Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze [2 ed.] 9783504382285

Mit der zunehmenden Nutzung der neuen Kommunikationsmöglichkeiten im Internet haben sich bestimmte Transaktionsformen ei

139 45 4MB

German Pages 814 Year 2005

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze [2 ed.]
 9783504382285

Citation preview

Spindler · Wiebe (Hrsg.) Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze

.

Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze herausgegeben von

Prof. Dr. Gerald Spindler Universität Göttingen

und

Prof. Dr. Andreas Wiebe ~utschaftsuniversitätVVien

bearbeitet von

Dr. Murad Erdemir Justiziar der Hessischen Landesanstalt ftlr privaten Rundfunk, Kassel

Dr. Stefan Ernst Rechtsanwalt, Freiburg

Prof. Dr. Dirk Heckmann Universität Passau

Prof. Dr. Andreas Reinemann Universität Lausanne

Prof. Dr. Wolfgang Kessler

Prof. Dr. Peter Mankowski Universität Harnburg

Dr. Peter Schmitz Rechtsanwalt, DUsseldorf

Prof. Dr. Gerald Spindler Universität Göttingen

PD Dr. Irini E. Vassilaki Rechtsanwältin, München

Prof. Dr. Andreas Wiebe ~utschaftsuniversitllt

Steuerberater, Universität Freiburg

2.Anflage 2005

oUs

\erlag

Dr.OttoSchmidt Köln

VVien

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02.2.1/93738-01, Fax: 02.2.1/93738-943 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-56082.-7 © 2.005 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: H&G Herstellung, Harnburg Druck und Verarbeitung: Ebner & Spiegel, Ulm Printed in Germany

Vorwort

Das Recht der Internet-Auktionen und der elektronischen Marktpltze hat sich seit der ersten Auflage strmisch entwickelt. Praxis und Wissenschaft haben sich dem Phnomen der neuen Handelsplattformen in vielfltiger Form angenommen; die ersten hçchstrichterlichen Urteile liegen inzwischen vor. Aber auch der Anwendungsbereich der in der 1. Auflage im Jahre 2001 noch auf „Internet-Auktionen“ beschrnkten Rechtsfragen hat sich erheblich erweitert; insbesondere wurde deutlich, dass Internet-Auktionen ein – wenn auch wichtiger – Ausschnitt des generellen Phnomens der elektronischen Marktpltze sind. In der juristischen Diskussion werden diese jedoch bisher kaum wahrgenommen. Aus sachlichen Grnden erscheint uns aber eine thematische Erweiterung geboten. Auch andere elektronische Marktpltze sind wie die Auktionsplattformen durch das typische Dreiecksverhltnis gekennzeichnet und haben vor allem im B2B-Bereich große Bedeutung erlangt. Die Einbeziehung der elektronischen Marktpltze hat sich in den jeweiligen Kapiteln in unterschiedlichem Maße niedergeschlagen. Schwerpunkt der 2. Auflage sind daneben aber nach wie vor die Rechtsprobleme der Auktionen. Thematisch ist das Werk um Kapitel zum Kartellrecht, Vergaberecht, Steuerrecht und zum Jugendschutz erweitert worden, fr die wir wieder namhafte und hervorragende Experten gewinnen konnten. Damit werden die einschlgigen Rechtsbereiche umfassend abgedeckt. Das Buch ist auf dem Stand von Februar 2005. Entwicklungen der jngsten Vergangenheit in Rechtsprechung und Gesetzgebung mit teilweise erheblichen Konsequenzen fr die Praxis konnten noch bercksichtigt werden. Wir mçchten an dieser Stelle unseren besonderen Dank Herrn Thomas Wilting sowie Frau Dr. Julia Beck vom Dr. Otto Schmidt Verlag aussprechen, die die Verçffentlichung erst ermçglicht haben. In diesen fr Publikationen im Informationsrecht schwierigen Zeiten kann ein solches Engagement nicht genug herausgehoben werden. Herausgeber und Autoren sind auch wieder dankbar fr jedes Feedback und Verbesserungsvorschlge.

Gçttingen Wien

Gerald Spindler, [email protected] Andreas Wiebe, [email protected]

Im Mrz 2005 V

Vorwort

VI

Inhalts bersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIX Literaturverzeichnis

................................

LI

Kap. 1 Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze (Ernst) . .

1

Kap. 2 Gewerberechtliche Einordnung von Online-Versteigerungen (Ernst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Kap. 3 Wettbewerbsrechtliche Fragen von Online-Marktpltzen (Ernst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Kap. 4 Vertragsschluss und Verbraucherschutz bei InternetAuktionen und anderen elektronischen Marktpltzen (Wiebe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

Kap. 5 Vertragliche Haftung und Pflichten des Marktplatzbetreibers und der Marktteilnehmer (Spindler) . . . . . . . . .

125

Kap. 6 Deliktische Haftung der Plattformbetreiber (Spindler) . . . .

211

Kap. 7 Problemfelder der Besteuerung des E-Business (Kessler) . . .

259

Kap. 8 Kartellrecht (Heinemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287

Kap. 9 Rechtsfragen der elektronischen Vergabe çffentlicher Auftrge (Heckmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335

Kap.10 Rechtsschutz von Auktionsangeboten (Wiebe) . . . . . . . . .

405

Kap.11 Internationales Privatrecht (Mankowski) . . . . . . . . . . . . .

435

Kap.12 Internationale Zustndigkeit (Mankowski) . . . . . . . . . . . .

515

Kap.13 Datenschutz (Schmitz)

..........................

551

Kap.14 Jugendschutz (Erdemir) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

629

Kap.15 Strafrechtliche Fragen (Vassilaki) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

689

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

719

VII

Inhaltsbersicht

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsbersicht

V

...................................

VII

Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIX Literaturverzeichnis

................................

LI

Kapitel 1 Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze (Ernst) Rz.

Seite

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

II. Online-Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

3

1. Angebotene Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

3

2. Gewerbliche und private Versteigerungen . . . . . . . . . . . .

8

4

3. Fremd- und Eigenversteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

4

4. Durchfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

4

5. „Verdeckte“ Auktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

5

III. Umgekehrte Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

6

1. „Ausschreibungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschreibungen eines Anbieters . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschreibungen mehrerer Anbieter . . . . . . . . . . . . .

16 17 19

6 6 6

2. Angekndigte lineare Preissenkungen (Reverse Auctions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

7

IV. Preisnachlsse an virtuelle Kaufgemeinschaften (Community-Shopping) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

7

.....................................

22

7

2. Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

8

a) Bieten auf Zwischenstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

8

1. Ablauf

IX

Inhaltsverzeichnis

b) Offene und geschlossene Preisstufen . . . . . . . . . . . . . c) „Feste Preise“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

27 28

9 9

Kapitel 2 Gewerberechtliche Einordnung von Online-Versteigerungen (Ernst) I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften auf Online-Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

12

1. Versteigerungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

13

2. Einordnung von Online-Versteigerungen

8

14

. . . . .

8 11 13 16 18

14 15 16 17 18

II. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Versteigerungsvorschriften auf andere Formen von elektronischen Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

18

III. Gewerberechtliche Rechtsfolgen f r OnlineVersteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

19

1. Erlaubnispflicht fr Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . .

20

19

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erlaubnispflicht fr virtuelle Versteigerungen . . . . . .

20 22

19 20

2. Verbot der Neuwarenversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

21

3. Verbot des Mitsteigerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

21

4. Rechtsfolgen der Verletzung gewerberechtlicher Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

22

a) Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 28

22 22

IV. Anwendung der Versteigerungsverordnung . . . . . . . . . . .

29

22

1. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

22

a) b) c) d) e)

X

............

Irtliche Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitliche Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechselseitiges Jberbieten . . . . . . . . . . . . . Organisationsgewalt und Plattformcharakter Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

Inhaltsverzeichnis

Rz.

2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Seite

32

23

. . . . . . .

33 34 37 38 39 40 41

23 23 24 25 25 25 26

V. Gewerberechtliche Bedeutung sonstiger OnlinePlattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

26

1. Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

26

2. Jberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

26

VI. Rechtspolitisches zur Erlaubnispflicht bei Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

27

1. Online-Versteigerungen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . .

45

27

2. Umgekehrte Versteigerungen de lege ferenda . . . . . . . . . .

46

27

3. Community-Shopping de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . .

47

27

a) b) c) d) e) f) g)

Schriftform des Versteigerungsvertrages Besichtigung des Versteigerungsgutes . Sonn- und Feiertagsverbot . . . . . . . . . . Anzeigeerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachungsgebot . . . . . . . . . . . Schtzung und Begutachtung . . . . . . . . Kein Bargebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

Kapitel 3 Wettbewerbsrechtliche Fragen von Online-Marktpltzen (Ernst) I. Wettbewerbsrecht online . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

30

1. Kein besonderer Irrefhrungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . .

2

31

2. Wettbewerbsverstçße des Plattformanbieters

.........

3

31

a) Unverlangte E-Mail-Werbung (Spamming) b) Hyperlinks und Bannerwerbung . . . . . . . aa) Einfache Hyperlinks . . . . . . . . . . . . . bb) Frames auf fremde Versteigerungen . . cc) Keyword-Buying und Doorwaypaging c) Wahl irrefhrender Domain-Namen . . . . 3. Verstçße gegen angrenzende Normen . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

4 6 6 7 8 10 12

31 32 32 32 33 33 34

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

34

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

XI

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

. . . . .

15 16 17 17 19

35 36 36 36 37

.....

21

37

II. Internet-Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

38

1. Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit von OnlineVersteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

38

2. Blickfangmßiges Herausstellen von Mindestgeboten . . .

25

38

b) Verstçße gegen Kennzeichnungsvorschriften . . c) Verstçße gegen das Datenschutzrecht . . . . . . . d) Verstçße gegen das Markenrecht . . . . . . . . . . . aa) Nutzung fremder Markennamen . . . . . . . . bb) Markennamen in Meta-Tags . . . . . . . . . . . cc) Keyword-Advertising mit fremden Markennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Preisangabenrechtliche Zulssigkeit

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

...............

27

39

a) Preisangaben bei konventionellen Versteigerungen . . . b) Preisangaben bei Online-Versteigerungen . . . . . . . . . . c) Wettbewerbsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 29 32

39 40 41

4. Verstçße gegen die Gewerbeordnung . . . . . . . . . . . . . . . .

33

41

a) Verstçße gegen die Anmeldepflicht des § 34b GewO b) Verstçße angemeldeter Versteigerer gegen das Verbot der Neuwarenversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mitsteigern durch den Veranstalter . . . . . . . . . . . . d) Verstçße gegen die VerstV . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

..

34

41

.. .. ..

36 37 38

42 42 42

5. Verstçße gegen das Urheberrecht durch OnlineAuktionskataloge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

43

a) Die Katalogbildfreiheit . . . . . . . . . . b) Online-Kataloge und § 58 UrhG . . . . c) Geltendmachung von Verstçßen . . . 6. Wettbewerbswidrige „Sniper“-Software?

. . . .

40 42 45 46

43 43 44 44

III. Umgekehrte Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

45

1. Zulssigkeit von „Ausschreibungen“ . . . . . . . . . . . . . . .

50

45

2. Zulssigkeit angekndigter linearer Preissenkungen (Reverse Auctions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

46

a) Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . . . . b) Preisangabenrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . . . .

51 56

46 48

3. Wettbewerbsverstçße im Rahmen umgekehrter Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

48

XII

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

a) Unzulssigkeit von Werbung mit Angeboten „ab 1,- Euro“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwendung der Bezeichnung „Versteigerung“ . . . . . .

57 59

48 48

IV. Community-Shopping – Preisnachlsse an virtuelle Kaufgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

49

1. Rabattrechtliche Zulssigkeit nach altem Recht . . . . . . .

61

49

2. Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .

62

49

. . . . .

64 67 69 72 73

50 51 52 53 53

...............

74

53

4. Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Durchfhrung . . . . .

75

54

75 76 77 79

54 54 54 55

a) b) c) d) e)

Unsachliche Beeinflussung durch aleatorische Reize Laienwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jbertriebenes Anlocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Sonderveranstaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irrefhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Preisangabenrechtliche Zulssigkeit a) Werbung mit dem „besten Preis“ aa) Alleinstellung . . . . . . . . . . bb) Irrefhrung . . . . . . . . . . . . b) Fantasiepreisempfehlungen . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Kapitel 4 Vertragsschluss und Verbraucherschutz bei Internet-Auktionen und anderen elektronischen Marktpltzen (Wiebe) I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

59

II. Vertragsbeziehungen zwischen Marktplatzbetreibern und Teilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

60

1. Einlieferer – Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

60

2. Auktionshaus – Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

64

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern auf elektronischen Marktpltzen (Plattformlçsung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

65

..................................

17

65

a) Modell des § 156 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

65

1. Auktionen

XIII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

...... ......

21 21

67 67

...... ...... ......

30 38 41

72 75 76

2. Andere Abschlussmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

78

a) Produktkataloge und Online-Shops . . . . . . . . . . . . . b) Bçrsen- und Matching-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . .

49 53

78 80

IV. Beweisfragen und Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . .

57

82

1. Beweiserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

82

2. Materiellrechtliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

84

V. Anfechtungsmçglichkeiten gem. §§ 119, 120 BGB . . . . .

70

87

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . .

78

90

1. Vertragliche Nebenpflichten des Marktplatzbetreibers . .

78

90

b) Vertragsschluss bei Englischen Auktionen . . aa) Anwendbarkeit von § 156 BGB . . . . . . . . bb) Wirksamkeit der elektronischen Willenserklrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einsatz elektronischer Agenten . . . . . . . c) Besonderheiten bei anderen Auktionstypen . .

2. Fernabsatzvertrge §§ 312b ff. BGB

................

80

91

a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 85 94

91 93 96

3. Verfahrensbezogene Pflichten im elektronischen Geschftsverkehr § 312e BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

100

a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Inhalt der Pflichtenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Auktionshaus als Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . 110

100 101 103

4. Weitere verbraucherschutzrechtliche Regelungen

. . . . . 113

104

a) Verbraucherdarlehnsvertrag, §§ 491 ff. BGB . . . . . . . . 113 b) Finanzdienstleistungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 114

104 104

VII. Geltungskontrolle von ABG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

105

1. Vorliegen von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

105

2. Einbeziehung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

106

a) Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Auslegungslçsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

106 107

XIV

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

c) Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 3. Verhltnis zu Teilnehmer-AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

109 111 113

4. Besonderheiten im Business-to-Business-Bereich . . . . . 140

114

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln bei Auktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

115

1. Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . 141

115

2. Inhaltskontrolle besonderer Vertragsabschlussregeln a) Bindung des Anbieters unter Wegfall des Zuschlags aa) Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB . . . . . . . . . . . bb) Prfung nach § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 762 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirksamkeit des Gebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vernderung des Auktionszeitraums . . . . . . . . . . d) Zurckweisung von Angeboten . . . . . . . . . . . . . .

142 142 144 146 158 159 160 164 165

115 115 116 117 120 121 121 123 123

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

127

II. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bez glich des Vertrages ber den Auktionsgegenstand . . . . . . . . . . . . .

3

127

1. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag des Auktionshauses im eigenen Namen . . . . . . . . . . . . . . . .

4

128

2. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag zwischen Bieter und Einlieferer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

130

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers . . . . . . . . .

12

131

1. Bestimmung des gesetzlichen Leitbildes und der Inhaltskontrollkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

131

.. . .. .. .. .. .. .. ..

Kapitel 5 Vertragliche Haftung und Pflichten des Marktplatzbetreibers und der Marktteilnehmer (Spindler)

XV

Inhaltsverzeichnis

2. Konkretisierung der Pflichten, insbesondere Marktbetreiberpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Jberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausfall des Systems und von Suchfunktionen . . . . aa) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unternehmerischer Verkehr . . . . . . . . . . . . . c) Wartungsarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichterreichbarkeit des Systems wegen Netzstçrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen auf Gebhren und Auktionsablufe f) Systemsicherheit bezglich Eingriffe Dritter; Aussphen von Teilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verflschungen des Auktionsablaufs . . . . . . . . . . aa) Manipulationen der Bewertungen (Ranking) . bb) Gebote von Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bietergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) E-Snipe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Einhaltung der Systemzeit . . . . . . . . . . . . . . ff) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Pflichten im Rahmen des Ratings und von Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

. . . . . . .

23 23 25 25 31 40 41

136 136 138 138 141 146 146

.... ....

46 48

148 149

. . . . . . . .

. . . . . . . .

56 58 60 62 64 65 69 73

152 154 155 155 157 157 159 160

.... .... ....

74 80 81

161 163 163

... ...

83 84

164 164

...

85

165

... ...

88 89

166 168

. 91 . 92 . 99 . 101

169 170 173 174

. . . 104 . . . 108

177 180

. . . 109

180

. . . . . . .

3. Haftung fr Risiken des Vertrages zwischen den Marktteilnehmern (Informations- und Aufklrungspflichten) a) Keine Pflicht zur Prfung der Ware . . . . . . . . . . . . . b) Keine Haftung fr Gewhrleistungsrisiken des Markt-Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung fr benachteiligende AGB-Klauseln im Marktverhltnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Informations- und Aufklrungspflichten . . . . . . . . aa) Identitt der Teilnehmer und Aufklrung ber Marktrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bonitt und Seriositt der Teilnehmer . . . . . . . cc) Verkehrsfhigkeit der Ware (gesetzliche Verbote etc.) . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Besondere Auktionsformen . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung fr Zertifikate „Geprfte Mitglieder“ und „Powerseller“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI

. . . . . . .

. . . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . . . . . .

. . . .

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

5. Zusatzleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

181

a) Hilfe des Plattformbetreibers bei der Vertragsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Andere Leistungen (Transport, Wertgutachten etc.) . . . 118

181 184

6. Informationspflichten des Auktionshauses nach Fernabsatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

184

IV. Pflichten der Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

185

1. Pflichten bei der Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Mitteilungspflichten ber Kundendaten . . . . . . . . . . 121 b) Geschftsfhigkeits- und Minderjhrigenklauseln . . . 123

185 185 186

2. Geheimhaltungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

187

3. Pflichten bezglich des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

189

a) Beschreibungen, Preisangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Rechtsverletzungen gegenber Dritten . . . . . . . . . . . 130 c) Exklusivitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

189 189 190

4. Pflichten bezglich Gebote

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

193

5. Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

193

6. Zahlungs- und Provisionsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

196

7. Wahrung der Integritt des Systems

. . . . . . . . . . . . . . . . 139 a

197

8. Urheberklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c

197

V. Freistellungsklauseln

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

198

VI. Sperrklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

198

1. Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

198

2. Anforderungen an Sperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

199

a) b) c) d) e) f)

Rechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manipulationen des Handelsgeschehens . . . . . . Negative Bewertungen und geflschte Identitten Sonstige berechtigte Interessen . . . . . . . . . . . . . Umfang der Sperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdachtssperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

142 143 144 147 148 149

199 199 200 201 202 202

3. Sperrklauseln und Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 150

203

XVII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

4. Ausschluss der Wiederherstellung von Bewertungsprofilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

203

VII. K ndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

204

VIII. Besondere Transaktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

205

1. Private Auktionen und eigenverantwortlich durchgefhrte Online-Auktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

205

2. Power Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

206

3. Online-Shops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

208

4. Business-to-Business-Geschfte (Einkaufs-/Verkaufs-Plattformen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

208

Kapitel 6 Deliktische Haftung der Plattformbetreiber (Spindler) I. Anwendung des TDG und des MDStV

..............

4

213

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG . . . . .

5

214

1. Fremde Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

216

2. Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

219

... ... ...

16 18 20

219 221 222

...

20

222

...

22

225

.......................

25

227

4. Kenntniserlangung durch Abmahnungen . . . . . . . . . . . .

30

229

5. Zumutbarkeit der Sperrung des Zugangs . . . . . . . . . . . . .

32

230

III. Stçrerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

231

a) Positive Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bezugspunkt der Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kenntnis und Angebotsregistrierung . . . . . . . . . . aa) Angebotsregistrierung als rechtsgeschftliche Erklrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatschliche (menschliche) versus rechtsgeschftliche Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schadensersatzansprche

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

1. Keine Privilegierung nach TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

232

2. Verhltnis des Verbots allgemeiner Jberwachungspflichten zur Stçrerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

234

3. Allgemeine Stçrerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

235

. . . . .

40 43 44 45 47

235 238 241 242 243

IV. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

244

V. Auskunftsanspr che . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

245

VI. Besondere Flle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

256

1. Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

256

2. Haftungsfragen bei Bewertungen durch Plattformteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

256

3. Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte . .

64

257

............

1

259

...........................

1

259

2. Typische Geschftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

260

3. Bedeutung der Steuerkomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

263

II. Fortentwicklung des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

264

1. Betriebssttte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

264

2. Qualifikation der Einknfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

268

3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

273

4. Datenzugriff der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

277

a) b) c) d) e)

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prfpflichten auf Rechtswidrigkeit . . . . . Abwgungskriterien fr Kontrollpflichten Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

Kapitel 7 Problemfelder der Besteuerung des E-Business (Kessler) I. Wirtschaftliche Realitten des E-Business 1. Standortbestimmung

XIX

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

III. Offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

280

1. Bestimmung eines fremdvergleichskonformen Verrechnungspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

280

2. Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung . . . . . . . . .

66

284

I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

288

II. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf InternetSachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

291

1. Grundsatzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

291

2. Ikonomische Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

292

3. Internationale Anwendbarkeit und Zustndigkeit . . . . . .

9

293

III. Betroffene Mrkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

295

1. Marktabgrenzung allgemein im Internet . . . . . . . . . . . . .

13

295

2. Marktabgrenzung und Internet-Plattformen . . . . . . . . . .

18

297

IV. Gr ndung elektronischer Marktpltze . . . . . . . . . . . . . .

23

300

1. Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

300

2. Gemeinschaftsunternehmen im Kartellrecht . . . . . . . . .

25

301

a) Europisches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 31

301 304

Kapitel 8 Kartellrecht (Heinemann)

3. Eingreifkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fusionskontrolle . . . . . . . . . . . . . . aa) Vertikaler Zusammenschluss . . bb) Horizontaler Zusammenschluss cc) Mega-Plattformen . . . . . . . . . . b) Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . .

XX

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

33

305

34 36 38 40 41

306 307 308 309 309

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

V. Betrieb elektronischer Marktpltze . . . . . . . . . . . . . . . .

42

309

1. Nachfragebndelung

..........................

43

310

. . . .

44 48 51 52

310 313 314 315

a) Marktinformationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

315

b) Preisbersichten und Versteigerungsmodalitten . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57 60

317 318

3. Nutzungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

318

a) Elektronische Marktpltze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Exklusivittsklauseln von Online-Auktionshusern .

61 65

318 320

4. Zugang zum Marktplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

322

5. Standardisierung

.............................

74

324

a) Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauch von De-facto–Standards . . . . . . . . . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 78 82

325 326 329

VI. Vertrieb ber das Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

329

1. Deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

329

2. Europisches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

329

a) Gruppenfreistellungsverordnung Vertikalvereinbarungen: Regelungsgrundstze . . . . . . . . . . . b) Exklusiver Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Selektiver Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 87 91

330 331 332

95

334

a) Europisches Recht b) Deutsches Recht . . c) Ergebnis . . . . . . . . 2. Informationsaustausch

VII. Fazit

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

......................................

Kapitel 9 Rechtsfragen der elektronischen Vergabe çffentlicher Auftrge (Heckmann) I. Grundlagen eines „Rechts der elektronischen Vergabe“ . . .

1

337

XXI

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

1

337

....

1

337

....

5

339

....

9

341

....

16

344

2. Elektronische Vergabe und Digitalisierung des Vergabewesens: Hinweise zur Begrifflichkeit . . . . . . . . . .

19

346

.... ....

19 25

346 347

....

25

347

....

26

348

II. Maßstbe der Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“ (am Beispiel der VOL/A) . . . . . . . . .

27

349

1. Anlass und Bewertungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

349

2. Antizipiertes Verwaltungsverfahren und Digitalisierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

352

3. Drei-Stufen-Modell und Verantwortlichkeitsteilung . . . . .

37

353

4. Vergaberechtskonformitt und das Prinzip der „funktionellen Rquivalenz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

354

5. Zielsetzung

..................................

45

355

6. Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

355

7. Kommentierte Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

356

Phase 1: Vorinformation als regelmßige Bekanntmachung (nur wenn Schwellenwerte berschritten sind) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase 2: Vorfeldentscheidung (Auswahl der Vergabeart) . . .

47 50

356 357

a) Vergabearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insbesondere: Teilnahmewettbewerb . . . . . . . . . . . . . . c) Hinweis fr unzulssige Ausschreibungen . . . . . . . . . .

50 53 55

357 358 359

1. Iffentliche Auftragsvergabe zwischen wettbewerbsrechtlicher Regulierung, technologischem Fortschritt und dem politischen Willen zur Verwaltungsmodernisierung . . . . . a) Bedarf, Beschaffung, Regulierung . . . . . . . . . . . . . b) Internetbedrftigkeit und Internetfhigkeit des Vergabewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Elektronische Beschaffung als Teil staatlicher und privater E-Government-Strategien . . . . . . . . . . . . d) Erwartungshaltung hinsichtlich elektronischer Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Querverbindungen der elektronischen Vergabe . . aa) im Wechselspiel zwischen E-Government und E-Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) im Wechselspiel zwischen E-Business und E-Learning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

Phase 3: Erstellung der Vergabeunterlagen . . . . . . . . . . .

57

359

a) Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorfrage: Vergabe nach Losen . . . . . . . . . . . . . . c) Verdingungsunterlagen (Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewerbungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

..... .....

57 59

359 360

..... ..... .....

60 64 67

360 360 361

Phase 4: Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase 5: Jbermittlung der Vergabeunterlagen/ Aufforderung zur Angebotsabgabe . . . . . . . . . .

69

361

75

363

a) „Jbergabe“ und elektronischer Versand . . . . . . . . . . . b) Insbesondere: Nachfragen der Bieter . . . . . . . . . . . . . .

75 76

363 363

Phase 6: Angebotsabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

365

a) Anforderungen des § 15 VgV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Modi der Angebotsabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 86

365 366

Phase 7: Erçffnungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

367

. 92 . 98 . 100 . 105 . 113

367 369 369 371 372

a) Ausschluss „fehlerhafter“ Angebote . . . . . . . . . . . . . 113 b) Prfung der zugelassenen Angebote . . . . . . . . . . . . . . 119

372 373

Phase 9: Wertung der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Phase 10: Teilnahmewettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Phase 11: Beendigung des Verfahrens (Zuschlag und Aufhebung) . . . . . . . . . . . . . . . . 135

373 374 375

a) Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase 12: Nachtrgliche Informationspflichten Phase 13: Vergabevermerk . . . . . . . . . . . . . . .

136 144 149 151

375 377 378 378

III. Ausgewhlte Einzelaspekte und Rechtsprobleme der elektronischen Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

379

1. Notwendigkeit einer einheitlich digitalen oder einheitlich schriftlichen Angebotsabgabe . . . . . . . . . . . . 153

379

a) Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

379

a) Umgang mit Angeboten bis zum Erçffnungstermin b) Fristlauf (Angebotsfrist, Bindefrist, Zuschlagsfrist) c) Iffnung der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase 8: Prfung der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . .

XXIII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

. . 155 . . 156 . . 157

379 380 380

. . 158

380

. . . . 160 . . . . 162

381 381

. . . . 163

382

. . . . 165 . . . . 169 . . . . 173

382 383 384

3. Das Problem der Kompatibilitt von Signaturverfahren . . 174

384

4. Rechtfertigung der Schwellenwerte bei digitalisierten Vergabeverfahren – Digitale Vergabe als Motor einer Vereinheitlichung des Vergaberechts? . . . . . . . . . . . . . . . 183

386

5. Vergabeplattform und elektronische Signatur . . . . . . . . . 187

387

b) Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Europarechtskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis: Einheitliche Angebotsabgabe erforderlich 2. Einsatz von IuK-Diensten als „vergabefremder Aspekt“ bei der Wertung der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europisches Vergaberecht . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsche Vergaberechtsregelungen . . . . . . . . . . c) Europarechtskonformitt des deutschen Vergaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einordnung der Bevorzugung von digitalen Angeboten als vergabefremder Aspekt . . . . . . . . e) Zulssigkeit der Bevorzugung digitaler Angebote f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Kein Signaturkartenerfordernis fr vergabeverfahrensinterne Vorgnge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Sicherheitsbeitrag der elektronischen Signatur (Prinzip der funktionellen Rquivalenz) . . . . . . . . . . . . 189 6. Der VOB-Erçffnungstermin und sein virtuelles Umfeld . . 195

388 388 390

a) Wortlaut des § 22 VOB/A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) „Verlesen“ als technikuntersttztes „Mitlesen“ (Prinzip der funktionellen Rquivalenz) . . . . . . . . . . . . 197

390

7. Korruptionsbekmpfung durch elektronische Vergabe? . . 200

392

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement . . . . . . 202

393

1. Mçglichkeiten eines innovativen Beschaffungsmanagements durch die Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 202

393

2. Zentrales çffentliches Beschaffungsmanagement („Pooling“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

395

a) Allgemeine Charakteristika eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Chancen eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . . 213 c) Risiken eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . . . 215

395 397 397

XXIV

390

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

3. Dynamische Beschaffungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

399

4. Vergaberechtliche Auktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Allgemeine Charakteristika „inverser Auktionen“ b) Die „inverse Auktion“ als Teil des Vergabeverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Chancen und Risiken inverser Auktionen . . . . . . d) Elektronische Auktionen nach EU-Vergaberecht (RL 2004/18/EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

399

. . . . 222

399

. . . . 227 . . . . 231

401 402

. . . . 235

403

Kapitel 10 Rechtsschutz von Auktionsangeboten (Wiebe) I. Datenbankschutz des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

406

1. Voraussetzungen einer Datenbank . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

406

a) Sammlung unabhngiger Elemente, Einzelzugnglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Systematische oder methodische Anordnung . . . . . . . . c) Einordnung verschiedener Angebote . . . . . . . . . . . . . .

4 8 9

406 408 408

2. Urheberrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

409

a) Datenbankwerk, § 4 Abs. 2 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sammelwerk, § 4 Abs. 1 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Software, § 69a UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12 15 16

409 411 411

3. Datenbankherstellerrecht, § 87a UrhG . . . . . . . . . . . . . . .

18

411

..... .....

18 23

411 415

. . . .

. . . .

27 28 30 38

417 418 418 421

4. Ergnzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz, § 4 Nr. 9 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

422

41 43 49 50 51 53

422 423 425 425 426 427

a) Schutzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verletzungshandlungen, insbesondere Hyperlinks und Suchmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einfache Hyperlinks . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Deep Links, inbesondere Suchmaschinen . . cc) Inline Links/Frames . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Subsidiaritt zum Immaterialgterrecht b) Wettbewerbliche Eigenart . . . . . . . . . . c) Besondere wettbewerbliche Umstnde . aa) Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Herkunftstuschung . . . . . . . . . . cc) Rufausbeutung . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . .

. . . . . .

. . . .

. . . . . .

. . . .

. . . . . .

. . . . . .

XXV

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

II. Rechtsverletzung durch Einstellen von Angeboten auf die Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

428

1. Rechte an eingestellten Werken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

428

2. Markenrechtsverletzungen

......................

58

429

III. Patentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

430

I. Ebersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

437

II. Internationalitt des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

439

1. Relevanz der Internationalitt

....................

4

439

2. Allgemeine internationalittsbegrndende Merkmale . . .

6

440

3. Spezielle Internationalittsmomente bei Marktpltzen und Online-Auktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

441

III. Sachlicher, persçnlicher und situativer Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts . .

11

442

1. Sachlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB . . . . .

12

443

2. Persçnlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB

16

445

..

16

445

.. .

18 21

446 448

Kapitel 11 Internationales Privatrecht (Mankowski)

...

a) Natrliche Person als Privatperson im Sinne des Art. 29 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmer als Vertragsgegenseite (Ausgrenzung von Vertrgen zwischen Privaten) . . . . . . . . . . . . . c) Maßgeblichkeit des nach außen erweckten Eindrucks d) Ermittlung des Vertragspartners und kollisionsrechtliche Anknpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

..

24

450

3. Situativer Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB . . . . .

25

451

a) Relevante Werbung unter Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB . . aa) Website als Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zumutbarkeit des Rechtsanwendungsrisikos fr den Unternehmer-Anbieter . . . . . . . . . . . . . .

26 27

451 451

28

453

XXVI

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

32

455

35

457

40 41

458 459

44

461

V. Ankn pfung bei Marktplatzgeschften und Versteigerungskufen im B2B- und im C2C-Bereich . . . . . . . .

47

463

1. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

463

a) Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtswahl bei Fremdversteigerungen ber Rechtswahlklausel in AGB des Online-Auktionshauses . . .

47

463

51

465

....

59

468

3. Objektive Anknpfung bei Eigenversteigerungen und Eigengeschften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

472

4. Keine Anwendung der CISG auf echte Versteigerungskufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

472

5. Rechtsgeschftlicher Ausschluss der CISG fr Verkufe gegen Hçchstgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

474

VI. Leistungseinwerben durch Auktion (Ausschreibungsmodell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

475

VII. Community Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

476

VIII. Ankn pfung des Eigentums bergangs . . . . . . . . . . . . .

76

477

IX. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

478

1. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

478

2. Anknpfung im B2C-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

479

a) Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

479

cc) Disclaimers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung der Website des Online-Auktionshauses zum Verußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgabe der eigenen Vertragserklrung durch den Verbraucher im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB . . . IV. Ankn pfung bei Versteigerungskufen im B2C-Bereich

2. Objektive Anknpfung bei Fremdversteigerungen

XXVII

Inhaltsverzeichnis

b) Durch Nicht-Verbrauchereigenschaft des Kunden bedingte Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtswahl und zwingende Vorschriften des Umweltrechts des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . d) Geographische Beschrnkung der Teilnahmeberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

81

480

83

481

85

482

3. Anknpfung im B2B-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

483

a) Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anknpfung bei Fehlen einer Rechtswahl . . . . . . . .

87 90

483 484

4. Kommissionsauftrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

485

5. Garantien als unselbstndiges Element

............

92

485

X. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Bieter und Online-Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

487

XI. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Ausschreibendem und Marktplatzbetreiber . . . . . . . . .

98

488

XII. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer bzw. Bieter und Treuhndern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

489

99

489

2. Online-Auktionshaus oder Marktplatzbetreiber als Treuhnder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

490

XIII. Eberlagerung durch Art. 29a EGBGB . . . . . . . . . . . . . . 102

491

1. Fremdtreuhnder

............................

1. Situativer Anwendungsbereich

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

491

2. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

492

XIV. Ankn pfung der Vertragsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

494

XV. Ankn pfung stellvertretungsrechtlicher Fragen . . . . . . 110

496

1. Stellvertretung in der Erklrungsabgabe . . . . . . . . . . . . 111

497

a) Anknpfung ohne Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

497 498

2. Empfangsvollmacht XXVIII

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

500

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

. . . . 118

500

1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

500

2. Besonderer Verkehrsschutz durch Art. 12 Satz 1 EGBGB

120

501

XVII. Keine Gnderungen der internationalvertragsrechtlichen Ankn pfung durch E-Commerce-RL und § 4 TDG . . . 123

502

XVIII. Internationale Reichweite des versteigerungsbezogenen deutschen Gewerberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

505

XIX. Ankn pfung der Preisangabenverordnung und anderer wettbewerbsrechtlicher Anforderungen . . . . . . . . . . . 131

507

1. Internationalwettbewerbsrechtliche Anknpfung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

507

XVI. Ankn pfung der Rechts- und Geschftsfhigkeit

a) Marktortanknpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Herkunftslandprinzip, europischer Binnenmarkt, E-Commerce-RL und § 4 TDG . . . . . . . . . . . . . . . 135

507 509

2. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

510

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) PreisangabenVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Verletzung çffentlich-rechtlicher Erfordernisse als Vorfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

510 510

XX. Internationales Immaterialg terrecht . . . . . . . . . . . . 139

511

1. Anknpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

511

2. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

513

511

Kapitel 12 Internationale Zustndigkeit (Mankowski) I. Ebersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schiedsklauseln

..............................

1

516

3

517

XXIX

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

1. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

517

2. Schiedsklauseln im B2C-Bereich

..................

6

518

III. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2B-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

521

1. Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

521

a) Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . c) Gerichtsstandsvereinbarungen außerhalb von EuGVVO und EuGVJ/LugJ . . . . . . . . . . . . . . d) Gerichtsstandsvereinbarung fr Versteigerungskauf ber Versteigerungs-AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.. ..

11 13

521 522

..

16

524

..

18

525

......................

23

527

3. Besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes . . . . . . . . .

26

529

a) Erfllungsort unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO . . . . b) Erfllungsort unter Art. 5 Nr. 1 litt. a, c EuGVVO, Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ/LugJ und § 29 ZPO . . c) Erfllungsortsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Niederlassungsgerichtsstand nach Art. 5 Nr. 5 EuGVJ/ LugJ bzw. § 21 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

..

26

529

.. ..

33 38

531 533

..

39

534

5. Besonderer Gerichtsstand des Vermçgens gegen Drittstaatler aus § 23 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

535

IV. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2C-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

535

1. Europisches Internationales Verbraucherprozessrecht . .

42

535

42

535

47 51

537 540

2. Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht . . . .

56

542

V. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im C2C-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

543

2. Allgemeiner Gerichtsstand

a) Persçnliche, sachliche und situative Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Situative Voraussetzungen unter Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXX

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

VI. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Wettbewerbsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

543

1. Allgemeiner Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

543

2. Deliktsgerichtsstand

..........................

61

544

3. Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

548

4. Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

549

VII. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Immaterialg terrechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . .

69

550

I. Einleitung und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

553

1. Ziel des Datenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

553

2. Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

553

3. Gesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

555

4. Personenbezug der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

557

..

10

558

1. Grundsatz des Erlaubnisvorbehalts zur Datenerhebung (§ 3 Abs. 1 TDDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

558

2. Jberblick ber die gesetzlichen Erlaubnistatbestnde . . . .

Kapitel 13 Datenschutz (Schmitz)

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien des Datenschutzrechts

12

558

. . . . . . . .

14 15 19 20 22 23 25 27

559 559 561 562 563 563 565 566

3. Jberblick ber besondere Verarbeitungstatbestnde . . . . .

28

566

a) Weitergabe von Abrechnungsdaten an Dritte . . . . . . . .

29

566

a) b) c) d)

Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abrechnungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsdaten und Erfllung der Kaufvertrge (1) Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abweichende Ansichten . . . . . . . . . . (3) Konkrete Einordnung . . . . . . . . . . . . (4) Forderung fr die Praxis . . . . . . . . . . .

.... .... .... ... .... .... .... ....

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

XXXI

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

b) Pseudonymisierte Nutzungsprofile . . . . . . . . . . . . . . c) Anonymisierte Nutzungsdaten/Nutzungsprofile . . . . d) Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch . . . . . . . . . .

30 31 33

567 567 567

4. Einwilligung des Nutzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

568

a) Form und Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . . .

35 36

568 569

III. Unterrichtungspflichten und technischorganisatorische Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

569

39 40

570 570

41

571

42

571

..

43

572

. . . .

. . . .

48 49 50 51

574 574 574 575

..

53

576

.. ..

54 55

577 577

.. .. ..

56 65 69

577 581 582

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer . . . . . . . . . . . . .

70

582

1. Unterrichtungspflichten der Diensteanbieter . . . . . . . . . a) Allgemeine Unterrichtungspflicht (§ 4 Abs. 1 TDDSG) b) Unterrichtungspflicht bei „automatisierten Verfahren“ („Cookies“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Technisch-organisatorische Pflichten (§ 4 Abs. 4 TDDSG, § 3a BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Datenvermeidung und Systemdatenschutz (§ 3a BDSG, § 4 Abs. 6 TDDSG) b) Mçglichkeit der Anonymisierung und Pseudonymisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sofortiger Abbruch (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 TDDSG) . . . . . d) Unmittelbare Lçschung (§ 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG) . . e) Schutz der Vertraulichkeit (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 TDDSG) f) Pflicht zur informationellen Trennung (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Systemdatenschutz fr Abrechnungsdaten und Nutzungsprofile (§ 4 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6 TDDSG) h) Anzeige der Weitervermittlung (§ 4 Abs. 5 TDDSG) i) Anonyme und pseudonymisierte Nutzung (§ 4 Abs. 6 TDDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Auskunftsanspruch des Nutzers (§ 4 Abs. 7 TDDSG) 3. Sanktionen bei Verstçßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schriftform der Einwilligungserklrung . . . . . . . . b) Elektronische Form der Einwilligungserklrung . . (1) Neufassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eindeutige und bewusste Erklrungshandlung (3) Protokollierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXII

. . . . .

. . . . .

. . . . .

72

583

73 75 78 79 82

584 584 585 585 587

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

c) Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 und Abruf nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . .

83 86

588 589

a) Angemessenheit als materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . .

87 91

589 591

V. Wahlmçglichkeiten des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

593

1. Einzelnachweis

..............................

95

593

2. Anonyme oder pseudonyme Bezahlung und Nutzung . . .

97

593

VI. Datenverarbeitung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

594

1. Verarbeitung innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

596

2. Verarbeitung außerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

596

a) b) c) d)

Sicherer Drittstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . Save-Harbour-Principles . . . . . . . . . . . . Lnder ohne angemessenes Schutzniveau Standardvertragsklausel . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

105 106 107 108

597 597 597 598

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung des Vertragsverhltnisses und der Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . 110

599

1. Typische Ausgestaltung der Datenverarbeitung Betreiber – Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erhebung der Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . b) Datenerhebung bei Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . c) Abrechnung mit Forderungsnachweis und Sperre/ Lçschung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zahlungsvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Pseudonymisierte Nutzungsprofile (§ 6 Abs. 3 TDDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gesetzliche Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . (2) Begrenzte Verarbeitungszwecke und Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verbot der nachtrglichen Zusammenfhrung und Konflikt mit § 4 Abs. 7 TDDSG . . . . . . . (4) Bedenken an der Verfassungsmßigkeit . . . . f) Erstellung von anonymisierten Nutzungsprofilen

. . . .

. . . .

. . . .

. . . 113 . . . 114 . . . 115

600 600 601

. . . 119 . . . 126

602 605

. . . 127 . . . 130

605 606

. . . 132

607

. . . 134 . . . 137 . . . 139

608 609 610

XXXIII

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

. . . . 140

611

. . . . 141 . . . . 142

611 612

. . . .

145 148 149 150

614 615 615 616

2. Rechtsverhltnis Betreiber – Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

616

a) Auskunft ber Nutzer an Bedarfstrger . . . . . . . . . . . . . 151 b) Auskunft ber Nutzer an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

616 617

3. Typische AGB-Einwilligungserklrungen Betreiber – Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

619

g) Bereitstellen der Nutzerbewertungen . . . . . . . . . . (1) Personenbezug trotz Pseudonymisierungsmçglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einwilligung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . (3) Berichtigungs-, Widerspruchs- und Lçschungsmçglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Speicherdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Typische Einwilligungsklausel . . . . . . . . . . . h) Missbrauchserkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Bestandsdaten fr Werbung, Beratung, Marktforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzugsermchtigung . . . . . . . . . . . . . . c) Cookies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nutzungsprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Nutzerbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Kontrolle der Datensicherheit und Schutz vor Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) SCHUFA -Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

158 159 160 161 164

620 620 620 621 621

. . . . . . . . . . . 165 . . . . . . . . . . . 166

622 622

4. Rechtsverhltnis Anbieter – Nachfrager . . . . . . . . . . . . . . 167

622

a) b) c) d) e)

. . . . .

. . . .

Erhebung der Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebung der Nutzungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung der Inhaltsdaten zur Leistungserbringung Abrechnung des Teledienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung der Nutzungsdaten zu anderen Zwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . .

168 170 171 174

623 623 624 625

. 178

627

Kapitel 14 Jugendschutz (Erdemir) I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

631

1. Verfassungsrang des Jugendschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

631

2. Verfassungsrechtliche Grenzen des Jugendschutzes . . . . . .

2

632

3. Medienwirkung und Einschtzungsprrogative . . . . . . . . .

6

634

XXXIV

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . . . . .

9

635

1. Spezielle Haftungskonstellationen bei OnlineVersteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

635

2. Pornografie (§ 184 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

636

........

12

636

........ ........ ........

15 18 21

638 639 641

3. Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

644

a) Schutzrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Darbietungen“ in Rundfunk, Medien- oder Telediensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewaltverherrlichung, Gewaltverharmlosung und Menschenwrde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schilderung grausamer oder sonst unmenschlicher Gewaltttigkeiten gegen Menschen . . . bb) Ausdruck der Verherrlichung oder Verharmlosung der Gewaltttigkeiten . . . . . . . . . . . . cc) Darstellung der Gewaltttigkeiten in einer die Menschenwrde verletzenden Weise . . . . 4. Volksverhetzung (§ 130 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

...

27

644

...

28

644

...

29

645

...

30

645

...

32

647

... ...

34 36

647 649

a) Schutzrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbreitung volksverhetzender Schriften (Abs. 2 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Leugnen des Holocaust (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

649

37 40

649 650

III. Spezialgesetzlicher Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . .

43

652

1. JMStV und JuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

652

2. Abgrenzung Telemedien – Trgermedien . . . . . . . . . . . . .

46

653

IV. Regelungen im Bereich des JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

656

1. Verantwortlichkeit der Anbieter von Telemedien (§ 2 Abs. 3 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

656

2. Unzulssige Angebote (§ 4 JMStV)

.................

54

656

a) Absolut unzulssige Angebote (§ 4 Abs. 1 JMStV) . . . . aa) Verbote aus dem Bereich des Kernstrafrechts . . . .

55 55

657 657

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzrichtungen der strafrechtlichen Pornografieverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begriff der Pornografie . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zugnglichmachen pornografischer Inhalte

XXXV

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

. . . . .

59 59 60 61 64

658 658 659 659 661

..

65

662

3. Entwicklungsbeeintrchtigende Angebote (§ 5 JMStV) . . . .

68

664

4. Werbung und Teleshopping (§ 6 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . .

78

668

5. Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten (§ 7 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

671

6. Kennzeichnungspflicht (§ 12 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

676

7. Kooperationsstelle „jugendschutz.net“ (§ 18 JMStV) . . . . .

97

677

8. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen und Beurteilungsspielraum (§ 20 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

679

9. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 23, 24 JMStV) . . . . . . . . 109

681

V. Regelungen im Bereich des JuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

681

1. Allgemeine Verbreitungsbeschrnkungen fr Bildtrger mit Filmen oder Spielen (§ 12 JuSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . 112

682

2. Spezielle Verbreitungs- und Werbebeschrnkungen fr jugendgefhrdende Trgermedien (§ 15 JuSchG) . . . . . . . . . 116

685

3. Veranstaltung von Online-Gewinnspielen (§ 6 Abs. 2 JuSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

686

4. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 27, 28 JuSchG) . . . . . . . 121

687

bb) Sonstige Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kriegsverherrlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verstoß gegen die Menschenwrde . . . . . . . (3) Posendarstellungen Minderjhriger . . . . . . . (4) In Listenteile B und D aufgenommene Werke b) In geschlossenen Benutzergruppen zulssige Angebote (§ 4 Abs. 2 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

Kapitel 15 Strafrechtliche Fragen (Vassilaki) I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts

............

1

689

II. Strafbarkeit der Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

694

1. Strafbarkeit fr eigene Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

694

XXXVI

Inhaltsverzeichnis

Rz.

Seite

2. Strafbarkeit fr Handlungen der Marktbetreiber und Nachfrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

695

III. Strafbarkeit der Marktanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

697

1. Anbieten von Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

698

. . . . . . .

25 26 39 41 42 56 62

698 698 702 702 703 707 709

2. Anbieten von Produkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

711

. . . . . . .

70 70 73 80 81 82 86

711 711 712 714 714 714 715

IV. Strafbarkeit der Nachfrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

717

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

719

a) Allgemeine Handlungen . . . . . . . . . . . . aa) Strafbare Werbung (§ 16 Abs. 1 UWG) bb) Betrug (§ 263 StGB) . . . . . . . . . . . . . b) Spezielle Dienstleistungen . . . . . . . . . . aa) Arbeitsmarktpltze . . . . . . . . . . . . bb) Online-Spiele . . . . . . . . . . . . . . . . cc) P2P-Dienstleistungen . . . . . . . . . . a) Allgemeine Handlungen . . aa) Betrug . . . . . . . . . . . . bb) Hehlerei . . . . . . . . . . cc) Strafbare Werbung . . . b) Spezielle Produkte . . . . . . aa) Geflschte Produkte . . bb) Manipulierte Produkte

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

.. . .. .. .. .. .. . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

XXXVII

Inhaltsverzeichnis

XXXVIII

Abk rzungsverzeichnis

a.A. ABl. ABl. EG C

ArchPT Art. ASCII AT Aufl. AuR ausf. Ausg. AWV

andere(r) Ansicht Amtsblatt Amtsblatt der Europischen Gemeinschaften, Teil C: Mitteilungen und Bekanntmachungen Amtsblatt der Europischen Gemeinschaften, Teil L: Rechtsvorschriften Absatz abweichend Archiv fr die civilistische Praxis (Zeitschrift) am Ende Rnderungsgesetz Rnderungsverordnung alte Fassung Archiv fr Presserecht (Zeitschrift) Amtsgericht, Aktiengesellschaft Allgemeine Geschftsbedingungen allgemein Alternative andere(r) Meinung amtlich Anhang Anlage Anmerkung(en) Anwaltsblatt (Zeitschrift) Anzeiger America Online Archiv des çffentlichen Rechts (Zeitschrift) Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagwerk des Bundesarbeitsgerichts Archiv fr Post und Telekommunikation Artikel American Standard Code for Information Interchange Allgemeiner Teil Auflage Arbeit und Recht (Zeitschrift) ausfhrlich Ausgabe Arbeitsgemeinschaft fr wirtschaftliche Verwaltung e.V.

BAG BAGE

Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

ABl. EG L Abs. abw. AcP a.E. RndG RndVO a.F. AfP AG AGB allg. Alt., Altern. a.M. amtl. Anh. Anl. Anm. AnwBl. Anz. AOL AçR AP

XXXIX

Abkrzungsverzeichnis

BAnz. BAPT BayObLG BayVBl. BayVGH BB Bd., Bde. BDSG Bearb. Begr. Beil. bej. Bek. Bem. ber. bes. Beschl. betr. BetrVG BfD BFH BFHE BGB BGBl. I (II, III) BGH BGH LM BGHR BGHSt BGHZ BImSchG

BImSchV

BKA BKartA Bl. BR BR-Drs. BReg. XL

Bundesanzeiger Bundesamt fr Post und Telekommunikation Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsbltter (Zeitschrift) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band, Bnde Bundesdatenschutzgesetz Bearbeiter Begrndung Beilage bejahend Bekanntmachung Bemerkung berichtigt besonders Beschluss betreffend Betriebsverfassungsgesetz Bundesbeauftragter fr den Datenschutz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofes Brgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I (II, III) Bundesgerichtshof Nachschlagwerk des Bundesgerichtshofs, Lindenmaier/ Mçhring, u.a. (Hrsg.) BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofs, Kçln, 1987 ff. (Losebl.) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz zum Schutz vor schdlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Gerusche, Erschtterungen und hnliche Vorgnge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Verordnungen zur Durchfhrung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (mit Nummer der jeweiligen Verordnung) Bundeskriminalamt Bundeskartellamt Blatt Bundesrat Bundesrats-Drucksache Bundesregierung

Abkrzungsverzeichnis

BR-Prot.

bzw.

Bundesratsprotokoll (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bundesrates) Bundessozialgericht Bundesamt fr Sicherheit in der Informationstechnik Bundessteuerblatt Besonderer Teil Bundestags-Drucksache Bundestagsprotokoll (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestages) Bildschirmtext Bildschirmtext-Staatsvertrag vom 31. 8. 1991 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen (Amtliche Sammlung) des Bundesverfassungsgerichts Gesetz ber das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen (Amtliche Sammlung) des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise

ca. CD-ROM cic CIS CM CR c’t CW

circa Compact Disk – Read Only Memory culpa in contrahendo Common Information System Computer Magazin (Zeitschrift) Computer und Recht (Zeitschrift) Magazin fr Computertechnik (Zeitschrift) Computerwoche (Zeitschrift)

DB DBP ders. DES DFJ d.h. dies. DIN DIN-Mitt. Diss. DJT DM DIV DRiZ DSB DStZ

Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Bundespost derselbe Data Encryption Standard Datenfernbertragung das heißt dieselbe/n Deutsches Institut fr Normung DIN-Mitteilungen (Zentralorgan der deutschen Normung) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark Die çffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift) Datenschutz-Berater (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift)

BSG BSI BStBl. BT BT-Drs. BT-Prot. Btx Btx-StV BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE

XLI

Abkrzungsverzeichnis

DtZ DuD DVBl DVD DVO DVR DZWir

Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift (Zeitschrift) Datenschutz und Datensicherung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Digital Versatile Disk Durchfhrungsverordnung Datenverarbeitung im Recht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift fr Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

E ebd. ECRL Ed. EDI EDIFACT

Entscheidungssammlung ebenda E-Commerce-Richtlinie Editor Electronic Data Interchange Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport Editors Elektronische Datenverarbeitung Einheitliche Europische Akte vom 17. 2. 1986 European Free Trade Association Europische Gemeinschaft(en) Einfhrungsgesetz zum Brgerlichen Gesetzbuch Einfhrungsgesetz zum Strafgesetzbuch Vertrag zur Grndung der Europischen Gemeinschaft vom 25.3.1957 Einfhrung, einfhrend Einleitung Electronic Mail endgltig Entscheidung entsprechend Entwurf Europisches Parlament ergnzt Ergnzungsband Entscheidungssammlung Einkommensteuergesetz Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs; Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Wrttemberg (Entscheidungssammlung) und andere et cetera Europische Union Gerichtshof der Europischen Gemeinschaften Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europischen Gemeinschaften

Eds. EDV EEA EFTA EG EGBGB EGStGB EGV Einf., einf. Einl. E-Mail endg. Entsch. entspr. Entw. EP erg. ErgBd. ES EStG ESVGH

et al. etc. EU EuGH EuGHE

XLII

Abkrzungsverzeichnis

EuGRZ EuR EUV EuZPR EuZVR EuZW EV

e.V. evtl. EWG EWGV EWR EWS

Europische Grundrechte-Zeitschrift (Zeitschrift) Europarecht (Zeitschrift) Vertrag ber die Europische Union (Maastricht-Vertrag) vom 7.2.1992 Europisches Zivilprozessrecht Europisches Zivilverfahrensrecht Europische Zeitschrift fr Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31.8.1990 eingetragener Verein eventuell Europische Wirtschaftsgemeinschaft, seit 1.11.1993 umbenannt in Europische Gemeinschaft Vertrag zur Grndung der Europischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957 Europischer Wirtschaftsraum Europisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift), Europisches Whrungssystem

f. FAG FAS FAZ FCC ff. Fn. FR FS FTP FJV FuR

folgende Gesetz ber Fernmeldeanlagen Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Federal Communications Commission fortfolgende Fußnote Frankfurter Rundschau Festschrift File Transfer Protocol Fernmeldeberwachungs-Verordnung Film und Recht (Zeitschrift)

G GA GABl. GastG GB GBl. GefStoffV GFVO-VV gem. GewArch GewO GG

Gesetz Goltdammer’s Archiv fr Strafrecht (Zeitschrift) Gemeinsames Amtsblatt Gaststttengesetz Giga-Byte Gesetzblatt, Gesetzbltter Gefahrstoffverordnung Gruppenfreistellungsverordnung Vertikalvereinbarungen gemß Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gewerbeordnung Grundgesetz fr die Bundesrepublik Deutschland XLIII

Abkrzungsverzeichnis

ggf. GI GjS GmbHG GMBl. GO grdl. GRUR GRUR AIT GRUR Int. GS GVBl., GV GVG GV NW GWB

gegebenenfalls Gesellschaft fr Informatik Gesetz ber die Verbreitung jugendgefhrdender Schriften und Medieninhalte Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschrnkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Geschftsordnung grundlegend Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Auslandsund internationaler Teil (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (Zeitschrift) Gesetzessammlung, Gedchtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt fr das Land NordrheinWestfalen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen (Kartellgesetz)

h.A. Herv. HessStAnz. HessVGH HGB h.L. h.M. Hrsg. Halbs. HTML HTTP

herrschende Auffassung Hervorhebung Hessischer Staatsanzeiger Hessischer Verwaltungsgerichtshof Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Hypertext Markup Language Hypertext Transport Protocol

ibd. ICC i.d.F. i.d.R. i.E. i.e.S. IGH insb. IOSCO IP

ibidem International Chamber of Commerce in der Fassung in der Regel im Erscheinen, im Ergebnis im engeren Sinne Internationaler Gerichtshof insbesondere International Organisation of Securities Commissions Internet Protocol Internationales Privatrecht/int. Privatrechte

XLIV

Abkrzungsverzeichnis

i.R.d. i.R.v. i.S. i.S.v. ISP IT i.J. IuK IuKDG iur i.V.m. i.w.S. IZPR IZVR

im Rahmen des im Rahmen von im Sinne im Sinne von Internet Service Provider Informationstechnik im Jbrigen Informations- und Kommunikations(technik) Informations- und Kommunikationsdienstegesetz Informatik und Recht (Zeitschrift) in Verbindung mit im weiteren Sinne Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht

JA Jg. JçR JR jur. Jura JuS JZ

Juristische Arbeitsbltter (Zeitschrift) Jahrgang Jahrbuch des çffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Rundschau (Zeitschrift) juristisch Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift)

Kap. KB KG KJ KOM

K&R

Kapitel Kilo-Byte Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kritische Justiz (Zeitschrift) Dokument der EG-Kommission, Legislativvorschlge und andere Kommissionsmitteilungen von allgemeinem Interesse kritisch Kritische Justiz (Zeitschrift) Kritische Vierteljahresschrift fr Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (Zeitschrift) Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Knste und der Photographie (Kunsturhebergesetz) Kommunikation und Recht (Zeitschrift)

Lfg. LG Lit. Lit./lit. LKV LS

Lieferung Landgericht Literatur Buchstabe/littera Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Leitsatz

krit. KritJ KritV KUG

XLV

Abkrzungsverzeichnis

LT-Drs. LUG

Drucksache des Landtags Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst

m. m.a.N. Mat. m.a.W. MB MBl. MDR MDStV ME MedG MHS MIME MinBl. Mio. MMR MODEM Mot. MP Mrd. Ms. m.w.N.

mit mit ausfhrlichen Nachweisen Materialien mit anderen Worten Mega-Byte Ministerialblatt Monatsschrift des Deutschen Rechts (Zeitschrift) Mediendienste-Staatsvertrag Musterentwurf Mediengesetz Message Handling System Multipurpose Internet Mail Extensions Ministerialblatt Million Multimedia und Recht Modulator/Demodulator Motive Media Perspektiven (Zeitschrift) Milliarde Manuskript mit weiteren Nachweisen

Nds., nds. NdsGVBl. n.F. NJW NJW-CoR NJW-RR No. Nr. NStZ n.v. NVwZ NVwZ-RR

Niedersachsen, niederschsisch Niederschsisches Gesetz- und Verordnungsblatt neue Fassung, neue Folge Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW – Computerreport (Zeitschrift) NJW – Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Number (Nummer) Nummer(n) Neue Zeitschrift fr Strafrecht (Zeitschrift) nicht verçffentlicht Neue Zeitschrift fr Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift fr Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westflisch Nordrhein-Westflische Verwaltungsbltter (Zeitschrift) Neue Zeitschrift fr Arbeitsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift fr Arbeitsrecht – Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)

NW, nw NWVBl. NZA NZA-RR

XLVI

Abkrzungsverzeichnis

OECD

OVG OWiG

Organization for Economic Cooperation and Development Iffentliche Verwaltung und Datenverarbeitung (Zeitschrift) oben genannt Oberlandesgericht s. WTO Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts/der Oberverwaltungsgerichte Oberverwaltungsgericht Gesetz ber Ordnungswidrigkeiten

PC PGP PIN p.m.a.

