbs. 1 ELTIF-VO auf das Erlaubnisverfahren und die darin vorgelegten Unterlagen verwiesen werden. Andernfalls sind die Nachweise der für die Aufsicht über den ELTIF zuständigen Behörde gesondert zu übermitteln. Zur Genehmigung der Verwaltung des ELTIF sind der für die Genehmigung zuständigen Behörde folgende Informationen zu übermitteln: 1. die schriftliche Vereinbarung mit der Verwahrstelle; 2. Angaben zu Übertragungsvereinbarungen betreffend das Portfolio- und Risikomanagement und die Verwaltung in Bezug auf den ELTIF; und 3. Informationen über die Anlagestrategien, das Risikoprofil und andere Merkmale der AIF, für deren Verwaltung der EU-AIFM zugelassen ist.

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Fallen Aufsichtsbehörde der KVG und Zulassungsbehörde des ELTIF auseinander, sieht Art. 5 Abs. 2 UAbs. 3 ELTIF-VO ein eigenes Auskunftsverfahren für den Fall von Auskünften über den Umfang der Zulassung bzw. über etwaige Beschränkungen der Erlaubnis vor. In dem Fall ist die angefragte Behörde zur Auskunft innerhalb von zehn Arbeitstagen verpflichtet. Leicht modifiziert wird die Regelung für den Fall, in dem ein intern verwalteter EU14 AIF die Zulassung als ELTIF beantragt. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 KAGB ist in dem Fall das Investmentvermögen selbst als KVG zuzulassen. Entsprechend entfällt in diesem Fall die Verpflichtung zur Einreichung der Angaben zur Identität des Verwalters. Unklar bleibt hier allerdings, weswegen im Falle der internen Verwaltung der Verwahrstellenvertrag ebenfalls entbehrlich sein soll. Abweichend von der Prüffrist für den Antrag durch eine externe KVG gilt für intern verwaltete EU-AIF eine dreimonatige Prüffrist. 15

b) Entscheidung über den Antrag. Nach Art. 6 Abs. 1 ELTIF-VO wird der EU-AIF als ELTIF zugelassen, wenn: 1. die Behörde, die über den Zulassungsantrag entscheidet, sich davon überzeugt hat, dass der EU-AIF die Anforderungen der ELTIF-VO erfüllen kann; und 2. die Behörde den Antrag der KVG auf Verwaltung des EU-AIF, die Vertragsbedingungen oder die Satzung des EU-AIF sowie die Auswahl der Verwahrstelle genehmigt hat. Die Regelung verdeutlicht das Wechselspiel zwischen AIFM-RL bzw. KAGB und der ELTIF-VO.27 Die Vorgaben der ELTIF-VO sind immer zusätzlich zu den nach der AIFM-RL

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Weitnauer/Boxberger/Anders/Weitnauer ELTIF-VO, Artikel 6 Rn. 1.

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bzw. dem KAGB einzuhaltenden Anforderungen zu erfüllen. Relevant wird die Regelung darüber hinaus bei einem Wechsel der KVG. c) Ablehnung des Antrags. Der Antrag auf Zulassung als ELTIF bzw. Genehmigung 16 der Verwaltung darf nur unter den in Art. 6 Abs. 3 ELTIF-VO abschließend aufgezählten Gründen abgelehnt werden. Danach ist der Antrag abzulehnen, wenn die KVG: 1. nicht den Vorgaben der ELTIF-VO entspricht; 2. nicht den Vorgaben der AIFM-RL bzw. des KAGB entspricht; 3. von der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde zur Verwaltung von AIF zugelassen wurde, die Anlagestrategien jener Art verfolgen, die unter diese Verordnung fallen; oder 4. nicht die in Artikel 5 Absatz 2 genannten Unterlagen oder die darin geforderten Klarstellungen und Informationen übermittelt hat. Vor der Entscheidung ist die für die Aufsicht über die KVG bzw. des intern verwaltete EU-AIF anzuhören. Nach Art. 6 Abs. 6 ELTIF-VO darf ein einmal abgelehnter Antrag nicht erneut in einem anderen Mitgliedsstaat eingereicht werden. Ausgeschlossen werden soll damit offensichtlich ein „forum shopping“. Unbenommen bleibt dagegen die Überarbeitung des Antrags zur Beseitigung der Gründe, die zur Versagung der Genehmigung geführt haben. 3. Eignung des Verwalters. Aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 ELTI-VO folgt, dass der Antrag auf 17 Zulassung nur durch eine zugelassene KVG erfolgen darf. Eine Verwaltung durch eine nach § 44 KAGB registrierte KVG scheidet damit aus.28 Nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 ELTIF-VO hat die KVG Angaben zur Übertragung des 18 Portfolio- und Risikomanagements sowie zur Verwaltung „in Bezug auf den ELTIF“ zu machen. Die Angabe gegenüber der für die Aufsicht des Investmentvermögens zuständigen Behörde ist dabei für AIF-Verwalter ein Ausnahmefall und der Regelung aus Art. 20 Abs. 1 OGAW-RL nachgebildet.29 Unklar bleibt, worin der Regelungsgehalt der Verpflichtung zu „Angaben zur Verwaltung“ des ELTIF liegen soll. Nach der für AIF geltenden Definition umfasst die „Verwaltung“ eines AIF nur das Portfolio- und Risikomanagement, nicht jedoch weitere administrative Tätigkeiten wie Buchhaltung, etc.30 4. Geeignete Anleger. Der Vertrieb von ELTIF ist an sämtliche Klassen von An- 19 legern gestattet. Die ELTIF-VO dient explizit auch dem Ziel, das Potential von Kleinanlegern zur Finanzierung von Infrastrukturinvestments zu erschließen.31 Die Anlage durch Kleinanleger ist allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft, die insbesondere in den Art. 27, 28 und 30 ELTIF-VO definiert sind (s. hierzu unten unter Rn. 35 ff.). 5. Gegenstand des Investments: langfristige Anlagen. Der Begriff „langfristige 20 Anlagen“ soll nach dem Verständnis des europäischen Gesetzgebers breit zu verstehen sein (vgl. Erwägungsgrund 15 ELTIF-VO). Hierin spiegelt sich wider, dass die in der EL-

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Beckmann/Scholtz/Vollmer § 338a Rn. 27. Zetzsche ZBB 2015 362 (372). Dazu Zetzsche ZBB 2015 362 (372). Zetzsche The Anatomy of European Investment Fund Law, sub. V. 3. c) (3).

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Europäische langfristige Investmentfonds

TIF-VO enthaltenen Anlagen zum Teil höchst unterschiedlich sind. Entsprechend verzichtete der Gesetzgeber auf die ursprünglich angedachte Definition eines konkreten Zeitraums, der noch Gegenstand im Gesetzgebungsverfahren gewesen war.32 In der Begründung des Verordnungsvorschlags führte die Kommission allerdings an, Bedingung für die Gewährung der „Illiquiditätsprämie“ an den Anleger für die Bereitstellung von Kapital an den ELTIF sei in der Regel ein Zeitraum von 10–20 Jahren.33 6. Begriff und Gegenstand von Infrastrukturprojekten. Als „Infrastruktur“ lassen sich „alle physischen und organisatorischen Einrichtungen, die als Basis für das Funktionieren und für die Weiterentwicklung einer modernen Volkswirtschaft unerlässlich sind“ definieren.34 Untergliedern lassen sich Infrastrukturprojekte weiter in ökonomische und soziale Projekte.35 Zu den ökonomischen Projekten zählen beispielsweise solche in Energie, Wasserversorgung, Abfallentsorgung oder Transport- und Verkehrsprojekte, während zu den sozialen Projekten beispielsweise Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen oder die Justiz. 22 Die ELTIF-VO sieht neben unmittelbaren Investitionen auch mittelbare Investments durch Beteiligungen, beispielsweise in Form von Eigenkapitalinstrumenten, Schuldtiteln und Krediten an qualifizierten Portfoliounternehmen vor.36 Die Bereitstellung von Eigenkapital soll der von Fremdkapital gleichgestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 17 ELTIFVO).37 Daneben ist innerhalb der jeweiligen Anlagegrenzen auch eine Beteiligung des ELTIF an anderen geeigneten Fonds zulässig. 21

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7. Ausschluss von Interessenkonflikten. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten verbietet Art. 12 ELTIF-VO die Investition des ELTIF in Anlagevermögenswerte, an denen die KVG selbst direkt oder indirekt beteiligt ist. Eine Ausnahme gilt nur für die Investition in andere ELTIF, EuSEF oder EuVECA, die von derselben KVG verwaltet werden.38 Zur Erreichung des Ziels, Interessenkonflikte wirksam auszuschließen, soll der Begriff der „indirekten Beteiligung“ weit auszulegen sein und auch Provisionen, einen Signing-Bonus oder sonstige Rückvergütungen umfassen.39 III. Einzelne Vorgaben der ELTIF-VO

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1. Art. 9 ELTIF-VO – Zulässige Anlagen. Das Anlagevermögen des ELTIF kann zunächst in Anlagevermögenswerte i.S.d. ELTIF-VO sowie in sämtliche Vermögenswerte investiert werden, die auch für OGAW zulässig wären.40 Die besondere Qualifikation als Infrastrukturinvestments gilt als erreicht, wenn die Anlage „[i]m Einklang mit den in Artikel 1 Absatz 2 angegebenen Zielen“ steht, die Anlage also der Kapitalbeschaffung für „in-

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32 SWD (2013) 230 final. 33 COM(2013) 462 final, S. 7. 34 Kleine/Schulz/Krautbauer/Buchner/Wagner Infrastrukturinvestments, S. 1. 35 Kleine/Schulz/Krautbauer/Dornseifer/Fuchshofen Infrastrukturinvestments, S. 128; Moritz/Klebeck/ Jesch/Moritz/Klebeck/Jesch KAGB, § 338a Rn. 14. 36 Schneider GWR 2016 287 (288). 37 Moritz/Klebeck/Jesch/Moritz/Klebeck/Jesch KAGB, § 338a Rn. 18. 38 Siehe auch Erwägungsgrund 25 ELTIF-VO. 39 Moritz/Klebeck/Jesch/Moritz/Klebeck/Jesch KAGB, § 338a Rn. 48; Weitnauer/Boxberger/Anders/ Weitnauer KAGB, ELTIF-VO Artikel 12 Rn. 1; Zetzsche ZBB 2015 362 (367). 40 Schneider GWR 2016 287.

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telligente[s], nachhaltige[s] und integrative[s]“ Wachstum dient und so langfristige europäische Investitionen in der Realwirtschaft ermöglicht. Wie Zetzsche zutreffend anmerkt, lädt dieser „ELTIF-Test“ zur unterschiedlichen Auslegung durch die Mitgliedsstaaten geradezu ein.41 Welche Anlage der Schaffung oder Steigerung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums dient, lässt sich höchst unterschiedlich bewerten. Illustrativ ist nach wie vor das von Zetzsche gebildete Beispiel, wonach die Investition in ein Atomkraftwerk in Deutschland kaum mehr als förderungswürdig eingestuft werden könnte, wohingegen die Bewertung in Frankreich möglicherweise anders ausfiele.42 Begrenzt werden die Anlagemöglichkeiten durch Art. 9 Abs. 2 ELTIF-VO. Hierin auf- 25 gezählt sind Anlagen, die mit einem langfristigen Investment als nicht vereinbar angesehen werden, namentlich: 1. der Leerverkauf von Vermögenswerten; 2. direktes oder indirektes Engagement in Rohstoffen; 3. Wertpapierverleih- oder Wertpapierleihgeschäfte, Pensionsgeschäfte oder andere Geschäfte, die vergleichbare wirtschaftliche Auswirkungen haben und ähnliche Risiken darstellen, wenn davon mehr als 10 % der Vermögenswerte des ELTIF betroffen sind; sowie 4. Einsatz von Finanzderivaten außer in Fällen, in denen der Gebrauch solcher Instrumente einzig und allein der Absicherung der mit anderen Anlagen des ELTIF verbundenen Risiken dient. Insbesondere zur Konkretisierung der Anforderungen, die für den Einsatz von Deri- 26 vaten zur Absicherung gelten, wurde ESMA mit der Vorbereitung technischer Regulierungsstandards beauftragt (Art. 9 Abs. 3 ELTIF-VO). Der von ESMA bereits Mitte 2016 an die Kommission übermittelte Entwurf wurde von der Kommission am 4. Dezember 2017 angenommen43 und am 23.3.2018 im Amtsblatt der Union veröffentlicht.44 Die Delegierte Verordnung gilt ab dem 13.04.2018. 2. Art. 10 ELTIF-VO – Zulässige Anlagevermögenswerte a) Qualifizierte Portfoliounternehmen. Zu den zulässigen Anlagevermögenswer- 27 ten i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. a) zählen nach Art. 10 Abs. 1 lit. a) Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente qualifizierter Portfoliounternehmen. Die Anforderungen an solche Unternehmen werden durch Art. 11 ELTIF-VO näher definiert. aa) Kein Organismus für gemeinsame Anlagen. Als negative Voraussetzung darf 28 es sich nach Art. 11 Abs. 1 ELTIF-VO zunächst nicht um einen Organismus für gemeinsa-

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41 Zetzsche ZBB 2015 362 (367); zustimmend: Weitnauer/Boxberger/Anders/Weitnauer KAGB, ELTIF-VO Artikel 9 Rn. 1. 42 Zetzsche ZBB 2015 362 (367). 43 C(2017) 7967 final. 44 Delegierte Verordnung (EU) 2018/480 der Kommission vom 4. Dezember 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards im Hinblick auf einzig und allein der Absicherung dienende Finanzderivate, die ausreichende Länge der Laufzeit europäischer langfristiger Investmentfonds, die Kriterien für die Einschätzung des potenziellen Käufermarkts und die Bewertung der zu veräußernden Vermögenswerte sowie die Arten und Merkmale der den Kleinanlegern zur Verfügung stehenden Einrichtungen; ABl. L 81 vom 23.3.2018, S. 1–5.

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Europäische langfristige Investmentfonds

me Anlagen handeln. Das Vorliegen eines Organismus für gemeinsame Anlagen schließt dabei nur die Investition nach Art. 9 Abs. 1 lit. a) i.V.m. Art. 10 lit. a) ELTIF-VO aus. Generell sind Organismen für gemeinsame Anlagen taugliche Anlagegegenstände, sofern es sich um einen EuVECA, einen EuSEF oder ebenfalls einen ELTIF handelt (Art. 10 lit. e) ELTIF-VO). 29

bb) Kein Finanzunternehmen. Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Anlage in Finanzunternehmen. Damit soll das Ziel, Unternehmen der Realwirtschaft zu stärken, Rechnung getragen werden.45 Welche Unternehmen als Finanzunternehmen gelten ist in Art. 2 Nr. 7 ELTIF-VO enumerativ aufgezählt. Dieser Grundsatz wird dann aber ausnahmsweise durchbrochen, wenn das Finanzunternehmen selbst ausschließlich in qualifizierte Portfoliounternehmen investiert ist (Art. 11 Abs. 2 ELTIF-VO).

cc) Kein börsennotiertes Unternehmen. Im Grundsatz darf das Zielunternehmen nicht börsengelistet sein. Der Entwurf der ELTIF-VO sah hier noch einen generellen Ausschluss börsengelisteter Unternehmen vor, wovon im Gesetzgebungsverfahren jedoch eine Ausnahme – entsprechend der in dem Aktionsplan für eine Kapitalmarktunion propagierten Förderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – für Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 500 Mio. Euro aufgenommen wurde.46 Für den Fall, dass die Marktkapitalisierung des börsennotierten Unternehmens 31 den Schwellenwert während des Investments überschreitet, sieht Art. 17 Abs. 2 ELTIFVO eine dreijährige Karenzzeit vor, während der das Investment noch in die Berechnung der Investitionsgrenzen einbezogen werden darf. Damit soll dem Verwalter des ELTIF die Möglichkeit eingeräumt werden, das Investment möglichst schonend abzubauen.47

30

32

dd) Sitz in der Union oder gleichwertigen Drittstaat. Schließlich muss das qualifizierte Portfoliounternehmen in der Union niedergelassen sein. Alternativ kann das Unternehmen seinen Sitz in einem Drittstaat haben, sofern dieser nicht als Risikostaat für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eingestuft wird und über ein adäquates Doppelbesteuerungsabkommen verfügt.

33

b) Investition in Sachwerte. Investitionen in Sachwerte sind zulässig, soweit diese einen Mindestwert von 10 Mio. Euro haben. Sachwerte werden in Art. 2 Nr. 6 ELTIFVO sehr vage definiert als „einen Vermögenswert, der aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Eigenschaften einen Wert hat und eine Rendite abwerfen kann“. Gewerbliche oder Wohnimmobilien sollen nur ausnahmsweise zu den Sachwerten i.S.d. ELTIF-VO zu zählen sein, sofern sie „ein wesentliches oder sekundäres Element eines langfristigen Investitionsprojekts sind das zu dem Unionsziel eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums beiträgt“ (Art. 2 Nr. 6 ELTIF-VO).48 Exemplarisch zählen hierzu laut Erwägungsgrund 19 ELTIF-VO öffentliche Gebäudeinfrastruktur wie Schulen, Krankenhäuser oder Justizvollzugsanstalten und soziale Infrastruktur wie Sozialwohnungen.

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Bühler RDF 2015 196 (198). Näher dazu Bühler RDF 2015 196 (198). Zetzsche ZBB 2015 362 (365). S.a. Erwägungsgrund 18 ELTIF-VO.

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c) Investition in ELTIF, EuVECA und EuSEF. Ebenfalls zulässig sind mittelbare In- 34 vestments über ELTIF, EuVECA und EuSEF, sofern diese nicht ihrerseits mit mehr als 10 % in einen ELTIF investiert sind. 3. Art. 27 ff. ELTIF-VO – Vertrieb an Kleinanleger. Abweichend von der Konzep- 35 tion der OGAW- und der AIFM-RL ist die Anlage in ELTIF nicht für sämtliche Kleinanleger zulässig, sondern an besondere Bedingungen geknüpft. a) Eignung des ELTIF zum Vertrieb an Kleinanleger. Vor Aufnahme des Vertriebs 36 an Kleinanleger hat die KVG in einem internen Verfahren zu prüfen, ob sich der ELTIF überhaupt für Kleinanleger eignet, Art. 27 Abs. 1 ELTIF-VO. Welche Parameter in diese Prüfung einzustellen sind, werden zunächst durch Art. 27 Abs. 2 konkretisiert. Zu berücksichtigen sind danach (i) die Laufzeit des ELTIF und (ii) die beabsichtigte Anlagestrategie. Da ELTIF grundsätzlich eine langfristige Anlagestrategie verfolgen, ist ersteres Krite- 37 rium isoliert betrachtet recht vage. Zur Konkretisierung kann zunächst Art. 28 Abs. 2 ELTIF-VO herangezogen werden. Danach hat die KVG im Falle einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren davor zu warnen, dass sich die Anlage für Kleinanleger möglicherweise nicht eignet. In Anbetracht des festgestellten Regelfalls der Mindestlaufzeit von mehr als zehn Jahren hilft die Regelung zur Auslegung allerdings nur bedingt weiter. Kompensierend kann hier allerdings das Vorhandensein eines funktionierenden Zweitmarkts auswirken.49 b) Portfolioumfang min. 100.000 EUR. Als geeignete Kleinanleger gelten nach 38 Art. 30 Abs. 3 ELTIF-VO nur solche, die (i) mindestens 10.000 EUR investieren und (ii) deren Investment in ELTIF max. 10% ihres Portfolios ausmacht. Daraus ergibt sich, dass als geeignete Kleinanleger nur solche in Betracht kommen, deren Portfoliowert min. 100.000 EUR beträgt. Wie Zetzsche anmerkt, wird dadurch rechtssystematisch ein neuer (qualifizierter) Typ von Kleinanleger geschaffen, wenngleich bei den Vorgaben die Einstufung zumindest als semiprofessioneller Anleger nahe liegt.50 c) Beurteilung der Kenntnisse, Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Zie- 39 le des Kleinanlegers. Nach Art. 28 Abs. 1 ELTIF-VO hat die KVG im Falle des direkten Vertriebs an Kleinanleger die Eignung der Anlage für den jeweiligen Anleger zu prüfen (Suitability-Test).51 Mit der Regelung wird die nach § 64 Abs. 3 WpHG vorgeschriebene Prüfung der Geeignetheit des Produkts auf die den ELTIF vertreibende KVG übertragen, die im Direktvertrieb sonst entfallen würde, da Kapitalverwaltungsgesellschaften im Regelfall nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten (vgl. § 3 Nr. 7 lit. d) WpHG). d) Befugnis des Verwalters zum Vertrieb an Kleinanleger. Gemäß Art. 30 Abs. 2 S. 40 1 ELTIF-VO muss der Erlaubnisumfang der den ELTIF verwaltenden KVG die in Art. 6 Abs. 4 lit. a) und lit. b) Ziff. i) AIFM-RL genannten Dienstleistungen umfassen. e) Zusätzliche Anforderungen, Art. 30 ELTIF-VO. Des Weiteren verlangt Art. 30 41 Abs. 1 ELTIF-VO vor Vertrieb an Kleinanleger eine „geeignete Anlageberatung“ durch die

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Zetzsche ZBB 2015 362 (374). Zetzsche ZBB 2015 362 (375). Vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders/Weitnauer KAGB, ELTIF-VO Artikel 28 Rn. 1.

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§ 338a

Europäische langfristige Investmentfonds

KVG bzw. den Vertreiber des ELTIF. Die Vertragsbedingungen bzw. die Satzung des ELTIF darf keinen Anleger bevorzugen oder benachteiligen (Art. 30 Abs. 4 ELTIF-VO). Die Rechtsform des ELTIF darf keine weitere Haftung der Anleger bzw. eine Nachschusspflicht über die Kapitaleinlage hinaus begründen (Art. 30 Abs. 5 ELTIF-VO). Art. 30 Abs. 6 ELTIF-VO begründet ein verpflichtendes zweiwöchiges Rückgaberecht für den Kleinanleger. 42

f) Besondere Anforderungen an die Verwahrstelle, Art. 29 ELTIF-VO. Weitere Anforderungen gelten im Hinblick auf die für den ELTIF/EU-AIF bestellte Verwahrstelle. So muss es sich bei der Verwahrstelle zwingend um ein CRR-Kreditinstitut oder eine geeignete Wertpapierfirma handeln (Art. 29 Abs. 1 ELTIF-VO).

43

g) Mitteilung an die Aufsichtsbehörde. Nach Art. 31 Abs. 3 ELTIF-VO hat die KVG die für die Aufsicht über den EU-AIF zuständige Aufsichtsbehörde über den Vertrieb an Kleinanleger zu informieren.

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h) Anforderungen in Bezug auf vertreibende Einrichtungen in den Mitgliedsstaaten, Art. 26 ELTIF-VO. Nach Art. 26 Abs. 1 ELTIF-VO hat die KVG in jedem Mitgliedsstaat, in dem die Anteile des ELTIF an Kleinanleger vertrieben werden sollen, Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, über die Anteile gezeichnet, Zahlungen an die Anteilseigner geleistet, Anteile zurückgekauft oder zurückgenommen und die Angaben, zu denen der ELTIF und die KVG verpflichtet sind, bereitgestellt werden können. Was unter einer solchen „Einrichtung“ zu verstehen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus der ELTIF-VO. Konkretisiert wird der Begriff jedoch durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/480.52 Nach Erwägungsgrund 7 der Delegierten Verordnung kann die Einrichtung nach Art. 26 Abs. 1 ELTIF-VO durch eines oder mehrere Unternehmen persönlich, telefonisch oder elektronisch bereitgestellt werden. Damit muss es sich nicht zwangsläufig um ein Unternehmen mit Sitz in dem jeweiligen Mitgliedsstaat handeln, sondern kann auch durch ein zentrales Unternehmen wahrgenommen werden. Die Aufgabe kann auch durch die KVG selbst wahrgenommen werden. Da nach Art. 26 Abs. 1 ELITF-VO zu den Aufgaben der Einrichtung auch die Übernahme einer Zahlstellenfunktion gehört, muss es sich zwingend um ein reguliertes Institut mit entsprechender Erlaubnis handeln (Art. 5 Abs. 3 lit. a) Delegierte Verordnung). Die Kommunikation mit den Kleinanlegern muss darüber hinaus in der Amtssprache des jeweiligen Mitgliedsstaats möglich sein. Die KVG hat dem Drittunternehmen darüber hinaus die in Art. 5 Delegierte Verordnung genannten Informationen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. IV. Haftung

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Gegenüber der Rechtslage im KAGB, bei der die Haftung des Verwalters eines Organismus für gemeinsame Anlagen breiter Gegenstand der Diskussion war und ist, stellt Art. 7 Abs. 3 S. 2 ELTIF-VO zunächst in wünschenswerter Deutlichkeit klar: „Der Verwal-

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52 Delegierte Verordnung (EU) 2018/480 der Kommission vom 4. Dezember 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards im Hinblick auf einzig und allein der Absicherung dienende Finanzderivate, die ausreichende Länge der Laufzeit europäischer langfristiger Investmentfonds, die Kriterien für die Einschätzung des potenziellen Käufermarkts und die Bewertung der zu veräußernden Vermögenswerte sowie die Arten und Merkmale der den Kleinanlegern zur Verfügung stehenden Einrichtungen („Delegierte Verordnung“).

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B. Tatbestand

§ 338a

ter des ELTIF haftet […] für Schäden und Verluste, die durch die Nichteinhaltung dieser Verordnung entstehen.“ Gleichwohl ergeben sich bei genauerer Betrachtung der Regelung mehr Fragen, als die ELTIF-VO Antworten dazu enthält. So bleibt beispielsweise unklar, auf welcher Grundlage die Haftung des Verwalters zu beurteilen bzw. von wem der Anspruch geltend zu machen ist.53 Unklar bleibt auch, worin der Regelungsgehalt des Art. 7 Abs. 3 S. 2 ELTIF-VO liegen 46 soll. Bereits nach den allgemeinen Grundsätzen der AIFM-RL, wie sie im KAGB umgesetzt wurden, ist die KVG (selbstverständlich) zur Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben verantwortlich.54 Dies umfasst naturgemäß auch die unmittelbar geltenden Vorschriften der ELTIF-VO. Bei Schäden und Verlusten, die aus der Nichteinhaltung der Normen der ELTIF-VO entstünden, würde die KVG daher bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ohnehin haften. V. Vergleich des ELTIF mit regulierten Produkten Hinsichtlich der gesetzgeberischen Zielsetzung, ein Vehikel zu schaffen, um Pro- 47 jekte zu fördern, die einen „wirtschaftlichen oder sozialen Nutzen […] ermöglichen“ (vgl. Art. 2 Nr. 6 ELTIF-VO) stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zu verwandten Vehikeln, insbesondere dem EuSEF.55 Während die ELTIF-VO eine breite Palette möglicher Anlagegegenstände vorsieht (s.o. unter III.2) sind die Anlagemöglichkeiten beim EuSEF überwiegend auf die Beteiligung am Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Beteiligungen an solchen Unternehmen beschränkt, deren Gesellschaftszweck die Erzielung einer positiven sozialen Wirkung ist, vgl. Erwägungsgrund 11 EuSEF_VO.56 Unternehmensbeteiligungen sind auch im Kern die nach der EuVECA-VO57 zulässigen Anlagegenstände. Im Gegensatz zu den nach der EuSEF-VO zulässigen Unternehmensbeteiligungen sind solche nach der EuVECA-VO im Wesentlichen auf Beteiligungen an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit max. 499 Beschäftigten beschränkt.58 Hinsichtlich der Regulierung unterliegt der ELTIF strengeren Anforderungen als Eu- 48 SEF und EuVECA. Während bei letzteren nur der Verwalter reguliert ist, bedarf im Falle des ELTIF zusätzlich der Fonds der Zulassung.59 Für den ELTIF ist zudem zwingend eine qualifizierte Verwahrstelle zu benennen, während die Funktion bei EuSEF und EuVECA auch durch einen Treuhänder wahrgenommen werden kann. Demgegenüber sind im Falle von EuSEF und EuVECA bei der Beteiligung durch Kleinanleger Mindestbeteiligungen von 100.000 EUR vorgeschrieben, während eine Beteiligung an einem ELTIF (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) bereits ab 10.000 EUR möglich ist. Wiederum privilegiert sind EuSEF und EuVECA bei der Verpflichtung zur Erstellung eines Verkaufsprospekts, der hier in der Regel entbehrlich, für den ELTIF aber zwingend vorgeschrieben ist. Aus dem vorstehenden lässt sich entnehmen, dass sich der Gesetzgeber bei der Konzeption des ELTIF an OGAW bzw. Publikums-AIF, bei EuVECA und EuSEF am Spezial-AIF orientiert hat.

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53 Zetzsche ZBB 2015 362 (364). 54 Ähnlich auch Moritz/Klebeck/Jesch/Moritz/Klebeck/Jesch KAGB, § 338a Rn. 107. 55 S. dazu Weitnauer GWR 2017 149. 56 Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum. 57 Verordnung (EU) (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Risikokapitalfonds. 58 Weitnauer GWR 2017 149 (152). 59 Weitnauer GWR 2017 149 (152).

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Izzo-Wagner/Siering/Otto

§ 338b

Geldmarktfonds

C. Ausblick Weitgehende Änderungen der gegenwärtigen Rechtslage können sich durch die Pläne der Kommission zur Reform der europäischen Aufsichtsstruktur ergeben, mit der die Rolle der ESA, insbesondere der ESMA, gestärkt werden soll.60 Bestandteil des Verordnungsvorschlags ist u.a. die Änderung der ELTIF-VO sowie der ESMA-Verordnung. Nach den Änderungsvorschlägen der Kommission soll die ESMA die alleinige Zuständigkeit für die Erteilung sowie die Aufhebung der Zulassung als ELTIF erhalten (vgl. Article 7 des Reformvorschlags). Die Zuständigkeit für die Zulassung soll ebenfalls für EuSEF und EuVECA gelten. Ebenfalls zuständig würde ESMA für die laufende Aufsicht über ELTIF. Damit ver50 bunden ist die Einräumung umfassender Befugnisse für ESMA, beispielsweise zu Durchsuchungen vor Ort bzw. der Verhängung von Sanktionen (Art. 32 ff. des Änderungsvorschlags zur Änderung der ELTIF-VO).

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§ 338b Geldmarktfonds

NEU GEFASST

§ 338b Geldmarktfonds Siering/Fitzke A. Einleitung https://doi.org/10.1515/9783110492217-128

Für OGAW und AIF, die Geldmarktfonds im Sinne der Verordnung (EU) 2017/ 1131 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über Geldmarktfonds (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 8) sind, sowie Kapitalverwaltungsgesellschaften, die Geldmarktfonds im Sinne der Verordnung (EU) 2017/1131 verwalten, gelten neben den Vorschriften der Verordnung (EU) 2017/1131 die Vorschriften dieses Gesetzes, soweit die Verordnung (EU) 2017/1131 nichts anderes vorsieht. (lt. Angabe nur Siering/Fitzke genannt, kein Autorenwechsel wie im restl. Bd.)

Schrifttum Philipp Bankrecht: VO über Geldmarktfonds angenommen, EuZW 2017 324.

A. B.

Systematische Übersicht Einleitung | 1 Tatbestand I. Geldmarktfonds 1. Allgemeines | 8 2. OGAW und AIF | 16

3.

II.

Kapitalverwaltungsgesellschaften | 20 Subsidiäre Anwendbarkeit des KAGB | 21

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60 Vgl. Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council Amending Regulation (EU) No 1093/2010 establishing a European Supervisory Authority (European Banking Authority); Regulation (EU) No 1094/2010 establishing a European Supervisory Authority (European Insurance and Occupational Pensions Authority); Regulation (EU) No 1095/2010 establishing a European Supervisory Authority (European Securities and Markets Authority); Regulation (EU) No 345/2013 on European venture capital funds; Regulation (EU) No 346/2013 on European social entrepreneurship funds; Regulation (EU) No 600/2014 on markets in financial instruments; Regulation (EU) 2015/760 on European long-term investment funds; Regulation (EU) 2016/1011 on indices used as benchmarks in financial instruments and financial contracts or to measure the performance of investment funds; and Regulation (EU) 2017/1129 on the prospectus to be published when securities are offered to the public or admitted to trading on a regulated market; die Stärkung der ESA war bereits Bestandteil des Halbzeitberichts zur Kapitalmarktunion, den die Kommission am 8.6.2017 veröffentlicht hatte, vgl. Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions on the Mid-Term Review of the Capital Markets Union Action Plan, COM(2017) 292 final, S. 10.

Siering/Fitzke https://doi.org/10.1515/9783110492217-128

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A. Einleitung

§ 338b

A. Einleitung Der neu eingefügte § 338b KAGB soll das bisher unklare Verhältnis der Verordnung über Geldmarktfonds (Verordnung (EU) 2017/1131 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über Geldmarktfonds)1 zu den Regelungen des KAGB auflösen. § 338b KAGB ist durch die Änderung des KAGB mittels Art. 9 des Gesetzes zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze vom 10.7.2018 in das Kapitalanlagegesetzbuch eingefügt worden. Die Vorschrift ist am 21.7.2018 in Kraft getreten. Durch Änderungen im KAGB sollen die Anwendbarkeit der Verordnung (EU) 2017/1131 über Geldmarktfonds klargestellt und ferner Vorschriften der genannten Verordnung, insbesondere zu Sanktionen,2 ausgeführt werSiering/Fitzke den.3 Die Verordnung (EU) 2017/11314 schafft spezielle Regelungen für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Alternative Investmentfonds (AIF), die als Geldmarktfonds (Money Market Funds – MMFs) anzusehen sind. Insbesondere betreffen diese Regelungen die Festlegung zulässiger Anlageinstrumente, die Anlagepolitik, die Bewertung der Vermögenswerte und Meldepflichten.5 Die Verordnung legt in Art. 7 Abs. 2 und 3 fest, dass für Geldmarktfonds die Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG6 bzw. der Richtlinie 2011/61/EU7 gelten, soweit diese Verordnung nichts anderes vorsieht. Insgesamt intendiert die Verordnung die Widerstandsfähigkeit von Geldmarktfonds zu erhöhen und potenzielle Ansteckungsgefahren anderer Teile des Finanzsystems zu verringern,8 da sich während der globalen Finanzkrise gezeigt hat, dass bestimmte Merkmale, die den Geldmarktfonds immanent sind, deren Anfälligkeit bei Schwierigkeiten an den Finanzmärkten erhöhen und sich Risiken über das Finanzsystem verbreiten respektive verstärken.9 Geldmarktfonds sind Fonds, die in kurzfristige Vermögenswerte investieren und auf eine geldmarktsatzkonforme Rendite und/oder Wertbeständigkeit der Anlage abstellen. Insbesondere institutionelle Anleger wie Industrieunternehmen, Vermögensverwalter

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1 Siehe ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 8. 2 Diese Vorgabe wird durch Änderung des § 340 KAGB umgesetzt. 3 BTDrucks. 19/2435 S. 3 sowie S. 31. 4 Die Verordnung (EU) 2017/1131 gilt seit dem 21.7.2018 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten, ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 8; Hintergrund für die Verabschiedung dieser Verordnung durch das Europäische Parlament und den Rat am 14. Juni 2017 war die Finanzkrise in den USA, in der es zu massiven und abrupten Rücknahmeforderungen zahlreicher Anleger der MMFs kam (sog. „Runs“). Die Krise begann damit, dass ein MMF, der in Papiere der Investmentbank Lehman Brothers investiert hatte, in Liquiditätsschwierigkeiten geriet und letztlich abgewickelt werden musste. Um eine solche „Ansteckung“ anderer Geldmarkfonds zu verhindern, sah sich die US-Regierung dazu genötigt, die Liquidität und den Werterhalt US-amerikanischer MMFs zu garantieren. Entsprechend dient auch die Europäische Verordnung dem Ziel, MMFs stabiler und weniger anfällig für Runs zu machen, vgl. hierzu nur BaFin Rundschreiben „Geldmarktfonds: ESMA konkretisiert Vorgaben der europäischen Verordnung“ vom 15.12.2017. 5 BTDrucks. 19/2435 S. 2. 6 Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 32. 7 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011 S. 1. 8 BTDrucks. 19/2435 S. 31; siehe auch Grabitz/Hilf/Nettesheim/Ress/Ukrow Das Recht der Europäischen Union, Art. 63 AEUV Rn. 437. 9 ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 8 – Erwägungsgrund (3).

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§ 338b

Geldmarktfonds

und Finanzinstitute nutzen Geldmarktfonds regelmäßig zum kurzfristigen Liquiditätsmanagement. Sie dienen entsprechend als Mittel für eine kurzzeitige Finanzierung. Auf sie greifen Finanzinstitute, Unternehmen und Staaten zurück.10 In Europa halten sie etwa 22% aller kurzfristigen Schuldtitel, die von Staaten oder Unternehmen aufgelegt werden und 38% der kurzfristigen Schuldtitel des Bankensektors.11 Weltweit wurden zum Ende des 3. Quartals im Jahr 2018 etwa 2.781 Geldmarktfonds verwaltet;12 das Geldmarktfondsvermögen belief sich auf eine Summe von rund € 5,2 Billionen.13 Geldmarktfonds stellen daher eine wichtige Schnittstelle dar, an der Nachfrage 5 nach und Angebot von kurzfristigem Geld aufeinandertreffen.14 Auf Angebotsseite bieten Geldmarktfonds Finanzinstituten, Unternehmen und Staaten eine Möglichkeit zur kurzfristen Finanzierung; während auf Nachfrageseite Geldmarktfonds ein Instrument für das kurzfristige Barmittelmanagement sind, das ein hohes Maß an Liquidität, Diversifizierung und Wertbeständigkeit für das eingesetzte Kapital bei marktbasierter Rendite bietet. Der Vorteil eines Geldmarktfonds gegenüber einer „klassischen“ Bankeinlage liegt somit darin, dass er ein Fonds-Sondervermögen ist und der in den Fonds investierende Anleger deshalb zumindest keinen unmittelbaren Bail-in-Risiken ausgesetzt ist, also der Gefahr, im Sanierungs- oder Abwicklungsfall an den Verlusten der Bank beteiligt zu werden. Der Nachteil ist jedoch der, dass ein Geldmarktfonds ein Finanzinstrument und Wertpapier ist, dessen Wert Marktschwankungen und insoweit auch Risiken unterliegt.15 Um das reibungslose Funktionieren des Marktes für solche kurzweiligen Finanzie6 rungen sicherzustellen und darüber hinaus die Gleichbehandlung der Geldmarktfondsanleger zu gewährleisten, wurden einheitliche Vorschriften über Geldmarktfonds notwendig. Die Verordnung (EU) 2017/1131 beinhaltet Regeln, um Geldmarktfonds gegen finanzielle Instabilität oder Finanzkrisen besser zu sichern und auf diese Weise zur Integrität und Stabilität des Binnenmarktes beizusteuern,16 wodurch auch die Anleger mehr geschützt werden.17 Aufgrund der Unklarheit, die in Bezug auf Anwendungsfragen bei sich widerspre7 chenden Regelungen des KAGB einerseits sowie der Verordnung (EU) 2017/1131 andererseits bestand, ist die gesetzgeberische Klarstellung durch den neu eingefügten § 338b KAGB begrüßenswert. Danach gehen nun für OGAW und AIF sowie für Kapitalverwaltungsgesellschaften, die jeweils Geldmarktfonds i.S.d. Verordnung (EU) 2017/1131 sind, die Normen der Verordnung (EU) 2017/1131 über Geldmarktfonds vor, wenn die selbige oder das KAGB abweichende Regelungen enthalten.

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10 Philipp EuZW 2017 324. 11 Philipp EuZW 2017 324. 12 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/319182/umfrage/anzahl-der-geldmarktfonds-weltweit/ zuletzt abgerufen am 16.4.2019. 13 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/200264/umfrage/weltweites-vermoegen-der-geldmarkt fonds-seit-2006/ zuletzt abgerufen am 16.4.2019. 14 ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 8 – Erwägungsgrund (2). 15 Siehe BaFin Rundschreiben „Geldmarktfonds: ESMA konkretisiert Vorgaben der europäischen Verordnung“ vom 15.12.2017. 16 Vgl. ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 8 – Erwägungsgrund (3); von der Groeben/Schwarze/Hatje/Wojcik Europäisches Unionsrecht, Art. 63 AEUV Rn. 134. 17 So Grabitz/Hilf/Nettesheim/Ress/Ukrow Das Recht der Europäischen Union, Art. 63 AEUV Rn. 437.

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B. Tatbestand

§ 338b

B. Tatbestand B. Tatbestand I. Geldmarktfonds 1. Allgemeines. Der Begriff „Geldmarktfonds“ als solcher ist in der Verordnung (EU) 2017/1131, auf die § 338b KAGB rekurriert, nicht unmittelbar legaldefiniert. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EU) 2017/1131 legt jedoch den Anwendungsbereich fest und stellt in Satz 1 klar, dass die Verordnung lediglich für solche Geldmarktfonds zur Anwendung gelangen soll, die in der Europäischen Union gegründet, verwaltet oder vertrieben werden. Weiterhin enthält sie Vorschriften in Bezug auf die Finanzinstrumente, die als Anlagen eines Geldmarktfonds zulässig sind, das Portfolio eines Geldmarktfonds, die Bewertung der Vermögenswerte eines Geldmarktfonds und die Meldepflichten für Geldmarktfonds. Entsprechend sind nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 lit. a) – lit. c) Verordnung (EU) 2017/1131 Geldmarktfonds i.S.d. Verordnung Organismen für gemeinsame Anlagen, die entweder (in Deutschland) als OGAW (§ 1 Abs. 2 KAGB) oder als AIF (§ 1 Abs. 3 KAGB) qualifiziert werden, die in kurzfristige Vermögenswerte i.S.d. Art. 2 Nr. 1 Verordnung (EU) 2017/1131 investieren und die Einzelziele oder kumulative Ziele haben, die auf geldmarktsatzkonforme Renditen oder die Wertbeständigkeit der Anlage abstellen. Dabei ist das Ziel, geldmarktsatzkonforme Renditen zu erwirtschaften, nach dem Erwägungsgrund (15) der Verordnung (EU) 2017/1131 „im weiteren Sinne“ zu verstehen. Der antizipierte Ertrag muss EONIA, Libor, Euribor oder einem anderen maßgeblichen Geldmarktsatz nicht gänzlich entsprechen, wenn jedoch das Anlageziel eines OGAW oder AIF darin besteht, den Geldmarktzins geringfügig zu übertreffen, sollte er damit nicht automatisch vom Geltungsbereich der neuen einheitlichen Vorschriften in dieser Verordnung ausgenommen werden. Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EU) 2017/1131 unterteilt Geldmarktfonds in drei Arten: (i) Geldmarktfonds mit konstantem Nettoinventarwert für öffentliche Schuldtitel (sog. CNAV-Geldmarktfonds für öffentliche Schuldtitel, CNAV: Constant Net Asset Value), (ii) Geldmarktfonds mit Nettoinventarwert mit niedriger Volatilität (sog. LVNAV- Geldmarktfonds, LVNAV: Low Volatility Net Asset Value) und (iii) Geldmarktfonds mit variablem Nettoinventarwert (sog. VNAV-Geldmarktfonds, VNAV: Variable Net Asset Value). Die benannten Arten werden ihrerseits begrifflich näher in Art. 2 Nr. 11, 12 und 13 Verordnung (EU) 2017/1131 bestimmt. Danach bezeichnet der Ausdruck „Geldmarktfonds mit konstantem Nettoinventarwert für öffentliche Schuldtitel“ einen Geldmarktfonds, der (1) einen unveränderten Nettoinventarwert pro Anteil anstrebt, wobei (2) der Fondsertrag täglich zugerechnet wird und entweder an den Anleger ausgeschüttet oder für den Erwerb weiterer Fondsanteile verwendet werden kann, wobei (3) die Vermögenswerte im Allgemeinen nach der Methode der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden und der Nettoinventarwert auf den nächsten Prozentpunkt oder seinen Gegenwert in Währung gerundet wird und zuletzt (4) bei dem mindestens 99,5 % der Vermögenswerte in Instrumente i.S.v. Art. 17 Abs. 7 Verordnung (EU) 2017/1131, in durch Staatsanleihen i.S.v. Art. 17 Abs. 7 Verordnung (EU) 2017/1131 besicherte umgekehrte Pensionsgeschäfte und in Barmittel investiert werden. „Geldmarktfonds mit Nettoinventarwert mit niedriger Volatilität“ bezeichnen Geldmarktfonds, die den besonderen Anforderungen der Bewertungsvorschriften nach den Art. 29, 30, 32 und 33 Abs. 2 lit. b) Verordnung (EU) 2017/1131 unterliegen. Dagegen sind „Geldmarktfonds mit variablem Nettoinventarwert“ Geldmarktfonds, die den besonderen Anforderungen der Bewertungsvorschriften nach den Art. 29, 30 und 33 Abs. 1 Verordnung (EU) 2017/1131 entsprechen. 979

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§ 338b

Geldmarktfonds

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2. OGAW und AIF. § 338b KAGB gilt nur für OGAW und AIF, die nach der Verordnung (EU) 2017/1131 als Geldmarktfonds anzusehen sind. Diese Definition in § 338b KAGB findet sich in korrespondierender Art und Weise auch in Art. 1 Abs. 1 Verordnung (EU) 2017/1131, nach dem die Verordnung Organismen für gemeinsame Anlagen – und damit OGAW oder AIF – voraussetzt. Die Verordnung über Geldmarktfonds schafft damit einen speziellen regulativen Rahmen für OGAW- und AIF-Geldmarktfonds,18 der gem. § 338b KAGB lex specialis ist. Art. 1 Abs. 2 Verordnung (EU) 2017/1131 untersagt den Mitgliedstaaten, in dem unter die Verordnung fallenden Bereich zusätzlichen Anforderungen vorzusehen. 17 Die Verordnung über Geldmarktfonds baut auf der Richtlinie 2009/65/EG bzw. der Richtlinie 2011/61/EU, die jeweils die rechtlichen Rahmen für die Gründung, die Verwaltung und den Vertrieb von OGAW bzw. von AIF in der Union bilden, auf und gilt zusätzlich zu den bestehenden Richtlinien. Der Ausdruck „OGAW“ bezeichnet nach Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 2009/65/EG Orga18 nismen, (i) deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Art. 50 Abs. 1 Richtlinie 2009/65/EG genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und (ii) deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht. Im KAGB findet sich die Definition eines OGAW in § 1 Abs. 2 KAGB (vgl. hierzu die Kommentierung § 1 Rn. 31 ff.). Hingegen ist ein „AIF“ gem. Art. 4 Abs. 1a) Richtlinie 2011/61/EU jeder Organismus 19 für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der (i) von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, und (ii) keine Genehmigung gem. Art. 5 Richtlinie 2009/65/EG benötigt. Die Definition von AIF findet sich im KAGB in § 1 Abs. 3; danach sind AIF alle Investmentvermögen i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB, die keine OGAW sind (vgl. hierzu die Kommentierung § 1 Rn. 38 ff.). 20

3. Kapitalverwaltungsgesellschaften. Für die Verwaltung eines OGAW ist eine nach der Richtlinie 2009/65/EG zugelassene OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder OGAW-Investmentgesellschaft zuständig. Für die Verwaltung eines AIF ist ein nach der Richtlinie 2011/61/EU zugelassener oder registrierter Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) zuständig. Unter Berücksichtigung dessen, ob es sich um ein OGAW oder ein AIF handelt, sollen die bestehenden festgelegten Verwaltungs- und Vertriebsvorschriften auch für Geldmarktfonds gelten.19 Konsequenterweise sind auch die Kapitalverwaltungsgesellschaften in der Norm des § 338b KAGB und den darin normierten Anwendungsbereich der Verordnung über Geldmarktfonds erfasst. II. Subsidiäre Anwendbarkeit des KAGB

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Neben den Vorschriften der Verordnung (EU) 2017/1131 gelten nach § 338b KAGB auch die Vorschriften des KAGB. Allerdings gelten die Vorschriften des KAGB nur insoweit, als dass die Verordnung über Geldmarktfonds die betreffenden Bereiche nicht oder

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BTDrucks. 19/2435 S. 31. ABl. L 169 vom 30.6.2017 S. 9 – Erwägungsgrund (12).

Siering/Fitzke

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B. Tatbestand

§ 338b

nicht abschließend regelt,20 vgl. § 338b KAGB, Art. 7 Abs. 2 und 3 Verordnung (EU) 2017/ 1131. Vor diesem Hintergrund dient die Einfügung des neuen § 338b KAGB der Klarstel- 22 lung des Verhältnisses der Verordnung über Geldmarktfonds zu den Regelungen des KAGB.21 Die Verordnung hat Vorrang, was unter Berücksichtigung ihrer Intention – die Sicherung der Finanzstabilität22 – als sinnvolle Lösung erachtet wird. Die wesentlichen Kernvorgaben der Verordnung (EU) 2017/1131, die sich von den ge- 23 setzlichen Vorgaben gem. KAGB unterscheiden, umfassen im Wesentlichen, – das Verbot von jedweder finanziellen Unterstützung von Geldmarktfonds; – das Rettungs- bzw. Unterstützungsverbot von Banken und/oder Staaten bei in Schieflage geratene Geldmarktfonds; – die Einhaltung von verschärften Liquiditätsanforderungen; – zahlreiche weitere Anforderungen an die Risikomischung und Kreditqualität der Vermögenswerte; sowie – umfangreiche Berichts- und Stresstest-Pflichten.

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Vgl. BTDrucks. 19/2435 S. 58 f. Vgl. BTDrucks. 19/2435 S. 33. Siehe vorstehend unter Rn. 3.

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§ 339

Strafvorschriften

KAPITEL 8 Straf-, Bußgeld- und Übergangsvorschriften ABSCHNITT 1 Straf- und Bußgeldvorschriften § 339 Strafvorschriften § 339 Strafvorschriften Herberger https://doi.org/10.1515/9783110492217-129 (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ohne Erlaubnis nach § 20 Absatz 1 Satz 1 das Geschäft einer Kapitalverwaltungsgesellschaft betreibt oder 2. ohne Registrierung nach § 44 Absatz 1 Nummer 1 das Geschäft einer dort genannten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft betreibt. (2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 43 Absatz 1 in Verbindung mit § 46b Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet. (3) 1 Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. 2 Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. 1.

Schrifttum Brand Legitimität des Insolvenzstrafrechts – Zur Strafwürdigkeit der Insolvenzdelikte angesichts der Finanzkrise, KTS 2012 195; Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Eckhold Privatrechtliche Konsequenzen unerlaubter Investmentgeschäfte, ZBB 2016 102; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Freitag Die „Investmentkommanditgesellschaft“ nach dem Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, NZG 2013 329; Hippeli Verbotsirrtum über die Erlaubnispflicht von Bankgeschäft oder Finanzdienstleistung bei Auskunft der Aufsichtsbehörde, WM 2018 253; Jesch/Alten Erlaubnisantrag für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach §§ 21 ff. KAGB – bisherige Erkenntnisse und offene Fragen, RdF 2013 191; Klinger Die zentrale Strafnorm des Investmentrechts gem. § 339 KAGB, NZWiSt 2014 370; Krause/Klebeck Fonds(anteils-)begriff nach der AIFM-Richtlinie und dem Entwurf des KAGB, RdF 2013 4; Nelle/Klebeck Der „kleine“ AIFM – Chancen und Risiken der neuen Regulierung für deutsche Fondsmanager, BB 2013 2499; Wegner Insolvenzstrafrechtliche Besonderheiten für Akteure auf dem Finanz- und Kapitalmarkt, HRRS 2012 68.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 3 II. Rechtsgut und Normzweck | 5 III. Deliktscharakter | 9 Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis oder die erforderliche Registrierung (Abs. 1 und 3 S. 1) I. Tatbestand des Betreibens des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis (Abs. 1 Nr. 1) | 13

Herberger https://doi.org/10.1515/9783110492217-129

1.

II.

Geschäft einer Kapitalverwaltungsgesellschaft | 14 2. Betreiben | 18 3. Ohne Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 S. 1 | 19 Tatbestand des Betreibens des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Registrierung (Abs. 1 Nr. 2) | 23 1. Geschäft einer nach § 2 Abs. 4, 4a und 5 privilegierten AIF-

982

A. Allgemeines

C.

Kapitalverwaltungsgesellschaft | 24 2. Betreiben | 25 3. Ohne Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 | 26 III. Subjektiver Tatbestand | 28 IV. Täterschaft und Teilnahme | 31 V. Konkurrenzen | 33 Verletzung der Pflicht zur Anzeige eines Insolvenzeröffnungsgrundes (Abs. 2 und 3 S. 2) | 35

§ 339

I.

D. E.

Objektiver Tatbestand 1. Entgegen § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG | 36 2. Erstattung der Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig | 40 II. Subjektiver Tatbestand | 43 III. Täterschaft und Teilnahme | 44 IV. Konkurrenzen | 45 Rechtsfolgen, Verjährung und zeitliche Geltung | 46 Strafverfahren | 52

A. Allgemeines A. Allgemeines∗ § 339 enthält die Strafvorschriften1 des KAGB. Strafrecht wird als „ultima ratio“ des 1 Rechtsgüterschutzes eingesetzt und sanktioniert ein sozialethisch besonders unwertes Verhalten.2 Demgemäß werden besonders schwere Verstöße im KAGB als strafwürdiges Unrecht mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet; Zuwiderhandlungen mit vermindertem Unrechtsgehalt als Ordnungswidrigkeiten3 mit Geldbußen. Strafbewehrt sind das Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die gem. § 20 Abs. 1 2 S. 1 erforderliche Erlaubnis (§ 339 Abs. 1 Nr. 1) oder die gem. § 44 Abs. 1 Nr. 1 erforderliche Registrierung (§ 339 Abs. 1 Nr. 2) sowie die Verletzung der nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 KWG bestehenden Anzeigepflicht bei Bestehen eines Insolvenzeröffnungsgrundes (§ 339 Abs. 2). Bei den Strafvorschriften des § 339 handelt es sich um Nebenstrafrecht.4 Hierfür gelten gem. Art. 1 Abs. 1 EGStGB die Vorschriften des Allgemeinen Teils des StGB. I. Entstehungsgeschichte § 339 Abs. 1 Nr. 1 entspricht ausweislich der Gesetzesbegründung zum AIFM-UmsG 3 der früheren Regelung des § 143a InvG. Die Vorschrift stellte in Anlehnung an § 54 KWG das unerlaubte Betreiben des Investmentgeschäfts unter Strafe.5 § 143a erhielt Eingang in das vormalige InvG durch das InvÄndG.6 Hintergrund war, dass das Betreiben des Investmentgeschäfts aus dem Katalog der Bankgeschäfte in § 1 Abs. 1 S. 2 KWG gestrichen und die Kreditinstitutseigenschaft von KAG aufgehoben wurde, so dass die Strafvorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG (Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis gem. § 32 Abs. 1 KWG) insoweit nicht mehr zur Anwendung gelangte. Da der Gesetzgeber das Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis nach wie vor als strafwürdig und strafbedürftig ansah,7 wurde § 143a als erste Strafvorschrift in das vormalige

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∗ Der Autor ist Referent im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Der Beitrag gibt ausschließlich die private Rechtsauffassung des Autors wieder. Gewidmet ist der Beitrag Günter Herberger (1930-2016) in liebevoller Erinnerung. 1 Zum Begriff und zur wachsenden Bedeutung des Kapitalmarktstrafrechts in der Praxis Park/Park KapitalmarktstrafR, Rn. 1, 7 ff. 2 BVerfG 26.2.2008 BVerfGE 120 224 (240). 3 Mitsch/Rogall OWiG, Vor § 1 Rn. 1. 4 Kritisch zum Begriff Otto § 1 Rn. 4 ff. 5 BTDrucks. 16/5576 S. 99. 6 InvÄndG vom 21.12.2007 BGBl. 2007 I, Nr. 68 3089. 7 Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 1; zu den Begriffen Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit Otto § 1 Rn. 49.

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Strafvorschriften

InvG eingefügt.8 Diese Regelung wurde durch das AIFM-UmsG um den Tatbestand der fehlenden Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 erweitert.9 Mit Inkrafttreten des OGAW-VUmsG mit Wirkung zum 18.3.2016 fand sodann – in Anlehnung an § 54 Abs. 2 KWG – die fahrlässige Begehungsweise Eingang in § 339. Infolge der Anlehnung an die Strafvorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG kann diese zur Auslegung entsprechend herangezogen werden. 4 Ebenfalls durch das AIFM-UmsG eingefügt, stellt § 339 Abs. 2 die Verletzung der nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG bestehenden Plicht zur Anzeige der Insolvenzeröffnungsgründe der Überschuldung und (drohenden) Zahlungsunfähigkeit unter Strafe. Nachdem der Verstoß der Geschäftsleiter einer KAG oder einer InvAG gegen die Insolvenzanzeigepflicht im InvG noch als Ordnungswidrigkeit sanktioniert war,10 wurde § 143 Abs. 3 Nr. 5 InvG anlässlich des AIFM-UmsG zu einem Straftatbestand heraufgestuft. Damit beendete der Gesetzgeber die bisher (ohne einen ersichtlich rechtfertigenden Grund)11 bestehende Ungleichbehandlung der Sanktionierung der Insolvenzanzeigepflichtverletzung im KWG bzw. ZAG als Straftat einerseits und im InvG als Ordnungswidrigkeit andererseits.12 Entsprechend § 55 Abs. 2 KWG stellt § 339 Abs. 3 S. 2 die fahrlässige Verletzung der Insolvenzanzeigepflicht unter Strafe. Dadurch, dass § 339 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 an die Strafvorschrift des § 55 KWG angelehnt ist, kann letztere zur Auslegung entsprechend herangezogen werden. II. Rechtsgut und Normzweck Das von § 339 Abs. 1 und 3 S. 1 geschützte Rechtsgut ist neben der Effektivität der staatlichen Aufsicht die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes.13 Dessen Gefährdung etwa durch potentiell unzuverlässige oder fachlich ungeeignete Geschäftsleiter sowie unzulänglich fundierte Unternehmen zu verhindern, gewährleistet der Erlaubnisvorbehalt in § 20 Abs. 1 S. 1.14 Den Erlaubniszwang und die staatliche Aufsicht über das Investmentgeschäft sichert § 339 Abs. 1 Nr. 1 strafrechtlich ab. § 339 Abs. 1 Nr. 2 dient der Durchsetzung der Registrierungspflicht, die für „kleine“ 6 AIF-KVG, die unterhalb der im KAGB vorgesehenen Schwellenwerte tätig werden, gilt. Die Registrierung, die im Vergleich zur Erlaubnis nebst laufender Aufsicht zwar eine deutlich weniger intensive Form der Aufsicht darstellt,15 gewährleistet i.S.e. präventiven Zulassungskontrolle, dass die von der Erlaubnispflicht ausgenommenen AIF-KVG die dafür vorgesehenen Bedingungen und bestimmte Vorschriften erfüllen. In Anbetracht der gesetzgeberischen Intention, einen hohen Anlegerschutzstandard 7 zu schaffen,16 handelt es sich bei § 339 Abs. 1 Nr. 1 um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 5

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8 Kritisch zur Entwicklung des Wirtschaftsstrafrechts Prittwitz Sonderstrafrecht Wirtschaftsstrafrecht?, ZIS 2012 217 ff. 9 BTDrucks. 17/12294 S. 295. 10 Dazu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 36. 11 Brand KTS 2012 195 (213 f.) verweist darauf, dass bei KAG bzw. InvAG ein gegenüber Kreditinstituten herabgesetztes Gläubigerschädigungspotential kaum auszumachen sei. 12 Dazu auch Wegner HRRS 2012 68 (70). 13 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 5 m.w.N. 14 Zum Erlaubnisvorbehalt im InvG Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann § 17c Rn. 1; zum KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann § 54 Rn. 17. 15 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 50. 16 BTDrucks. 17/12294 S. 187; vgl. Richtlinie 2011/61/EU (AIFM-RL), Erwägungsgrund 94 und Richtlinie 2009/65/EG (OGAW IV-RL), Erwägungsgrund 8.

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A. Allgemeines

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Abs. 2 BGB.17 Das strafbewehrte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in § 20 hat drittschützende Wirkung. Gleiches wird man für die strafbewehrte Registrierungspflicht, die richtigerweise auch als präventives Verbot mit Erlaubnis- bzw. Registrierungsvorbehalt zu verstehen ist,18 annehmen können. Das kommt darin zum Ausdruck, dass die Registrierung u.a. dann zu versagen ist (bzw. wieder aufgehoben werden kann), wenn ausdrücklich im Interesse der Anleger vorgeschriebene Anforderungen nicht (bzw. nicht mehr) erfüllt sind.19 Normzweck ist daher auch der unmittelbare Schutz von Individualinteressen, so dass viel dafür spricht, dass § 339 Abs. 1 Nr. 2, gemeinsam mit § 44 Abs. 1 Nr. 1, Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist.20 Werden Geschäfte ohne Erlaubnis bzw. ohne Registrierung abgeschlossen, so wird deren zivilrechtliche Wirksamkeit davon nicht i.S.v. § 134 BGB berührt.21 Geschütztes Rechtsgut von § 339 Abs. 2 ist in erster Linie die Effektivität der auf ein 8 mögliches Insolvenzverfahren hinwirkenden Aufsicht und ergibt sich unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entscheidung, die Insolvenzantragsbefugnis bei Instituten und KVG bei der BaFin zu konzentrieren. Um die Ermessenentscheidung, ob und wann ein Insolvenzantrag gestellt wird, treffen zu können, bedarf es der rechtzeitigen Kenntnis über das Bestehen der Überschuldung oder (drohenden) Zahlungsunfähigkeit einer KVG.22 Demgemäß wird im Rahmen der Strafvorschrift des § 55 KWG überwiegend angenommen, dass Normzweck die Sicherstellung des Prüfungsverfahrens für die Ausübung der Insolvenzantragsbefugnis, nicht jedoch der unmittelbare Schutz der Insolvenzgläubiger ist.23 Eine andere Sichtweise rechtfertigt der Blick auf die gem. § 15 Abs. 4, 5 InsO strafbewehrte Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO. Deren Normzweck wird in der rechtzeitigen Einleitung des Insolvenzverfahrens zum Schutz sowohl der Altgläubiger vor einer weiteren Verringerung der Haftungsmasse als auch der Neugläubiger vor Vertragsabschlüssen mit notleidenden Gesellschaften erblickt. 24 Dementsprechend ist überwiegend anerkannt, dass die Insolvenzantragspflicht dem Schutz der Individualinteressen der gegenwärtigen und künftigen Gläubiger dient.25 Wenngleich sich Insolvenzantrag und Insolvenzanzeige darin unterscheiden, dass die Anzeige der Ausübung der Insolvenzantragsbefugnis durch die BaFin vorgeschaltet ist, betont die Gesetzesbegründung zum AIFM-UmsG explizit, dass die Anzeigepflicht auf die gleiche Zweck- und Schutzrichtung hin ausgelegt sei, auf welche die Antragspflicht zielt.26 Tritt die Insol-

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17 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 3; Eckhold ZBB 2016 104 f.; bereits zur Schutzgesetzeigenschaft von § 143a InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143a Rn. 2. In st. Rpr. wird der Schutzgesetzcharakter von §§ 54, 32 KWG angenommen, statt vieler BGH NZG 2013 582; BGH WM 2006 1896; NJW 2005 2703; a.A. noch LG Essen NJW-RR 1992 303. 18 Vgl. hierzu unten Rn. 25. 19 Dem Anlegerschutz dient insbes. die Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung der Geschäftsleiter von AIF-KVG, die „kleine“ geschlossene Publikums-AIF i.S.v. § 2 Abs. 5 verwalten, sowie die für (von AIF-KVG i.S.v. § 2 Abs. 4, 4a und 5 verwaltete) AIF geltenden Rechtsformanforderungen, die ausschließen sollen, dass Anleger persönlich unbegrenzt haften, vgl. BTDrucks. 17/13395 S. 403. 20 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 28; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 14; Eckhold ZBB 2016 106 f. 21 So auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 14; Eckhold ZBB 2016 112 ff. Zu § 54 KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 54 Rn. 17. 22 BTDrucks. 17/12294 S. 296 f. 23 So die h.M. zu § 55 KWG, statt vieler Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 2; a.A. Szagunn/Haug/Ergenzinger/Haug KWG, § 55 Rn. 2. 24 BTDrucks. 16/6140 S. 55. 25 Zum Schutzgesetzcharakter von § 15a Abs. 1 InsO zuletzt BGH 21.10.2014 DZWIR 2015 277 (278). Zum Rechtsgutscharakter von § 15 Abs. 4, 5 InsO Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 15a InsO Rn. 4 m.w.N., vgl. auch BGH 1.3.1956 BGHSt. 9 84 (86) (zu § 240 Abs. 1 Nr. 2 KO a.F.). 26 BTDrucks. 17/12294 S. 296.

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Strafvorschriften

venzanzeigepflicht nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG an die Stelle der Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO, spricht viel dafür, dass auch die Insolvenzanzeigepflicht die Vermögensinteressen der Gläubiger einer KVG unmittelbar schützt und daher gemeinsam mit § 339 Abs. 2 Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist.27 III. Deliktscharakter Die Strafvorschriften des § 339 verweisen hinsichtlich der konkreten Beschreibung des strafbewehrten Verhaltens auf außerstrafrechtliche Normen des KAGB und KWG und nehmen diese dadurch in Bezug. Es handelt sich bei diesen Straftatbeständen um unechte Blankettstraftatbestände.28 Der vollständige Straftatbestand ergibt sich durch Zusammenlesen von Sanktionsnorm und Ausfüllungsnorm. 10 Bei den Strafvorschriften des § 339 Abs. 1 handelt es sich um schlichte Tätigkeitsdelikte,29 da die Geschäftstätigkeit ohne die erforderliche Erlaubnis bzw. Registrierung sanktioniert ist, mithin keinen Erfolgseintritt erfordert. Gleichzeitig handelt es sich um Dauerdelikte,30 da mit dem Betreiben der Geschäfte der Deliktstatbestand verwirklicht, aber das Delikt nicht abgeschlossen ist, sondern so lange aufrecht erhalten bleibt, wie der herbeigeführte rechtswidrige Zustand fortdauert. 11 Bei § 339 Abs. 2 handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt.31 Der Versuch der Straftatbestände in § 339 ist nicht strafbar, da es sich jeweils nur 12 um Vergehen handelt und der Versuch eines Vergehens nur dann strafbar ist, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 2 StGB). 9

B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis oder die erforderliche Registrierung (Abs. 1 Nr. 1 und 3) B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis I. Tatbestand des Betreibens des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis (Abs. 1 Nr. 1) 13

Strafbar macht sich nach § 339 Abs. 1 Nr. 1, wer ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 S. 1 das Geschäft einer KVG betreibt.

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1. Geschäft einer Kapitalverwaltungsgesellschaft. Gegenstand der Tathandlung ist das Geschäft einer KVG. KVG ist nach § 17 Abs. 1 S. 1 jedes Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, dessen Geschäftsbetrieb darauf

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27 Im Ergebnis ebenso die h.M. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 70; Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 15; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 18; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 3; a.A. noch die Vorauflage. Dass der Gläubigerschutz nicht nur Reflex einer Befolgung der Anzeigepflicht ist, dürfte auch der Gesetzeber im Sinn gehabt haben, vgl. BTDrucks. 17/12294 S. 296: „Es soll im Interesse der Gläubiger gewährleistet werden, dass die für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erforderlichen Schritte seitens der Geschäftsleiter unverzüglich eingeleitet werden.“ 28 Zu diesem Begriff Otto § 2 Rn. 5 ff.; vgl. auch BGH 9.3.1954 BGHSt. 6 30 (41) = NJW 1954 972 f.: „gesetzestechnische Vereinfachung“; a.A. Mitsch/Rogall OWiG, Vor § 1 Rn. 16. Vgl. zu § 143a InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143a Rn. 3. 29 Zum Begriff Otto § 4 Rn. 10. 30 Zum Begriff Otto § 4 Rn. 16. 31 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 16; zu § 55 KWG Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b Rn. 5.

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B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis

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gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten. Die Verwaltung von Investmentvermögen, worin das Geschäft einer KVG besteht, liegt nach § 17 Abs. 1 S. 2 vor, wenn mindestens die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für ein oder mehrere Investmentvermögen in eigener Verantwortung erbracht wird. Neben der kollektiven Vermögensverwaltung besteht das Geschäft von externen OGAW-KVG und externen AIF-KVG auch im Erbringen der in § 20 Abs. 2 und 3 genannten (Neben-)Dienstleistungen. Der Geschäftsbetrieb von (externen wie intern verwalteten32 OGAW- wie AIF-)KVG bedarf, sofern es sich nicht um eine nach § 2 Abs. 3 bis 7 privilegierte AIF-KVG handelt, nach § 20 Abs. 1 S. 1 der schriftlichen Erlaubnis der BaFin. Straftatbestandsmäßig kann jedes Geschäft sein, gleich in welcher Rechtsform es be- 15 trieben wird.33 Die Rechtsform ist kein Tatbestandsmerkmal einer KVG,34 weshalb es für die vorgelagerte Frage der Erlaubnispflicht auf die Rechtsform des Unternehmens nicht ankommt.35 Gleichzeitig dürfte dem Begriff des Unternehmens in § 17 Abs. 1 S. 1 keine funktionale Bedeutung zukommen, sondern ist davon auszugehen, dass er lediglich eine mit tatsächlichen und personellen Mitteln ausgestattete Einrichtung bezeichnet, die auch natürliche Personen umfasst.36 Entscheidend ist für die Frage der strafbewehrten Erlaubnispflicht die Feststellung, ob das Unternehmen Investmentvermögen verwaltet.37 Deutlich wird, dass § 339 Abs. 1 Nr. 1 gegenüber dem früheren § 143a InvG einen er- 16 heblich weiteren Anwendungsbereich hat. Die Definition von Investmentvermögen und der zugrundeliegende materielle Investmentfondsbegriff wirken unmittelbar auf den Straftatbestand, was im Lichte der sehr weit und teils ungenau38 gefassten Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 S. 1 unter Bestimmtheitsgesichtspunkten rechtsstaatlich nicht unbedenklich ist.39 In einem Strafverfahren jedenfalls hat die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 S. 1, auf die § 339 Abs. 1 Nr. 1 über den in Bezug genommenen Erlaubnisvorbehalt (§ 20) mittelbar verweist, innerhalb der restriktiven Ausle-

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32 Nur angemerkt sei, dass § 143a InvG auf selbstverwaltete Investmentaktiengesellschaften keine Anwendung fand, was überwiegend als gesetzgeberisches Versehen interpretiert wurde, vgl. Berger/Steck/ Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 2. 33 Ebenso Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 3; Emde/Dreibus BKR 2013 89 (90); Burgard/Heimann WM 2014, 821 (822). Wenn zu § 143a InvG vertreten wurde, dass nur ein den formellen Anforderungen einer KAG entsprechendes, also von einer AG oder GmbH betriebenes, Geschäft tatbestandsmäßig sein konnte, und diese Ansicht mit dem formellen Investmentfondsbegriff begründet wurde (Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 2), dann steht dem jedenfalls die mit dem AIFM-UmsG verbundene Einführung des materiellen Investmentfondsbegriffes entgegen. 34 Baur/Tappen/ Mehrkhah/Behme/Bentele InvG, § 18 Rn. 2; so bereits zu § 1 Abs. 3 S. 1 KAGG Baur § 1 Rn. 41; zu § 6 Abs. 1 S. 2 InvG Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 6 Rn. 10; Emde/ Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Thole InvG, 2013, § 6 Rn. 10. 35 Von der Frage der Erlaubnispflicht zu unterscheiden ist die Frage, ob eine entsprechende Erlaubnis erteilt würde, da das KAGB grds. für die Erlaubnisfähigkeit bestimmte Rechtsformen voraussetzt. 36 § 17 Abs. 1 S. 1 verlangt (im Gegensatz zu § 1 Abs. 1 S. 1 KWG) weder, dass das Unternehmen über einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügt, noch, dass das Investmentgeschäft gewerbsmäßig betrieben wird, vgl. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Bentele § 17 Rn. 11; Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Beckmann Investment, § 6 Rn. 8. A.A. ausgehend von einem institutionellen Unternehmensbegriff Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Thole InvG, 2013, § 6 Rn. 10; Jesch/Alten RdF 2013 191 (195); vgl. zum früheren § 1 Abs. 1 KAGG Baur § 1 Rn. 11. 37 BTDrucks. 17/12294 S. 211. 38 Vgl. nur die Ausführungen der Koalitionsfraktionen im Rahmen der Beschlussfassung des Finanzausschusses zum AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/13395 S. 391; zur Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Investmentvermögens Klinger NZWiSt 2014 370 (371 ff.). 39 Vgl. Freitag NZG 2013 329, (330).

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Strafvorschriften

gungsgrenzen des Art. 103 Abs. 2 GG zu erfolgen.40 Dessen Maßstäbe und damit auch das Analogieverbot gelten bei (unechten) Blankettstraftatbeständen nach h.M. sowohl für die verweisende Strafvorschrift als auch für die Ausfüllungsnormen.41 Daran knüpft die Frage, ob sich hieraus eine Einschränkung des Aufsichtsrechts er17 gibt, d.h. Art. 103 Abs. 2 GG bereits bei der Feststellung der Erlaubnispflicht nach §§ 1, 20 gilt.42 Das BVerfG43 verneint dies und akzeptiert insoweit divergierende Auslegungsergebnisse i.S. einer „Normspaltung“.44 So soll ein verwaltungsrechtlicher Erlaubnistatbestand, auf den eine Strafvorschrift verweist und damit in Bezug nimmt, nicht generell den Beschränkungen des Art. 103 Abs. 2 GG unterliegen, sondern nur, soweit er zur Ausfüllung der strafrechtlichen Blankettnorm herangezogen und damit selbst zum Teil der Strafrechtsnorm wird.45 18

2. Betreiben. Tathandlung ist das Betreiben des Geschäfts einer KVG. Hinsichtlich der Erlaubnispflicht verlangt § 20 Abs. 1 S. 1 im Gegensatz zur parallelen Vorschrift in § 32 KWG weder eine gewerbsmäßige noch eine einen gewissen Umfang erreichende Tätigkeit und spricht lediglich vom Geschäftsbetrieb. Gleichwohl wird man, um von einem Betreiben des Geschäfts ausgehen zu können, in Anlehnung an § 54 KWG eine auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit zu fordern haben. Davon ist aber bereits dann auszugehen, wenn eine Tätigkeit entfaltet wird, die darauf abzielt, die Verwaltung von Investmentvermögen und die in § 20 Abs. 2 und 3 aufgeführten (Neben-) Dienstleistungen mit Wiederholungsabsicht auszuführen.46 Die umstrittene Frage, ob das Betreiben auf ein unmittelbar rechtsgeschäftliches Handeln beschränkt ist oder alle für die Vorbereitung, das Zustandekommen und die Abwicklung konkreter Geschäfte wesentlichen Schritte erfasst, dürfte vorliegend wie folgt zu beantworten sein:47 Während eine extensive Auslegung des Betreibens, die den Anwendungsbereich von § 339 Abs. 1 Nr. 1 auf bloße Vorbereitungshandlungen wie Planungstätigkeiten oder organisatorische Vorbereitungen ausdehnt, angesichts der Straflosigkeit der versuchten Tat ab-

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40 Zum Gewährleistungsgehalt und den einzelnen Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzips (Art. 103 Abs. 2 GG; § 1 StGB) Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann/Dannecker StGB, § 1 Rn. 108 ff.; vgl. auch Klinger NZWiSt 2014 370 (372 ff.). 41 BVerfG 15.3.1978 BVerfGE 48 48 (60 f.); BVerfG 6.5.1987 BVerfGE 75 329 (342); Laufhütte/Rissingvan Saan/Tiedemann/Dannecker StGB, § 1 Rn. 257 m.w.N. 42 In diesem Sinne wohl Beckmann/Scholtz/Vollmer/Krause Investment, vor 405 Rn. 11, der aus verfassungsrechtlichen Gründen eine enge Auslegung des Fondbegriffes ableitet und das generell, also nicht nur für das Strafrecht, sondern auch für das Verwaltungsverfahren, anzunehmen scheint. Dazu auch Krause/Klebeck RdF 2013 4 (12). 43 BVerfG 5.4.2006 NJW 2006 3340 (3341) (zu §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG); vgl. auch BVerwG 22.4.2009 BVerwGE 133 358 (375). 44 Grds. Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 111 ff. 45 Dazu Schröder Rn. 954a ff.; ders. Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 390 ff.; Wilke Grenzen einheitlicher Rechtsanwendung von Ver- und Geboten des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), 299 ff.; grds. Schürnbrand Wider den Verzicht auf die gespaltene Auslegung im Kapitalmarktrecht, NZG 2011 1213 m.w.N. 46 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 18; § 339 Rn. 6; zu § 143a InvG Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 7; vgl. zum gleichlautenden Tatbestandsmerkmal in § 54 KWG Schröder Rn. 888. A.A. Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 8 (erforderlich seien wiederholt getätigte Geschäfte). Weitergehend Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 4; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 6 (kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb). 47 Zu dieser Frage im Rahmen des § 54 KWG mit ausführlicher Begründung BVerwG 22.4.2009 BVerwGE 133 358 (362 f.). Während das BVerwG das Betreiben i.S.d. § 32 Abs. 1 S. KWG extensiv auslegt, lehnt der überwiegende Teil des Schrifttums das ab, statt vieler Graf/Jäger/Wittig/Bock SteuerStrR, § 54 KWG Rn. 11 (vgl. hingegen Erbs/Koolhaas/Häberle § 54 KWG Rn. 3).

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B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis

§ 339

zulehnen ist,48 ist bei der Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit von Anbahnungstätigkeiten (z.B. Werbung)49 zu berücksichtigen, dass der Vertrieb eigener Vermögensanteile eine Tätigkeit i.S.v. § 20 Abs. 1 S. 1 darstellt (vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 24) und darunter bereits das Anbieten eines Investmentvermögens in Form einer invitatio ad offerendum fällt.50 3. Ohne Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 S. 1. Der Täter muss ohne Erlaubnis i.S.d. § 20 19 Abs. 1 S. 1 handeln. Maßgeblich ist die zum Zeitpunkt der Tathandlung bestehende Rechtslage (vgl. § 8 StGB). Entscheidend für die Erfüllung des verwaltungsakzessorischen Tatbestandes ist nicht die materielle Rechtsmäßigkeit, sondern die formale Wirksamkeit einer erteilten Erlaubnis. Unwesentlich ist daher, ob im Zeitpunkt der Tathandlung ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb besteht (Erlaubnis wird trotz Erlaubnisfähigkeit versagt oder zu Unrecht aufgehoben) oder, ob eine Erlaubnis nachträglich im Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren erteilt wird.51 Allerdings ist ein solcher Umstand auf der Rechtsfolgenseite zu berücksichtigen.52 Ohne Erlaubnis handelt der Täter, wenn:53 20 – er eine Erlaubnis entgegen §§ 21, 22 überhaupt nicht beantragt hat, – die Geschäfte beginnen, obwohl die Erlaubnis nicht oder noch nicht erteilt ist, – er lediglich mit einer Registrierung das Geschäft einer AIF-KVG betreibt, obwohl eine Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 S. 1 erforderlich ist,54 jedoch nicht, wenn im Fall des nachträglichen Wegfalls der Privilegierungsvoraussetzungen – insbesondere im Fall der nicht nur vorübergehenden Überschreitung der Schwellenwerte – gem. § 44 Abs. 6 S. 1 (bzw. S. 2 Nr. 2) innerhalb von 30 Kalendertagen eine Erlaubnis nach §§ 20, 22 beantragt und der Geschäftsbetrieb der registrierten AIF-KVG bis zur Erteilung oder endgültigen Versagung der Erlaubnis fortgesetzt wird,55 – die Erlaubnis versagt wurde (§ 23), – er Geschäfte außerhalb des erlaubten Bereichs betreibt (bspw. kann die Erlaubnis gem. § 20 Abs. 1 S. 2 auf die Verwaltung bestimmter Arten von Investmentvermögen

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48 Ebenso Schork/Groß/Wegner Rn. 810; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 6. 49 Deren Tatbestandsmäßigkeit verneinen Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 8; im Rahmen des § 143a InvG Schork/Groß/Wegner Rn. 810; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 7. Differenzierend Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 19 ff. 50 BaFin-Auslegungsschreiben „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ vom 4.7.2013, geändert 13.7.2016, Geschäftszeichen: WA 41-Wp 2137-2013/0293 – dort unter 1.1. Nach Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 23 komme Werbemaßnahmen und anderen in § 1 Abs. 19 Nr. 24 genannten Tätigkeiten allerdings erst dann eine Tatbestandsrelevanz zu, wenn sie sich auf ein konkretisiertes, mindestens angebotsreifes Investmentvermögen beziehen. 51 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 9; Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 28; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 9; vgl. zu § 143a InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/ Campell KAGB, § 143a Rn. 4; vgl. zu § 54 KWG Erbs/Koolhaas/Häberle § 54 KWG Rn. 10. 52 Zu § 143a InvG: Schork/Groß/Wegner Rn. 811, 651; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143a Rn. 10; zu § 54 KWG: Erbs/Koolhaas/Häberle § 54 KWG Rn. 11. Nach Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Pelz § 339 Rn. 9 fehle es in Fällen der rechtswidrigen Versagung einer zu erteilenden Erlaubnis am Strafbedürfnis, so dass eine Einstellung des Strafverfahrens nach §§ 153 ff. StPO angezeigt sei. 53 Dazu im Rahmen von § 54 KWG Graf/Jäger/Wittig/Bock § 54 KWG Rn. 71. 54 Vgl. den Hinweis in der BaFin-Mitteilung „Einzelne Hinweise zur Registrierung nach § 44 KAGB i.V.m. Art. 2 bis 5 der Delegierten Verordnung 231/2013“ vom 30.8.2013, Geschäftszeichen: WA 41-Wp 2137-2013/ 0044 – dort unter 3. 55 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Tollmann AIFM, Art. 3 Rn. 42. Unschädlich ist es, wenn der fristgerecht gestellte Erlaubnisantrag unvollständig ist, vgl. Baur/Tappen/ Mehrkhah/Behme/Tusch § 44 Rn. 75.

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beschränkt werden; vgl. auch die Beschränkungen betr. das Erbringen von (Neben-) Dienstleistungen56 in § 20 Abs. 2 bis 4 und 6 bis 7), jedoch nicht bei einem Verstoß gegen die mit einer Erlaubnis verbundenen Nebenbestimmungen (§ 20 Abs. 1 S. 3),57 die Erlaubnis nichtig ist (regelmäßig wird es dann aber am Vorsatz des Täters fehlen),58 die Erlaubnis erloschen ist (§ 39 Abs. 1), die Erlaubnis unanfechtbar oder sofort vollziehbar (vgl. § 80 VwGO i.V.m. § 7 Abs. 1) aufgehoben oder ausgesetzt59 wurde (§ 39 Abs. 3).

Aus der verwaltungsakzessorischen Ausgestaltung folgt, dass die Übergangsvorschriften der §§ 343 ff. zu beachten sind. Einer erteilten Erlaubnis steht eine gesetzlich fingierte Erlaubnis gleich. Zu berücksichtigen sind auch die Ausnahmebestimmungen nach § 2, in deren Rahmen § 20 und auch § 339 Abs. 1 Nr. 1 nicht zur Anwendung gelangen. Für die nach den Ausnahmebestimmungen in § 2 Abs. 4, 4a und 5 KAGB privilegierten AIF-KVG gelten jedoch die §§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und 339 Abs. 1 Nr. 2. Von § 339 Abs. 1 Nr. 1 erfasst sind nur das Geschäft und die Erlaubnispflicht von 22 (OGAW- und AIF-) KVG. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass der Tatbestand über den in Bezug genommenen § 20 Abs. 1 S. 1 mittelbar auf § 17 (Kapitalverwaltungsgesellschaft) i.V.m. § 1 Abs. 15 und 16 und damit lediglich auf die Erlaubnispflicht von Investmentvermögen verwaltenden Unternehmen mit Sitz und Hauptverwaltung in Deutschland verweist. Nicht in den Anwendungsbereich des Straftatbestandes fällt hingegen mangels eines Verweises auf § 57 Abs. 1 S. 1 die hiernach erlaubnispflichtige Verwaltung durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist.60 21

II. Tatbestand des Betreibens des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Registrierung (Abs. 1 Nr. 2) 23

Strafbar macht sich nach § 339 Abs. 1 Nr. 2, wer ohne die erforderliche Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 das Geschäft einer nach § 2 Abs. 4, 4a und 5 privilegierten AIF-KVG betreibt.

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1. Geschäft einer nach § 2 Abs. 4, 4a und 5 privilegierten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Gegenstand der Tathandlung ist das Geschäft der in § 44 Abs. 1 genannten AIF-KVG,61 d.h. solcher AIF-KVG, die nach den Ausnahmebestimmungen in § 2 Abs. 4, 4a und Abs. 5 von der Erlaubnispflicht in § 20 Abs. 1 S. 1 ausgenommen sind. Das Geschäft dieser „kleinen“ AIF-KVG besteht in der kollektiven Vermögensverwaltung. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bedürfen sie einer Registrierung bei der BaFin. Wenngleich diese Registrierungspflicht gem. § 337 Abs. 1 Nr. 1 und § 338 Abs. 1 Nr. 1 auch für die nach § 2

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56 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 9. 57 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 29; zu § 143a InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 4; Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, 2011, § 143a InvG Rn. 6. 58 Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 4; vgl. hierzu unten Rn. 29. 59 Die Möglichkeit zur Aussetzung wurde mit dem OGAW-V-UmsG eingeführt, vgl. Moritz/Klebeck/ Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 27. 60 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Fn. 60. 61 Der vormals in § 339 Abs. 1 Nr. 2 enthaltene Verweis auf § 44 Abs. 2 S. 1 wurde mit dem FiMaAnpG gestrichen. Dieser Verweis ging ins Leere, seit § 44 Abs. 2 als Folgeänderung der Streichung von § 2 Abs. 4b durch das OGAW-V-UmsG aufgehoben wurde.

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B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis

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Abs. 6 und 7 privilegierten AIF-KVG62 entsprechend gilt, greift § 339 Abs. 1 Nr. 3 ausweislich seines klaren Wortlautes („das Geschäft einer dort genannten AIF-KVG“) nicht bei AIF-KVG i.S.v. § 2 Abs. 6 und 7. Natürlich gelten für die Auslegung der von § 339 Abs. 1 Nr. 2 (über § 44 Abs. 1 Nr. 1) in Bezug genommenen Vorschriften auch die oben bei Rn. 16 dargestellten Maßstäbe. 2. Betreiben. Tathandlung ist das Betreiben.63

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3. Ohne Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1. Das Betreiben des Geschäfts muss 26 ohne Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 erfolgen. Entsprechend dem in § 44 Abs. 4 geregelten Registrierungsverfahren bestätigt die BaFin die Registrierung nach Eingang des vollständigen Registrierungsantrages innerhalb von zwei Wochen, wenn die Voraussetzungen für die Registrierung erfüllt sind. Bei Vorliegen eines der in § 44 Abs. 4 S. 4 Nr. 1 bis 6 enumerativ aufgezählten Gründe kann die BaFin die Registrierung versagen. Wird über den Registrierungsantrag nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist entschieden, gilt die Registrierung als bestätigt. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Zusammenspiel mit § 15 ist richtigerweise davon auszugehen, dass es sich bei der Registrierungspflicht um ein präventives Verbot mit Erlaubnis-bzw. Registrierungsvorbehalt handelt.64 Ohne eine Registrierung ist der Geschäftsbetrieb einer nach § 2 Abs. 4, 4a und 5 privilegierten AIF-KVG verboten. Zur Aufhebung des Verbots bedarf es der Bestätigung der Registrierung durch die BaFin oder der Registrierungsfiktion. Die Pflicht zur Registrierung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 ist demnach nicht bereits durch eine bloße „Registrierungsanzeige“ oder den Eingang des vollständigen Registrierungsantrages als erfüllt anzusehen. Ohne Registrierung handelt der Täter angesichts der verwaltungsakzessorischen 27 Ausgestaltung des Tatbestandes folglich nicht nur, wenn er die Registrierung überhaupt nicht beantragt hat, sondern auch dann, wenn: – die Geschäfte beginnen, bevor die Registrierung bestätigt wurde (§ 44 Abs. 4 S. 1 und 2) oder als bestätigt gilt (§ 44 Abs. 4 S. 3), jedoch nicht, wenn eine registrierte AIF-KVG, die bisher die in § 2 Abs. 4 bis 5 genannten Voraussetzungen erfüllte und nun nicht mehr erfüllt, eine „andere“ Registrierung bzw. Erlaubnis gem. § 44 Abs. 6 innerhalb von 30 Kalendertagen beantragt und der Geschäftsbetrieb bis zur Bestätigung oder endgültigen Versagung der Registrierung bzw. bis zur Erteilung oder Versagung der Erlaubnis fortgesetzt wird,65 – die Registrierung versagt wurde (§ 44 Abs. 4 S. 4), – die Registrierung unanfechtbar oder sofort vollziehbar (vgl. § 80 VwGO i.V.m. § 7 Abs. 1) aufgehoben wurde (§ 44 Abs. 5). III. Subjektiver Tatbestand Seit dem Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG ist sowohl die vorsätzliche als auch die 28 fahrlässige Tatbegehung strafbar. Um von einem vorsätzlichen Handeln sprechen zu

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62 Bestimmte Europäische Risikokapitalfonds i.S.v. § 2 Abs. 6 bzw. der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 (EuVECA- Verordnung) und bestimmte Europäische Fonds für soziales Unternehmertum i.S.v. § 2 Abs. 7 bzw. der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 (EuSEF- Verordnung). 63 Vgl. hierzu oben Rn. 18. 64 Nelle/Klebeck BB 2013 2499 (2502); ausführlich zum Registrierungsverfahren und zum Rechtscharakter der Registrierung Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Tusch InvG, § 44 Rn. 49 ff. 65 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 34.

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können, muss der Täter zumindest bedingt vorsätzlich bezüglich der Tatumstände handeln, die eine Tätigkeit zum erlaubnis- bzw. registrierungspflichtigen Geschäft werden lassen. Vorsatz wird herkömmlicherweise als Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung definiert.66 Für bedingten Vorsatz genügt, dass der Täter die Verwirklichung des Tatbestands für möglich hält und sich damit abfindet, d.h. sie „billigend in Kauf nimmt“.67 Fahrlässig handelt, wer eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung begeht, sofern er diese nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte und wenn gerade die Pflichtverletzung objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat.68 Im voluntativen Element unterschiedet sich die Fahrlässigkeit vom Vorsatz dadurch, dass der Täter den Eintritt der Tatbestandsverwirklichung weder will noch billigend in Kauf nimmt. Auf der Wissensseite (kognitives Element) wird zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit differenziert.69 Bewusst fahrlässig handelt derjenige, der die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zwar erkennt, aber auf deren Nichteintritt vertraut. Unbewusst fahrlässig handelt, wer die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt, aber hätte erkennen können.70 29 Umstritten war bereits im Rahmen des § 143a InvG, ob der Irrtum des Täters über die Erlaubnispflichtigkeit des Geschäfts als Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB71 oder als Verbotsirrtum nach § 17 StGB72 zu behandeln ist.73 Beim Irrtum über das Bestehen eines Erfordernisses einer Genehmigung oder Erlaubnis differenziert die Rspr. anhand der Zweckrichtung der Genehmigungspflicht. Ein Tatbestandsirrtum liegt nach der Rspr. des BGH74 vor, wenn die Genehmigung nur der Kontrolle eines im Allgemeinen sozialadäquaten Verhaltens dient und die Tat ihren Unwert erst aus dem Fehlen der Genehmigung herleitet (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), während ein Verbotsirrtum gegeben ist, wenn es sich um ein grundsätzlich wertwidriges Verhalten handelt, das im Einzelfall erlaubt wird (repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Insofern könnte das präventive Tätigkeitsverbot mit Erlaubnis- bzw. Registrierungsvorbehalt (§§ 20, 44) die Einordnung der entsprechenden Unkenntnis des Handelnden als Tatbestandsirrtum nahelegen. Die Übertragung der genannten Grds. auf das KAGB überzeugt indes nicht. Zu Recht weist Schröder75 darauf hin, dass der Gedanke des an sich sozialadäquaten, volkswirtschaftlich grds. erwünschten Verhaltens gerade nicht trägt, wenn die Ausübung der Geschäftstätigkeit von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht wird. Beim Investmentgeschäft wird man von einer wirtschaftlich erwünschten, sozialadäquaten Geschäftstätigkeit vielmehr erst dann ausgehen können, wenn die Erlaubnis- bzw. Regist-

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66 BGH 4.11.1988 BGHSt. 36 1 (9 f.). 67 St. Rspr., vgl. BGH 4.11.1988 BGHSt. 36 1 (9); dazu Fischer § 15 Rn. 9 ff. 68 St. Rspr. vgl. BGH 20.11.2008 BGHSt. 53 (55); dazu Fischer § 15 Rn. 12a. 69 Dazu Fischer § 15 Rn. 13. 70 Vgl. § 340 Rn. 18. 71 In Bezug auf § 339 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 43; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz Investment, § 339 Rn. In Bezug auf § 143a InvG: Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143a Rn. 14. 72 In Bezug auf § 339 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 12. In Bezug auf § 143a InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 4; Hohnel/Grube KPM-StR, 6. Teil G. Rn. 12. 73 Str. ist dies auch im Rahmen des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG. Für die Annahme eines Tatbestandsirrtums: OLG Oldenburg 26.3.2012 wistra 2014 114 (116); Erbs/Koolhaas/Häberle § 54 KWG Rn. 12; Graf/Jäger/ Wittig/Bock SteuerStrR, § 54 KWG Rn. 82. Für die Einordnung als Verbotsirrtum BGH 15.5.2012 NJW 2012 3177 (3180); BGH 16.5.2017 WM 2017 1400 (1402); BGH 27.6.2017 WM 2017 1501 (1502); Boos/Fischer/ Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 54 Rn. 27; Schröder Rn. 965 ff.; Achenbach/Ransiek/Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 89. 74 Zuletzt BGH 11.9.2002 NStZ-RR 2003 55 (56). Zusammenfassend Fischer § 16 Rn. 16; § 17 Rn. 11a m.w.N. 75 Schröder Rn. 966 f. im Rahmen von § 54 KWG.

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B. Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis

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rierungsvoraussetzungen erfüllt sind. Daher dürfte die Unkenntnis von der Erlaubnisbzw. Registrierungspflicht als Verbotsirrtum nach § 17 S. 1 StGB zu behandeln sein, so dass der Täter schuldlos handelt, wenn der Irrtum für ihn unvermeidbar war. Unvermeidbarkeit ist anzunehmen, wenn der Täter genügende Erkundigungen über eine Erlaubnis- bzw. Registrierungspflicht angestellt hat.76 Davon ist etwa auszugehen, wenn die BaFin in einer Entscheidung i.S.v. § 5 Abs. 3 das Vorliegen eines Investmentvermögens verneint hat. Denn obwohl die Entscheidung der BaFin nicht die Gerichte bindet (§ 5 Abs. 3 S. 2), muss eine Privatperson hierauf i.S.d. Unvermeidbarkeit ihres Irrtums vertrauen können.77 Bei der Einholung rechtsanwaltlichen Rates scheiden sog. „Gefälligkeitsgutachten“, die eher zur Absicherung als zur Klärung bestellt werden, als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus. 78 Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, kommt nur eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB in Betracht (§ 17 S. 2). In rechtspraktischer Hinsicht dürfte die Einordnung der Unkenntnis über die Erlaubnis- bzw. Registrierungspflicht als Tatbestands- oder Verbotsirrtum inzwischen von geringerer Bedeutsamkeit sein,79 nachdem die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von drei Jahren bedrohte fahrlässige Tatbegehung (§ 339 Abs. 3 S. 1) strafbar ist, deren Verfolgung bei Vorliegen eines Tatbestandsirrtums möglich bleibt (§ 16 Abs. 1 S. 2 StGB).80 Ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ist hin- 30 gegen anzunehmen, wenn der Täter Umstände falsch würdigt, z.B. irrtümlich annimmt, dass eine Erlaubnis erteilt wurde,81 oder irrig von einem Ausnahmetatbestand z.B. nach § 2 Abs. 3 ausgeht.82 Einen Tatbestandsirrtum wird man auch im Fall des nachträglichen Wegfalls von Privilegierungsvoraussetzungen (z.B. § 2 Abs. 5) anzunehmen haben, wenn der Täter ein nach § 20 Abs. 1 S. 1 erlaubnispflichtiges Geschäft einer AIF-KVG auch nach Ablauf der 30 Tage-Frist (§ 44 Abs. 6) nur mit einer Registrierung betreibt, weil er irrig von einem niedrigeren Gesamtwert der verwalteten Vermögensgegenstände ausgeht, der die zulässigen Schwellenwerte tatsächlich aber überschreitet. Allerdings dürften an eine entsprechende Unkenntnis i.S.v. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB angesichts der nach Art. 3 Abs. 1 AIFM-VO83 verpflichtend einzurichtenden Verfahren zur laufenden Überwachung des Gesamtwerts der verwalteten Vermögensgegenstände hohe Hürden zu stellen sein. IV. Täterschaft und Teilnahme Täter kann grds. jeder sein, der die Geschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis oder 31 Registrierung betreibt.84 § 339 Abs. 1 verlangt keine besondere Täterqualifikation. Ist Betreiber nicht eine natürliche Person, erfolgt die strafrechtliche Zurechnung i.S.d. § 14

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76 BGH 15.5.2012 NJW 2012 3177 (3180): „vorzugsweise durch Einholung einer Auskunft der Erlaubnisbehörde.“ Dazu Hippeli WM 2018 253 (254). 77 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 54 Rn. 27. 78 BGH 4.4.2013 StV 2014 13 (14) m. Anm. Dahs. 79 Ebenso zu § 54 KWG Schröder Rn. 968. 80 Wird in den Fällen eines vermeidbaren Verbotsirrtums von der Möglichkeit der fakultativen Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 StGB (§ 17 S. 2 StGB) Gebrauch gemacht, darf auf höchstens drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes, mithin drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe, erkannt werden. 81 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerstrR, § 339 KAGB Rn. 10. 82 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 48; zu § 54 KWG Schröder Rn. 967. 83 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013. 84 Ebenso Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerstrR, § 339 KAGB Rn. 6; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 8; Schork/Groß/Wegner Rn. 812; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 48. Zu § 54 KWG Schröder Rn. 969.

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StGB.85 Bei juristischen Personen trifft die strafrechtliche Verantwortlichkeit in erster Linie die vertretungsberechtigten Organe (Vorstand oder Geschäftsführung) bzw. einzelne Mitglieder solcher Organe, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB,86 bei rechtsfähigen Personengesellschaften die vertretungsberechtigten Gesellschafter, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB.87 In Betracht kommen als mögliche Täter gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch sonstige gesetzliche Vertreter (z.B. Insolvenzverwalter88 oder ein nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 bestellter Abwickler, der entgegen seinem Auftrag die Geschäfte nicht zu Ende führt, sondern weiter betreibt),89 ferner gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB Betriebsleiter (auch solche, die den Betrieb zum Teil leiten,90 darunter ggf. ein Prokurist)91 sowie gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB diejenigen, die ausdrücklich beauftragt sind, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen (ggf. ein Fondsmanager, der in einem ihm vorgegebenen Rahmen selbstständig Anlageentscheidungen trifft).92 Auf die Rechtswirksamkeit der Beauftragung kommt es gem. § 14 Abs. 3 StGB nicht an. Soweit keine Umstände i.S.d. § 14 Abs. 2 StGB hinzutreten, kommen Angestellte 32 oder sonstige Mitarbeiter eines Unternehmens allenfalls als Teilnehmer einer Straftat nach § 339 Abs. 1 und 3, d.h. als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfen (§ 27 StGB), in Betracht, da sie das Geschäft nicht selbst betreiben.93 An der Verwirklichung des Tatbestandes beteiligte Anleger sind weder Anstifter noch Gehilfen, wenn es sich um einen Fall der „notwendigen Teilnahme“ handelt.94 V. Konkurrenzen Die Teilakte, in denen sich das Betreiben der Investmentgeschäfte i.d.R. vollzieht, sind ein Fall der rechtlichen Handlungseinheit und damit nur eine Tat i.S.v. § 52 StGB. Tateinheit gem. § 52 StGB ist nach der Rspr. denkbar etwa mit §§ 263, 264a StGB 34 und § 266 StGB. Wegen ihrer besonderen Schutzrichtung werden § 339 Abs. 1 Nr. 1 und 2 grundsätzlich nicht verdrängt.95 C. Verletzung der Pflicht zur Anzeige eines Insolvenzeröffnungsgrundes 33

C. Verletzung der Pflicht zur Anzeige eines Insolvenzeröffnungsgrundes (Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2) 35

Strafbar ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG eine Anzeige bei Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zah-

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85 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 10; a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 9. Zu § 143a InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell § 143a Rn. 3. 86 BGH 15.5.2012 NJW 2012 3177 (3179). 87 Bei der GmbH & Co. KG erfolgt die Zurechnung (teils in doppelter Anwendung des § 14 Abs. 1 StGB) über die persönlich haftende Gesellschafterin (GmbH) auf deren Organ bzw. Organmitglieder (GmbHGeschäftsführer), vgl. im Einzelnen Graf/Jäger/Wittig/Merz SteuerStrR, § 14 StGB Rn. 36. 88 Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143a Rn. 3; Fischer § 14 Rn. 3. 89 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann § 54 Rn. 24. 90 Im Einzelnen Graf/Jäger/Wittig/Merz SteuerStrR, § 14 StGB Rn. 45. 91 Göhler/Gürtler OWiG, § 9 Rn. 21. 92 Baur § 50a Rn. 27. 93 Ebenso Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 11; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/ Möhlenbeck InvG, 2013, § 143a Rn. 15. 94 LG Essen NJW-RR 1992 303 (304); a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 90. 95 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 58; zu § 54 KWG Achenbach/Ransiek/ Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 96.

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C. Verletzung der Pflicht zur Anzeige eines Insolvenzeröffnungsgrundes

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lungsunfähigkeit der KVG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet. I. Objektiver Tatbestand 1. Entgegen § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG. Nach § 43 Abs. 1 wird die in 36 § 46 Abs. 1 S. 1 KWG statuierte Pflicht, die Insolvenzeröffnungsgründe unter Beifügung aussagefähiger Unterlagen gegenüber der BaFin unverzüglich anzuzeigen, auf die Fälle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung und der drohenden Zahlungsunfähigkeit einer KVG entsprechend anwendbar erklärt. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die KVG nicht in der Lage ist, die fälligen Zah- 37 lungspflichten zu erfüllen, vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO. Von Zahlungsunfähigkeit – und nicht lediglich einer vorübergehenden Zahlungsstockung96 – ist nach der insolvenzrechtlichen Rspr. auszugehen, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb einer Frist von höchstens drei Wochen die benötigte Liquidität zu beschaffen. Beträgt die innerhalb dieser Frist nicht zu beseitigende Liquiditätslücke weniger als 10% der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10% betragen wird. Beträgt die Liquiditätslücke mehr als 10%, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist.97 Der gesetzlichen Vermutung in § 17 Abs. 2 S. 2 InsO, dass Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen ist, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt hat, kann im Strafrecht im Hinblick auf die Unschuldsvermutung keine Bedeutung zukommen.98 Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO vor, wenn das Vermögen des 38 Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Zentrales Element der Überschuldungsprüfung ist die Fortführungsprognose.99 Fällt diese negativ aus, sind sämtliche Aktiva und Passiva zu einem bestimmten Stichtag gegenüberzustellen (sog. Überschuldungsstatus). Die Fortführungsprognose ist positiv, wenn das Unternehmen objektiv überlebensfähig ist, wobei auf die mittelfristige Zahlungsfähigkeit abzustellen ist.100 Der maßgebliche Prognosezeitraum dürfte von den Besonderheiten des Unternehmens und dessen Branche abhängen und ist im Einzelfall zu bestimmen.101

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96 Diese unterfällt nicht der Zahlungsunfähigkeit, vgl. BTDrucks. 12/2443 S. 114 (zu §§ 20, 21 InsO a.F.). 97 BGH 24.5.2005 BGHZ 163 134 (138 ff.); Graf/Jäger/Wittig/Reinhart SteuerStrR, § 15a InsO Rn. 58, 64 m.w.N. (die Länge der Frist ist umstr.). Zu § 339 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 79; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 21. Im Hinblick auf die zur Insolvenzantragspflicht entwickelten objektiven Kriterien dürfte allerdings zu berücksichtigen sein, dass § 46b Abs. 1 S. 1 KWG – im Gegensatz zu § 15a Abs. 1 S. 1 InsO – keine Maximalfrist von drei Wochen für das Tätigwerden zubilligt. 98 So die h.M. zu § 15a InsO Graf/Jäger/Wittig/Reinhart SteuerStrR, § 15a InsO Rn. 54 m.w.N.; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 29. 99 BTDrucks. 16/10600 S. 13. 100 BTDrucks. 16/10600 S. 13; Graf/Jäger/Wittig/Reinhart SteuerStrR, § 15a InsO Rn. 74. 101 Graf/Jäger/Wittig/Reinhart SteuerStrR, § 15a InsO Rn. 74 (i.d.R. das laufende und das darauffolgende Geschäftsjahr); so auch Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 86; a.A. Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Pelz § 339 Rn. 24, für den sich der Prognosezeitraum stets auf das laufende und nächste Geschäftsjahr beschränkt.

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Entsprechend der vollständigen Verweisung auf § 46b Abs. 1 S. 1 (2. Hs.!) und dem klaren Wortlaut von § 43 Abs. 1 ist eine Handlungspflicht in Gestalt der Anzeigepflicht bereits dann begründet, wenn die KVG voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 Abs. 2 InsO).102 Zahlungsunfähigkeit droht, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als deren Vermeidung, mithin mehr als 50% beträgt.103 Der maßgebliche Prognosezeitraum dürfte sich dabei nach der Fälligkeit der am längsten laufenden Verbindlichkeit richten.104

2. Erstattung der Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig. Als Tathandlung setzt § 339 Abs. 2 voraus, dass der Täter der aus § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 folgenden Anzeigepflicht nicht, nicht rechtzeitig, nicht richtig bzw. nicht vollständig nachgekommen ist. Nicht erstattet ist die Anzeige, wenn sie gänzlich unterlassen wurde. Nicht rechtzeitig ist die Anzeige, wenn sie nicht innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmens erstattet wurde. Gem. § 46b Abs. 1 S. 1 hat die Anzeige unverzüglich zu erfolgen, d.h. nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB105 nach Kenntnis der Umstände ohne schuldhaftes Zögern.106 In Ermangelung einer näheren Spezifizierung der Frist107 richtet sich die Bestimmung der Schuldhaftigkeit des Zögerns nach den Grundsätzen des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Anzeige hat folglich innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erfolgen.108 Eine verspätete Anzeige beseitigt die einmal eingetretene Strafbarkeit nicht.109 Ferner werden nicht richtige Anzeigen erfasst. Davon ist auszugehen, wenn inhalt41 lich unzutreffende Angaben gemacht werden, sofern diese für die Bewertung durch die BaFin relevant sind. 110 Zu formellen und materiellen Anforderungen einer Anzeige schweigt sowohl das KWG als auch das KAGB, so dass man an den Inhalt der Anzeige keine hohen Anforderungen stellen kann. Eine Strafbarkeit entfällt deshalb bereits dann, wenn der Anzeigepflichtige die BaFin bittet, zu prüfen, ob diese den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen will.111 Ob die nicht vollständige Anzeige eine Sanktion nach sich ziehen kann, erscheint angesichts der Unbestimmtheit des Begriffs „aussagefähiger Unterlagen“ (§ 46b Abs. 1 S. 1) im Hinblick auf die Bestimmtheitsanfor-

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102 Im Gegensatz dazu verweist etwa der Straftatbestand der Anzeigepflichtverletzung im ZAG (§ 63 Abs. 2 Nr. 1) explizit nicht auf § 21 Abs. 4 S. 1 2. Hs., so dass die Verletzung der Anzeigepflicht bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Instituts nicht strafbewehrt ist. 103 BTDrucks. 12/2443 S. 115 (zu § 22 InsO a.F.). 104 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 83; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 22, der allein auf den Einzelfall abstellt und den Prognosezeitraum nur so lange bestimmt, wie noch hinreichend belastbare Prognosebeurteilungen über Ein- und Auszahlungen möglich sind. 105 Die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB gilt auch für § 339 Abs. 2, Abs. 3 S. 2; vgl. Palandt/ Ellenberger § 121 Rn. 3. 106 Zu § 55 KWG Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 20. 107 Vgl. z.B. die Drei-Wochen-Frist in § 15a Abs. 1 InsO („ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung“). 108 Vgl. Palandt/Ellenberger § 121 Rn. 3; ebenso Graf/Jäger/Wittig/Bock SteuerStrR, § 55 KWG Rn. 23. Nach Erbs/Koolhaas/Häberle § 55 Rn. 12 ist zu fordern, dass die Anzeige sofort nach Eintritt der Insolvenzlage gestellt wird. 109 Zu § 55 KWG Achenbach/Ransiek/Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 108. 110 Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 20; Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 90; Erbs/Koolhaas/Häberle § 55 Rn. 10. 111 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 339 Rn. 21; Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 19.