Personal Computer Pretty Good Privacy (Verschlsselungsprogramm) Persçnliche Identifikationsnummer post mortem auctoris

RabelsZ RBJ RdA RdErl. Rz. RDV RefE RegE RfStV RGZ Rh.-Pf., rh.-pf. RIW RL Rspr. RuF RuP

Rabels Zeitschrift fr auslndisches und internationales Privatrecht (Zeitschrift) Revidierte Berner Jbereinkunft Recht der Arbeit (Zeitschrift) Runderlass Randziffer(n) Recht der Datenverarbeitung (Zeitschrift) Referentenentwurf Regierungsentwurf Rundfunkstaatsvertrag Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfalz, rheinland-pflzisch Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie(n) Rechtsprechung Rundfunk und Fernsehen (Zeitschrift) Recht und Politik (Zeitschrift)

S. s. Saarl., saarl. Sachs., schs. Sachs.-Anh., sachs.-anh. SchG Schl.-H., schl.-h. Slg. SMTP

Satz, Seite siehe Saarland, saarlndisch Sachsen, schsisch Sachsen-Anhalt, sachsen-anhaltisch Scheckgesetz Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch Sammlung Simple Mail Transport Protocol

IVD o.g. OLG OMC OVGE

XLVII

Abkrzungsverzeichnis

s.o. sog. SPD Staudinger/ Bearbeiter StGB StGH StPO str. StrRndG st. Rspr. StV s.u. SZ

siehe oben so genannt Sozialdemokratische Partei Deutschlands J.v. Staudingers Kommentar zum Brgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl., Berlin 1993 ff. Strafgesetzbuch Staatsgerichtshof Strafprozessordnung streitig, strittig Strafrechtsnderungsgesetz stndige Rechtsprechung Strafverteidiger (Zeitschrift), Staatsvertrag siehe unten Sddeutsche Zeitung

TAN TCP/IP TDDSG TDG TDSV

Transaktionsnummer Transmission Control Protocol/Internet Protocol Teledienstedatenschutzgesetz Teledienstegesetz Verordnung ber den Datenschutz fr Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (Telekommunikationsdiensteunternehmen-Datenschutzverordnung) teilweise Telekommunikations-Entgeltverordnung Thringen, thringisch Thringer Verwaltungsbltter (Zeitschrift) Telekommunikation Telekommunikationsgesetz Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Agreement on –)

teilw. TEntgV Thr., thr. ThrVBl. TK TKG TRIPS

u.a. u.R. UFITA UN UNCID UNCITRAL u.ç. UrhG URL Urt. US/USA XLVIII

unter anderem und Rhnliches Archiv fr Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (Zeitschrift) United Nations Uniform rules of Conduct United Nation Commission on International Trade Law und çfter Gesetz ber Urheberrechte und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Uniform Resource Locator Urteil United States (of America)

Abkrzungsverzeichnis

usw. u.U. UWG

und so weiter unter Umstnden Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. v.a. VA Var. VBIBW Verf. VerfGH Verh. VerwA VFF

vom vor allem Verwaltungsakt Variante Verwaltungsbltter fr Baden-Wrttemberg (Zeitschrift) Verfasser Verfassungsgerichtshof Verhandlungen Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH Verwaltungsgericht, Verwertungsgesellschaft Verwertungsgesellschaft Bild – Kunst Verwertungsgesellschaft fr Nutzungsrechte an Filmwerken mbH Verwaltungsgerichtshof Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vergleiche Verwertungsgesellschaft Wort, vereinigt mit der Verwertungsgesellschaft Wissenschaft Verordnung Volume (Band) Vorbemerkung Verwaltungsrundschau (Zeitschrift) Verçffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Versicherungsvertragsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsvorschrift Verwaltungsverfahrensgesetz

VG VG Bild – Kunst VGF VGH VGHE vgl. VG WORT VO Vol. Vorb. VR VVDStRL VVG VwGO VwV VwVfG WCT WiB WIPO WIPR wistra WiVerw. WM WpHG

WIPO Copyright Treaty Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift) World Intellectual Property Organization (Weltorganisation fr geistiges Eigentum, Genf, franz.Abk.L OMPI) World Intellectual Property Report Zeitschrift fr Wirtschaft, Steuer, Strafrecht (Zeitschrift) Wirtschaft und Verwaltung, Vierteljahresbeilage zum Gewerbearchiv (Zeitschrift) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz XLIX

Abkrzungsverzeichnis

WPPT WTO WUA WuB WWW WZG z. ZAW z.B. ZBB ZfV ZG Ziff. ZIP Zit. ZPO ZRP ZSR ZStW z.T. zugl. ZUM zust. zutr. ZZP

L

WIPO Performances and Phonograms Treaty (Vertrag ber Darbietungen und Tontrger) World Trade Organization Welturheberrechtsabkommen Entscheidungen zum Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift) World Wide Web Warenzeichengesetz zum, zur Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft zum Beispiel Zeitschrift fr Bankrecht und Bankwirtschaft (Zeitschrift) Zeitschrift fr Verwaltung (Zeitschrift) Zeitschrift fr Gesetzgebung (Zeitschrift) Ziffer Zeitschrift fr Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zitat Zivilprozessordnung Zeitschrift fr Rechtspolitik (Zeitschrift) Zeitschrift fr das Schweizerische Recht (Zeitschrift) Zeitschrift fr die gesamte Strafrechtswissenschaft (Zeitschrift) zum Teil zugleich Zeitschrift fr Urheber- und Medienrecht (Zeitschrift), frher: Film und Recht zustimmend zutreffend Zeitschrift fr Zivilprozeß (Zeitschrift)

Literaturverzeichnis

Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Kçln 1993 Bamberger/Roth, Kommentar zum Brgerlichen Gesetzbuch, Mnchen 2003 Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, Neuwied u.a. 2002 v. Bar, Internationales Privatrecht II, Mnchen 1991 v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, 2. Aufl., Mnchen 2003 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Mnchen 2001 Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., Mnchen 2004 Baumbach/Lauterbach/Wolfgang/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 62. Aufl., Mnchen 2004 Bergmann/Mçhrle/Herb, Datenschutzrecht, Handkommentar, Loseblatt, Stuttgart, Stand: Juni 1999 Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze – Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Mediendienste-Staatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz, Mnchen 1999 Boesen, Vergaberecht Kommentar zum 4. Teil des GWB, Kçln 2000 Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, Mnchen 2003 Br)utigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003 Brisch/Brisch, Elektronische Signatur und Signaturgesetz, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kapitel 13.3, Mnchen 2004 Brçcker/Czychowski/Sch)fer, Praxishandbuch Geistiges Eigentum im Internet, Mnchen 2003 Br+hann, Kommentierung Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natrlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Warenverkehr, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europischen Union, Teil II Sekundrrecht, Band IV hrsg. von M. Wolf, Teil A Verbraucherund Datenschutzrecht, 13. Erg.-Lfg., Mnchen, Mai 1999 Buchner, E-Commerce und effektiver Rechtsschutz – oder: Wer folgt wem wohin?, EWS 2000, 147 B+cker, Internet-Auktionen – Internationales Privat- und Verfahrensrecht, Mnster/Hamburg 2003 Bullinger, Internet-Auktionen – Die Versteigerung von Neuwaren im Internet aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, WRP 2000, 253 Byok/Jaeger (Hrsg.), Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl., Heidelberg 2003 Daub/Eberstein (Hrsg.), Kommentar zur VOL/A, 5. Aufl., Dsseldorf 2003 Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, Mnchen 2004 LI

Literaturverzeichnis

Dreyer/Kotthoff/Meckel, Heidelberger Kommentar zum Urheberrecht, Heidelberg 2004 Engel, Die Internet-Service-Provider als Geiseln deutscher Ordnungsbehçrden – Eine Kritik an den Verfgungen der Bezirksregierung Dsseldorf, MMR-Beilage 4/2003, 1 Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblatt-Kommentar, Mnchen, Stand: Februar 2004 Erdemir, Filmzensur und Filmverbot – Eine Untersuchung zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die strafrechtliche Filmkontrolle im Erwachsenenbereich, Marburg 2000 Erdemir, Gewaltverherrlichung, Gewaltverharmlosung und Menschenwrde, ZUM 2000, 699 Erdemir, Neue Paradigmen der Pornografie? – Ein unbestimmter Rechtsbegriff auf dem Prfstand, MMR 2003, 628 Ermann, Brgerliches Gesetzbuch, Band I, 11. Aufl., Kçln 2004 Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Mnchen 2003 Fackler/Konermann, Praxis des Versteigerungsrechts, Mnchen 1991 Fallenbçck, Internet und Internationales Privatrecht, Wien/New York 2001 Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., Mnchen 2001 Foss/Bygrave, International Consumer Purchases through the Internet: Jurisdictional Issues pursuant to European Law, (2000) 8 Int. J. L. & Info. Tech. 99 Franke/Kemper/Zanner/Gr+nhagen (Hrsg.), VOB Kommentar, Dsseldorf 2002 Freytag, Haftung im Netz, Mnchen 1999 Friauf, GewO, Neuwied, Stand: Februar 1998 Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., Stuttgart 1998 v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kçln 1987 Geimer/Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Mnchen 2004 Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, Berlin 2000 Glatt, Vertragsschluss im Internet, Baden-Baden 2002 Gloy (Hrsg.), Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., Mnchen 1998 Gounalakis (Hrsg.), Rechtshandbuch Electronic Business, Mnchen 2003 Grabitz/Hilf, Das Recht der Europischen Union, 22. Erg.-Lfg., Stand: August 2003, Mnchen Gramlich/Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, Mnchen 2003 Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Mnchen 2003 Heckmann, E-Commerce – Flucht in den virtuellen Raum?, NJW 2000, 1370 LII

Literaturverzeichnis

Heckmann, Vergaberecht, in: Spindler (Hrsg.), Rechtsfragen bei Open Source, Kçln 2004, S. 281 Hertwig, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe (VOB/VOL/VOF), 2. Aufl., Mnchen 2001 Hoeren, Rechtsfragen des Internet, 1998 Hoeren/M+glich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, Berlin 2002 Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Mnchen, Stand: Erg.-Lfg. 12, September 2004 v. Hoyningen-Huene, Die vertragliche Stellung des Versteigerers, NJW 1973, 1473 Huppertz, S., Rechtliche Probleme von Online-Auktionen, MMR 2000, 65 Immenga/Mestm)cker (Hrsg.), GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl., Mnchen 2001 Ingenstau/Korbion (Hrsg.), VOB Kommentar, 15. Aufl., Dsseldorf 2004 Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Mnchen 2003 Jacobs/Lindacher/Teplitzky, Großkommentar zum UWG, 1. Aufl., 13. Lieferung, Berlin/New York 1999 Jarass/Pieroth, Grundgesetz fr die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 7. Aufl., Mnchen 2004 Kaminski/Henßler/Kolaschnik/Papathoma-Baetge (Hrsg.), Rechtshandbuch E-Business, Neuwied usw. 2002 Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, Kçln 1999 Kloepfer, Informationsrecht, Mnchen 2002 Koch, Internet-Recht, Wien 1998 Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis – Wettbewerbsrecht, Kartellrecht, Ikonomie, Heidelberg 2002 Kçhler, BGB Allgemeiner Teil, 28. Aufl., Mnchen 2004 Kçhler/Arndt, Recht des Internet, 4. Aufl., Heidelberg 2003 Kçhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Mnchen 2002 Kropholler, Europisches Zivilprozeßrecht, 7. Aufl., Heidelberg 2002 Lackner/K+hl, Strafgesetzbuch mit Erluterungen, 25. Aufl., Mnchen 2004 Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Mnchen, Loseblatt-Kommentar, Stand: Mai 2003 Langer, Vertragsanbahnung und Vertragsschluß im Internet, Forum Int. 1999, 1 Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., Mnchen 1994 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Brgerlichen Rechts, 9. Aufl., Mnchen 2004 Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Heidelberg/Frankfurt 2004 LIII

Literaturverzeichnis

Leible/Sosnitza, Virtuelle Einkaufsgemeinschaften, ZIP 2000, 732 Loewenheim/Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 1998 von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1 (Prambel bis Art. 19), 4. Aufl., Mnchen 1999 Mankowski, Internationaler Verbraucherschutz und Internet, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 Mankowski, Internet und Internationales Wettbewerbsrecht, GRUR Int. 1999, 909 Mankowski, Wie problematisch ist die Identitt des Erklrenden bei E-Mails wirklich?, NJW 2002, 2822 Mankowski, Behçrdliche Eingriffe und grenzberschreitende OnlineDienste, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 Mankowski, Internationales Privatrecht der Providervertrge (Teil III), in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Kçln 2004 Marx/Ahrens, Der Auktionator, Neuwied 1992 M)schle, Maklerrecht von A – Z, Mnchen 1997 Maunz/D+rig, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1 (Prambel bis Art. 11), Mnchen, Stand: Februar 2003 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 8. Aufl., Heidelberg 2002 Menke, Community Shopping und Wettbewerbsrecht, WRP 2000, 337 de Miguel Asensio, Derecho privado de Internet, 3. Aufl. Madrid 2002 Mçhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., Mnchen 2000 Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, Kçln 2002 Motzke/Pietzcker/Prieß (Hrsg.), VOB Kommentar, Mnchen 2001 von M+nch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1 (Prambel bis Art. 19), 5. Aufl., Mnchen 2000 Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz, 3. Aufl., Mnchen 2002 Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.), Kommentar zum Vergaberecht, Neuwied 2000 Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 10. Aufl., Baden-Baden 2004 Palandt, Brgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., Mnchen 2004 Prieß, Handbuch des europischen Vergaberechts, 2. Aufl., Kçln u.a. 2001 Rauscher (Hrsg.), Europisches Zivilprozessrecht, 2004 Rebmann/S)cker/Rixecker (Hrsg.), Mnchner Kommentar zum Brgerlichen Gesetzbuch: Band 1 – Allgemeiner Teil (§§ 1–240; AGB-Gesetz), 4. Aufl., Mnchen 2001; Band 2a – Schuldrecht Allgemeiner Teil (§§ 241–432), 4. Aufl., Mnchen 2003; Band 4 – Schuldrecht Besonderer Teil II (§§ 607–704), 3. Aufl., Mnchen 1997 Reidt/Stickler/Glahs (Hrsg.), Vergaberecht Kommentar, 2. Aufl., Kçln 2003 LIV

Literaturverzeichnis

Reithmann/Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl., Kçln 2004 Riese, Vergaberecht, Berlin u.a. 1998 Rçhricht/Westphalen Graf von, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Kçln 2001 Roßnagel (Hrsg.), Die elektronische Signatur in der çffentlichen Verwaltung, Baden-Baden 2002 Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimediadienste (RMD), Stand: Erg.-Lfg. 6, Dezember 2004 Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Mnchen 2003 Roßnagel/Banzhaf/Grimm, Datenschutz im Electronic Commerce, Heidelberg 2003 R+ßmann, Verbraucherschutz im Internet, K&R 1998, 129 R+ßmann/Reich, Internet als gewerbeordnungsfreier Raum?, K&R 2000, 116 Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Mnchen 2003 Schaar, Datenschutz im Internet, Mnchen 2002 Schack, Internationale Urheber-, Marken- und Wettbewerbsverletzungen im Internet, MMR 2000, 59, 135 Schaltinat, Internationales Verbraucherprozeßrecht, Frankfurt usw. 1998 Schmidt, Mnchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 1 – Erstes Buch, Handelsstand (§§ 1–104), Mnchen 1996 Schmidt/Wiechert/Kçnigshofen, Telekommunikationsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Loseblatt, Heidelberg, Stand: Dezember 1999 Schçnke/Schrçder, Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl., Mnchen 2001 Schçnleiter, Internetauktionen sind keine Versteigerungen i.S.d. § 34b GewO, GewArch 2000, 49 Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., Mnchen 1999 Schu, The Applicable Law to Consumer Contracts Made over the Internet, (1997) 5 Int. J. L. & Info. Tech. 192–229 Schuster, F. (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia, Mnchen 2001 Schwarz (Hrsg.), Recht im Internet, Band 1, Loseblatt, Augsburg, Stand: Oktober 2002 Sieber, Strafrechtliche Verantwortlichkeit fr den Datenverkehr in internationalen Computernetzen, JZ 1996, 429 Sieber, Die rechtliche Verantwortlichkeit im Internet: Technische Kontrollmçglichkeiten und multimediarechtliche Regelungen, Mnchen 1999 Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 4. Aufl. 1992, Loseblatt, Baden-Baden, Stand: Dezember 1998 Soergel, Brgerliches Gesetzbuch, Band 2, Allgemeiner Teil 2, 13. Aufl., Stuttgart 1999 Spindler, Haftungsrechtliche Grundprobleme der neuen Medien, NJW 1997, 3193 ff. Spindler, Anm. zu OLG Brandenburg, Urt. v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, MMR 2004, 330 LV

Literaturverzeichnis

Spindler, Internationales Verbraucherschutzrecht und Internet, MMR 2000, 18 Spindler, Haftungsrecht, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Mnchen 1999, Kap. 29 Spindler, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. Kçln 2004 Spindler/Geis/Schmitz, Teledienstegesetz, Mnchen 2004 Staub, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Aufl., Berlin 1994 Staudinger, A., Internationales Verbraucherschutzrecht made in Germany, RIW 2000, 416 Staudinger, J. v. (Begr.), Kommentar zum Brgerlichen Gesetzbuch mit Einfhrungsgesetz und Nebengesetzen, AGBG, 13. Bearbeitung, Berlin 1993–2004 Stçgm+ller, Auktionen im Internet, K&R 1999, 391 Storr, Elektronische Kommunikation in der çffentlichen Verwaltung – Die Einfhrung des elektronischen Verwaltungsakts, MMR 2002, 579 Strçbele/Klaka, Markengesetz, 7. Aufl., Kçln 2003 Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., Mnchen 2004 Trçndle/Fischer, Kommentar zum Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 52. Aufl., Mnchen 2004 Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG, 8. Aufl., Kçln 1997 Vassilaki, Strafrechtliche Haftung nach §§ 8 ff. TDG, MMR 2002, 659 Vassilaki/Martens, Computer- und Internetstrafrecht, Oldenburg 2003 Vçlker, Preisangabenrecht, Mnchen 1996 Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Mnchen, Loseblatt-Handbuch, Mnchen, Stand: Mai 2004 Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, Mnchen 2002 Wicher, Der Versteigerer, Stuttgart 1961/1986 Wilmer, Rechtliche Probleme der Online-Auktionen, NJW-CoR 2000, 94 Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Kommentar, 4. Aufl., Mnchen 1999

LVI

Kapitel 1 Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . II. Online-Versteigerungen . . . . 1. Angebotene Waren . . . . . . 2. Gewerbliche und private Versteigerungen . . . . . . . . . . 3. Fremd- und Eigenversteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Durchfhrung . . . . . . . . . 5. „Verdeckte“ Auktionen . . . III. Umgekehrte Versteigerungen . 1. „Ausschreibungen“ . . . . . . a) Ausschreibungen eines Anbieters . . . . . . . . . . . .

1 5 6 8 10 11 14 15 16 17

b) Ausschreibungen mehrerer Anbieter . . . . . . . . . . . 2. Angekndigte lineare Preissenkungen (Reverse Auctions) . . IV. Preisnachlsse an virtuelle Kaufgemeinschaften (Community-Shopping) . . . . . . . . . . . 1. Ablauf . . . . . . . . . . . . . 2. Varianten . . . . . . . . . . . . a) Bieten auf Zwischenstufen b) Offene und geschlossene Preisstufen . . . . . . . . . c) „Feste Preise“ . . . . . . . .

19 20

21 22 23 23 27 28

Literatur: W. Bullinger, Internet-Auktionen – Die Versteigerung von Neuwaren im Internet aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, WRP 2000, 253; Ernst, Rechtliche Zulssigkeit von Preisnachlssen an virtuelle Kaufgemeinschaften im Internet, CR 2000, 239; Ernst, Die Online-Versteigerung, CR 2000, 304; P. Huppertz, Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit von Verbraucher-Einkaufsgemeinschaften im Web, MMR 2000, 329; S. Huppertz, Rechtliche Probleme von Online-Auktionen, MMR 2000, 65; Leible/Sosnitza, Virtuelle Einkaufsgemeinschaften, ZIP 2000, 732; Menke, Community Shopping und Wettbewerbsrecht, WRP 2000, 337; Pestalozza, Versteigerungen im Internet, SJZ 1998, 241; Steinbrecher, Internetauktionen, DuD 2001, 648; Stçgm+ller, Auktionen im Internet, K&R 1999, 391; Wiebe, Vertragsschluss bei Online-Auktionen, MMR 2000, 323.

I. Grundlagen Elektronische Marktpltze sind virtuelle Orte, an denen der Anbieter – der 1 Betreiber der Website – seinen Kunden die Mçglichkeit bietet, zum Vertragsabschluss zusammenzukommen. Der Anbieter stellt eine Plattform fr Leistungserbringer und -empfnger zur Verfgung. Elektronische Marktpltze sind also Websites im Online-Handel, die durch eine „many-to-many-Beziehung“ zwischen „mehreren Anbietern und mehreren Nachfragern gekennzeichnet sind“. 1 Eine rechtliche Ordnung unter den vorhandenen Typen verschiedener elek- 2 tronischer Marktpltze lsst sich auf unterschiedliche Weise erzielen. So sind zunchst offene und geschlossene Marktpltze zu unterscheiden. Auf offenen Marktpltzen kçnnen sich grundstzlich alle interessierten Anbie1 Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I 40.

Ernst | 1

Kap. 1 Rz. 3

Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

ter und Nachfrager beteiligen. Geschlossene Marktpltze – auch private oder Business Communities genannt – hingegen sind durch eine definierte und demzufolge begrenzte Zahl von Teilnehmern gekennzeichnet. 2 Eine weitere Unterscheidung nach der Art der angebotenen Waren und daraus folgend auch in horizontale und vertikale Marktpltze ist zwar mçglich, doch ist diese Abgrenzung (von der Anwendbarkeit branchenspezifischer Sondernormen abgesehen) weniger rechtlich als vielmehr wirtschaftswissenschaftlich von Bedeutung. 3 Gleiches gilt fr die Ordnung nach Betreibern. 4 Juristisch von großer Bedeutung ist aber die Unterscheidung nach den Preisfindungsmechanismen, von denen einige ihre Bedeutung erst und allein durch das Internet und seine große Verbreitung gewonnen haben. 3 Nicht gesondert vorgestellt werden im Folgenden diejenigen Marktplatzformen, die insbesondere in Form gewçhnlicher Verkaufsplattformen auch offline in hnlicher oder sogar identischer Form existieren. Bei solchen Handelsplattformen handelt es sich nicht um „elektronische Marktpltze“ im eigentlichen Sinne. 5 Das Angebot von Waren und deren Abfrage bedarf keiner gesonderten Beschreibung und unterliegt hinlnglich bekannten Regeln. Diese Marktplatzvarianten kçnnen allerdings dann zu Einordnungsschwierigkeiten fhren, wenn klassische und neue Marktplatzformen auf einer Website miteinander vermengt werden, was nicht selten vorkommt. Vermischen sich gewçhnliche Plattformen mit den nachfolgend beschriebenen Sonderformen, fr die andere Regeln gelten, kann dies zu Abgrenzungsproblemen fhren, die sowohl auf technischer wie auch auf rechtlicher Ebene gelçst werden kçnnen. 4 Einige besondere Marktplatzformen hat erst das Internet hervorgebracht. Die wichtigsten und im Internet seit geraumer Zeit vertretenen Plattformen dieser Art sind Online-Auktionen. Ihre Popularitt entstammt der Mçglichkeit, Ein- und Verkufe ohne Aufwand ber große rumliche Distanzen und mit einer Vielzahl von (potenziellen) Vertragspartnern anbahnen und vornehmen zu kçnnen. Bei der rechtstatschlichen Beschreibung von Online-Auktionen sind aber auch die verschiedenen Erscheinungsformen zu bercksichtigen, die zwar keine Auktionen im eigentlichen Sinne sind, diesen aber gleichwohl insofern verwandt genannt werden kçnnen, als es sich nicht um den einfachen Verkauf von Waren zu einem festen Preis handelt. Zwei weitere Gruppen von Veranstaltungen treten zu den besonders behandelten Online-Versteigerungen (Rz. 5) hinzu. Es sind dies zum einen „umgekehrte“ Auktionen, bei denen der Preis nicht kontinuierlich steigt, sondern vielmehr im Verlauf der Veranstaltung sinkt (Rz. 15). Der dritte Abschnitt widmet sich dem sog. Community-Shopping, der Gewhrung von Preisnachlssen an virtuelle Kaufgemeinschaften (Rz. 21). 2 3 4 5

Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I 47. Dazu Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I 48 ff. Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I A 40. Dazu Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I 38 ff.

2 | Ernst

II. Online-Versteigerungen

Rz. 7 Kap. 1

II. Online-Versteigerungen Die Versteigerung per Computer hat Vorteile. Ihre potentielle Reichweite ist 5 grçßer als die „realer“ Auktionen, denn teilnehmen kann jeder Webnutzer, nicht nur derjenige, der nahe genug am Ort der Versteigerung wohnt, um ihn mit (nach seinem Interesse) vertretbarem Aufwand erreichen zu kçnnen. Es entstehen (praktisch) keine Kosten fr Anfahrt und Zeitaufwand bzw. einen Auktionskatalog. Der potentielle Teilnehmer sieht einfach im Internet nach, was zu welchem Preis angeboten wird, und steigert mit. 6

1. Angebotene Waren Auf den digitalen Flohmrkten des Internets werden Waren aller Art angebo- 6 ten. Whrend in der realen Welt – außer bei Zwangsversteigerungen – fast ausschließlich hochpreisige Gegenstnde (insbesondere Kunstobjekte und Antiquitten, deren Preis sich ohnehin schlecht schtzen lsst) unter den Hammer kommen, werden im Internet auch Kleingegenstnde versteigert. 7 Der Zuschlag wird zuweilen auch bei 10 Euro und sogar darunter erteilt. Der Spaß am Mitmachen spielt hier eine wesentlich grçßere Rolle als bei Real-Life-Auktionen. 8 Im WWW werden Restposten, Auslaufmodelle und kurzfristig freie Flugpltze ebenso angeboten wie gebrauchte Autos und Neuwaren. Selbst schnell verderbliche Ware ist zu haben, etwa Blumen oder Fisch, der weit vor dem Hafen von Bord des Kutters aus verkauft wird. Das Bundesland Rheinland-Pfalz versteigerte ausgesonderte Fahrzeuge im Internet. Der pazifische Inselstaat Tuvalu ließ die begehrtesten Domain-Namen unter 7 seiner nationalen Kennung im Wege der Auktion anbieten. Die Deutsche Bahn AG ließ unlngst einen ICE-Zug fr einen Tag versteigern. 9 Auch Patente werden angeboten. In den Vereinigten Staaten sind auch schon fragwrdige Gegenstnde unter den virtuellen Hammer gekommen. Dort wurden menschliche Organe, Sperma und die Eizellen weiblicher Fotomodelle (Mindestgebot 15 000 US-Dollar) sowie die Jungfrulichkeit eines Mdchens angeboten. 10 Solche Angebote sind allerdings wohl nicht nur in Deutschland unzulssig.

6 Die Zahl der Auktionen ist unbersehbar. Eine Reihe von Beispielen findet sich in

7 8 9 10

der Vorauflage (Spindler/Wiebe [Hrsg.], Internet-Auktionen, 2001, Kap. A in diversen Fußnoten), wobei angesichts der Schnelllebigkeit des Internets einige der Angebote mittlerweile nicht mehr existieren. Kunstauktionen sind im WWW eher selten (FAZ v. 29.3.1999). Dazu Henle, FAZ v. 18.3.2000; vgl. auch Thorncroft, FTD 2.6.2000, III. Goldmann, Internet Professionell, Dezember 1999, 26. Weiland, DIE ZEIT v. 5.11.1998 spricht vom „Spieltrieb“ der Nutzer und der Lust an der Schnppchenjagd. FAS. v. 18.4.2004, S. 35. Siegele, DIE ZEIT v. 2.12.1999, S. 30.

Ernst | 3

Kap. 1 Rz. 8

Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

2. Gewerbliche und private Versteigerungen 8 Es ist zu unterscheiden zwischen Versteigerungen durch Gewerbetreibende, die sich zum einen an gewerbliche Abnehmer (B-B), zum anderen aber auch an Endverbraucher richten kçnnen (B-C). Die angesprochenen Fischauktionen etwa richten sich ausschließlich an die çrtlichen Fischhndler. Gewerbliche Anbieter versteigern dabei sowohl gebrauchte als auch neue Waren. Hinzu treten Auktionen von Privat an Privat (C-C), an denen prinzipiell jeder Internetnutzer sowohl als Anbieter als auch als Bieter teilnehmen kann. 9 Whrend die Anbieter von Neuwaren im Internet darauf hoffen, dass der Verkaufs- ber dem Einkaufspreis liegt, kassieren die Veranstalter der virtuellen Auktion von diesen fr jeden Handel eine Provision von im Schnitt 3%. 11 Manche Hndler versteigern ihre Waren und Dienstleistungen auch gleich auf ihrer eigenen Website und sparen somit jede Provision. Privatversteigerungen sind fr die Teilnehmer auf Anbieter- und Bieterseite in der Regel kostenlos und werden ber Bannerwerbung finanziert. Manche Anbieter nehmen auch hier eine Provision zwischen 1,5 und 3%. Zuweilen wird auch eine generelle Anbietergebhr genommen, die jedoch unter 1 Euro betrgt. Dieser mehr symbolische Betrag soll vor der Abgabe nicht ernst gemeinter Angebote abschrecken. 12

3. Fremd- und Eigenversteigerungen 10 Bei Versteigerungen ist grundstzlich zwischen solchen Anbietern zu unterscheiden, die ihre eigenen bzw. in ihrem Eigentum stehende Waren versteigern (Eigenversteigerung) und solchen, bei denen in einer Art Forum die Waren Dritter angeboten werden (Fremdversteigerung). Im WWW sind Eigenversteigerungen allerdings die Ausnahme. Fast alle Versteigerungsanbieter fungieren als Foren.

4. Durchf hrung 11 Online-Versteigerungen laufen anders ab als klassische Real-Life-Auktionen. Ist ein Ausgebot freigeschaltet, reicht der Bieter sein Gebot per E-Mail ein. Ob das Gebot das hçchste ist, oder ob jemand in der Zwischenzeit ein Jbergebot abgegeben hat, wird ihm von manchen Anbietern per E-Mail angezeigt. 13 Oft muss er sich aber auch selbst um diese Information bemhen, indem er die Versteigerungsseite regelmßig abruft.

11 Siegele, DIE ZEIT v. 2.12.1999, S. 30; hçhere Zahlen nennt Pestalozza, SJZ 1998,

241 (244), der Online-Auktionen nach schweizerischem Recht untersucht. 12 Benning, c’t 2000, Heft 4, 86. 13 Pestalozza, SJZ 1998, 241 (242 f.), der den Ablauf einer Online-Versteigerung an-

schaulich beschreibt.

4 | Ernst

II. Online-Versteigerungen

Rz. 14 Kap. 1

Das Ende der Veranstaltung ist vorbestimmt. Sie endet nicht etwa wie bei 12 „realen“ Auktionen dann, wenn eine bestimmte Zeit lang keine Gebote mehr eingegangen sind. Der Zuschlag wird vielmehr zu einem bereits im Vorhinein exakt festgelegten Zeitpunkt erteilt, der in der Regel zwei bis vier Wochen nach Auktionsbeginn liegt. Tatschlich fhrt dies zuweilen dazu, dass die Bieter sich zunchst zurckhalten und die Gebote erst in den letzten Stunden vor Schluss in die Hçhe gehen. Da die Bieter, die ein Schnppchen machen wollen, wissen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt „der Hammer fllt“, hoffen sie so, den Preis letztlich niedriger halten zu kçnnen. Schließlich wird der Zuschlag bei WWW-Auktionen unabhngig davon erteilt, ob weitere Bieter zu Jbergeboten bereit sind, was beim Bieten in kleinen Intervallen hohe Preise schon technisch unmçglich macht. Ein solches „Schnppchen“ ist allerdings nur dann mçglich, wenn aus irgendwelchen Grnden das Ausgebot weit unter Wert (ohne Mindestgebot) gemacht wurde. 14 Um die brigen Kunden vor „schwarzen Schafen“ weitgehend zu schtzen, ha- 13 ben einige Veranstalter Punktesysteme eingefhrt, die signalisieren sollen, ob es sich beim Einlieferer/Bieter um einen seriçsen Teilnehmer handelt. Diese Punkte werden von ihren Vertragspartnern vergeben, die bereits beim/an den jeweiligen Teilnehmer (v)ersteigert haben und mit der Vertragserfllung zufrieden waren. Eine Zusammenfassung der Bewertungen durch andere Benutzer in einem Zahlenprofil (z.B. 2/1/3 = 2 positive, 1 neutrale und 3 negative Bewertungen) gibt den brigen Benutzern einen Eindruck vom Gegenber. Mit einer hçheren Ratingzahl und demgemß gesteigertem Vertrauen lsst es sich auf dem digitalen Flohmarkt leichter Geschfte machen. 15

5. „Verdeckte“ Auktionen Eine weitere Variante, die auf Auktionssites im WWW zu finden ist, ist die 14 sog. „verdeckte“ oder „Undercover-Auktion“. Bei dieser Form darf jeder Bieter nur ein Gebot abgeben. Die Gebote der brigen Bieter sind ihm nicht bekannt (daher die Bezeichnung). Den Zuschlag erhlt letztlich der Meistbietende. Dies kann insofern variiert werden, als der Meistbietende nur den Preis zu zahlen braucht, den der Zweitbieter geboten hat. 16 Diese Veranstaltungsform verlangt von den Bietern von Anfang an eine realistische Einschtzung ihrer tatschlichen Zahlungsbereitschaft. 17

14 So im Fall des BGH, MMR 2002, 95 – Online-Versteigerung. 15 Vgl. Ernst, in: Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Vertrge, Kap. 3.13 Rz. 86 ff. 16 Skiera/Revenstorff, zfbf 1999, 224 (225) sprechen in ersterem Fall von einer

Hçchstpreis-, in letzterem von einer Vickrey-Auktion. 17 Skiera/Revenstorff, zfbf 1999, 224 (225).

Ernst | 5

Kap. 1 Rz. 15

Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

III. Umgekehrte Versteigerungen 15 Ebenfalls keine Auktionen im Wortsinne sind „umgekehrte Versteigerungen“, bei denen der Preis – statt zu steigen – sinkt.

1. „Ausschreibungen“ 16 Beliebt sind umgekehrte Versteigerungen nach Art einer Ausschreibung, bei der nicht mehrere Kufer um ein Angebot, sondern ein oder mehrere Anbieter um Kunden buhlen. 18 a) Ausschreibungen eines Anbieters

17 Mçglich sind zunchst die Flle, in denen ein Anbieter seine (potentiellen) Kunden auffordert, ihrerseits Angebote fr eine Ware oder Dienstleistung zu machen. Dies hat eine amerikanische Fluglinie bereits im Jahre 1998 versucht, als sie Reisepltze im WWW ausschrieb und nachfragte, wie viel die potentiellen Fluggste denn zu zahlen bereit wren. Allerdings wird bei dieser Form schnell deutlich, dass es sich eigentlich um eine „echte“ Versteigerung handelt, denn auch hier steigt der Preis mit zunehmender Gebotshçhe. Diese Angebotsform ist daher unter der Bezeichnung Online-Versteigerung abzuhandeln. 18 Der umgekehrte Fall, dass ein potentieller Kunde eine Ausschreibung in der Form betreibt, dass er zur Abgabe von Angeboten auffordert und den Anbietern die Mçglichkeit gibt, sich gegenseitig zu unterbieten, ist hingegen der hier zu behandelnde Fall einer Ausschreibung. Solche Flle drften aber eher selten sein. Besonders internetspezifisch sind hingegen Websites, auf denen ein gemeinsames Forum fr eine Vielzahl von Anbietern und Kunden geboten wird (s.u. Rz. 19). b) Ausschreibungen mehrerer Anbieter

19 Die Veranstalter echter „Ausschreibungs“-Webseiten stellen ein Forum zur Verfgung, auf dem sich Anbieter und potentielle Kunden treffen und um Preis und Leistung feilschen kçnnen. Hier buhlen mehrere Anbieter um eine Vielzahl von Kunden. Dabei werden sie nacheinander versuchen, sich gegenseitig im Preis zu unter- bzw. in der Leistung zu berbieten. So wurde z.B. im September 1999 ein Kleincomputer von sechs virtuellen Kaufhusern zu Preisen zwischen 358 und 401 US-Dollar angeboten. Auf das Angebot eines Kunden, fr 340 US-Dollar kaufen zu wollen, senkten einige An18 Beispiele fr Online-Adressen in der Vorauflage. Eine Sonderform sind Angebote

bei denen abhngig von der Nachfrage Preise sinken, aber auch wieder steigen kçnnen.

6 | Ernst

IV. Community-Shopping

Rz. 22 Kap. 1

bieter ihre Preise bis zu 20 US-Dollar. Ein Verkufer wollte sogar zu 340 USDollar verkaufen, vorausgesetzt, es wrden fnf Exemplare abgenommen. 19

2. Angek ndigte lineare Preissenkungen (Reverse Auctions) Eine weitere Variante sind angekndigte lineare Preissenkungen eines ein- 20 zelnen Anbieters. 20 Dazu wird eine Ware oder Leistung in der Form „versteigert“, dass ihr Preis in vorgegebenen Zeitintervallen kontinuierlich so lange sinkt, bis ein Kunde zugreift. Die Kunden stehen also whrend der gesamten Veranstaltung vor der Frage, ob sie noch zuwarten sollen, was den Preis weiter senken wrde – allerdings unter Inkaufnahme des Risikos, dass ein anderer Kunde zuerst zugreift. Auch fr Veranstaltungen dieser Art hat sich die Bezeichnung „umgekehrte Versteigerung“ eingebrgert. 21 Sie sind nicht ganz neu und wurden gelegentlich schon außerhalb des WWW praktiziert – allerdings mit lngeren Zeitintervallen.

IV. Preisnachlsse an virtuelle Kaufgemeinschaften (Community-Shopping) Beim so genannten Community-Shopping (kurz: Co-Shopping) geht es um 21 die Bildung von virtuellen Kaufgemeinschaften im Internet sowie um die Gewhrung zum Teil erheblicher Preisnachlsse an diese. 22 Der Sachverhalt ist nicht ganz neu. Solche Einkaufsgemeinschaften gibt es schon seit mehreren Jahren. Die Praxis wurde aber richtig bekannt und populr erst Ende 1999 durch die verstrkte – inzwischen allerdings wieder eingeschlafene – TV-Prsenz eines Anbieters. 23 Whrend der Einzelhandel vom CoShopping Schlimmstes befrchtet und zwischenzeitlich einige Gerichtsurteile erstritt, vermeldeten die Anbieter von Co-Shopping whrend des Internet-Booms im Jahr 2000 bis zu 70 000 Kunden pro Woche und Umstze von 2 Mio. DM innerhalb eines Vierteljahres. 24

1. Ablauf Beim Co-Shopping werden die Waren zunchst zu einem festen Preis ange- 22 boten. Dieser sinkt ab einer bestimmten Orderzahl in fest vorgegebener Wei19 Siegele, DIE ZEIT v. 2.12.1999, S. 30; vgl. v. Bernuth, FAZ. v. 13.6.2000, B30. 20 Skiera/Revenstorff, zfbf 1999, 224 (225 f.) sprechen hier von einer „Hollndischen

Auktion“. 21 Vgl. schon BGH, GRUR 1986, 622 – Umgekehrte Versteigerung. 22 Zuweilen wird wegen eines Anbieters dieses Namens auch von Powershopping ge-

sprochen. 23 Online-Adressen von Co-Shopping-Angeboten in der Vorauflage. 24 Die Telebçrse 6/2000, 104 f.; Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732.

Ernst | 7

Kap. 1 Rz. 23

Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

se. Neben der (aus Werbegrnden oft genannten) unverbindlichen Preisempfehlung von z.B. 490 Euro steht also etwa ein allgemeiner Orderpreis von 450 Euro, ab fnf Kufern kostet das Produkt nur noch 410 Euro. Finden sich zehn Besteller, sinkt der Preis auf 370 Euro, und bei 15 bis 20 Ordern mssen nur noch 320 Euro bezahlt werden. Mehr als 20 Werkstcke sind in diesem Fall nicht zu haben. Die Zahl der angebotenen Stcke ist stets zahlenmßig begrenzt. Die Veranstaltungsdauer, innerhalb derer sich die Zahl der erforderlichen Co-Shopper finden muss, betrgt meist zwischen zwei und sechs Wochen. Tatschlich kauft der grçßte Teil der Kufer zum „besten Preis“. 25 Wer als Co-Shopper teilnehmen will, muss sich in der Regel zuvor beim Veranstalter registrieren.

2. Varianten a) Bieten auf Zwischenstufen

23 Co-Shopping bietet also Mengenrabatt abhngig vom aktuellen Erfolg des Produkts innerhalb der Veranstaltungsdauer. Auch hier gibt es je nach Veranstalter unterschiedliche Gestaltungsmçglichkeiten. 24 Bei manchen Anbietern kann der Besteller von vornherein whlen, ab welchem Preis er einsteigen mçchte. Dies kann auch allein der „beste Preis“ sein. Er kann also schon zu Beginn der Veranstaltung abhngig vom tatschlichen Erfolg des Produkts ordern. Will er erst ab 370 Euro einsteigen, geht er leer aus, wenn sich nur acht Besteller finden, erhlt die Ware aber, wenn insgesamt zehn Bestellungen zu diesem Preis eingehen. 25 Bei anderen Anbietern ist dieses System eingeschrnkt. Der Kunde kann zwar „nur zum besten Preis“ kaufen. In diesem Fall ist seine Bestellung von der Bedingung abhngig, dass sich gengend Co-Shopper fr die gnstigste Stufe finden, die das Produkt ebenfalls haben wollen. Ist das nicht der Fall, kommt kein Kauf zustande. Wre er jedoch bereit, die Ware auch zum Preis einer Zwischenstufe zu erwerben, muss er entweder regelmßig prfen, ob sich inzwischen genug Co-Shopper gefunden haben oder das Risiko eines hçheren Preises eingehen und sich in der jeweils aktuellen Preiskategorie verpflichten – in der Hoffnung, dass weitere Co-Shopper dazukommen, die den Preis weiter senken. 26 Einige wenige Anbieter bieten auch diese Mçglichkeit nicht. Bei ihnen kann der Kunde nur zum jeweils aktuellen Preis zuschlagen. Er kann also entweder abwarten, was das Risiko birgt, dass das Produkt in der Zwischenzeit ausverkauft wird, oder in der Hoffnung auf weitere Preissenkungen verbindlich bestellen.

25 Die Telebçrse 6/2000, 105.

8 | Ernst

IV. Community-Shopping

Rz. 28 Kap. 1

b) Offene und geschlossene Preisstufen

Zu unterscheiden ist zudem zwischen Anbietern mit geschlossenen und sol- 27 chen mit offenen Preisstufen. Geschlossene Listen verkaufen die angebotenen Produkte nur blockweise. Bei einer offenen Liste erhalten im obigen Beispiel auch die Kufer 11–14 die Ware zum Preis von 370 Euro Bei einer geschlossenen Liste gehen diese Kunden leer aus. Erst ab dem 15. Kunden ist die nchste Preisstufe ausgefllt, was allerdings auch hier dazu fhrt, dass der Preis fr alle Kunden sinkt. c) „Feste Preise“

Einer geschlossenen Preisstufe entspricht auch der Verkauf zu einem „fes- 28 ten Preis“, der aber von einer bestimmten Mindestzahl von Kufern abhngig gemacht wird. Es handelt sich hierbei um Co-Shopping mit nur einer Preisstufe. 26

26 Vgl. Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732 (733).

Ernst | 9

Kap. 1 Rz. 28

10 | Ernst

Erscheinungsformen elektronischer Marktpltze

Kapitel 2 Gewerberechtliche Einordnung von Online-Versteigerungen

I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften auf Online-Versteigerungen . . . . . . 1. Versteigerungsbegriff . . . . . 2. Einordnung von Online-Versteigerungen . . . . . . . . . . a) Irtliche Begrenzung . . . . b) Zeitliche Begrenzung . . . c) Wechselseitiges Jberbieten d) Organisationsgewalt und Plattformcharakter . . . . . e) Fazit . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Versteigerungsvorschriften auf andere Formen von elektronischen Plattformen . . III. Gewerberechtliche Rechtsfolgen f r Online-Versteigerungen . . 1. Erlaubnispflicht fr Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Erlaubnispflicht fr virtuelle Versteigerungen . . . . . . 2. Verbot der Neuwarenversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbot des Mitsteigerns . . . 4. Rechtsfolgen der Verletzung gewerberechtlicher Normen . .

1 4 8 8 11 13 16 18

19 20 20 20 22 25 26 27

a) Wettbewerbsrecht . . . . . b) Vertragsrecht . . . . . . . . IV. Anwendung der Versteigerungsverordnung . . . . . . . . . . . . 1. Grundstzliches . . . . . . . . 2. Einzelheiten . . . . . . . . . . a) Schriftform des Versteigerungsvertrages . . . . . . . b) Besichtigung des Versteigerungsgutes . . . . . . . . . . c) Sonn- und Feiertagsverbot . d) Anzeigeerfordernis . . . . . e) Bekanntmachungsgebot . . f) Schtzung und Begutachtung . . . . . . . . . . . . . g) Kein Bargebot . . . . . . . . V. Gewerberechtliche Bedeutung sonstiger Online-Plattformen . 1. Anzeigepflicht . . . . . . . . . 2. Jberwachung . . . . . . . . . VI. Rechtspolitisches zur Erlaubnispflicht bei Versteigerungen . . . 1. Online-Versteigerungen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . 2. Umgekehrte Versteigerungen de lege ferenda . . . . . . . . . 3. Community-Shopping de lege ferenda . . . . . . . . . . . . .

27 28 29 30 32 33 34 37 38 39 40 41 42 42 43 45 45 46 47

Literatur: Bachmann/Mayerhçfer, Internet-Auktionen im Lichte des § 34b GewO, GewArch 2000, 274; W. Bullinger, Internet-Auktionen – Die Versteigerung von Neuwaren im Internet aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, WRP 2000, 253; Ernst, Die Online-Versteigerung, CR 2000, 304; B. Gaul, Aktuelle Fragen zur Internetversteigerung, WM 2000, 1783; Heckmann, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum?, NJW 2000, 1370; Heckmann, Online-Vertrieb und Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Bllesbach/Dreier (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 105; Hess, Versteigerungen im Internet aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, FS Hertin, 2000, S. 391; Hçsch, Gewerberechtliche Einordnung von Internet-Auktionen, GewArch 2002, 257; T. Hollerbach, Die rechtlichen Rahmenbedingungen fr Internet-Auktionen, DB 2000, 2001; S. Huppertz, Rechtliche Probleme von Online-Auktionen, MMR 2000, 65; Husmann, Gewerberechtliche Anforderungen an Online-Auktionen, VR 2000, 230; Klinger, Die gewerberechtliche Beurteilung von sog. Internet-Auktionen, DVBl. 2002, 810; Krugmann, „Internet-Auktionen“ als Versteigerungen i. S. des § 34b GewO, NVwZ 2001, 651; M+ller/Petri, Ausgewhlte wettbewerbsrechtliche

Ernst | 11

Kap. 2 Rz. 1

Gewerberechtliche Einordnung

Probleme von Internet-Auktionen unter besonderer Bercksichtigung des B2B-Geschftes, RTkom, 2001, 153; R+ßmann/Reich, Internet als gewerbeordnungsfreier Raum, K&R 2000, 116; Schalhorn, Worin unterscheiden sich Briefmarkenversteigerungen von Briefmarken-Fernauktionen?, DB 1972, 2453; Schçnleiter, Internet-Auktionen sind keine Versteigerungen i. S. d. § 34b GewO, GewArch 2000, 49; Stçgm+ller, Auktionen im Internet, K&R 1999, 391; Wilmer, Rechtliche Probleme der OnlineAuktion, NJW-CoR 2000, 94.

I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften auf Online-Versteigerungen 1 Die Veranstaltung von Versteigerungen unterliegt nach der Gewerbeordnung (GewO) gewissen Regeln. Insbesondere ist sie erlaubnispflichtig (§ 34b Abs. 1 GewO). 1 Ferner hat der Veranstalter verschiedene weitere Einschrnkungen sowie die auf § 34b Abs. 8 GewO beruhende Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen (VerstV) 2 zu bercksichtigen. Zweck dieser çffentlich-rechtlichen Versteigerungsvorschriften ist der Schutz der Bieter vor Jbervorteilung und die Sicherung der regulren Absatzwege von Waren durch den Einzelhandel. 3 2 Die Aufgabe des § 34b GewO liegt insbesondere darin, in dem fr Manipulationen anflligen Auktionsgeschft die Unparteiischkeit, Lauterkeit und berufliche Integritt des Veranstalters zu gewhrleisten und unseriçse Veranstalter vom Markt fern zu halten. 4 Dies rechtfertigt auch die Annahme eines Aufsichtsbedarfs. 5 3 Die Frage, ob § 34b GewO und in der Folge auch die VerstV auf als Plattform organisierte Online-Versteigerungen anzuwenden sind, ist sehr umstritten. Eine Meinungsfhrerschaft ist nicht ersichtlich. 6 Selbstverstndlich ist le1 Zur Entstehung der Norm im Jahre 1960 siehe Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 1 ff.; Land-

2 3 4 5 6

mann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 1 ff.; Klinger, DVBl. 2002, 810 (813). Auch bei Nachweisplattformen ohne Bedeutung ist die Erlaubnispflicht des § 34c Abs. 1 Nr. 1 GewO, da diese nur den Nachweis von Immobilien, Darlehen und Anteilsscheinen betrifft. Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen (Versteigerungsvorschriften – VerstV), BGBl. I 1976, 1345, zuletzt novelliert am 1.10.2003 (BGBl. I 2003, 547). BVerwG, GewArch 1998, 241 (242). Tettinger/Wank, § 34b Rz. 1; Heckmann, NJW 2000, 1170 (1174); T. Hollerbach, DB 2000, 2001 (2003). Heckmann, NJW 2000, 1170 (1174); T. Hollerbach, DB 2000, 2001 (2003); vgl. Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (116). Bejahend LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; LG Wiesbaden, NJW-CoR 2000, 171 (172) – Extralot; Ernst, CR 2000, 304 (305 f.); B. Gaul, WM 2000, 1783 (1786 f.); Hess, FS Hertin 391 (401); Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 11b ff.; S. Huppertz, MMR 2000, 65 (66 f.); Husmann, VR 2000, 230 (231); Klinger, DVBl 2002, 810 (811 ff.); Krugmann, NVwZ 2001, 651 ff.; Mankowski, EWiR § 34b GewO 1/99, 699; M+ller/Petri, RTkom 2001, 153 ff.; R+ßmann/Reich, K&R 2000, 116; Stçgm+l-

12 | Ernst

I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften

Rz. 6 Kap. 2

diglich, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschftsbedingungen eines Veranstalters, die die Anwendbarkeit von § 34b GewO und der VerstV ausschließt, rechtlich ohne jede Bedeutung ist. 7

1. Versteigerungsbegriff Die Anwendbarkeit des § 34b GewO ist auch deshalb umstritten, weil es kei- 4 nen einheitlich verbindlichen Begriff der Versteigerung gibt. Weder § 34b GewO noch die auf Abs. 8 dieser Norm beruhende Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen (VerstV) 8 definiert, was eine Versteigerung ist. Auch das BGB benutzt die Bezeichnung an verschiedenen Stellen ohne nhere Umschreibung. Aus diesem Grunde lsst sich die Anwendbarkeit des Gewerberechts hier 5 nur anhand des allgemeinen Sprachgebrauchs in Verbindung mit dem Gesetzeszweck ermitteln. Versteigern heißt nach klassischer Definition, innerhalb einer zeitlich begrenzten Veranstaltung eine Mehrzahl von Personen aufzufordern, eine Sache oder ein Recht in der Weise zu erwerben, dass diese Personen im gegenseitigen Wettbewerb – in der Regel von einem Mindestgebot ausgehend – Preisangebote in Form des Jberbietens machen. 9 Allerdings darf der Rechtsanwender nicht der nahe liegenden Idee verfallen, 6 die ihm bekannten Auktionsformen zu beschreiben und allein von dieser Definition ausgehend den Versteigerungsbegriff des § 34b GewO zu erfassen. Er muss vielmehr die Mçglichkeit in Erwgung ziehen, vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der Norm auch moderne Auktionsformen hierunter zu subsumieren. Maßgeblich ist auch nicht die grammatikalische, sondern in erster Linie eine teleologische Auslegung. 10 Der Zweck des § 34b GewO lsst nicht ohne weiteres eine Flucht in den virtuellen Raum zu. Dass eine ler, K&R 1999, 391 (392 f.); verneinend KG, MMR 2001, 764 – Internet-Auktion; OLG Frankfurt, NJW 2001, 1434; LG Mnster, MMR 2000, 280 (281) (das Urteil wurde aufgehoben, ohne diese Frage neu problematisieren zu mssen: OLG Hamm, MMR 2001, 105; BGH, MMR 2002, 95 – Online-Versteigerung); Bund-Lnder-Ausschuss „Gewerberecht“, GewArch 1997, 60 (63); Bachmann/Mayerhçfer, GewArch 2000, 274 ff.; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 5b, 60; W. Bullinger, WRP 2000, 253 (254); Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, 116; Hçsch, GewArch 2002, 257 (261 ff.); T. Hollerbach, DB 2000, 2001 (2003); Schrader, MMR 2001, 767 f.; Vehslage, MMR 1999, 680 f.; Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (102); unter Berufung auf die fehlende Zeitgemßheit des çffentlichen Versteigerungsrechts Lçffler/ Schmitz, FAZ v. 11.2.2000, 22. 7 B. Gaul, WM 2000, 1783 (1789); Hçsch, GewArch 2002, 257. Verwendet werden solche Klauseln dennoch. 8 Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen (Versteigerungsvorschriften – VerstV), BGBl. I 1976, 1345. 9 BGH, NJW 1983, 1176 f.; LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 6a; Heckmann, NJW 2000, 1170 (1174). 10 Hçsch, GewArch 2002, 257 (261).