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derungen des Art. 103 Abs. 2 GG zweifelhaft.112 Insbesondere weil ein Rückgriff auf die in § 13 Abs. 1 InsO genannten Vorgaben zu Form und Umfang eines Insolvenzantrages versagt, weil die Anzeige nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG der Ausübung der Insolvenzantragsbefugnis durch die BaFin vorgeschaltet ist, wäre eine gesetzliche Konkretisierung, was unter „aussagefähigen Unterlagen“ zu verstehen ist, de lege ferenda wünschenswert.113 Im Fall der Bestellung eines Abwicklers nach § 15 Abs. 2 Nr. 3, wird man annehmen 42 müssen, dass die Anzeigepflicht nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b Abs. 1 S. 1 KWG jedenfalls dann endet, wenn der Abwickler seine Tätigkeit aufgenommen hat.114 Gem. § 15 Abs. 4 hat der Abwickler ein eigenes Antragsrecht. Eine erst während der Abwicklung der Geschäfte auftretende (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung begründet keine strafbewehrte Anzeigepflicht mehr. II. Subjektiver Tatbestand Nach § 339 Abs. 2 ist die vorsätzliche Tat strafbewehrt, wobei bedingter Vorsatz 43 genügt; nach § 339 Abs. 3 S. 2 auch die fahrlässige Tatbegehung. Für ein bedingt vorsätzliches Handeln reicht aus, dass der Täter erkennt, dass die Voraussetzungen der Anzeigepflicht möglicherweise vorliegen und deren Verletzung billigend in Kauf nimmt.115 Fahrlässig handelt der Täter, wenn er die wirtschaftliche Krise der KVG oder die Voraussetzungen der Anzeigepflicht sorgfaltswidrig verkennt.116 Im Rahmen der Frage, ob die Verkennung der wirtschaftlichen Krise dem Täter vorwerfbar ist, kann die geschäftsplanmäßige Aufteilung von Verantwortungsbereichen bedeutsam sein.117 III. Täterschaft und Teilnahme Tauglicher Täter kann nur sein, wem die Anzeigepflicht nach § 43 Abs. 1 i.V.m. § 46b 44 Abs. 1 S. 1 auferlegt ist. Das sind die Geschäftsleiter der KVG (vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 15). Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) einer Straftat nach § 339 Abs. 2 kann jedermann sein.118 IV. Konkurrenzen § 339 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 steht zu den Insolvenzstraftaten in §§ 283 ff. StGB sowie zu 45 § 266 StGB im Verhältnis der Tatmehrheit.119 Da § 46b Abs. 1 S. 2 KWG die Antragspflicht

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112 Wegner HRRS 2012 68 (72); ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz Investment § 339 Rn. 29, der jedoch den Mangel an aussagekräftigen Unterlagen unter die Tatbestandsvariante der „nicht richtigen“ Anzeige fasst. Weniger kritisch: Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 339 KAGB Rn. 20; Graf/Jäger/Wittig/ Bock SteuerStrR, § 55 KWG Rn. 20. 113 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 93 f., 114, der „aussagefähige Unterlagen“ allerdings als (noch) hinreichend durch Auslegung bestimmbar betrachtet und bestimmte – die Insolvenzlage verifizierende – Mindestinformationen aufzählt. 114 Zu § 55 KWG Achenbach/Ransiek/ Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 109. 115 Zu § 55 KWG Achenbach/Ransiek/ Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 112. 116 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 100; zu § 55 KWG Achenbach/Ransiek/Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 112. 117 Zu § 55 KWG Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 24. 118 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 339 Rn. 31; zu § 55 KWG Achenbach/Ransiek/Rönnau/Schröder 10. Teil 3. Kap. Rn. 111. 119 Zu § 55 KWG statt vieler Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 27.

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nach § 15a Abs. 1 InsO suspendiert,120 wird § 15a Abs. 4, 5 InsO durch § 339 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 verdrängt.121 Tatmehrheitlich möglich ist die Verletzung der Verlustanzeigepflicht gem. § 84 GmbHG, § 401 AktGund § 148 GenG.122 D. Rechtsfolgen, Verjährung und zeitliche Geltung D. Rechtsfolgen, Verjährung und zeitliche Geltung 46

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Der Strafrahmen für das vorsätzliche Betreiben des Investmentgeschäfts ohne die erforderliche Erlaubnis bzw. Registrierung (§ 339 Abs. 1) wurde durch das OGAW-UmsG von drei auf fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe angehoben. Die fahrlässige Tatbegehung (§ 339 Abs. 3 S. 1) ist seitdem mit drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bewehrt. Mit der deutlichen Anhebung des Strafrahmens vollzog der Gesetzgeber konsequenterweise den Gleichschritt zu dem für das unerlaubte Betreiben der im KWG, ZAG und VAG123 unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Geschäfte bestehende Strafmaß. Die Strafdrohung für die vorsätzliche Insolvenzanzeigepflichtverletzung (§ 339 Abs. 2) beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, im Falle der fahrlässigen Begehung (§ 339 Abs. 3 S. 2) bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Neben oder anstelle der Strafe gegen die natürliche Person kann auch gegen die juristische Person oder die Personenvereinigung selbst nach § 30 OWiG eine Geldbuße i.H.v. bis zu € 10 Mio. (im Fall einer vorsätzlichen Tat) und bis zu € 5 Mio. (im Fall einer fahrlässigen Tat) verhängt werden. Die Verjährungsfrist für die mit einem Strafmaß bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche Begehung der Insolvenzanzeigepflichtverletzung nach § 339 Abs. 2 beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), für die fahrlässige Begehung drei Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB). Sowohl die Vorsatztaten nach § 339 Abs. 1 als auch die Fahrlässigkeitstaten nach § 339 Abs. 3 S. 1 verjähren gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB infolge der Strafdrohung nach fünf Jahren. Die Vollstreckungsverjährung bestimmt sich nach § 79 StGB. Der Beginn der Verjährung richtet sich nach § 78a StGB. Die danach maßgebliche Beendigung der Tat tritt bei Dauerdelikten mit dem Ende des schuldhaft geschaffenen und aufrechterhaltenen Zustandes ein.124 Mithin beginnt die Verfolgungsverjährung bei den Delikten in § 339 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 mit Einstellung des unerlaubten Betreibens des Geschäfts der KVG oder mit Erteilung der erforderlichen Erlaubnis bzw. Registrierung seitens der BaFin.125 Bei den Straftaten nach § 339 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 tritt Tatbeendigung nicht schon nach der letzten Möglichkeit der unverzüglichen Anzeige ein,126 sondern erst dann, wenn die Pflicht zum Handeln entfällt. Das ist der Fall, wenn die unterbliebene Anzeige nachgeholt wird oder wenn der Tatbestand aus sonstigen Gründen nicht mehr (weiter) verwirklicht werden kann, etwa wenn die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit überwunden ist.127 Die Verjährung ist ein Prozesshindernis. Sie ist von Amts wegen zu prüfen und bei Vorliegen das Verfahren einzustellen. Der mit dem Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG zum 18.3.2016 für die Vorsatztaten des § 339 Abs. 1 erhöhte Strafrahmen gilt gem. § 2 Abs. 2 StGB auch für solche Taten, die zu die-

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120 Wegner HRRS 2012 68 (69). 121 A.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 107. 122 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 107; Park/Janssen/Gercke KapitalmarktstrafR, §§ 55, 46b KWG Rn. 27. 123 § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG; § 63 Abs. 1 Nr. 4, 5, Abs. 3 ZAG; § 331 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VAG. 124 Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann/Schmid StGB, § 78a Rn. 11; BGH 11.6.1965 BGHSt. 20 227 (227). 125 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 63. 126 So jedoch zu § 55 KWG Park/Janssen KapitalmarktstrafR, 2012, §§ 55, 46b KWG Rn. 65. 127 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 111; zu § 55 KWG Erbs/Koolhaas/Häberle § 55 Rn. 14, 17 bezugnehmend auf BGH 4.4.1979 BGHSt. 28 371 (380) (zu § 84 Abs. 1 GmbHG a.F.).

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sem Zeitpunkt noch nicht beendet waren. Allerdings dürfen frühere Handlungsteile, die vor der Strafverschärfung lagen, nur mit dem Gewicht zu Buche schlagen, das ihnen früher tatsächlich zukam.128 Keine Anwendung findet § 2 Abs. 2 StGB auf die seit dem 18.3.2016 geltende Fahrlässigkeitsstrafbarkeit (§ 339 Abs. 3 S. 1), so dass nur ab diesem Zeitpunkt begangene Tathandlungen strafbar sein können.129 Anderenfalls würde das Gesetz rückwirkend angewendet, was gegen Art. 103 Abs. 2 GG, §§ 1, 2 Abs. 1 StGB verstieße. War die Vorsatztat vor dem 18.3.2016 beendet und dauert die (ggf. revisions-)gerichtliche130 Entscheidung noch an, so findet gem. § 2 Abs. 3 StGB (Meistbegünstigungsprinzip) § 339 Abs. 1 Nr. 1 und 3 in der Fassung des AIFM-UmsG Anwendung. E. Strafverfahren Die Straftaten nach § 339 sind gem. § 152 StPO von Amts wegen zu verfolgen. Ein Straf- 52 antragserfordernis nach § 77 StGB besteht nicht. § 339 ist ein Offizialdelikt. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tatbegehung vor, hat die Staatsanwaltschaft gem. § 152 Abs. 2 StPO zu ermitteln. Bei hinreichendem Tatverdacht erhebt sie gem. § 170 Abs. 1 StPO öffentliche Klage beim zuständigen Gericht (§ 24 GVG); anderenfalls hat sie das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Hinzuweisen ist auf die Einstellungsmöglichkeiten nach Maßgabe der §§ 153 ff. StPO.131 Bemerkenswert ist, dass eine Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht de lege lata nicht besteht. Im Gegensatz zu den Straftaten nach dem KWG (§§ 54 bis 55b) und ZAG (§ 63) sind Straftaten nach dem KAGB noch immer nicht im Zuständigkeitskatalog des § 74c Abs. 1 GVG aufgeführt. https://doi.org/10.1515/9783110492217-130

§ 340 Bußgeldvorschriften § 340 Bußgeldvorschriften Herberger Bußgeldvorschriften 1. 2. 3. 4.

5. 1.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 40 Absatz 1, § 113 Absatz 3, § 119 Absatz 5, § 128 Absatz 4, § 147 Absatz 5 oder § 153 Absatz 5 zuwiderhandelt, entgegen § 20 Absatz 8 oder Absatz 9 ein Gelddarlehen gewährt oder eine in § 20 Absatz 8 genannte Verpflichtung eingeht, entgegen § 112 Absatz 2 Satz 3, den §§ 199, 221 Absatz 6, § 263 Absatz 1, § 284 Absatz 4 Satz 1 einen Kredit aufnimmt, einer vollziehbaren Anordnung nach § 215 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz oder Satz 2, jeweils auch in Verbindung mit § 263 Absatz 2 oder § 274 Satz 1, zuwiderhandelt oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 276 Absatz 2 Satz 2 zuwiderhandelt. (2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach a) § 5 Absatz 6 Satz 2 oder Satz 14, b) § 11 Absatz 4 Satz 1 oder Satz 2 oder Absatz 6,

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128 BVerfG 4.9.1995 NStZ 1996 192 (193); Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann/Dannecker StGB, § 2 Rn. 46. 129 Fischer § 2 Rn. 3, § 1 Rn. 7; so auch Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 339 Rn. 111 Rn. 64. 130 BGH 26.2.1975 BGHSt. 26 93 (94). 131 Nach der Gesetzesbegründung zum OGAW-V-UmsG habe sich die bislang im Rahmen von § 339 Abs. 1 Nr. 1 und 3 a.F. zu erwartende Strafe oftmals in einem Bereich bewegt, der die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach den §§ 153. ff StPO nahegelegt habe (BTDrucks. 18/6744 S. 67 f.).

999 https://doi.org/10.1515/9783110492217-130

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c)

§ 19 Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 108 Absatz 3, d) § 41 Satz 1 oder Satz 2 oder § 42, e) § 311 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 oder f) § 314 Absatz 1 oder Absatz 2 zuwiderhandelt, 1a. einer vollziehbaren Anordnung nach § 5 Absatz 8a zuwiderhandelt, 2. entgegen § 14 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes, auch in Verbindung mit § 44b Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes, eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, 3. entgegen § 14 Satz 2 in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Satz 4 oder § 44b Absatz 2 Satz 2 des Kreditwesengesetzes eine Maßnahme nicht duldet, 4. entgegen § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 oder Absatz 5 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, 5. entgegen § 26 Absatz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 8, einer dort bezeichneten Verhaltensregel nicht nachkommt, 6. entgegen § 27 Absatz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 6, eine dort bezeichnete Maßnahme zum Umgang mit Interessenkonflikten nicht trifft, 7. entgegen § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 4, eine dort bezeichnete Vorgabe für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation nicht erfüllt, 8. entgegen § 28 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 4, § 51 Absatz 8, § 54 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 4 oder § 66 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 4 jeweils in Verbindung mit § 24c Absatz 1 Satz 1 oder Satz 5 des Kreditwesengesetzes eine Datei nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt oder nicht gewährleistet, dass die Bundesanstalt jederzeit Daten automatisiert abrufen kann, 9. entgegen § 29 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 6, eine dort bezeichnete Vorgabe für ein angemessenes Risikomanagementsystem nicht erfüllt, 10. entgegen § 34 Absatz 3, 4 oder Absatz 5 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, 11. entgegen § 35 Absatz 1, 2, 4, 5 oder Absatz 6, jeweils auch in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013, oder entgegen § 35 Absatz 9 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, 12. entgegen § 35 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 6, oder entgegen § 35 Absatz 7 eine dort genannte Unterlage oder einen Jahresbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, 13. entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder Absatz 10 eine Aufgabe auf ein anderes Unternehmen auslagert oder entgegen Absatz 9 eine ausgelagerte Aufgabe nicht im Verkaufsprospekt auflistet, 14. die Erlaubnis einer Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 39 Absatz 3 Nummer 1 auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erwirkt hat, 15. entgegen § 44 Absatz 1 Nummer 4, auch in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013, oder entgegen § 44 Absatz 8 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, Herberger

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16. entgegen a) § 49 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 5 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 8, b) § 49 Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 8, oder c) § 49 Absatz 6 Satz 4 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht, 17. entgegen § 53 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, eine dort genannte Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht, 18. entgegen § 53 Absatz 4 Satz 2 mit der Verwaltung von EU-AIF beginnt, 19. entgegen § 53 Absatz 5 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet, 20. entgegen § 65 Absatz 1 einen EU-AIF verwaltet, 21. entgegen § 65 Absatz 2 eine Zweigniederlassung errichtet, 22. entgegen § 65 Absatz 4 Satz 2 mit der Verwaltung von EU-AIF beginnt, 23. entgegen § 65 Absatz 5 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht, 24. entgegen a) § 67 Absatz 1 Satz 1 einen Jahresbericht, b) § 101 Absatz 1 Satz 1, den §§ 103, 104 Absatz 1 Satz 1 oder § 105 Absatz 1 oder Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 106 Satz 1, einen Jahresbericht, einen Halbjahresbericht, einen Zwischenbericht, einen Auflösungsbericht oder einen Abwicklungsbericht, c) § 120 Absatz 1 Satz 2, in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 8, jeweils auch in Verbindung mit § 122 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 148 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 291 Absatz 1 Nummer 2, einen Jahresabschluss, einen Lagebericht, einen Halbjahresfinanzbericht, einen Auflösungsbericht oder einen Abwicklungsbericht oder d) § 135 Absatz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 11 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit § 158, auch in Verbindung mit § 291 Absatz 1 Nummer 2, einen Jahresbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aufstellt, 25. entgegen § 70 Absatz 5 oder § 85 Absatz 3 einen dort genannten Vermögensgegenstand wiederverwendet, 26. entgegen § 71 Absatz 1 Satz 2 einen Anteil oder eine Aktie ohne volle Leistung des Ausgabepreises ausgibt oder entgegen § 83 Absatz 6 Satz 1 nicht sicherstellt, dass sämtliche Zahlungen bei der Zeichnung von Anteilen geleistet wurden, 27. entgegen § 72 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 oder § 81 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 einen Vermögensgegenstand nicht entsprechend den dort genannten Anforderungen verwahrt, 28. entgegen § 72 Absatz 1 Nummer 3 nicht regelmäßig eine umfassende Aufstellung sämtlicher Vermögensgegenstände des inländischen OGAW übermittelt, 29. entgegen § 74 Absatz 1 einem inländischen OGAW zustehende Geldbeträge nicht in der dort genannten Weise verbucht, entgegen § 74 Absatz 3 oder § 83 1001

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30. 31.

32.

33. 34.

35. 36. 37. 38.

39. 40.

41. 42. 43. 44. 45.

Bußgeldvorschriften

Absatz 6 Satz 2 und 3 die Gelder des inländischen Investmentvermögens auf einem Geldkonto verbucht, die eine dort genannte Anforderung nicht erfüllt, oder einen Zahlungsstrom entgegen § 83 Absatz 6 Satz 1 nicht ordnungsgemäß überwacht, entgegen § 76 Absatz 1 oder § 83 Absatz 1 eine dort genannte Anforderung nicht sicherstellt oder entgegen § 76 Absatz 2 eine Weisung nicht ausführt, entgegen § 107 Absatz 1 oder Absatz 2 einen Jahresbericht, einen Halbjahresbericht, einen Auflösungsbericht oder einen Abwicklungsbericht oder entgegen § 123 Absatz 1 oder Absatz 2 einen Jahresabschluss, einen Lagebericht oder einen Halbjahresbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bekannt macht, entgegen § 107 Absatz 3, § 123 Absatz 5, auch in Verbindung mit § 148 Absatz 1, oder entgegen § 160 Absatz 4 einen dort genannten Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bei der Bundesanstalt einreicht oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig der Bundesanstalt zur Verfügung stellt, ohne eine Erlaubnis nach § 113 Absatz 1 Satz 1 das Geschäft einer extern verwalteten OGAW-Investmentaktiengesellschaft betreibt, die Erlaubnis einer extern verwalteten OGAW-Investmentaktiengesellschaft gemäß § 113 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erwirkt hat, entgegen § 114 Satz 1, § 130 Satz 1, § 145 Satz 1 oder entgegen § 155 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht, entgegen § 163 Absatz 2 Satz 8, auch in Verbindung mit § 267 Absatz 2 Satz 2, die Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt beifügt, entgegen § 163 Absatz 2 Satz 9 die Anlagebedingungen dem Publikum nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zugänglich macht, entgegen § 164 Absatz 1 Satz 1 oder entgegen den §§ 165 und 166 einen dort genannten Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt oder dem Publikum nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zugänglich macht, entgegen § 164 Absatz 1 Satz 2 einen dort genannten Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen dem Publikum zugänglich macht, entgegen § 164 Absatz 4 Satz 1 einen dort genannten Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen oder entgegen § 164 Absatz 5 eine Änderung eines dort genannten Verkaufsprospekts oder der wesentlichen Anlegerinformationen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bei der Bundesanstalt einreicht oder entgegen § 164 Absatz 4 Satz 2 einen dort genannten Verkaufsprospekt nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig der Bundesanstalt zur Verfügung stellt, entgegen § 170 Satz 2 einen Ausgabe- oder Rücknahmepreis oder den Nettoinventarwert nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig veröffentlicht, entgegen § 174 Absatz 1 Satz 1 weniger als 85 Prozent des Wertes des Feederfonds in Anteile eines Masterfonds anlegt, entgegen § 174 Absatz 1 Satz 2 in einen Masterfonds anlegt, entgegen § 178 Absatz 1 eine Abwicklung beginnt, entgegen § 178 Absatz 5 Satz 1 oder § 179 Absatz 6 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder einen Anleger nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgesehenen Weise oder nicht rechtzeitig unterrichtet,

Herberger

1002

Bußgeldvorschriften

§ 340

46. entgegen § 180 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 oder Absatz 2 Satz 1 eine dort genannte Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, 47. entgegen § 186 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit § 191 Absatz 1 oder Absatz 2, eine Verschmelzungsinformation übermittelt, 48. entgegen § 186 Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit § 191 Absatz 1 oder Absatz 2, eine Verschmelzungsinformation der Bundesanstalt nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig einreicht, 49. entgegen a) den §§ 192, 193 Absatz 1, den §§ 194, 196 Absatz 1, § 210 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 4, Absatz 2 oder Absatz 3, § 219 Absatz 1 oder Absatz 2, § 221 Absatz 1 oder § 225 Absatz 2 Satz 2 oder b) § 231 Absatz 1, § 234 Satz 1, § 239 oder § 261 Absatz 1 einen Vermögensgegenstand erwirbt oder in einen dort genannten Vermögensgegenstand investiert, 50. entgegen den §§ 195, 234 Satz 1 oder § 253 Absatz 1 Satz 1 einen dort genannten Vermögensgegenstand oder Betrag hält, 51. entgegen § 196 Absatz 2 einen Ausgabeaufschlag oder einen Rücknahmeabschlag berechnet, 52. entgegen § 197 Absatz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 3, oder § 261 Absatz 3 in ein Derivat investiert, ein dort genanntes Geschäft tätigt oder eine dort genannte Voraussetzung oder eine dort genannte Pflicht nicht erfüllt, 53. entgegen § 197 Absatz 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, nicht sicherstellt, dass sich das Marktrisikopotenzial höchstens verdoppelt, 54. entgegen den §§ 198, 206 Absatz 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 208, 206 Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4, den §§ 207, 209, 219 Absatz 5, § 221 Absatz 3 oder Absatz 4, § 222 Absatz 2 Satz 2 oder § 225 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 4 Satz 1 mehr als einen dort genannten Prozentsatz des Wertes in einen dort genannten Vermögensgegenstand anlegt, 55. entgegen § 200 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit § 204 Absatz 1 oder Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 3, ein Wertpapier überträgt, 56. entgegen § 200 Absatz 1 Satz 2 erster Halbsatz, auch in Verbindung mit § 204 Absatz 1 oder Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 3, oder § 240 Absatz 1 ein Darlehen gewährt, 57. entgegen § 200 Absatz 4, auch in Verbindung mit § 204 Absatz 1 oder Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 3, eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, 58. entgegen § 203 Satz 1 auch in Verbindung mit § 204 Absatz 1 oder Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 3, ein Pensionsgeschäft abschließt, 59. entgegen a) § 205 Satz 1, auch in Verbindung mit § 218 Satz 2, § 220 oder § 284 Absatz 1, b) § 225 Absatz 1 Satz 3, c) § 265 Satz 1 oder d) § 276 Absatz 1 Satz 1 einen Leerverkauf durchführt, 1003

Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

60. entgegen § 206 Absatz 3 Satz 2 nicht sicherstellt, dass der Gesamtwert der Schuldverschreibungen 80 Prozent des Wertes des inländischen OGAW nicht übersteigt, 61. einer Vorschrift des § 206 Absatz 5 Satz 1, auch in Verbindung mit § 206 Absatz 5 Satz 2, oder § 221 Absatz 5 Satz 1 einer dort genannten Sicherstellungspflicht zuwiderhandelt, 62. entgegen § 210 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 4, Absatz 2 oder Absatz 3 in einen dort genannten Vermögensgegenstand unter Überschreitung einer dort genannten Anlagegrenze anlegt, 63. entgegen § 211 Absatz 2 nicht als vorrangiges Ziel die Einhaltung der Anlagegrenzen anstrebt, 64. entgegen § 222 Absatz 1 Satz 4 einen dort genannten Vermögensgegenstand erwirbt, 65. entgegen § 225 Absatz 1 Satz 3 Leverage durchführt, 66. entgegen § 225 Absatz 2 Satz 2 einen Devisenterminkontrakt verkauft, 67. entgegen § 225 Absatz 4 Satz 2 oder Satz 3, jeweils auch in Verbindung mit § 221 Absatz 2, in einen dort genannten Zielfonds anlegt, 68. entgegen § 225 Absatz 5 nicht sicherstellt, dass eine dort genannte Information vorliegt, 69. entgegen § 233 Absatz 2 oder § 261 Absatz 4 nicht sicherstellt, dass ein Vermögensgegenstand nur in dem dort genannten Umfang einem Währungsrisiko unterliegt, 70. entgegen § 239 Absatz 2 Nummer 2 einen Vermögensgegenstand veräußert, 71. entgegen § 240 Absatz 2 nicht sicherstellt, dass die Summe der Darlehen einen dort genannten Prozentsatz nicht übersteigt, 72. entgegen § 264 Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass die genannte Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch oder ein dort genanntes Register eingetragen wird, 73. entgegen § 268 Absatz 1 Satz 1 einen dort genannten Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt oder entgegen § 268 Absatz 1 Satz 2 einen dort genannten Verkaufsprospekt oder die wesentlichen Anlegerinformationen dem Publikum nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zugänglich macht, 74. entgegen § 282 Absatz 2 Satz 1 in einen dort genannten Vermögensgegenstand investiert, 75. entgegen § 285 in einen dort genannten Vermögensgegenstand investiert, 76. entgegen § 289 Absatz 1, 2 oder Absatz 5 eine Unterrichtung, eine Information oder eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt, 77. entgegen § 290 Absatz 1 oder Absatz 5 eine dort genannte Information oder eine Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, 78. entgegen § 297 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 5 Satz 1, eine dort genannte Unterlage nicht oder nicht in Papierform kostenlos zur Verfügung stellt, 79. entgegen § 302 Absatz 1, 2, 3, 4, 5 oder Absatz 6 bei Werbung eine dort genannte Anforderung nicht erfüllt, 79a. entgegen § 307 Absatz 5 die wesentlichen Anlegerinformationen dem semiprofessionellen Anleger nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, falls er kein Basisinformationsblatt gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 zur Verfügung stellt, 80. entgegen § 309 Absatz 2 nicht sicherstellt, dass ein Anleger eine dort genannte Information oder eine dort genannte Unterlage oder eine Änderung erhält, oder Herberger

1004

Bußgeldvorschriften

§ 340

81. entgegen § 312 Absatz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht. (3) Ordnungswidrig handelt, wer als Person, die für eine Kapitalverwaltungsgesellschaft handelt, gegen die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 462/2013 (ABl. L 146 vom 31.5.2013, S. 1) geändert worden ist, verstößt, indem er vorsätzlich oder leichtfertig 1. entgegen Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 ein Rating verwendet, 2. entgegen Artikel 5a Absatz 1 nicht dafür Sorge trägt, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft eigene Kreditrisikobewertungen vornimmt, 3. entgegen Artikel 8c Absatz 1 einen Auftrag nicht richtig erteilt oder 4. entgegen Artikel 8c Absatz 2 nicht dafür Sorge trägt, dass die beauftragten Ratingagenturen die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. (4) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Risikokapitalfonds (ABl. L 115 vom 25.4.2013, S. 1) verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen höchstens 30 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des qualifizierten Risikokapitalfonds für den Erwerb solcher Vermögenswerte eingesetzt werden, 2. entgegen Artikel 5 Absatz 2 auf der Ebene des qualifizierten Risikokapitalfonds eine dort genannte Methode anwendet, 3. entgegen Artikel 5 Absatz 3 auf der Ebene des qualifizierten Risikokapitalfonds Darlehen aufnimmt, Schuldtitel begibt oder Garantien stellt, 4. entgegen Artikel 6 Absatz 1 einen dort genannten Anteil vertreibt, 5. entgegen Artikel 12 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2, 3 oder Satz 4 oder entgegen Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2 einen Jahresbericht der Bundesanstalt nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, 6. entgegen Artikel 13 Absatz 1 eine Unterrichtung der Anleger oder entgegen Artikel 15 eine Unterrichtung der zuständigen Behörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt, oder 7. ohne Registrierung nach Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 2 die Bezeichnung „EuVECA“ verwendet. (5) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (ABl. L 115 vom 25.4.2013, S. 18) verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen höchstens 30 Prozent des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum für den Erwerb solcher Vermögenswerte eingesetzt werden, 2. entgegen Artikel 5 Absatz 2 auf der Ebene des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum eine dort genannte Methode anwendet, 3. entgegen Artikel 5 Absatz 3 auf der Ebene des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum Darlehen aufnimmt, Schuldtitel begibt oder Garantien stellt, 4. entgegen Artikel 6 Absatz 1 einen dort genannten Anteil vertreibt, 1005

Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

5.

entgegen Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2, 3 oder Satz 4 oder in Verbindung mit Absatz 2 oder entgegen Absatz 1 Satz 6 in Verbindung mit Absatz 2 einen Jahresbericht der Bundesanstalt nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vorlegt, 6. entgegen Artikel 14 Absatz 1 eine Unterrichtung der Anleger oder entgegen Artikel 16 eine Unterrichtung der zuständigen Behörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt, oder 7. ohne Registrierung nach Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 2 die Bezeichnung „EuSEF“ verwendet. (6) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) 2015/760 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen Artikel 9 Absatz 1 in einen anderen Anlagevermögenswert investiert, 2. entgegen Artikel 9 Absatz 2 ein dort genanntes Geschäft tätigt, 3. entgegen Artikel 13 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 17 nicht mindestens 70 Prozent seines Kapitals im Sinne von Artikel 2 Nummer 7 in einen zulässigen Anlagevermögenswert investiert, 4. entgegen Artikel 13 Absatz 2 bis 6 unter Berücksichtigung von Artikel 14 gegen eine dort genannte Diversifizierungsanforderung verstößt, 5. entgegen Artikel 16 einen Barkredit aufnimmt, 6. entgegen Artikel 21 die Bundesanstalt nicht rechtzeitig unterrichtet, 7. entgegen Artikel 23 Absatz 1 bis 4, Artikel 24 Absatz 2 bis 5 und Artikel 25 Absatz 1 und 2 einen Prospekt nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise veröffentlicht, 8. entgegen Artikel 23 Absatz 5 einen Jahresbericht nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise veröffentlicht, 9. entgegen Artikel 23 Absatz 6 die dort genannten Informationen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise bereitstellt, 10. entgegen Artikel 24 Absatz 1 einen Prospekt oder eine Änderung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, 11. entgegen den Artikeln 28 und 30 einen Anteil an einen Kleinanleger vertreibt, 12. entgegen Artikel 29 Absatz 5 einen Vermögenswert wiederverwendet, 13. ohne Zulassung gemäß den Artikeln 4 und 5 die Bezeichnung „ELTIF“ oder „europäischer langfristiger Investmentfonds“ verwendet. (6a) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) (ABl. L 352 vom 9.12.2014, S. 1, L 358 vom 13.12.2014, S. 50) verstößt, indem er vorsätzlich oder leichtfertig 1. entgegen a) Artikel 5 Absatz 1, b) Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6, c) Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 2, d) Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 1 bis 3 ein Basisinformationsblatt nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise abfasst oder veröffentlicht, 2. entgegen Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 ein Basisinformationsblatt nicht in der vorgeschriebenen Weise abfasst oder übersetzt, 3. entgegen Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 ein Basisinformationsblatt nicht oder nicht rechtzeitig überprüft, Herberger

1006

Bußgeldvorschriften

§ 340

4.

entgegen Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 ein Basisinformationsblatt nicht oder nicht vollständig überarbeitet, 5. entgegen Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 ein Basisinformationsblatt nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, 6. entgegen Artikel 9 Satz 1 in Werbematerialien Aussagen trifft, die im Widerspruch zu den Informationen des Basisinformationsblattes stehen oder dessen Bedeutung herabstufen, 7. entgegen Artikel 9 Satz 2 die erforderlichen Hinweise in Werbematerialien nicht, nicht richtig oder nicht vollständig aufnimmt, 8. entgegen Artikel 13 Absatz 1, 3 und 4 oder Artikel 14 ein Basisinformationsblatt nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise zur Verfügung stellt, 9. entgegen Artikel 19 Buchstabe a und b nicht, nicht richtig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise geeignete Verfahren und Vorkehrungen zur Einreichung und Beantwortung von Beschwerden vorsieht, 10. entgegen Artikel 19 Buchstabe c nicht, nicht richtig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise geeignete Verfahren und Vorkehrungen vorsieht, durch die gewährleistet wird, dass Kleinanlegern wirksame Beschwerdeverfahren im Fall von grenzüberschreitenden Streitigkeiten zur Verfügung stehen. (6b) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) 2017/1131 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über Geldmarktfonds (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 8) verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig 1. ohne Zulassung nach Artikel 6 Absatz 1 die Bezeichnung „Geldmarktfonds“ verwendet, 2. entgegen Artikel 9 Absatz 1 oder 2 in einen Vermögenswert investiert oder ein dort genanntes Geschäft tätigt, 3. einer Vorschrift des Artikels 17 Absatz 1, 3, 4, 5 oder 6 Satz 1, des Artikels 18 Absatz 1, des Artikels 24 Absatz 1 oder des Artikels 25 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 über eine dort genannte Anforderung an die Zusammensetzung des Portfolios zuwiderhandelt, 4. einer Vorschrift des Artikels 19 Absatz 2 oder 4 über eine dort genannte Sicherstellungspflicht zuwiderhandelt, 5. einer Vorschrift der Artikel 21, 26 Satz 2, des Artikels 31 Absatz 4, des Artikels 32 Absatz 4, des Artikels 33 Absatz 2 Unterabsatz 3, des Artikels 34 Absatz 1, 2 Satz 2 oder des Artikels 36 Absatz 1, 2, 4 oder 5 über eine dort genannte Anforderung bezüglich der Transparenz oder Dokumentation zuwiderhandelt, 6. einer Vorschrift des Artikels 23 Absatz 1 Unterabsatz 1, Absatz 2, 3 oder 4, des Artikels 27 oder des Artikels 28 Absatz 3 oder 4 über eine dort genannte Anforderung bezüglich der Geschäftsführung oder Verwaltung zuwiderhandelt, 7. einer Vorschrift des Artikels 29 Absatz 1 bis 4 oder 5, des Artikels 30 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 oder 2, des Artikels 31 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 oder 2 oder des Artikels 32 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 oder 2 über eine dort genannte Anforderung bezüglich der Bewertung zuwiderhandelt oder 8. entgegen Artikel 35 Absatz 1 einen Geldmarktfonds extern unterstützt. (6c) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. eine Zulassung als Geldmarktfonds nach Artikel 4 Absatz 1 bis 3 der Verordnung (EU) 2017/1131 auf Grund einer nicht richtigen Erklärung oder Angabe erwirkt, 2. einen Vermögenswert eines LVNAV-Geldmarktfonds nach der Methode der fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, wenn dieser Vermögenswert eine Restlaufzeit von mehr als 75 Tagen aufweist oder wenn der nach Artikel 29 1007

Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

Absatz 2, 3 und 4 der Verordnung (EU) 2017/1131 berechnete Preis dieses Vermögenswerts mehr als zehn Basispunkte von dem nach Artikel 29 Absatz 7 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1131 berechneten Preis dieses Vermögenswertes abweicht, oder 3. als Geldmarktfondsverwalter ein Dokument für Vertriebszwecke verwendet, das die in Artikel 36 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1131 genannten Hinweise nicht, nicht richtig oder nicht vollständig enthält. (6d) Ordnungswidrig handelt, wer im Anwendungsbereich dieses Gesetzes entgegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 35) Vermögenswerte auswählt. (6e) Ordnungswidrig handelt, wer im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gegen die Verordnung (EU) 2017/2402 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 einen dort genannten Anteil nicht hält, 2. entgegen Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 1 bis 4 oder 5 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, 3. entgegen Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 oder 2 ein anderes Kriterium oder Verfahren anwendet, 4. entgegen Artikel 18 Satz 1 eine dort genannte Bezeichnung verwendet oder 5. entgegen Artikel 27 Absatz 4 die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet oder die Bundesanstalt nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig benachrichtigt. (6f) Ordnungswidrig handelt, wer im Anwendungsbereich dieses Gesetzes vorsätzlich oder fahrlässig 1. nicht sicherstellt, dass er über ein wirksames System nach Artikel 9 Absatz 1 Satz 3 der Verordnung (EU) 2017/2402 verfügt, 2. eine in Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/2402 genannte Risikoposition verbrieft, ohne eine dort genannte Prüfung vorgenommen zu haben, oder 3. eine Meldung nach Artikel 27 Absatz 1 Unterabsatz 1, 2 oder 3 Satz 2 der Verordnung (EU) 2017/2402 mit irreführendem Inhalt macht. (7) 1 Die Ordnungswidrigkeit kann wie folgt geahndet werden: 1. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 4 und 5, des Absatzes 2 Nummer 1, 3 bis 7, 9, 10, 13, 14, 25 bis 30, 33 bis 35, 76, 77, 81, des Absatzes 6b Nummer 8, des Absatzes 6c Nummer 1 sowie der Absätze 6d bis 6f und bei einer wiederholten Vornahme einer der in Absatz 1 Nummer 2 und 3 oder in Absatz 2 Nummer 24, 31, 32, 37, 38, 40, 41, 49 bis 63, 65, 72, 73, 78, 79 und 79a aufgeführten Handlungen mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro; gegenüber einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung kann über diesen Betrag hinaus eine Geldbuße in Höhe bis zu 10 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes verhängt werden; 2. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 und 3, des Absatzes 2 Nummer 1a, 2, 8, 11, 12, 15 bis 24, 31, 32, 37, 38, 40, 41, 43 bis 46, 49 bis 62, 63 bis 67, 70 bis 73, 78 und 79a, des Absatzes 4 Nummer 3, 4 und 7, des Absatzes 5 Nummer 3, 4 und 7 und des Absatzes 6 Nummer 5, 11 und 13, des Absatzes 6b Nummer 1, 5 und 7 und des Absatzes 6c Nummer 2 und 3 mit einer Geldbuße bis zu einer Million Herberger

1008

Bußgeldvorschriften

§ 340

Euro; gegenüber einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung kann über diesen Betrag hinaus eine Geldbuße in Höhe bis zu 2 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes verhängt werden; 2a. in den Fällen des Absatzes 6a mit einer Geldbuße bis zu siebenhunderttausend Euro; gegenüber einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung kann über diesen Betrag hinaus eine Geldbuße bis zum höheren der Beträge von fünf Millionen Euro oder 3 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes verhängt werden; 3. in den übrigen Fällen der Absätze 2 bis 6 und 6b mit einer Geldbuße bis zu zweihunderttausend Euro. 2 Über die in Satz 1 genannten Beträge hinaus kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zur Höhe des Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden. 3 Der wirtschaftliche Vorteil umfasst auch vermiedene wirtschaftliche Nachteile und kann geschätzt werden. (8) 1 Gesamtumsatz im Sinne von Absatz 7 ist 1. im Fall von Kreditinstituten, Zahlungsinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten der sich aus dem auf das Institut anwendbaren nationalen Recht im Einklang mit Artikel 27 Nummer 1, 3, 4, 6 und 7 oder Artikel 28 Nummer B1, B2, B3, B4 und B7 der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1) ergebende Gesamtbetrag, abzüglich der Umsatzsteuer und sonstigen direkt auf diese Erträge erhobenen Steuern, 2. im Fall von Versicherungsunternehmen der sich aus dem auf das Versicherungsunternehmen anwendbaren nationalen Recht im Einklang mit Artikel 63 der Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7) ergebende Gesamtbetrag, abzüglich der Umsatzsteuer und sonstigen direkt auf diese Erträge erhobenen Steuern, 3. im Übrigen der Betrag der Nettoumsatzerlöse nach Maßgabe des auf das Unternehmen anwendbaren nationalen Rechts im Einklang mit Artikel 2 Nummer 5 der Richtlinie 2013/34/EU. 2 Handelt es sich bei der juristischen Person oder Personenvereinigung um ein Mutterunternehmen oder um eine Tochtergesellschaft, so ist anstelle des Gesamtumsatzes der juristischen Person oder Personenvereinigung der jeweilige Gesamtbetrag in dem Konzernabschluss des Mutterunternehmens maßgeblich, der für den größten Kreis von Unternehmen aufgestellt wird. 3 Wird der Konzernabschluss für den größten Kreis von Unternehmen nicht nach den in Satz 1 genannten Vorschriften aufgestellt, ist der Gesamtumsatz nach Maßgabe der den in Satz 1 vergleichbaren Posten des Konzernabschlusses zu ermitteln. 4 Maßgeblich ist der Jahres- oder Konzernabschluss des der Behördenentscheidung unmittelbar vorausgehenden Geschäftsjahres. 5 Ist dieser nicht verfügbar, ist der Jahres- oder Konzernabschluss für das unmittelbar vorausgehende Geschäftsjahr maßgeblich. 6 Ist auch dieser nicht verfügbar, kann der Gesamtumsatz für das der Behördenentscheidung unmittelbar vorausgehende Geschäftsjahr geschätzt werden. (9) 1 § 17 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist nicht anzuwenden bei Verstößen gegen Gebote und Verbote im Zusammenhang mit OGAW, die in Absatz 7 Nummer 1 in Bezug genommen werden. 2 § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt auch für juristische Personen oder Personenvereinigungen, die über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs im Inland tätig sind. 3 Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 bis 6 verjährt in drei Jahren. 1009

Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

(10) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Bundesanstalt. Schrifttum Schrifttum Canzler/Hammermaier Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die Wertpapieraufsicht der BaFin: Das kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren, AG 2014 57; Eggers Die Bußgeldleitlinien der BaFin – großer Wurf oder Stolperstein?, BB 2015 651; Nartowaska/Walla Die WpHG-Bußgeldleitlinien der BaFin, Anmerkungen und Fortentwicklungsbedarf aus Sicht der Praxis, NZG 2015 977.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 I. Entstehungsgeschichte | 2 II. Systematik | 6 Ordnungswidrigkeitenkatalog I. Vorsätzliche Verstöße gegen das KAGB (Abs. 1) | 10 II. Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das KAGB (Abs. 2) | 11 III. Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung (Abs. 3) | 12 IV. Verstöße gegen die EuVECAVerordnung (Abs. 4) | 13 V. Verstöße gegen die EuSEFVerordnung (Abs. 5) | 14 VI. Verstöße gegen die ELTIFVerordnung (Abs. 6) | 15

C. D. E.

F.

VII. Verstöße gegen die PRIIPVerordnung (Abs. 6a) | 16 VIII. Verstöße gegen die MMF-Verordnung (Abs. 6b und 6c) | 16a IX. Verstöße gegen die STS-Verordnung (Abs. 6d bis 6f) | 16b Tatbeteiligung| 17 Vorsatz, Leichtfertigkeit, Fahrlässigkeit |20 Rechtsfolgen I. Bußgeldrahmen (Abs. 7 und 8)| 23 II. Bußgeldbemessung (Abs. 9 S. 1)| 30 III. Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG und Aufsichtspflichtverletzung gem. § 130 OWiG | 32 Ordnungswidrigkeitenverfahren, zeitliche Geltung und Verjährung | 34

A. Allgemeines A. Allgemeines 1

§ 340 enthält die Bußgeldvorschriften mit dem für die Verwaltung von Investmentvermögen relevanten Ordnungswidrigkeitenkatalog. Ordnungswidrigkeiten sind Zuwiderhandlungen mit erheblich vermindertem Unrechtsgehalt.1 Im Gegensatz zu den in § 339 sanktionierten Gesetzesverstößen erreichen die durch § 340 geahndeten Verstöße gegen das KAGB nicht den Grad strafwürdigen Unrechts (sog. Verwaltungsunrecht).2 I. Entstehungsgeschichte

2

Der Ordnungswidrigkeitenkatalog entspricht in weiten Teilen dem durch das InvModG3 geschaffenen § 143 InvG. Erstmals wurde eine spezielle Bußgeldvorschrift für KAG allerdings bereits im Jahre 1990 durch das 1. FMFG4 in das KAGG (§ 50a) eingefügt. Zuvor waren Ordnungswidrigkeiten nur im Zusammenhang mit dem Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen oder EG-Investmentanteilen in § 13 AuslInvG i.d.F. vom 28.7.1969 normiert. Bis zum InvModG enthielten § 68 KAGG und § 21 AuslInvG Bußgeldvorschriften. Mit dem InvModG wurde der Katalog der Bußgeldtatbestände in § 143 InvG überführt und

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1 Mitsch/Rogall OWiG, Vor § 1 Rn. 1. 2 Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143 Rn. 1; zu § 56 KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Lindemann § 56 KWG Rn. 1. 3 Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen vom 15.12.2003 BGBl. 2003 I, Nr. 62 S. 2676. 4 Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Finanzmärkte vom 22.2.1990 BGBl. 1990 I, S. 266.

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A. Allgemeines

§ 340

erheblich erweitert. Das Bedürfnis für die Einführung einer speziellen Bußgeldvorschrift für KAG sah der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zum 1. FMFG darin, dass die der Aufsicht bei einem Verstoß gegen die wesentlichen Anlegerschutzvorschriften des KAGG zur Verfügung stehenden allgemeinen Maßnahmen des KWG, insbesondere die Bußgeldtatbestände des § 56 KWG, nicht ausreichend waren.5 Nachdem KAG im Zuge des InvÄndG nicht mehr als Kreditinstitute i.S. des KWG qualifizierten, gelangte § 56 KWG ohnehin nicht mehr zur Anwendung. Allerdings lehnt sich § 340 teilweise heute noch in seiner Struktur und teils auch inhaltlich an § 56 KWG an. Mit Inkrafttreten des AIFM-UmsG wurde der Ordnungswidrigkeitenkatalog des § 143 3 InvG infolge der Neustrukturierung des KAGB redaktionell angepasst und erweitert. Die danach entstandene Bußgeldvorschrift des § 340 erfuhr sodann durch das Gesetz zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings6 weitere Ergänzungen. Zum einen wurde ein neuer Abs. 3a eingefügt,7 der Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung8 normierte. Zum anderen wurden durch die Änderungen der Abs. 4 und 5 neue Bußgeldtatbestände eingefügt, um Art. 20 Abs. 1 EuVECA-Verordnung9 und Art. 21 Abs. 1 EuSEF-Verordnung10 entsprechend Verstöße gegen diese beiden Verordnungen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu sanktionieren.11 In diesem Zusammenhang wurde die Verordnungsermächtigung in § 340 Abs. 7 a.F. aufgehoben, nach der das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt war, die Tatbestände in unmittelbar geltenden EU-Vorschriften über Europäische Risikokapitalfonds und Europäische Fonds für soziales Unternehmertum zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach § 340 Abs. 4 a.F. geahndet werden können.12 Anlässlich und in Umsetzung der Sanktionsvorgaben in Art. 99 und 99a OGAW-V- 4 Richtlinie erfuhr § 340 schließlich wesentliche Änderungen durch das OGAW-V-UmsG. Die Bußgeldvorschriften in Abs. 2 und 3 wurden in Abs. 2 n.F. zusammengefügt und neu geordnet. Darüber hinaus wurden neue Bußgeldtatbestände eingefügt. Gleichzeitig wurde in Abs. 2 n.F. die Differenzierung zwischen Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit aufgegeben, so dass nunmehr auch (einfach) fahrlässige Zuwiderhandlungen geahndet werden können. Zudem erhielt ein neuer Abs. 6 Eingang, der Verstöße gegen die ELTIF-Verordnung13 normiert. Ferner wurde der Bußgeldrahmen in § 340 Abs. 7 neu strukturiert und deutlich angehoben (fixer, umsatzbezogener und mehrerlösbezogener Bußgeldrahmen).

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5 BTDrucks. 11/5411 S. 36; Baur § 50a Rn. 2. 6 Gesetz zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings vom 10.12.2014 BGBl. 2014 I, Nr. 59 S. 2085. 7 Mit dem OGAW-V-UmsG wurde Abs. 3a zu Abs. 3. 8 Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 über Ratingagenturen, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2013. 9 Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.4.2013 über Europäische Risikokapitalfonds. 10 Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.4.2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum. 11 Vgl. BTDrucks. 18/1774 S. 25. 12 Die Rechtsetzungskompetenz wurde seitens des Bundesministeriums der Finanzen nicht ausgeübt. Gemessen an den Maßstäben des BVerfG dürften Bußgeldtatbestände nach § 340 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 a.F. aber ohnehin dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit ausgesetzt gewesen sein (vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/ Alten § 340 Rn. 15). Mit Beschluss vom 21.9.2016 erklärte nämlich das BVerfG die von § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG vorgesehene pauschale Blankoermächtigung zur Schaffung von Straftatbeständen bei Verstößen gegen gemeinschaftschaftsrechtliche Regelungen zur Rindfleischetikettierung durch die Exekutive für unvereinbar mit den Bestimmtheitsanforderungen nach Art. 103 Abs. 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG sowie nach Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG, vgl. BVerfG 21.9.2016 BVerfGE 143 38 ff. (zuletzt LG Stade 15.3.2017 wistra 2017 451 ff. m. Anm. Schmitz). 13 Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds.

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§ 340

5

Bußgeldvorschriften

Mit dem 1. FiMaNoG14 wurden schließlich die nach Art. 24 Abs. 2 der PRIIP-Verordnung15 vorgesehenen Sanktionen bei Verstößen gegen die Pflichten der PRIIP-Verordnung umgesetzt. Dabei enthalten Abs. 2 Nr. 79a und Abs. 6a die entsprechenden Bußgeldtatbestände und Abs. 7 Nr. 2a die Bestimmung der maßgeblichen Bußgeldhöhe. Mit dem EU-ProspektVOAnpG15a schuf der Gesetzgeber die Abs. 6b und 6c und damit Tatbestände, die sich auf die Nichterfüllung von Vorgaben der MMF-Verordnung15b beziehen. Zuletzt wurde § 340 durch das FiMaAnpG15c um die Abs. 6d, 6e und 6f erweitert. Die Absätze führen Art. 32 Abs. 2 Buchst. e, f und g der STS-Verordnung15d aus und sanktionieren entsprechende Verstöße gegen die STS-Verordnung. II. Systematik

6

Für die Bußgeldtatbestände des § 340 ist kennzeichnend, dass sie das bußgeldbewehrte Verhalten nicht konkret beschreiben, sondern auf anderenorts geregelte außerstrafrechtliche Ge- und Verbotsnormen verweisen und diese dadurch in Bezug nehmen. Insoweit handelt es sich um unechte Blanketttatbestände.16 Infolge der dadurch erschwerten Lesbarkeit und Komplexität wurde bereits § 143 InvG bisweilen attestiert, an die Grenzen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes zu stoßen.17 Für die Auslegung der Ausfüllungsnormen gelten auch im Ordnungswidrigkeitenrecht die oben bei § 339 dargestellten Maßstäbe (§ 3 OWiG, Art. 103 Abs. 2 GG).18 Die Bußgeldtatbestände des § 340 sanktionieren sowohl unmittelbare Verstöße ge7 gen Ge- und Verbotsnormen (wobei die Pflicht teils auch durch eine Rechtsverordnung konkretisiert wird), als auch Zuwiderhandlungen gegen vollziehbare Anordnungen der BaFin. Eine Anordnung ist vollziehbar, wenn sie bestandskräftig ist oder wenn sie kraft Gesetzes oder besonderer Anordnung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt worden ist. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Einzelfall ist bei Maßnahmen nach dem KAGB regelmäßig nicht erforderlich, da Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der BaFin im Regelfall keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 7 Abs. 1 und 2). Die sofortige Vollziehbarkeit nach § 7 entfällt, wenn die aufschiebende Wirkung im Einzelfall wiederhergestellt wird. So kann die BaFin die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 4 S. 1 VwGO aussetzen oder das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO anordnen.

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14 Erstes Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte vom 30.6.2016 BGBl. 2016 I, Nr. 31 S. 1514. 15 Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte. 15a Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze vom 10.7.2018 BGBl. 2018 I, Nr. 25 S. 1102. 15b Verordnung (EU) 2017/1131 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über Geldmarktfonds. 15c Gesetz zur Anpassung von Finanzmarktgesetzen an die Verordnung (EU) 2017/2402 und an die durch die Verordnung (EU) 2017/2401 geänderte Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 18.12.2018 BGBl. 2018 Teil 1 Nr. 48 S. 2626. 15d Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012. 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 5 („gesetzestechnische Vereinfachung“); zu § 56 KWG Erbs/Koolhaas/Häberle § 56 KWG Rn. 2 m.w.N; a.A. Mitsch/Rogall OWiG, Vor § 1 Rn. 16. 17 Schork/Groß/Wegner Rn. 815. 18 Vgl. § 339 Rn. 16 f. Zu den Bestimmtheitsanforderungen von Blankettstrafgesetzen jüngst BVerfG 21.9.2016 BVerfGE 143 38 ff.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

Neben der Zuwiderhandlung gegen vollziehbare Anordnungen betreffen mehrere 8 Bußgeldtatbestände die Verletzung einer Pflicht zur Erstattung einer Anzeige. Die Anzeige ist nicht erstattet, wenn sie gänzlich unterlassen wurde. Nicht richtig ist die Anzeige, wenn sie inhaltlich unzutreffend ist; nicht vollständig ist sie, wenn sie inhaltlich nicht ausreichend ist, d.h. die in der jeweils in Bezug genommenen Vorschrift aufgeführten Informationen, Angaben oder Unterlagen nicht enthält.19 Nicht in der vorgeschriebenen Weise erstattet ist eine Anzeige, wenn sie den konkreten Anforderungen (z.B. Schriftform) nicht entspricht. Nicht rechtzeitig ist eine Anzeige, wenn sie nicht innerhalb des jeweils vorgegebenen Zeitrahmens erstattet wurde. Bspw. hat die Anzeige nach § 19 Abs. 1 S. 1 (§ 340 Abs. 2 Nr. 4) unverzüglich zu erfolgen, d.h. nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB nach Kenntnis der Umstände ohne schuldhaftes Zögern.20 An diese Tatbestandsmodalitäten knüpfen zahlreiche Bußgeldtatbestände mit ihren jeweils unterschiedlichen Tathandlungen an. Die Normenstruktur von § 340 erschließt sich einerseits über die Rechtsquelle der Ge- 9 und Verbotsnormen, andererseits über die subjektive Tatseite. Während § 340 Abs. 1 bis 2 Verstöße gegen Vorschriften des KAGB bzw. Einzelfallanordnungen sanktionieren, betreffen die Abs. 3 bis 6f Zuwiderhandlungen gegen unmittelbar geltende europäische Rechtsnormen. Innerhalb der Verstöße gegen das KAGB (§ 340 Abs. 1 und 2) ist zu differenzieren zwischen den Bußgeldtatbeständen in Abs. 1, die gem. § 10 OWiG nur vorsätzlich begangen werden können21 und den Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 2, bei denen neben der vorsätzlichen auch die fahrlässige Begehung tatbestandsmäßig ist.22 Die noch in § 340 Abs. 2 a.F. vorgesehene Schuldform („vorsätzlich oder leichtfertig“) wurde durch das OGAW-V-UmsG herabgestuft („vorsätzlich oder fahrlässig“). Innerhalb der Verstöße gegen unmittelbar geltende EU-Verordnungen (Abs. 3 bis 6f) können die Bußgeldtatbestände des § 340 Abs. 4 bis 6, 6b, 6c, 6e und 6f sowohl vorsätzlich als auch fahr-lässig verwirklicht werden. § 340 Abs. 3 und Abs. 6a erfassen neben der vorsätzlichen nur die leichtfertige Begehung, so dass ein (einfach) fahrlässiges Handeln hier nicht genügt.23 Bei dem Tatbestand in Abs. 6d (Auswahl von Vermögenswerten entgegen Art. 6 Abs. 2 S. 1 STSVerordnung) ist gem. § 10 OWiG nur die vorsätzliche Begehungsweise bußgeldbewehrt. B. Ordnungswidrigkeitenkatalog B. Ordnungswidrigkeitenkatalog I. Ordnungswidrigkeiten gem. § 340 Abs. 1 (Vorsätzliche Verstöße gegen das KAGB) Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen Zuwiderhandlun- 10 gen gegen Ge- und Verbote des KAGB geahndet:

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19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 7. 20 Vgl. hierzu bereits bei § 339 Rn. 39. 21 Insoweit unzutreffend zu § 143 Abs. 1 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143 Rn. 6, wonach die Erfüllung des objektiven Bußgeldtatbestandes genügen soll. 22 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 10. 23 Im Hinblick auf die Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung handelt es sich dabei – entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Graf/Jäger/Wittig/Ibold SteuerStrR, § 340 Rn. 15; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 340 Rn. 95) – nicht um ein gesetzgeberisches Versehen. Anders als der Gesetzentwurf zum OGAW-V-UmsG (BTDrucks. 18/6744 S. 29) hielt der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages daran fest, dass neben dem vorsätzlichen nur ein leichtfertiger Verstoß gegen die EU-Ratingverordnung eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Dadurch ist ein Gleichlauf zu den Parallelvorschriften in § 56 Abs. 4b KWG, § 332 Abs. 4 VAG und § 120 Abs. 4 WpHG gewährleistet und wird eine Ungleichbehandlung von KVG vermieden, vgl. die Beschlussfassung des Finanzausschusses BTDrucks. 18/7393 S. 77.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 1 Nr. 1 Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 40 Abs. 1, § 113 Abs. 3, § 119 Abs. 5, § 128 Abs. 4, § 147 Abs. 5 oder § 153 Abs. 5 Die BaFin kann die Abberufung der verantwortlichen Geschäftsleiter (bzw. des Vorstandes oder von Mitgliedern des Vorstandes; der Geschäftsführung oder von Mitgliedern der Geschäftsführung) verlangen und ihnen die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen. Mit dem OGAW-V-UmsG wurde § 40 Abs. 1 und § 113 Abs. 3 dergestalt ergänzt, dass die BaFin das Tätigkeitsverbot ggü. jeder verantwortlichen natürlichen Person, die in der KVG bzw. der extern verwalteten OGAW-Investmentaktiengesellschaft tätig ist, anordnen kann.24

§ 340 Abs. 1 Nr. 2 Gewährung eines Gelddarlehens entgegen

§ 20 Abs. 8 oder Abs. 9 Die OGAW-KVG darf für Rechnung des OGAW keine Gelddarlehen gewähren. Eine Darlehensvergabe für Rechnung eines AIF ist der AIF-KVG nur in den in § 20 Abs. 9 S. 1 abschließend aufgelisteten Fällen erlaubt. Daneben ist die Darlehensvergabe unzulässig. Keine Darlehensvergabe stellen gem. § 20 Abs. 9 S. 2 Änderungen der Darlehensbedingungen dar, die der Darlehensvergabe nachfolgen (z.B. Prolongation). Diese unterliegen nicht den Begrenzungen von § 20 Abs. 9 S. 1.25

§ 340 Abs. 1 Nr. 2 Eingehen einer Verpflichtung aus einem Bürgschafts- oder einem Garantievertrag entgegen

§ 20 Abs. 8 Die OGAW- KVG darf für Rechnung des OGAW weder Gelddarlehen gewähren noch Verpflichtungen aus einem Bürgschafts- oder einem Garantievertrag eingehen.

§ 340 Abs. 1 Nr. 3 Aufnahme eines Kredits entgegen

§§ 112 Abs. 2 S. 3, den §§ 199, 221 Abs. 6, § 263 Abs. 1, § 284 Abs. 4 S. 1 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten Vorgaben für die Kreditaufnahme durch Publikumsinvestmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, durch OGAW-KVG bei der Verwaltung von inländischen OGAW, durch AIF-KVG bei der Verwaltung von Sonstigen Investmentvermögen, durch geschlossene inländische Publikums-AIF und durch AIFKVG bei der Verwaltung offener inländischer Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen.

§ 340 Abs. 1 Nr. 4 Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 215 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 oder S. 2, jeweils auch i.V.m. § 263 Abs. 2 oder 274 S. 1 Die BaFin ist befugt, den Umfang des Leverage (Hebelfinanzierungen), den die AIF-KVG bei der Verwaltung von offenen inländischen Publikums-AIF einsetzen darf, zu beschränken, wenn sie dies zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet. Alternativ ist die BaFin berechtigt, sonstige Beschränkungen in Bezug auf die Verwaltung des AIF anzuordnen, sodass das Ausmaß begrenzt wird, in dem der Einsatz von Leverage zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem oder des Risikos von Marktstörungen beiträgt. Die Befugnis der BaFin gilt gem. § 263 Abs. 2 in Bezug auf geschlossene inländische Publikums-AIF und gem. § 274 S. 1 in Bezug auf inländische Spezial-AIF entsprechend.

§ 340 Abs. 1 Nr. 5 Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 276 Abs. 2 S. 2 Die BaFin kann Leerverkäufe von Hedgefonds beschränken, wenn sie dies zum Schutz der Anleger oder zur Gewährleistung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems als nötig erachtet.

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BTDrucks. 18/6744 S. 49, 58. BTDrucks. 18/6744 S. 46.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

II. Ordnungswidrigkeiten gem. § 340 Abs. 2 (Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das KAGB) Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen oder fahrlässigen 11 Zuwiderhandlungen gegen Ge- und Verbote des KAGB geahndet: § 340 Abs. 2 Nr. 1a Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 5 Abs. 6 S. 2 Die BaFin ist befugt, im Rahmen der Aufsicht alle Anordnungen zu treffen, die erforderlich und geeignet sind, um die Einhaltung der in den Anlagebedingungen, der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Regelungen sicherzustellen. § 5 Abs. 6 S. 14 Der durch das OGAW-V-UmsG geänderte Verweis auf § 5 Abs. 6 S. 14 geht ins Leere, da ein solcher S. 14 nicht existiert. Es ist anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber – so wie in § 340 Abs. 3 Nr. 1 i.d.F. des AIFM-UmsG – eine Inbezugnahme von S. 8 des § 5 Abs. 6 beabsichtigte und es sich insofern um ein redaktionelles Versehen handelt.26 Wenngleich eine Rechtsänderung demnach seitens des Gesetzgebers nicht intendiert gewesen sein dürfte, stellt die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung gem. § 5 Abs. 6 S. 8 wegen des Bestimmtheitsgebotes (§ 3 OWiG, Art. 103 Abs. 2 GG) nun keine Ordnungswidrigkeit mehr dar. Infolge dieser seit dem Inkrafttreten des OGAW-V-UmsG zum 18.3.2016 bestehenden Ahndungslosigkeit stellen vor diesem Zeitpunkt begangene Verstöße wegen § 4 Abs. 3 OWiG (Meistbegünstigungsprinzip) überdies keine Ordnungswidrigkeit dar, sofern die Bußgeldverfahren noch nicht abgeschlossen waren.27 Sollte der Gesetzgeber beabsichtigen, die entstandene Ahndungslosigkeit nachträglich zu beseitigen, so dürfte es ihm nach dem BVerfG grundsätzlich offen stehen, § 4 Abs. 3 OWiG einfachgesetzlich zu derogieren, da das Prinzip der Meistbegünstigung nicht von Art. 103 Abs. 2 GG erfasst ist.28 Insofern wird jedoch zu berücksichtigen sein, dass das Meistbegünstigungsprinzip seit dem Jahr 2009 in Art. 49 Abs. 1 S. 3 GRCh als Grundrecht verankert ist und Einschränkungen nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 1 GRCh möglich sind.29

§ 340 Abs. 2 Nr. 1b Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 11 Abs. 4 S. 1 Die in § 11 Abs. 4 S. 1 enthaltene Befugnis der BaFin zum Erlass von Anordnungen ggü. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaften steht entgegen dem Wortlaut in Zusammenhang mit dem in § 5 Abs. 8 S. 1 (und nicht mehr in § 5 Abs. 9 S. 1)30 geregelten Informationsverlangen, wonach die BaFin von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften und ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften, die im

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26 Gem. § 5 Abs. 6 S. 8 kann die BaFin Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, Missstände zu beseitigen oder zu verhindern, welche die ordnungsgemäße Verwaltung und den Vertrieb von Investmentvermögen, die ordnungsgemäße Erbringung von Dienstleistungen oder Nebendienstleistungen nach § 20 Abs. 2 und 3 oder die Tätigkeit einer Verwahrstelle nach diesem Gesetz beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für den Finanzmarkt oder den Markt für ein Finanzinstrument bewirken können. 27 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 27. 28 BVerfG 18.9.2008 NJW 2008 3769 (3770); ausf. Göhler/Gürtler OWiG, § 4 Rn. 5c; restriktiver Mitsch/Rogall OWiG, § 4 Rn. 20. 29 BGH 10.1.2017 NJW NStZ 2017 234 (238) m. Anm. Pananis. 30 Mit dem OGAW-V-UmsG wurde § 5 Abs. 9 zu § 5 Abs. 8, was der Gesetzgeber in § 11 Abs. 4 S. 1 nicht nachvollzogen hat.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

Inland AIF verwalten oder vertreiben, die Vorlage von Informationen verlangen, die erforderlich sind, um zu überprüfen, ob die maßgeblichen Bestimmungen des KAGB in Deutschland eingehalten werden. Bei Informationsverweigerung oder fortdauernden Verstößen gegen die in § 11 Abs. 1 genannten Bestimmungen ist die BaFin befugt, trotz Tätigwerdens der zuständigen Stellen des Herkunfts- oder Referenzmitgliedstaates, bzw. wenn sich dies als unzureichend erweist oder wenn eine erforderliche Maßnahme im jeweiligen Herkunfts- oder Referenzmitgliedstaat nicht verfügbar ist, ggü. der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft geeignete Maßnahmen, einschließlich der Maßnahmen nach den §§ 5, 40 bis 42, 339 und 340 zu ergreifen. Ergeht zur Durchsetzung der Maßnahmen eine vollziehbare Anordnung, dann stellt eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung eine Ordnungswidrigkeit dar. Keine Ordnungswidrigkeit stellt infolge der fehlerhaften Verweisungskette (Inbezugnahme von § 5 Abs. 9 S. 1 in § 11 Abs. 4 S. 1) und damit mangels Bestimmtheit des Tatbestandes die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung im Zusammenhang mit der Weigerung zur Vorlage einer gem. § 5 Abs. 8 S. 1 geforderten Information dar. Soweit der Bußgeldtatbestand ferner auf die Strafvorschrift des § 339 und eigens auf die Bußgeldvorschrift des § 340 verweist, dürfte es sich um ein gesetzgeberisches Versehen handeln. Die Rechtsfolgen von §§ 339, 340 können a priori nicht als vollziehbare Anordnungen ergehen. Die Verfolgung und Ahndung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ist keine materielle Verwaltungstätigkeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG). Gemeint haben könnte der Gesetzgeber mit der in § 11 Abs. 4 S. 1 enthaltenen Formulierung „Maßnahmen nach den §§ 339 und 340“ bestimmte Hilfsfunktionen der BaFin bei der Rechtspflege. Ergeht nun zur Durchsetzung einer solchen Hilfsmaßnahme eine vollziehbare Anordnung, dürfte die Zuwiderhandlung der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder der ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft mangels Bestimmtheit des Tatbestandes insofern aber keine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 340 Abs. 2 Nr. 1 darstellen.31 § 11 Abs. 4 S. 2 Die BaFin kann EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft auch neue Geschäfte im Inland untersagen. § 11 Abs. 6 Die BaFin kann bei Vorliegen der Voraussetzungen ggü. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaften alle erforderlichen Maßnahmen bis hin zur Betriebsuntersagung ergreifen, um die Anleger eines betreffenden AIF, die Finanzstabilität und die Integrität des Marktes in der Bundesrepublik Deutschland zu schützen. § 340 Abs. 2 Nr. 1c Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 19 Abs. 2 S. 2 oder Abs. 3 S. 1, jeweils auch i.V.m. mit § 108 Abs. 3 Die BaFin kann OGAW-KVG und OGAW-Investmentaktiengesellschaften den beabsichtigten Erwerb einer bedeutenden Beteiligung oder deren Erhöhung bei Vorliegen bestimmter Gründe untersagen. Darüber hinaus kann die BaFin in den in § 2c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 KWG genannten Fällen dem Inhaber bedeutender Beteiligungen und den von ihm kontrollierten Unternehmen die Ausübung des Stimmrechts untersagen und anordnen, dass über die Anteile nur mit ihrer Zustimmung verfügt werden darf. Der Verweis des Bußgeldtatbestandes auf § 108 Abs. 3 Nr. 2, der die Anzeige der beabsichtigten Aufgabe einer Beteiligung betrifft (§ 19 Abs. 5),

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Im Ergebnis zustimmend Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 199 (zu § 340 Abs. 3 Nr. 1 a.F.).

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

ist zu weit geraten, da nur die in § 108 Abs. 3 Nr. 1 enthaltene Pflicht zur Anzeige eines beabsichtigten Erwerbs einer Beteiligung an einer OGAWInvestmentaktiengesellschaft in Zusammenhang mit einer Anordnung der BaFin nach § 19 Abs. 2 S. 2 bzw. § 19 Abs. 3 S. 1 steht, die Gegenstand eines bußgeldbewehrten Verstoßes ist.32 § 340 Abs. 2 Nr. 1d Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 41 S. 1 oder S. 2 Entsprechen die Eigenmittel einer KVG nicht den Anforderungen des § 25, kann die BaFin Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen § 25 zu unterbinden. Insbesondere kann die BaFin Entnahmen durch Gesellschafter und die Ausschüttung von Gewinnen untersagen oder beschränken. § 42 Die BaFin kann in den Fällen einer Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen einer KVG ggü. ihren Gläubigern, bei einer Gefahr für die Sicherheit der Vermögensgegenstände, die der KVG anvertraut sind, oder beim begründeten Verdacht, dass eine wirksame Aufsicht über die KVG nach den Bestimmungen des KAGB nicht möglich ist, zur Abwendung einer Gefahr geeignete und erforderliche Maßnahmen ergreifen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 1e Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 311 Abs. 1 Die BaFin ist im Rahmen ihrer Restbefugnisse33 ermächtigt, alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW, wenn die Art und Weise des Vertriebs gegen sonstige Vorschriften des deutschen Rechts verstoßen, oder die Pflichten nach § 309 nicht oder nicht mehr erfüllt sind. § 311 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Die BaFin ist im Rahmen ihrer subsidiären Eingriffskompetenz34 befugt, nach Unterrichtung der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates des EU-OGAW alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des weiteren Vertriebs von Anteilen oder Aktien an EU-OGAW.

§ 340 Abs. 2 Nr. 1f Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

§ 314 Abs. 1 Die BaFin ist befugt, alle zum Schutz der Anleger geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich einer Untersagung des Vertriebs von Anteilen oder Aktien eines AIF, wenn eine der in § 314 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 genannten Voraussetzungen einschlägig ist. § 314 Abs. 2 Die BaFin kann unter den dort genannten Voraussetzungen auch den Vertrieb von Anteilen oder Aktien an Teilinvestmentvermögen von AIF untersagen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach

_____ 32 33 34 35

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§ 5 Abs. 8a Die mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz35 eingefügte Vorschrift enthält Befugnisse der BaFin, um Stabilitätsrisiken im Zusammenhang mit der Wohnimmobilienfinanzierung besser begegnen zu können. Gem. § 5 Abs. 8a kann die BaFin ggü. KVG, die für Rechnung eines AIF Gelddarlehen gewähren, im Wege der Allgemeinverfügung Beschränkungen bei der Vergabe

Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 67 (zu § 340 Abs. 2 Nr. 1 a.F.). Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Oppenheim InvG, § 311 Rn. 7. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Oppenheim InvG, § 311 Rn. 22. Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz vom 6.6.2017 BGBl. 2017 I, Nr. 34 S. 1495.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

von Darlehen zu Bau bzw. Erwerb von Wohnimmobilien im Inland festlegen. Ordnungswidrig handelt, wer gegen die vollziehbare Allgemeinverfügung verstößt. § 340 Abs. 2 Nr. 2 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erteilung einer Auskunft oder nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vorlage einer Unterlage entgegen

§ 14 S. 1 i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 KWG, auch i.V.m. § 44b Abs. 1 S. 1 KWG Nach § 14 S. 1 haben KVG, extern verwaltete Investmentgesellschaften, Gesellschaften in den sonstigen nach dem KAGB zulässigen Rechtsformen für Investmentvermögen, die an ihnen jeweils bedeutend beteiligten Inhaber und Verwahrstellen der BaFin Auskünfte entsprechend § 44 Abs. 1 und 6 sowie § 44b KWG zu erteilen. § 44 Abs. 1 S. 1 KWG begründet die Pflicht, der BaFin, den Personen und Einrichtungen, deren sich die BaFin bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient, sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Kopien anzufertigen. Diese Pflicht zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen erstreckt § 44b Abs. 1 S. 1 auf die dort genannten Inhaber bedeutender Beteiligungen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 3 Nichtduldung einer Maßnahme entgegen

§ 14 S. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 4 oder § 44b Abs. 2 S. 2 KWG Nach § 14 S. 2 stehen der BaFin die in § 44 Abs. 1 und § 44b KWG genannten Prüfungsbefugnisse entsprechend zu. Gem. § 44 Abs. 1 S. 2 KWG kann die BaFin, auch ohne besonderen Anlass, Prüfungen vornehmen. Gem. § 44 Abs. 1 S. 3 KWG können zur Vornahme von Prüfungen Geschäftsräume innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigt werden. Diese Maßnahmen können nach § 44b Abs. 2 S. 1 KWG auch ggü. den dort genannten Inhabern bedeutender Beteiligungen ergriffen werden. Gem. § 44 Abs. 1 S. 4 KWG bzw. § 44b Abs. 2 S. 2 KWG haben die Betroffenen diese Maßnahmen zu dulden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 4 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erstattung einer Anzeige entgegen

§ 19 Abs. 1 S. 1 und 2 oder Abs. 5 Nach § 19 Abs. 1 S. 1 hat derjenige, der beabsichtigt, allein oder im Zusammenwirken mit anderen Personen oder Unternehmen eine bedeutende Beteiligung an einer externen OGAW-KVG zu erwerben (interessierter Erwerber), dies der BaFin unverzüglich schriftlich anzuzeigen. In vergleichbarer Weise hat nach § 19 Abs. 5 derjenige der BaFin schriftlich und unverzüglich anzuzeigen, der beabsichtigt, eine bedeutende Beteiligung an einer externen OGAW-KVG aufzugeben oder den Betrag seiner bedeutenden Beteiligung unter die Schwellen von 20%, 30% oder 50% der Stimmrechte oder des Kapitals abzusenken oder die Beteiligung so zu verändern, das die externe OGAW-KVG nicht mehr kontrolliertes Unternehmen ist. Im Hinblick auf die Tatbestandsmodalität der „nicht richtigen“ Anzeige verweist § 19 Abs. 1 S. 2 auf § 2c Abs. 1 S. 2 bis 6 KWG, wo festlegt ist, welche Angaben im Einzelnen zu machen sind.36

§ 340 Abs. 2 Nr. 5 Nichtnachkommen einer Verhaltensregel nach

§ 26 Abs. 1 und 2, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 837 Nach § 26 Abs. 1 hat die KVG bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Verwahrstelle und ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln. § 26 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 enthalten bestimmte Verhaltenspflichten einer KVG.

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36 Dass die Weiterverweisung auf § 2c Abs. 1 S. 2 bis 7 KWG zunächst die Ermittlung der für KAGBSachverhalte einschlägigen Bestimmungen erfordern, wird unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit für problematisch erachtet, vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 462. 37 Kapitalanlage-Verhaltens-und Organisationsverordnung (KAVerOV) vom 16.7.2013, BGBl. I, Nr. 39 S. 2460. § 2 KAVerOV enthält allgemeine Verhaltensregeln für Publikums-AIF und OGAW verwaltende KVG.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 2 Nr. 6 Nichttreffen einer Maßnahme zum Umgang mit Interessenkonflikten entgegen

§ 27 Abs. 1 und 2, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 638 Nach § 27 Abs. 1 hat die KVG alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, um Interessenkonflikte zu ermitteln, die im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentvermögen in den in § 27 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 genannten Konstellationen auftreten. Nach § 27 Abs. 2 hat die KVG wirksame organisatorische und administrative Vorkehrungen zu treffen und beizubehalten, die es ermöglichen, alle angemessenen Maßnahmen zur Ermittlung, Vorbeugung, Beilegung und Beobachtung von Interessenkonflikten zu ergreifen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Interessen der Investmentvermögen und ihrer Anleger schaden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 7 Nichterfüllen einer Vorgabe für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation entgegen

§ 28 Abs. 1 S. 1 und 2, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 439 Nach § 28 Abs. 1 S. 1 muss die KVG über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der von der KVG zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. § 28 Abs. 1 S. 2 enthält einen nicht abschließenden („insbesondere“) Katalog mit Vorgaben einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation.

§ 340 Abs. 2 Nr. 8 Nicht, nicht richtiges oder nicht vollständiges Führen einer Datei oder Nichtgewährleistung, dass BaFin jederzeit Daten automatisiert abrufen kann, entgegen

§ 28 Abs. 1 S. 4, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 4, § 51 Abs. 8, § 54 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 4 oder § 66 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 4 jeweils i.V.m. § 24c Abs. 1 S. 1 oder S. 5 KWG Für die KVG sowie inländische Zweigniederlassungen einer EU-OGAWVerwaltungsgesellschaft, einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft sowie einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft, deren Referenzmitgliedstaat nicht die Bundesrepublik Deutschland ist, gilt § 24c KWG entsprechend. § 24c Abs. 1 S. 1 KWG begründet die Pflicht, eine Datei zu führen, in der unverzüglich die in § 24c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 genannten Daten zu speichern sind, namentlich die Nummer des Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung i.S.d. § 154 Abs. 2 S. 1 AO unterliegt, des Depots oder Schließfachs, der Tag der Eröffnung, Beendigung oder Auflösung, der Name (und bei natürlichen Personen das Geburtsdatum) des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie der Name und ggf. die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten i.S.d. § 3 GwG. Nach § 24c Abs. 1 S. 5 KWG ist zu gewährleisten, dass die BaFin jederzeit Daten aus der Datei nach § 24c Abs. 1 S. 1 KWG in einem von ihr bestimmten Verfahren automatisiert abrufen kann.

§ 340 Abs. 2 Nr. 9 Nichterfüllen einer Vorgabe für ein angemessenes Risikomanagementsystem entgegen

§ 29 Abs. 2 S. 1, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 640 Nach § 29 Abs. 2 S. 1 muss die KVG über angemessene Risikomanagementsysteme verfügen, die insbesondere gewährleisten, dass die für die jeweiligen Anlagestrategien wesentlichen Risiken der Investmentvermögen jederzeit erfasst, gemessen, gesteuert und überwacht werden können.

§ 340 Abs. 2 Nr. 10 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erstattung einer Anzeige entgegen

§ 34 Abs. 3 Eine KVG hat der BaFin die in § 34 Abs. 3 Nr. 1 bis 11 genannten Sachverhalte (z.B. den Vollzug der Bestellung einer Person zum Geschäftsleiter) unverzüglich anzuzeigen.

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38 Vgl. KAVerOV, die in § 3 für Publikums-AIF und OGAW verwaltende KVG nähere Bestimmungen bzgl. Interessenkonflikte trifft. 39 Vgl. KAVerOV, die in § 4 für Publikums-AIF und OGAW verwaltende KVG nähere Bestimmungen über Organisationspflichten enthält. 40 Vgl. KAVerOV, die in § 5 für Publikums-AIF und OGAW verwaltende KVG nähere Bestimmungen über das Risikomanagementsystem trifft.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 34 Abs. 4 Die KVG hat der BaFin die in § 34 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 genannten Sachverhalte (z.B. den Namen und die Anschrift der an der KVG bedeutend beteiligten Inhaber sowie die Höhe ihrer Beteiligung) jährlich anzuzeigen. § 34 Abs. 5 S. 1 Die Geschäftsleiter der KVG haben der BaFin die § 34 Abs. 5 Nr. 1 und 2 genannten Sachverhalte (z.B. die Aufnahme und die Beendigung einer Tätigkeit als Geschäftsleiter oder als Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsmitglied eines anderen Unternehmens) unverzüglich anzuzeigen. § 340 Abs. 2 Nr. 11 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, oder nicht rechtzeitige Übermittlung einer Information entgegen

§ 35 Abs. 1, 2, 4, 5 oder Abs. 6, jeweils auch in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/201341 Nach § 35 Abs. 1 S. 1 hat die AIF-KVG die BaFin regelmäßig über die wichtigsten Märkte und Instrumente, auf bzw. mit denen sie für Rechnung der von ihr verwalteten AIF handelt, zu unterrichten. Ferner hat sie gem. § 35 Abs. 1 S. 2 Informationen zu den wichtigsten Instrumenten, mit denen sie handelt, zu den Märkten, in denen sie Mitglied ist oder am Handel aktiv teilnimmt, sowie zu den größten Risiken und Konzentrationen jedes von ihr verwalteten AIF vorzulegen. Nach § 35 Abs. 2 hat die AIF-KVG der BaFin für jeden von ihr verwalteten inländischen AIF und EU-AIF sowie für jeden AIF, der von ihr in einem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR vertrieben wird, die in § 35 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Informationen vorzulegen. Die AIF-KVG, die mindestens einen AIF verwaltet, der in beträchtlichem Umfang Leverage einsetzt, hat der BaFin für jeden von ihr verwalteten AIF bestimmte in § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 3 genannte Informationen im Zusammenhang mit dem Leverage zur Verfügung zu stellen. Ferner kann die BaFin nach § 35 Abs. 5 S. 1 für AIF-KVG regelmäßig oder ad hoc zusätzliche Meldepflichten festlegen, sofern dies für die wirksame Überwachung von Systemrisiken erforderlich ist oder die BaFin durch die ESMA ersucht wurde, solche zusätzlichen Meldepflichten aufzuerlegen. Nach § 35 Abs. 6 gelten die Abs. 1, 2, 4 und 542 entsprechend für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die bereits vor dem im (noch zu erlassenden) delegierten Rechtsakt (Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie) festzulegenden Drittstaatenstichtag nach § 317 oder § 330 ausländische AIF in Deutschland vertreiben oder deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist. § 35 Abs. 9 Nach § 35 Abs. 9 haben die Meldungen nach § 35 Abs. 1, 2, 3 Nr. 2 und Abs. 4 bis 6 elektronisch über das Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin zu erfolgen. Ein Verstoß hiergegen stellt indes keine Ordnungswidrigkeit da, weil § 340 Abs. 2 Nr. 11 die „nicht in der vorgeschriebenen Weise“ erfolgende Übermittlung von Informationen (im Gegensatz zu den Tathandlungen anderer Bußgeldtatbestände des § 340) gerade nicht sanktioniert.43

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41 Art. 110 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 enthält nähere Bestimmung zu den Informationspflichten ggü. den zuständigen nationalen Behörden (BaFin). 42 Soweit § 35 Abs. 6 die Abs. 1 bis 5 für entsprechend anwendbar erklärt, ist das unpräzise, da § 35 Abs. 3 von § 340 Abs. 2 Nr. 11 nicht erwähnt ist. Der Verstoß wird allerdings vom Bußgeldtatbestand des § 340 Abs. 2 Nr. 12 erfasst, vgl. auch Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 484. 43 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 485.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340 Abs. 2 Nr. 12 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vorlage einer Unterlage entgegen

§ 340

§ 35 Abs. 3 auch i.V.m. Abs. 6 Nach § 35 Abs. 3 hat die AIF-KVG der BaFin auf Verlangen die in § 35 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Unterlagen (z.B. zum Ende jedes Quartals eine detaillierte Aufstellung sämtlicher von der AIF-KVG verwalteten AIF) vorzulegen. Nach § 35 Abs. 6 gilt Abs. 3 entsprechend für ausländische AIFVerwaltungsgesellschaften, die bereits vor dem im (noch zu erlassenden) delegierten Rechtsakt (Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie) festzulegenden Drittstaatenstichtag nach § 317 oder § 330 ausländische AIF in Deutschland vertreiben oder deren Referenzmitgliedstaat die Bundesrepublik Deutschland ist. § 35 Abs. 7 EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften und ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften haben der BaFin auf Verlangen einen Jahresbericht über jeden von ihr verwalteten inländischen Spezial-AIF für jedes Geschäftsjahr entsprechend den gesetzlichen Vorgaben vorzulegen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 13 Auslagern einer Aufgabe auf ein anderes Unternehmen entgegen

§ 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder Abs. 10 Nach § 36 Abs. 1 kann die KVG Aufgaben auf ein anderes Unternehmen (Auslagerungsunternehmen) unter den in § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 8 genannten Bedingungen auslagern. Nach § 36 Abs. 2 hat die KVG der BaFin eine Auslagerung anzuzeigen, bevor die Auslagerungsvereinbarung in Kraft tritt. Nach § 36 Abs. 3 ist es der KVG verwehrt die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement auf die in § 36 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Unternehmen auszulagern. Das gilt gem. § 36 Abs. 7 bei jeder Unterauslagerung der Portfolioverwaltung oder des Risikomanagements entsprechend. Nach § 36 Abs. 5 darf die KVG Aufgaben nicht in einem Umfang übertragen, der dazu führt, dass sie nicht länger als Verwaltungsgesellschaft angesehen werden kann und zu einer Briefkastenfirma wird. Gem. § 36 Abs. 6 S. 1 darf das Auslagerungsunternehmen die auf ihn ausgelagerten Aufgaben unter den in § 36 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Bedingungen weiter übertragen (Unterauslagerung). Das gilt gem. § 36 Abs. 1 S. 2 entsprechend für jede weitere Unterauslagerung. Nach § 36 Abs. 8 muss die Auslagerung bei OGAW-KVG mit den von der OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft regelmäßig festgesetzten Vorgaben für die Verteilung der Anlagen in Einklang stehen. § 36 Abs. 10 stellt klar, dass § 36 Abs. 1 bis 3 und 5 bis 7 durch Art. 75 bis 82 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 konkretisiert werden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 13 Nichtauflisten einer ausgelagerten Aufgabe im Verkaufsprospekt entgegen

§ 36 Abs. 9 Nach § 36 Abs. 9 hat die KVG im Verkaufsprospekt nach § 165 KAGB (offene Publikumsinvestmentvermögen) oder § 269 (geschlossene inländische Publikums-AIF) die Aufgabe aufzulisten, die sie ausgelagert hat.

§ 340 Abs. 2 Nr. 14 Erwirken einer Erlaubnis aufgrund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise entgegen

§ 39 Abs. 3 Nr. 1 Nach § 39 Abs. 3 Nr. 1 kann die BaFin die Erlaubnis aufheben oder, soweit dies im Einzelfall ausreichend ist, aussetzen, wenn die KVG die Erlaubnis auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige Weise erwirkt hat. Die Tathandlung des Erwirkens erfordert ein zweck- und zielgerichtetes Handeln zur Erreichung der Erteilung einer Erlaubnis nach § 20 KAGB, wobei die falschen Angaben entscheidungserheblich gewesen sein müssen.44 Die

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44 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Heck/Goldbach/Kloster InvG, § 39 Rn. 29; Moritz/Klebeck/Jesch/ Alten KAGB, § 340 Rn. 494 f.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

entsprechende Kausalität muss sich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes beziehen, nicht allein auf dessen Erlass.45 § 340 Abs. 2 Nr. 15 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung einer Information entgegen

§ 44 Abs. 1 Nr. 4 auch i.V.m. der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/ 2013 Nach § 44 Abs. 1 Nr. 4 hat die registrierungspflichtige AIF-KVG die BaFin regelmäßig über die wichtigsten Instrumente, mit denen sie handeln und die größten Risiken und die Konzentrationen der von ihr verwalteten AIF zu unterrichten. § 44 Abs. 8 Nach § 44 Abs. 8 haben die Meldungen nach § 44 Abs. 1 Nr. 4 elektronisch über das Melde- und Veröffentlichungssystem der BaFin zu erfolgen. Ein Verstoß hiergegen stellt indes keine Ordnungswidrigkeit da, weil § 340 Abs. 2 Nr. 15 die „nicht in der vorgeschriebenen Weise“ erfolgende Übermittlung von Informationen (im Gegensatz zu den Tathandlungen anderer Bußgeldtatbestände des § 340) gerade nicht sanktioniert.46

§ 340 Abs. 2 Nr. 16a Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Machen einer Anzeige entgegen

§ 49 Abs. 1 S. 1 auch i.V.m. Abs. 5 S. 1 oder einer Rechtsverordnung nach Abs. 8 Eine OGAW-KVG hat der BaFin die Absicht, eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR (bzw. in einem Drittstaat, sofern eine Rechtsverordnung nach Abs. 8 erlassen ist) zu errichten, um die kollektive Vermögensverwaltung oder Tätigkeiten nach § 20 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 oder 4 auszuüben, unverzüglich anzuzeigen. Ebenso hat eine OGAW-KVG der BaFin die Absicht, im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR (bzw. in einem Drittstaat, sofern eine Rechtsverordnung nach Abs. 8 erlassen ist) die kollektive Vermögensverwaltung oder Tätigkeiten nach § 20 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 oder 4 auszuüben, unverzüglich anzuzeigen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 16b Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Machen einer Anzeige entgegen

§ 49 Abs. 4 S. 1 auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 8 Die OGAW-KVG hat der BaFin und den zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedsstaates der OGAW-KVG Änderungen der Verhältnisse, die nach § 49 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 4 angezeigt wurden, mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Änderungen schriftlich anzuzeigen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 16c Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Machen einer Anzeige entgegen

§ 49 Abs. 6 S. 4 Die OGAW-KVG hat der BaFin und den zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedsstaates der OGAW-KVG bestimmte Änderungen des Geschäftsplans, der nach § 49 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 angezeigt wurden, vor dem Wirksamwerden der Änderungen schriftlich anzuzeigen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 17 Nicht, nicht richtige, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Machen einer Angabe entgegen

§ 53 Abs. 1 auch i.V.m. Abs. 2 Beabsichtigt eine AIF-KVG, die über eine Erlaubnis nach den §§ 20, 22 verfügt, erstmals im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder über eine Zweigniederlassung EU-AIF zu verwalten oder Dienst- und Nebendienstleistungen nach § 20 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 zu erbringen, hat sie der BaFin die in § 53 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben zu machen.

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45 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Heck/Goldbach/Kloster InvG, § 39 Rn. 29; Moritz/Klebeck/Jesch/ Alten KAGB, § 340 Rn. 494. 46 Ebenso Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 500.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

Beabsichtigt eine AIF-KVG, eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zu errichten, hat die AIF-KVG der BaFin zusätzlich zu den Angaben nach § 53 Abs. 1 die in § 53 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 genannten Angaben zu übermitteln. § 340 Abs. 2 Nr. 18 Beginn der Verwaltung von EU-AIF oder der Erbringung von Dienst- und Nebendienstleistungen entgegen

§ 53 Abs. 4 S. 2 Die BaFin übermittelt die Angaben und Unterlagen nach § 53 Abs. 1 (bzw. § 53 Abs. 2) binnen eines Monats (bzw. zwei Monaten) an die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedsstaates der AIF-KVG, wenn kein Grund zur Annahme eines Verstoßes gegen Vorschriften des KAGB gegeben ist. Über die Übermittlung der Unterlagen wird die AIF-KVG sodann gem. § 53 Abs. 4 S. 1 unterrichtet. Die AIF-KVG darf erst nach dem Eingang der Übermittlungsmeldung in dem jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat mit der Verwaltung von EUAIF oder der Erbringung von Dienst- und Nebendienstleistungen beginnen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 19 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Erstattung einer Anzeige entgegen

§ 53 Abs. 5 Die AIF-KVG hat der BaFin eine Änderung der nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 übermittelten Angaben mindestens einen Monat vor der Durchführung der geplanten Änderungen schriftlich anzuzeigen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 20 Verwaltung eines EU-AIF entgegen

§ 65 Abs. 147 Die Verwaltung eines EU-AIF durch eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft, für die die Bundesrepublik Deutschland gem. § 56 Referenzmitgliedsstaat ist und die über eine Erlaubnis nach § 58 verfügt, im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder über eine Zweigniederlassung setzt voraus, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft der BaFin die in § 65 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben übermittelt. Im Gegensatz zu dem für AIF-KVG parallelen Bußgeldtatbestand in § 340 Abs. 2 Nr. 17,48 dessen Tathandlung die Zuwiderhandlung von Pflichten zur Übermittlung von Angaben ist, besteht die Tathandlung des § 340 Abs. 2 Nr. 20 in der Verwaltung eines EU-AIF.49 Wird die Verwaltung des EU-AIF begonnen, bevor die in § 65 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben übermittelt sind, ist der Bußgeldtatbestand erfüllt.

340 Abs. 2 Nr. 21 Errichten einer Zweigniederlassung entgegen

§ 65 Abs. 2 Die Errichtung einer Zweigniederlassung durch eine ausländische AIFVerwaltungsgesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR setzt voraus, dass die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft der BaFin zusätzlich zu den Angaben nach § 65 Abs. 1 die in § 65 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 genannten Informationen übermittelt. Wird die Zweigniederlassung errichtet, bevor die in § 65 Abs. 2 genannten Angaben übermittelt sind, ist der Bußgeldtatbestand erfüllt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 22 Beginn der Verwaltung von EU-AIF entgegen

§ 65 Abs. 4 S. 2 Die BaFin übermittelt die Angaben und Unterlagen nach § 65 Abs. 1 (bzw. § 65 Abs. 2) binnen eines Monats (bzw. zwei Monaten) an die zuständigen Stellen des Aufnahmemitgliedsstaates der ausländischen AIF-Verwal-

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47 Zum Anwendbarkeitszeitpunkt der §§ 56 bis 66 siehe die Kommentierung zu § 344 Rn. 4. 48 Vgl. zur Parallelität der §§ 53 und 65 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Geurts/Schubert InvG, § 65 Rn. 2. 49 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 27; a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 103 (zu § 340 Abs. 2 Nr. 8 a.F.). § 5 OWiG steht einer Ahndung von außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des OWiG begangenen Handlungen nicht entgegen, da die räumliche Ausdehnung ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist, vgl. Mitsch/Rogall § 5 Rn. 32. Entsprechendes gilt für die Tatbestände des § 340 Abs. 2 Nr. 21 und 22.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

tungsgesellschaft, wenn kein Grund zur Annahme eines Verstoßes gegen Vorschriften des KAGB gegeben ist. Über die Übermittlung der Unterlagen wird die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft sodann gem. § 65 Abs. 4 S. 1 unterrichtet. Erst nach Eingang der Übermittlungsmeldung darf die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft mit der Verwaltung von EUAIF im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat beginnen. § 340 Abs. 2 Nr. 23 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Machen einer Anzeige entgegen

§ 65 Abs. 5 Die ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft hat der BaFin eine Änderung der nach § 65 Abs. 1 oder Abs. 2 übermittelten Angaben mindestens einen Monat vor der Durchführung der Änderung, oder, bei ungeplanten Änderungen, unverzüglich nach Eintreten der Änderung, schriftlich anzuzeigen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 24a Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Erstellung eines Jahresberichts entgegen

§ 67 Abs. 1 S. 1 Die AIF-KVG ist verpflichtet, für jeden verwalteten EU-AIF und für jeden in der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR vertriebenen EU-AIF oder ausländischen AIF für jedes Geschäftsjahr spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres einen Jahresbericht gem. § 67 Abs. 3 zu erstellen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 24b Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Erstellung eines Jahres-, Halbjahres-, Zwischen-, Auflösungs- oder Abwicklungsberichts entgegen

§ 101 Abs. 1 S. 1, den §§ 103, 104 Abs. 1 S. 1 oder § 105 Abs. 1 oder 2, jeweils auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach § 106 S. 150 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten Bestimmungen zur Finanzpublizität von Sondervermögen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 24c Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Aufstellung eines Jahresabschlusses, Lage-, Halbjahresfinanz-, Auflösungs- oder Abwicklungsberichts entgegen

§ 120 Abs. 1 S. 2 i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 8,51 jeweils auch i.V.m. § 122 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 oder § 148 Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1, jeweils auch i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten Spezialvorschriften zur Finanzpublizität von Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, die gem. § 148 für Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital entsprechend gelten (ggf. i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2).

§ 340 Abs. 2 Nr. 24d Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Erstellung eines Jahresberichts entgegen

§ 135 Abs. 1, auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 11 S. 1,52 jeweils auch i.V.m. § 158, auch i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2 § 135 enthält eine Spezialvorschrift zum Jahresbericht offener Investmentkommanditgesellschaften, die gem. § 158 für geschlossene Investmentkommanditgesellschaften entsprechend gilt (ggf. i.V.m. § 291 Abs. 1 Nr. 2).

§ 340 Abs. 2 Nr. 25 Wiederverwenden eines Vermögensgegenstandes entgegen

§ 70 Abs. 5 Die OGAW-Verwahrstelle darf die zum inländischen OGAW gehörenden Vermögensgegenstände nicht wiederverwenden. Als Wiederverwendung gilt nach § 70 Abs. 5 S. 2 jede Transaktion verwahrter Vermögensgegenstände, einschließlich Übertragung, Verpfändung, Verkauf und Leihe. Hin-

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Vgl. die relevanten Vorschriften in der KARBV, der KAPrüfbV und der DerivateV. KARBV. KARBV.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

sichtlich der Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten verweist § 70 Abs. 5 S. 2 auf Art. 15 der Verordnung (EU) 2015/ 2365. § 85 Abs. 3 Im Hinblick auf Spezial-AIF darf die AIF-Verwahrstelle die in § 81 genannten Vermögensgegenstände nicht ohne vorherige Zustimmung des inländischen Spezial-AIF oder der für Rechnung des inländischen Spezial-AIF tätigen AIF-Verwaltungsgesellschaft wiederverwenden; bei Publikums-AIF ist eine Wiederverwendung nur unter den Voraussetzungen des § 70 Abs. 5 zulässig. § 85 Abs. 3 verweist hinsichtlich der Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten auf Art. 15 der Verordnung (EU) 2015/2365 sowohl für Spezial-IF als auch für Publikums-AIF. § 340 Abs. 2 Nr. 26 Ausgabe eines Anteils oder einer Aktie ohne volle Leistung des Ausgabepreises entgegen

§ 71 Abs. 1 S. 2 Nach § 71 Abs. 1 S. 2 dürfen OGAW-Verwahrstellen Anteile oder Aktien eines inländischen OGAW nur gegen volle Leistung des Ausgabepreises ausgeben werden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 26 Nichtsicherstellen, dass sämtliche Zahlungen bei der Zeichnung von Anteilen geleistet wurden, entgegen

§ 83 Abs. 6 S. 1 Nach § 83 Abs. 6 S. 1 hat die AIF-Verwahrstelle sicherzustellen, dass die Zahlungsströme der inländischen AIF ordnungsgemäß überwacht werden und dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Zahlungen von Anlegern oder im Namen von Anlegern bei der Zeichnung von Anteilen eines inländischen AIF geleistet wurden. Da § 340 Abs. 2 Nr. 26 nur auf den zweiten Halbsatz von § 83 Abs. 6 S. 1 verweist, erfasst der Bußgeldtatbestand nur den Verstoß gegen die Pflicht, für Zahlungseingang bei Anteilszeichnung zu sorgen, vgl. aber § 340 Abs. 2 Nr. 29.53

§ 340 Abs. 2 Nr. 27 Verwahrung eines Vermögensgegenstandes entgegen

§ 72 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 oder § 81 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 § 72 Abs. 1 Nr. 1 und 2 enthält bestimmte Vorgaben, die die OGAW-Verwahrstelle bei der Verwahrung von Vermögensgegenstände des inländischen OGAW oder der für Rechnung des inländischen OGAW handelnden OGAWVerwaltungsgesellschaft zu berücksichtigen hat. § 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 enthält bestimmte Vorgaben, die die AIFVerwahrstelle bei der Verwahrung von Vermögensgegenständen des inländischen AIF oder der für Rechnung des inländischen AIF handelnden AIF-Verwaltungsgesellschaft zu berücksichtigen hat.

§ 340 Abs. 2 Nr. 28 Nicht regelmäßige Übermittlung einer umfassenden Aufstellung sämtlicher Vermögensgegenstände entgegen

§ 72 Abs. 1 Nr. 3 Nach § 72 Abs. 1 Nr. 3 hat die OGAW-Verwahrstelle der OGAW-Verwaltungsgesellschaft regelmäßig eine umfassende Aufstellung sämtlicher Vermögensgegenstände des inländischen OGAW zu übermitteln. Keine näheren Angaben beinhaltet die Vorschrift hinsichtlich der Übermittlungsfrequenz.

§ 340 Abs. 2 Nr. 29 Verbuchen von Geldbeträgen entgegen

§ 74 Abs. 1 Nach § 74 Abs. 1 hat die OGAW-Verwahrstelle die in § 74 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 aufgezählten – dem OGAW zustehenden – Geldbeträge, auf einem Konto zu verbuchen, das für den inländischen OGAW eingerichtet und gesperrt ist.

§ 340 Abs. 2 Nr. 29 Verbuchung von Geldern entgegen

74 Abs. 3 oder § 83 Abs. 6 S. 2 und 3 Nach § 74 Abs. 3 sind die gesperrten Konten auf den Namen des inländischen OGAW, auf den Namen der OGAW-Verwaltungsgesellschaft, die für Rechnung des inländischen OGAW tätig ist, oder auf den Namen der Ver-

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Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 506.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

wahrstelle, die für Rechnung des inländischen OGAW tätig ist, zu eröffnen und gem. den in Artikel 16 der MiFID-Durchführungsrichtlinie54 festgelegten Grundsätzen zu führen. Werden Geldkonten auf den Namen der Verwahrstelle eröffnet, dürfen keine Geldmittel der Verwahrstelle selbst auf solchen Konten verbucht werden. Dies gilt gem. § 83 Abs. 6 S. 2 und 6 in vergleichbarer Weise für AIF-Verwahrstellen. § 340 Abs. 2 Nr. 29 Nicht ordnungsgemäße Überwachung eines Zahlungsstroms entgegen

§ 83 Abs. 6 S. 1 Nach § 83 Abs. 6 S. 1 hat die AIF-Verwahrstelle sicherzustellen, dass die Zahlungsströme der inländischen AIF ordnungsgemäß überwacht werden und insbesondere dafür zu sorgen, dass sämtliche Zahlungen von Anlegern oder im Namen von Anlegern bei der Zeichnung von Anteilen eines inländischen AIF geleistet wurden. Da § 340 Abs. 2 Nr. 29 nur auf den ersten Halbsatz von § 83 Abs. 6 S. 1 verweist, erfasst der Bußgeldtatbestand nur den Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Überwachung der Zahlungsströme.

§ 340 Abs. 2 Nr. 30 Nichtsicherstellen einer Anforderung nach

§ 76 Abs. 1 oder § 83 Abs. 1 Nach § 76 Abs. 1 hat die OGAW-Verwahrstelle und nach § 83 Abs. 1 die AIFVerwahrstelle sicherzustellen, dass die in § 76 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bzw. in § 83 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Pflichten erfüllt sind.

§ 340 Abs. 2 Nr. 30 Nichtausführung einer Weisung entgegen

§ 76 Abs. 2 Nach § 76 Abs. 2 hat die OGAW-Verwahrstelle die Weisungen der OGAWVerwaltungsgesellschaft auszuführen, sofern diese nicht gegen gesetzliche Vorschriften, die Anlagebedingungen oder die Satzung verstoßen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 31 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Bekanntmachung eines Jahres-, Halbjahres-, Auflösungs- oder Abwicklungsberichts entgegen

§ 107 Abs. 1 oder 2 Der Jahresbericht eines OGAW-Sondervermögens ist spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres, der Jahresbericht eines AIFPublikumssondervermögens spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Der Halbjahresbericht eines Publikumssondervermögens ist spätestens zwei Monate nach dem Stichtag im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Der Auflösungs- und der Abwicklungsbericht eines Publikumssondervermögens ist spätestens drei Monate nach dem Stichtag im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 31 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Bekanntmachung eines Jahresabschlusses, eines Lage- oder eines Halbjahresberichtes entgegen

§ 123 Abs. 1 oder 2 Die gleichen Pflichten treffen gem. § 123 Abs. 1 und 2 die Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital im Hinblick auf den Jahresabschluss, Lagebericht oder Halbjahresabschluss.

§ 340 Abs. 2 Nr. 32 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges oder nicht rechtzeitiges Einreichen oder nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht

§ 107 Abs. 3, § 123 Abs. 5, auch i.V.m. § 148 Abs. 1, oder entgegen § 160 Abs. 4 Publikumssondervermögen, Publikumsinvestmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital sowie geschlossene Publikumsinvestmentkommanditgesellschaften haben die zu erstellenden Jahres-, Halbjahres-, Zwischen-, Auflösungs- sowie

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Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10.8.2006, ABl. EU vom 2.9.2006, L 241/41.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

rechtzeitige Zurverfügungstellung eines Berichts entgegen

Abwicklungsberichte bzw. Jahresabschlüsse und Lageberichte unverzüglich nach erstmaliger Verwendung (§ 107 Abs. 3) bzw. Feststellung (§ 123 Abs. 5) bzw. Erstellung (§§ 123 Abs. 5, 160 Abs. 4) bei der BaFin einzureichen. Auf Anfrage der BaFin sind ihr auch für die EU-OGAW, die von einer OGAW-KVG nach den §§ 51 und 52 verwaltet werden, die Berichte nach § 107 Abs. 3 S. 1 zur Verfügung zu stellen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 33 Betreiben des Geschäfts einer extern verwalteten OGAWInvestmentaktiengesellschaft entgegen

§ 113 Abs. 1 S. 1 Nach § 113 Abs. 1 S. 1 bedarf die extern verwaltete OGAW-Investmentaktiengesellschaft zum Geschäftsbetrieb der schriftlichen Erlaubnis durch die BaFin.55

§ 340 Abs. 2 Nr. 34 Erwirken einer Erlaubnis aufgrund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise entgegen

§ 113 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Nach § 113 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 kann die BaFin die Erlaubnis aufheben oder, soweit dies im Einzelfall ausreichend ist, aussetzen, wenn die OGAWInvestmentaktiengesellschaft die Erlaubnis auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige Weise erwirkt hat. Der Bußgeldtatbestand ist vergleichbar mit dem in § 340 Abs. 2 Nr. 14. Auch hier erfordert die Tathandlung des Erwirkens ein zweck- und zielgerichtetes Handeln zur Erreichung der Erteilung einer Erlaubnis, wobei die falschen Angaben entscheidungserheblich gewesen sein müssen.56 Die entsprechende Kausalität muss sich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes beziehen, nicht allein auf dessen Erlass.57

§ 340 Abs. 2 Nr. 35 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges oder nicht rechtzeitiges Machen einer Anzeige entgegen

§ 114 S. 1, § 130 S. 1, § 145 S. 1, § 155 S. 1 Intern verwaltete Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital und intern verwaltete Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital haben der BaFin und den Aktionären unverzüglich anzuzeigen, wenn das Gesellschaftsvermögen den Wert des Anfangskapitals oder den Wert der zusätzlich erforderlichen Eigenmittel gem. § 25 unterschreitet. Unverzüglich anzuzeigen haben dies der BaFin und den Anlegern auch die intern verwaltete offene Investmentkommanditgesellschaft und die intern verwaltete geschlossene Investmentkommanditgesellschaft.

§ 340 Abs. 2 Nr. 36 Beifügen der Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt entgegen

§ 163 Abs. 2 S. 8 auch i.V.m. § 267 Abs. 2 S. 2 Nach § 163 Abs. 1 S. 1 bedürfen die für offene Publikumsinvestmentvermögen zu erstellenden Anlagebedingungen sowie deren Änderungen der Genehmigung der BaFin. Dementsprechend darf die Verwaltungsgesellschaft die Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt gem. § 163 Abs. 2 S. 8 nur beifügen, wenn die Genehmigung nach § 163 Abs. 1 S. 1 erteilt worden ist. Nach § 267 Abs. 2 S. 2 gilt dies entsprechend auch für geschlossene inländische Publikums-AIF.

§ 340 Abs. 2 Nr. 37 Nicht, nicht richtiges oder nicht vollständiges Zugänglichmachen der Anlagebedingungen entgegen

§ 163 Abs. 2 S. 9 Bei offenen Publikumsinvestmentvermögen sind die von der BaFin genehmigten Anlagebedingungen dem Publikum in der jeweils geltenden Fassung auf der Internetseite der KVG oder der EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft zugänglich zu machen.

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55 Zu den Tatbestandsmerkmalen „Betreiben“ und „ohne Erlaubnis“ siehe die Kommentierung zu § 339. 56 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Heck/Goldbach/Kloster InvG, § 39 Rn. 29; Moritz/Klebeck/Jesch/ Alten KAGB, § 340 Rn. 531. 57 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Heck/Goldbach/Kloster InvG, § 39 Rn. 29; Moritz/Klebeck/Jesch/ Alten KAGB, § 340 Rn. 531.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 2 Nr. 38 Nicht, nicht richtiges oder nicht vollständiges Erstellen oder Zugänglichmachen eines Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen entgegen

§ 164 Abs. 1 S. 1 oder §§ 165, 166 Die KVG bzw. die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft hat für die von ihr verwalteten offenen Publikumsinvestmentvermögen den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen zu erstellen und dem Publikum in der jeweils aktuellen Fassung auf der Internetseite zugänglich zu machen. § 165 enthält Vorgaben zu Mindestangaben des Verkaufsprospekts; § 166 Vorgaben zu Inhalt, Form und Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen.58

§ 340 Abs. 2 Nr. 39 Zugänglichmachen eines Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen entgegen

§ 164 Abs. 1 S. 2 Bei offenen AIF-Publikumsinvestmentvermögen dürfen Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen dem Publikum erst zugänglich gemacht werden, wenn das Vertriebsanzeigeverfahren gem. § 316 abgeschlossen ist.

§ 340 Abs. 2 Nr. 40 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges oder nicht rechtzeitiges Einreichen eines Verkaufsprospektes, der wesentlichen Anlegerinformationen oder einer Änderung

§ 164 Abs. 4 S. 1 oder § 164 Abs. 5 Nach § 164 Abs. 4 S. 1 hat die OGAW-KVG oder die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft der BaFin für die von ihr verwalteten inländischen OGAW den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen sowie nach § 165 Abs. 5 alle Änderungen hiervon unverzüglich nach erstmaliger Verwendung einzureichen. Dabei ist unter „erstmaliger Verwendung“ der erste bestimmungsgemäße Gebrauch zu verstehen, z.B. die Bereitstellung für die Anleger.

§ 340 Abs. 2 Nr. 40 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Zurverfügungstellung entgegen

§ 164 Abs. 4 S. 2 Nach § 164 Abs. 4 S. 2 hat die OGAW-KVG der BaFin auf Anfrage auch den Verkaufsprospekt für die von ihr nach den §§ 49 und 50 verwalteten EUOGAW zur Verfügung zu stellen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 41 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Veröffentlichung entgegen

§ 170 S. 2 Gibt die KVG oder die Verwahrstelle den Ausgabepreis von Anteilen oder Aktien bekannt, so ist sie gem. § 170 S. 1 verpflichtet, auch den dazu gehörenden Rücknahmepreis bekannt zu geben. Wird der Rücknahmepreis bekannt gegeben, muss auch der Ausgabepreis veröffentlicht werden. Daneben ist die KVG oder die Verwahrstelle auch verpflichtet, den Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie zu veröffentlichen (§ 170 S. 2).59 § 170 S. 2 bestimmt nun, dass Ausgabe- und Rücknahmepreis sowie der Nettoinventarwert je Anteil oder Aktie bei jeder Möglichkeit zur Ausgabe oder Rücknahme von Anteilen oder Aktien in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder im Verkaufsprospekt oder in den in den wesentlichen Anlegerinformationen bezeichneten elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen sind. Für OGAW beträgt die Mindestfrequenz zwei Veröffentlichungen im Monat.

§ 340 Abs. 2 Nr. 42 Anlage in Anteile eines Masterfonds entgegen

§ 174 Abs. 1 S. 1 Die KVG hat für einen Feederfonds mindestens 85% des Wertes des Feederfonds in Anteile eines Masterfonds anzulegen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 43 Anlage in einen Masterfonds entgegen

§ 174 Abs. 1 S. 2 Der Feederfonds darf erst dann über die für ihn geltenden Anlagegrenzen hinaus in Anteile eines Masterfonds anlegen, wenn die Genehmigung nach § 71 erteilt worden ist und die Master-Feeder-Vereinbarung nach § 175 Abs. 1 und, falls erforderlich, die Verwahrstellenvereinbarung nach § 175 Abs. 2 und die Abschlussprüfervereinbarung nach § 175 Abs. 3 wirksam geworden sind.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 535. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Schultheiß InvG, § 170 Rn. 6 f.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 2 Nr. 44 Beginn einer Abwicklung entgegen

§ 178 Abs. 1 Die Abwicklung eines inländischen Masterfonds darf frühestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beginnen, zu dem alle Anleger und im Fall von inländischen Feederfonds und EU-Feeder-OGAW, die zuständige Behörde über die verbindliche Entscheidung der Abwicklung informiert worden sind.

§ 340 Abs. 2 Nr. 45 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges oder nicht rechtzeitiges Machen einer Mitteilung oder nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgesehenen Weise oder nicht rechtzeitige Unterrichtung der Anleger entgegen

§ 178 Abs. 5 S. 1 Die KVG des Feederfonds hat eine beabsichtigte Abwicklung des Feederfonds der BaFin spätestens zwei Monate nach Kenntnisnahme der geplanten Abwicklung des Masterfonds mitzuteilen. Die Anleger des Feederfonds sind hiervon unverzüglich durch eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger und mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten.

§ 340 Abs. 2 Nr. 46 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Zurverfügungstellung einer Information entgegen

§ 180 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 Im Fall einer Umwandlung eines inländischen OGAW oder eines Sonstigen Investmentvermögens in einen Feederfonds oder bei einem beabsichtigten Wechsel des Masterfonds hat die KVG den Anlegern die in § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 genannten Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen müssen spätestens 30 Tage vor dem Datum der ersten Anlage des Feederfonds in dem Masterfonds oder, wenn er bereits in dem Masterfonds angelegt hat, dem Datum des Tages, an dem seine Anlagen die bisher für ihn geltenden Anlagegrenzen übersteigen werden, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden.

§ 179 Abs. 6 S. 1 Die KVG des Feederfonds hat der BaFin eine beabsichtigte Abwicklung des Feederfonds spätestens einen Monat nach Kenntnis der geplanten Verschmelzung oder Spaltung des Masterfonds mitzuteilen. Die Anleger des Feederfonds sind hiervon unverzüglich durch eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger und mittels eines dauerhaften Datenträgers zu unterrichten.

§ 180 Abs. 2 S. 1 Im Fall einer Umwandlung eines EU-OGAW in einen EU-Feeder-OGAW oder, wenn ein EU-OGAW als Feederfonds seinen Masterfonds ändert und der EU-OGAW oder der EU-Feeder-OGAW bereits gem. § 310 zum Vertrieb angezeigt wurde, sind die in Art. 64 Abs. 1 der OGAW IV-RL genannten Informationen den Anlegern in deutscher Sprache auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. § 340 Abs. 2 Nr. 47 Übermitteln einer Verschmelzungsinformation entgegen

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§ 186 Abs. 2 S. 1 auch i.V.m. § 191 Abs. 1 oder Abs. 2 Nach § 186 Abs. 1 S. 1 sind im Fall einer geplanten Verschmelzung von offenen Publikumsinvestmentvermögen den Anlegern des übertragenden Sondervermögens und des übernehmenden Sondervermögens oder EUOGAW von der KVG geeignete und präzise Informationen zu übermitteln. Die Verschmelzungsinformationen sind den Anlegern erst zu übermitteln, nachdem die BaFin oder, bei der Verschmelzung eines EU-OGAW auf ein OGAW-Sondervermögen, die zuständigen Stellen des Herkunftsstaates die geplante Verschmelzung genehmigt haben. Bußgeldbewehrt ist die zu frühe Übermittlung, nicht das Unterlassen derselben. § 191 Abs. 1 bestimmt die entsprechende Anwendung von § 186 Abs. 2 S. 1, soweit an Verschmelzungsvorgängen neben Sondervermögen oder EU-OGAW auch eine oder mehrere Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital oder ein oder mehrere Teilgesellschaftsvermögen

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§ 340

Bußgeldvorschriften

einer Investmentaktiengesellschaft beteiligt sind.60 Nach § 191 Abs. 2 ist § 186 Abs. 2 S. 1 entsprechend anwendbar auf die Verschmelzung eines EU-OGAW ins Inland auf eine OGAW-Investmentaktiengesellschaft oder auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer OGAW-Investmentaktiengesellschaft.61 § 340 Abs. 2 Nr. 48 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Einreichen einer Verschmelzungsinformation entgegen

§ 186 Abs. 4 S. 1 auch i.V.m. § 191 Abs. 1 oder Abs. 2 Wurde die Absicht, EU-OGAW-Investmentanteile am übertragenden oder übernehmenden EU-OGAW im Geltungsbereich des KAGB zu vertreiben, gem. § 310 angezeigt, müssen die Verschmelzungsinformationen der BaFin unverzüglich in deutscher Sprache eingereicht werden. § 191 Abs. 1 bestimmt die entsprechende Anwendung von § 186 Abs. 4 S. 1, soweit an Verschmelzungsvorgängen neben Sondervermögen oder EU-OGAW auch eine oder mehrere Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital oder ein oder mehrere Teilgesellschaftsvermögen einer Investmentaktiengesellschaft beteiligt sind.62 Nach § 191 Abs. 2 ist § 186 Abs. 4 S. 1 entsprechend anwendbar auf die Verschmelzung eines U-OGAW ins Inland auf eine OGAW-Investmentaktiengesellschaft oder auf ein Teilgesellschaftsvermögen einer OGAW-Investmentaktiengesellschaft.63

§ 340 Abs. 2 Nr. 49a Erwerben eines Vermögensgegenstandes oder Investieren in einen Vermögensgegenstand entgegen

§§ 192, 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1, 196 Abs. 1, § 210 Abs. 1 S. 1 oder S. 4, Abs. 2 oder Abs. 3, § 219 Abs. 1 oder Abs. 2, § 221 Abs. 1 oder § 225 Abs. 2 S. 2 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten eine Vielzahl von Bestimmungen für die zulässige Investition in Vermögensgegenstände bzw. ihren Erwerb.

§ 340 Abs. 2 Nr. 49b Erwerben eines Vermögensgegenstandes oder Investieren in einen Vermögensgegenstand entgegen

§ 231 Abs. 1, § 234 S. 1, § 239 oder § 261 Abs. 1 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten eine Vielzahl von Bestimmungen für die zulässige Investition in Vermögensgegenstände bzw. ihren Erwerb.

§ 340 Abs. 2 Nr. 50 Halten eines Vermögensgegenstandes oder Betrages entgegen

§ 195 S. 1 Die OGAW-KVG darf für Rechnung eines inländischen OGAW nur Bankguthaben halten, die eine Laufzeit von höchstens zwölf Monaten haben. § 234 S. 1 Die AIF-KVG darf für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften nur erwerben und halten, wenn die in § 234 S. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. § 253 Abs. 1 S. 1 Die AIF-KVG darf für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens einen Betrag, der insgesamt 49% des Wertes des Sondervermögens entspricht, nur in den in § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Vermögensgegenständen halten.

§ 340 Abs. 2 Nr. 51 Berechnung eines Ausgabeaufschlages oder eines Rücknahmeabschlages entgegen

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§ 196 Abs. 2 Beim Erwerb von Anteilen an OGAW, Anteilen an anderen inländischen Sondervermögen und Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital sowie Anteilen an EU-OGAW-, EU-AIF und ausländischen offenen

Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Geese/Wülfert InvG, § 191 Rn. 3. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Geese/Wülfert InvG, § 191 Rn. 11. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Geese/Wülfert InvG, § 191 Rn. 3. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Geese/Wülfert InvG, § 191 Rn. 11.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

AIF, die direkt oder indirekt von derselben OGAW-KVG oder einer mit ihr durch wesentliche Beteiligung verbundenen Gesellschaft verwaltet werden, darf die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder die andere Gesellschaft nach § 196 Abs. 2 für den Erwerb und die Rücknahme keine Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge berechnen. § 340 Abs. 2 Nr. 52 Investieren in ein Derivat, Tätigen eines Geschäfts oder Nichterfüllung einer Voraussetzung oder Pflicht entgegen

§ 197 Abs. 1 S. 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 364 Der inländische OGAW darf zu Investmentzwecken nur in Derivate, die von den dort genannten Basiswerten abgeleitet sind, investieren.

§ 340 Abs. 2 Nr. 53 Nichtsicherstellen, dass sich das Marktrisikopotenzial höchstens verdoppelt, entgegen

§ 197 Abs. 2 auch i.V.m. einer Rechtsverordnung nach Abs. 3 S. 1 Nr. 165 Die OGAW-Verwaltungsgesellschaft muss sicherstellen, dass sich das Marktrisikopotenzial eines inländischen OGAW durch den Einsatz von Derivaten und Finanzinstrumenten mit derivativer Komponente gem. § 197 Abs. 1 höchstens verdoppelt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 54 Anlegen in einen Vermögengegenstand entgegen

§§ 198, 206 Abs. 1 oder Abs. 2, auch i.V.m. den §§ 208, 206 Abs. 3 S. 1 oder Abs. 4, den §§ 207, 219 Abs. 5, § 221 Abs. 3 oder Abs. 4, § 222 Abs. 2 S. 2 oder § 225 Abs. 2 S. 1 oder Abs. 4 S. 1 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten Anlagegrenzen für bestimmte KVG (inländische OGAW verwaltende OGAW-KVG, Gemischte Investmentvermögen, Sonstige Investmentvermögen und Dach-Hedgefonds verwaltende AIF-KVG).

§ 340 Abs. 2 Nr. 55 Übertragung von Wertpapieren entgegen

§ 200 Abs. 1 S. 1 auch i.V.m. § 204 Abs. 1 oder Abs. 2 oder eine Rechtsverordnung nach Abs. 3 OGAW-KVG dürfen für Rechnung des inländischen OGAW Wertpapiere an einen Dritten (Wertpapierdarlehensnehmer) nur gegen ein marktgerechtes Entgelt und nur mit der Maßgabe übertragen, dass der Wertpapierdarlehensnehmer der OGAW-KVG für Rechnung des inländischen OGAW Wertpapiere von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten hat (Wertpapierdarlehen) und wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist.

§ 261 Abs. 3 Für geschlossene inländische Publikums-AIF dürfen Geschäfte, die Derivate zum Gegenstand haben, nur zur Absicherung von gehaltenen Vermögensgegenständen gegen einen Wertverlust getätigt werden.

§ 200 Abs. 2 S. 1 auch i.V.m. § 204 Abs. 1 oder Abs. 2 oder eine Rechtsverordnung nach Abs. 3 OGAW-KVG dürfen Wertpapiere im Rahmen eines Wertpapierdarlehens nur übertragen, wenn sie sich vor Übertragung oder Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere für Rechnung des inländischen OGAW Sicherheiten in ausreichendem Umfang (§ 200 Abs. 2 S. 2, 3 und § 200 Abs. 3) haben gewähren lassen. Durch die mit dem OGAW-V-UmsG eingefügte Verbindung von § 200 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 zu § 204 Abs. 1 oder § 204 Abs. 2 oder einer Rechtsverordnung nach § 240 Abs. 3 wurde der Bußgeldtatbestand auf Geschäfte mit den §§ 192 bis 211 KAGB genannten Vermögensgegenständen erweitert.66

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DerivateV. DerivateV. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 272.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 2 Nr. 56 Gewährung eines Darlehens entgegen

§ 200 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 auch i.V.m. § 204 Abs. 1 oder Abs. 2 oder eine Rechtsverordnung nach Abs. 3 Wertpapierdarlehen dürfen einem Wertpapierdarlehensnehmer nur insoweit gewährt werden, als der Kurswert der zu übertragenden Wertpapiere zusammen mit dem Kurswert der für Rechnung des inländischen OGAW dem Wertpapierdarlehensnehmer bereits als Wertpapierdarlehen übertragenen Wertpapiere 10% des Wertes des inländischen OGAW nicht übersteigt. Durch die mit dem OGAW-V-UmsG eingefügte Verbindung von § 200 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 zu § 204 Abs. 1 oder § 204 Abs. 2 oder einer Rechtsverordnung nach § 240 Abs. 3 wurde der Bußgeldtatbestand auf Geschäfte mit den §§ 192 bis 211 KAGB genannten Vermögensgegenständen erweitert.67 § 240 Abs. 1 Die AIF-KVG darf einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens ein Darlehen nur gewähren, wenn die § 240 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 340 Abs. 2 Nr. 57 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erstattung einer Anzeige entgegen

§ 200 Abs. 4 auch i.V.m. § 204 Abs. 1 oder Abs. 2 oder eine Rechtsverordnung nach Abs. 3 Die OGAW-KVG hat der BaFin im Zusammenhang mit der Gewährung von Wertpapierdarlehen unverzüglich die Unterschreitung des Wertes der Sicherheitsleistung unter den Sicherungswert unter Darlegung des Sachverhalts anzuzeigen. Durch die mit dem OGAW-V-UmsG eingefügte Verbindung von § 200 Abs. 4 zu § 204 Abs. 1 oder § 204 Abs. 2 oder einer Rechtsverordnung nach § 240 Abs. 3 wurde der Bußgeldtatbestand auf Geschäfte mit den §§ 192 bis 211 KAGB genannten Vermögensgegenständen erweitert.68

§ 340 Abs. 2 Nr. 58 Abschließen eines Pensionsgeschäfts entgegen

§ 203 S. 1 auch i.V.m. § 204 Abs. 1 oder Abs. 2 oder eine Rechtsverordnung nach Abs. 3 OGAW-KVG dürfen für Rechnung eines inländischen OGAW Pensionsgeschäfte i.S.d. § 340b Abs. 2 HGB mit Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten auf der Grundlage standardisierter Rahmenverträge nur abschließen, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist. Durch die mit dem OGAW-V-UmsG eingefügte Verbindung von § 203 S. 1 zu § 204 Abs. 1 oder § 204 Abs. 2 oder einer Rechtsverordnung nach § 240 Abs. 3 wurde der Bußgeldtatbestand auf Geschäfte mit den §§ 192 bis 211 KAGB genannten Vermögensgegenständen erweitert.69

§ 340 Abs. 2 Nr. 59a Durchführung eines Leerverkaufs entgegen

§ 205 S. 1 auch i.V.m. § 218 S. 2, § 220 oder 284 Abs. 1 Nach § 205 S. 1 darf die KVG bei der Verwaltung inländischer OGAW für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger keine Vermögensgegenstände i.S.d. §§ 193, 194 und 196 verkaufen, wenn die jeweiligen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum inländischen OGAW gehören69a (Leerverkäufe). § 205 S. 1 gilt gem. § 218 S. 2 auch für die Verwaltung von Gemischten Sondervermögen, gem. § 220 für die Verwaltung von Sonstigen Investmentvermögen nach Maßgabe der §§ 220 bis 224 und gem. § 284 Abs. 1 für offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen.

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67 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 275. 68 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 279. 69 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 282. 69a Zur Frage der materiellen Korrektur einer formellen Auslegung des Begriffs „gehören“ und zur Frage, ob auch gedeckte Leerverkäufe unter das Leerverkaufsverbot fallen, vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten § 340 Rn. 39 f. (zu § 340 Abs. 1 Nr. 4 a.F.).

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 2 Nr. 59b Durchführung eines Leerverkaufs entgegen

§ 225 Abs. 1 S. 3 Leerverkäufe dürfen für Dach-Hedgefonds nicht durchgeführt werden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 59c Durchführung eines Leerverkaufs entgegen

265 S. 1 Das Leerverkaufsverbot gilt gem. § 265 S. 1 auch für die Verwaltung von geschlossenen inländischen Publikums-AIF.

§ 340 Abs. 2 Nr. 59d Durchführung eines Leerverkaufs entgegen

§ 276 Abs. 1 S. 1 Das Leerverkaufsverbot gilt gem. § 276 Abs. 1 S. 1 auch für die Verwaltung inländischer Spezial-AIF.

§ 340 Abs. 2 Nr. 60 Nichtsicherstellen, dass der Gesamtwert der Schuldverschreibungen einen Wert des inländischen OGAW nicht übersteigt, entgegen

§ 206 Abs. 3 S. 2 Legt die OGAW-KVG mehr als 5% des Wertes des inländischen OGAW in Schuldverschreibungen desselben Emittenten nach § 206 Abs. 3 S. 1 an, hat sie sicherzustellen, dass der Gesamtwert dieser Schuldverschreibungen 80% des Wertes des inländischen OGAW nicht übersteigt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 61 Nichtsicherstellung entgegen

§ 206 Abs. 5 S. 1 auch i.V.m. § 206 Abs. 5 S. 2 Die OGAW-KVG hat sicherzustellen, dass eine Kombination aus Wertpapieren oder Geldmarktinstrumenten, die von ein und derselben Einrichtung begeben werden, Einlagen bei dieser Einrichtung und Anrechnungsbeträgen für das Kontrahentenrisiko der mit dieser Einrichtung eingegangenen Geschäfte 20% des Wertes des jeweiligen inländischen OGAW nicht übersteigt. Für die in § 206 Abs. 2 und 3 genannten Emittenten und Garantiegeber gilt eine erweiterte Kombinationsgrenze von 35% des Wertes des inländischen OGAW.70 § 221 Abs. 5 S. 1 Die AIF-KVG muss sicherstellen, dass der Anteil der für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens gehaltenen Edelmetalle, Derivate, unverbrieften Darlehensforderungen einschließlich solcher, die als sonstige Anlageinstrumente i.S. des § 198 erwerbbar sind, 30% des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens nicht übersteigt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 62 Anlegen in einen Vermögensgegenstand unter Überschreitung einer Anlagegrenze entgegen

§ 210 Abs. 1 S. 1 Die OGAW-KVG darf für Rechnung eines inländischen OGAW nur bis zu 10% des Gesamtnennbetrags der in Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten erwerben. Diese Erwerbsgrenze bezieht sich allerdings im Gegensatz zu der Grenze für Aktien mit Stimmrechten (§ 210 Abs. 2) auf den jeweiligen inländischen OGAW, so dass eine KVG, die mehrere inländische OGAW verwaltet, mehr als 10% aller Schuldverschreibungen und Geldmarktinstrumente desselben Emittenten erwerben darf.71 § 210 Abs. 1 S. 4 Nach § 210 Abs. 1 S. 4 dürften Aktien ohne Stimmrechte desselben Emittenten von einer OGAW-KVG für einen inländischen OGAW nur insoweit erworben werden, als ihr Anteil an dem Kapital, das auf die ausgegebenen Aktien ohne Stimmrechte desselben Emittenten entfällt, 10% nicht übersteigt.

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§ 210 Abs. 2 Die OGAW-KVG darf für alle von ihr verwalteten inländischen OGAW Aktien mit Stimmrechten desselben Emittenten nur insoweit erwerben, als ihr dadurch nicht mehr als 10% der gesamten Stimmrechte aus Aktien desselben Emittenten zustehen. Allerdings kann nach § 210 Abs. 2 S. 2 eine nied-

Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Glander/Mayr InvG, § 206 Rn. 28. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Glander/Mayr InvG, § 210 Rn. 5.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

rige Anlagegrenze einschlägig sein, wenn Aktien mit Stimmrechten eines Emittenten mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR erworben werden und in diesem Staat eine niedrigere Anlagegrenze gilt.72 § 210 Abs. 3 Die OGAW-KVG darf für Rechnung eines inländischen OGAW nicht mehr als 25% der ausgegebenen Anteile eines anderen offenen inländischen, EUoder ausländischen Investmentvermögens, das nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände i.S.d. §§ 192 bis 198 angelegt ist, erwerben. § 340 Abs. 2 Nr. 63 Nichtanstreben der Einhaltung der Anlagegrenzen als vorrangiges Ziel

§ 211 Abs. 2 In den Fällen einer bewussten (zulässigen) Überschreitung der Anlagegrenzen i.S.v. § 211 Abs. 1 sowie einer unbeabsichtigten Überschreitung der Anlagegrenzen der §§ 206 bis 210 hat die OGAW-KVG gem. § 211 Abs. 2 bei Verkäufen für Rechnung des inländischen OGAW die Wiedereinhaltung der Anlagegrenzen als vorrangiges Ziel anzustreben, soweit dies den Interessen der Anleger nicht zuwiderläuft.73 Durch die Erwähnung der Anlegerinteressen in § 211 Abs. 2 wird deutlich, dass die OGAW-KVG eine Abwägung treffen muss und insoweit ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Zeitpunktes von Verkäufen zur Wiederherstellung der Anlagegrenzen eröffnet ist. Tatbestandsmäßig kann demnach nur eine unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigende Überschreitung des Beurteilungsspielraums sein.74

§ 340 Abs. 2 Nr. 64 Erwerb eines Vermögensgegenstandes entgegen

§ 222 Abs. 1 S. 4 Die AIF-KVG darf Vermögensgegenstände desselben Mikrofinanzinstituts nur i.H.v. bis zu 10% und von mehreren Mikrofinanzinstituten desselben Staates nur i.H.v. bis zu 15% des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens erwerben.

§ 340 Abs. 2 Nr. 65 Durchführung von Leverage entgegen

§ 225 Abs. 1 S. 3 Für Dach-Hedgefonds darf Leverage mit Ausnahme von Kreditaufnahmen nach Maßgabe des § 199 nicht durchgeführt werden.

§ 340 Abs. 2 Nr. 66 Verkauf eines Devisenterminkontraktes entgegen

§ 225 Abs. 2 S. 2 Für Dach-Hedgefonds dürfen nur zur Währungskurssicherung von in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenständen Devisenterminkontrakte verkauft sowie Verkaufsoptionsrechte auf Devisen oder auf Devisenterminkontrakte erworben werden, die auf dieselbe Fremdwährung lauten.

§ 340 Abs. 2 Nr. 67 Anlage in Zielfonds entgegen

§ 225 Abs. 4 S. 2 Bei Dach-Hedgefonds darf die AIF-KVG nicht in mehr als zwei Zielfonds vom gleichen Emittenten oder Fondsmanager und nicht in Zielfonds anlegen, die ihre Mittel selbst in anderen Zielfonds anlegen.

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§ 225 Abs. 4 S. 3 Bei Dach-Hedgefonds darf die AIF-KVG nicht in ausländische Zielfonds aus Staaten anlegen, die bei der Bekämpfung der Geldwäsche nicht i.S. internationaler Vereinbarungen kooperieren. § 225 Abs. 4 S. 2 und 3 gelten gem. § 221 Abs. 2 entsprechend für Sonstige Investmentvermögen, wenn es der AIF-KVG nach den Anlagebedingungen gestattet ist, für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens Anteile oder Aktien an anderen Sonstigen Investmentvermögen sowie an entsprechenden EU-AIF oder ausländischen AIF zu erwerben.

Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Glander/Mayr InvG, § 210 Rn. 12. Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Glander/Mayr InvG, § 211 Rn. 2, 9. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 347.

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§ 340

§ 340 Abs. 2 Nr. 68 Nichtsicherstellen, dass eine Information vorliegt entgegen

§ 225 Abs. 5 AIF-KVG, die Dach-Hedgefonds verwalten, müssen sicherstellen, dass ihnen sämtliche für die Anlageentscheidung notwendigen Informationen über die Zielfonds, in die sie anlegen wollen, vorliegen, mindestens jedoch die in § 225 Abs. 5 Nr. 1 bis 4 genannten Berichte, Dokumente, Informationen sowie Angaben.

§ 340 Abs. 2 Nr. 69 Nichtsicherstellen, dass Vermögensgegenstände nur in bestimmtem Umfang einem Währungsrisiko unterliegen, entgegen

§ 233 Abs. 2 Die AIF-KVG hat sicherzustellen, dass die für Rechnung eines ImmobilienSondervermögens gehaltenen Vermögensgegenstände nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem Währungsrisiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30% des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigt. § 261 Abs. 4 Die AIF-KVG hat sicherzustellen, dass die Vermögensgegenstände eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen, als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals dieses AIF, berechnet auf der Grundlage der Beträge, die nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragener Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung stehen, nicht übersteigt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 70 Veräußern eines Vermögensgegenstandes entgegen

§ 239 Abs. 2 Nr. 2 Eine AIF-KVG darf die für Rechnung eines Immobilien-Sondervermögens gehaltenen Immobilien und Anteile an Immobilien-Gesellschaften an ein Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen oder an eine andere Gesellschaft, an der die AIF-KVG eine bedeutende Beteiligung hat, nur mit Zustimmung der BaFin veräußern.

§ 340 Abs. 2 Nr. 71 Nichtsicherstellen, dass die Summe der Darlehen einen bestimmten Prozentsatz nicht übersteigt, entgegen

§ 240 Abs. 2 AIF-KVG haben sicherzustellen, dass die Summe der Darlehen, die einer Immobilien-Gesellschaft für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens insgesamt gewährt werden, 50% des Wertes der von der ImmobilienGesellschaft gehaltenen Grundstücke nicht übersteigt. AIF-KVG haben zudem sicherzustellen, dass die Summe der Darlehen, die den ImmobilienGesellschaften insgesamt für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens gewährt werden, 25% des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nicht übersteigt.

§ 340 Abs. 2 Nr. 72 Nicht Sorge tragen, dass Verfügungsbeschränkung eingetragen wird, entgegen

§ 264 Abs. 1 S. 1 Nach § 84 Abs. 1 Nr. 3 darf die AIF-KVG im Hinblick auf Publikums-AIF die Verfügung über die zu einem Immobilien-Sondervermögen gehörenden Immobilien und die zu einem geschlossenen Publikums-AIF gehörenden Sachwerte nur mit Zustimmung der Verwahrstelle durchführen. Die AIFKVG hat dafür zu sorgen, dass die Verfügungsbeschränkung nach § 84 Abs. 1 Nr. 3 bei Immobilien in das Grundbuch und bei Sachwerten, sofern ein Register für den jeweiligen Sachwert besteht, in das entsprechende eingetragen wird.

§ 340 Abs. 2 Nr. 73 Nicht, nicht richtiges oder nicht vollständiges Erstellen eines Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen entgegen

§ 268 Abs. 1 S. 1 Die AIF-KVG hat für die von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen zu erstellen.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 2 Nr. 73 Nicht, nicht richtiges oder nicht vollständiges Zugänglichmachen eines Verkaufsprospektes oder der wesentlichen Anlegerinformationen entgegen

§ 268 Abs. 1 S. 2 Sobald die AIF-KVG mit dem Vertrieb des geschlossenen Publikums-AIF gem. § 316 nach Abschluss des Vertriebsanzeigeverfahrens beginnen darf, hat sie dem Publikum die aktuelle Fassung des Verkaufsprospekts und der wesentlichen Anlegerinformationen auf der Internetseite der AIF-KVG zugänglich zu machen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 74 Investieren in einen Vermögensgegenstand entgegen

§ 282 Abs. 2 S. 1 Die AIF-KVG darf für den allgemein offenen inländischen Spezial-AIF nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann.

§ 340 Abs. 2 Nr. 75 Investieren in einen Vermögensgegenstand entgegen

§ 285 Nach § 285 Abs. 1 darf die AIF-KVG für einen geschlossenen inländischen Spezial-AIF nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Soweit der Bußgeldtatbestand auf § 285 insgesamt verweist, ist das unpräzise, da die vorsätzliche Missachtung der in § 285 Abs. 2 und 3 genannten Beschränkungen für die Gewährung von Gelddarlehen bereits in § 340 Abs. 1 Nr. 2 (durch die Inbezugnahme des § 20 Abs. 9) sanktioniert ist.75

§ 340 Abs. 2 Nr. 76 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vornahme einer Unterrichtung, Information oder Mitteilung entgegen

§ 289 Abs. 1 Wenn der Anteil der Stimmrechte des nicht börsennotierten Unternehmens, der von dem AIF gehalten wird, durch Erwerb, Verkauf oder Halten von Anteilen an dem nicht börsennotierten Unternehmen die Schwellenwerte von 10%, 20%, 30%, 50% und 75% erreicht, überschreitet oder unterschreitet, hat die AIF-KVG die BaFin zu unterrichten. § 289 Abs. 2 Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1, hat die AIF-KVG die in § 289 Abs. 2 genannten Stellen über den Kontrollerwerb zu informieren. § 289 Abs. 5 Die Mitteilungen haben so rasch wie möglich, aber nicht später als zehn Arbeitstage nach dem Tag, an dem der AIF die entsprechende Schwelle erreicht, über- oder unterschritten hat oder die Kontrolle über das nicht börsennotierte Unternehmen erlangt hat, zu erfolgen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 77 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vorlage einer Information oder Angabe entgegen

§ 290 Abs. 1 Erlangt ein AIF allein oder gemeinsam mit anderen AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder einen Emittenten gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1, hat die AIF-KVG den in § 290 Abs. 1 genannten Stellen die in § 290 Abs. 2 genannten Informationen vorzulegen. § 290 Abs. 5 Sobald ein AIF die Kontrolle über ein nicht börsennotiertes Unternehmen gem. § 287 Abs. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 erlangt, hat die AIF-KVG, die den betr. AIF verwaltet, der BaFin und den Anlegern des AIF Angaben zur Finanzierung des Erwerbs vorzulegen.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 324.

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§ 340

§ 340 Abs. 2 Nr. 78 Nicht oder nicht kostenlose Zurverfügungstellung einer Unterlage in Papierform entgegen

§ 297 Abs. 1 auch i.V.m. mit Abs. 5 S. 1 Nach § 297 Abs. 1 S. 1 sind den am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem OGAW Interessierten rechtzeitig vor Vertragsschluss die wesentlichen Anlegerinformationen in der geltenden Fassung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Nach § 297 Abs. 1 S. 2 sind ihnen und den Anlegern eines OGAW ferner auf Verlangen der Verkaufsprospekt sowie der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ausweislich des Wortlautes von § 340 Abs. 2 Nr. 78 stellt die verspätete (d.h. nicht rechtzeitig vor Vertragsschluss) Zurverfügungstellung wesentlicher Anlegerinformationen keine Ordnungswidrigkeit dar.76 Das Argument, dass die Rechtzeitigkeit des Informierens der Erwerbsinteressenten bereits Teil des Pflichtenprogramms in § 297 Abs. 1 S. 1 ist und eine Aufnahme der „nicht rechtzeitigen“ Zurverfügungstellung im Tatbestand entbehrlich sei, überzeugt unter Bestimmtheitsgesichtspunkten nicht.77 Ferner spricht dagegen die Fassung des Bußgeldtatbestandes in § 340 Abs. 79a, dessen Tathandlung die „nicht rechtzeitige“ Zurverfügungstellung umfasst, obwohl die Rechtzeitigkeit bereits Teil der in Bezug genommenen Informationspflicht des § 307 Abs. 5 ist. Nach § 297 Abs. 5 S. 1 sind auch den am Erwerb eines Anteils oder einer Aktie an einem Feederfonds Interessierten und den Anlegern eines Feederfonds der Verkaufsprospekt sowie Jahres- und Halbjahresbericht des Masterfonds auf Verlangen kostenlos in Papierform zur Verfügung zu stellen.

§ 340 Abs. 2 Nr. 79 Nichterfüllung einer Anforderung bei Werbung entgegen

§ 302 Abs. 1 Nach § 302 Abs. 1 S. 1 und 2 muss Werbung für AIF ggü. Privatanlegern und Werbung für OGAW eindeutig als solche erkennbar, redlich und eindeutig und darf nicht irreführend sein. Nach § 302 Abs. 1 S. 3 darf Werbung keine Aussagen treffen, die im Widerspruch zu Informationen des Verkaufsprospekts und den wesentlichen Anlegerinformationen stehen oder die Bedeutung dieser Informationen herabstufen. § 302 Abs. 2 Nach § 302 Abs. 2 S. 1 ist bei Werbung in Textform darauf hinzuweisen, dass ein Verkaufsprospekt existiert und dass die wesentlichen Anlegerinformationen verfügbar sind. Dabei ist anzugeben, wo und in welcher Sprache diese Informationen oder Unterlagen erhältlich sind und welche Zugangsmöglichkeiten bestehen (§ 302 Abs. 2 S. 2). § 302 Abs. 3 Gem. § 302 Abs. 3 muss Werbung in Textform für inländische Investmentvermögen, die nach den Anlagebedingungen oder der Satzung mehr als 35% ihres Wertes in Schuldverschreibungen eines der in § 206 Abs. 2 genannten Aussteller investieren dürfen, diese Aussteller benennen.

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§ 302 Abs. 4 Nach § 302 Abs. 4 S. 1 muss Werbung für Investmentvermögen (ausgenommen ist Werbung für ausländische AIF und EU-AIF), die einem anerkannten Wertpapierindex nachgebildet sind oder hauptsächlich in Derivate nach Maßgabe des § 197 angelegen, auf die Anlagestrategie hinweisen. Weist ein Investmentvermögen (ausgenommen sind ausländische

76 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz Investment, § 340 Rn. 404, a.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 555. 77 So aber Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 555.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

AIF und EU-AIF) auf Grund seiner Zusammensetzung oder der für die Fondsverwaltung verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität auf, so muss gem. § 302 Abs. 4 S. 2 in der Werbung darauf hingewiesen werden. § 302 Abs. 5 Nach § 302 Abs. 5 muss Werbung in Textform für einen Feederfonds einen Hinweis enthalten, dass dieser dauerhaft mindestens 85% seines Vermögens in Anteile eines Masterfonds anlegt. § 302 Abs. 6 Nach § 302 Abs. 6 muss Werbung für Dach-Hedgefonds oder für ausländische AIF und EU-AIF, die hinsichtlich der Anlagepolitik Anforderungen unterliegen, die denen von Dach-Hedgefonds vergleichbar sind, ausdrücklich auf die besonderen Risiken des Investmentvermögens nach Maßgabe des § 228 Abs. 2 hinweisen. § 340 Abs. 2 Nr. 79a Nicht rechtzeitige Zurverfügungstellung der wesentlichen Anlegerinformationen entgegen

§ 307 Abs. 5 AIF-KVG haben beim Vertrieb von Spezial-AIF semiprofessionellen Anlegern rechtzeitig vor Vertragsschluss entweder die wesentlichen Anlegerinformationen (nach § 166 bei offenen Spezial-AIF bzw. nach § 270 bei geschlossenen Spezial-AIF) oder ein Basisinformationsblatt gem. der PRIIPVerordnung zur Verfügung zu stellen.78

§ 340 Abs. 2 Nr. 80 Nichtsicherstellen, dass ein Anleger eine Information, Unterlage oder Änderung erhält, entgegen

§ 309 Abs. 2 Die EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft bzw. die OGAW-KVG, die Anteile oder Aktien an EU-OGAW im Geltungsbereich des KAGB vertreibt, hat sicherzustellen, dass die Anleger im Geltungsbereich des KAGB alle Informationen und Unterlagen sowie Änderungen dieser Informationen und Unterlagen erhalten, die sie gem. Kapitel IX der OGAW-Richtlinie den Anlegern im Herkunftsmitgliedstaat des EU-OGAW liefern muss.

§ 340 Abs. 2 Nr. 81 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Anzeige entgegen

§ 312 Abs. 1 Beabsichtigt eine OGAW-KVG oder eine EU-OGAW-Verwaltungsgesellschaft, Anteile oder Aktien an einem von ihr verwalteten inländischen OGAW in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zu vertreiben, so hat sie dies der BaFin mit einem Anzeigeschreiben gem. Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 584/201079 anzuzeigen. Dabei muss die Anzeige in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache gefasst sein (regelmäßig Englisch),80 wenn nicht vereinbart wurde, dass sie in einer der Amtssprachen der beiden Mitgliedstaaten gefasst wird. Ferner sind der Anzeige jeweils in geltender Fassung die Anlagebedingungen und ggf. die Satzung, der Verkaufsprospekt sowie der letzte Jahresbericht und der anschließende Halbjahresbericht sowie die wesentlichen Anlegerinformationen gem. § 166 KAGB beizufügen.

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78 Die wahlweise Möglichkeit einer Verwendung von wesentlichen Anlegerinformationen anstelle des Basisinformationsblattes nach der PRIIP- Verordnung eröffnet Art. 32 Abs. 2 PRIIP- Verordnung, vgl. BTDrs. 18/7482 S. 75. 79 ABl. EU vom 10.7.2017, L 176/22 ff. 80 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 565.

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§ 340

III. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 3 (Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung) Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen oder leichtfertigen 12 Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung81 geahndet: § 340 Abs. 3 Nr. 1 Verwenden eines Ratings entgegen

Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 Nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 EU-Ratingverordnung dürfen Verwaltungs- und Investmentgesellschaften, AIFM und zentrale Gegenparteien (u.a.) für aufsichtsrechtliche Zwecke nur Ratings von Ratingagenturen verwenden, die ihren Sitz in der EU haben und über eine Registrierung i.S.d Art. 16 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 EU-Ratingverordnung verfügen. Hinzuweisen ist auf die Übergangsfristen des Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1a EU-Ratingverordnung, während der Ratings weiterverwendet werden dürfen, obgleich die Registrierung widerrufen ist. Ratingagenturen sind gem. Art. 3 Abs. 1b EURatingverordnung Rechtspersönlichkeiten, deren Tätigkeiten die gewerbsmäßige Abgabe von Ratings umfasst. Als Rating definiert Art. 3 Abs. 1a EU-Ratingverordnung ein Bonitätsurteil, das anhand eines festgelegten und definierten Einstufungsverfahrens für Ratingkategorien abgegeben wird, in Bezug auf ein Unternehmen, einen Schuldtitel oder eine finanzielle Verbindlichkeit, eine Schuldverschreibung, eine Vorzugsaktie oder ein anderes Finanzinstrument oder den Emittenten derartiger Schuldtitel, finanzieller Verbindlichkeiten, Schuldverschreibungen, Vorzugsaktien oder anderer Finanzinstrumente.

§ 340 Abs. 3 Nr. 2 Nicht dafür Sorge tragen, dass die KVG eigene Kreditrisikobewertungen vornimmt, entgegen

Art. 5a Abs. 1 Nach § 5a Abs. 1 EU-Ratingverordnung sind Verwaltungs- und Investmentgesellschaften, AIFM und zentrale Gegenparteien (u.a.) verpflichtet, eigene Kreditrisikobewertungen vorzunehmen und sich bei der Bewertung der Bonität eines Unternehmens oder eines Finanzinstruments nicht ausschließlich oder automatisch auf Ratings zu stützen. Eigene Kreditrisikobewertungen stellen neben externen Ratings ein Instrument zur Beurteilung der Bonität eines Unternehmens oder eines Finanzinstruments dar. I.S.e. praktikablen und sachgerechten Umsetzung der in Art. 5a Abs. 1 EU-Ratingverordnung geregelten Pflicht erachtet es die BaFin für ausreichend, wenn die eigene Kreditrisikobewertung in Form einer Plausibilisierung der externen Ratingbeurteilungen vorgenommen wird. Nach Angaben der BaFin kann eine solche plausibilisierende Kreditrisikobewertung bspw. anhand des Ratingberichts der externen Agentur erfolgen. Sie ist nachprüfbar zu dokumentieren. Sollte die eigene Bewertung der Forderung im Vergleich zum externen Rating zu einem besseren Ergebnis führen, ist ferner eine angemessene quantitative Bewertung hinzuzufügen.82 Ordnungswidrig handelt bereits, wer es unterlässt durch hinreichende Organisation, Arbeitsabläufe und Kontrollen dafür Sorge zu tragen, dass Kreditrisikobewertungen seitens der KVG vorgenommen werden.83

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81 Die Ausfüllungsnormen der Bußgeldtatbestände des § 340 Abs. 3 stammen aus der EURatingverordnung i.d.F. der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2013 (CRA III). 82 Vgl. BaFin, Hinweise zur Verwendung externer Ratings und zur Durchführung eigener Kreditrisikobewertungen vom 23.10.2013, geändert am 24.4.2014. 83 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 427.

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Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 3 Nr. 3 Nicht richtige Erteilung eines Auftrages entgegen

Art. 8c Abs. 1 Danach hat ein Emittent oder ein mit ihm verbundener Dritter, der beabsichtigt, ein Rating eines strukturierten Finanzinstruments in Auftrag zu geben, mindestens zwei Ratingagenturen damit zu beauftragen, unabhängig voneinander ein entsprechendes Rating abzugeben. Strukturierte Finanzinstrumente sind nach Art. 3 Abs. 1l EU-Ratingverordnung Finanzinstrumente oder andere Vermögenswerte, die aus einer in Art. 4 Nr. 36 der Richtlinie 2006/48/EG genannten Verbriefungsaktion oder -struktur hervorgehen.84 Vom Tatbestand erfasst dürften Emittenten oder mit ihnen verbundene Dritte ausweislich der Tatbestandsfassung („wer als eine Person, die für eine Kapitalverwaltungsgesellschaft handelt“) allerdings nur dann sein, wenn es sich bei Ihnen um beauftragte Personen i.S.d. § 9 Abs. 2 OWiG handelt.85

§ 340 Abs. 3 Nr. 4 Nicht dafür Sorge tragen, dass die beauftragten Ratingagenturen die genannten Voraussetzungen erfüllen, entgegen

Art. 8c Abs. 2 Der Emittent oder mit ihm verbundene Dritte, den die Pflicht nach Art. 8c Abs. 1 EU-Ratingverordnung trifft, mindestens zwei Ratingagenturen damit zu beauftragen, unabhängig voneinander ein entsprechendes Rating abzugeben, hat dafür Sorge zu tragen, dass die beauftragten Ratingagenturen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese dürfen nicht – derselben Gruppe von Ratingagenturen angehören, – Anteilseigner oder Mitglied einer der anderen Ratingagentur sein, – berechtigt oder befugt sein, in einer der anderen Ratingagenturen Stimmrechte auszuüben, – berechtigt oder befugt sein, Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane einer der anderen Ratingagenturen zu bestellen oder abzuberufen, – weder die Kontrolle oder den beherrschenden Einfluss über einer der anderen Ratingagentur ausüben, noch hierzu befugt sein. Ferner darf kein Mitglied im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan einer Ratingagentur Mitglied der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane einer der anderen beauftragten Ratingagenturen sein. Vom Tatbestand erfasst dürften Emittenten oder mit ihm verbundene Dritte ausweislich der Tatbestandsformulierung („wer als eine Person, die für eine Kapitalverwaltungsgesellschaft handelt“) allerdings nur dann sein, wenn es sich bei Ihnen um beauftragte Personen i.S.d. § 9 Abs. 2 OWiG handelt.86

IV. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 4 (Verstöße gegen die EuVECA- Verordnung) 13

Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und fahrlässigen Verstöße gegen die EuVECA-Verordnung geahndet:

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84 Art. 4 Abs. 36 der Richtlinie 2006/48/EG lautet: „36 ‚Verbriefung’: Transaktion oder Struktur mit nachstehend genannten Charakteristika, bei dem das mit einer Forderung oder einem Pool von Forderungen verbundene Kreditrisiko in Tranchen unterteilt wird: a) die im Rahmen dieser Transaktion oder dieser Struktur getätigtem Zahlungen hängen von der Erfüllung der Forderung oder der im Pool enthaltenen Forderungen ab, und b) die Rangfolge der Tranchen entscheidet über die Verteilung der Verluste während der Laufzeit der Transaktion oder der Struktur.“ 85 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 430. 86 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 432.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 4 Nr. 1 Nicht dafür sorgen, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen höchstens 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des Fonds eingesetzt werden, entgegen

Art. 5 Abs. 1 S. 1 Nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 EuVECA-Verordnung sind Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds verpflichtet, dafür zu sorgen, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen 87 höchstens 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des Fonds für den Erwerb solcher Vermögenswerte eingesetzt werden. Nach Art. 3b EuVECA-Verordnung sind qualifizierte Risikokapitalfonds OGAW, die beabsichtigen, mindestens 70% ihres aggregierten eingebrachten Kapitals und des noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals für Investitionen in kleine und mittlere Start-up-Unternehmen aufzuwenden und höchstens 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals in andere Vermögenswerte als solche Unternehmen einzusetzen.88 Solche qualifizierte Risikokapitalfonds gelten nach Art. 3a EuVECA-Verordnung als AIF i.S.d. AIFM-Richtlinie.

§ 340 Abs. 4 Nr. 2 Anwenden einer Methode entgegen

Art. 5 Abs. 2 Nach Art. 5 Abs. 2 EuVECA-Verordnung dürfen Verwalter eines qualifizierten Risikokapitalfonds auf der Ebene des Fonds keine Methode anwenden, durch die sich das Risiko des Fonds durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, Engagements in Derivatepositionen oder auf andere Weise über die Höhe des zugesagten Kapitals hinaus erhöht.

§ 340 Abs. 4 Nr. 3 Aufnahme von Darlehen, Begeben von Schuldtiteln oder Stellen von Garantien entgegen

Art. 5 Abs. 3 Nach Art. 5 Abs. 3 EuVECA-Verordnung dürfen Verwalter eines qualifizierten Risikokapitalfonds auf der Ebene des Fonds nur dann Darlehen aufnehmen, Schuldtitel begeben oder Garantien stellen, wenn diese Darlehen, Schuldtitel oder Garantien durch nicht eingeforderte Zusagen gedeckt sind.

§ 340 Abs. 4 Nr. 4 Vertreiben eines Anteils entgegen

Art. 6 Abs. 1 Nach Art. 6 Abs. 1 EuVECA-Verordnung dürfen Anteile qualifizierter Risikokapitalfonds ausschließlich an Anleger vertrieben werden, die entweder professionelle Kunden gem. Anhang II Abschnitt I MiFID I sind oder gem. Anhang II Abschnitt II MiFID I auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. An andere Anleger dürfen Anteile qualifizierter Risikokapitalfonds nur vertrieben werden, sofern die Anleger – sich verpflichten, mindestens € 100.000 zu investieren und – schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angeben, dass sie sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst sind. Diesen Beschränkungen unterliegen nach Art. 6 Abs. 2 EuVECAVerordnung nicht die Geschäftsführer, Vorstände und Mitarbeiter, die in die Verwaltung eines qualifizierten Risikokapitalfonds eingebunden sind.

§ 340 Abs. 4 Nr. 5 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vorlage eines Jahresberichts ggü. der BaFin entgegen

Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 i.V.m. S. 2, 3 oder S. 4 Nach Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EuVECA-Verordnung haben Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats für jeden von ihnen verwalteten qualifizierten Risikokapitalfonds spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres einen Jahresbericht vorzulegen. Nach Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EuVECA-Verordnung

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87 Die Definition des Begriffs der qualifizierten Anlagen ergibt sich aus Art. 3e EuVECA-Verordnung. 88 Baur/Tappen/Mehrkhah/Behme/Jesch InvG, § 337 Rn. 20; Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 350; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 434.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

sind darin die Zusammensetzung des Portfolios des qualifizierten Risikokapitalfonds und die Tätigkeiten des Vorjahres zu beschreiben und gem. S. 3 die Gewinne des qualifizierten Risikokapitalfonds am Ende seiner Laufzeit und ggf. die während seiner Laufzeit ausgeschütteten Gewinne offenzulegen. Ferner hat der Jahresbericht die geprüften Jahresabschlüsse des qualifizierten Risikokapitalfonds zu enthalten (vgl. Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 S. 4 EuVECA-Verordnung). Soweit § 340 Abs. 4 Nr. 5 auf die in Art. 12 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 EuVECAVerordnung geregelte Pflicht, Anlegern den Jahresbericht auf Anfrage vorzulegen, verweist und die Tathandlung allerdings ausschließlich als Vorlage ggü. der BaFin beschrieben wird, dürfte das einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers geschuldet sein. Ein entsprechender Verstoß gegen die ggü. Anlegern bestehende Vorlagepflicht begründet im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot (§ 3 OWiG, Art. 103 Abs. 2 GG) jedenfalls keine Ordnungswidrigkeit.89 § 340 Abs. 4 Nr. 6 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Vornahme einer Unterrichtung entgegen

§ 340 Abs. 4 Nr. 7 Verwenden der Bezeichnung „EuVECA“ ohne Registrierung nach

Art. 13 Abs. 1 Art. 13 Abs. 1 EuVECA-Verordnung verpflichtet die Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds, Anleger vor deren Anlageentscheidung in klarer und verständlicher Weise über die dort genannten Inhalte zu unterrichten. Art. 15 Nach Art. 15 EuVECA-Verordnung sind Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds verpflichtet, die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates vor Beginn des Vertriebes eines qualifizierten Risikokapitalfonds zu unterrichten, wenn es sich entweder um einen neuen qualifizierten Risikokapitalfonds handelt oder ein bestehender qualifizierter Risikokapitalfonds in einem Mitgliedstaat vertrieben werden soll, der nicht in der in Art. 14 Abs. 1d EuVECA-Verordnung genannten Liste aufgeführt ist. Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 Nach Art. 14 Abs. 2 EuVECA-Verordnung nimmt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats die Registrierung des Verwalters eines qualifizierten Risikokapitalfonds vor, wenn die in Art. 14 Abs. 2a bis c EuVECAVerordnung genannten Bedingungen erfüllt sind. Art. 14 Abs. 1 EuVECAVerordnung erfasst die Informationen, die Verwalter von Risikokapitalfonds für eine Registrierung der Behörde vorlegen müssen.

V. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 5 (Verstöße gegen die EuSEF- Verordnung) 14

Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und fahrlässigen Verstöße gegen die EuSEF-Verordnung geahndet: § 340 Abs. 5 Nr. 1 Nicht dafür sorgen, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen höchstens

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Art. 5 Abs. 1 S. 1 Nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 EuSEF-Verordnung sind Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum verpflichtet, dafür zu sorgen, dass beim Erwerb von anderen Vermögenswerten als qualifizierten Anlagen90 höchstens 30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht

89 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 367; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 442. 90 Die Definition des Begriffs der qualifizierten Anlagen ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1e EuSEFVerordnung.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

30% des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des Fonds eingesetzt werden, entgegen

eingeforderten zugesagten Kapitals des Fonds für den Erwerb solcher Vermögenswerte eingesetzt werden. Qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum sind gem. Art. 3 Abs. 1b EuSEF-Verordnung OGAW, die beabsichtigen, mindestens 70% ihres aggregierten eingebrachten Kapitals und des noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals in Unternehmen zu investieren, die innovative Lösungen für soziale Probleme bieten und zur Erreichung der Kommissionsziele „Europa 2020“ beitragen, und höchstens 30% solchen Kapitals für den Erwerb anderer Vermögenswerte als qualifizierte Anlagen einzusetzen.91 Solche qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum gelten nach Art. 3 Abs. 1a EuSEF-Verordnung als AIF i.S.d. AIFM-Richtlinie.

§ 340 Abs. 5 Nr. 2 Anwenden einer Methode entgegen

Art. 5 Abs. 2 Nach Art. 5 Abs. 2 EuSEF-Verordnung dürfen Verwalter eines qualifizierten Risikokapitalfonds auf der Ebene des Fonds keine Methode anwenden, durch die sich das Risiko des Fonds durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, Engagements in Derivatepositionen oder auf andere Weise über die Höhe seines zugesagten Kapitals hinaus erhöht.

§ 340 Abs. 5 Nr. 3 Aufnahme von Darlehen, Begeben von Schuldtiteln oder Stellen von Garantien entgegen

Art. 5 Abs. 3 Nach Art. 5 Abs. 3 EuSEF-Verordnung dürfen Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum auf der Ebene des Fonds nur dann Darlehen aufnehmen, Schuldtitel begeben oder Garantien stellen, wenn diese Darlehen, Schuldtitel oder Garantien durch nicht eingeforderte Zusagen gedeckt sind.

§ 340 Abs. 5 Nr. 4 Vertreiben eines Anteils entgegen

Art. 6 Abs. 1 Nach Art. 6 Abs. 1 EuSEF-Verordnung dürfen Anteile qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum ausschließlich an Anleger vertrieben werden, die entweder professionelle Kunden gem. Anhang II Abschnitt I MiFID I sind oder gem. Anhang II Abschnitt II MiFID I auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können. An andere Anleger dürfen Anteile qualifizierter Risikokapitalfonds nur vertrieben werden, sofern sie – sich verpflichten, mindestens € 100.000 zu investieren und – schriftlich in einem vom Vertrag über die Investitionsverpflichtung getrennten Dokument angeben, dass sie sich der Risiken im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verpflichtung oder Investition bewusst sind. Diesen Beschränkungen unterliegen nach Art. 6 Abs. 2 EuSEFVerordnung nicht die Geschäftsführer, Vorstände und Mitarbeiter, die in die Verwaltung eines qualifizierten Risikokapitalfonds eingebunden sind.

§ 340 Abs. 5 Nr. 5 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Vorlage eines Jahresberichts ggü. der BaFin entgegen

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Art. 13 Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 2, 3 oder S. 4 oder i.V.m. Abs. 2 Nach Art. 13 Abs. 1 S. 1 EuSEF-Verordnung haben Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats für jeden von ihnen verwalteten qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres einen Jahresbericht vorzulegen. Nach Art. 13 Abs. 1 S. 2 EuSEF-Verordnung sind darin die Zusammensetzung des Portfolios des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum und die Tätigkeiten des Vorjahres zu beschreiben und gem. S. 3 die Gewinne des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum am Ende seiner Laufzeit und ggf. die während seiner Laufzeit ausgeschütteten Gewinne offenzulegen. Fer-

91 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 384; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 459.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

ner hat der Jahresbericht die geprüften Jahresabschlüsse des qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum zu enthalten (vgl. Art. 13 Abs. 1 S. 4 EuSEF-Verordnung). Art. 13 Abs. 1 S. 6 i.V.m. Abs. 2 Soweit § 340 Abs. 5 Nr. 5 auf die in Art. 13 Abs. 1 S. 6 EuSEF-Verordnung geregelte Pflicht, Anlegern nach Vereinbarung ergänzende Informationen vorzulegen, verweist und die Tathandlung allerdings ausschließlich als Vorlage ggü. der BaFin beschrieben wird, dürfte das ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers sein. Ein entsprechender Verstoß gegen die ggü. Anlegern bestehende Unterrichtungspflicht begründet im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot (§ 3 OWiG, Art. 103 Abs. 2 GG) jedenfalls keine Ordnungswidrigkeit.92 § 340 Abs. 5 Nr. 6 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Vornahme einer Unterrichtung entgegen

§ 340 Abs. 5 Nr. 7 Verwenden der Bezeichnung „EuSEF“ ohne Registrierung nach

Art. 14 Abs. 1 Art. 14 Abs. 1 EuSEF-Verordnung verpflichtet die Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum, Anleger vor deren Anlageentscheidung in klarer und verständlicher Weise über die dort genannten Inhalte zu unterrichten. Art. 16 Nach Art. 16 EuSEF-Verordnung sind Verwalter qualifizierter Fonds für soziales Unternehmertum verpflichtet, die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates vor Beginn des Vertriebes eines qualifizierten Risikokapitalfonds zu unterrichten, wenn es sich entweder um einen neuen qualifizierten Risikokapitalfonds handelt oder ein bestehender qualifizierter Risikokapitalfonds in einem Mitgliedstaat vertrieben werden soll, der nicht in der in Art. 15 Abs. 1d EuSEF-Verordnung genannten Liste aufgeführt ist. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 Nach Art. 15 Abs. 2 EuSEF-Verordnung nimmt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats die Registrierung des Verwalters eines qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum vor, wenn die in Art. 15 Abs. 2a bis c EuSEF-Verordnung genannten Bedingungen erfüllt sind. Art. 15 Abs. 1 EuSEF-Verordnung erfasst die Informationen, die Verwalter von qualifizierten Fonds für soziales Unternehmertum für eine Registrierung der Behörde vorlegen müssen.

VI. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 6 (Verstöße gegen die ELTIF- Verordnung) 15

Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und fahrlässigen Verstöße gegen die ELTIF-Verordnung geahndet: § 340 Abs. 6 Nr. 1 Investieren in einen anderen Anlagevermögenswert entgegen

Art. 9 Abs. 1 Nach Art. 9 Abs. 1 ELTIF-Verordnung dürfen Europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) ausschließlich in die in Art. 10 ELTIF-Verordnung genannten zulässigen Anlagevermögenswerte und die in Art. 50 Abs. 1 OGAW-Richtlinie genannten Vermögenswerte investieren.

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92 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 403; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 469.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 6 Nr. 2 Tätigen eines Geschäfts entgegen

Art. 9 Abs. 2 Nach Art. 9 Abs. 2 ELTIF-Verordnung ist es ELTIF untersagt, die folgenden Geschäfte zu tätigen: – Leerverkäufe von Vermögenswerten, – direktes oder indirektes Engagement in Rohstoffen, einschließlich über Finanzderivate, Rohstoffe repräsentierende Zertifikate, auf Rohstoffen beruhende Indizes oder sonstige Mittel oder Instrumente, die ein solches Engagement ergäben, – Wertpapierverleih- oder Wertpapierleihgeschäfte, Pensionsgeschäfte oder andere Geschäfte, die vergleichbare wirtschaftliche Auswirkungen haben und ähnliche Risiken darstellen, wenn davon mehr als 10% der Vermögenswerte des ELTIF betroffen sind, – Einsatz von Finanzderivaten außer in Fällen, in denen der Gebrauch solcher Instrumente einzig und allein der Absicherung der mit anderen Anlagen des ELTIF verbundenen Risiken dient.

§ 340 Abs. 6 Nr. 3 Nicht Investieren von mindestens 70% des Kapitals i.S.v. Art. 2 Nr. 7 entgegen

Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 Nach Art. 13 Abs. 1 ELTIF-Verordnung hat der ELTIF mindestens 70% seines Kapitals in zulässige Anlagevermögenswerte zu investieren. Art. 17 ELTIF-Verordnung konkretisiert die Geltung der 70%-Anlagegrenze in zeitlicher Hinsicht. Soweit § 340 Abs. 6 Nr. 3 hinsichtlich der Definition des Kapitals auf Art. 2 Nr. 7 ELTIF-Verordnung verweist, handelt es sich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Die Definition von „Kapital“ enthält richtigerweise Art. 2 Nr. 1. Danach werden unter Kapital das aggregierte eingebrachte Kapital und das noch nicht eingeforderte zugesagte Kapital verstanden, das nach Abzug sämtlicher direkt oder indirekt von den Anlegern getragenen Gebühren, Kosten und Aufwendungen für Anlagen zur Verfügung steht.

§ 340 Abs. 6 Nr. 4 Verstoßen gegen eine Diversifizierungsanforderung entgegen

Art. 13 Abs. 2 bis 6 unter Berücksichtigung von Art. 14 Nach Art. 13 Abs. 2 ELTIF-Verordnung darf ein ELTIF höchstens investieren: – 10% seines Kapitals in Instrumente, die von ein und demselben qualifizierten Portfoliounternehmen begeben werden oder in Kredite, die ein und demselben qualifizierten Portfoliounternehmen gewährt werden, – 10% seines Kapitals direkt oder indirekt in einen einzigen Sachwert, – 10% seines Kapitals in Anteile eines einzigen ELTIF, EuVECA oder EuSEF, – 5% seines Kapitals in die in Art. 9 Abs. 1b ELTIF-Verordnung genannten Vermögenswerte, sofern diese von einer einzigen Stelle begeben wurden. Nach Art. 13 Abs. 3 ELTIF-Verordnung darf der Wert der in einem ELTIF-Portfolio enthaltenen Anteile an ELTIF, EuVECA und EuSEF zusammengenommen nicht über 20% des Werts des Kapitals des ELTIF hinausgehen. Nach Art. 13 Abs. 4 ELTIF-Verordnung darf das Engagement eines ELTIF ggü. einer Gegenpartei bei Geschäften mit OTC-Derivaten, Pensionsgeschäften oder umgekehrten Pensionsgeschäften zusammengenommen nicht mehr als 5% des Wertes des Kapitals des ELTIF ausmachen. Art. 13 Abs. 5 und 6 ELTIF-Verordnung gestatten u.U. die Erhöhung der in Art. 13 Abs. 2a, b und d genannten Obergrenzen. Art. 14 ELTIF-Verordnung bestimmt, dass der Verwalter eines ELTIF bei einem Verstoß gegen die Diversifizierungsanforderungen nach Art. 13

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Bußgeldvorschriften

Abs. 2 bis 6 die notwendigen Maßnahmen zur Berichtigung von Anlagepositionen durchzuführen hat, wobei die Interessen des Anlegers angemessen zu berücksichtigen sind. § 340 Abs. 6 Nr. 5 Aufnahme eines Barkredits entgegen

Art. 16 Nach Art. 16 Abs. 1 ELTIF-Verordnung darf ein ELTIF einen Barkredit nur aufnehmen, wenn die in Art. 16 Abs. 1a bis e ELTIF-Verordnung genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 340 Abs. 6 Nr. 6 Nicht rechtzeitige Unterrichtung der BaFin entgegen

Art. 21 Um die Anteile seiner Anleger nach Ende der Laufzeit zurücknehmen zu können, hat ein ELTIF nach Art. 21 Abs. 1 ELTIF-Verordnung einen nach Vermögenswerten aufgeschlüsselten Zeitplan für die geordnete Veräußerung dieser Vermögenswerte festzulegen und die BaFin als die für den ELTIF zuständige Behörde spätestens ein Jahr vor dem Zeitpunkt des Endes der Laufzeit des ELTIF darüber zu unterrichten. Soweit § 340 Abs. 6 Nr. 6 auch Art. 20 Abs. 2 ELTIF-Verordnung (Inhalt des Zeitplans) und Art. 20 Abs. 3 ELTIF-Verordnung (Befugnis der ESMA zum Erlass von RTS) in Bezug nimmt, ist dies im Hinblick auf die Tathandlung der „nicht rechtzeitigen Übermittlung“ überflüssig.

§ 340 Abs. 6 Nr. 7 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Veröffentlichung eines Prospekts entgegen

Art. 23 Abs. 1 bis 4, Art. 24 Abs. 2 bis 5 und Art. 25 Abs. 1 und 2 Nach Art. 23 Abs. 1 ELTIF-Verordnung dürfen Anteile eines ELTIF nicht ohne vorherige Veröffentlichung eines Prospekts vertrieben werden. Art. 23 Abs. 2 bis 4, Art. 24 Abs. 2 bis 5 und Art. 25 Abs. 1 und 2 ELTIF-Verordnung enthalten weitergehende Vorgaben über die in einem Prospekt zu machenden Angaben. Soweit § 340 Abs. 6 Nr. 7 auf Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 ELTIF-Verordnung Bezug nimmt, wonach Anteile eines ELTIF an Kleinanleger nicht ohne vorherige Veröffentlichung eines Basisinformationsblattes gem. PRIIPVerordnung vertrieben werden dürfen, ist dies für den Bußgeldtatbestand irrelevant, da es nicht im Zusammenhang mit der Tathandlung der fehlerhaften Veröffentlichung eines Prospekts steht.93

§ 340 Abs. 6 Nr. 8 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Veröffentlichung eines Jahresberichts entgegen

Art. 23 Abs. 5 Nach § 23 Abs. 5 ELTIF-Verordnung hat der Jahresbericht eines ELTIF zusätzlich zu den nach Art. 22 AIFM-Richtlinie erforderlichen Informationen folgende Informationen zu enthalten: – eine Kapitalflussrechnung, – Informationen über Beteiligungen an Instrumenten, in die Haushaltsmittel der Union eingeflossen sind, – Informationen über den Wert der einzelnen qualifizierten Portfoliounternehmen und den Wert anderer Vermögenswerte, in die der ELTIF investiert hat, einschließlich des Wertes der verwendeten Finanzderivate, – Informationen über die Rechtsräume, in denen die Vermögenswerte des ELTIF belegen.

§ 340 Abs. 6 Nr. 9 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Bereitstellung von Informationen entgegen

Art. 23 Abs. 6 Der Verwalter des ELTIF hat dem Kleinanleger auf Nachfrage zusätzliche Informationen über die Anlagegrenzen des Risikomanagements des ELTIF, die diesbezüglichen Risikomanagementmethoden und die aktuellen Entwicklungen bei den bedeutendsten Risiken und Renditen der Vermögenswertkategorien bereitzustellen.

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Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 590.

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 6 Nr. 10 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Übermittlung eines Prospekts oder einer Änderung entgegen

Art. 24 Abs. 1 Nach Art. 24 Abs. 1 ELTIF-Verordnung hat der ELTIF seinen Prospekt und dessen Änderungen den zuständigen Behörden zu übermitteln. Auf Anfrage stellt der ELTIF diese Unterlagen der für den Verwalter des ELTIF zuständigen Behörde innerhalb des von dieser angegebenen Zeitraums zur Verfügung.

§ 340 Abs. 6 Nr. 11 Vertreiben eines Anteils an einen Kleinanleger entgegen

Art. 28 und 30 Art. 28 und 30 ELTIF-Verordnung enthalten spezifische Anforderungen, d.h. Informationseinholungs-, Informations-, Beratungs- und Prüfungspflichten, für den Vertrieb von Anteilen eines ELTIF an Kleinanleger.

§ 340 Abs. 6 Nr. 12 Wiederverwenden eines Vermögenswertes entgegen

Art. 29 Abs. 5 Nach Art. 29 Abs. 5 S. 1 ELTIF-Verordnung dürfen die von der Verwahrstelle eines ELTIF verwahrten Vermögenswerte seitens der Verwahrstelle oder einem Dritten, dem die Verwahrfunktion übertragen wurde, nicht für eigene Rechnung wiederverwendet werden. Art. 29 Abs. 5 S. 3 enthält bestimmte Ausnahmen. Als Wiederverwendung gelten nach Art. 29 Abs. 5 S. 2 ELTIF-Verordnung alle Transaktionen im Zusammenhang mit verwahrten Vermögenswerten, bspw. Übertragung, Verpfändung, Verkauf und Beleihung.

§ 340 Abs. 6 Nr. 13 Verwenden der Bezeichnung „ELTIF“ oder „europäischer langfristiger Investmentfonds“ ohne Zulassung nach

Art. 4 und 5 Nach Art. 4 Abs. 1 ELTIF-Verordnung darf ein Fonds die Bezeichnung „ELTIF“ oder „europäischer langfristiger Investmentfonds“ nur verwenden, wenn er über eine Zulassung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 und 3 bzw. 5 ELTIFVerordnung verfügt.

VII. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 6a (Verstöße gegen die PRIIP-Verordnung)94 Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und leichtfertigen 16 Verstöße gegen die PRIIP-Verordnung geahndet: § 340 Abs. 6a Nr. 1a Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der

Art. 5 Abs. 1 Bevor Kleinanlegern i.S.v. Art. 4 Abs. 6 PRIIP-Verordnung ein PRIIP95 angeboten werden darf, ist der PRIIP-Hersteller verpflichtet, ein Basisinfor-

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94 Bis 31.12.2019 sind OGAW gem. Art. 32 Abs. 1 PRIIP-Verordnung von den Verpflichtungen der PRIIPVerordnung ausgenommen. Dies gilt auch gem. Art. 32 Abs. 2 PRIIP-Verordnung für AIF, für die der nationale Gesetzgeber Vorschriften hinsichtlich der wesentlichen Anlegerinformationen für OGAW ebenfalls für anwendbar erklärt hat. Die Pflicht zur Erstellung eines Basisinformationsblatts gem. der PRIIP-Verordnung kann (zunächst) nur Anbieter von EuVECA gem. der EuVECA-Verordnung, von EuSEF gem. EuSEF-Verordnung und von ELTIF gem. der ELTIF-Verordnung betreffen. Werden diese Fonds an nichtprofessionelle Anleger i.S.v. von Anhang II der MiFID II vertrieben, besteht für sie eine Pflicht zur Erstellung eines PRIIP-Basisinformationsblatts. Das gilt auch für deutsche Spezial-AIF, die an semiprofessionelle Anleger i.S.v. § 1 Abs. 19 Nr. 33 KAGB vertrieben werden, sofern sie nicht gem. § 307 Abs. 5 den semiprofessionellen Anlegern wesentliche Anlegerinformationen zur Verfügung stellen. 95 Verpacktes Anlageprodukt für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukt, vgl. Art. 4 Nr. 3 PRIIPVerordnung.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Abfassen oder Veröffentlichen eines Basis-informationsblattes entgegen

mationsblatt für das PRIIP im Einklang mit den Anforderungen der PRIIPVerordnung abzufassen und es auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

§ 340 Abs. 6a Nr. 1b Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Abfassen oder Veröffentlichen eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Art. 6 PRIIP-Verordnung enthält Vorgaben zu Form und Inhalt des Basisinformationsblattes. Insbesondere muss das Basisinformationsblatt präzise, redlich und klar sein und darf nicht irreführend sein. Es hat die wesentlichen Informationen zu enthalten und mit etwaigen verbindlichen Vertragsunterlagen, mit den einschlägigen Teilen der Angebotsunterlagen und mit den Geschäftsbedingungen des PRIIP übereinzustimmen.96

§ 340 Abs. 6a Nr. 1c Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Abfassen oder Veröffentlichen eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Art. 7 Abs. 2 verpflichtet den PRIIP-Hersteller, das Basisinformationsblatt in der (den) Amtssprache(n) des Mitgliedsstaates bzw. der Mitgliedstaaten zu verfassen, in denen das PRIIP beworben wird.

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96 Art. 6 PRIIP-Verordnung lautet: „(1) Die im Basisinformationsblatt enthaltenen Informationen sind vorvertragliche Informationen. Das Basisinformationsblatt muss präzise, redlich und klar sein und darf nicht irreführend sein. Es enthält die wesentlichen Informationen und stimmt mit etwaigen verbindlichen Vertragsunterlagen, mit den einschlägigen Teilen der Angebotsunterlagen und mit den Geschäftsbedingungen des PRIIP überein. (2) Das Basisinformationsblatt ist eine eigenständige Unterlage, die von Werbematerialien deutlich zu unterscheiden ist. Es darf keine Querverweise auf Marketingmaterial enthalten. Es kann Querverweise auf andere Unterlagen, gegebenenfalls einschließlich eines Prospekts, enthalten, und zwar nur, wenn sich der Querverweis auf Informationen bezieht, die nach dieser Verordnung in das Basisinformationsblatt aufgenommen werden müssen. (3) Abweichend von Absatz 2 dieses Artikels enthält das Basisinformationsblatt in dem Fall, in dem ein PRIIP dem Kleinanleger eine solche Palette von Anlageoptionen bietet, dass die Bereitstellung der Informationen in Bezug auf die zugrunde liegenden Anlagemöglichkeiten nach Artikel 8 Absatz 3 in einer einzigen, prägnanten und eigenständigen Unterlage nicht möglich ist, zumindest eine allgemeine Beschreibung der zugrunde liegenden Anlagemöglichkeiten sowie die Angabe, wo und wie detailliertere Dokumentationen zu vorvertraglichen Informationen in Bezug auf die Anlageprodukte, die die zugrunde liegenden Anlagemöglichkeiten absichern, zu finden ist. (4) Das Basisinformationsblatt wird als kurze Unterlage abgefasst, die prägnant formuliert ist und ausgedruckt höchstens drei Seiten Papier im A4-Format umfasst, um für Vergleichbarkeit zu sorgen. Das Basisinformationsblatt a) ist in einer Weise präsentiert und aufgemacht, die leicht verständlich ist, wobei Buchstaben in gut leserlicher Größe verwendet werden; b) legt den Schwerpunkt auf die wesentlichen Informationen, die Kleinanleger benötigen; c) ist unmissverständlich und sprachlich sowie stilistisch so formuliert, dass das Verständnis der Informationen erleichtert wird, insbesondere durch eine klare, präzise und verständliche Sprache. (5) Wenn in dem Basisinformationsblatt Farben verwendet werden, dürfen sie die Verständlichkeit der Informationen nicht beeinträchtigen, falls das Blatt in Schwarz und Weiß ausgedruckt oder fotokopiert wird. (6) Wird die Unternehmensmarke oder das Logo des PRIIP-Herstellers oder der Gruppe, zu der er gehört, verwendet, darf sie bzw. es den Kleinanleger weder von den in dem Informationsblatt enthaltenen Informationen ablenken noch den Text verschleiern.“

Herberger

1048

B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340 Abs. 6a Nr. 1d Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitiges Abfassen oder Veröffentlichen eines Basisinformationsblattes entgegen

§ 340

Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 bis 3 Art. 8 Abs. 1 bis 3 PRIIP-Verordnung enthalten konkrete Vorgaben zu Inhalten des Basisinformationsblattes und der Reihenfolge ihrer Darstellung.97

_____

97 Art. 8 PRIIP-Verordnung lautet: „(1) Der Titel „Basisinformationsblatt“ steht oben auf der ersten Seite des Basisinformationsblatts. Die Reihenfolge der Angaben im Basisinformationsblatt richtet sich nach den Absätzen 2 und 3. (2) Unmittelbar unter dem Titel des Basisinformationsblatts folgt eine Erläuterung mit folgendem Wortlaut: „Dieses Informationsblatt stellt Ihnen wesentliche Informationen über dieses Anlageprodukt zur Verfügung. Es handelt sich nicht um Werbematerial. Diese Informationen sind gesetzlich vorgeschrieben, um Ihnen dabei zu helfen, die Art, das Risiko, die Kosten sowie die möglichen Gewinne und Verluste dieses Produkts zu verstehen, und Ihnen dabei zu helfen, es mit anderen Produkten zu vergleichen.“ (3) Das Basisinformationsblatt enthält folgende Angaben: a) am Anfang des Informationsblatts den Namen des PRIIP, die Identität und Kontaktdaten des PRIIPHerstellers, Angaben über die zuständige Behörde des PRIIP-Herstellers und das Datum des Informationsblatts; b) gegebenenfalls einen Warnhinweis mit folgendem Wortlaut: „Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das nicht einfach ist und schwer zu verstehen sein kann.“; c) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Um welche Art von Produkt handelt es sich?“ die Art und die wichtigsten Merkmale des PRIIP, darunter: i) die Art des PRIIP; ii) seine Ziele und die zu deren Erreichung eingesetzten Mittel, insbesondere, ob die Ziele durch direkte oder indirekte Abhängigkeit von zugrunde liegenden Vermögensgegenständen erreicht werden, einschließlich einer Beschreibung der zugrunde liegenden Instrumente oder Referenzwerte, so auch der Angabe, in welche Märkte das PRIIP investiert, und einschließlich gegebenenfalls bestimmter ökologischer oder sozialer Ziele, die das Produkt anstrebt, sowie die Methode zur Ermittlung der Rendite; iii) eine Beschreibung des Kleinanlegertyps, an den das PRIIP vermarktet werden soll, insbesondere was die Fähigkeit, Anlageverluste zu verkraften, und den Anlagehorizont betrifft; iv) Einzelheiten zu den Versicherungsleistungen, die das PRIIP gegebenenfalls bietet, einschließlich der Umstände, unter denen diese fällig würden; v) die Laufzeit des PRIIP, falls bekannt; d) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Welche Risiken bestehen und was könnte ich im Gegenzug dafür bekommen?“ eine kurze Beschreibung des Risiko-/Renditeprofils, die Folgendes umfasst: i) einen Gesamtrisikoindikator, ergänzt durch eine erläuternde Beschreibung dieses Indikators und seiner Hauptbeschränkungen sowie eine erläuternde Beschreibung der Risiken, die für das PRIIP wesentlich sind und die von dem Gesamtrisikoindikator nicht angemessen erfasst werden; ii) den möglichen höchsten Verlust an angelegtem Kapital, einschließlich Information darüber, — ob der Kleinanleger das gesamte angelegte Kapital verlieren kann, — ob der Kleinanleger das Risiko trägt, für zusätzliche finanzielle Zusagen oder Verpflichtungen, einschließlich Eventualverbindlichkeiten, über das in dem PRIIP angelegte Kapital hinaus aufkommen zu müssen, und — gegebenenfalls ob das PRIIP einen Kapitalschutz enthält, der vor Marktrisiken schützt, sowie Einzelheiten über dessen Deckungsbereich und Einschränkungen, insbesondere in Bezug darauf, zu welchem Zeitpunkt dies zur Anwendung kommt; iii) geeignete Performanceszenarien und die ihnen zugrunde liegenden Annahmen; iv) gegebenenfalls Informationen über die Bedingungen für Renditen für Kleinanleger oder über eingebaute Leistungshöchstgrenzen; v) eine Erklärung darüber, dass die Steuergesetzgebung des Mitgliedstaats des Kleinanlegers Auswirkungen auf die tatsächliche Auszahlung haben kann;

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Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 6a Nr. 2 Nicht in der vorgeschriebenen Weise Abfassen oder Übersetzen eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Nach Art. 7 Abs. 1 PRIIP-Verordnung ist das Basisinformationsblatt in den Amtssprachen oder in einer der Amtssprachen, die in dem Teil des Mitgliedstaats verwendet wird, in dem das PRIIP vertrieben wird, oder in einer weiteren von den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats akzeptierten Sprache abzufassen. Falls es in einer anderen Sprache abgefasst wurde, ist es in eine dieser Sprachen übersetzt. Hierbei hat die Übersetzung den Inhalt des ursprünglichen Basisinformationsblatts zuverlässig und genau wiederzugeben.

§ 340 Abs. 6a Nr. 3 Nicht oder nicht rechtzeitiges Überprüfen eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 PRIIP-Verordnung hat der PRIIP-Hersteller die in dem Basisinformationsblatt enthaltenen Informationen regelmäßig zu überprüfen.

§ 340 Abs. 6a Nr. 4 Nicht oder nicht vollständiges Überarbeiten eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 PRIIP-Verordnung hat der PRIIP-Hersteller das Basisinformationsblatt zu überarbeiten, wenn sich bei der Überprüfung herausstellt, dass Änderungen erforderlich sind.

§ 340 Abs. 6a Nr. 5 Nicht oder nicht rechtzeitige Zurverfügungstellung eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 10 Abs. 1 S. 2 Nach Art. 10 Abs. 1 S. 2 PRIIP-Verordnung hat der PRIIP-Hersteller ein überarbeitetes Basisinformationsblatt unverzüglich zur Verfügung zu stellen.

_____ e)

in einem Abschnitt mit der Überschrift „Was geschieht, wenn der [Name des PRIIP-Herstellers] nicht in der Lage ist, die Auszahlung vorzunehmen?“ eine kurze Erläuterung dazu, ob der Verlust durch ein Entschädigungs- oder Sicherungssystem für den Anleger gedeckt ist und, falls ja, durch welches System, welches der Name des Sicherungsgebers ist sowie welche Risiken durch das System gedeckt sind und welche nicht; f) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Welche Kosten entstehen?“ die mit einer Anlage in das PRIIP verbundenen Kosten, einschließlich der dem Kleinanleger entstehenden direkten und indirekten Kosten, einschließlich einmaliger und wiederkehrender Kosten, dargestellt in Form von Gesamtindikatoren dieser Kosten und, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, die aggregierten Gesamtkosten in absoluten und Prozentzahlen, um die kombinierten Auswirkungen der Gesamtkosten auf die Anlage aufzuzeigen. Das Basisinformationsblatt enthält einen eindeutigen Hinweis darauf, dass Berater, Vertriebsstellen oder jede andere Person, die zu dem PRIIP berät oder es verkauft, detaillierte Informationen zu etwaigen Vertriebskosten vorlegen muss, die nicht bereits in den oben beschriebenen Kosten enthalten sind, sodass der Kleinanleger in der Lage ist, die kumulative Wirkung, die diese aggregierten Kosten auf die Anlagerendite haben, zu verstehen; g) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Wie lange sollte ich die Anlage halten, und kann ich vorzeitig Geld entnehmen?“ i) gegebenenfalls ob es eine Bedenkzeit oder eine Widerrufsfrist für das PRIIP gibt; ii) einen Hinweis auf die empfohlene und gegebenenfalls vorgeschriebene Mindesthaltedauer; iii) die Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung der Anlage (Desinvestition) sowie der Bedingungen hierfür einschließlich aller anwendbaren Gebühren und Vertragsstrafen unter Berücksichtigung des Risiko- und Renditeprofils des PRIIP und der Marktentwicklung, auf die es abzielt; iv) Angaben zu den möglichen Folgen, einschließlich Kosten, der Einlösung des PRIIP vor Ende der Laufzeit oder der empfohlenen Haltedauer, wie etwa den Verlust des Kapitalschutzes oder zusätzliche abhängige Gebühren; h) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Wie kann ich mich beschweren?“ Informationen darüber, wie und bei wem der Kleinanleger eine Beschwerde über das Produkt oder über das Verhalten des PRIIPHerstellers oder einer Person, die über das Produkt berät oder es verkauft, einlegen kann; i) in einem Abschnitt mit der Überschrift „Sonstige zweckdienliche Angaben“ einen kurzen Hinweis auf etwaige zusätzliche Informationsunterlagen, die dem Kleinanleger vor und/oder nach Vertragsabschluss vorlegt werden, mit Ausnahme von Werbematerialien.“

Herberger

1050

B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 6a Nr. 6 Treffen von Werbeaussagen entgegen

Art. 9 S. 1 Nach Art. 9 S. 1 PRIIP-Verordnung dürfen in Werbematerialien, die spezifische Informationen über ein PRIIP enthalten, keine Aussagen getroffen werden, die im Widerspruch zu den Informationen des Basisinformationsblatts stehen oder die Bedeutung des Basisinformationsblatts herabstufen.

§ 340 Abs. 6a Nr. 7 Nicht, nicht richtige oder nicht vollständige Aufnahme erforderlicher Hinweise in Werbematerialien entgegen

Art. 9 S. 2 Hinzuweisen ist in den Werbematerialien nach Art. 9 S. 2 PRIIP-Verordnung auf das Basisinformationsblatt sowie darauf, wie und wo es erhältlich ist, einschließlich der Angabe der Internetseite des PRIIP-Herstellers.

§ 340 Abs. 6a Nr. 8 Nicht, nicht rechtzeitige oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Zurverfügungstellung eines Basisinformationsblattes entgegen

Art. 13 Abs. 1, 3 und 4 oder Art. 14 Nach Art. 13 Abs. 1 PRIIP-Verordnung hat eine Person, die über ein PRIIP berät oder es verkauft, dem betreffenden Kleinanleger das Basisinformationsblatt vor Abschluss eines Vertrags oder eines bindenden Angebots zur Verfügung zu stellen. Abweichend von Art. 13 Abs. 1 PRIIP-Verordnung ermöglicht Art. 13 Abs. 3 PRIIP-Verordnung – sofern die in Art. 13 Abs. 3a bis d PRIIPVerordnung genannten Voraussetzungen erfüllt sind –, dass das Basisinformationsblatt erst unverzüglich nach Abschluss der Transaktion bereitgestellt werden kann. Nach Art. 13 Abs. 4 PRIIP-Verordnung muss das Basisinformationsblatt nur vor der ersten Transaktion zur Verfügung gestellt werden (bzw. ein überarbeitetes Basisinformationsblatt nur für die erste Transaktion nach der Überarbeitung), wenn im Namen eines Kleinanlegers aufeinander folgende Transaktionen im Zusammenhang mit demselben PRIIP gem. den Anweisungen durchgeführt werden, die der Kleinanleger an die Person, die das PRIIP verkauft, vor der ersten Transaktion gegeben hat. Art. 14 PRIIP-Verordnung enthält Vorgaben, wie ein Basisinformationsblatt zur Verfügung zu stellen ist (z.B. kostenfrei, Medium etc.).98

_____

98 Art. 14 PRIIP-Verordnung lautet: „(1) Die Person, die über ein PRIIP berät oder es verkauft, stellt Kleinanlegern das Basisinformationsblatt kostenlos zur Verfügung. (2) Die Person, die über ein PRIIP berät oder es verkauft, stellt dem Kleinanleger das Basisinformationsblatt über eines der folgenden Medien zur Verfügung: a) auf Papier — dies sollte die Standardoption sein, wenn das PRIIP persönlich angeboten wird, es sei denn, der Kleinanleger verlangt eine andere Form der Übermittlung; b) auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier, sofern die in Absatz 4 festgelegten Bedingungen erfüllt sind, oder c) über eine Website, sofern die in Absatz 5 festgelegten Bedingungen erfüllt sind. (3) Wird das Basisinformationsblatt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder über eine Website zur Verfügung gestellt, wird den Kleinanlegern auf Nachfrage kostenlos ein Papierexemplar ausgehändigt. Die Kleinanleger werden über ihr Recht informiert, die kostenlose Aushändigung eines Papierexemplars zu verlangen. (4) Das Basisinformationsblatt kann auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier zur Verfügung gestellt werden, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) Die Verwendung des dauerhaften Datenträgers ist den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen der Person, die über das PRIIP berät oder dieses verkauft, und dem Kleinanleger getätigt wird, angemessen und b) der Kleinanleger konnte nachweislich wählen, ob er die Informationen auf Papier oder auf dem dauerhaften Datenträger erhalten wollte, und hat sich nachweislich für diesen anderen Datenträger entschieden. (5) Das Basisinformationsblatt kann über eine Website, die der Definition eines dauerhaften Datenträgers nicht entspricht, zur Verfügung gestellt werden, wenn alle nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

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Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

§ 340 Abs. 6a Nr. 9 Nicht, nicht richtiges oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Vorsehen geeigneter Verfahren und Vorkehrungen entgegen

Art. 19a und b Art. 19a und b PRIIP-Verordnung verpflichten den PRIIP-Hersteller und die Person, die über PRIIP berät oder sie verkauft, geeignete Verfahren und Vorkehrungen vorzusehen, durch die gewährleistet wird, dass – Kleinanleger auf wirksame Weise Beschwerde gegen einen PRIIPHersteller einreichen können, – Kleinanleger, die in Bezug auf das Basisinformationsblatt eine Beschwerde eingereicht haben, zeitig und in angemessener Form eine sachdienliche Antwort erhalten.

§ 340 Abs. 6a Nr. 10 Nicht, nicht richtiges oder nicht in der vorgeschriebenen Weise Vorsehen geeigneter Verfahren und Vorkehrungen entgegen

Art. 19c Art. 19c PRIIP-Verordnung verpflichtet den PRIIP-Hersteller und die Person, die über PRIIP berät oder sie verkauft, geeignete Verfahren und Vorkehrungen vorzusehen, durch die gewährleistet wird, dass Kleinanlegern wirksame Rechtsbehelfsverfahren auch im Fall von grenzüberschreitenden Streitigkeiten zur Verfügung stehen, insbesondere für den Fall, dass der PRIIP-Hersteller in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland ansässig ist.

B. Ordnungswidrigkeitenkatalog VII. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 6b und 6c (16a und 16b neu eingefügt) (Verstöße gegen die MMF-Verordnung) 16a

Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und fahrlässigen Verstöße gegen die MMF-Verordnung geahndet: § 340 Abs. 6b Nr. 1 Verwendung der Bezeichnung „Geldmarktfonds“ entgegen

Art. 6 Abs. 1 Nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 MMF-Verordnung darf ein OGAW oder AIF die Bezeichnung „Geldmarktfonds“ in Bezug auf sich selbst oder die von ihm aufgelegten Anteile nur verwenden, wenn er gem. der MMF-Verordnung zugelassen wurde. Die Verwendung einer irreführenden oder ungenauen Bezeichnung, die den Eindruck erweckt, dass der OGAW oder AIF ein Geldmarktfonds ist (Art. 6 Abs. 1 UAbs.. 2 MMF-Verordnung), ist ausweislich der Tatbestandsfassung nicht bußgeldbewehrt (vgl. i.Ü. auch Art. 41 Abs. 1d MMF-Verordnung).

_____ a)

Die Bereitstellung des Basisinformationsblatts über eine Website ist den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen der Person, die über das PRIIP berät oder dieses verkauft, und dem Kleinanleger getätigt wird, angemessen; b) der Kleinanleger konnte nachweislich wählen, ob er die Informationen auf Papier oder über eine Website erhalten wollte, und hat sich nachweislich für Letzteres entschieden; c) dem Kleinanleger sind die Adresse der Website und die Stelle, an der das Basisinformationsblatt auf dieser Website einzusehen ist, auf elektronischem Wege oder schriftlich mitgeteilt worden; d) das Basisinformationsblatt kann über die Website laufend abgefragt, heruntergeladen und auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden, und zwar so lange, wie es für den Kleinanleger einsehbar sein muss. Wenn das Basisinformationsblatt gemäß Artikel 10 überarbeitet wurde, werden dem Kleinanleger auf Nachfrage auch vorherige Fassungen zur Verfügung gestellt. (6) Für die Zwecke der Absätze 4 und 5 wird die Bereitstellung von Informationen auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder über eine Website angesichts der Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen der Person, die über PRIIP berät oder sie verkauft, und dem Kleinanleger getätigt wird, als angemessen betrachtet, wenn der Kleinanleger nachweislich über einen regelmäßigen Zugang zum Internet verfügt. Dies gilt als nachgewiesen, wenn der Kleinanleger für dieses Geschäft eine E-Mail-Adresse angegeben hat.“

Herberger

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 6b Nr. 2 Investieren in einen Vermögenswert oder Tätigen eines Geschäfts entgegen

Art. 9 Abs. 1 oder 2 Nach Art. 9 Abs. 1 MMF-Verordnung darf ein Geldmarktfonds ausschließlich unter den in der MMF-Verordnung festgelegten Bedingungen in eine oder mehrere der in Art. 9 Abs. 1a bis g MMF-Verordnung genannten Kategorien finanzieller Vermögenswerte investieren. Gem. Art. 9 Abs. 2 MMF-Verordnung ist es untersagt, ein in Art. 9 Abs. 2a bis e MMF-Verordnung genanntes Geschäft zu tätigen.

§ 340 Abs. 6b Nr. 3 Zuwiderhandeln gegen eine Anforderung an die Zusammensetzung des Portfolios entgegen

Art. 17 Abs. 1, 3, 4, 5 oder 6 S. 1, Art. 18 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 oder Art. 25 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 3 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten bestimmte Anlagegrenzen sowie Pflichten in Bezug auf das Portfoliomanagement.

§ 340 Abs. 6b Nr. 4 Zuwiderhandeln gegen eine Sicherstellungspflicht entgegen

Art. 19 Abs. 2 oder 4 Nach Art. 19 Abs. 2 MMF-Verordnung hat der Geldmarktfondsverwalter sicherzustellen, dass die bei der Anwendung des internen Verfahrens zur Bewertung der Kreditqualität genutzten Informationen von ausreichender Qualität und aktuell sind und aus zuverlässigen Quellen stammen. Ferner hat der Geldmarktfondsverwalternach Art. 19 Abs. 4 MMFVerordnung sicherzustellen, dass das interne Verfahren zur Bewertung der Kreditqualität den in Art. 19 Abs. 4a bis f MMF-Verordnung genannten allgemeinen Grundsätzen entspricht.

§ 340 Abs. 6b Nr. 5 Zuwiderhandeln gegen eine Anforderung bezüglich der Transparenz oder Dokumentation entgegen

Art. 21, 26 S. 2, Art. 31 Abs. 4, Art. 32 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2 UAbs. 3, Art. 34 Abs. 1 und 2 S. 2 oder Art. 36 Abs. 1, 2, 4 oder 5 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten bestimmte Pflichten im Zusammenhang mit Dokumentations- und Transparenzanforderungen.

§ 340 Abs. 6b Nr. 6 Zuwiderhandeln gegen eine Anforderung bezüglich der Geschäftsführung oder Verwaltung entgegen

Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2, 3 oder 4, Art. 27 oder Art. 28 Abs. 3 oder 4 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten bestimmte Pflichten im Zusammenhang mit der Bewertung der Kreditqualität, der Liquiditätsvorsorge und der Durchführung von Stresstests.

§ 340 Abs. 6b Nr. 7 Zuwiderhandeln gegen eine Anforderung bezüglich der Bewertung entgegen

Art. 29 Abs. 1 bis 4 oder 5, Art. 30 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 oder 2, Art. 31 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 oder 2 oder Art. 32 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 oder 2 Die in Bezug genommenen Vorschriften enthalten bestimmte Pflichten im Zusammenhang mit der Bewertung von Geldmarktfonds.

§ 340 Abs. 6b Nr. 8 Externe Unterstützung eines Geldmarktfonds entgegen

Art. 35 Abs. 1 Nach Art. 35 Abs. 1 MMF-Verordnung darf ein Geldmarktfonds keine externe Unterstützung erhalten. Unter externer Unterstützung ist nach Art. 35 Abs. 2 MMF-Verordnung die direkte oder indirekte Unterstützung für einen Geldmarktfonds durch einen Dritten, einschließlich eines Sponsors des Geldmarktfonds, zu verstehen, die dazu bestimmt ist oder im Ergebnis bewirken würde, dass die Liquidität des Geldmarktfonds garantiert oder der feste Nettoinventarwert (Net Asset Value, NAV) pro Anteil des Geldmarktfonds stabilisiert wird. Externe Unterstützung umfasst bspw. Barzuschüsse von Dritten.

§ 340 Abs. 6c Nr. 1 Erwirken einer Zulassung als Geldmarktfonds auf Grund einer nicht richtigen Erklärung oder Angabe entgegen

Art. 4 Abs. 1 bis 3 Art. 4 Abs. 1 MMF-Verordnung enthält die Zulassungspflicht für Geldmarktfonds. Nach Art. 4 Abs. 2 MMF-Verordnung erfolgt bei OGAW die Zulassung als Geldmarktfonds im Rahmen des OGAW-Zulassungsverfahrens oder – wenn ein OGAW bereits zugelassen ist – im Einklang mit dem in Art. 4 Abs. 4 und 5 MMF-Verordnung festgelegten Verfahren. Nach Art. 4 Abs. 5

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Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

MMF-Verordnung sind der zuständigen Behörde bestimmte Unterlagen zu übermitteln. Nach Art. 4 Abs. 3 MMF-Verordnung erfolgt bei AIF die Zulassung als Geldmarktfonds nach dem in Art. 5 MMF-Verordnung festgelegten Zulassungsverfahren. Nach Art. 5 Abs. 2 MMF-Verordnung sind bestimmte Angaben und Informationen der zuständigen Behörde zu übermitteln. § 340 Abs. 6c Nr. 2 Bewertung eines Vermögenswertes eines LVNAV-Geldmarktfonds nach der Methode der fortgeführten Anschaffungskosten, obwohl dieser Vermögenswert eine Restlaufzeit von mehr als 75 Tagen aufweist oder der nach Art. 29 Abs. 2, 3 und 4 berechnete Preis dieses Vermögenswertes mehr als zehn Basispunkte abweicht

Art. 29 Abs. 7 Nach Art. 29 Abs. 7 UAbs. 1 MMF-Verordnung darf bei Geldmarktfonds mit Nettoinventarwert mit niedriger Volatilität (LVNAV-Geldmarktfonds; LVNAV: Low Volatility Net Asset Value) die Bewertung der Vermögenswerte mit einer Restlaufzeit von bis zu 75 Tagen nicht nur nach der Bewertung zu Marktpreisen gem. Abs. 2 und 3 und der Bewertung zu Modellpreisen gem. Abs. 4, sondern auch nach der Methode der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfolgen. Nach Art. 29 Abs. 7 UAbs. 2 MMF-Verordnung darf die Methode der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten allerdings nur zur Bewertung eines Vermögenswerts eines LVNAV-Geldmarktfonds verwendet werden, wenn der gem. Abs. 2, 3 und 4 berechnete Preis dieses Vermögenswertes (Bewertung zu Markt- oder Modellpreisen) nicht um mehr als 10 Basispunkte von dem gem. Abs. 7 UAbs. 1 berechneten Preis (Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten) abweicht. Im Falle einer solchen Abweichung ist der Preis des Vermögenswertes gem. Abs. 2, 3 und 4 zu berechnen.

§ 340 Abs. 6c Nr. 3 Verwenden eines Dokuments für Vertriebszwecke, das Hinweise nicht, nicht richtig oder nicht vollständig enthält, als Geldmarktfondsverwalter entgegen

Art. 36 Abs. 3 Nach Art. 36 Abs. 3 MMF-Verordnung hat jedes Dokument, das ein Geldmarktfonds für Vertriebszwecke verwendet, deutlich sichtbar die in Art. 36 Abs. 3a bis d MMF-Verordnung aufgeführten Hinweise zu enthalten.

IX. Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 6d, 6e und 6f (Verstöße gegen die STS-Verordnung) 16b

Als Ordnungswidrigkeit werden die nachfolgenden vorsätzlichen und fahrlässigen Verstöße (bei Abs. 6d nur vorsätzliche Verstöße) gegen die STS-Verordnung geahndet: § 340 Abs. 6d Auswahl von Vermögenswerten entgegen

Art. 6 Abs. 2 S. 1 Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 STS-Verordnung dürfen Originatoren98a jene Vermögenswerte, die auf eine Verbriefungsgesellschaft übertragen werden sollen, nicht mit dem Ziel auswählen, dass die Verluste bei den auf die Verbriefungsgesellschaft übertragenen Vermögenswerten (gemessen während der Laufzeit der Transaktion oder während eines Zeitraums von höchstens vier Jahren, wenn die Laufzeit der Transaktion mehr als vier Jahre beträgt) höher sind als die im gleichen Zeitraum anfallenden Verluste bei vergleichbaren – in der Bilanz des Originators ausgewiesen – Vermögenswerten.

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98a Originator ist gem. Art. 2 Nr. 3 STS-Verordnung ein Unternehmen, das a) entweder selbst oder über verbundene Unternehmen direkt oder indirekt an der ursprünglichen Vereinbarung beteiligt war, die die Verpflichtungen oder potenziellen Verpflichtungen des Schuldners bzw. des potentiellen Schuldners begründet hat, durch die die Risikopositionen entstehen, die nun Gegenstand der Verbriefung sind, oder b) Risikopositionen eines Dritten auf eigene Rechnung erwirbt und diese dann verbrieft.

Herberger

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B. Ordnungswidrigkeitenkatalog

§ 340

§ 340 Abs. 6e Nr. 1 Nichthalten eines Anteils entgegen

Art. 6 Abs. 1 S. 1 Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 STS-Verordnung hat der Originator, Sponsor98b oder ursprüngliche Kreditgeber einer Verbriefung kontinuierlich einen materiellen Nettoanteil von mindestens 5% an dieser Verbriefung zu behalten.

§ 340 Abs. 6e Nr. 2 Nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Zurverfügungstellung entgegen

Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 bis 4 oder 5 Nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 STS-Verordnung haben Originator, Sponsor und Verbriefungszweckgesellschaft einer Verbriefung den Inhabern von Verbriefungspositionen, den in Art. 29 STS-Verordnung genannten zuständigen Behörden und auf Verlangen den potenziellen Anlegern (Art. 7 Abs. 2 STS-Verordnung) zumindest die in Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1a bis g STS-Verordnung aufgeführten Informationen zur Verfügung zu stellen. Nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 STS-Verordnung sind die Informationen nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1b, c und d STS-Verordnung vor der Bepreisung zur Verfügung zu stellen. Nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 3 STS-Verordnung sind die Informationen nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1a und e STS-Verordnung zum gleichen Zeitpunkt vierteljährlich spätestens einen Monat nach dem Fälligkeitstermin für die Zahlung der Zinsen zur Verfügung zu stellen oder bei Transaktionen mit forderungsgedeckten Geldmarktpapieren (ABCP-Transaktionen; ABCP: asset backed commercial paper) spätestens einen Monat nach Ende des von dem Anlegerbericht98c erfassten Zeitraums. Nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 4 STS-Verordnung sind die Informationen gem. Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1a, c ii) und e i) STS-Verordnung im Falle von ABCP den Inhabern der Verbriefungsposition und auf Verlangen den potenziellen Anlegern in aggregierter Form zur Verfügung zu stellen. Daten auf Kreditebene sind dem Sponsor und auf Verlangen den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen. Nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 5 STS-Verordnung sind die Informationen nach Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1f und g STS-Verordnung unbeschadet der Marktmissbrauchsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 596/2014) unverzüglich zur Verfügung zu stellen.

§ 340 Abs. 6e Nr. 3 Anwendung eines anderen Kriteriums oder Verfahrens entgegen

Art. 9 Abs. 1 S. 1 oder 2 Nach Art. 9 Abs. 1 S. 1 STS-Verordnung haben Originatoren, Sponsoren und ursprüngliche Kreditgeber bei Risikopositionen, die verbrieft werden sollen, dieselben soliden und klar definierten Kreditvergabekriterien anzuwenden wie bei nicht verbrieften Risikopositionen. Zu diesem Zweck haben sie gem. Art. 9 Abs. 1 S. 2 STS-Verordnung dieselben eindeutig festgelegten Verfahren für die Genehmigung und ggf. für die Änderung, Verlängerung und Refinanzierung von Krediten anzuwenden.

§ 340 Abs. 6e Nr. 4 Verwendung einer Bezeichnung entgegen

Art. 18 S. 1 Nach Art. 18 S. 1 STS-Verordnung dürfen Originatoren, Sponsoren und Verbriefungszweckgesellschaften die Bezeichnung „STS“ oder „einfach, transparent und standardisiert“ oder eine direkt oder indirekt darauf bezugneh-

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98b Sponsor ist gem. Art. 2 Nr. 5 STS-Verordnung ein Kreditinstitut, unabhängig davon, ob es in der EU ansässig ist oder nicht, i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR-Verordnung oder eine Wertpapierfirma i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der MiFID II, das bzw. die kein Originator ist und a) ein Programm forderungsgedeckter Geldmarktpapiere oder eine andere Verbriefung, bei der Risikopositionen Dritter angekauft werden, auflegt und verwaltet, oder b) ein Programm forderungsgedeckter Geldmarktpapiere oder eine andere Verbriefung auflegt, bei der Risikopositionen Dritter angekauft werden und die tägliche aktive Portfolioverwaltung, die mit der Verbriefung einhergeht, an eine Einrichtung übertragen wird, die im Einklang mit der OGAW-RL, AIFM-RL oder MiFID II für die Ausübung einer solchen Tätigkeit zugelassen ist. 98c Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1e STS-Verordnung.

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Herberger

§ 340

Bußgeldvorschriften

mende Bezeichnung nur dann für ihre Verbriefung verwenden, wenn die in Art. 18 S. 1a und b genannten Kriterien erfüllt sind. § 340 Abs. 6e Nr. 5 Nicht, nicht richtiges, nicht vollständiges oder nicht rechtzeitiges Unterrichten der ESMA oder nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Benachrichtigung der BaFin entgegen

Art. 27 Abs. 4 Nach Art. 27 Abs. 1 STS-Verordnung haben Originator und Sponsor die ESMA gemeinsam zu unterrichten, wenn eine Verbriefung die Anforderungen der Art. 19 bis 22 oder der Art. 23 bis 26 STS-Verordnung erfüllt (sog. „STS-Meldung“). Nach Art. 27 Abs. 4 STS-Verordnung haben Originator und Sponsor die ESMA unverzüglich zu unterrichten und die BaFin zu benachrichtigen, wenn eine Verbriefung die Anforderungen der Art. 19 bis 22 oder der Art. 23 bis 26 STS-Verordnung nicht mehr erfüllt. Da nach dem Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 STS-Verordnung nur die Unterrichtung an die ESMA unverzüglich zu erfolgen hat, ist die Tathandlung der „nicht rechtzeitigen“ Benachrichtigung der BaFin redundant.