Ernst | 13

Kap. 2 Rz. 7

Gewerberechtliche Einordnung

wirkliche Kontrolle der Einlieferer durch den Plattformbetreiber nicht mçglich ist, schließt die Anwendbarkeit der Norm ebenfalls noch nicht aus, da sie allein die Zuverlssigkeit des Versteigerers gewhrleisten soll. 11 7 Die Tatsache, dass der Verstoß gegen § 34b GewO bußgeldbewehrt ist (§ 144 Abs. 1 Nr. 1g GewO) und bei „beharrlicher Wiederholung“ auch eine Strafe nach sich ziehen kann (§ 148 Nr. 1 GewO), kann bei der Auslegung ebenfalls keine Rolle spielen. 12 Zwar bezieht sich der Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG auch auf Ordnungswidrigkeiten, 13 doch muss sich, wer ein Gewerbe betreibt, ber die einschlgigen Regeln informieren. Rußert das zustndige Amt eine abweichende Rechtsauffassung, wrde dies natrlich jegliche Straffolge ausschließen. 14

2. Einordnung von Online-Versteigerungen a) Krtliche Begrenzung

8 Zuweilen findet sich in den Versteigerungsbeschreibungen ein Element der çrtlichen Begrenzung. 15 Dieser Begriff ist aber rein funktional und diente der Beschreibung der bisher bekannten Auktionsformen. Eine real çrtliche Begrenzung ist fr das Wesen einer Versteigerung jedoch unerheblich und kann aus diesem Grunde als Definitionsmerkmal entfallen. 16 Die kçrperliche Anwesenheit der Bieter gehçrt nicht zu den prgenden Merkmalen der Auktion. 17 9 Eine çrtliche Begrenzung ist bei Online-Versteigerungen aber ohnehin gegeben, denn sie finden im „virtuellen Raum“ statt, der durch die Zahl der angeschlossenen Computer begrenzt wird. 18 Dies ermçglicht ohne weiteres die Durchfhrung der Veranstaltung ohne jede persçnliche Anwesenheit. Der 11 Anders offenbar Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 60. 12 A.A. Krugmann, NVwZ 2001, 651 (652); vgl. auch das Protokoll des Bund-Lnder-

13 14 15 16

17 18

Ausschusses „Gewerberecht“, wiedergegeben bei Schçnleiter, GewArch 2000, 49 (50). BVerfGE 34, 348 (371); 71, 108 (114); Maunz/Drig/Schmidt-Aßmann, Art. 103 Rz. 196. Einschließlich wettbewerbsrechtlicher Folgen (LG Hamburg, MMR 1999, 678 – Ricardo). KG, MMR 2001, 764 (765) – Internet-Auktion; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 6a. LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 7, 11d; Klinger, DVBl. 2002, 810 (814); Mankowski, EWiR § 34b GewO 1/99, 699; Stçgm+ller, K&R 1999, 391 (393); S. Huppertz, MMR 2000, 65 (66); a.A. Bund-Lnder-Ausschuss „Gewerberecht“, Bericht in GewArch 1997, 60 (63); W. Bullinger, WRP 2000, 253 (254). Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 11d. LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; B. Gaul, WM 2000, 1783 (1787); Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (115); Hess, FS Hertin, 391 (196 f.); S. Huppertz, MMR 2000, 65 (66); Husmann, VR 2000, 230 (231); Schrader, MMR

14 | Ernst

I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften

Rz. 11 Kap. 2

Charakter einer Versteigerung wird hierdurch nicht eingeschrnkt, zumindest ist die Auktion in ihrem Wesen nicht betroffen, sondern nur in ihrem Ablauf. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch bei herkçmmlichen Versteigerungen telegrafisches Bieten mçglich ist. 19 Damit wre sogar eine Veranstaltung mit ausschließlich schriftlichen Geboten denkbar – 20 auch diese fnde, wollte man unbedingt eine Irtlichkeit definieren, allein im „virtuellen Raum“ statt. 21 Telefonisches Bieten ist nur deshalb untersagt, weil Umgehungen des Selbsteintrittverbots und Preistreiberei durch Scheingebote erschwert werden sollten. 22 Unter diesem Gesichtspunkt ist eine E-Mail wie das Telegramm als schrift- 10 liches Gebot im Sinne des § 34b Abs. 6 Nr. 3 GewO anzusehen. Dies wird auch durch die schwache Authentizitt und Integritt von E-Mails nicht ausgeschlossen. Schließlich geht es beim Verbot telefonischen Bietens nur um das Erschweren von Scheingeboten durch den Auktionator selbst, nicht um erhçhte Jbertragungssicherheit. Auch Telegramme kçnnen geflscht werden. Es ist aus diesem Grund auch nicht zwingend, von den Bietern elektronisch signierte E-Mails zu verlangen. b) Zeitliche Begrenzung

In zeitlicher Hinsicht unterscheiden sich „klassische“ Auktionen und On- 11 line-Versteigerungen nicht unerheblich. Whrend erstere innerhalb kurzer Zeit an einem Ort abgewickelt werden, betrgt die Versteigerungsdauer bei Online-Auktionen in der Regel eine bis sechs Wochen. Die Besonderheit liegt aber vor allen Dingen darin, dass der Zuschlag in der „klassischen“ Variante stets an den Meistbietenden dann erfolgt, wenn sich kein Teilnehmer mehr zu einem Jbergebot bereit findet. Online-Versteigerungen enden zu einem zeitlich exakt vorbestimmten Zeitpunkt, unabhngig davon, ob weitere Gebote eingehen oder nicht. Dies ist eine zeitliche Begrenzung der genannten Art. 23

19

20 21

22

23

2001, 767; a.A. KG, MMR 2001, 764 (766) – Internet-Auktion; Stçgm+ller, K&R 1999, 391 (393). BGH, NJW 1981, 1204; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 32; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 35; dies bersehen Bachmann/Mayerhçfer, GewArch 2000, 274 (275), wenn sie meinen, dass die Bieter sich persçnlich treffen mssten. Marx/Arens, § 34b GewO Rz. 15. Es kann entgegen W. Bullinger, WRP 2000, 253 (254) nicht darauf ankommen, ob der Bieter den „schauspielerischen Knsten des Auktionators und den Wirkungen seiner schwitzenden Mitbieter“ ausgesetzt ist. Diese gehçren nicht zum Wesen der Veranstaltung, die auch mit anderen Teilnehmern denselben Charakter htte (T. Hollerbach, DB 2000, 2001 [2003]). BGH, NJW 1981, 1204 (1205); Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 32; Friauf/ Hçfling, § 34b Rz. 35. Die telefonische Besttigung zuvor schriftlich avisierter Gebote drfte aber zulssig sein (vgl. auch Pestalozza, SJZ 1998, 241). Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (115); Hess, FS Hertin, S. 391 (395 f.); Husmann, VR 2000, 230 (231); Schrader, MMR 2001, 767.

Ernst | 15

Kap. 2 Rz. 12

Gewerberechtliche Einordnung

12 Die zeitliche Begrenzung einer „realen“ Versteigerung auf einen bestimmten Tag dient der Gewhrleistung der Mçglichkeit von Ebergeboten – jeder muss wissen, wie lange geboten werden darf. 24 Kein Anwesender soll deshalb vom Ersteigern abgehalten werden, weil er nicht genug Zeit hat, bis zum Ende der Veranstaltung zu bleiben und so ein Jbergebot bersieht. Die Tatsache, dass die Zeitbegrenzung bei Online-Auktionen weiter gefasst wird als bei herkçmmlichen (in der Regel mehrere Wochen), schadet daher aber auch nicht. 25 Auktionsgebote mssen nicht bei jeder Versteigerungsform „spontan“ sein – ein „sofortiges Jberbieten“ kann mçglich, muss aber nicht zwingend sein. 26 Auch hier weiß jeder, wann die Auktion endet und kann bis zum Schluss mitbieten. Es fehlt im Internet auch keineswegs an der entsprechenden „Iffentlichkeit“ ber diese Zeit hinweg. 27 Zwar sieht jeder Bieter ein Jbergebot nur dann, wenn er stndig auf der Webseite bleibt bzw. rechtzeitig wieder hereinschaltet, 28 doch dass derjenige, der nicht bis zum Schluss der Veranstaltung (online) bleibt, vom letzten (Jber)Gebot keine Kenntnis erhlt, ist ein allgemeines Versteigerungsrisiko, das auch bei den klassischen Auktionen besteht. Gerade weil die Internet-Auktion auf einen festen Zeitraum begrenzt ist, weiß jeder Teilnehmer im Gegenteil sogar, wie lange er „fortbleiben“ kann. Nicht zuletzt ist zu beachten, dass die meisten Bieter gerade in der letzten Stunde vor Auktionsende anwesend sein werden, whrend der sich eine rege Bietttigkeit entfaltet und ein „spontanes und sofortiges Jberbieten“ innerhalb eines zuletzt immer enger werdenden Spielraums gerade doch stattfindet. 29 Auch dieser Zeitraum unterfllt dem Schutzgedanken des § 34b GewO. 30 c) Wechselseitiges Eberbieten

13 Es ist schließlich nicht richtig, die Versteigerungseigenschaft mit dem Hinweis, bei einer Online-Versteigerung handele es sich um einen „Kauf gegen Hçchstgebot“, zu verneinen. Mit dieser Argumentation wird zuweilen die Anwendbarkeit des Gewerberechts auf Online-Versteigerungen verneint. 31 Beim Kauf gegen Hçchstgebot werden die Teilnehmer vom Verkufer angeschrieben, 24 Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 11e; Klinger, DVBl. 2002, 810 (814); vgl. BGH NJW 1983,

1186. 25 A.A. Bund-Lnder-Ausschuss „Gewerberecht“, Bericht in GewArch 1997, 60 (63);

Bachmann/Mayerhçfer, GewArch 2000, 274 (275). 26 B. Gaul, WM 2000, 1783 (1787); Hess, FS Hertin, S. 391 (395); a.A. Bachmann/May-

27 28 29 30 31

erhçfer, GewArch 2000, 274 (275 f.); ebenso T. Hollerbach, DB 2000, 2001 (2003) und Schrader, MMR 2001, 767 f., die es als einziges Kriterium fr die Ablehnung der Anwendbarkeit von § 34b GewO ansehen. A.A. Vehslage, MMR 1999, 680 (681). Zuweilen werden die Bieter ber erfolgte Jbergebote auch per E-Mail vom Veranstalter informiert (Pestalozza, SJZ 1998, 241 [242]). Heckmann, NJW 2000, 1370 (1374); Ernst, ITRB 2001, 91. Hess, FS Hertin, S. 391 (395); dies bersehen KG, MMR 2001, 764 (765) und Hçsch, GewArch 2002, 257 (262). So LG Mnster, MMR 2000, 280 (281) – Online-Versteigerung; Bund-Lnder-Ausschuss „Gewerberecht“, Bericht in GewArch 1997, 60 (63); Bachmann/Mayerhç-

16 | Ernst

I. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften

Rz. 16 Kap. 2

der dann unter den eingehenden Angeboten das hçchste auswhlt. 32 Es findet demnach kein gegenseitiges Jberbieten statt. Da der einzelne Bieter die Gebote der anderen nicht kennt, ist das auch nicht mçglich und es fehlt folglich auch an der erforderlichen Iffentlichkeit. 33 Ein wechselseitiges Jberbieten aber ist essentiell fr die Annahme einer Versteigerungsveranstaltung. 34 Die Qualifizierung als „Kauf gegen Hçchstgebot“ soll bei Online-Versteige- 14 rungen durch das feste zeitliche Limit bedingt sein, das unabhngig von weiteren Jbergeboten das Ende der Veranstaltung bestimmt. Dies ist aber nicht richtig. Der Charakter der Auktion als Versteigerung im Rechtssinne wird dadurch aber nicht beeinflusst. Auch die Rechtsverhltnisse zwischen Einlieferer, Bieter und Veranstalter sind die Gleichen. Aktion und Reaktion der Bieter sind die Gleichen – nur dass es an einem zeitlich unabhngig angekndigten Ende („zum Ersten, zum Zweiten ... „) fehlt. Wichtig aber ist, dass beim Verkauf im Internet gerade ein wechselseitiges Jberbieten stattfindet, das beim „Kauf gegen Hçchstgebot“ zwingend fehlt. Dies allein gengt, um die Unrichtigkeit der vorbeschriebenen Argumentation aufzuzeigen. Online-Versteigerungen sind demnach nicht als „Kauf gegen Hçchstgebot“ einzuordnen. Etwas anderes gilt freilich fr die in Kap. 1 Rz. 14 beschriebenen „verdeck- 15 ten“ Versteigerungen in der Form sowohl der Hçchstpreis- als auch der Vickrey-Auktionen. Diese sind das klassische Modell des Kaufs gegen Hçchstgebot und demzufolge nicht als Versteigerungen im Sinne des § 34b GewO zu qualifizieren. d) Organisationsgewalt und Plattformcharakter

Auch die Tatsache, dass es keinen Auktionator in Person gibt, schadet nicht. 16 Der Versteigerungsbegriff setzt einen solchen nicht zwingend voraus. 35 Ein Auktionator ist bei Internet-Auktionen zudem durch den – bei Fehlfunktionen berwachten – Betrieb eines Computerprogramms ohne weiteres zu ersetzen. Dieses nimmt die Gebote entgegen und weist sie auf der Auktionssite aus. Ebenso ist es in der Lage, festzustellen, wer zum Auktionsschluss das hçchste Gebot abgegeben hat. 36 Die Animationsfunktion eines lebendi-

32 33 34 35

36

fer, GewArch 2000, 274 (277); dagegen zu Recht Hess, FS Hertin, S. 391 (399); Hçsch, GewArch 2002, 257 (261); Klinger, DVBl. 2002, 810 (815). Tettinger/Wank, § 34b Rz. 5; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 33; Marx/ Arens, § 34b GewO Rz. 17; Bleutge, WiVerw 1987, 218 (224 f.). Schalhorn, DB 1972, 2453. BGH, NJW 1983, 1186 (1187); LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; Klinger, DBL. 2002, 810 (814). Hess, FS Hertin, S. 391 (399 f.); vgl. schon (allerdings zum Zivilrecht) v. Tuhr, BGBAT, 1914/1957, Bd. II, S. 491; vgl. aber Walter, Kaufrecht, 1987, § 2 I 1 (S. 46); a.A. Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 60. Keineswegs Versteigerer im Sinne des § 34b Abs. 1 GewO ist allerdings der Einlieferer, da er eigene Sachen versteigern wrde und es zudem durchweg schon an der Gewerbsmßigkeit fehlt (a.A. Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 [102]).

Ernst | 17

Kap. 2 Rz. 17

Gewerberechtliche Einordnung

gen Auktionators ist rein persçnlichkeits- und keineswegs veranstaltungsimmanent. 17 Hier wird zuweilen zwischen Online-Live-Auktionen mit Moderator und den hier behandelten Plattform-Auktionen unterschieden, um ungeachtet der in beiden Fllen vorhandenen çrtlichen und zeitlichen Begrenzung in letzterem Fall die Einschlgigkeit des Versteigerungsbegriffs abzulehnen. 37 Wenn dabei allerdings angefhrt wird, dass die Beteiligten sich erst miteinander ins Benehmen setzen mssten und es zuvor zu keiner rechtlichen Bindung und damit auch zu keiner Gefhrdung kommen kçnne, 38 geht dies an der Wirklichkeit vorbei. Denn tatschlich verpflichten die Anbieter in der Regel Einlieferer und Bieter zu verbindlichen Ausgeboten und Geboten. 39 Aber auch sonst kann der Betreiber einer Plattform nicht als bloßer „Auktionsvermieter“ angesehen werden. Aus der Sicht des Bieters ist Auktionsveranstalter allein der Plattformbetreiber – und nicht etwa der Einlieferer, der sich womçglich noch hinter einem Pseudonym verstecken kann. Der Plattformbetreiber muss daher auch die gewerberechtliche Verantwortung bernehmen und sich den Erfordernissen des § 34b GewO stellen. 40 e) Fazit

18 Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass auch Internet-Auktionen mit Plattformcharakter dem Versteigerungsbegriff und damit dem Erlaubnisvorbehalt des § 34b GewO unterliegen. Fr Live-Auktionen im Internet gilt dies ohnehin.

II. Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Versteigerungsvorschriften auf andere Formen von elektronischen Plattformen 19 Anders als die in klassischer Form durchgefhrte Online-Versteigerung mit steigenden Preisen sind umgekehrte Versteigerungen zu behandeln, bei denen der Preis kontinuierlich so lange sinkt, bis ein Kunde zugreift. Diese Reverse Auctions fallen nach wohl herrschender Meinung ebenso wie das Community-Shopping und der Kauf gegen Hçchstgebot ohnehin nicht unter den gewerberechtlichen Versteigerungsbegriff. 41 Gleiches gilt fr sons37 38 39 40 41

Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (116); Krugmann, NVwZ 2001, 651 (652). Krugmann, NVwZ 2001, 651 (652). Ausfhrlich dazu Ernst, in: Redeker, Rz. 76 ff. m.w.N. Hess, FS Hertin, S. 391 (400). Tettinger/Wank, § 34b Rz. 5; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 51; Fackler/Konermann, S. 10 f., 212; Bleutge, WiVerw 1987, 218 (222 ff.); Hçsch, GewArch 2002, 257 (258); a.A. Marx/Arens, § 34b GewO Rz. 27 ff., § 18 VerstV Rz. 8 ff. m.w.N.; Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 1998, § 34b GewO Anm. 2; differenzierend Klinger, DVBl. 2002, 810 (814).

18 | Ernst

III. Gewerberechtliche Rechtsfolgen

Rz. 20 Kap. 2

tige elektronische Plattformen. Die gegenlufige Ansicht, die sich nur auf „Abwrtsversteigerungen“ bezieht, verkennt, dass lineare Preissenkungen mit dem Versteigerungsbegriff, der durch das wechselseitige Jberbieten im Rahmen einer Auktions-Veranstaltung geprgt ist, 42 nichts zu tun haben. Es fehlt schon an der Abgabe von Geboten im gegenseitigen Wettbewerb unter den Bietern, da letztlich nur von einem Kufer aktiv auf die Preissenkungen des Anbieters reagiert wird. Das Abwarten, ob ein anderer „Mitbieter“ eher zugreift, entspricht dem nicht. Der Begriff „Versteigerung“ enthlt zudem das prgende Merkmal des sich „steigernden“ Preises. 43 Auch dies zeigt, dass die Einschrnkungen, die die GewO mit sich bringt, nicht ohne Grund auf andere Sachverhalte bertragbar sind. 44 Anders zu behandeln sind Auktionen mit sinkenden Preisen nur dann, wenn es sich um Ausschreibungsveranstaltungen handelt, bei denen die Anbieter sich gegenseitig unterbieten, was aber funktional aus ihrer Sicht dem steigenden Preis bei der Aufwrtsauktion entspricht.

III. Gewerberechtliche Rechtsfolgen f r Online-Versteigerungen 1. Erlaubnispflicht f r Versteigerungen a) Allgemeines

Wer gewerbsmßig fremde Sachen oder Rechte versteigern will, bedarf einer 20 Erlaubnis (§ 34b Abs. 1 GewO). Auf diese besteht ein Rechtsanspruch, sofern kein Versagungsgrund (Abs. 4) vorliegt. 45 Sie wird natrlichen und juristischen Personen erteilt. 46 Insbesondere wird keine Sachkundeprfung durchgefhrt. 47 Welche Behçrde fr die Erteilung der Erlaubnis nach § 34b Abs. 1 GewO zustndig ist, regelt das jeweilige Landesrecht. 48 42 BGH, NJW 1983, 1176 f.; LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; Land-

43 44

45 46

47 48

mann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 6a.; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 7; Heckmann, NJW 2000, 1170 (1174). A.A. Marx/Arens, § 34b GewO Rz. 29, die den Verkauf zu einem mçglichst hohen Preis fr entscheidend ansehen. Unabhngig von der gewerberechtlichen Einordnung ist freilich die zivilrechtliche Behandlung etwa im Rahmen der BGB-Normen, die den Begriff „Versteigerung“ verwenden. Dazu s.u. den vertragsrechtlichen Teil des Buches (Kap. 4 u. 5). Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 10; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 12. Bei Personengesellschaften bençtigt jeder geschftsfhrende Gesellschafter eine Erlaubnis (ausfhrlich Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 11; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 13). Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 10. Die Behçrden in den einzelnen Bundeslndern sind benannt bei Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 30. Zum Erteilungsverfahren ebd. Rz. 10 ff.; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 12 ff.

Ernst | 19

Kap. 2 Rz. 21

Gewerberechtliche Einordnung

21 Diese Erlaubnispflicht trifft dagegen nicht denjenigen, der eigene Waren im Wege der Auktion auf den Markt bringt, es sei denn, es handelt sich um Neuwaren (§ 34 Abs. 7 GewO). Auf diese Weise soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Einzelhndler bei seinem einmal eingeschlagenen regulren Absatzweg bleiben. 49 Ohne diese Ausnahme wren Einzelhndler und Hersteller nicht gehindert, ihre Waren im Wege der – dann auch wettbewerbsrechtlich zulssigen – 50 Versteigerungsttigkeit anzubieten. 51 Fr Großhndler gilt die Erlaubnispflicht hingegen nach dem Wortlaut und Zweck des § 34b GewO nicht (§ 34b Abs. 10 Nr. 3 GewO). 52 b) Erlaubnispflicht f r virtuelle Versteigerungen

22 Die Erlaubnispflicht des § 34b Abs. 1 GewO gilt fr alle Formen von Auktionen, auch fr solche, die im Internet stattfinden. Da die Online-Anbieter von Versteigerungen keine eigenen Waren verkaufen, ist ihre Ttigkeit grundstzlich erlaubnispflichtig. 23 Es ist allerdings die Ansicht vertreten worden, die Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts des § 34b GewO sei bei Online-Auktionen durch § 5 TDG 53 ausgeschlossen. 54 Nach § 5 TDG sind Teledienste im Rahmen der Gesetze zulassungs- und anmeldefrei. Nun meinen die Vertreter dieser Ansicht, der Gesetzgeber she den Online-Verkauf von Waren generell als zulassungsfrei an, was demnach auch fr Versteigerungen gelten msse. 24 Diese Ansicht ist kaum haltbar. 55 Sie verkennt den Zweck des § 5 TDG, der eine Konkretisierung der Allgemeinen Handlungs- und Gewerbefreiheit (Art. 2, 12 GG) ist. 56 Die Norm will sich keinesfalls ber die Vorschriften der fr den Verkauf unterschiedlicher Waren und Dienstleistungen geltenden Spezialgesetze hinwegsetzen, die auch den Rahmen der Art. 2, 12 GG begrenzen. Schließlich ist auch der Wortlaut des § 5 TDG ausdrcklich auf den „Rahmen der Gesetze“ beschrnkt. Wer Rechtsberatung im Internet betreiben will, muss trotz § 5 TDG den Anforderungen der §§ 1 ff. RBerG gengen. Im Internet gelten ebenso die Vorschriften ber den Arzneimittelverkauf 49 BVerwG, GewArch 1998, 241 (242); Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 39; Fri-

auf/Hçfling, § 34b Rz. 46. 50 Das Verbot bestimmter Verkaufsveranstaltungen an Letztverbraucher in § 7 UWG

51 52 53 54 55 56

greift nur dann ein, wenn diese als Sonderveranstaltungen anzusehen sind. Werden sie hingegen stndig praktiziert, sind sie wettbewerbsrechtlich zulssig (Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 46; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 39; Baumbach/ Hefermehl, § 7 Rz. 4 m.w.N.). Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 46. Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 45c; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 58 ff. Identisch mit § 4 TDG in der Fassung vor dem 1.1.2002. So Stçgm+ller, K&R 1999, 391 (393). Heckmann, NJW 2000, 1370; Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 11h; Klinger, DVBl. 2002, 810 (815 f.); R+ßmann/Reich, K&R 1999, 116 (117). Amtl. Begr. zu § 4 TDG, BT-Drs. 13/7385, 19.

20 | Ernst

III. Gewerberechtliche Rechtsfolgen

Rz. 26 Kap. 2

(§ 43 AMG, § 8 HWG), 57 die Veranstaltung von Lotterien und Wetten 58 und auch diejenigen ber die Durchfhrung von Auktionen. Die Erlaubnispflicht des § 34b GewO gilt demnach uneingeschrnkt auch fr virtuelle Versteigerungen.

2. Verbot der Neuwarenversteigerung § 34b Abs. 6 Nr. 5b GewO untersagt die Versteigerung von ungebrauchten 25 Waren, die ansonsten im offenen Verkauf angeboten werden. Diese Norm bezweckt den Schutz des Einzelhandels vor unangebrachter und unlauterer Konkurrenz, weil Versteigerungen stets den Eindruck besonders gnstiger Gelegenheiten hervorrufen. 59 Dies gilt bei Anwendung des § 34b GewO auf Online-Versteigerungen auch hier. 60 Dass ein mçglicher Dispens gemß § 12 Abs. 1 Satz 2 VerstV von der zustndigen IHK erteilt wrde, ist unwahrscheinlich, da dies voraussetzt, dass der Einzelhandel hiervon nicht empfindlich beeintrchtigt wrde, was meist zu vermuten sein wird. 61

3. Verbot des Mitsteigerns § 34b Abs. 6 Nr. 1 GewO verbietet es dem Veranstalter, bei den von ihm 26 durchgefhrten Versteigerungen selbst mitzubieten. Ebenfalls ausgeschlossen sind seine engsten Angehçrigen sowie seine Angestellten. Der Angehçrigen-Begriff wird dabei unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 1 StPO definiert und schließt demzufolge unabhngig vom Fortbestand der Ehe Ehegatten, Verlobte, Abkçmmlinge, direkte Vorfahren sowie Verwandte bis zum dritten Grad (Geschwister, Onkel/Tante, Neffe/Nichte) und Verschwgerte bis zum zweiten Grad ein. 62 57 EuGH, MMR 2004, 149; KG, MMR 2001, 759 – Internet-Apotheke; OLG Frankfurt,

58

59 60

61 62

MMR 2001, 751 – Internet-Apotheke; LG Essen, NJW-CoR 1998, 496 – Viagra; Ernst, WRP 2001, 893 ff.; Ernst, PharmaR 1998, 195 ff.; Mankowski, MMR 251; Mankowski, MMR 2001, 754; Marwitz in: Hoeren/Sieber, Kap. 11.2 Rz. 307. Dazu OLG Hamburg, CR 2003, 56; OLG Hamburg, MMR 2000, 92 – Glcksspiel im Internet; Klamm, Die rechtliche Problematik von Glcksspielen im Internet, 2002; Mankowski, CR 1999, 512 (513 f.). Friauf/Hçfling, § 34b Rz. 39; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 36; jeweils mit weiteren Einzelheiten. Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (117); Husmann, VR 2000, 230 (232). Ausfhrlich zur Versteigerung von Neuwaren W. Bullinger, WRP 2000, 253 (254), der allerdings die Anwendbarkeit des § 34b GewO auf Online-Auktionen verneint. Mit der Tatsache, dass online regelmßig Neuwaren versteigert werden, lsst sich die Unanwendbarkeit der Norm jedenfalls nicht begrnden, da dies rechtlich allenfalls deren Folge sein drfte (so aber Hçsch, GewArch 2002, 257 [262]). Landmann/Rohmer/Bleutge, § 12 VerstV Rz. 5. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl. 1999, § 52 Rz. 4 ff.

Ernst | 21

Kap. 2 Rz. 27

Gewerberechtliche Einordnung

4. Rechtsfolgen der Verletzung gewerberechtlicher Normen a) Wettbewerbsrecht

27 Von Bedeutung ist die Frage, ob neben den zustndigen Ordnungsbehçrden auch Mitbewerber und Verbraucherverbnde das Fehlen einer solchen Erlaubnis rgen und gerichtlich geltend machen kçnnen. Dies scheitert dabei nicht an der Tatsache, dass in diesem Fall Zivilgerichte çffentliches Recht prfen und bewerten mssten. 63 Die Frage wird in Kap. 3 Rz. 12 ff., 33 ff. untersucht. b) Vertragsrecht

28 Die Frage, ob sich die Tatsache, dass der Veranstalter einer Auktion gewerberechtswidrig eine Anmeldung unterlassen hat, Einfluss auf die einzelnen Geschfte zwischen Einlieferern und Ersteigern hat, ist zu verneinen. Die Wirksamkeit der zwischen den Auktionsparteien geschlossenen Vertrge bleibt von çffentlich-rechtlichen Verstçßen gegen § 34b GewO unberhrt. Die Gewerberechtswidrigkeit wirkt sich insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des § 134 BGB aus. Eine diesbezgliche Drittwirkung existiert nicht. 64 Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes gilt nichts anderes.

IV. Anwendung der Versteigerungsverordnung 29 Folgt man der Auffassung, Internet-Versteigerungen seien Versteigerungen im Rechtssinne, fhrt dies zur Anwendung der auf § 34b Abs. 8 GewO beruhenden Versteigerungsverordnung (VerstV). 65

1. Grundstzliches 30 Die VerstVenthlt eine Reihe von Regeln, die die Durchfhrung von Versteigerungen betreffen. Sie gilt allerdings nur fr gewerbliche Veranstaltungen. Zweck ist unter anderem der Schutz der Allgemeinheit, der Auftraggeber (Einlieferer) und der Bieter (§ 34b Abs. 8 GewO). Die Frage der Gewerblichkeit richtet sich nach dem Auktionator, nicht nach den Einlieferern bzw. Bietern. 66 63 Vgl. nur BGH, MMR 2002, 95, 97 – Online-Versteigerung; OLG Frankfurt, Gew-

Arch 1997, 295; OLG Hamburg, GRUR 1990, 305 (306) – Versteigerungsverbot; OLG Hamburg, GRUR 1987, 555 – Versteigerung; OLG Karlsruhe, GRUR 1996, 75 – Versteigerung von Orientteppichen I; LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) – Ricardo; Baumbach/Hefermehl, § 1 Rz. 631, 665; Hess, FS Hertin, S. 391 (402 f.); a.A. Hçsch, GewArch 2002, 257 (263). 64 BGH, MMR 2002, 95 (97) – Online-Versteigerung; BGH, NJW 1981, 1204 (1205). 65 Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen (Versteigerungsvorschriften – VerstV), BGBl. I 1976, 1345, zuletzt novelliert am 1.10.2003 (BGBl. I 2003, 547). 66 Landmann/Rohmer/Bleutge, Vorb VerstV Rz. 10.

22 | Ernst

IV. Anwendung der Versteigerungsverordnung

Rz. 34 Kap. 2

In der VerstV finden sich allerdings zahlreiche Klauseln, die oft auf Internet- 31 Versteigerungen nicht recht passen. 67 Zum Teil ist ihre Einhaltung bei Online-Veranstaltungen aus tatschlichen Grnden auch schlicht unmçglich. Dies galt nicht nur fr das inzwischen entfallene Alkoholverbot des § 14 VerstV a.F. Viele dem Schutz der Bieter dienende Regelungen der VerstV sind andererseits bei Online-Versteigerungen in ihrer konkreten Ausgestaltung gar nicht erforderlich. Das Erfordernis des dreimaligen Wiederholens des Hçchstgebots vor Zuschlag (§ 7 VerstV) etwa kann aufgrund des vorbestimmten zeitlichen Limits der Online-Versteigerung ohnehin entfallen. 68 Insgesamt erscheint aus diesem Grunde eine teleologische Reduktion einiger Normen der VerstV bei der Anwendung auf virtuelle Versteigerungen angezeigt. 69 Auch wird eine moderate Anpassung der VerstV de lege ferenda angeregt, 70 was im Folgenden erlutert und begrndet wird.

2. Einzelheiten Die VerstV soll im Folgenden allerdings nicht vollstndig abgehandelt wer- 32 den. Es wird lediglich auf einzelne Aspekte eingegangen. a) Schriftform des Versteigerungsvertrages

Der Versteigerer darf zunchst nur aufgrund eines schriftlichen Versteige- 33 rungsvertrages zwischen ihm und dem Einlieferer versteigern (§ 1 Satz 1 VerstV). Dieses Schriftformerfordernis ist allerdings brgerlich-rechtlich ohne Bedeutung fr die Wirksamkeit des Versteigerungsvertrages, da ein Verstoß nicht zur Nichtigkeit gem. §§ 126, 125 BGB fhrt. 71 Auf die Vertrge mit den Meistbietenden hat ein Verstoß ebenfalls keinen Einfluss. Dennoch wre eine Klarstellung durch ausdrckliche Zulassung der Textform (§ 126b BGB) in § 1 Satz 1 VerstV angebracht. b) Besichtigung des Versteigerungsgutes

Gemß § 4 Satz 1 VerstV hat der Versteigerer den Bietern fr die Dauer von 34 mindestens zwei Stunden Gelegenheit zur Besichtigung des Versteigerungsgutes zu geben. Zweck der Norm ist es, den Bietern Gelegenheit zu geben, das Versteigerungsgut und das Umfeld der Auktion kennen zu lernen. 72 Die zustndige Behçrde kann allerdings dann eine Ausnahme erlassen, 67 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (117). 68 Klinger, DVBl. 2002, 810 (816); zur Abdingbarkeit des § 18 VerstV Landmann/Roh-

mer/Bleutge, § 18 VerstV Rz. 3. 69 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (117); Klinger, DVBl. 2002, 810 (816). 70 So auch schon Heckmann, NJW 2000, 1370 (1375); Krugmann, NVwZ 2001, 651

(654). 71 BGH, Urteil v. 1.7.1999 – I ZR 181/96. 72 Landmann/Rohmer/Bleutge, § 9 VerstV Rz. 1.

Ernst | 23

Kap. 2 Rz. 35

Gewerberechtliche Einordnung

wenn anderweitig Gelegenheit zur Begutachtung besteht (§ 4 Satz 2 VerstV). Das Besichtigungserfordernis lsst sich im Internet kaum durch eine optische Darstellung des Gegenstandes ersetzen. Eine genaue Augenscheinsprfung ist auf einem Foto ebenso wenig in gleichem Maße mçglich wie auf einer dreidimensionalen Multimedia-Darstellung. 35 Andererseits ist zu beachten, dass eine Besichtigung beim Auktionator nur dann mçglich ist, wenn alle Einlieferer ihre Waren bersenden. Dies wrde das Online-Versteigerungsgeschft zerstçren, denn weder sind die Anbieter hierzu logistisch in der Lage, noch wren die Bieter bereit, die hierdurch entstehenden hçheren Kosten mitzutragen. Die Norm ist daher von ihrem Zweck her auszulegen. Kein Bieter ist gezwungen, sich die Ware vor der Versteigerung anzusehen. 36 Selbst bei einer teleologischen Reduktion wre aber zumindest die Mçglichkeit anzubieten, das Versteigerungsgut fr eine gewisse Zeit beim Einlieferer – nicht beim Versteigerer – zu besichtigen. 73 Die bloße Beschreibung der Ware htte nicht den gleichen Effekt. 74 Auch die Tatsache, dass die Nutzer mit den Gegebenheiten beim Online-Geschft vertraut sind, rechtfertigt nicht, dies als Minimalsicherung aus § 4 VerstV herauszulesen. 75 Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass die Besichtigungsmçglichkeit eventuelle betrgerische Absichten beschrnken kçnnte. Dass die meisten Bieter hierauf verzichten wrden, ist dem System der Online-Versteigerung immanent. Ohnehin sieht § 4 VerstV keinen bestimmten Ort fr die Besichtigung vor. Er muss lediglich so gewhlt sein, dass alle potentiellen Interessenten ihn leicht mit çffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kçnnen. 76 Bei einer berregionalen Veranstaltung ist das illusorisch. Die fehlende Besichtigung wird von den Bietern einer Online-Versteigerung aber bewusst in Kauf genommen. Dafr haben sie den Vorteil, auch Waren vom anderen Ende der Republik ersteigern zu kçnnen. Eine Rnderung der VerstV sollte dies bercksichtigen und eine Besichtigungsmçglichkeit beim Einlieferer als hinreichend vorsehen. c) Sonn- und Feiertagsverbot

37 An Sonn- und Feiertagen darf gem. § 5 VerstV nicht versteigert, sondern allenfalls die Besichtigung des Versteigerungsgutes durchgefhrt werden. Dieses Verbot der Sonn- und Feiertagsversteigerung sollte hnlich wie das Ladenschlussgesetz 77 auf virtuelle Geschfte generell keine Anwendung fin73 Dies sollte aber entgegen Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (102) auch ausreichen, um

74 75 76 77

§ 9 VerstV Genge zu tun. Ein unmittelbarer Zugriff des Auktionators auf das Versteigerungsgut erscheint nicht zwingend erforderlich. Husmann, VR 2000, 230 (232). A.A. Husmann, VR 2000, 230 (232). Landmann/Rohmer/Bleutge, § 9 VerstV Rz. 4. Dazu Heckmann, NJW 2000, 1370 (1372 f.).

24 | Ernst

IV. Anwendung der Versteigerungsverordnung

Rz. 40 Kap. 2

den. Diese Normen dienen allein der Wahrung der Sonntagsruhe, die online irrelevant ist. 78 Eine Online-Versteigerung dauert generell ber mehrere Wochen. Dem Zweck des § 5 Abs. 1 VerstV ist insoweit gengt, als die Veranstaltung nicht insgesamt an diesem Tag durchgefhrt wird. Ansonsten wird auch am Wochenende ohnehin nur ein Computer die Gebote der Bieter entgegennehmen. d) Anzeigeerfordernis

§ 3 VerstV legt dem Versteigerer die Verpflichtung auf, jede Versteigerung der 38 zustndigen Behçrde im Vorhinein anzuzeigen. Diese Verpflichtung soll den Behçrden die Mçglichkeit geben, die Versteigerung zu berprfen und gegebenenfalls zu verhindern. 79 Diese Norm ging allerdings davon aus, dass eine Versteigerung stets unter großem Verwaltungs- und Werbeaufwand auch rumlich vorbereitet wird. Bei klassischen Versteigerungen macht eine Anzeige keine Probleme und erschien obendrein nur als Formalitt. Einen Veranstalter von Dauerauktionen – denn als solche stellen sich die InternetAuktionshuser dar – kann man mit der Norm jedoch kaum sinnvoll erfassen. 80 Die Norm sollte fr Online-Versteigerungen keine Anwendung finden. Dies wre angesichts der großen Zahl zeitversetzter Auktionen nicht mit fr Behçrden und Veranstalter zumutbarem Aufwand durchfhrbar und damit auch nicht sachgerecht. Zur gewerberechtlichen Jberprfung des Anbieters gengt die generelle und einmalige Anmeldung einer dauerhaften Versteigerungsttigkeit. 81 e) Bekanntmachungsgebot

Das Bekanntmachungsgebot (§ 6 VerstVa.F.), nach dem der Versteigerer Um- 39 stnde und Besichtigungsmçglichkeiten sptestens am Tage vor der Versteigerung ortsblich bekannt zu machen hat, ist inzwischen entfallen. f) Schtzung und Begutachtung

Der Versteigerer ist nicht gezwungen, das Versteigerungsgut schtzen zu las- 40 sen. Zwar war er gem. § 3 VerstVa.F. hierzu verpflichtet, wenn der Einlieferer dies verlangte, doch ist diese Norm, die ohnehin nur den Schutz des Einlieferers und nicht des Bieters bewirkte, inzwischen entfallen.

78 79 80 81

Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (117). Landmann/Rohmer/Bleutge, § 5 VerstV Rz. 1 m.w.N. Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b Rz. 5b m.w.N. Klinger, DVBl. 2002, 810 (816).

Ernst | 25

Kap. 2 Rz. 41

Gewerberechtliche Einordnung

g) Kein Bargebot

41 Ein Bargebot ist bei privaten Versteigerungen anders als bei der çffentlichen (vgl. § 817 Abs. 2 ZPO) generell nicht erforderlich. Hierzu bestimmte selbst der mittlerweile entfallene § 2 Nr. 3 VerstV a.F. lediglich, dass sich aus den Allgemeinen Versteigerungsbedingungen des Veranstalters ergeben msse, ob und inwieweit ein Bargebot zu erfolgen hat. Dies war bei Online-Versteigerungen ausgeschlossen und nie der Fall.

V. Gewerberechtliche Bedeutung sonstiger Online-Plattformen 1. Anzeigepflicht 42 Wer den selbstndigen Betrieb eines stehenden Gewerbes aufnimmt, muss dies der zustndigen Behçrde anzeigen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GewO). Bei OnlinePlattformen handelt es sich stets um stehendes, nicht etwa um Reisegewerbe i.S.d. § 55 GewO. 82 Die Anzeige hat zu erfolgen gegenber derjenigen Behçrde, in deren Bezirk der Anbieter seinen Sitz hat. Auf den Serverstandort kommt es nicht an. 83 Unerheblich ist auch die Regelung des § 14 Abs. 3 GewO, nach der ein Automatenhersteller die Behçrden aller Bezirke von seiner Ttigkeit zu informieren hat, in denen Automaten aufgestellt werden. Bei onlinefhigen Computern handelt es sich nicht um Automaten im Sinne dieser Norm.

2. Eberwachung 43 Die Anzeigepflicht dient dem Zweck, der zustndigen Behçrde die Jberwachung der Gewerbeausbung zu ermçglichen. 84 Whrend die einfache Umschau auf frei zugnglichen Internetseiten auch ohne besondere Ermchtigungsgrundlage zulssig ist, 85 bedarf der Zugriff auf geschtzte Inhalte und die Geschftsrume einer entsprechenden Norm. Bei erlaubnispflichtigen Gewerben gibt § 29 Abs. 1 GewO den Behçrden ein umfassendes Informationsrecht. § 29 Abs. 2 GewO gestattet darber hinaus den Zutritt zu den Geschftsrumen des Betreibers. Der „virtuelle“ Geschftsraum Computer fllt allerdings nicht unter dieses Zutrittsrecht. 86 44 Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ohne Erlaubnis betrieben, kann die Fortsetzung des Betriebes durch eine Sperrungsverf gung (§ 15 Abs. 2 GewO) verhindert werden. Der gravierendste Eingriff in die Ttigkeit des Ver82 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (109). 83 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (110), der die Mçglichkeit einer zustzli-

chen Anzeigepflicht am Serverstandort erwgt, was aber mangels Automatencharakters (keine Außenwirkung vor Ort) abzulehnen ist. 84 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (111). 85 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (111). 86 Heckmann, in: Bllesbach/Dreier, S. 105 (111).

26 | Ernst

VI. Rechtspolitisches zur Erlaubnispflicht bei Versteigerungen

Rz. 47 Kap. 2

anstalters ist die Gewerbeuntersagung. Die zustndige Behçrde kann den Betrieb des Gewerbes gem. § 35 GewO verbieten, wenn der Betreiber in Bezug auf das angezeigte Gewerbe als unzuverlssig im Sinne des Gesetzes gilt. 87

VI. Rechtspolitisches zur Erlaubnispflicht bei Versteigerungen 1. Online-Versteigerungen de lege ferenda Nach der hier vertretenen Ansicht unterfallen Online-Versteigerungen den 45 gewerberechtlichen Normen. Dass diese zum Teil (VerstV) fr die Anwendung auf Online-Veranstaltungen immer noch anpassungsbedrftig sind, wurde dargelegt. Allerdings wird auch die Meinung vertreten, virtuelle Versteigerungen de lege ferenda generell insbesondere von der Genehmigungsbedrftigkeit auszunehmen. Dem ist nicht zuzustimmen. Gerade weil die Zahl der Anbieter von Online-Auktionen unbersehbar rasant ansteigt, stellt sich aus Grnden des Verbraucherschutzes dringend das Bedrfnis nach einem Schutz vor „schwarzen Schafen“. 88 Dies ist auch im Interesse seriçser Anbieter, deren Ruf ebenfalls unter einer Verwilderung der Branche leiden wrde. Da die Kontrolle ber eine dezidierte Besichtigung des Versteigerungsgutes durch die Bieter bei Online-Veranstaltungen praktisch ausgeschlossen ist, gilt dies umso mehr. Diesem Erfordernis kann am besten durch das Genehmigungsgebot des § 34b GewO gengt werden.

2. Umgekehrte Versteigerungen de lege ferenda Auch eine Ausweitung der Genehmigungspflicht auf umgekehrte Versteige- 46 rungen ist zu diskutieren. Dabei drfte der Schutz der Verbraucher vor Jbervorteilung insofern bereits durch weitgehende wettbewerbsrechtliche Verbote gewhrleistet sein (dazu unten Kap. 3 Rz. 51 ff.). Eine Aufnahme in die GewO wrde den Eindruck vermitteln, diese Absatzform sei dann auch lauterkeitsrechtlich zugelassen worden. Aus diesem Grunde bedarf es auch aus Grnden der Sicherung der Absatzwege von Waren durch den Einzelhandel derzeit keiner weiteren gesetzgeberischen Ttigkeit.

3. Community-Shopping de lege ferenda Das Community-Shopping hingegen ist von den Angeboten im Wege der 47 (Auf- und Abwrts-)Versteigerung so weit entfernt, dass sich analoge Jberlegungen verbieten. Die Einfhrung einer gewerberechtlichen Genehmigungspflicht erscheint nicht angezeigt. 87 Ausfhrlich dazu Landmann/Rohmer/Marcks, § 35 GewO Rz. 1 ff. 88 So auch Heckmann, NJW 2000, 1370 (1374 f.).

Ernst | 27

Kap. 2 Rz. 47

28 | Ernst

Gewerberechtliche Einordnung

Kapitel 3 Wettbewerbsrechtliche Fragen von Online-Marktpltzen

I. Wettbewerbsrecht online . . . . 1. Kein besonderer Irrefhrungsbegriff . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbsverstçße des Plattformanbieters . . . . . . . . . a) Unverlangte E-Mail-Werbung (Spamming) . . . . . . b) Hyperlinks und Bannerwerbung . . . . . . . . . . . . . aa) Einfache Hyperlinks . . bb) Frames auf fremde Versteigerungen . . . . . . cc) Keyword-Buying und Doorwaypaging . . . . . c) Wahl irrefhrender DomainNamen . . . . . . . . . . . . 3. Verstçße gegen angrenzende Normen . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Verstçße gegen Kennzeichnungsvorschriften . . . . . c) Verstçße gegen das Datenschutzrecht . . . . . . . . . d) Verstçße gegen das Markenrecht . . . . . . . . . . . . . aa) Nutzung fremder Markennamen . . . . . . . . bb) Markennamen in MetaTags . . . . . . . . . . . cc) Keyword-Advertising mit fremden Markennamen . . . . . . . . . . II. Internet-Versteigerungen . . . . 1. Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit von Online-Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . 2. Blickfangmßiges Herausstellen von Mindestgeboten . . . 3. Preisangabenrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . . . . a) Preisangaben bei konventionellen Versteigerungen . . b) Preisangaben bei Online-Versteigerungen . . . . . . . . c) Wettbewerbsbezug . . . . .

1 2 3 4 6 6 7 8 10 12 12 15 16 17 17 19 21 22

22 25 27 28 29 32

4. Verstçße gegen die Gewerbeordnung . . . . . . . . . . . a) Verstçße gegen die Anmeldepflicht des § 34b GewO . . b) Verstçße angemeldeter Versteigerer gegen das Verbot der Neuwarenversteigerung . . c) Mitsteigern durch den Veranstalter . . . . . . . . . . . d) Verstçße gegen die VerstV . 5. Verstçße gegen das Urheberrecht durch Online-Auktionskataloge . . . . . . . . . . . . a) Die Katalogbildfreiheit . . b) Online-Kataloge und § 58 UrhG . . . . . . . . . . . . . c) Geltendmachung von Verstçßen . . . . . . . . . . . . 6. Wettbewerbswidrige „Sniper“Software? . . . . . . . . . . . . III. Umgekehrte Versteigerungen . 1. Zulssigkeit von „Ausschreibungen“ . . . . . . . . . . . . 2. Zulssigkeit angekndigter linearer Preissenkungen (Reverse Auctions) . . . . . . . . a) Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . b) Preisangabenrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . 3. Wettbewerbsverstçße im Rahmen umgekehrter Versteigerungen . . . . . . . . . . . . . a) Unzulssigkeit von Werbung mit Angeboten „ab 1,- Euro“ . . . . . . . . . . . b) Verwendung der Bezeichnung „Versteigerung“ . . . IV. Community-Shopping – Preisnachlsse an virtuelle Kaufgemeinschaften . . . . . . . . . . 1. Rabattrechtliche Zulssigkeit nach altem Recht . . . . . . . 2. Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit . . . . . . . . . . . . .

33 34 36 37 38 39 40 42 45 46 49 50 51 51 56 57 57 59

60 61 62

Ernst | 29

„vhtlohilUtlutvIn vr

“at1taQApeezpUU QMtolt- B -tvatKOtlftl 9zkkt hol uik ylntOtlltInhB -tvb atKOtlf 2AAE Dsxt-B Vvt s htl thb,tlUvItb.lzUvatl oKr –tvrtK atihrIntl 6la i frOtnClb at 3 4v t 9lvhvc o at 5tlgmfi ft atl çtuvlcrltfvtli f VmrrtKazlgB ppwbçtvKoft EQ2AA/B S DadR QApz-ziiR B ,hlogltInhKvInt KtOt ftrthutB „zrtOKohhb9zkkt holB pm b Int B ,ho a‘ PtOliol 2AAE DantkhaB PvKkut ril i a PvKkUtlOzh 3 4v t y htlriIni f ui at Utlgorb ri frltInhKvInt e gzlatli ft o avt rhlogltInhKvInt PvKkcz hlzKKt vk 4lMoInrt t OtltvInB polOilf 2AAA DantkhaB –tMoKhUtlntllKvIni fB –tMoKhUtlnolkKzri f i a pt rInt Mmlb atB Dyp 2AAAB G:: DantkhaB Ktit .oloavfkt atl .zl zflogvtj 3 4v i Otrhvkkhtl wtInhrb Otflvgg oig atk .lmgrho aB ppw 2AA/B G2Z Dakiss B çmlftlKvIntr –trthuOiInB ço a sB SS eigKB 9CK 2AAE DasRe B 5tlhlofrftrhoKhi f vk s htl thB pm Int 2AA/ ,iol-ta QApstakiss B .loGvr atr 5tlrhtvftli frltInhrB pm Int S::S ,i--tsdPol B s htl th i a s htl ohvz oKtr .lvUohltInhB dvt QKtM Yzlc 2AAS ,tftaB polct ftrthuB / eigKB pm Int 2AAS ,pRRQv1xaiçtB s htl ohvz oK ?z riktl .ilInortr hnlzifn hnt s htl th‘ )ib lvravIhvz oK srritr 1ilrio h hz 4ilz1to „oMB “2AAAß Z s h ) „ ! s gz 0tIn :: ,aislt QAtkIta Q–issta Qja0szixts “-lrfßB 56ç 9zkkt holB VmrrtKazlg 2AA2 ,at1eix B -oghi f vk KthuB pm Int S::: ,ahibUB –tM6B KtiMvtaB ,ho a‘ PtOliol S::Z ,apkk QGpantkiss B ylntOtlltInhB : eigKB ,hihhfolh S::Z çH jikkB dthhOtMtlOrltInhB H eigKB 9CK S:ZX jthkta Qroz0eft B 4ilz1EvrIntr DvUvKUtlgonlt rltInhB 2 eigKB pm Int 2AAE jtakiss B –tgonlt oOMtnl i a ,hlogUtlgzKfi f vk s htl thB çtlKv 2AAA j-iee B 5tlhlofrrInKirr vk s htl thB çoat bçoat 2AA2 j-p1 “-lrfßB -o aOiIn atr dthhOtMtlOrltInhrB 2 eigKB pm Int S::Z jpbsi-ilhR “-lrfßB wtInhrno aOiIn 4KtIhlz vI çirv trrB pm Int 2AA/ jaidhef Quh-U B Vor wtInh atl 4ilz1EvrInt y vz B 22 4lfb„gfB ,ho a‘ eib firh 2AA/B pm Int jaik-hoz QAaPxtaQrozathdibta B wtInhrno aOiIn ç2ç .Kohhgzlkt B pm b Int 2AA/ uizs QgtRehsx “-lrfßB çtIc@rIntl 9zkkt hol uik wi agi cltInhB pm b Int 2AA/ utolkiss B 4b?zkktlIt 3 PKiInh v at UvlhitKKt woikjB K)d 2AAAB S/XA „ss

Literaturverzeichnis

ihzKcvrr , Vergaberecht, in: Spindler (Hrsg.), Rechtsfragen bei Open Source, Kçln 2004, S. 281 ihotEnG, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe (VOB/VOL/VOF), 2. Aufl., Mnchen 2001 i1hohr , Rechtsfragen des Internet, 1998 i1hohr /pAGbnzu /–nhbhr(Hrsg.), Online-Auktionen, Berlin 2002 i1hohr /lnhaho (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Mnchen, Stand: Erg.-Lfg. 12, September 2004 C- i1SrnrGhr4iOhrh , Die vertragliche Stellung des Versteigerers, NJW 1973, 1473 iOsshotg , l-, Rechtliche Probleme von Online-Auktionen, MMR 2000, 65 TcchrGv /phwtc)zKho (Hrsg.), GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl., Mnchen 2001 TrGhrwtvO /e1oan1r (Hrsg.), VOB Kommentar, 15. Aufl., Dsseldorf 2004 TrGhob /(1urKh , Markengesetz, 2. Aufl., Mnchen 2003 Fvz1aw/Mnr vzuho /çhsbntgKS , Großkommentar zum UWG, 1. Aufl., 13. Lieferung, Berlin/New York 1999 Fvovww /§nho1tu, Grundgesetz fr die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 7. Aufl., Mnchen 2004 evcnrwKn/ihr9bho /e1bvwzurnK /§vsvtu1cv4UvhtGh (Hrsg.), Rechtshandbuch E-Business, Neuwied usw. 2002 evOyu1b /pvShou1yho/(hnzub, Die VOF im Vergaberecht, Kçln 1999 eb1hsyho , Informationsrecht, Mnchen 2002 e1zu , Internet-Recht, Wien 1998 e1hrnG/eObhrKvcsyy/eAubnrG /M1htg/lcnt , Internetplattformen in der Unternehmenspraxis – Wettbewerbsrecht, Kartellrecht, Ikonomie, Heidelberg 2002 e.ubho, BGB Allgemeiner Teil, 28. Aufl., Mnchen 2004 e.ubho/Por t , Recht des Internet, 4. Aufl., Heidelberg 2003 e.ubho/§nsho, UWG, 3. Aufl., Mnchen 2002 eo1su1bbho , Europisches Zivilprozeßrecht, 7. Aufl., Heidelberg 2002 MvzKrho /eAub, Strafgesetzbuch mit Erluterungen, 25. Aufl., Mnchen 2004 Mvr cvrr /(1ucho , Gewerbeordnung, Mnchen, Loseblatt-Kommentar, Stand: Mai 2003 MvrGho , Vertragsanbahnung und Vertragsschluß im Internet, Forum Int. 1999, 1 Mvohrg/2vrvonw, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., Mnchen 1994 Mvohrg/I1by , Allgemeiner Teil des Brgerlichen Rechts, 9. Aufl., Mnchen 2004 Mhnabh /l1wrntgv(Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Heidelberg/Frankfurt 2004 LIII

„vhtlohilUtlutvIn vr

wthd-tQrpRshefiB 5vlhitKKt 4v coigrftktv rInoght B Ds. 2AAAB X/2 wpttszthk QApoz “-lrfßB .loGvr atr 6 Kv tbwtInhrB S::Z çps Misxp-ne QA-thsQreiaol B Vor çz tl –li aftrthuB 9zkkt holB ça S “.lEokOtK Ovr elh S:ßB E eigKB pm Int S::: MislpRlhB s htl ohvz oKtl 5tlOloiIntlrInihu i a s htl thB v ‘ s htl th i a wtInhB dvt 2AA2B , S:S MislpRlhB s htl th i a s htl ohvz oKtr dthhOtMtlOrltInhB –wyw s h S:::B :A: MislpRlh B dvt 1lzOKtkohvrIn vrh avt sat hvhEh atr 4lcKElt at Otv 4bpovKr MvlcKvInjB K)d 2AA2B 2Z22 MislpRlhB çtnClaKvInt 4v flvggt i a flt umOtlrInltvht at 6 Kv tb Vvt rhtB v ‘ „tvOKt “-lrfßB Vvt çtatihi f atr s htl ohvz oKt .lvUohb ltInhr vk DtvhoKhtl atl tit ptavt B 2AA/B , HS MislpRlhB s htl ohvz oKtr .lvUohltInh atl .lzUvatlUtlhlEft “0tvK sssßB v ‘ ,1v aKtl “-lrfßB 5tlhlofrltInh atl s htl thb.lzUvatlB 2 eigKB 9CK 2AAE MiaSQFzatsR B Vtl eichvz ohzlB KtiMvta S::2 MJRoz-tB pocKtlltInh Uz e 3 DB pm Int S::X Mibsf Q“0ahxB –li aftrthuB 9zkkt holB ça S “.lEokOtK Ovr elh SSßB pm b Int B ,ho a‘ PtOliol 2AA/ MtnhobRB eKKftktv tl 0tvK atr ç–çB Z eigKB -tvatKOtlf 2AA2 Mtslt B ?zkki vhT ,nz11v f i a dthhOtMtlOrltInhB dw. 2AAAB //X nt Mhxbt- FRtsRhpB VtltInz 1lvUoaz at s htl thB / eigK poalva 2AA2 MPzahsxQGhop-hsh B ylntOtlltInhrftrthuB 2 eigKB pm Int 2AAA MpahefQ “athta “-lrfßB wtInhrb-o aOiIn uik 4b?zkktlItB 9CK 2AA2 MpefltQßhtefoltaQßahtK“-lrfßB 56ç 9zkkt holB pm Int 2AAS çps M0soz QAbshx “-lrfßB –li aftrthub9zkkt holB ça S “.lEokOtK Ovr elh S:ßB H eigKB pm Int 2AAA MbRht-il “-lrfßB 9zkkt hol uil DvUvK1lzutrrzla i f kvh –tlvInhrUtlgorb ri frftrthuB / eigKB pm Int 2AA2 GhtdbzaQAb-iaef QAbRQßpaef “-lrfßB 9zkkt hol uik 5tlfoOtltInhB Ktib Mvta 2AAA Gpantkiss B dthhOtMtlOrb i a polct ltInhB SA eigKB çoat bçoat 2AAE ßi-isne B çmlftlKvIntr –trthuOiInB G/ eigKB pm Int 2AAE ßahtKB -o aOiIn atr tilz1EvrInt 5tlfoOtltInhrB 2 eigKB 9CK io 2AAS ;ibRozta “-lrfßB 4ilz1EvrIntr DvUvK1lzutrrltInhB 2AAE ;tdkiss QrJolta Q;hStolta “-lrfßB pm In tl 9zkkt hol uik çmlftlb KvInt –trthuOiIn‘ ço a S 3 eKKftktv tl 0tvK “xx S32EA( e–çb–trthußB E eigKB pm Int 2AAS( ço a 2o 3 ,IniKaltInh eKKftktv tl 0tvK “xx 2ES3E/2ßB E eigKB pm Int 2AA/( ço a E 3 ,IniKaltInh çtrz atltl 0tvK ss “xx GAX3XAEßB / eigKB pm Int S::X ;thneQrehol-taQj-izR “-lrfßB 5tlfoOtltInh 9zkkt holB 2 eigKB 9CK 2AA/ „s5