§ 340 Abs. 6f Nr. 1 Nichtsicherstellen, dass über ein wirksames System verfügt wird, entgegen

Art. 9 Abs. 1 S. 3 Nach Art. 9 Abs. 1 S. 3 STS-Verordnung haben Originatoren, Sponsoren und ursprüngliche Kreditgeber über wirksame Systeme zur Anwendung der in Art. 9 Abs. 1 S. 1 und 2 STS-Verordnung genannten Kriterien und Verfahren zu verfügen, um sicherzustellen, dass die Kreditvergabe auf einer gründlichen Bewertung der Kreditwürdigkeit des Schuldners basiert, wobei relevanten Faktoren zur Überprüfung der Aussicht, ob der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nachkommen kann, gebührend Rechnung zu tragen ist.

§ 340 Abs. 6f Nr. 2 Verbriefen einer Risikoposition, ohne eine entsprechende Prüfung vorgenommen zu haben, entgegen

Art. 9 Abs. 3 Nach Art. 9 Abs. 3 STS-Verordnung hat de Originator, der Risikopositionen eines Dritten auf eigene Rechnung erwirbt und diese verbrieft, zu überprüfen, ob das Unternehmen, das direkt oder indirekt an der ursprünglichen Vereinbarung beteiligt war, die die zu verbriefenden Verpflichtungen oder potenziellen Verpflichtungen begründet hat, den Anforderungen nach Art. 9 Abs. 1 STS-Verordnung genügt.

§ 340 Abs. 6f Nr. 3 Machen einer Meldung mit irreführendem Inhalt entgegen

Art. 27 Abs. 1 UAbs. 1, 2 oder 3 S. 2 Nach Art. 27 Abs. 1 UAbs. 1 STS-Verordnung haben Originatoren und Sponsoren die ESMA gemeinsam unter Verwendung des in Art. 27 Abs. 7 STS-Verordnung genannten Musters zu unterrichten, wenn eine Verbriefung die Anforderungen der Art. 19 bis 22 oder der Art. 23 bis 26 STS-Verordnung erfüllt (sog. „STS-Meldung“). Im Falle eines ABCP-Programms ist nur der Sponsor für die Meldung des Programms und innerhalb des Programms für die ABCP-Transaktionen, die Art. 24 STS-Verordnung erfüllen, verantwortlich. Nach Art. 27 Abs. 1 UAbs. 2 STS-Verordnung hat die STS-Meldung eine Erläuterung des Originators und des Sponsors zu beinhalten, in welcher Weise die einzelnen in den Art. 20 bis 22 oder den Art. 24 bis 26 STSVerordnung dargelegten STS-Kriterien erfüllt wurden. Schließlich haben Originatoren und Sponsoren einer Verbriefung die zuständigen Behörden nach Art. 27 Abs. 1 UAbs. 3 S. 2 STS-Verordnung über die STS-Meldung zu informieren und eine Instanz zu benennen, die als erste Anlaufstelle für Anleger und zuständige Behörden fungiert.

C. Tatbeteiligung C. Tatbeteiligung

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Als Täter einer Ordnungswidrigkeit kommt, ebenso wie im Strafrecht, lediglich eine natürliche Person in Betracht.99 Wer Normadressat und daher möglicher Täter einer Ord-

_____ 99

Göhler/Gürtler OWiG, Vor § 1 Rn. 31.

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D. Vorsatz, Leichtfertigkeit, Fahrlässigkeit

§ 340

nungswidrigkeit nach § 340 ist, bestimmt sich jeweils anhand des konkreten Gebots oder Verbots.100 Die gesetzlichen oder durch Verwaltungsakt konkretisierten Pflichten des KAGB bzw. die Pflichten der einschlägigen EU-Verordnungen bestehen sowohl gegenüber natürlichen als auch juristischen Personen bzw. rechtsfähigen Personengesellschaften. Sind Normadressaten juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, wird der Anwendungsbereich des § 340 durch § 9 OWiG, der § 14 StGB entspricht, auf diejenigen Personen erweitert, die für den eigentlichen Normadressaten handeln.101 Bei juristischen Personen handeln die Mitglieder des vertretungsberechtigten 18 Organs ordnungswidrig (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG), bei rechtsfähigen Personengesellschaften die vertretungsberechtigten Gesellschafter (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Ferner gilt das gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG auch für gesetzliche Vertreter, z.B. Insolvenzverwalter, und gem. § 9 Abs. 2 OWiG für bestimmte gewillkürte Vertreter.102 Die Verantwortlichkeit des Inhabers des Betriebs entfällt durch die Bestellung von Beauftragten nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 OWiG nicht, wird aber gemindert.103 Anders als im Strafrecht, wo zwischen Täterschafts- und Teilnahmeformen (§§ 25 ff. 19 StGB) unterschieden wird, regelt § 14 OWiG für das Ordnungswidrigkeitenrecht, dass die Ahndung eines jeden Beteiligten unabhängig von seinem Tatbeitrag vorgenommen wird (sog. Einheitstäterbegriff). In Betracht kommt als Beteiligung i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 OWiG aber nur eine vorsätzliche Mitwirkung an einer Vorsatztat eines anderen (doppelte Vorsatzstellung).104 Eine Geldbuße kann gegen alle an einer Ordnungswidrigkeit beteiligten Personen festgesetzt werden, selbst wenn ein besonderes persönliches Merkmal i.S.v. § 9 Abs. 1 OWiG nur bei einem Beteiligten vorliegt. Damit kommen auch sonstige Angestellte von KVG, die an einem Verstoß mitwirken, als Täter einer Ordnungswidrigkeit in Betracht.105 D. Vorsatz, Leichtfertigkeit, Fahrlässigkeit D. Vorsatz, Leichtfertigkeit, Fahrlässigkeit Der Begriff des Vorsatzes im OWiG entspricht dem des § 15 StGB.106 Wer sich als 20 Handelnder in einem Irrtum über einen Umstand befindet, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich (§ 11 Abs. 1 S. 1 OWiG). Denkbar ist das z.B. in dem Fall, dass ein Fondsmanager fälschlich annimmt, dass ein Wertpapier an einer Börse in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Handel oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen ist. Ist wie bei den Tatbeständen des § 340 Abs. 1 nur ein vorsätzliches Handeln ordnungswidrig, entfällt die Möglichkeit, eine Geldbuße festzusetzen. Leichtfertigkeit ist ein gesteigerter Grad der Fahrlässigkeit. Diese liegt vor, wenn 21 der Täter grob achtlos handelt und nicht beachtet, was sich unter den Voraussetzungen seiner Erkenntnisse und Fähigkeiten aufdrängen muss.107 Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen 22 und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist und deshalb die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt, aber hätte erkennen können (unbewusste Fahrlässigkeit) oder die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zwar erkennt, aber auf deren

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100 Zu § 143 InvG Berger/Steck/Lübbehüsen/Campell InvG, § 143 Rn. 3; zu § 56 KWG Erbs/Koolhaas/ Häberle § 56 KWG Rn. 3. 101 Göhler/Gürtler OWiG, § 9 Rn. 2. 102 Für Einzelheiten vgl. Göhler/Gürtler OWiG, § 9 Rn. 16 und oben § 339 Rn. 30. 103 Göhler/Gürtler OWiG, § 9 Rn. 37. 104 Mitsch/Rengier OWiG, § 14 Rn. 8a. 105 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, 2013, § 143 Rn. 65. 106 Mitsch/Rengier OWiG, § 10 Rn. 1. Siehe hierzu die Kommentierung zu § 339 Rn. 27. 107 Fischer § 15 Rn. 20.

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Bußgeldvorschriften

Nichteintritt vertraut (bewusste Fahrlässigkeit).108 Die Differenzierung zwischen Leichtfertigkeit und (einfacher) Fahrlässigkeit wurde im Hinblick auf die Bußgeldtatbestände in Abs. 1 und 2 im Rahmen des OGAW-V-UmsG aufgegeben. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass eine Abgrenzung der beiden Schuldformen zu Schwierigkeiten führe und nicht mit europarechtlichen Sanktionsvorgaben der OGAW-V-Richtlinie kompatibel sei.109 E. Rechtsfolgen E. Rechtsfolgen I. Bußgeldrahmen (Abs. 7 und 8) Der Bußgeldrahmen in § 340 Abs. 7 wurde anlässlich und in Umsetzung der Sanktionsvorgaben des durch die OGAW-V-RL neu gefassten Art. 99 Abs. 6e bis g der OGAWRL neu strukturiert und deutlich erhöht. Die deutliche Erweiterung des Bußgeldrahmens wurde vom Gesetzgeber angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bedeutung der Investmentanlage und im Hinblick auf das Schutzbedürfnis vor schuldhaftem Verhalten im Finanzsektor für gerechtfertigt erachtet.110 Im Gegensatz zum früheren zweistufigen System der Ahndung von Ordnungswid24 rigkeiten in § 340 Abs. 5 i.d.F. des AIFM-UmsG (Geldbußen bis zu € 100.000 oder € 50.000) ist in § 340 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 bis 3 heute ein vierstufiges System111 vorgesehen, in dem die Ordnungswidrigkeiten der Abs. 1 bis 6f entsprechend ihrem Unrechtsgehalt jeweils einer Stufe zugeordnet sind. Die Höhe des betragsmäßig festgelegten Höchstbetrages (fixer Bußgeldrahmen) beträgt auf der ersten Stufe (Abs. 7 S. 1 Nr. 1) bis zu € 5 Mio., auf der zweiten Stufe (Abs. 7 S. 1 Nr. 2) bis zu € 1 Mio., auf der dritten Stufe (Abs. 7 S. 1 Nr. 2a) bis zu € 700.000 und auf der vierten Stufe (Abs. 7 S. 1 Nr. 3) bis zu € 200.000. Einige Ordnungswidrigkeiten, die im Grundsatz der zweiten Stufe zugeordnet sind,112 werden bei wiederholter Begehung auf der ersten Stufe bebußt. Dabei erfordert die Anwendung des erhöhten Bußgeldrahmens im Wiederholungsfall ausweislich des Wortlautes keine vorherige (rechtskräftige) festgesetzte Geldbuße.113 Auf den ersten drei Stufen eröffnet § 340 Abs. 7 S. 1 Nr. 1, 2 und 2a gegenüber juristi25 schen Personen oder Personenvereinigungen zudem die Möglichkeit, den Höchstbetrag der Geldbuße umsatzabhängig zu ermitteln (umsatzbezogener Bußgeldrahmen). Der Höchstbetrag der umsatzbezogenen Geldbuße kann auf der ersten Stufe den fixen Höchstbetrag von € 5 Mio. übersteigen und bis zu 10% des jährlichen Gesamtumsatzes betragen. Auf der zweiten Stufe kann sich der Höchstbetrag auf bis zu 2% des jährlichen Gesamtumsatzes und auf der dritten Stufe auf bis zu dem höheren der Beträge von € 5 Mio. oder 3% des jährlichen Gesamtumsatzes belaufen. 26 Die Feststellung des Gesamtumsatzes erfolgt nach Maßgabe des § 340 Abs. 8. In zeitlicher Dimension ist gem. Abs. 8 S. 4 an den Gesamtumsatz des Jahres- oder Konzernabschlusses des letzten Geschäftsjahres, das der Entscheidung der BaFin vorausgeht, anzuknüpfen. Ist der Jahres- oder Konzernabschluss für das vorausgehende Jahr nicht verfügbar, soll der Jahres- oder Konzernabschluss des Vorjahres maßgeblich sein. Nur 23

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108 Göhler/Gürtler OWiG, § 10 Rn. 6. 109 BTDrucks. 18/6744 S. 68. 110 BTDrucks. 18/6744 S. 72. 111 Ein dreistufiges System zur Bebußung sahen davor § 340 Abs. 6 i.d.F. Gesetz zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings und § 340 Abs. 7 i.d.F. des OGAW-UmsG vor. Durch das 1. FiMaNoG wurde § 340 Abs. 7 um eine weitere Stufe (Abs. 7 S. 1 Nr. 2a) ergänzt. 112 Dies betrifft die Ordnungswidrigkeiten in § 340 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie § 340 Abs. 2 Nr. 24, 31, 32, 37, 38, 40, 41, 49 bis 63, 65, 72, 73, 78, 79 und 79a. 113 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 576.

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E. Rechtsfolgen

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wenn auch dieser Abschluss nicht verfügbar ist, kann die BaFin den Gesamtumsatz des Geschäftsjahres, das der Entscheidung unmittelbar vorausgeht, gem. Abs. 8 S. 6 schätzen. Bei der Ermittlung der zum Umsatz zählenden Posten unterscheidet Abs. 8 S. 1 drei 27 Unternehmenskategorien: Kredit-, Zahlungs- und Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen und übrige Unternehmen. Maßgebend ist bei Kredit-, Zahlungs- und Finanzdienstleistungsinstituten gem. Abs. 8 S. 1 Nr. 1 der Gesamtbetrag, der sich nach den nationalen Rechnungslegungsvorschriften im Einklang – bei Anwendung der Staffelnorm (vertikale Gliederung) – mit Art. 27 Nr. 1 (Zinserträge und ähnliche Erträge), Nr. 3 (Erträge aus Wertpapieren), Nr. 4 (Provisionserträge), Nr. 6 (Ertrag/Aufwand) und Nr. 7 (sonstige betriebliche Erträge) oder – bei Anwendung der Kontoform (horizontale Gliederung) – mit Art. 28 Posten B1 (Zinserträge und ähnliche Erträge), B2 (Erträge aus Wertpapieren), B3 (Erträge aus Wertpapieren), B4 (Erträge aus Finanzgeschäften) und B7 (sonstige betriebliche Erträge) der Richtlinie 86/635/EWG114, ergibt, wobei Umsatzsteuer und sonstige direkt auf diese Erträge erhobene Steuern abzuziehen sind. In Deutschland finden die §§ 340 ff. HGB und die RechKredV115 bzw. die RechZahlV116 Anwendung.117 Für Versicherungsunternehmen ist gem. Abs. 8 S. 1 Nr. 2 der Gesamtbetrag maßgebend, der sich nach den nationalen Vorschriften im Einklang mit Art. 63 der Richtlinie 91/674/EWG118 ergibt, wobei Umsatzsteuer und sonstige direkt auf diese Erträge erhobene Steuern abzuziehen sind. In Deutschland findet die RechVersV119 Anwendung.120 Nach Abs. 8 S. 1 Nr. 3 gelten bei allen anderen Unternehmen als Gesamtumsatz die Nettoumsatzerlöse nach Maßgabe der anwendbaren nationalen Vorschriften im Einklang mit Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2013/34/EU.121 Danach werden Nettoumsatzerlöse als die Beträge definiert, die sich aus dem Verkauf von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Mehrwertsteuer sowie sonstigen direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern ergeben. In Deutschland findet allgemein § 277 Abs. 1 HGB Anwendung.122 Der Gesamtumsatz konzernangehöriger Unternehmen wird gem. Abs. 8 S. 2 auf den gesamten Konzern erweitert. Maßgeblich ist dabei der Konzern mit dem größten Konsolidierungskreis.123 Nach § 340 Abs. 7 S. 2 kann die Geldbuße auf allen vier Stufen den fixen bzw. 28 umsatzbezogenen Bußgeldrahmen übertreffen und bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils betragen (mehrerlösbezogener Bußgeldrahmen). Dabei umfasst der wirtschaftliche Vorteil gem. § 340 Abs. 7 S. 3 auch vermiedene wirtschaftliche Nachteile und kann von der BaFin geschätzt werden. Nach h.M. ist der aus

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114 Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8.12.1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten. 115 Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung vom 11.12.1998 (BGBl. I, S. 3658), die zuletzt durch Art. 8 Abs. 13 des Gesetzes vom 17.7.2015 (BGBl. I, S. 1245) geändert worden ist. 116 Zahlungsinstituts-Rechnungslegungsverordnung vom 2.11.2009 (BGBl. I, S. 3680), die zuletzt durch Art. 8 Abs. 8 des Gesetzes vom 17.7.2015 (BGBl. I, S. 1245) geändert worden ist. 117 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 619; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 583. 118 Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19.12.1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen. 119 Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung vom 8.11.1994 (BGBl. I, S. 3378), die zuletzt durch Artikel 8 Abs. 14 des Gesetzes vom 17.7.2015 (BGBl. I, S. 1245) geändert worden ist. 120 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 620; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 582. 121 Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates. 122 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 621. 123 BTDrucks. 18/6744 S. 72.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

der Ordnungswidrigkeit gezogene wirtschaftliche Vorteil der Habensaldo, der sich aus einem Vergleich der wirtschaftlichen Lage vor und nach Begehung der Tat ergibt.124 Zu berücksichtigen sind im Rahmen der Saldierung auch die vom Betroffenen tatsächlich getätigten eigenen Aufwendungen finanzieller Art (Nettoprinzip).125 Der für die einzelnen Bußgeldtatbestände maßgebliche Bußgeldrahmen stellt sich 29 wie folgt dar:

1. Stufe

Bußgeldrahmen

Ordnungswidrigkeiten

bis zu € 5 Mio. bzw.

§ 340 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 § 340 Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 7, 9, 10, 13, 14, 25 bis 30, 33 bis 35, 76, 77, 81

bis zu 10% des jährlichen Gesamtumsatzes (bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen)

§ 340 Abs. 6b Nr. 8 § 340 Abs. 6c Nr. 1 § 340 Abs. 6d bis 6f

bzw.

Bei wiederholter Vornahme: § 340 Abs. 1 Nr. 2 und 3 § 340 Abs. 2 Nr. 24, 31, 32, 37, 38, 40, 41, 49 bis 63, 65, 72, 73, 78, 79 und 79a

bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils 2. Stufe

bis zu € 1 Mio. bzw. bis zu 2% des jährlichen Gesamtumsatzes (bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen) bzw.

§ 340 Abs. 1 Nr. 2 und 3 § 340 Abs. 2 Nr. 1a, 2, 8, 11, 12, 15 bis 24, 31, 32, 37, 38, 40, 41, 43 bis 46, 49 bis 62, 63 bis 67, 70 bis 73, 78, 79a § 340 Abs. 4 Nr. 3, 4 und 7 § 340 Abs. 5 Nr. 3, 4 und 7 § 340 Abs. 6 Nr. 5, 11 und 13 § 340 Abs. 6b Nr. 1, 5 und 7 § 340 Abs. 6c Nr. 2 und 3

bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils 3. Stufe

bis zu € 700.000

§ 340 Abs. 6a

bzw. bis zum höheren der Beträge von € 5 Mio. oder 3% des jährlichen Gesamtumsatzes (bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen) bzw. bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils 4. Stufe

bis zu € 200.000 bzw.

bei den übrigen Ordnungswidrigkeiten der § 340 Abs. 2 bis 6 und 6b

bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils

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124 Vgl. nur Mitsch/Mitsch OWiG, § 17 Rn. 118. 125 Mitsch/Mitsch OWiG, § 17 Rn. 119; Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 617; Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 588.

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E. Rechtsfolgen

II. Bußgeldbemessung (Abs. 9 S. 1) Für die Höhe der Geldbuße gilt § 17 OWiG.126 Das Mindestmaß der Geldbuße beträgt 30 gem. § 17 Abs. 1 OWiG € 5. Das Höchstmaß der zu verhängenden Geldbuße richtet sich innerhalb der ersten drei Stufen nach dem jeweils höchsten Betrag aus fixem Bußgeldrahmen, ggf. gesamtumsatzabhängigen Bußgeldrahmen oder mehrerlösbezogenem Bußgeldrahmen. In der vierten Stufe wird der Bußgeldrahmen aus dem jeweils höchsten Betrag aus fixem Bußgeldrahmen oder mehrerlösbezogenem Bußgeldrahmen ermittelt.127 Da § 340 Abs. 7 den Bußgeldrahmen ohne Unterscheidung für vorsätzliches, leicht- 31 fertiges oder fahrlässiges Handeln festlegt, gilt gem. § 17 Abs. 2 OWiG für fahrlässig begangene Taten ein um die Hälfte reduzierter Bußgeldrahmen. Als fahrlässiges Handeln i.S.v. § 17 Abs. 2 OWiG gilt auch leichtfertiges Handeln, da es sich hierbei nur um einen gesteigerten Grad der Fahrlässigkeit handelt.128 Nicht anwendbar ist die Ermäßigung des Bußgeldrahmens nach § 17 Abs. 2 OWiG jedoch bei fahrlässigen Verstößen gegen Ge- und Verbote im Zusammenhang mit OGAW, die in § 340 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 in Bezug genommen werden. Das ergibt sich aus § 340 Abs. 9 S. 1, der den durch die OGAW-V-Richtlinie neugefassten Art. 99 Abs. 6 der OGAW-Richtlinie umsetzt, der keine Grundlage für eine pauschale Absenkung des Höchstmaßes bei fahrlässigem Handeln bietet.129 Allerdings betont die Gesetzesbegründung, dass der Grad der Verantwortung – wie etwa nur fahrlässiges Handeln – Berücksichtigung im Rahmen der Zumessung der Geldbuße finden kann, was auch Art. 99c Abs. 1c der OGAW-Richtlinie explizit zulässt.130 III. Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG und Aufsichtspflichtverletzung gem. § 130 OWiG Unter den Voraussetzungen des § 30 OWiG kann eine Geldbuße gegen die juristi- 32 sche Person oder Personenvereinigung selbst verhängt werden.131 Gem. § 30 Abs. 4 S. 1 OWiG kann die Geldbuße selbstständig festgesetzt werden.132 Lediglich der Klarstellung dient § 340 Abs. 9 S. 2, der bestimmt, dass § 30 OWiG auch für juristische Personen oder Personenvereinigungen gilt, die über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs im Inland tätig sind.133 Gem. § 130 OWiG handelt ordnungswidrig, wer als Organmitglied, vertretungsbe- 33 rechtigter Gesellschafter, Vertreter oder Beauftragter134 vorsätzlich oder fahrlässig die zur Vermeidung von Ordnungswidrigkeiten erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, wenn die Ordnungswidrigkeit durch gehörige Aufsicht hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können. Gem. § 130 Abs. 3 S. 3 OWiG bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Fälle der genannten Art können darin liegen, dass z.B. die Geschäftsleiter einer KVG nicht hinreichend (etwa durch

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126 Zur Bußgeldzumessung der Wertpapieraufsicht Canzler/Hammermaier AG 2014 57 (67 ff.). 127 BTDrucks. 18/6744 S. 72. 128 Göhler/Gürtler OWiG, § 17 Rn. 13. 129 BTDrucks. 18/6744 S. 72. 130 BTDrucks. 18/6744 S. 72. 131 Zu den Voraussetzungen der Verbandsgeldbuße vgl. Mitsch/Rogall OWiG, Vor § 30 Rn. 88 ff. 132 Als den Regelfall kapitalmarktdeliktischer Ahndung beschreiben die selbstständige Verbandsgeldbuße Canzler/Hammermaier AG 2014 57 (64). 133 Vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 340 Rn. 625. 134 Vgl. hierzu oben Rn. 12.

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§ 340

Bußgeldvorschriften

Stichproben oder durch eine Innenrevision) die Einhaltung der Vorschriften über die zulässigen Vermögensgegenstände oder die Anlagegrenzen überwachen.135 F. Ordnungswidrigkeitenverfahren, zeitliche Geltung und Verjährung F. Ordnungswidrigkeitenverfahren, zeitliche Geltung und Verjährung Nach § 340 Abs. 10 ist die BaFin als sachlich zuständige Verwaltungsbehörde i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 340 Abs. 1 bis 6f zuständig.136 Als einzig sachlich zuständige Verwaltungsbehörde ist die BaFin zugleich auch örtlich zuständig.137 35 Anders als im Strafverfahren, wo das Legalitätsprinzip gilt (§ 152 Abs. 2 StPO), ist die BaFin nicht grundsätzlich zur Verfolgung oder Ahndung eines Verstoßes verpflichtet. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt gem. § 47 Abs. 1 S. 1 OWiG im pflichtgemäßen Ermessen der BaFin (Opportunitätsprinzip).138 Folglich kann sie das Verfahren gem. § 47 Abs. 1 S. 2 OWiG einstellen, solange es bei ihr anhängig ist. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die BaFin das Verfahren gem. § 56 OWiG mit einer Verwarnung ohne oder zuzüglich eines Verwarnungsgeldes i.H.v. bis zu € 55 beenden. Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten erfolgt gem. § 65 OWiG durch Bußgeldbescheid. Dagegen kann der Betroffene gem. § 67 Abs. 1 OWiG binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der BaFin Einspruch einlegen. Bei zulässigem Einspruch prüft die BaFin, ob sie den Bußgeldbescheid zurücknimmt oder aufrechterhält (§ 69 Abs. 2 OWiG). Hält sie an dem Bußgeldbescheid fest, übersendet sie die Akten über die Staatsanwaltschaft an das AG (§ 69 Abs. 3 OWiG). Über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheidet gem. § 68 Abs. 1 OWiG das AG – Einzelrichter –, in dessen Bezirk die BaFin ihren Sitz hat, d.h. gem. § 1 Abs. 3 S. 2 FinDAG das Amtsgericht Frankfurt a.M. Sind die Vorschriften über die Einlegung des Einspruchs nicht beachtet, so verwirft das Gericht den Einspruch gem. § 70 OWiG als unzulässig. Anderenfalls entscheidet das Gericht nach Hauptverhandlung durch Urteil (§ 71 OWiG) oder ohne Hauptverhandlung durch Beschluss (§ 72 OWiG). Gegen diese Entscheidungen steht dem Betroffenen gem. § 79 OWiG, § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zum OLG zu. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde für sog. Bagatellsachen (insbes. wenn die Geldbuße unter € 250 beträgt) nur zulässig, wenn sie zugelassen wird (§§ 79 Abs. 1 S. 2, 80 OWiG). Rechtskräftige Bußgeldentscheidungen sind in das Gewerbezentralregister einzutragen (§ 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO), wenn die Geldbuße mehr als € 200 beträgt, was regelmäßig der Fall sein dürfte139 Für die Ahndbarkeit ist gem. § 4 Abs. 1 OWiG die Rechtslage zu dem Zeitpunkt 36 maßgebend, zu dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Der Zeitpunkt, zu dem der Taterfolg eintritt, spielt keine Rolle. Für Taten, die zum Zeitpunkt einer Rechtsänderung noch nicht beendet waren, gilt jedoch gem. § 4 Abs. 2 OWiG die Rechtslage bei Tatbeendigung. War die Tat vor der Rechtsänderung beendet und dauert die letzte Entscheidung in der Bußgeldsache140 noch an, ist gem. § 4 Abs. 3 OWiG das mildeste Gesetz anzuwenden (Meistbegünstigungsprinzip). Für die Frage nach dem mildesten Gesetz kommt es bei (echten wie unechten) Blankettvorschriften auf den gesamten

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135 Baur § 50a Rn. 30. 136 Bei der BaFin ist ein spezialisiertes Bußgeldreferat der Wertpapieraufsicht als unabhängige Organisationseinheit eingerichtet, vgl. dazu Canzler/Hammermaier AG 2014 57 (59 f.). 137 Göhler/Gürtler OWiG, § 37 Rn. 1. 138 Zur Reichweite der Opportunität vgl. Mitsch/Mitsch OWiG, § 47 Rn. 3. 139 Näheres, auch über das Auskunftsrecht und die Tilgung, vgl. §§ 150 ff. GewO. 140 Mitsch/Rogall OWiG, § 4 Rn. 27.

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Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen

§ 341

Rechtszustand an, so dass sowohl Änderungen der Sanktionsnorm als auch Änderungen der Ausfüllungsnorm erfasst sind.141 Die Verfolgung sämtlicher Ordnungswidrigkeiten nach § 340 verjährt nach drei 37 Jahren. Für die Ordnungswidrigkeiten der Abs. 1 bis 6 ergibt sich das aus § 340 Abs. 9 S. 3, für die Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 6a bis 6f aus § 31 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG. Die Verjährung beginnt gem. § 31 Abs. 3 OWiG mit Beendigung der Handlung oder, wenn ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später eintritt, mit diesem Zeitpunkt.142 Die mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnende Vollstreckungsverjährungsfrist beträgt gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 OWiG fünf Jahre, sofern die verhängte Geldbuße über dem Betrag von € 1.000 liegt, was regelmäßig der Fall sein dürfte. Die Verfolgung des Versuchs der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 340 Abs. 1 bis 6f kommt wegen § 13 Abs. 2 OWiG mangels ausdrücklicher Bestimmung nicht in Betracht. https://doi.org/10.1515/9783110492217-131

§ 341 Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen § 341 Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen Herberger Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen 1

(1) Das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvollstreckungsbehörde hat in Strafverfahren gegen bedeutend beteiligte Inhaber, Geschäftsleiter oder Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane von Verwaltungsgesellschaften, extern verwalteten Investmentgesellschaften oder Verwahrstellen oder deren jeweilige gesetzliche Vertreter oder persönlich haftende Gesellschafter wegen Verletzung ihrer Berufspflichten oder anderer Straftaten bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung, ferner in Strafverfahren, die Straftaten nach § 339 zum Gegenstand haben, im Fall der Erhebung der öffentlichen Klage der Bundesanstalt 1. die Anklageschrift oder eine an ihre Stelle tretende Antragsschrift, 2. den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und 3. die das Verfahren abschließende Entscheidung mit Begründung zu übermitteln; ist gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt worden, ist die Entscheidung unter Hinweis auf das eingelegte Rechtsmittel zu übermitteln. 2 In Verfahren wegen fahrlässig begangener Straftaten werden die in den Nummern 1 und 2 bestimmten Übermittlungen nur vorgenommen, wenn aus der Sicht der übermittelnden Stelle unverzüglich Entscheidungen oder andere Maßnahmen der Bundesanstalt geboten sind. (2) 1 In Strafverfahren, die Straftaten nach § 339 zum Gegenstand haben, hat die Staatsanwaltschaft die Bundesanstalt bereits über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens zu unterrichten, soweit dadurch eine Gefährdung des Ermittlungszwecks nicht zu erwarten ist. 2 Erwägt die Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen, so hat sie die Bundesanstalt zu hören. (3) 1 Werden sonst in einem Strafverfahren Tatsachen bekannt, die auf Missstände in dem Geschäftsbetrieb einer Verwaltungsgesellschaft, extern verwalteten Investmentgesellschaft oder Verwahrstelle hindeuten und ist deren Kenntnis aus der Sicht der übermittelnden Stelle für Maßnahmen der Bundesanstalt nach diesem Gesetz erforderlich, soll das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvoll-

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141 142

Mitsch/Rogall OWiG, § 4 Rn. 9. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 340 Rn. 592.

1063 https://doi.org/10.1515/9783110492217-131

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§ 341

Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen

streckungsbehörde diese Tatsachen ebenfalls mitteilen, soweit nicht für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen. 2 Dabei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind. (4) 1 Der Bundesanstalt ist auf Antrag Akteneinsicht zu gewähren, soweit nicht für die Akteneinsicht gewährende Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen. 2 Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

A.

Systematische Übersicht Allgemein | 1

B.

Mitteilungsverfahren | 4

A. Allgemein 1

§ 341 regelt parallel zu § 60a KWG, der bis zum Inkrafttreten des AIFM-UmsG gem. § 143b InvG entsprechend Anwendung fand, die Beteiligung der BaFin an bestimmten Strafverfahren und sieht Mitteilungen der Gerichte,1 der Strafverfolgungs- und der Strafvollstreckungsbehörden ggü. der BaFin vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen die Beteiligung und der Informationsaustausch dazu dienen, dass die BaFin zeitnah und aus erster Hand wichtige Erkenntnisse über die Zuverlässigkeit der wichtigsten Verantwortungsträger im Investmentgeschäft sowie sonstige aufsichtsrelevante Vorgänge erhält.2 Die Mitteilungspflichten des § 341 haben mittlerweile Eingang in die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) gefunden.3 Erwähnung findet § 341 in Nr. 25c MiStra; Nr. 1 bis 10 enthalten allgemeine Vorschriften. § 341 tritt wie § 60a KWG und § 122 WpHG als Spezialregelung neben die allgemeinen 2 Grundsätze für die Mitteilungen in Strafsachen in §§ 12 ff. EGGVG.4 Nach § 18 Abs. 2 S. 1 EGGVG bestimmt die übermittelnde Stelle die Form der Übermittlung nach pflichtgemäßem Ermessen. Für die übermittelten Daten gilt nach § 19 Abs. 1 S. 1 EGGVG Zweckbindung, der zufolge die Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Eine Verwendung für andere Zwecke ist nach § 19 Abs. 1 S. 2 EGGVG lediglich zulässig, soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt werden dürfen. Hinzuweisen ist insbesondere auf § 21 Abs. 1 S. 1 EGGVG, wonach dem Betroffenen auf schriftlichen Antrag Auskunft über die übermittelten Daten und deren Empfänger zu erteilen ist. Nicht geregelt von § 341 ist der umgekehrte Fall, d.h. Mitteilungen der BaFin an die 3 Gerichte und die Strafverfolgungsbehörden. Diese fallen unter § 9 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 KWG als Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht, die gem. § 8 S. 2 entsprechend Anwendung findet. Damit ist klargestellt, dass Tatsachen an die Strafverfolgungsbehörden und die für Straf- und Bußgeldsachen zuständigen Gerichte weitergegeben werden können. B. Mitteilungsverfahren B. Mitteilungsverfahren 4

Nach § 341 Abs. 1 sind die Gerichte, die Strafverfolgungs- und die Strafvollstreckungsbehörden ermächtigt und verpflichtet, der BaFin die wesentlichen Unterlagen,

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1 Wegen des Bezuges zum Strafverfahren kommen als Adressaten faktisch nur die für Strafsachen zuständigen Gerichte in Betracht (insoweit ungenau die Vorauflage), vgl. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 9. 2 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 3 Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) in der ab dem 1.1.2016 geltenden Fassung vom 1.8.2015 (Az.: BMJ – RB4 – 1431/3 – R2 174/2015). 4 Zu § 60a KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60a Rn. 2.

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B. Mitteilungsverfahren

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namentlich die Anklageschrift, den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls sowie die verfahrensabschließende Entscheidung (mit Begründung) zu Strafverfahren zu übermitteln, die sich gegen bedeutend beteiligte Inhaber (vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 6, § 19), Geschäftsleiter (§ 1 Abs. 19 Nr. 15) oder Mitglieder von Aufsichts- und Verwaltungsorganen von Verwaltungsgesellschaften, extern verwalteten Investmentgesellschaften und Verwahrstellen richten. Ist der bedeutend beteiligte Inhaber selbst eine juristische Person oder Personengesellschaft, so betrifft das auch Strafverfahren gegen dessen gesetzliche Vertreter oder persönlich haftende Gesellschafter.5 Im Falle der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO oder §§ 153 ff. StPO durch die Staatsanwaltschaft, muss die BaFin hierüber nicht unterrichtet werden (Wortlaut: „im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage“). Etwas Anderes dürfte gelten, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine Straftat nach § 339 ist.6 Die umfassende Mitteilungspflicht gilt für Straftaten wegen Verletzung beruflicher 5 Pflichten, wobei die Berufspflichten nicht auf das Investmentgeschäft beschränkt sind,7 und für Straftaten nach § 339. Ferner lösen solche Straftaten die Mitteilungspflicht aus, die bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung einer gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Betätigung begangen worden sind. Erforderlich – aber auch ausreichend – ist hier ein räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen Straftat und der gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Betätigung.8 Ausgenommen sind rein private Verfehlungen. Hier kann aber § 341 Abs. 3 in Betracht kommen.9 Bei fahrlässig begangenen Straftaten gilt nach § 341 Abs. 1 S. 2 aus Gründen der 6 Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung eine abgeschwächte Mitteilungspflicht. Hier wird nur die das Strafverfahren abschließende begründete Entscheidung übermittelt, es sei denn, aus Sicht der übermittelnden Stelle sind unverzüglich Entscheidungen oder Maßnahmen der BaFin geboten. In diesem Fall ist die BaFin bereits über die Anklageerhebung in Kenntnis zu setzen.10 In Strafverfahren, die Straftaten nach § 339 zum Gegenstand haben, ist die BaFin 7 nach § 341 Abs. 2 S. 1 bereits über die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens zu unterrichten. Dadurch erhält die BaFin bereits bei Vorliegen eines Anfangsverdachtes einer Straftat nach § 339 Gelegenheit, die Einleitung von Verwaltungsmaßnahmen zu prüfen.11 Die Entscheidung über die Erteilung von Auskünften steht im Ermittlungsverfahren allein der Staatsanwaltschaft zu (Grundsatz des § 478 Abs. 1 S. 1 StPO). Die Unterrichtung kann unterbleiben, wenn durch sie der Ermittlungszweck gefährdet werden könnte.12

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5 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 6 Vgl. unten § 341 Rn. 8. 7 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 2; Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 18. 8 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 20; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 3 sieht Straftaten als nicht erfasst an, wenn sie nicht „bei“, sondern lediglich „anlässlich“ der gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Betätigung verübt werden. Zu restriktiv dürfte es sein, die Mitteilungspflicht auf Tatsachen zu beschränken, die für die Prüfung der Zuverlässigkeit erforderlich sind (Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341 Rn. 5). Das lässt außer Acht, dass die Prüfung der Zuverlässigkeit gerade Zweck der Datenübermittlung, ihr nachgelagert und maßgebend insoweit die Überzeugung der BaFin und nicht die der Strafverfolgungsbehörde ist, vgl. auch Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 4. 9 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 10 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 15; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 4; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341 Rn. 6. 11 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 12 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 60a Abs. 1a KWG, dem § 341 Abs. 2 entspricht, BRDrucks. 482/10 S. 111.

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Beteiligung der Bundesanstalt und Mitteilungen in Strafsachen

Gem. § 341 Abs. 2 S. 2 ist die BaFin im Falle einer möglichen Verfahrenseinstellung vorher anzuhören. Ein Abgleich der Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft mit den Feststellungen der BaFin ist deshalb geboten,13 weil die Strafvorschrift des § 339 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 akzessorisch auf die Erlaubnispflicht in § 20 Abs. 1 S. 1 bzw. die Registrierungspflicht in § 44 Abs. 1 Nr. 1 verweist. Die von der BaFin aufsichtsrechtlich gewonnenen Ergebnisse können bspw. Aufschluss über das Wissen des Beschuldigten geben, welches für die subjektive Tatseite der Strafvorschrift relevant ist. Stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren, das eine Straftat nach § 339 8 zum Gegenstand hat, nach § 170 Abs. 2 StPO oder §§ 153 ff. StPO ein, soll die Staatsanwaltschaft die BaFin – im Gegensatz zu § 341 Abs. 1 – auch über die Einstellung unterrichten müssen.14 § 341 Abs. 3 betrifft Strafverfahren aller Art, in deren Verlauf Tatsachen bekannt 9 werden, die auf Missstände in den nach dem KAGB beaufsichtigten Unternehmen hinweisen. Insofern sind die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden angehalten, gleichwohl nicht verpflichtet, auch in nicht von § 341 Abs. 1 und 2 erfassten Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse an die BaFin zu übermitteln. Zuvor ist eine Abwägung der Aufsichtsinteressen mit den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen vorzunehmen.15 Für die Abwägung kommt es auf die Perspektive und Kenntnis der übermittelnden Stelle an.16 Dabei ist zu berücksichtigen, wie gesichert die zu übermittelnden Erkenntnisse sind (§ 341 Abs. 3 S. 2). Soweit vertreten wird, § 341 Abs. 3 beträfe lediglich Strafverfahren, die sich gegen sonstige – nicht von § 341 Abs. 1 erfasste – Personen richten,17 ist dem der Wortlaut der Norm entgegenzuhalten. Vielmehr stellt § 341 Abs. 3 eine Art Generalklausel dar, die die Befugnis enthält, Tatsachen zu übermitteln, deren Kenntnis für Maßnahmen der BaFin erforderlich ist.18 Diese Tatsachen können sich auf sonstige Personen, z.B. Angestellte einer KVG, aber eben auch auf die in § 341 Abs. 1 genannten Personen beziehen. Davon geht auch die Gesetzesbegründung aus.19 Nach § 341 Abs. 4 ist der BaFin auf Antrag grundsätzlich Akteneinsicht zu gewäh10 ren. Der Antrag auf Akteneinsicht kann jedoch abgelehnt werden, soweit schutzwürdige Interessen des vom Ermittlungsverfahren Betroffenen unter Berücksichtigung der Zuverlässigkeit der vorliegenden Anhaltspunkte überwiegen.20 Auch hier soll es auf die Erkennbarkeit für die übermittelnde Stelle ankommen.

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13 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 60a Abs. 1a KWG, dem § 341 Abs. 2 entspricht, BRDrucks. 482/10 S. 111. 14 Nach Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 14 verlange das die Wahrung der Rechte des Betroffenen; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341 Rn. 6. 15 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 16 BTDrucks. 17/12294 S. 299. 17 Zu § 60a KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60a Rn. 6; zu § 143b InvG Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Möhlenbeck InvG, § 143b Rn. 6. 18 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 9; zu § 60a KWG Erbs/Koolhaas/Häberle § 60a Rn. 5. 19 Siehe hierzu oben § 341 Rn. 5 a.E. Nach der Gesetzesbegründung zu Abs. 1 gilt bei privaten Verfehlungen der dort genannten Personen keine Mitteilungspflicht nach Abs. 1, sondern soll Abs. 3 in Betracht kommen können. 20 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341 Rn. 28; Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341 Rn. 10; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341 Rn. 12; zu § 60a KWG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60a Rn. 6.

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Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen

§ 341a

§ 341a Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbar gewordenen Bußgeldentscheidungen § 341a Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen Gerlach Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen

(1) 1 Bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbar gewordene Bußgeldentscheidungen der Bundesanstalt nach diesem Gesetz 1. wegen Verstößen gegen Gebote und Verbote im Zusammenhang mit OGAW, die in § 340 Absatz 7 Nummer 1 in Bezug genommen werden, sowie wegen Verstößen gegen Gebote und Verbote nach den Artikeln 6, 7, 9 oder 27 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2402, muss die Bundesanstalt und 2. wegen Verstößen gegen Gebote und Verbote, die in § 340 Absatz 7 Nummer 2 oder Nummer 3 oder Absatz 3 oder im Zusammenhang mit AIF in § 340 Absatz 7 Nummer 1 in Bezug genommen werden, kann die Bundesanstalt und 3. wegen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2015/2365 und die Verordnung (EU) 2016/1011 im Zusammenhang mit OGAW und AIF muss die Bundesanstalt nach Unterrichtung des Adressaten der Maßnahme oder Bußgeldentscheidung auf ihrer Internetseite bekanntmachen. 2 In der Bekanntmachung sind Art und Charakter des Verstoßes und die für den Verstoß verantwortlichen natürlichen Personen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen zu benennen. 3 Betreffen die bestandskräftigen Maßnahmen oder unanfechtbar gewordenen Bußgeldentscheidungen nach Satz 1 Nummer 1 Verstöße gegen die Verordnung (EU) 2017/2402, so ist zusätzlich die verhängte Maßnahme oder Bußgeldentscheidung zu nennen. (2) 1 Die Bekanntmachung nach Absatz 1 ist solange aufzuschieben, bis die Gründe für die Nichtbekanntmachung entfallen sind, wenn 1. die Bekanntmachung der Identität der juristischen Personen oder Personenvereinigung oder der personenbezogenen Daten natürlicher Personen unverhältnismäßig wäre, https://doi.org/10.1515/9783110492217-132 2. die Bekanntmachung die Stabilität der Finanzmärkte gefährden würde oder 3. die Bekanntmachung laufende Ermittlungen gefährden würde. 2 Anstelle einer Aufschiebung kann die Bekanntmachung auf anonymisierter Basis erfolgen, wenn hierdurch ein wirksamer Schutz der Informationen nach Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist. 3 Erfolgt die Bekanntmachung gemäß Satz 2 auf anonymisierter Basis und ist vorhersehbar, dass die Gründe der anonymisierten Bekanntmachung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wegfallen werden, so kann die Bekanntmachung der Informationen nach Satz 1 Nummer 1 entsprechend aufgeschoben werden. (3) 1 Eine Bekanntmachung darf nicht erfolgen, wenn die Maßnahmen nach Absatz 2 nicht ausreichend sind, um eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität auszuschließen oder die Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung in Ansehung des Verstoßes sicherzustellen. 2 Zudem darf eine Bekanntmachung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 nicht erfolgen, wenn sich diese nachteilig auf die Interessen der Anleger auswirken würde. (4) 1 Die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Nummer 3 bekanntgemachten Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen sollen fünf Jahre lang auf der Internetseite der Bundesanstalt veröffentlicht bleiben. 2 Die Bekanntmachung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist zu löschen, wenn sie nicht mehr erforderlich ist, spätestens aber nach fünf Jahren. (5) 1 Die Bundesanstalt macht Vertriebsuntersagungen nach § 5 Absatz 6, den §§ 11, 311 oder § 314 im Bundesanzeiger bekannt, falls ein Vertrieb bereits stattgefunden hat. 2 Entstehen der Bundesanstalt durch die Bekanntmachung 1067 https://doi.org/10.1515/9783110492217-132

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§ 341a

Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen

nach Satz 1 Kosten, sind ihr diese von der Verwaltungsgesellschaft zu erstatten. Schrifttum Anders Umsetzung prüfungsbezogener EU-Vorschriften durch das Abschlussprüfungsreformgesetz: Neue Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände im GmbHG, NZG 2018 961; Burgard/Heimann Beteiligungspublizität nach der Transparenzrichtlinie 2013, in: Festschrift für Manfred Dauses, hrsg. von Heid/Stolz/Verny, München 2014, 47; Jüngel Shame Sanctions – Wiedergeburt der Schandstrafe?, Diss. Düsseldorf, 2011; Lenski Staatliches Informationshandeln als Grundrechtseingriff, ZjS 2008 13; Nartowska/Knierbein Ausgewählte Aspekte des „Naming and Shaming“ nach § 40c WpHG, NZG 2016 256; Poelzig Durchsetzung und Sanktionierung des neuen Marktmissbrauchsrechts, NZG 2016 492; Reimer Adverse Publizität. Der Pranger im Verwaltungsrecht, JöR 58 (2010) 275; Schmieszek/Langner Der Pranger: Instrument moderner Finanz- und Wirtschaftsregulierung?, WM 2014 1493; Seibt Europäische Finanzmarktregulierung zu Insiderrecht und Ad hoc-Publizität, ZHR 177 (2013) 388; Seibt/Wollenschläger Revision des Marktmissbrauchsrechts durch Marktmissbrauchsverordnung und Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für Marktmanipulation, AG 2014 593; Uwer/Rademacher Das Verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot bei der Bekanntmachung bankaufsichtlicher Maßnahmen nach § 60b KWG, BKR 2015 145; von Buttlar Die Stärkung der Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse im EU-Kapitalmarktrecht: ein neues „field of dreams“ für Regulierer?, BB 2014 451; Wendt „Naming and Shaming“ im Privatversicherungsrecht, VersR 2016 1277.

A.

B.

C.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Entstehungsgeschichte | 1 II. Inhalt der Regelung | 4 III. Zweck der Regelung | 5 IV. Zeitlicher Anwendungsbereich | 7 Voraussetzungen und Inhalt der Bekanntmachung (Absatz 1) | 8 I. Tatbestandsvoraussetzungen 1. Bestandskräftige Maßnahme oder Bußgeldentscheidung | 9 2. Verstoß gegen einschlägige Bezugsnorm | 10 3. Vorherige Unterrichtung des Adressaten | 12 II. Rechtsfolge 1. Berechtigung oder Verpflichtung zur Bekanntmachung | 15 2. Art und Weise der Bekanntmachung | 18 3. Rechtsmittel gegen Bekanntmachungen | 22 Einschränkungen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Absätze 2 und 3) | 23 I. Vorübergehender Aufschub der Bekanntmachung (Absatz 2 Satz 1) | 25

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1.

D.

E.

Unverhältnismäßigkeit durch Bekanntmachung der Identität | 26 2. Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte | 31 3. Gefährdung laufender Ermittlungen | 34 4. Wegfall der Gründe einer Nichtbekanntmachung | 36 II. Anonymisierung der Bekanntmachung (Absatz 2 Satz 2 und 3) | III. Gründe für ein Verbot der Bekanntmachung (Absatz 3) | 42 1. Kein Ausschluss einer Gefährdung der Finanzmarktstabilität | 43 2. Keine Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung | 48 3. Nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Anleger | 49 Veröffentlichungszeitraum der Bekanntmachungen (Absatz 4) | 52 Bekanntmachung von Vertriebsuntersagungen (Absatz 5) | 56

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A. Allgemeines

§ 341a

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Entstehungsgeschichte Die Norm fand anlässlich der Umsetzung1 der OGAW-V-Richtlinie2 Eingang in das 1 Kapitalanlagegesetzbuch. Allerdings wurde der Grundstein für die Bekanntmachung von Aufsichtsmaßnahmen durch die BaFin im Bereich des Investmentrechts bereits anlässlich der Umsetzung3 der OGAW-IV-Richtlinie4 in § 5 Abs. 1a InvG gelegt und auch die AIFM-Richtlinie enthielt diesbezügliche Regelungen. Dass die BaFin berechtigt ist, Bekanntmachungen auf ihrer Homepage zu veröffent- 2 lichen, ist weder eine besondere Ausprägung des Investmentrechts noch ein Novum. Im Zuständigkeitsbereich der BaFin existieren zahlreiche ähnlich ausgestaltete Ermächtigungsgrundlagen, die der BaFin eine Bekanntmachung ermöglichen bzw. vorschreiben.5 Diese Normen haben größtenteils einen europäischen Ursprung. Den Anfang dieser Entwicklung bildete § 40b WpHG a.F., der bereits im Jahr 2004 im Zuge der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz6 in Kraft trat. Insbesondere im Nachgang zur Finanzmarktkrise hat die Europäische Kommission auf eine stärkere Kohärenz der Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse in den Mitgliedstaaten hingewirkt, da die Heterogenität als ein wesentlicher Faktor der Krise ausgemacht wurde.7 Die zunehmende Einführung von Bekanntmachungsregelungen sowie ihre Ausdifferenzierung im europäischen Finanzmarktrecht ist auf die Ansicht der Europäischen Kommission zurückzuführen, dass rein finanzielle Sanktionen nicht mehr ausreichend streng und abschreckend sind, um normwidriges Verhalten zu sanktionieren.8 Hingegen wird der öffentlichen Bekanntmachung von Aufsichtsmaßnahmen ein hohes Maß an verhaltenslenkender Regelungswirkung zugeschrieben, weil die damit verbundene Gefahr der Reputationsschäden9 ein Institut empfindlich treffen können. Bedauerlicherweise wurden die europäischen Vorgaben zur Bekanntmachung be- 3 standskräftiger Maßnahmen trotz materiell vergleichbarer Regelungsinhalte sukzessive in unterschiedlichem Wortlaut und bisweilen unterschiedlicher Systematik national umgesetzt. Hier wünscht man sich als Normanwender, dass der nationale Gesetzgeber etwas mehr Mut10 aufbringt, sich vom Text der europäischen Vorgaben zu lösen und – dort wo es möglich ist – einheitliche Begrifflichkeiten zu wählen sowie eine kohärente Systematik der Bekanntmachungsvorschriften zu entwickeln.

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1 Gesetz zur Umsetzung der RL 2014/91/EU zur Änderung der RL 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betr. bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, BGBl. I v. 10.3.2016, S. 348. 2 Richtlinie 2014/91/EU, ABl. L 257 v. 28.8.2014, S. 186. 3 Gesetz zur Umsetzung der RL 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betr. bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, BGBl. I v. 22.6.2011, S. 1126. 4 Richtlinie 2009/65/EG, ABl. L 302 v. 17.11.2009, S. 32. 5 Vgl. etwa §§ 60b, 60c, 60d KWG; §§ 124 (vormals § 40b WpHG), 125 (vormals § 40c WpHG), 126 WpHG; §§ 319, 319a VAG; §§ 26b, 26c VermAnlG; § 30 WpPG; § 57 GWG; § 69 WPO; § 62 GWB; § 44 WpÜG. 6 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, BGBl. I v. 29.10.2004, S. 2630. 7 Zur Entwicklung auf europäischer Ebene siehe von Buttlar BB 2014 451. 8 Mitteilung der Europäischen Kommission über die Stärkung der Sanktionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor v. 8.12.2010, KOM (2010) 716, endg. 9 Zu Reputationsschäden ausführlich Klöhn/Schmolke NZG 2015 689. 10 Vielleicht mangelt es auch eher an der erforderlichen Zeit, um bei der Umsetzung einen Blick in die bereits existenten Bekanntmachungsvorschriften zu werfen und insoweit einheitliche Begrifflichkeiten sowie eine kohärente Systematik zu entwickeln.

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§ 341a

Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen

II. Inhalt der Regelung 4

§ 341a regelt die öffentliche Bekanntmachung bestimmter Aufsichtsmaßnahmen der BaFin. Die BaFin ist gemäß § 8 grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, so dass § 341a eine Ausnahme hierzu darstellt. Die Vorschrift regelt zunächst in § 341a Abs. 1 die Voraussetzungen einer Bekanntmachung sowie deren Ausgestaltung. § 341a Abs. 2 und 3 enthalten Einschränkungen möglicher Bekanntmachungen, die sich im Wesentlichen aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben. § 341a Abs. 4 definiert, für welchen Veröffentlichungszeitraum die Bekanntmachung auf der Internetseite der BaFin einzustellen ist. § 341a Abs. 5 steht hingegen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorherigen Absätzen der Vorschrift. Er regelt eine Bekanntmachung von bestimmten Vertriebsuntersagungen im Bundesanzeiger und diesbezügliche Kostenerstattungsansprüche der BaFin. III. Zweck der Regelung

Der Vorschrift werden unterschiedliche Regelungszwecke zugeschrieben. Ausweislich des europäischen Gesetzgebers ist es ihr übergeordnetes Ziel, einen wirksamen Anlegerschutz zu gewährleisten,11 während der nationale Gesetzgeber die Bedeutung für eine effektive Aufsicht durch die BaFin hervorhebt.12 Ob die Vorschrift einen repressiven und/oder präventiven Ansatz verfolgt, lässt sich nicht trennscharf unterscheiden. Sie dient in einem generalpräventiven Sinne jedenfalls der Abschreckung der Marktteilnehmer.13 Andererseits wird vielfach auch die Sanktionswirkung von staatlichen Bekanntmachungen hervorgehoben und insoweit von einer repressiven Publizität14 gesprochen. Wenngleich nicht unmittelbar bezweckt, bestehen weitere Folgewirkungen der Re6 gelung darin, das Vertrauen der Marktteilnehmer (wieder)herzustellen und etwaige Geschädigte über den Verstoß und dessen Rechtswidrigkeit zu informieren, was zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche beitragen kann.15 Diese Folgewirkungen können für die Abwägungsentscheidung der BaFin, ob im Einzelfall eine Bekanntmachung erfolgen sollte, relevant sein. Denn solche berechtigten Informationsbelange der Öffentlichkeit über mögliche Schadensersatzansprüche streiten für die Angemessenheit einer Bekanntmachung und sind daher im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen.16 5

IV. Zeitlicher Anwendungsbereich 7

Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten der Vorschrift einen Tatbestand des § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 verwirklicht haben, werden von § 341a nicht erfasst. Das gilt auch dann, wenn der Zeitpunkt der Bestandskraft der Maßnahme in den Zeitraum nach dem Inkrafttreten des § 341a fällt. Dieses Ergebnis ergibt sich aus einer verfassungskonformen

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11 Erwägungsgrund 38 OGAW-V-Richtlinie. 12 Gesetzesbegründung zu § 341a; OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 73. 13 In diesem Sinne Erwägungsgrund 38 OGAW-V-Richtlinie. 14 Reimer JöR 58 (2010) 280; Uwer/Rademacher BKR 2015 145. 15 Poelzig NZG 2016 492 (500); ferner Hirte/Möllers/Altenhain WpHG, 1. Aufl., § 40b Rn. 1 m.w.N., der dies allerdings in der 2. Aufl. nicht mehr anführt. 16 Siehe die vergleichbare Wertung zur Frage, ob eine Pressemitteilung des Bundeskartellamtes mit namentlicher Nennung der Kartellanten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Betroffenen darstellt und das hiergegen sprechende Informationsbedürfnis schadensersatzberechtigter Verbraucher in dem Beschluss des OLG Düsseldorf v. 9.10.2014 – VI Kart 5/14 (V) Rn. 40.

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B. Voraussetzungen und Inhalt der Bekanntmachung (Absatz 1)

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Auslegung des § 341a unter Berücksichtigung des aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Rückwirkungsverbots.17 B. Voraussetzungen und Inhalt der Bekanntmachung (Absatz 1) B. Voraussetzungen und Inhalt der Bekanntmachung (Absatz 1) § 341a Abs. 1 regelt den Anwendungsbereich möglicher Bekanntmachungen durch 8 die BaFin, deren Voraussetzungen sowie die Art und Weise der Bekanntmachung. I. Tatbestandsvoraussetzungen 1. Bestandskräftige Maßnahme oder Bußgeldentscheidung. Gegenstand einer Be- 9 kanntmachung durch die BaFin können gemäß § 341a Abs. 1 Satz 1 bestandskräftige Maßnahmen oder unanfechtbar gewordene Bußgeldentscheidungen sein. Als Maßnahmen der BaFin kommen beispielsweise Anordnungen nach § 5 Abs. 6, Aufhebungen oder Aussetzungen einer Erlaubnis nach § 39 Abs. 3 oder § 113 Abs. 2 sowie Tätigkeitsverbote nach § 39 Abs. 5 in Betracht.18 Die Maßnahme wird im Regelfall einen Verwaltungsakt darstellen; allerdings sind auch Anordnungen denkbar, die sich in schlichtem Verwaltungshandeln erschöpfen. Eine Maßnahme ist formell bestandskräftig, wenn sie mit den ordentlichen Rechtsbehelfen (insbes. Widerspruch, Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage) nicht mehr angefochten werden kann.19 Das Abwarten der Bestandskraft soll vermeiden, dass Maßnahmen voreilig bekannt gemacht werden und Reputationsschäden entstehen.20 Gleichwohl enthält das Kapitalanlagegesetzbuch seit dem 16.03.2016 in § 7a auch eine Ermächtigungsgrundlage der BaFin, sofort vollziehbare Maßnahmen bekannt zu machen, die noch nicht bestandskräftig sind.21 Die sachlichen Voraussetzungen der Unanfechtbarkeit bei Bußgeldentscheidungen unterscheiden sich nicht von denjenigen der Bestandskraft,22 so dass das vorstehend Ausgeführte zu Maßnahmen entsprechend gilt. 2. Verstoß gegen einschlägige Bezugsnorm. Die bestandskräftige Maßnahme oder 10 unanfechtbare Bußgeldentscheidung muss sich auf den Verstoß gegen eine Norm beziehen, die in § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 referenziert wird. Allerdings muss sich der Normanwender durch eine dreifache Verweisungskette arbeiten, bis er die maßgeblichen Gebote und Verbote identifizieren kann, die zu einer Bekanntmachung durch die BaFin führen können.23 In einem ersten Schritt verweisen § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 auf die Rechtsfolgenregelungen für bestimmte Ordnungswidrigkeitentatbestände in § 340 Abs. 7. In einem zweiten Schritt muss der Normanwender die in § 340 Abs. 7 jeweils in Bezug genommenen Ordnungswidrigkeitentatbestände in § 340 Abs. 1 bis 6a konsultieren, um sodann den dortigen Verweis zur eigentlichen Ausgangsvorschrift zu finden, in welcher das Gebot bzw. Verbot geregelt ist. Diese Gesetzestechnik ist die Konsequenz der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung, lediglich Verstöße gegen solche Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuches zum Gegenstand einer potentiellen Be-

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17 Ausführlich hierzu Uwer/Rademacher BKR 2015 145; ferner Brand/Baroch/Castellvi/Wendt VAG, 1. Aufl. 2018, § 319 Rn. 5. 18 Gesetzesbegründung zu § 341a; OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 73. 19 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs VwVfG, § 43 Rn. 20. 20 Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341a Rn. 2. 21 Kritisch hierzu Weitnauer/Boxberger/Anders/Boxberger § 7a Rn. 1. 22 Vgl. bereits den Normtext des § 40b WpHG a.F., der von „unanfechtbaren Maßnahmen“ sprach; ferner Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 5. 23 Kritisch ebenfalls Alten Rn. 7 „unübersichtliche Verweisungskette“; Pelz Rn. 2 „komplizierte Verweisungstechnik“.

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kanntmachung zu machen, die eine Ordnungswidrigkeit darstellen können. Insoweit hatte die vormalige Regelung zu Bekanntmachungen in § 5 Abs. 7 Satz 1 KAGB a.F. einen weiter gefassten Anwendungsbereich, da sie auch Verstöße unterhalb der Qualität einer Ordnungswidrigkeit erfasste. Diese Schwelle hat der Gesetzgeber anlässlich der Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie bewusst angehoben, da er eine Bekanntmachung zur Sicherstellung einer effektiven Aufsicht bei geringfügigen Verstößen unterhalb der Schwelle einer Ordnungswidrigkeit nicht (mehr) für erforderlich erachtet.24 Im Zuge der partiellen Umsetzung der im Übrigen unmittelbar geltenden europäischen 11 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO25 sowie der Benchmark-VO26 durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz27 ist der Katalog einschlägiger Bezugsnormen um § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erweitert worden. Diese Erweiterung in § 341a überrascht sowohl in Bezug auf den Wortlaut als auch hinsichtlich der gesetzessystematischen Regelungsverortung. Zunächst hätte es sich analog der Umsetzung besagter europäischer Verordnungen in § 120 Abs. 10 und Abs. 11 WpHG angeboten,28 Ordnungswidrigkeitentatbestände in § 340 für die Verstöße gegen bestimmte Gebote und Verbote der europäischen Verordnungen zu definieren. Dann hätte man getreu der bestehenden Systematik in § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 auf die entsprechenden Ordnungswidrigkeitentatbestände verweisen können. Ferner ist bemerkenswert, dass der Wortlaut des § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 vorsieht, jegliche Verstöße gegen die europäischen Verordnungen durch eine Bekanntmachung offenzulegen, während die europäische Vorgabe eine Bekanntmachung lediglich bei bestimmten Verstößen fordert.29 Auch hier ist zweifelhaft, ob die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers basiert.30 Denn die im gleichen Zuge erfolgte Umsetzung in § 125 Abs. 1 und Abs. 6 WpHG greift die Einschränkung aus den europäischen Verordnungen auf und es ist nicht ersichtlich, wieso das Kapitalanlagegesetzbuch im Vergleich zum Wertpapierhandelsgesetzbuch eine derartige Ausweitung des Anwendungsbereichs von Bekanntmachungen hätte erfahren sollen. Der Katalog einschlägiger Bezugsnormen ist in § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 im Zuge 11a der partiellen Umsetzung der im Übrigen unmittelbar geltenden europäischen Verbrie-

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24 Gesetzesbegründung zu § 341a, OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 73. 25 Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.11.2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012; ABl. L 337 v. 29.6.2016, S. 1; hiernach: Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO. 26 Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 8.6.2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014; ABl. L 171 v. 29.6.2016, S. 1; hiernach: Benchmark-VO. 27 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte, BGBl. I v. 24.6.2017, S. 1693; hiernach: 2. FiMaNoG. 28 Grundsätzlich besteht gemäß Art. 22 Abs. 4 Satz 1 lit. e) bis g) Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO und nach Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. f) bis h) Benchmark-VO die Pflicht, Bußgeldtatbestände bzw. „verwaltungsrechtliche finanzielle Sanktionen“ einzuführen. Es ist daher nicht ersichtlich, warum der Gesetzgeber – anders als im WpHG – davon abgesehen hat, Bußgeldtatbestände im KAGB einzuführen. Hintergrund kann jedenfalls nicht sein, dass er davon ausging, die KAG könne nicht Verpflichtete in Bezug auf die Gebote und Verbote der europäischen Verordnungen sein, denn dann hätte es auch des § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 nicht bedurft. Vieles spricht dafür, dass es sich vielmehr um ein gesetzgeberisches Versehen handelt. 29 Vgl. etwa die Einschränkung auf Verstöße gegen Artt. 4 und 15 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO durch Art. 22 Abs. 1 Satz 1 und Art. 26 Abs. 1 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO. Allerdings legt der Wortlaut von Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO nahe, dass die Vorgabe als Mindestharmonisierung ausgestaltet ist. 30 Auch die knappe Gesetzesbegründung gibt für die Annahme eines solchen überschießenden Umsetzungswillens keinen Anlass; vgl. Gesetzesbegründung zu § 341a, 2. FiMaNoG, BTDrucks. 18/10936 S. 277 f. zur Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO und S. 279 zur Benchmark-VO.

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fungs-VO30a durch das Finanzmarktanpassungsgesetz30b zum 1.1.2019 abermals erweitert worden. Erfasst werden gemäß § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 Verstöße gegen Gebote und Verbote nach den Artikeln 6, 7, 9 oder 27 Abs. 1 Verbriefungs-VO. Die Eingrenzung auf diese Verstöße resultiert unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1 Verbriefungs-VO, wobei es sich um eine Mindestvorgabe handelt, so dass es im Ermessen des deutschen Gesetzgebers stand, die Bezugsnormen zu erweitern. Inhaltlich betrifft die Bezugnahme das Gebot, als Originator, Sponsor oder ursprünglicher Kreditgeber einer Verbriefung kontinuierlich einen Risikoselbstbehalt in Höhe eines materiellen Nettoanteils von mindestens 5% der Verbriefung zu behalten (Art. 6 Verbriefungs-VO). Ferner werden Verstöße gegen die Informationspflichten des Originators, Sponsors und der Verbriefungszweckgesellschaft aus Art. 7 Verbriefungs-VO, Verstöße gegen die Kreditvergabekriterien des Art. 9 Verbriefungs-VO sowie gegen die Pflicht aus Art. 27 Abs. 1 Verbriefungs-VO, in bestimmten Fällen eine sog. STS-Meldung der ESMA vorzunehmen, erfasst.30c 3. Vorherige Unterrichtung des Adressaten. Bevor die BaFin eine Maßnahme be- 12 kanntmachen darf, hat sie den Adressaten darüber zu unterrichten. Die prozedurale Vorgabe entstammt Art. 99b Abs. 1 Satz 1 OGAW-V-Richtlinie. Hierin spiegelt sich der Gedanke rechtlichen Gehörs. Nur so erfährt die betroffene KAG von der bevorstehenden Veröffentlichung der Maßnahme und kann beispielsweise einen Sachverhalt darlegen, der für eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 341a Abs. 2 und Abs. 3 spricht oder einstweiligen Rechtsschutz31 beantragen. Zu welchem Zeitpunkt der Adressat zu unterrichten ist, regelt § 341a nicht. Betrach- 13 tet man die Unterrichtung nicht als rein informatorischen Akt, sondern sieht sie eingebettet in das Institut rechtlichen Gehörs und will folglich Reaktionsmöglichkeiten des Betroffenen gewährleisten, so wird man angelehnt an § 28 VwVfG eine angemessene Zeitspanne zwischen der Unterrichtung über die Bekanntmachung und der tatsächlichen Bekanntmachung fordern müssen. Die Angemessenheit der Zeitspanne beurteilt sich im Einzelfall nach einer Abwägung der Bedeutung, des Umfangs und der Dringlichkeit der Bekanntmachung einerseits sowie dem subjektiven Rechtsschutzinteresse des Betroffenen andererseits.32 Der Abstand zwischen Unterrichtung und Bekanntmachung muss so bemessen sein, dass sich die KAG zum gesamten, aus ex-ante-Sicht der Behörde entscheidungserheblichen Sachverhalt sachgerecht äußern kann.33 Gleichzeitig ist bei der Bemessung der Frist in Rechnung zu stellen, dass die betroffene KAG sich bereits anlässlich des Verwaltungsverfahrens, das zur Bestandskraft der bekanntzumachenden Maßnahme geführt hat, einbringen konnte. Vor diesem Hintergrund dürften regelmäßig auch kurze Fristen von weniger als einer Woche angemessen sein. Adressat der Unterrichtung ist der Betroffene im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. 14 Die Kapitalanlagegesellschaft, für die die Betroffenen nach § 9 OWiG gehandelt haben,

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30a Verordnung (EU) 2017/2402 des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012; hiernach: Verbriefungs-VO. 30b Gesetz zur Anpassung von Finanzmarktgesetzen an die Verordnung (EU) 2017/2402 und an die durch die Verordnung (EU) 2017/2401 geänderte Verordnung (EU) Nr. 575/2013, BGBl. I v. 21.12.2018, S. 2626. 30c Näher zu einzelnen Pflichten der Verbriefungs-VO Hellgardt EuZW 2018 709. 31 Zu Rechtsmitteln gegen eine Bekanntmachung siehe Rn. 22. 32 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen VwVfG, § 28 Rn. 43 in Bezug auf eine angemessene Zeitspanne zwischen Unterrichtung bzw. Anhörung des Betroffenen und Erlass des Verwaltungsaktes. 33 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen VwVfG, § 28 Rn. 43.

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ist nicht zu unterrichten, außer jene ist selbst Nebenbeteiligte der Bußgeldentscheidung i.S.v. § 66 Abs. 1 Nr. 1 OWiG.34 Eine Unterrichtung ist auch im Fall einer anonymisierten Bekanntmachung im Sinne von § 341a Abs. 2 Satz 2 nicht entbehrlich. II. Rechtsfolge 1. Berechtigung oder Verpflichtung zur Bekanntmachung. Auf der Rechtsfolgenseite enthält § 341a Abs. 1 sowohl Regelungen, die der BaFin Ermessen einräumen, als auch Regelungen, welche der BaFin die Pflicht zur Bekanntmachung bestandskräftiger Maßnahmen auferlegen. Die jeweils einschlägige Regelung des § 341a Abs. 1 Satz 1 hängt einerseits von der Art des Investmentvermögens und andererseits von der Schwere des Verstoßes ab. Hintergrund dieser Unterscheidung sind die unterschiedlichen europäischen Vorgaben. Während Art. 48 Abs. 2 AIFM-Richtlinie die Bekanntmachung insgesamt in das Ermessen der Aufsichtsbehörde stellt, sieht Art. 99 Abs. 1 Satz 1 OGAW-V-Richtlinie die Bekanntmachung als Regelfall und damit als Pflicht der Aufsichtsbehörde vor. Steht der Rechtsverstoß im Zusammenhang mit OGAW, kann jede Verletzung zur 16 Bekanntmachung führen. Je nach Qualität des Verstoßes differenziert die Vorschrift bezüglich OGAW zwischen fakultativen Bekanntmachungen bei einfachen Verstößen gemäß § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sowie obligatorischen Bekanntmachungen für schwere Verstöße nach § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Bei Verstößen im Zusammenhang mit AIF wird die Bekanntmachung hingegen gemäß § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ausschließlich in das Ermessen der BaFin gestellt und umfasst lediglich schwere Verstöße. Der nachträglich aufgenommene § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, der Bekanntmachungen 17 bei Rechtsverletzungen der europäischen Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO sowie der Benchmark-VO regelt, enthält aufgrund der Vorgaben in den jeweiligen Verordnungen eine Bekanntmachungspflicht der BaFin. 15

2. Art und Weise der Bekanntmachung. Die Bekanntmachung ist gemäß § 341a Abs. 1 Satz 1 auf der Internetseite der BaFin zu veröffentlichen. Zu den Bekanntmachungen gelangt man unmittelbar auf der Startseite www.bafin.de über den Reiter „Maßnahmen“. Die „Klicktiefe“ bzw. intuitive Ansteuerbarkeit auf der Homepage hat auch rechtliche Bedeutung, da sie über die effektive Möglichkeit einer Kenntnisnahme der Marktteilnehmer entscheidet. Regelmäßig informiert die BaFin darüber hinaus im monatlich erscheinenden BaFin-Journal sowie über ihren Newsletter. 19 Der Zeitpunkt der Bekanntmachung hat in § 341a keine Regelung erfahren. Allerdings sieht die europäische Vorgabe in Art. 99b Abs. 1 Satz 1 OGAW-V-Richtlinie vor, dass die Bekanntmachung umgehend nach Unterrichtung der betroffenen Personen geschieht. Auch die in § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 aufgenommene Verbriefungs-VO34a die in § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 aufgenommene Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO35 sowie die BenchmarkVO36 enthalten jeweils die Vorgabe, dass die Bekanntmachung umgehend bzw. unverzüglich vorzunehmen ist.37 Ebenso sehen zahlreiche vergleichbare Regelungen zu Bekanntmachungen im Finanzaufsichtsrecht eine unverzügliche Veröffentlichung vor.38 Die BaFin hat den § 341a daher europarechtskonform anzuwenden und die Bekanntmachungen ohne

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34 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 7. 34a Siehe Art. 37 Abs. 1 Verbriefungs-VO. 35 Siehe Art. 26 Abs. 1 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte-VO. 36 Siehe Art. 45 Abs. 1 Satz 1 Benchmark-VO. 37 Das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit wurde bei der Umsetzung der beiden Verordnungen in anderen Gesetzen auch aufgenommen; vgl. beispielsweise § 125 WpHG sowie § 319a VAG. 38 Beispielsweise in § 124 WpHG, § 26c VermAnlG und § 319 VAG.

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schuldhaftes Zögern nach der Unterrichtung der betroffenen Personen vorzunehmen.39 Da die BaFin nach hiesiger Auffassung zwischen der Unterrichtung der betroffenen Personen und der Bekanntmachung eine angemessene Frist vorzusehen hat,40 erfolgt diese Verzögerung nicht schuldhaft und erfüllt das Gebot einer unverzüglichen Bekanntmachung. Der Inhalt der Bekanntmachung umfasst zunächst die Entscheidung der BaFin, also 20 die getroffene Maßnahme als solche. Die Bekanntmachung hat nach § 341a Abs. 1 Satz 2 zudem Art und Charakter des Verstoßes anzugeben. Hierzu muss die Bekanntmachung einerseits die Vorschrift nennen, gegen die Verstoßen wurde. Weiterhin erscheint eine Sachverhaltsdarstellung erforderlich, welche den Verstoß näher beschreibt.41 Nur so erhält die Bekanntmachung hinreichende Aussagekraft und kann von der Öffentlichkeit nachvollzogen werden, um ihre präventive Funktion zu erfüllen.42 Wenngleich zum Kapitalanlagegesetzbuch bislang keine Bekanntmachungen erfolgt sind, zeigt die Praxis aus den anderen Rechtsbereichen, dass die BaFin sich bei den Bekanntmachungen darauf beschränkt, die ergriffene Maßnahme nebst Ermächtigungsgrundlage und Datum sowie ggf. die Namen der Betroffenen zu nennen. Eine nähere Beschreibung des Sachverhalts findet nicht statt. Der nachträglich anlässlich der Verbriefungs-VO eingefügte § 341a Abs. 1 Satz 3 regelt, 21a dass bei Verstößen i.S.v. § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 gegen die Verbriefungs-VO zusätzlich (zu Art und Charakter des Verstoßes sowie den verantwortlichen Personen) auch die verhängte Maßnahme oder Bußgeldentscheidung zu nennen ist. Diese Ergänzung durch den deutschen Gesetzgeber erscheint überflüssig und wirft unnötige Fragen auf. Denn das Erfordernis, die verhängte Maßnahme oder Bußgeldentscheidung zu nennen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 341a Abs. 1 Satz 1 und dürfte auch ohne ausdrückliche Regelung aus der Ratio der Bekanntmachung als solcher abzuleiten sein. Zudem entsprach es auch bisher schon – ohne eine dem § 341a Abs. 1 Satz 3 entsprechende Regelung – der Praxis der BaFin in anderen Aufsichtbereichen, die verhängte Maßnahme zu nennen.42a Dem deutschen Gesetzgeber ist zwar insoweit kein Vorwurf zu machen, als er sich bei § 341a Abs. 1 Satz 3 an den Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Verbriefungs-VO gehalten hat. Er hätte aber gut daran getan, diese eher klarstellenden Charakter aufweisende Regelung entweder wegen der bereits existierenden Regelung in § 341a Abs. 1 Satz 1 wegzulassen oder aber auf alle Bekanntmachungen des § 341a auszuweiten. Erstens wäre das – wie erwähnt – schon auf Basis des Wesens einer Bekanntmachung zulässig und sinnvoll gewesen. Weiterhin hätten die übrigen Verordnungen dies auch zugelassen, da die Inhalte der Bekanntmachung meist als Mindestvorgaben ausgestaltet sind.42b Ferner muss die Bekanntmachung die für den Verstoß verantwortlichen natürli- 21 chen Personen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen benennen. Gerade diese Information beinhaltet die empfindliche Sanktion für die Betroffenen und verwirklicht gleichzeitig das Ziel einer Abschreckung der Marktteilnehmer vor vergleichbaren Verhaltensweisen. Nach dem Wortlaut des § 341a Abs. 1 Satz 2 sind sowohl die natürliche Person, welche für den Verstoß durch eigenes Verhalten oder kraft Zurechnung verant-

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39 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 21 billigt der BaFin mangels gesetzlicher Vorgabe in § 341a ein Ermessen zu, wann sie die Bekanntmachung vornimmt. Allerdings wird man davon ausgehen müssen, dass das Ermessen durch die europäischen Vorgaben begrenzt ist. Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/ Sachs VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 82. 40 Siehe hierzu die Ausführungen unter Rn. 13. 41 Ebenso Weitnauer/Boxberger/Anders/Zeidler § 341a Rn. 2 sowie Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 18. 42 In diesem Sinne zu § 40b WpHG Just/Voß/Ritz/Becker/von Buttlar WpHG, § 40b Rn. 29. 42a Etwa die Bekanntmachung diverser Abwicklungsanordnungen von Bankgeschäften ohne Erlaubnis i.S.v. § 32 KWG auf Basis des § 60b KWG. 42b Vgl. Art. 45 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 Benchmark-VO.

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wortlich ist, als auch das zugehörige Unternehmen kumulativ namentlich zu nennen. Ratio dieser Vorgabe dürfte es sein, durch die drohende Bekanntmachung eine verhaltenssteuernde Lenkungswirkung sowohl bei den einzelnen Mitarbeitern als auch bei (den Organen) der KAG zu erreichen. Würden lediglich die meist unbekannten Namen der verantwortlichen natürlichen Personen veröffentlicht, hätte die Bekanntmachung für das betroffene Unternehmen deutlich weniger Abschreckungspotential und führte überdies anderen Marktteilnehmern weniger klar vor Augen, ob es sich um missbilligtes Verhalten aus „ihrem Marktsegment“ bzw. von mit ihnen vergleichbaren Akteuren handelt. 22

3. Rechtsmittel gegen Bekanntmachungen. Das einschlägige Rechtsmittel gegen die (Entscheidung für eine) Bekanntmachung hängt davon ab, welchen Rechtscharakter man dem Handeln der BaFin beimisst. Teile des Schrifttums erkennen darin Verwaltungsaktqualität, so dass konsequenterweise Widerspruch einzulegen und Anfechtungsklage zu erheben wäre.43 Mehrheitlich wird jedoch vertreten, dass sowohl die vorgelagerte Entscheidung über das „Ob“ einer Bekanntmachung als auch die Bekanntmachung selbst einen Realakt darstellt.44 Hiernach wäre die Leistungsklage in Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage statthaft oder eine nachträgliche Feststellungs- bzw. Beseitigungsklage zu erheben. Regelmäßig werden ferner die Voraussetzungen für den einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO gegeben sein. C. Einschränkungen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Absätze 2 und 3) C. Einschränkungen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Absätze 2 und 3)

Bekanntmachungen der BaFin stellen einen empfindlichen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der Betroffenen dar. Die Entscheidung der BaFin für eine Bekanntmachung und ihr Umfang hat sich daher strikt an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszurichten. In Umsetzung entsprechender Vorgaben aus Art. 99b OGAW-V-Richtlinie finden sich in § 341a Abs. 2 und 3 ausdifferenzierte Regelungen, die eine verhältnismäßige Anwendung der Bekanntmachungsverpflichtung bzw. Bekanntmachungsberechtigung im Einzelfall gewährleisten sollen. Durch diese Aufnahme einzelner Elemente der Verhältnismäßigkeitsprüfung bietet die Vorschrift ausreichend Anhaltspunkte, um entgegenstehende Grundrechte zu berücksichtigen, was ihr rechtliche Stabilität gegen etwaige Überprüfungen ihrer Verfassungsmäßigkeit verleiht.45 24 Ihren Entscheidungen legt die BaFin die zum Zeitpunkt der intendierten Veröffentlichung bekannten Umstände und Erfahrungswerte zugrunde.46 Sie muss keine Nachforschungen anstellen, auf die sie etwa ihre Prognose möglicher Folgen einer Bekanntmachung für den Betroffenen oder andere Marktteilnehmer stützt. Die BaFin hat allerdings 23

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43 In Bezug auf den vergleichbaren Sachverhalt der Bekanntmachung nach § 40b WpHG a.F. Hirte/Möllers/Altenhain WpHG, 2. Aufl., § 40b Rn. 17. Altenhain geht ferner von einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus. Assmann/Schneider/Vogel WpHG, 6. Aufl., § 40b Rn. 9 empfiehlt aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen, sicherheitshalber einen Widerspruch einzulegen, um eine Rechtsmittelverfristung zu vermeiden. 44 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 23; Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/von KoppColomb WpPG/VermAnlG, 3. Aufl., § 30 WpPG Rn. 11; Schwark/Zimmer/Zimmer/Cloppenburg Kapitalmarktrecht, § 40b WpHG Rn. 5; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60b Rn. 19; IzzoWagner/Siering/Izzo-Wagner/Siering VermAnlG, § 26b Rn. 6 sowie § 26c Rn. 9; Seibt/Wollenschläger AG 2014 605; Meyer/Veil/Rönnau/Rönnau/Wegner MarktmissbrauchsR-HdB, 1. Aufl. 2018, § 30 Rn. 43. 45 In diesem Sinne Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60b Rn. 15 im Hinblick auf die ähnlich ausgestaltete Regelung des § 60b KWG; ebenso Izzo-Wagner/Siering/Izzo-Wagner/Siering VermAnlG, § 26c Rn. 6. 46 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann KWG, § 60b Rn. 15.

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C. Einschränkungen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Absätze 2 und 3)

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etwaigen Vortrag in ihre Erwägungen einzubeziehen, den der Adressat ggf. nach der Unterrichtung über eine bevorstehende Bekanntmachung mitgeteilt hat. I. Vorübergehender Aufschub der Bekanntmachung (Absatz 2 Satz 1) § 341a Abs. 2 Satz 1 enthält einen Katalog an Gründen, bei deren Vorliegen eine Be- 25 kanntmachung vorübergehend aufzuschieben ist. Durch diese gesetzliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird die BaFin verpflichtet, in jedem Einzelfall einer möglichen Bekanntmachung von Maßnahmen oder Bußgeldentscheidungen eine umfassende Abwägung zwischen widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Während § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ein umfassendes Abwägungserfordernis der Regelungsziele einer Bekanntmachung mit den beeinträchtigten Interessen der in der Bekanntmachung unmittelbar adressierten (juristischen oder natürlichen) Person zum Gegenstand hat, tragen § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 dafür Sorge, dass abstrakte Rechtsgüter wie die Stabilität der Finanzmärkte und die Effektivität der Strafverfolgung bzw. des Ermittlungsverfahrens in die Angemessenheitsprüfung einbezogen werden. 1. Unverhältnismäßigkeit durch Bekanntmachung der Identität. In einem ersten 26 Schritt hat die BaFin abzuwägen, ob die Bekanntmachung der Identität desjenigen, der Adressat der bestandskräftigen Maßnahme ist, zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in dessen Rechte führt. Der Wortlaut des § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 unterscheidet terminologisch zwischen der Bekanntgabe der Identität einer juristischen Person und der Bekanntgabe der personenbezogenen Daten einer natürlichen Person. Die Formulierung wurde aus Art. 99b Abs. 1 UAbs. 2 OGAW-V-Richtlinie übernommen. Wenngleich es im Regelfall auf die Veröffentlichung des Namens bzw. der Firma in der Bekanntmachung ankommen wird, sind die gesetzlichen Begriffe derart weit, dass auch andere Informationen über den Adressaten den Anwendungsbereich von § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 eröffnen können, sofern diese zur Bestimmbarkeit des Betroffenen führen.47 Eine Preisgabe des Namens oder der Firma berührt vor allem das grundrechtlich ge- 27 schützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG sowie das ebenfalls aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht.48 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristische Personen ausgedehnt, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden.49 Dies ist der Fall, wenn die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Unternehmensinterna gelenkt wird, die zu kritischen Wertungen Anlass geben können.50 Es ist evident, dass dies bei den hiesigen Bekanntmachungen der BaFin über Verstöße gegen Verbote und Gebote des Kapitalanlagegesetzbuches der Fall ist. Aus der Formulierung „Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung in Ansehung des 28 Verstoßes“ in § 341a Abs. 3 Satz 1 wird überdies deutlich, dass im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 auch die Art und Weise des

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47 Vgl. die weit gefasste Legaldefinition der personenbezogenen Daten in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. 48 Vgl. auch die Nennung dieser beiden Grundrechtspositionen für die Abwägungsentscheidung in der Gesetzesbegründung zu § 40b WpHG, Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BT-Drs. 15/3174, S. 41 sowie zu § 26c VermAnlG, Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drs. 18/3994 S. 51; das Persönlichkeitsrecht wird ferner im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit einer Bekanntmachung explizit als zu berücksichtigendes Rechtsgut (natürlicher Personen) in § 60b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KWG genannt. 49 BGH Urt. v. 19.4.2005 – X ZR 15/04 WM 2005 1238; BGH Urt. v. 8.2.1994 – VI ZR 286/93 NJW 1994 1282; OLG Düsseldorf Beschl. v. 9.10.2014 – Kart 5/14 (V) Rn. 26. 50 BGH Urt. v. 19.4.2005 – X ZR 15/04 WM 2005 1238; BGH Urt. v. 8.2.1994 – VI ZR 286/93 NJW 1994 1282.

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Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen

Verstoßes in die Abwägungsentscheidung der BaFin einzubeziehen ist. Relevant ist daher etwa die Schwere des Verstoßes,51 die beispielsweise durch den Grad des Verschuldens beeinflusst wird.52 Eine Bekanntmachung von Bagatellverstößen bei gleichzeitiger Identitätspreisgabe der Verantwortlichen wird regelmäßig unverhältnismäßig sein.53 Der Umstand, dass § 341a anders als § 5 Abs. 7 Satz 1 KAGB a.F. nur noch Verstöße von der Qualität einer Ordnungswidrigkeit erfasst, macht das Vorliegen eines Bagatellverstoßes jedoch unwahrscheinlich. Die BaFin hat bei ihrer Abwägung, ob sie die Identität preisgibt, ferner das Ausmaß der 29 Folgen für den Betroffenen in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen.54 Insbesondere hat sie den Umfang möglicher Schäden für die Betroffenen zu berücksichtigen.55 Zwar wird dies anders als in § 5 Abs. 7 Satz 1 KAGB a.F. oder in anderen aktuellen Bekanntmachungsvorschriften wie § 60b Abs. 3 KWG nicht im Wortlaut des § 341a aufgegriffen. Dies stellt jedoch entweder ein Versehen des Gesetzgebers dar56 oder er hielt dies nicht für erforderlich, da sich eine entsprechende Berücksichtigung ohnehin mittelbar aus der umfassenden Einbeziehung von Grundrechtspositionen ableitet. Der Gesetzgeber hat zwar aus § 5 Abs. 7 Satz 1 KAGB a.F. die erforderliche Berücksichtigung einer nachteiligen Auswirkung von Bekanntmachungen auf die Interessen der Anleger in § 341a Abs. 3 Satz 2 übernommen und dies zu Recht auf die Vorgabe aus dem weiterhin geltenden Art. 48 Abs. 2 AIFMRichtlinie gestützt.57 Eben jener Art. 48 Abs. 2 AIFM-Richtlinie erhebt jedoch auch die Verhältnismäßigkeit der Schadenshöhe für die Betroffenen zur Voraussetzung dafür, dass eine Bekanntmachung von Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörde erfolgen darf. 30 Als Schaden hat die BaFin zunächst jeden Nachteil zu berücksichtigen, den die Betroffenen nach dem gewöhnlichen Kausalverlauf durch die öffentliche Bekanntmachung erleiden könnten. Erfasst sind daher zunächst in Geld oder geldwerten Gütern ausdrückbare Vermögensschäden.58 Erfasst sind ferner mögliche Reputationsschäden.59 Unverhältnismäßig ist ein Schaden, wenn er bei Abwägung mit der Zielsetzung der Bekanntmachung unzumutbar erscheint.60 Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Veröffentlichung zu einer durch die Fundamentaldaten nicht gerechtfertigten Refinanzierungskrise führt und eine Insolvenz bedingen könnte.61 31

2. Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte. Die Bekanntmachung einer bestandskräftigen Maßnahme ist gemäß § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 solange aufzuschieben, wie sie die Stabilität der Finanzmärkte gefährden würde. Zwar enthält § 341a anders als beispielsweise § 60b Abs. 3 KWG oder § 26b Abs. 3 VermAnlG keine ausdrückliche Eingren-

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51 Ebenso Just/Voß/Ritz/Becker/von Buttlar WpHG, § 40b Rn. 40. 52 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 11. 53 In diesem Sinne Just/Voß/Ritz/Becker/von Buttlar WpHG, § 40b Rn. 19. 54 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 14. 55 Lässt man die Berücksichtigung unverhältnismäßiger Schäden bei der Prüfung im Rahmen des § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 außen vor, etwa weil ein Aufschub bereits aus anderen Gründen geboten erscheint, hat die Berücksichtigung spätestens dann zu erfolgen, wenn die BaFin nach einem gewissen Zeitablauf eine Bekanntmachung erwägt und hiervor § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 prüft. 56 Dafür könnte etwa die vergleichbare Gestaltung eines Kataloges an widerstreitenden Interessen in § 124 Abs. 3 WpHG sprechen, der neben den auch in § 341a Abs. 2 Nr. 1 bis 3 angeführten Gründen eine weitere Nr. 4 enthält, die wie folgt lautet: „[...]die Bekanntmachung den Beteiligten einen unverhältnismäßigen Schaden zufügen würde.“ 57 Gesetzesbegründung zu § 341a; OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 73. 58 Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber/Redenius-Hövermann KWG, § 60b Rn. 7. 59 Hierzu ausführlich Klöhn/Schmolke NZG 2015 689; ferner Waschbusch/Knoll/Weyers de Vasconcelos StB 2013 396. 60 Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber/Redenius-Hövermann KWG, § 60b Rn. 7. 61 Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 40b Rn. 7.

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zung auf den Finanzmarkt der Bundesrepublik Deutschland oder mehrerer Finanzmärkte des Europäischen Wirtschaftsraums. Gleichwohl ist der Begriff teleologisch dahingehend auszulegen, dass es nicht (allein) auf eine Gefährdung der Stabilität der internationalen Finanzmärkte ankommen kann.62 Abgesehen davon, dass diese Beurteilung den nationalen Aufsichtsbehörden kaum sinnvoll möglich ist, muss man vor dem Hintergrund des Regelungszwecks einer Abschreckung der Marktteilnehmer den relevanten Markt bzw. die erreichte Öffentlichkeit berücksichtigen, die von Bekanntmachungen der BaFin Notiz nimmt. Das wird typischerweise der deutsche Finanzmarkt und allenfalls der EWR sein. Aufgrund der Bedeutung des deutschen Finanzmarktes und der Vernetzung globaler Finanzmärkte dürfte allerdings bei seiner Gefährdung regelmäßig nicht auszuschließen sein, dass dies auch destabilisierend auf internationale Finanzmärkte wirken kann. Zu der Frage, wann von einer Gefährdung für die Stabilität der Finanzmärkte auszu- 32 gehen ist, enthalten weder die Erwägungsgründe zugrundeliegender Richtlinien noch die Gesetzesbegründungen der Umsetzungsgesetze Ausführungen. Anhaltspunkte für die Auslegung können jedoch dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz63 entnommen werden.64 § 2 Abs. 1 FMStFG verwendet ebenfalls den Begriff „Stabilisierung des Finanzmarktes“ und nimmt Kapitalanlagegesellschaften in die Legaldefinition sog. Unternehmen des Finanzsektors als vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasste Regelungsadressaten auf. Ferner enthält § 4 Abs. 1 Satz 1 FMStFG Voraussetzungen, unter welchen Umständen einem Unternehmen des Finanzsektors Unterstützung gewährt wird, um den Finanzmarkt zu stabilisieren. Entscheidend ist die Systemrelevanz des Unternehmens, die etwa aufgrund der Funktion des Unternehmens für den gesamtwirtschaftlichen Zahlungsverkehr und die allgemeine Bedeutung des Unternehmens für das Vertrauen in die Stabilität des Finanzmarktes beurteilt wird.65 Übertragen auf § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ist durch die BaFin zu prüfen, inwieweit die 33 Bekanntmachung einer bestimmten Maßnahme bezüglich einer Kapitalanlagegesellschaft geeignet ist, zu Verwerfungen auf dem gesamten Finanzmarkt zu führen. Maßgebliche Faktoren sind daher die Bedeutung der Kapitalanlagegesellschaft für das Finanzsystem aufgrund ihrer Größe und Verwobenheit66 mit anderen Teilen des Finanzmarktes; ob der Inhalt der Bekanntmachung gravierende Ausfälle oder Liquiditätsengpässe einer Kapitalanlagegesellschaft nahe legt67 und darin Potential für einen Dominoeffekt für andere Kapitalanlagegesellschaften oder andere Teile des Finanzmarktes zu erkennen ist. Weitere Bewertungskriterien können die Geeignetheit der Bekanntmachung sein, das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes signifikant zu schwächen und etwa irrationale Panikreaktionen auszulösen68 sowie der Zustand des Finanzmarkts zum Zeitpunkt der erwogenen Bekanntmachung.

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62 A.A. Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 27. 63 Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds; BGBl. I v. 17.10.2008, S. 1982; hiernach abgekürzt als FMStFG. 64 Izzo-Wagner/Siering/Izzo-Wagner/Siering VermAnlG, § 26c Rn. 7. 65 Jaletzke/Veranneman/Jaletzke/Denzer FMStFG, § 4 Rn. 22. 66 Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/Maas WpPG/VermAnlG, § 26b, c VermAnlG Rn. 11 stellt wegen der geringen Bedeutung des Marktsegments der Vermögensanlagen und ihrer geringen Verwobenheit (eingeschränkte Fungibilität der Anlagen) berechtigterweise per se in Frage, ob Bekanntmachungen aus dem Bereich des Vermögensanlagengesetzes überhaupt geeignet sein können, die Stabilität des gesamten Finanzmarktes zu gefährden. 67 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 14 weist zutreffend darauf hin, dass eine Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte kaum aus der Bekanntmachung einer Bußgeldentscheidung sondern allenfalls aus einer veröffentlichten Maßnahme resultieren dürfte. 68 Assmann/Schneider/Vogel WpHG, § 40b Rn. 7; Izzo-Wagner/Siering/Izzo-Wagner/Siering VermAnlG, § 26c Rn. 7.

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3. Gefährdung laufender Ermittlungen. Die Bekanntmachung einer bestandskräftigen Maßnahme ist gemäß § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 solange aufzuschieben, wie sie laufende Ermittlungen gefährden würde. Anders als beispielsweise § 60b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 KWG enthält § 341a keine nähere Eingrenzung des Ermittlungsbegriffs auf strafrechtliche Ermittlungen. Daher ist vergleichbar des Wortlauts nach § 26c Abs. 3 VermAnlG davon auszugehen, dass sich die Gefährdung auf laufende Ermittlungen strafrechtlicher wie auch ordnungswidrigkeitenrechtlicher oder disziplinarischer Natur beziehen kann. Laufende Ermittlungen sind in Anlehnung an die vergleichbaren Verweigerungs35 gründe einer Einsicht in die Ermittlungsakte nach § 406e StPO gefährdet, wenn durch eine Bekanntmachung die Sachaufklärung oder Wahrheitsfindung beeinträchtigt werden könnte. In Betracht kommen Konstellationen, in denen die Bekanntmachung zu Kenntnissen bei Beteiligten führt, welche die Unbefangenheit oder den Wahrheitsgehalt einer Zeugenaussage beeinflussen oder Auswirkungen auf den Erfolg einzelner Ermittlungsmaßnahmen haben könnten.69 Allerdings ist im Rahmen von § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 zu berücksichtigen, dass die Bekanntmachung einer unanfechtbaren Bußgeldentscheidung jedenfalls keine Gefährdung mehr für den bekanntgegebenen Sachverhalt zeitigen kann, da dieser gerade auf abgeschlossenen Ermittlungen basiert. Eine Nichtbekanntmachung kann sich in diesen Fällen daher allenfalls aus einem Zusammenhang der Bußgeldentscheidung mit anderen noch laufenden Verfahren oder in Bezug auf Ermittlungen gegenüber anderen Beteiligten ergeben.70

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4. Wegfall der Gründe einer Nichtbekanntmachung. Fallen die Gründe nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 weg, die einen vorübergehenden Aufschub der Bekanntmachung erforderlich machten, hat die BaFin den Fall erneut zu prüfen und die Bekanntmachung – vorbehaltlich des Vorliegens der Verbotsgründe nach § 341a Abs. 3 – vorzunehmen. An ein Wegfallen der Gründe für die Nichtbekanntmachung ist zu denken, wenn die In37 formation über die bestandskräftige Maßnahme der BaFin auf andere Weise in die Öffentlichkeit gelangt, was beispielsweise bei einer Berichterstattung durch die Medien der Fall sein kann. Im Hinblick auf die Gefährdung eines laufenden Ermittlungsverfahrens nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 kann das Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich beendigt worden sein. Hinsichtlich der Stabilität der Finanzmärkte kann sich durch Zeitablauf eine Beruhigung eines zum ursprünglich erwogenen Bekanntmachungszeitpunkt sensiblen Marktumfelds ergeben haben, das nunmehr keine Verwerfungen mehr durch eine Bekanntmachung erwarten lässt. Hingegen erscheint es zweifelhaft, ob in den Fällen der Identitätspreisgabe nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 durch bloßen Zeitablauf die Neubewertung des Sachverhalts dazu führen kann, dass nunmehr die Verhältnismäßigkeit festgestellt wird.71 Gegenteilig schwächt der Zeitablauf das Gewicht der für eine Bekanntmachung streitenden Argumente, da beispielsweise die Warnung des Anlegerpublikums oder die Abschreckungswirkung gegenüber potentiellen Nachahmern nicht mehr dieselbe Wirkung entfalten kann. Die Bewertung fällt möglicherweise anders aus, wenn man im Rahmen der Regelungsziele des § 341a dem Aspekt der Sanktion einen höheren Stellenwert beimisst. Fraglich ist, in welchem Maße die BaFin verpflichtet ist, die ursprünglich getroffene 38 Entscheidung, eine Bekanntmachung vorübergehend aufzuschieben, erneut einer Prüfung zuzuführen. Hier wird man zwischen der erlangten Kenntnis eines weggefallenen Nichtbekanntmachungsgrundes (anlassbezogene Überprüfung) und der Ermittlung mög-

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69 BeckOK StPO/Weiner 29. Edition, Stand 1.6.2018 § 406e Rn. 8 m.w.N. 70 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 16; Izzo-Wagner/Siering/Izzo-Wagner/Siering VermAnlG, § 26c Rn. 7. 71 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 14.

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licherweise weggefallener Gründe (anlassunabhängige Überprüfung) differenzieren müssen. Erfährt die BaFin beispielsweise, dass ein die Bekanntmachung ursprünglich verhinderndes Ermittlungsverfahren beendet wurde, hat sie anlassbezogen unverzüglich in die erneute Prüfung der Bekanntmachung einzusteigen und diese bejahendenfalls zu veranlassen. Es würde hingegen die Pflichten der BaFin überspannen, wenn man – wie es der Wortlaut des § 341a Abs. 2 Satz 1 suggeriert – eine unverzügliche Bekanntmachung forderte, sobald die Gründe für die Nichtbekanntmachung objektiv wegfallen. Dann müsste die BaFin sämtliche aufgeschobenen Bekanntmachungen täglich überprüfen. Im Sinne einer ressourceneffizienten Arbeitsweise der Aufsichtsbehörde wird man hier jenseits anlassbezogener Überprüfungen eine erneute Befassung mit aufgeschobenen Bekanntmachungen einmal pro Quartal oder sogar in größeren Abständen genügen lassen müssen. II. Anonymisierung der Bekanntmachung (Absatz 2 Satz 2 und 3) Kommt die BaFin bei der Prüfung einer Bekanntmachung zu dem Ergebnis, dass die 39 Veröffentlichung der bestandskräftigen Maßnahme unter Preisgabe der Identität der betroffenen Person zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverhältnismäßig wäre, so kann sie neben dem Aufschub der Bekanntmachung auch eine Bekanntmachung auf anonymisierter Basis gemäß § 341a Abs. 2 Satz 2 in Betracht ziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass durch die Anonymisierung ein wirksamer Schutz der Identität bzw. der personenbezogenen Daten gewährleistet wird. Sollte daher der übrige Inhalt der Bekanntmachung Rückschlüsse auf die Identität der verantwortlichen Person zulassen, diese also bestimmbar sein, muss es bei einem Aufschub der Bekanntmachung gemäß § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleiben. Kommt eine anonymisierte Bekanntmachung in Betracht, so kann die BaFin gemäß 40 § 341a Abs. 2 Satz 3 gleichwohl davon absehen und die Bekanntmachung entsprechend § 341a Abs. 2 Satz 1 vorübergehend aufschieben. Diese Möglichkeit besteht, sofern vorhersehbar ist, dass die Gründe der anonymisierten Bekanntmachung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wegfallen werden. Wann noch von einem überschaubaren Zeitraum ausgegangen werden kann, ist nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und entzieht sich einer schematischen Zeitangabe.72 Maßgeblicher Faktor kann etwa der Mehrwert bzw. der verbleibende Aussagegehalt einer anonymisierten Bekanntmachung sein. Je geringer dieser ausfällt, desto eher wird man auch längere Zeiträume noch als überschaubar einstufen dürfen, zumal die anonymisierte Bekanntmachung dann keinen nennenswerten Beitrag zum Regelungszweck einer Warnung des Anlegerpublikums und einer Abschreckung der Marktteilnehmer leistet. Die Regelungen zur anonymisierten Bekanntmachung und ihr Verhältnis zum Auf- 41 schub von Bekanntmachungen werden zu Recht als uneindeutig kritisiert.73 Denn der Wortlaut des § 341a Abs. 2 Satz 2 sieht keine gebundene Entscheidung der BaFin vor, wonach die etwaige Variante einer anonymisierten Bekanntmachung derjenigen eines Aufschubs im Sinne eines Sufenverhältnisses vorzuziehen wäre. Daher hätte es der Regelung in § 341a Abs. 2 Satz 3, ausnahmsweise von einer anonymisierten Bekanntmachung zugunsten eines Aufschubs bei überschaubarem Zeitraum absehen zu können, nicht bedurft.74 Vor diesem Hintergrund und um der Absicht des europäischen Gesetzgebers zu entsprechen, die Bekanntmachung zum Regelfall zu erheben, sollte § 341a Abs. 2 Satz 2 eine Pflicht zur

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72 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 19. 73 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 31. 74 Eine ähnliche Diskussion wurde anlässlich der Einführung des § 40c Abs. 3 WpHG a.F. (nunmehr § 124 WpHG) geführt. Hierbei ging es um die Frage, ob der BaFin bei der Wahl zwischen Aufschub und anonymisierter Bekanntmachung ein Ermessen zusteht; vgl. dazu Burgard/Heimann WM 2015 1453.

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anonymisierten Bekanntmachung vorsehen.75 Im Übrigen enthält die Vorschrift anders als vergleichbare Regelungen76 auch keine klare Aussage dazu, ob die BaFin eine anonymisierte Bekanntmachung zu einem späteren Zeitpunkt in eine namentliche Bekanntmachung umwandeln muss, sobald die Gründe nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 entfallen sind. Hierfür spricht die im Gesetzeswortlaut77 angelegte Parallelität zur Regelung des vorübergehenden Aufschubs einer Bekanntmachung. In diesem Fall stellt sich abermals die Frage, in welchem Maße die BaFin verpflichtet ist, die ursprünglich getroffene Entscheidung, eine Bekanntmachung zu anonymisieren, erneut einer Prüfung zuzuführen.78 III. Gründe für ein Verbot der Bekanntmachung (Absatz 3) 42

§ 341a Abs. 3 enthält Ausschlussgründe, bei deren Vorliegen die BaFin von einer Bekanntmachung gänzlich abzusehen hat. Die Regelung ergänzt die milderen Mittel einer aufgeschobenen oder anonymisierten Bekanntmachung des § 341a Abs. 2 durch ein Bekanntmachungsverbot. Letztlich handelt es sich jedenfalls bei § 341a Abs. 3 Satz 1 um eine Klarstellung bzw. einen Klarstellungsversuch,79 da man auch zu einem Bekanntmachungsverbot im Rahmen der vorgelagerten Prüfung des § 341a Abs. 2 gelangt, wenn weder der Aufschub noch die Anonymisierung (binnen der angestrebten fünf Jahre einer Veröffentlichung) die Verhältnismäßigkeit einer Bekanntmachung gewährleisten.

1. Kein Ausschluss einer Gefährdung der Finanzmarktstabilität. Nach § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 darf eine Bekanntmachung der bestandskräftigen Maßnahme nicht erfolgen, wenn weder ein Aufschub noch eine Anonymisierung nach § 341a Abs. 2 ausreichen, um eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität auszuschließen. 44 Es wird zu Recht angemerkt, dass die Regelung misslungen ist.80 Sie enthält einen strukturellen Fehler bei der Verzahnung mit § 341a Abs. 2, der dafür sorgt, dass § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 keinen eigenständigen Anwendungsbereich hat, wenn eine Anonymisierung der Bekanntmachung nicht in Betracht kommt.81 Überdies kann sie dadurch ihre begrenzende Funktion gegenüber einer sich endlos wiederholenden Prüfung der BaFin nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 hinsichtlich eines (erneuten) Aufschubs der Bekanntmachung bei konstanter Gefährdung für die Stabilität des Finanzmarktes nicht erfüllen.82 § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 kommt nur dann zum Tragen, wenn die Maßnahmen nach 45 § 341a Abs. 2 nicht ausreichend sind, um eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität auszuschließen. Prüft die BaFin jedoch erstmalig die Bekanntmachung und läge eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität vor, muss die BaFin bereits vorgestuft, vor der Prüfung der Ausschlussgründe nach § 341a Abs. 3, eine Aufschiebung der Bekanntmachung nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 veranlassen. Der Aufschub wird jedoch immer eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität ausschließen, da die Bekanntmachung ja vorübergehend vollständig unterlassen wird, so dass es nie zur Tatbestandsmäßigkeit nach § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 kommen kann. Endet hingegen die Gefährdungslage für die Stabilität der Finanzmärkte durch eine mögliche Bekanntmachung, hat die BaFin dies 43

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75 Z.B.: „Anstelle einer Aufschiebung hat die Bekanntmachung auf anonymisierter Basis zu erfolgen, wenn hierdurch ein wirksamer Schutz der Informationen nach Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.“ 76 Vgl. etwa § 26c Abs. 2 Satz 3 VermAnlG. 77 „Anstelle einer Aufschiebung“. 78 Hierzu ausführlich oben unter Rn. 38. 79 Zu dem verunglückten Ausschlusstatbestand des § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 sogleich unter Rn. 43 ff. 80 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 20. 81 Hierzu sogleich ausführlich unter Rn. 45. 82 Hierzu sogleich ausführlich unter Rn. 46.

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abermals im Rahmen von § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu prüfen, so dass auch in dieser Konstellation § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 nicht mehr zum Tragen kommt, da die erfolgende Bekanntmachung(sabsicht) kein Resultat einer „nicht ausreichenden Maßnahme nach Absatz 2“ ist. Ein Anwendungsbereich verbliebe nur dann, wenn man (unter teleologischer Reduktion des Wortlauts) zwischen § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 einen Unterschied im Prüfungsmaßstab erkennen wollte. Denn nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 muss die BaFin prüfen, ob die Bekanntmachung die Stabilität der Finanzmärkte gefährden würde, während die BaFin nach § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 prüfen muss, ob eine Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte ausgeschlossen werden kann und verneinendenfalls von einer Bekanntmachung abzusehen hat. Dadurch, dass § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 in der vorliegenden Konstellation keinen 46 Anwendungsbereich hat, offenbart sich in der Gesamtschau mit § 341a Abs. 4 ein weiteres Dilemma. § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 hätte nämlich zugleich die Funktion gehabt, eine sich endlos wiederholende Überprüfung der BaFin hinsichtlich ihrer Entscheidung über einen (erneuten) Aufschub nach § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu begrenzen. Nach der gegenwärtigen Regelungskonstruktion sind Fallgestaltungen denkbar, in denen die BaFin wegen andauernder Gefährdungslage für die Stabilität der Finanzmärkte, denen auch durch Anonymisierung nicht begegnet werden kann, eine Bekanntmachung aufschiebt und sich bei jeder neuerlichen Überprüfung der Entscheidung mangels Veränderung der Finanzmarktsituation erneut für einen Aufschub entscheidet. § 341a Abs. 2 enthält kein zeitlich begrenzendes Element.83 Eine Begrenzung auf maximal fünf Jahre könnte sich jedoch aus den vorgegebenen Veröffentlichungszeiträumen nach § 341a Abs. 4 ergeben. Denn wenn ein potentieller Veröffentlichungszeitraum von fünf Jahren bereits verstrichen ist, macht ein weiterer Aufschub in Erwartung eines möglichen Wegfalls des Nichtbekanntmachungsgrundes in der Zukunft mangels Veröffentlichungsrelevanz keinen Sinn mehr. Anders als die vergleichbare Regelung in § 60b Abs. 5 Satz 1 KWG knüpft der Fristbeginn für den fünfjährigen Veröffentlichungszeitraum des § 341a jedoch nicht an die Bestandskraft der Maßnahme, sondern an das Einstellen der Bekanntmachung auf der Internetseite der BaFin an. Durch den wiederholten Aufschub würde es daher nie zum Beginn der fünfjährigen Veröffentlichungsfrist kommen, sodass der potentielle Veröffentlichungszeitraum nie verstreichen würde. Nach hiesiger Auffassung dürfte der europäische Gesetzgeber bei der Konzeption des 47 Art. 99b OGAW-V-Richtlinie einen anderen als den in § 341a abgebildeten Entscheidungsmechanismus vor Augen gehabt haben. Die abgestufte Regelung macht nur Sinn, wenn die BaFin bei ihrer Erstbefassung mit einer möglichen Bekanntmachung alle drei Entscheidungsvarianten (Aufschub, Anonymisierung und Ausschluss der Bekanntmachung) einmalig und abschließend prüft. Die Regelung krankt jedoch auf europäischer wie auch nationaler Ebene daran, dass der Aufschub keine zeitliche Begrenzung erfahren hat. Die Aufsichtsbehörde kann nur dann sinnvoll entscheiden, ob ein Aufschub das Mittel der Wahl ist, wenn sie auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen prognostiziert, dass die Nichtbekanntmachungsgründe entfallen werden. Kommt sie hingegen zu dem Schluss, dass ein Aufschub im betrachteten Zeitraum an den Entscheidungsparametern nichts ändert, weil der Beurteilungssachverhalt starr bleibt oder hat sie Zweifel daran, dass der Aufschub im relevanten Zeitraum zu einer verhältnismäßigen Bekanntmachung führen kann, dann würde das Bekanntmachungsverbot greifen. Nur so macht die Verzahnung zwischen Aufschub und Bekanntmachungsverbot Sinn und vermeidet eine Endlosspirale an periodischen Bekanntmachungsprüfungen derselben Maßnahme durch die BaFin.

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83 Wortlaut auszugsweise: „(…) ist solange aufzuschieben, bis die Gründe für die Nichtbekanntmachung entfallen sind (…)“.

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2. Keine Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung. Nach § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 darf eine Bekanntmachung der bestandskräftigen Maßnahme nicht erfolgen, wenn weder ein Aufschub noch eine Anonymisierung nach § 341a Abs. 2 ausreichen, um die Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung in Ansehung des Verstoßes sicherzustellen. Auch diese Regelungsvariante dürfte einen überschaubaren Anwendungsbereich haben, da die Verhältnismäßigkeit bereits umfassend auf der Stufe des § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 zu prüfen ist. Zwar suggeriert der Wortlaut eine engere Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, während § 341a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 im Sinne eines Auffangtatbestandes eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung nahe legt.84 Allerdings sind nach hiesiger Auffassung bereits sämtliche im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung relevante Abwägungsaspekte im Rahmen von § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 einzubringen. Denn ob die Bekanntgabe der Identität unverhältnismäßig ist, lässt sich nicht allein unter Abwägung des Gesetzeszwecks mit der Identitätspreisgabe ermitteln. Vielmehr spielt hierfür eine Rolle, wie gravierend der Verstoß war und ob seitens des Betroffenen Abhilfemaßnahmen ergriffen wurden, welche Schäden bei dem Betroffenen durch die Bekanntmachung zu erwarten sind und ob eine Wiederholungsgefahr besteht.

3. Nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Anleger. Nach § 341a Abs. 3 Satz 2 besteht ein Bekanntmachungsverbot für den Fall, dass sich die Bekanntmachung voraussichtlich nachteilig auf die Interessen der Anleger auswirkt. Anders als die Bekanntmachungsverbote nach § 341a Abs. 3 Satz 1, welche sämtliche Bekanntmachungstatbestände nach § 341a Abs. 1 erfassen, gilt § 341a Abs. 3 Satz 2 lediglich für die Ermessenstatbestände des § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. 50 Die Regelung des § 341a Abs. 3 Satz 2 wurde aus dem bisherigen § 5 Abs. 7 Satz 1 KAGB a.F. übernommen, der seinerseits auf Art. 48 Abs. 2 AIFM-Richtlinie basierte. Die Gesetzesbegründung zum OGAW-V-Umsetzungsgesetz hebt zutreffend hervor, dass diese Vorgabe aus Art. 48 Abs. 2 AIFM-Richtlinie weiterhin Gültigkeit habe. Die Gesetzesbegründung äußert sich indes nicht dazu, dass der Anwendungsbereich des Bekanntmachungsverbots aus der AIFM-Richtlinie durch den undifferenzierten Verweis auf § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf OGAW ausgeweitet wird.85 Der Wortlaut des Bekanntmachungsverbots nach § 341a Abs. 3 Satz 2 ist weit gefasst. 51 Der Tatbestand ist bereits erfüllt, wenn für die Interessen der Anleger geringfügige Nachteile prognostiziert werden.86 Es ist nicht erforderlich, dass die Interessen der Anleger das öffentliche Informationsbedürfnis übersteigen. Insoweit muss keine Abwägungsentscheidung erfolgen.87 D. Veröffentlichungszeitraum der Bekanntmachungen (Absatz 4)

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D. Veröffentlichungszeitraum der Bekanntmachungen (Absatz 4) 52

§ 341a Abs. 4 enthält Vorgaben, wie lange Bekanntmachungen auf der Internetseite der BaFin zu veröffentlichen sind. Das Gesetz differenziert bei den Bestimmungen zum Veröffentlichungszeitraum zwischen Maßnahmen, für die nach § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 grundsätzlich eine Bekanntmachungspflicht besteht und jenen, deren Bekanntmachung gemäß § 3431a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in das Ermessen der BaFin gestellt wird.

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84 In diesem Sinne wohl Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 21, der allerdings anlässlich der Kommentierung von § 341a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls diverse weitere Parameter (neben der Identität) für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vorschlägt. 85 Hierzu Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 35. 86 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 22. 87 Baur/Tappen/Wülfert InvG, § 5 Rn. 24; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 21; Moritz/ Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 34.

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D. Veröffentlichungszeitraum der Bekanntmachungen (Absatz 4)

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Bekanntmachungen nach § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 sollen für fünf Jahre auf der 53 Internetseite der BaFin veröffentlicht werden. Die Frist beginnt nach Art. 99b Abs. 4 Satz 1 OGAW-V-Richtlinie mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung, was mittelbar auch der Formulierung in § 341a Abs. 4 Satz 1 entnommen werden kann.88 Abweichend von der europäischen Vorgabe einer Veröffentlichungspflicht von mindestens fünf Jahren hat der deutsche Gesetzgeber den Veröffentlichungszeitraum von fünf Jahren (ohne Mindestvorgabe) lediglich als Soll-Vorschrift89 ausgestaltet.90 Dem Gesetzgeber war offenbar die Empfindlichkeit des Grundrechtseingriffs bewusst, so dass er – nicht zuletzt um die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift zu gewährleisten – bemüht war, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen Anwendungsbereich zu belassen, indem er der BaFin für den Regelfall eine Bindung erteilt, ihr jedoch bei wichtigen Gründen oder in atypischen Fällen Ermessen für eine vorzeitige Löschung der Bekanntmachung eröffnet.91 Bekanntmachungen nach § 341a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sind hingegen zu löschen, sobald 54 sie nicht mehr erforderlich sind oder spätestens nach fünf Jahren. Die Erforderlichkeit entfällt, wenn die Bekanntmachung ihre ursprüngliche Eignung verliert, den Zweck einer Abschreckungswirkung oder einer Warnung des Anlegerpublikums zu erfüllen bzw. wenn die Eignung derart abgeschwächt ist, dass das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung mittlerweile wieder überwiegt. Es stellt sich abermals die Frage, in welchem Maße die BaFin verpflichtet ist, die ursprünglich getroffene Entscheidung, eine Bekanntmachung vorzunehmen, erneut einer Prüfung zuzuführen.92 Da in diesem Fall der empfindliche Grundrechtseingriff andauert, sollte die Überprüfungsfrequenz höher als bei der erneuten Überprüfung der Entscheidung über den Aufschub nach § 341a Abs. 2 Satz 1 bzw. der erneuten Überprüfung der Anonymisierungsentscheidung nach § 341a Abs. 2 Satz 2 sein.93 Problematisch erscheint der Umstand, dass die BaFin ihre bisherigen Bekanntma- 55 chungen auf der Grundlage anderer Ermächtigungsnormen regelmäßig auch in dem monatlichen BaFin Journal veröffentlicht. Zwar schreibt § 341a Abs. 4 lediglich Löschungsfristen für die Bekanntmachungen auf der Internetseite der BaFin vor, wovon primär die entsprechende Rubrik zu den Bekanntmachungen im Internetauftritt der BaFin erfasst wird. Allerdings finden sich auf der Internetseite der BaFin auch die veröffentlichten Ausgaben des BaFin Journals bis ins Jahr 2003 zurückreichend. Deren Inhalte können auch über einschlägige Internetsuchmaschinen identifiziert werden, so dass nicht auszuschließen ist, dass die BaFin zwar eine Bekanntmachung von der Internetseite löscht, diese aber gleichwohl im BaFin Journal über fünf Jahre hinaus auffindbar bleibt. Da die BaFin soweit ersichtlich bislang keine Maßnahme aus dem Bereich des Kapitalanlagegesetzbuchs bekanntgemacht hat, bleibt abzuwarten, ob sie das BaFin Journal vor dem Hintergrund der skizzierten Schwierigkeiten bei der rechtlich vorge-

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88 Es wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Fristbeginn auf der Hand liegt; vgl. Moritz/ Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 40. Allerdings knüpfen vergleichbare Bekanntmachungsvorschriften wie § 60b KWG den Beginn einer Veröffentlichungsfrist mitunter auch an die Bestandskraft der Maßnahme bzw. die Unanfechtbarkeit der Bußgeldentscheidung. 89 Zu dem durch diese Regelungstechnik eröffneten Ermessen siehe Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 26. 90 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 38 weist zu Recht darauf hin, dass die Gesetzesbegründung zu § 341a hingegen von einer Verpflichtung spricht. 91 Strenger hingegen jüngst die Umsetzung nahezu identischer europäischer Vorgaben der 4. Geldwäscherichtlinie in § 57 Abs. 4 GWG. 92 Hierzu ausführlich oben unter Rn. 38 sowie unter Rn. 41. 93 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 24 spricht sich für eine Überprüfung in „regelmäßigen kurzen Abständen“ aus.

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§ 342

Beschwerdeverfahren

schriebenen Löschung von Bekanntmachungen bzw. darin enthaltener personenbezogener Daten als Veröffentlichungsplattform nutzen wird.94 E. Bekanntmachung von Vertriebsuntersagungen (Absatz 5) E. Bekanntmachung von Vertriebsuntersagungen (Absatz 5) 56

Die BaFin hat gemäß § 341a Abs. 5 Vertriebsuntersagungen nach §§ 5 Abs. 6, 11, 311 und 314 im Bundesanzeiger bekanntzugeben, falls ein Vertrieb bereits stattgefunden hat. § 341a Abs. 5 enthält damit einen Sonderfall einer Bekanntmachung, der in keinem näheren Zusammenhang zu den Regelungen der vorherigen Absätze der Vorschrift steht. Die Regelung entstammt ursprünglich § 140 Abs. 7 InvG und war seit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs zwischenzeitlich in § 5 Abs. 7 Satz 2 und 3 KAGB a.F. angesiedelt. Die Regelung dient dem Anlegerschutz, da die Öffentlichkeit wegen der erhöhten Betroffenheitswahrscheinlichkeit ein gesteigertes Informationsbedürfnis hat, wenn zum Zeitpunkt einer Vertriebsuntersagung bereits Vertriebsaktivitäten am Markt entfaltet wurden. Ob freilich der Bundesanzeiger eine geeignetere Plattform mit höherer Breitenwirkung als die Internetseite der BaFin darstellt, um die Öffentlichkeit zu informieren, darf bezweifelt werden. 57 Hat ein Vertrieb noch nicht stattgefunden, fehlt es an der Ermächtigungsgrundlage für eine Bekanntmachung. In diesen Fällen greift vielmehr die Verschwiegenheitsverpflichtung der BaFin gemäß § 8.95 Eine Bekanntmachung gemäß § 341a Abs. 1 kommt nicht in Betracht, da gemäß § 340 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, b, e und f lediglich der Verstoß gegen eine Vertriebsuntersagung die Qualität einer Ordnungswidrigkeit hat, nicht aber die Vertriebsuntersagung selbst. 58 § 341a Abs. 5 Satz 2 enthält die Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der BaFin gegenüber der Verwaltungsgesellschaft, sofern der BaFin durch die Bekanntmachung im Bundesanzeiger Kosten entstanden sind. https://doi.org/10.1515/9783110492217-133

§ 342 Beschwerdeverfahren § 342 Beschwerdeverfahren Gerlach (1) Anleger und Kunden können jederzeit wegen behaupteter Verstöße gegen dieses Gesetz Beschwerde bei der Bundesanstalt einlegen. (2) Beschwerden sind schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Bundesanstalt einzulegen und sollen den Sachverhalt sowie den Beschwerdegrund angeben. (3) Soweit behauptete Verstöße nach Absatz 1 grenzüberschreitende Sachverhalte betreffen, arbeitet die Bundesanstalt mit den zuständigen Stellen der an-

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94 Aber auch bei Bekanntmachungen auf der Grundlage anderer Ermächtigungsnormen wird sich diese Problematik zunehmend stellen. So machte § 60b Abs. 5 KWG beispielsweise seit 19.7.2014 die Vorgabe, Bekanntmachungen für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren zu veröffentlichen, ohne ausdrücklich bestimmte Löschungspflichten zu statuieren. Seit dem 26.6.2017 sieht § 60b Abs. 5 Satz 2 KWG jedoch vor, dass personenbezogene Daten in den Bekanntmachungen zu löschen sind, sobald ihre Bekanntmachung nicht mehr erforderlich ist. Da die Regelung auch für vergangene Bekanntmachungen greifen dürfte, müsste die BaFin daher alte Bekanntmachungen (auch im BaFin Journal) durchsehen und ggf. (Teil-)Löschungen vornehmen. 95 Moritz/Klebeck/Jesch/Alten KAGB, § 341a Rn. 42; Moritz/Klebeck/Jesch/Bußalb KAGB, § 7 Rn. 163; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, § 140 Rn. 54; a.A. Beckmann/Scholtz/Vollmer/Pelz § 341a Rn. 25, der von einer Veröffentlichung der Vertriebsuntersagung auf der Internetseite der BaFin ausgeht und dabei offenbar die fehlende Ordnungswidrigkeitenqualität der Vertriebsuntersagung verkennt.

Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-133

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deren Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusammen; die §§ 8, 9 und 191 gelten entsprechend. Schrifttum Brömmelmeyer Der Ombudsmann im Finanzsektor, WM 2012 337; Hirsch Außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten, NJW 2013 2088; Lücke Die Schlichtung in der deutschen Kreditwirtschaft als Form außergerichtlicher Streitbeilegung, WM 2009 102; Roth Bedeutungsverlust der Zivilgerichtsbarkeit durch Verbrauchermediation, JZ 2013 637.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Entstehungsgeschichte | 1 II. Inhalt der Regelung | 5 III. Zweck der Regelung | 6 Beschwerdeverfahren (Absätze 1 und 2) | 8 I. Rechtsnatur der Beschwerde | 9 II. Zulässigkeit der Beschwerde 1. Sachlicher Anwendungsbereich (Absatz 1) | 11 2. Personeller Anwendungsbereich (Absatz 1) | 13 3. Formerfordernis der Beschwerde (Absatz 2) | 16 4. Begründungserfordernis der Beschwerde (Absatz 2) | 19

III.

C.

Ablauf des Beschwerdeverfahrens | 20 1. Sachverhaltsermittlung der BaFin | 21 2. Prüfungsmaßstab der BaFin | 22 IV. Folgewirkungen der Beschwerde 1. Verpflichtung der BaFin zur Bescheidung | 27 2. Parallele (Zivilrechts-) Streitbeilegungsverfahren | 30 3. Rechtsschutz gegen Beschwerdebescheide | 32 V. Verpflichtung zum Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit | 33 Grenzüberschreitende Sachverhalte (Absatz 3) | 33

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Entstehungsgeschichte Die Regelung fand anlässlich der Umsetzung2 der OGAW-IV-Richtlinie3 im Jahre 2011 1 Eingang in § 143c des Investmentgesetzes und enthielt ursprünglich sowohl Aussagen zum Beschwerdeverfahren als auch solche zum Schlichtungsverfahren. Sie wurde dann – mit Ausnahme einiger redaktionellen Anpassungen – unverändert zum 22.7.2013 in das Kapitalanlagegesetzbuch übernommen und hat auch durch das Finanzmarktanpassungsgesetz4 keine wesentlichen Änderungen erfahren.5 Die Vorschrift dient der

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1 Es handelt sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Richtigerweise muss es heißen: „die §§ 8 und 9 gelten entsprechend.“ Der Verweis auf § 19 ist ersatzlos zu streichen. Der Gesetzgeber hat § 19 versehentlich aus der Vorgängervorschrift § 143c InvG übernommen. § 19 InvG entsprach von seinem Regelungsgehalt dem jetzigen § 9 KAGB (Zusammenarbeit mit anderen Stellen). 2 Gesetz zur Umsetzung der RL 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betr. bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, BGBl. I v. 22.6.2011, S. 1126. 3 Richtlinie 2009/65/EG, ABl. L 302 v. 17.11.2009, S. 32. 4 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934. 5 Allein die Kompetenz des BMELV bei der Ausgestaltung der Verfahrensordnung und der Übertragung der Schlichtungsaufgabe auf Private entfiel, weil die entsprechende Ministerialabteilung in der

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Beschwerdeverfahren

Umsetzung der europäischen Vorgabe aus Art. 100 OGAW-IV-Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass effiziente und wirksame Beschwerde- und Schlichtungsverfahren für die Verbraucher zur Verfügung stehen. Die EU verstärkt mangels Kompetenzen bei der Rechtsweggestaltung seit vielen Jahren ihre Bemühungen beim Ausbau von Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Diese Entwicklung ist insbesondere in der Regulierung von Finanzdienstleistungen zu beobachten.6 Während die Einführung einer Schlichtungsstelle in § 143c Abs. 3 bis Abs. 6 InvG für 2 Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Investmentgesetz 2011 ein Novum darstellte, hatte die Regelung der Beschwerde in Abs. 1 und Abs. 2 der Vorschrift lediglich deklaratorischen Charakter. Es entspricht seit jeher verfassungsrechtlichen Vorgaben und gelebter Praxis, dass die BaFin Beschwerden von Anlegern annimmt und bescheidet. Jedes Jahr bearbeitet die BaFin etwa 20.000 Eingaben und Beschwerden.7 Im Zuge der Umsetzung8 der ADR-Richtlinie wurde der Regelungskomplex zu 3 den Schlichtungsstellen in § 342 Abs. 3 bis Abs. 6 mit Wirkung zum 1.4.2016 aufgehoben und die Regelung der Schlichtung in abgewandelter Form in das Unterlassungsklagengesetz überführt. Um einen reibungslosen Übergang sowohl für laufende Schlichtungsverfahren als auch für die Erlangung der neuen Zulassung als Schlichtungsstelle nach den Vorgaben des Unterlassungsklagengesetzes zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung in § 16 UKlaG aufgenommen. Hiernach greift eine gesetzliche Fiktion, wonach die vormals rechtmäßig nach § 342 KAGB mit der Schlichtungsaufgabe betrauten Privaten9 bis zum 1.2.2017 als anerkannte private Verbraucherschlichtungsstellen im Sinne von § 14 Abs. 1 UKlaG gelten. Folglich mussten die bisherigen Stellen, namentlich die Ombudsstelle für Investmentfonds des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. sowie die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V., das Anerkennungsverfahren nach § 14 Abs. 3 UKlaG bis zum 1.2.2017 erfolgreich durchlaufen. Sämtliche zum 1.4.2016 laufenden als auch neue Schlichtungsverfahren richteten sich in der Übergangszeit nach der bisherigen Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle, die wiederum eng an die Kapitalanlagenschlichtungsstellenverordnung angelehnt sein musste. Für Schlichtungsverfahren, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren, sieht § 26 Finanzschlichtungsstellenverordnung10 wiederum vor, dass die alte Verfahrensordnung weiterhin (über den 1.2. 2017 hinaus) Anwendung findet. 4 Zuletzt wurde § 342 Abs. 2 durch das Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes angepasst.11 Mit Wirkung zum 5.4.2017 wurde in § 342 Abs. 2 das Recht des Beschwerdeführers aufgenommen, die Beschwerde

_____ 18. Legislaturperiode im BMJV angesiedelt wurde; Gesetzesbegründung zu § 342 KAGB, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 52. 6 Zu dieser Entwicklung Schimansky/Bunte/Lwowski/Höche Bankrechtshandbuch, § 3 Rn. 6 ff. 7 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 594. 8 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten, BGBl. I v. 25.2.2016, S. 254. 9 Ausführlich zur Rechtsnatur einer Übertragung der öffentlichen Schlichtungsaufgabe auf private Stellen Baur/Tappen/Gerlach § 342 Rn. 49 ff. 10 Verordnung über die Verbraucherschlichtungsstellen im Finanzbereich nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes und ihr Verfahren zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 5.9.2016, S. 2140. 11 Art. 129 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes, BGBl. I v. 4.4.2017, S. 626.

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§ 342

auch in Textform einlegen zu dürfen. Zuvor hatte das Gesetz ein Schriftformerfordernis enthalten oder die wenig praktikable Alternative einer Beschwerde per Niederschrift eröffnet.12 Bereits anlässlich des sog. E-Government-Gesetzes im Jahr 2013 hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, dem Deutschen Bundestag innerhalb von drei Jahren zu berichten, in welchen verwaltungsrechtlichen Rechtsvorschriften des Bundes die Anordnung der Schriftform verzichtbar ist.13 Hierzu wurden die bestehenden Regelungen besonderer Formerfordernisse darauf überprüft, ob sie weiterhin erforderlich sind, um den Funktionen14 der Schriftform zur Geltung zu verhelfen. Der vorgelegte Bericht behandelt auch die Regelung des § 342 Abs. 2 a.F. Er ordnet die Regelung denjenigen Vorschrift zu, bei denen zwar kein ersatzloser Verzicht auf Formvorschriften möglich sei und insbesondere die mündliche Form ausgeschlossen bleiben müsse, bei denen aber der Einsatz elektronischer Verfahren15 für angemessen erachtet wird.16 II. Inhalt der Regelung Die Norm regelt mit der Beschwerdemöglichkeit gegenüber der BaFin ein Verfah- 5 ren der außergerichtlichen Streitbeilegung, das Anlegern bei Konflikten mit Unternehmen im Anwendungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches zur Verfügung steht. Die Beschwerde ist ein sog. nichtförmlicher Rechtsbehelf. Die Beschwerde richtet sich weder gegen eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung noch ist sie obligatorischer Vorschaltrechtsbehelf im Zusammenhang mit einer etwaigen Rechtswegbeschreitung.17 III. Zweck der Regelung Die Regelung zielt darauf ab, die außergerichtliche Streitbeilegung zu stärken. 6 Zweck der außergerichtlichen Streitbeilegung wiederum ist es, im Gegensatz zum Rechtsweg eine kostengünstige und schnelle Lösung des schwelenden Konflikts zu erreichen. Obgleich die Beschwerde ebenso wie die mittlerweile in § 342 aufgehobene Schlich- 7 tungsregelung laut europäischem Verständnis der außergerichtlichen Streitbeilegung dient, divergiert ihre diesbezügliche Zwecktauglichkeit im deutschen Recht, was insbesondere an der Ausgestaltung der Aufsichtsbefugnisse der BaFin liegt.18 Während die außergerichtliche Streitbeilegung nach der Konzeption des deutschen Gesetzgebers idealiter durch das Schlichtungsverfahren bewerkstelligt wird, dient die Beschwerde primär als Erkenntnisquelle der BaFin, um aufsichtsrechtliche Fehlentwicklungen zu er-

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12 Zur Unzulässigkeit dieser besonderen Formvorgabe aufgrund der Einordnung von Beschwerden als verfassungsrechtlich geschütztes Petitionsrecht aus Art. 17 GG siehe unten Rn. 17. 13 Art. 30 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften, BGBl. I v. 31.7.2013, S. 2749. 14 Der Bericht identifiziert insoweit die Identifizierungsfunktion, Echtheitsfunktion, Perpetuierungsfunktion, Beweisfunktion, Warnfunktion und Abschlussfunktion; siehe BTDrucks. 18/9177 S. 6 f. 15 Hiervon zu unterscheiden ist die Anordnung einer bestimmten elektronischen Form zur qualitativ gleichwertigen Substituierung des Schriftformerfordernisses wie sie beispielsweise § 3a Abs. 2 S. 2 und S. 4 VwVfG oder § 36a Abs. 2 S. 4 SGB I vorsieht. 16 Anhang II zum Bericht der Bundesregierung zur Verzichtbarkeit der Anordnungen der Schriftform v. 11.7.2016, BTDrucks. 18/9177 S. 39. 17 Hierzu ausführlich unter Rn. 30 f. 18 Zum Prüfungsmaßstab der BaFin ausführlich unter Rn. 22 ff.

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Beschwerdeverfahren

kennen und abstellen zu können.19 Die schlichtende Einwirkung auf den Zivilrechtsstreit ist allenfalls mittelbare Nebenwirkung der Beschwerde. B. Beschwerdeverfahren (Absätze 1 und 2) B. Beschwerdeverfahren (Absätze 1 und 2) 8

Das Beschwerdeverfahren hat keine detaillierte Regelung erfahren. Ein Minimum an Verfahrensvoraussetzungen sind § 342 Abs. 1 und Abs. 2 sowie der allgemeinen Regelung in § 4b FinDAG20 zu entnehmen. Weitere Verfahrenskonturen lassen sich aus der Rechtsnatur der Beschwerde als Petition sowie aus der Reichweite aufsichtsrechtlicher Befugnisse der BaFin im (Individual-)Anlegerschutz ableiten. I. Rechtsnatur der Beschwerde

Das Beschwerdeverfahren bei der BaFin ist eine Konkretisierung des Petitionsgrundrechts aus Art. 17 GG.21 Die Beschwerde gibt die Möglichkeit, außerhalb des förmlichen Rechtsschutzes mit einem Anliegen, das Bezug zur Finanzdienstleistungsaufsicht aufweist, an eine staatliche Stelle heranzutreten. Der Beschwerdeführer trägt zwar meist eine Beanstandung vor, die ihren Ursprung im behaupteten Fehlverhalten eines privaten Rechtssubjektes hat. Dies impliziert aber zugleich das Anliegen, es gebe aufsichtsrechtlichen Handlungsbedarf und stellt folglich das Petitum an die BaFin dar, das Fehlverhalten abzustellen. Die BaFin ist als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts eine staatliche Stelle und damit zulässiger Petitionsadressat. Sie ist ferner zuständige Stelle im Sinne von Art. 17 GG, soweit sie zur Gewähr des vom Beschwerdeführer Geforderten nach der staatlichen Kompetenzzuordnung berechtigt ist (sog. Erledigungskompetenz). 10 Die Beschwerde ist von einem Auskunftsersuchen zu unterscheiden, wenngleich die Grenzen fließend sind. Beide Begehren können als Petition eingeordnet werden.22 Meist umfasst die Beschwerde eines Anlegers auch das Bedürfnis, (für seinen Zivilprozess erforderliche) Auskunft über Informationen der BaFin zu erhalten. Zwar ist dieses Petitum legitim und kann nicht als unzulässig abgewiesen werden. Ihm kann aber nur entsprochen werden, wenn die spezialgesetzlichen Voraussetzungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz vorliegen.23 9

II. Zulässigkeit der Beschwerde 11

1. Sachlicher Anwendungsbereich (Absatz 1). Die Beschwerde muss einen behaupteten Verstoß gegen das KAGB zum Inhalt haben. Dabei genügt es, wenn sich aus dem Sachvortrag des Beschwerdeführers schließen lässt, dass ein Rechtsverstoß gegen das KAGB oder auf ihm basierende Verordnungen vorliegen könnte. Der Beschwerdeführer wird zumeist zivilrechtliche Streitigkeiten mit einem beaufsichtigten Unternehmen vortragen. Da dem zivilrechtlichen Pflichtenumfang der Unternehmen im Kapitalanlagebereich weitestgehend deckungsgleiche Verhaltenspflichten im Aufsichtsrecht gege-

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19 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 594. 20 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, BGBl. I v. 22.4.2002, S. 1310 (in der geltenden Fassung). 21 Diese Ansicht vertritt zunächst die BaFin selbst: http://www.bafin.de/DE/Verbraucher/Beschwerden Ansprechpartner/Ansprechpartner/BaFin/bafin_node.html (Abrufdatum: 20.8.2018); ferner VG Frankfurt a.M. NJW 2011 2747; VG Frankfurt a.M. VersR 2004 1397; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Machhausen InvG, 2013, § 143c Rn. 2; Lorenz VersR 2004 541. 22 Maunz/Dürig/Klein GG, Art. 17 Rn. 45. 23 Zu dieser Problematik ausführlich Schwennicke/Auerbach/Brocker KWG, § 9 Rn. 16; Brocker/ Andrzejewski GWR 2011 378; Spindler ZGR 2011 719.

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nüberstehen,24 lässt sich aus dem Sachvortrag regelmäßig eine Verknüpfung zum KAGB herstellen. Selbst wenn die Beschwerde aber nicht im Zusammenhang mit Normen des KAGB 12 steht, ist sie zulässig, soweit der behauptete Verstoß eine Norm betrifft, deren Einhaltung die BaFin zu überwachen hat.25 Dies folgt aus dem Grundrecht aus Art. 17 GG sowie dessen Prinzip der Erledigungskompetenz und wird mittlerweile26 durch § 4b Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 FinDAG klargestellt. 2. Personeller Anwendungsbereich (Absatz 1). Laut KAGB sind Anleger und Kun- 13 den berechtigt, eine Beschwerde bei der BaFin einzulegen. Anleger ist im KAGB der Oberbegriff aller in Investmentvermögen Investierenden; ganz gleich ob sie als natürliche Person oder als Gesellschaft tätig werden. Folglich steht die Beschwerde nicht lediglich Verbrauchern zur Verfügung. Daneben wurde die Kategorie des Kunden aufgenommen, um einen Gleichlauf der Begrifflichkeiten mit dem Wertpapierhandelsgesetz herzustellen.27 Dies betrifft etwa Fälle, in denen der Beschwerdeführer solche Nebendienstleistungen einer KVG rügt,28 für die partiell das WpHG für anwendbar erklärt wird.29 Der Statuierung eines personellen Anwendungsbereichs kommt indes keine Bedeu- 14 tung zu, da er keine einschränkende Funktion bewirkt. Aus der behaupteten Vorschriftsverletzung des KAGB ergibt sich zwangsläufig die Kategorisierung des Beschwerdeführers entweder als Kunde oder jedenfalls als Anleger.30 Aus der Definition eines personellen Anwendungsbereichs folgt auch kein Verbot ei- 15 ner Popularbeschwerde. Zwar suggeriert die Voraussetzung, Anleger oder Kunde zu sein, dass zumindest eine (vor-)31vertragliche Beziehung zu einem beaufsichtigten Unternehmen und eine daraus resultierende eigene Betroffenheit vorliegen muss. Der Wortlaut spricht somit gegen eine Beschwerdebefugnis Dritter. Das widerspricht allerdings der herrschenden Auffassung zur Reichweite des Petitionsrechts aus Art. 17 GG, wonach es keiner eigenen Beschwer bedarf.32 Die im KAGB vorgenommene Eingrenzung des personellen Anwendungsbereichs überschreitet die Grenze der Grundrechtsausgestaltung und stellt eine Schutzbereichsbeeinträchtigung dar. Unter verfassungskonformer Auslegung von § 342 Abs. 1 darf jeder, der Grundrechtsträger von Art. 17 GG ist, eine Beschwerde einlegen. Dies gilt insbesondere für sog. qualifizierte Einrichtungen33 im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 UKlaG, was auch in § 4b Abs. 1 FinDAG Berücksichtigung findet.

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24 Zu den Rechtsbeziehungen zwischen Anleger, KVG und Depotbank ausführlich Schimansky/Bunte/ Lwowski/Köndgen/Schmies Bankrechtshandbuch, § 113 Rn. 113 ff.; zum Verhältnis von Zivil- und Aufsichtsrecht im Kapitalmarktrecht Assmann FS Schneider (2011) 37 ff. 25 Typisches Beispiel ist das Rügen fehlerhafter Beratung beim Erwerb des Investmentvermögens, wenn der Vertrieb nicht von der KVG selbst, sondern einem externen Vertriebsbeauftragten durchgeführt wurde. Hier ist regelmäßig nicht das KAGB, aber das ebenfalls in die Zuständigkeit der BaFin fallende WpHG einschlägig. 26 Die Festschreibung dieser bereits gelebten Praxis erfolgte durch das Gesetz zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht zum 1.1.2013, BGBl. I v. 3.12.2012, S. 2369. 27 Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 3 InvG, OGAW-IV-Umsetzungsgesetz, BTDrucks. 17/4510 S. 61. 28 Beispielsweise die Anlageberatung; vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 KAGB. 29 § 5 Abs. 2 KAGB sowie der mittlerweile aufgehobene § 2 Abs. 2 InvVerOV. 30 Auch der Aktionär einer Investmentaktiengesellschaft (siehe § 142 Satz 2 KAGB) oder der Kommanditist einer Investmentkommanditgesellschaft (siehe § 127 Abs. 1 Satz 2 KAGB) qualifiziert als Anleger. 31 Die Kundeneigenschaft umfasst (im Gegensatz zur Anlegereigenschaft) auch den Status vor Vertragsschluss, was wegen der vorvertraglichen Informationspflichten von großer Bedeutung ist; Schwark/Zimmer/Koch Kapitalmarkt, § 31a WpHG Rn. 5. 32 Maunz/Dürig/Klein GG, Art. 17 Rn. 60 m.w.N. 33 Insbesondere Verbraucher- und Anlegerschutzverbände wie der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv).

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3. Formerfordernis der Beschwerde (Absatz 2). Die Beschwerde kann schriftlich oder am Sitz der BaFin in Frankfurt am Main oder in Bonn vor Ort zur Niederschrift eingelegt werden. Letzteres ist wenig praktikabel und dürfte nur selten in Anspruch genommen werden. Seit dem 5.4.2017 sieht § 342 Abs. 2 auch das Einlegen einer Beschwerde in Textform im Sinne von § 126b BGB vor.34 Der Gesetzgeber hat mit der Aufnahme der Textform klargestellt, was sich auch zu17 vor bereits aus einer verfassungskonformen Auslegung im Hinblick auf Art. 17 GG ergab.35 Es war überdies auch vor dem 5.4.2017 rein tatsächlich möglich, sich in Textform zu beschweren, denn die BaFin ließ eine solche Form der Beschwerde explizit zu.36 Erstens wurde hierfür eine E-Mail Adresse zur Verfügung gestellt.37 Damit ergab sich die Möglichkeit der Beschwerde mittels E-Mail auch zuvor bereits aus § 3a Abs. 1 VwVfG des Bundes. Des Weiteren werden Beschwerdeformulare in Portalen angeboten.38 Dem weiten personellen Anwendungsbereichs der Beschwerdemöglichkeit werden die Beschwerdeformulare der BaFin jedoch nicht gerecht, da sie zwingend die Angabe einer Konto- oder Depotnummer fordern und dadurch Beschwerdegründe aus der Vertragsanbahnungssituation potentieller Anleger ausschließen.39 Auch die Geltendmachung einer Popularbeschwerde über das Formular ist dadurch nicht möglich. Die Klarstellung des Gesetzgebers war auch deshalb erforderlich, da die zentrale Re18 gelung der Beschwerdemöglichkeit in § 4b Abs. 2 FinDAG zwar die Textform ausreichen ließ. Ihre Anwendung auf das KAGB war allerdings als lex generalis wegen § 4b Abs. 1 letzter Hs. FinDAG gesperrt. 19

4. Begründungserfordernis der Beschwerde (Absatz 2). Nach § 342 Abs. 2 soll der Beschwerdeführer den Sachverhalt sowie den Beschwerdegrund angeben. Das Begründungserfordernis folgt aus dem Sinn der Beschwerde, wonach der Adressat wissen muss, welchen Sachverhalt er aus welchen Gründen zu überprüfen hat. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift macht deutlich, dass eine unzureichende Sachverhaltsdarstellung oder ein fehlender Beschwerdegrund nicht zur Unwirksamkeit der Beschwerde führen kann. Denn die BaFin ist bereits verfassungsrechtlich aus Art. 17 GG sowie einfachgesetzlich in entsprechender Anwendung der §§ 24 f. VwVfG zum entsprechenden Hinweis an den Beschwerdeführer beziehungsweise zur Verständnisnachfrage verpflichtet. III. Ablauf des Beschwerdeverfahrens

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Der Ablauf des Beschwerdeverfahrens ist im KAGB nicht geregelt. Allerdings existiert eine Verfahrenspraxis bei der BaFin, die sich deren Homepage40 sowie einem im Versicherungsbereich ergangenen Rundschreiben41 entnehmen lässt und zwischenzeitlich42 auch in § 4b Abs. 3 und 4 FinDAG gesetzlich verankert wurde.

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34 Ausführliche Hintergründe zur Gesetzesänderung oben unter Rn. 4. 35 Maunz/Dürig/Klein GG, Art. 17 Rn. 61 ff. 36 Engere Interpretation des Formerfordernisses („eigenhändige Unterschrift“) bei Weitnauer/ Boxberger/Anders/Zeidler KAGB, § 342 Rn. 2. 37 [email protected]; mitgeteilt auf der Homepage der BaFin; URL siehe Fn. 20. Bemerkenswert ist aber, dass die BaFin auf der Homepage die Textform lediglich im Fließtext erwähnt und die entsprechende Textpassage unter der Überschrift „Bitte schriftlich beschweren!“ zu finden ist (Abrufdatum: 20.8.2018). 38 https://www.bafin.buergerservice-bund.de/bank.aspx. 39 Zutreffend Casper/Terlau/Danwerth Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, § 60 Rn. 19. 40 Zur einschlägigen URL siehe Fn. 20. 41 Rundschreiben 1/2006 (VA) vom 23.3.2006, Geschäftszeichen Q 24 – O 1416 – 2006/1. 42 Durch das Gesetz zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht; siehe Fußnote 15.

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B. Beschwerdeverfahren (Absätze 1 und 2)

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1. Sachverhaltsermittlung der BaFin. Demnach ermittelt die BaFin nach Eingang der 21 Beschwerde zunächst den Sachverhalt und kann dazu das betroffene Unternehmen im Rahmen ihrer aufsichtsrechtlichen Auskunftsansprüche zur Stellungnahme auffordern.43 Soweit das Unternehmen mit der Weiterleitung seiner Stellungnahme einverstanden ist, wird diese an den Beschwerdeführer versandt. Diese Einschränkung ergibt sich aus der Verschwiegenheitsverpflichtung der BaFin gemäß § 8 KAGB, § 9 KWG und § 11 FinDAG. 2. Prüfungsmaßstab der BaFin. Die materielle Prüfung der Beschwerde richtet sich 22 nach den Befugnissen der BaFin, welche die Reichweite der Petitionserledigungskompetenz bestimmen. Prüfungsmaßstab ist grundsätzlich das öffentliche Aufsichtsrecht, nicht die zivilrechtliche Verbindung zwischen dem Beschwerdeführer und dem beaufsichtigten Unternehmen. Die BaFin wird auch im Anwendungsbereich des KAGB gemäß § 4 Abs. 4 FinDAG allein im öffentlichen Interesse tätig.44 Ihr kommt nicht die Aufgabe zu, dem individuellen45 Anleger zur Durchsetzung seiner (zivilrechtlichen) Ansprüche zu verhelfen46 oder gar einzelne Streitfälle verbindlich zu entscheiden.47 Ein solcher Schutz kann sich allenfalls als Rechtsreflex daraus ergeben, dass die BaFin nach Eingang einer Beschwerde einen Missstand abstellt. Das nützt dem Beschwerdeführer allerdings nur, wenn es ihm um ein in die Zukunft gerichtetes Anliegen geht (z.B. Rücknahme seiner Anteile). Begehrt der Beschwerdeführer beispielsweise die Kompensation eines in der Vergangenheit erlittenen Vermögensschadens, wird seine Beschwer kaum Abhilfe erfahren. Dies zumal die BaFin ihm aufgrund ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung in der Regel den konkreten Ausgang der Missstandsprüfung nicht mitteilt.48 Ferner kann die BaFin auch keine allgemeine Rechtsberatung erbringen und ist auch insoweit in ihrer Rückmeldung an den Beschwerdeführer eingeschränkt. Im Ergebnis hat der Beschwerdeführer weder Dokumente, die er als Urkunden in einem Zivilprozess zum Nachweis einer Pflichtverletzung einführen könnte, noch wird in der Regel wenigstens eine Genugtuungsfunktion erreicht, indem der Anleger davon erfährt, dass beispielsweise gegen das Unternehmen aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden. Zwar kann die BaFin gemäß § 341a unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen oder Bußgelder gegen ein Unternehmen auf ihrer Homepage bekannt machen. Die Bekanntmachung enthält allerdings keine ausführliche Sachverhaltsschilderung, so dass der Beschwerdeführer nicht unmittelbar erkennen kann, ob die Maßnahme auf seine Beschwerde zurückzuführen ist. Die BaFin informiert im Übrigen lediglich im Jahresbericht in aggregierter Form über die Ergebnisse der Beschwerden.49 Befriedigung erfahren demnach vor allem altruistische Beschwerdeführer, denn sie bewahren gegebenenfalls nach Tätigwerden der BaFin künftige Anleger desselben Unternehmens vor vergleichbaren Nachteilen.50 Aufgrund des zunehmenden gesellschaftlichen Stellenwerts des Verbraucher- und 23 Anlegerschutzes ist der kollektive Verbraucherschutz als Aufsichtsziel der BaFin zum 10.7.2015 durch das Kleinanlegerschutzgesetz in § 4 Abs. 1a FinDAG verankert wor-

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43 Vgl. auch Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, BTDrucks. 17/8889 S. 3. 44 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Emde InvG, 2013, Einleitung Rn. 13 in Bezug auf das InvG; zu daraus folgenden Einschränkungen ausführlich Giesberts in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 4 Rn. 64 ff. 45 Zur Kompetenz der BaFin im Rahmen des kollektiven Anlegerschutzes sogleich unter Rn. 22. 46 Vom Gesetzgeber betont im Gesetz zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht, BTDrucks. 17/10040 S. 13. Zur Kritik daran Reifner VuR 2011 410 sowie Metz FS Nobbe (2009) 883 ff. 47 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 595. 48 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 594. 49 Vgl. auch die Übersicht bearbeiteter Beschwerden der letzten 10 Jahre im Anschluss an die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen v. 6.3.2012 BTDrucks. 17/8889. 50 Ähnlich Assmann/Schneider/Dreyling WpHG, 4. Aufl. 2006, § 4 Rn. 23.

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§ 342

Beschwerdeverfahren

den. Über die materielle Qualität der Gesetzesänderung bestehen unterschiedliche Auffassungen. Während sie teilweise als politische Botschaft ohne eigenen Regelungsgehalt bezeichnet wird,51 sehen andere darin einen Auftrag der BaFin zum weiteren Ausbau ihrer Tätigkeiten im Verbraucherschutz.52 Festzustellen ist jedenfalls, dass die Befugnisse der BaFin in diesem Zusammenhang 24 durch § 4 Abs. 1a Satz 2 FinDAG ausgeweitet wurden. Hiernach darf die BaFin alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbraucherschutzrelevante Missstände zu verhindern oder zu beseitigen, wenn eine generelle Klärung im Interesse des Verbraucherschutzes geboten erscheint. Ein Missstand ist nach § 4 Abs. 1a Satz 3 FinDAG jeder erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz, der nach seiner Art oder seinem Umfang die Interessen nicht nur einzelner Verbraucherinnen oder Verbraucher gefährden kann oder beeinträchtigt. 25 Um die Ermächtigungsnorm des § 4 Abs. 1a Satz 2 FinDAG im Zuge einer Beschwerde nach § 342 zu nutzen, müssten die behaupteten Rechtsverletzungen Verstöße gegen Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs betreffen, die als Verbraucherschutzgesetz i.S.v. § 4 Abs. 1a Satz 3 FinDAG einzuordnen sind. Eine – wenngleich unergiebige – Legaldefinition des Verbraucherschutzgesetzes enthält § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG. In § 2 Abs. 2 UKlaG findet sich ein nicht abschließender Katalog an Gesetzen und einzelner Vorschriften, die als Verbraucherschutzgesetz qualifizieren. Im Hinblick auf das Kapitalanlagegesetzbuch sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 UKlaG die Regelungen zum Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen nach mündlicher Verhandlung geschlossenen Anteilskaufverträge in § 305 als Verbraucherschutzgesetz einzuordnen. Die Aufnahme allein dieser Vorschrift des Kapitalanlagegesetzbuchs dürfte zwar im Umkehrschluss keine Sperrwirkung bezüglich der Einordnung anderer Normen des Kapitalanlagegesetzbuchs entfalten. Gleichwohl ist diese gesetzgeberische Entscheidung bei der Auslegung zu berücksichtigen und daher Zurückhaltung geboten sowie im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob die betreffende Vorschrift unmittelbar das Verhältnis zwischen einem beaufsichtigten Unternehmen und den Anlegern regelt oder lediglich mittelbare Auswirkungen zeitigt. Allgemein ist zu § 4 Abs. 1a FinDAG anzumerken, dass die generalklauselartig for26 mulierte Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht dazu führen sollte, die Grenzen zwischen Zivilrecht und Verwaltungsrecht zu vermengen. Insbesondere im Fall strittiger Auslegungsfragen im Zivilrecht sollte es grundsätzlich den Zivilgerichten obliegen, hierüber zu entscheiden. Diese Deutungshoheit der Zivilgerichte wäre bedroht, wenn die BaFin im Falle von Beschwerden, die zwar ein ihrer Aufsicht nach dem Kapitalanlagegesetzbuch unterstehendes Unternehmen betreffen, sich aber im Wesentlichen um eine zivilrechtliche Fragestellung ranken, gestützt auf § 4 Abs. 1a FinDAG eine eigenständige zivilrechtliche Bewertung vornähme und Anordnungen trifft, um den aus ihrer Sicht bestehenden (zivilrechtlichen) Missstand abzustellen. Denn in diesen Fällen käme es zumeist gar nicht mehr zur Anrufung eines Gerichts, da seit jeher eine ausgeprägte Zurückhaltung besteht, gegen Verwaltungsmaßnahmen der Bundesanstalt vorzugehen. Die betroffenen Unternehmen haben in diversen Geschäftsbereichen Berührungspunkte mit der BaFin und wollen erfahrungsgemäß die regelmäßig hohe Dialogbereitschaft nicht durch Konfrontation gefährden. Von der Bundesanstalt vollzogene Rechtsauffassungen könnten daher im Ergebnis gänzlich ohne Klärung durch die Recht-

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51 Laars Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl. 2017, § 4 Rn. 4. Der Autor ist bemerkenswerter Weise als Regierungsdirektor bei der BaFin tätig. 52 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 605. Die Autorin ist als Exekutivdirektorin bei der BaFin tätig und u.a. für die im Jahre 2016 neu geschaffene Abteilung Verbraucherschutz verantwortlich.

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B. Beschwerdeverfahren (Absätze 1 und 2)

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sprechung bleiben. Deswegen setzt das Tatbestandsmerkmal eines Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz i.S.v. § 4 Abs. 1a Satz 3 FinDAG nach hiesiger Auffassung zumindest eine einheitliche Rechtsprechung auf obergerichtlicher (zivilrechtlicher) Ebene voraus. Ein ähnliches Verständnis einer eingeschränkten Befugnis der BaFin, zivilrechtliche Bewertungen vorzunehmen, deutet die für die Verbraucherschutzabteilung der BaFin zuständige Exekutivdirektorin Roegele an. Die BaFin werde demnach verstärkt die Umsetzung von höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Unternehmen im Aufsichtsfokus haben.53 IV. Folgewirkungen der Beschwerde 1. Verpflichtung der BaFin zur Bescheidung. Aus der Natur der Beschwerde als 27 Petition folgt die Verpflichtung der BaFin, die Beschwerde entgegenzunehmen, in eine Sachprüfung einzutreten und einen „Bescheid“ zu erlassen.54 Nach § 4b Abs. 3 Satz 1 FinDAG hat dies in angemessener Frist zu erfolgen. Die Angemessenheit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist etwa der Umfang der Beschwerde. Auch ist beispielsweise bei grenzüberschreitenden Sachverhalten der zeitliche Aufwand für den Informationsaustausch mit anderen Aufsichtsbehörden zu berücksichtigen. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen Konzeption der BaFin und einhergehender Be- 28 schränkung der Erledigungskompetenz sowie ihrer Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach § 8 ist der Informationsgehalt des ergehenden Beschwerdebescheids für den Beschwerdeführer regelmäßig gering. Sofern das betroffene Unternehmen zustimmt, leitet die BaFin die erhaltene Stellungnahme zum Vorwurf einer Rechtsverletzung an den Beschwerdeführer weiter. Die BaFin hat den Beschwerdeführer gemäß § 4b Abs. 3 Satz 2 FinDAG in geeigneten Fällen ferner auf die Möglichkeit des einschlägigen Schlichtungsverfahrens hinzuweisen. Die Involvierung der BaFin steigert gleichwohl die Bereitschaft der Unternehmen, 29 sich kulant zu zeigen.55 Dies ist letztlich auf die einflussreiche Position der BaFin gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen zurückzuführen, die jeden Anlass zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen vermeiden wollen. Daher hat die Beschwerde faktisch streitschlichtende (Neben-)Wirkung. 2. Parallele (Zivilrechts-)Streitbeilegungsverfahren. Die Beschwerde gegenüber 30 der BaFin tangiert in keiner Weise anderweitig ergriffene Maßnahmen (außer-)gerichtlicher Streitbeilegung, denn die jeweilige Zwecksetzung der Verfahren divergiert. Weder ist es einem Unternehmen erlaubt, die im Rahmen der Compliance vorzuhaltende interne Beschwerdebearbeitung56 gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 KAVerOV57 ruhen zu lassen, solange die Beschwerde bei der BaFin nicht beschieden ist;58 noch hindert es das Einreichen eines Antrags bei der zuständigen Schlichtungsstelle. Auch wird die Beschwerde nicht mit Beschreiten des Zivilrechtswegs obsolet. Aus dieser fehlenden Konnexität zwischen Beschwerde- und Streitbeilegungsverfah- 31 ren folgt, dass das Erheben der Beschwerde keine Verjährungshemmung bewirkt. Die

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53 Kenning/Oehler/Reisch/Grugel/Roegele Verbraucherwissenschaften, S. 607. 54 Zu diesen Pflichten des Petitionsadressaten: BVerfGE 2 230; 13 90. 55 Schimansky/Bunte/Lwowski/Fischer/Boegl Bankrechtshandbuch, § 125 Rn. 35. 56 Hierzu ausführlich Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang/Rothenhöfer Praktikerhandbuch Wertpapierund Derivategeschäft, Rn. 2087 ff. 57 Bei externem Vertrieb ggf. über § 33 Abs. 1 Nr. 4 WpHG. 58 Schäfer Beschwerde, Beschwerdebearbeitung und Beschwerdeanzeigen, WM 2012 1163.

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Beschwerdeverfahren

Beschwerde ist auch kein notwendiger Vorschaltrechtsbehelf (weder vor Klageerhebung noch vor Antragstellung bei einer als Gütestelle anerkannten Schlichtungsstelle) im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB. Die Beschwerde stellt auch keinen Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EGZPO dar, so dass die – je nach Landesgesetz – besondere Zulässigkeitsvoraussetzung vor der Erhebung einer Klage durch die Beschwerde nicht erfüllt wird. 32

3. Rechtsschutz gegen Beschwerdebescheide. Der durch die BaFin erlassene Beschwerdebescheid hat keine Verwaltungsaktqualität. Der Bescheid trifft keine Regelung, denn er bestimmt nicht, was für den Beschwerdeführer rechtens sein soll, sondern informiert lediglich über den Ausgang des Verfahrens.59 Bei unterlassener oder unsachgemäßer Antwort durch die BaFin wäre wegen des schlicht-hoheitlichen Charakters daher die allgemeine Leistungsklage statthaft. V. Verpflichtung zum Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit

Im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten60 enthält das KAGB keine unmittelbare Verpflichtung, den (potentiellen) Anleger auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine Beschwerde bei der BaFin einlegen zu können. Eine solche Hinweisverpflichtung lässt sich aber seit dem 5.5.2018 dem Rundschreiben61 der BaFin zu den Mindestanforderungen an das Beschwerdemanagement entnehmen. Zwar regelt das Rundschreiben keine Beschwerden gegenüber der BaFin, sondern die Beschwerden gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen. Es gilt gemäß Ziffer 6 für alle Kapitalverwaltungsgesellschaften i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 KAGB, soweit diese kollektive Vermögensverwaltung von OGAW und Publikums-AIF betreiben. Nach Ziffer 19 der Mindestanforderungen haben die Kapitalverwaltungsgesellschaften jedoch auf leicht zugängliche Weise über ihr Verfahren zur Beschwerdebearbeitung zu informieren und dabei insbesondere auf zuständige Behörden oder Möglichkeiten alternativer Streitbeilegungsverfahren hinzuweisen. Sofern Kapitalverwaltungsgesellschaften daher über einen Internetauftritt verfügen, müssen sie dort ihre Beschwerdemanagementgrundsätze veröffentlichen und darin auch auf die (parallele) Beschwerdemöglichkeit bei der BaFin hinweisen. Ferner hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft laut Ziffer 24 bei einer abschließen34 den Entscheidung, die den Forderungen des Beschwerdeführers nicht vollständig nachkommt, ihren Standpunkt eingehend zu erläutern und die Möglichkeiten des Beschwerdeführers zur Aufrechterhaltung der Beschwerde darzulegen. Da das Rundschreiben in diesem Zusammenhang beispielhaft die Möglichkeit anführt, alternative Streitbeilegungsverfahren zu nutzen, wird man wegen der Vergleichbarkeit auch auf die Beschwerdemöglichkeit gegenüber der BaFin hinweisen müssen. C. Grenzüberschreitende Sachverhalte (Absatz 3) 33

C. Grenzüberschreitende Sachverhalte (Absatz 3) 35

§ 342 Abs. 3 enthält eine Regelung zur Zusammenarbeit der für die OGAW- und AIFM-Richtlinie zuständigen Stellen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Die Regelung ist auf die spezifische Vorgabe aus Art. 100 Abs. 2 OGAW-IV-Richtlinie zurückzu-

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59 Maunz/Dürig/Klein GG, Art. 17 Rn. 129. 60 Vgl. etwa Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB für die Beschwerdemöglichkeit gegenüber der BaFin über einen Zahlungsdienstleister nach § 62 ZAG. 61 BaFin Rundschreiben 06/2018 (BA und WA) vom 4.5.2018 – Mindestanforderungen an das Beschwerdemanagement, Geschäftszeichen: VBS 1-Wp 1000-2016/0095.

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C. Grenzüberschreitende Sachverhalte (Absatz 3)

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führen. Eine solche Verpflichtung zum wechselseitigen Informationsaustausch ist das unabdingbare aufsichtsrechtliche Gegenstück zu dem System des sog. Europäischen Passes und der weit reichenden Bewegungsfreiheit der Anbieter nebst ihrer Fonds im Europäischen Binnenmarkt. Betrifft eine Beschwerde einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, so hat die BaFin mit den Aufsichtsbehörden jeweils betroffener Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten. Zwar steht der Informationsaustausch der BaFin gemäß § 9 Abs. 1 S. 2, den § 342 Abs. 3 Hs. 2 für entsprechend anwendbar erklärt, grundsätzlich unter dem Vorbehalt, dass die Informationsübermittlung zur Wahrnehmung ihrer aus der maßgeblichen OGAW- oder AIFM-Richtlinie übertragenen Aufgaben oder Befugnisse erforderlich ist.62 Dies ist aber im Fall einer Beschwerde, bei der Anleger einen Verstoß gegen Regelungen aus den vorgenannten Richtlinien bzw. deren Umsetzung im KAGB behaupten, stets der Fall. Im Prinzip folgt diese Verpflichtung zur Zusammenarbeit innerhalb der EU und dem EWR bereits aus § 9, der die Amtshilfe und den Informationsaustausch unter den zuständigen (Aufsichts-)Stellen detailliert regelt und damit die Vorgaben aus Art. 101 OGAW-IV-Richtlinie sowie Art. 50 AIFM-Richtlinie umsetzt. Das verdeutlicht auch der Verweis in § 342 Abs. 3 Hs. 2. Insofern kommt § 342 Abs. 3 genau besehen kein eigener Regelungsgehalt zu. § 342 Abs. 3 Hs. 2 erklärt die Verschwiegenheitspflicht der bei der BaFin Beschäftigten aus § 8 für entsprechend anwendbar. Auch insoweit handelt es sich – wie schon bei dem Verweis auf § 9 – um eine deklaratorische Regelung. Die Verschwiegenheitspflicht des § 8 beruht auf Art. 102 Abs. 1 OGAW-IV-Richtlinie. Ihre Umsetzung innerhalb des EWR gewährleistet folglich, dass der grenzüberschreitende Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden über vertrauliche Geschäftsgeheimnisse oder personenbezogene Daten nicht gegenüber Dritten63 offengelegt wird. Insbesondere im Rahmen der Sachverhaltsermittlung einer Beschwerde steht zunächst die Behauptung der Rechtsverletzung eines Unternehmens im Raum, die sich nach erfolgter Prüfung als unbegründet erweisen kann. In diesem Fall hat das betroffene Unternehmen ein berechtigtes Interesse, dass die Behauptung der Geheimhaltung unterfällt. Bei dem Verweis in § 342 Abs. 3 Hs. 2 auf § 19 KAGB dürfte es sich um ein Redaktionsversehen handeln. Der Verweis ist fälschlicher Weise aus dem alten § 143c InvG übernommen worden. In dieser Vorgängernorm zu § 342 wurde auf § 19 InvG a.F. verwiesen. Der Regelungsgegenstand des § 19 InvG a.F. entsprach dem Inhalt des jetzigen § 9 KAGB. Der Verweis auf § 19 KAGB ist daher überflüssig und sollte ersatzlos gestrichen werden.

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62 Einen Ermessenstatbestand der BaFin verneint Boxberger/Weitnauer/Anders/Baumann KAGB, § 9 Rn. 2. 63 Hiervon bestehen Ausnahmen, etwa in den Fällen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 KWG, der über § 8 Satz 2 für entsprechend anwendbar erklärt wird.

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Vorbemerkung

ABSCHNITT 2 Übergangsvorschriften (Überschriften wurden von § 343 vorgeschoben) https://doi.org/10.1515/9783110492217-134

UNTERABSCHNITT 1 DOI AB HIER NEU ZÄHLEN Allgemeine Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften Vor §§ 343–360 Vorbemerkung Gerlach

Vorbemerkung vor §§ 343–360 (neu eingefügt/ergänzt) Schrifttum Burgard/Heimann Das neue Kapitalanlagegesetzbuch, WM 2014 821; Bußalb/Unzicker Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Emde/Dreibus Der Regierungsentwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch, BKR 2013 89; Jesch/Geyer Die Übergangsbestimmung der AIFM-Richtlinie, BKR 2012 359; Maunz/Dürig Grundgesetz-Kommentar, 86. Ergänzungslieferung 2019; Meixner ZAP Fach 8, 489; Niewerth/Rybarz Änderung der Rahmenbedingungen für Immobilienfonds, WM 2013 1154; Schnauder Regimewechsel im Prospekthaftungsrecht bei geschlossenen Publikumsfonds, NJW 2013 3207; Voigt/Busse Die Übergangsvorschriften für geschlossene Fonds nach dem Regierungsentwurf zum AIFM-Umsetzungsgesetz, BKR 2013 184; Volhard/Kruschke Die Regulierung von Private Equity Fonds-Manager durch den Europäischen Gesetzgeber, EWS 2012 21; Wallach Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht, RdF 2013 92; Weitnauer Die AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung, BKR 2011 143.

A.

B.

Systematische Übersicht Verfassungsrechtlicher Hintergrund der Übergangsvorschriften | 1 Zu den Übergangsvorschriften des KAGB I. Stellenwert der Übergangsvorschriften | 6 II. Entstehungsgeschichte der Übergangsvorschriften 1. Ursprung und Regelungsmotivation | 8

2. 3.

III.

FAQ der BaFin | 9 Nachträgliche Definitionsabänderung geschlossener AIF | 11 Systematik der Übergangsvorschriften 1. Regelungsadressat | 12 2. Regelungssystematik | 14 3. Regelungstechnik | 16

A. Verfassungsrechtlicher Hintergrund der Übergangsvorschriften A. Verfassungsrechtlicher Hintergrund der Übergangsvorschriften Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG werden die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes abgeleitet.1 Demnach darf der Bürger auch in dem an Dynamik kaum zu überbietenden2 Kapitalmarktrecht auf die Beständigkeit gesetzlicher Vorgaben vertrauen und folglich annehmen, dass seine Investitionen nicht durch Rechtsänderungen rückwirkend entwertet werden. 2 Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber unbenommen, Lebensbereiche unter ein neues Regelungsregime zu stellen und bestehende Rechtspositionen signifikant zu modifizieren. Da es in der Sachnatur des „Fondswesens“ liegt, langfristige Sachverhalte zu betref1

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1 Maunz/Dürig/Grzeszick Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit, Rn. 69 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG. 2 Längst ist das geflügelte Wort der „Reform in Permanenz“ auch im Kapitalmarktrecht gebräuchlich: Hopt 50 Jahre Anlegerschutz und Kapitalmarktrecht: Rückblick und Ausblick, WM 2009 1881; Casper Ad Legendum 2010 1.

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A. Verfassungsrechtlicher Hintergrund der Übergangsvorschriften

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fen, wurden sowohl bei der Einführung des KAGB als auch seiner sukzessiven Anpassung an neue Rechtsvorgaben größtenteils Sachverhalte geregelt, die vor der (jeweiligen) Gesetzesverkündung begonnen hatten, die aber noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Es handelt sich folglich bei vielen Regelungen des KAGB um Fälle sog. unechter Rückwirkung bzw. tatbestandlicher Rückanknüpfung, die verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig ist.3 Um die grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen angemessen zu be- 3 rücksichtigen, ist der Gesetzgeber gleichwohl – nicht zuletzt zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – gehalten, die Eingriffsintensität abzumildern. Zur Herstellung eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen der angestrebten Regulierung (hier: zum Schutze der Anleger und der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte) sowie den berechtigten Erwartungen der Betroffenen (hier: der Investmentbranche sowie ggf. der investierten Anleger) an der Amortisation getätigter Investitionen kann der Gesetzgeber u.a. auf adäquate Übergangsregelungen zurückgreifen. Dabei kommt dem Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative zu, ob und in welchem Umfang er Übergangsvorschriften erlässt.4 Obgleich die Begriffe bisweilen synonym verwendet werden, unterscheidet der Ge- 4 setzgeber in Übergangsvorschriften üblicherweise zwischen den Bestandsschutzregelungen und den Übergangsregelungen. Als Bestandsschutzregelungen sind solche Normen einzuordnen, die dem Adressaten (hier: Verwaltungsgesellschaft/Investmentvermögen/ Anleger) den Schutz seiner bestehenden Rechtsposition gewähren, indem die Fortgeltung der vormaligen Rechtslage (hier: vor Inkrafttreten des KAGB zum 22.7.2013 oder seiner nachfolgenden Anpassungen) zeitlich unbeschränkt angeordnet wird. Die Übergangsregelungen hingegen gewähren diese Fortgeltung der alten Rechtslage lediglich beschränkt auf einen bestimmten Zeitraum (hier: meist ein Jahr), um dem Adressaten den nötigen Spielraum zur Implementierung der neuen gesetzlichen Vorgaben zu geben. Damit ergibt sich hinsichtlich der vorgenannten Unterscheidung zwischen Bestands- 5 schutzregelungen und einfachen Übergangsregelungen ein abgestuftes Schutzniveau betroffener Regelungsadressaten, das sich beispielhaft anlässlich der Einführung des KAGB wie folgt veranschaulichen lässt:

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3 BVerfG NJW 2010 3630 m.w.N. 4 Maunz/Dürig/Grzeszick Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit, Rn. 93 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG.

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Vorbemerkung

B. Zu den Übergangsvorschriften des KAGB B. Zu den Übergangsvorschriften des KAGB I. Stellenwert der Übergangsvorschriften Beim KAGB handelt es sich letztlich um die öffentlich-rechtliche Regulierungsausweitung in Bezug auf einen privaten Wirtschaftsbereich. Gerade in diesem Bereich sind der verfassungsrechtlich verbürgte Investitionsbestandsschutz und die Frage angemessener Übergangsregelungen von herausragender Bedeutung.5 Es liegt auf der Hand, dass dies insbesondere für einen Regelungssachverhalt wie das Investmentvermögen gilt, bei dem Fonds auf der Grundlage bestimmter gesetzlicher Rahmenbedingungen für eine jahrzehntelange Laufzeit oder gar ohne Laufzeitbegrenzung aufgelegt werden, umfangreiches Kapital einsammeln und dieses verwalten. Die Bedeutung der Übergangsvorschriften eines Gesetzes korreliert mit der Auswei7 tung seines Anwendungsbereiches in der Breite und der Verstärkung seiner Regulierungsintensität in der Tiefe im Vergleich zum Status quo ante. Daher verwundert es nicht, dass den Übergangsregelungen bei der Einführung des KAGB, welches u.a. als Quantensprung6 bezeichnet wurde, eine wesentliche Bedeutung zukommt.7 Während die Implementierung des KAGB für die Investmentbranche (offener Fonds) ein weiterer

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5 Hierzu ausführlich im Hinblick auf Übergangsvorschriften zu den Neuerungen beim Atomgesetz sowie den Spielhallengesetzen der Länder: Jahndorf/Pichler GewArch 2012 377. 6 Burgard/Heimann WM 2014 830; Hübner WM 2014 115 stellt die Frage: Opus Magnum oder Monstrum? 7 Emde/Dreibus BKR 2013 100; Voigt/Busse BKR 2013 184.

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B. Zu den Übergangsvorschriften des KAGB

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Schritt auf dem linearen Weg steter Regulierungsvorgaben darstellte, kam es für die Branche der geschlossenen Fonds einer radikalen Umwälzung gleich. Daher dominiert das Thema Bestandsschutz vor allem die Debatte bezüglich geschlossener Fonds innerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 352a, 353. II. Entstehungsgeschichte der Übergangsvorschriften 1. Ursprung und Regelungsmotivation. Die Übergangsregelungen des KAGB ha- 8 ben einen vielfältigen Ursprung. Auf ihre verfassungsrechtliche Notwendigkeit wurde bereits hingewiesen. Der Großteil der Übergangsregelungen diente ferner dazu, eine reibungslose Transformation vom Investmentgesetz zum KAGB im Jahr 2013 zu realisieren. Darüber hinaus enthielt die im KAGB umgesetzte AIFM-Richtlinie ihrerseits in Art. 61 Vorgaben für bestimmte Übergangsregelungen,8 welche durch Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/20149 – bedauerlicherweise nach Inkrafttreten des KAGB – durch eine spezifische Definition eines geschlossenen AIF, die allein für den Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften gilt, erweitert wurden. Diese grob gefassten europäischen Vorgaben, hat der deutsche Gesetzgeber (vor allem in §§ 352a, 353 KAGB) durch ein fein verästeltes und in sich geschlossenes System von Übergangsvorschriften umgesetzt. Nach der Einführung des KAGB folgten weitere Anpassungen des Gesetzes, die größtenteils auf europäischen Vorgaben wie der OGAW-V-Richtlinie beruhten und eine Erweiterung der Übergangsregelungen erforderlich machten. Teilweise konnten diese Ergänzungen in der Binnenstruktur des jeweiligen Paragrafen aufgegriffen werden. Mehrheitlich wurden jedoch neue Paragrafen eingeführt. Der Gesetzgeber ist dabei bemüht, die anlässlich der Einführung des KAGB etablierte Systematik nach Unterabschnitten für offene AIF, geschlossene AIF und OGAW beizubehalten. Da einige Regelungen jedoch keine klare Zuordnung erlauben, wurde nachträglich ein weiterer Unterabschnitt „Sonstige Übergangsregelungen“ aufgenommen. Weitere Übergangsregelungen zu geschlossenen Fonds, die einen Bezug zum KAGB aufweisen, finden sich in § 32 Vermögensanlagengesetz.10 2. FAQ der BaFin. Es ist bereits zahlreich festgestellt worden, dass das KAGB beim 9 Betrachter einen ambivalenten Eindruck hinterlässt. Einerseits war es rechtspolitisch richtig und überfällig, die kontinuierliche Zerstückelung und einhergehende Unübersichtlichkeit des Kapitalmarktrechts einzudämmen und ein einheitliches Gesetzeswerk für die Kapitalanlage in Investmentvermögen zu schaffen. Andererseits ist ein solch umfassendes Gesetzeswerk notgedrungen mit Geburtsfehlern behaftet, was Rechtsunsicherheit bei den Regelungsadressaten und Anwendern zeitigt. Dies offenbarte sich im Vorfeld des Inkrafttretens vor allem hinsichtlich des Anwendungsbereichs des KAGB sowie hinsichtlich (des Anwendungsbereichs) der Übergangsvorschriften. Vor diesem Hintergrund leitete die BaFin eine Konsultation zu den Übergangsvor- 10 schriften ein und bat betroffene Marktteilnehmer um Übermittlung aufgeworfener Fragen. Diese Fragen wurden in drei Sitzungen zwischen dem Grundsatzreferat Investmentrecht der BaFin und den Verbänden diskutiert. Die Ergebnisse mündeten in einem am

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8 Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 61; Jesch/Geyer BKR 2012 359. 9 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission v. 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds; EU-ABl. L 183 v. 24.6.2014, S. 18. 10 Hierzu ausführlich Siering/Izzo-Wagner/Gerlach VermAnlG, § 32 Rn. 58 ff.

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Vorbemerkung

18.6.2013 veröffentlichten Rundschreiben, das sich zu häufigen Fragen im Zusammenhang mit den Übergangsvorschriften der §§ 343 ff. äußert.11 Wenngleich diese Auslegungshilfe denkbar knapp vor Inkrafttreten des KAGB erschienen ist, zeichnen sich die dortigen Ausführungen durch das Bemühen um praxistaugliche Anwendungsbeispiele aus. Es bleibt zu hoffen, dass die BaFin darüber hinaus mit einer Prise Pragmatismus und im wohlverstandenen Interesse aller Betroffenen (Anleger wie auch Anbieter) anfängliche Unsicherheiten durch eine nachsichtige Aufsichtspraxis austariert. 11

3. Nachträgliche Definitionsabänderung geschlossener AIF. Als wären das KAGB und die Systematik der Übergangsvorschriften nicht schon ausreichend komplex, wurden aufgrund divergierender Ansichten zwischen der Europäischen Kommission und der Finanzaufsichtsagentur ESMA nach Inkrafttreten des KAGB durch das Finanzmarktanpassungsgesetz12 zum 19.7.2014 zwei neue Definitionen eines geschlossenen AIF eingeführt.13 Eine (sehr enge) Definition ersetzt die vormalige Definition eines geschlossenen AIF in § 1 Abs. 4 Nr. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 5. Neben diese Definition eines geschlossenen AIF tritt eine weiter gefasste Definition in § 352a, welche gesondert allein für den Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften gilt. Ohne dass man hierbei dem nationalen Umsetzungsgesetzgeber einen Vorwurf machen könnte, da er lediglich auf die europäischen Vorgaben reagiert, führt dies gleichwohl zu einem nahezu absurden und unüberschaubaren Abstufungssystem an Bestandsschutz innerhalb der §§ 352a, 353. Denn der Umsetzungsgesetzgeber sah sich nicht nur genötigt, die beiden neuen Definitionen eines geschlossenen AIF zu integrieren; er hatte vielmehr darüber hinaus Regelungen zu schaffen, um die seitens der AIF-KVG zwischenzeitlich im Vertrauen auf die temporär geltende Rechtslage vorgenommenen Investitionen und eingereichten Anträge bezüglich nach Inkrafttreten des KAGB und vor Inkrafttreten des FinMarktAnpG aufgelegter geschlossener AIF nicht zu entwerten.14 III. Systematik der Übergangsvorschriften

1. Regelungsadressat. Zwar ist die (Kapital-)Verwaltungsgesellschaft Regelungsadressat der Übergangsvorschriften. Sie trifft ggf. die Pflicht, sich sowie die von ihr verwalteten und vertriebenen Fonds KAGB-konform aufzustellen. Gleichwohl treffen die Rechtsfolgen einiger Regelungen, insbesondere soweit es um Bestandsschutz geht, primär den jeweiligen Fonds, während die KVG nur mittelbar betroffen ist.15 Dieser Umstand spiegelt sich insbesondere in der unter dem Stichwort „Infizierung“ intensiv geführten Debatte im Rahmen von § 353 wieder. In der nachfolgenden Kommentierung werden daher teilweise neben der KVG auch ihre Fonds als Regelungsadressaten des KAGB behandelt. Adressat von Bestandsschutzregelungen kann daneben (mittelbar) auch der einzelne 13 Anleger sein. So ordnet etwa § 346 Abs. 1 zugunsten von Anlegern, die zum Inkrafttreten des KAGB Anteile an offenen Immobilienfonds hielten, eine Fortgeltung der erleichterten

12

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11 BaFin-Rundschreiben v. 18.6.2013 „Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB“, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343; im Folgenden: BaFin FAQ Übergangsbestimmungen. 12 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934. 13 Basierend auf Art. 1 Abs. 2, 3 und 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014. 14 Siehe hierzu die Kommentierung zu § 352a sowie insbesondere zu § 353 Abs. 9 bis 13. 15 Ebenso Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 6, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294, S. 306 sowie Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt Investment, 405 § 353 Rn. 12.

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1102

B. Zu den Übergangsvorschriften des KAGB

Vor §§ 343–360

Anteilsrückgaberegelungen des Investmentgesetzes über den 21.7.2013 hinaus an. Ferner dürfen beispielsweise Privatanleger, die zum Stichtag des 21.7.2013 in Fonds investiert waren, welche mittlerweile nach KAGB als Spezial-AIF qualifizieren und ihnen daher nicht mehr zur Investition offenstehen, gleichwohl nach § 350 Abs. 2 zeitlich unbegrenzt im jeweiligen Fonds verbleiben. 2. Regelungssystematik. Die Übergangsvorschriften des KAGB gliedern sich in ei- 14 nen Allgemeinen Teil (AT) und einen Besonderen Teil (BT). Im AT – insbesondere in § 343 – werden dabei grundlegende Regelungen statuiert,16 auf die im BT durch Verweise Bezug genommen wird. Der BT wiederum differenziert zwischen Übergangsvorschriften für offene AIF, geschlossene AIF sowie OGAW und deren jeweilige Verwaltungsgesellschaften. Bei den Übergangsvorschriften zu offenen AIF, die bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren, finden sich weitere spezifische Regelungen zu einzelnen Arten von Sondervermögen. Soweit dort Regelungen zu bestimmten Arten wie beispielsweise den Infrastruktur-Sondervermögen fehlen, liegt dies schlicht daran, dass bezüglich dieser Gattung kein einziger aktiver Fonds existiert, den es durch eine Übergangsvorschrift zu schützen gilt. Da nach der Einführung des KAGB im Jahre 2013 zahlreiche Anpassungen des KAGB erfolgten, die weitere Übergangsregelungen erforderlich machten, welche sich nicht stets in die bestehende Systematik der Übergangsvorschriften einfügen ließen, wurde ein weiterer Unterabschnitt namens „Sonstige Übergangsregelungen“ eingefügt, der als Auffangtatbestand fungiert. 15 Die Systematik der Übergangsvorschriften stellt sich übersichtsartig wie folgt dar: AT

§ 343 § 344

BT

offene AIF

Sonstige Übergangsregelungen

geschlossene AIF OGAW § 356 § 357 § 358 § 359 § 360

§ 345 § 351 § 352 § 352a § 353 § 354 § 355 zuvor bereits nach zuvor nicht nach InvG reguliert InvG reguliert

§ 346 § 347 § 348 § 349 § 350

3. Regelungstechnik. Was die Regelungstechnik anbelangt, so stellen die Über- 16 gangsvorschriften den Leser vor Herausforderungen. Die exzessiven Verweisungsketten mögen zwar zwecks Entschlackung des überbordenden Gesetzbuches gut gemeint oder gar notwendig gewesen sein. Sie treiben jedoch mitunter skurrile Blüten. So verweist etwa § 347 Abs. 1 Satz 2 auf „die in § 345 Abs. 1 Satz 11 genannten Vorschriften dieses Gesetzes, die sich auf Publikums-AIF beziehen“. In § 345 Abs. 1 Satz 11 findet sich jedoch keine weitere Eingrenzung auf bestimmte Vorschriften, so dass es des Verweises nicht bedurft hätte. Ein andermal werden bei § 355 Abs. 2 Satz 5 beispielsweise 90% des Regelungsgehalts einer anderen Vorschrift per umständlicher Verweisungskette für unanwendbar erklärt, anstatt die maßgeblichen 10% für anwendbar zu erklären. Dies verwundert umso mehr, wenn eine verständliche Variante desselben Regelungsgehalts in § 345

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1103

Etwa die Legaldefinition der Auflage eines AIF in § 343 Abs. 4.

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§ 343

Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

Abs. 1 Satz 5 Hs. 1 existiert. Überdies wird der Umfang der Übergangsvorschriften durch einige überflüssige Klarstellungen, die besser in der Gesetzesbegründung aufgehoben wären, zusätzlich aufgebläht.17 Insbesondere das FinMarktAnpG18 sowie weitere Einschübe in den einzelnen Paragrafen durch nachträgliche Gesetzesanpassungen haben die Unübersichtlichkeit und Unverständlichkeit nochmals verstärkt. https://doi.org/10.1515/9783110492217-135 und weiter ...

§ 343 Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften § 343 Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften Gerlach Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) 1 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 Tätigkeiten im Sinne des § 20 ausüben, haben alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Rechtsvorschriften dieses Gesetzes nachzukommen. 2 Sie haben vor Ablauf des 21. Juli 2014 die Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 oder, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4, 4a oder Absatz 5 erfüllen, die Registrierung nach § 44 zu beantragen. (2) 1 EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 inländische Spezial-AIF im Sinne des § 54 verwalten, haben alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den entsprechenden Rechtsvorschriften dieses Gesetzes nachzukommen. 2 Die Angaben gemäß § 54 sind unmittelbar nach Erteilung der Erlaubnis im Herkunftsmitgliedstaat, spätestens bis zum 31. Dezember 2014 der Bundesanstalt zu übermitteln. (3) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 Tätigkeiten im Sinne des § 20 ausübt, darf bis zum 21. Januar 2015 bereits vor Erteilung der Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 neue AIF nach den Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme des Erfordernisses der Erlaubnis, verwalten und im Geltungsbereich dieses Gesetzes vertreiben, wenn sie bei Publikums-AIF zusammen mit dem Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen nach § 163 oder § 267 und bei Spezial-AIF zusammen mit der Vertriebsanzeige nach § 321 1. im Zeitraum vom 22. Juli 2013 bis 21. Juli 2014 den Antrag auf Erlaubnis nach §§ 20 und 22 einreicht, auf den bereits eingereichten, noch nicht beschiedenen Antrag auf Erlaubnis nach §§ 20 und 22 verweist oder die verbindliche Erklärung gegenüber der Bundesanstalt abgibt, innerhalb der in Absatz 1 Satz 2 genannten Frist einen Antrag auf Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 zu stellen, 2. im Zeitraum vom 22. Juli 2014 bis 21. Januar 2015 auf den eingereichten, noch nicht beschiedenen Antrag auf Erlaubnis nach §§ 20 und 22 verweist. 2 Auf die Genehmigung der Anlagebedingungen findet § 163 Absatz 2 Satz 5 keine Anwendung. 3 In dem Verkaufsprospekt und den wesentlichen Anlegerinformationen gemäß den §§ 164 oder 268 sind die Anleger drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle über die fehlende Erlaubnis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Folgen einer unterlassenen Antragsstellung oder Erlaubnisversagung hinzuweisen. 4 Bei Spezial-AIF muss dieser Hinweis im Rahmen der Informationen gemäß § 307 erfolgen. 5 Als neuer AIF im Sinne von Satz 1 gilt ein AIF, der nach dem 21. Juli 2013 aufgelegt wird.

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17 Vgl. beispielsweise § 345 Abs. 1 Satz 11. 18 Symptomatisch hierfür stehen die Formulierungen in § 353 Abs. 4 Satz 2; § 353 Abs. 5 Satz 2 sowie § 353 Abs. 6 Satz 2.

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1104

Systematische Übersicht

§ 343

(4) Ein AIF gilt mit dem Zeitpunkt als aufgelegt im Sinne dieses Abschnittes, in dem mindestens ein Anleger durch den unbedingten und unbefristeten Abschluss des auf die Ausgabe eines Anteils oder einer Aktie gerichteten schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts einen Anteil oder eine Aktie des AIF gezeichnet hat. (5) 1 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des Absatzes 1, die weder die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4, 4a oder Absatz 5 erfüllen noch binnen der in Absatz 1 Satz 2 vorgesehenen Frist einen Erlaubnisantrag stellen oder denen die Erlaubnis gemäß § 23 versagt wurde, können mit Zustimmung von Anlegern, die mehr als 50 Prozent der Anteile des AIF halten, die Abwicklung des inländischen AIF binnen drei Monaten nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 2 genannten Frist oder nach Versagung der Erlaubnis dadurch abwenden, dass sie die Verwaltung auf eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft übertragen, die über eine Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 verfügt und sich zur Übernahme der Verwaltung bereit erklärt. 2 Die Bundesanstalt kann im öffentlichen Interesse bestimmen, dass die Verwaltung des AIF auf eine AIFKapitalverwaltungsgesellschaft, die über eine Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 verfügt und sich zur Übernahme der Verwaltung bereit erklärt, übergeht. 3 Die Verwaltung von inländischen Spezial-AIF kann auch auf EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften übertragen werden, für welche die erforderlichen Angaben gemäß § 54 übermittelt wurden. (6) 1 Für EU-AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des Absatzes 2, für die nicht binnen der in Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Frist die Angaben gemäß § 54 übermittelt wurden, gilt Absatz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Übertragung binnen drei Monaten nach Ablauf der in Absatz 2 Satz 2 genannten Frist erfolgen kann. 2 Für EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 inländische Publikums-AIF verwalten, und für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 inländische AIF verwalten, gilt Absatz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Übertragung innerhalb von 15 Monaten nach dem 21. Juli 2013 erfolgen kann. (7) § 34 Absatz 6 ist erst ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden. (8) 1 Die Anlagebedingungen, die wesentlichen Anlegerinformationen und der Verkaufsprospekt für Publikums-AIF sind spätestens zum 18. März 2017 an die ab dem 18. März 2016 geltende Fassung dieses Gesetzes anzupassen. 2 § 163 gilt mit der Maßgabe, dass die in § 163 Absatz 2 Satz 1 genannte Frist drei Monate beträgt. § 163 Absatz 3 und 4 Satz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden. Systematische Übersicht A. B.

1105

Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung für inländische AIF-KVG (Absatz 1) | 5 1. Tatbestandsvoraussetzung: Tätigkeit im Sinne von § 20 KAGB | 6 a) Erbringen der kollektiven Vermögensverwaltung | 7 b) Tätigkeiten im Vorfeld zur Verwaltung eines AIF | 8 aa) Stadium der Auflage eines AIF | 9

2.

bb) Aufnahme von Vertriebsaktivitäten | 10 cc) Hinreichend fortgeschrittene Projektierung eines AIF | 11 Rechtsfolge: einjähriges Zeitfenster zwecks Implementierung des KAGB | 13 a) Ergreifen aller erforderlichen Maßnahmen | 14 aa) Zeitpunkt vollständiger Compliance | 15

Gerlach

§ 343

II.

III.

Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

bb) Umfang der Compliance | 17 (1) Einbeziehung der AIFM-Verordnung Nr. 231/2013 | 18 (2) Einbeziehung der Verwahrstelle | 19 (3) Einholung der Kompetenzerklärung semiprofessioneller Anleger | 20 b) Beantragung der Erlaubnis oder Registrierung binnen Jahresfrist | 22 Grenzüberschreitende Verwaltung inländischer Spezial-AIF (Absatz 2) | 23 Auflage neuer AIF vor Erlaubniserteilung (Absatz 3) | 25 1. Geltungsumfang des KAGB bei Auflage neuer AIF | 26 2. Einschränkungen hinsichtlich zulässiger AIF-Kategorie | 27 3. Voraussetzungen der Auflage eines neuen AIF a) Genehmigung der Anlagebedingungen | 28 b) Bezugnahme auf den Erlaubnisantrag | 29 c) Besondere Hinweispflicht gegenüber Anlegern | 31

aa) Hinweis im Vertriebsdokument | 32 bb) Platzierung des Hinweises an hervorgehobener Stelle | 33 cc) Drucktechnische Ausgestaltung des Hinweises | 35 IV. Legaldefinition der Auflage eines Fonds (Absatz 4) | 36 V. Konsequenzen bei fehlender KAGBErlaubnis der KVG (Absatz 5) | 41 1. Abwicklung des AIF | 42 2. Übertragung des AIF auf eine AIF-KVG mit Erlaubnis | 43 a) Durch Mehrheitsbeschluss der Anleger | 44 b) Durch Anordnung der BaFin | 47 3. Konsequenzen für ausländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften (Absatz 6) | 50 VI. Übergangsvorschrift für Millionenkreditmeldeverfahren (Absatz 7) | 51 VII. OGAW-V-UmsG bedingte Anpassungen inländischer Publikums-AIF (Absatz 8) 1. Regelungshintergrund | 52 2. Inhalt der Anpassungen | 54 3. Genehmigung durch die BaFin | 55

A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift § 343 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift stellt eine vor die Klammer gezogene ATRegelung für die AIF-KVG im Rahmen des in sich geschlossenen Systems der Übergangsvorschriften dar.1 Die Regelung greift als Auffangtatbestand, wenn der jeweilige BT-Abschnitt der Übergangsvorschriften keine besondere Regelung enthält, die beispielsweise auf die Spezifika der betr. Verwaltungsgesellschaft oder des betr. Fondstypus zugeschnitten ist. Kernstück der gesamten Übergangsvorschriften des KAGB bildet § 343 Abs. 1, der im 2 Wesentlichen die europäische Vorgabe aus Art. 61 Abs. 1 AIFM-Richtlinie umsetzt. Die Vorschrift enthält die zentrale Aussage, dass den Kapitalverwaltungsgesellschaften als primär betroffenen Regelungsadressaten des 2013 neu geschaffenen Gesetzes ein Zeitfenster von einem Jahr eingeräumt wird, um sich (und die von ihnen verwalteten Fonds) an die Vorgaben des KAGB anzupassen. Während dieser Übergangsphase der Anpassung findet auf die KVG und ihre Fonds weiterhin die alte Rechtslage Anwendung. Aus dieser europäisch prädeterminierten Richtschnur hat der nationale Gesetzgeber ein fein verästeltes und durch etliche Querverweise gekennzeichnetes Übergangsrecht geschaffen. Nach der Einführung des KAGB folgten weitere Anpassungen des Gesetzes, die 1

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1 Zur systematischen Untergliederung der Übergangsvorschriften siehe die Vorbemerkung vor §§ 343–359 Rn. 14 f.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 343

größtenteils auf europäischen Vorgaben wie der OGAW-V-Richtlinie beruhten und eine Erweiterung der Übergangsregelungen erforderlich machten. Darüber hinaus enthält § 343 weitere vor die Klammer gezogene Regelungen, die für 3 die nachfolgenden Übergangsvorschriften Bedeutung entfalten. Hierzu zählt beispielsweise die Legaldefinition der Auflage eines Fonds in § 343 Abs. 4, auf die in §§ 347 Abs. 1 Satz 1, 348 Satz 1, 349 Satz 1, 350 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 351 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 353 Abs. 6 Satz 1, 353a Satz 2 sowie in § 355 Abs. 2 Satz 1 Bezug genommen wird. Das KAGB hat seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2013 zahlreiche Anpassungen erfah- 4 ren, die eine Ergänzung der Übergangsregelungen erforderlich machten. So hat § 343 im Zuge des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes zwei neue Absätze erhalten, die Übergangsregelungen zum Meldeverfahren für Millionenkredite2 sowie zur Anpassung der Anlagebedingungen, der wesentlichen Anlegerinformationen und des Verkaufsprospekts für Publikums-AIF3 an die aktuelle Fassung des KAGB enthalten. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung für inländische AIF-KVG (Absatz 1) § 343 Abs. 1 richtet sich an alle Verwalter von Kapitalanlagen (insbesondere vormalige 5 Kapitalanlagegesellschaften und Anbieter geschlossener Fonds), die ab dem 22.7.2013 als AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften qualifizieren und die bereits vor Inkrafttreten des KAGB Tätigkeiten ausübten, die nunmehr im Sinne von § 20 erlaubnispflichtig sind (hiernach auch „Alt-KVG“). Aufgrund der umfangreichen regulatorischen Neuerungen, die das KAGB beinhaltet, wird der Alt-KVG eine Übergangsfrist von einem Jahr eingeräumt, innerhalb derer sie eine Anpassung an das neue Rechtsregime vornehmen kann. Andernfalls müsste die Alt-KVG bis zur KAGB Implementierung vorübergehend ihre laufende Geschäftstätigkeit einstellen und wäre auch an der parallelen Auflage neuer Fonds gehindert. 1. Tatbestandsvoraussetzung: Tätigkeit im Sinne von § 20 KAGB. Nach dem Wort- 6 laut der Norm qualifizieren nur solche Kapitalverwaltungsgesellschaften als Alt-KVG, die zum Stichtag des 21.7.2013 bereits Tätigkeiten im Sinne von § 20 ausübten. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden und klarzustellen, wann der Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1 eröffnet ist, hat die BaFin das Tatbestandsmerkmal einer Tätigkeit im Sinne von § 20 KAGB in den sog. „FAQ Übergangsbestimmungen“4 aufgegriffen und näher konkretisiert. a) Erbringen der kollektiven Vermögensverwaltung. Die Bezugnahme auf Tätig- 7 keiten im Sinne von § 20 ist laut BaFin nicht umfassend zu verstehen. Der für die AIFKVG einschlägige § 20 Abs. 3 führt eine Vielzahl erlaubnispflichtiger Tätigkeiten auf. Eine Gesellschaft liegt jedoch nicht im Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1, wenn sie zum Stichtag des 21.7.2013 lediglich die in § 20 Abs. 3 angeführten (Neben-) Dienstleistungen erbracht hat. Vielmehr bezieht sich das Tatbestandsmerkmal Tätigkeit im Sinne von § 20 KAGB laut BaFin primär auf das Erbringen der kollektiven Vermögensverwaltung.5 Dies folgt letztlich auch aus einer teleologischen Auslegung von § 343 Abs. 1, dem es um den Vertrauensschutz bereits tätiger Kapitalverwaltungsgesellschaften im Zusam-

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2 § 343 Abs. 7; hierzu unter Rn. 50. 3 § 343 Abs. 8; hierzu unter Rn. 51 ff. 4 BaFin-Rundschreiben v. 18.6.2013 „Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB“, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343. 5 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 9.

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§ 343

Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

menhang mit ihrem Kerngeschäft, nämlich der Auflage und Verwaltung von Investmentvermögen, geht. Nur diese Gesellschaften stehen vor der Schwierigkeit, die laufende Verwaltung weiterzuführen und gleichzeitig die neuen regulatorischen Anforderungen des KAGB zu implementieren. 8

b) Tätigkeiten im Vorfeld zur Verwaltung eines AIF. Übersicht zu Tätigkeiten im Vorfeld der Verwaltung des Fonds:

9

aa) Stadium der Auflage eines AIF. Aus der Bezugnahme auf die kollektive Vermögensverwaltung ist nicht der Rückschluss zu ziehen, dass die KVG bei Inkrafttreten des KAGB bereits in das Stadium der Verwaltung des AIF eingetreten sein muss. Die BaFin stellt klar, dass auch jene KVG im Anwendungsbereich des § 343 Abs. 1 liegen kann, deren Fondsprojekte sich noch in Entwicklungsstadien befinden, die der Verwaltung vorgelagert sind.6 So handelt es sich jedenfalls dann um eine Alt-KVG, wenn sie bereits einen AIF vor dem 22.7.2013 im Sinne von § 343 Abs. 4 aufgelegt hat. Da die Definition der Auflage des AIF nach § 343 Abs. 4 bereits mit der ersten Zeichnung durch einen Anleger erfüllt ist, weisen die Stadien des Vertriebs und der Auflage des AIF eine große Schnittmenge auf.

10

bb) Aufnahme von Vertriebsaktivitäten. Bereits aus der Begriffsdefinition der kollektiven Vermögensverwaltung in § 1 Abs. 19 Nr. 24 folgt zudem, dass auch der Vertrieb von eigenen Investmentanteilen eine Tätigkeit im Sinne von § 20 darstellt und den Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1 eröffnet. Der Begriff des Vertriebs wird wiederum in § 293 Abs. 1 Satz 1 legaldefiniert und durch die BaFin im Rahmen der sog. „FAQ Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen“7 konkretisiert. Demnach gelten auch solche Gesellschaften als Alt-KVG, die vor dem 22.7.2013 angebotsreife Anteile oder Aktien eines Investmentvermögens angeboten haben, wobei das Angebot in Form einer invitatio ad offerendum genügt.8

cc) Hinreichend fortgeschrittene Projektierung des AIF. Das frühestmögliche Stadium, in welchem die Tätigkeit einer AIF-KVG noch im Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1 liegen kann, ist laut BaFin der Zeitpunkt der abgeschlossenen Projektierung eines AIF.9 Die BaFin führt indes nicht aus, wie weit die Projektierung gediehen sein muss, um als 12 zeitlich vorgelagerter, jedoch auf Wertungsebene integraler Bestandteil der kollektiven Vermögensverwaltung Anerkennung zu finden.10 Hier wird die KVG anhand fundierter Unterlagen nachweisen müssen, dass das wirtschaftliche Fondskonzept vor dem 22.7.2013 erstellt wurde. Weitere Indizien für eine hinreichend fortgeschrittene Projektierung können die gesellschaftsrechtliche Gründung des AIF, die Vorbereitung der Prospektunterlagen sowie weitere in die Wege geleitete Gründungsakte darstellen. Aus dem Telos von § 343 Abs. 1 sowie der Rückführung der Übergangsvorschriften auf den Vertrauensschutz als Ausfluss aus dem Rechtsstaatsprinzip11 ist umso eher von einer Eröffnung des Anwen11

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6 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 9. 7 BaFin-Rundschreiben v. 4.7.2013 „Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0293. 8 BaFin FAQ Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen, Ziffer 1.1; die Angebotsreife hängt davon ab, ob die Anlagebedingungen bereits feststehen. 9 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 9. 10 In einem Beispiel wird lediglich erwähnt, dass das Projekt vor dem 22.7.2013 entwickelt sein müsse; BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10 Konstellation 4. 11 Zum verfassungsrechtlichen Hintergrund der Übergangsvorschriften siehe die Vorbemerkung zu §§ 343–355 Rn. 1 ff.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 343

dungsbereichs auszugehen, je umfangreicher die bereits getätigten Investitionen ausfallen, in denen sich das Vertrauen auf die bestehende Rechtslage manifestiert hat. 2. Rechtsfolge: einjähriges Zeitfenster zwecks Implementierung des KAGB. 13 Fällt eine Kapitalverwaltungsgesellschaft in den vorstehend skizzierten Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1, so hat sie alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die neuen Vorgaben des KAGB zu erfüllen und sodann binnen Jahresfrist einen Antrag auf Erlaubnis oder Registrierung zu stellen. a) Ergreifen aller erforderlichen Maßnahmen. Die BaFin hat in den FAQ Übergangs- 14 bestimmungen den unbestimmten Rechtsbegriff der „erforderlichen Maßnahmen“ konkretisiert und dargelegt, welche Maßnahmen bis zu welchem Zeitpunkt zu ergreifen sind. aa) Zeitpunkt vollständiger Compliance. Die Alt-KVG muss alle sich aus dem 15 KAGB ergebenden Anforderungen (mit Ausnahme des Erhalts der KAGB-Erlaubnis) zu dem Zeitpunkt erfüllt haben, in dem sie den Erlaubnisantrag oder den Antrag auf Registrierung stellt. Bis zu diesem Zeitpunkt, spätestens bis zum 22.7.2014, hat die Alt-KVG sich sukzessive um die Einhaltung der Vorgaben des KAGB zu bemühen und die dazu erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten.12 Das einjährige Zeitfenster zur Anpassung an das KAGB kann die Alt-KVG nicht aus- 16 schöpfen, wenn sie vor dem 22.7.2014 einen neuen AIF auflegen will. In diesem Fall muss die vollständige Compliance (mit Ausnahme der Erlaubnis/Registrierung) bereits im Zeitpunkt der Auflage des neuen AIF gewährleistet sein.13 bb) Umfang der Compliance. Der Umfang der von der AIF-KVG einzuhaltenden 17 Vorschriften lässt sich im Wesentlichen dem enumerativen Katalog in § 22 Abs. 1 entnehmen. Darüber hinaus müssen alle weiteren Vorschriften des KAGB eingehalten werden, die Pflichten der AIF-KVG und von ihr verwalteter Investmentvermögen betreffen. Die BaFin hat einige ausgewählte Fragen zum Umfang der notwendigen Compliance in den FAQ Übergangsbestimmungen thematisiert: (1) Einbeziehung der AIFM-Verordnung Nr. 231/2013. Die einzuhaltenden Vorga- 18 ben der AIF-KVG ergeben sich nicht nur aus dem KAGB (und darauf basierender Verordnungen der BaFin), sondern umfassen auch Vorgaben aus der unmittelbar anwendbaren AIFM-Verordnung,14 die ebenfalls am 22.7.2013 in Kraft getreten ist. Zwar sind in der europäischen Verordnung keine Übergangsfristen vorgesehen. Die BaFin stellt jedoch klar, dass § 343 Abs. 1 für die Anforderungen aus der AIFM-Verordnung entsprechend zugunsten der AIF-KVG anzuwenden ist.15 (2) Einbeziehung der Verwahrstelle. Die BaFin hat ferner klargestellt, dass im Zeit- 19 punkt des Erlaubnisantrags der AIF-KVG noch nicht die Genehmigung der BaFin nach §§ 87, 69 Abs. 1 Satz 1 für die jeweilige Verwahrstelle von verwalteten Publikums-AIF16 vor-

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12 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 1. 13 Hierzu sogleich ausführlich unter Rn. 24 ff. 14 Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission v. 19.12.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung. 15 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 4. 16 Für die Verwahrung von Spezial-AIF bedarf es keiner Genehmigung der Verwahrstelle durch die BaFin.

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§ 343

Übergangsvorschriften für inländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften

liegen muss.17 Vielmehr genügt es, wenn der Antrag auf Genehmigung der Verwahrstelle zusammen mit dem Erlaubnisantrag gestellt wird. In puncto Verwahrstelle hat die AIFKVG im Übrigen auf § 22 Abs. 1 Nr. 13 sowie diesbezügliche Konkretisierungen in dem Merkblatt der BaFin zum Erlaubnisverfahren18 zu achten. Die Verwahrstelle selbst muss ab demjenigen Zeitpunkt den Anforderungen des KAGB genügen, ab dem die geänderten Anlagebedingungen des AIF gelten, den sie verwahrt.19 Die Verwahrstelle muss daher spätestens zum 22.7.2014 KAGB-konform aufgestellt sein. (3) Einholung der Kompetenzerklärung semi-professioneller Anleger. Sofern die AIF-KVG auch kollektive Vermögensverwaltung in Bezug auf Fonds erbracht hat, die nunmehr als Spezial-AIF qualifizieren, liegt eine weitere erforderliche Maßnahme zur Anpassung an die Vorgaben des KAGB darin, Kompetenzerklärungen semi-professioneller Anleger im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 33a einzuholen.20 Denn der semi-professionelle Anleger wird durch das KAGB als neue Kundenkategorie eingeführt und ist neben dem professionellen Anleger gemäß § 1 Abs. 6 künftig allein berechtigt, in inländische offene Spezial-AIF zu investieren. Nur so kann die BaFin bei der Prüfung der abgeänderten Anlagebedingungen des betr. Fonds feststellen, ob es sich bei dem AIF um einen Spezial-AIF handelt, da dies beispielsweise auch für die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagebedingungen relevant ist. 21 Es ist jedoch zu beachten, dass für Anleger, die vor dem 22.7.2013 Anteile an einem inländischen offenen Spezial-AIF erworben haben, keine Kompetenzerklärungen nachzuholen sind.21 Denn § 350 Abs. 2 gewährt inländischen offenen Spezial-AIF Bestandsschutz, wenn diese hinsichtlich der zulässigen Anlegerschaft den Anforderungen des Investmentgesetzes genügten. Für diese Spezial-AIF macht es daher keinen Unterschied, ob deren Anlegerschaft vor dem 22.7.2013 vollständig aus professionellen und semiprofessionellen Anlegen bestanden oder ob auch Privatanleger beteiligt waren. Folglich ist es obsolet, in Bezug auf diese Anlegerschaft eine Kompetenzerklärung nachzuholen.

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b) Beantragung der Erlaubnis oder Registrierung binnen Jahresfrist. Den Kapitalverwaltungsgesellschaften, die im Anwendungsbereich von § 343 Abs. 1 Satz 1 liegen, wird ein Zeitfenster von maximal einem Jahr zugestanden, um die Anpassungen an das KAGB vorzunehmen. Bis zum Ablauf des 21.7.2014 muss die Alt-KVG einen Erlaubnisantrag nach §§ 20, 22 stellen, selbst wenn sie zuvor eine Erlaubnis nach dem InvG besaß. Sofern die KVG als sog. kleine KVG22 bestimmte Schwellenwerte hinsichtlich der verwalteten Vermögensgegenstände nicht überschreitet und entsprechende Ausnahmevorschriften nach § 2 Abs. 4, Abs. 4a oder Absatz 5 greifen, ist es ausreichend, wenn die AIF-KVG lediglich die Registrierung nach § 44 KAGB beantragt.23 II. Grenzüberschreitende Verwaltung inländischer Spezial-AIF (Absatz 2)

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§ 343 Abs. 2 richtet sich an Kapitalverwaltungsgesellschaften aus Mitgliedstaaten der EU, die vor dem 22.7.2013 außerhalb des Anwendungsbereichs des Investmentgeset-

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17 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 2. 18 BaFin Merkblatt zum Erlaubnisverfahren für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 22 KAGB-E v. 22.3.2013. 19 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 3. 20 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 6. 21 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 6 Fn. 2. 22 Wallach RdF 2013 95. 23 Zur kleinen AIF-KVG ausführlich Boxberger Regulierung „light“ unter dem KAGB-Regime, GWR 2013 415; Nelle/Klebeck Der „kleine“ AIFM, BB 2013 2499.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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zes Fondsstrukturen im Inland verwaltet haben, die nun als inländische Spezial-AIF qualifizieren.24 Da diese grenzüberschreitende Verwaltung – anders als für PublikumsAIF25 – unter den Voraussetzungen des § 54 zulässig bleibt, wird den betr. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften eine Übergangsfrist von anderthalb Jahren eingeräumt. In dieser Zeit haben sie alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die für sie geltenden Regelungen des KAGB zu erfüllen. Insbesondere müssen die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften eine Erlaubnis in ihrem Herkunftsmitgliedstaat erlangen und den Nachweis darüber nebst weiterer nach § 54 erforderlicher Angaben unmittelbar der BaFin zuleiten. Sofern die EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft nicht bis zum Ablauf des 31.12.2014 den 24 vorgenannten Voraussetzungen nachkommt, muss der inländische Spezial-AIF auf eine zugelassene (EU-)AIF-KVG übertragen oder abgewickelt werden, § 343 Abs. 6.26 III. Auflage neuer AIF vor Erlaubniserteilung (Absatz 3) § 343 Abs. 3 eröffnet der AIF-KVG die Möglichkeit, innerhalb der einjährigen Über- 25 gangsphase neue AIF aufzulegen. Nach dieser Vorschrift kann eine AIF-KVG sowohl neue Publikums- als auch neue Spezial-AIF in bestimmtem Umfang nach Inkrafttreten des KAGB auflegen, ohne bereits über eine Erlaubnis oder eine Registrierung27 nach KAGB zu verfügen. Ein neuer AIF ist ein solcher Fonds, der nach dem 21.7.2013 aufgelegt wird, § 343 Abs. 3 Satz 5. Die Auflage eines AIF wird in § 343 Abs. 4 legaldefiniert. 1. Geltungsumfang des KAGB bei Auflage neuer AIF. Die Auflage neuer AIF hat nach 26 den fondsbezogenen Vorschriften des KAGB zu erfolgen. Wenngleich die AIF-KVG noch nicht lizensiert sein muss, hat sie im Zeitpunkt der Auflage des AIF bereits die gesellschaftsbezogenen Vorschriften wie beispielsweise die Eigenmittel- und Organisationsanforderungen zu erfüllen.28 Durch die Auflage eines neuen und vollständig nach KAGB strukturierten AIF findet jedoch keine Infizierung der übrigen von der AIF-KVG ggf. verwalteten AIF statt.29 Bezüglich dieser übrigen „Alt-AIF“ kann die AIF-KVG die Übergangsfrist zwecks Anpassung an das KAGB bis zum Ablauf des 21.7.2014 beziehungsweise bis zum Stellen des Antrags auf Erlaubnis vollständig ausnutzen. Insoweit verkürzt sich die Übergangsfrist aus § 343 Abs. 1 bei Auflage eines neuen AIF nur in Bezug auf diesen AIF und die AIF-KVG. 2. Einschränkungen hinsichtlich zulässiger AIF-Kategorie. Der Wortlaut von § 343 27 Abs. 3 lässt nicht erkennen, dass die AIF-KVG in ihrer Wahl beschränkt sein könnte, welche Kategorie eines AIF (offen/geschlossen/Art des Vermögensgegenstandes) sie in der Übergangszeit auflegen darf. Dieser Auslegungsvariante ist die BaFin im Wege einer teleologischen Reduktion des Wortlautes in den FAQ Übergangsbestimmungen entgegengetreten. Die BaFin beruft sich dazu auf den Charakter der Übergangsvorschrift als Bestandsschutznorm.30 Dieser Sinn und Zweck gebiete es, die Auflage neuer AIF im Über-

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24 Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 2, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 300. 25 Siehe BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 7 sowie Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 2 und Abs. 5, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 300; Emde/Dreibus BKR 2013 100 stellen die Europarechtskonformität dieser Einschränkung in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit in Frage. 26 Vgl. hierzu die Kommentierung zu § 343 Abs. 5 unter Rn. 40 ff. 27 Die Norm enthält zwar keinen Hinweis darauf, dass auch die sog. kleine AIF-KVG vor der Registrierung neue AIF auflegen darf. Dies dürfte aber als redaktionelles Versehen einzustufen sein; ebenso Emde/Dreibus BKR 2013 100 Fn. 58. 28 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10. 29 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10. 30 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10.