„vhtlohilUtlutvIn vr

;thezkiss QMiaehs1 “-lrfßB s htl ohvz oKtr 5tlhlofrltInhB G eigKB 9CK 2AAE ;htRt B 5tlfoOtltInhB çtlKv io S::Z ;PzahozeQctReIzi-ts jaiU çps B -o atKrftrthuOiInB 2 eigKB 9CK 2AAS ;pKsixt- “-lrfßB Vvt tKtchlz vrInt ,vf ohil v atl Cggt hKvInt 5tlMoKhi fB çoat bçoat 2AA2 ;pKsixt- “-lrfßB wtInh atl piKhvktavoavt rht “wpVßB ,ho a‘ 4lfb„gf GB VtutkOtl 2AAE ;pKsixt- B -o aOiIn Voht rInihultInhB pm Int 2AA/ ;pKsixt- QvisfziU Qjahkk B Voht rInihu vk 4KtIhlz vI ?zkktlItB -tvatKb Otlf 2AA/ ;0Kkiss B 5tlOloiIntlrInihu vk s htl thB 9!w S::ZB S2: ;0Kkiss Q;thoz B s htl th oKr ftMtlOtzla i frgltvtl woikjB 9!w 2AAAB SSG riozR “-lrfßB –li aftrthuB 9zkkt holB / eigKB pm Int 2AA/ roziiaB Voht rInihu vk s htl thB pm Int 2AA2 roziolB s htl ohvz oKt ylntOtlbB polct b i a dthhOtMtlOrUtlKthui ft vk s htl thB ppw 2AAAB H:B S/H rozi-ehsie B s htl ohvz oKtr 5tlOloiIntl1lzut§ltInhB Plo cgilh irM S::Z rozkhne B pm Int tl 9zkkt hol uik -o atKrftrthuOiInB ço a S 3 4lrhtr çiInB -o atKrrho a “xx S3SAEßB pm Int S::G rozkhne Qchtoztae QAPshxRzpUts B 0tKtczkki vcohvz rltInh atl çi atrb lt1iOKvc VtihrInKo aB „zrtOKohhB -tvatKOtlfB ,ho a‘ VtutkOtl S::: rozPslt QrozaPntaB ,hlogftrthuOiInB 9zkkt holB 2G eigKB pm Int 2AAS rozPs-thetaB s htl thoichvz t rv a ctv t 5tlrhtvftli ft v,a x /EO –tb M6B –tMelIn 2AAAB E: rozaholtaB ylntOtlltInhB 2 eigKB pm Int S::: rozb B 0nt e11KvIoOKt „oM hz ?z riktl ?z hloIhr poat zUtl hnt s htl thB “S::Xß H s h ) „ ! s gz 0tIn S:2322: rozbRetaW ,H “-lrfßB 5tlhlofrno aOiIn 0tKtktavoB pm Int 2AAS roziaf “-lrfßB wtInh vk s htl thB ço a SB „zrtOKohhB eifrOilfB ,ho a‘ 6cb hzOtl 2AA2 rhtdtaB ,hlogltInhKvInt 5tlo hMzlhKvInctvh gml at Voht Utlctnl v v htl ob hvz oKt ?zk1ihtl thut B )D S::GB E2: rhtdtaB Vvt ltInhKvInt 5tlo hMzlhKvInctvh vk s htl th‘ 0tIn vrInt 9z hlzKKb kCfKvInctvht i a kiKhvktavoltInhKvInt wtftKi ft B pm Int S::: rhkhehR Q“ikkiss Qjthxta QMi--kissQ ci-f B 9zkkt hol uik çi atraob ht rInihuftrthuB E eigK S::2B „zrtOKohhB çoat bçoat B ,ho a‘ VtutkOtl S::Z rptaxt- B çmlftlKvIntr –trthuOiInB ço a 2B eKKftktv tl 0tvK 2B S/ eigKB ,hihhfolh S::: rIhsn-ta B -oghi frltInhKvInt –li a1lzOKtkt atl tit ptavt B K)d S::XB /S:/ gg rIhsn-ta B e k ui 6„– çlo at OilfB ylh U SGS22AA/ 3 G y SGSQA2B ppw 2AAEB //A „5

„vhtlohilUtlutvIn vr

rIhsn-ta B s htl ohvz oKtr 5tlOloiIntlrInihultInh i a s htl thB ppw 2AAAB SZ rIhsn-ta B -oghi frltInhB v ‘ -ztlt Q,vtOtlB -o aOiIn piKhvktavobwtInhB pm Int S:::B 9o1 2: rIhsn-ta B v ‘ ,1v aKtl “-lrfßB 5tlhlofrltInh atl s htl thb.lzUvatlB 2 eigK 9CK 2AAE rIhsn-ta QjthR Qrozkhef B 0tKtavt rhtftrthuB pm Int 2AAE reibd B -o atKrftrthuOiInB –lz§czkkt holB E eigKB çtlKv S::E reibnhsxtaW FH B s htl ohvz oKtr 5tlOloiIntlrInihultInh koat v –tlko TB wsd 2AAAB ESG reibnhsxtaW „H“çtflßB çH 9zkkt hol uik çmlftlKvInt –trthuOiIn kvh 4v b gmnli frftrthu i a KtOt ftrthut B e–ç–B S/ çtolOtvhi fB çtlKv S::/32AAE rePxk0--ta B eichvz t vk s htl thB 9!w S:::B /:S repaaB 4Ktchlz vrInt 9zkki vcohvz v atl Cggt hKvInt 5tlMoKhi f 3 Vvt 4v gmnli f atr tKtchlz vrInt 5tlMoKhi frochrB ppw 2AA2B HX: reaPdt-t QA-ili B polct ftrthuB X eigKB 9CK 2AA/ BteehsxtaQcisl B –tM6B X eigKB pm Int 2AAE BaPsn-t Q,hRoztaB 9zkkt hol uik ,hlogftrthuOiIn i a KtOt ftrthutB H2 eigKB pm Int 2AAE T-kta Qvaisnsta QutsRts Qrozkhne B e–ç–B Z eigKB 9CK S::X giRRh-ilhB ,hlogltInhKvInt -oghi f oIn xx Z gg 0V–B ppw 2AA2B GH: giRRh-ilhQMiaetsRB ?zk1ihtlb i a s htl thrhlogltInhB 6Kat Oilf 2AA/ gP-ltaB .ltvro foOt ltInhB pm Int S::G jaiU çH ctReIzi-ts B 5tlhlofrltInh i a e–çb9KoirtKMtlctB pm Int B „zrtb OKohhb-o aOiInB pm Int B ,ho a‘ pov 2AAE cisnelt Qvb--hsxtaB .loGvrczkkt hol uik ylntOtlltInhB pm Int 2AA2 chozta B Vtl 5tlrhtvftltlB ,hihhfolh S:GSQS:ZG ch-kta B wtInhKvInt .lzOKtkt atl 6 Kv tbeichvz t B K)db?zw 2AAAB :E cp-UQupas QwhsnioztaB e–ç–B 9zkkt holB E eigKB pm Int S:::

„5s

I. Wettbewerbsrecht online

Rz. 15 Kap. 3

dings automatisch unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Dabei ist allerdings inzwischen nicht mehr zu unterscheiden zwischen solchen Normen, deren Verletzung zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG zu werten sind (wertbezogene Normen), und solchen, bei denen weitere unlauterkeitsbegrndende Merkmale hinzutreten mssen (wertneutrale Normen). 25 Diese Rechtsprechung wurde ausdrcklich aufgegeben und durch die allein einen Verstoß gegen das UWG begrndende Feststellung eines Wettbewerbsbezugs ersetzt. 26 Im neuen UWG ist der vormalige „Vorsprung durch Rechtsbruch“ also expli- 14 zit geregelt. § 4 Nr. 11 UWG bestimmt, dass unlauter im Sinne von § 3 UWG insbesondere derjenige handelt, der „einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“. Damit nimmt die Norm unmittelbar Bezug auf die Definitionen des Marktteilnehmers in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG sowie den in § 1 UWG nunmehr festgeschriebenen Gesetzeszweck. Dieser ist damit Auslegungsgrundlage fr § 4 Nr. 11 UWG und fr die Bestimmung des Wettbewerbsbezugs einer Drittnorm. Die Frage nach dem Wettbewerbsbezug der angefhrten Norm ist identisch mit der Frage, ob bei einem Verstoß der Schutzzweck des UWG berhrt ist. 27 Dieser Schutzzweck umfasst den Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktbeteiligten und der Allgemeinheit (§ 1 UWG). 28 b) Verstçße gegen Kennzeichnungsvorschriften

Mit den insbesondere in § 6 TDG festgelegten Kennzeichnungspflichten fr 15 Online-Anbieter soll der Nutzer vor der Inanspruchnahme des Dienstes ber die Identitt des Anbieters aufgeklrt werden. Zugleich dient die Norm der Erleichterung der Rechtsverfolgung durch den Nutzer. 29 Die Norm soll nicht die Rechtsverfolgung durch eventuelle Mitbewerber erleichtern. Es handelt sich zum Teil um verbrauchersch tzende Regeln, zum Teil aber auch nicht. Soweit etwa allein die Umsatzsteuer-ID eines Anbieters fehlt, kommt eine Wettbewerbsklage hiergegen nicht in Betracht (vgl. aber § 2 Abs. 2 Nr. 2 UKlaG). Auch sonst ist bei Abmahnungen in diesem Bereich im Einzelfall besonders auf das Korrektiv der Wesentlichkeit zu achten. 30 Verstçße gegen die Kennzeichnungspflichten der §§ 312c, 312e BGB sowie der BGB-InfoV werden hingegen im Regelfall abmahnfhig sein. 25 Frher st.Rspr., z.B. BGH, GRUR 1963, 578, 583 – Sammelbesteller; BGH, GRUR

1973, 655, 657 – Mçbelauszeichnung. 26 BGH, GRUR 2000, 1076 – Abgasemissionen; weitere Nachweise bei Ullmann, 27 28 29 30

GRUR 2004, 817, 820 ff. Ullmann, GRUR 2004, 817, 821. Ausfhrlich Ullmann, GRUR 2004, 817, 820 ff.; Ernst, WRP 2004, 1133 ff. Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, 1999, § 6 TDG Rz. 2. Ullmann, GRUR 2004, 817, 823.

Ernst | 35

Kap. 3 Rz. 16

Wettbewerbsrechtliche Fragen

c) Verstçße gegen das Datenschutzrecht

16 Datenschutz dient nicht dem Schutz von Daten, sondern dem der dahinter stehenden Menschen. Er ist Ausfluss des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts (Art. 1, 2 Abs. 1 GG). 31 Dieses gewhrt dem Brger das Recht, grundstzlich selbst ber Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu entscheiden. Daraus ergibt sich, dass die einschlgigen Gesetze sich nicht auf den Schutz des Wettbewerbs zwischen Daten verarbeitenden Unternehmen beziehen. Dies bedeutet aber noch nicht, dass die Vorschriften des Datenschutzrechts als nicht wettbewerbsbezogen zu betrachten seien. Auch der Verstoß gegen ein wichtiges Gemeinschaftsgut zu Zwecken des Wettbewerbs war bereits nach alter Rechtsprechung als wettbewerbswidrig zu bewerten, ohne dass es dafr noch auf das Vorliegen weiterer Umstnde ankam. 32 Da das Datenschutzrecht als unmittelbarer Ausfluss des Allgemeinen Persçnlichkeitsrechts ein solches Recht ist und darber hinaus dem Verbraucherschutz (§ 1 Satz 1 Alt. 2 UWG) dient, ist ein Verstoß hiergegen als wettbewerbswidrig anzusehen. 33 d) Verstçße gegen das Markenrecht aa) Nutzung fremder Markennamen

17 Bei der Versteigerung von Neu- und Gebrauchtwaren eines Markenherstellers oder auch von passendem Zubehçr wird der Anbieter stets unter Verwendung der Marke auf diesen Sachverhalt hinweisen. Das Gesetz hat den Fall der Verwendung notwendiger Bestimmungsangaben in § 23 Nr. 3 MarkenG geregelt. Beim Verkauf – und damit auch bei der Versteigerung – von Zubehçr oder Ersatzteilen darf eine Marke auch gegen den Willen des Inhabers genutzt werden, soweit sie als Hinweis auf diesen Sachverhalt erforderlich ist (§ 23 Nr. 3 MarkenG). Nicht gedeckt sind allerdings vergleichende Werbeaussagen („Ersatz fr ... “). 34 18 Eventuelle Verstçße gegen das Markenrecht betreffen nur den Markeninhaber, nicht aber Mitbewerber und Schutzvereine. Die Normen des MarkenG haben keinen allgemeinen Wettbewerbsbezug, sondern wirken allein inter partes. Ohne weitere Umstnde ist kein Wettbewerbsverstoß anzunehmen.

31 BVerfGE 65, 1 (43) – Volkszhlung. 32 BGH, GRUR 1990, 611, 615 – Werbung im Programm. 33 Schon nach altem Recht OLG Koblenz, MMR 1999, 427; LG Hamburg, CR 1997,

21 (23); LG Mannheim, CR 1996, 411 (414); LG Stuttgart, CR 1997, 83 (84); Wiebe, RTkom 1999, 61 (66) m.w.N.; a.A. OLG Frankfurt, WRP 1996, 1775 (1190); v. Gamm, GRUR 1996, 574 (578); v. Westerholt, FS Beier 1996, 561 (569). 34 Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 23 Rz. 51.

36 | Ernst

I. Wettbewerbsrecht online

Rz. 21 Kap. 3

bb) Markennamen in Meta-Tags

Die Verwendung fremder Kennzeichen in Meta-Tags besitzt zugunsten des 19 Kennzeicheninhabers wettbewerbs- und markenrechtliche Relevanz. In diesen kann der Programmierer einer Internetsite Anweisungen insbesondere fr WWW-Suchmaschinen niederlegen. 35 Auf diese Weise kann gesteuert werden, welche Daten diese ber die Site speichern. Die Benutzung von Begriffen wie „Auktionshaus“ o.R. ist hier vçllig unproblematisch. Verwendet allerdings ein Online-Versteigerungsanbieter den Markennamen eines Konkurrenten, so besteht die Gefahr, dass die Benutzer der Suchmaschine irregefhrt werden. Womçglich eignet sich dieses Verhalten sogar dazu, diejenigen Nutzer, die eigentlich nach dem Mitbewerber suchten, auf die eigene Website zu kanalisieren. Dieses Verhalten ist unlauter im Sinne der §§ 3 ff. UWG und verstçßt zudem gegen §§ 14, 15 MarkenG. 36 Aus wettbewerbsrechtlichen Grnden unzulssig kann auch die Verwendung von Begriffen in Meta-Tags sein, die keinen Bezug zur Website haben. 37 Entsprechend kann das so genannte Keyword-Stuffing zu beurteilen sein, 20 bei dem es sich um das hufige Wiederholen von Stichworten in fr den normalen Betrachter verborgenen HTML-Kommentaren oder gar in „unsichtbarer“ Schrift (weiß auf weiß, Kleinstbuchstaben) oder sogar im Text der Website handelt. Werden hier fremde Markennamen zur Beeinflussung von Suchmaschinen genutzt, wird dies unzulssig sein. cc) Keyword-Advertising mit fremden Markennamen

Beim Keyword-Advertising handelt es sich um das Schalten von Bannerwer- 21 bung in Suchmaschinen beim Aufruf bestimmter Stichworte. Whrend die Suchliste – anders als beim Keyword-Buying – hiervon unberhrt bleibt, sieht der Nutzer neben dieser lediglich einen als Werbung auch gekennzeichneten Werbebanner. Whrend die Nutzung von generischen Begriffen auf diese Weise in der Regel mçglich sein wird, 38 ist dies bei der Verwendung von Markennamen wettbewerbswidrig. 39

35 Zur Funktionsweise im Einzelnen Ernst, K&R 1998, 536 (540). 36 OLG Mnchen, MMR 2000, 546; LG Frankfurt, MMR 2000, 493; LG Hamburg,

MMR 2000, 46; ausfhrlich dazu Ernst, CR 2000, 122 f.; Kur, CR 2000, 448 ff.; Menke, WRP 1999, 982; Wendlandt, Cybersquatting, Metatags und Spam, 2002; jeweils m.w.N. 37 LG Dsseldorf, MMR 2002, 557. 38 Dazu Ernst, WRP 2004, 279 f. m.w.N. 39 LG Hamburg, CR 2000, 391 – Estee Lauder; LG Berlin, K&R 2001, 171 – Keyword Advertising; ausfhrlich Ernst, WRP 2004, 279 f. m.w.N.

Ernst | 37

Kap. 3 Rz. 22

Wettbewerbsrechtliche Fragen

II. Internet-Versteigerungen 1. Wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit von Online-Versteigerungen 22 Es bestehen keine generellen wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegen das Versteigern von Waren im Internet. Schließlich sind solche Auktionen unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten auch außerhalb des WWW erlaubt. Aus diesem Grunde spielt es auch keine Rolle, dass mit dem Begriff „Auktion“ im Publikum zuweilen besonders gnstige Angebote verbunden werden. 40 Dies kann nur dann zur Unlauterkeit fhren, wenn suggeriert wrde, es lge eine irgendwie geartete Zwangslage vor. 41 Das aber ist bei der regelmßigen Veranstaltung von Online-Versteigerungen nicht der Fall. Das Hoffen der Kunden auf „Schnppchen“, die zuweilen auch zu haben sind, begrndet keine Wettbewerbswidrigkeit. 42 23 Auch die Tatsache, dass das zwingende Ende einer Versteigerung unabhngig von der Gebotshçhe und von der Bereitschaft der Bieter zu weiteren Aufschlgen vorgegeben ist, fhrt die Einlieferer nicht wettbewerbswidrig in die Irre. 43 Dass der Meistbietende auf diese Weise unter Umstnden nur zufllig durch den Zeitablauf ermittelt wird, begrndet noch nicht die Anwendbarkeit von § 5 UWG. Die Regeln der Veranstaltung sind insofern klar genug und fr jeden Einlieferer verstndlich. 24 Auch die Bezeichnung von Online-Versteigerungen als „Auktion“ oder „Versteigerung“ fhrt selbst dann nicht zur Wettbewerbswidrigkeit dieses Verhaltens, wenn die gewerberechtliche Subsumtion unter § 34b GewO abgelehnt werden sollte. 44

2. Blickfangmßiges Herausstellen von Mindestgeboten 25 Bei einigen Online-Versteigerungen wirbt der Veranstalter mit Slogans wie „Reisen schon ab 1,- Euro Mindestgebot“. Diese Werbeform ist nicht bedenkenfrei. Werden in çffentlichen Ankndigungen Waren zu einem bestimmten Preis „ab Euro“ angeboten, so mssen sie grundstzlich auch zu diesem Preis verfgbar sein. 45 Fehlt der Hinweis auf die Eigenschaft als Mindest40 BGH, GRUR 1988, 838 (839) – Kfz-Versteigerung. 41 Baumbach/Hefermehl, § 1 Rz. 26. 42 Wird allerdings im Einzelfall eine Auktion aus anderen Grnden fr wettbewerbs-

widrig erklrt, darf der Anbieter die Auktionsware dennoch erschienenen potenziellen Bietern nicht im Einzelverkauf anbieten (§ 1 UWG; BGH, GRUR 1999, 177 – Umgelenkte Auktionskunden). 43 LG Wiesbaden, NJW-CoR 2000, 171 (172) – Extralot. 44 OLG Frankfurt, MMR 2001, 451 – Internet-Auktion; KG, MMR 2001, 764 – Internet-Auktion; T. Hollerbach, DB 2000, 2001 (2004); a.A. Hess, FS Hertin, S. 391 (404 f.), der aber die Subsumtion bejaht. 45 Baumbach/Hefermehl, § 3 Rz. 279.

38 | Ernst

II. Internet-Versteigerungen

Rz. 28 Kap. 3

gebot, ist diese Werbung geeignet, den Verbraucher ber die Eigenschaft als Auktionsmindestpreis irrezufhren. Er darf der Ansicht sein, dass zumindest einzelne Stcke der angebotenen Waren zum angegebenen Preis erhltlich sind. Da das aber nicht der Fall sein wird, ist diese Form der Werbung wettbewerbswidrig (§ 5 UWG). Aber selbst wenn der Preis ausdrcklich als Mindestgebot angegeben wird, ist 26 bei einem symbolischen Wert von einem unzulssigen und irrefhrenden Lockvogelangebot auszugehen. Zwar ist es theoretisch mçglich, dass die Ware zu diesem Preis verkauft wird. Doch ntzt die Tatsache, dass die Anlockwirkung eines gnstigen Angebots fr sich niemals wettbewerbswidrig ist, 46 nichts, wenn der werbewirksame Slogan suggeriert, die Ware kçnne womçglich tatschlich zu diesem Preis erworben werden, was bei symbolischen Einstiegspreisen wohl als ausgeschlossen gelten kann. In diesem Fall ist von einer Wettbewerbswidrigkeit (§ 5 UWG) auszugehen. Dies drfte auch unter Zugrundelegung der Sichtweise eines durchschnittlichen Verbrauchers gelten. 47

3. Preisangabenrechtliche Zulssigkeit Fr solche Anbieter, die gewerbs-, geschfts- oder regelmßig handeln, gilt die 27 Preisangabenverordnung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV). Rein private Anbieter fallen nicht hierunter. 48 Die PAngV verlangt vom Anbieter die Angabe von Endpreisen. Wer Verbrauchern eine Leistung oder Ware anbietet, hat diese preismßig (inkl. Umsatzsteuer) auszuzeichnen. Die Angabe der Endpreise soll die Markttransparenz erhçhen und Preisvergleiche erleichtern. Sie soll Preiswahrheit und Preisklarheit gewhrleisten. 49 Dies gilt auch bei der Werbung im WWW. 50 Ausgenommen ist lediglich die eindeutig und unbersehbar ausschließlich an gewerbliche Letztverbraucher gerichtete Werbung, bei der die Preisangabenverordnung ausnahmsweise nicht gilt (§ 9 Abs. 1 Satz 1 PAngV). 51 a) Preisangaben bei konventionellen Versteigerungen

Die Angabe von Endpreisen ist bei Versteigerungen aber naturgemß nicht 28 mçglich, weil der Preis sich nach dem Zweck der Veranstaltung kontinuierlich nach oben bewegt. Deshalb gibt § 9 Abs. 1 Nr. 5 PAngVeine Ausnahmevorschrift, die die Anwendung der PAngV auf Warenangebote bei Versteige46 BGH, GRUR 1999, 264 (266) – Handy fr DM 0,00; BGH, GRUR 1994, 743 (745) –

Zinsgnstige Kfz-Finanzierung. 47 Vgl. EuGH, EuZW 1998, 526 (528) – Gut Springenheide m. Anm. Leible. 48 Dazu Vçlker, § 1 PAngV Rz. 10 ff. 49 St.Rspr.: BGH, GRUR 1999, 762 (763) – Herabgesetzte Schlussverkaufspreise;

BGH, GRUR 1997, 767 (769) – Brillenpreise II. 50 LG Kçln, NJW-CoR 1998, 246 – Preisangaben im WWW; Vçlker, NJW 1997, 3405

(3407). 51 OLG Karlsruhe, NJW-CoR 1998, 309 – Nettopreisangaben.

Ernst | 39

wt1tsntolta O çps ;pRtsdtax F MtbatdVtnteht Z ßc))tderS hH)

III. Umgekehrte Versteigerungen

Rz. 55 Kap. 3

mehr von sachlichen Gesichtspunkten, sondern maßgeblich durch das Streben nach der in Aussicht gestellten Gewinnchance bestimmt wird. 83 Dass eine umgekehrte Versteigerung aleatorische Elemente enthlt, ist unbe- 53 stritten. Problematisch wird erst die Frage, ob allein der Anreiz, dass durch Zuwarten mit der Kaufentscheidung ein noch hçherer „Gewinn“ erzielt werden kann, beim durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verstndigen Verbraucher dazu fhrt, von einer Prfung der Preiswrdigkeit abzusehen und sich vom „Spiel“ zum Kauf verleiten zu lassen. Dies ist zu verneinen, wenn das Angebot nicht weniger als ein Festpreis dazu reizt, mit anderen Preisen verglichen zu werden. Dies gilt etwa dann, wenn es sich etwa um eine hochpreisige und selten bençtigte Ware (Gebrauchtwagen) handelt, zum anderen aber vor allem die Jberlegungsfristen sehr lang sind. 84 Anders zu beurteilen wre etwa der – auch schon vorgekommene – Fall einer 54 Fernsehsendung, bei der die Zuschauer nur drei Minuten Zeit hatten, um einen Preis von etwa 20 000 Euro auf null laufen zu sehen und „rechtzeitig“ per Telefon (verbindlich) zuzuschlagen. Denn in dieser kurzen Frist bleibt fr eine Jberlegung nebst Preisvergleich und Bedenkzeit keine Gelegenheit. Hier wird der aleatorische Reiz mit dem Zeitfaktor kombiniert, der das schnelle Zuschlagen erfordert, da ein anderer schneller sein kçnnte und den „Gewinn“ wegschnappen kçnnte. Letztlich wird wohl der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung umgekehrter Auktionen spielen. Das „Versteigern“ von Lastminute-Reisen am Flughafen wird dabei wohl eher mit kurzen Intervallen mçglich sein – hier sind ohnehin nur Interessierte anwesend – als die Versteigerung in Sekundenabstnden im Fernsehen. Eine weitere Mçglichkeit, die Unlauterkeit zu beseitigen, besteht darin, die 55 umgekehrte Versteigerung nicht mit einem Vertragsschluss, sondern allein mit einer Option enden zu lassen. 85 Wenn der „Auktionssieger“ nach Abschluss der Veranstaltung ohne finanzielle Nachteile frei ist, ob er das „ersteigerte“ Fahrzeug berhaupt zu dem erzielten Preis erwerben will, fhrt auch ein schnell sinkender Preis nicht dazu, diese Werbeform – von einer Verkaufsform kann dann nicht mehr unbedingt gesprochen werden – unlauter zu machen, denn auch dann bleibt dem „Kufer“ nach dem „Zuschlag“ hinreichend viel Zeit, sich die Sache doch noch und unter Besichtigung des Kfz ausfhrlich zu berlegen.

83 Schon zuvor st. Rspr., z.B. BGH, Urteil v. 17.2.2000 – I ZR 239/97, GRUR 2000, 820,

821 = MDR 2000, 1263 – Space Fidelity Peep-Show. 84 Das rechtskrftige Urteil OLG Hamburg, Urteil v. 7.12.2000 – 3 U 116/00, MMR

2001, 539 – Schnppchenbçrse erging vor der neuen Leitentscheidung des BGH. 85 BGH, Urteil v. 13.11.2003 – I ZR 40/01 – Umgekehrte Versteigerung im Internet.

Ernst | 47

IV. Community-Shopping

Rz. 74 Kap. 3

dende Merkmale hinzutreten – keineswegs in unzulssiger Weise die Kauflust anregen. d) Keine Sonderveranstaltung

Schon nach altem Recht fhrte das grundstzliche Verbot von Sonderver- 72 anstaltungen nicht dazu, Co-Shopping-Websites fr unlauter zu halten. 113 Nach dem Wegfall der Norm hat sich diese Frage ohnehin erledigt. e) Irref hrung

Ebenso wenig kommen Gesichtspunkte der Irrefhrung ber die Preisgestal- 73 tung (§ 5 UWG) in Betracht. Ein Irrefhren ber das Preissystem liegt nicht vor, da die Staffelung als (untechnischer) „Mengenrabatt“ fr den Kufer klar verstndlich ist. Auch wird dem Kunden nicht vorgespiegelt, es handele sich um eine Versteigerung. 114

3. Preisangabenrechtliche Zulssigkeit Zu prfen ist auch, ob bei umsatzabhngigen Preisen ein Verstoß gegen die 74 PAngV vorliegt. Dies kçnnte der Fall sein, wenn mehrere Normalpreise angeboten werden, ohne dass es sich um unterschiedliche Leistungen handelt. 115 Die PAngV will durch das Erfordernis der Angabe von Endpreisen die Markttransparenz fçrdern und Preisvergleiche erleichtern. 116 Wenn aber schon rabattrechtlich keine Bedenken gegen umsatzabhngige Preise bestehen, kann dies auch preisangabenrechtlich nicht gelten. 117 Hier liegt, wie gezeigt, gerade kein System mehrerer paralleler Normalpreise vor. Im Jbrigen ist dem Verbraucherschutzgedanken der PAngV hinreichend Genge getan, wenn der hçchstmçgliche Preis angegeben ist. 118 Fr die Beurteilung der Preisabschlge ist allein auf die Normen des UWG zu rekurrieren.

113 Dazu die Vorauflage Ernst, in: Spindler/Wiebe (Hrsg.), Internet-Auktionen, Rz. C

82. 114 A.A. wohl S. Huppertz, MMR 2000, 65 (68). 115 Offen gelassen bei OLG Hamburg, MMR 2000, 278 – Powershopping. 116 St.Rspr.: BGH, GRUR 1999, 762 (763) – Herabgesetzte Schlussverkaufspreise;

BGH, GRUR 1997, 767 (769) – Brillenpreise II. 117 Im Ergebnis ebenso Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732 (738 f.); Menke, WRP 2000,

337 (342 ff.); a.A. S. Huppertz, MMR 2000, 65 (69); Heckmann, NJW 2000, 1370 (1371). So hatte auch LG Hamburg, Urteil v. 20.10.1999 – 315 O 670/99, S. 10 – Vorinstanz zu OLG Hamburg Powershopping entschieden. 118 Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732 (738 f.).

Ernst | 53

Kap. 3 Rz. 75

Wettbewerbsrechtliche Fragen

4. Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Durchf hrung a) Werbung mit dem „besten Preis“

75 Da der „beste Preis“ im Rahmen der Werbung fr Co-Shopping-Angebote das strkste Argument ist, wird er in der Regel am deutlichsten herausgestellt. Dies geht soweit, dass schon in der Fernsehwerbung auf Co-Shopping-Angebote allein unter Angabe des „besten Preises“ hingewiesen wird. aa) Alleinstellung

76 Die Verwendung der Bezeichnung „bester Preis“ ist nicht von vornherein als unlautere Alleinstellungswerbung im Sinne von „wir haben den besten Preis“ zu werten. 119 Wird das Preissystem hinreichend deutlich erklrt, ist hier keine Irrefhrung im Sinne einer Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung durch die bloße Benennung „bester Preis“ zu sehen. bb) Irref hrung

77 Die Angabe des besten Preises ist auch unter sonstigen Irrefhrungsgesichtspunkten grundstzlich wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Dies gilt aber nur dann, wenn die Eigenschaft als solche deutlich ist und gegebenenfalls auch der jeweils aktuelle Preis angegeben ist. Eine Werbung mit einem „abPreis“ (z.B. „CD-Player ab 100 Euro“) ist ohne einen deutlichen Hinweis auf diese Tatsache wettbewerbswidrig, da dieser geeignet ist, die Verbraucher irrezufhren (§ 5 UWG). 120 Dies bedeutet, dass auch der „beste Preis“, der aufgrund mangelnder Beteiligung bislang nicht erreicht ist, nicht ohne weiteres allein benutzt werden darf. 78 Dies ergibt sich insbesondere aus dem Preisangabenrecht. Die Werbung allein mit dem „besten Preis“ ohne Angabe des Startpreises verstçßt gegen die PAngV. Gemß § 1 Abs. 1 PAngV sind Endpreise anzugeben. Endpreise kçnnen aber nicht „Eventuell-Preise“ sein. Dem Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit ist nur dann gengt, wenn der Verbraucher hinreichend deutlich erkennt, zu welchem Preis er die Ware tatschlich erwerben kann. 121 Dies ist bei „Eventuell-Preisen“ nicht der Fall. Solange der „beste Preis“ nicht tatschlich der Preis ist, den alle weiteren Kunden zu zahlen haben, verstçßt die Angabe allein dieses Preises gegen § 1 Abs. 1 PAngV. Es ist also in jedem Fall der aktuelle Preis anzugeben. Daneben kann der „beste Preis“ unter Angabe der Bedingungen angezeigt werden.

119 Vgl. Baumbach/Hefermehl, § 3 Rz. 79a. 120 Vgl. KG, MMR 2000, 220 – Telefontarif „ab“. 121 BGH, GRUR 1999, 762 (763) – Herabgesetzte Schlussverkaufspreise.

54 | Ernst

IV. Community-Shopping

Rz. 80 Kap. 3

b) Fantasiepreisempfehlungen

Ein Einzelhndler darf in seiner Werbung grundstzlich auf eine unverbind- 79 liche Preisempfehlung des Herstellers (§ 23 GWB) Bezug nehmen, um auf die Vorteilhaftigkeit des von ihm tatschlich geforderten Preises hinzuweisen. Hierdurch verstçßt er nicht gegen §§ 3 ff. UWG. 122 Die unverbindliche Preisempfehlung ist zudem kein angekndigter Preis. Deshalb liegt auch bei einer Unterschreitung um mehr als 3% kein Rabattverstoß vor. 123 Die Bezugnahme auf die unverbindliche Preisempfehlung darf aber nicht ir- 80 refhren. Werden besondere Einkaufsvorteile dadurch vorgetuscht, dass die angegebene „unverbindliche Preisempfehlung“ vçllig berhçht ist (sog. Mondpreis), ist genau dies der Fall. Dadurch, dass damit bereits der erste CoShopping-Preis einen erheblichen Abschlag und damit ein Schnppchen suggeriert, fhrt er den Verbraucher in die Irre. Eine Preisempfehlung darf keine willkrliche Grçße darstellen, die ohnehin nicht ernsthaft als Verkaufspreis in Frage gekommen wre (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB). 124 Eine nur vorgetuschte Preisvergnstigung ist stets irrefhrend im Sinne des § 5 UWG. 125

122 BGH, GRUR 1981, 137 (138) – Tapetenpreisempfehlung. 123 GK-UWG/Gloy, § 1 RabattG Rz. 70 f.; Baumbach/Hefermehl, § 1 RabattG

Rz. 20. 124 BGH, GRUR 1966, 327 (332) – Richtpreiswerbung I. 125 Nordemann, Rz. 150a; vgl. BGH, GRUR 1975, 262 (263) – 10-DM-Schein.

Ernst | 55

56 | Ernst

Kapitel 4 Vertragsschluss und Verbraucherschutz bei InternetAuktionen und anderen elektronischen Marktpltzen

I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . II. Vertragsbeziehungen zwischen Marktplatzbetreiber und Teilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einlieferer – Auktionshaus . . 2. Auktionshaus – Bieter . . . . III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern auf elektronischen Marktpltzen (Plattformlçsung) 1. Auktionen . . . . . . . . . . . a) Modell des § 156 BGB . . . b) Vertragsschluss bei Englischen Auktionen . . . . . aa) Anwendbarkeit von § 156 BGB . . . . . . . . bb) Wirksamkeit der elektronischen Willenserklrungen . . . . . . . . . . . . cc) Einsatz elektronischer Agenten . . . . . . . . . c) Besonderheiten bei anderen Auktionstypen . . . . . . . 2. Andere Abschlussmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . a) Produktkataloge und Online-Shops . . . . . . . . . . b) Bçrsen- und Matching-Systeme . . . . . . . . . . . . . IV. Beweisfragen und Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beweiserleichterungen . . . . 2. Materiellrechtliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . V. Anfechtungsmçglichkeiten gem. §§ 119, 120 BGB . . . . . . . . . VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragliche Nebenpflichten des Marktplatzbetreibers . . . 2. Fernabsatzvertrge §§ 312b ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . .

1

3 4 13

17 17 18 21 21 30 38 41 49 49 53 57 57 63 70 78 78 80 80

b) Informationspflichten . . . c) Widerrufsrecht . . . . . . . 3. Verfahrensbezogene Pflichten im elektronischen Geschftsverkehr § 312e BGB a) Anwendungsbereich . . . b) Inhalt der Pflichtenstellung . . . . . . . . . . . . c) Auktionshaus als Verpflichteter . . . . . . . . 4. Weitere verbraucherschutzrechtliche Regelungen . . . a) Verbraucherdarlehnsvertrag, §§ 491 ff. BGB . . . . b) Finanzdienstleistungsrichtlinie VII. Geltungskontrolle von ABG . 1. Vorliegen von AGB . . . . . 2. Einbeziehung von AGB . . a) Problem . . . . . . . . . . b) Auslegungslçsung . . . . c) Rahmenvertrag . . . . . . d) Vertrag zugunsten Dritter 3. Verhltnis zu TeilnehmerAGB . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten im Business-to-Business-Bereich . VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln bei Auktionen 1. Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . 2. Inhaltskontrolle besonderer Vertragsabschlussregeln . . a) Bindung des Anbieters unter Wegfall des Zuschlags . . . . . . . . . . aa) Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB . . . . . . . bb) Prfung nach § 307 BGB . . . . . . . . . . cc) § 762 BGB . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . b) Wirksamkeit des Gebots

85 94 101 101 105 110 113 113

115 116 120 120 124 128 134 137 140 141 141 142 142 144 146 158 159 160

Wiebe | 57

Kap. 4

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

c) Vernderung des Auktionszeitraums . . . . . . . . . 164

d) Zurckweisung von Angeboten . . . . . . . . . . . 165

Literatur: Alpert, Virtuelle Marktpltze im Internet: Typische Haftungsrisiken der Anbieter von B2B-Portalen, CR 2001, 604; Peter Bleutge, in: Landmann/Rohmer, GewO, Band I, Mnchen 1999, § 34b; Band II, Nr. 260 VerstV; Br)utigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003; Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, Mnchen 2003; Burgard, Online-Marktordnung und Inhaltskontrolle, WM 2001, 2102; Axel Freiherr von dem Bussche, JR 2003, 26; Cichon, Auktionsund Plattformvertrge, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Kçln 2004, S. 813; Dçrner, Rechtsgeschfte im Internet, AcP 202 (2002), 363; Ende/Klein, Grundzge des Vertriebsrechts im Internet, Mnchen 2001; Ernst, Die Online-Versteigerung, CR 2000, 304; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Mnchen 2003; Glatt, Vertragsschluss im Internet, Baden-Baden 2002; Grapentin, Vertragsschluss bei Internet-Auktionen, GRUR 2001, 713; Hager, Die Versteigerung im Internet, JZ 2001, 786; Hartung/Hartmann, „Wer bietet mehr?“ – Rechtssicherheit des Vertragsschlusses bei Internet-Auktionen, MMR 2001, 278; Hoeren/M+glich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, Berlin 2002; Hoffmann, Vertrags- und Haftungsrecht in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Baden-Baden 2004, Kap. 3; v. Hoyningen-Huene, Die vertragliche Stellung des Versteigerers, NJW 1973, 1473; Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003, B.IV.; Kappus, Auktionsbedingungen, in: Graf von Westphalen (Hrsg.), Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Mnchen 1999; Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), Rechtshandbuch B2B Plattformen, Mnchen 2003; Kçhler/Arndt, Recht des Internet, 3. Aufl., Heidelberg 2001; Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, Mnchen 1991; Lettl, Versteigerung im Internet – BGH NJW 2002, 363, JuS 2002, 219; L+tcke, Fernabsatzrecht, 2002; Mankowski, Fernabsatzrecht: Information ber das Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung bei Internetauftritten, CR 2001, 767; Mankowski, Wie problematisch ist die Identitt des Erklrenden bei E-Mails wirklich?, NJW 2002, 2822; Mankowski, Fr einen Anscheinsbeweis hinsichtlich der Identitt des Erklrenden bei E-Mails, CR 2003, 44; Mehrings, Vertragsabschluss im Internet, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, 6. Erg.-Lfg. Mnchen 2003, Kap. 13.1; R+fner, Virtuelle Marktordnungen und das AGB-Gesetz, MMR 2000, 597; R+fner, Verbindlicher Vertragsschluss bei Versteigerungen im Internet, JZ 2000, 715; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, Internetversteigerungen, in: Brutigam/ Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003, Kap. B.V.; Schafft, „Reverse Auctions“ im Internet, CR 2001, 393; Sester, Vertragsschluss bei Internet-Auktionen, CR 2001, 98; Spindler, Vertragsschluss und Inhaltskontrolle bei Internet-Auktionen, ZIP 2001, 80; Spindler, Vertragsrecht der Internetprovider, 2. Aufl., Kçln 2004; Stçgm+ller, Auktionen im Internet, K&R 1999, 391; Ulrici, Zum Vertragsschluss bei Internet-Auktionen, NJW 2001, 1112; Taeger/Goldmann/Linkhorst/Seiler, Internetrecht, Oldenburg 2003; Waldenberger, Verbraucherschutz im Internet, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Mnchen 1999, Kap. 13.4; Wenzel, InternetAuktionen: Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes im Verhltnis Antragender/Annehmender?, DB 2001, 2223; Wiebe, Vertragsschluss bei Online-Auktionen, MMR 2000, 327; Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, Tbingen 2002; Wiebe, Vertragsschluss im Internet, in: Gounalakis (Hrsg.), Rechtshandbuch Electronic Business, Mnchen 2003, § 15; Wilmer, Rechtliche Probleme der Online-Auktion, NJW-CoR 2000, 94; Winter, Anmerkung zu AG Erfurt, Urteil vom 14.9.2001 – 28 C 2354/01, CR 2002, 768.

58 | Wiebe

I. Einfhrung

Rz. 2 Kap. 4

I. Einf hrung Die verschiedenen Formen der Online-Auktionen und anderer Transakti- 1 onsmechanismen auf elektronischen Marktptzen werfen die Frage auf, inwieweit das Vertragsrecht die Besonderheiten der neuartigen Koordinationsformen aufnehmen und zu angemessenen Lçsungen kommen kann. Fr die in Kapitel 1 unterschiedenen Transaktionsformen sollen im Folgenden vertragsrechtliche und verbraucherschutzrechtliche Fragen im Hinblick auf die Abschlussphase behandelt werden. Kennzeichnend fr elektronische Marktpltze ist die Dreieckssituation zwischen Plattformbetreibern und den Marktteilnehmern, die auf dem virtuellen Marktplatz kontrahieren. Insoweit ist auch zu differenzieren zwischen Consumer-to-Consumer (C2C)-, Business-to-Consumer (B2C)- und Business-to-Business (B2B)- Transaktionen, die bercksichtigt werden sollen, soweit sie fr den jeweils zu prfenden rechtlichen Gesichtspunkt von Bedeutung sind. 1 Im Prinzip gelten diese Regeln auch, wenn man die dritte Gruppe von Akteuren – aus dem Bereich Administration – einbezieht. Der Schwerpunkt des Einsatzes elektronischer Marktpltze liegt heute in der 2 Praxis im B2B-Bereich. Dabei kann man nach dem Preisfindungs- bzw. Abschlussmechanismus Auktionen, Bçrsen und elektronische Kataloge unterscheiden. 2 Bei Katalogen werden die Angebote mehrerer Lieferanten in einem Multilieferantenkatalog zusammengefasst. Die Preise sind dabei feststehend. Bei Bçrsen oder Matching-Systemen werden Anbieter und Nachfrage direkt und automatisch zusammengefhrt. Dabei kçnnen die Betreiber zustzliche Funktionen bernehmen wie Anonymisierung und Bonittsprfung. 3 Bei Internet-Auktionen gibt es mittlerweile eine große Vielfalt von Auktionsformen. 4 Da die Auktionen auch bei den B2C- und C2C-Transaktionen im Vordergrund stehen, soll hier der Schwerpunkt der Untersuchung der vertragsund verbraucherschutzrechtlichen Fragen liegen.

1 Zur Strukturierung elektronischer Marktpltze nach den Merkmalen Tauschpar-

teien, Transaktionsphasen und Tauschobjekten vgl. Meyer/Specht/Freimel, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Kap. A.I. Rz. 5 ff. Vgl. ferner Hoppe/ Krohn, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), Rechtshandbuch B2B Plattformen, § 1 Rz. 8 ff. 2 Vgl. zum Folgenden Meyer/Specht/Freimel, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), OnlineHandel, Kap. A.I. Rz. 54 ff. 3 Vgl. Meyer/Specht/Freimel, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Kap. A.I. Rz. 58. 4 Vgl. Meyer/Specht/Freimel, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Kap. A.I. Rz. 75 ff.; Brandau, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), § 3 Rz. 43 ff.

Wiebe | 59

Kap. 4 Rz. 3

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

II. Vertragsbeziehungen zwischen Marktplatzbetreibern und Teilnehmern 3 Fr die klassische Versteigerung kann man Vertragsbeziehungen zwischen den drei Beteiligten Einlieferer, Versteigerer und Ersteigerer bzw. Bieter unterscheiden. 5 Diese Rollenverteilung ergibt sich grundstzlich auch bei Internet-Auktionen. Bei den meisten Auktionsformen spielt das Auktionshaus aber keine aktive Rolle als Versteigerer mehr, sondern stellt in seiner Rolle als Plattform die technischen und organisatorischen Voraussetzungen fr einen direkten Vertragsschluss zwischen Einlieferer (dann als „Anbieter“) und Bieter zur Verfgung. Daneben bietet der Betreiber verschiedene Zusatzleistungen, etwa Werbemçglichkeiten, Bewertungssysteme, Untersttzung bei Zahlungsabwicklung und Lieferung. Dies ist bei der Differenzierung der Vertragsbeziehungen zwischen den drei beteiligten Funktionsrollen zu bercksichtigen.

1. Einlieferer – Auktionshaus 4 Fr das Verhltnis zwischen Einlieferer und Auktionshaus gilt wie bei klassischen Versteigerungen, dass die Rechtsnatur von dem materiellen Inhalt abhngt, der durch die Geschftsbedingungen des Auktionshauses gestaltet wird. Fr klassische Versteigerungen scheidet wegen der fehlenden Unentgeltlichkeit die Annahme eines Auftrags gem. § 662 BGB aus. Vielmehr wird ein Dienstvertrag, der auf eine Geschftsbesorgung gerichtet ist (§§ 675, 611 BGB) 6 oder ein Vermittlungsvertrag angenommen. 7 5 Fr den Einlieferer besteht bei Online-Auktionen in der Regel eine Verg tungspflicht. Neben der Anmeldung, die kostenlos ist, erheben die Auktionshuser von den Verkufern bzw. Anbietern eine Gebhr fr das Anbieten sowie eine prozentuale Vermittlungsprovision vom Zuschlagsbetrag im Erfolgsfall. 8 Zum Teil wird nur eine Erfolgsprovision erhoben. 9 5 Zu den vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten vgl. Bleutge, in: Land-

6 7

8

9

mann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergnzende Vorschriften, Band 1, Mnchen 1999, § 34 b Rz. 9 ff.; Kappus, in: Graf von Westphalen (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 1999, Rz. 3–6; v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 ff.; Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 ff. Das Vertretermodell hat danach keine große praktische Bedeutung erlangt. Vgl. BGH, NJW 1983, 1186, 1187; Palandt-Putzo, Rz. 17 vor § 433; Bleutge, in: Landmann/Rohmer, § 34b Rz. 9a; Tettinger/Wank, GewO, 1999, § 34b Rz. 60. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 (1474); Wicher, Der Versteigerer, 1961/1986, S. S. 117. Vgl. ferner, Kappus, in: Graf von Westphalen (Hrsg.), Rz. 4. Der BGH hat die Frage in NJW 1996, 527, 528, offen gelassen. Vgl. § 5 Nr. 2, 3 eBay-AGB (1.1.2005) mit einer festen Gebhrenstaffel fr das Anbieten; B.VI. der Besonderen Bedingungen fr Verkufer bei Amazon Services Europe S.a.r.l. (1.1.2005). Vgl. Zi, 9 AGB-doppelshop.de (1.1.2005).

60 | Wiebe

II. Beziehung zwischen Marktplatzbetreibern und Teilnehmern

Rz. 7 Kap. 4

Bei erfolgsabhngiger Vergtung wird man nicht mehr von einem Dienstver- 6 trag ausgehen kçnnen, allenfalls von einem Werkvertrag. Letzterer ist aber bei einem bloßen Bemhen um einen Vertragsschluss abzulehnen, da der Versteigerer fr einen Erfolg weder einstehen kann noch dies will. 10 Daher ist bei klassischen Auktionen und Handeln in fremden Namen fr fremde Rechnung von einem Vermittlungsvertrag mit den konkreten Leistungen des Auktionshauses entsprechendem Inhalt auszugehen. 11 Es handelt sich entweder um einen Handelsmaklervertrag nach §§ 93 ff. HGB oder um einen Zivilmaklervertrag nach §§ 652 ff. BGB. 12 Obwohl bei Maklervertrgen grundstzlich keine Pflicht zum Ttigwerden besteht, ndert eine entsprechende Verpflichtung des Versteigerers nichts an der grundstzlichen Einordnung. 13 Wie bei klassischen Auktionen umfasst die vertragliche Verpflichtung des On- 7 line-Auktionshauses verschiedene Einzelttigkeiten und entsteht bereits mit der Zulassung des Teilnehmers auf entsprechenden Antrag hin. Mit der Zulassung ist der Nutzer berechtigt zur Teilnahme an Auktionen, er willigt ein in die Verarbeitung seiner Daten und erkennt die Regelung zu den Nutzungsrechten sowie allgemein die AGB an. Die vertragliche Verpflichtung des Auktionshauses beinhaltet allgemein die Vorbereitung, Durchfhrung und Abwicklung der Versteigerung, wobei vor allem die Bereitstellung der technischen Voraussetzungen sowie die Schaffung der Voraussetzungen fr eine Transaktion zwischen den beiden anderen Parteien (z.B. Kommunikation) im Vordergrund stehen, also Organisations- und Informationspflichten. 14 Diese sind mit der Vorbereitung und Organisation der Versteigerung und der Vermittlungsttigkeit bei klassischen Auktionen vergleichbar, so dass von einem „Maklerdienstvertrag“ mit Dauerschuldcharakter auszugehen ist, auf den ergnzend die dienstvertraglichen Vorschriften anzuwenden sind. 15 Die Bereitstellung eines Marktplatzes und der organisatorischen Rahmenbedingungen kann inso10 Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1474; Bleutge, in: Landmann/Rohmer,

Band 2 Teil 2, § 1 VerstV, Rz. 2. 11 Vgl. auch v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1474. Eine verwandte Form ist

12 13 14

15

die Vermittlung von Reiseleistungen, wobei der Kunde ein festes Angebot abgibt, fr das der Dienst innerhalb eines bestimmten Zeitraums dann einen Vertragspartner findet; dabei handelt es sich um einen Reisevermittlungsvertrag, der als Geschftsbesorgungsvertrag oder Maklervertrag anzusehen ist, vgl. M+nchKomm/ Tonner, § 651a Rz. 29 f. Siehe auch Spindler, unten § 5 Rz. 15 ff., insbesondere zum Handelsmaklervertrag; ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 33 ff. Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1475. Dazu gehçrt etwa die Pflicht zur Information der Teilnehmer ber einen Vertragsschluss, vgl. etwa Zi. B.III. AGB-Amazon Services Europe S.a.r.l. (1.1.2005); § 8 Nr. 3 AGB-eBay (1.1.2005). Vgl. Wilmer, NJW-CoR 2000, 94, 98; Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 89; Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 32. Vgl. auch v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1475, fr die klassische Auktion. Nach § 2 Nr. 1 AGB-eBay (1.1.2005) wird ein „Nutzungsvertrag“ geschlossen, dessen Inhalt in §§ 1, 3 ff. konkretisiert wird.

Wiebe | 61

Kap. 4 Rz. 8

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

weit auch als Nachweis- und Vermittlungsttigkeit angesehen werden. 16 Man muss dabei auch die technische Funktionalitt einbeziehen, die die Auktionsplattform zur Verfgung stellt. Im Vergleich zum klassischen Alleinauftrag entfallen hier allerdings Leistungen wie die Zusammenstellung eines Auktionskatalogs oder Beschreibung und Verwahrung der Ware bzw. werden als Produktbeschreibung auf den Anbieter abgewlzt. Die bei klassischen Auktionen zustzlich bestehende Pflicht zum Abschluss entfllt fr diese Form der Online-Auktion ebenso wie das besondere Bemhen um einen Abschluss. 8 Soweit eine Vergtung nicht nur fr den erfolgreichen Abschluss eines Vertrags, sondern auch fr den Teil der Leistung des Auktionshauses gesondert und erfolgsunabhngig versprochen wird, der in der Schaffung der Voraussetzungen fr das Angebot des Einlieferers besteht, so ndert dies nichts an der Gesamtbewertung der Vertragsnatur, sondern unterstreicht nur die besondere dienstvertragliche Komponente. 17 Diese steht auch im Vordergrund bei der Bereitstellung einer Online-Shop-Funktionalitt oder der Mçglichkeit der Einstellung von Produkten in Kataloge. 18 Obwohl die erfolgsunabhngige Komponente in der Regel verschiedenartige Leistungen abdecken wird, kann sie im Einzelfall auch enger als Gegenleistung speziell fr die Bereitstellung der Online-Angebotsseite des Einlieferers anzusehen sein. Dann kann dieser Vertragsteil entsprechend der Behandlung von Anzeigenvertrgen auch als werkvertraglich eingeordnet werden. 19 9 Ein Problem hinsichtlich dieser Einordnung besteht zunchst mit Blick auf die regelmßig vorgesehene Bindung des Anbieters. 20 Die so eingeschrnkte Abschlussfreiheit des Anbieters soll gegen eine Einordnung als Maklerdienstvertrag sprechen. 21 Dieses Argument betrifft aber nicht die typologische Zuordnung der Leistungen, sondern die AGB-rechtliche Zulssigkeit einer solchen Bindung des Auftraggebers. 22 16 A.A. Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3

17 18

19

20 21 22

Kap. A Rz. 109 ff., der von einer Einordnung des Nutzungsvertrags als auf die technische Durchfhrung der Auktion gerichteten Werkvertrag ausgeht, bei dem der Werklohn erst mit Jbermittlung der Kuferdaten fllig wird. Zur Abgrenzung vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 26, 207. Fr eine entsprechende Einordnung eines Providervertrags zwischen einem virtuellen Kaufhaus und einem darin unterhaltenen Shop als Dauerschuldverhltnis mit dienstvertraglichem Charakter vgl. AG Ulm, MMR 2000, 224, 225 f.; Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 29. Vgl. allgemein Palandt/Sprau, Brgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., 2004, Rz. 18 vor § 631. Fr die werkvertragliche Einordnung des Anmietens von Werbeplatz im Netz Schuppert, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, IX Rz. 3; Loewenheim/Koch, Praxis des Online-Rechts, Weinheim 1998, S. 109 f. S.u. Rz. 27, 30. Vgl. Kaeding, NJW-CoR 2000, 249; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. A Rz. 109. S. dazu unten Rz. 140 ff. Vgl. zur Formbedrftigkeit einer entsprechenden Verpflichtung bei Grundstcksverkufen BGH, NJW 1970, 1915. Vgl. auch M)schle, Maklerrecht von A – Z, Mnchen 1997, S. 3.