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gangszeitraum auf solche Fondskategorien zu beschränken, die bereits von der bisherigen Geschäftstätigkeit der AIF-KVG umfasst waren.31 Zur Bestimmung der bisherigen Geschäftstätigkeit der AIF-KVG ist auf den Unternehmensgegenstand in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag sowie die Kategorisierung der Arten bisher aufgelegter AIF (offen/geschlossen/Art des Vermögensgegenstandes) vor Inkrafttreten des KAGB abzustellen.32 3. Voraussetzungen der Auflage eines neuen AIF 28

a) Genehmigung der Anlagebedingungen. Zunächst hat die AIF-KVG für den betreffenden neuen AIF einen Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen nach § 163 (offener Fonds) oder § 267 (geschlossener Fonds) bei der BaFin zu stellen, sofern es sich um einen Publikums-AIF handelt. Gemäß § 343 Abs. 3 Satz 2 findet die Genehmigungsfiktion des § 163 Abs. 2 Satz 5 für die Anlagebedingungen bei Auflage neuer AIF in der Übergangszeit keine Anwendung. Bei der Auflage eines neuen Spezial-AIF während der Übergangsphase ist eine Vertriebsanzeige gemäß § 321 bei der BaFin einzureichen.

b) Bezugnahme auf den Erlaubnisantrag. Weiterhin hat die AIF-KVG auf ihren eigenen Erlaubnisantrag nach §§ 20, 22 Bezug zu nehmen und gegenüber der BaFin zu erklären, in welchem Stadium sich der Erlaubnisantrag befindet. Hierbei sind gemäß § 343 Abs. 3 Satz 1 drei Konstellationen denkbar: Die AIF-KVG reicht den Erlaubnisantrag gleichzeitig mit den Anlagebedingungen des 30 neuen AIF im Zeitraum zwischen dem 22.7.2013 und dem 21.7.2014 ein (1). Die AIF-KVG gibt beim Einreichen der Anlagebedingungen des neuen AIF gleichzeitig die verbindliche Erklärung gegenüber der BaFin ab, bis zum 21.7.2014 einen Erlaubnisantrag zu stellen (2). Die AIF-KVG weist beim Einreichen der Anlagebedingungen des neuen AIF auf einen zuvor (innerhalb der Jahresfrist) gestellten, aber noch nicht beschiedenen Erlaubnisantrag hin (3). Im letztgenannten Fall ist die Auflage neuer AIF nach § 343 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ohne eine Erlaubnis bis zum 21.1.2015 möglich. Diese verlängerte Übergangsfrist ergibt sich für den theoretischen Fall, dass die AIF-KVG den Erlaubnisantrag am 21.7.2014 stellt und die BaFin die dreimonatige Bearbeitungsfrist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 um weitere drei Monate verlängert. 29

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c) Besondere Hinweispflicht gegenüber Anlegern. Für Anleger eines neuen AIF, der in der Übergangszeit aufgelegt wird, ergibt sich das produktunabhängige zusätzliche Risiko, dass der Erlaubnisantrag der AIF-KVG entweder – entgegen der verbindlichen Ankündigung33 – gar nicht erst gestellt wird oder von der BaFin abschlägig beschieden wird. In diesem Fall droht dem AIF die Abwicklung, wenn er nicht auf eine andere lizensierte AIF-KVG übertragen wird, § 343 Abs. 5. Eine frühzeitige Liquidation kann für den Anleger mit hohen Werteinbußen seiner Einlage verbunden sein.

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aa) Hinweis im Vertriebsdokument. Das vorstehend skizzierte Risiko stellt für die Anleger eine wesentliche Information für ihre Anlageentscheidung dar. Der Gesetzgeber hat der AIF-KVG daher die Pflicht auferlegt, die Anleger auf die drohenden Konsequenzen einer ausbleibenden Erlaubnis in der maßgeblichen Vertriebsdokumentation hinzuweisen. Der Hinweis hat gemäß § 343 Abs. 3 Satz 3 bei Publikums-AIF im Verkaufsprospekt sowie den wesentlichen Anlegerinformationen zu erfolgen. Bei Spezial-AIF ist

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BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10. Vgl. die konkreten Fallbeispiele in den BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer I. Nr. 10. Zur Bedeutung der „Verbindlichkeit“ siehe die Kommentierung bei § 345 unter Rn. 13.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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der Hinweis in dem von der AIF-KVG bestimmten Vertriebsdokument zu platzieren, das die Pflichtinformationen nach § 307 enthält. bb) Platzierung des Hinweises an hervorgehobener Stelle. Der Hinweis hat an 33 hervorgehobener Stelle des Vertriebsdokumentes zu erfolgen. Das bringt die besondere Bedeutung dieser Information für den Anleger zum Ausdruck. Diese Vorgabe findet sich im KAGB auch in anderen Vorschriften bei besonders wesentlichen Anlegerschutzinformationen, wie etwa hinsichtlich des Warnhinweises im Verkaufsprospekt bei DachHedgefonds gemäß § 228 Abs. 2.34 Von einer Platzierung an hervorgehobener Stelle wird man jedenfalls ausgehen kön- 34 nen, wenn der Hinweis auf dem Deckblatt des Verkaufsprospektes abgebildet ist.35 Ob ein solches Voranstellen des Hinweises im Falle des insgesamt lediglich zwei DINA4Seiten36 umfassenden Dokumentes der wesentlichen Anlegerinformationen notwendig ist, erscheint fraglich. Hier bietet sich stattdessen eine Umsetzung an, wie sie der Gesetzgeber im vergleichbaren Fall des Warnhinweises bei Dach-Hedgefonds angeordnet hat. Dort soll der Warnhinweis im Abschnitt „Risiko- und Ertragsprofil“ der wesentlichen Anlegerinformationen abgebildet werden, § 166 Abs. 4 Satz 2, Abs. 7 Satz 5 Nr. 2. Folglich dürfte die AIF-KVG den gesetzlichen Vorgaben genügen, wenn der Hinweis nach § 343 Abs. 3 Satz 3 im Rahmen des „Risiko- und Ertragsprofils“ der wesentlichen Anlegerinformationen des betreffenden Publikums-AIF erfolgt und dort deutlich erkennbar als besonderes, von den eigentlichen Produktrisiken separates Risiko ausgewiesen und drucktechnisch herausgestellt wird. cc) Drucktechnische Ausgestaltung des Hinweises. Der Hinweis auf die (bisher) feh- 35 lende Erlaubnis der AIF-KVG und die drohenden Konsequenzen etwa einer Abwicklung des AIF müssen drucktechnisch herausgestellt werden. Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf die umfassende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ausgestaltung von Widerrufsbelehrungen zurückgegriffen werden. Die Schutzrichtung und die materielle Bedeutung sind vergleichbar, da es sich bei § 343 Abs. 3 Satz 3 um eine Schutznorm für Privatanleger handelt und diese Anlegerkategorie dem Leitbild des Verbrauchers ähnelt.37 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es zur optischen Absetzung des betreffenden Hinweises eines auffälligen Druckbildes, was beispielsweise durch Fett- und/oder Farbdruck, die Benutzung von Großbuchstaben oder einer größeren Schriftart, durch Unterstreichung, graue Unterlegung und/oder Einrahmung sowie einer besonderen, untypischen Anordnung auf dem Dokument erreicht werden kann.38 IV. Legaldefinition der Auflage eines Fonds (Absatz 4) Die Übergangsvorschriften stellen für die Frage, ob beziehungsweise ab wann ihr 36 Anwendungsbereich eröffnet ist, verschiedentlich auf den Zeitpunkt der Auflage eines

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34 Dort wird die Platzierung an einer „auffälligen Stelle“ gefordert, was in der Sache keinen Unterschied macht. 35 In diesem Sinne Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Stabenow InvG, 2013, § 117 Rn. 15 zu der vergleichbaren Formulierung in der Vorgängernorm des § 228 Abs. 2 KAGB bzgl. des Vertriebs von DachHedgefonds; ebenso Berger/Steck/Lübbehüsen/Stingel InvG, § 117 Rn. 13. 36 § 166 Abs. 4 Satz 2 KAGB in Verbindung mit Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Kommission vom 1.7.2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger (ABl. L 176 vom 10.7.2010, S. 1). 37 Zu den Überschneidungen zwischen der Figur des Privatanlegers und des Verbrauchers Riesenhuber Anleger und Verbraucher, ZBB 2014 134. 38 MüKo-BGB/Masuch § 360 Rn. 27 f. m.w.N. zur Rspr.

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AIF ab.39 Um diesen Zeitpunkt exakt ermitteln zu können, nimmt § 343 Abs. 4 eine Legaldefinition der Auflage eines AIF vor. Der Anwendungsbereich der Legaldefinition beschränkt sich auf den Gesetzesabschnitt des Kapitalanlagegesetzbuches zu den Übergangsvorschriften.40 Eine korrespondierende Regelung findet sich in § 32 Abs. 8 Satz 2 VermAnlG. Allerdings ist die Formulierung der Vorschrift missverständlich, weil sie nicht klar erkennen lässt, ob auf den schuldrechtlichen Vertragsschluss oder auf das bloße Angebot zum Vertragsschluss seitens des interessierten Anlegers abzustellen ist.41 Einerseits spricht die Norm davon, dass „der Abschluss des (…) schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts“ maßgeblich sei. Das spräche dafür, dass der AIF erst in dem Moment als aufgelegt gilt, in welchem die AIF-KVG das Angebot des ersten interessierten Anlegers auf Abschluss eines Investmentvertrages annimmt. Das Gesetz geht in § 297 Abs. 9 davon aus, dass die Vertriebsformulare und Zeichnungsunterlagen der AIF-KVG lediglich eine invitatio ad offerendum darstellen und erst der interessierte Anleger das Angebot auf Vertragsabschluss abgibt. Eine Annahme dieses Angebots kann sich in verschiedenen Handlungen der AIFKVG (konkludent) manifestieren42 und ist auch davon abhängig, ob der Vertragsschluss direkt mit der AIF-KVG oder über einen Dritten (Vertriebsstelle) erfolgt. Andererseits spricht die Norm unjuristisch davon, dass es auf den Zeitpunkt ankomme, in dem der Anleger den Anteil „gezeichnet“ habe. Der Begriff der Zeichnung suggeriert wiederum, es käme allein auf die unterschriebene Beitrittserklärung durch den Anleger an, so dass das Angebot zum Vertragsschluss genügen würde. Im Ergebnis ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Vertragsschluss erfolgt ist.43 Hierfür spricht insbesondere der eindeutige Wortlaut der korrespondierenden Regelung in § 32 Abs. 8 Satz 2 VermAnlG, der die Zeichnung als Vertragsschluss definiert. Folglich gilt ein AIF in dem Zeitpunkt als aufgelegt im Sinne von § 343 Abs. 4, in dem der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts zwischen dem ersten Anleger und der AIF-KVG (oder deren Vertreter/Vertriebsdienstleister) erfolgt. Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrags kommt es nicht an, da die Ratio der Norm darauf ausgerichtet ist, den Zeitpunkt des Auflegens eines AIF mit einer für die Übergangsvorschriften hinreichenden Sicherheit zu dokumentieren. Vor diesem Hintergrund ist auch ein Formerfordernis nur insoweit relevant, als es die Dokumentation des Vertragsschlusses nachvollziehen lässt. Textform gemäß § 126b BGB reicht daher aus, während mündliche Vereinbarungen nicht genügen.44 Das häufig in Verträgen mit (Privat-)Anlegern zu findende Widerrufsrecht erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Bedingung im Sinne von § 158 BGB. Trotz eingeräumten Widerrufsrechts liegt daher ein unbedingter Abschluss eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts im Sinne von § 343 Abs. 4 vor. Das Widerrufsrecht ist daher irrelevant für die Beurteilung, zu welchem Zeitpunkt ein AIF aufgelegt wurde.

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39 Siehe § 347 Abs. 1 Satz 1; § 348 Satz 1; § 349 Satz 1; § 350 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; § 351 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; § 353 Abs. 6 Satz 1; § 355 Abs. 2 Satz 1. 40 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Hackenberg/Knappe § 343 Rn. 25 sowie Moritz/Klebeck/Jesch/ Wösthoff KAGB, § 343 Rn. 25. 41 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Hackenberg/Knappe § 343 Rn. 27 weisen zutreffend darauf hin, dass die missglückte Formulierung darauf beruht, dass einerseits die Perspektive des Anlegers („Zeichnung“) und gleichzeitig die Perspektive der KVG („schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft“) eingenommen wird. 42 Vgl. die Beispiele bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Rozok InvG, 2013, § 43 Rn. 23; ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Hackenberg/Knappe § 343 Rn. 30. 43 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Hackenberg/Knappe § 343 Rn. 25 sowie Moritz/Klebeck/Jesch/ Wösthoff KAGB, § 343 Rn. 25. 44 Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul, 2. Aufl. 2017, Rn. 40, 42.

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V. Konsequenzen bei fehlender KAGB-Erlaubnis der KVG (Absatz 5) Sofern die AIF-KVG im Übergangszeitraum keinen (rechtzeitigen) Erlaubnisantrag 41 stellt oder der Erlaubnisantrag gemäß § 23 versagt wurde, hat die AIF-KVG ihre Tätigkeit grundsätzlich einzustellen. Andernfalls betriebe sie unerlaubtes Investmentgeschäft nach § 15 Abs. 1, was die BaFin zum Einschreiten ermächtigt und im Übrigen nach § 339 Abs. 1 Nr. 1 bei vorsätzlicher Begehung unter Strafe gestellt ist. 1. Abwicklung des AIF. Hat die AIF-KVG mangels Erlaubnis die kollektive Vermö- 42 gensverwaltung einzustellen, ordnet das Gesetz in § 343 Abs. 5 Satz 1 als Ultima Ratio an, die bis dato verwalteten AIF abzuwickeln. Die Abwicklung ist nach der einschlägigen Zentralnorm für Sondervermögen gemäß § 100 zu vollziehen, auf die verschiedentlich unter Zuschnitt auf die Besonderheiten des betreffenden Investmentvermögens Bezug genommen wird.45 Kommt die AIF-KVG der Abwicklung nicht nach, kann die BaFin die Abwicklung gemäß § 15 Abs. 2 verfügen. Widerspruch und Anfechtungsklage hiergegen haben gemäß § 7 Abs. 1 keine aufschiebende Wirkung. 2. Übertragung des AIF auf eine AIF-KVG mit Erlaubnis. Aus dem Verhältnismä- 43 ßigkeitsgrundsatz leitet sich ab, dass mildere Maßnahmen als die Abwicklung erlaubt sein müssen, soweit diese gleich geeignet sind, die Verwaltung des AIF durch die betreffende AIF-KVG zu beenden. Hier führt das Gesetz in § 343 Abs. 5 Satz 1 beispielhaft die Übertragung des AIF auf eine solche AIF-KVG an, die über eine Erlaubnis verfügt.46 Darüber hinaus sind weitere Gestaltungen zulässig, wie etwa die Verschmelzung des AIF mit dem Fonds einer lizensierten KVG. a) Durch Mehrheitsbeschluss der Anleger. Die Übertragung des AIF kann auf eine 44 andere lizensierte AIF-KVG vorgenommen werden, wenn eine Anlegermehrheit von über 50% ihre Zustimmung erteilt. Das Quorum von mehr als 50% bemisst sich nach dem Anlagevolumen der gehaltenen Anteile oder Aktien.47 Durch die Wahl des Oberbegriffes „Zustimmung“ stellt der Gesetzgeber klar, dass die Anleger vor dem Vertragsschluss zwischen übertragender und übernehmender AIF-KVG oder im Anschluss ihre Zustimmung erteilen können. Da die Zustimmung der Anleger aber konstitutives Wirksamkeitserfordernis ist, sollte eine Einwilligung (vorherige Zustimmung) erfolgen. Die Zustimmung der Anleger ist binnen drei Monaten ab Versagung der Erlaubnis 45 oder Ablauf der Erlaubnisantragsfrist einzuholen. Nach dem Gesetzeswortlaut muss auch die Übertragung auf die neue AIF-KVG innerhalb der Dreimonatsfrist erfolgen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muss es jedoch ausreichen, wenn jedenfalls der Mehrheitsbeschluss rechtzeitig erfolgt und die Übernahme durch die neue AIF-KVG vertraglich vereinbart wurde.48 Wenn sich die technische Durchführung der Übertragung über die Dreimonatsfrist hinaus verzögert, so kann dies allenfalls zu allgemeinen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegen die verursachende AIF-KVG führen, jedoch nicht die Wirksamkeit der Übertragung beeinflussen. Eine Abwicklungsanordnung der BaFin unter Verweis auf die überschrittene Frist wäre unverhältnismäßig.

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45 Beispielsweise in § 112 Abs. 1 Satz 5 für die Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital sowie in § 144 Satz 5 für die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital. 46 Oder – im Falle von inländischen Spezial-AIF – die Übertragung auf eine EU-AIFVerwaltungsgesellschaft nach § 343 Abs. 5 Satz 3. 47 Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 5, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 300. 48 Das suggeriert auch die Gesetzesbegründung, wenn sie von einer Übertragung des Verwaltungsrechts binnen drei Monaten spricht; Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 5, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 300.

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Das Gesetz enthält keinen Hinweis, nach welchem Verfahren der Mehrheitsbeschluss zustande zukommen hat. Es bietet sich jedoch an, auf die Regelungen zur Gläubigerorganisation des Schuldverschreibungsgesetzes zurückzugreifen, wie es der Gesetzgeber auch in der Krise eines Immobilien-Sondervermögens nach § 259 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 angeordnet hat.49 Von besonderer Bedeutung ist die im reformierten Schuldverschreibungsgesetz vorgesehene Möglichkeit, die Abstimmung ohne physische Versammlung abzuhalten.50 Die damaligen Erwägungen des Gesetzgebers zur Einführung des § 81b Abs. 3 InvG (nunmehr § 259 Abs. 3 KAGB) gelten entsprechend für den vorliegenden Fall der Übertragung des AIF im Rahmen von § 343 Abs. 5. Zum einen sollen Kleinanleger durch den Aufwand einer Reise zur Versammlung nicht abgeschreckt werden. Des Weiteren eignet sich gerade der eingeschränkte Beschlussgegenstand (Übertragung oder Abwicklung) dafür, eine informierte Abstimmung unter Abwesenden zu erreichen.51

b) Durch Anordnung der BaFin. Erfolgt keine Initiative der Anleger oder scheitert diese am notwendigen Quorum, kann die BaFin alternativ gemäß § 343 Abs. 5 Satz 2 die Übertragung des AIF auf eine andere AIF-KVG im öffentlichen Interesse anordnen. Dies stellt gegenüber der betroffenen Gesellschaft einen Verwaltungsakt dar. Da § 343 Abs. 5 Satz 2 nicht in die Aufzählung bei § 7 aufgenommen wurde, ist davon auszugehen, dass der Verwaltungsakt nicht von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist, so dass dem Widerspruch grundsätzlich aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO zukommt. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass in den Fällen des § 343 Abs. 5 auch die Voraussetzungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegen werden, so dass die BaFin die sofortige Vollziehung anordnen könnte. Unklar bleibt, wie der unbestimmte Rechtsbegriff des „öffentlichen Interesses“ 48 einzustufen ist.52 Es könnte sich hierbei um eine Eingriffsvoraussetzung für die BaFin handeln. Die BaFin hat bei ihrer Aufsicht im Investmentrecht sowohl den Schutz der Anleger als auch die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts in den Blick zu nehmen.53 Durch die Umsetzung der AIFM-Richtlinie, die maßgeblich von den Erfahrungen der Finanzmarktkrise geprägt war,54 ist ferner das Regulierungsziel der Finanzmarktstabilität als Bestandteil der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes in den Fokus geraten.55 Vor dem Hintergrund dieser Ausrichtung des KAGB lässt sich vertreten, dass die BaFin den Willen (der Mehrheit) der Anleger zur Abwicklung des AIF dann ignorieren darf, wenn diese Abwicklung zur Liquidation von Vermögenswerten eines „systemrelevanten“ Fonds führt und dadurch die Stabilität des betr. (Kapital-)Marktsegments gefährdet wird. In diesem Fall handelt die BaFin im öffentlichen Interesse, wenn sie durch die Übertragungsanordnung des AIF auf eine lizensierte AIF-KVG liquidationsbedingte Marktverwerfungen verhindert. Für diese Auslegung des Begriffs spricht der Vergleich mit § 48a Abs. 2 KWG, der der BaFin ohne Rücksichtnahme auf die Gläubigerinteressen die 47

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49 Zur Gläubigerorganisation gemäß §§ 5–21 Schuldverschreibungsgesetz weiterführend Horn Das neue Schuldverschreibungsgesetz und der Anleihemarkt, BKR 2009 450. 50 Hierzu ausführlich Bertelmann/Schönen Gläubigerrechte und Emittentenpflichten bei der Abstimmung ohne Versammlung nach dem Schuldverschreibungsgesetz, ZIP 2014 353. 51 Gesetzesbegründung zu § 81b Abs. 3 InvG, Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, BTDrucks. 17/3628 S. 30. 52 Auf die fehlenden Verfahrensregelungen zu dem Eingriffsrecht der BaFin aus § 343 Abs. 5 Satz 2 verweisen auch Beckmann/Scholtz/Vollmer/Weitzel/Kittner/Verfürth vor 405 Rn. 271. 53 Zu dieser allgegenwärtigen Dichotomie im Kapitalmarktrecht Schimansky/Bunte/Lwowski/Seiler/ Kniehase Bankrechtshandbuch, Vor § 104 Rn. 85 m.w.N. 54 Hierzu ausführlich Spindler/Tancredi Die Richtlinie über Alternative Investmentfonds, WM 2011 1393. 55 Siehe die Erwähnung in Erwägungsgrund 17 der AIFM-Richtlinie sowie in § 9 Abs. 3 Nr. 2 KAGB.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

Anordnung gestattet, das Vermögen eines bestandsgefährdeten Kreditinstituts auf ein anderes Institut zu übertragen, wenn andernfalls die Systemstabilität gefährdet würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „öffentlichen Interesses“ könnte auch eine Her- 49 vorhebung des zahlreich vom Gesetzgeber betonten Grundsatzes sein, dass die BaFin stets und ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig wird.56 Dies wird in Aufsichtsgesetzen wiederholt explizit statuiert, um den Drittschutzcharakter der betr. Norm per Wortlaut auszuschalten und einer etwaigen Staatshaftung den Boden zu entziehen.57 3. Konsequenzen für ausländische und EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften (Ab- 50 satz 6). § 343 Abs. 6 ordnet die entsprechende Anwendbarkeit von § 343 Abs. 5 für EU-AIFVerwaltungsgesellschaften von inländischen Spezial-AIF bei Versäumnis ihrer Pflichten aus § 343 Abs. 2 i.V.m. § 54 an. EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften, die inländische Publikums-AIF verwalten und ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften, die inländische AIF verwalten, dürfen die grenzüberschreitende Verwaltung nach dem 21.7.2013 nicht fortführen. Sie müssen daher innerhalb von 15 Monaten obligatorisch eine Übertragung auf eine unter dem KAGB lizensierte AIF-KVG vornehmen oder den AIF abwickeln.58 VI. Übergangsvorschrift für Millionenkreditmeldeverfahren (Absatz 7) Durch das zum 18.3.2016 in Kraft getretene OGAW-V-Umsetzungsgesetz wird die 51 AIF-KVG befähigt, für Rechnung eines AIF Gelddarlehen zu gewähren oder unverbriefte Darlehensforderungen zu erwerben. Daher hat der Gesetzgeber das in § 14 KWG geregelte Meldeverfahren gegenüber der Bundesbank für Millionenkredite über § 34 Abs. 6 für entsprechend anwendbar erklärt. Die AIF-KVG muss bei der Evidenzzentrale der Deutschen Bundesbank vierteljährlich die Kreditnehmer anzeigen, deren Kreditvolumen bzw. deren Darlehensverbindlichkeiten eine Million Euro oder mehr beträgt. Da der Aufbau einer internen Organisationsstruktur für das Meldeverfahren seitens der AIF-KVG aufwändig ist, gewährt der Gesetzgeber den Regelungsadressaten durch § 343 Abs. 7 eine Übergangszeit bis zum 1.7.2017, bevor die entsprechende Anwendbarkeit des § 14 KWG greift. Zudem soll das verzögerte Inkrafttreten auch der Deutschen Bundesbank hinreichend Zeit geben, die Ausdehnung des Verfahrens auf AIF-KVG vorzubereiten.59 Das erste Meldequartal gemäß § 34 Abs. 6 i.V.m. § 14 Abs. 1 KWG ist folglich das erste Quartal 2017 und der erste Meldestichtag gemäß § 15 Abs. 2 GroMiKV60der 31.3.2017. VII. OGAW-V-UmsG bedingte Anpassungen bei Publikums-AIF (Absatz 8) 1. Regelungshintergrund. § 343 Abs. 8 wurde im Zuge des OGAW-V-Umsetzungs- 52 gesetzes aufgenommen. Er räumt der AIF-KVG eine einjährige Übergangsfrist ein, um die Anlagebedingungen, die wesentlichen Anlegerinformationen und den Verkaufsprospekt für Publikums-AIF an die aktuelle Fassung des KAGB anzupassen, wie sie sich nach Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes zum 18.3.2016 darstellt. Dass aus der Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie überhaupt Anpassungen bei AIFs 53 (also bei „nicht OGAW-konformen Fonds“) erforderlich wurden, liegt an der systematischen Grundsatzentscheidung, die der Gesetzgeber anlässlich der Umsetzung der AIFM-

_____ 56 57 58 59 60

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Zur berechtigten Kritik hieran Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Emde InvG, 2013, § 5 Rn. 10 Fn. 10. Vgl. den Wortlaut des vom Regelungsgehalt vergleichbaren § 48a Abs. 2 Satz 3 KWG. Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 5, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 300. Gesetzesbegründung zu § 343 Abs. 7, FA-Bericht zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/7393 S. 77. Großkredit- und Millionenkreditverordnung vom 6.12.2013, BGBl. I, S. 4183.

Gerlach

§ 344

Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften

Richtlinie und einhergehender Schaffung des KAGB traf. Dort wurden sowohl OGAW als auch bestimmte AIF als Publikums-Investmentvermögen eingeordnet und vielfach einheitlichen Regelungen unterworfen. Entsprechend dieser Konzeption hat der Gesetzgeber die Regelungen aus der OGAW-V-Richtlinie über ihren Anwendungsbereich hinaus auf Publikums-AIF erstreckt, soweit dies sachlich begründet war.61 54

2. Inhalt der Anpassungen. Der Anpassungsbedarf in den Anlagebedingungen betrifft die Abbildung der Voraussetzungen einer Übertragung der Verwaltung auf eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft und jener Voraussetzungen für einen Wechsel der Verwahrstelle. Die wesentlichen Anlegerinformationen und Verkaufsprospekte müssen vor allem an die Vorgabe angepasst werden, über die Vergütungspolitik der KVG aufzuklären. Zudem ergeben sich Anpassungen durch die neue Regelung, dass sich die Verwahrstelle bei einer Unterverwahrung nicht von ihrer Haftung befreien kann.

55

3. Genehmigung durch die BaFin. Durch § 343 Abs. 8 Satz 2 wird klargestellt, dass eine Genehmigung der angepassten Anlagebedingungen durch die BaFin erforderlich ist. Wie schon bei der Umsetzung der AIFM-Richtlinie wurde auch bei der OGAW-V Umsetzung die Bearbeitungsfrist der BaFin (von vier Wochen) auf drei Monate ausgeweitet, um nicht Gefahr zu laufen, wegen der erhöhten Antragseingänge und einer etwaigen Überlastung der Behörde notgedrungen die Genehmigungsfiktion nach § 163 Abs. 2 Satz 5 auszulösen. § 343 Abs. 8 Satz 3 erklärt weitere Vorgaben des Genehmigungsprozesses aus § 163 für unanwendbar. Mangels anderweitiger Regelung ist davon auszugehen, dass für die angepassten Verkaufsprospekte und wesentlichen Anlegerinformationen wiederum § 164 Abs. 5 gilt, so dass die Änderungen unverzüglich nach erstmaliger Verwendung bei der BaFin einzureichen sind. 61

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§ 344 Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften und für andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum § 344 Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften Gerlach/Herberger Übergangsvorschriften für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) Die §§ 56 bis 66 sind erst ab dem Zeitpunkt anzuwenden, auf den in § 295 Absatz 2 Nummer 1 verwiesen wird. (2) Bezieht sich dieses Gesetz auf andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, so gilt diese Bezugnahme jeweils erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die für die entsprechende Vorschrift dieses Gesetzes maßgeblichen Rechtsakte der Europäischen Union gemäß Artikel 7 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für die Vertragsparteien verbindlich sind und in dem betreffenden anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Teil des innerstaatlichen Rechts oder in innerstaatliches Recht umgesetzt sind. (3) Unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union gelten im Geltungsbereich dieses Gesetzes entsprechend auch für die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die keine Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, soweit diese Rechtsakte gemäß Artikel 7 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für die Vertragsparteien verbind-

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Gesetzesbegründung zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 35 f.

Gerlach/Herberger https://doi.org/10.1515/9783110492217-136

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B. Drittstaatenstichtag (Absatz 1)

§ 344

lich sind und in dem betreffenden anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Teil des innerstaatlichen Rechts oder in innerstaatliches Recht umgesetzt sind. A. Hintergrund der Vorschrift § 344 wurde im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 1 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen. Die Vorschrift dient im Wesentlichen der Umsetzung von Art. 66 Abs. 3 sowie Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie. § 344 Abs. 1 regelt den Zeitpunkt, ab welchem die Vorschriften zur Ausweitung des 2 EU-Passes für den grenzüberschreitenden Vertrieb und die Verwaltung von AIF auf ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften zur Anwendung gelangen. Die Absätze 2 und 3 wurden der Klarstellung halber durch das Finanzmarktanpassungsgesetz1 mit Wirkung zum 19.7.2014 in § 344 eingefügt. Die Vorschrift ist Bestandteil der ausführlichen Drittstaatenregulierung, die im Zuge 3 der AIFM-Richtlinienumsetzung eingeführt wurde und die ein Novum gegenüber bisherigen Drittstaaten-Regelungen im Kapitalmarktrecht darstellt.2 Ausländischen AIFVerwaltungsgesellschaften soll es künftig möglich sein, ebenfalls den EU-Pass für den grenzüberschreitenden Vertrieb und die Verwaltung von AIF unter bestimmten Voraussetzungen zu nutzen.3 Zu diesen Voraussetzungen gehören die in Bezug genommenen §§ 56 bis 66, die beispielsweise die Wahl der Bundesrepublik Deutschland als Referenzmitgliedstaat, die Erlaubniserteilung für ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften sowie die Errichtung von Zweigniederlassungen regeln. B. Drittstaatenstichtag (Absatz 1) B. Drittstaatenstichtag (Absatz 1) Wenngleich die §§ 56 bis 66 bereits anlässlich der Einführung des KAGB aufgenom- 4 men wurden und am 22.7.2013 in Kraft traten, wird der Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit durch § 344 hinausgezögert. Denn es obliegt nach Art. 67 der AIFM-Richtlinie zunächst der Europäischen Kommission, einen Stichtag festzulegen, ab dem die Regelungen anwendbar sind. Die Kommission trifft ihre Entscheidung auf Grundlage einer Empfehlung von 5 ESMA, die ausweislich des Wortlautes von Art. 67 Abs. 2 der AIFM-Richtlinie bis zum 22.7.2015 hätte erfolgen müssen. Bis dahin sollte ESMA sowohl die Funktionsweise des EU-Passes als auch die zwischenzeitlichen Erfahrungen mit dem Vertrieb von ausländischen AIF durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften sowie der Verwaltung und/oder dem Vertrieb von AIF durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften gemäß den Interimsregelungen evaluieren. Binnen drei Monaten ab Eingang einer positiven Stellungnahme von ESMA sollte die Kommission gem. Art. 67 Abs. 6 der AIFM-Richtlinie sodann den delegierten Rechtsakt mit dem festgelegten Drittstaatenstichtag erlassen. Demnach wäre der delegierte Rechtsakt der Kommission spätestens am 22.10.2015 zu erlassen gewesen. Das ist indessen nicht geschehen. Zwar hat ESMA bereits im Juli 2015 eine Empfehlung zur Anwendung des EU-Passes auf Nicht-EU-AIFM bzw. Nicht-EU-AIF im Hinblick auf sechs Drittstaaten und zuletzt am 19.7.2016 betreffend – teilweise mit Einschränkun-

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1 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934; hiernach: FinMarktAnpG. 2 Ausführlich Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Klebeck AIFM, vor Kap. VII Rn. 32 ff. 3 Vielfach auch als sog. Drittstaaten-Pass bezeichnet, vgl. etwa Wallach RdF 2013 101.

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Gerlach/Herberger

§ 344a

Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz

gen – zwölf Drittstaaten4 veröffentlicht.5 Gleichwohl steht der Erlass des delegierten Rechtsaktes bislang aus.6 In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass ESMA einen Staat-für-Staat-Ansatz verfolgt und die Kommission demnach bei der Ausweitung des Passes abwarten könnte, bis die Empfehlung eine hinreichende Anzahl von Staaten umfasst. Ab dem festgelegten Drittstaatenstichtag würden die Regelungen des EU-Passes auf 6 die Verwaltung und den Vertrieb von AIF durch ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften beziehungsweise den Vertrieb ausländischer AIF durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften ausgedehnt. C. Anwendbarkeit auf EWR-Vertragsstaaten (Absätze 2 und 3) 7

Bei der Einführung des KAGB zum 22.7.2013 erfolgten diverse Gleichstellungen von EWR-Vertragsstaaten und Mitgliedstaaten der EU. Gleichwohl war die AIFM-RL zu diesem Zeitpunkt noch nicht in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum übernommen worden. § 344 Abs. 2 und 3 stellen daher klar, dass die Regelungen des KAGB sowie die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Union bezüglich der EWR-Vertragsstaaten erst dann Geltung erlangen, wenn die AIFM-RL und die entsprechenden Verordnungen der EU in das EWR-Abkommen übernommen sowie Teil des innerstaatlichen Rechts des jeweiligen EWR-Vertragsstaats wurden.7 Ausweislich des Art. 1 des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschuss vom 30.9.2016 wird die AIFMRichtlinie in das EWR-Abkommen aufgenommen.8 45678

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§ 344a Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz § 344a Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz Gerlach § 45 Absatz 3 Satz 3 und § 123 Absatz 1 Satz 2 in der Fassung des Kleinanlegerschutzgesetzes vom 3. Juli 2015 (BGBl. I S. 1114) sind erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen. (lt. Angabe nur Gerlach genannt, kein Autorenwechsel wie im restl. Bd.) Übergangsvorschrift zum Kleinanlegerschutzgesetz 1 § 344a bezieht sich auf Neuerungen hinsichtlich des Ordnungsgeldverfahrens,1 die durch das Kleinanlegerschutzgesetz in § 45 Abs. 3 Satz 3 für die kleine AIF-KVG sowie in § 123 Abs. 1 Satz 2 für die Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital aufgenommen wurden. Das Kleinanlegerschutzgesetz normiert die Anwendbarkeit der Ord-

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4 Australien, Bermuda, Canada, Caymand Islands, Guernsey, Hong Kong, Isle of Man, Japan, Jersey, Schweiz, Singapur und USA. 5 ESMA’s advice to the European Parliament, the Council and the Commission on the application of the AIFMD passport to non-EU AIFMs and AIFs (12.9.2016; ESMA/2016/1140). 6 Bereits am 30.7.2015 hatte die ESMA eine Empfehlung zur Ausweitung des EU-Passes auf sechs Drittstaaten ausgesprochen. 7 Gesetzesbegründung zu § 344, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 52. 8 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 202/2016 vom 30.9.2016 zur Änderung von Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens [2017/279]. 1 Zum Ordnungsgeldverfahren vgl. Schülke NZG 2013 1375; Stützel DB 2013 2345; Meyer DStR 2013 930.

Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-137

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

§ 345

nungsgeldvorschriften nach §§ 335 ff. HGB für die sog. kleine AIF-KVG im Sinne des § 2 Abs. 5 sowie deren vertretungsberechtigte Organe unabhängig davon, ob die verwalteten inländischen Publikums-AIF (kapitalmarktorientierte) Kapitalgesellschaften oder Gesellschaften im Sinne des § 264a HGB sind. Die Übergangsvorschrift des § 344a regelt, dass die Anwendbarkeit des Ordnungs- 2 geldverfahrens bzw. die Erhöhung des Ordnungsgeldrahmens für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften auf EUR 250.000 in der Bezugsnorm2 des § 355 Abs. 1 Satz 4 Hs. 2 HGB erst ab dem Geschäftsjahr 2015 greift. Verstoßen die AIF-KVG bzw. die Investmentaktiengesellschaft daher (im Jahr 2015) gegen Offenlegungspflichten hinsichtlich Rechnungslegungsunterlagen aus dem Geschäftsjahr 2014, kann das zuständige Bundesamt der Justiz allenfalls den vormaligen Höchstbetrag von EUR 25.000 festsetzen.3

UNTERABSCHNITT 2 Besondere Übergangsvorschriften für offene AIF und für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten https://doi.org/10.1515/9783110492217-138

§ 345 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren § 345 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften Gerlach Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes 1. über eine Erlaubnis als Kapitalanlagegesellschaft nach § 7 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder als Investmentaktiengesellschaft nach § 97 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung verfügt und 2. inländische offene Publikums-AIF verwaltet, die vor dem 22. Juli 2013 im Sinne des § 343 Absatz 4 aufgelegt und deren Anlagebedingungen gemäß den §§ 43, 43a des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung genehmigt wurden, hat die Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung dieser inländischen offenen Publikums-AIF an die Vorschriften dieses Gesetzes anzupassen; die geänderten Anlagebedingungen müssen spätestens am 21. Juli 2014 in Kraft treten. 2 Die für die Anpassung erforderlichen Änderungen der Anlagebedingungen müssen nur dann von der Bundesanstalt genehmigt werden, wenn es sich bei diesen Änderungen nicht um rein redaktionelle Änderungen aufgrund der Anpassungen an die Begrifflichkeiten nach diesem Gesetz handelt. 3 Andere als die zur Anpassung der Anlagebedingungen an die Vorschriften dieses Gesetzes notwendigen Änderungen dürfen in den Anlagebedingungen nicht vorgenommen werden. 4 Für die Genehmigung der Anlagebedingungen gilt nur § 163 Absatz 2 Satz 1 bis 4, 7 bis 10 und Absatz 4

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2 Zu beachten ist, dass die Bezugsnorm bereits zum 26.11.2015 durch die Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (ohne Übergangsfrist) geändert wurde und nunmehr bei einer Kapitalmarktorientierung der Kapitalgesellschaft der wesentlich empfindlichere Ordnungsgeldrahmen aus § 335 Abs. 1a HGB gilt. 3 Vorausgesetzt, die Normadressaten unterfielen zu diesem Zeitpunkt bereits unmittelbar § 335 HGB a.F.

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Gerlach

§ 345

Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

Satz 1, 6 und 7 mit der Maßgabe, dass die in § 163 Absatz 2 Satz 1 genannte Frist zwei Monate ab Einreichung des Antrags auf Genehmigung der Anlagebedingungen beträgt. 5 Auf rein redaktionelle Änderungen von Anlagebedingungen im Sinne des Satzes 2 ist § 163 nicht anzuwenden, jedoch gilt für die Bekanntmachung der Änderungen und deren Inkrafttreten § 163 Absatz 4 Satz 1 und 6 erster Halbsatz entsprechend; die redaktionell angepassten Anlagebedingungen sind bei der Bundesanstalt einzureichen. 6 Der Antrag auf Genehmigung der Änderungen der Anlagebedingungen oder, falls ein solcher nach Satz 2 nicht erforderlich ist, die redaktionell angepassten Anlagebedingungen dürfen nicht nach dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 bei der Bundesanstalt eingereicht werden. 7 Wird der Antrag auf Genehmigung der Änderungen der Anlagebedingungen, oder werden, falls ein solcher nach Satz 2 nicht erforderlich ist, die redaktionell angepassten Anlagebedingungen vor dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 eingereicht, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Einreichung verbindlich gegenüber der Bundesanstalt erklären, spätestens bis zum 21. Juli 2014 einen Antrag auf Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 zu stellen. 8 Die Bundesanstalt ist unverzüglich über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen der Anlagebedingungen zu informieren. 9 Bis zum Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen der verwalteten inländischen offenen Publikums-AIF im Sinne des Satz 1 Nummer 2, spätestens jedoch bis zum 21. Juli 2014, sind für diese AIF die für entsprechende Publikums-AIF geltenden Vorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden. 10 Die §§ 1 und 2 sowie die Vorschriften dieses Gesetzes betreffend die für Umstellung auf das neue Recht erforderlichen Anträge, Verwaltungsverfahren und Bescheide sowie die Übergangsvorschriften nach diesem Gesetz bleiben unberührt. 11 Ab Inkrafttreten der geänderten Anlagebedingungen, spätestens jedoch ab dem 22. Juli 2014, sind auf die inländischen offenen Publikums-AIF die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden. (2) 1 Bis zum Eingang des Erlaubnisantrags nach § 22 bei der Bundesanstalt, spätestens jedoch bis zum Ablauf des 21. Juli 2014, gelten für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 die Vorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiter. 2 Absatz 1 Satz 10 gilt entsprechend. 3 Soweit sich aus Absatz 1 Satz 9 nichts anderes ergibt, ist ab Eingang des Erlaubnisantrags nach § 22, spätestens jedoch ab dem 22. Juli 2014, dieses Gesetz vollständig auf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 anzuwenden mit der Maßgabe, dass im Hinblick auf die Verwaltung und den Vertrieb von Publikums-AIF im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 im Geltungsbereich dieses Gesetzes und solange der Erlaubnisantrag, der bis zum 21. Juli 2014 einzureichen ist, noch nicht beschieden wurde, das Erfordernis der Erlaubnis durch den noch nicht beschiedenen vollständigen Erlaubnisantrag ersetzt wird. 4 Haben die in Absatz 1 Satz 1 genannten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften bis zum Ablauf des 21. Juli 2014 keinen Antrag auf Erlaubnis gemäß § 22 gestellt, ist § 343 Absatz 5 anzuwenden. (3) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes 1. über eine Erlaubnis als Kapitalanlagegesellschaft nach § 7 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder über eine Erlaubnis als Investmentaktiengesellschaft nach § 97 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung verfügt und 2. inländische offene Spezial-AIF verwaltet, die vor dem 22. Juli 2013 im Sinne des § 343 Absatz 4 aufgelegt wurden, Gerlach

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

§ 345

hat die Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung dieser inländischen offenen Spezial-AIF spätestens bis zum 21. Juli 2014 an die Vorschriften dieses Gesetzes anzupassen und zusammen mit dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 einzureichen. 2 Absatz 1 Satz 8 und 9 und Absatz 2 gelten entsprechend. (4) 1 Erfüllt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4, gelten für sie und die von ihr verwalteten inländischen offenen Spezial-AIF im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 bis zum Eingang des Antrags auf Registrierung nach § 44 bei der Bundesanstalt, spätestens jedoch bis zum 21. Juli 2014, die Vorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiter. 2 Die Übergangsvorschriften, die Vorschriften zur Registrierung sowie die Befugnisse der Bundesanstalt nach diesem Gesetz bleiben unberührt. 3 Ab dem Eingang des Antrags auf Registrierung bei der Bundesanstalt, spätestens ab 22. Juli 2014, sind die für diese AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geltenden Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden. (5) Beantragt eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 3 Satz 1 gemäß § 22 die Erlaubnis zur Verwaltung von AIF, muss sie diejenigen Angaben und Unterlagen, die sie bereits bei dem Erlaubnisantrag nach § 7 Absatz 1 oder § 97 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder im Rahmen der Umstellung ihrer Investmentvermögen auf dieses Gesetz vorgelegt hat, nicht erneut vorlegen, sofern diese Angaben und Unterlagen weiterhin aktuell sind. (6) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 darf von ihr verwaltete inländische offene Publikums-AIF im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 nach dem 21. Juli 2013 im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach den Vorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiter vertreiben. 2 Das Vertriebsrecht nach Satz 1 endet, 1. wenn die Bundesanstalt den Vertrieb untersagt hat, 2. wenn die Bundesanstalt die Erlaubnis nach § 23 versagt hat, 3. mit dem Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen gemäß Absatz 1, 4. spätestens jedoch mit Ablauf des 21. Juli 2014. 3 Ein Vertrieb der in Satz 1 genannten inländischen offenen Publikums-AIF nach dem 21. Juli 2014 oder, sofern die Änderungen der Anlagebedingungen nach Absatz 21 früher in Kraft treten, nach dem Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen gemäß Absatz 2 2 ist nur zulässig, wenn die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bis zu dem früheren der beiden Zeitpunkte das Anzeigeverfahren nach § 316 erfolgreich durchlaufen hat. 4 § 316 Absatz 1 bis 3 ist für das Anzeigeverfahren im Sinne des Satzes 3 mit den Maßgaben anzuwenden, dass 1. die Frist nach § 316 Absatz 3 zwei Monate beträgt, 2. die Vertriebsanzeige zusammen mit dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 eingereicht werden muss, 3. solange der bei der Bundesanstalt eingereichte Erlaubnisantrag gemäß § 22 noch nicht beschieden ist, das Erfordernis der Erlaubnis nach § 22 durch den bei der Bundesanstalt eingereichten, aber noch nicht beschiedenen vollständigen Erlaubnisantrag ersetzt wird.

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1 Es handelt sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Richtigerweise muss der Verweis auf Absatz 1 erfolgen, der die Regelung zur Änderung der Anlagebedingungen und deren Inkrafttreten enthält. Während der Finanzausschuss des Bundestages den fehlerhaften Verweis in § 345 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 korrigierte, übersah man offensichtlich die weiteren fehlerhaften Verweise in § 345 Abs. 6 Satz 3. 2 Siehe Ausführungen zu Fn. 1.

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

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Der Vertrieb nach den Vorschriften dieses Gesetzes darf erst nach der Mitteilung nach § 316 Absatz 3 und nach Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen fortgesetzt werden. 6 In dem Zeitraum, in dem das Erfordernis der Erlaubnis nach § 22 durch den bei der Bundesanstalt eingereichten, aber noch nicht beschiedenen Erlaubnisantrag ersetzt wird, sind in dem Verkaufsprospekt und den wesentlichen Anlegerinformationen die Anleger drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle über die fehlende Erlaubnis der AIFKapitalverwaltungsgesellschaft und die Folgen einer Erlaubnisversagung hinzuweisen. 7 Das Vertriebsrecht erlischt, wenn die Erlaubnis gemäß § 23 versagt wird. (7) Für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 und den Vertrieb der von ihr verwalteten inländischen offenen Spezial-AIF im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 2 nach dem 21. Juli 2013 im Geltungsbereich dieses Gesetzes an professionelle oder semiprofessionelle Anleger gilt Absatz 6 entsprechend mit der Maßgabe, dass jeweils an die Stelle des § 316 der § 321 und an die Stelle von inländischen offenen Publikums-AIF inländische offene SpezialAIF treten. (8) 1 AIF-Verwaltungsgesellschaften, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Anzeige nach § 139 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder nach § 7 Absatz 1 des Auslandsinvestmentgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung erstattet haben und zum öffentlichen Vertrieb von Anteilen oder Aktien eines von ihr verwalteten AIF berechtigt sind und diese auch nach dem 21. Juli 2014 im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu vertreiben beabsichtigen, müssen 1. in Bezug auf a) EU-AIF und b) ausländische AIF, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes an Privatanleger vertrieben werden, eine Anzeige nach § 320 an die Bundesanstalt übermitteln, 2. in Bezug auf a) ausländische AIF und b) EU-Feeder-AIF, deren Master-AIF keine EU-AIF oder inländischen AIF sind, die von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet werden, und die im Geltungsbereich dieses Gesetzes von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft an professionelle oder semiprofessionelle Anleger vertrieben werden, eine Anzeige nach § 329 an die Bundesanstalt übermitteln, 3. in Bezug auf a) EU-AIF und b) EU-Feeder-AIF, deren Master-AIF ein EU-AIF oder inländischer AIF ist, der von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft oder einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, und die im Geltungsbereich dieses Gesetzes von einer EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft an professionelle oder semiprofessionelle Anleger vertrieben werden, über die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates der EU-AIF-Verwaltungsgesellschaft eine Anzeige nach § 323 übermitteln, 4. in Bezug auf a) ausländische AIF und b) EU-AIF, Gerlach

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

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die im Geltungsbereich dieses Gesetzes von einer ausländischen AIF-Verwaltungsgesellschaft an professionelle oder semiprofessionelle Anleger vertrieben werden, eine Anzeige nach § 330 an die Bundesanstalt übermitteln, 5. in Bezug auf AIF, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes von einer EU-AIFVerwaltungsgesellschaft, die die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2011/61/EU erfüllt, an professionelle oder semiprofessionelle Anleger vertrieben werden, eine Anzeige nach § 330a an die Bundesanstalt übermitteln. 2 Die AIF-Verwaltungsgesellschaft darf den AIF im Sinne von Satz 1 noch bis zum Abschluss des Anzeigeverfahrens im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach den Vertriebsvorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung vertreiben. 3 Das Vertriebsrecht nach Satz 2 endet spätestens am 21. Juli 2014. 4 Wird kein weiterer Vertrieb des AIF im Sinne von Satz 1 beabsichtigt, gilt § 315 entsprechend. 5 Eine neue Vertriebsanzeige nach Satz 1 ist jederzeit möglich. (9) 1 AIF-Verwaltungsgesellschaften, die in Bezug auf ihre EU-AIF oder ausländischen AIF nach dem 21. Juli 2014 Tätigkeiten ausüben oder ausüben lassen, die zwar nach dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung nicht als öffentlicher Vertrieb galten, nach diesem Gesetz aber als Vertrieb anzusehen sind, haben, gegebenenfalls über die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates, eine Anzeige nach den §§ 320, 323, 329, 330 oder 330a zu übermitteln. 2 Absatz 8 Satz 2, 3 und 5 gilt entsprechend. (10) 1 AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Vertrieb eines ab 22. Juli 2013 der Anzeigepflicht nach § 331 unterfallenden AIF an professionelle Anleger berechtigt sind, dürfen diesen nach dem 21. Juli 2014 dort nicht mehr vertreiben, es sei denn, sie haben ein neues Vertriebsrecht nach § 331 Absatz 5 Satz 2 erhalten. 2 Abweichende Fristen in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der AIF bisher zum Vertrieb an professionelle Anleger zugelassen war, bleiben unberührt. 3 Die Fristen nach § 331 Absatz 3 und 4 beginnen zu laufen, sobald die Bundesanstalt der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Erlaubnis gemäß § 22 erteilt hat und die Änderungen der Anlagebedingungen in Kraft getreten sind. (11) Für Verwahrstellen von inländischen offenen Publikums-AIF ist keine erneute Genehmigung nach § 69 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 87, erforderlich, wenn deren Auswahl bereits nach § 21 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung genehmigt worden ist. (12) 1 Der Antrag einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, der auf eine Genehmigung der Anlagebedingungen eines AIF durch die Bundesanstalt nach dem Investmentgesetz gerichtet ist und der vor dem 21. Juli 2013 bei der Bundesanstalt eingegangen ist, jedoch bis zum Ablauf des 21. Juli 2013 noch nicht genehmigt war, gilt als am 22. Juli 2013 gestellter Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen nach diesem Gesetz. 2 Sofern nach diesem Gesetz erforderliche Angaben oder Dokumente fehlen, hat die Bundesanstalt diese nachzufordern.

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A. B.

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Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung „regulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 1) | 3 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene | 6 a) Materielle Änderungen (inhaltliche Anpassung an das KAGB) | 7 aa) Genehmigungsbedürftigkeit | 8 bb) Veröffentlichungspflicht (Inkrafttreten) | 10 cc) Verknüpfung mit Erlaubnisantrag der KVG | 11 b) Redaktionelle Änderungen (begriffliche Anpassung an das KAGB) | 14 aa) Keine Genehmigungsbedürftigkeit | 15 bb) Veröffentlichungspflicht (Inkrafttreten) | 16 cc) Verknüpfung mit Erlaubnisantrag der KVG | 17 c) Weitergehende Änderungen der Anlagebedingungen | 18 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 19 3. Konsequenz verspäteten Inkrafttretens der Anlagebedingungen | 20 II. Übergangsregelung „regulierter“ AIF-KVG (Absatz 2) | 21

1.

Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf VG-Ebene | 22 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 23 3. Konsequenz nicht (rechtzeitig) beantragter Erlaubnis | 25 III. Übergangsregelung „regulierter“ offener Spezial-AIF und deren KVG (Absatz 3) | 26 IV. Übergangsregelung für kleine AIF-KVG (Absatz 4) | 27 V. Erleichterungen bei Antragsverfahren (Absatz 5) | 28 VI. Übergangsregelung für Vertrieb „regulierter“ offener PublikumsAIF (Absatz 6) 1. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 29 2. Vertriebsanzeigeverfahren als erforderliche Anpassungsmaßnahme | 30 VII. Übergangsregelung für Vertrieb „regulierter“ offner Spezial-AIF (Absatz 7) | 34 VIII. Übergangsregelung für öffentlichen Vertrieb ausländischer AIF/EU-AIF (Absatz 8) | 35 IX. Übergangsregelung für Privatplatzierung ausländischer AIF/ EU-AIF (Absatz 9) | 40 X. Übergangsregelung für Vertrieb inländischer AIF/EU-AIF innerhalb des EWR (Absatz 10) | 43 XI. Bestandsschutz für Depotbankgenehmigungen (Absatz 11) | 47 XII. Bei Inkrafttreten des KAGB anhängige Genehmigungsverfahren von Anlagebedingungen (Absatz 12) | 49

A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift § 345 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift dient allerdings nicht unmittelbar der Umsetzung einer bestimmten Regelung der AIFM-Richtlinie. Vielmehr ergibt sich die Regelungsnotwendigkeit daraus, dass das Investmentgesetz bereits die Regulierung bestimmter Fonds vorsah, die nicht den Vorgaben der OGAW-Richtlinien entsprachen und die nunmehr als AIF einzustufen sind. Für diese Fonds (und ihre Verwaltungsgesellschaften) musste der Gesetzgeber festlegen, ob und wie lange sie sich auf die alten Vorschriften nach dem Investmentgesetz berufen dürfen, bevor die neuen Vorgaben des KAGB umfassend greifen. § 345 bildet das Gegenstück zu § 351, der vergleichbare Regelungen für jene Fonds 2 (und deren Verwaltungsgesellschaften) enthält, die vor dem Inkrafttreten des KAGB nicht bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren. Daher wird zur Verdeutlichung 1

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

nachfolgend auch vom „regulierten“ AIF und der „regulierten“ AIF-KVG gesprochen. Die Übergangsvorschrift für die ebenfalls bereits regulierten richtlinien-konformen Fonds (OGAW) findet sich in § 355. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung „regulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 1) § 345 Abs. 1 gewährt denjenigen Fonds Bestandsschutz, die bereits unter dem Re- 3 gime des Investmentgesetzes von einer nach § 7 InvG lizensierten KAG oder nach § 97 InvG lizensierten InvAG aufgelegt wurden und nunmehr nach Inkrafttreten des KAGB als inländische offene Publikums-AIF qualifizieren. Dies betrifft beispielsweise ins KAGB übernommene Fondstypen wie die Immobilien- 4 Sondervermögen nach §§ 66 ff. InvG, gemischte Sondervermögen im Sinne von §§ 83–86 InvG sowie Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Hedgefonds) nach §§ 112 ff. InvG.1 Um in den Genuss der Übergangsregelung zu gelangen, müssen die offenen Publi- 5 kums-AIF vor dem 22.7.2013 aufgelegt und deren Anlagebedingungen nach altem Recht genehmigt worden sein. Das heißt konkret, dass bereits vor dem 22.7.2013 zumindest ein Anleger den Fonds im Sinne von § 343 Abs. 4 gezeichnet haben muss.2 Für diese AltFonds gelten in der Folge bis zum Ende des Übergangszeitraumes weiterhin die entsprechenden Vorschriften des Investmentgesetzes. 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene. Innerhalb des zuge- 6 standenen Übergangszeitraumes hat die AIF-KVG eine Anpassung der Alt-Fonds an das KAGB vorzunehmen. Die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene betreffen die Abänderung der Anlagebedingungen (der Sondervermögen) beziehungsweise der Satzung (der Investmentaktiengesellschaft). a) Materielle Änderungen (inhaltliche Anpassung an das KAGB). Diese not- 7 wendigen Änderungen von Anlagebedingungen im Zuge der Umstellung auf das KAGB können zunächst inhaltlicher Natur sein; etwa wenn für einen bestimmten Typus eines inländischen offenen Publikums-AIF durch das KAGB neue Vorgaben statuiert werden.3 aa) Genehmigungsbedürftigkeit. Die an die Vorschriften des KAGB inhaltlich an- 8 gepassten Anlagebedingungen beziehungsweise Satzungen der offenen Publikums-AIF müssen von der BaFin genehmigt werden, § 345 Abs. 1 Satz 2. Für das Genehmigungsverfahren verweist § 345 Abs. 1 Satz 4 teilweise auf die allgemeine Vorschrift zur Genehmigung von Anlagebedingungen in § 163. Als Abweichung von § 163 Abs. 2 statuiert § 345 Abs. 1 Satz 4, dass die BaFin den Antrag innerhalb von zwei Monaten (anstelle von vier Wochen) ab Einreichung zu bescheiden hat und dass die Genehmigungsfiktion nach Ablauf der Bearbeitungsfrist der BaFin nicht gilt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber für den Übergangszeitraum 9 mit einem erhöhten Aufkommen von Änderungsanträgen bei der BaFin rechnet und es

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1 Zu dem nicht übernommenen Fondstyp der Altersvorsorge-Sondervermögen siehe die Übergangsvorschrift § 347. 2 Zur exakten Bestimmung des Zeitpunkts siehe die Kommentierung bei § 343 Rn. 38. 3 Beispielsweise die neuen Einschränkungen für die Anteilsrückgabemöglichkeit bei ImmobilienSondervermögen nach § 255.

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entsprechend zu längeren Bearbeitungszeiten kommen kann.4 Vor diesem Hintergrund ist es ferner konsequent, die Genehmigungsfiktion außer Kraft zu setzen. Die Fiktion wurde zur Verfahrensbeschleunigung im aufsichtsrechtlichen Regelbetrieb eingeführt. Sie passt nicht zu der vorliegenden Sondersituation, in der die BaFin erstmalig und umfassend die ordnungsgemäße Implementierung des KAGB überprüft. 10

bb) Veröffentlichungspflicht (Inkrafttreten). Die angepassten Anlagebedingungen sind im (elektronischen) Bundesanzeiger sowie ggf. über weitere Informationskanäle bekanntzumachen, um ordnungsgemäß in Kraft zu treten, § 345 Abs. 1 Satz 4. Die KVG hat ferner die BaFin unverzüglich über den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu informieren, § 345 Abs. 1 Satz 8. Auf die besondere Informationspflicht gegenüber Anlegern mittels eines dauerhaften Datenträgers im Sinne von § 163 Abs. 4 Satz 2 nimmt die Übergangsvorschrift hingegen nicht Bezug. Aus Kostengründen für die Anbieter sei dies nicht erforderlich, zumal ohnehin „nur“ Anpassungen an das KAGB zulässig sind.5 Diese Anpassungen können allerdings erhebliche Änderungen beinhalten, wie beispielsweise die weitergehende Einschränkung bei der Rückgabe von Anteilen an Immobilien-Sondervermögen gemäß § 255 Abs. 3 und 4 zeigt. Die fehlende Informationspflicht ist in diesem Fall lediglich deshalb gerechtfertigt, weil die Altanleger, die vor dem 22.7.2013 in dem Fonds investiert waren, Bestandsschutz genießen und zeitlich unbegrenzt eine Rückgabe nach den Vorschriften des Investmentgesetzes vornehmen dürfen.6

11

cc) Verknüpfung mit Erlaubnisantrag der KVG. Die KVG hat den Antrag auf Genehmigung der angepassten Anlagebedingungen entweder vor dem Erlaubnisantrag der KVG auf eine KAGB-Lizenz oder gleichzeitig mit diesem Erlaubnisantrag einzureichen, arg. e. contr. aus § 345 Abs. 1 Satz 7. Soweit die KVG zunächst nur die Genehmigung der Anlagebedingungen beantragt, hat sie gleichzeitig verbindlich gegenüber der BaFin zu erklären, bis spätestens zum Ablauf der Übergangszeit am 21.7.2014 einen Erlaubnisantrag zu stellen. 12 Hintergrund dieser Verknüpfung mit dem Erlaubnisantrag ist Folgender: § 345 Abs. 1 Satz 10 stellt klar, dass in der Übergangszeit trotz (partieller) Fortgeltung des InvG bereits diejenigen Vorschriften des KAGB Anwendung finden, die Anträge und Verfahren zur Umstellung auf das KAGB regeln. Damit fände für die Genehmigung der angepassten Anlagebedingungen bereits § 163 Abs. 1 Satz 2 Anwendung, der solche Genehmigungsanträge nur einer bereits lizensierten KVG gestattet. Gleichzeitig ist die Voraussetzung für eine Lizenz nach KAGB, dass die KVG alle an das KAGB angepassten Anlagebedingungen ihrer AIF mit dem Erlaubnisantrag zusammen einreicht, § 22 Abs. 1 Nr. 12. Es ist offenkundig, dass dieses Regelungsgefüge nicht mit den Besonderheiten der Übergangszeit in Einklang zu bringen ist. Die Verknüpfung mit dem Erlaubnisantrag – sei es durch Gleichzeitigkeit der Anträge oder durch verbindliche Erklärung einer rechtzeitigen späteren Antragstellung auf Erlaubnis innerhalb der Übergangszeit – stellt folglich den Kompromiss des Gesetzgebers dar, das neue Regelungsregime nach KAGB bereits so umfassend als möglich zur Geltung zu bringen und gleichzeitig die faktischen Gegebenheiten der Übergangsphase zu berücksichtigen. 13 Was mit der verbindlichen Erklärung einer späteren Antragstellung auf Erlaubnis gegenüber der BaFin bezweckt werden soll, erschließt sich nicht. Dies könnte allenfalls eine Warn- und Ermahnungsfunktion der KVG gegenüber sich selbst darstellen. Denn die KVG kann nicht zur späteren Antragstellung gezwungen werden. Die Rechts-

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Gesetzesbegründung zu § 345 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 301. Gesetzesbegründung zu § 345 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 301. Siehe § 346 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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folge eines entgegen der Erklärung nicht (rechtzeitig) gestellten Erlaubnisantrags ergibt sich aus § 345 Abs. 2 Satz 4, der auf § 343 Abs. 5 verweist: Die AIF der betr. KVG müssen übertragen oder abgewickelt werden.7 b) Redaktionelle Änderungen (begriffliche Anpassung an das KAGB). Neben 14 den Vorgaben für inhaltliche Änderungen der Anlagebedingungen stellt § 345 Abs. 1 abgemilderte Anforderungen bei rein redaktionellen Änderungen. aa) Keine Genehmigungsbedürftigkeit. Rein redaktionelle Änderungen bedürfen 15 keiner Genehmigung durch die BaFin. Der Gesetzgeber sieht in rein redaktionellen Änderungen solche Änderungen, die eine Anpassung der Anlagebedingungen an die Terminologie des KAGB betreffen.8 Dies betrifft beispielsweise die begriffliche Umwandlung der Kapitalanlagegesellschaft (KAG) zur Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG). bb) Veröffentlichungspflicht (Inkrafttreten). Die redaktionell angepassten Anla- 16 gebedingungen sind im (elektronischen) Bundesanzeiger sowie ggf. über weitere Informationskanäle bekanntzumachen, um ordnungsgemäß in Kraft zu treten, § 345 Abs. 1 Satz 5 Hs. 1. Die KVG hat die redaktionell angepassten Anlagebedingungen ferner gemäß § 345 Abs. 1 Satz 5 Hs. 2 bei der BaFin einzureichen und die BaFin unverzüglich über den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu informieren, § 345 Abs. 1 Satz 8. cc) Verknüpfung mit Erlaubnisantrag der KVG. Die KVG hat auch die redaktionell 17 angepassten Anlagebedingungen entweder vor dem Erlaubnisantrag der KVG auf eine KAGB-Lizenz oder gleichzeitig mit diesem Erlaubnisantrag einzureichen. Soweit die KVG zunächst nur die angepassten Anlagebedingungen einreicht, hat sie gleichzeitig verbindlich gegenüber der BaFin zu erklären, bis spätestens zum Ablauf der Übergangszeit am 21.7.2014 einen Erlaubnisantrag zu stellen, § 345 Abs. 1 Satz 7. c) Weitergehende Änderungen der Anlagebedingungen. Änderungen, die nicht 18 notwendig sind, um eine Anpassung an die Vorschriften des KAGB vorzunehmen, sind im Übergangszeitraum unzulässig, § 345 Abs. 1 Satz 3. Solche Änderungen sind erst in einem zweiten Schritt nach vorheriger Umstellung der Anlagebedingungen auf das KAGB und entsprechender Genehmigung durch die BaFin möglich.9 Diese weitergehenden Änderungsbegehren unterliegen dann uneingeschränkt der Regelung des § 163. 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. Auf die Fortwirkung einschlä- 19 giger Vorschriften des Investmentgesetzes kann sich die AIF-KVG bis zum Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen, längstens bis zum Ablauf10 des 21.7.2014 berufen, § 345 Abs. 1 Satz 9. Die korrespondierende Klarstellung in § 345 Abs. 1 Satz 11, dass ab dem Inkrafttreten der geänderten Anlagebedingungen beziehungsweise spätestens ab dem 22.7.2014 allein die Vorschriften des KAGB Anwendung finden, ist redundant und hätte in Anbetracht des ohnehin überbordenden Umfangs von § 345 Abs. 1 und einhergehender Unübersichtlichkeit weggelassen werden können.

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7 Zu diesen Konsequenzen siehe im Einzelnen die Kommentierung bei § 343 Rn. 40 ff. 8 Formulierung in § 345 Abs. 1 Satz 2 sowie in der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 301. 9 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer II. Nr. 2. 10 Die im Gesetz zu findende Formulierung „bis zum 21. Juli 2014“ (ebenso in § 345 Abs. 1 Satz 7) ist missverständlich und lässt die Interpretation zu, das KAGB gelte ab dem 21. Juli 2014.

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3. Konsequenzen verspäteten Inkrafttretens der Anlagebedingungen. § 345 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 legt fest, dass die geänderten Anlagebedingungen spätestens am 21.7.2014 in Kraft treten müssen. Welche Konsequenzen andernfalls drohen, regeln die Übergangsvorschriften nicht. Fest steht, dass für die offenen Publikums-AIF ab dem 22.7.2014 jedenfalls das KAGB gilt und die Fortgeltung des Investmentgesetzes endet. Zudem wäre ein fortgeführter Vertrieb mit den nicht genehmigten beziehungsweise unveränderten Anlagebedingungen mit bis zu einhunderttausend Euro bußgeldbewehrt. Denn nach § 340 Abs. 2 Nr. 36 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 163 Abs. 2 Satz 8 (also ohne vorherige Genehmigung durch die BaFin) die Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt beifügt. Konsequenter Weise müsste die AIF-KVG daher vorübergehend den Vertrieb der betr. inländischen offenen Publikums-AIF aussetzen. II. Übergangsregelung „regulierter“ AIF-KVG (Absatz 2)

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Während § 345 Abs. 1 neben der Festlegung des Übergangszeitraums für offene Publikums-AIF auch fondsbezogene Anpassungsregeln enthält, legt Absatz 2 als gesellschaftsbezogene Regelung lediglich fest, wie sich die Übergangszeit für die AIF-KVG inländischer offener Publikums-AIF bemisst.

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1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf KVG-Ebene. Hinsichtlich der notwendigen Anpassungsmaßnahmen für die AIF-KVG gilt die allgemeine Vorgabe aus § 343 Abs. 1, nämlich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorgaben des KAGB zu implementieren.

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2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. Bis zum Eingang des Erlaubnisantrags bei der BaFin, längstens jedoch bis zum Ablauf des 21.7.2014, finden die gesellschaftsbezogenen Vorschriften des Investmentgesetzes weiterhin Anwendung, § 345 Abs. 2 Satz 1. Dabei wird durch die Bezugnahme auf § 345 Abs. 1 Satz 10 in § 345 Abs. 2 Satz 2 abermals klargestellt, dass das KAGB bereits bezüglich derjenigen Vorschriften gilt, die zur Umstellung auf das neue Recht erforderlich sind. Dies betrifft für die AIFKVG vor allem die Vorschrift zum Erlaubnisantrag nach § 22. Ab dem Eingang des Erlaubnisantrags nach § 22 bei der BaFin gilt für die AIF-KVG 24 vollumfänglich das KAGB, § 345 Abs. 2 Satz 3. Soweit die Anwendbarkeit bestimmter Vorschriften des KAGB eine KVG-Erlaubnis zur Voraussetzung haben, wird die fehlende Erlaubnis für den Zeitraum der Bearbeitung durch die BaFin, welcher nach § 22 Abs. 2 sechs Monate betragen kann, durch den vollständigen Erlaubnisantrag substituiert, § 345 Abs. 2 Satz 3. Es wird durch die Bezugnahme auf § 345 Abs. 1 Satz 9 ferner klargestellt, dass das KAGB ggf. bereits vor dem Eingang des Erlaubnisantrags gilt, soweit die geänderten Anlagebedingungen der von der AIF-KVG verwalteten AIF zuvor in Kraft getreten sind. 25

3. Konsequenz nicht (rechtzeitig) beantragter Erlaubnis. Hat die AIF-KVG bis zum Ablauf des 21.7.2014 keinen Erlaubnisantrag bei der BaFin eingereicht, so müssen die bis dato von der AIF-KVG verwalteten Fonds auf eine lizensierte AIF-KVG übertragen oder abgewickelt werden, § 345 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 343 Abs. 5. III. Übergangsregelung „regulierter“ offener Spezial-AIF und deren KVG (Absatz 3)

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§ 345 Abs. 3 enthält die Übergangsvorschrift für inländische AIF-KVG, die bereits nach Investmentgesetz lizensiert waren und die von ihnen ebenfalls noch unter dem InGerlach

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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vestmentgesetz aufgelegten Spezial-AIF. Durch die umfassende Verweisung auf die Absätze 1 und 2 findet im Wesentlichen ein Gleichlauf mit den Regelungen zu offenen Publikums-AIF statt. Allerdings wird den Besonderheiten der Spezial-AIF insoweit Rechnung getragen, als deren Anlagebedingungen grundsätzlich keiner Genehmigung bedürfen. Daher sind die angepassten Anlagebedingungen gleichzeitig mit dem Erlaubnisantrag der AIF-KVG einzureichen. § 345 Abs. 3 Satz 2 stellt klar, dass die Fortgeltung des Investmentgesetzes für die offenen Spezial-AIF bei Inkrafttreten ihrer angepassten Anlagebedingungen endet. IV. Übergangsregelung für kleine AIF-KVG (Absatz 4) § 345 Abs. 4 enthält die Übergangsvorschrift für die kleine AIF-KVG, die unter die 27 Schwellenwerte von § 2 Abs. 4 fällt, soweit diese bereits nach Investmentgesetz eine Lizenz besaß. Da die kleine AIF-KVG keinen Erlaubnisantrag stellen muss, endet die Fortwirkung des Investmentgesetzes mit dem Eingang des Antrags auf Registrierung bei der BaFin gemäß § 44, spätestens mit Ablauf des 21.7.2014. V. Erleichterungen bei Antragsverfahren (Absatz 5) Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, regelt § 345 Abs. 5, dass die AIF-KVG beim 28 Erlaubnisantrag gemäß § 22 diejenigen Unterlagen nicht erneut vorzulegen braucht, die sie anlässlich der Erlaubniserlangung unter dem Investmentgesetz bereits eingereicht hatte, soweit diese noch aktuell sind. Gleiches gilt für Unterlagen, die bereits anlässlich der Anpassung der Investmentvermögen an das KAGB bei der BaFin eingereicht wurden. VI. Übergangsregelung für Vertrieb „regulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 6) 1. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. § 345 Abs. 6 enthält eine Über- 29 gangsvorschrift für den Vertrieb von bestehenden inländischen offenen Publikums-AIF, die von einer bereits nach Investmentgesetz lizensierten AIF-KVG verwaltet werden. Diese offenen Publikums-AIF können bis zum Ablauf des 21.7.2014 weiter nach den Vorschriften des Investmentgesetzes vertrieben werden, wenn nicht zuvor ein Erlöschensgrund des Vertriebsrechts gemäß § 345 Abs. 6 Satz 2 eintritt. Demnach endet das Vertriebsrecht mit der Vertriebsuntersagung durch die BaFin, mit einer Erlaubnisversagung der KVG durch die BaFin oder mit einem vorherigen Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen der AIF. 2. Vertriebsanzeigeverfahren als erforderliche Anpassungsmaßnahme. Will die 30 AIF-KVG nach Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen ihrer offenen Publikums-AIF oder spätestens ab dem 22.7.2014 den Vertrieb unter dem Regime des KAGB nahtlos fortsetzen, muss sie zuvor erfolgreich das Vertriebsanzeigeverfahren nach § 316 durchlaufen haben, § 345 Abs. 6 Satz 3. Dieses Vertriebsanzeigeverfahren nach § 316 wird durch § 345 Abs. 6 Satz 4 abge- 31 wandelt, um die besonderen Umstände der Übergangsphase zu berücksichtigen. Ähnlich wie bereits bei den Genehmigungsverfahren der Anlagebedingungen nach § 345 Abs. 1 Satz 4 wird auch beim Anzeigeverfahren die Bearbeitungsfrist der BaFin vor dem Hintergrund einer anzunehmenden Antragsflut in der Übergangsphase von 20 Tagen auf zwei Monate verlängert, § 345 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1. Daraus ergibt sich ein faktischer Zwang der AIF-KVG, den Übergangszeitraum nicht bis zum Ablauf des 21.7.2014 auszureizen, 1131

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wenn sie nicht den Vertrieb des offenen Publikums-AIF zwischenzeitlich aussetzen will. Da § 345 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 umfassend auf § 316 Abs. 3 verweist, gilt auch die Fristverlängerung bei Beanstandungen nach § 316 Abs. 3 Satz 3, so dass die AIF-KVG ggf. deutlich länger als zwei Monate auf die Vertriebsfreigabemitteilung warten muss. Ferner muss die Vertriebsanzeige nach § 316 Abs. 1 zusammen mit dem Erlaubnisantrag nach § 22 eingereicht werden, § 345 Abs. 6 Satz 4 Nr. 2. 32 Der Vertrieb der offenen Publikums-AIF kann nach Ablauf der Übergangszeit erst dann unter dem KAGB fortgesetzt werden, wenn die Vertriebsfreigabe durch Mitteilung der BaFin gemäß § 316 Abs. 3 Satz 1 erfolgt ist und die angepassten Anlagebedingungen in Kraft getreten sind, § 345 Abs. 6 Satz 5. Wie bereits für den Vertrieb neu aufgelegter AIF im Übergangszeitraum gemäß § 343 33 Abs. 3 Satz 3 wird auch durch § 345 Abs. 6 Satz 6 angeordnet, dass die AIF-KVG den Vertrieb bis zur erteilten Erlaubnis nach § 22 nur unter dem drucktechnisch herausgestellten Hinweis11 auf die (noch) fehlende Lizenz der AIF-KVG sowie etwaige Konsequenzen12 einer Erlaubnisversagung für die Anleger an hervorgehobener Stelle im Verkaufsprospekt sowie in den wesentlichen Anlegerinformationen fortsetzen darf, § 345 Abs. 6 Satz 6. VII. Übergangsregelung für Vertrieb „regulierter“ offener Spezial-AIF (Absatz 7) 34

§ 345 Abs. 7 enthält einen umfassenden Verweis auf § 345 Abs. 6, so dass die Übergangsregelung für den Vertrieb offener Spezial-AIF derjenigen für die offenen Publikums-AIF gleicht. Das Anzeigeverfahren richtet sich jedoch nach der speziellen Regelung des § 321, der abermals über § 345 Abs. 7 in Verbindung mit § 345 Abs. 6 Satz 4 an die Besonderheiten der Übergangsphase angepasst wird. VIII. Übergangsregelung für öffentlichen Vertrieb ausländischer AIF/EU-AIF (Absatz 8)

§ 345 Abs. 8 enthält Übergangsregelungen für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die zum Stichtag am 21.7.2013 gemäß § 139 i.V.m. § 140 InvG oder nach § 7 Abs. 1 Auslandsinvestmentgesetz zum öffentlichen Vertrieb sog. ausländischer Investmentanteile13 berechtigt waren. 36 § 345 Abs. 8 räumt den AIF-Verwaltungsgesellschaften, die in den Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift fallen, zwei Optionen ein: Entweder die AIF-Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt, den Vertrieb unter dem 37 Regime des KAGB fortzuführen. Dann hat sie – je nachdem als welcher AIF ihr vormals ausländischer Investmentanteil nunmehr unter dem KAGB qualifiziert, als welche AIFVerwaltungsgesellschaft sie einzustufen ist und an wen sich der Vertrieb richtet – gemäß § 345 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 das jeweilige Vertriebsanzeigeverfahren erfolgreich zu durchlaufen. Bis zum Abschluss des Vertriebsanzeigeverfahrens, längstens bis zum Ablauf des 21.7.2014, kann die AIF-Verwaltungsgesellschaft den AIF weiterhin nach den Vorschriften des Investmentgesetzes vertreiben, § 345 Abs. 8 Satz 2 und 3. Die zweite Option der AIF-Verwaltungsgesellschaft besteht darin, die Vertriebsak38 tivität einzustellen. Dies hat die AIF-Verwaltungsgesellschaft aus Anlegerschutzgrün35

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11 Vgl. zu diesen Anforderungen die Kommentierung bei § 343 Rn. 30 ff. 12 Siehe zu diesen Konsequenzen im Einzelnen die Kommentierung bei § 343 Rn. 40 ff. 13 Legaldefiniert in § 2 Abs. 9 InvG, siehe hierzu Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, 2013, § 2 Rn. 130 ff.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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den14 unverzüglich im (elektronischen) Bundesanzeiger zu veröffentlichen und der BaFin zur Kenntnis zu geben, § 345 Abs. 8 Satz 4 i.V.m. § 315 Abs. 1 Satz 1. § 345 Abs. 8 Satz 5 stellt klar, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft selbst bei vor- 39 übergehender Einstellung der Vertriebsaktivität jederzeit eine neue Vertriebsanzeige vornehmen kann. IX. Übergangsregelung für Privatplatzierung ausländischer AIF/EU-AIF (Absatz 9) Der Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen wurde bis zum 22.7.2013 nur 40 dann von der Vertriebsregulierung nach Investmentgesetz erfasst, wenn es sich dabei um einen öffentlichen Vertrieb handelte, §§ 2 Abs. 11, 135 Satz 1 InvG. Fanden die Absatzbemühungen bzgl. der Investmentanteile hingegen als sog. Privatplatzierung statt,15 entfiel die Anzeigepflicht aus § 139 Abs. 1 InvG. § 345 Abs. 9 stellt klar, dass die AIF-Verwaltungsgesellschaft die betr. AIF längstens bis zum Ablauf des 21.7.2014 weiterhin im Wege der Privatplatzierung vertreiben kann.16 Beabsichtigt die AIF-Verwaltungsgesellschaft, den Vertrieb nach dem 21.7.2014 41 fortzusetzen und ist die Vertriebstätigkeit nach den Vorschriften des KAGB anzeigepflichtig,17 so hat sie das – je nach Art des AIF und Vertriebsadressat – einschlägige Vertriebsanzeigeverfahren zu durchlaufen oder eine entsprechende Anzeige über die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates an die BaFin zu übermitteln, § 345 Abs. 9 Satz 1. Durchläuft die AIF-Verwaltungsgesellschaft das Vertriebsanzeigeverfahren vor dem 22.7.2014, so endet der Übergangszeitraum und die einhergehende Anwendbarkeit des InvG18 mit Abschluss des jeweiligen Anzeigeverfahrens. Entscheidet sich die AIF-Verwaltungsgesellschaft, den Vertrieb einzustellen, so 42 hat sie dies nicht im (elektronischen) Bundesanzeiger zu veröffentlichen. § 345 Abs. 9 Satz 2 verweist nicht auf § 345 Abs. 8 Satz 4. Dies ist konsequent, denn der bisherige Vertrieb richtete sich gerade nicht an die Öffentlichkeit, so dass es mangels schutzbedürftiger Anleger sinnentleerter Formalismus wäre, eine Veröffentlichungspflicht im Bundesanzeiger vorzuschreiben. X. Übergangsregelung für Vertrieb inländischer AIF/EU-AIF innerhalb des EWR (Absatz 10) Inländische Kapitalverwaltungsgesellschaften, die vor dem 22.7.2013 Anteile an 43 nicht-richtlinienkonformen Investmentvermögen in der EU/dem EWR vertrieben, hatten sich ausschließlich nach den Gesetzen des betr. Aufnahmemitgliedstaates zu richten.19 Das Vertriebsanzeigeverfahren gemäß § 128 InvG galt lediglich für OGAW. Nunmehr wird über § 331 ein solches Vertriebsanzeigeverfahren auch für den beab- 44 sichtigten grenzüberschreitenden Vertrieb inländischer AIF und EU-AIF an professionelle Anleger innerhalb der EU/des EWR eingeführt. § 345 Abs. 10 Satz 1 stellt klar, dass das

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14 Zu den Gefahren einer Vertriebseinstellung für Bestandsanleger des AIF siehe Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Baum InvG, 2013, § 140 Rn. 56. 15 Zur Abgrenzung siehe Bunte/Schimansky/Lwowski/Schmies/Köndgen § 113 Rn. 75; Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Verfürth/Emde InvG, 2013, § 2 Rn. 163 ff.; Kugler/Lochmann BKR 2006 41. 16 Emde/Dreibus BKR 2013 100; Wallach RdF 2013 103. 17 Was wegen des weiten Vertriebsbegriffs regelmäßig der Fall sein wird. 18 Genau genommen ist es bei Privatplatzierungen die Nicht-Anwendbarkeit von Vertriebsregulierung nach Maßgabe des Investmentgesetzes. 19 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Baum InvG, 2013, § 128 Rn. 8.

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Gerlach

§ 345

Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

vormalige Vertriebsrecht für den AIF im Aufnahmestaat der EU oder des EWR mit Ablauf des 21.7.2014 erlischt, wenn nicht zuvor erfolgreich das Vertriebsanzeigeverfahren nach § 331 bei der BaFin durchlaufen wurde. 45 Da der deutsche Gesetzgeber nicht die Kompetenz hat, in die Regelungen anderer EU-/EWR-Staaten einzugreifen, stellt § 345 Abs. 10 Satz 2 klar, dass das Vertriebsrecht ausnahmsweise dann über den 21.7.2014 hinaus bestehen bleibt, wenn der Aufnahmestaat eine entsprechende Bestandsschutzregelung getroffen hat. Der Gesetzgeber stellt ferner durch § 345 Abs. 10 Satz 3 klar, dass das grenzüber46 schreitende Vertriebsrecht nach § 331 Abs. 5 Satz 2 erst eingeräumt wird, wenn sich die AIF-KVG KAGB-konform aufgestellt hat, was somit die vorherige Erlaubniserteilung nach § 22 sowie das Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen erfordert. XI. Bestandsschutz für Depotbankgenehmigungen (Absatz 11) Eine seitens der BaFin bereits nach § 21 Abs. 1 InvG zur Verwahrung von Investmentvermögen genehmigte Depotbank muss nicht nach Inkrafttreten des KAGB erneut als sog. Verwahrstelle für inländische offene Publikums-AIF gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 87 genehmigt werden. 48 Die Regelung dient – ähnlich wie die Regelung in § 345 Abs. 5 – der Vermeidung unnötiger Bürokratie und führt auch nicht zu Qualitätsunterschieden bei Verwahrstellen, zumal die Voraussetzungen einer Genehmigung nach § 68 weitestgehend mit jenen aus § 20 InvG übereinstimmen. 47

XII. Bei Inkrafttreten des KAGB anhängige Genehmigungsverfahren von Anlagebedingungen (Absatz 12) Systematisch etwas unstimmig20 findet sich in § 345 Abs. 12 nochmals eine Regelung, die auf die Genehmigung von Anlagebedingungen Bezug nimmt. 50 Demnach gelten Anträge auf Genehmigung von Anlagebedingungen, die noch vor dem Inkrafttreten des KAGB gestellt, jedoch zum Stichtag des 22.7.2013 noch nicht nach § 43 InvG – fiktiv mittels Zeitablauf oder durch Bescheid – genehmigt waren, als am 22.7.2013 gestellte Anträge nach den Voraussetzungen des KAGB. Der Gesetzgeber lässt offen, nach welcher Vorschrift des KAGB sich die Genehmi51 gung dieses umgestellten Antrages vollzieht. Zwar ist § 163 die zentrale Norm für die Genehmigung von Anlagebedingungen. Die direkte Anwendung von § 163 macht jedoch für die in § 345 Abs. 12 geregelten Fälle keinen Sinn, da nicht berücksichtigt würde, dass die AIF-KVG zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22.7.2013 noch keine Erlaubnis nach § 20 haben kann. Da es bei § 345 Abs. 12 um die erstmalige Genehmigung der Anlagebedingungen und damit um die Auflage eines neuen AIF geht, bietet sich ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 343 Abs. 3 an. 52 Die Bedeutung von § 345 Abs. 12 dürfte gering sein, da sich durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 InvG vorgegebene Bearbeitungsfrist der BaFin von vier Wochen absehen ließ, ob Anträge rechtzeitig vor Inkrafttreten des KAGB genehmigt würden. Sollte es dennoch – etwa wegen nachgeforderter Unterlagen gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 und 4 – zu Verzögerungen der Genehmigung über den 21.7.2013 hinaus kommen, hat die AIF-KVG

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20 Es hätte sich wegen des engen Sachbezuges zu § 345 Abs. 1 ein Vorziehen der Regelung als Abs. 2 angeboten.

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Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen

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jederzeit die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen21 und nach erlangter KAGB-Lizenz erneut zu stellen. Dies hätte den (Vertriebs-)Vorteil, dass die AIF-KVG die abschreckenden Hinweise nach § 343 Abs. 3 Satz 3 nicht in den Verkaufsprospekt und die wesentlichen Anlegerinformationen für den betr. AIF aufnehmen muss. https://doi.org/10.1515/9783110492217-139

§ 346 Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen § 346 Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen Gerlach/Reinholz Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen

(1) 1 Für Anleger, die am 21. Juli 2013 Anteile an Immobilien-Sondervermögen in einem Wertpapierdepot auf ihren Namen hinterlegt haben, gelten im Hinblick auf diese Anteile nicht die Mindesthaltefrist gemäß § 255 Absatz 3 und die Rückgabefrist für Anteilsrückgaben gemäß § 255 Absatz 4, soweit die Anteilsrückgaben 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr für einen Anleger nicht übersteigen. 2 Anleger können verlangen, dass die Rücknahme von Anteilen gemäß Satz 1 weiterhin entsprechend den am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen erfolgt. (2) 1 Für Anleger, die nach dem 21. Juli 2013 Anteile eines Immobilien-Sondervermögens erworben haben, gilt § 255 Absatz 3 und 4 ungeachtet dessen, ob die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft die Anlagebedingungen des ImmobilienSondervermögens bereits nach § 345 an die Vorschriften dieses Gesetzes angepasst hat. 2 Der Verkaufsprospekt muss einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis darauf enthalten, dass § 255 Absatz 3 und 4 abweichend von den am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingen für Anteile, die nach dem 21. Juli 2013 erworben werden, gilt. (3) Für Anteile gemäß Absatz 1 Satz 1 ist in den Anlagebedingungen des Immobilien-Sondervermögens festzulegen, dass die Rücknahme dieser Anteile weiterhin entsprechend der Regelung der am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen erfolgt. (4) Für Anteile gemäß Absatz 1 Satz 1 müssen die Angaben im Verkaufsprospekt nach § 256 Absatz 1 Nummer 1 einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis darauf enthalten, dass der Anleger die Rücknahme dieser Anteile und die Auszahlung des Anteilswertes entsprechend der Regelung der am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen verlangen kann. (5) 1 Soweit Anleger Anteile vor Änderung der Vertragsbedingungen zum Zwecke der Anpassung an das Investmentgesetz in der ab dem 8. April 2011 geltenden Fassung erworben haben, gilt die Frist des § 255 Absatz 3 als eingehalten. 2 Aussetzungen, nach denen die Kapitalverwaltungsgesellschaft am ersten Börsentag nach dem 1. Januar 2013 oder früher die Anteilrücknahme wieder aufnimmt, gelten für die Zwecke des § 257 Absatz 4 Satz 1 nicht als Aussetzungen. 3 Auf die am 8. April 2011 bestehenden Immobilien-Sondervermögen, bei denen am 31. Dezember 2012 die Rücknahme von Anteilen gemäß § 37 Absatz 2 oder § 81 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung ausgesetzt ist, dürfen die §§ 37, 78, 80, 80c, 80d und 81 des Investmentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung noch bis zu dem Tag, der sechs Monate nach der Wiederaufnahme der Rücknahme der Anteile liegt, und müssen die §§ 258, 259 erst ab dem Tag, der auf den Tag sechs Monate nach der Wiederaufnahme der Anteile folgt, angewendet werden.

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Dies ergibt sich aus dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Prinzip der Dispositionsmaxime.

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§ 346

Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen

(6) 1 Auf die am 8. April 2011 bestehenden Immobilien-Sondervermögen dürfen die §§ 80a, 91 Absatz 3 Nummer 3 und Absatz 4 Satz 4 des Investmentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung noch bis zum 31. Dezember 2014 weiter angewendet werden. 2 Auf die am 1. Juli 2011 bestehenden Immobilien-Sondervermögen dürfen § 82 Absatz 3 Satz 2 und § 91 Absatz 3 Nummer 3 des Investmentgesetzes in der vor dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung noch bis zum 31. Dezember 2014 weiter angewendet werden. Reinholz (7) 1 Um die Voraussetzungen für eine Immobilienteilfreistellung gemäß § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Investmentsteuergesetzes für das ImmobilienSondervermögen zu erfüllen, dürfen Immobilien-Sondervermögen, die unter Einhaltung ihrer im Zeitpunkt der Antragstellung nach Satz 2 geltenden Anlagebedingungen mit 51 Prozent oder mehr des Wertes des Sondervermögens in ausländische Immobilien und Auslands-Immobiliengesellschaften investiert sind, ihre Anlagebedingungen mit Genehmigung der Bundesanstalt so ändern, dass sie mindestens 51 Prozent des Wertes des Sondervermögens in ausländische Immobilien und Auslands-Immobiliengesellschaften investieren müssen. 2 Anträge nach Satz 1 müssen bis zum 1. Januar 2018 bei der Bundesanstalt eingegangen sein. 3 § 163 Absatz 3 Satz 4 und die dem § 163 Absatz 3 Satz 4 entsprechende Regelung in den Anlagebedingungen des Immobilien-Sondervermögens finden in diesem Fall keine Anwendung. 4 Die Absätze 1 bis 5 und § 255 Absatz 2 bis 4 gelten bei Änderungen der Anlagebedingungen nach Satz 1 auch für die Rückgaberechte nach § 163 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2. 5 Im Übrigen gilt § 163 mit der Maßgabe, dass Absatz 2 Satz 5 und 6 keine Anwendung findet, die in Absatz 2 Satz 1 genannte Frist drei Monate ab Eingang des Genehmigungsantrags beträgt und nicht beginnt, bevor der Bundesanstalt zusätzlich folgende Unterlagen vorliegen: 1. der letzte geprüfte Jahres- oder Halbjahresbericht, der eine Angabe zum Anteil der ausländischen Immobilien und der Auslands-Immobiliengesellschaften im Sinne von § 20 Absatz 3 Satz 2 des Investmentsteuergesetzes am Wert des Sondervermögens enthalten muss, und 2. eine schriftliche Versicherung der Geschäftsleiter, dass das Immobilien-Sondervermögen im Zeitpunkt der Antragstellung zu mindestens 51 Prozent des Wertes des Investmentvermögens in ausländische Immobilien und AuslandsImmobiliengesellschaften im Sinne von § 20 Absatz 3 Satz 2 des Investmentsteuergesetzes investiert ist, einschließlich einer dies belegenden Vermögensaufstellung. (8) 1 Für die Genehmigung der Änderung der Anlagebedingungen, um die Voraussetzungen für eine Immobilienteilfreistellung gemäß § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 des Investmentsteuergesetzes für das Immobilien-Sondervermögen zu erfüllen, gilt § 163 mit der Maßgabe, dass Absatz 2 Satz 5 und 6 keine Anwendung findet und die in Absatz 2 Satz 1 genannte Frist drei Monate ab Eingang des Genehmigungsantrags beträgt. 2 Anträge nach Satz 1 müssen bis zum 1. Januar 2018 bei der Bundesanstalt eingegangen sein. Schrifftum Schrifftum BaFin Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB, Geschäftszeichen WA41-Wp 2137-2013/0343 vom 18. Juni 2013; Görke/Ruhl Neuregelung der offenen Immobilienfonds nach dem Regierungsentwurf des Kapitalanlagegesetzbuches: Bestandsaufnahme und erste Bewertung, BKR 2013 142.

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B. Die Regelungen im Einzelnen

A. B.

Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Die Regelungen im Einzelnen I. Anleger, die am 21.7.2013 investiert hatten (§ 346 Abs. 1) | 4 II. Anleger, die ab 22.7.2013 investiert haben (§ 346 Abs. 2 S. 1) | 6 III. Dokumentationspflichten (§ 346 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 und 4) | 7 IV. Anleger, die vor Änderung der Bedingungen zur Anpassung an das InvG i.d.F. ab 8.4.2011 investiert hatten (§ 346 Abs. 5 S. 1) | 9 V. Aussetzungen, die spätestens am Börsentag nach dem 1.1.2013 beendet waren (§ 346 Abs. 5 S. 2) | 10

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VI.

Immobilien-Sondervermögen, die am 8. April 2011 bestanden haben (§ 346 Abs. 5 S. 3 und Abs. 6 S. 1) | 11 VII. Immobilien-Sondervermögen, die am 1. Juli 2011 bestanden haben (§ 346 Abs. 6 Satz 2) | 14 VIII. Immobilienteilfreistellung für Immobilien-Sondervermögen, die in ausländische Immobilien und Auslandsimmobiliengesellschaften investieren (§ 346 Abs. 7) | 15 IX. Immobilienteilfreistellung für Immobilien-Sondervermögen, die in Immobilien und Immobiliengesellschaften investieren (§ 346 Abs. 8) | 24

A. Allgemeines § 346 enthält besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen. 1 Insbesondere werden Übergangsregelungen für die Einschränkungen bezüglich der Rückgabe von Anteilen an Immobilien-Sondervermögen nach § 255 Abs. 3 und 4 KAGB getroffen und weiterhin relevante Übergangsvorschriften aus dem Investmentgesetz übernommen. Darüber hinaus gilt im Grundsatz auch § 345 Abs. 1 als Übergangsregelung für bei 2 Inkrafttreten des KAGB bestehende Immobilien-Sondervermögen. Die geänderten Anlagebedingungen für solche Immobilien-Sondervermögen mussten also spätestens am 21. Juli 2014 in Kraft treten (siehe hierzu § 345 Rn. 6 ff.). Eine Anpassung bereits zum 22. Juli 2013 war nicht notwendig.1 Zu beachten ist daneben § 345 Abs. 2. Dieser macht Vorgaben bezüglich der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft inländischer offener Publikums-AIF2 (siehe hierzu § 345 Rn. 21 ff.). Die Absätze 7 und 8 sind durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz zum 3 01. Januar 2018 in das KAGB aufgenommen worden. Sie betreffen das Erreichen einer steuerlichen Immobilienteilfreistellung gemäß § 20 Abs. 3 InvStG. B. Die Regelungen im Einzelnen B. Die Regelungen im Einzelnen I. Anleger, die am 21.7.2013 investiert hatten (§ 346 Abs. 1) Einen gewissen Bestandsschutz genießen Anleger, die am 21. Juli 2013 in einem be- 4 stehenden Immobilien-Sondervermögen investiert waren. Der Wortlaut der Vorschrift stellt für den Beginn des Bestandsschutzes darauf ab, dass die Anteile am Stichtag in einem Wertpapierdepot auf den Namen des Anlegers hinterlegt waren. Würde man tatsächlich auf diesen Zeitpunkt abstellen, könnte es zu einer Ungleichbehandlung von Anlegern kommen, die die Order zwar alle vor dem Stichtag abgegeben haben, die An-

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1 So auch BaFin, Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB, Geschäftszeichen: WA 41-Wp 2137-2013/0343, Ziffer II. 5, abzurufen unter www.bafin.de. 2 Vgl. BaFin, Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB, Geschäftszeichen: WA 41-Wp 2137-2013/0343, Ziffer II. 5, abzurufen unter www.bafin.de.

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Besondere Übergangsvorschriften für Immobilien-Sondervermögen

teile aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten ins Depot gebucht wurden. Hierauf hat der Anleger keinen Einfluss. Dieser Aspekt der fehlenden Beeinflussbarkeit spricht dafür, nicht auf den Zeitpunkt der Buchung ins Depot, sondern auf den der Ordererteilung abzustellen. Der Bestandsschutz sollte also den Anlegern gewährt werden, die am 21. Juli 2013 eine Order abgegeben hatten.3 Anlegern, denen der Bestandsschutz zugute kommt, haben die Möglichkeit, 5 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr im Hinblick auf diese Anteile zurückzugeben, ohne die Mindesthaltefrist von 24 Monaten und die Kündigungsfrist von 12 Monaten einhalten zu müssen, wie sie in § 255 Abs. 3 und 4 vorgesehen sind (§ 346 Abs. 1 S. 1). Vielmehr gelten insoweit die in den am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen festgelegten Regeln für die Rücknahme von Anteilen (§ 346 Abs. 1 S. 2). Für Rückgabebeträge, die diese 30.000 Euro je Kalenderhalbjahr überschreiten, müssen aber auch diese Altanleger die genannten Fristen einhalten.4 Insoweit stehen sie nicht besser als Neuanleger. II. Anleger, die ab 22.7.2013 investiert haben (§ 346 Abs. 2 S. 1) 6

Neuanleger, die ab dem 22. Juli 2013 Anteile eines Immobilien-Sondervermögens erworben haben, kommen nicht in den Genuss eines Bestandsschutzes (zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts vgl. § 346 Rn. 3). Sie haben die Mindesthaltefrist und die Kündigungsfrist nach § 255 Abs. 3 und 4 einzuhalten – unabhängig davon, ob die AIFKapitalverwaltungsgesellschaft die Anlagebedingungen schon nach § 345 an die Vorschriften des KAGB angepasst hat oder nicht, § 346 Abs. 2 S. 1. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht dazu motivieren wollte, die Anlagebedingungen so spät wie möglich zu ändern und bis dahin Anleger zu akquirieren, denen der Bestandsschutz nach Abs. 1 bezüglich der 30.000 Euro halbjährlich zu Gute kommt.5 Hinsichtlich dieses Betrages kommt es somit zu einer Ungleichbehandlung von Neu- und Altanlegern.6 III. Dokumentationspflichten (§ 346 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 und 4)

Dementsprechend muss der Verkaufsprospekt mit Blick auf die genannten Neuanleger einen ausdrücklichen, drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis darauf enthalten, dass die neuen Regelungen zu Mindesthalte- und die Kündigungsfrist (§ 255 Abs. 3 und 4) abweichend von den am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen für Anteile gelten, die nach diesem Tage erworben werden, § 346 Abs. 2 S. 2. Umkehrt muss der Prospekt auch auf die Rückgaberegeln für die Altanleger gemäß § 346 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich hinweisen, § 346 Abs. 4. Im Übrigen ist in den Anlagebedingungen festzulegen, dass Anteile, die § 346 Abs. 1 8 S. 1 unterfallen, weiterhin entsprechend der Regelungen der am 21. Juli 2013 geltenden Vertragsbedingungen zurückgenommen werden, § 346 Abs. 3. 7

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3 4 5 6

A.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Kautenburger-Behr KAGB, § 346 R. 6. BTDrucks. 17/12294 S. 303; Görke/Ruhl BKR 2013 142 (145). BTDrucks. 17/13395 S. 410. Kritisch Görke/Ruhl BKR 2013 142 (145).

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B. Die Regelungen im Einzelnen

IV. Anleger, die vor Änderung der Bedingungen zur Anpassung an das InvG i.d.F. ab 8.4.2011 investiert hatten (§ 346 Abs. 5 S. 1) § 346 Abs. 5 S. 1 beinhaltet eine weitere Übergangsregelung zur 24 monatigen Hal- 9 tefrist des § 255 Abs. 3. Die Regelung übernimmt § 145 Abs. 4 des InvG.7 Sie dient dem Schutz von Anlegern, die Anteile an einem Immobilien-Sondervermögen noch vor Änderung der Vertragsbedingungen zum Zwecke der Anpassung an das Investmentgesetz in der ab dem 8. April 2011 geltenden Fassung erworben haben. Für sie gelten die Restriktionen des § 255 Abs. 3 nicht. Es wird fingiert, dass die Frist eingehalten sei.8 V. Aussetzungen, die spätestens am Börsentag nach dem 1.1.2013 beendet waren (§ 346 Abs. 5 S. 2) Aussetzungen von Anteilsrücknahmen, die die Kapitalverwaltungsgesellschaft am 10 ersten Börsentag nach dem 1. Januar 2013 oder früher beendet hat, gelten nach der Übergangsvorschrift des § 346 Abs. 5 S. 2 nicht als Aussetzungen nach § 257 Abs. 4 S. 1, die beim dritten Mal innerhalb von fünf Jahren zur Abwicklung des Fonds führen. Damit zählen erst Aussetzungen, die nach den durch das AnsFuG eingeführten Vorschriften vorgenommen wurden, zu den „kritischen“ Aussetzungen.9 Die Vorschrift übernimmt den alten § 145 Abs. 4 S. 3 InvG.10 VI. Immobilien-Sondervermögen, die am 8. April 2011 bestanden haben (§ 346 Abs. 5 S. 3 und Abs. 6 S. 1) Nach § 346 Abs. 5 S. 3 und Abs. 6 S. 1 dürfen bestimmte Vorschriften des Invest- 11 mentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung auf die am 8. April 2011 bestehenden Immobilien-Sondervermögen weiter angewendet werden. Zum einen betrifft das Fälle, bei denen am 31. Dezember 2012 die Rücknahme von Anteilen gemäß § 37 Abs. 2 oder § 81 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung ausgesetzt gewesen ist. Bei diesen Fonds dürfen gewisse Vorschriften in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung des Investmentgesetzes noch bis zu dem Tag angewendet werden, der 6 Monate nach der Wiederaufnahme der Rücknahme der Anteile liegt. Das betrifft die Vorschriften der § 37 (Rücknahme von Anteilen, Aussetzung), § 78 (Ertragsverwendung), § 80 (Liquiditätsvorschriften), § 80c (Sonderregelungen für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen), § 80d (Angaben im Verkaufsprospekt und in den Vertragsbedingungen) und § 81 (Aussetzung der Rücknahme) des Investmentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung. Entsprechend müssen die Vorschriften des § 258, der Vorschriften über die Aussetzung nach Kündigung der Verwaltung des Immobilien-Sondervermögens durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft enthält und § 259, der Vorgaben zu Beschlüssen der Anleger im Fall der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen macht, in solchen Fällen erst ab dem Tag angewendet werden, der auf den Tag sechs Monate nach der Wiederaufnahme der Anteile folgt. Diese Übergangsregelung des § 346 Abs. 5 S. 3 übernimmt den alten § 145 Abs. 4 S. 4 InvG.11 Damit wollte der Gesetzge-

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7 BTDrucks. 17/12294 S. 303. 8 BTDrucks. 17/3628, S. 30 zu den Vorgängervorschriften §§ 145 Abs. 4 i.V.m. 80c InvG. 9 BTDrucks. 17/4739, S. 24 zu den Vorgängervorschriften § 145 i.V.m. § 81 Abs. 4 InvG; Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Frey InvG, § 145 Rn. 13. 10 BTDrucks. 17/12294 S. 303. 11 BTDrucks. 17/12294 S. 303.

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ber den Fällen gerecht werden, in denen wegen einer Aussetzung der Anteilsrücknahme am 31. Dezember 2012 die Vertragsbedingungen nicht geändert werden konnten.12 Hier ist eine längere Geltung der alten Regeln gerechtfertigt. Bis zum 31. Dezember 2014 darf außerdem nach § 346 Abs. 6 S. 1 auf die am 8. April 12 2011 bestehenden Immobilien-Sondervermögen § 80a (Kreditaufnahme) des Investmentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung weiter angewendet werden. Die Vorschrift übernimmt den § 145 Abs. 5 S. 1 InvG.13 § 80a des Investmentgesetzes vor Inkrafttreten des AnsFuG sah noch die 50%-Grenze für Kreditaufnahmen vor. Diese Grenze ist durch das AnsFuG auf 30% abgesenkt worden.14 Auf diese Weise sollte die Eigenkapitalquote dieser Fonds gestärkt werden. Die Übergangsregelung sollte ein ausreichendes Zeitfenster schaffen, um Maßnahmen zur Reduzierung von Kreditlinien ergreifen zu können.15 Gleichfalls bis Ende 2014 weiter auf die am 8. April 2011 bestehenden Immobilien13 Sondervermögen soll § 91 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 S. 4 (Vorschriften zu Spezial-Sondervermögen) des Investmentgesetzes in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung anwendbar bleiben. Einen § 91 Abs. 4 S. 4 gab es in der betreffenden Gesetzesfassung des InvG jedoch nicht, dieser Absatz enthält nur zwei Sätze. Die Vorgängernorm zu § 346 Abs. 6 S. 1, der § 145 Abs. 5 S. 1 InvG, enthielt an dieser Stelle einen uneingeschränkten Verweis auf § 91 InvG (Fassung bis zum 7. April 2011). Schon aus Rechtsschutzgesichtspunkten muss die fehlerhafte Verweisung in § 346 Abs. 6 S. 1 auf einen nicht existenten § 91 Abs. 4 S. 4 als Verweis auf § 91 Abs. 4 (ohne jede Einschränkung) verstanden werden. VII. Immobilien-Sondervermögen, die am 1. Juli 2011 bestanden haben (§ 346 Abs. 6 Satz 2) 14

§ 346 Abs. 6 S. 2 sieht vor, dass auf die am 1. Juli 2011 bestehenden ImmobilienSondervermögen die Regelungen über die maximale Belastung der im Sondervermögen befindlichen Immobilien des Investmentgesetzes in der vor dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung (§ 82 Abs. 3 S. 2 und 91 Abs. 3 Nr. 3) noch bis zum 31. Dezember 2014 weiter angewendet werden. Die Regelung schafft eine Parallele mit den Regelungen über die Kreditaufnahme und ist als redaktionelle Anpassung in das Investmentgesetz eingeführt worden.16 Von dort (§ 145 Abs. 6 S. 2 InvG) wurde sie ins KAGB übernommen.17 VIII. Immobilienteilfreistellung für Immobilien-Sondervermögen, die in ausländische Immobilien und Auslandsimmobiliengesellschaften investieren (§ 346 Abs. 7)

15

§ 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvStG sieht eine Steuerfreiheit für einen Teil der Erträge bei Investmentfonds vor (Immobilienteilfreistellung), sofern nach deren Anleihebedingungen mindestens 51% des Wertes des Fonds in ausländische Immobilien und AuslandsImmobiliengesellschaften, das heißt Immobiliengesellschaften, die nur in ausländische Immobilien investieren, angelegt werden.

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12 BTDrucks. 17/4739 S. 24 zur Vorgängervorschrift § 145 InvG; Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Frey InvG, 2013, § 145 Rn. 14. 13 BTDrucks. 17/12294 S. 303. 14 BGBl. 2011 I, S. 544. 15 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Frey InvG, § 145 Rn. 15. 16 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Frey InvG, § 145 Rn. 16. 17 BTDrucks. 17/12294 S. 303.

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B. Die Regelungen im Einzelnen

§ 346

Durch § 346 Abs. 7 soll die Änderung der Anlagegrundsätze für Immobilien-Sondervermögen, die bei Inkrafttreten der Regelung im InvStG am 1.1.2018 bereits bestanden, so erleichtert werden, dass sie die Voraussetzungen für eine Immobilienteilfreistellung erfüllen und die Anleger von dem Steuervorteil profitieren können.18 Die Erreichung der Immobilienteilfreistellung hat drei Voraussetzungen. Zum Ersten können nur solche Immobilien-Sondervermögen in den Genuss der Immobilienteilfreistellung kommen, die ohnehin nach ihren Anlagebedingungen 51% oder mehr in die zulässigen, ausländischen Vermögensgegenstände investieren durften. Zum Zweiten müssen sie zum relevanten Zeitpunkt bereits tatsächlich die geforderte Quote von 51% oder mehr in ausländische Immobilien und Auslands-Immobiliengesellschaften investiert haben. Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt, der Stellung des Genehmigungsantrags nach Satz 2. Schließlich musste ein entsprechender Antrag bis zum 1.1.2018 gestellt worden sein. Die Vorschrift hatte also nur „vorübergehenden Charakter“19. Liegen diese Voraussetzungen vor, können die Immobilien-Sondervermögen ihre Anlagebedingungen unter erleichterten Bedingungen so ändern, dass sie den geforderten Anteil in die gestatten Vermögenswerte investieren müssen, was wiederum Voraussetzung für die Immobilienteilfreistellung nach dem InvStG ist. Diese erleichterten Bedingungen bestehen in Folgendem: § 163 Abs. 3 Satz 4, der ein kostenloses Umtauschangebot an den Anleger bei Änderung der Anleihegrundsätze vorschreibt, findet keine Anwendung. Dies gilt konsequenter Weise auch für die dem § 163 Abs. 3 Satz 4 entsprechenden Regelungen in den Anleihebedingungen. Ohne diese Erleichterung wäre nach Ansicht des Gesetzgebers wegen der fehlenden tatsächlichen Möglichkeit ein Umtauschangebot zu unterbreiten, eine Änderung der Anlagegrundsätze unmöglich.20 Das Rückgaberecht der Anleger nach § 163 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 bleibt dagegen bestehen. Hierfür gelten aber § 255 Absatz 2 bis 4 und die Absätze 1 bis 5 des § 346, was zu Erleichterungen bezüglich der Mindesthaltefristen, Rückgabefristen und Rückgabetermine führt. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist Hintergrund dieser Vorschrift, dass die Immobilienteilfreistellung nicht durch den sonst notwendigen Liquiditätsaufbau verzögert werden soll.21 Keine Anwendung findet die Genehmigungsfiktion des § 163 Abs. 2 Satz 5 und 6. Danach gilt die Genehmigung als erteilt, wenn die BaFin über den Genehmigungsantrag nicht innerhalb einer Frist entschieden und keine Zwischenverfügung erlassen hat. Diese Frist des § 163 Abs. 2 Satz 1 wird von vier Wochen auf drei Monate verlängert. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber für den Fall Vorsorge getroffen werden, dass alle Immobilien-Sondervermögen gleichzeitig versuchen, das Steuerprivileg zu erlangen und ihre Anleihebedingungen zu ändern. Die Prüfungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn der Antrag und die in Satz 5 genannten Unterlagen bei der BaFin eingegangen sind. Diese Unterlagen sollen die Aufsichtsbehörde in die Lage versetzen, eine Plausibilitätsprüfung darauf vornehmen zu können, ob zum Zeitpunkt der Antragsstellung tatsächlich die vorgeschriebenen 51% in ausländische Immobilien und Auslands-Immobiliengesellschaften investiert sind.

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§ 347

Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen

IX. Immobilienteilfreistellung für Immobilien-Sondervermögen, die in Immobilien und Immobiliengesellschaften investieren (§ 346 Abs. 8) § 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 InvStG sieht eine Steuerfreiheit für einen Teil der Erträge bei Investmentfonds vor (Immobilienteilfreistellung), die nach den Anleihebedingungen mindestens 51% des Wertes des Fonds in Immobilien und Immobiliengesellschaften anlegen. Für den Fall, dass ein Antrag auf Genehmigung der Änderung der Anleihebedingun25 gen gestellt wird, um die Voraussetzungen dieser Immobilienteilfreistellung zu erreichen, enthält Absatz 8 eine Verfahrensvorschrift. Die Genehmigungsfiktion des § 163 Absatz 2 Satz 5 und 6 findet keine Anwendung. Die Bearbeitungsfrist der BaFin nach § 163 Abs. 2 Satz 1 wird von vier Wochen auf drei Monate verlängert. Damit soll der Fall abgefedert werden, dass alle Immobilien-Sondervermögen gleichzeitig eine Änderung der Anleihebedingungen beantragen.22

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§ 347 Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen § 347 Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen Reinholz/Gerlach

(1) 1 Für Altersvorsorge-Sondervermögen im Sinne des § 87 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung, die vor dem 22. Juli 2013 im Sinne des § 343 Absatz 4 aufgelegt wurden, gelten nach Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen zusätzlich zu den in § 345 Absatz 1 Satz 11 genannten Vorschriften § 87 Absatz 2 sowie die §§ 88 bis 90 und 143 Absatz 3 Nummer 6 Buchstabe b des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung entsprechend. 2 Die in § 345 Absatz 1 Satz 11 genannten Vorschriften dieses Gesetzes, die sich auf Publikums-AIF beziehen, gelten jedoch nur, soweit sich aus § 87 Absatz 2 sowie den §§ 88 bis 90 und 99 Absatz 3 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung nichts anderes ergibt. (2) Nach dem 21. Juli 2013 dürfen Altersvorsorge-Sondervermögen im Sinne des § 87 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung nicht mehr aufgelegt im Sinne des § 343 Absatz 4 werden. Systematische Übersicht A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Hintergrund der Vorschrift | 1 II. Inhalt der Vorschrift | 5 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für aufgelegte Altersvorsorge-Sondervermögen (Absatz 1) | 6 1. Übergangsvorschriften in der Anpassungsphase an das KAGB | 8

2.

II.

Notwendige Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene | 10 3. Fortgeltung des InvG während der KAGB-Implementierung | 11 4. Parallele Geltung von InvG und KAGB nach der KAGBImplementierung | 12 Verbot der Neuauflage von Altersvorsorge-Sondervermögen (Absatz 2) | 17

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Reinholz/Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-140

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A. Allgemeines

§ 347

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Hintergrund der Vorschrift § 347 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift steht gleichwohl in keinem Zusammenhang mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie. Der nationale Gesetzgeber zieht vielmehr den Schlussstrich unter eine Fondsgattung, die sich seit ihrer Einführung durch das 3. FMFG1 im Jahr 1998 am Markt nicht durchzusetzen vermochte.2 Die Abschaffung der Altersvorsorge-Sondervermögen spielte – im Gegensatz zur ursprünglich geplanten Abschaffung der offenen Immobilienfonds – im Gesetzgebungsverfahren des KAGB keine nennenswerte Rolle. Allein der Bundesrat sprach sich für den Erhalt der Fondsgattung aus.3 In ihrer Erwiderung auf die Stellungnahme des Bundesrates wies die Bundesregierung jedoch darauf hin, dass die Altersvorsorge-Sondervermögen in der Praxis nicht nachgefragt würden.4 Dies wird durch den signifikanten Bedeutungsverlust belegt, den die Altersvorsorge-Sondervermögen seit ihrer Einführung erlitten haben. Waren im Jahr 1999 noch 43 Altersvorsorge-Sondervermögen beim BVI registriert, existieren mittlerweile nur noch 9 Altersvorsorge-Sondervermögen, die ein Volumen von € 901 Mio. an Assets under Management verwalten.5 Gerlach Nachdem der Gesetzgeber die Novellierungen des InvG 20076 und 20117 nicht nutzte, um die Fondsgattung durch regulatorische Modifikationen attraktiver zu machen,8 ist es nur konsequent, das überbordende KAGB nicht um weitere Regelungen für einen kaum verwendeten Fondstyp zu überfrachten. Der wesentliche Punkt, welcher die Altersvorsorge-Sondervermögen im Verhältnis zu anderen Instrumenten der Altersvorsorge strukturell benachteiligte, war ohnehin die fehlende „staatliche Förderung“ durch steuerliche Begünstigungen. Diese Rahmenbedingungen könnten jedoch bei entsprechendem politischen Willen unabhängig von der Fondsgattung Altersvorsorge-Sondervermögen auch künftig gesetzt werden; beispielsweise angeknüpft an eine bestimmte Haltedauer anderer förderungswürdiger Fonds(-Sparpläne).

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II. Inhalt der Vorschrift Die Vorschrift gewährt einerseits denjenigen Altersvorsorge-Sondervermögen Be- 5 standsschutz, die bei Inkrafttreten des KAGB bereits aufgelegt waren. Andererseits wird in Absatz 2 das Verbot statuiert, nach dem Inkrafttreten des KAGB neue AltersvorsorgeSondervermögen aufzulegen.

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1 3. Finanzmarktförderungsgesetz, BGBl. I v. 27.3.1998, S. 525. 2 Bereits 2004 wurde von einem geordneten Rückzug des Gesetzgebers aus diesem Fondssegment gesprochen, Köndgen/Schmies Die Neuordnung des deutschen Investmentrechts, WM 2004 Sonderbeilage 1 11. 3 Empfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates zu § 247 KAGB-E, BRDrucks. 791/1/12 v. 21.1.2013 S. 18. 4 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. 17/12294 v. 6.2.2013 S. 334; ebenso Emde/Dreibus BKR 2013 94 sowie Wallach RdF 2013 99. 5 Auskunft des BVI. Die Zahlen beziehen sich auf den Stichtag 31.3.2014. 6 Investmentänderungsgesetz, BGBl. I v. 21.12.2007, S. 3089. 7 Gesetz zur Umsetzung der RL 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, BGBl. I v. 22.6.2011, S. 1126. 8 Vorschläge hierzu finden sich bei Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Glander/Mayr InvG, Vor §§ 87–90 Rn. 23 ff.

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Gerlach

§ 347

Besondere Übergangsvorschriften für Altersvorsorge-Sondervermögen

B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für aufgelegte Altersvorsorge-Sondervermögen (Absatz 1) § 347 Abs. 1 gewährt denjenigen Altersvorsorge-Sondervermögen Bestandsschutz, die beim Inkrafttreten des KAGB bereits im Sinne von § 343 Abs. 4 aufgelegt waren, bei denen also mindestens ein Anleger vor dem 22.7.2013 einen Fondsanteil gezeichnet hat. Der nach § 347 gewährte Bestandsschutz hat die Besonderheit, dass er nicht nur 7 temporär für die einjährige Anpassungsphase an die Vorschriften des KAGB gilt. Vielmehr gilt der Bestandsschutz in Form einer fortwährenden Anwendbarkeit einschlägiger Vorschriften des InvG (neben denjenigen des KAGB), bis es zur Auflösung des Altersvorsorge-Sondervermögens kommt.

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1. Übergangsvorschriften in der Anpassungsphase an das KAGB. Da § 347 lediglich einige spezielle Regelungen für Altersvorsorge-Sondervermögen trifft, ist im Übrigen auf § 345 zurückzugreifen, da es sich bei den Altersvorsorge-Sondervermögen ebenfalls um offene AIF handelt, die bereits nach dem InvG reguliert waren. Das AltersvorsorgeSondervermögen qualifiziert im KAGB als offener Publikums-AIF, so dass § 345 Abs. 1 zur Anwendung gelangt. Die Qualifizierung als offener Publikums-AIF könnte auf den ersten Blick fraglich 9 sein. Denn es war Definitionsbestandteil gemäß § 87 Abs. 2 InvG, dass das Altersvorsorge-Sondervermögen Erträge thesauriert und der Anleger aus dem Altersvorsorge-Sparplan nach § 90 InvG vertraglich zum fortwährenden Erwerb von Anteilen am Altersvorsorge-Sondervermögen verpflichtet ist. Die Regelungen der §§ 87–90 InvG ähneln daher insbesondere mit Blick auf die langen Sparplan-Laufzeiten dem Typ des geschlossenen AIF. Allerdings ist anerkannt, dass die vertragliche Verpflichtung aus dem Altersvorsorge Sparplan gemäß § 90 InvG den Anleger nicht daran hindert, seine Anteile jederzeit an die KVG zurückzugeben.9 Folglich ist die Rückgabemöglichkeit der Fondsanteile vor Beginn der Liquidationsphase aus § 1 Abs. 4 Nr. 2, welche das Wesensmerkmal offener AIF darstellt, bei Altersvorsorge-Sondervermögen erfüllt.

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2. Notwendige Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene. Die KVG hat die Anlagebedingungen der Altersvorsorge-Sondervermögen gemäß den Vorgaben aus § 345 Abs. 1 an das KAGB anzupassen. Die angepassten Anlagebedingungen müssen bis zum Ablauf des 21.7.2014 in Kraft getreten sein.

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3. Fortgeltung des InvG während der KAGB-Implementierung. Während der Übergangsphase – bis zum Inkrafttreten der abgeänderten Anlagebedingungen oder längstens bis zum 22.7.2014 – gelten weiterhin die Vorschriften des InvG für Altersvorsorge-Sondervermögen. Dies wird zwar in § 347 nicht explizit angeordnet, ergibt sich jedoch aus einem Umkehrschluss aus § 347 Abs. 1 Satz 1 sowie aus dem ebenfalls anwendbaren § 345 Abs. 1 Satz 9.

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4. Parallele Geltung von InvG und KAGB nach der KAGB-Implementierung. Der Anwendungszeitraum der Übergangsregelung endet gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 in Anlehnung an die Vorschrift des § 345 Abs. 1 mit dem Inkrafttreten der geänderten Anlagebedingungen des Altersvorsorge-Sondervermögens oder spätestens mit Ablauf des 21.7.2014.

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Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Glander/Mayr InvG, § 90 Rn. 12.

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§ 348

Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen

Da die Altersvorsorge-Sondervermögen als Fondsgattung nicht in das KAGB übernommen wurden, die bei Inkrafttreten des KAGB bereits aufgelegten Altersvorsorge-Sondervermögen jedoch Bestandsschutz genießen, ergibt sich zwangsläufig die notwendige Fortgeltung der alten Vorschriften des InvG für diese Bestandsfonds über die einjährige Anpassungsphase hinaus, da die Fonds andernfalls ohne einschlägiges Regelungsregime dastünden. Der Gesetzgeber ordnet daher in § 347 Abs. 1 die parallele Geltung der §§ 87 Abs. 2 bis 90 sowie § 143 Abs. 3 Nr. 6 lit. b InvG und denjenigen Vorschriften des KAGB an, die auf inländische offene Publikums-AIF Anwendung finden. Die Vorschriften des KAGB zu offenen Publikums-AIF sollen gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 subsidiär als Auffangtatbestand gelten, soweit sich aus den spezielleren Vorschriften des InvG nichts Anderweitiges ergibt.10 Vor diesem Hintergrund erscheint indes die explizite Anordnung etwa der fortgeltenden Anwendbarkeit des Bußgeldtatbestandes aus § 143 Abs. 3 Nr. 6 lit. b InvG überflüssig. Man wäre im Wege der Auslegung zur Anwendbarkeit des inhaltsgleichen § 340 Abs. 3 Nr. 9 gelangt. Ggf. sollte die Klarstellung aber den auch bei Ordnungswidrigkeiten geltenden Bestimmtheitsgrundsatz wahren.

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II. Verbot der Neuauflage von Altersvorsorge-Sondervermögen (Absatz 2) § 347 Abs. 2 statuiert das Verbot, nach dem Inkrafttreten des KAGB neue Altersvor- 17 sorge-Sondervermögen im Sinne des § 87 InvG aufzulegen. Dies ist sowohl aus Sicht der Anleger als auch aus Sicht der Branche zu verkraften. 18 Denn die Altersvorsorge-Sondervermögen in ihrer vormaligen Ausgestaltung im InvG lassen sich problemlos durch anderweitige Fondssparpläne abbilden, so dass sich für den Anleger keine Angebotslücke auftut. Aus demselben Grund wurde mit der Aufhebung dieser Fondsgattung auch den Anbietern keine innovative Gestaltungsmöglichkeit genommen. Schmerzhaft ist für die Branche allenfalls die Signalwirkung, die der Gesetzgeber mit der Abschaffung der Altersvorsorge-Sondervermögen zum Ausdruck bringt. Denn der Gesetzgeber erteilt damit (vorerst) dem Anliegen der Branche eine Absage, Investmentfonds-Sparpläne als anerkanntes Altersvorsorgeinstrument steuerlich zu begünstigen und beispielsweise die „AS-Investmentrente“ als sechsten Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung zu etablieren.11 https://doi.org/10.1515/9783110492217-141

§ 348 Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen und Gemischte Investmentaktiengesellschaften § 348 Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen Gerlach Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen

1

Gemischte Sondervermögen oder Gemischte Investmentaktiengesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 gemäß den §§ 83 bis 86 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung aufgelegt wurden und die zu diesem Zeitpunkt 1. Anteile an Immobilien-Sondervermögen nach den §§ 66 bis 82 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung,

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10 Warum der Gesetzgeber für diese Regelung abermals die umständliche Verweisungstechnik über § 345 Abs. 1 Satz 11 gewählt hat, erschließt sich nicht. Ein Erkenntnismehrwert entsteht dadurch nicht. 11 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. 17/12294 vom 6.2.2013 S. 334.

1145 https://doi.org/10.1515/9783110492217-141

Gerlach

§ 348

Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen

2.

Anteile an Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung, 3. Aktien an Investmentaktiengesellschaften, deren Satzung eine dem § 112 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung vergleichbare Anlageform vorsieht oder 4. Anteile oder Aktien an mit Nummer1 2 oder 3 vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF unter Einhaltung der Anlagegrenzen, der zusätzlichen Angaben im Verkaufsprospekt und in den Vertragsbedingungen gemäß § 84 Absatz 2, 3 in Verbindung mit § 113 Absatz 3 und 4 Satz 2 und 3, in Verbindung mit § 117 Absatz 1 Satz 2, in Verbindung mit § 118 Satz 2 sowie § 85 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung erworben haben, dürfen diese gehaltenen Anteile oder Aktien abweichend von § 219 auch nach dem 21. Juli 2013 weiter halten. 2 Auf die Verwaltung von Gemischten Investmentvermögen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 oder 4, deren Vertragsbedingungen es erlauben, die Mittel zu mehr als 50 Prozent des Wertes des Vermögens des Gemischten Investmentvermögens in Anteile an Immobilien-Sondervermögen in Form von Publikumsinvestmentvermögen sowie in Anteile an vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF anzulegen, ist § 255 Absatz 3 und 4 anzuwenden, solange die Anteile nach Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 4 weiter gehalten werden. 3 Im Übrigen gelten für diese Gemischten Investmentvermögen im Sinne des Satzes 1 die Vorschriften dieses Gesetzes einschließlich der Übergangsvorschriften.

A. B.

Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für bestimmte Vermögensgegenstände (Satz 1) | 4 II. Spezialregelung bei Immobilien-Sondervermögen über 50% (Satz 2)

1.

III.

Restriktionen bei Anteilsrückgabe an die KVG | 9 2. Übertragung der Bestandsschutzregelung für AltAnleger aus § 346 | 12 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen an das KAGB (Satz 3) | 16

A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift 1

§ 348 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift weist jedoch keinen Bezug zur AIFM-Richtlinie auf. Die Regelung in § 348 wurde notwendig, nachdem sich der nationale Gesetzgeber entschieden hatte, den Katalog zulässiger Vermögensgegenstände im KAGB für Gemischte Sondervermögen und Gemischte Investmentaktiengesellschaften im Verhältnis zum InvG zu beschränken.2 Dadurch sah sich der Gesetzgeber mit der Frage konfrontiert, wie er mit Fonds verfährt, deren Vermögensgegenstände noch nach dem

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1 Es handelt sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Richtigerweise muss der Verweis auch auf Nummer 1 erfolgen, da andernfalls die Bezugnahme auf Nummer 4 in § 348 Satz 2 keinen Sinn ergibt. Dass es sich um ein Redaktionsversehen handelt, zeigt auch der Vergleich mit dem identisch konzipierten § 349 Satz 1 Nummer 4. 2 Gesetzesbegründung zu § 219 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 264.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 348

alten Katalog gewählt wurden und die mithin nach dem Inkrafttreten des KAGB weiterhin Anteile an Immobilien-Sondervermögen und/oder Hedgefonds halten. Der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, diese Fonds zu verpflichten, ihre gehal- 2 tenen und nach KAGB unzulässigen Vermögensgegenstände innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu veräußern. Stattdessen genießen die Fonds zeitlich unbeschränkten Bestandsschutz, solange sie die mittlerweile nach KAGB unzulässigen Vermögensgegenstände lediglich passiv weiter verwalten. Die Einschränkung des Kataloges in Form einer kompletten Streichung bestimmter 3 Vermögensgegenstände ist auf harsche Kritik gestoßen.3 Den Kritikern ist darin zuzustimmen, dass statt eines Verbotes bestimmter Vermögensgegenstände die Reduzierung der zulässigen Anlagegrenzen in diese Vermögensgegenstände eine ausgewogenere Lösung dargestellt hätte. Denn die dadurch erzielbare Portfoliodiversifizierung des Gemischten Sondervermögens stellt letztlich auch eine Risikostreuung dar und dient damit ebenfalls dem Anlegerschutz. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für bestimmte Vermögensgegenstände (Satz 1) § 348 Satz 1 regelt, dass Gemischte Sondervermögen (und Gemischte Investmentaktiengesellschaften) bestimmte Vermögensgegenstände über den 21.7.2013 hinaus weiter halten dürfen, obwohl diese Anlagen im Anwendungsbereich des KAGB nicht mehr zu den gemäß § 219 zulässigen Vermögensgegenständen eines dann als Gemischtes Investmentvermögen qualifizierenden offenen inländischen Publikums-AIF gehören. § 348 Satz 1 enthält einen Katalog, der diejenigen Vermögensgegenstände auflistet, welche nach dem InvG noch als zulässige Investition eines Gemischten Sondervermögens erachtet wurden und die nunmehr für Gemischte Investmentvermögen nach KAGB nicht mehr zur Verfügung stehen. Der in § 348 gewährte Bestandsschutz erfasst das zulässige Festhalten an diesen Vermögensgegenständen für einen unbegrenzten Zeitraum. Bei dem Katalog bestandsgeschützter Anlagen handelt es sich um die vormals nach § 84 InvG zulässigen Vermögensgegenstände der Immobilien-Sondervermögen nach §§ 66 bis 82 InvG, der Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Hedgefonds) gemäß § 112 InvG oder diesen Hedgefonds vergleichbar konzipierten Investmentaktiengesellschaften. Ferner erfasst der Katalog in § 348 Satz 1 Nr. 4 auch Anteile oder Aktien solcher EU-AIF oder ausländischer AIF, die mit den vorgenannten drei4 Kategorien an Vermögensgegenständen vergleichbar sind. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestandsschutzregelung ist wie in allen anderen Fällen, dass das betreffende Gemischte Sondervermögen spätestens am 21.7.2013 bereits im Sinne von § 343 Abs. 4 aufgelegt war. Der nach KAGB unzulässige Vermögensgegenstand muss vor dem 22.7.2013 erworben worden sein, um weiterhin von dem Gemischten Investmentvermögen gehalten werden zu dürfen. Ob unter dem Erwerb lediglich das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zu verstehen ist oder ob bereits am 21.7.2013 auch das dingliche Verfügungsgeschäft erfolgt sein muss, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

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3 Wallach RdF 2013 99; Emde/Dreibus BKR 2013 95. 4 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die fehlende Bezugnahme auf die Kategorie der Immobilien-Sondervermögen in § 348 Satz 1 Nr. 1 ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers darstellt.

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§ 348

Besondere Übergangsvorschriften für Gemischte Sondervermögen

Im Ergebnis ist auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft abzustellen. Dies ergibt sich aus dem Telos der Vorschrift. Maßgeblich ist die Investitionsentscheidung, die der Fondsmanager im Rahmen seines Ermessensspielraumes bei der Portfolioverwaltung trifft.5 Hierbei handelt es sich zivilrechtlich um die Willenserklärung zur Eingehung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts. Das dingliche Verfügungsgeschäft stellt sich in der Folge nicht mehr als Ermessensentscheidung des Fondsmanagers sondern als bindender Vollzug der eingegangenen Verpflichtung dar. Darüber hinaus würde die Gewähr des Bestandsschutzes andernfalls von den für den jeweiligen Investitionsgegenstand geltenden Eigentumsübertragungsvorschriften abhängen. Das führte zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte, weil beispielsweise der Erwerb einer Immobilie aufgrund des langwierigeren Eigentumsübertragungsvorganges faktisch diskriminiert würde. Zudem ist der Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts durch Niederlegung im Vertrag regelmäßig leicht nachvollziehbar, so dass ein Abstellen auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft auch der Rechtssicherheit dient. II. Spezialregelung bei Immobilien-Sondervermögen über 50% (Satz 2) 9

1. Restriktionen bei Anteilsrückgabe an die KVG. § 348 Satz 2 erklärt die besonderen Rückgaberegelungen für Immobilien-Sondervermögen aus § 255 Abs. 3 und Abs. 4 auf die Gemischten Investmentvermögen für anwendbar, wenn die Vertragsbedingungen der Investmentvermögen es ermöglichen, zu mehr als 50% in Immobilien-Sondervermögen investiert zu sein. Diese Möglichkeit, in Höhe von bis zu 100% in die Gattung Immobilien-Sondervermögen investiert zu sein, ergab sich für Gemischte Sondervermögen aus der Regelung zu den Anlagegrenzen in § 85 Satz 2 Hs. 2 InvG.6 Anleger, die ihre Anteile an einem bestandsgeschützten Gemischten Investment10 vermögen (mit Investitionsmöglichkeit von über 50% in Immobilien-Sondervermögen) nach dem 21.7.2013 an die KVG zurückgeben wollen, müssen daher sowohl die Mindesthaltefrist von 24 Monaten gemäß § 255 Abs. 3 als auch die 12-monatige Kündigungsfrist nach § 255 Abs. 4 einhalten. 11 Die Restriktionen gelten nur bei der Rückgabe der Anteile an die KVG. Veräußert der Anleger seine Anteile über den Sekundärmarkt oder im OTC-Bereich (wenn beispielsweise sein Wertpapierdienstleister dem Anleger/Kunden die Anteile abkauft), so greifen die Vorgaben aus § 255 Abs. 3 und 4 nicht. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, die von Rückgabe spricht und damit auf das besondere Verfahren gegenüber der KVG in § 98 Bezug nimmt. Überdies spricht auch eine teleologische Auslegung für dieses Ergebnis. Denn § 255 dient primär der Liquiditätssteuerung der jeweiligen KVG sowie mittelbar auch dem Anlegerschutz. Die KVG soll vor einer unvorhergesehenen massenhaften Rückgabe von Anteilen geschützt werden, die eine überhastete Veräußerung von Immobilien oder gar die Aussetzung der Anteilsrücknahme zur Folge haben könnte. 12

2. Übertragung der Bestandsschutzregelung für Alt-Anleger aus § 346. § 348 Satz 2 ordnet letztlich wegen der hohen Immobilienfondsquote eine Gleichstellung zwischen Gemischten Sondervermögen und Immobilien-Sondervermögen im Hinblick auf die Rückgaberegelungen gegenüber der KVG an. Dies ist die konsequente Fortführung des Regelungsgedankens aus § 83 Abs. 2 InvG.

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5 Voigt/Busse BKR 2013 187 zur ähnlich gelagerten Problematik bei § 353 Abs. 1. 6 Gleichzeitig durften gemäß § 85 Satz 2 Hs. 1 InvG nur bis zu 20% des Portfoliowertes des Gemischten Sondervermögens in dasselbe Immobilien-Sondervermögen investiert sein.

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Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen

§ 349

Allerdings hat der Gesetzgeber die Rückgaberegelungen für Immobilien-Sonder- 13 vermögen im KAGB gegenüber dem InvG abermals verschärft, da die Möglichkeit aus § 80c Abs. 3 Satz 1 sowie § 80c Abs. 4 Satz 1 InvG entfallen ist, einen Freibetrag von EUR 30.000 halbjährlich zurückzugeben, ohne an die Mindesthaltefrist und die Kündigungsfrist gebunden zu sein. Diesbezüglich hat der Gesetzgeber in § 346 Abs. 1 eine Bestandsschutzregelung für Alt-Anleger getroffen, die vor dem Inkrafttreten des KAGB Anteile an Immobilien-Sondervermögen erworben haben. Diese Anleger dürfen auch nach Inkrafttreten des KAGB und damit abweichend von § 255 Abs. 3 und Abs. 4 die Freibetragsregelung des § 80c InvG weiterhin beanspruchen. Eine § 346 Abs. 1 vergleichbare Bestandsschutzregelung fehlt für Anleger, die vor 14 dem 22.7.2013 Anteile an Gemischten Sondervermögen erworben haben, die zu über 50% in Immobilien-Sondervermögen investieren dürfen. Diese Ungleichbehandlung der vergleichbaren Sachverhalte ist nicht zu rechtfertigen und ist vom Gesetzgeber mutmaßlich übersehen worden. Die planwidrige Regelungslücke ist wegen der Vergleichbarkeit der Sachverhalte im Wege der Analogie zu füllen. Für eine analoge Anwendung von § 346 Abs. 5 Satz 1 ist hingegen kein Raum. Diese 15 Vorschrift gewährt Alt-Anlegern erweiterten Vertrauensschutz, soweit sie ihre Anteile an Immobilien-Sondervermögen noch vor der Umstellung der Vertragsbedingungen des Sondervermögens auf die Vorgaben durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz7 (und damit vor Einführung der Rückgaberestriktionen aus § 80c InvG) erworben haben. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 145 Abs. 6 InvG anlässlich der Umsetzung des AnsFuG geregelt, dass der Vertrauensschutz der Anleger auf die alte Rückgabemöglichkeit ohne Einschränkungen am 31.12.2012 endet. Eine Bezugnahme auf § 145 Abs. 4 Satz 2 InvG oder eine vergleichbare Regelung findet sich für Gemischte Sondervermögen in § 145 Abs. 6 InvG nicht. III. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen an das KAGB (Satz 3) § 348 Satz 3 stellt klar, dass sich die spezielle und zeitlich unbeschränkte Bestands- 16 schutzregelung allein auf das Halten der vormals zulässigen Vermögensgegenstände bezieht. Im Übrigen gelten sowohl für die KVG als auch auf Fonds-Ebene zunächst die Übergangsvorschriften zwecks Anpassung an das KAGB binnen Jahresfrist und im Anschluss an den gewährten Übergangszeitraum (mit Einreichen des Erlaubnisantrags beziehungsweise Inkrafttreten der geänderten Anlagebedingungen) umfassend die Vorschriften des KAGB.8 https://doi.org/10.1515/9783110492217-142

§ 349 Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen und Sonstige Investmentaktiengesellschaften § 349 Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen Gerlach Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen 1

Sonstige Sondervermögen oder Sonstige Investmentaktiengesellschaften, die vor dem 22. Juli 2013 gemäß den §§ 90g bis 90k des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung aufgelegt wurden und die zu diesem Zeitpunkt 1. Anteile an Immobilien-Sondervermögen nach § 66 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung,

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7 Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, BGBl. I v. 7.4.2011, S. 538. Im Folgenden: AnsFuG. 8 Vgl. zu den notwendigen Anpassungsmaßnahmen auf Fonds-Ebene die Kommentierung bei § 345 Rn. 6.

1149 https://doi.org/10.1515/9783110492217-142

Gerlach

§ 349

Besondere Übergangsvorschriften für Sonstige Sondervermögen

2.

Anteile an Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung, 3. Aktien an Investmentaktiengesellschaften, deren Satzung eine dem § 112 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung vergleichbare Anlageform vorsieht, 4. Anteile oder Aktien an mit Nummer 1, 2 oder 3 vergleichbaren EU-AIF oder ausländischen AIF oder 5. Beteiligungen an Unternehmen, sofern der Verkehrswert der Beteiligungen ermittelt werden kann, unter Einhaltung der Anlagegrenzen, der zusätzlichen Angaben im Verkaufsprospekt und in den Vertragsbedingungen gemäß § 90h Absatz 2 in Verbindung mit § 113 Absatz 3 und 4 Satz 2 und 3, § 90h Absatz 3 und 4, § 90j Absatz 2 Nummer 1, § 117 Absatz 1 Satz 2 sowie § 118 Satz 2 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung erworben haben, dürfen diese gehaltenen Anteile, Aktien oder Beteiligungen abweichend von § 221 auch nach dem 21. Juli 2013 weiter halten. 2 Im Übrigen gelten für die Sonstigen Investmentvermögen im Sinne des Satzes 1 die Vorschriften dieses Gesetzes einschließlich der Übergangsvorschriften. A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift § 349 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift weist jedoch keinen Bezug zur AIFM-Richtlinie auf. Die Regelung in § 349 wurde notwendig, nachdem sich der nationale Gesetzgeber entschieden hatte, den Katalog zulässiger Vermögensgegenstände im KAGB für Sonstige Sondervermögen und Sonstige Investmentaktiengesellschaften im Verhältnis zum InvG zu beschränken.1 Dadurch sah sich der Gesetzgeber mit der Frage konfrontiert, wie er mit Fonds verfährt, deren Vermögensgegenstände noch nach dem alten Katalog gewählt wurden und die mithin nach dem Inkrafttreten des KAGB weiterhin Anteile an Immobilien-Sondervermögen und/oder Hedgefonds halten. 2 Der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, diese Fonds zu verpflichten, ihre gehaltenen und nach KAGB unzulässigen Vermögensgegenstände innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu veräußern. Stattdessen genießen die Fonds zeitlich unbeschränkten Bestandsschutz, solange sie die mittlerweile nach KAGB unzulässigen Vermögensgegenstände lediglich passiv weiter verwalten. Die Einschränkung des Kataloges in Form einer kompletten Streichung bestimmter 3 Vermögensgegenstände ist auf harsche Kritik gestoßen.2 Den Kritikern ist darin zuzustimmen, dass statt eines Verbotes bestimmter Vermögensgegenstände die Reduzierung der zulässigen Anlagegrenzen in diese Vermögensgegenstände eine ausgewogenere Lösung dargestellt hätte. Denn die dadurch erzielbare Portfoliodiversifizierung des Gemischten Sondervermögens stellt letztlich auch eine Risikostreuung dar und dient damit ebenfalls dem Anlegerschutz. Gleichwohl ist dem Gesetzgeber darin beizupflichten, die Unternehmensbeteiligungen als Investitionsgegenstand allein für geschlossene (Publikums-)AIF vorzusehen, da dieser Vermögensgegenstand neben der Illiquidität 1

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Gesetzesbegründung zu § 221 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 265. Wallach RdF 2013 99; Emde/Dreibus BKR 2013 95.

Gerlach

1150

B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 349

weitere Besonderheiten (wie Schwierigkeiten einer laufenden Verkehrswertermittlung) aufweist, die im Konstrukt des geschlossenen AIF besser berücksichtigt werden können. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für bestimmte Vermögensgegenstände (Satz 1) § 349 Satz 1 regelt, dass Sonstige Sondervermögen (und Sonstige Investmentaktiengesellschaften) bestimmte Vermögensgegenstände über den 21.7.2013 hinaus weiter halten dürfen, obwohl diese Anlagen im Anwendungsbereich des KAGB nicht mehr zu den gemäß § 221 zulässigen Vermögensgegenständen eines dann als Sonstiges Investmentvermögen qualifizierenden offenen inländischen Publikums-AIF gehören. § 349 Satz 1 enthält einen Katalog, der diejenigen Vermögensgegenstände auflistet, welche nach dem InvG noch als zulässige Investition eines Sonstigen Sondervermögens erachtet wurden und die nunmehr für Sonstige Investmentvermögen nach KAGB nicht mehr zur Verfügung stehen. Der in § 349 gewährte Bestandsschutz erfasst das zulässige Festhalten an diesen Vermögensgegenständen für einen unbegrenzten Zeitraum. Bei dem Katalog bestandsgeschützter Anlagen handelt es sich um die vormals nach § 90h InvG zulässigen Vermögensgegenstände der Immobilien-Sondervermögen gemäß § 66 InvG, der Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Hedgefonds) gemäß § 112 InvG oder diesen Hedgefonds vergleichbar konzipierten Investmentaktiengesellschaften. Ferner erfasst der Katalog in § 349 Satz 1 Nr. 4 auch Anteile oder Aktien solcher EU-AIF oder ausländischer AIF, die mit den vorgenannten drei Kategorien an Vermögensgegenständen vergleichbar sind. Überdies enthält der Katalog in § 349 Satz 1 Nr. 5 Unternehmensbeteiligungen als bestandsgeschützten Vermögensgegenstand. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestandsschutzregelung ist wie in allen anderen Fällen, dass das betreffende Sonstige Sondervermögen spätestens am 21.7.2013 bereits im Sinne von § 343 Abs. 4 aufgelegt war. Der nach KAGB unzulässige Vermögensgegenstand muss vor dem 22.7.2013 erworben worden sein, um weiterhin von dem Sonstigen Investmentvermögen gehalten werden zu dürfen. Ob unter dem Erwerb lediglich das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zu verstehen ist oder ob bereits am 21.7.2013 auch das dingliche Verfügungsgeschäft erfolgt sein muss, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Im Ergebnis ist auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft abzustellen. Dies ergibt sich aus dem Telos der Vorschrift. Maßgeblich ist die Investitionsentscheidung, die der Fondsmanager im Rahmen seines Ermessensspielraumes bei der Portfolioverwaltung trifft.3 Hierbei handelt es sich zivilrechtlich um die Willenserklärung zur Eingehung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts. Das dingliche Verfügungsgeschäft stellt sich in der Folge nicht mehr als Ermessensentscheidung des Fondsmanagers sondern als bindender Vollzug der eingegangenen Verpflichtung dar. Darüber hinaus würde die Gewähr des Bestandsschutzes andernfalls von den für den jeweiligen Investitionsgegenstand geltenden Eigentumsübertragungsvorschriften abhängen. Das führte zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte, weil beispielsweise der Erwerb einer Immobilie aufgrund des langwierigeren Eigentumsübertragungsvorganges faktisch diskriminiert würde. Zudem ist der Zeitpunkt des Verpflich-

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Voigt/Busse BKR 2013 187 zur ähnlich gelagerten Problematik bei § 353 Abs. 1.

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Gerlach

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5

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§ 350

Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF

tungsgeschäfts durch Niederlegung im Vertrag regelmäßig leicht nachvollziehbar, so dass ein Abstellen auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft auch der Rechtssicherheit dient. II. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen an das KAGB (Satz 2) 9

§ 349 Satz 2 stellt klar, dass sich die spezielle und zeitlich unbeschränkte Bestandsschutzregelung allein auf das Halten der vormals zulässigen Vermögensgegenstände bezieht. Im Übrigen gelten sowohl für die KVG als auch auf Fonds-Ebene zunächst die Übergangsvorschriften zwecks Anpassung an das KAGB binnen Jahresfrist und im Anschluss an den gewährten Übergangszeitraum (ab Einreichen des Erlaubnisantrags beziehungsweise Inkrafttreten der geänderten Anlagebedingungen) umfassend die Vorschriften des KAGB.4 https://doi.org/10.1515/9783110492217-143

§ 350 Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF § 350 Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF Gerlach Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF

(1) 1 Für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes 1. über eine Erlaubnis als Kapitalanlagegesellschaft nach § 7 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder über eine Erlaubnis als Investmentaktiengesellschaft nach § 97 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung verfügt und 2. Sondervermögen oder Investmentaktiengesellschaften mit zusätzlichen Risiken im Sinne des § 112 Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung verwaltet, die vor dem 22. Juli 2013 aufgelegt im Sinne des § 343 Absatz 4 wurden, an Privatanleger vertrieben werden durften und deren Anlagebedingungen gemäß den §§ 43, 43a des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung genehmigt wurden, gilt § 345 Absatz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass in § 345 Absatz 1 Satz 11 an die Stelle des Begriffs „Publikums-AIF“ der Begriff „Spezial-AIF“ tritt und ein Vertrieb an Privatanleger oder ein Erwerb der Anteile oder Aktien durch Privatanleger ab dem 22. Juli 2013 nicht mehr zulässig ist, soweit sich aus Satz 2 nicht ein anderes ergibt. 2 Solange Anteile oder Aktien von Privatanlegern gehalten werden, gelten abweichend von § 345 Absatz 1 Satz 11 ab Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen die §§ 112, 116 und 118 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung entsprechend, sofern sie Sondervermögen oder Investmentaktiengesellschaften mit zusätzlichen Risiken im Sinne des § 112 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung betreffen; ein Vertrieb an oder ein Erwerb durch Privatanleger ist ausgeschlossen. 3 Solange Anteile oder Aktien von Privatanlegern gehalten werden, gelten ferner §§ 162, 163 und 297, soweit sich diese Vorschriften auf Anleger beziehen, und die §§ 300, 301, 305 und 306 im Hinblick auf diejenigen Privatanleger, die noch Anteile oder Aktien halten.

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4 Vgl. zu den notwendigen Anpassungsmaßnahmen auf Fonds-Ebene die Kommentierung bei § 345 Rn. 6.

Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-143

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§ 350

A. Allgemeines

(2) Werden Anteile oder Aktien von inländischen offenen Spezial-AIF im Sinne des § 345 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, die von einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne von § 345 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 verwaltet werden, von Privatanlegern gehalten, die diese Anteile oder Aktien vor dem 22. Juli 2013 erworben haben, so dürfen diese Privatanleger diese vor dem 22. Juli 2013 erworbenen Anteile oder Aktien auch nach dem 22. Juli 2013 weiter halten, bis sie diese Anteile oder Aktien zurückgeben, ohne dass sich die Qualifikation des Investmentvermögens als inländischer Spezial-AIF nach § 1 Absatz 6 ändert.

A.

B.

Systematische Übersicht Allgemeines I. Hintergrund der Vorschrift 1. In Bezug auf Single-Hedgefonds (Absatz 1) | 1 2. In Bezug auf den Anlegerkreis von Spezial-AIF (Absatz 2) | 3 II. Inhalt der Vorschrift | 6 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelungen für SingleHedgefonds (Absatz 1) 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen an das KAGB | 7 a) Auf Ebene des AIF | 8 b) Auf Ebene der KVG | 11

2.

II.

Umfassendes Erwerbsverbot für Privatanleger | 12 3. Bestandsschutz für bereits investierte Privatanleger | 14 4. Partielle Fortgeltung von Anlegerschutzregelungen des InvG (Absatz 1 Satz 2) | 16 5. Partielle Geltung von Vorschriften für Publikums-AIF (Absatz 1 Satz 3) | 19 Übergangsvorschrift für SpezialAIF mit Privatanlegerbestand (Absatz 2) | 21

A. Allgemeines A. Allgemeines I. Hintergrund der Vorschrift 1. In Bezug auf Single-Hedgefonds (Absatz 1). Der Gesetzgeber tat sich bereits bei 1 Einführung der Regelungen zu Hedgefonds im Zuge des Investmentmodernisierungsgesetzes 2003 schwer damit, auch Privatanlegern die Investition in Single-Hedgefonds zu ermöglichen.1 Zehn Jahre später hat sich der Gesetzgeber nun anlässlich der Einführung des KAGB mit Wirkung zum 22.7.2013 dazu entschlossen, seine einstige Entscheidung zu revidieren und Privatanlegern den Erwerb von Single-Hedgefonds zu untersagen. Zur Begründung wird die Risikoträchtigkeit der Anlageklasse angeführt.2 Privatanleger dürfen ihr Geld fortan nur noch in Dach-Hedgefonds gemäß § 283 anlegen, in denen die Risiken über die verschiedenen Zielfonds stärker gestreut sind. In § 350 Abs. 1 bestimmt der Gesetzgeber, wie mit Privatanlegern zu verfahren ist, die beim Inkrafttreten des KAGB bereits in einem Single-Hedgefonds investiert waren. Wie die besonderen Übergangsvorschriften zu einzelnen Typen von Sondervermö- 2 gen gemäß §§ 347–349 stellt sich auch § 350 als notwendige Folge einer rechtspolitischen

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1 Verbot der Investitionsmöglichkeit durch Privatanleger im Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Gesetzesbegründung zu § 112 Abs. 2, Investmentmodernisierungsgesetz, BTDrucks. 15/12294 S. 191; letztlich revidiert im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, BTDrucks. 15/1944 S. 15. 2 Allgemeiner Teil der Gesetzesbegründung, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 191.

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§ 350

Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF

Entscheidung des nationalen Gesetzgebers dar. Obgleich die Vorschrift im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes Eingang in das KAGB gefunden hat, steht sie daher in keinem Zusammenhang mit der Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie. 2. In Bezug auf den Anlegerkreis von Spezial-AIF (Absatz 2). § 350 Abs. 2 trifft ebenfalls Regelungen für Fälle, in denen sich die zulässige Zusammensetzung des Anlegerkreises einer Fondsgattung durch die Einführung des KAGB zum 22.7.2013 geändert hat und es also einer Entscheidung bedurfte, ob und wie lange den bereits investierten Anlegern Bestandsschutz gewährt wird. 4 Die Regelung betrifft die Fondsgattung der Spezial-Sondervermögen, die unter der Bezeichnung Spezial-AIF in das KAGB übernommen wurden. Der Gesetzgeber hat im KAGB den Kreis der Anleger geändert, die in einen inländischen Spezial-AIF investiert sein dürfen. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 InvG durften vormals Anleger eines SpezialSondervermögens ausschließlich nicht natürliche Personen sein. Man bemühte im InvG also eine formale Abgrenzung und fingierte für Anleger, die als juristische Person oder sonstige Personenmehrheiten3 investierten, eine hinreichende Qualifizierung zur eigenständigen Geldanlage. Im KAGB wird nunmehr ein materieller Abgrenzungsmaßstab verwendet, der Anlegerkategorien nach bestimmten Kriterien wie Kenntnissen, Erfahrenheit und der finanziellen Risikotragfähigkeit bestimmt. Eine Investition in SpezialAIF ist künftig im KAGB nur semi-professionellen und professionellen Anlegern gestattet, wobei ihre Rechtsform unerheblich ist.4 Das kann dazu führen, dass in den vor dem 22.7.2013 aufgelegten Spezial-Sonder5 vermögen Anleger qua Rechtsform zulässiger Weise investiert waren, die nunmehr jedoch anhand der materiellen Kriterien den Status eines Privatanlegers zugewiesen bekommen und nicht mehr in Spezial-AIF anlegen dürfen. § 350 Abs. 2 regelt diese Fälle. 3

II. Inhalt der Vorschrift 6

Die Vorschrift des § 350 gliedert sich in zwei Absätze unterschiedlichen Regelungsgehalts. Absatz 1 beschäftigt sich mit dem Bestandsschutz für in Hedgefonds investierte Privatanleger sowie daraus resultierender Abweichungen von den üblichen Übergangsvorschriften gemäß §§ 343, 345. Absatz 2 betrifft den Bestandsschutz für in Spezial-AIF investierte nicht natürliche Anleger, die nunmehr gemäß den Anlegerkategorien des KAGB als Privatanleger qualifizieren und nicht mehr in Spezial-AIF anlegen dürfen. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelungen für Single-Hedgefonds (Absatz 1)

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1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen an das KAGB. § 350 Abs. 1 Satz 1 stellt klar, dass für die AIF-KVG sowie die von ihr gemäß Investmentgesetz vor dem 22.7.2013 aufgelegten Single-Hedgefonds grundsätzlich die üblichen Übergangsvorschriften gemäß §§ 343, 345 gelten.5

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3 Ausführlich zum zulässigen Anlegerkreis bezüglich Spezial-Sondervermögen Emde/Dornseifer/ Dreibus/Hölscher/Emde/Verfürth InvG, § 2 Rn. 25. 4 Die Definition der Anlegerkategorien ergibt sich aus § 1 Abs. 19 Nr. 32 sowie § 1 Abs. 19 Nr. 33. 5 Vgl. zu den allgemein notwendigen Anpassungsmaßnahmen auf Fonds-Ebene die Kommentierung bei § 345 Rn. 6 in Ergänzung zu den nachfolgend dargestellten Besonderheiten.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 350

a) Auf Ebene des AIF. Für die Anpassungsmaßnahmen auf Fonds-Ebene ergeben 8 sich Besonderheiten. Grundsätzlich wechselt der betreffende Single-Hedgefonds wegen des nunmehr im KAGB beschränkten Anlegerkreises auf semi-professionelle und professionelle Anleger in das Regelungsregime für Spezial-AIF. Gleichwohl hat der Gesetzgeber wegen des potentiellen Verbleibes von Privatanlegern im betreffenden Single-Hedgefonds nicht die entsprechende Anwendbarkeit von § 345 Abs. 3 erklärt, sondern einen Verweis auf § 345 Abs. 1 vorgenommen. Daraus folgt zunächst, dass die Anlagebedingungen des nunmehr als Spezial-AIF 9 geltenden Single-Hedgefonds nicht lediglich bei der BaFin einzureichen sind, sondern gemäß § 345 Abs. 1 der Genehmigungspflicht unterfallen – soweit es sich nicht lediglich um redaktionelle Änderungen der Anlagebedingungen handelt. Dies steht im Einklang mit § 93 Abs. 1 Hs. 2 InvG, der bereits bisher ausnahmsweise die Genehmigungspflicht für Spezial-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken nach § 112 InvG anordnete. Darüber hinaus hat die AIF-KVG bei der Anpassung der Anlagebedingungen zu be- 10 achten, welche inhaltlichen Vorgaben für die Änderung der Anlagebedingungen des Single-Hedgefonds gelten. Sind in dem Single-Hedgefonds noch Privatanleger investiert, so kann die AIF-KVG nicht die Vertragsgestaltungsräume nutzen, die sich für die Anlagebedingungen von Spezial-AIF im Sinne des § 273 ergeben. Vielmehr hat der Gesetzgeber über den Verweis in § 350 Abs. 1 Satz 3 festgelegt, dass die Anlagebedingungen die Mindestangaben des für Publikums-AIF geltenden § 162 Abs. 2 enthalten müssen, soweit diese Angaben aus dem Katalog des § 162 Abs. 2 einen Bezug zum Anleger aufweisen. b) Auf Ebene der KVG. Auf Ebene der AIF-KVG gelten die allgemeinen Vorgaben für 11 die Anpassung an das KAGB aus §§ 343 Abs. 1, 345 Abs. 2 entsprechend. 2. Umfassendes Erwerbsverbot für Privatanleger. Single-Hedgefonds durften ge- 12 mäß § 112 Abs. 2 Satz 1 InvG bereits vor Inkrafttreten des KAGB nicht öffentlich vertrieben werden. Allerdings war dadurch nur das Werben gegenüber einem unbestimmten Personenkreis verboten. Gezieltes Anbieten (sog. Private Placement) von Single-Hedgefonds gegenüber Privatanlegern, die sowohl das erforderliche Wissen als auch die finanzielle Risikotragfähigkeit aufwiesen, war zulässig; ebenso der Verkauf auf Nachfrage durch solche qualifizierten Privatanleger.6 § 350 Abs. 1 Satz 1 sowie § 350 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 ordnen ein umfassendes Erwerbs- 13 verbot von Anteilen oder Aktien an Single-Hedgefonds durch Privatanleger an, das ohne Rücksicht auf eine Übergangsphase ab dem 22.7.2013 mit Inkrafttreten des KAGB gilt. Verboten ist nicht nur jeglicher Vertrieb durch die KVG oder anderweitige Vertriebsdienstleister. Der Gesetzgeber ordnet darüber hinaus ein umfassendes Erwerbsverbot an, so dass auch die Veräußerung über den Sekundärmarkt oder im OTC-Bereich verwehrt ist, soweit sie gegenüber einem Privatanleger stattfindet. 3. Bestandsschutz für bereits investierte Privatanleger. Single-Hedgefonds quali- 14 fizieren im KAGB als Spezial-AIF, so dass ihre Anteile oder Aktien ausschließlich von professionellen Anlegern im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 32 oder semi-professionellen Anlegern im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 33 erworben und gehalten werden dürfen. Diejenigen

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6 So bereits der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages anlässlich der Einführung von § 112 InvG durch das Investmentmodernisierungsgesetz im Jahr 2003, BTDrucks. 15/1944 S. 14.

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§ 350

Besondere Übergangsvorschriften für Hedgefonds und offene Spezial-AIF

Privatanleger, die Anteile an Single-Hedgefonds vor dem 22.7.2013 erworben haben, genießen jedoch Bestandsschutz und dürfen ihre Anteile zeitlich unbegrenzt weiter halten. Dieser Bestandsschutz wird zwar in § 350 Abs. 1 nicht explizit angeordnet; er ergibt sich aber implizit aus § 350 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 sowie der Gesetzesbegründung.7 Der Bestandsschutz endet, wenn der Privatanleger seine Anteile am Single-Hedge15 fonds an die KVG zurückgibt oder an einen professionellen oder semi-professionellen Anleger veräußert. 16

4. Partielle Fortgeltung von Anlegerschutzregelungen des InvG (Absatz 1 Satz 2). Zwar wird den vor dem 22.7.2013 investierten Privatanlegern zeitlich unbegrenzt Bestandsschutz gewährt. Gleichzeitig gilt für den Single-Hedgefonds nach Durchführung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen im Sinne von § 345 Abs. 1 aber das Regelungsregime der Spezial-AIF des KAGB, das auf professionelle und semi-professionelle Anleger zugeschnitten ist und ein entsprechend abgesenktes Anlegerschutzniveau bietet. Um den verbliebenen Privatanlegern das vormalige Schutzniveau zu erhalten, ord17 net der Gesetzgeber in § 350 Abs. 1 Satz 2 die Fortgeltung der anlegerschützenden Regelungen aus §§ 112, 116 und 118 InvG neben der Anwendbarkeit des KAGB an. Die parallele Anwendbarkeit der Vorschriften aus dem InvG und ihre notwendige 18 Berücksichtigung durch die KVG endet, wenn der letzte Privatanleger aus dem SingleHedgefonds ausgeschieden ist. 5. Partielle Geltung von Vorschriften für Publikums-AIF (Absatz 1 Satz 3). Neben der fortwährenden Geltung der Anlegerschutzvorschriften des InvG für in SingleHedgefonds investierte Privatanleger ordnet der Gesetzgeber in § 350 Abs. 1 Satz 3 darüber hinaus die Geltung bestimmter Vorschriften für Publikums-AIF an, obwohl der betreffende Single-Hedgefonds gemäß KAGB dann bereits als Spezial-AIF qualifiziert und sich grundsätzlich nach den Vorschriften für Spezial-AIF zu richten hat. Der Gesetzgeber bezweckt offenkundig, den im Single-Hedgefonds verbliebenen Pri20 vatanlegern auch nach Inkrafttreten des KAGB bestimmte Schutzvorschriften aus dem auf Privatanleger zugeschnittenen Regelungsregime für Publikums-AIF zu Gute kommen zu lassen. Während dies in Bezug auf laufende Informationspflichten wie §§ 300, 301 sinnvoll und nachvollziehbar erscheint, erschließen sich die Verweise auf Vertriebsvorschriften zum Schutz bereits investierter Bestandsanleger nicht; zumal der Gesetzgeber gleichzeitig in der Begründung anführt, der Vertrieb von Single-Hedgefonds an Privatanleger sei künftig ausgeschlossen.8 Überdies ist der Verweis auf die Widerrufsvorschrift des § 305 überflüssig, da ihre Anwendbarkeit auch im Rahmen des Regelungsregimes für Spezial-AIF über § 307 Abs. 2 angeordnet wird. 19

II. Übergangsvorschrift für Spezial-AIF mit Privatanlegerbestand (Absatz 2) 21

§ 350 Abs. 2 gewährt denjenigen Anlegern Bestandsschutz, die vor dem 22.7.2013 als nicht natürliche Personen und damit als zulässiger Investor im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 InvG Anteile oder Aktien an Spezial-Sondervermögen erworben haben und nun-

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Gesetzesbegründung zu § 350 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 304. Gesetzesbegründung zu § 350 Abs. 1, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 304.

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

§ 351

mehr im KAGB mangels Erfüllung der Kriterien aus § 1 Abs. 19 Nr. 32 oder Nr. 33 als Privatanleger qualifizieren. Diesen Anlegern wäre eine Investition in Spezial-AIF grundsätzlich ab dem 22.7.2013 verwehrt. Diese nunmehr im KAGB als Privatanleger qualifizierenden Investoren dürfen ihre Anteile an dem Spezial-AIF auch nach dem 21.7.2013 und auch nach einer Umstellung des AIF und der KVG auf die Anforderungen des KAGB zeitlich unbegrenzt weiter halten. Der Bestandsschutz endet mit der Rückgabe der Anteile an die AIF-KVG beziehungsweise mit der Veräußerung der Bestandteile an einen semi-professionellen oder professionellen Anleger. Letztgenannte Variante der Veräußerung wird zwar in der Vorschrift nicht explizit genannt; sie ergibt sich jedoch bei teleologischer Auslegung und wird auch in der Gesetzesbegründung angeführt.9 § 350 Abs. 2 stellt überdies klar, dass der Verbleib von Investoren, die mittlerweile im Anwendungsbereich des KAGB als Privatanleger einzustufen sind, nichts an der Qualifizierung des Investmentvermögens als inländischer Spezial-AIF entsprechend der Legaldefinition in § 1 Abs. 6 ändert. Anders als bei der Regelung zu den Single-Hedgefonds in § 350 Abs. 1 Satz 3 ordnet der Gesetzgeber nicht zusätzlich die parallele Geltung bestimmter Vorschriften aus dem Regelungsregime für Publikums-AIF an, um die nunmehr im Spezial-AIF als Privatanleger zu qualifizierenden Investoren stärker zu schützen. Dies folgt aus dem fehlenden Vertrauenstatbestand zugunsten vormaliger Investoren in Spezial-Sondervermögen. Während den Privatanlegern bei der Investition in Single-Hedgefonds bestimmte Anlegerschutzvorschriften zur Seite standen, auf deren Fortwirkung sie bis zum Verkauf ihrer Anteile vertrauen dürfen, entschieden sich nunmehr als Privatanleger qualifizierende Investoren dereinst bewusst zur Investition in eine Anlageklasse geringeren Schutzniveaus und genossen zu keinem Zeitpunkt Schutzvorschriften für Publikums-Fonds, so dass auch kein dahingehender Vertrauenstatbestand entstehen konnte. https://doi.org/10.1515/9783110492217-144

§ 351 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften, die offene AIF verwalten, die nicht bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren § 351 Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften Gerlach Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes 1. nicht über eine Erlaubnis als Kapitalanlagegesellschaft nach § 7 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder eine Erlaubnis als Investmentaktiengesellschaft nach § 97 Absatz 1 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung verfügt und 2. inländische offene Publikums-AIF verwaltet, die vor dem 22. Juli 2013 aufgelegt im Sinne des § 343 Absatz 4 wurden, hat die Anlagebedingungen, Satzungen oder Gesellschaftsverträge dieser inländischen offenen Publikums-AIF an die Vorschriften dieses Gesetzes anzupassen; die geänderten Anlagebedingungen müssen spätestens am 21. Juli 2014 in Kraft treten.

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Gesetzesbegründung zu § 350 Abs. 2, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 304.

1157 https://doi.org/10.1515/9783110492217-144

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§ 351

Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

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Für die Genehmigung der Anlagebedingungen gilt nur § 163 Absatz 2 Satz 1 bis 4, 7 bis 10 und Absatz 4. 3 Der Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen darf nicht nach dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 bei der Bundesanstalt eingereicht werden. 4 Wird der Antrag auf Genehmigung der Änderungen der Anlagebedingungen vor dem Erlaubnisantrag gemäß § 22 eingereicht, muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft bei der Einreichung verbindlich gegenüber der Bundesanstalt erklären, spätestens bis zum 21. Juli 2014 einen Antrag auf Erlaubnis nach den §§ 20 und 22 zu stellen. 5 Ab Inkrafttreten der Anlagebedingungen, spätestens jedoch ab dem 22. Juli 2014 finden auf diese inländischen offenen Publikums-AIF die für sie nach diesem Gesetz geltenden Vorschriften Anwendung. 6 Die §§ 1 und 2 sowie die Vorschriften dieses Gesetzes betreffend die für Umstellung auf das neue Recht erforderlichen Anträge, Verwaltungsverfahren und Bescheide sowie die Übergangsvorschriften nach diesem Gesetz bleiben bis zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt unberührt. (2) 1 Soweit sich aus Absatz 1 Satz 5 nichts anderes ergibt, ist ab Eingang des Erlaubnisantrags nach § 22 bei der Bundesanstalt dieses Gesetz vollständig auf die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft mit der Maßgabe anzuwenden, dass im Hinblick auf die Verwaltung und den Vertrieb von Publikums-AIF im Sinne des1 Satzes 1 Nummer 2 im Geltungsbereich dieses Gesetzes und solange der Erlaubnisantrag, der bis zum 21. Juli 2014 einzureichen ist, noch nicht beschieden wurde, das Erfordernis der Erlaubnis durch den noch nicht beschiedenen vollständigen Erlaubnisantrag ersetzt wird. 2 Absatz 1 Satz 6 gilt entsprechend. (3) 1 Eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 darf von ihr verwaltete inländische offene Publikums-AIF im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 nach dem 21. Juli 2013 weiter im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne die nach § 316 erforderliche Anzeige vertreiben. 2 Für das Ende des Vertriebsrechts nach Satz 1 und die Voraussetzungen für einen Vertrieb nach dem Inkrafttreten der Änderungen der Anlagebedingungen, jedenfalls spätestens nach dem 21. Juli 2014, gilt § 345 Absatz 6 Satz 2 bis 7 entsprechend. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für inländische offene Spezial-AIF entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Antrags auf Genehmigung der Anlagebedingungen die Anlagebedingungen, an die Stelle des Verweises auf § 316 der Verweis auf § 321 und an die Stelle von Publikums-AIF Spezial-AIF treten. (5) 1 AIF-Verwaltungsgesellschaften, die 1. offene EU-AIF oder offene ausländische AIF verwalten, die keine ausländischen Investmentvermögen im Sinne des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sind und im Inland vor dem 22. Juli 2013 vertrieben werden durften, und 2. ab dem 22. Juli 2013 Tätigkeiten ausüben oder ausüben lassen, die nach diesem Gesetz als Vertrieb eines Investmentvermögens anzusehen sind, übermitteln, gegebenenfalls über die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates, eine Anzeige nach den §§ 320, 323, 329, 330 oder 330a. 2 § 345 Absatz 8 Satz 2, 3 und 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Wörter „nach den Vertriebsvorschriften des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung“ die Wörter „nach den Vertriebsvorschriften, die für diese Investmentvermögen vor dem 22. Juli 2013 anwendbar waren“ treten.

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1 Es handelt sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Richtigerweise muss der Verweis wie folgt lauten: „im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2“.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

A. B.

Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung „unregulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 1) | 3 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene | 4 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 8 3. Konsequenz verspäteten Inkrafttretens der Anlagebedingungen | 9 II. Übergangsregelung „unregulierter“ AIF-KVG (Absatz 2) | 10 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf KVG-Ebene | 11 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 12

§ 351

3.

III.

IV.

V.

Konsequenz nicht (rechtzeitig) beantragter KVGErlaubnis | 15 Übergangsregelung für Vertrieb „unregulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 3) | 16 1. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung | 17 2. Vertriebsanzeigeverfahren als erforderliche Anpassungsmaßnahme | 18 Übergangsregelung „unregulierter“ offener Spezial-AIF und deren KVG (Absatz 4) | 20 Übergangsregelung für öffentlichen Vertrieb ausländischer/EU-AIF (Absatz 5) | 21

A. Hintergrund der Vorschrift § 351 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7. 1 2013 in das KAGB aufgenommen worden. § 351 ist die korrespondierende Vorschrift zu § 345. Während § 345 die Übergangsregelungen für jene offenen AIF und deren AIF-KVG beinhaltet, die zuvor bereits nach dem Investmentgesetz reguliert waren, ist § 351 die Auffangnorm für alle übrigen „unregulierten“ Investmentvermögen, die bereits vor dem 22.7.2013 aufgelegt wurden und die nunmehr im Anwendungsberiech des KAGB einem offenen AIF entsprechen. Aufgrund dieser Ähnlichkeit der beiden Vorschriften in Bezug auf den Regelungsadressaten deckt sich auch ihr Regelungsgehalt in wesentlichen Teilen. Obgleich die Vorschrift originär auf offene AIF zugeschnitten ist, kommt ihr im Be- 2 reich der offenen AIF neben § 345 geringe Bedeutung zu. Relevanz erlangt die Vorschrift des § 351 hingegen aufgrund des umfassenden Verweises in der Übergangsvorschrift für geschlossene AIF in § 353 Abs. 6. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Übergangsregelung „unregulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 1) § 351 Abs. 1 ist eine Übergangsregelung für diejenigen Fonds, die vor dem 22.7.2013 3 aufgelegt wurden, aber nicht unter den (formellen) Investmentbegriff fielen und daher nicht von der Regulierung des Investmentgesetzes erfasst waren. Soweit diese Fonds nunmehr nach Inkrafttreten des KAGB als offene inländische Publikums-AIF qualifizieren, hat die AIF-KVG innerhalb einer einjährigen Übergangszeit eine Anpassung der AltFonds an die Vorgaben des KAGB vorzunehmen. Bis zum Ende des Übergangszeitraumes finden auf die Alt-Fonds weiterhin diejenigen Vorschriften Anwendung, denen der AIF vor dem 22.7.2013 unterlag. 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene. Die erforderlichen 4 Anpassungsmaßnahmen auf Fondsebene betreffen die Abänderung der maßgeblichen Vertragswerke, also je nach Fondsstruktur entweder der Anlagebedingungen, der Sat1159

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§ 351

Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

zung oder der Gesellschaftsverträge. Aus dem Umstand, dass der Fonds vormals nicht dem Investmentgesetz unterfiel und folglich auch das maßgebliche Vertragswerk des Fonds keine Genehmigung durch die BaFin erfahren hat, differenziert § 351 anders als § 345 nicht zwischen redaktionellen und inhaltlichen Änderungen. Vielmehr sind alle angepassten Vertragswerke der Alt-Fonds zu genehmigen, § 351 Abs. 1 Satz 2.2 Die Vorgaben für die Anpassungen und die Genehmigung der Anlagebedingungen 5 entsprechen weitestgehend denjenigen zur inhaltlichen Änderung von Anlagebedingungen nach § 345 Abs. 1.3 Allerdings fehlt im Rahmen des § 351 Abs. 1 die in § 345 Abs. 1 Satz 4 statuierte Aus6 weitung der Bearbeitungszeit der BaFin für Genehmigungsanträge auf zwei Monate. Der Gesetzgeber erwartet offenbar hinsichtlich dieser Fondskategorie geringere Antragsvolumina als bezüglich der Alt-Fonds, die zuvor bereits dem Investmentgesetz unterfielen. Andererseits ist dieser Gedanke nicht stichhaltig, da die Kapazitäten der BaFin wegen vorbenannter Anträge gleichermaßen ausgelastet sein dürften. Ferner steht zu erwarten, dass gerade die Anträge auf erstmalige Genehmigung von Anlagebedingungen bisher unregulierter Fonds die BaFin in besonderem Maße beanspruchen werden. Nicht ersichtlich ist, warum § 351 Abs. 1 Satz 2 umfassend auf § 163 Abs. 4 verweist. 7 Letztgenannter Absatz enthält Regelungen, die sich auf die nachträgliche Änderung bereits genehmigter Anlagebedingungen beziehen. Bei den im Anwendungsbereich von § 351 Abs. 1 zu genehmigenden Vertragswerken der AIF handelt es sich jedoch um die erstmalige Genehmigung. 8

2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. Auf die Fortwirkung der vor dem 22.7.2013 anwendbaren Rechtsvorschriften – soweit überhaupt aufsichtsrechtliche Vorschriften existierten – kann sich die AIF-KVG bis zum Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen des AIF, längstens bis zum Ablauf des 21.7.2014 berufen, argumentum e contrario aus § 351 Abs. 1 Satz 5.

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3. Konsequenz verspäteten Inkrafttretens der Anlagebedingungen. § 351 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 legt fest, dass die geänderten Anlagebedingungen spätestens am 21.7.2014 in Kraft treten müssen. Welche Konsequenzen andernfalls drohen, regeln die Übergangsvorschriften nicht. Fest steht, dass für die offenen Publikums-AIF ab dem 22.7.2014 jedenfalls das KAGB gilt und die Fortgeltung des vorherig einschlägigen Regulierungsregimes endet. Zudem wäre ein fortgeführter Vertrieb mit den nicht genehmigten beziehungsweise unveränderten Anlagebedingungen mit bis zu einhunderttausend Euro bußgeldbewehrt. Denn § 340 Abs. 2 Nr. 16 statuiert, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 163 Abs. 2 Satz 8 (ohne vorherige Genehmigung durch die BaFin) die Anlagebedingungen dem Verkaufsprospekt beifügt. Konsequenter Weise müsste die AIF-KVG daher vorübergehend den Vertrieb der betreffenden inländischen offenen Publikums-AIF aussetzen.

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2 Genau besehen ist der Gesetzestext unpräzise formuliert. So spricht § 351 Abs. 1 Satz 4 von der Genehmigung der Änderungen der Anlagebedingungen. Anders als bei § 345 sind im Rahmen von § 351 jedoch die gesamten Anlagebedingungen und nicht nur die Änderungen zu genehmigen, da es sich um die erstmalige Genehmigung des Vertragswerks durch die BaFin handelt. 3 Hierzu ausführlich die Kommentierung bei § 345 Rn. 6 ff.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 351

II. Übergangsregelung „unregulierter“ AIF-KVG (Absatz 2) Während § 351 Abs. 1 fondsbezogene Anpassungsregeln enthält, legt Absatz 2 als ge- 10 sellschaftsbezogene Regelung lediglich fest, ab welchem Zeitpunkt das KAGB über die Übergangsvorschriften hinaus in Gänze Anwendung findet und folglich der bisherige „unregulierte Zustand“ (jedenfalls außerhalb des InvG und des KAGB) endet. 1. Erforderliche Anpassungsmaßnahmen auf KVG-Ebene. Hinsichtlich der not- 11 wendigen Anpassungsmaßnahmen für die AIF-KVG gilt die allgemeine Vorgabe aus § 343 Abs. 1, nämlich innerhalb des Übergangszeitraumes alle erforderlichen Maßnahmen zur Implementierung des KAGB zu ergreifen. 2. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. Bis zum Eingang des Erlaub- 12 nisantrags bei der BaFin, längstens jedoch bis zum Ablauf des 21.7.2014, darf sich die AIF-KVG auf die Fortgeltung derjenigen regulatorischen Rahmenbedingungen berufen, die vor Inkrafttreten des KAGB für sie galten, § 345 Abs. 2 Satz 1. Es wird durch die Bezugnahme auf § 351 Abs. 1 Satz 5 klargestellt, dass das KAGB bereits vor dem Eingang des Erlaubnisantrags gilt, sofern die geänderten Anlagebedingungen der von der AIF-KVG verwalteten AIF zuvor in Kraft getreten sind. § 351 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 351 Abs. 1 Satz 6 enthält die selbstverständli- 13 che Klarstellung, dass das KAGB bereits insoweit gilt, als es diejenigen Vorschriften betrifft, die zur Umstellung auf das neue Recht erforderlich sind. Dies betrifft für die AIFKVG vor allem die Vorschrift zum Erlaubnisantrag nach § 22. Ab dem Eingang des Erlaubnisantrags bei der BaFin gilt vollumfänglich das KAGB 14 für die AIF-KVG, § 351 Abs. 2 Satz 1. Soweit die Anwendbarkeit bestimmter Vorschriften des KAGB eine KVG-Erlaubnis zur Voraussetzung hat, wird die fehlende Erlaubnis für den Zeitraum der Bearbeitung durch die BaFin, welcher nach § 22 Abs. 2 KAGB sechs Monate betragen kann, durch den vollständigen Erlaubnisantrag substituiert, § 351 Abs. 2 Satz 1. 3. Konsequenz nicht (rechtzeitig) beantragter KVG-Erlaubnis. Hat die AIF-KVG 15 bis zum Ablauf des 21.7.2014 keinen Erlaubnisantrag bei der BaFin eingereicht, so müssen die bis dato von der AIF-KVG verwalteten Fonds auf eine lizensierte AIF-KVG übertragen oder abgewickelt werden. Zwar fehlt in § 351 im Gegensatz zu § 345 Abs. 2 Satz 4 der diesbezügliche Verweis auf § 343 Abs. 5. Eine systematische Auslegung der Übergangsvorschriften führt jedoch zur direkten Anwendbarkeit des § 343 Abs. 5, denn § 343 stellt die allgemeine Übergangsvorschrift für AIF-Verwaltungsgesellschaften dar und greift somit als Auffangtatbestand, soweit die besonderen Vorschriften des Unterabschnitts 2 (§ 345 bis § 352) keine speziellere Regelung enthalten. Hält man diese Auslegung für unzulässig, liegt jedenfalls eine planwidrige Regelungslücke vor, die wegen der vergleichbaren Interessenlage im Wege der analogen Anwendung des § 343 Abs. 5 auszufüllen ist. III. Übergangsregelung für Vertrieb „unregulierter“ offener Publikums-AIF (Absatz 3) § 351 Abs. 3 enthält eine Übergangsvorschrift für den Vertrieb von bestehenden 16 Fonds, die nach Inkrafttreten des KAGB als inländische offene Publikums-AIF qualifizieren und die von einer Fondsgesellschaft verwaltet werden, die vor dem 22.7.2013 über keine Erlaubnis nach dem Investmentgesetz verfügte. 1161

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§ 351

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Übergangsvorschriften für offene AIF und AIF-Verwaltungsgesellschaften

1. Anwendungszeitraum der Übergangsregelung. Diese offenen Publikums-AIF können bis zum Ablauf des 21.7.2014 weiter nach den für sie vor dem 22.7.2013 geltenden Vertriebsvorschriften vertrieben werden, wenn nicht zuvor ein Erlöschensgrund des Vertriebsrechts gemäß § 351 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 345 Abs. 6 Satz 2 eintritt. Demnach endet das Vertriebsrecht mit der Vertriebsuntersagung durch die BaFin, mit einer Erlaubnisversagung der KVG durch die BaFin oder mit einem vorherigen Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen der AIF.

2. Vertriebsanzeigeverfahren als erforderliche Anpassungsmaßnahme. Will die AIF-KVG nach Inkrafttreten der angepassten Anlagebedingungen ihrer offenen Publikums-AIF oder nach Ablauf des 21.7.2014 den Vertrieb unter dem Regime des KAGB nahtlos fortsetzen, muss sie zuvor erfolgreich das Vertriebsanzeigeverfahren nach § 316 durchlaufen haben, § 351 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 6 Satz 3. Dieses Vertriebsanzeigeverfahren nach § 316 wird durch § 351 Abs. 3 Satz 2 in Ver19 bindung mit § 345 Abs. 6 Satz 4 abgewandelt, um die besonderen Umstände der Übergangsphase zu berücksichtigen.4

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IV. Übergangsregelung „unregulierter“ offener Spezial-AIF und deren KVG (Absatz 4) 20

§ 351 Abs. 4 enthält einen umfassenden Verweis auf die Übergangsregelungen bei Publikums-AIF bezüglich der notwendigen Anpassungsmaßnahmen für die AIF nach Absatz 1 sowie die AIF-KVG nach Absatz 2 und die Übergangsvorschrift für den Vertrieb nach Absatz 3. Durch die umfassende Verweisung findet im Wesentlichen ein Gleichlauf mit den Regelungen zu offenen Publikums-AIF statt. Allerdings wird den Besonderheiten der Spezial-AIF insoweit Rechnung getragen, als deren Anlagebedingungen grundsätzlich keiner Genehmigung bedürfen. Auch wird klargestellt, dass sich das Anzeigeverfahren nach der speziellen Regelung des § 321 richtet, der ebenfalls über die Verweisungskette nach § 351 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 6 Satz 4 an die Besonderheiten der Übergangsphase angepasst wird. V. Übergangsregelung für öffentlichen Vertrieb ausländischer/EU-AIF (Absatz 5)

§ 351 Abs. 5 enthält Übergangsregelungen für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die solche AIF vertreiben, die nunmehr im Anwendungsbereich des KAGB als ausländischer oder EU-AIF qualifizieren und vormals bis zum 22.7.2013 außerhalb des Anwendungsbereichs des InvG vertrieben werden durften. Die AIF-Verwaltungsgesellschaft kann den Vertrieb dieser als ausländischer oder 22 EU-AIF qualifizierender Fonds nach den vor dem 22.7.2013 anwendbaren Vertriebsvorschriften fortführen. Beabsichtigt die AIF-Verwaltungsgesellschaft, den Vertrieb über den 21.7.2014 hinaus fortzuführen, so hat sie – je nachdem als welcher AIF ihr Fonds nunmehr unter dem KAGB qualifiziert, als welche AIF-Verwaltungsgesellschaft sie einzustufen ist und an wen sich der Vertrieb richtet – das jeweilige Vertriebsanzeigeverfahren nach den §§ 320, 323, 329, 330 oder 330a erfolgreich zu durchlaufen, § 351 Abs. 5 Satz 1. Der temporäre Bestandsschutz, namentlich das Vertriebsrecht nach alter Rechts21

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4 Zu diesen Abwandlungen von § 316 und weiteren Voraussetzungen der in Bezug genommenen Norm siehe die Ausführungen bei § 345 Rn. 31.

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A. Hintergrund der Vorschrift

§ 352

lage, endet gemäß § 351 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 8 Satz 2 mit erfolgreichem Abschluss des Vertriebsanzeigeverfahrens, spätestens jedoch gemäß § 351 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 8 Satz 3 mit Ablauf des 21.7.2014. Entschließt sich die AIF-Verwaltungsgesellschaft, die Vertriebsaktivität zunächst 23 einzustellen, kann sie jederzeit zu einem späteren Zeitpunkt das Vertriebsanzeigeverfahren durchlaufen und dadurch ihr Vertriebsrecht reaktivieren, § 351 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 345 Abs. 8 Satz 5. https://doi.org/10.1515/9783110492217-145

§ 352 Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes § 352 Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes Gerlach 1

Auf Ansprüche nach § 127 des Investmentgesetzes in der Fassung vom 30. Juni 2011, die vor dem 1. Juli 2011 entstanden sind, ist § 127 Absatz 5 des Investmentgesetzes in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. 2 Sind dem Käufer die wesentlichen Anlegerinformationen oder der Verkaufsprospekt nach dem Investmentgesetz zur Verfügung gestellt worden, ist auf diese Dokumente § 127 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Schrifttum Siehe Schrifttum zu Vorbemerkungen §§ 343 ff. sowie Kindermann/Scharfenberg/Koller Zivilrechtliches Haftungsregime der einzelnen Kurzinformationsblätter, RdF 2013 214; Müchler Die neuen Kurzinformationsblätter – Haftungsrisiken im Rahmen der Anlageberatung, WM 2012 974; Neumann Die Verschuldensvermutung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB und ihre Auswirkungen auf die Verjährung des § 37a WpHG in Altfällen, WM 2014 346; Schnauder Regimewechsel im Prospekthaftungsrecht bei geschlossenen Publikumsfonds, NJW 2013 32.

A. B.

Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Fortgeltung der Sonderverjährungsregelung aus § 127 Abs. 5 InvG a.F. (Satz 1) | 3 1. Normtext des § 127 Abs. 5 InvG a.F. | 4 2. Gründe für die Aufhebung der Sonderverjährungsregelung | 5 3. Keine Anwendbarkeit bei vorsätzlichem Handeln? | 6

II.

Fortgeltung der Prospekthaftung aus § 127 InvG auf Altfälle (Satz 2) 1. Anwendungsbereich | 9 2. Unterschiede jeweiliger Anspruchsgrundlagen a) In Bezug auf die ursprüngliche Version von § 306 | 11 b) § 306 nach Änderungen durch das FinMarktAnpG | 13

A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift Die Übergangsvorschrift des § 352 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungs- 1 gesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift trifft Regelungen für Prospekthaftungsansprüche, die auf dem spezialgesetzlichen Haftungstatbestand gemäß § 127 InvG fußen. Durch § 352 Satz 1 ordnet der Gesetzgeber die fortwährende Geltung der mittlerweile aufgehobenen Sonderverjährungsregelung 1163 https://doi.org/10.1515/9783110492217-145

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§ 352

Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes

des § 127 Abs. 5 InvG a.F. an, wie es bereits durch die inhaltsgleiche Übergangsvorschrift des § 148 InvG der Fall gewesen war.1 § 352 Satz 2 wurde erst auf Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bun2 destages im laufenden Gesetzgebungsverfahren angefügt.2 Der Finanzausschuss sah die Notwendigkeit, den Anwendungsbereich der alten Prospekthaftungsnorm nach § 127 InvG von jenem nach § 306 klarstellend abzugrenzen. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Fortgeltung der Sonderverjährungsregelung aus § 127 Abs. 5 InvG a.F. (Satz 1) 3

§ 352 Satz 1 ordnet die Fortwirkung der Sonderverjährungsnorm aus § 127 Abs. 5 InvG a.F. für alle Verkaufsprospekthaftungsfälle an, die vor Aufhebung der Vorschrift und somit bis zum 30.6.2011 entstanden sind.

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1. Normtext des § 127 Abs. 5 InvG a.F. Die durch die Novellierung des KAGG im Jahre 1969 in § 20 Abs. 5 KAGG eingeführte und im Jahr 2003 in § 127 Abs. 5 Investmentgesetz übernommene Regelung lautete: „Der Anspruch verjährt in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, in dem der Käufer von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Verkaufsprospekte Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit dem Abschluss des Kaufvertrages.“

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2. Gründe für die Aufhebung der Sonderverjährungsregelung. Die Aufhebung von § 127 Abs. 5 InvG diente laut Gesetzgeber der Bereinigung der Sonderverjährungsvorschriften außerhalb des BGB und der Angleichung an die allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften.3 Die Aufhebung zeichnete sich ab, nachdem der Gesetzgeber zuvor bereits die kapitalmarktrechtliche Sonderverjährungsvorschrift des § 37a WpHG aufgehoben hatte,4 die ursprünglich aus denselben Gründen wie der damalige § 20 Abs. 5 KAGG eingeführt wurde. Kurz darauf wurden ferner anlässlich der Verabschiedung des Vermögensanlagengesetzes die vergleichbaren Regelungen des § 13a Abs. 5 VerkProspG sowie § 46 BörsG aufgehoben.5

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3. Keine Anwendbarkeit bei vorsätzlichem Handeln? Weil der Beginn der absoluten Verjährungsfrist auf den objektiven Anknüpfungszeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt, sind vor dem 1.7.2011 entstandene Prospekthaftungsansprüche mit Ablauf des 30.6.2014 grundsätzlich gemäß § 127 Abs. 5 InvG a.F. i.V.m. § 352 Satz 1 verjährt.

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1 Gesetzesbegründung zu § 352, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 305. 2 Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/13395 S. 411. 3 Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 127 Abs. 5 InvG, OGAW-IV-UmsG, BTDrucks. 17/4510 S. 84. 4 Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 37a WpHG, Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung, BTDrucks. 16/12814 S. 14 f., wo interessanterweise noch die Beibehaltung von § 127 Abs. 5 InvG propagiert wird. Kritisch hierzu Sethe ZBB 2010 275. 5 Allgemeiner Teil der Gesetzesbegründung, Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BTDrucks. 17/6051 S. 30.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 352

Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich der in Anspruch Genommene ausnahmsweise 7 dann nicht auf die Fortgeltung der kurzen Sonderverjährung berufen kann, wenn die Pflichtverletzung auf vorsätzlichem Handeln beruht. In diesem Fall könnten aus Wertungsgründen die Vorschriften zur kenntnisabhängigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB zur Anwendung gelangen. Dies ist für die vergleichbare Sonderverjährungsvorschrift des mittlerweile ebenfalls aufgehobenen § 37a WpHG anerkannt.6 Auf die (vormalige) Privilegierung der kurzen Verjährungsfrist aus §§ 37a, 437 WpHG kann sich der in Anspruch genommene Wertpapierdienstleister nur dann berufen, wenn er nicht (bedingt) vorsätzlich agierte. Diese Wertung lässt sich auf die Anwendbarkeit von § 127 Abs. 5 InvG a.F. übertragen.8 Zur Frage, wann eine vorsätzlich unrichtige Prospektgestaltung vorliegt, kann auf 8 die zu (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m.) § 264a StGB ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.9 Wer die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, ob ein die Verjährungsnorm des § 127 Abs. 5 InvG a.F. i.V.m. § 352 Satz 1 ausschließender Vorsatz vorliegt, kann anhand der Rechtsprechung zu §§ 37a, 43 WpHG beantwortet werden. Laut BGH obliegt dem Wertpapierdienstleister, der sich auf die Verjährung nach §§ 37a, 43 WpHG beruft, der Beweis, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Dies gelte zumindest dann, wenn der zu Grunde liegende Anspruch auf § 280 BGB basiert, weil dann die Beweislastumkehr aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB greife.10 Eine Beweislastumkehr findet sich auch in § 127 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 InvG.11 Gleichwohl fordern diverse Oberlandesgerichte, dass der Anleger als Anspruchsteller im Rahmen der Pflichtverletzung zumindest Tatsachen vortragen muss, die einen Rückschluss auf vorsätzliches (und nicht bloß grob fahrlässiges) Verhalten erlauben.12 Ein Indiz ließe sich beispielsweise aus einer gravierenden Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts ableiten. Dann obliegt es im Rahmen der sekundären Darlegungslast dem in Anspruch Genommenen, sich vom Vorwurf des vorsätzlichen Handelns zu exkulpieren. II. Fortgeltung der Prospekthaftung aus § 127 InvG auf Altfälle (Satz 2) 1. Anwendungsbereich. § 352 Satz 2 stellt klar, dass der Anleger sich auch nach 9 dem 21.7.2013 auf die Prospekthaftungssondernorm des § 127 InvG berufen kann, wenn ihm die der Haftung zu Grunde liegenden Materialien (die wesentlichen Anlegerinformationen oder der Verkaufsprospekt) nach den Regelungen des Investmentgesetzes zur Verfügung gestellt worden sind. Die Regelung des § 306 greift in Abgrenzung hierzu nur für Fälle, bei denen die Vertriebsmaterialien bereits unter der Ägide des KAGB eingesetzt wurden. Konsequenter Weise muss dies jedoch bedeuten, dass § 127 InvG auch dann greift, 10 wenn die wesentlichen Anlegerinformationen oder der Verkaufsprospekt zwar nach dem 21.7.2013 zur Verfügung gestellt wurden, dies aber gleichwohl auf Grundlage des Investmentgesetzes geschah, weil für den betreffenden Fonds beziehungsweise die vertreiben-

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6 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005 1579; BGH v. 24.9.2013 – XI ZR 204/12, NZG 2013 1266; Kritter BKR 2004 263; Ruland/Wetzig BKR 2013, 66. 7 § 43 WpHG ist die Übergangsvorschrift, welche die Fortgeltung des § 37a WpHG für Altfälle anordnet. 8 A.A. OLG Frankfurt a.M., das eine Übertragung der zu § 37a WpHG a.F. entwickelten Grundsätze ablehnt; vgl. Beschluss v. 13.1.2016 – 23 Kap 1/14, BeckRS 2016, 02623. 9 BGH v. 8.1.2013 – VI ZR 386/11, WM 2013 503; BGH v. 20.12.2011 – VI ZR 309/10, WM 2012 260. 10 BGH v. 12.5.2009 – XI ZR 586/07, WM 2009 1274; ausführlich hierzu Neumann WM 2014 346. 11 Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher/Heisterhagen InvG, § 127 Rn. 42; Baur § 20 KAGG Rn. 26. 12 OLG Hamm, Urteil v. 17.6.2013 – 31 U 49/13 Rn. 36 (juris); OLG Stuttgart WM 2013 377.

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§ 352

Übergangsvorschrift zu § 127 des Investmentgesetzes

de Gesellschaft eine Übergangsvorschrift die Fortgeltung des Investmentgesetzes anordnete. 2. Unterschiede jeweiliger Anspruchsgrundlagen a) In Bezug auf die ursprüngliche Version von § 306. Die Unterscheidung, ob sich der Anspruch des Anlegers noch nach § 127 InvG oder schon nach § 306 richtet, spielt keine gesteigerte Rolle. § 306 nimmt im Wesentlichen den Regelungsgehalt von § 127 InvG in sich auf. 12 Anders liegt der Fall, wenn der Anleger ursprünglich einen Anspruch nach § 20 VermAnlG hatte und nunmehr auf § 306 zurückgreifen muss. Hier ergibt sich für den Anleger ein maßgeblicher Unterschied bei der prozessualen Geltendmachung seines Prospekthaftungsanspruchs. Während § 20 Abs. 4 Nr. 1 VermAnlG eine Beweislastumkehr zugunsten der Anleger für die Kausalität zwischen der Unrichtigkeit des Prospekts und der Anlageentscheidung enthielt,13 trägt der Anleger hierfür im Rahmen von § 306 künftig die Beweislast.14 Bereits zu § 127 InvG wurde konstatiert, dass diese Hürde des Kausalitätsnachweises schwer zu nehmen sei.15 11

b) § 306 nach Änderungen durch das FinMarktAnpG. Im Zuge des jüngst verabschiedeten Finanzmarktanpassungsgesetzes16 wurde die Beweislastumkehr in puncto Kausalität aus den Anspruchsgrundlagen für Prospekthaftung des Wertpapierprospektgesetzes und des Vermögensanlagengesetzes in § 306 übernommen.17 Nunmehr muss der in Anspruch Genommene beweisen, dass die Kaufentscheidung des Anlegers für die Anteile am Investmentvermögen nicht auf Grundlage des Verkaufsprospektes oder der Wesentlichen Anlegerinformationen erfolgte. Damit wandeln sich die ursprünglichen Feststellungen unter Randnummer 11 und 12 14 in ihr jeweiliges Gegenteil: Für den Anleger ist es nun von Vorteil, wenn er schon auf Grundlage des § 306 Ansprüche geltend machen könnte und nicht mehr auf § 127 InvG zurückgreifen müsste. Im Verhältnis zum Vermögensanlagengesetz ergibt sich sogar eine zusätzliche Stärkung des Anlegerschutzes. Denn die Beweislastverteilung in § 306 erstreckt sich auch auf die Haftung für unrichtige Kurzinformationsblätter. Die Anspruchsgrundlage für Schadensersatz aufgrund unrichtiger Vermögensanlagen-Informationsblätter in § 22 VermAnlG enthält hingegen keine gesetzliche Kausalitätsvermutung zugunsten der Anleger.18 Da diese Regelung ursprünglich beim Erlass des Vermögensanlagengesetzes im Jahr 2011 mit einer Angleichung an § 127 Abs. 2 InvG begründet wurde, hätte der Gesetzgeber allen Grund gehabt, die Kausalitätsvermutung im Zuge des FinMarktAnpG auch in § 22 VermAnlG zu verankern. 13

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13 Baumbach/Hopt/Kumpan HGB, § 20 VermAnlG Rn. 1. 14 Schnauder NJW 2013 3209 hält dies für ein Versehen des Gesetzgebers, da es im Widerspruch zum erklärten Ziel des KAGB stünde, den Anlegerschutz zu stärken. 15 Müchler WM 2012 978. 16 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934; hiernach: FinMarktAnpG-E. 17 Gesetzesbegründung zum FinMarktAnpG v. 5.5.2014, BTDrucks. 18/1305 S. 45. 18 Müchler WM 2012 979.

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A. Hintergrund der Vorschrift

§ 352a

UNTERABSCHNITT 3 Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF https://doi.org/10.1515/9783110492217-146

§ 352a Definition von geschlossenen AIF im Sinne von § 353 § 352a Definition von geschlossenen AIF im Sinne von § 353 Gerlach Abweichend von § 1 Absatz 4 Nummer 2 und Absatz 5 sind geschlossene AIF im Sinne von § 353 auch solche AIF, die die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen. A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift § 352a wurde nur ein Jahr nach Einführung des KAGB durch das Finanzmarktanpas- 1 sungsgesetz1 eingefügt. Bei dem FinMarktAnpG handelt es sich um ein Artikelgesetz, das im Wesentlichen der Bereinigung redaktioneller Ungenauigkeiten dient, die sich aufgrund der Umsetzung von komplexen EU-Vorgaben in zahlreichen Finanzmarktaufsichtsgesetzen eingeschlichen hatten.2 Indes handelt es sich bei § 352a nicht um eine redaktionelle Änderung. Vielmehr ist die Vorschrift eine von mehreren materiellen Anpassungen,3 deren Notwendigkeit sich aus der Abänderung der Definition des geschlossenen AIF4 auf europäischer Ebene durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 694/20145 nach Inkrafttreten des KAGB ergab. Zuvor war es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Europäischen Kommissi- 2 on und der europäischen Finanzaufsichtsagentur ESMA hinsichtlich der Definition eines geschlossenen AIF gekommen. Die ursprünglichen Definitionsvorschläge von ESMA vom 2.4.2013,6 die zudem die Grundlage für die Umsetzung der AIFM-RL in Deutschland waren, wies die Kommission zurück und bat ESMA mit Schreiben vom 4.7.20137 um Überarbeitung. Die überarbeitete Version, die ESMA am 13.8.2013 vorlegte,8 wurde von der Europäischen Kommission im Wesentlichen übernommen und am 17.12.2013 als Delegierte Verordnung Nr. 694/2014 verabschiedet. Die dort in Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 der Verordnung vorgenommene neue Definition eines geschlossenen AIF ist äußerst eng. Nur solche AIF, die erstmalig zum Liquidationszeitpunkt oder der Auslaufphase Fondsanteile der Anleger zurücknehmen, gelten fortan als geschlossene AIF. Würde man diese enge Definition auch für den Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften zu Grunde legen, kämen nahezu keine geschlossenen Fonds in den Genuss des Bestandsschutzes.

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1 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934. 2 Allgemeiner Teil der Gesetzesbegründung, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305, S. 29. 3 Vgl. ferner § 1 Abs. 4 Nr. 2 sowie die zahlreichen Anpassungen in § 353. 4 Genau genommen wurde die Definition des offenen AIF geändert. Da nach der Negativdefinition in § 1 Abs. 5 jedoch jeder AIF, der nicht offener AIF ist, als geschlossener AIF gilt, wurde uno actu auch die Definition des geschlossenen AIF verändert. 5 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission v. 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds; EU-ABl. L 183 v. 24.6.2014, S. 18. 6 ESMA/2013/413: Final report on draft regulatory technical standards on types of AIFMs. 7 Abrufbar unter: http://www.esma.europa.eu/system/files/ec_letter_to_esma_re_draft_rts_on_types_ of_aifmd_4_july_2013.pdf. 8 ESMA/2013/1119: Opinion on draft regulatory technical standards on types of AIFMs.

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§ 352a

Definition von geschlossenen AIF im Sinne von § 353

Denn geschlossene Fonds in Deutschland (und anderen Mitgliedstaaten der EU) sahen vor Umsetzung der AIFM-RL regelmäßig gesetzliche oder gesellschaftsrechtlich verbriefte Kündigungsrechte oder besondere Andienungsrechte vor, von denen Anleger bereits vor dem Zeitpunkt der Liquidation des betreffenden Fonds Gebrauch machen konnten. Die Europäische Kommission hat diese Gefahr einer Entwertung der Übergangsvorschriften durch die enge Definition eines geschlossenen AIF erkannt.9 Zwar schloss sie sich nicht dem Vorschlag von ESMA an, für die Übergangsvorschriften die jeweilige nationale Definition eines geschlossenen Fonds für maßgeblich zu erachten.10 Zumindest wurde die Definition des geschlossenen AIF durch die Stillhaltephase von lediglich 5 Jahren aber so weit gefasst, dass die meisten geschlossenen Fonds deutscher Verwaltungsgesellschaften hierunter fallen. Diese Sonderdefinition eines geschlossenen AIF aus Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 für Zwecke der Übergangsvorschriften setzt § 352a in deutsches Recht um. Die für die Verständlichkeit des Normtextes nicht gerade förderliche Verweisungs3 technik auf die europäische Delegierte Verordnung nahm der Deutsche Bundestag deshalb vor, weil zum Zeitpunkt der abschließenden Beratung über das FinMarktAnpG noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu der Delegierten Verordnung ausstand. Man befürchtete, dass hierdurch erneut Änderungen an dem Wortlaut auf europäischer Ebene vorgenommen werden könnten, die eine abermalige Anpassung des KAGB nach sich gezogen hätten. B. Regelung der Vorschrift B. Regelung der Vorschrift I. Definition geschlossener AIF im Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften 4

§ 352a führt allein für den Geltungsbereich der Übergangsbestimmungen eine separate Definition des geschlossenen AIF gemäß der europäischen Vorgabe in Art. 1 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 ein. Während nach der neuen Definition in § 1 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 5 nur solche AIF als geschlossene AIF qualifizieren, bei denen eine Rücknahme der Anteile vor Beginn der Liquidationsphase nicht möglich ist, ist die Definition des geschlossenen AIF für die Übergangsbestimmungen nach Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 weiter gefasst und sieht lediglich einen Ausschluss der Rückgabemöglichkeit binnen der ersten fünf Jahre nach Auflage vor. II. „Rückgaberechte“ im Sinne der europäischen Definition

Welche Rechte der Anleger im Einzelnen als Rückgabemöglichkeit eines Fondsanteils qualifizieren und damit das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 ggf. ausschließen, bedarf noch der Konkretisierung. Jedenfalls hat der Gesetzgeber weder im FinMarktAnpG selbst noch in der Begründung (Auslegungs-)Hinweise erkennen lassen. Es würde sich anbieten, dass die BaFin hierzu die FAQ Übergangsvorschriften erweitert. In der Öffentlichen Anhörung zum FinMarktAnpG hatte es gleichwohl den An6 schein, alle Beteiligten gingen davon aus, dass beispielsweise Härtefallklauseln, die 5

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9 Erwägungsgrund 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014. 10 ESMA/2013/1119: Opinion on draft regulatory technical standards on types of AIFMs, S. 10.

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B. Regelung der Vorschrift

§ 352a

Sonderkündigungsrechte gewähren, nicht unter ein derartiges Rückgaberecht fallen und folglich Anlagebedingungen und Gesellschaftsverträge nicht anzupassen wären, um als geschlossener AIF im Sinne der §§ 352a, 353 zu gelten.11 Diese Auslegung ist vor dem Hintergrund des Anlegerschutzgedankens der AIFM-RL konsequent und stünde überdies nicht im Widerspruch zu den überarbeiteten Ausführungen von ESMA zur Definition geschlossener AIF. Anders als ordentliche Kündigungsrechte, die keiner gesonderten Begründung bedürfen, ist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechtes der Nachweis der Voraussetzungen (etwa einer wirtschaftlichen Notlage) notwendig. Auch das grenzt sie von einem Rückgaberecht im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 ab. Ordentliche Kündigungsrechte sowie besondere Andienungsrechte, die gesell- 7 schaftsvertraglich eingeräumt werden, sind als Rückgaberechte im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 einzustufen. Sie führen dazu, dass der AIF dem offenen Typ zuzuordnen ist. Rechtsunsicherheit besteht bei der Frage, wie es sich mit den ordentlichen Kündigungsrechten verhält, die gesetzlich normiert sind. Der Gesetzgeber hat zwar im Zuge des FinMarktAnpG in § 161 Abs. 1 die klarstellende Regelung aufgenommen, dass bei der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist. Unklar bleibt jedoch, ob der Gesetzgeber damit auch § 132 HGB erfassen wollte. Dafür spricht die systematische Auslegung. Denn § 161 Abs. 2 Satz 2 geht implizit davon aus, dass die geschlossene Investmentkommanditgesellschaft auch auf unbestimmte Zeit ausgestaltet sein kann. Bei AIF ohne Laufzeitbegrenzung würde den Anlegern jedoch von Gesetzes wegen das ordentliche Kündigungsrecht gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 132 HGB zustehen und der AIF damit – entgegen der Intention der AIF-KVG – als offener AIF qualifizieren. Dieses widersprüchliche Resultat dürfte vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein, zumal § 132 HGB sich auch nicht vollständig im Gesellschaftsvertrag abbedingen lässt.12 Andernfalls müssten geschlossene Kommanditgesellschaften stets eine Laufzeitbegrenzung aufweisen. Dies ist jedoch oftmals weder im Sinne der KVG noch der Anleger, wenn diese Gestaltung beispielsweise bei Sachwertanlagen die Nutzung günstiger Marktzyklen für eine Veräußerung des Investitionsobjekts erschweren würde.13 Allerdings könnte die Anwendbarkeit von § 132 HGB vermieden werden, wenn Gesellschaftsverträge von geschlossenen AIF mit Laufzeitbegrenzung künftig eine Regelung vorsehen, wonach die Laufzeit der Gesellschaft durch mehrheitlich gefassten (Fortsetzungs-)14Beschluss der Anleger verlängert werden kann.15 Es wird sich zeigen, welche Anforderungen die BaFin in der Praxis an die Ausgestal- 8 tung der Gesellschaftsverträge in Bezug auf die Laufzeit stellen wird. Problematisch ist dieser Zustand der Rechtsunsicherheit jedoch insbesondere für geschlossene AIF, die sich – auch mangels eines ordentlichen Kündigungsrechtes binnen der ersten fünf Jahre – im Anwendungsbereich des Bestandsschutzes wegen Erfüllung der Definition aus § 352a wähnen. Sind diese AIF auf unbestimmte Zeit ausgestaltet, ergibt sich für die KVG die Frage, ob sie sicherheitshalber den Gesellschaftsvertrag und die Anlagebedingungen

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11 Protokoll Nr. 18/9 des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages v. 19.5.2014 zur Öffentlichen Anhörung von Sachverständigen zum FinMarktAnpG, S. 28 f. 12 Baumbach/Hopt/Roth HGB, § 132 Rn. 12. 13 Stellungnahme des Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen (bsi) vom 11.3.2014 zum Referentenentwurf des FinMarktAnpG, Seite 5. 14 Wird dieser Beschluss nach dem Laufzeitende und vor der Beendigung der Gesellschaft gefasst, handelt es sich um einen sog. Fortsetzungsbeschluss. 15 MüKo-HGB/Schmidt § 131 Rn. 14. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit der gesellschaftsvertraglichen Regelung siehe Baumbach/Hopt/Roth HGB, § 131 Rn. 31.

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§ 353

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

der betreffenden AIF gemäß § 353 Abs. 11 bis zum 19.1.2015 anpassen sollte. Dabei stellt sich dann u.a. die Frage, ob es zu einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages nach der Kernbereichslehre des BGH eines einstimmigen Beschlusses der Anleger bedarf oder ob sich im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrages auch begründen lässt, dass eine mehrheitliche Beschlussfassung ausreicht.16 https://doi.org/10.1515/9783110492217-147

§ 353 Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, und für geschlossene AIF § 353 Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften Gerlach Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

(1) Sofern AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften vor dem 22. Juli 2013 geschlossene AIF verwalten, die nach dem 21. Juli 2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigen, können sie weiterhin solche AIF verwalten, ohne eine Erlaubnis oder Registrierung nach diesem Gesetz zu haben. (2) Sofern EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften keine Erlaubnis oder Registrierung nach den zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU erlassenen Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum benötigen und im Inland ausschließlich geschlossene inländische AIF verwalten, die nach dem 21. Juli 2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigen, können sie diese weiterhin verwalten, ohne die Vorschriften dieses Gesetzes einhalten zu müssen. (3) 1 Sofern AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften ausschließlich geschlossene AIF verwalten, deren Zeichnungsfrist für Anleger vor Inkrafttreten der Richtlinie 2011/61/EU ablief und die für einen Zeitraum aufgelegt wurden, der spätestens am 21. Juli 2016 abläuft, können sie weiterhin solche AIF verwalten, ohne dass sie die Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme der §§ 67, 148 oder 158 und gegebenenfalls des § 261 Absatz 7 und der §§ 287 bis 292 einhalten oder eine Erlaubnis oder Registrierung gemäß diesem Gesetz benötigen. 2 Satz 1 findet auf die Verwaltung von inländischen geschlossenen AIF, deren Zeichnungsfrist vor Inkrafttreten der Richtlinie 2011/61/EU ablief und die für einen Zeitraum aufgelegt wurden, der spätestens am 21. Juli 2016 abläuft, durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften oder ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaften entsprechend Anwendung. (4) 1 Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4, 4a oder Absatz 5 erfüllen und die geschlossene inländische AIF verwalten, deren Zeichnungsfrist vor dem 22. Juli 2013 abgelaufen ist und die nach dem 21. Juli 2013 Anlagen tätigen, gelten ab Eingang des Erlaubnisantrags gemäß § 22 bei der Bundesanstalt für die Verwaltung dieser geschlossenen inländischen AIF nur die §§ 1 bis 43, 53 bis 67, 80 bis 90, 158 Satz 1 in Verbindung mit § 135 Absatz 7 und 8, § 158 Satz 2, § 160 Absatz 4, § 261 Absatz 1 Nummer 8 und Absatz 7, § 263 Absatz 2, die §§ 271, 272, 274, 285 Absatz 2 und 3, §§ 286 bis 292, 300, 303, 308 und 339 bis 344, 352 bis 354 entsprechend; sofern allerdings der Gesellschaftsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung, die das Rechtsverhältnis zwischen den Anlegern und einem solchen geschlossenen inländischen AIF regelt,

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16 Baumbach/Hopt/Roth HGB, § 119 Rn. 35 ff. Für die Konstellation des Fortsetzungsbeschlusses BGH WM 2007 2016.