62 | Wiebe

II. Beziehung zwischen Marktplatzbetreibern und Teilnehmern

Rz. 12 Kap. 4

Allerdings erweist sich die Einordnung als Maklervertrag insoweit als pro- 10 blematisch, als hier anders als ber § 670 BGB eine erfolgsunabhngige Erstattung der Aufwendungen nach § 652 Abs. 2 BGB in pauschaler Form AGB-rechtlich unzulssig sein kann. Die Rechtsprechung fordert eine Orientierung am tatschlichen Aufwand und hat Pauschalierungen nur bis zu einem „mßigen Hçchstbetrag“ zugelassen. 23 Jedenfalls kann eine volle Maklerprovision nicht gefordert werden. 24 Wegen der starken dienstvertraglichen Komponente, aufgrund derer der Maklerdienstvertrag, etwa in Form des Alleinauftrags, auch als eigener Vertragstyp angesehen wird, 25 wird man aufgrund des Rationalisierungseffekts eine Pauschalierung solange als zulssig ansehen mssen, wie diese aufgrund ihrer Hçhe nicht den Charakter einer erfolgsunabhngigen Provision oder Vertragsstrafe annimmt, sondern sich an dem konkreten Aufwand orientiert, etwa die Leistung des Anbietens („Auflistung“) als Verçffentlichungskosten. 26 Man wird hier einzelfallbezogen auch pauschal auf den Start- oder Mindestpreis bezogene gestaffelte Gebhren bei geringen Betrgen fr zulssig halten drfen. 27 Bei sonstigen Zusatzleistungen, etwa der Jbernahme von Garantien, kann 11 man einen zusammengesetzten Vertrag annehmen, bestehend aus Maklerdienstvertrag und Geschftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungs- bzw. Werkvertragscharakter. 28 Ein Vergtungsanspruch ergibt sich dann aus §§ 675, 670 BGB analog und trgt auch entsprechende Regelungen in AGB. 29 Dies gilt etwa fr den Treuhandservice bei der Abwicklung gegen Entgelt. Danach wird der Kaufpreis bis zur Prfung der Ware auf einem Treuhandkonto „zwischengelagert“. Bei Verkauf durch das Auktionshaus im eigenen Namen fr fremde Rech- 12 nung liegt ein Kommissionsvertrag gem. § 383 HGB vor, auf den ergnzend ebenfalls Dienstvertragsrecht sowie zustzlich ber § 675 BGB auch Auftragsregeln anzuwenden sind. Handelt das Auktionshaus nach außen im ei23 BGHZ 99, 374, 384 fr den Alleinauftrag. 24 Vgl. BGH VersR 1992, 958 (959). Im Rahmen der Pflicht zur Beurkundung bei

25 26

27 28

29

Grundstckskaufvertrgen ist entschieden worden, dass bereits 10% der Provision den Rahmen berschreiten kçnnen, innerhalb dessen noch kein unangemessener Druck zum Vertragsschluss ausgebt wird, vgl. OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1986, 597. Fr Zulssigkeit von 6,5% der Provision dagegen LG Kiel, MDR 1985, 54; von 20% bei Kaufobjekten bis 200 000 DM LG Frankfurt/Main, NJW-RR 1984, 2419. Vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 207. Der Aufwendungsersatz tritt dann auch bei erfolgreichem Vertragsabschluss neben die Provision, vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 188; a.A. Staudinger/Reuter, § 652 Rz. 173. Vgl. ferner Spindler, unten § 5 Rz. 19. § 5 Zi. 3 AGB-eBay (1.1.2005) mit einer von 0,25 bis 4,80 Euro gestaffelten Angebotsgebhr wre danach wohl als zulssig anzusehen. Vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 210; Palandt/Sprau, § 652 Rz. 65. Vgl. fr die Auktion auch Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 89 ff., mit verschiedenen Klauselvorschlgen. Vgl. auch OLG Hamm, NJW 1973, 1976; MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 210, 231.

Wiebe | 63

Kap. 4 Rz. 13

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

genen Namen und fr eigene Rechnung, so handelt es sich lediglich um eine besondere Ausfhrungsform des Kommissionsvertrags, wie sich auch aus § 400 HGB ergibt. Hier wird Kaufrecht nur insoweit anzuwenden sein, soweit die auf die Ausfhrung anzuwendenden kaufrechtlichen Regeln nicht mit den kommissionsrechtlichen Pflichten vereinbar sind. 30 Besteht allerdings keine Vermittlerposition des Auktionshauses mehr, die etwa eine gewisse Weisungsbefugnis beinhaltet, so handelt dieses wie ein Einzelhndler als Kufer und Verkufer.

2. Auktionshaus – Bieter 13 Tritt das Auktionshaus als Anbieter auf, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob dieses im eigenen Namen versteigert und selbst Partner eines Kaufvertrags mit dem Bieter werden soll. Hierbei spielt auch die Jblichkeit eine Rolle. 31 Die Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Stellvertretung ist auch fr die Anfechtung (§ 166 BGB) sowie die Frage von Bedeutung, an wen sich Gewhrleistungsansprche richten mssen. Soweit der Auktionator als Stellvertreter fr die Abwicklung zustndig ist, handelt es sich meist lediglich um eine Einziehungsermchtigung (§ 185 BGB). 32 14 Fr den Fall (herkçmmlicher) schriftlicher Auktionen wird dem Auktionator eine Doppelstellung als Vertreter von Verkufer und Kufer zugeordnet, wobei beide Parteien zumindest stillschweigend das Selbstkontrahieren gem. § 181 gestatten. 33 Durch die Klarstellung des BGH, dass schriftliche „Gebote“ erst in der Versteigerung selbst durch den Auktionator wirksam abgegeben werden, ist auch die notwendige ußere Erkennbarkeit des Insichgeschfts hinreichend gegeben. 34 15 Soweit der Versteigerer bei Online-Auktionen als Stellvertreter agiert, wird man diese Grundstze anwenden kçnnen. 35 In den meisten Fllen stellt das Auktionshaus aber lediglich die technisch-organisatorische Plattform zur Verfgung, auf der Transaktionen zwischen Anbieter und Bieter entsprechend den Regeln dieses Marktplatzes direkt durchgefhrt werden. Dem Auktionshaus kommt dann auch keine Vertreterstellung mehr zu, so dass es auf § 181 BGB nicht mehr ankommt. Allerdings kann das Auktionshaus auch in diesen Fllen als Empfangsvertreter gem. § 164 Abs. 3 BGB bzw. Bote fungieren. 36

30 31 32 33 34 35 36

v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473,1476. Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1477. Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1477. Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473, 1477 f. BGH, NJW 1983, 1186, 1187. So etwa Prmbel (1) der AGB-ricardo.de (bis 31.3.2000). Vgl. Zi. II. 1. d) AGB-atrade.de (1.1.2005).

64 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 18 Kap. 4

Dann verbleibt zwischen Auktionshaus und Bieter der Teilnahmevertrag, 16 der durch Allgemeine Geschftsbedingungen ausgestaltet wird. Wie zum Einlieferer so richtet sich auch im Verhltnis zum Bieter als Teilnehmer die Vertragsbeziehung auf die Bereitstellung der organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen fr Zustandekommen und Abwicklung des Vertrags. Da fr den Bieter aber – anders als bei klassischen Versteigerungen – 37 regelmßig keine Gebhren oder Provision anfallen, ist hier von einem Auftragsverhltnis auszugehen. 38

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern auf elektronischen Marktpltzen (Plattformlçsung) 1. Auktionen Soweit nicht das Auktionshaus im eigenen Namen handelt, kommt ein Ver- 17 trag zwischen Anbieter (Einlieferer) und Bieter zustande, wobei es sich in der Regel um einen Kaufvertrag handelt. Unabhngig von der Frage, ob eine Versteigerung im Sinne von § 34b GewO vorliegt, beinhaltet § 156 BGB die (dispositive) zivilrechtliche Bewertung dieser Transaktionsform. Beide beziehen sich auf denselben Koordinationstypus. Zugrunde liegt das Modell der klassischen Versteigerung mit kçrperlicher Anwesenheit und persçnlicher Leitung durch einen Auktionator, bei der der Versteigerer als Kommissionr oder Stellvertreter handelt. 39 a) Modell des § 156 BGB

§ 156 BGB enthlt gegenber den allgemein fr Willenserklrungen gelten- 18 den Regeln zwei Klarstellungen bzw. Modifizierungen. 40 Der gemeinrechtliche Streit, ob bereits die Veranstaltung der Versteigerung als bindendes Angebot an den Meistbietenden anzusehen wre, wurde dahin gehend entschieden, dass der Bieter das Vertragsangebot abgibt, der Versteigerer dieses durch den Zuschlag annimmt. Dieser Zuschlag stellt eine nicht empfangsbedrftige Willenserklrung dar, die auch gilt, wenn sich der Bieter inzwischen rumlich entfernt hat. Hintergrund ist wohl die Drittbezogenheit der Erklrung. Wegen des unmittelbaren Interesses aller Kommunikationsbeteiligten mssen klare Regeln gelten. Dem wrde es entgegenlaufen, wenn die Wirk37 Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1478. 38 Vgl. auch Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 102.

Entsprechend fr einen schriftlichen Ersteigerungsauftrag BGH, NJW 1983, 1186, 1187. 39 Vgl. auch § 13 der frher geltenden Versteigerungsverordnung, BGBl. I 1976, 1345, in der novellierten Fassung nicht mehr enthalten, VerstV vom 24.4.2003, BGBl. I S. 547. 40 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 156 Rz. 1; Staudinger/Bork, 13. Bearbeitung 1996, § 156 Rz. 2; BGH, NJW 1998, 2350.

Wiebe | 65

Kap. 4 Rz. 19

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

samkeit der Annahmeerklrung von der Anwesenheit und dem Zugang zum Bietenden abhngig gemacht wrde. § 156 Satz 2 BGB schließlich bringt eine Sonderregelung fr das Erlçschen des Angebots, das eintritt bei Abgabe eines Jberangebots oder Ende der Veranstaltung ohne Erteilung eines Zuschlags. 19 Die klassische Versteigerung ist gekennzeichnet durch „augenblicks- und situationsbedingte Entschlsse der Bieter“ 41 in einem gegenseitigen Wettbewerb und gegenseitigem Eberbieten. Jeder Bieter muss dabei die Hçhe des jeweils aktuellen Angebots kennen. 42 Aufgrund dieser Merkmale sind schriftliche Gebote, die kennzeichnend fr Fernauktionen sind, ausgeschlossen. 43 Diese wrden auch das in § 156 Satz 2 BGB vorgesehene Erlçschen der spontanen Gebote in Frage stellen. 44 Der BGH hebt dabei die Bedeutung des „praktischen Ablauf(s) der Versteigerung“ und der Eindeutigkeit und Erkennbarkeit von Wirksamkeit und Erlçschen der Gebote hervor. 45 Fernauktionen erlauben nicht gegenseitiges Jberbieten im Wettbewerb und sind deshalb nicht als Versteigerung im Sinne von § 34b GewO und VerstV anerkannt. 46 Schriftliche Gebote werden nur als Auftrag an den Versteigerer angesehen, fr den Kufer unter Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens fr diesen in der Versteigerung Gebote abzugeben. 47 Telegraphisches Bieten soll zulssig sein, whrend telefonisches Bieten als unzulssig angesehen wird. 48 20 Die gewerberechtliche Behandlung dieses Einsatzes von Fernkommunikationstechniken hat allerdings keine Auswirkungen auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der resultierenden Vertrge. Der BGH hat telegraphische Gebote zwar als Verstoß gegen § 34b Abs. 6 Nr. 3 GewO angesehen, daraus aber keine Nichtigkeit gem. § 134 BGB fr daraufhin geschlossene Kaufvertrge hergeleitet. 49 Durch die Vorschrift soll nur im Interesse der Transparenz der Versteigerung verhindert werden, dass sich der Versteigerer verdeckt selbst beteiligt oder durch Vortuschen von Geboten Dritter die Preise in die Hçhe treibt, nicht aber sollen abwesende Bieter von der Beteiligung aus41 BGH, NJW 1983, 1186, 1187. 42 Vgl. Bleutge, in: Landmann/Rohmer, § 34b Rz. 39. 43 Vgl. LG Hamburg, MMR 1999, 679; Schalhorn, DB 1972, 2453 (2454), mit Hinweis

auf das Erfordernis der Iffentlichkeit des Verfahrens. 44 BGH, NJW 1983, 1186, 1187. Dies meint wohl auch Staudinger/Bork, § 156 Rz. 13,

45 46 47 48

49

der bei çffentlichen Ausschreibungen § 156 BGB fr nicht anwendbar hlt, da es sich um einen Vertragsabschluss unter Abwesenden handele. BGH, NJW 1983, 1186, 1187. Vgl. Bleutge, in: Landmann/Rohmer, Band 2,2, Nr. 260 Vorb. Rz. 13. Vgl. BGH, NJW 1983, 1186, 1187. Vgl. Marx/Arens, Der Auktionator, 1992, § 17 VerstV Rz. 7–11, fr Zulssigkeit auch telefonischen Bietens de lege ferenda; Bleutge, in: Landmann/Rohmer, Band 2,2, Nr. 260 § 17 Rz. 3 f., mit dem Argument, dass sich telefonische Gebote der Kontrolle durch die Behçrden entziehen. Ob sich dies nach der Novellierung 2003 noch halten lsst, ist fraglich. BGH, NJW 1981, 1204. Nach BGH, NJW 1985, 580, fhrt auch ein unter Verstoß gegen § 34b Abs. 6 Nr. 3 GewO erfolgter telefonischer Bietauftrag nicht zur Nichtigkeit des daraufhin abgeschlossenen Kaufvertrags.

66 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 23 Kap. 4

geschlossen werden, um sie vor bereilten Geboten zu schtzen. 50 Auch eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen §§ 125, 126 BGB kommt fr telegraphische Gebote nicht in Betracht. 51 b) Vertragsschluss bei Englischen Auktionen aa) Anwendbarkeit von § 156 BGB

Auch fr Internet-Auktionen muss gelten, was der BGH bei der Behandlung 21 herkçmmlicher Versteigerungen festgestellt hat, dass die rechtliche Bewertung zu Ergebnissen kommen muss, die sich „sinnvoll“ in den „praktischen Ablauf“ der Versteigerung einfgen mssen, was bedeutet, dass die technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen der Versteigerung und die rechtlichen Bewertungen in einem Wechselverhltnis stehen. 52 Der BGH hat nunmehr die Anwendung von § 156 BGB auf sog. „Live-Auktionen“ beschrnkt. 53 Begrndet wird dies vor allem mit dem Fehlen eines Zuschlags und damit einer Willenserklrung, die durch den bloßen Zeitablauf nicht ersetzt werden kçnne. Dies ist zu kritisieren. Im Vergleich zu herkçmmlichen Auktionen ist bei Internet-Auktionen 22 zwar auch ein hoher Grad an Interaktivitt mçglich, die aber der Face-to-face-Situation nicht gleichkommt. 54 Es bedarf der aktiven Nutzung technischer Mittel, um sich in die Kommunikationssituation zu begeben. Daraus ergeben sich sowohl technische Jbertragungsrisiken als auch Risiken an der Mensch-/Maschine-Schnittstelle. Zwar kçnnen die Teilnehmer jederzeit ber die Website die konkurrierenden Angebote zur Kenntnis nehmen. Aber eine der durch Spontaneitt geprgten Versteigerungssituation vergleichbare Kommunikation zwischen den Teilnehmern, auch informell, ist nicht mçglich. Betroffen ist damit vor allem das Merkmal der çrtlichen Begrenztheit. Das 23 LG Hamburg hat eine Internet-Auktion funktional mit einem Veranstaltungsraum verglichen, der „fr die Zahl der Teilnehmer zu klein ist und eine Leinwand im Nebenraum es ermçglicht, die Abgabe der Gebote im Versteigerungssaal zu verfolgen“. 55 Zwar wird eine dauernde Online-Prsenz der Bieter bei Auktionen, die sich ber mehrere Tage erstrecken, auch aus Kostengrnden nicht blich sein. 56 Andererseits fhren die vernderten Vgl. Bleutge, WiVerw 1987, 218, 227. Vgl. Marx/Arens. Der Auktionator, § 17 VerstV Rz. 9. BGH, NJW 1983, 1186, 1187. BGH v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 53, 54. Vgl. auch Vehslage, MMR 1999, 680, 681. Vgl. ferner Fuchs/Demmer, Sitzung des Bund-Lnder-Ausschusses „Gewerberecht“, GewArch 1997, 60, 63. 55 LG Hamburg, MMR 1999, 678, 679; dem zustimmend Stçgm+ller, K&R 1999, 391, 393; Huppertz, MMR 2000, 65, 66. Zur gewerberechtlichen Diskussion vgl. Ernst, oben Kap. 2 Rz. 8 ff. 56 Vgl. auch Vehslage, Anm. zu LG Hamburg, MMR 1999, 680, 681. 50 51 52 53 54

Wiebe | 67

Kap. 4 Rz. 24

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Kommunikationsbedingungen und die damit verbundenen sinkenden Transaktionskosten dazu, dass das Merkmal der zeitlichen und çrtlichen Begrenztheit nicht mehr die gleiche Bedeutung fr die Kennzeichnung dieses Koordinationstypus hat wie bei klassischen Auktionen. Letztlich wird man der funktionalen Betrachtung des Landgerichts folgen kçnnen, wonach es vor allem darauf ankommt, dass den Teilnehmern die konkurrierenden Gebote erkennbar sein mssen, um ein eventuelles Erlçschen oder einen Zuschlag an das eigene Angebot erkennen zu kçnnen, und dass das Ende der Veranstaltung erkennbar sein muss. 57 24 Fr die Bieter ist jeweils ber die Website einsehbar, welche Gebote abgegeben wurden und wo das Hçchstgebot steht. Man kann dabei, anders als bei Fernauktionen, bei denen sich ein Hçchstgebot bildet, von einem gegenseitigen Eberbieten sprechen, so dass das entscheidende Kriterium der Versteigerung gegeben ist. Entsprechend wird man auch eine Abgrenzung zum Typus eines „Verkaufs gegen Hçchstgebot“ durchfhren kçnnen. 58 Der in § 156 BGB zum Ausdruck gekommene zivilrechtliche Typus der Versteigerung erscheint insoweit entgegen der berwiegenden Rechtsprechung 59 aufnahmefhig auch fr die Formen der Internet-Auktion. 60 Die unterschiedli57 Vgl. auch Bleutge, in: Landmann/Rohmer, § 34b Rz. 6a. Das LG Hamburg, MMR

1999, 678, 679, hlt das Erfordernis der zeitlichen und çrtlichen Begrenztheit aber letztendlich nur von funktionaler Bedeutung fr den „praktischen Ablauf“ einer Versteigerung, whrend essentiell lediglich sei, dass es sich um ein Verfahren zur Erzielung eines Hçchstpreises handele, wobei die Bieter im Wettbewerb durch Jberbieten die Erteilung des Zuschlags erreichen wollen. 58 Vgl. aber LG Mnster, MMR 2000, 280, das eine Online-Versteigerung wegen des festen zeitlichen Rahmens als Verkauf gegen Hçchstgebot ansieht; offen gelassen in BGH CR 2002, 213. Vgl. ferner Bleutge, in: Landmann/Rohmer, § 34b Rz. 60, der aber i.E. eine Versteigerung annimmt. Unzutreffend auch die Stellungnahme des Rechtsauschusses zum FernAbsG, BT-Drs. 14/3195, S. 58, wonach es sich bei den meisten Versteigerungen im Internet nicht um solche im Sinne des § 156 BGB handelten. Der dort angefhrte Vorbehalt der Annahme trotz Zuschlags gibt nicht die Praxis im Internet wieder und spricht darber hinaus auch bei klassischen Formen nicht gegen die Annahme einer Versteigerung. Gegen eine Anwendung von § 156 BGB bei Langzeitauktionen wegen Fehlens eines Zuschlags bzw. einer Moderation Glatt, Vertragsschluss im Internet, Baden-Baden 2002, S. 50; Hartung/Hartmann, MMR 2001, 278, 289; Spindler, ZIP 2001, 809 (810); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.V. Rz. 29 ff., 45 m.w.N.; Leible/Sosnitza, MMR 2003, 466, 467; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. B Rz. 145. Fr eine Anwendung Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, S. 271; Wenzel, DB 2001, 2233, 2238;. 59 OLG Brandenburg, WRP 2004, 627, 628; KG, CR 2002, 47, 48; OLG Frankfurt, NJW 2001, 1434; LG Wiesbaden, NJW-CoR 2000, 171; AG Menden, NJW 2004, 1329; AG Kehl, NJW-RR 2003, 1060 f.; LG Hof, MMR 2002, 760; LG Hof, CR 2003, 854. AG Itzehoe, CR 2004, 705, 706. Fr Anwendung von § 156 BGB KG, CR 2002, 604, 606; scheinbar auch LG Berlin, NJW 2003, 3493, 3494. 60 Vgl. auch Staudinger/Bork, § 156 Rz. 1; MnchKomm/Wendehorst, § 312d Rz. 46; Marx/Arens, Der Auktionator, S. 10; Lettl, JuS 2001, 219, 221; Grapentin, GRUR 2001, 713; Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider,

68 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 26 Kap. 4

chen kommunikativen Bedingungen machen allerdings eine Anpassung der „Spielregeln“ erforderlich. 61 Außerhalb einer Auktion erfolgen allerdings solche Angebote zu einem Fest- 25 preis, die mit „Sofortkauf“ gekennzeichnet sind. 62 Diese werden etwa von eBay ausdrcklich als außerhalb der Auktion laufend bezeichnet, kommen sofort ohne Rcksicht auf den Ablauf des Auktionszeitraums durch Annahme des Nutzers zustande. Hier ist kein Element des gegenseitigen Jberbietens mehr prsent, und man kann insoweit eindeutig von einem Kauf sprechen. Bei der Internet-Auktion ohne Moderator reduziert sich die Rolle des Auktio- 26 nators auf die Bereitstellung der technischen Plattform. Zwar behlt das Auktionsunternehmen eine Restkontrolle, indem es sich, vor allem bei Verdacht auf Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften, die Lçschung von Angeboten vorbehlt. 63 Die Anbieter kçnnen aber ihr Angebot mit einer Leistungsbeschreibung direkt im Rahmen der Auktion freischalten lassen, die Bieter kçnnen direkt per E-Mail ber die Webseite Gebote abgeben und erscheinen damit jeweils als diejenigen, die eine elektronische Willenserklrung abgeben. 64 Zentrale Punkte des Vertragsschlusses sind durch AGB ausgestaltet, und die Moderatorfunktion des Auktionshauses wird ersetzt durch die Festlegung eines Angebotszeitraums mit fixierten Konfliktregeln. 65 Auch der herkçmm-

61

62

63 64 65

Rz. 110; Hager, JZ 2001, 786, 789; Wicher, Der Versteigerer, S. 50, wonach unter Versteigerung eine Ttigkeit verstanden wird, die den Verkauf eines Gegenstands zum hçchstmçglichen Preis zum Ziel hat, wobei die Preisbildung durch Wettbewerb unter den Bietern erfolgt. Zum dispositiven Charakter des in § 156 BGB festgelegten Ablaufs vgl. BGH, NJW 1998, 2350. Vgl. auch Wilmer, NJW-CoR 2000, 94,101 ff.; Stçgm+ller, K&R 1999, 391, 393, zu der nur sehr begrenzten Anwendbarkeit der Detailregelungen der VerstV zum Versteigerungsverfahren auf Internet-Auktionen. Dies hat sich mit der Novellierung etwas entschrft, VerstV vom 24.4.2003, BGBl. I S. 547. Vgl. § 9 Nr. 4 AGB-eBay (1.1.2005); „Angebote auf der eBay-Website kçnnen unter bestimmten Voraussetzungen auch mit der Sofort-Kaufen-Option (Festpreis) versehen werden. In diesem Fall kommt ein Vertrag ber den Erwerb des Artikels unabhngig vom Ablauf der Angebotszeit und ohne Durchfhrung einer Online-Auktion bereits dann zu dem in der Option bestimmten Festpreis zustande, wenn ein anderes Mitglied diese Option ausbt. Die Option kann von jedem Mitglied ausgebt werden, solange noch kein Gebot auf den Artikel abgegeben wurde.“ In Ansehung dieser AGB hat das AG Moers, NJW 2004, 1330, den Beklagten zur Lieferung eines Pkw-Anhngers verurteilt, den dieser fr 1 Euro unter der „Sofortkauf“-Option eingestellt hatte. Vgl. Zi. I.6.c. AGB-atrada.de (1.1.2005); § 7 Nr. 3 AGB-eBay (1.1.2005). Allgemein zu den Problemen der elektronischen Willensklrung Wiebe, in: Gounalakis (Hrsg.), Rechtshandbuch Electronic Business, § 15. Vgl. beispielhaft fr die meisten Auktionsbedingungen § 1 AGB-eBay (1.1.2005), wonach das Auktionshaus seine Rolle lediglich als „Marktplatz“ fr Angebote und Gebote von „Mitgliedern“ beschreibt. Bei Auktionsformen mit Moderator bleibt es dagegen beim Modell des § 156 BGB, vgl. etwa Zi. 23 AGB-echtwahr.de (1.1.2005), wonach bei „Live-Versteigerung mit Moderator ... der Artikel vom Hçchstbieter gekauft [ist], sobald das Programm – zum Dritten an den Hçchstbie-

Wiebe | 69

Kap. 4 Rz. 27

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

liche Auktionator handelt natrlich nach Konfliktregeln, nmlich des Hçchstgebots (§ 7 VerstV 2003), hat aber nach § 156 Satz 2 BGB die Freiheit, keinen Zuschlag zu erteilen. Bei Online-Auktionen genießt in der Regel das hçchste Angebot Vorrang, bei mehreren gleich hohen das zeitlich erste Angebot. 66 Dabei hat der Anbieter weitgehenden Einfluss auf die Dauer des Zeitraums. Verhandeln die Parteien dagegen parallel zu einer laufenden Auktion per E-Mail und werden sich dabei nicht einig, so kommt kein Vertrag zustande. 67 27 Mit dem Wegfall der Rolle des Moderators ist auch eine vernderte Abschlussmechanik verbunden. In den AGB wird von der Regel des § 156 Satz 1 BGB abgewichen, dass erst die Bieter rechtlich ein Angebot abgeben. 68 Zum Teil wird eine Verpflichtung des Anbieters begrndet, bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite antizipiert die Annahme des hçchsten Angebots zu erklren. 69 Der Anbieter gibt diese Erklrung dann aufgrund einer entsprechenden Klausel in der Eingabemaske mit Freischaltung seines Angebots ab. Der Sache nach kann man in der zeitlichen Umkehrung von Angebot und Annahme unabhngig von der Bezeichnung als „Annahme“ auch ein bindendes Angebot des Verkufers sehen, an den Hçchstbietenden zu verkaufen. 70 Durch deutlichen Hinweis auf der Website kann der Anbieter seinen Rechtsbindungswillen auch ausschließen. 71 28 Selbst wenn man statt § 156 BGB die allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB anwenden wollte, kme man zunchst zur Annahme einer invitatio. 72 Lsst

66

67

68

69 70

71

72

ter – geschrieben hat“; vgl. auch Spindler, ZIP 2001, 809, 810; Hollerbach, DB 2000, 2001, 2006. Vgl. etwa § 9 Nr. 1–3 AGB-eBay (seit 1.1.2005). Andere Vorrangregeln herrschen bei der sog. „Dutch-Auktion“; danach erhlt der Bieter mit dem hçchsten Gebot die Zahl der gewnschten Artikel zum niedrigsten Preis, whrend zwischen den niedrigeren Geboten auf der jeweiligen Stufe nach zeitlicher Rangfolge entschieden wird. Vgl. OLG Oldenburg, NJW 2004, 168, wobei die Forderung eines hohen Kaufpreises als – nach den Auktionsbedingungen zulssiges – Zurckziehen des Angebots bewertet wurde. Vgl. frher § 9 Nr. 1 AGB-eBay (bis 4.11.2004). Zum dispositiven Charakter des in § 156 BGB festgelegten Ablaufs vgl. BGH, NJW 1998, 2350. Fr eine dem § 156 BGB entsprechende Ausgestaltung vgl. AG Hannover, CR 2002, 539. Vgl. etwa AGB-ricardo.de: §§ 3 Abs. 5, 5 Abs. 4 (bis 31.3.2000). Vgl. BGH CR 2005, 1; BGH CR 2002, 213; OLG Hamm, CR 2001, 117; Ulrici, NJW 2001, 1112, 1113; Hartung/Hartmann, MMR 2001, 278, 281 f.; Lettl, JuS 2002, 219, 222; Nach § 9 AGB-eBay (1.1.2005) gibt der Anbieter mit Einstellen eines Artikels auf der eBay-Website ein verbindliches Angebot ab, das der Bieter durch Abgabe des Gebots annimmt. Skeptisch Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der InternetProvider, XII Rz. 51 ff. Vgl. LG Darmstadt, CR 2003, 295, wo der Anbieter drucktechnisch hervorgehoben darauf hinwies, dass es sich nur um eine Umfrage zur Ermittlung des Bieterinteresses handele. Vgl. auch LG Mnster, CR 2000, 313, 314; AG Neumarkt, CR 2000, 852; AG Kerpen, JurPC Web-Dok. 167/2002; AG Hannover, MMR 2002, 262; LG Hof, CR 2003, 854. Anders BGH, CR 2002, 213, 215.

70 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 29 Kap. 4

man die AGB unbercksichtigt, so kçnnte man allerdings an eine Parallele zum Automatenverkauf denken und in dem Angebot der Webseite im Rahmen der privaten Auktion ein bindendes Angebot sehen. 73 Fr den Automatenkauf wurde sogar vertreten, es handele sich um die Speicherung einer Vielzahl von antizipierten, unbestimmten, aber bestimmbaren Annahmeerklrungen. 74 Beim Automaten liegt diese Bewertung nahe, da eine Prfung der Erklrung des Kunden nicht mehr durchgefhrt wird und eine weitere Prfung durch den menschlichen Betreiber dem Rationalisierungszweck widerspricht. Anders als beim Automatenkauf ist hier jedoch die Annahmeerklrung nach Abgabe eines Angebots des Kunden durch den Anbieter der Seite mçglich, so dass eine vorweggenommene Speicherung jedenfalls technisch nicht unbedingt erforderlich ist. 75 Eher bestehen Jbereinstimmungen in der Abschlussmechanik mit dem 29 normalen Ladenkauf. 76 Der Verkufer ldt dazu ein, Angebote abzugeben, die Initiative zu konkreten verbindlichen Angeboten geht vom Kufer aus, der Verkufer entscheidet, welches Angebot er annimmt, hier das Hçchstgebot. 77 Er hat auch durchaus ein Interesse, die Bonitt des Bieters zu berprfen. Die Prgung der Situation durch die Besonderheiten der One-to-many-Kommunikation und des gegenseitigen Jberbietens entspricht dem Bild der klassischen Versteigerung. Dies gilt auch fr die kommunikative Rollenverteilung des Bietens und Annehmens. Man sollte daher auch die an die Online-Kommunikation angepasste Abschlussmechanik innerhalb des zivilrechtlichen Versteigerungsmodells des § 156 BGB ansiedeln und als von diesem erçffnete Gestaltungsmçglichkeit ansehen. Die Modifizierung des von § 156 BGB beschriebenen Ablaufs ndert daher nichts daran, dass es sich im zivilrechtlichen Sinne um eine Versteigerung handelt. Dies ist vor allem fr das Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschften von Bedeutung.

73 Vgl. A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung im Zivilrecht, 1985, S. 38. I.E.

74

75 76 77

ebenfalls fr Annahme eines bindenden Angebots durch den Anbieter der Internet-Auktion AG Menden, NJW 2004, 1329. Ernst Wolf, Allgemeiner Teil des brgerlichen Rechts, 2. Aufl., 1976, S. 301. Vgl. ferner fr das Selbstbedienungstanken als generalisierter Vertragsannahme ad incertas personas mit generalisiertem Erklrungsbewusstsein, die durch Strçmen des Benzins durch den Schlauch zugehe, A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung, S. 101 ff. I.E. ebenso Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, Rz. 53 . Zum Streitstand hinsichtlich der rechtlichen Bindungswirkung von Auslagen vgl. MnchKomm/Kramer, § 145 Rz. 8 m.w.N. Ebenso fr Btx-Angebote A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung, S. 127; fr Webseiten Kçhler/Arndt, Rz. 114; differenzierend fr Webseiten Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Rz. 145 ff. Zum Streitstand hinsichtlich Btx vgl. MnchKomm/Kramer, § 145 Rz. 8 Fn. 35a.

Wiebe | 71

Kap. 4 Rz. 30

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

bb) Wirksamkeit der elektronischen Willenserklrungen

30 Fraglich kçnnte aber sein, ob der Annahme einer Bindungswirkung des Angebots zwingende Anforderungen an die Wirksamkeit von Willenserklrungen entgegenstehen. 78 Insofern muss grundstzlich die Person des Vertragspartners bestimmt sein. 79 Konstruktiv kçnnte man aber, auch ohne Umweg ber eine Empfangsvertretung durch das Auktionshaus, eine Bindungswirkung bejahen, indem man das Auktionshaus als Bestimmungsberechtigten gem. §§ 315 ff. BGB auch hinsichtlich der Person des Vertragspartners ansieht, wobei mit dem Bezug auf den Hçchstbietenden klare Regeln vorgegeben sind. 80 Noch nahe liegender erscheint es, ein Angebot ad incertas personas, gerichtet an eine unbestimmte Zahl von Personen, zugrunde zu legen. 81 31 Konstruktiv kann man weiterhin eine Bedingung annehmen, 82 und zwar die Bedingung des Verkaufs an den Hçchstbietenden, genauer, an den, der das hçchste Angebot abgegeben hat. Flankiert wird diese Bedingung von der Erlçschenswirkung bei Jbergebot gem. § 156 Satz 2 BGB. Zustzlich enthlt das Angebot eine aufschiebende Bedingung gem. § 163 BGB, die an den Ablauf des Bietzeitraums geknpft ist. Das Angebot ist also doppelt bedingt. 83 Mit Ablauf des Bietzeitraums wird das Angebot an den dann Hçchstbietenden wirksam und damit auch der Vertrag voll wirksam. 84 Mit dem Festsetzen eines Mindestpreises kann hier eine weitere Bedingung hinzukommen. In der jngsten Entscheidung hat der BGH nunmehr das Angebot in der Auktion als rechtlich verbindliches Angebot an den Hçchstbietenden innerhalb der Laufzeit der Auktion bewertet. 85 Ob dies auch ohne entsprechende Rege78 Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Auktionserklrungen vgl. eingehend

Stempfle, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 143 ff. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 145 Rz. 1. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 315 Rz. 2 ff. Vgl. auch BGH, CR 2001, 213 – Ricardo.de. Vgl. etwa fr den Automatenkauf A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung, S. 40 f. 83 Vgl. AG Menden, NJW 2004, 1329; Grapentin, GRUR 2001, 713, 715; R+fner, JZ 2000, 715, 718. D. Westermann, Zi. 4, www.rechtsanwaelte-westermann.de/info/ auktion.htm (Stand: 15.5.2000), ging zutreffend bereits whrend der Auktion fr die jeweiligen Bieter von einem schwebend wirksamen Vertrag aus, der mit Jbergebot wirkungslos werde. Zum Schwebezustand vgl. MnchKomm/Westermann, § 158 Rz. 38 ff. Vgl. ferner § 9 Nr. 2 AGB-eBay (1.1.2005), wonach der Bieter zwar durch das Gebot die Annahme erklrt, aber durch Nr. 1, wonach sich das Angebot an den Bieter richtet, „der whrend der Laufzeit der Online-Auktion das hçchste Gebot abgibt“, klargestellt ist, dass das Angebot aufschiebend bedingt ist; dies wird durch die Erlçschenswirkung bei Jbergebot nach § 9 Nr. 2 abgesichert; hnlich § 7 AGB-ameise2000.de (1.4.2004). Nach II.3.a. AGB-atrada.de (1.1.2005) ist ein Erlçschen des Gebots bei Jbergebot vorgesehen. Vgl. auch Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 53. 84 Ein Widerruf nach § 130 I 2 BGB kommt bereits nach Zugang der aufschiebend bedingten Erklrung nicht mehr in Betracht, vgl. AG Menden, NJW 2004, 1329. 85 BGH v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005 53 m.krit.Anm. Wiebe. eBay hat nunmehr seine AGB in der ab 5.11.2004 geltenden Fassung entsprechend angepasst; 79 80 81 82

72 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 34 Kap. 4

lung in den AGB des Auktionshauses gelten soll, blieb offen. Dabei soll die Festlegung der Laufzeit als Bestimmung einer Annahmefrist nach § 148 BGB anzusehen sein. Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist dann die Abgabe bzw. Zugang des Hçchstgebots. Hinsichtlich des Preises erscheint ein Rckgriff auf § 315 Abs. 1 BGB zu- 32 gunsten des zuknftigen Kufers nicht notwendig, da hier Bestimmbarkeit zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Angebots ausreicht und diese mit dem Hçchstpreis zum Abschluss des Bietzeitraums gegeben ist. 86 Fr die zeitlich umgekehrte Lçsung einer vorweggenommenen Annahme- 33 erklrung des Hçchstgebots ergeben sich mit der Anerkennung auch antizipierter Erklrungen keine weiteren Wirksamkeitsprobleme. 87 Hinsichtlich des Zugangs kann die Nichtempfangsbedrftigkeit des Zu- 34 schlags nach § 156 BGB durch Verzicht des Bietenden auf eine Annahmeklrung 88 oder durch die Funktion des Auktionshauses als Empfangsvertreter bzw. -bote ersetzt werden, wie dies teilweise explizit in AGB vorgesehen ist. 89 Zwar liegt es nahe, bei Einschaltung des gleichen Dienstes fr beide Parteien dessen Handeln jeweils der Partei zuzuordnen, die ihn eingeschaltet hat, also jeweils als Erklrungsvertreter bzw. –boten anzusehen. 90 Bei Online-Bereitstellung durch das Auktionshaus ist aber eine strenge Abgrenzung der Machtbereiche nicht mehr mçglich und auch nicht sinnvoll. Selbst fr eine Restfunktion als Empfangsvertreter besteht aber eigentlich keine Notwendigkeit mehr. Die Erklrung des Verkufers richtet sich ad incertas personas, 91 die des Bieters an den Anbieter. An die Stelle von Erklrungen

86

87

88 89 90 91

nach § 9 Nr. 1 gibt der Anbieter durch Einstellen eines Artikels ein Angebot ab, das sich an den whrend der Laufzeit der Auktion Hçchstbietenden richtet, wobei die Laufzeit als durch den Bieter bestimmte Annahmefrist festgelegt ist. Nach § 9 Nr. 2 erklrt der Bieter durch das Gebot die Annahme; durch ein Jbergebot erlischt das Gebot. Vgl. BGH, CR 2002, 213, 214. Von fehlender Bestimmbarkeit geht Hager, JZ 2001, 786, 787, aus; anders dagegen die berwiegende Meinung, vgl. Lettl, JuS 2002, 219, 222; Ernst, CR 2000, 306, 309; R+fner, JZ 2000, 715, 718; Spindler, ZIP 2001, 810, 812. Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 810; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. B Rz. 152 ff., der, ausgehend von der Nichtanwendbarkeit von § 156 BGB, von einem Wegfall der Bindungswirkung der Gebote analog § 147 Abs. 2 BGB mit Eingang eines Jbergebots ausgeht; OLG Hamm, CR 2001, 117, 120; BGH, CR 2002, 213, 214. Genau betrachtet kann man neben der antizipierten Annahme auch noch einmal eine damit verbundene invitatio unterscheiden, vgl. Ulrici, NJW 2001, 1112 f.; Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 47. So frher § 5 Abs. 1 AGB-ricardo.de. Vgl. Zi. II 1.d. AGB-atrada.de (1.1.2005). Vgl. auch AG Menden, NJW 2004, 1329. Vgl. insoweit Kilian, Kommentar zum Deutschen EDI-Rahmenvertrag, 1994, § 15 Rz. 2. Vgl. auch BGH, CR 2002, 213, 214.

Wiebe | 73

Kap. 4 Rz. 35

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

unter Anwesenden (§ 147 Abs. 1 BGB) in der klassischen Versteigerung treten elektronische Willenserklrungen von Bieter und Anbieter. 35 Selbst wenn man insoweit bei im Rahmen von Auktionen abgegebenen Erklrungen von einer Anwendbarkeit von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeht, erscheint es fr elektronische Medien angemessener, die Unterscheidung anwesend/abwesend durch die allgemeinere Abgrenzung verkçrpert/unverkçrpert zu ersetzen. 92 Stellt man insoweit auf die „fortgesetzte Verfgbarkeit der Information im Zugriffsbereich des Empfngers“ ab, so ist das Kriterium der „Speicherung“ eher funktionsgerecht und wird auch der technischen Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien eher gerecht. 93 Unter Bercksichtigung der beiderseitigen Interessen sowie der Verkehrsbedrfnisse wird neben der Kenntnisnahme auch durch die zuverlssige Speicherung einheitlich Zugang bewirkt. 94 36 Entscheidend ist insoweit das Gelangen der Erklrung in den „Abrufbereich“ derart, dass der Empfnger die „Mçglichkeit der Speicherung“ nach den gewçhnlichen Verhltnissen hat bzw. ihm die „Mçglichkeit des Informationszugriffs“ geboten ist. 95 Dies entspricht auch der internationalen Rechtsentwicklung. 96 Zugang der Erklrung beider Seiten ist dabei mit Abrufbarkeit durch die Empfnger ber die Webseite und der damit verbundenen direkten Zugriffsmçglichkeit erfolgt. 97 37 Die E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG besttigt diese Risikoverteilung, indem sie in Art. 11 Abs. 1 auf den Zeitpunkt abstellt, in dem die Bestellung abgerufen werden kann. In § 312e Abs. 1 BGB wurde allerdings noch die Abrufbarkeit „unter gewçhnlichen Umstnden“ ergnzt. Bei einem geschftlichen Empfnger ist wohl zumindest von einer tglichen Kontrolle auszugehen, je nach den Umstnden kann aber bereits eine sofortige Kontrolle und

92 Vgl. Staudinger/Dilcher, 12. Aufl. 1980, § 130 Rz. 9 ff.; MnchKomm/Einsele, 4.

Aufl., § 130 Rz. 2, 17 ff. 93 John, AcP 184 (1984), 385, 395; ihm folgend MnchKomm/Einsele, § 130 Rz. 2

94 95

96 97

Fn. 10. Dabei stellt John, AcP 184(1984), 385, 404, nicht wie die berwiegende Meinung auf einen objektiven Beobachter ab, sondern auf die Sicht eines „sorgfltigen Erklrenden“, was er mit der Vorverlegung der Wirksamkeit im Interesse des Erklrenden am Eintritt der Bindungswirkung begrndet. Vgl. Burgard, AcP 195 (1995), 74, 91 f.; Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, S. 248. John, AcP 184 (1985), 385, 404; Burgard, AcP 195 (1995), 74, 104. I.E. ebenso Fritzmeyer/Heun, CR 1992, 129, 130; Heun, CR 1994, 595, 598; Tschentscher, CR 1991, 141, 148; Wildemann, Vertragsschluss im Netz, Mnchen 2000, S. 17; wohl auch Kçhler, AcP 182 (1982), 126, 140. Vgl. Art. 15 des UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce (1996), Art. 15(2). Vgl. Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 13.1 Rz. 205 ff.; Kçhler/Arndt, Rz. 118. Vgl. ferner § 11 Abs. 1 E-Commerce-Richtlinie. Vgl. allgemein bereits John, AcP 184 (1984), 383 (403 ff.).

74 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 39 Kap. 4

Bearbeitung erwartet werden. 98 Bei Auktionen wird man davon sptestens bei Auktionsende ausgehen kçnnen. 99 cc) Einsatz elektronischer Agenten

Elektronische bzw. intelligente Agenten finden immer mehr auch in der Ver- 38 tragsabschlussphase bei Online-Transaktionen Verwendung. 100 Dabei kann der Nutzer einen Hçchstpreis festlegen, bis zu dem der Agent automatisch mitbietet. Auch die jeweiligen Bietschritte kçnnen festgelegt werden. Hat der Nutzer noch ein aktuelles Gebot, Passwort und Benutzername eingegeben, kann er auf einen Button „Gebot abgeben“ klicken. Nach der Anleitung von Primus-Auktionen ist die Aktivierung des Agenten gleichbedeutend mit der Abgabe eines Gebotes und kann nicht rckgngig gemacht werden, was der rechtlichen Bindung an das herkçmmliche Gebot entspricht. Fr die rechtliche Bewertung lassen sich die Aktionen der Agenten funktio- 39 nell als Form der Arbeitsteilung ansehen und sind dem Nutzer zurechenbar. 101 Wegen der relativen „Autonomie“ solcher Agenten liegt es nahe, deren Operationen rechtsgeschftlichen Erklrungen gleich zu behandeln, die sich der Nutzer als „Betreiber“ zurechnen lassen muss. Seine Initialisierung unter Einsatz einer bestimmten Verhandlungsstrategie ist dann mit einer Vollmacht vergleichbar. Dabei ist entsprechend den allgemeinen Auslegungsgrundstzen unter Anwendung des Prinzips des Vertrauensschutzes zu fra98 Vgl. Jaekel, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), § 7 Rz. 17. Vgl. ferner Her-

wig, MMR 2001, 145, 146; Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 13.1. Rz. 216 ff.; Gimmy, in: Krçger/Gimmy, Handbuch zum Internetrecht: Electronic Commerce, S. 65, 70; Ernst, NJW-CoR 1997, 165, 166; Ultsch, NJW 1997, 3007, 3008; Heun, CR 1994, 595, 598. 99 Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. B Rz. 153. 100 S. etwa das Auktionshaus www.zuschlag.at (Stand:1.4.2004). Zum System „Kasbah“ vgl. Brenner/Zarnekow/Wittig, Intelligent Software Agents, 1998, S. 284 ff. Vgl. auch Cornelius, MMR 2002, 353 ff. 101 Vgl. allgemein fr elektronische Willenserklrungen auch Brauner, Das Erklrungsrisiko beim Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, 1988, S. 56 ff. Eine direkte Anwendung der §§ 164 ff. BGB kommt nicht in Betracht, da das Recht der Stellvertretung von einer Eigenverantwortlichkeit des Stellvertreters ausgeht. Allgemein fr Gleichbehandlung der Computererklrung mit der Blanketterklrung Viebcke, „Durch Datenverarbeitungsanlagen abgegebene“ Willenserklrungen und ihre Anfechtung, 1972, S. 91 f.; Kçhler, Die Problematik automatisierter Rechtsvorgnge, insbesondere von Willenserklrungen, AcP 182 (1982), 126 (134); Staudinger/Dilcher, Vorbem. zu §§ 116–144 BGB, Rz. 6. Letztlich soll fr die Zurechnung ein allgemeiner Wille des Betreibers gengen, wonach der Anlagenbetreiber die Verantwortung trgt und sich die Ergebnisse als eigene Erklrung zurechnen lassen will, vgl. Kçhler, AcP 182 (1982), S. 126 (134); Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1 Rz. 124 ff. Fr eine Zurechnung nach dem Risikoprinzip eingehend Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 130 ff., 230 ff.; insoweit zustimmend Mehrings, Rz. 132.

Wiebe | 75

Kap. 4 Rz. 40

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

gen, ob die Operation des Agenten als Willenserklrung verstanden werden musste. Soweit mehrere Agenten auf dem Marktplatz im Einsatz sind, bekommt damit auch der „automatisierte Empfngerhorizont“ Bedeutung. 102 40 Da beim „Empfang“ von Informationen durch elektronische Agenten eine Kenntnisnahme durch einen menschlichen Bearbeiter bestimmungsgemß nicht vorgesehen ist, kann es fr den Zugang auf eine abstrakte Kenntnisnahmemçglichkeit nicht mehr ankommen. Stellt man auch hier auf die Mçglichkeit der Speicherung ab, so ist mit dem Gelangen der Daten in eine Speichereinrichtung beim Empfnger das Risiko auf diesen bergegangen. 103 c) Besonderheiten bei anderen Auktionstypen

41 Fr den B2B-Bereich von besonderer Bedeutung sind einkaufsgetriebene Ausschreibungsmodelle. Wird von Seiten des potentiellen (Ein-)Kufers eine Ausschreibung veranstaltet, so ist dies zunchst allgemein als invitatio anzusehen, auf die die Anbieter bindende Antrge abgeben. 104 Diese werden dann durch den Kufer angenommen. 105 Dieser muss sich dabei nicht fr das niedrigste Angebot entscheiden, da auch Fragen von Qualitt und Bonitt von Bedeutung sein kçnnen. 106 Wegen der umgekehrten Rollenverteilung, die bei dieser Art Koordinationsmechanismus praktiziert wird, ist bei normativer Auslegung ein entsprechendes Verstndnis der jeweiligen Erklrungen zugrunde zu legen, das sich auch in den AGB ausdrckt. 42 Bei den Reverse Auctions geht es nicht um das hçchste Gebot in einem bestimmten Zeitraum, sondern darum, wer bei sinkendem Preis als Erster „zuschlgt“. Zumindest bei einem weiten Verstndnis im o.a. Sinne lassen sich auch Reverse Auctions unter § 156 BGB fassen, wobei dann im weiteren Maß die vereinbarten Konfliktregeln an die Stelle des dispositiven Rechts treten. 107 Man kann durchaus von Erzielen eines „hçchstmçglichen Preises“ sprechen, und auch ein Wettbewerb der Bieter, wenn auch einer des zeit102 Vgl. Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 409 ff.; Kuhn, Rechtshand-

lungen mittels EDV und Telekommunikation, 1991, S. 121 ff. 103 Zu den Auslegungsmçglichkeiten bei Einsatz eines Bietagenten mit Maximal-

104 105 106 107

gebot vgl. Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 54 ff. Vgl. allgemein auch Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 13.1. Rz. 219; Kilian, in: Kilian/Heussen (Hrsg.), Computerrechts-Handbuch, 20. Kap. Rz. 22; Heun, CR 1994, 595, 597. Zu den verschiedenen Stçrungsfllen vgl. Wiebe, in: Gounalakis (Hrsg.), E-Business, § 15 Rz. 51 ff. Vgl. auch Thun, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), Rechtshandbuch B2B Plattformen, § 10 Rz. 35. S. Ernst, oben Kap. 1 Rz. 18. Vgl. Schafft, CR 2001, 393, 394; Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 54 f. Zur Anwendbarkeit von § 34b GewO und der VerstV sowie § 156 BGB auf „Abwrtsversteigerungen“ vgl. Marx/Arens, Der Auktionator, S. 242 ff. m.w.N.

76 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 46 Kap. 4

lichen Aushaltens, lsst sich feststellen. Letzterer fehlt dagegen bei den Hçchstpreis- und „Vickrey“-Auktionen, bei denen die Angebote verdeckt abgegeben werden. Ein Wettbewerb der Bieter findet hier nicht statt. Sowohl bei Anwendung von § 156 BGB als auch der allgemeinen Regeln der 43 §§ 145 ff. BGB ist es der Anbieter, der ein Angebot im Rechtssinne abgibt. Die Annahme erfolgt dann durch den Bieter. 108 Im Mechanismus dieser Art der Auktion und im allseitigen Interesse liegt es, dass der Vertrag sofort mit dem ersten Gebot verbindlich ist und auch der Anbieter daran gebunden ist. Ein Abweichen von § 156 BGB ist insoweit unproblematisch. 109 Beim Co-Shopping ist § 156 BGB hinsichtlich des Vertragsschlusses zwi- 44 schen Anbieter und Co-Shopper nicht anwendbar, da es sich nicht um eine Versteigerung handelt. 110 Nach §§ 145 ff. BGB stellen die Online-Angebote eine invitatio dar. Der Co-Shopper gibt ein Angebot ab, das nach Ablauf der Abgabefrist vom Anbieter angenommen wird. 111 Das Angebot ist dabei so auszulegen, dass der Co-Shopper eine Annahmefrist gem. § 148 BGB setzt, nach deren Ablauf das Angebot gem. § 146 BGB erlischt. Teilweise ist in AGB vorgesehen, dass der Kunde whlen kann, ob er zum 45 „Co-Shopping-Preis“ oder zum „besten Preis“, also dem niedrigsten Preis, abschließen will. Der Anbieter hat in seiner invitatio deutlich gemacht, dass dieser „beste“ Preis nur angeboten wird, wenn eine festgelegte Mindestzahl weiterer Angebote eingeht. Das Angebot richtet sich dann entweder auf den vorher bereits festgelegten Preis oder ist jedenfalls bestimmbar. Fr eine die Abgabevoraussetzungen enthaltende Bedingung besteht hinsichtlich der Angebote keine Notwendigkeit, da bei Nichterreichen der Voraussetzungen einfach keine Annahme erfolgt. Der Co-Shopping-Preis ist als jeweils aktueller Marktpreis anzusehen, so 46 dass hinreichende Bestimmbarkeit gegeben ist und fr eine Bestimmung gem. § 315 BGB kein Raum mehr ist. 112 Dieser ist teilweise kombiniert mit einem Hçchstpreis, ber dem nicht abgeschlossen werden soll. Hat der 108 Vgl. Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 63.

So auch die Regelung in § 9 Nr. 1, 2 AGB-eBay (1.1.2005) 109 Zu einem Modell, in dem der Kufer nicht sofort gebunden wird, vgl. OLG Mn-

chen, MMR 2001, 233; Leible/Sosnitza, MMR 2003, 466, 467. 110 S.o. Ernst, Kap. 2 Rz. 19. 111 Vgl. Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732, 733. Denkbar ist auch die Abgabe eines Ange-

bots zu einem bestimmten Preis durch den Anbieter unter der Bedingung der Erreichung der erforderlichen Zahl von Kufern, vgl. Thun, in: Gramlich/Krçger/ Schreibauer (Hrsg.), § 10 Rz. 54. Vgl. ferner Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, XII Rz. 70, wonach der Anbieter ein von bestimmten Ordermengen abhngiges preislich gestaffeltes Angebot abgibt, die Annahme zum aktuellen Preis weitere aufschiebend bedingte Annahmeerklrungen fr niedrigere Preisstufen enthlt und der Vertrag unter der auflçsenden Bedingung des Erreichens einer gnstigeren Preisstufe steht. 112 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 315 Rz. 6.

Wiebe | 77

Kap. 4 Rz. 47

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Kunde im Einklang mit entsprechenden AGB-Bestimmungen erklrt, er werde bei Nichterreichen des „besten Preises“ alternativ zum Co-ShoppingPreis abschließen, so kçnnte darin ein weiteres Angebot unter der aufschiebenden Bedingung des Nichterreichens des „besten Preises“ liegen. Nher liegt aber ein Verstndnis als Angebot zum jeweiligen Marktpreis. Unter § 309 Nr. 1 BGB fllt eine solche Klausel nicht, da hier nicht ein Ausgangspreis nachtrglich erhçht wird, sondern von vornherein alternative Marktpreise angeboten bzw. in Aussicht gestellt werden. 47 Es gibt aber auch hier abweichende Varianten. So kann auch in AGB vorgesehen werden, dass der Eintrag des Kufers auf einer bestimmten Preisstufe nur als unverbindliche „Reservierung“ gilt und der Kufer nach Eingang der vorgegebenen Zahl von „Reservierungen“ innerhalb von 5 Werktagen nach Ablauf der Preisfindungsphase „die Annahme des Verkaufsangebots“ gegenber dem Verkufer erklren muss. 113 Die Abweichungen gegenber dem gesetzlichen Modell erfolgen hier zugunsten des Kufers und unterliegen keinen AGB-rechtlichen Bedenken. 48 Im Jbrigen gelten fr den Vertragsschluss keine Besonderheiten. Auch bei diesen Formen treten die Lieferanten teilweise als Anbieter auf, so dass direkt mit diesen ein Kaufvertrag zustande kommt. Andere Co-Shopping-Veranstalter sind selbst Einzelhndler oder Kommissionr.