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Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

§ 353

bereits vor dem 18. März 2016 Regelungen im rechtlich zulässigen Rahmen zur Vergabe von Gelddarlehen an Unternehmen, an denen der AIF bereits beteiligt ist, für Rechnung des AIF enthält, können auch ab dem 18. März 2016 Gelddarlehen entsprechend diesen Regelungen vergeben werden und finden die darüber hinausgehenden Beschränkungen des § 285 Absatz 3, auch in Verbindung mit § 261 Absatz 1 Nummer 8, keine Anwendung. 2 Treffen Vorschriften, die nach Satz 1 entsprechend anzuwenden sind, Regelungen für geschlossene AIF, sind geschlossene AIF nach Satz 1 auch geschlossene AIF im Sinne dieser Vorschriften. 3 Abweichend von Satz 2 sind sie jedoch nur dann geschlossene AIF im Sinne der §§ 30, 272 und 286 Absatz 2, wenn sie die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen. 4 Erfüllen geschlossene AIF im Sinne von Satz 1 nicht zugleich die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014, gilt für die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie § 217 Absatz 1 und 2 entsprechend. 5 Die Sätze 1 bis 4 sind auf die Verwaltung von inländischen geschlossenen Spezial-AIF, deren Zeichnungsfrist vor dem 22. Juli 2013 abgelaufen ist und die nach dem 21. Juli 2013 Anlagen tätigen, durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften entsprechend anzuwenden. (5) 1 Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die die Voraussetzungen des § 2 Absatz 5 erfüllen und die geschlossene inländische AIF verwalten, deren Zeichnungsfrist vor dem 22. Juli 2013 abgelaufen ist und die nach dem 21. Juli 2013 Anlagen tätigen, sind ab Eingang des Registrierungsantrags gemäß § 44 bei der Bundesanstalt für die Verwaltung dieser geschlossenen inländischen AIF abweichend von § 2 Absatz 5 Satz 1 nur die §§ 1 bis 17, 26 bis 28, 42, 44 bis 48, 80 bis 90, 261 Absatz 7, § 263 Absatz 2, §§ 271, 272, 339 bis 343, 353 und 354 entsprechend anzuwenden; dabei richtet sich die Ausgestaltung der in §§ 26 bis 28 geforderten Verhaltens- und Organisationspflichten nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, in dem die Art, der Umfang und die Komplexität der Geschäfte der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten AIF berücksichtigt werden. 2 Treffen Vorschriften, die nach Satz 1 entsprechend anzuwenden sind, Regelungen für geschlossene AIF, sind geschlossene AIF nach Satz 1 auch geschlossene AIF im Sinne dieser Vorschriften. 3 Abweichend von Satz 2 sind sie jedoch nur dann geschlossene AIF im Sinne von § 272, wenn sie die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen. 4 Erfüllen geschlossene AIF im Sinne von Satz 1 nicht zugleich die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014, gilt für die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie § 217 Absatz 1 und 2 entsprechend. (6) 1 Für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die geschlossene inländische AIF verwalten, die vor dem 22. Juli 2013 aufgelegt wurden, deren Zeichnungsfrist nicht vor dem 22. Juli 2013 abgelaufen ist und die nach dem 21. Juli 2013 Anlagen tätigen, gilt für die Verwaltung dieser geschlossenen AIF § 351 Absatz 1 bis 4 entsprechend. 2 Für AIF-Verwaltungsgesellschaften, die geschlossene EU-AIF oder geschlossene ausländische AIF verwalten, die im Inland vor dem 22. Juli 2013 vertrieben werden durften und deren Zeichnungsfrist nicht vor dem 22. Juli 2013 abgelaufen ist, gilt § 351 Absatz 5 entsprechend. 3 Geschlossene AIF im Sinne von Satz 1 gelten auch in den übrigen Vorschriften dieses Gesetzes, die Regelungen für geschlossene AIF treffen, als geschlossene AIF. 4 Abweichend von Satz 3 sind sie jedoch nur geschlossene AIF im Sinne der §§ 30, 272 und 286 Absatz 2, wenn sie die 1171

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§ 353

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/ 2014 erfüllen. 5 Erfüllen geschlossene AIF im Sinne von Satz 1 nicht zugleich die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/ 2014, gilt für die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie § 217 Absatz 1 und 2 entsprechend. (7) Soweit sich aus Absatz 1 bis 3 nichts anderes ergibt, ist für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die geschlossene AIF verwalten, § 343 anzuwenden. (8) [aufgehoben] (9) 1 Inländische geschlossene AIF gelten auch in den übrigen Vorschriften dieses Gesetzes als geschlossene AIF, wenn sie 1. nicht die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen und 2. zwischen dem 22. Juli 2013 und dem 19. Juli 2014 nach den Vorschriften dieses Gesetzes im Sinne von § 343 Absatz 4 aufgelegt wurden. 2 Abweichend von Satz 1 gelten sie als offene Investmentvermögen im Sinne von § 30, anstelle der §§ 272 und 286 Absatz 2 gilt für die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie § 217 Absatz 1 und 2 entsprechend und § 161 Absatz 1 ist nicht anzuwenden. (10) 1 Die einem inländischen AIF, der 1. nicht die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllt und 2. die Voraussetzungen von § 1 Absatz 5 dieses Gesetzes in seiner bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung erfüllt, vor dem 19. Juli 2014 erteilte Genehmigung von Anlagebedingungen gemäß § 268 oder mitgeteilte Vertriebsfreigabe gemäß § 316 Absatz 3 oder § 321 Absatz 3 erlöschen am 19. Juli 2014, wenn der inländische AIF nicht vor dem 19. Juli 2014 im Sinne von § 343 Absatz 4 aufgelegt wurde. 2 Entsprechendes gilt für die Registrierung einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 2 Absatz 4a in Verbindung mit § 44, die beabsichtigt, einen AIF im Sinne des Satzes 1 zu verwalten. 3 Der Antrag einer AIFKapitalverwaltungsgesellschaft, der auf eine Genehmigung der Anlagebedingungen eines inländischen AIF im Sinne von Satz 1 durch die Bundesanstalt nach diesem Gesetz in der bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung gerichtet ist und der vor dem 19. Juli 2014 bei der Bundesanstalt eingegangen ist, jedoch bis zum Ablauf des 18. Juli 2014 noch nicht genehmigt war, gilt als am 19. Juli 2014 gestellter Antrag auf Genehmigung der Anlagebedingungen nach diesem Gesetz in der ab 19. Juli 2014 geltenden Fassung. 4 Sofern erforderliche Angaben oder Dokumente fehlen, hat die Bundesanstalt diese nachzufordern. (11) 1 Inländische AIF, die 1. die Voraussetzungen von § 1 Absatz 5 dieses Gesetzes in seiner bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung erfüllen, 2. nicht die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 und 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen und 3. vor dem 19. Juli 2014 im Sinne von § 343 Absatz 4 aufgelegt wurden, gelten auch in den übrigen Vorschriften dieses Gesetzes als geschlossene AIF, wenn ihre Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der AIF an die Voraussetzungen nach Artikel 1 Absatz 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 angepasst werden und die Anpassungen spätestens am Gerlach

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Schrifttum

§ 353

19. Januar 2015 in Kraft treten. 2 Abweichend von Satz 1 gelten sie als offene Investmentvermögen im Sinne von § 30, anstelle der §§ 272 und 286 Absatz 2 gilt für die Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände und die Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil oder Aktie § 217 Absatz 1 und 2 entsprechend und § 161 Absatz 1 ist nicht anzuwenden. 3 Die vor dem 19. Juli 2015 erteilte Genehmigung von Anlagebedingungen nach § 268 oder mitgeteilte Vertriebsfreigabe gemäß § 316 Absatz 3 oder § 321 Absatz 3 erlöschen am 19. Januar 2015, wenn die nach Satz 1 geänderten Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der AIF nicht bis zum 19. Januar 2015 in Kraft getreten sind. 4 Entsprechendes gilt für die Registrierung einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 2 Absatz 4a in Verbindung mit § 44, die einen AIF im Sinne des Satzes 1 verwaltet. 5 Bis zum 19. Januar 2015 sind die Anleger in dem Verkaufsprospekt und den wesentlichen Anlegerinformationen drucktechnisch herausgestellt an hervorgehobener Stelle auf die notwendige Anpassung der Rückgaberechte an die Anforderungen in Artikel 1 Absatz 5 der der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/ 2014 und die Folgen einer unterbliebenen Anpassung hinzuweisen. 6 Bei Spezial-AIF muss dieser Hinweis im Rahmen der Informationen gemäß § 307 erfolgen. (12) Für den Vertrieb von geschlossenen EU-AIF und ausländischen geschlossenen AIF, die 1. nicht die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen und 2. zwischen dem 22. Juli 2013 und dem 19. Juli 2014 eine Vertriebsberechtigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erhalten haben, an Privatanleger im Inland gelten die Vorschriften für den Vertrieb von geschlossenen AIF nach diesem Gesetz. (13) 1 Für den Vertrieb von EU-AIF und ausländischen AIF, die 1. nicht die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 3 und 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 erfüllen, 2. die Voraussetzungen von § 1 Absatz 5 dieses Gesetzes in seiner bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung erfüllen und 3. zwischen dem 22. Juli 2013 und dem 19. Juli 2014 eine Vertriebsberechtigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erhalten haben,an Privatanleger im Inland gelten die Vorschriften für den Vertrieb von geschlossenen AIF nach diesem Gesetz, wenn die Anlagebedingungen und gegebenenfalls die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der AIF an die Voraussetzungen nach Artikel 1 Absatz 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 angepasst werden und die in Kraft getretene Anpassung der Bundesanstalt bis spätestens 19. Januar 2015 angezeigt wird; andernfalls erlischt die Vertriebsberechtigung für diese AIF am 19. Januar 2015. 2 Absatz 11 Satz 5 gilt entsprechend.

Schrifttum Schrifttum

Siehe Schrifttum zu Vorbemerkungen §§ 343 ff. sowie Bußalb/Unzicker Auswirkungen der AIFMRichtlinie auf geschlossene Fonds, BKR 2012 309; Jesch/Geyer Die Übergangsbestimmungen der AIFMRichtlinie, BKR 2012 359; Niewerth/Rybarz Änderung der Rahmenbedingungen für Immobilienfonds, WM 2013 1154; Voigt/Busse Die Übergangsvorschriften für geschlossene Fonds nach dem Regierungsentwurf zum AIFM-Umsetzungsgesetz, BKR 2013 184.

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Gerlach

§ 353

A. B.

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

Systematische Übersicht Hintergrund der Vorschrift | 1 Die Regelungen der Vorschriften im Einzelnen Systematische Übersicht I. Bestandsschutz für „passive“ Alt-Fonds und deren AIF-KVG (Absatz 1) | 5 1. Bestandsschutz für „passive“ Alt-Fonds | 6 a) Qualifizierung als geschlossener Alt-Fonds aa) Gesetzeslage bei Inkrafttreten des KAGB zum 22.7.2013 | 7 bb) Abänderung der Definition eines geschlossenen AIF | 8 b) Kein Tätigen zusätzlicher Anlagen | 10 aa) Zivilrechtliche Einordnung des Tätigens (zusätzlicher Anlagen) | 11 bb) Das Tatbestandsmerkmal der zusätzlichen Anlagen | 13 (1) Allgemeine Begriffsdefinition | 14 (2) Einzelne Abgrenzungsfragen | 18 2. Keine Infizierung übriger geschlossener AIF der KVG | 32 II. Bestandsschutz für ausländische EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften (Absatz 2) | 37 III. Bestandsschutz bei 2016 auslaufenden geschlossenen AIF (Absatz 3) 1. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften (Satz 1) a) Voraussetzungen des Bestandsschutzes | 38 b) Tätigen zusätzlicher Anlagen | 40 c) Umfang des Bestandsschutzes | 42 2. Ausländische/EU-AIF Verwaltungsgesellschaften (Satz 2) | 46 IV. Partieller Bestandsschutz für platzierte „aktive“ Alt-Fonds (Absätze 4 und 5) | 47 1. Bei geschlossenen AIF erlaubnispflichtiger KVG | 48

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a)

Voraussetzungen des Bestandsschutzes | 49 b) Umfang des Bestandsschutzes | 50 c) Inländische Spezial-AIF von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften | 53 2. Bei geschlossenen AIF registrierungspflichtiger KVG | 54 a) Voraussetzungen des Bestandsschutzes | 55 b) Umfang des Bestandsschutzes | 56 3. Änderungen durch das FinMarktAnpG | 58 V. Übergangsregelung für geschlossene AIF in der Vertriebsphase (Absatz 6) | 61 1. Tatbestandsvoraussetzung: geschlossener AIF in Vertriebsphase | 62 2. Rechtsfolge: entsprechende Anwendung von § 351 | 64 3. Änderungen durch das FinMarktAnpG | 67 VI. Übergangsregelung der AIF-KVG (Absatz 7) | 68 VII. Partieller Bestandsschutz bei Vertrieb gemäß Prospektrichtlinie (Absatz 8) | 69 VIII. Bestandsschutz für geschlossene AIF alter KAGB-Definition (Absatz 9) | 71 IX. Auflage vor dem 19.7.2014 als Grenze des Vertrauensschutzes (Absatz 10) | 75 X. Umwandlungsmöglichkeit in einen AIF i.S.v. § 352a (Absatz 11) | 79 1. Voraussetzungen | 80 2. Umfang des partiellen Bestandsschutzes | 82 3. Hinweispflichten in der Vertriebsphase | 84 4. Konsequenzen bei fehlender Umwandlung | 86 XI. Bestandsschutz für Vertriebsrecht geschlossener EU-AIF und ausländischer AIF (Absätze 12 und 13) | 87

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A. Hintergrund der Vorschrift

§ 353

A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift Die Vorschrift ist im Zuge des AIFM-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. § 353 stellt die zentrale Übergangsvorschrift für geschlossene AIF und deren Verwaltungsgesellschaften dar. Die Vorschrift beruht größtenteils auf europäischen Vorgaben. So basieren § 353 Abs. 1 und Abs. 2 auf Art. 61 Abs. 3 AIFM-Richtlinie, § 353 Abs. 3 auf Art. 61 Abs. 4 AIFM-Richtlinie und § 353 Abs. 8 auf Art. 61 Abs. 2 AIFM-Richtlinie. Das Kapitalanlageprodukt des geschlossenen Fonds und seine Anbieter sind seit Jahren Gegenstand andauernder rechtspolitischer Diskussion. Zuletzt hatte die Branche im Jahr 2011 die Implementierung des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) zu bewerkstelligen.1 Gleichwohl stellte die Anpassung an die Regulierung durch das KAGB im Jahr 2013 eine ungleich höhere Hürde dar,2 so dass auch mit einer Konsolidierung des Anbietermarktes gerechnet wurde. Entsprechend hohe Bedeutung wurde den Übergangsvorschriften beigemessen, weil Anbieter geschlossener Fonds hofften, zumindest bereits aufgelegte Fonds unter der Ägide der alten Rechtslage auslaufen lassen zu können. Zwar bemühte sich der Gesetzgeber, durch ausdifferenzierte Regelungen in § 353 den Bedürfnissen der Branche Rechnung zu tragen und abgestufte Anpassungsvorgaben je nach Entwicklungsstadium des betreffenden Fonds einzuführen. Früh kristallisierte sich indes heraus, dass der Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift im Einzelfall wegen diverser auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe unklar bleiben würde.3 Die BaFin bemühte sich, im Vorfeld zum Inkrafttreten des KAGB verbliebene Rechtsunsicherheit auszuräumen. Hierzu veröffentlichte die BaFin am 18.6.2013 ein Rundschreiben, das sich zu häufigen Fragen im Zusammenhang mit den Übergangsvorschriften der §§ 343 ff. äußert.4 Diese Auslegungshilfe enthält u.a. umfangreiche Ausführungen zu § 353. Als wäre das KAGB insgesamt und der Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften bei geschlossenen Fonds im Besonderen nicht schon ausreichend komplex, wurde aufgrund divergierender Ansichten zwischen der Europäischen Kommission und der Finanzaufsichtsagentur ESMA bereits ein Jahr nach Inkrafttreten des KAGB eine neue Definition des geschlossenen AIF durch das Finanzmarktanpassungsgesetz5 mit Wirkung zum 19.7.2014 eingeführt.6 Ohne dass man hierbei dem nationalen Umsetzungsgesetzgeber einen Vorwurf machen könnte, da er lediglich auf die europäischen Vorgaben durch die Delegierte Verordnung Nr. 694/20147 reagieren musste, führt dies gleichwohl zu ei-

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1 Einen Überblick bieten Hanten/Reinholz ZBB 2012 36; Zingel/Varadinek BKR 2012 177; Bußalb/Vogel WM 2012 1416. 2 Siehe beispielsweise zu den erheblichen Auswirkungen des KAGB auf die Rechnungslegung geschlossener AIF Bielenberg/Schmuhl DB 2014 1089. 3 Voigt/Busse BKR 2013 184; Schnauder NJW 2013 3211; Niewerth/Rybarz WM 2013 1166. Dies betrifft vor allem das Tatbestandsmerkmal des Tätigens zusätzlicher Anlagen in § 353 Abs. 1. Hierzu sogleich unter Rn. 10 ff. 4 BaFin-Rundschreiben vom 18.6.2013 „Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB“, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343; im Folgenden: BaFin FAQ Übergangsbestimmungen. 5 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, BGBl. I v. 18.7.2014, S. 934; hiernach: FinMarktAnpG. 6 Hierzu sogleich unter Rn. 8 sowie die Kommentierung zu § 352a. 7 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 694/2014 der Kommission v. 17.12.2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische

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nem mittlerweile fast absurden und unüberschaubaren Abstufungssystem an Bestandsschutz innerhalb des § 353. Hiervon zeugen u.a. die Einführung von § 352a sowie die dem § 353 angefügten Absätze 9 bis 13. B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen I. Bestandsschutz für „passive“8 Alt-Fonds und deren AIF-KVG (Absatz 1) 5

§ 353 Abs. 1 gewährt bestimmten Kapitalverwaltungsgesellschaften und deren AltFonds, die gemäß KAGB als geschlossener AIF qualifizieren, umfassenden Bestandsschutz. Die betreffenden Alt-Fonds und ihre KVG müssen die regulatorischen Vorgaben des KAGB nicht umsetzen und können sich weiterhin auf die vor dem 22.7.2013 geltende Rechtslage berufen.

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1. Bestandsschutz für „passive“ Alt-Fonds. Als Alt-Fonds im Sinne von § 353 Abs. 1 qualifiziert jeder geschlossene AIF, der nach dem 21.7.2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigt. a) Qualifizierung als geschlossener Alt-Fonds

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aa) Gesetzeslage bei Inkrafttreten des KAGB zum 22.7.2013. Der betreffende Fonds muss zunächst ein solcher des geschlossenen Typs sein. Eine Legaldefinition findet sich in § 1 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 2. Nach der ursprünglichen Fassung des KAGB handelte es sich bis zum 19.7.2014 dann um einen geschlossenen AIF, wenn Anleger nicht mindestens einmal pro Jahr das Recht zur Rückgabe gegen Auszahlung ihrer Anteile hatten. Diese Definition beruhte auf der Ausarbeitung sog. technischer Regulierungsstandards, welche die Finanzaufsichtsagentur ESMA für die Europäische Kommission auf Grundlage von Art. 4 Abs. 4 der AIFM-Richtlinie erstellt hatte.9 Bevor diese Ausarbeitung von der Europäischen Kommission ihrem Inhalt nach bestätigt und als Delegierte Verordnung rechtskräftig erlassen wurde, trat bereits das KAGB in Kraft.10 Überraschenderweise forderte die Europäische Kommission ESMA auf, die technischen Regulierungsstandards zu überarbeiten. Die letztlich verabschiedete Version der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 enthielt daraufhin eine andere Definition eines geschlossenen AIF, so dass es zu einer Inkongruenz zwischen dem KAGB und den europäischen Vorgaben kam. Eine Bereinigung dieser europarechtswidrigen Lage erfolgte durch das FinMarktAnpG.

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bb) Abänderung der Definition eines geschlossenen AIF. Nach Art. 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 ist ein AIF künftig nur dann

_____ Regulierungsstandards zur Bestimmung der Arten von Verwaltern alternativer Investmentfonds; EU-ABl. L 183 v. 24.6.2014, S. 18. 8 Um die Abgrenzung der einzelnen Tatbestände von § 353 plastisch zu gestalten, soll nachfolgend zwischen „passiven“ Fonds, die keine weiteren Anlagen tätigen, und „aktiven“ Fonds, die sich noch in der Investitionsphase befinden, unterschieden werden. 9 Final Report: Draft regulatory technical standards on types of AIFMs v. 2.4.2013, ESMA/2013/413. 10 Auf diese zeitliche Inkongruenz weist auch der Finanzausschuss des Bundestages hin; Bericht des Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zum AIFM-Umsetzungsgesetz, BTDrucks. 17/13395 S. 401.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

dem geschlossenen Typ zuzuordnen, wenn den Anlegern erst mit Eintritt in die Liquidationsphase oder Auslaufphase Rückgaberechte eingeräumt werden. Diese wesentlich engere Definition eines geschlossenen AIF erfüllen viele geschlossenen Alt-Fonds nicht, die in Deutschland vor dem 22.7.2013 aufgelegt wurden. Denn diese Fonds sehen häufig – unabhängig von gesetzlichen Kündigungsrechten aus § 132 HGB oder § 723 BGB – vertraglich eingeräumte ordentliche Kündigungsrechte nach einer ersten Investitionsphase oder Andienungsrechte gegenüber der Fondsgesellschaft vor. Dass hierdurch der in Art. 61 AIFM-Richtlinie gewährte Bestandsschutz rückwirkend entwertet würde, hat auch der Europäische Gesetzgeber gesehen.11 Er hat daher in Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung eine den Art. 61 AIFM-Richtlinie ergänzende Übergangsregelung geschaffen, die eine weniger enge Definition eines geschlossenen AIF enthält, um einer größeren Anzahl betroffener Fonds den Anwendungsbereich des Bestandsschutzes zu eröffnen bzw. eröffnet zu lassen. Nach dieser Definition ist ein AIF bereits dann dem geschlossenen Typ zuzuordnen, wenn Anleger lediglich während einer anfänglichen Stillhalteperiode von mindestens fünf Jahren kein Rückgaberecht12 ausüben können, welches direkt oder indirekt aus den Vermögenswerten des AIF befriedigt wird. Nachfolgende ordentliche Kündigungsrechte vor der Liquidationsphase nehmen dem AIF im Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften ausnahmsweise – entgegen der Definition in Art. 1 Abs. 3 der Delegierten Verordnung – nicht die Prägung als geschlossener AIF. Der deutsche Gesetzgeber hat diese zusätzliche separate Definition eines geschlos- 9 senen AIF, die lediglich für den Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften gilt, in § 352a umgesetzt,13 der den Anwendungsbereich des § 353 im Einklang mit Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung und in Abweichung von § 1 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 2 neu definiert. Folglich können sich nur diejenigen Alt-Fonds anhaltend und umfassend auf den Bestandsschutz von § 353 Abs. 1 berufen, deren Gesellschaftsvertrag Anlegern binnen der ersten fünf Jahre keine Rückgabemöglichkeit ihrer Anteile einräumt. Alt-Fonds mit Rückgaberechten der Anleger innerhalb der ersten fünf Jahre nach Auflage, die nach der früheren Definition ursprünglich als geschlossene AIF galten und sich ab dem 22.7.2013 unter Bestandsschutz wähnten, würden bei strikter Umsetzung der neuen europäischen Definitionen nunmehr ab dem 19.7.2014 als offene AIF gelten. Sie wären mangels Erfüllung der Anforderungen des KAGB an offene AIF ggf. abzuwickeln. Es ist evident, dass dies eine massive Verletzung berechtigten Vertrauens auf die durch das KAGB am 22.7.2013 geschaffene Rechtslage wäre. Entsprechend hat der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung der neuen Definitionen des geschlossenen AIF durch weitere nationale Bestandsschutztatbestände flankiert, soweit ihm dies im Rahmen seines Umsetzungsermessens möglich war. Demnach können betroffene AIF, die ab dem 19.7.2014 weder die Voraussetzungen von § 352a noch diejenigen von § 1 Abs. 5 erfüllen, gemäß § 353 Abs. 11 zumindest durch Anpassungen ihrer Anlagebedingungen und Gesellschaftsverträge die Voraussetzungen von § 352a nachträglich herstellen.14

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11 Erwägungsgrund 7 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014. 12 Die Verordnung spricht missverständlich von einem „Rücknahmerecht“. Eigentlich müsste das Rückgaberecht (des Anlegers) mit der Rücknahmepflicht (des Fonds) korrespondieren. Ob in diesem Wortlaut eine Eingrenzung des Anwendungsbereichs zu sehen ist, etwa eine Abgrenzung zwischen gesetzlichen Kündigungsrechten und vertraglichen „Rechten auf Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft“, bleibt unklar. 13 Gesetzesbegründung zu § 352a, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 52. 14 Siehe zu den Voraussetzungen im Einzelnen Rn. 78 f.

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b) Kein Tätigen zusätzlicher Anlagen. § 353 Abs. 1 knüpft den Anwendungsbereich entgegen anderen Übergangsvorschriften15 nicht an den Zeitpunkt der Auflage des Fonds. Aus der Voraussetzung, ab dem 21.7.2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigen zu dürfen, ergibt sich im Umkehrschluss, dass rein faktisch nur solche geschlossenen AIF als Alt-Fonds qualifizieren, die zu diesem Zeitpunkt die Investitionsphase beendet haben (sog. ausinvestierte Fonds). Nach dem üblichen Fondszyklus wird zu diesem Zeitpunkt auch die Platzierungsphase bereits abgeschlossen sein. Gleichwohl ist das Ende der Zeichnungsfrist nach dem Wortlaut der Vorschrift keine notwendige Tatbestandsvoraussetzung für den Bestandsschutz.16

aa) Zivilrechtliche Einordnung des Tätigens (zusätzlicher Anlagen). Der unjuristische Begriff des Tätigens einer zusätzlichen Anlage lässt nicht erkennen, ob zivilrechtlich auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft oder auf das dingliche Verfügungsgeschäft beziehungsweise den Eigentumsübergang abzustellen ist. Diese Differenzierung ist bedeutsam, da die Rechtsgeschäfte zeitlich auseinander fallen können. Liegt der 21.7.2013 zwischen dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft und dem dinglichen Eigentumsübergang, so hängt die Gewährung des Bestandsschutzes davon ab, welches Rechtsgeschäft als maßgeblich zu erachten ist. 12 Im Ergebnis ist auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft abzustellen.17 Dies ergibt sich aus dem Telos der Vorschrift. Maßgeblich ist die Investitionsentscheidung, die der Fondsmanager im Rahmen seines Ermessensspielraumes bei der Portfolioverwaltung trifft.18 Hierbei handelt es sich zivilrechtlich um die Willenserklärung zur Eingehung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts. Das dingliche Verfügungsgeschäft stellt sich in der Folge nicht mehr als Ermessensentscheidung des Fondsmanagers sondern als bindender Vollzug der eingegangenen Verpflichtung dar. Darüber hinaus würde die Gewähr des Bestandsschutzes andernfalls von den für den jeweiligen Investitionsgegenstand geltenden Eigentumsübertragungsvorschriften abhängen. Das führte zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte, weil bestimmte Fonds, die beispielsweise primär in Immobilien investieren, faktisch aufgrund des langwierigeren Eigentumsübertragungsvorganges diskriminiert würden. Zudem ist der Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts durch Niederlegung im Vertrag regelmäßig leicht nachvollziehbar, so dass ein Abstellen auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft auch der Rechtssicherheit dient. 11

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bb) Das Tatbestandsmerkmal der zusätzlichen Anlagen. Der geschlossene AIF genießt nur dann Bestandsschutz, wenn er nach dem 21.7.2013 keine zusätzlichen Anlagen mehr tätigt. Folglich steht und fällt die Gewährung von Bestandsschutz mit der Frage, welche Sachverhalte unter den unbestimmten Rechtsbegriff der zusätzlichen Anlagen zu subsumieren sind. Da die geschlossenen Fonds durch das KAGB erstmals einer

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15 Vielfach wird auf den Zeitpunkt der Auflage des Fonds im Sinne von § 343 Abs. 4 abgestellt. So etwa bei § 347 Abs. 1 Satz 1; § 348 Satz 1; § 349 Satz 1; § 350 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; § 351 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; § 353 Abs. 6 Satz 1; § 355 Abs. 2 Satz 1. 16 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 4. Dies war als Tatbestandsvoraussetzung im Referentenentwurf noch enthalten; siehe hierzu Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt Investment, 405 § 353 Rn. 16. 17 Ebenso BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. c); Voigt/Busse BKR 2013 187; Niewerth/Rybarz WM 2013 1166. 18 Voigt/Busse BKR 2013 187.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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Produktregulierung zugeführt werden und es einen immensen organisatorischen sowie finanziellen Aufwand zeitigt, sich KAGB-compliant aufzustellen, kommt der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals überragende Bedeutung zu.19 Umso verwunderter zeigten sich die Marktteilnehmer während des Gesetzgebungsverfahrens, dass die Gesetzesbegründung keine weiteren Anhaltspunkte für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals bot. Um der Rechtsunsicherheit zu begegnen, veröffentlichte die BaFin nach vorheriger Konsultation mit den betroffenen Verbänden am 18.6.2013 ein Auslegungsrundschreiben,20 das sich ausführlich u.a. mit dem unbestimmten Begriff der zusätzlichen Anlagen auseinandersetzt. (1) Allgemeine Begriffsdefinition. Die BaFin nimmt in den FAQ Übergangsbestimmungen eine allgemeine Definition des Begriffs der zusätzlichen Anlagen vor. Dies geschieht in enger Anlehnung an die Interpretation des Begriffs durch die EU-Kommission, wie es im Rahmen der Beantwortung der Frage ID 1188 zu Art. 61 Abs. 3 der AIFM-Richtlinie in dem Segment „Questions in Single Market Regulation“ am 25.3.2013 zum Ausdruck kommt.21 Obwohl diese Antwort rechtsunverbindlich ist, zeigt sich durch das Aufgreifen seitens der BaFin abermals – wie auch bei den Empfehlungen der europäischen Finanzaufsichtsagenturen22 – die faktische Bindungswirkung solcher europäischen Stellungnahmen. Laut Begriffsdefinition der BaFin ist von der Tätigung einer zusätzlichen Anlage auszugehen, wenn ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, der eine Investition von Kapital zu Ertragszwecken zum Gegenstand hat.23 Dem Tatbestand der zusätzlichen Anlage, dessen Erfüllung die KVG zur Implementierung des KAGB zwingt, wird der Begriff der werterhaltenden Maßnahme als safe harbor24 gegenübergestellt. Nimmt das Fondsmanagement ab dem 21.7.2013 ausschließlich werterhaltende Maßnahmen vor, wird der Bestandsschutz umfassend gewährt. Eine werterhaltende Maßnahme soll nach BaFin dann vorliegen, wenn die Investition nur einen geringfügigen Anteil am AIF-Portfolio ausmacht (a), ausschließlich der Werterhaltung dient (b) und sich die Anleger allgemein – nicht notwendigerweise auf das konkrete Investment bezogen – zu solchen Werterhaltungsmaßnahmen verpflichtet haben oder aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen verpflichtet sind (c).25 Die BaFin geht in der Regel von einer geringfügigen Investition aus, wenn der Umfang der Werterhaltungsmaßnahme 20% des Wertes des AIF-Portfolios nicht überschreitet.26 Diese Grenze gelte auch dann, wenn sich die Werterhaltungsmaßnahme über einen längeren Zeitraum erstreckt. Stellungnahme: Die EU-Kommission stellt ihrer Antwort auf die Frage ID 1188 den Hinweis voran, die Auslegung des Begriffes müsse sich an dem Telos der Norm orientieren. Es gelte, die konkrete Investitionsstrategie des betreffenden AIF zu berücksichtigen

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19 Voigt/Busse BKR 2013 191 sprechen von einem „weichenstellenden Kriterium“. 20 Auslegungsschreiben der BaFin vom 18.6.2013 namens „Häufige Fragen zu den Übergangsvorschriften nach den §§ 343 ff. des KAGB“, Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0343. 21 Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/yqol/index.cfm?fuseaction=question.show&questionId=1188. 22 Hierzu Sonder BKR 2012 9 m.w.N. in Fn. 13. 23 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. a). 24 Darunter versteht man die Spezifizierung von Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Erfüllung für den Normadressaten keine Rechtsnachteile auftreten. Näher zu dieser Regelungstechnik Fleischer ZHR 2004 700. 25 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. a). 26 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. a).

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sowie den Zweck der Vorschrift im Blick zu haben, eine Ausnahmeregelung für ausinvestierte Fonds zu schaffen. Daher sei der Begriff der zusätzlichen Anlagen weit zu verstehen.27 Korrespondierend ist der Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung eng auszulegen. Vor diesem Hintergrund muss es bereits als großzügige Auslegung gelten, dass die BaFin bei der werterhaltenden Maßnahme eine Investition in der Größenordnung von 20% eines Portfolios als geringfügig einstuft. Die englische Fassung „negligible“ ließe sich auch mit „vernachlässigbar“ übersetzen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob das Kriterium einer bestimmten Höhe der Investition für die fortlaufende Gewährung des Bestandsschutzes überhaupt eine Rolle spielen kann. Wenn sich die Investition eindeutig als ausschließlich werterhaltend identifizieren lässt, spricht – bei vorliegender Abdeckung durch den Gesellschaftsvertrag – weder die Eigenschaft als Übergangsvorschrift noch der Aspekt des Anlegerschutzes gegen eine höhere Investitionssumme. Denn eine solche Investition stünde nach wie vor im Einklang mit der Intention des (europäischen) Gesetzgebers, ausinvestierten Fonds ein unbehelligtes Auslaufen ohne unnötigen Regulierungsaufwand zu ermöglichen. Im Übrigen dürfte auch die BaFin durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angehalten sein, im Einzelfall deutlich höhere Investitionssummen unbeanstandet zu lassen, wenn der AIF alternativ zwangsweise mit Verlust für die Anleger abgewickelt werden müsste28 oder die geplanten Investitionen von den ausgelösten Anpassungskosten an das KAGB deutlich übertroffen würden. 18

(2) Einzelne Abgrenzungsfragen. Die BaFin bleibt in ihrem Auslegungsschreiben nicht bei einer allgemeinen Begriffsdefinition stehen. Vielmehr greift sie – wiederum in Anlehnung an die angerissenen Fallgruppen in der Frage ID 118829 der „Questions in Single Market Regulation“ – einige übliche Fallkonstellationen der Praxis und sich daraus ableitende Fragestellungen auf und deutet ihre künftige Aufsichtspraxis an. Planmäßige Erstinvestitionen, die in den Verkaufsunterlagen eines vor dem 22.7. 19 2013 aufgelegten geschlossenen AIF angekündigt und nach diesem Stichtag realisiert werden, sind als zusätzliche Anlagen im Sinne von § 353 Abs. 1 einzustufen.30 Dies gilt unabhängig davon, wie konkret die Investitionen vorab definiert werden und wie stark folglich eine spätere Ermessensentscheidung des Fondsmanagements eingegrenzt wird. Maßgeblich ist allein, ob das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft bereits vor dem 22.7.2013 abgeschlossen wurde.31 Diese Auffassung der BaFin ist zwingend. Andernfalls wären Umgehungen durch entsprechende Fondsgründungen vor dem 22.7.2013 vorprogrammiert gewesen. Es stünde auch im diametralen Widerspruch zum Zweck der Norm, ausinvestierten Fonds umfangreiche Anpassungen zu ersparen, wenn man dieselben Privilegien neu aufgelegten Fonds bei Vornahme von Erstinvestitionen gewährte. Eine nach dem 21.7.2013 getätigte Investition ist unabhängig davon, auf wen die An20 lageentscheidung zurückzuführen ist, als zusätzliche Anlage im Sinne von § 353 Abs. 1

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27 Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/yqol/index.cfm?fuseaction=question.show&questionId=1188. 28 Beispielsweise weil mangels Prolongation oder Refinanzierungsmöglichkeit Investitionsgegenstände des Fonds kurzfristig und daher deutlich unter Wert veräußert werden müssten, um eine Fremdfinanzierung zurückzuführen. 29 Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/yqol/index.cfm?fuseaction=question.show&questionId=1188. 30 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. b). 31 Siehe hierzu obige Ausführungen zur zivilrechtlichen Einordnung des Tätigens zusätzlicher Anlagen unter Rn. 11 f.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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einzustufen. Die Einordnung als zusätzliche Anlage ändert sich nicht dadurch, dass die Investitionsentscheidung auf einem (durch bestimmtes Quorum erfolgten) Gesellschafterbeschluss beruht.32 Ferner befasst sich die BaFin mit der Frage, welche Instandhaltungsmaßnahmen bezüglich der Vermögensgegenstände des Fonds noch als werterhaltende Maßnahme qualifizieren und folglich den Bestandsschutz nicht gefährden. Laut BaFin gelten Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, die zur Aufrechterhaltung und Bewirtschaftung von bereits vor dem 22.7.2013 erschlossenen Ertragsquellen notwendig sind, nicht als zusätzliche Anlagen, sofern die Investition die 20% Schwelle nicht überschreitet.33 Anders stellt sich laut BaFin die Sachlage dar, wenn die getätigte Investition zur Umgestaltung eines zuvor erworbenen Vermögensgegenstandes führt. Weicht der Vermögensgegenstand in der Folge wesentlich von seiner vor dem 22.7.2013 liegenden wirtschaftlichen Nutzbarkeit ab und können dadurch wesentliche zusätzliche Erträge erzielt werden, so soll die Investition als zusätzliche Anlage qualifizieren.34 Dies könne zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Gewerbeimmobilie mit Büroräumen zu Eigentumswohnungen umgestaltet wird. Der bloße Abschluss von Verträgen mit Dritten über die Nutzung vorhandener Vermögensgegenstände des Fonds gelte hingegen nicht als zusätzliche Anlage, so dass etwa eine Anschlussvermietung zulässig ist, ohne den Bestandsschutz zu verlieren.35 Da der safe harbor der werterhaltenden Maßnahme aus drei Voraussetzungen besteht, die kumulativ vorliegen müssen, verlieren Fonds den Bestandsschutz auch dann, wenn zwar eine unwesentliche Investition unterhalb der 20% Schwelle vorliegt, diese jedoch nicht der Werterhaltung dient.36 In diesem Zusammenhang führt die BaFin ein Beispiel an, bei welchem die Erschließung neuer Parkflächen für ein vom Fonds gehaltenes Einkaufszentrum eine werterhaltende Maßnahme sein könne, sofern das Einkaufszentrum wegen ausbleibender Kunden nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen vermietet werden kann.37 Ob sich die BaFin mit diesem Beispiel einen Gefallen getan hat, mag man bezweifeln. Die Trennlinie zwischen Werterhaltung und Wertsteigerung lässt sich im gewählten Beispiel durch entsprechende Argumentation beliebig in die eine oder die andere Richtung verschieben. Denn die Mieteinnahmen betreffen letztlich die Rendite(prognose) und gehen über den Werterhalt (den Marktwert des errichteten oder gekauften Einkaufszentrums) hinaus. Das eröffnet in der Praxis Gestaltungsspielräume für Investitionen unterhalb von 20%, bei denen argumentiert werden kann, sie seien nötig, um die ursprünglich prognostizierte Rendite zu erreichen. Im Ergebnis ist es – trotz der einhergehenden Rechtsunsicherheit – gleichwohl begrüßenswert, dass die BaFin hier im Einzelfall eine gewisse Flexibilität andeutet. Die vom AIF gehaltene Liquiditätsreserve kann zumindest in Bankguthaben investiert werden, ohne dass dies als zusätzliche Anlage im Sinne von § 353 Abs. 1 einzustufen ist und der Alt-Fonds seinen Bestandsschutz einbüßt.38

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BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. d). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. e). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. e). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. e). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. g). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. g). BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. h).

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Bei mehrstufigen Strukturen (Doppelstockmodell) kommt es laut BaFin darauf an, wem das Tätigen der zusätzlichen Anlagen zuzurechnen ist. Maßgeblich sei, wer die Möglichkeit zur diskretionären Entscheidung über die Anlagetätigkeit hat. Von einer solchen Möglichkeit der Einflussnahme auf die Anlageentscheidung sei in der Regel auszugehen, wenn die Obergesellschaft (der AIF oder die AIF-KVG) mehr als 50% der sprechenden Stimmrechte (ggf. auch mittelbar) an der Untergesellschaft (Zweck- oder Zielgesellschaft) hält.39 Eine rein stille Beteiligung ohne Mitspracherechte führt folglich nicht zu einer Zurechnung. Die BaFin überträgt diese Maßstäbe auf die ebenfalls mehrstufig strukturierten Dachfonds sowie Master-Feeder-Konstruktionen. Zutreffend betrachtet die BaFin in diesen Fällen allein den Anteilserwerb am Zielfonds als die maßgebliche Anlageentscheidung, da die Obergesellschaft (der Dachfonds/Feeder-Fonds) hiernach regelmäßig keinen Einfluss auf die Investitionsstrategie und einhergehende Anlageentscheidungen bei der Untergesellschaft (den Zielfonds/Master-Fonds) nehmen kann.40 Auch bezüglich der Doppelstockmodelle bleibt zu hoffen, dass die BaFin die skizzierten Voraussetzungen nicht schematisch zur Anwendung bringt, sondern im Einzelfall eine Abwägung unter Berücksichtigung des jeweiligen Geschäftsmodells des AIF vornehmen wird. Denn es ist zwar aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Wahrung einer einheitlichen Verwaltungspraxis sowie zur Vorbeugung von Missbrauch konsequent, die bloße gesellschaftsrechtliche Einflussnahmemöglichkeit ausreichen zu lassen, um eine getätigte Anlage auf unterer Ebene dem (mittelbar) mehrheitlich beteiligten AIF zuzurechnen. Dies sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass in vielen Fällen die zentrale Investitionsentscheidung auf der oberen Ebene des AIF bereits lange vor dem 22.7.2013 getroffen wurde, nämlich in Form des Kapitalzuflusses in die gegründete Zweckgesellschaft und deren Inbetriebnahme einer durch den Gesellschaftsvertrag und/oder anderweitige Verträge eng eingegrenzten Geschäftstätigkeit.41 Hier sollte nicht die bloße gesellschaftsrechtliche Einflussnahmemöglichkeit entscheidend sein, sondern im Einzelfall geprüft werden, inwieweit spätere Anlageentscheidungen auf Ebene der Zweckoder Zielgesellschaft die eigenständige Ausführung eines ursprünglich eingeräumten und nach dem 22.7.2013 nicht mehr abgeänderten Ermessensspielraumes darstellen. Nur wenn der AIF tatsächlich von der Einflussnahmemöglichkeit Gebrauch macht und etwa konkret durch einen Gesellschafterbeschluss auf Ebene der Zweck- oder Zielgesellschaft die Anlageentscheidung (mit-)bestimmt, sollte eine Zurechnung erfolgen. 42 Das Gleiche müsste natürlich bei Personenidentität zwischen den Geschäftsführern beispielsweise der Komplementär-GmbH des AIF und denjenigen der Zweck- oder Zielgesellschaft gelten.43 Die von der BaFin angeführten Beispiele orientieren sich stark an Fonds, die in Sachwerte – insbesondere in Immobilien – investiert sind. Das ist in Anbetracht der Bedeutung dieser Produktgruppe nachvollziehbar. Es erschwert aber die Übertragung der Abgrenzungskriterien auf andere Fondsmodelle wie beispielsweise Kapitallebensversi-

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39 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. i). 40 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 5 lit. j). 41 Ähnlich Voigt/Busse BKR 2013 188, die ebenfalls darauf abzustellen scheinen, wer rein tatsächlich die Anlageentscheidung im Rahmen der Portfolioverwaltung trifft. 42 Ebenso Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt § 353 Rn. 49; a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/ Paul, 2. Aufl. 2017, § 353 Rn. 26 sowie Moritz/Klebeck/Jesch/Stoschek/Rinas/Windszus KAGB, § 353 Rn. 53. 43 Voigt/Busse BKR 2013 188.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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cherungszweitmarktfonds. Die betroffenen Fonds sind gezwungen, auf der Wertungsebene Vergleiche zu den Fallgruppen der BaFin anzustellen, um Investitionen ab dem 22.7.2013 als werterhaltende Maßnahmen zu klassifizieren. Es ist zu hoffen, dass die BaFin hier mit Nachsicht agiert und die FAQ Übergangsbestimmungen im Laufe der Zeit um weitere Anwendungsbeispiele ergänzt. 2. Keine Infizierung übriger geschlossener AIF der KVG. Der Gesetzgeber hatte ursprünglich im Entwurf des KAGB vorgesehen, dass der Bestandsschutz nur dann greift, wenn die KVG ausschließlich geschlossene AIF verwaltet, die die Voraussetzungen von § 353 Abs. 1 erfüllen.44 Dies hätte dazu geführt, dass bereits ein einziger anderweitig von der KVG verwalteter geschlossener AIF, der keinen Bestandsschutz genießt, die übrigen geschlossenen AIF infiziert und das KAGB zur vollen Anwendung gebracht hätte. Insbesondere unter Hinweis auf die europäische Vorgabe aus Art. 61 Abs. 3 AIFMRichtlinie, der ein solches einschränkendes Tatbestandsmerkmal nicht kennt, hat der Gesetzgeber diesen Gedanken wieder verworfen. Die BaFin hat in den FAQ Übergangsbestimmungen erläutert, inwieweit Wechselwirkungen zu beachten sind, wenn die KVG sowohl bestandsgeschützte geschlossene AIF als auch sonstige Alt-Fonds verwaltet.45 Grundsätzlich infiziert demnach ein geschlossener AIF, der nicht tatbestandsmäßig im Sinne von § 353 Abs. 1 ist, zumindest die verwaltende KVG. Diese hat eine Erlaubnis zu beantragen oder sich zu registrieren und in Bezug auf den betreffenden AIF die Vorschriften des KAGB zu beachten. Bei der Frage, ob sich die KVG registrieren darf, weil sie sich auf die Ausnahmevorschriften nach § 2 Abs. 4 bis 5 berufen kann, sind die Bestandsschutz genießenden AIF nicht in die Berechnung der Schwellenwerte einzubeziehen.46 Der geschlossene AIF, der nicht tatbestandsmäßig im Sinne von § 353 Abs. 1 ist, infiziert jedoch nicht diejenigen Fonds seiner KVG, welche Bestandsschutz genießen. Diese bestandsgeschützten Fonds müssen nicht die Produktvorschriften des KAGB beachten. Sie bedürfen beispielsweise keiner Verwahrstelle. Weiterhin muss auch die KVG in Bezug auf diese bestandsgeschützten Fonds nicht ihren Pflichten nach KAGB entsprechen. Weder hat die KVG ein AIF-spezifisches Risikomanagement zu installieren, noch muss sie etwa Vorschriften zur Auslagerung nach § 36 beachten oder Veröffentlichungspflichten nachkommen. Einschränkend führt die BaFin jedoch an, dass die KVG auf Ebene der Verwaltungsgesellschaft ein umfassendes Risikomanagement durchzuführen hat. Ein solches ist aber nur belastbar, wenn zur Messung und Steuerung der Gesamtrisiken der KVG auch die Bestandsschutz genießenden Alt-Fonds berücksichtigt werden. Gleiches gilt laut BaFin für die Berechnung der Eigenmittel der Gesellschaft.47

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II. Bestandsschutz für ausländische/EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften (Absatz 2) § 353 Abs. 2 enthält die zu Absatz 1 korrelierende Regelung in Bezug auf solche in- 37 ländischen geschlossenen AIF, die durch ausländische oder EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften im Inland verwaltet werden. Sofern diese Verwaltungsgesellschaften in ihrem Herkunftsstaat – etwa wegen dort ebenfalls greifendem Bestandsschutz – keiner Erlaub-

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Hierzu ausführlich Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt Investment, 405 § 353 Rn. 43. BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 2. BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 2. BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 2.

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§ 353

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

nis oder Registrierung im Zuge der Umsetzung der AIFM-Richtlinie bedürfen und im Inland ausschließlich solche geschlossenen AIF verwalten, die die Voraussetzungen des § 353 Abs. 1 wahren, müssen die betreffenden Verwaltungsgesellschaften keine Anpassung an die Vorgaben des KAGB vornehmen. Für die betreffende Verwaltungsgesellschaft und ihre Alt-Fonds gilt dann weiterhin die Rechtslage vor Inkrafttreten des KAGB. Eine entsprechende Übergangsvorschrift findet sich in § 32 Abs. 5 VermAnlG. III. Bestandsschutz bei 2016 auslaufenden geschlossenen AIF (Absatz 3) 1. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften (Satz 1) a) Voraussetzungen des Bestandsschutzes. Um in den Anwendungsbereich der Bestandsschutzregelung des § 353 Abs. 3 zu gelangen, darf eine KVG ausschließlich geschlossene AIF verwalten, deren Zeichnungsfrist für Anleger vor Inkrafttreten der AIFMRichtlinie, also vor dem 21.7.2011, ablief und die für einen Zeitraum aufgelegt wurden, der spätestens am 21.7.2016 endet. Der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass für die Bestimmung der Restlaufzeit von 39 drei Jahren das Datum maßgeblich ist, das bei der Auflage des Fonds prognostiziert und prospektiert wurde. Etwaige Verzögerungen, die beispielsweise anlässlich des geplanten Liquidationsszenarios eines AIF entstehen, können den Bestandsschutz nicht beeinträchtigen, selbst wenn die Restlaufzeit faktisch über den 22.7.2016 hinausreicht.48 Die Liquidation des AIF muss jedoch spätestens zum 22.7.2016 eingeleitet worden sein.49

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b) Tätigen zusätzlicher Anlagen. Es stellt sich die Frage, ob hierunter auch Fonds fallen, die nach dem 21.7.2013 zusätzliche Anlagen tätigen. Dafür spricht einerseits der Wortlaut, der eine Verwaltung zulässt und keine weiteren Einschränkungen formuliert. Hierfür spricht ferner auch der Telos der Norm. Denn die Gewähr des Bestandsschutzes wird in § 353 Abs. 3 an den Umstand geknüpft, dass der AIF sich bereits kurz vor dem Ende seiner Laufzeit befindet. Es wäre unverhältnismäßig, dem AIF bzw. der AIF-KVG für das verbleibende Zeitfenster von 3 Jahren eine Umstellung auf die Vorgaben des KAGB aufzuerlegen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass geschlossene AIF, die typischerweise Laufzeiten von weit über 10 Jahren haben, sich zwischen 2013 und 2016 bereits im ausinvestierten Zustand befinden werden und es auch vor diesem Hintergrund keinen Sinn macht, die umfassende Geltung des KAGB anzuordnen. Auch eine systematische Auslegung spricht für dieses Ergebnis. Denn dürften die 41 unter § 353 Abs. 3 fallenden Fonds keine zusätzlichen Anlagen tätigen, wäre § 353 Abs. 2 beziehungsweise der ihr zu Grunde liegende Art. 61 Abs. 4 AIFM-RiLi ohne eigenen Anwendungsbereich. Der Bestandsschutz würde dann bereits – und zwar in noch umfassenderem Maße – durch § 353 Abs. 1 respektive Art. 61 Abs. 3 AIFM-RiLi gewährt.

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c) Umfang des Bestandsschutzes. Sofern die geschlossenen AIF die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen, gilt für sie größtenteils weiterhin die Rechtslage, wie sie sich vor Inkrafttreten des KAGB darstellte. Hierbei wird es sich bei geschlossenen AIF regelmäßig um die fortwährende Geltung des Vermögensanlagegesetzes handeln. Entsprechend findet sich zur Klarstellung eine korrespondiere Übergangsvorschrift in § 32 Abs. 6 VermAnlG.

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48 Ebenso Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann/Jesch AIFM, Art. 61 Rn. 24; Beckmann/Scholtz/Vollmer/ Busse/Voigt § 353 Rn. 53. 49 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 6.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 353

Trotz des Bestandsschutzes ordnet der Gesetzgeber in § 353 Abs. 3 die partielle An- 43 wendung von Vorschriften des KAGB an, die die fortgeltende alte Rechtslage an der entsprechenden Stelle verdrängen. Bei diesen Vorschriften des KAGB handelt es sich um solche zur Rechnungslegung (§§ 67, 148, 158) sowie zur Ausübung der Kontrolle über nicht börsennotierte Unternehmen (§§ 287–292). Der Gesetzgeber war wegen der europäischen Vorgabe in Art. 61 Abs. 4 AIFM-Richtlinie angehalten, diese Vorschriften trotz Bestandsschutzes für anwendbar zu erklären. Es findet keine Infizierung der übrigen geschlossenen AIF einer KVG statt, wenn 44 einzelne geschlossene Fonds die Bestandsschutzvoraussetzungen nicht erfüllen. Dies bringen der Wortlaut der europäischen Ausgangsnorm in Art. 61 Abs. 4 AIFM-Richtlinie sowie derjenige von § 32 Abs. 6 VermAnlG eindeutig zum Ausdruck. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Auffassung der BaFin zur gleichgelagerten Problematik bei § 353 Abs. 1.50 Entgegen dem Wortlaut der Norm wird auch die KVG nicht infiziert, wenn sie nicht 45 ausschließlich AIF verwaltet, die Bestandsschutz nach § 353 genießen. In Bezug auf einen AIF, der die Voraussetzungen von § 353 Abs. 3 erfüllt, bleibt es folglich für die KVG bei der eingeschränkten Anwendung des KAGB, selbst wenn sie bezüglich anderer Fonds weitergehende Pflichten zu berücksichtigen hat. 2. Ausländische/EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften (Satz 2). Nach § 353 Abs. 3 46 Satz 2 greift der Bestandsschutz in selbem Maße bei solchen inländischen geschlossenen AIF, die durch ausländische oder durch EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften verwaltet werden, sofern diese AIF ebenfalls die Voraussetzungen von 353 Abs. 3 Satz 1 erfüllen. IV. Partieller Bestandsschutz für platzierte „aktive“ Alt-Fonds (Absätze 4 und 5) Ergänzend zu den europäisch vorgegebenen Übergangsregelungen für geschlossene 47 AIF, die sich im Wesentlichen in § 353 Abs. 1, 2 und 3 niederschlagen, hat der Gesetzgeber bei der Umsetzung zusätzlich in § 353 Abs. 4 und 5 Bestandsschutzregelungen auf Fonds-Ebene51 geschaffen, die einzelne „aktive“, sich noch in der Investitionsphase befindende AIF von bestimmten nationalen Produktregelungen ausnehmen. Hintergrund ist, dass diese geschlossenen AIF andernfalls beispielsweise wegen des nunmehr herrschenden Rechtsformzwangs52 ggf. ihre Rechtsform sowie wegen neuer Vorgaben zur zulässigen Risikomischung auch ihre Anlagestrategie ändern müssten. Da eine solch tiefgreifende Produktumstrukturierung in der fortgeschrittenen Phase eines Fondslebenszyklus unverhältnismäßig sein kann, hat der nationale Gesetzgeber von seinem Umsetzungsspielraum Gebrauch gemacht und nur die zwingenden Vorgaben der AIFMRichtlinie für anwendbar erklärt.53

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50 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 2; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt § 353 Rn. 60 sowie Moritz/Klebeck/Jesch/Stoschek/Rinas/Windszus KAGB, § 353 Rn. 77, 86; a.A. Weitnauer/Boxberger/Anders/Paul, 2. Aufl. 2017, § 353 Rn. 42, 50. 51 Regelungsadressat der Vorschrift ist zwar die KVG. Die von der KVG einzuhaltenden Vorschriften betreffen jedoch insbesondere die Gestaltung des AIF, so dass die Regelung von ihrer Zielrichtung die Fonds im Blick hat. Ebenso Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 6, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 306. 52 Während vor dem 22.7.2013 keine gesetzlichen Vorgaben zur Rechtsform geschlossener Fonds existierten, sind künftig gemäß § 139 nur noch die Investmentkommanditgesellschaft sowie die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital zulässig. 53 Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 4, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 305.

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Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

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1. Bei geschlossenen AIF erlaubnispflichtiger KVG. § 353 Abs. 4 gilt für jene geschlossenen inländischen AIF, die von einer erlaubnispflichtigen KVG verwaltet werden.

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a) Voraussetzungen des Bestandsschutzes. Um in den Genuss des partiellen Bestandsschutzes nach § 353 Abs. 4 zu gelangen, muss die Zeichnungsfrist des betreffenden geschlossenen AIF vor dem 22.7.2013 abgelaufen sein, so dass der AIF bereits beim Anlegerpublikum platziert wurde. Weiterhin fordert § 353 Abs. 4 Satz 1, dass der betreffende AIF ab dem 21.7.2013 weiterhin Anlagen tätigt, was jedoch weniger eine konstitutive Tatbestandsvoraussetzung als vielmehr eine Frage des einschlägigen Bestandsschutzumfangs ist und der Abgrenzung der einzelnen Absätze von § 353 dient.

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b) Umfang des Bestandsschutzes. Ab Eingang des Erlaubnisantrags gemäß § 22, welchen die KVG binnen Jahresfrist bis zum 21.7.2014 gemäß §§ 353 Abs. 7, 343 Abs. 1 zu stellen hat, findet auf die platzierten geschlossenen AIF, die weitere Anlagen tätigen, nur der reduzierte Pflichtenkatalog Anwendung, wie er in § 353 Abs. 4 Satz 1 abgebildet ist.54 So hat der betreffende AIF der KVG beispielsweise weder den Rechtsformzwang aus § 139 noch die Vorgabe der Risikomischung aus § 262 zu berücksichtigen. Die KVG hat ferner für die betreffenden Alt-Fonds eine Verwahrstelle zu beauftragen und ein Risikomanagement einzurichten. Für jene geschlossenen AIF, die vor dem 22.7.2013 als Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG qualifizierten, enthält § 32 Abs. 7 VermAnlG die korrelierende Bestandsschutzregelung. Der Umfang des in § 353 Abs. 4 Satz 1 geregelten Bestandsschutzes wurde nachträg51 lich durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz erweitert bzw. präzisiert. Hintergrund ist, dass im OGAW-V-Umsetzungsgesetz Regelungen für eine Darlehensvergabe durch Investmentvermögen aufgenommen wurden.55 Nachdem die BaFin ursprünglich die Auffassung vertreten hatte, eine solche Darlehensvergabe beurteile sich nach dem KWG und sei daher mit Ausnahme von Gesellschafterdarlehen grundsätzlich unzulässig, kündigte die BaFin mit Schreiben56 vom 12.5.2015 eine Änderung ihrer Verwaltungspraxis an.57 Anlass der geänderten Einschätzung waren entsprechende Regelungen in den europäischen Verordnungen (EU) Nr. 345/2013 (EuVECA), Nr. 346/2013 (EuSEF) und Nr. 2015/ 760 (ELTIF), die ebenfalls auf geschlossene AIF anwendbar sind. In diesen Verordnungen wird die Vergabe von Darlehen durch AIF als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung eingestuft. Der Gesetzgeber nimmt zwar die neuen Vorgaben zur Vergabe von Darlehen für Rechnung eines AIF in den reduzierten Pflichtenkatalog des § 353 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 mit auf. Der Gesetzgeber erkennt gleichwohl, dass die in § 353b aufgenommene Übergangsregelung für die Anwendung der neuen Vorgaben zur Vergabe von Darlehen keinen hinreichenden Bestandsschutz gewährleistet. Denn § 353b nimmt lediglich bis zum 18.3.2016 gewährte Darlehen aus dem Anwendungsbereich der neuen Vorgaben heraus. Nach diesem Zeitpunkt gelten die neuen Vorgaben des KAGB bei Darlehensvergabe für Rechnung eines AIF umfassend. § 353 Abs. 4 wurde jedoch geschaffen, um solche geschlossene inländische Publikums-AIF, die beim Inkrafttreten des KAGB bereits

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54 Ausführlich hierzu Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt § 353 Rn. 67 ff. 55 Zur Einführung sog. Kreditfonds durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz Zander DB 2016 331; Kraushaar BKR 2017 496. 56 BaFin Schreiben „Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“ v. 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001. 57 Zum BaFin Schreiben v. 12.5.2015 ausführlich Jesch/Härtwig DStR 2015 2312.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 353

beim Anlegerpublikum platziert waren, auch nach Inkrafttreten des KAGB weiterhin das Verfolgen ihrer vorgesehenen Anlagestrategie zu ermöglichen. Daher gewährt § 353 Abs. 4 Satz 1 Hs. 2 eine weitergehende Bestandsschutzregelung 52 für Gesellschafterdarlehen als es § 353b vorsieht. Hiernach gilt, dass geschlossene inländische AIF, die bereits vor dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes zum 18.3.2016 Gesellschafterdarlehen vergeben durften, dies auch weiterhin dürfen, ohne die neuen Vorgaben des § 285 Abs. 3 einhalten zu müssen. Um Umgehungen zu vermeiden, soll eine Vergabe von Gesellschafterdarlehen aber nur in dem Rahmen möglich sein, der bereits vor dem 18.3.2016 in dem Gesellschaftsvertrag oder einer sonstigen Vereinbarung, die das Rechtsverhältnis zwischen den Anlegern und dem AIF regelt, in rechtlich zulässiger Weise vorgegeben wurde. Inländischen AIF, die § 353 Abs. 4 Satz 1 unterfallen, ist es damit nicht möglich, ab dem 18.3.2016 durch Erweiterung des vertraglichen Rahmens für Gesellschafterdarlehen im Gesellschaftsvertrag oder den sonstigen relevanten Vereinbarungen in den Anwendungsbereich des § 353 Abs. 4 Satz 1 Hs. 2 zu gelangen.58 Vielmehr greift in diesen Fällen die allgemeine Übergangsvorschrift des § 353b. c) Inländische Spezial-AIF von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften. Gemäß § 353 53 Abs. 4 Satz 5 ist die Regelung entsprechend auf solche geschlossenen inländischen Spezial-AIF anzuwenden, die von EU-AIF-Verwaltungsgesellschaften verwaltet werden. 2. Bei geschlossenen AIF registrierungspflichtiger KVG. § 353 Abs. 5 bildet das 54 Pendant zu § 353 Abs. 4 für jene geschlossenen inländischen AIF, die von einer registrierungspflichtigen KVG im Sinne von § 2 Abs. 5 verwaltet werden.59 Die übrigen Ausnahmetatbestände nach § 2 Abs. 4 und Abs. 4a, die lediglich einer Registrierung bedürfen, werden in § 353 Abs. 4 explizit vom Bestandsschutz ausgenommen. Da für diese ohnehin keine fonds- oder vertriebsbezogenen Pflichten des KAGB für anwendbar erklärt werden, bedarf es auch keiner Übergangsregelungen. a) Voraussetzungen des Bestandsschutzes. Um in den Genuss des partiellen Be- 55 standsschutzes nach § 353 Abs. 5 zu gelangen, muss die Zeichnungsfrist des betreffenden geschlossenen AIF vor dem 22.7.2013 abgelaufen sein, so dass der AIF bereits beim Anlegerpublikum platziert wurde. Weiterhin fordert § 353 Abs. 5 Hs. 1, dass der betreffende AIF ab dem 21.7.2013 weiterhin Anlagen tätigt, was jedoch weniger eine konstitutive Tatbestandsvoraussetzung als vielmehr eine Frage des einschlägigen Bestandsschutzumfangs ist und der Abgrenzung der einzelnen Absätze von § 353 dient. b) Umfang des Bestandsschutzes. Ab Eingang des Registrierungsantrags gemäß 56 § 44, welchen die KVG binnen Jahresfrist bis zum 21.7.2014 gemäß §§ 353 Abs. 7, 343 Abs. 1 zu stellen hat, findet auf die platzierten geschlossenen AIF, die weitere Anlagen tätigen, nur der reduzierte Pflichtenkatalog Anwendung, wie er in § 353 Abs. 5 abgebildet ist. So hat der betreffende AIF der KVG beispielsweise nicht die §§ 261–270, die §§ 293, 295, 297, die §§ 300–306 sowie die §§ 314, 316 zu beachten.60

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58 Bericht des Finanzausschusses zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/7393 S. 78. 59 Der Gesetzeswortlaut enthielt ursprünglich den fehlerhaften Verweis auf § 2 Abs. 5 Satz 1. Richtigerweise hätte eine Rechtsgrundverweisung auf § 2 Abs. 5 Satz 2 erfolgen müssen. Der Gesetzgeber hat diesen Fehler im Zuge des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes behoben, indem nur noch der Absatz der Vorschrift und nicht auch der jeweilige Satz in Bezug genommen wird. 60 Ausführlich hierzu Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt § 353 Rn. 85 ff.

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Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

In Abweichung zum Bestandsschutzumfang für geschlossene AIF erlaubnispflichtiger KVG werden geschlossene AIF einer registrierungspflichtigen KVG jedoch nicht ausnahmslos in ihrer bestehenden Rechtsform geschützt. Denn der Pflichtenkatalog in § 353 Abs. 5 Hs. 1 verweist auf die Vorschrift des § 44 in Gänze, so dass auch der Rechtsformzwang aus § 44 Abs. 1 Nr. 7 Anwendung findet. Demnach dürfen AIF nur in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft aufgelegt werden, bei der persönlich haftender Gesellschafter ausschließlich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, und bei der die Nachschusspflicht der Anleger ausgeschlossen ist. War der bereits platzierte geschlossene inländische AIF folglich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausgestaltet, muss eine Rechtsformänderung vorgenommen werden.

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3. Änderungen durch das FinMarktAnpG. Durch die nachträgliche Abänderung der Definition des geschlossenen AIF durch die Delegierte Verordnung Nr. 694/2014 sah sich der nationale Gesetzgeber gezwungen, den Umfang des partiellen Bestandsschutzes im Rahmen von § 353 Abs. 4 und Abs. 5 abzuändern. Dies hat er im FinMarktAnpG umgesetzt. Zunächst hat der Gesetzgeber durch den kryptischen61 Einschub in § 353 Abs. 4 59 Satz 2 sowie in § 353 Abs. 5 Satz 2 klarzustellen versucht, dass die Definition eines geschlossenen AIF in § 352a grundsätzlich auch für die Vorschriften gilt, die gemäß § 353 Abs. 4 Satz 1 und § 353 Abs. 5 Satz 1 entsprechende Anwendung finden sollen.62 Denn prinzipiell erstreckt sich der Anwendungsbereich der speziellen Definition des geschlossenen AIF in § 352a nur auf § 353. Der Gesetzgeber grenzt die Anwendbarkeit der Definition eines geschlossenen AIF 60 im Sinne von § 352a auf die angeführten Vorschriften in § 353 Abs. 4 Satz 1 und § 353 Abs. 5 Satz 1 in einem zweiten Schritt jedoch wieder ein. Demnach hat sich der geschlossene AIF trotz des partiellen Bestandsschutzes zumindest in Bezug auf die Vorschriften zum Liquiditätsmanagement sowie zur Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände abweichend von §§ 30, 272, 286 Abs. 2 wie ein offener AIF behandeln zu lassen, wenn er lediglich die Voraussetzungen von § 352a und nicht diejenigen der neuen Definition in § 1 Abs. 5 erfüllt. Hintergrund dieser Einschränkung ist, dass der nationale Gesetzgeber in puncto Liquiditätsmanagement und Bewertungsfrequenz die zwingenden Vorgaben der AIFM-RL unter Einbeziehung der neuen Definition für geschlossene AIF berücksichtigen musste und ihm kein weiterer Ermessensspielraum verblieb.63 V. Übergangsregelung für geschlossene AIF in der Vertriebsphase (Absatz 6) 61

§ 353 Abs. 6 enthält keine Bestandsschutzregelung sondern lediglich eine Übergangsregelung für all jene geschlossenen AIF, die nicht von den Ausnahmeregelungen der Absätze 1 bis 5 Gebrauch machen können. Die KVG hat binnen Jahresfrist dafür Sorge zu tragen, dass die betreffenden Fonds auf die Anforderungen des KAGB umgestellt werden.

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61 Die Formulierung ist unverständlich. Die Bezugnahme auf „diese Vorschriften“ hätte konkretisiert werden sollen. Gemeint sind wohl die Übergangsvorschriften bzw. diejenigen Vorschriften, für welche die Definition eines geschlossenen AIF im Sinne von § 352a gilt. 62 Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 4, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 53. 63 Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 4, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 53.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

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1. Tatbestandsvoraussetzung: geschlossener AIF in Vertriebsphase. Die Rege- 62 lung betrifft jene geschlossenen Fonds, die zwar vor dem 22.7.2013 aufgelegt wurden, deren Zeichnungsfrist jedoch über den Stichtag hinaus andauert und die naturgemäß in der darauf folgenden Investitionsphase aktiv Anlagen tätigen. Regelungsadressat der Vorschrift ist eigentlich die KVG, die geschlossene AIF des 63 betreffenden Typs verwaltet. Die KVG muss sich jedoch ohnehin umfassend an die Vorgaben des KAGB anpassen, soweit sie nicht ausschließlich Fonds verwaltet, die von den Bestandsschutzregelungen Gebrauch machen können. § 353 Abs. 6 ist daher fondsbezogen zu lesen, da die Regelung primär der Abgrenzung zu § 353 Abs. 4 dient, der bei Auslaufen der Zeichnungsfrist vor dem 22.7.2013 den betreffenden AIF partiellen Bestandsschutz gewährt. 2. Rechtsfolge: entsprechende Anwendung von § 351. Als Rechtsfolge verweist 64 § 353 Abs. 6 Satz 1 auf § 351, der die Übergangsregelung für solche offenen AIF und deren KVG enthält, die nicht bereits durch das Investmentgesetz erfasst waren. Die entsprechende Anwendung der originär für offene AIF konzipierten Vorschrift, wirft diverse Auslegungsfragen auf.64 Diesen Bedenken ist teilweise durch eine Abänderung der korrespondierenden Übergangsvorschrift in § 32 Abs. 8 VermAnlG im laufenden Gesetzgebungsverfahren65 sowie durch eine klärende Erläuterung der BaFin in den FAQ Übergangsvorschriften66 Rechnung getragen worden. Gleichwohl verbleiben Unstimmigkeiten. So berücksichtigt § 351 beispielsweise nicht die (terminologischen) Besonderheiten, um sog. kleine KVG tatbestandsmäßig zu erfassen, die lediglich eine Registrierung nach den § 2 Abs. 4 bis 5 anstreben. Denn diese Registrierungsvorschriften betreffen die Verwaltung geschlossener AIF, während § 351 als Vorschrift für offene AIF konzipiert wurde. Wenn daher in § 351 an einzelnen Stellen maßgeblich auf den Erlaubnisantrag abgestellt wird, ist die Regelung für die kleine KVG entsprechend anwendbar und alternativ auf den Registrierungsantrag abzustellen.67 Die KVG, die geschlossene AIF verwaltet, welche nicht dem Bestandsschutz unterfal- 65 len, muss daher die Anlagebedingungen der AIF an den Inhalt und die Terminologie des KAGB anpassen, beziehungsweise solche Anlagebedingungen erstmals entwerfen, sowie von der BaFin genehmigen lassen und diese zwecks Inkrafttretens veröffentlichen, § 351 Abs. 1 i.V.m. § 353 Abs. 6 Satz 1. Hierbei ist die Jahresfrist zu wahren, § 351 Abs. 1 Satz 1 HS 2. Die bereits aufgelegten geschlossenen AIF müssen überdies an die Produktvorschrif- 66 ten gemäß §§ 261 ff. (für geschlossene Publikums-AIF) angepasst werden, so dass es beispielsweise einer Änderung der Rechtsform oder der Veräußerung bereits erworbener Vermögensgegenstände bedarf, wenn diese nicht Investitionsgegenstand sein dürfen oder der Grundsatz der Risikomischung verletzt würde. Auch diese Umstellung hat binnen Jahresfrist zum 21.7.2014 zu erfolgen. Gleichwohl deutet die BaFin in den FAQ Übergangsvorschriften an, Fristüberschreitungen im Einzelfall (bis maximal zum 21.1.2015) zu tolerieren, wenn dies im Interesse der Anleger geboten erscheint. Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn die fristgemäße Veräußerung von Vermögensgegenständen, in die der AIF gemäß KAGB nicht mehr investieren darf, nicht oder nur mit hohen Abschlä-

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64 Siehe Voigt/Busse BKR 2013 188 ff. 65 Beschluss des Finanzausschusses zum AIFM-UmsG vom 10.5.2013, BTDrucks. 17/13395 S. 357 f. und 411 f. 66 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 7. 67 Beckmann/Scholtz/Vollmer/Busse/Voigt § 353 Rn. 110, 121 und 130.

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§ 353

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

ge zu realisieren wäre.68 Die BaFin stellt jedoch auch klar, dass der geschlossene AIF abzuwickeln ist, wenn die (fristgemäße) Anpassung an die Vorgaben des KAGB nicht möglich ist.69 67

3. Änderungen durch das FinMarktAnpG. Durch die nachträgliche Abänderung der Definition des geschlossenen AIF durch die Delegierte Verordnung Nr. 694/2014 sah sich der nationale Gesetzgeber gezwungen, die Übergangsregelung in § 353 Abs. 6 anzupassen. Diese Ergänzung wurde durch das FinMarktAnpG zum 19.7.2014 umgesetzt. Die inhaltlichen Änderungen entsprechen im Wesentlichen denjenigen bei § 353 Abs. 4 und Abs. 5.70 VI. Übergangsregelung der AIF-KVG (Absatz 7)

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Soweit nicht alle von einer AIF-KVG verwalteten geschlossenen AIF unter die Bestandsschutzregelungen der Absätze 1 bis 3 fallen, hat sich die KVG binnen einen Jahres KAGB konform aufzustellen. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik der Übergangsvorschriften, denen § 343 als AT-Regelung vorangestellt wurde, so dass § 343 Abs. 1 auch auf die AIF-KVG Anwendung findet, die geschlossene AIF verwaltet. Der Gesetzgeber hat dies jedoch durch 353 Abs. 7 klarstellend statuiert.71 VII. Partieller Bestandsschutz bei Vertrieb gemäß Prospektrichtlinie (Absatz 8)

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In § 353 Abs. 8 hatte der Gesetzgeber ursprünglich den Regelungsgehalt aus Art. 61 Abs. 2 AIFM-Richtlinie umgesetzt. Im Gesetzentwurf fand sich anfänglich eine zu weit geratene Formulierung,72 die selbst den laufenden Vertrieb mittels Prospekt nach Vermögensanlagengesetz privilegiert hätte. Dies führte zu systematischen Unstimmigkeiten mit anderen Vorschriften des Gesetzentwurfes.73 Nach der Abänderung durch den Finanzausschuss74 stellt die Regelung nunmehr eine 1 : 1-Umsetzung der europäischen Vorgabe dar. Demnach galten nach § 353 Abs. 8 bestimmte Vertriebsvorgaben des KAGB, wie etwa die Durchführung eines Vertriebsanzeigeverfahrens, dann nicht, wenn der betreffende AIF bereits vor dem 22.7.2013 Gegenstand eines laufenden öffentlichen Angebots unter Verwendung eines Prospektes gemäß der Prospektrichtlinie75 war. Da die Prospektrichtlinie in Deutschland im Wertpapierprospektgesetz umgesetzt wurde, das galt vor allem für dort erfasste prospektpflichtige Anlagen nach Wertpapierprospektgesetz, welche nunmehr ab dem 22.7.2013 als Investmentvermögen im Sinne des KAGB qualifizierten. Die KVG konnte die betreffenden AIF folglich durchgängig nach altem Vertriebsregime anbieten, ohne etwa das zwangsläufig eine Vertriebsunterbrechung76 verursachende Anzeigeverfahren durchlaufen zu müssen.

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68 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 8. 69 BaFin FAQ Übergangsbestimmungen, Ziffer III. Nr. 8. 70 Siehe die Ausführungen bei Rn. 56. 71 Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 7, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 306. 72 Jedes öffentliche Angebot unter Verwendung eines Prospektes nach geltendem Prospektrecht sollte Bestandsschutz genießen. 73 Hierzu Voigt/Busse BKR 2013 190 f. 74 Beschluss des Finanzausschusses zum AIFM-UmsG vom 10.5.2013, BTDrucks. 17/13395 S. 349 und 411. 75 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist. 76 Zu dieser Problematik Voigt/Busse BKR 2013 189 f.

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 353

§ 353 Abs. 8 wurde im Zuge der partiellen Umsetzung der im Übrigen unmittelbar gel- 70 tenden europäischen Verbriefungs-VO76a durch das Finanzmarktanpassungsgesetz76b mit Wirkung zum 21.7.2019 aufgehoben. Die Regelung hat sich durch Zeitablauf erledigt.76c VIII. Bestandsschutz für geschlossene AIF alter KAGB-Definition (Absatz 9) Der durch das FinMarktAnpG neu angefügte § 353 Abs. 9 gewährt solchen geschlossenen AIF partiellen Bestandsschutz, die im Vertrauen auf die alte Definition des geschlossenen AIF nach Inkrafttreten des KAGB am 22.7.2013 und vor Inkrafttreten des das Vertrauen beseitigende FinMarktAnpG am 19.7.2014 aufgelegt wurden und zumindest die Voraussetzungen von § 352a erfüllen. Zeitlich genügt es, wenn spätestens am 18.7.2014 ein Anleger dem AIF beigetreten ist, um noch in den Genuss des Bestandsschutzes zu gelangen.77 Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines solchen AIF vor, wird er gemäß § 353 Abs. 9 Satz 1 auch neben dem Anwendungsbereich der Übergangsregelungen in den übrigen Vorschriften des KAGB als ein solcher des geschlossenen Typs behandelt, obwohl seine Gesellschaftsverträge ggf. ein ordentliches Kündigungsrechte vor der Liquidationsphase einräumen und der Fonds dadurch eigentlich gemäß neuer Definition als offener AIF einzuordnen wäre. § 353 Abs. 9 Satz 2 enthält eine Rückausnahme von dieser Bestandsschutzregelung. Demnach hat sich der geschlossene Fonds zumindest in Bezug auf die Vorschriften zum Liquiditätsmanagement sowie zur Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände abweichend von §§ 30, 272, 286 Abs. 2 wie ein offener AIF behandeln zu lassen. Hintergrund dieser Rückausnahme ist, dass der nationale Gesetzgeber diesbezüglich die zwingenden Vorgaben der AIFM-RL unter Einbeziehung der neuen Definition für geschlossene AIF berücksichtigen musste und ihm kein weiterer Ermessensspielraum verblieb.78 Ferner wird in § 353 Abs. 9 Satz 2 zwangsläufig § 161 Abs. 1 für unanwendbar erklärt, da das dort geregelte Verbot der ordentlichen Kündigung durch einen Anleger nicht zu der Definition der geschlossenen AIF nach Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 passt. Bei diesen Fonds ist die ordentliche Kündigung lediglich in den ersten fünf Jahren nach Auflage des AIF ausgeschlossen.

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IX. Auflage vor dem 19.7.2014 als Grenze des Vertrauensschutzes (Absatz 10) § 353 Abs. 10 nimmt eine Abgrenzung vor, ab welchem Zeitpunkt ein inländischer 75 geschlossener AIF in den Genuss von Bestandsschutz kommt und wie mit Genehmigungs- und Registrierungsbemühungen zu verfahren ist, die zwar nach Inkrafttreten des KAGB eingeleitet, dann aber nicht vor Inkrafttreten des FinMarktAnpG am 19.7.2014 zum Abschluss gebracht wurden. Letztlich wird hier eine Wertung des Gesetzgebers vorgenommen. Schützenswertes Vertrauen ergibt sich nicht bereits durch das Einreichen der

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76a Verordnung (EU) 2017/2402 des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012; hiernach Verbriefungs-VO. 76b Gesetz zur Anpassung von Finanzmarktgesetzen an die Verordnung (EU) 2017/2402 und an die durch die Verordnung (EU) 2017/2401 geänderte Verordnung (EU) Nr. 575/2013, BGBl. I v. 21.12.2018, S. 2626. 76c Gesetzesbegründung FinanzmarktanpassungsG, BT-Drucks. 19/8005 S. 68. 77 Siehe zu den Voraussetzungen der Auflage im Sinne von § 343 Abs. 4 die dortige Kommentierung bei Rn. 35 ff. 78 Gesetzesbegründung zu § 353 Abs. 9, FinMarktAnpG, BTDrucks. 18/1305 S. 53.

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§ 353

Besondere Übergangsvorschriften für AIF-Verwaltungsgesellschaften

Anträge und Veranlassung aller in der Sphäre der KVG liegenden notwendigen Voraussetzungen, sondern erst wenn die BaFin die Anträge beschieden hat und der erste Anleger im Sinne von § 343 Abs. 4 einen Fondsanteil zeichnet. Diese Trennungslinie ist nachvollziehbar, weil eine Abänderung der Fondsstruktur oder eine Rückabwicklung erheblich erschwert wird, sobald Vertragsbeziehungen zu Anlegern eingegangen wurden. Die Abgrenzung erscheint jedoch nicht unbedenklich, zumal die BaFin faktisch mit dem Bearbeiten von Anträgen offenbar in starkem Verzug ist79 und der KVG dadurch unverschuldet Regulierungserleichterungen in Bezug auf die betreffenden AIF entgehen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob und in welchem Umfang die KVG die Verwaltungsgebühren für ihre ggf. frustrierten Bemühungen zu tragen hat. Nach § 353 Abs. 10 Satz 1 erlöschen Vertriebsfreigaben sowie erteilte Genehmigun76 gen von Anlagebedingungen solcher inländischer AIF, die lediglich nach ursprünglicher Definition des KAGB („keine jährliche Rückgabemöglichkeit“) dem geschlossenen Typ zuzuordnen waren, wenn die betreffenden AIF nicht vor dem 19.7.2014 von einem Anleger gezeichnet wurden. Denn in diesem Fall fehlt es an einer Auflage des AIF im Sinne von § 343 Abs. 4 vor Inkrafttreten der neuen Definition eines geschlossenen AIF und damit an einem hinreichend schützenswerten Vertrauenstatbestand. Je nachdem ob die rechtzeitig aufgelegten AIF zumindest die Voraussetzungen nach § 352a erfüllen, liegen sie im Anwendungsbereich von § 353 Abs. 9 oder – sofern sie bereits innerhalb der ersten 5 Jahre Rückgaberechte vorsehen – im Anwendungsbereich von § 353 Abs. 11. Nach § 353 Abs. 10 Satz 2 gilt Entsprechendes für die kleine interne AIF-KVG gemäß 77 §§ 2 Abs. 4a, 44. Nach § 353 Abs. 10 Satz 3 und 4 gelten Anträge, die zwar vor dem Inkrafttreten des 78 FinMarktAnpG eingereicht, jedoch zum Ablauf des 18.7.2014 noch nicht beschieden waren, als am 19.7.2014 gestellte Anträge nach den neuen Voraussetzungen des angepassten KAGB. Die Regelung gleicht derjenigen in § 345 Abs. 12. X. Umwandlungsmöglichkeit in einen AIF i.S.v. § 352a (Absatz 11) 79

§ 353 Abs. 11 bietet allen geschlossenen AIF alter KAGB-Definition, die vor dem 19.7.2014 aufgelegt wurden, die Möglichkeit, sich in den Anwendungsbereich des partiellen Bestandsschutzes zu begeben.

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1. Voraussetzungen. Um in den Genuss des partiellen Bestandsschutzes zu gelangen, muss die KVG nach § 353 Abs. 11 Satz 1 die Anlagebedingungen sowie ggf. den Gesellschaftsvertrag der betreffenden AIF an die Voraussetzungen von § 352a und damit letztlich an diejenigen von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 anpassen. Hierzu müssen etwaige Rückgaberechte, die eine Anteilsrückgabe der Anleger binnen der ersten fünf Jahre nach Auflage des Fonds ermöglichen, an die fünfjährige Stillhalteperiode des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung angeglichen werden. Die Anpassungen müssen spätestens bis zum 19.1.2015 in Kraft treten. Die KVG sollte frühzeitig den Antrag bei der BaFin stellen, um die Genehmigung(sfiktion) nach §§ 267, 163 rechtzeitig zu erlangen und noch vor dem 19.1.2015 die notwendige Veröffentlichung im Bundesanzeiger vornehmen zu können. Bei der Anpassung der Gesellschaftsverträge und Anlagebedingungen an die 81 Vorgaben von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 wird abermals die

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79 Protokoll Nr. 18/9 des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages v. 19.5.2014 zur Öffentlichen Anhörung von Sachverständigen zum FinMarktAnpG, S. 27 und S. 66; jeweils Stellungnahmen des Bundesverbands Sachwerte und Investmentvermögen (bsi).

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B. Die Regelungen der Vorschrift im Einzelnen

§ 353

Frage virulent, welche Rechte der Anleger unter die Rückgaberechte im Sinne der europäischen Verordnung zu subsumieren sind. Die BaFin wird hier im Genehmigungsverfahren bezüglich der abgeänderten Anlagebedingungen die Deutungshoheit erlangen, da der Gesetzgeber weder im Gesetz selbst noch in der Begründung Hinweise diesbezüglich erkennen lässt.80 In der Öffentlichen Anhörung zum FinMarktAnpG hatte es gleichwohl den Anschein, alle Beteiligten gingen davon aus, dass beispielsweise Härtefallklauseln, die Sonderkündigungsrechte gewähren, nicht unter ein derartiges Rückgaberecht fallen und folglich Anlagebedingungen und Gesellschaftsverträge diesbezüglich nicht anzupassen wären.81 Diese Auslegung ist vor dem Hintergrund des Anlegerschutzgedankens der AIFM-RL konsequent und stünde überdies nicht im Widerspruch zu den überarbeiteten Ausführungen von ESMA zur Definition geschlossener AIF. 2. Umfang des partiellen Bestandsschutzes. Wenn die KVG die Anlagebedingun- 82 gen und Gesellschaftsverträge der betreffenden AIF rechtzeitig angepasst hat, gelten die inländischen AIF auch über den Anwendungsbereich der Übergangsvorschriften hinaus als AIF des geschlossenen Typs in Bezug auf die übrigen Vorschriften des KAGB. § 353 Abs. 11 Satz 2 enthält abermals die Rückausnahme zum Bestandsschutz in Bezug 83 auf Vorschriften zum Liquiditätsmanagement sowie zur Häufigkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände.82 Auch die Regelung des § 161 Abs. 1 wird für unanwendbar erklärt, da die Anleger nach Anpassung der Gesellschaftsverträge nach den ersten fünf Jahren ggf. ein ordentliches Kündigungsrecht vor der Liquidationsphase des Fonds ausüben können. 3. Hinweispflichten in der Vertriebsphase. Befindet sich der betreffende ge- 84 schlossene AIF alter KAGB-Definition, der weder die Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 3 noch von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 erfüllt, noch in der Vertriebsphase, müssen Anleger gemäß § 353 Abs. 11 Satz 5 in der Vertriebsdokumentation auf die notwendigen Anpassungsmaßnahmen und die Folgen einer unterbliebenen Anpassung hingewiesen werden. Gemäß § 353 Abs. 11 Satz 6 hat ein entsprechender Hinweis auch bei Spezial-AIF im Rahmen der Information nach § 307 zu erfolgen. Die Regelung gleicht – auch in Bezug auf die notwendige Ausgestaltung und Platzierung des Hinweises – derjenigen in § 343 Abs. 3 Satz 3 und 4.83 Unterlässt es die KVG, den entsprechenden Hinweis aufzunehmen, läuft sie Gefahr, 85 Anlegern später selbst bei erfolgreicher Anpassung an die Vorgaben von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 ggf. auf Rückabwicklung ihrer Fondsbeteiligung zu haften. 4. Konsequenzen bei fehlender Umwandlung. Nimmt die AIF-KVG die erforderli- 86 chen Anpassungen im Sinne von § 353 Abs. 11 Satz 1 nicht bis zum 19.1.2015 vor, erlöschen erteilte Genehmigungen der Anlagebedingungen oder Vertriebsfreigaben für den betreffenden AIF gemäß § 353 Abs. 11 Satz 3. Da der AIF dann ab dem 19.1.2015 weder die Definition aus Art. 1 Abs. 3 noch diejenige aus Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 erfüllt, wäre er eigentlich als offener AIF gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 2 einzustufen. Da aber gleichzeitig die Übergangsvorschriften für offene AIF gemäß § 351 am 21.7.2014 abgelaufen sind und eine Umwandlung des ehemals geschlossenen Fonds deutscher

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80 Siehe Kommentierung zu § 352a Rn. 5 ff. 81 Protokoll Nr. 18/9 des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages v. 19.5.2014 zur Öffentlichen Anhörung von Sachverständigen zum FinMarktAnpG, S. 28 f. 82 Siehe hierzu bereits oben Rn. 58. 83 Siehe die Kommentierung bei § 343 Rn. 30 ff.

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§ 353a

Übergangsvorschriften zu den §§ 261, 262 und 263

Prägung in eine offene Struktur ohnehin regelmäßig weder wirtschaftlich sinnvoll noch rechtlich praktikabel sein wird, müsste der betreffende AIF ggf. abgewickelt werden. Es genügt vor diesem Hintergrund nicht, wenn die KVG als „Folge“ einer unterlassenen Anpassung im Sinne von § 353 Abs. 11 Satz 5 lediglich darauf hinweisen würde, dass der Fonds fortan als offener AIF einzustufen wäre. Vielmehr müsste zumindest ein mögliches Abwicklungsszenario erwähnt werden. XI. Bestandsschutz für Vertriebsrecht geschlossener EU-AIF und ausländischer AIF (Absätze 12 und 13) § 353 Abs. 12 und 13 enthalten die korrespondierenden Regelungen zu § 353 Abs. 9 und 11 in Bezug auf das Vertriebsrecht von geschlossenen EU-AIF und geschlossenen ausländischen AIF an Privatanleger im Inland. In § 353 Abs. 12 wird klargestellt, dass die Vertriebsvorschriften des KAGB für ge88 schlossene Fonds auch für den Vertrieb jener geschlossener AIF gelten, die lediglich die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 erfüllen und zwischen dem Inkrafttreten des KAGB und dem Inkrafttreten des FinMarktAnpG eine Vertriebsberechtigung erhalten haben. 89 § 353 Abs. 13 ermöglicht der KVG die Anpassung der Anlagebedingungen und Gesellschaftsverträge von geschlossenen AIF an die Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung Nr. 694/2014 bis spätestens 19.1.2015. Andernfalls erlischt die Vertriebsberechtigung für den betreffenden AIF. Wird der Vertrieb während der Phase der Anpassung fortgeführt, sind Anleger gemäß § 353 Abs. 13 Satz 2 auf die notwendigen Anpassungen und die Folgen bei deren Ausbleiben hinzuweisen. 87

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§ 353a Übergangsvorschriften zu den §§ 261, 262 und 263 § 353a Übergangsvorschriften zu den §§ 261, 262 und 263 Gerlach 1 Auf geschlossene inländische Publikums-AIF, die vor dem 18. März 2016 aufgelegt wurden, sind § 261 Absatz 4, § 262 Absatz 1 Satz 11 Nummer 1 und § 263 Absatz 1 und 4 in der bis zum 17. März 2016 geltenden Fassung anzuwenden. 2 Dies gilt nicht, wenn ein geschlossener inländischer Publikums-AIF, der vor dem 18. März 2016 aufgelegt wurde, die Anwendung der in Satz 1 genannten Vorschriften beschließt. A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift 1

Die Vorschrift ist im Zuge des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes 2 mit Geltung zum 18.3.2016 in das KAGB aufgenommen worden. Allerdings handelt es sich weder bei der Übergangsvorschrift des § 353a selbst noch bei den in Bezug genommenen Regelungen

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1 Bei dem Verweis dürfte es sich um einen Fehler des Gesetzgebers handeln. Gemeint ist § 262 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1. 2 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, BGBl. I v. 10.3.2016, S. 348.

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C. Opt-in Möglichkeit bzgl. neuer Bezugsgröße (Satz 2)

§ 353a

um Ableitungen aus der OGAW-V-Richtlinie. Hintergrund ist vielmehr, dass sich der Gesetzgeber entschieden hat, die Bezugsgröße für die Wertermittlung bei geschlossenen inländischen Publikums-AIF im Rahmen bestimmter Produktregulierung zu verändern. Wurde zuvor in einzelnen Regelungen auf den AIF-Wert oder den Verkehrswert der Vermögensgegenstande des AIF abgestellt, ist nunmehr eine Formel in den Bezugsnormen der §§ 261 ff. maßgeblich, die eine Liquiditätsbetrachtung der verfügbaren Mittel zum Gegenstand hat.3 Die Formel entstammt der ebenfalls auf geschlossene AIF anwendbaren europäischen Verordnungen (EU) Nr. 345/2013 (EuVECA), Nr. 346/ 2013 (EuSEF) und Nr. 2015/760 (ELTIF). Entsprechend begründet der Gesetzgeber die Aufnahme der neuen Bezugsgröße u.a. auch mit einer Angleichung an europäische Vorschriften, einer Verringerung des Verwaltungsaufwands bei geschlossenen PublikumsAIF sowie einer erhöhten Verständlichkeit der investmentrechtlichen Normen für die Anleger.4 Da sich durch die neue Berechnungsmethode Auswirkungen für bestehende AIF ergeben können, hat der Gesetzgeber die Übergangsvorschrift des § 353a geschaffen. B. Bestandsschutzregelung für alte Bezugsgröße (Satz 1) § 353a Satz 1 gewährt derjenigen KVG bzw. deren geschlossenen inländischen Publi- 2 kums-AIF Bestandsschutz, die vor dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes zum 18. März 2016 aufgelegt worden sind. Der Zeitpunkt der Auflage eines AIF richtet sich nach der Legaldefinition in § 343 Abs. 4. Hiernach gilt ein AIF in dem Zeitpunkt als aufgelegt, in dem der Ab-schluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts zwischen dem ersten Anleger und der AIF-KVG (oder deren Vertreter/Vertriebsdienstleister) erfolgt.5 Ist ein solches Verpflichtungsgeschäft eines geschlossenen inländischen Publikums-AIF bis zum 17. März 2016 zustande gekommen, kann der AIF weiterhin mit der alten, bis zum 17. März 2016 geltenden Bezugsgröße (AIF-Wert bzw. Verkehrswert der Vermögensgegenstände des AIF) arbeiten und muss sich nicht nach der eingeführten Formel richten. Der Gesetzgeber begründet den Bestandsschutz damit, dass die bestehenden AIF 3 durch die neue Bezugsgröße und eine einhergehende abweichende Berechnung des zulässigen Umfangs von Währungsrisiken, der zulässigen Höhe der Kreditaufnahme und der Belastungsobergrenze sowie der Feststellung der Risikomischung andernfalls finanzielle Nachteile erleiden könnten.6 Denn die AIF wären aufgrund der abweichenden Berechnung ggf. gezwungen, Vermögensgegenstände umzuschichten, Währungsrisiken abzusenken oder Kredite bzw. anderweitige Belastungen zurückzuführen. C. Opt-in Möglichkeit bzgl. neuer Bezugsgröße (Satz 2) C. Opt-in Möglichkeit bzgl. neuer Bezugsgröße (Satz 2) § 353a Satz 2 enthält die deklaratorische Klarstellung, dass der Bestandsschutz ent- 4 fällt, sofern sich geschlossene inländische Publikums-AIF dazu entschließen, die neue Bezugsgröße für die Feststellung der Risikomischung, die Berechnung des zulässigen

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3 4 5 6

Zu den einzelnen Parametern der Formel sowie Auslegungsfragen siehe Paul GWR 2016 224. Gesetzesbegründung zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 61 f. Ausführlich zum Zeitpunkt der Auflage im Sinne der Übergangsvorschriften bei § 343 Rn. 35 ff. Gesetzesbegründung zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/6744 S. 74.

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§ 353b

Übergangsvorschriften zu § 285 Absatz 3

Umfangs von Währungsrisiken, die zulässige Höhe der Kreditaufnahme oder der Belastungsobergrenze zu verwenden. Ratio und Wortlaut der Norm sprechen dafür, dass der AIF den Bestandsschutz verliert, sobald er die Berechnung für eine der drei in Bezug genommenen Vorschriften an die ab dem 18. März 2018 geltende Rechtslage anpasst.

§ 353b Übergangsvorschriften zu § 285 Absatz 3 § 353b Übergangsvorschriften zu § 285 Absatz 3 Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-149 1 § 20 Absatz 9 Satz 1 und § 285 Absatz 3, auch in Verbindung mit § 2 Absatz 4, 4a und 5, § 261 Absatz 1 Nummer 8, § 282 Absatz 2 Satz 3 und § 284 Absatz 5, in der ab dem 18. März 2016 geltenden Fassung sind nicht anzuwenden auf Gelddarlehen, die vor dem 18. März 2016 für Rechnung von inländischen AIF an Unternehmen gewährt wurden, an denen der inländische AIF bereits beteiligt war. 2 Für nach dem 18. März 2016 vergebene Gelddarlehen sind in die Berechnung der Begrenzung nach § 285 Absatz 3 Satz 1 auf höchstens 50 Prozent des aggregierten eingebrachten und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals des inländischen AIF die vor dem 18. März 2016 vergebenen Darlehen einzubeziehen. A. Hintergrund der Vorschrift

A. Hintergrund der Vorschrift 1

Die Vorschrift ist im Zuge des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes 1 mit Geltung zum 18.3.2016 in das KAGB aufgenommen worden. Allerdings handelt es sich weder bei der Übergangsvorschrift des § 353b selbst noch bei den in Bezug genommenen Regelungen um Ableitungen aus der OGAW-V-Richtlinie.2 Hintergrund ist vielmehr, dass sich der Gesetzgeber entschieden hat, Regelungen für eine Darlehensvergabe durch bestimmte Investmentvermögen aufzunehmen.3 Nachdem die BaFin ursprünglich die Auffassung vertreten hatte, eine solche Darlehensvergabe beurteile sich nach dem KWG und sei daher mit Ausnahme von Gesellschafterdarlehen grundsätzlich unzulässig, kündigte die BaFin mit Schreiben4 vom 12.5.2015 eine Änderung ihrer Verwaltungspraxis an.5 Anlass der geänderten Einschätzung waren entsprechende Regelungen in den europäischen Verordnungen (EU) Nr. 345/2013 (EuVECA), Nr. 346/2013 (EuSEF) und Nr. 2015/760 (ELTIF), die ebenfalls auf geschlossene AIF anwendbar sind. In diesen Verordnungen wird die Vergabe von Darlehen durch AIF als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung eingestuft.

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1 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, BGBl. I v. 10.3.2016, S. 348. 2 Art. 88 Abs. 1 OGAW-Richtlinie sieht gegenteilig ein Verbot der Darlehensgewährung der Verwaltungsgesellschaft oder Verwahrstelle für Rechnung des OGAW vor. 3 Zur Einführung sog. Kreditfonds durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz Zander DB 2016 331; Kraushaar BKR 2017 496. 4 BaFin Schreiben „Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“ v. 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001. 5 Zum BaFin Schreiben v. 12.5.2015 ausführlich Jesch/Härtwig DStR 2015 2312.

Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-149

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C. Durchbrechung des Bestandsschutzes bei Berechnung der 50%-Grenze

§ 353b

B. Bestandsschutzregelung für Gesellschafterdarlehen (Satz 1) § 353b Satz 1 nimmt jene Gelddarlehen aus dem Anwendungsbereich des § 285 Abs. 2 3, die vor dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes zum 18.3.2016 für Rechnung inländischer AIF an Beteiligungsunternehmen vergeben wurden. Die Zulässigkeit der Vergabe dieser Gelddarlehen bestimmt sich weiterhin nach der Rechtslage vor dem 18.3.2016. Rechtmäßig vergebene Gelddarlehen müssen daher nicht zurückgeführt werden. Für die übrige Produktregulierung eines AIF bei der Vergabe von Gelddarlehen nach 3 § 285 Abs. 2 hat der Gesetzgeber hingegen keine Übergangsregelung geschaffen. Einer solchen habe es nicht bedurft.6 Diese Auffassung stützt der Gesetzgeber auf den Umstand, dass die BaFin anlässlich der Mitteilung der Änderung ihrer Verwaltungspraxis bereits im Mai 2015 auf eine bevorstehende gesetzliche Regelung zur Vergabe von Gelddarlehen hingewiesen hatte. Die Mitteilung der BaFin enthielt ferner Empfehlungen für die Art und Weise der Vergabe von Gelddarlehen, deren Berücksichtigung ausdrücklich vermeiden sollte, dass im Vorfeld der gesetzlichen Regelung Geschäftsmodelle aufgesetzt werden, die gemäß späterer Gesetzeslage keinen Bestand mehr haben können.7 Folglich konnte sich bei Verwaltungsgesellschaften bzw. AIF kein schützenswertes Vertrauen auf eine unbeschränkte oder voraussetzungslose Vergabe von Gelddarlehen manifestieren. Eine Übergangsregelung zur Abmilderung der Eingriffsintensität war daher nicht erforderlich. C. Durchbrechung des Bestandsschutzes bei Berechnung der 50%-Grenze C. Durchbrechung des Bestandsschutzes bei Berechnung der 50%-Grenze (Satz 2) § 353b Satz 2 stellt klar, dass jene Gelddarlehen, die der Bestandsschutzregelung des 4 § 353b Satz 1 unterfallen, gleichwohl bei der Vergabe neuer Gelddarlehen ab dem 18.3.2016 relevant sein können. Die neuen Gelddarlehen liegen im Anwendungsbereich des § 285 Abs. 3. Bei der Ermittlung, ob gemäß § 285 Abs. 3 höchstens 50% des aggregierten eingebrachten und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals für Gelddarlehen an Beteiligungsgesellschaften verwendet werden, sind nämlich auch jene Darlehen zu berücksichtigen, die bereits vor dem 18.3.2016 an Beteiligungsunternehmen vergeben wurden. Führt die Anwendung des § 285 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 353b Satz 2 dazu, dass der in- 5 ländische geschlossene Spezial-AIF bereits Gelddarlehen unter Ausschöpfung der 50%Grenze vergeben hat, besteht gleichwohl die Alternative, weitere Gelddarlehen nach Maßgabe des § 285 Abs. 2 auszureichen, sofern dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein solches Gelddarlehen kann auch an ein Beteiligungsunternehmen gehen. Denn § 285 Absatz 3 entfaltet keine Sperrwirkung; vielmehr stehen Absatz 2 und Absatz 3 eigenständig nebeneinander.8

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6 Bericht des Finanzausschusses zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/7393, S. 77. 7 Ziffer IV. 1. BaFin Schreiben „Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“ v. 12.5.2015, GZ: WA 41-Wp 2100-2015/0001. 8 Zum Verhältnis zwischen § 285 Abs. 2 und Abs. 3 siehe die Gesetzesbegründung zu § 285; Bericht des Finanzausschusses zum OGAW-V-UmsG, BTDrucks. 18/7393 S. 77.

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Gerlach

§ 354

Übergangsvorschrift zu § 342 Absatz 3

§ 354 Übergangsvorschrift zu § 342 Absatz 3 § 354 Übergangsvorschrift zu § 342 Absatz 3 Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-150

§ 342 Absatz 3 gilt für Streitigkeiten im Zusammenhang mit geschlossenen Publikums-AIF erst ab dem 22. Juli 2014. A. Hintergrund der Vorschrift A. Hintergrund der Vorschrift § 354 ist im Zuge des AIFM-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes mit Wirkung zum 22.7.2013 in das KAGB aufgenommen worden. Die Vorschrift diente ursprünglich dazu, die Regelung zu den Schlichtungsstellen in § 342 zu ergänzen. Denn § 354 sollte eine Übergangsregelung für die bereits nach dem Investmentgesetz errichteten Schlichtungsstellen bei der BaFin und beim Bundesverband Investment und Asset Management e.V.1 sowie für die damals „neue“ Schlichtungsstelle beim Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V.2 schaffen, soweit die Schlichtungssachverhalte geschlossene Publikums-AIF betrafen. Der in Bezug genommene § 342 Abs. 3 regelte zum damaligen Zeitpunkt,3 dass Ver2 braucher bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Vorschriften des KAGB die Schlichtungsstelle für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten bei der BaFin anrufen können. Diese Schlichtungsstelle bei der BaFin existierte bereits seit dem 1.7.2011, da die Verpflichtung zur Einrichtung einer solchen Schlichtungsstelle im Zuge des OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes in § 143c Abs. 3 InvG installiert wurde. Gleichwohl umfasste die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle bis zum 22.7.2013 lediglich Sachverhalte, die sich nach dem Investmentgesetz beurteilten, so dass sich Verbraucher nicht bezüglich geschlossener Fonds an die Schlichtungsstelle der BaFin wenden konnten. Die Notwendigkeit einer Übergangsvorschrift wäre wahrscheinlich entfallen, 3 wenn die Schlichtungsstelle der BaFin (und jene des BVI) alleiniger Adressat von Anliegen der Verbraucher im Zusammenhang mit geschlossenen AIF zum Stichtag des 22.7.2013 hätten sein sollen.4 Denn diese Schlichtungsstellen waren bereits seit 2011 eingerichtet gewesen und es bedurfte lediglich einer Anpassung ihrer Verfahrensordnungen an den Anwendungsbereich des KAGB. Die Übergangsvorschrift des § 354 wurde jedoch erforderlich, weil bei der Einfüh4 rung des KAGB zum 22.7.2013 absehbar war, dass die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. des Branchenverbandes bsi primärer5 Adressat von Schlichtungsanträgen der Verbraucher bei geschlossenen AIF sein werde. Die staatliche Schlichtungsaufgabe sollte hierzu im Einklang mit der Ermächtigungsgrundlage in § 342 Abs. 6 a.F. auf die private Schlichtungsstelle des bsi übertragen werden. Der BaFin blieb lediglich eine Auffangzu1

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1 Hiernach: BVI. Der Name der dort angesiedelten Schlichtungsstelle ist „Ombudsstelle für Investmentfonds“. 2 Hiernach: bsi. Der Verband firmierte bis zum 21.7.2013 als Verband Geschlossene Fonds e.V. (VGF). Mittlerweile ist der bsi mit Wirkung zum 1.1.2018 im Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) aufgegangen. 3 Zur zwischenzeitlichen Aufhebung des Absatzes mit Wirkung zum 1.4.2016 sogleich unter Rn. 5. 4 Anders anscheinend die Gesetzesbegründung zu § 354, AIFM-UmsG, BTDrucks. 17/12294 S. 306, was aber aufgrund der intendierten Aufgabenverteilung zwischen BaFin und privater Ombudsstelle nicht nachvollziehbar erscheint. 5 Auch die Ombudsstelle für Investmentfonds hat sich durch die Anpassung ihrer Verfahrensordnung an den Anwendungsbereich des KAGB für Schlichtungssachverhalte mit Bezug zu geschlossenen Fonds geöffnet.

Gerlach https://doi.org/10.1515/9783110492217-150

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Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW

§ 355

ständigkeit für alle Streitigkeiten mit Bezug zu jenen geschlossenen Publikums-AIF, deren KVG nicht Vereinsmitglied der Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. war.6 Zwar war auch die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. bereits seit 1.3.2008 eingerichtet und funktionstüchtig gewesen;7 die Umstellung auf die umfangreichen neuen Aufgaben und Vorgaben des KAGB ließen die einjährige Vorbereitungszeit jedoch angezeigt erscheinen. Zudem ist allein der Übertragungsakt der Schlichtungsaufgabe als solcher, welcher eine Abänderung der Verfahrensordnung der Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. und die Genehmigung dieser Verfahrensordnung durch die in § 342 Abs. 6 a.F. genannten Ministerien beinhaltete, mit einem beachtlichen Zeitvorlauf verbunden. Da die Ministerien zunächst mit der Genehmigung der angepassten Verfahrensordnung der Ombudsstelle für Investmentfonds beschäftigt waren, zog sich das Genehmigungsverfahren für die Ombudsstelle Geschlossene Fonds e.V. bis kurz vor Ablauf der Übergangsfrist im Juli 2014 hin. Nachdem die Verfahrensordnung schließlich am 19.6.2014 von den zuständigen Ministerien genehmigt sowie gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 KASchlichtV im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, ist die Übertragung der Schlichtungsaufgabe auf die Ombudsstelle Geschlossene Fonds des bsi zum 4.7.2014 rechtswirksam geworden. B. Regelungsrelevanz der Vorschrift § 354 hat seinen Regelungszweck erfüllt, da alle maßgeblichen Schlichtungsstellen 5 bis zum Ablauf der einjährigen Übergangsfrist die Voraussetzungen geschaffen haben, um rechtswirksam Schlichtungen im Zusammenhang mit Publikums-AIF durchführen zu können. Mittlerweile wurde die in Bezug genommene Regelung zu den Schlichtungsstellen in § 342 Abs. 3 durch das ADR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz8 mit Wirkung zum 1.4.2016 aufgehoben und die Regelung der Schlichtung in abgewandelter Form in das Unterlassungsklagengesetz überführt.9

UNTERABSCHNITT 4 Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW https://doi.org/10.1515/9783110492217-151

§ 355 Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltungsgesellschaften und OGAW § 355 Übergangsvorschriften für OGAW-Verwaltun