2. Andere Abschlussmechanismen a) Produktkataloge und Online-Shops

49 Fr Produktkataloge mit fixiertem Preis gelten keine Besonderheiten gegenber Angeboten in Online-Shops. Fraglich kann hier vor allem die Abgrenzung von invitatio ad offerendum und bindendem Angebot sein. 114 Bei Webangeboten liegt das Risiko des Anbieters im fehlenden persçnlichen Kontakt zum Kufer, verbunden mit der fehlenden Mçglichkeit zur Jberprfung von dessen Kreditwrdigkeit. Ist die Ware nicht mehr vorrtig, kçnnte er zu aufwendigen Ersatzbeschaffungen oder Schadensersatz verpflichtet sein. Fehlerhafte Angebote kçnnten angesichts der eingeschrnkten Anfechtungsmçglichkeiten zu einer ungewollten Bindung fhren. Daher wird zum Teil fr Webangebote noch eine unverbindliche invitatio ad offerendum angenommen. 115 Als bindend bewertet wird allerdings die Bereitstellung von Informa113 Vgl. Zi. II.4. AGB-atrada.de (1.1.2005). Nach Zi. II.1.c. AGB-atrada.de gibt der An-

bieter dabei ein verbindliches Angebot ab. 114 Vgl. Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht,

Kap. 13.1. Rz. 137 ff. 115 Vgl. Kçhler/Arndt, Rz. 114; H)rting, Internetrecht, Rz. 89; Taupitz/Kritter, JuS

1999, 839, 841; Moritz, CR 2000, 61, 62; Kaiser/Voigt, K&R 1999, 445, 446. Zu Btx vgl. Bultmann/Rahn, NJW 1988, 2432, 2434; Redeker, NJW 1984, 2390 f.; Brinkmann, BB 1981, 1183, 1185; Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Te-

78 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 51 Kap. 4

tionen zum Abruf bei Datenbanken, da die Kunden ohne weiteres durch den Abruf die Daten herunterladen kçnnen und dann Vertragsschluss und Erfllung zusammenfallen. 116 Die Entwicklung des elektronischen Geschftsverkehrs spricht jedoch ge- 50 gen eine allgemeine Regel und fr eine strkere Differenzierung. 117 Das Interesse des Webanbieters an der Begrenzung seiner Lieferverpflichtung lsst sich durch die Aufnahme einer Bedingung absichern. 118 Die Bonittsprfung kann durch eine Registrierungspflicht gesichert werden. Man wird auch die Lieferbedingungen und die Art der Waren zu bercksichtigen haben. Werden digitalisierte Waren online angeboten, dann ist dem Nutzer unmittelbar der Zugriff mçglich. Technisch lsst sich die Verfgbarkeit der Ware parallel zur Warenprsentation berprfen und eine Reaktion auf Vernderungen ist schnell mçglich, auch unter Einschaltung elektronischer Agenten. Diese Gesichtspunkte sprechen bei Produktkatalogen zumindest im B2B-Bereich eher fr die Annnahme eines bindenden Angebots. 119 Hufig wird der „virtuelle Warenkorb“ fr den Abschluss von Vertrgen 51 ber das WWW genutzt. Aus dem Online-Angebot des Anbieters whlt der Nutzer Artikel durch Anklicken aus und legt diese in einen „Warenkorb“, der durch ein entsprechendes Symbol reprsentiert wird. Der Nutzer kann dann zum Angebot zurckkehren. Durch Aufruf der entsprechenden Seite kann er sich die im „Warenkorb“ eingestellten Bestellungen auch noch einmal anschauen. Die eigentliche Bestellung wird durch Anklicken eines Funktionsfelds, das etwa durch die Bezeichnung „Bestellen“ gekennzeichnet ist, eingeleitet. Daraufhin wird ein Formular eingeblendet, in das der Nutzer Namen, Adresse, E-Mail-Adresse und die Zahlungsart eintragen muss. Nach Ausfllen des Formulars erscheint auf einen weiteren Mausklick hin meist noch einmal eine Seite, in der die Angaben des Nutzers zusammengefasst werden. Erst nach Anklicken eines auf dieser Seite befindli-

116

117

118 119

lekommunikation, S. 111 f., m. umfangreichen w. Nachw. A.A. Micklitz, NJW 1982, 266; A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung, S. 129 ff.; MnchKomm/Kramer, § 145 Rz. 8. Vgl. Kilian, in: Weyers (Hrsg.), Electronic Commerce – Der Abschluss von Vertrgen im Internet, 2001, S. 9, 19; Mehrings, NJW 1993, 3102, 3104 ff.; Brinkmann, BB 1981, 1185. So grundstzlich auch Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 13.1. Rz. 145 ff., der fr Geschfte mit Verbrauchern eher der Annahme eines verbindlichen Angebots zuneigt; anders die h.M., vgl. etwa Dçrner AcP 202 (2002), 363, 377; OLG Frankfurt, CR 2003, 450; LG Kçln, CR 2003, 614, 615. Vgl. A. Schmidt, Rechtsfiguren der Selbstbedienung, S. 125. Vgl. etwa Zi. B.III. der Bedingungen von Amazon fr die „Amazon.de Marketplace-, Auktionen- und zShops-Plattform“ (1.1.2005), wonach durch Anklicken des Buttons „Einkaufswagen“ bzw. „1-Click“ durch einen Kufer ein Vertrag mit dem Verkufer zustande kommt.

Wiebe | 79

Kap. 4 Rz. 52

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

chen Funktionsfeldes, das etwa als „Abschicken“ bezeichnet ist, wird das ausgefllte Formular dann dem Anbieter bermittelt. 52 Soweit in den einzelnen Schritten der Bestellroutine die Mçglichkeit vorgesehen ist, die Waren wieder aus dem „Warenkorb“ zu entfernen, macht dies fr den Nutzer deutlich, dass in diesem Stadium noch keine abgeschlossene Willensbildung des Kunden vorliegt. Soweit der Anbieter nach Eingabe der „Bestellung“ die Mçglichkeit erhlt, Vorrtigkeit der bestellten Ware und auch Bonitt des Bestellers zu prfen, wird man in der die Bestellung zusammenfassenden individuellen Besttigungsanzeige des Anbieters ein verbindliches Angebot an den individuellen Nutzer sehen kçnnen. Die Annahme erfolgt dann durch Bettigung des Funktionsfelds „Abschicken“ durch den Nutzer. Bei einem anderen Ablauf kommt aber auch eine Bewertung in Betracht, wonach erst der Nutzer eine verbindliche Bestellung als Angebot abgibt. Der Warenanbieter sollte in diesem Fall durch ausdrckliche Hinweise auf der Angebotsseite die beabsichtigte Unverbindlichkeit des Angebots klarstellen. Dazu ist er nach §§ 312c, 312e BGB verpflichtet. b) Bçrsen- und Matching-Systeme

53 Bereits im Rahmen des IBIS-Systems, und spter bei Xetra, sind automatische Matching-Systeme an der Bçrse eingesetzt worden. 120 Kennzeichen dieser Systeme ist, dass der eigentliche Abschlussvorgang nicht mehr durch den Makler durchgefhrt wird, sondern automatisch. Die „Quotes“ werden in die Angebotszone eingestellt. Der Interessent kann auswhlen, wobei eine Vorprfung auf Verfgbarkeit zwischengeschaltet wird. Er kann dann nochmals „selektieren“, und das System fhrt Angebot und Nachfrage nach erneuter Verfgbarkeitsprfung zusammen. 54 Dieses Verfahren ist als Anwendungsfall des Zustimmungsmodells des Vertragsschlusses angesehen worden, wobei einer unverbindlichen Aushandlungsphase eine beiderseitige Zustimmung zu einem ausgehandelten Text folgt, hnlich wie bei einer Beurkundung. 121 Nimmt man das Zustimmungsmodell genau, so wrde beim automatischen Matching die inhaltliche Einigung mit dem Matching erfolgen, whrend die rechtsgeschftlich relevanten Zustimmungserklrungen bereits antizipiert durch Anerkennung der durch Matching herbeigefhrten Regelung in den Geschftsbedingungen erfolgen. 122 Zu diesem Zeitpunkt ist aber noch nicht absehbar, ob 120 Vgl. K+mpel, WM Sonderbeilage Nr. 4/1991 zu Nr. 22 vom 1.6.1991, S. 3; Beck,

WM 1998, 417; K+mpel, WM 1990, 45; Spindler, Elektronische Finanzmrkte und Internet-Bçrsen, Teil 1, WM 2002, 1325, 1327, 1334. Zur Anwendbarkeit von §§ 58, 59 BçrsG auf Internet-Auktionen vgl. Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 6, Kap. B. 121 Vgl. Leenen, AcP 188 (1988), 381, 393 ff.; K+mpel, WM Sonderbeilage Nr. 4/1991 zu Nr. 22 vom 1.6.1991, S. 3, 4 ff. 122 Vgl. Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 527 ff.

80 | Wiebe

III. Vertragsschluss zwischen Teilnehmern

Rz. 56 Kap. 4

und welche Geschfte der Teilnehmer schließen wird und welchen Inhalt diese haben werden. Natrlich ist das konkret durch Matching herbeigefhrte Geschft dann inhaltlich vom Willen getragen, aber an diese inhaltliche „Einigung“ knpft das Zustimmungsmodell gerade nicht die rechtliche Wirkung. Man kçnnte die Wirksamkeit der Ergebnisse des Matching allein auf den Rahmenvertrag sttzen. Konstruktiv berzeugender erscheint es aber, die jeweils im Handel abge- 55 gebenen Erklrungen als elektronische Willenserklrungen anzusehen, wobei man dann auf die Mechanik von Antrag und Annahme zurckgreifen kann. Das eigentliche Problem liegt in der Ersetzung des Maklers, der die Angebote durch Selbstkontrahieren zusammenfhrt, durch ein automatisiertes Matching-Verfahren. Hier lassen sich die Erklrungen jeweils unter die Bedingung des erfolgreichen Matchings stellen. Dies wre eine Bedingung sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf den Vertragspartner. Man kçnnte weiter an die Vereinbarung eines Bestimmungsrechts durch die Bçrse nach § 315 BGB denken, die diese durch das Matching-Programm ausbt, dessen Operationen ihm zuzurechnen sind. 123 Ein denkbarer Weg ist auch, das Angebot als ein solches an einen unbestimmten Personenkreis anzusehen, das durch Auswahl des reagierenden Teilnehmers angenommen wird. Die in der „Besttigung“ liegende Annahmeerklrung steht dabei unter der auflçsenden Bedingung, dass das Angebot aktuell nicht mehr besteht. Das Matching ist dann nur ußeres Zeichen fr den Ausfall der Bedingung. Beim IBIS-Verfahren bestand ein gewichtiger „menschlicher Anteil“, als die 56 vorbereitende Herbeifhrung der inhaltlichen Regelung weitgehend durch den menschlichen Teilnehmer gesteuert wurde, also die Automatisierung nur den Jbertragungsvorgang einer in ihrer Bedeutung im Wesentlichen festgelegten Erklrung betraf. Mit der Zugrundelegung elektronischer Willenserklrungen wird man aber auch strker automatisierten Systemen gerecht, wie es etwa Xetra darstellt. Bei Xetra sind auch limitierte und unlimitierte Auftrge mçglich. Diese kçnnen jederzeit gendert oder gelçscht werden, was im Auftragsbuch erkennbar wird. Sie beinhalten einen hçheren Automatisierungsgrad insofern, als die Hndler nicht mehr bestimmte Angebote individuell auswhlen kçnnen, sondern alle eingestellten Angebote sich gegenberstehen und beim fortlaufenden Handel sofort automatisch „zusammengefhrt“ werden. Die jeweiligen Kauf- („Geld“) und Verkaufs(„Brief“)Angebote stellen elektronische Willenserklrungen dar. Durch Wegfall der Auswahlmçglichkeit durch den „reagierenden Marktteilnehmer“ entfllt auch die Prfung der Verfgbarkeit des Angebots. Die Bestimmbarkeit des Vertragspartners ist in einer Bedingung enthalten, einen Abschluss entsprechend der in den AGB enthaltenen Vorrangregeln herbeizufhren. 123 Vgl. allgemein Palandt/Heinrichs, § 315 Rz. 2.

Wiebe | 81

Kap. 4 Rz. 57

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

IV. Beweisfragen und Vertrauenshaftung 1. Beweiserleichterungen 57 Ein wichtiges Instrument zur Schaffung von Vertrauen im elektronischen Geschftsverkehr ist die Mçglichkeit der Nutzung von elektronischen Signaturen. 124 Sie kçnnen sowohl die Identifizierung des Erklrenden als auch die Unverflschtheit der Nachricht sichern, die in der Praxis ein großes Problem darstellen. Wird ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG versehen, so ist die der Schriftform gleichwertige elektronische Form nach § 126a BGB erfllt. Bei gewillkrter Schriftform kçnnen auch andere Signaturformen Verwendung finden. Als Zwischenform unterhalb der Schriftform wurde die Textform nach § 126b BGB neu eingefhrt. Darunter fallen auch einfache E-Mails. 125 58 Leider hat aber die elektronische Signatur in der Praxis noch nicht in dem Umfang Verbreitung gefunden wie erhofft. Es stellt sich daher vor allem die Frage nach Beweiserleichterungen bei ungesicherter Kommunikation. Wird unter einer E-Mail-Adresse unter Angabe eines Passworts ein Gebot in einer Internet-Auktion abgegeben und bestreitet der Namenstrger spter die Teilnahme an der Auktion, so stellt sich die Frage, ob zugunsten des Anbieters eine Beweislastumkehr oder zumindest ein Anscheinsbeweis hinsichtlich der Frage in Betracht kommt, ob die in der E-Mail abgegebene Erklrung tatschlich von dem Namenstrger der Adresse stammt. 59 Fr die Annahme eines Anscheinsbeweises werden beachtliche Argumente ins Feld gefhrt, etwa der Vergleich mit herkçmmlicher Briefversendung. 126 Fr die Authentizitt einer unter einer E-Mail-Adresse abgegebenen E-Mail spreche die Lebenserfahrung, whrend die Wahrscheinlichkeit eines Dritteingriffs sehr gering sei. 127 Weiterhin seien die technischen Zugriffsmçglichkeiten fr einen entsprechenden Eingriff nicht allgemein gegeben und die Wahrscheinlichkeit im Verhltnis zur großen Zahl von E-Mails sehr gering. 128 Fr den Anscheinsbeweis komme es gerade nicht auf theoretische Missbrauchsmçglichkeiten an, sondern auf typische Geschehensablufe. Auch wolle der Gesetzgeber moderne Kommunikationsformen fçrdern, was auch durch die Einfhrung der Testform zum Ausdruck komme. Darber hinaus ist darauf hingewiesen worden, dass ein Interesse zur Angebots124 Signaturgesetz v. 22.7.1997, BGBl. I S. 1870, ersetzt durch SigG vom 16.5.2001,

125 126 127 128

BGBl. I S. 876; Signaturverordnung v. 22.10.1997, BGBl. I S. 2498, ersetzt durch VO vom 16.11.2001, BGBl. I, S. 3074; Richtlinie 1999/93/EG des Europischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999 ber gemeinsame Rahmenbedingungen fr elektronische Signaturen, ABl. EG L 13/12 v. 19.1.2000. Vgl. Stempfle, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 280 ff. Vgl. Mankowski, NJW 2002, 2822, 2824. Vgl. Mankowski, CR 2003, 44, 45. Vgl. Mankowski, CR 2003, 44, 45; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3, Kap. B Rz. 184.

82 | Wiebe

IV. Beweisfragen und Vertrauenshaftung

Rz. 61 Kap. 4

abgabe unter fremdem Namen nicht ohne weiteres ersichtlich sei, vielmehr dadurch ein bequemer Weg zur nachtrglichen Lçsung vom Vertrag fr den Bieter erçffnet werde. 129 Schließlich bediene sich der Nutzer bewusst des Internets trotz Wissen um dessen Risiken. 130 Eine Ersch tterung des Anscheinsbeweises erfolgt durch Darlegung und Be- 60 weis von konkreten Tatsachen, aus denen sich die ernsthafte Mçglichkeit eines abweichenden Verlaufs ergibt. 131 Hier werden Lieferung an eine andere Adresse oder auch Schriftwechsel des Adressinhabers mit dem Access Provider angefhrt, in dem dieser seine Besorgnis darlegt, sein Passwort kçnnte ausgespht worden sein. 132 Zu Recht hat jedoch die Rechtsprechung das Eingreifen einer Beweiserleich- 61 terung weit berwiegend abgelehnt. 133 Allein die Tatsache, dass die meisten Gebotsabgaben bei Internet-Auktionen keine Missbrauchsflle sind, rechtfertigt noch keinen Anscheinsbeweis. 134 Anders auch als bei Verwendung der EC-Karte, die Besitz und Kenntnis der Geheimzahl voraussetzt, sowie beim elektronischen Zahlungsverkehr mit PIN- und TAN-Nummer ist die Verwendung eines Passwortes bei Kommunikation ber Internet grçßeren Missbrauchsrisiken und -mçglichkeiten ausgesetzt. 135 Auch die in letzter Zeit aufgetretenen Flle des „Phishing“ haben die vielfltigen Mçglichkeiten des „Identittsklaus“ im Netz wieder deutlich werden lassen. Weder beim Nutzer noch beim Datentransport ber das Netz noch beim Diensteanbieter werden Sicherheitsstandards angewandt, die eine tatschliche Grund-

Vgl. Winter, MMR 2002, 836. Vgl. Mankowski, CR 2003, 44, 46. Vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., 2003, § 286 Rz. 13. Vgl. etwa LG Bonn, CR 2002, 293, 295. OLG Kçln, CR 2003, 55; LG Bonn, MMR 2004, 179 m. Anm. Mankowski; AG Erfurt, CR 2002, 676 = MMR 2002, 127 m. Anm. Wiebe; LG Bonn, CR 2002, 293 m. Anm. Hoeren = MMR 2002, 255 m. Anm. Wiebe; LG Konstanz, CR 2002, 609; a.A. AG Ettlingen, JurPC Web-Dok. 65/2002; LG Berlin, CR 2002, 606, 608. 134 A.A. Mankowski, CR 2003, 44, 45; Kr+ger/B+tter, MDR 2003, 181, 186; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 26 ff., fr passwortgeschtzte Systeme, die gegen Maskeradeangriffe geschtzt sind, etwa bei unmittelbarem Zugang zur Plattform; Winter, MMR 2002, 836, wonach der Kufer ber die immer bestehenden abstrakten Angriffsmçglichkeiten hinaus substanziiert darlegen muss, dass von seinem Account unbefugt Gebrauch gemacht wurde; er zieht eine Parallele zur Rechtsprechung zur Gebhrenerfassung im Tk-Bereich. 135 Vgl. auch Roßnagel/Pfitzmann, NJW 2003, 1209 ff.; Hartmann, CI 2000, 113 ff. A.A. Mankowski, CR 2003, 44, 46 f., der allerdings den Vergleich wohl auf passwortgeschtzte E-Mails beschrnkt. Das OLG Oldenburg, CR 1993, 558, knpfte an die Aushndigung von Anschlussziffer und Kennwort beim Btx-System noch eine Umkehr der Beweislast dafr, dass ein Missbrauch vom Anschlussinhaber veranlasst wurde; etwas anders interpretiert von Mankowski, CR 2003, 44, 49. Dies lsst sich aber fr das Internet aus angefhrten Grnden nicht halten. 129 130 131 132 133

Wiebe | 83

Kap. 4 Rz. 62

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

lage fr einen Anscheinsbeweis liefern kçnnen. 136 Auch erscheint es problematisch, wie ein Nutzer den Anscheinsbeweis entkrften soll, wenn er von dem ganzen Vorgang keine Kenntnis hatte. 137 62 Diese Bewertung rechtfertigt sich auch durch einen Vergleich mit der gesetzgeberischen Wertung in § 292a ZPO, wonach erst eine qualifizierte elektronische Signatur einen Anscheinsbeweis fr die Echtheit des Dokuments rechtfertigt. Selbst dazu gibt es noch kritische Stimmen. 138 An dieser Wertung ndert sich auch nichts dadurch, dass die Regelung keinen abschließenden Charakter hat und die elektronische Signatur bisher keine Verbreitung gefunden hat. 139 Eher sollte man die nunmehr aufgetretenen Problemflle als Anlass fr die Fçrderung eines strkeren Sicherheitsbewusstseins der Nutzer sehen, das dann auch eine verstrkte Anwendung elektronischer Signaturen zur Folge haben kann. Dass der Nutzer damit Beweismittel gegen sich selbst schaffen wrde und daher keinen Anreiz zum Einsatz von Signaturen habe, 140 kann als Gegenargument nicht berzeugen, da auch der Nutzer sich ja einmal einem Abstreiten eines Vertragsschlusses durch den Anbieter ausgesetzt sehen kann und mçglicherweise auch einmal in anderer Rolle am E-Commerce teilnehmen will. Bis zu einem breiten Einsatz elektronischer Signaturen bleibt die freie Beweiswrdigung nach § 286 ZPO. 141

2. Materiellrechtliche Zurechnung 63 Handelt ein Dritter unter der Kennung eines Anderen, so kommen auch im elektronischen Geschftsverkehr fr die Bestimmung der Person des Vertragspartners die Grundstze zum Handeln unter fremdem Namen in Betracht. 142 Aus Sicht des Empfngers ist dann zu bestimmen, ob ein Eigengeschft oder ein Geschft des Namenstrgers anzunehmen ist. In den meisten Fllen wird das Handeln unter einer auf eine bestimmte Person hinweisenden Kennung ein Geschft mit dem Namenstrger bewirken. Die Teilnehmer lassen sich hufig registrieren und ihre Identitt wird nach einem Vertragsschluss dem Vertragspartner vom Auktionshaus mitgeteilt. Das Vertrauen des Partners richtet sich mangels persçnlichen Kontakts 136 Demgegenber sieht Mankowski, CR 2003, 44, 45, in der Zugrundelegung be-

stimmter Sicherheitsstandards eine „normative Jberhçhung“. 137 Vgl. auch Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1. Rz. 289. Winter, MMR

2002, 836, 837, will insoweit „hohe Anforderungen“ stellen. 138 Vgl. Roßnagel, MMR 2000, 451, 459 f.; Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.),

Kap. 13.1 Rz. 290. 139 So Mankowski, CR 2004, 44, 47. 140 Vgl. Hoeren, CR 2002, 295, 296; Bizer, DuD 2002, 276, 279 f.; Mankowski, NJW

2002, 2822, 2827. 141 Dazu Mankowski, CR 2003, 44, 48. 142 Vgl. Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 391 ff.

84 | Wiebe

IV. Beweisfragen und Vertrauenshaftung

Rz. 65 Kap. 4

und anderer Anhaltspunkte auf den Trger des Namens hin. 143 In entsprechender Anwendung von §§ 177, 179 BGB kann der Namenstrger das Geschft ablehnen, so dass sich dann das Problem der Identifizierung des tatschlich Handelnden stellt. Ein Geschft des Namenstrgers wird auch fr das Handeln unter Pseudo- 64 nym jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn unter der Bezeichnung schon viele Geschfte geschlossen wurden, dies sich im Rahmen von positiven Bewertungen niedergeschlagen hat und sich das Vertrauen des Partners daher auf den Trger des „Namens“ richtet. 144 Hat sich insoweit noch kein Vertrauen herausgebildet, kçnnte man aber annehmen, dass der Partner nur mit dem Handelnden abschließen will und die Verwendung des Pseudonyms durch einen Dritten keine Fehlvorstellung hervorruft. Allerdings wird man wohl davon ausgehen mssen, dass sich bei einer Registrierung der Teilnehmer auch bei Verwendung eines Pseudonyms das Vertrauen darauf richtet, dass der Vertrag mit dem unter dem Pseudonym Registrierten zustande kommt. Die in den AGB vorgesehene Mitteilung der Identitt durch das Auktionshaus nach Vertragsschluss soll gerade dieses Vertrauen schtzen und durch den Betreiber als Dritten absichern. 145 Ein Geschft f r den, den es angeht, wird man bei Transaktionen auf elektronischen Marktpltzen jedenfalls solange nicht annehmen kçnnen, als nicht Bezahlsysteme zum Einsatz kommen, die eine einem Bargeschft vergleichbare sofortige Zahlung ermçglichen. 146 Handelt ein Dritter unbefugt unter dem Namen eines Teilnehmers oder ei- 65 ner sonstigen Kennung, kommt weiterhin auch eine materiellrechtliche Zurechnung dessen Handelns an den Namenstrger nach den Grundstzen der Vertrauenshaftung, vor allem nach dem Risikoprinzip, in Betracht, soweit ein einen Rechtsschein hinreichend begrndender Umstand vorliegt. 147 Das bloße Handeln unter fremdem Namen reicht aber noch nicht aus. Ein Passwort, das online ohne weitere Identittsprfung vergeben wird, weist jedenfalls keine hinreichende Verlsslichkeit auf, um als Legitimationsmittel 143 So auch OLG Mnchen, NJW 2004, 1328, wobei allerdings aus dem Sachverhalt

144 145 146 147

nicht klar hervorgeht, ob es sich um einen natrlichen Namen oder ein Pseudonym handelte. Auch OLG Mnchen, NJW 2004, 1328, verweist insoweit auf das Bewertungssystem von eBay. Vgl. ferner LG Berlin, NJW 2003, 3493, 3494. Vgl. auch OLG Mnchen, NJW 2004, 1328. Vgl. LG Berlin, NJW 2003, 3493, 3494. Vgl. LG Bonn, MMR 2004, 179, 180. Vgl. ferner Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 140 ff. Zu den Voraussetzungen der von Canaris ausgeformten Vertrauenshaftung in Bezug auf Informationstechnik eingehend Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, S. 214 ff., der die Rechtsfolgen durch eine Analogie zu den Anfechtungsregeln auf eine Schadensersatzhaftung begrenzen will, a.a.O., S. 243. Fr die Annahme einer Anscheins- und Duldungsvollmacht im Btx-Verkehr OLG Oldenburg, CR 1993, 558, 559.

Wiebe | 85

Kap. 4 Rz. 66

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

anerkannt werden zu kçnnen. 148 Wird die Zulassung durch Benachrichtigung per E-Mail durchgefhrt, so garantiert auch die vom Nutzer angegebene E-Mail-Adresse noch keine hinreichende Verlsslichkeit. Die IP-Adresse ist zwar ein rechnerbezogenes Kennungsmerkmal, 149 ist aber als Legitimationsmittel im Rechtsverkehr nicht gebruchlich. Die AGB verpflichten daher regelmßig nicht nur zur Geheimhaltung des Passworts, sondern schließen auch eine Haftung fr die Identitt der Parteien aus. 150 Eine hinreichende Sicherheit bringen erst Verfahren der elektronischen Signatur. 66 Dies gilt auch fr den Einsatz intelligenter Agenten. Mobile Agenten mssen sich anhand einer Agenten-Identifikationsnummer „identifizieren“ sowie den persçnlichen Identifikationsschlssel des Nutzers angeben, bevor sie Funktionen auf einem Computersystem ausfhren kçnnen. 151 Letzterer wird fr jeden Nutzer vom System ausgegeben und vom Agenten mitgefhrt, um seine Identifikation zu validieren. Auch hier sind fr eine hinreichende Sicherheit Verschlsselungsmechanismen einzusetzen. 152 67 Soweit trotzdem eine Bindung an die Erklrung aufgrund Rechtsscheinhaftung eingreift, ist ein in AGB vorgesehenes Entfallen der Bindungswirkung wegen der besonderen Schwierigkeiten der Identittsfeststellung bei Kommunikation ber das Netz nicht zu beanstanden. Dies gilt hinsichtlich des Gebots fr den Fall, dass sich ein Missbrauch von Mitgliedsnamen oder Passwort eines Bieters nachweisen lsst ebenso wie fr den Fall, dass der Bieter nicht in der Lage ist, innerhalb angemessener Frist die Identitt des Verkufers festzustellen. 153 Dies muss jedenfalls gelten, solange digitale Signaturverfahren noch nicht allgemein gebruchlich sind. 68 Fr den rechtsgeschftlichen Verkehr im Internet geht es letztlich um eine Abgrenzung der Risikosphren. 154 Das Missbrauchsrisiko bei Angriffen aus dem Bereich des Netzes ist nicht von vornherein dem Risikobereich einer der beiden Vertragsparteien zuzuordnen. Am ehesten kommt hier noch eine Zuordnung des Risikos an den (dritten) Diensteanbieter, in diesem Fall das Auktionshaus, in Betracht, der als Betreiber des elektronischen Marktplatzes Ini148 So auch OLG Kçln, CR 2003, 55; LG Bonn, MMR 2004, 179, 180, jeweils zur

149 150 151 152

153 154

Rechtsscheinshaftung. Vgl. auch Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, S. 216. Vgl. auch Borsum/Hoffmeister, NJW 1985, 1205, 1206; Stempfle, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 247 ff. Fr Ausreichen auch der Kennung von Telefaxgerten Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, S. 219. Vgl. Spindler, unten § 5 Rz. 91 ff.; § 6 Nr. 1 AGB-eBay (1.4.2004). Vgl. Brenner/Zarnekow/Wittig, Intelligent Software Agents, S. 63 ff. Vgl. Brenner/Zarnekow/Wittig, Intelligent Software Agents, S. 117 ff. Die technische Sicherheit und die entsprechende Gestaltung der Mensch/MaschineSchnittstelle fallen in den Pflichtenkreis des Auktionshauses. Vgl. www.auktionsfee.de (1.1.2005) unter „Vertragsschluss“, wobei fr Letzteres eine Frist von 10 Werktagen vorgesehen ist. Vgl. auch Wiebe, Die elektronische Willenserklrung. S. 425 ff.

86 | Wiebe

V. Anfechtungsmçglichkeiten gem. §§ 119, 120 BGB

Rz. 70 Kap. 4

tiator und Nutznießer des Geschftsverkehrs auf der Plattform ist. Er hat es in der Hand, den Vertragsparteien entsprechend sichere Verfahren vorzugeben und ist insoweit diesen gegenber auch „cheapest cost avoider“. Solange allerdings das Problem der Identittstuschung durch Teilnehmer noch nicht ein Ausmaß angenommen hat, das den gesamten Auktionsmechanismus gefhrdet, drfte eine Haftung fr die Identitt der Teilnehmer aus wirtschaftlichen Grnden zu weit gehen und wird auch regelmßig in den AGB wirksam ausgeschlossen, solange das Auktionshaus auf die Risiken fr die Teilnehmer hinweist und kein besonderes Vertrauen geweckt hat. 155 Diese Information sollte auch Hinweise auf vom Auktionator angebotene Treuhand-Modelle oder dritte Dienste beinhalten. 156 Die Auktionsanbieter ebenso wie die Auktionsteilnehmer befinden sich da- 69 mit in einem Dilemma. Auch andere Modelle bieten nicht mehr Sicherheit. Hinreichende Sicherheit bringen erst Verfahren der elektronischen Signatur. Hier ist auch beweisrechtlich mit § 292a ZPO die erforderliche Absicherung der rechtlichen Risiken hergestellt worden.

V. Anfechtungsmçglichkeiten gem. §§ 119, 120 BGB Jber die allgemeinen Regeln zur Anfechtung hinaus sind bei allen hier ange- 70 sprochenen Vertrgen die Besonderheiten der elektronischen Willenserklrungen zu beachten. Danach sind Hardware- und Softwarefehler ebenso wie die Verwendung fehlerhaften Datenmaterials der Willensbildung zuzurechnen und berechtigen nicht zur Anfechtung. 157 Eingabefehler, etwa bei fehlerhafter Ausfllung eines Online-Formulars, kçnnen ein Anfechtungsrecht gem. § 119 Abs. 1 BGB begrnden. 158 Dies gilt natrlich nur, soweit es sich um einen Erklrungsirrtum handelt. Die Anfechtungsfrist beginnt mit Frei155 Vgl. Spindler, unten § 5 Rz. 91 ff. Vgl. auch AG Schçneberg, MMR 2002, 561

m. Anm. Dustmann; AG Westerstede, CR 2002, 377. 156 Vgl. etwa Herwig, MMR 2001, 145, 147. 157 Vgl. LG Kçln, MMR 2003, 481, 482; Kçhler/Arndt, Rz. 127 f.; Mehrings, in: Hoe-

ren/Sieber (Hrsg.), Rz. 235 ff. Bei Einsatz von elektronischen Agenten ist an eine Anfechtung zu denken, wenn die Erklrung vçllig aus dem Rahmen von Programmierung und Einsatzzweck fllt, vgl. Kuhn, S. 155; zum Programm als in der DVA „verselbstndigter Wille“ analog § 166 Abs. 1 BGB vgl. Viebcke, „Durch Datenverarbeitungsanlagen abgegebene“ Willenserklrungen und ihre Anfechtung, 1972, S. 101; zur Anfechtbarkeit abredewidrig ausgefllter Blanketterklrungen vgl. Gerfried Fischer, Die Blanketterklrung, 1975, S. 83 ff. 158 Vgl. OLG Oldenburg, NJW 2004, 168, wo eine Jberlegungsfrist von 2 Wochen fr die Anfechtungserklrung noch als rechtzeitig angesehen wurde. Vgl. auch Kçhler/Arndt, Rz. 126; Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1. Rz. 229 f.; OLG Hamm, NJW 1993, 2321. In einer Entscheidung des AG Moers, NJW 2004, 1330, hatte der Beklagte geltend gemacht, er habe bei der Eingabe von 1 Euro fr den Verkauf eines Pkw-Anhngers statt des Fensters „Startpreis“ die Option „Sofort-Kaufen“ ausgefllt; obwohl dies Vorbringen eine gewisse Plausibilitt auf-

Wiebe | 87

Kap. 4 Rz. 71

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

schaltung der Seite zu laufen. 159 Ergeben sich entsprechende Fehler bereits bei einer als invitatio zu verstehenden Anbietererklrung und folgen daraus fehlerhafte Erklrungen, so sind diese in gleicher Weise anfechtbar. 160 71 Eine falsche Vorstellung von Merkmalen und Funktionen der Auktion kann zu einem beachtlichen Inhaltsirrtum fhren, der von einem auf die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen bezogenen Irrtum zu unterscheiden ist. 161 Dies wre etwa denkbar bei einem falschen Verstndnis der „Sofortkaufen“-Option im Sinne einer Teilnahme an der Auktion unter den normalen Auktionsbedingungen. 162 Allerdings bedarf es dann sorgfltiger Prfung, ob der Irrtum wirklich bestanden hat. Insoweit trgt der angeblich Irrende die Beweislast. 72 Jbertragungsirrtmer sind gem. § 120 BGB fr den Absendenden anfechtbar. Die Regelung des § 120 BGB ist nicht nur auf technische Stçrungen anzuwenden, sondern auch auf jegliche Stçrungen in der Phase nach Verlassen des Machtbereichs des Absenders bis zum Erreichen des Machtbereichs des Empfngers. 163 Eingeschlossen sind auch Datenverflschungen auf dem Transportweg mit ephemeren Zwischenspeicherungen. Diese Zuordnung entspricht auch der Rnderung von § 120 BGB im Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften. 164 Dort wird nicht nach dem Grund der Vernderung differenziert, so dass sowohl Irrtum, technischer Defekt als auch Eingriffe Dritter, auch von außen, in den Anwendungsbereich fallen sollen. 73 Auch die Einschaltung verschiedener Dienste fllt unter § 120 BGB. Der Access Provider ist auf der technischen Ebene fr den Datentransport verantwortlich. Der Presence Provider stellt vom Absender erstellte Webseiten ins Netz. Er ist damit Erklrungsbote. 165 Erstellt dagegen der Provider die Erklrung im Auftrag des Content Providers, so kann dieser meist als einem

159 160 161 162 163 164

165

weist, sah es das Gericht nicht als erwiesen an und verurteilte den Beklagten zur Lieferung. Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 819; Ulrici, JuS 2000, 947, 951. Vgl. OLG Frankfurt/Main, MMR 2003, 405, 407; a.A. LG Kçln, MMR 2003, 481, 482. Zur Abgrenzung vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Brgerlichen Rechts, 8. Aufl., 1997, § 36 Rz. 81 ff. Vgl. insoweit den Sachverhalt AG Moers, NJW 2004, 1330. Vgl. auch Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1. Rz. 245 f.; Fritzsche/ Malzer, DNotZ 1995, 3, 13 f. § 120 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschftsverkehr vom 13.7.2001, BGBl. I S. 1542 v. 18.7.2001, bezweckt eine Fortschreibung auf moderne Kommunikationsmittel, indem der Begriff „Anstalt“ durch „Einrichtung“ ersetzt wird; die Begrndung zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften, BTDrs. 14/4987, S. 14, spricht allgemein von „fehlerhafter telekommunikativer Jbermittlung“. Mit Jbergabe der Erklrung an den Erklrungsboten ist die Abgabe erfolgt, vgl. Flume, Allgemeiner Teil des BGB, § 14, 2, S. 225.

88 | Wiebe

V. Anfechtungsmçglichkeiten gem. §§ 119, 120 BGB

Rz. 77 Kap. 4

Boten gleich zu behandelnder Erklrungsgehilfe angesehen werden, da ihm fr die rechtsgeschftlich relevanten Teile der Erklrung keine eigene Gestaltungsbefugnis eingerumt sein wird. 166 In einem vom OLG Frankfurt/Main entschiedenen Fall hatte der Verkufer 74 sich fr ein Online-Verkaufssystem der Dienste eines spezialisierten Providers bedient. 167 In der Datenbank des Providers ergab sich nach einer Vernderung an der Software ein Rechenfehler. Die Preisliste beim Verußerer, die als Grundlage fr die Datenbank des Providers verwendet worden war, war dagegen fehlerfrei. Das Gericht nahm hier einen Ebermittlungsfehler an, wobei es den die invitatio betreffenden Fehler als auf die Annahmeerklrung fortwirkend ansah. 168 Relevant wird dann die Abgrenzung von § 119 Abs. 1 und § 120 BGB. Treten 75 Jbermittlungsfehler im eigenen Telekommunikationsnetz oder in zu diesem Zwecke eingesetzten EDV-Einrichtungen auf, so handelt es sich um einen Erklrungsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB. Bei fehlerhafter Jbermittlung unter Zuhilfenahme fremder technischer Einrichtungen im Netz ist § 120 BGB nach Verlassen des Machtbereichs des Absenders bis zum Erreichen des Machtbereichs des Empfngers anzuwenden. Geht man nach dem oben Gesagten bei den Angeboten von einer Erklrung 76 ad incertas personas aus, so sind Fehler bei der Online-Bereitstellung durch das Auktionshaus unter § 120 BGB zu fassen, das insoweit dem Bereich des Erklrenden zugeordnet werden kann. 169 Sieht man dagegen das Auktionshaus als Empfangsvertreter bzw. -boten an, so geht eine Falschbermittlung durch diesen bereits mit Jbermittlung an dieses zu Lasten des Empfngers, die der Einstellung in die Webseite zeitlich vorher geht. Ein Irrtum ber die Identitt des Vertragspartners ist unter den Bedingungen 77 der Online-Versteigerung durchaus nahe liegend. Dabei kann zum einen eine Anfechtung gem. § 119 Abs. 1 Fall 1 BGB als Inhaltsirrtum in Betracht kommen, wenn der Erklrende eine ganz bestimmte Person des Vertragspartners gemeint hat. Geht es dagegen bei der Identitt um Eigenschaften wie Vertrauenswrdigkeit und Kreditwrdigkeit, so kommt eine Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB fr den Bieter in Betracht. 170 Dies kçnnte etwa anzunehmen sein, wenn sich der Erklrende vorher anhand von Bewertungssystemen des Auktionshauses ber die Bonitt des Partners unterrichtet hat. Dies wird man entsprechend auch auf den Fall anwenden mssen, dass die 166 Vgl. dazu Gerfried Fischer, Die Blanketterklrung, 1975, S. 11. 167 OLG Frankfurt/M., CR 2003, 450. 168 Kritisch dazu Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1 Rz. 246, der darauf

hinweist, dass der Fehler bereits vor der Jbermittlung passiert sei, aber wegen der Offensichtlichkeit des Fehlers § 118 BGB heranziehen will. 169 Zur Anwendbarkeit von § 120 BGB auf den Erklrungsboten vgl. MnchKomm/ Kramer, § 120 Rz. 3. 170 Vgl. MnchKomm/Kramer, § 119 Rz. 126.

Wiebe | 89

Kap. 4 Rz. 78

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Identitt des Verkufers nicht feststellbar ist. 171 Bei Tuschung kommt auch § 123 BGB in Betracht. Hinsichtlich der Person des Bieters wird eine Anfechtung mangels Wesentlichkeit wegen des Charakters der Anbietererklrung als Erklrung ad incertas personas fr den Anbieter aber meist nicht in Betracht kommen. 172

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss 1. Vertragliche Nebenpflichten des Marktplatzbetreibers 78 Bereits fr klassische Versteigerungen wurde angenommen, dass der Versteigerer eine besondere Vertrauensstellung gegenber beiden Parteien innehat. 173 Aufgrund seiner Mittlerfunktion soll er die Interessen beider Seiten bercksichtigen. Entsprechende Treue- und Sorgfaltspflichten werden unabhngig von der Festschreibung von Verpflichtungen in den gewerberechtlichen Vorschriften auch zivilrechtlich als Nebenpflichten begrndet, deren Verletzung nach § 280 bzw. § 311 BGB schadensersatzpflichtig macht. 174 79 Bei Online-Auktionen sind diese Pflichten vor allem auf die Bereitstellung der technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen fr den Abschluss und die Abwicklung des Vertrags sowie Information und Beratung gerichtet, wobei den Interessen beider Seiten Rechnung zu tragen ist. 175 So lsst sich etwa der Hinweis an den Anbieter, im Interesse der Attraktivitt des Angebots von der Festsetzung eines Mindestgebots abzusehen, im Einzelfall und unter Bercksichtigung des Versteigerungsmechanismus als einseitige Vernachlssigung der Interessen der Anbieterseite ansehen, die Schadensersatzansprche nach sich ziehen kann, wenn nicht gleichzeitig ber die damit verbundenen Risiken aufgeklrt wird. 176

171 Vgl. auch www.auktionsfee.de (1.4.2004) unter „Vertragsschluss“, wonach fr

diesen Fall die Bindungswirkung des Gebots entfllt. 172 Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 819. 173 Vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1478; Kappus, in: Graf von Westphalen,

Rz. 6. Vgl. ferner BGH NJW 1996, 527, 528. 174 v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1478, verweist fr klassische Auktionen auf das

Vertrauensverhltnis zwischen Makler und Auftraggeber sowie die Treuepflicht des Maklers und des Kommissionrs, die hier auch gegenber dem Kufer gelte. Zu den Beratungspflichten eines Maklers vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 238 ff. Zur Pflichtenstellung des Beauftragten vgl. MnchKomm/Seiler, § 662 Rz. 33 ff. Im Hinblick auf zustzliche Leistungen wird teilweise sogar von einer Hauptleistung ausgegangen, vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 208, 210 ff. Fr einen werkvertraglichen Teil ist dann § 635 BGB anzuwenden. 175 Zur Pflichtenstellung des Marktplatzbetreibers vgl. eingehend Spindler, unten Kap. 5 Rz. 12 ff. 176 Vgl. den Sachverhalt in BGH, CR 2002, 213, dazu Ernst, CR 2000, 304, 310.

90 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 81 Kap. 4

2. Fernabsatzvertrge §§ 312b ff. BGB a) Anwendungsbereich

Im B2C-Bereich elektronischer Marktpltze sind die sich aus verbraucher- 80 schtzenden Regelungen ergebenden Pflichten der Anbieter von großer Bedeutung fr die Praxis. 177 Auf Online-Vertrge findet das der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie dienende Fernabsatzrecht der §§ 312b ff. BGB Anwendung. 178 Voraussetzung ist, dass der Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer (§§ 13, 14 BGB) unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird. Dann finden die Regelungen sowohl auf Teilnahmevertrge als auch das Marktverhltnis Anwendung. Fr den persçnlichen Anwendungsbereich ist die Unternehmereigenschaft 81 im Hinblick auf das Marktverhltnis geschftsbezogen im Einzelfall zu ermitteln. Neben den Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zuordnung von Geschften im Einzelfall 179 ist in der Praxis das Problem aufgetreten, dass gewerbliche Verkufer an Auktionen teilnehmen, ohne ausdrcklich auf ihre Unternehmereigenschaft hinzuweisen. 180 Hierbei handelt es sich um eine Beweisfrage. Fr die Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts muss in diesem Fall nach allgemeinen Regeln der Verbraucher dessen Voraussetzungen nachweisen, also auch die Unternehmereigenschaft des Verkufers. Allerdings wird eine Analogie zu § 344 HGB vorgeschlagen, wonach fr Kaufleute der Abschluss zu ihrer unternehmerischen Ttigkeit zu rechnen sei. 181 Diese Vermutung soll jedoch nicht zu Lasten eines Kunden eingreifen, wenn auf der anderen Seite eindeutig ein Unternehmer handelt. 182

177 Vgl. die Jbersicht bei Taeger/Goldmann/Linkhorst/Seiler, Internetrecht, S. 41 ff. 178 Richtlinie 97/7/EG, ABl. EG L 144/19 v. 4.6.1997. Vgl. dazu nur Micklitz/Reich,

179

180 181

182

BB 1999, 2093 ff.; B+low, ZIP 1999, 1291 ff.; Waldenberger, K&R 1999, 345 ff. Das Fernabsatzrecht und das Haustrwiderrufsrecht nach § 312 BGB schließen sich tatbestandlich aus, vgl. Palandt/Heinrichs, § 312b Rz. 20. Vgl. dazu Ende/Klein, S. 124 ff.; Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), OnlineHandel, B.III. Rz. 394, wonach nach dem Grundsatz verbraucherfreundlicher Auslegung jeweils im Zweifel zugunsten der Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts zu entscheiden ist und dieses Jbergreifen auf B2B-Geschfte vom Gesetzgeber auch beabsichtigt sei. Bei gemischter Nutzung ist danach zu fragen, welche berwiegt, vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312 Rz. 14 f.; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 36, m.w.N. Vgl. LG Hof, CR 2003, 854. Mankowski, VuR 2004, 79, 80. Fr Heranziehung der Kaufmannseigenschaft als Indiz fr ein Handeln als Unternehmer vgl. MnchKomm/Micklitz, § 14 Rz. 12, 18. Vgl. Mankowski, VuR 2004, 79, 80, mit Bezugnahme auf entsprechende, auch euroaparechtliche Bedenken bei MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 21; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 173 f.

Wiebe | 91

Kap. 4 Rz. 82

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

82 Weiterhin soll bei Vorliegen bestimmter Indizien ein Anscheinsbeweis fr unternehmerisches Handeln eingreifen. 183 Dazu gehçren vor allem Zahl und Volumen nachweisbarer Geschfte ber Neuwaren, wobei die mittlerweile blichen Vertrauensmechanismen bei Auktionen in Form von Bewertungen hilfreich sein kçnnen. 184 Auch kçnnen Geschftsgegenstand und Auftritt des Vertragspartners eine Rolle spielen. Angesichts der durch die Vermitteltheit der Kommunikation noch verstrkten Beweisprobleme des Verbrauchers hinsichtlich Umstnden aus der Sphre des Vertragspartners wird man der Annahme eines Anscheinsbeweises hier zustimmen kçnnen. 185 83 Der sachliche Anwendungsbereich ist auf die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln i.S.v. § 312b Abs. 2 BGB fr den Vertragsschluss beschrnkt. 186 Diese mssen die gesamte Phase von der Anbahnung bis zum Vertragsschluss abdecken. Außerdem muss der Vertragsschluss im Rahmen eines fr den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen. Dazu gehçrt Planmßigkeit bzw. Nachhaltigkeit und eine entsprechende Organisation des Betriebs. Indizien sind etwa mindestens das Vorhandensein einer eigenen Homepage und E-Mail-Adresse. 187 Wird etwa das Einstellen in eine Auktion nur fr eine einmalige Sonderaktion genutzt, whrend ansonsten der Unternehmer im persçnlichen Kontakt Geschfte schließt, liegt die erforderliche Nachhaltigkeit nicht vor. 188 Die Beweislast fr das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer entsprechenden Absatzorganisation liegt beim Unternehmer. 189 Auch an einem vom Unternehmer hervorgerufenen entsprechenden Anschein eines Fernabsatzsystems muss sich der Unternehmer festhalten lassen. 190 183 Mankowski, VuR 2004, 79, 81. 184 Vgl. auch LG Schweinfurt, Beschl. v. 30.12.2003 – 110/O 32/03, das aus dem nach-

185

186 187

188

189

190

haltigen und grçßeren Umfang des Verkaufs neuer und gebrauchter Waren auf eine gewerbliche Ttigkeit schloss. Das LG Hof, CR 2003, 854, hielt die Anzahl der Geschfte ohne Rcksicht auf ihren Inhalt noch nicht fr einen ausreichenden Beweis fr ein planvolles und dauerhaftes Ttigwerden als Teil des Unternehmerbegriffs, da „in Kreisen der jngeren Bevçlkerung“ das Kaufen und Verkaufen ber das Internet auch fr den privaten Bedarf blich sei. Ebenso AG Detmold, CR 2004, 859, auch bei Verwendung von AGB. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 39 ff., wobei auch Telefon- und Briefverkehr dazu zu rechnen sind. Vgl. Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 423 ff.; MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 54, die dies nur annimmt, wenn zustzlich auf eine Bestellmçglichkeit hingewiesen wird. Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 429. Allerdings muss der Unternehmer auch nicht seinen ganzen Vertrieb ausschließlich auf Fernkommunkationsmittel ausrichten, vielmehr reicht es, wenn dieses System einen von mehreren Vertriebswegen darstellt. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 64; B+low/Artz, NJW 2000, 2049, 2053; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), OnlineHandel, B.V. Rz. 70. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 53.

92 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 86 Kap. 4

Zu den nach § 312b Abs. 3 BGB vom Anwendungsbereich ausgenommenen 84 Geschften gehçren vor allem Finanzgeschfte (Nr. 3), 191 Vertrge ber Lebensmittel und Gegenstnde des tglichen Bedarfs (Nr. 5), Vertrge ber Unterbringung, Befçrderung und Gastronomie (Nr. 6), sowie Automatenvertrge (Nr. 7). Letzteres beinhaltet den Einsatz automatisierter Geschftsrume, was auch im Rahmen von Auktionsangeboten relevant sein kçnnte. Gedacht ist hierbei aber nicht an „virtuelle“, sondern an „reale“ Geschftsrume, etwa bei Banken, oder aber zuknftig auch im Einzelhandel. Fr den Online-Bereich ist sie also nicht anwendbar. 192 b) Informationspflichten

Der Schwerpunkt der Pflichten des Unternehmers bei Fernabsatzvertrgen 85 liegt in den Informationspflichten des § 312c BGB. Diese sind sowohl auf die Teilnahmevertrge als auch auf die in der Auktion geschlossenen Marktvertrge anwendbar. Abs. 1 enthlt Pflichten vor Vertragsabschluss, Abs. 2 solche nach Vertragsabschluss. § 312c Abs. 1 BGB verpflichtet den Unternehmer, in der vorvertraglichen 86 Phase klar und verstndlich ber die Einzelheiten des Vertrags und den geschftlichen Zweck des Kontakts zu unterrichten. Das Transparenzgebot geht ber das im AGB-Recht geltende hinaus. 193 Auch bei flchtiger Betrachtung drfen die entsprechenden Hinweise fr den mit dem Medium nicht vertrauten Verbraucher nicht zu bersehen sein. 194 Ein deutlich gestalteter Link mit nicht bersehbarem Hinweis auf die Pflichtangaben muss insoweit ausreichen. Diese Anforderungen gelten auch bei einer – grundstzlich zulssigen – Erteilung von Informationen im Rahmen von AGB. 195 Die geforderte Rechtzeitigkeit der Information ist bei einer entsprechenden Beschreibung auf der Angebotsseite in der Auktion in der Regel gewahrt. 196 191 Hierfr sind die Finanzdienstleistungsrichtlinie 2002/65/EG, das VerbrKrG das Ver-

192

193

194 195 196

sicherungsvertragsgesetz sowie das Kapitalmarktrecht anwendbar, s.u. Rz. 112 f. Eine Rckausnahme gilt fr Darlehnsvermittlungsvertrge nach §§ 655a ff. BGB. Vgl. Wiebe, Die elektronische Willenserklrung, S. 515 f.; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 54; LG Hamburg, CR 2001, 475, 476. Bei Automatenvertrgen wird nicht nur der Vertragsschluss, sondern auch die Erfllung durch dieselbe Einrichtung vorgenommen, vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312b Rz. 90. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 37; Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 468, der von „Aufdrngen smtlicher vertragswesentlicher Informationen“ spricht. Zur Deutung als besondere Einbeziehungsvoraussetzung fr AGB MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 22. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 2 FernAbsG, Rz. 34; OLG Karlsruhe, CR 2002, 682, 683. Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 2 FernAbsG Rz. 42; H)rting/Schirmbacher, MDR 2000, 917, 920; OLG Dresden, NJW-RR 2001, 1710 f. Vgl. auch MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 26, wonach die Information nach Ausfllen eines Bestellformulars wohl nicht mehr als rechtzeitig anzusehen wre.

Wiebe | 93

Kap. 4 Rz. 87

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Ein Wechsel der Kommunikationsmittel wird in der Regel unzumutbar sein. 197 87 Zu weit gehende Anforderungen stellt ein Teil der Rechtsprechung, wenn auch die Vermittlung von Informationen ber Hyperlinks nicht ausreichend sein soll, vielmehr eine eigene besttigende Informationsseite erforderlich sei, bis hin zu einer „Zwangsf hrung“ des Nutzers ber diese Seite. 198 Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe gengte es insoweit nicht, dass die entsprechenden Informationen ber einen Link „Kontakt“ auf jeder Webseite zu erreichen seien. 199 Auch wenn das Auktionshaus entsprechende technische Funktionalitt bereitstellen kçnnte, wrde die zwingende Zwischenschaltung einer Seite wohl dem Charakter einer Auktion mit einer einheitlichen Angebotsseite und einem automatischen Vertragsschluss mit dem Hçchstbietenden zuwiderlaufen. 88 Der Inhalt der vorvertraglichen Informationspflichten wird in § 1 Abs. 1 der in Ausfhrung von § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB erlassenen BGB-InfoV konkretisiert. 200 Dazu gehçren: – Identitt und ladungsfhige Anschrift – wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung – Mindestlaufzeit des Vertrags – Leistungsvorbehalte – Preise und Kosten – Einzelheiten der Vertragserfllung – das Bestehen eines Widerrufs- oder Rckgaberechts – Zusatzkosten der Fernkommunikation – Gltigkeitsdauer befristeter Angebote 201 89 § 312c Abs. 2 BGB enthlt nachvertragliche Informationspflichten. § 1 Abs. 2 BGB-InfoV verpflichtet den Unternehmer, den grçßten Teil der bereits auf197 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 34. 198 Vgl. OLG Frankfurt/Main, CR 2001, 782; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet,

Rz. 142; Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 469; a.A. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 30; H)rting, Fernabsatzgesetz, § 2 Rz. 63; Hoenike/H+lsdunk, MMR 2002, 415, 417; L+tcke, Rz. 68; Ott, WRP 2003, 945, 954. Einer Einhaltung der Textform bedarf es fr § 312c Abs. 1 BGB aber nicht, vgl. OLG Frankfurt/M., CR 2001, 782; Mankowski, CR 2001, 767, 769 ff. 199 OLG Karlsruhe, CR 2002, 682, 683. 200 BGB-Informationspflichten-Verordnung i.d.F. vom 5.8.2002, BGBl. I S. 3002. 201 Vgl. dazu im Einzelnen Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 479 ff.; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 141. L+tcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312c Rz. 14 ff.

94 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 91 Kap. 4

gefhrten Informationspflichten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1–9 BGB-InfoV) in Textform zu bermitteln. § 1 Abs. 3 BGB-InfoV enthlt fr einige Informationspflichten als zustzliche Qualifizierung das zustzliche Erfordernis einer Mitteilung in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form: – Einzelheiten zum Widerrufs- und Rckgaberecht – Anschriften des Unternehmers – Kundendienst, Gewhrleistungs- und Garantiebedingungen – Kndigungsbedingungen Die Informationen mssen sich von der Umgebung abheben und auf den ersten Blick wahrgenommen werden. 202 Diese nachvertraglichen Pflichten sind „alsbald, sptestens bis zur vollstndi- 90 gen Erfllung des Vertrages, bei Waren sptestens bei Lieferung an den Verbraucher“ zu erfllen. Mçglich ist, die Informationen nach Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 BGB-InfoV zusammen mit den vorvertraglichen Informationen vor Vertragsschluss in einer den Anforderungen nach Abs. 2 gengenden Form zu erteilen und damit die praktische Erfllung zu erleichtern. 203 Die Informationen nach § 1 Abs. 3 BGB-InfoV mssen allerdings nach Vertragsschluss noch einmal bermittelt werden. 204 Die nachvertraglichen Pflichten sind durch eine Jbermittlung in Textform 91 nach § 126b BGB zu erfllen, was dem frheren Erfordernis des „dauerhaften Datentrgers“ entspricht. 205 Ausreichend ist die Jbermittlung per E-Mail, aber auch das Anbieten im WWW zum Download dann, wenn sich der Verbraucher die Informationen tatschlich auf seiner Festplatte speichert bzw. ausdruckt. 206 Allein das Bereithalten im WWW ohne Herunterladen durch den Nutzer gengt aber nicht, da nicht sichergestellt ist, dass die Informationen nicht nachtrglich verndert werden kçnnen. Auch mssen die Informationen fr den Verbraucher im Rahmen seiner Mçglichkeiten lesbar sein, also mit den gebruchlichen Betriebssystemen und Programmen kompatibel sein und in einem gngigen Dateiformat bermittelt werden. An technische Kenntnisse und Aufwand des Verbrauchers drfen nur geringe Anforderun202 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 355 Rz. 16. 203 Vgl. Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 519; Mnch-

Komm/Wendehorst, § 312c Rz. 81 f. 204 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 83; Palandt/Heinrichs, BGB-InfoV, § 1

Rz. 10. 205 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 88 ff.; Palandt/Heinrichs, § 312c Rz. 7. 206 Vgl. Begrndung, BT-Drs. 14/2658, S. 40 f. Vgl. auch LG Kleve, NJW-RR 2003,

196; MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 95. A.A. OLG Mnchen, NJW 2001, 2263, 2265 = CR 2001, 401, wonach fr § 8 Abs. 1 VerbrKrG ein bloßes Anschauen am Bildschirm ohne Speicherung ausreichen soll; kritisch dazu Mankowski, CR 2001, 405, 405; Tonner, BB 2000, 1413, 1416; Lorenz, NJW 2001, 2230.

Wiebe | 95

Kap. 4 Rz. 92

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

gen gestellt werden. 207 Diese erscheinen bei der Jbermittlung im PDF-Format wegen der Notwendigkeit von Zusatzprogrammen bereits berschritten. 208 Die Beweislast fr die Erfllung der Informationspflichten liegt beim Unternehmer. 209 Damit sind allerdings erhebliche Schwierigkeiten der Dokumentation verbunden. Eine Mçglichkeit liegt darin, dass sich der Unternehmer den Erhalt und den Ausdruck oder die Speicherung der Informationen separat vom Verbraucher besttigen lsst. 210 92 Die Erfllung dieser inhaltsbezogenen Pflichten fr den im Wege der Internet-Auktion geschlossenen Kaufvertrag ist nicht dem technisch-organisatorischen Pflichtenkreis des Auktionshauses zuzurechnen, da nicht das Abschlussverfahren selbst betroffen ist, das mit der Funktion als Marktplatzbetreiber zusammenhngt, sondern der Inhalt der Leistungsangebote der Anbieter. 211 Die Anbieter mssen daher in eigener Verantwortung die Erfllung der Informationspflichten sichern. Allerdings muss das Auktionshaus bei der Gestaltung der Angebotsseiten die Voraussetzungen zur ordnungsgemßen Erfllung der Informationspflichten durch die Anbieter sicherstellen, also etwa die Mçglichkeit zum Einstellen der notwendigen Informationen vorsehen (vgl. auch Rz. 111). 93 Die Verletzung der vor- und vertraglichen Pflichten kann zu Schadensersatzanspr chen nach §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB fhren. 212 Daneben kçnnen wettbewerbsrechtliche Ansprche der Mitbewerber nach § 4 Nr. 11 UWG sowie Unterlassungsanspr che im Wege der Verbandsklage nach §§ 2, 3 UKlaG geltend gemacht werden. 213 c) Widerrufsrecht

94 Nach §§ 312d, 355 BGB besteht bei Fernabsatzvertrgen auch ein Widerrufsrecht des Verbrauchers. Der Widerruf muss nicht begrndet werden. Bei Vertrgen ber die Lieferung von Waren kann gem. § 312d Abs. 1 Satz 2 BGB auch ein gleichwirkendes Rckgaberecht nach § 356 BGB eingerumt werVgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 93. Vgl. auch Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 530. Vgl. Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 536. Vgl. Mankowski, CR 2001, 404, 405; Ott, WRP 2003, 945, 952; MnchKomm/ Wendehorst, § 312c Rz. 79. Vgl. auch im Kontext der AGB OLG Hamburg, MMR 2002, 677. 211 Vgl. auch Spindler, § 5 Rz. 120. 212 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 312c Rz. 10; MnchKomm/Wendehorst, § 312c Rz. 76, 123; Klein, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 507 ff., 556 ff.; Wenzel, NJW 2002, 1550, 1551. Vgl. auch Mankowski, VuR 2004, 79, 84 m.w.N. 213 Vgl. OLG Frankfurt CR 2001, 782, m. Anm. Mankowski; OLG Karlsruhe, CR 2002, 682; LG Berlin, MMR 2002, 630; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 151 ff. Einen Wettbewerbsverstoß bei Auftreten unter Pseudonym ablehnend LG Braunschweig, GRUR-RR 2005, 25, 26. 207 208 209 210

96 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 97 Kap. 4

den. 214 Wegen der Konstruktion der „schwebenden Wirksamkeit“ entstehen bereits Erfllungsansprche. Der Widerruf fhrt zur Umwandlung in ein Rckabwicklungsschuldverhltnis nach § 357 BGB. Der Widerruf erfolgt gem. § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in Textform oder durch 95 Rcksendung der Ware. Die Erklrung kann also vom Verbraucher per E-Mail gegenber dem Anbieter abgegeben werden. Die Widerrufsfrist betrgt zwei Wochen. Die Widerrufsfrist beginnt nach § 312d Abs. 2 BGB nicht vor Erfllung von vier Voraussetzungen. Zunchst bedarf es einer ordnungsgemßen Widerrufsbelehrung. Dem Verbraucher muss neben den Informationspflichten des § 312c Abs. 2 BGB in Textform eine Widerrufsbelehrung erteilt werden, die den Vorgaben des § 1 Abs. 3 BGB-InfoV entspricht, aber inhaltlich zustzlich Name und Anschrift des Widerrufsempfngers enthalten muss. Beide Informationspflichten kçnnen aber in einem Text zusammengefasst erfllt werden. 215 Weiterhin ist bei Warenlieferung deren Eingang beim Empfnger sowie bei Dienstleistungen der Vertragsabschluss erforderlich. Erfllt werden mssen schließlich auch die Informationspflichten aus § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. dazu Rz. 101 ff.). Wurde die Frist nicht in Gang gesetzt, endet das Widerrufsrecht bei Lieferung von Waren nach § 355 Abs. 3 BGB sptestens sechs Monate nach deren Eingang. Bei nicht ordnungsgemßer Widerrufsbelehrung erfolgt jedoch nach § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB kein Erlçschen. Allerdings setzt eine Nachholung die einmonatige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in Gang. Die Kosten der R cksendung trgt nach § 357 Abs. 2 BGB der Unternehmer. 96 Allerdings kçnnen diese bei einem Preis der zurckzusendenden Sache bis zu 40 Euro dem Verbraucher auferlegt werden, wenn der Unternehmer ordnungsgemß geliefert hatte. Bei einem hçheren Preis der Sache ist dies mçglich, wenn der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hatte. 216 Bei Rckgabe hat der Verbraucher gem. §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB fr den bestimmungsgemßen Gebrauch und eine dadurch entstandene Verschlechterung keinen Wertersatz zu leisten. Er kann jedoch gem. § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB dazu verpflichtet werden, wenn er bei Vertragsschluss auf diese Folge in Textform hingewiesen wurde. Diese Verschrfung gilt allerdings nicht fr die Folgen der bloßen Prfung der Sache. Von Bedeutung fr die Anwendbarkeit des Widerrufsrechts im Marktverhlt- 97 nis bei Auktionen sind allerdings die Bereichsausnahmen des § 312d Abs. 4 BGB. Dazu gehçren insbesondere nach Nr. 2 Software und andere Multimediaanwendungen, die auf einem entsiegelten Datentrger geliefert worden sind. Soweit diese online per Download erlangt wurden, fallen sie unter die Aus214 Zu den Unterschieden vgl. Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 43 f. 215 Vgl. L+tcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312d Rz. 45. 216 Eingefgt durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Rnderung der Vorschriften ber Fern-

absatzvertrge bei Finanzdienstleistungen vom 2.12.2004, BGBl. I S. 3102, 3103.

Wiebe | 97

Kap. 4 Rz. 98

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

nahme von Nr. 1, da sie insoweit nicht zur Rcksendung geeignet sind, als sie nicht „rckstandslos“ beseitigt werden kçnnen. 217 Weiterhin vom Widerrufsrecht ausgeschlossen nach Nr. 1 sind Waren, die nach Kundenspezifikation gefertigt wurden, wenn sie sich nicht ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfhigkeit in den Zustand vor der Anfertigung zurckversetzen lassen und sich nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten absetzen lassen. 218 98 § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB macht auch eine Ausnahme fr Vertrge, „die im Wege der Versteigerung (§ 156 BGB) geschlossen wurden“. Der Grund fr die Ausnahme liegt darin, dass ein Widerrufsrecht die Nutzung von Versteigerungen als Koordinationsform zu stark behindern wrde. 219 Hier wird nun der Streit ber die Anwendbarkeit des § 156 BGB auf Internet-Auktionen relevant. 220 Der BGH hat nunmehr das Bestehen eines Widerrufsrechts fr Internet-Auktionen bejaht. 221 Dabei sttzt er sich zum einen darauf, dass es sich nicht um eine Versteigerung im Sinne von § 156 BGB handele. Wie bereits ausgefhrt, kann man dies aber nicht allein am Fehlen eines Zuschlags festmachen. Des Weiteren begrndet der BGH die Nichtanwendbarkeit von § 312 Abs. 4 Nr. 5 BGB eingehend mit der Gesetzesgeschichte, vor allem vor dem Hintergrund der Mçglichkeit des deutschen Gesetzgebers, strengere Verbraucherschutzregeln vorzusehen. Hier wird auch Bezug genommen auf Erwgungen des Rechtsausschusses, die meisten „sog. Internetversteigerungen“ seien keine solchen im Sinne von § 156 BGB. Einiges spricht allerdings dafr, dass der Ausschuss hier Formen meint, bei denen in der Auktion noch kein endgltiger Vertragsschluss erfolgt. 222 98a Gegen den Ausschluss von Internet-Versteigerungen aus dem Ausnahmetatbestand von § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB sprechen vor allem teleologische Argumente, die der BGH nur unzureichend bercksichtigt, wenn er eine besondere Schutzbedrftigkeit des Verbrauchers anfhrt. Auktionen sind fr die Teilnehmer eine risikoreiche Transaktionsform. Ein Widerrufsrecht vertrgt sich nicht mit dem Charakter dieser Transaktionsform, deren Kern 217 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312d Rz. 31; Begrndung zum Gesetzentwurf

der Bundesregierung zum FernAG, BT-Drs. 14/2658 v. 9.2.2000, S. 44. 218 Vgl. BGH MMR 2003, 463, 464, wo dies fr ein Notebook nicht angenommen

219 220

221 222

wurde, das nach Wnschen des Kunden im Baukastensystem zusammengebaut wurde. Begrndung zu § 1 Abs. 3 Nr. 7 c) FernAbsG, BT-Drs. 14/2658, S. 78. Zur Anwendung auf Online-Auktionen vgl. auch Wilmer, NJW-CoR 2000, 94, 103 f. S.o. Rz. 21 ff. Fr Anwendung des Ausschlusstatbestands auf die hauptschlichen Flle von Internet-Auktionen MnchKomm/Wendehorst, § 312d Rz. 46 f. Weitergehend Lettl, JuS 2002, 219, 222, der mangels Grundlage in der FernAbsRL auch keine Beschrnkung der Anwendung des Ausschlusstatbestands auf Versteigerungen i.S.v. § 156 BGB annimmt. Trotz Ablehnung der Anwendung von § 156 BGB fr eine Analogie wegen der „vergleichbaren Interessenlage“ Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. C Rz. 244. BGH, Urteil v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 53, 54. Vgl. Spindler, MMR 2005, 40, 41.

98 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 100 Kap. 4

das gegenseitige Jberbieten darstellt. Nach Abschluss (virtueller Zuschlag oder Zeitablauf) soll die Transaktion abgeschlossen sein. Jede Mçglichkeit eines begrndungslosen Widerrufs wrde diese Endgltigkeit aufheben und den Charakter der Transaktion verndern. Es bestnde beim Mitbieten kein Risiko mehr. Wenn dem Bieter der Preis doch zu hoch erscheint, nimmt er einfach wieder Abstand vom Geschft. Ein Ausschluss der Internet-Auktion vom Widerrufsrecht entspricht nicht 98b nur den Interessen des Anbieters, sondern beider Parteien, die von den Vorteilen des Auktionsmechanismus profitieren. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Existenz von Internet-Versteigerungen die Regelung in das Gesetz aufgenommen, die ja eine Ausnahme von einem Vertragsauschluss im Fernabsatz darstellt und sich damit auch nur auf Teilnahme an einer Auktion mit Fernkommunikationsmitteln beziehen kann. Eine sinnvolle Differenzierung gegenber anderen Fernkommunikationsmitteln ist nicht mçglich, vielmehr ist beim telefonischen Bieten die Transparenz fr den Verbraucher eher noch grçßer. Zuzugestehen mag der Entscheidung sein, dass das zunehmende Auftreten 98c von Powersellern nicht unbedingt dem Bild der klassischen Auktion entspricht. Aber auch dies ist eine Folge der Nutzung des Internet, die am Koordinationsmechanismus und am risikoreichen Charakter dieser Transaktionsform nichts ndert. Diese rechtfertigt zwar entsprechende Informationspflichten, vertrgt sich aber mit einem Widerrufsrecht nicht. Sieht der Auktionsbetreiber allerdings in seinen AGB ein Widerrufsrecht auch fr das Marktverhltnis vor, so wird man dies auch dann auf vertraglicher Grundlage fr wirksam vereinbart erachten mssen, wenn das Auktionshaus, und im Folgenden auch der Anbieter, flschlicherweise von einer Nichtanwendbarkeit des Ausschlusstatbestands ausgingen. 223 Informationspflichten und Widerrufsrecht sind auch anwendbar auf die Teil- 99 nahmevertrge zwischen Einlieferer bzw. Bieter einerseits und dem Auktionshaus andererseits, auf die verschiedenen Formen des Co-Shopping sowie die weiteren Transaktionsformen auf elektronischen Marktpltzen. Das Auktionshaus ist als Unternehmer i.S.v. § 13 BGB anzusehen. Allerdings findet das Fernabsatzrecht keine Anwendung, wenn der Teilnehmer den Vertrag nicht im Rahmen einer gewerblichen oder selbstndigen beruflichen Ttigkeit abschließt. Nach § 312d Abs. 3 BGB erlischt das Widerrufsrecht mit Beginn der Ausfh- 100 rung der Dienstleistung durch das Auktionshaus mit Zustimmung des Verbrauchers, also mit dem Ttigwerden des Auktionshauses aufgrund der Anmeldung, sptestens mit dem Einstellen des Angebots durch den Anbieter. 224 223 Vgl. Mankowski, Beseitigungsrechte, Tbingen 2003, S. 1022 m.w.N. 224 Allgemein dazu MnchKomm/Wendehorst, § 312d Rz. 90 ff.

Wiebe | 99

Kap. 4 Rz. 101

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Dies gilt auch bei nicht ordnungsgemßer Belehrung. 225 Damit ergibt sich im Teilnahme- bzw. Benutzungsverhltnis auch keine Mçglichkeit, erteilte Versteigerungsauftrge nach diesem Zeitpunkt aufgrund der Regelungen des Fernabsatzrechts zu widerrufen, so dass auch deren Wirksamkeit gegenber Dritten nicht in Frage steht.

3. Verfahrensbezogene Pflichten im elektronischen Geschftsverkehr § 312e BGB a) Anwendungsbereich

101 In Umsetzung von Art. 10, 11 E-Commerce-RL 2000/31/EG sieht § 312e BGB bestimmte, auf das Verfahren des Abschlusses bezogene Informationspflichten und technische Pflichten vor. Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist erçffnet, wenn sich ein Unternehmer zum Abschluss eines Vertrages oder zur Erbringungen einer Dienstleistung eines Tele- oder Mediendienstes i.S.v. § 2 TDG bedient. Im Unterschied zum recht weiten sachlichen Anwendungsbereichs des § 312d kommt es bei § 312e BGB auf den Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel beim Vertragsabschluss an. 102 In persçnlicher Hinsicht geht es um Vertrge zwischen einem Unternehmer und einem „Nutzer“ oder „Kunden“. Letzterer kann auch ein Verbraucher sein, so dass sowohl B2B- als auch B2C-Geschfte erfasst werden. Damit findet § 312e BGB zum einen auf die Teilnahmevertrge bei der Auktion Anwendung. Fr das Marktverhltnis gilt dies jedoch nur, wenn der Anbieter des Auktionsgegenstands selbst als Unternehmer anzusehen ist, der sich eines Teledienstes bedient. Auf C2C-Vertrge findet § 312e BGB in keinem Fall Anwendung. 103 Problematisch ist die Anwendung von § 312e BGB auf B2B- und B2C-Vertrge im Marktverhltnis durch den Bezug auf einen Tele- oder Mediendienst. Damit hat sich der deutsche Gesetzgeber von der Begrifflichkeit der E-Commerce-RL gelçst und geht ber diese hinaus. 226 Art. 10, 11 E-Commerce-RL finden auf „Diensteanbieter“ Anwendung. Art. 2 E-Commerce-RL verweist insoweit auf Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG vom 20.7.1998. 227 Danach fallen unter den Begriff „Dienste der Informationsgesellschaft“ alle in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz sowie auf individuellen Abruf des Empfngers erbrachte Dienstleistungen. Es ist zumindest fraglich, ob das Anbieten von Wa225 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 312d Rz. 7. Eine Klausel, die das Erlçschen durch ein an-

tizipiert in den AGB abgegebenes Einverstndnis mit der Ausfhrung der Dienstleistung auslçsen soll, verstçßt gegen § 312 und § 307 BGB, vgl. a.a.O. 226 Vgl. dazu MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 7, 20 ff., die allerdings auch darauf hinweist, dass nach den Gesetzesmaterialien eine Beschrnkung auf den Anwendungsbereich der Richtlinie erfolgen sollte, BT-Drs. 14/6040, S. 170 f. 227 ABl. EG Nr. L 204/37 v. 21.7.1998, i.d.F. v. L 217/18 v. 5.8.1998 – Anh.V.

100 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 105 Kap. 4

ren auf elektronischem Wege in einer Auktion bereits einen Dienst begrndet, der im Fernabsatz auf elektronischem Wege erbracht wird, wenn die Erfllung ganz konventionell erfolgt. Bei Auktionsangeboten entfllt auch das Merkmal der Entgeltlichkeit des Dienstes, denn entgeltlich sind nur die angebotenen Waren, nicht das einzelne Angebot selbst. 228 Legt man dagegen den Wortlaut von § 312e Abs. 1 BGB zugrunde, kann man 104 das Auktionshaus als Teledienstanbieter in die Betrachtung einbeziehen und eine Anwendung des § 312e BGB auf den Anbieter/Einlieferer in der Auktion darauf grnden, dass sich dieser der Leistungen des Teledienstes Auktion zum Zwecke des Vertragsschlusses bedient. Zwar unterscheidet auch § 3 TDG zwischen Diensteanbietern und Nutzern, aber die Anwendung von § 312e BGB kann nach dieser Interpretation auch durch ein Handeln nicht in der Rolle des Anbieters eines Teledienstes, sondern eines Nutzers, also nach § 3 Nr. 2 TDG einer Person, „die zu beruflichen oder sonstigen Zwecken Teledienste in Anspruch nimmt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugnglich zu machen“, erçffnet werden. Sieht man als Voraussetzung eines „Sich-Bedienens“ an, dass zumindest die Mçglichkeit besteht, Einsatz und Ausgestaltung des Dienstes zu kontrollieren, 229 so ergibt sich eine unproblematische Anwendung auch auf den Anbieter in einer InternetAuktion. Er kann den Text und die Ausgestaltung der Angebotsseite weitgehend bestimmen und ebenso den Zeitpunkt des Angebots. Fr den als Unternehmer handelnden Anbieter ist § 312e BGB daher anwendbar. b) Inhalt der Pflichtenstellung

§ 312e Abs. 1 BGB enthlt vier Pflichtenstellungen des Anbieters. Danach 105 muss dieser dem Kunden: – „angemessene, wirksame und zugngliche technische Mittel“ zur Feststellung und Korrektur von Eingabefehlern und versehentlichen Vorgngen vor Vertragsschluss zur Verfgung stellen (Nr. 1) – rechtzeitig vor Abgabe der Erklrung bestimmte Informationen klar und verstndlich mitteilen (Nr. 2 i.V.m. § 3 BGB-InfoV) – den Eingang einer Bestellung eines Verbrauchers unverzglich auf elektronischem Wege besttigen (Nr. 3) – die Mçglichkeit verschaffen, die Vertragsbestimmungen und AGB bei Vertragsabschluss abzurufen und in wiedergabefhiger Form zu speichern (Nr. 4)

228 Vgl. auch Hoeren, MMR 1999, 192 (193). Dies wre allerdings anders, wenn man

dem weiten Verstndnis von MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 25, folgt, wonach dazu auch ein Online-Katalog gehçre. 229 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 38.

Wiebe | 101

Kap. 4 Rz. 106

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

106 § 3 BGB-InfoV verpflichtet zur Bereitstellung von Informationen ber – die einzelnen technischen Schritte, die zum Vertragsschluss fhren – Speicherung und Zugnglichkeit des Vertragstextes – Korrektur von Eingabefehlern mit den bereitgestellten Mitteln – die fr den Vertragsabschluss zur Verfgung stehenden Sprachen. 230 Auch bei der Erfllung dieser Pflichten gilt das Transparenzgebot. 231 107 Die Jbersendung einer Empfangsbesttigung nach § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern bloße Verpflichtung des Anbieters, die auch durch Online-Erbringung der Dienstleistung erfllt werden kann. 232 Bei Auktionen wird man keine Jbersendung unmittelbar nach Vertragsschluss, also dem Ablauf des Auktionszeitraums, fordern kçnnen, zunchst bedarf es ja der Jbermittlung der Kontaktdaten durch das Auktionshaus. Erst danach besteht die Mçglichkeit zur Besttigung gegenber dem Vertragspartner, wenn nicht die E-Mail-Adresse des Hçchstbietenden bereits im Rahmen der Auktion bekannt wurde. Bei Auktionen kann man aber an die vom Auktionshaus ber den Vertragsschluss bersandten Mitteilungen anknpfen und dieses als Erfllungsgehilfen des Anbieters ansehen. Bei Vertragsabschlssen ber Produktkataloge oder Online-Shops ist dagegen eine Erfllung unmittelbar nach Vertragsschluss mçglich, wobei auch eine Auto-Reply-Funktion eingesetzt werden kann. 233 108 § 312e BGB gilt nicht fr Vertrge, die „ausschließlich“ per E-Mail „oder durch damit vergleichbare individuelle Kommunikation geschlossen werden“. Bei der Auktion werden zwar die Gebote per E-Mail bersandt, aber die Prsentation der Waren erfolgt ber das Webangebot und die damit verbundene Online-Iffentlichkeit. Außerdem sind die konkurrierenden Gebote ber die Website einsehbar, so dass auch fr diese eine Iffentlichkeit gegeben ist. Die Ausnahmeregelungen greifen daher nicht ein. Im Jbrigen sind die Pflichten des § 312e Abs. 1 BGB mit Ausnahme von Nr. 4 im B2B-Bereich abdingbar. 234 230 Zu den Anforderungen im Einzelnen vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312e

Rz. 62 ff. 231 Vgl. im Einzelnen MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 62 ff. 232 Vgl. Art. 11 Abs. 1, Erw.grd. 34 a.E. der E-Commerce-Richtlinie. 233 Vgl. Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1 Rz. 173. In der Jbersendung

einer automatisierten Antwort-E-Mail soll nach LG Gießen, CR 2003, 856, jedenfalls dann keine Annahme sondern nur eine „hçfliche Besttigung“ des Eingangs der Bestellung liegen, wenn andere als die bestellte Ware bersandt wird und es im Versandhandel der Verkehrssitte entspricht, dass die Ausliefung der Ware eine konkludente Annahmeerklrung beinhaltet oder eine ußere Kundgabe des Annahmewillens (§ 151 BGB). 234 Vgl. dazu Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 26.

102 | Wiebe

VI. Verbraucherschutz bei Vertragsschluss

Rz. 112 Kap. 4

Aus der Verletzung der aufgefhrten Pflichten ergeben sich wiederum Scha- 109 densersatzanspr che und wettbewerbsrechtliche Ansprche. 235 Außerdem ist der Lauf der Widerrufsfrist nach § 355 BGB gem. § 312e Abs. 3 Satz 2 BGB von der ordnungsgemßen Erfllung der Pflichten abhngig. 236 c) Auktionshaus als Verpflichteter

Lehnt man die dargestellte, ber die E-Commerce-RL hinausgehende Inter- 110 pretation ab (vgl. Rz. 103 f.) und beschrnkt den Anwendungsbereich von § 312e BGB auf Diensteanbieter i.S.d. Richtlinie, so stellt sich die Frage nach der Reichweite der vom Auktionshaus im Rahmen des Teilnahmevertrages zu erfllenden Pflichten im Hinblick auf das Marktverhltnis. Denkbar wre, dem Auktionsunternehmen als Diensteanbieter entsprechende Informationspflichten nach § 312e Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 3 InfoV auf der Grundlage von Art. 10 E-Commerce-RL auch hinsichtlich solcher Vertragsschlsse zwischen privaten Dritten aufzuerlegen, fr die es lediglich die technischen Voraussetzungen zur Verfgung stellt. Obwohl es hier auch um verfahrensbezogene Pflichten geht, an denen das Auktionshaus „nher dran“ ist, wrde man damit aber die Trennung beider Vertragsverhltnisse unnçtig verwischen. Vielmehr hat das Auktionshaus gegenber allen Teilnehmern erkennbar seine Verantwortlichkeit auf die von ihm selbst erbrachten Dienstleistungen beschrnkt. Dies gilt auch fr andere Formen elektronischer Marktpltze. Man wird daher nur annehmen kçnnen, dass dem Auktionsunternehmen 111 zumindest die Bereitstellung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen fr die Erfllung der Pflichten durch die Anbieter obliegt. Dies wird in dem Bereich, der zur Leistung des Auktionshauses gehçrt, praktisch auf eine Erfllung der Pflichten durch dieses hinauslaufen. So kann das Auktionshaus in der Eingabemaske fr die Teilnehmer Bausteine zur Erluterung des Vertragsabschlussverfahrens bei der Auktion bereitstellen. Auch wird es auf technischer Ebene Mittel zur Korrektur von Eingabefehlern vorsehen. Natrlich gilt die volle Pflichtenstellung fr das Auktionsunternehmen im Hinblick auf im eigenen Namen geschlossene Vertrge, soweit der Anwendungsbereich von § 312e BGB erfllt ist. Aber auch, wenn man der hier vertretenen Meinung folgt und den Anbieter/ 112 Einlieferer selbst als primr Verpflichteten ansieht, wirkt aus dem Teilnahmevertrag die technisch-organisatorische Funktion des Auktionshauses als Plattform in gewissem Umfang pflichtenbegr ndend im Hinblick auf die Schaffung der Voraussetzungen fr die Erfllung der Pflichten durch 235 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 122 ff.; Palandt/Heinrichs, § 312e

Rz. 11. Fr die Begrenzung einer Vertragsauflçsung als Rechtsfolge auf Flle schwerer Pflichtverletzungen Mehrings, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.1 Rz. 177. 236 Fr diese Rechtsfolge wird allerdings hinsichtlich der Bedeutung der jeweiligen Pflicht differenziert, vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312e Rz. 113 ff.; Palandt/ Heinrichs § 312e Rz. 11.

Wiebe | 103

Kap. 4 Rz. 113

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

die Teilnehmer im Marktverhltnis. 237 Dies stimmt berein mit der oben bereits angenommenen Drittrichtung des Vertrags zwischen Teilnehmer und Auktionshaus. Die praktische Entwicklung besttigt diese funktionelle Rollenverteilung. Zum Beispiel haben die Auktionshuser in ihren AGB die Pflicht zur Benachrichtigung der Vertragspartner ber Vertragsschluss bzw. Anschrift und E-Mail-Adresse bernommen, die man auch zumindest als Voraussetzung zur Erfllung der Pflicht zur Jbersendung einer Empfangsbesttigung durch den Teilnehmer ansehen kann. 238

4. Weitere verbraucherschutzrechtliche Regelungen a) Verbraucherdarlehnsvertrag, §§ 491 ff. BGB

113 Soweit aufgrund der Vereinbarungen der Vertragsparteien ber die Abwicklung nach § 491 BGB auch das Verbraucherdarlehnsrecht anwendbar ist, ist derzeit die Erfllung der Schriftform online nicht mçglich. 239 Nach § 492 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die elektronische Form des § 126a BGB ausdrcklich ausgeschlossen. Das gilt erst recht fr die Textform. Allerdings kann sich der Anbieter fr Teilzahlungsgeschfte im Fernabsatz Erleichterungen zunutze machen (Versandhausprivileg). 240 Gem. § 502 Abs. 2 BGB gilt das Schriftformerfordernis dann nicht, wenn der Anbieter die Angaben nach § 502 Abs. 1 BGB dem Verbraucher so rechtzeitig in Textform mitteilt, dass dieser sie vor Vertragsschluss eingehend zur Kenntnis nehmen kann. Fr die Einhaltung der Textform gelten die bereits zum Fernabsatzrecht dargestellten Anforderungen (vgl. Rz. 91). Fr Erleichterungen in diesem Bereich, etwa eine Erfllung durch bloßes Anzeigen auf dem Bildschirm, gibt es keinen Anlass. 241 Das Widerrufs- bzw. Rckgaberecht nach §§ 495 Abs. 1, 503 BGB steht neben dem aus § 312d BGB. b) Finanzdienstleistungsrichtlinie

114 Die Finanzdienstleistungsrichtlinie gilt fr alle Vertrge ber Finanzdienstleistungen, die unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln mit Verbrauchern geschlossen werden. 242 Sie beinhaltet im Wesentlichen die gleichen Pflichten wie das allgemeine Fernabsatzrecht 243 und wurde in § 312b 237 Vgl. auch Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet,

Teil 3 Kap. C Rz. 251. Vgl. § 8 Nr. 3 AGB-eBay (1.1.2005). Vgl. auch Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, Rz. 167 ff. Vgl. Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 66 ff. A.A. OLG Mnchen, NJW 2001, 2263, 2265; kritisch dazu Mankowski, CR 2001, 405, 405; Tonner, BB 2000, 1413, 1416; Lorenz, NJW 2001, 2230. Zur Heilung von Formmngeln s. § 502 Abs. 3 BGB. 242 Richtlinie 2002/65/EG, ABl. EG L 271/16 vom 9.10.2002. 243 Vgl. den Jberblick bei Felke/Jordans, WM 2004, 166 ff.; Reich, in: Reich/Micklitz, Europisches Verbraucherrecht, 4. Aufl., 2003, § 24 Rz. 24.14–24.27. 238 239 240 241

104 | Wiebe

VII. Geltungskontrolle von ABG

Rz. 117 Kap. 4

BGB sowie § 1 Abs. 2, 4 BGB-InfoV eingefgt. 244 Zu den Informationspflichten gehçren nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3e der Richtlinie auch Angaben ber das anzuwendende Recht. Das Widerrufsrecht ist fr einige Finanzdienstleistungen nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie ausgeschlossen, etwa Finanz- oder Zinstermingeschfte. Auch kann der Anbieter nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie bei Widerruf fr die von ihm tatschlich erbrachte Dienstleistung Ersatz verlangen, wenn er den Verbraucher darauf zuvor hingewiesen hatte.

VII. Geltungskontrolle von ABG Der Marktplatzbetreiber regelt meist die Rahmenbedingungen des Marktver- 115 kehrs auf der Plattform in seinen AGB. Oft werden dabei auch Fragen einbezogen, die allein das Marktverhltnis der Transaktionspartner betreffen. Dazu gehçren vor allem Art und Zeitpunkt des Vertragsschlusses, Gewhrleistung und Abwicklung der Transaktion. Die dargestellten Regeln werden als Allgemeine Geschftsbedingungen der Zulassung der Teilnehmer zur Auktion zugrunde gelegt. Damit stellt sich die Frage nach Einbeziehung und Wirksamkeit im Rahmen der AGB-rechtlichen Kontrolle. In diesem Kapitel sollen die abschlussbezogenen Regelungen in AGB nher untersucht werden. 245

1. Vorliegen von AGB Fraglich ist zunchst, ob die den Vertragsabschluss zwischen privaten Teil- 116 nehmern regelnden Klauseln berhaupt der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen. Dies ist zunchst insoweit fraglich, als keine von beiden Vertragsparteien im Marktverhltnis als Verwender der AGB betrachtet werden kann, sondern diese von einem Dritten, dem Unternehmen, das die Plattform fr die Auktion anbietet, zur Voraussetzung der Teilnahme an dem System gemacht worden sind. Ein „Stellen“ i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB ist dann gegeben, wenn eine Vertrags- 117 partei ein konkretes Einbeziehungsangebot macht. Die Einbeziehung der AGB des Auktionshauses im Teilnahmevertrag allein ist aber noch keine ausreichende Grundlage fr die Annahme eines solchen Einbeziehungsangebots im Teilnahmevertrag, wenn die Parteien nur konkludent davon ausgehen, dass die das Marktverhltnis betreffenden Regelungen der Auktionshaus-AGB auch fr ihren Vertrag Relevanz haben. 246 244 Gesetz zur Rnderung der Vorschriften ber Fernabsatzvertrge bei Finanzdienst-

leistungen vom 2.12.2004, BGBl. I S. 3102. 245 Vgl. zu weiteren typischen Klauseln Spindler, unten § 5.

Ein gute Jbersicht findet sich auch bei Spindler, ZIP 2001, 809 ff. 246 Der BGH, CR 2002, 213, 215, verweist zwar auf Entscheidungen zu herkçmm-

lichen Auktionen aus dem Jahre 1984, wonach auch die fr das Marktverhltnis geltenden Bestimmungen einer Inhaltskontrolle unterliegen kçnnen, vgl. BGH,

Wiebe | 105

Kap. 4 Rz. 118

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

118 Fr Verbrauchervertrge gilt nach § 310 Abs. 3 BGB eine Fiktion fr die Einziehung von Drittbedingungen. 247 Allerdings macht § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine Rckausnahme, wenn der Verbraucher die Bedingungen in den Vertrag eingefhrt hat. Ein ausdrckliches Einfhren wird man insoweit aber nur dann annehmen kçnnen, wenn der Kufer ausdrcklich die Einbeziehung verlangt. Dies wird aber praktisch nicht vorkommen, wenn beide Parteien von der Geltung der Auktionshaus-AGB ausgehen. Eine weitere Ausnahme betrifft eine enge Verflechtung zwischen Auktionshaus und einem Teilnehmer. 248 119 Fr B2B-Marktvertrge bleibt daher das Problem der Einbeziehung. Hier wirken sich die Besonderheiten elektronischer Marktpltze mit dem typischen Dreiecksverhltnis aus. Die AGB stellen sozusagen eine virtuelle Marktordnung bereit, vergleichbar mit den Regeln bei der Veranstaltung eines Wochenmarktes. Die Frage des „Stellens“ von AGB ist eng verknpft mit den entstehenden Vertragsverhltnissen, so dass die Frage der Einbeziehung in das Marktverhltnis nher zu untersuchen ist.

2. Einbeziehung von AGB a) Problem

120 Fr die Einbeziehung von AGB im Online-Bereich sind zunchst bestimmte allgemeine Anforderungen zu erfllen. 249 Dazu gehçren der Hinweis auf die AGB und die zumutbare Kenntnisnahmemçglichkeit. Insoweit wird ein deutlich sichtbarer Hyperlink sowie das Anbieten der AGB als Bildschirmdarstellung als ausreichend angesehen. 121 Zustzliche Probleme der Einbeziehung der AGB des Auktionshauses in den Marktvertrag stellen sich hinsichtlich solcher Klauseln, die bereits vor NJW 1985, 850, BGH ZIP 1985, 550, lsst deren Jbertragbarkeit auf Online-Auktionen aber offen, da es in jenem Fall um die Kontrolle von Klauseln ber den Vertragsinhalt, nicht den Vertragsabschluss gegangen sei. Vgl. auch OLG Hamm, NJW 2001, 1142, 1143; Palandt/Heinrichs, § 305 Rz. 11; Spindler, ZIP 2001, 809, 813 f.; MnchKomm/Basedow, § 305 Rz. 28, pldiert insoweit fr eine „Abschwchung“ des Erfordernisses des „Stellens“. 247 Vgl. R+fner, MMR 2000, 597, 601; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.V. Rz. 49. 248 Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 814; R+fner, MMR 2000, 597, 600, der Covisint als Beispiel nennt. 249 Vgl. Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 181 ff.; Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, S. 282 ff.; Hahn/Hofbauer, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 178 ff.; Stempfle, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.III. Rz. 294 ff.; Taeger/Goldmann/Linkhorst/Seiler, Internetrecht, S. 25 ff. Zur Einbeziehung im B2B-Bereich vgl. Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 56. Zur Wirksamkeit einer Klausel mit dem Recht zur einseitigen Rnderung der AGB durch das Auktionshaus vgl. Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, Rz. 171 ff.

106 | Wiebe

VII. Geltungskontrolle von ABG

Rz. 124 Kap. 4

Vertragsschluss Wirkung entfalten sollen. Dazu gehçrt auch die Regelung des Vertragsschlusses selbst. 250 Denkbar erscheint es, eine Einbeziehung von Vertragsabschlussklauseln je- 122 denfalls insoweit anzunehmen, als sie die Angebotserklrung betreffen. 251 Damit kommt man aber zu einem Zirkelschluss, dem man nur dann entgehen kann, wenn man nach allgemeinen Grundstzen die Prsentation als invitatio und die Gebote als Angebote im Rechtssinne ansieht. Dann aber ist die abweichende Definition der invitatio als Annahmeerklrung durch den annehmenden Anbieter als Modifizierung nicht wirksam zu vereinbaren. 252 Beide Lçsungen haben außerdem zur Folge, dass das Vorliegen der Voraussetzung der einseitigen Einfhrung in den Vertrag (§ 305 BGB) zweifelhaft ist. 253 Es ist daher zunchst davon auszugehen, dass die den Vertragsabschluss zwi- 123 schen Teilnehmern betreffenden Klauseln nicht zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, sondern bereits vorher jeweils zwischen Auktionshaus und Teilnehmern im Teilnahmevertrag. Die AGB enthalten Klauseln, die sowohl das Teilnahmeverhltnis als auch das Marktverhltnis betreffen. 254 Fraglich ist insoweit, wie die Vertragsabschlussklauseln, aber auch andere das Marktverhltnis betreffende Klauseln, zum Bestandteil des Vertrags zwischen den Auktionsteilnehmern werden. Diese Frage ist in der Literatur sehr umstritten, wobei der BGH im Fall „Ricardo“ eine Entscheidung offen lassen konnte. 255 Die verschiedenen Lçsungen weisen jeweils Vorund Nachteile auf. b) Auslegungslçsung

Eine Meinung verweist auf eine entsprechende Auslegung der Angebots- 124 seite und ihrer Freischaltung auf dem Hintergrund der AGB des Auktions250 Vgl. BGH, NJW 1985, 1394; offen gelassen in BGH, NJW 1988, 1908 (1909). Fr Ein-

251

252 253

254 255

beziehung in die AGB-Kontrolle MnchKomm/Basedow, 4. Aufl., 2003, § 308 Nr. 1 Rz. 3 (sogar fr Einbeziehung in den Vertrag); BGHZ 104, 95, 98 f.; BGH, NJW 1983, 2026; KG, NJW 1985, 151; LG Mnchen I, NJW-RR 1992, 244; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, ABGB, § 1 Rz. 13; A.A. KG, NJW 1981, 2822. Vgl. Staudinger/Schlosser, AGBG, 13. Bearbeitung, 1998, § 2 Rz. 41, der dies allerdings auf die dispositiv vorgesehenen Spielrume beschrnkt, etwa den Ausschluss der Bindungswirkung. Vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG § 2 Rz. 63 m.w.N.; Staudinger/ Schlosser, AGBG § 2 Rz. 39; AG Freudenstadt, NJW-RR 1994, 238 (239). Vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG § 1 Rz. 29; allerdings wird in solchen Fllen neben der ergnzenden Anwendung von § 242 BGB auch die Anwendung einzelner Vorschriften des AGBG erwogen, etwa §§ 9–11, vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG § 1 Rz. 30 m.w.N. Fehlende Trennbarkeit wird auch fr die klassische Versteigerung angenommen, vgl. Wicher, Der Versteigerer, S. 120. Vgl. BGH, CR 2002, 213, 215; s. die Nachweise unter Zi. II. 4.a der Entscheidungsgrnde.

Wiebe | 107

Kap. 4 Rz. 125

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

hauses. Jeder Nutzer hat die Auktionsbedingungen akzeptiert und weiß dies auch von den anderen Teilnehmern. Nach allgemeinen Auslegungsgrundstzen und dem Abstellen auf den Empfngerhorizont fhrt dies zu einer Bercksichtigung der AGB-Klauseln im Rahmen der Erkennbarkeit fr den Anbieter und den Bieter als Vertragspartner. 256 Mangels Verwendereigenschaft kommt es zu keiner Einbeziehung der AGB und damit auch keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. 257 125 Der BGH konnte in der „Ricardo“-Entscheidung 258 eine Erçrterung der hinsichtlich der Frage der Einbeziehung der AGB im Dreiecksverhltnis aufgeworfenen rechtsdogmatischen Fragen umgehen. Im konkreten Fall war nmlich eine entsprechende Erklrung des Anbieters ausdrcklich in der Eingabemaske vorformuliert. Diese Erklrung erschien zwar nicht in der Angebotsseite, wurde aber gegenber dem Auktionshaus abgegeben, das als Empfangsvertreter fr den Bieter fungierte. Konnte sich der BGH also auf eine als ausdr ckliche Erklrung gewertete Klausel in der Eingabemaske sttzen, so brauchte er nicht mehr zu der Frage der Einbeziehung der AGB des Auktionshauses Stellung zu nehmen. Problematisch erscheint allerdings die vom BGH durchgefhrte Bewertung des Anklickens eines dafr vorgesehenen Kstchens („mit einem Hkchen versehen“) als individueller Erklrung. Dies kçnnte als Vorbild zur Umgehung der AGB-Kontrolle auch fr andersartige Regelungen dienen. 126 In Fllen, in denen die Eingabemaske keine ausdrcklichen Erklrungen enthlt oder der Zugang ber die Konstruktion ber einen Empfangsvertreter scheitert, wird die Frage der AGB-Einbeziehung wieder entscheidungsrelevant. Es ist also fr die Vertragsbeziehung zwischen Anbieter und Bieter von grundlegender Bedeutung, ob und wie die AGB-Klauseln Vertragsbestandteil werden. Der BGH scheint einer Auslegungslçsung zuzuneigen, wenn er auf die durch die Anerkennung der AGB „begrndeten wechselseitigen Erwartungen der Auktionsteilnehmer und deren gemeinsames Verstndnis ber die Funktionsweise der Online-Auktion“ abstellt, um zumindest „Verstndnislcken“ aufzufllen. Die Bezugnahme auf die entstandenen Erwartungen deutet auf das durch die Teilnehmervertrge entstandene Vertrauen auf die Einhaltung der das Marktverhltnis betreffenden Klauseln. Offen bleibt, was in dem Fall gelten soll, dass ein „gemeinsames Ver256 So die Vorinstanz OLG Hamm, CR 2001, 117; R+fner, MMR 2000, 597, 598 ff.; Ul-

rici, JuS 2000, 947 ff.; Lettl, JuS 2002, 219, 221; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.V. Rz. 52; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. 3 Rz. 204. Vgl. auch AG Moers, NJW 2004, 1330. 257 Vgl. CR 2002, 213, 215. Fr analoge Anwendung Burgard, WM 2001, 2102, 2107. Fr Verwendereigenschaft des Verkufers Lettl, JuS 2002, 219, 221. Dagegen zutreffend Spindler, ZIP 2001, 809, 813 f.; R+fner, MMR 2000, 597, 600. 258 BGH CR 2002, 213. Zu den Entscheidungen der Vorinstanzen vgl. LG Mnster, CR 2000, 313 = MMR 2000, 280 m. Anm. Wiebe; OLG Hamm, CR 2001, 117 m. Anm. Ernst = MMR 2001, 105 m. Anm. Wiebe.

108 | Wiebe

VII. Geltungskontrolle von ABG

Rz. 128 Kap. 4

stndnis“ nicht vorliegt oder nicht mehr beweisbar ist, und fraglich ist auch, inwieweit nicht hier bereits zu stark juristische Bewertungen des erkennenden Gerichts einfließen. 259 Eine solche „Reflexwirkung“ der AGB-Einbeziehung im Teilnahmevertrag 127 weist eine Reihe von Nachteilen auf. Eine mçgliche Unwirksamkeit von Klauseln nach §§ 307 ff. BGB im Verhltnis von Auktionshaus und Teilnehmern schlgt nicht unbedingt auf die Auslegung durch. 260 Das wrde im Extremfall bedeuten, dass der Anbieter sich auch an grob benachteiligenden Klauseln festhalten lassen msste, solange diese in den AGB enthalten sind. 261 Umgekehrt wrde fr den Anbieter die Mçglichkeit erçffnet, ber eigene abweichende AGB oder Erklrungen die Wirkung der AGB auszuschalten, indem er etwa ausdrcklich festlegt, dass in Auktionen eingestellte Prsentationen nicht als verbindliches Angebot zu betrachten sind. Darber hinaus kann weiteres Material fr die Auslegung herangezogen werden, das eher gegen eine Einbeziehung der AGB oder einzelner Klauseln spricht. 262 c) Rahmenvertrag

Sachgerechter wre daher eine Konstruktion, die eine Einbeziehung der 128 AGB und deren rechtliche Kontrolle ermçglicht. Vertreten wird insoweit eine Einbeziehung ber die Konstruktion eines vorab geschlossenen Rahmenvertrags nach § 305 Abs. 3 BGB im Marktverhltnis. 263 Diese Lçsung knpft an frhere Rechtsprechung zur Teilnahme am Lottospiel an. 264 Mit dem Abschluss der Teilnehmervertrge ist danach ein Angebot an alle anderen Teilnehmer verbunden, einen Rahmenvertrag ber den zuknftigen Abschluss der Marktvertrge zu schließen, das durch die anderen Teilnehmer, 259 Vgl. etwa Spindler, ZIP 2001, 809, 811. 260 Vgl. R+fner, MMR 2000, 697, 698. A.A. Burgard, WM 2001, 2102, 2109, letztlich

unter Berufung auf Treu und Glauben. 261 Vgl. auch R+fner, MMR 2000, 597, 598 ff. Mçgliche Schadensersatzansprche ge-

gen das Auktionshaus wegen Verwendung benachteiligender AGB sind hier unzureichend, vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 814. Burgard, WM 2001, 2102, 2107, weist darauf hin, dass die Auslegungslçsung der Komplexitt einer Marktordnung nicht gerecht wird. 262 Vgl. auch v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.V. Rz. 52. 263 Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 812; Burgard, WM 2001, 2102, 2105 f.; Sester, CR 2001, 98, 107. Allgemein zur Frage besonders strenger Einbeziehungsvoraussetzungen fr Rahmenvertrge auf B2B-Plattformen Hahn/Hofbauer, in: Gramlich/ Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 183 f. 264 Vgl. OLG Celle, NJW-RR 1986, 833; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, ABGB, § 23 Rz. 42a. Demgegenber nimmt BGH, NJW 1965, 1583, ein Vertragsverhltnis zwischen Annahmestelle und Scheineinreicher an, was aber nicht erklrt, warum dadurch auch der Veranstalter gebunden wird. Vgl. ferner Kappus, in: Graf von Westphalen, Rz. 24, allerdings betreffend den Versteigerungsablauf fr einen entsprechenden Rahmenvertrag „im vorvertraglichen Wirkungskreis“ zwischen Bieter und Auktionator bei der klassischen Auktion.

Wiebe | 109

Kap. 4 Rz. 129

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

ebenfalls bei der Registrierung, angenommen wird. Das Auktionshaus fungiert als Empfangsvertreter aller Beteiligten. Der zustande gekommene Vorvertrag ist unabhngig vom Teilnahmevertrag. 129 Eine Frage der Auslegung der einbezogenen Klauseln stellt dann dar, ob sich aus dem Rahmenvertrag zunchst nur Verpflichtungen ergeben oder weitergehende, das Marktverhltnis regelnde Wirkungen entstehen. Fr die die Angebotserklrung betreffende Bindungsklausel wrde Ersteres bedeuten, dass man wieder auf eine Auslegungslçsung zurckgeworfen wre. Eine im Widerspruch zum Vorvertrag erfolgende Erklrung kçnnte dann allenfalls Schadensersatzansprche auslçsen. Denkbar ist aber auch, dass die ber die Rahmenvereinbarung einbezogenen Klauseln unmittelbare Wirkung fr die Marktvertrge erlangen. 130 Die entsprechende Vertragsabschluss-Klausel in § 5 Abs. 4 der AGB-ricardo.de lautete: „Bei ‚private Auktionen‘ erklrt der anbietende Teilnehmer bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite gem. § 3 Abs. 5 durch das Auktionshaus die Annahme des hçchsten ... wirksam abgegebenen Kaufgebots“. § 3 Abs. 5 der AGB-ricardo.de lautete „Der anbietende Teilnehmer wird im Rahmen der Freischaltung der Angebotsseite aufgefordert, die in Abs. 4 und § 5 Abs. 4 genannten Zusicherungen und Erklrungen gegenber ricardo.de abzugeben“, wobei das Auktionshaus als Erklrungsempfnger fungierte. Erst nach Abgabe der erforderlichen Erklrungen sollte die Freischaltung erfolgen. 131 Diese Klausel wurde vom OLG Hamm als bloße Verpflichtung interpretiert, mit der Freischaltung der Angebotsseite eine entsprechende bindende Erklrung abzugeben. 265 Aus dem Zusammenspiel der entsprechenden Regelung des § 5 Abs. 4 AGB-ricardo.de mit § 3 Abs. 5 AGB-ricardo.de in der bis 31.3.2000 gltigen Fassung ist eine solche Interpretation durchaus berzeugend. Enthalten die AGB dagegen eine Bestimmung, dass die Einstellung eines Artikel bzw. die Freischaltung der Angebotsseite als verbindliches Angebot gilt oder mit der Einstellung ein Angebot abgegeben wird, so lsst sich dies als eine rechtliche Definition einer tatschlichen Handlung ansehen, die unmittelbare rechtliche Wirkung erzeugt. 266 Entsprechendes kann man annehmen fr Regelungen, die unmittelbar die Gewhrleistung des Anbieters im Marktverhltnis betreffen, wobei sich jedoch solche Klauseln heute kaum noch finden lassen. 132 Der Nachteil auch dieser Lçsung ber einen Rahmenvertrag besteht darin, dass keiner der Beteiligten als Verwender anzusehen ist, so dass die AGB265 OLG Hamm, CR 2001, 117, 119. 266 Vgl. etwa § 9 AGB-eBay (1.1.2005); Zi. II 1 b AGB-atrada.de (1.1.2005). Der BGH,

CR 2002, 213, 215, hat eine solche Wirkung im „Ricardo“-Fall abgelehnt, da eine entsprechend bindende Erklrung ausdrcklich abgegeben wurde und die AGB-Klausel keine abweichende Mechanik festschrieb.

110 | Wiebe

VII. Geltungskontrolle von ABG

Rz. 134 Kap. 4

Kontrolle nicht direkt anwendbar ist. 267 Fr die AGB-Kontrolle wird dann eine Analogie zu §§ 307 ff. BGB angenommen, da trotz Fehlens eines Verwenders von einer vergleichbaren Interessenlage auszugehen sei. 268 In eine hnliche Richtung geht der Ansatz, der von einem Netz von Rahmenvertrgen zwischen Auktionshaus und Teilnehmern ausgeht, wobei die Teilnahme eher dem Beitritt zu einem Verband hnele. 269 In Anlehnung an die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung sollen diese dann einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterworfen werden. Allerdings steht einer solchen Parallele entgegen, dass der Verflechtungsgrad bei Plattformvertrgen nicht den Grad an Intensitt erreicht, der bei Gesellschaftsvertrgen gegeben ist. 270 Weitergehende Vorstellungen von einem „Netzvertrag“ kommen zwar der 133 Problematik des Dreiecksverhltnisses nher, haben aber weder von den Voraussetzungen noch den Rechtsfolgen einen fr den Fall der Internet-Auktionen verwertbaren Grad an dogmatischer Durchdringung und Praktikabilitt erreicht. 271 d) Vertrag zugunsten Dritter

Schließlich kann man daran denken, die Teilnahmevertrge mit Drittwir- 134 kung zu versehen. 272 Auszugehen ist dann von einem Vertrag zugunsten Dritter zwischen dem Auktionshaus und dem jeweiligen Teilnehmer, mit Wirkung fr den zuknftigen Vertragspartner. Dies ist zwar insoweit problematisch, als auch fr zuknftige Vertragspartner belastende Regelungen enthalten sind und Regelungen zu Lasten eines Dritten unzulssig sind. 273 Jeder Teilnehmer akzeptiert aber sowohl begnstigende als auch belastende Regelungen mit Bezug auf seine jeweilige zuknftige Rolle als Verkufer oder Kufer, die zum Zeitpunkt der Registrierung noch offen ist. Man kann daher eine Zustimmung beider Beteiligter auch zur Geltung entsprechend belastender Regelungen annehmen, indem sie jeweils den gesamten AGB zustimmen. Mit dieser allseitigen Zustimmung wre der Kern des Verbots eines Vertrags zu Lasten Dritter nicht mehr betroffen. Ein berechtigtes Interesse aller Beteiligten daran wird man angesichts der Notwendigkeit einer Marktordnung und des teilweisen Fehlens eines Auktionators als vermittelnder Instanz anerkennen mssen. Zwar soll auch eine Zustimmung des

Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 813. Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 816. Vgl. Sester, CR 2001, 98, 107 f. Vgl. Spindler, ZIP 2001, 809, 816. Vgl. Rohe, Netzvertrge, 1998, S. 65 ff.; Teubner, HR 154 (1990), S. 295 ff. Vgl. bereits Wiebe, MMR 2000, 323, 325; sowie auch Glatt, S. 57 f.; Ernst, CR 2001, 121, 122; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 779 ff.; wohl auch LG Berlin, CR 2001, 412, 413. 273 Vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, ABGB § 2, Rz. 69. 267 268 269 270 271 272

Wiebe | 111

Kap. 4 Rz. 135

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

belastenden Dritten nichts an der Unwirksamkeit ndern, 274 jedoch hat die Rechtsprechung auch frher bereits fr enge begrenzte Bereiche eine Ausnahme gemacht. 275 Aus den genannten Gesichtspunkten ist auch fr Internet-Auktionen eine Ausnahme vom grundstzlichen Verbot zu machen, zumal die Parteien jeweils zwischen den Rollen des Begnstigten und Belasteten wechseln. 276 135 Durch diese Konstruktion erreicht man die fr das Verfahren der InternetAuktion grundlegende Bindungswirkung der Angebotserklrung, von der nur durch Vereinbarung abgewichen werden kann. Der Sache nach weist diese Lçsung eine große Nhe zum Abschluss eines entsprechenden Rahmenvertrags auf, erbrigt aber im Hinblick auf die AGB-Kontrolle ebenso wie die Bindungswirkung der Abschlussklauseln schwierige dogmatische Konstruktionen. Die Auslegung wird in der Regel ergeben, dass die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte in vollem Umfang dem Dritten zustehen, auch evtl. Gestaltungsrechte, whrend fr das Auktionshaus als Versprechensempfnger aufgrund der Ausgestaltung des Auktionsmechanismus wohl eigene Forderungsrechte ausgeschlossen sein sollen. 277 136 Verwender der AGB bleibt das Auktionshaus, womit die Bedingungen der vollen AGB-Kontrolle unterliegen. Bei der Inhaltskontrolle sind die Interessen der zuknftigen Vertragspartner als Dritte bei der Interessenabwgung einzubeziehen. 278 Diese Kontrolle im Verhltnis Auktionshaus-Teilnehmer rechtfertigt sich auch daraus, dass viele der das Marktverhltnis betreffenden Klauseln durchaus im Interesse des Auktionshauses gefasst werden. 279 Die Inhaltskontrolle kann hinsichtlich der Verwendung gegenber 274 Zur Zulssigkeit von Verpflichtungsermchtigungen vgl. MnchKomm/Gott-

wald, § 328 Rz. 176; Palandt/Heinrichs, Einf vor § 328 Rz. 10. 275 Bei Transportvertrgen hat der BGH eine stillschweigende Ermchtigung fr zu-

276

277 278

279

lssig erklrt, vgl. BGH, DB 1981, 687; BGH, NJW 1974, 2177; Staudinger/Schlosser, AGBG § 2 Rz. 43. A.A. OLG Hamm, NJW 2001, 1142, 1143; Burgard, WM 2001, 2102, 2110 f., Spindler, ZIP 2001, 809, 815; Sester, CR 2001, 98, 104; R+fner, MMR 2000, 597, 598 ff.; Lettl, JuS 2002, 219, 221; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. B Rz. 195; Wenzel, DB 2001, 2233, 2235, wonach die besondere Situation bei Transportvertrgen, bei denen der BGH eine stillschweigende Ermchtigung anerkannt habe, nicht auf Auktionen bertragbar sei. Vgl. dazu Palandt/Heinrichs, § 328 Rz. 5 ff. Vgl. Staudinger/Schlosser, AGBG § 9 Rz. 102 f. Der BGH, CR 2002, 213, 215, hat die Jbertragbarkeit seiner frheren Rechtsprechung zur Kontrolle von entsprechenden Klauseln bei herkçmmlichen Auktionen auf Internet-Auktionen ausdrcklich offen gelassen; er verweist insoweit auf BGH, NJW 1985, 850; BGH, ZIP 1985, 550. Vgl. auch Burgard, WM 2001, 2102, 2107; Sester, CR 2001, 98, 102. Eine direkte Haftung fr Gewhrleistungsrisiken aus dem Marktverhltnis ergibt sich daraus nicht, wohl aber kann eine Haftung fr unwirksame oder benachteiligende Klauseln aus der Verletzung des Teilnahmevertrags folgen, vgl. Spindler, unten Kap. 5 Rz. 85, 88; R+fner, MMR 2000, 597, 601 f.

112 | Wiebe

VII. Geltungskontrolle von ABG

Rz. 139 Kap. 4

Unternehmern und Verbrauchern zu unterschiedlichen Ergebnissen fhren. 280 Die Wirksamkeit der Vertragsbedingungen wre dann Vorfrage in einem Prozess zwischen Anbieter und Bieter. 281

3. Verhltnis zu Teilnehmer-AGB Jber die reinen Abschlussklauseln hinaus ergeben sich besondere Pro- 137 bleme hinsichtlich solcher Regelungen, die die Vertragsabwicklung betreffen, etwa Erfllungs- und Gewhrleistungsregelungen. Diese ber den Teilnahmevertrag einbezogenen AGB-Regelungen des Auktionshauses kçnnen nach der hier vertretenen Auffassung anders als nach der Auslegungslçsung unmittelbare Wirkung auch fr den Marktvertrag erlangen und nicht nur Reflexwirkung erzeugen. Gleiches gilt fr die Einbeziehung ber eine vorgezogene Rahmenvereinbarung. Die Frage, ob unmittelbar fr den Marktvertrag geltende Regelungen oder nur Verpflichtungen zur entsprechenden Gestaltung des Marktvertrages getroffen werden, ist eine Frage der Auslegung. Stellt der Verkufer spter eigene AGB, so ist fr deren Einbeziehung hinsichtlich des Zeitraums und Inhalts zu differenzieren. Weist der Verkufer auf seiner Prsentationsseite auf die eigenen AGB hin, so 138 ist dies grundstzlich fr eine Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB ausreichend. 282 Der Versuch, erst nach der Vereinbarung entsprechender Klauseln im Teilnahmevertrag zugunsten Dritter entsprechende Bedingungen einzubeziehen, muss sich aber an den entsprechenden von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen messen lassen. 283 Zur Besttigung eines Online-Vertrags kçnnen auch kaufmnnische Besttigungsschreiben und die dazu entwickelten Grundstze herangezogen werden. 284 In Anbetracht der zugrunde liegenden Beweisfunktion ist der Online-Abschluss wegen der relativen Flchtigkeit des Mediums den bisherigen Anwendungsfllen des telefonischen, telegraphischen oder fernschriftlichen Abschlusses vergleichbar. Problematisch ist die nachtrgliche Einbeziehung in inhaltlicher Hinsicht 139 vor allem, wenn von den AGB des Auktionshauses abweichende oder widersprechende Klauseln enthalten sind. So wurde im Rahmen einer Auktion 280 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 307 Rz. 8. 281 Entgegen den Zweifeln von Spindler, ZIP 2001 809, 815 Fn. 7, ist die Unklarhei-

tenregel auch insoweit anwendbar, nmlich zu Lasten des Auktionshauses als Versprechensempfnger und damit mittelbar zu Lasten des Verpflichteten. Dies wird zwar in der Regel der Kufer sein, dies ist aber aufgrund der Vorformulierung durch das Auktionshaus hinzunehmen und auch interessengerecht. 282 Vgl. Waldenberger, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.4 Rz. 35 ff.; Kçhler/Arndt, Rz. 132 ff. 283 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 2 AGBG Rz. 6, 16, 25; MnchKomm/Basedow, § 305 Rz. 40 ff, 75 ff. Spindler, ZIP 2001, 809, 813, nimmt insoweit im Hinblick auf den von ihm angenommenen Vorvertrag eine Vertragsverletzung an. 284 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 148 Rz. 8 ff.

Wiebe | 113

Kap. 4 Rz. 140

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

der Gegenstand mit dem Zusatz „dies ist vorerst eine Umfrage“ eingestellt und damit versucht, die Bindungswirkung des Angebots zu umgehen. 285 Aber auch bei die Gewhrleistung betreffenden Klauseln liegt eine Abnderung nahe. Dann wird man in der widerspruchslosen Erfllung aber auch im kaufmnnischen Verkehr keine stillschweigende Zustimmung annehmen kçnnen, sondern entsprechend der Grundstze zur nachtrglichen Abnderung ein ausdrckliches Einverstndnis fordern mssen. 286 Entsprechend der Grundstze ber sich widersprechende AGB 287 werden nur ergnzende und nicht dem Teilnahmevertrag widersprechende AGB-Klauseln der Teilnehmer Vertragsbestandteil. Darber hinaus wird in der Regel § 305c BGB anwendbar sein, wenn von den den Teilnehmern bekannten Bedingungen der AGB des Auktionshauses abgewichen werden soll, obwohl die Erwartungen der Teilnehmer dadurch geprgt sind, dass sich alle Teilnehmer mit diesen Bedingungen einverstanden erklrt haben.

4. Besonderheiten im Business-to-Business-Bereich 140 Bei allen Formen elektronischer Marktpltze wird das Problem der sich widerstreitenden AGB aktuell, wenn es sich um einen B2B-Vertrag handelt und der Verkufer im eigenen Namen oder im fremden Namen seine AGB durchzusetzen versucht. Hier gelten die allgemeinen Grundstze, nach denen die AGB beider Vertragsteile nur soweit Vertragsbestandteil werden, soweit sie bereinstimmen, im Jbrigen aber Dissens nach §§ 154, 155 BGB anzunehmen ist. 288 Beginnen die Parteien mit der Durchfhrung des Vertrags, so gilt das dispositive Recht, bzw. bei Fehlen geeigneter Regelungen ist eine ergnzende Vertragsauslegung durchzufhren. 289 Ein einfacher Eigentumsvorbehalt setzt sich allerdings auf der sachenrechtlichen Ebene auch durch, wenn er nicht Bestandteil des Kaufvertrags geworden ist. 290

285 LG Darmstadt, CR 2003, 295. 286 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 Rz. 47; MnchKomm/Basedow, § 305 Rz. 75 ff.

287 288 289 290

Wie bei dem Problem einander widersprechender AGB kann auch im kaufmnnischen Verkehr nicht von einem Einverstndnis ausgegangen werden. Selbst eine Einbeziehung ber ein kaufmnnisches Besttigungschreiben kommt hier nicht in Betracht, da der Besttigende vernnftigerweise nicht mit einem Einverstndnis rechnen kann. Zur Annahme einer konkludenten Zustimmung durch Inanspruchnahme der Leistungen ber mehrere Monate vgl. OLG Frankfurt, CR 1998, 96, 98. Fr die Mçglichkeit eines ausdrcklichen Ausschlusses des Rechtsbindungswillens durch den Anbieter trotz abweichender Nutzungsbedingungen des Auktionshauses LG Darmstadt, CR 2003, 295. Vgl. BGH, NJW 1985, 1838, 1839; BGH, NJW 1991, 1606, mit Bezug auf §§ 154, 155 BGB i.V.m. § 6 AGBG. Vgl. BGH, NJW 1985, 1839; BGH, NJW 1991, 1606. Vgl. auch Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 57. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 154, Rz. 2. Vgl. BGHZ 104, 129, 137.

114 | Wiebe

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln

Rz. 143 Kap. 4

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln bei Auktionen 1. Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 BGB Fraglich ist, ob die Vertragsabschlussklauseln nach § 307 Abs. 3 BGB kontroll- 141 frei sind. Hier kçnnte man eine Leistungsbeschreibung des Auktionshauses annehmen, das den Koordinationsmechanismus zur Verfgung stellt, zu dessen Grundelement die vorweggenommene Bindung gehçrt. Kontrollfrei sollen solche Klauseln sein, ber deren Inhalt privatautonom entschieden werden muss, um Wesen und Typus des Vertrags berhaupt zu konstituieren. 291 In diesem Sinne unmittelbar das Preis-Leistungs-Verhltnis gestaltende Klauseln liegen hier nicht vor. 292 Bei Wegfall der Klauseln tritt dispositives Recht an deren Stelle. 293 Im Jbrigen sind auch neue Regelungsthemen oder Vertragstypen, die einer Rechtsfortbildung bedrfen, der Inhaltskontrolle unterworfen. 294 Darber hinaus ergibt sich auch keine bloße Wiedergabe des objektiven Rechts. Eine Bindung des Anbieters stellt eine Abweichung von dispositivem Recht dar: sowohl nach § 156 als auch nach §§ 145 ff. BGB stellt die Freischaltung der Seite bzw. das Angebot des Verkufers eine invitatio dar, die Gebote der Anbieter ein Angebot. 295

2. Inhaltskontrolle besonderer Vertragsabschlussregeln a) Bindung des Anbieters unter Wegfall des Zuschlags

Die mit der Ausgestaltung der Prsentation des Verkufers als bindendes An- 142 gebot bzw. antizipierter Annahmeerklrung gegebene Abweichung von der Vertragschlussmechanik ist daraufhin zu berprfen, ob sie einer Inhaltskontrolle standhlt. Dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist sicherlich durch die Unterrichtung der Teilnehmer am System ber Funktionsweise und geltende Bedingungen Genge getan wie sie nun auch durch §§ 312c, 312e BGB vorgeschrieben sind. 296 Entgegen der Begrndung des LG Mnster im „Ricardo“-Fall lsst sich die Bin- 143 dungswirkung nicht bereits ber die Grundstze der Auslegung verneinen. 297 291 Vgl. Staudinger/Coester, AGBG § 8 Rz. 19. 292 Vgl. auch Spindler, ZIP 2001, 809, 816. 293 Zu diesem Abgrenzungskriterium Staudinger/Coester, § 8 AGBG Rz. 8 m.w.N.

aus der Rechtsprechung des BGH. 294 Vgl. Staudinger/Coester, AGBG § 8 Rz. 8, 34. 295 Vgl. auch LG Mnster, MMR 2000, 280; a.A. OLG Hamm, NJW 2001, 1142 f., al-

lerdings bereits auf der Grundlage der Auslegung der AGB. S.o. Rz. 27 ff. 296 A.A. im „Ricardo“-Fall des LG Mnster, Lettl, JuS 2002, 219, 223. Zu Bedeutung

und Umfang des Transparenzgebots vgl. Palandt/Heinrichs, § 307 Rz. 16 ff.; Huppertz, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, B.IV. Rz. 60 ff. 297 LG M+nster, MMR 2000, 280, 281 ff.

Wiebe | 115

Kap. 4 Rz. 144

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

Dieser Versuch, eine Bindungswirkung des Anbieters zu vermeiden, ist angesichts der eindeutig formulierten AGB sowie der noch einmal ausdrcklich in das Eingabeformular gestellten Erklrung zum Scheitern verurteilt. 298 Einen Fall rechtsmissbruchlichen Verhaltens nach § 242 BGB hat allerdings das OLG Mnchen fr einen Fall angenommen, in dem ein Recht als Vorwand fr die Ausbung vertragsfremder Zwecke benutzt werde. 299 Der Antragsteller hatte online einen Flug 1. Klasse nach Bangkok fr 728,30 Euro gebucht. Wobei es sich jedoch um den Preis fr die 2. Klasse handelte, whrend der Flug 1. Klasse 3676,30 Euro kostete. Das Gericht nahm an, dass der Antragsteller, ein „passionierter Onlinekufer“, bereits vor der Buchung wegen des geringen Preises wusste, dass es sich nicht um einen 1. Klasse-Flug handelte, und die Buchung nur erfolgte, um ein Vergleichsangebot erzielen zu kçnnen. aa) Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB

144 Eine in AGB enthaltene antizipierte Annahmeerklrung, wie sie auch Gegenstand der Entscheidung im „Ricardo“-Fall war, kçnnte als Erklrungsfiktion gem. § 308 Nr. 5 BGB unwirksam sein, soweit an ein bestimmtes Verhalten des Kunden, nmlich die Freischaltung seines Angebots, ein bestimmter Erklrungswert geknpft wird, den diese ohne die Regelung nicht htte (invitatio). 300 Soweit man entsprechende AGB-Regelungen lediglich als Verpflichtung ansehen kann, unterliegt eine daraufhin tatschlich erfolgte Erklrung nicht mehr dem § 308 Nr. 5 BGB. 301 145 Auf der Grundlage der hier vertretenen Lçsung – auf der Basis der Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter – ebenso wie bei Annahme eines Rahmenvertrags lsst sich eine Klausel, die eine eigentlich als invitatio zu bewertende Erklrung als bindendes Angebot definiert, als Umdeutungsklausel dem Anwendungsbereich von § 308 Nr. 5 BGB zuordnen. 302 Zwar erfasst diese Regelung nur Klauseln im Rahmen der Vertragsdurchfhrung. 303 Aus Sicht der Inhaltskontrolle im Verhltnis von Auktionshaus und Teilnehmern lsst sich der Abschluss der Vertrge im Marktverhltnis aber als Vertragsdurchfhrung ansehen, wobei die Interessen der jeweiligen zuknftigen Vertragspartner in die Inhaltskontrolle einzubeziehen sind (vgl. Rz. 136). Gleiches gilt aus der Perspektive einer Rahmenvereinbarung. Die Folge der Unwirksamkeit entsprechender Klauseln unterscheidet die hier vertretene Einbeziehungslçsung von der Auslegungslçsung. 298 Vgl. dazu nur OLG Hamm, CR 2001, 107, 120; Wiebe, MMR 2000, 284 f. 299 OLG Mnchen, NJW 2003, 367. 300 Vgl. MnchKomm/Basedow, AGBG § 308 Nr. 5 Rz. 4; Staudinger/Coester-Walt-

jen, AGBG § 10 Rz. 12. 301 Vgl. auch OLG Hamm, NJW 2001, 1142, 1144. Weitergehend Burgard, WM 2001,

2102, 2110; tendenziell auch Spindler, ZIP 2001, 809, 816. 302 Vgl. MnchKomm/Basedow, § 308 Nr. 5 Rz. 4. 303 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 308 Rz. 26.

116 | Wiebe

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln

Rz. 148 Kap. 4

bb) Pr fung nach § 307 BGB

Im Rahmen von § 307 BGB ist von der dispositiven Regelung der Versteige- 146 rung in § 156 BGB auszugehen. Es stellt sich dann die Frage, ob die Vertragsschlussmechanik der §§ 145 ff. BGB und die Ergnzungen des § 156 BGB, von denen abgewichen wird, ein Gerechtigkeitsgebot verkçrpern oder eher zu den Zweckmßigkeitsregeln zu zhlen sind. Die gesetzliche Ausgestaltung der Angebots-Annahme-Mechanik ist als „sach- 147 adquate Fixierung (des) typischen Ablaufs einer sukzessiven Einigung“ 304 anzusehen. Auch wenn diese rechtstechnische Umsetzung der Rechtssicherheit dient, fragt sich, ob eine sachangemessene Fixierung eines typischen Ablaufs einem Gerechtigkeitsgebot entspricht oder lediglich zweckmßig ist. 305 Unabdingbar fr die geltende gesetzliche Regelung erscheint jedenfalls das Konsensprinzip, 306 das auch in anderen Abschlussformen, etwa gleichzeitigen Erklrungen, verwirklicht werden kann. Durch die zeitliche Umkehrung der Angebots-Annahme-Mechanik als solche erscheint das Konsensprinzip noch nicht gefhrdet, da grundstzlich antizipierte Erklrungen anerkannt werden. Eher schon lsst sich dies fr die Vorverlegung der Bindung des Anbieters annehmen. Allerdings ist hier die konkrete Interessenlage zu prfen. Im Mittelpunkt steht dabei die Ersetzung des Verfahrens des gegenseitigen 148 Jberbietens mit Zuschlag durch den Auktionator durch einen festen Angebotszeitraum mit Vorrang des Hçchstgebots. Der geringere Grad an Interaktivitt zwischen den Bietern gegenber der Situation bei klassischen Auktionen erfordert klare Regeln im Interesse der Bieter. 307 Fllt die Moderation weg, erscheint ein fester Angebotszeitraum mit Vorrang des Hçchstgebots als sinnvolle Anpassung. Die vorweggenommene Bindung des Verkufers gibt den Bietern Sicherheit ber die Entscheidungskriterien der Gegenseite sowie das Zustandekommen eines Vertrags. Der Vertragsschluss bleibt nicht zunchst in der Schwebe und der „Hçchstbieter“ muss nicht weitere Anstrengungen unternehmen, um einen Anspruch aus seinem Gebot zu erlangen. Außerdem kçnnen die Bieter, anders als bei der klassischen Auktion, nicht kontrollieren, ob sich der Verkufer tatschlich beim Zuschlag an die Vorrangregeln hlt, die in den AGB festgeschrieben sind. 308 Die grçßere Klarheit der Rechtslage entlastet schließlich auch das Auktionsunternehmen von weiteren Bemhungen zur Effektuierung der Gebote und mçglichen Streitigkeiten. 304 Thiele, Die Zustimmung in der Lehre vom Rechtsgeschft, 1966, S. 115 f. Vgl.

auch Leenen, AcP 188 (1988), S. 381, 395 ff. 305 Fr grundstzliche Unwirksamkeit jeder Abweichung von §§ 145 ff. BGB Wolf/

Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., 1999, § 9 Rz. V 15 ff. 306 Vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, 8. Aufl., 1997, § 29 Rz. 6–10. 307 Die Bedeutung von Klarheit und Transparenz der Regeln bei der Auktion betont

auch BGH, NJW 1983, 1186, 1187, insbesondere hinsichtlich der Frage, welches Gebot jeweils das Hçchstgebot bildet. 308 Dies gilt zumindest, wenn kein Erlçschen eines Angebots durch ein hçheres vorgesehen ist.

Wiebe | 117

Kap. 4 Rz. 149

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

149 Andererseits liegt es auch bei Online-Auktionen durchaus im Interesse des Anbieters, das Hçchstgebot noch einmal zu prfen. So kann dem Anbieter etwa die Person des Vertragspartners nicht gleichgltig sein, wie es bei Angeboten ad incertas personas sonst der Regelfall ist. 309 Der Anbieter wird in seiner Selbstbestimmung beschnitten, als er sich im Vorhinein seiner Entscheidungsfreiheit in der konkreten Situation, also der Reaktionsmçglichkeit auf die eingehenden Angebote begibt. Zwar hat der Anbieter bei der klassischen Auktion diese Mçglichkeit auch nicht, sondern es liegt in der Hand des Auktionators, den Zuschlag zu erteilen. Dieser wird und muss dabei aber die Interessen des Anbieters bercksichtigen und sich auch an entsprechende Anweisungen des Einlieferers halten. 150 Insoweit ergibt sich auch eine Abweichung von § 156 Satz 2 BGB, wonach der Versteigerer nicht verpflichtet ist, dem Meistbietenden den Zuschlag zu erteilen. Fr herkçmmliche Auktionen ist anerkannt, dass der Versteigerer die Versteigerung ohne Angabe von Grnden abbrechen kann, wenn er das erreichte Hçchstgebot fr zu niedrig hlt. 310 Auch kann der Versteigerer den Zuschlag unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Auftraggeber erteilen. 311 Der Zuschlag erscheint insoweit als wesentliches Element des Vertragsabschlussverfahrens, das nicht nur als Zweckmßigkeits- bzw. Organisationsregel dient, sondern auch Schutzfunktion zugunsten der Entscheidungsfreiheit der Anbieterseite hat. 312 151 Gegenstand der Inhaltskontrolle werden damit auch die technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen dieser neuen Marktpltze, die als Versteigerungsbedingungen mit dem Veranstalter vereinbart werden und durch ihre rechtlichen Auswirkungen auch vertragsrechtliche Relevanz erlangen. Aus der Organisation des Verfahrens kçnnen sich typischerweise Nachteile zulasten einer Seite ergeben. 313 Lsst sich dies bei der Plattformlçsung auf Seiten der Anbieter feststellen, so kann dies in Kombination mit der (vorweggenommenen) Bindung durchaus eine Beurteilung als unangemessene Benachteiligung ergeben. 152 Nicht ganz von der Hand zu weisen ist in dieser Hinsicht das Argument des LG Mnster, das auf eine Unausgereiftheit des Verfahrens zielt, wonach ein „Ausbieten“ nicht mçglich sei. 314 Danach reichte im entschiedenen Fall der 309 Allerdings wird dies durch die Mçglichkeit der Zug-um-Zug-Leistung bzw. durch

Treuhandlçsungen bei der Abwicklung relativiert. 310 Vgl. auch Bleutge, in: Landmann/Rohmer, § 34 b Rz. 6a; Marx/Arens, Der Auktio-

nator, S. 238 f. 311 Vgl. Bleutge, in: Landmann/Rohmer, Band 2,2, Nr. 260 § 18 Rz. 3; Wicher, Der

Versteigerer, S. 152; Marx/Arens, Der Auktionator, S. 246. 312 Vgl. auch § 2 Nr. 1 und 4 VerstV, wonach die Voraussetzungen des Zuschlags zu

den zwingenden Bedingungen der Versteigerungsbedingungen gehçren. Auf Unwirksamkeit aus diesem Grund stellt Lettl, JuS 2002, 219, 223, ab. 313 Zur generalisierenden, typisierenden Betrachtungsweise außerhalb des Bereichs der Verbrauchervertrge vgl. Staudinger/Schlosser, AGBG § 9 Rz. 80 ff. 314 LG Mnster, MMR 2000, 280, 283.

118 | Wiebe

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln

Rz. 155 Kap. 4

Zeitraum der Versteigerung im Verhltnis zu dem sehr niedrigen Anfangsbetrag und die Bietschritte von 50,- DM nicht aus, um einen angemessenen Preis zu erzielen. In Kenntnis des festgelegten Zeitraums werde der Bieter bis zum Ende zçgern und erst in der Schlussphase ein reges Jberbieten stattfinden. Das Gericht beruft sich dabei auch auf die Aussage des Bieters, er htte ohne Erreichen des Zeitlimits noch weiter geboten. Darin ließe sich eine erhebliche Abweichung vom Modell des § 156 BGB se- 153 hen, das ein solches „Ausbieten“ ermçglicht dadurch, dass der Zuschlag erst erfolgt, wenn keine hçheren Angebote eingehen. In Frage steht hier eine Verzerrung des Koordinationsprozesses, bei dem Angebot und Nachfrage nicht unverflscht zum Ausgleich gelangen kçnnen. 315 Damit sind letztlich auch die Funktionsvoraussetzungen der Zivilrechtsordnung und die Ordnungsaufgabe des Privatrechts berhrt, wobei einem funktionierenden Vertragsmechanismus eine gewisse „Richtigkeitsgewhr“ innewohnt. 316 Die Abweichung relativiert sich jedoch im Vergleich mit der herkçmmlichen 154 Auktion dadurch, dass auch dort eine çrtliche und zeitliche Beschrnkung durch die Face-to-face-Situation gegeben ist, so dass von einem „absoluten“ Hçchstpreis nicht die Rede sein kann. 317 Andererseits bietet die Kommunikationssituation bei Online-Auktionen auch Vorteile fr die Anbieterseite, etwa eine deutlich erweiterte Teilnehmerzahl. Die Vorgabe der Grçße der Bietschritte obliegt dem Anbieter, 318 und dieser hat auch die Mçglichkeit, den Verlauf der Auktion von Anfang an durch Angabe eines Mindestpreises so zu beeinflussen, wie es seinem Preisinteresse angemessen erscheint. Es bleibt dabei durchaus die Mçglichkeit, auch einen fr Bieter interessanten Ausgangspreis festzulegen. Damit erscheint ein Mindestmaß an Selbstbestimmung gewahrt. Darber 155 hinaus entspricht es dem Grundsatz der Selbstverantwortung, den Teilnehmer an einer bekanntermaßen risikoreichen Transaktionsform bei transparentem Verfahrensablauf an seiner Erklrung festzuhalten. 319 Insgesamt 315 Vgl. allgemein Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers,

1998, S. 289 ff. 316 Zur Theorie der Richtigkeitsgewhr von Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 130 ff.;

Schmidt-Rimpler, FS Raiser, Tbingen 1974, S. 3, 15, als Grundlage fr die AGB-Kontrolle vgl. Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 60 f. 317 Vgl. auch Wolfgang Michel, JurPC Web-Dok. 83/2000, Abs. 12, www.jurpc.de/ aufsatz/20000083.htm. 318 Auch Wilmer, Anmerkung zu LG Mnster, NJW-CoR 2000, 172, 173, hlt die Begrenzung der Bietschritte fr kritisch. Soweit ersichtlich, ist die vom Gericht zugrunde gelegte Obergrenze von 50,- DM, nicht unstreitig gewesen; aus dem derzeitigen Angebot ergibt sich die Mçglichkeit, entweder die Hçhe der Bietschritte offen zu lassen, oder als hçchste Kategorie „50.100.500“ zu whlen. 319 Vgl. auch LG Wiesbaden, NJW-CoR 2000, 171 f., zu § 3 UWG a.F., mit dem allerdings etwas pauschalen Argument, dass das Internet nutzende Personen besondere Kenntnisse dieses Mediums haben mssen, die auch den Ablauf der Online-Versteigerungen und die damit verbundenen Gefahren umfasse. Im Fall des LG Mns-

Wiebe | 119

Kap. 4 Rz. 156

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

ist eine klauselmßige Bindung des Anbieters daher nicht als unangemessene Benachteiligung zu bewerten. 320 156 Diese Abwgung gilt auch in Bezug auf die Abweichung vom Leitbild des Maklervertrags, zu dessen Grundelementen die Entschließungsfreiheit des Auftragebers gehçrt. 321 Die besondere technisch-organisatorische Ausgestaltung von Online-Auktionen und die dadurch bedingte Interessenlage lsst eine Verpflichtung zur Abgabe eines bindenden Angebots als in der Regel nicht unangemessen erscheinen. 157 Ob bei Verbrauchervertrgen insgesamt eine andere Beurteilung angebracht ist, ist eine Frage des Einzelfalls und der jeweils zu bercksichtigenden konkret-individuellen Umstnde (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB). 322 Hier kçnnen die geschftliche Unerfahrenheit und das Fehlen einer „rollenspezifischen Unterlegenheit“ im Einzellfall strker zu Buche schlagen. 323 Andererseits lsst sich zwischen den Partnern im Marktverhltnis eine solche Unterlegenheit hufig nicht mehr feststellen. cc) § 762 BGB

158 Ergnzend kçnnte man an eine Anwendung von § 762 BGB denken. 324 Beim Gl cksspiel hngen Gewinn oder Verlust hauptschlich vom Zufall, nicht von der Einwirkung der Parteien ab. Bei der vorliegenden Form der Auktion ist aber nur die Hçhe des zu erzielenden Preises ungewiss, und auch hier hat der Anbieter durch Festlegung eines Mindestpreises die Mçglichkeit der Einwirkung. Beide Parteien verfolgen das wirtschaftliche Ziel, einen fr sich gnstigen Preis zu erzielen. Dass eine solche Auktion spekulativen oder gewagten Charakter hat, macht sie noch nicht zum Spiel i.S.v. § 762 BGB. 325

320

321 322 323

324

325

ter ging es um einen gewerblichen Autohndler. Zur Anwendung von § 307 BGB auch gegenber Unternehmern vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 307 Rz. 39 ff. Vgl. auch Spindler, ZIP 2001, 809, 817; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 812; Ulrici, JuS 2000, 947, 949; Hartung/Hartmann, MMR 2001, 278, 282 ff.; Wilkens, CB 2000, 663, 668; Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 3 Kap. B Rz. 212; KG, CR 2002, 604, 605; OLG Hamm, NJW 2001, 1142, 1144; i.E. ebenso AG Sinsheim, NJW-CoR 2000, 105. A.A. LG Berlin, CR 2001, 415, 516; Hager, JZ 2001, 786, 790; Burgard, WM 2001, 2102, 2110 f.; Lettl, JuS 2002, 219, 223 f. der auch auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen des Vertragsverhltnisses zwischen Anbieter und Bieter verweist. Vgl. MnchKomm/Roth, § 652 Rz. 6. Vgl. Waldenberger, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Kap. 13.4 Rz. 52 f. Gegen die Bercksichtigung von Unerfahrenheit im Rahmen der subjektiven Elemente von § 138 BGB OLG Oldenburg, NJW 2004, 168, 169, da diese vor allem wegen der Anonymitt nicht erkennbar gewesen sei. Angesprochen vom LG Mnster, MMR 2000, 280, 283, abgelehnt von OLG Hamm, CR 2001, 117, 121. Zur Anwendung von §§ 138, 826 BGB vgl. Ernst, CR 2000, 304, 310. Vgl. Palandt/Sprau, § 762 Rz. 4.

120 | Wiebe

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln

Rz. 161 Kap. 4

Dies gilt auch fr die vielleicht spekulativste Form der Online-Auktion, die Reverse Auction. Hier ist sicherlich der Nervenkitzel und der Spieleffekt am grçßten, aber auch hier bestehen klare Rahmenregeln, innerhalb derer Vertragsschluss und Preis von der Entscheidung der Beteiligten abhngen. dd) Ergebnis

Insgesamt erscheint daher die (vorweggenommene) Bindung des Anbieters 159 gegenber dem Modell von § 156 BGB zwar als Benachteiligung der Anbieterseite, die aber angesichts der besonderen Bedingungen von Online-Auktionen und der gegenlufigen Interessen nicht als unangemessen bewertet werden kann. Trotzdem kçnnte man daran denken, ein funktionales Rquivalent fr den Zuschlag dadurch zu schaffen, dass der Anbieter eine zustzliche Entscheidungsmçglichkeit nach Abgabe aller Angebote erhlt. Dies kçnnte verbunden werden mit einer bestimmten Annahmefrist, nach deren Ablauf die Annahme des Hçchstgebots als erteilt gilt. 326 Damit wrde den Anforderungen von § 308 Nr. 5 BGB Genge getan, soweit dieser Anwendung findet. b) Wirksamkeit des Gebots

Das in § 156 Satz 2 BGB festgeschriebene Erlçschen eines Gebotes bei Ab- 160 gabe eines Jbergebots soll nach h.M. auch bei einem unwirksamen Ebergebot eintreten. 327 Ausnahmen davon werden nur angenommen, wenn das Jbergebot offensichtlich unwirksam ist oder sofort vom Versteigerer zurckgewiesen wird. 328 Zwar handelt es sich um dispositives Recht, aber das zugrunde liegende Interesse an Klarheit und Rechtssicherheit bestimmt auch die AGB-rechtliche Bewertung. Dieses Interesse hat auch der Bieter, der, auch angesichts der oft sehr kurzen Versteigerungszeitrume und der Verfgbarkeit konkurrierender Auktionshuser, frei kalkulieren kçnnen muss und nicht fr einen lngeren Zeitraum auf eine Klrung der Lage warten kann. 329 Der Festlegung einer fortdauernden Wirksamkeit der Gebote bei Internet- 161 Auktionen steht die auch rechtlich-konstruktiv wirksame Bindung des Anbieters an die Annahme des hçchsten Gebots gegenber, die den Interessen des Bieters an Klarheit Rechnung trgt. 330 Dann ist aber auch kein schtzenswertes Interesse an fortdauernder Gltigkeit niedrigerer Gebote zu erken326 Einen denkbaren Weg bietet auch eine Klausel wie Zi. II. 3.a) AGB-Atrada.de

327 328 329 330

(1.1.2005), wonach die Auktion verlngert wird, wenn innerhalb der letzten 2 Minuten Kaufangebote abgegeben werden, und zwar so lange, bis 2 Minuten lang keine Gebote mehr eingehen. Vgl. MnchKomm/Kramer, § 156 Rz. 4; auf ersten Fall beschrnkt Staudinger/ Bork, § 156 Rz. 4. Vgl. Soergel/Wolf, § 156 Rz. 6; MnchKomm/Kramer, § 156 Rz. 4. Vgl. auch Ernst, CR 2000, 304, 311. Nach § 9 Nr. 2 AGB-eBay (1.1.2005) erlçschen Gebote durch nachfolgende hçhere Gebote.

Wiebe | 121

Kap. 4 Rz. 162

Vertragsschluss und Verbraucherschutz

nen, vielmehr wird deren Erlçschen dem Interesse an Klarheit noch eher gerecht. Entsprechende Klauseln verstoßen gegen § 307 f. BGB. 331 Etwas anderes gilt aber dann, wenn die teilweise Befriedigung niedrigerer Gebote bei einer Auktion eines Warenkontingents zum Auktionsmechanismus gehçrt, etwa bei der sog. „Dutch-Auktion“ oder Rckwrtsauktion. Unproblematisch sind auch Klauseln, die im Falle eines Scheiterns des Vertragsschlusses mit dem Hçchstbietenden eine Mitteilung der E-Mail-Adresse des zweithçchsten Bieters an den Anbieter vorsehen, damit diese Vertragsverhandlungen aufnehmen kçnnen. 332 162 Problematisch ist auch die Anordnung einer fortdauernden Wirksamkeit eines Gebots ber das Ende des Auktionszeitraums hinaus, die von § 156 Satz 2 abweicht, wonach das Gebot sptestens mit Schließen der Auktion erlischt. Zwar hat der BGH fr das begleitende Auftragsverhltnis zwischen Bieter und Versteigerer die Fortdauer des Auftrags fr unproblematisch gehalten, fr die Versteigerung selbst aber den Formalismus im Interesse der Sicherheit und Klarheit fr notwendig gehalten. 333 Allenfalls wird man die fortdauernde Gltigkeit des Hçchstgebots fr einen begrenzten Zeitraum fr zulssig halten, dies aber nur, wenn fr niedrigere Gebote Erlçschen durch das Jbergebot eintritt. 334 163 Erhlt umgekehrt der Bieter die Mçglichkeit, ein einmal abgegebenes Gebot wieder zu lçschen, so widerspricht dies dem Grundsatz der Bindung an den Antrag und der fr eine Versteigerung grundlegenden Sicherheit der Teilnehmer. 335 Als Widerrufsvorbehalt kçnnte eine solche Klausel als berraschend gem. § 305c BGB anzusehen sein. Unproblematisch erscheint insoweit nur die Rcknahmemçglichkeit fr den Zeitraum, in dem noch kein Kaufangebot abgegeben wurde. 336 Soweit aber ein Anfechtungsgrund vorliegt, ist die Lçschung als Anfechtung auszulegen. 337 Wegen der besonderen Bedingungen von Online-Auktionen, bei denen weder eine Besichtigung noch ein persçnlicher Kontakt mçglich sind, sollten auch vergleichbare Umstnde als 331 Vgl. auch Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, Rz. 113.

332 333 334

335 336 337

A.A. Thun, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer (Hrsg.), Rechtshandbuch B2B Plattformen, § 10 Rz. 51. Vgl. § 9 Nr. 5 AGB-eBay (1.1.2005); Zi. II.3.a. AGB-atrade.de (1.1.2005); www.auktionsfee.de (1.1.2005) unter „Vertragsabwicklung“. BGH, NJW 1983, 1187, 1188. Vgl. frher § 5 Abs. 2b) AGB-ricardo.de (seit 1.4.2000), wonach Erlçschen mit Ablauf des bernchsten Werktags nach Ende der Laufzeit der Online-Auktion angeordnet ist und Gebote nur innerhalb der Laufzeit abgegeben werden kçnnen. Vgl. auch Cichon, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, Rz. 108. Vgl. etwa Zi. II. 3.a. AGB-atrada.de (1.1.2005). Vgl. frher Zi. I.2.4.2.a) AGB-Ricardo bei einer Minderung von „Wert“ oder „Gebrauchstauglichkeit“ im Hinblick auf § 119 Abs. 2 BGB in den von der Rechtsprechung anerkannten Grenzen; sowie nach lit. b) bei Verschreiben des Bieters. Vgl. auch www.auktionsfee.de (1.1.2005) unter „Vertragsschluss – Bieter“.

122 | Wiebe

VIII. Inhaltskontrolle typischer Abschlussklauseln

Rz. 165 Kap. 4

Widerrufsgrnde nach Abgabe und vor Vertragsschluss unabhngig von der Anwendbarkeit von § 312d BGB in den AGB anerkannt werden. 338 c) Vernderung des Auktionszeitraums

Klauseln, wonach die Auktionszeit nach Ermessen des Auktionshauses ver- 164 krzt, verlngert oder die Auktion ganz abgebrochen werden kann, 339 sind zumindest bei Internet-Auktionen nach § 156 BGB sehr problematisch, da eine solche Klausel die Mçglichkeit unbersehbarer Manipulationen erçffnet. Zwar handelt es sich um eine Restfunktion des herkçmmlichen Versteigerers, 340 der feste Auktionszeitraum hat aber Moderation und Zuschlag ersetzende Funktion, und hier muss das Interesse der Teilnehmer an Klarheit und Transparenz Vorrang haben. Allenfalls eine genau definierte Verlngerung bei Stçrungen erscheint danach zulssig. 341 Demgegenber erscheint ein vorzeitiger Abbruch durch den Verkufer als wenig problematisch, da diesem auch die Bestimmung des Angebotszeitraums obliegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn fr diesen Fall die Verpflichtung zum Vertragsschluss mit dem zum Zeitpunkt des Abbruchs Hçchstbietenden vorgesehen ist. 342 d) Zur ckweisung von Angeboten

Eine Klausel, die zur Zurckweisung von Angeboten oder Geboten ohne be- 165 sondere Grnde berechtigt, ist im Hinblick auf den Teilnahmevertrag und die besondere Vertrauensstellung des Auktionshauses 343 sehr kritisch zu bewerten. 344 Zulssig ist dagegen eine Zurckweisung oder Lçschung von Angeboten aus besonderen Grnden, vor allem bei Verstoß gegen gesetzliche Verbote oder aus sonstigen Grnden gerechtfertigte Verkaufsverbote. 345 338 Problematisch war dagegen die bis zum 31.3.2000 in §§ 3 Abs. 6 AGB-Ricardo ent-

339 340

341 342 343

344 345

haltene Mçglichkeit des Auktionshauses, Gebote ohne Angabe von Grnden zurckzuweisen. Vgl. frher § 5 Abs. 3 AGB-Ricardo. Kappus, in: Graf von Westphalen (Hrsg.), Rz. 28, hlt aber bereits die Regelung in Nr. 4 Satz 2 der beim BKartA angemeldeten Empfehlungen fr Versteigerungsbedingungen des Bundesverbands Deutscher Kunstversteigerer e.V. (BDK), Bekanntmachung Nr. 86/93 v. 18.11.1993, BAnz v. 27.11.1993, S. 10346, i.d.F. der Bekanntmachung vom 11.5.1998, BAnz v. 26.5.1998, S. 7214, wonach der Zuschlag ohne Grnde verweigert werden kann, wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. fr unwirksam, solange nicht an besondere Grnde angeknpft wird. Vgl. insoweit Zi. D.II.2.b) AGB-Amazon Services Europe S.a.r.l. (1.1.2005). Vgl. auch Spindler, unten § 5 Rz. 54. Vgl. etwa www.auktionsfee.de unter „Vertragsschluss-Verkufer“ (1.1.2005). Siehe oben Rz. 78. Gewerberechtlich ist die Mçglichkeit der Zurckweisung von Geboten ohne Angabe von Grnden bei herkçmmlichen Auktionen anerkannt, vgl. Bleutge, in: Landmann/Rohmer, Band 2 Teil 2, Nr. 260 VerstV, § 17 Rz. 1. Vgl. frher § 12 VII(b) AGB-Ricardo „ohne Angabe von Grnden“ (bis 31.3.2000). Vgl. § 7 Nr. 3 AGB-eBay (1.1.2005); Zi. I. 6.c. AGB-atrada.de (1.1.2005).

Wiebe | 123

124 | Wiebe

Kapitel 5 Vertragliche Haftung und Pflichten des Marktplatzbetreibers und der Marktteilnehmer

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . II. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bez glich des Vertrages ber den Auktionsgegenstand . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag des Auktionshauses im eigenen Namen . . . . . . . . . . . . . 2. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag zwischen Bieter und Einlieferer III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers 1. Bestimmung des gesetzlichen Leitbildes und der Inhaltskontrollkriterien . . . . . . . . . 2. Konkretisierung der Pflichten, insbesondere Marktbetreiberpflichten . . . . . . . . . . . . a) Jberblick . . . . . . . . . . b) Ausfall des Systems und von Suchfunktionen aa) Grundstze . . . . . . . bb) Klauseln . . . . . . . . . cc) Unternehmerischer Verkehr . . . . . . . . . . . c) Wartungsarbeiten . . . . . . d) Nichterreichbarkeit des Systems wegen Netzstçrungen . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen auf Gebhren und Auktionsablufe . f) Systemsicherheit bezglich Eingriffe Dritter; Aussphen von Teilnehmern . . . . . . g) Verflschungen des Auktionsablaufs . . . . . . . . . . aa) Manipulationen der Bewertungen (Ranking) . . bb) Gebote von Mitarbeitern cc) Bietergemeinschaften . dd) E-Snipe . . . . . . . . .

1

3

4 8

12 23 23 25 31 40 41 46 48 56 58 60 62 64 65

ee) Einhaltung der Systemzeit . . . . . . . . . . . . 69 ff) Rechtsfolgen . . . . . . 73 h) Pflichten im Rahmen des Ratings und von Bewertungen 74 i) Dokumentationspflichten 80 j) Beweislast . . . . . . . . . . 81 3. Haftung fr Risiken des Vertrages zwischen den Marktteilnehmern (Informations- und Aufklrungspflichten) . . . . 83 a) Keine Pflicht zur Prfung der Ware . . . . . . . . . . . . . 84 b) Keine Haftung fr Gewhrleistungsrisiken des MarktVertrages . . . . . . . . . . . 85 c) Haftung fr benachteiligende AGB-Klauseln im Marktverhltnis? . . . . . . 88 d) Informations- und Aufklrungspflichten . . . . . . . 89 aa) Identitt der Teilnehmer und Aufklrung ber Marktrisiken . . . . . . 91 (1) Grundstze . . . . . 92 (2) Klauseln . . . . . . . 99 bb) Bonitt und Seriositt der Teilnehmer . . . . . . . 101 cc) Verkehrsfhigkeit der Ware (gesetzliche Verbote etc.) . . . . . . . . . 104 dd) Besondere Auktionsformen . . . . . . . . . . . 108 4. Haftung fr Zertifikate „Geprfte Mitglieder“ und „Powerseller“ . . . . . . . . . . . . . 109 5. Zusatzleistungen . . . . . . . 111 a) Hilfe des Plattformbetreibers bei der Vertragsabwicklung 111 b) Andere Leistungen (Transport, Wertgutachten etc.) . 118 6. Informationspflichten des Auktionshauses nach Fernabsatzrecht . . . . . . . . . . 119

Spindler | 125

Kap. 5 IV. Pflichten der Kunden . . . . . . 121 1. Pflichten bei der Anmeldung 121 a) Mitteilungspflichten ber Kundendaten . . . . . . . . 121 b) Geschftsfhigkeits- und Minderjhrigenklauseln . . 123 2. Geheimhaltungspflichten . . 126 3. Pflichten bezglich des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Beschreibungen, Preisangaben . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Rechtsverletzungen gegenber Dritten . . . . . . . . . 130 c) Exklusivitt . . . . . . . . . 131 4. Pflichten bezglich Gebote . 136 5. Bewertungen . . . . . . . . . . 137 6. Zahlungs- und Provisionsklauseln . . . . . . . . . . . . 139 7. Wahrung der Integritt des Systems . . . . . . . . . . . .n139a 8. Urheberklauseln . . . . . . .n139c V. Freistellungsklauseln . . . . . . 140 VI. Sperrklauseln . . . . . . . . . . 141 1. Vertragspraxis . . . . . . . . . 141 2. Anforderungen an Sperren . . 142

Vertragliche Haftung und Pflichten

a) Rechtsverletzungen . . . . 142 b) Manipulationen des Handelsgeschehens . . . . . . . 143 c) Negative Bewertungen und geflschte Identitten . . . 144 d) Sonstige berechtigte Interessen . . . . . . . . . . . . . . 147 e) Umfang der Sperre . . . . 148 f) Verdachtssperren . . . . . 149 3. Sperrklauseln und Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . 150 4. Ausschluss der Wiederherstellung von Bewertungsprofilen . . . . . . . . . . . . . 151 VII. K ndigung . . . . . . . . . . . 153 VIII. Besondere Transaktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Private Auktionen und eigenverantwortlich durchgefhrte Online-Auktionen 154 2. Power Shopping . . . . . . . 155 3. Online-Shops . . . . . . . . 160 4. Business-to-Business-Geschfte (Einkaufs-/Verkaufsplattformen) . . . . . 162

Literatur: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., Mnchen 2003; Bleutge, in: Landmann/Rohmer/Bleutge, GewO, Band I, 45. Erg.Lfg., Februar 2004, § 34b; Band II, Nr. 260 VerstV; Bullinger, Internet-Auktionen – Die Versteigerung von Neuwaren im Internet aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, WRP 2000, 253; Dustmann, Haftung eines Internet-Auktionators, MMR 2002, 562; Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch, Mnchen 2001; Ende/Klein, Grundzge des Vetriebsrechts im Internet, Mnchen 2001; Ernst, Die Online-Versteigerung, CR 2000, 304; Gaul, Aktuelle Fragen zur Internetversteigerung, WM 2000, 1783; Heckmann, E-Commerce: Flucht in den virtuellen Raum? Zur Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels, NJW 2000, 1370; v. Hoyningen-Huene, Die vertragliche Stellung des Versteigerers, NJW 1973, 1473; Huppertz, Rechtliche Probleme von Online-Auktionen, MMR 2000, 65; Kappus, Auktionsbedingungen, in: Graf von Westphalen (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Mnchen, 24. Erg.Lfg., Mai 2004; Leible/Sosnitza, Sniper Software und Wettbewerbsrecht, CR 2003, 344; Leible/Sosnitza, Virtuelle Einkaufsgemeinschaften, ZIP 2000, 732; Marx/Arens, Der Auktionator, Neuwied 1992; Menke, Community Shopping und Wettbewerbsrecht – zugleich eine Anmerkung zu OLG Hamburg Powershopping, WRP 2000, 337; Micklitz/Tonner, Handkommentar Vertriebsrecht, Baden-Baden 2002; Pestalozzi, Versteigerungen im Internet, SJZ 1998, 241; Rçhricht/Graf v. Westphalen, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Kçln 2001; R+fner, Virtuelle Markordnung und das AGB-Gesetz, MMR 2000, 597; R+ßmann/Reich, Internet als gewerbeordnungsfreier Raum?, K&R 2000, 116; Schçnleiter, Internet-Auktionen sind keine Versteigerungen iSd § 34b GewO – Bund-Lnder-Ausschuss Gewerberecht, GewArch 2000, S. 49; Spindler, Vertragabschluss und Inhaltskontrolle bei Internet-Auktionen, ZIP 2001, 809; Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Kçln 2004; Stçgm+ller, Auktionen im Internet, K&R 1999, 391; Stoffels, AGB-Recht, Mnchen 2003; Stork, Allgemeine Geschfts-

126 | Spindler

II. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung

Rz. 3 Kap. 5

bedingungen, Mnchen 2002; Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGBG, 9. Aufl., Kçln 2001; Wenzel, Internet-Auktionen: Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes im Verhltnis Antragender/Annehmender, DB 2001, 2233; Wilmer, Rechtliche Probleme der Online-Auktion, NJW-CoR 2000, 94; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., Mnchen 1999.

I. Einleitung Entsprechend dem bereits in Kap. 1 Rz. 3 skizzierten Dreiecksverhltnis zwi- 1 schen dem Einlieferer eines Angebots, dem Auktionshaus und dem Bieter kçnnen in den jeweiligen Beziehungen sowie gegenber Dritten verschiedene Haftungskonstellationen auftreten: Fr den eigentlichen Vertrag, der durch die Auktion zustande gebracht wird, stellt sich die Frage, wer fr Leistungsstçrungen des Vertrages – also nach der Abschlussphase – einzustehen hat, insbesondere ob und in welcher Weise eine Haftung des Plattformbetreibers selbst in Betracht kommen kann (Rz. 83 ff.). Gerade in jngster Zeit hufen sich Medienberichte ber Betrger auf elektronischen Plattformen, insbesondere bei großen Auktionshusern. 1 Typische Betrugsformen sind die Verschleierung der Identitt, manipulierte Beurteilungen und Referenzen auf den entsprechenden Bewertungsseiten, Falschlieferungen von Waren, z.B. Steine statt ersteigerter elektronischer Gerte. 2 Kaum weniger bedeutsam ist die Verantwortung und Risikoverteilung fr Stç- 2 rungen des Auktionsvorgangs außerhalb der eigentlichen Leistungsabwicklung, etwa bei technischen Jbermittlungsproblemen (Rz. 25 ff.). Innerhalb dieser Kategorien ist jeweils zwischen den verschiedenen Marktplatzformen und der Eigenschaft der Beteiligten als Verbraucher oder „Nicht“-Verbraucher zu unterscheiden. Hinsichtlich der in der Praxis verwandten Klauseln werden im Folgenden im Wesentlichen die Allgemeinen Geschftsbedingungen der marktfhrenden Plattformbetreiber, allen voran eBay, beleuchtet, da oftmals ein gewisser Nachahmeffekt zu beobachten ist.

II. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bez glich des Vertrages ber den Auktionsgegenstand Die Frage, gegen wen sich Ansprche bei Leistungsstçrungen nach Vertrags- 3 abschluss richten, hngt – selbstverstndlich – entscheidend davon ab, wer Vertragspartner geworden ist, mithin von der Einordnung der Ttigkeit des 1 S. etwa FAZ v. 3.5.2003 Nr. 102, S. 16 „Der Erfolg von eBay zieht auch Betrger ma-

gisch an“. 2 FAZ v. 3.5.2003 Nr. 102, S. 16; s. auch Gercke, MMR-aktuell 5/2004, XIV f. zum sog.

„Account-takeover“ bei eBay („Diebstahl“ der Identitt durch Erschwindeln der Passwçrter).

Spindler | 127

Kap. 5 Rz. 4

Vertragliche Haftung und Pflichten

Plattformbetreibers im Rahmen des Handels, insbesondere einer Auktion. 3 Besonderheiten ergeben sich schließlich, wenn die Hilfe des Plattformbetreibers bei Abwicklung des Vertrages in Anspruch genommen wird, um das Erfllungsrisiko zu minimieren, etwa bei Treuhandmodellen, die von Auktionshusern angeboten werden (s. dazu Rz. 111 ff.).

1. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag des Auktionshauses im eigenen Namen 4 Wird das Auktionshaus im eigenen Namen ttig, kommt der Vertrag zwischen Auktionshaus und Bieter zustande. 4 Gleiches gilt, wenn das Auktionshaus als Kommissionr nach § 383 HGB ttig wird, also zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung. 5 Mithin richten sich alle Leistungsstçrungsund Gewhrleistungsansprche gegen das Auktionshaus sowie nach dem jeweiligen Vertragsgegenstand, etwa Kaufvertrag bei Jbereignung einer Sache, Mietvertrag bei Jberlassung einer Sache, Dienstleistungsvertrag usw. Aus der Tatsache, dass der Vertrag durch eine Online-Auktion zustande gekommen ist, resultieren jedenfalls fr Ansprche wegen Leistungsstçrungen oder aus Gewhrleistungsrechten keine Besonderheiten. Je nach dem Vertragsgegenstand ist auch der Ausschluss der Gewhrleistung an den jeweils einschlgigen Kontrollmaßstben der §§ 305 ff. BGB zu messen. 6 5 In der Regel wird es sich bei Aufwrtsauktionen (zum Power Shopping s. Rz. 155 ff.) nicht um neu hergestellte Sachen sondern um Gebrauchtwaren handeln, so dass die Beschrnkungen eines formularmßigen Haftungsausschlusses nach § 309 Nr. 8b BGB von vornherein keine Anwendung finden. Kontrollmaßstab sind demnach nur die Verbote des § 309 Nr. 7b BGB fr Haftungsausschlussklauseln sowie die Generalklausel nach § 307 BGB. Grundstzlich lsst die Rechtsprechung aufgrund der in § 309 Nr. 8b BGB enthaltenen Wertung einen vollstndigen Gewhrleistungsausschluss bei Gebrauchtwaren zu, auch fr Versteigerungen; 7 nur dann, wenn die Klausel selbst arglistiges Handeln oder grob fahrlssiges Handeln des Verwenders, z.B. bei Nichterkennen einer offensichtlichen Flschung, 8 ausschließen will, verstçßt sie gegen § 307 BGB. 6 Fr die Bestimmung der geschuldeten Eigenschaften einer Sache ist in der Regel die Beschreibung des Gegenstandes im Rahmen der Auktion maßgeb3 Eingehend Wiebe, Kap. 4 Rz. 17 ff. 4 Vgl. Wiebe, Kap. 4 Rz. 13; Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (97 f.); Palandt/Putzo, Einf v

§ 433 BGB Rz. 12, 21. 5 v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 (1475 f.); Gaul, WM 2000, 1783 (1785). 6 Vgl. Marx/Arens § 2 VerstV Rz. 15 ff. 7 BGH, Urteil v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 369 (373) = NJW 1975, 970 (971);

BGH, Urteil v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619; OLG Hamm, Urteil v. 28.9.1993 – 29 U 18/92, NJW 1994, 1967. 8 LG Bielefeld, Urteil v. 20.9.1988 – 23 O 101/88, NJW 1990, 1999.

128 | Spindler

II. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung

Rz. 7 Kap. 5

lich, etwa in Gestalt eines Online-Auktions-Kataloges. Ob darin allerdings auch bereits die Zusicherung von Eigenschaften liegen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, insbesondere der Ausgestaltung der Beschreibungen. Sofern der Auktionator durch die Jbernahme der Angaben des Einlieferers den Eindruck erweckt, dass er fr die Angaben im Sinne einer Garantiehaftung einstehen will, muss er sich daran festhalten lassen und nach §§ 434 Abs. 1 Satz 1, 437 BGB haften. Allerdings mssen hierfr deutliche Anhaltspunkte vorliegen, z.B. ein Verweis auf vorliegende Expertisen oder Gtesiegel von Dritten, da in der Regel der Bieter nicht allein aufgrund einer Katalogbeschreibung von der konkludenten Zusicherung von Eigenschaften ausgehen kann. 9 Ein allgemeiner Vorbehalt in AGB, dass der Auktionator nicht fr Angaben des Einlieferers oder von Sachverstndigen hafte, wird zwar von der Rechtsprechung wegen des erheblichen Risikos des Auktionators und seinen fehlenden Mçglichkeiten zu deren Jberprfung als wirksam angesehen; 10 gegen diese Auffassung bestehen jedoch erhebliche Bedenken, da der Auktionator zum einen im Katalog oder bei den einzelnen Beschreibungen eine deutliche Distanzierung anbringen kann, zum anderen der Bieter bei entsprechenden deutlichen Hinweisen auf Expertisen davon ausgehen muss, dass im Einzelfall die individuelle Zusicherung dem allgemeinen Ausschluss vorgeht. Zudem hat der BGH diesen Ausschluss sowohl davon abhngig gemacht, dass der Bieter vor der Versteigerung die Mçglichkeit hat, den Kaufgegenstand zu prfen, als auch davon, dass den Auktionator selbst keine Verletzung seiner Prfungspflichten bei Hereinnahme des Gegenstandes (Kunstwerk) trifft. 11 Beides trifft selbstverstndlich nicht auf Plattformbetreiber zu, so dass hier ein derartiger Haftungsausschluss nicht in Betracht kommen kann. Hufig findet sich auch ein Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechtes 7 nach § 320 BGB und die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht. Zwar kann die Einrede nach § 320 BGB gem. § 309 Nr. 2a BGB grundstzlich nicht formularmßig abbedungen werden, doch steht § 320 BGB nicht im Widerspruch zu einer Vorleistungspflicht. 12 Vorleistungsklauseln in AGB sind – mit Ausnahme neu hergestellter Sachen (§ 309 Nr. 8 b) dd) BGB) – mit § 307 BGB vereinbar, wenn ein sachlicher Grund fr die Vorleistungspflicht 9 BGH, Urteil v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, DB 1980, 1337; BGH, Urteil v. 6.11.1985

– VIII ZR 14/85, ZIP 1986, 313; s. auch AGB-Klauselwerke/Kappus, Auktionsbedingungen, Rz. 38 f.; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b GewO Rz. 9b. 10 BGH, Urteil v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 369 (370) = NJW 1975, 970 (971). 11 BGH, Urteil v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, DB 1980, 1337 (1339), auch fr einfache Fahrlssigkeit; noch offen gelassen von BGH, Urteil v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 369 (370) = NJW 1975, 970 (971 f.); m.w.N. Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b GewO Rz. 9b. 12 BGH, Urteil v. 23.5.1984 – VIII ZR 27/83, NJW 1985, 851; Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt/H.-D. Hensen, § 11 Nr. 2 AGBG Rz. 11.; MnchKomm/Basedow, § 309 Nr. 2 BGB Rz. 11.

Spindler | 129

Kap. 5 Rz. 8

Vertragliche Haftung und Pflichten

besteht und keine berwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen. 13 So wurde fr eine Briefmarkenauktion eine durch AGB vereinbarte Vorleistungspflicht als wirksam angesehen, 14 fr einen Kaufvertrag ber Mçbel und Elektrogerte wurde die Wirksamkeit einer formularmßig vereinbarten Vorleistungspflicht dagegen verneint. 15 Wird als Zahlungsart Nachnahme vereinbart, entfllt jedoch die Einrede des § 320 BGB, da eine vertragliche Vorleistungspflicht vereinbart wird. 16

2. Leistungsstçrungen und Gewhrleistung bei Vertrag zwischen Bieter und Einlieferer 8 Wird – wie in der Mehrzahl der Flle – der Plattformbetreiber nur im fremden Namen ttig oder beschrnkt er sich gar nur auf die Einrumung von Speicherplatz bzw. die Jberlassung technischer Fazilitten, kommt der Vertrag nur zwischen Einlieferer und Bieter zustande, 17 so dass Ansprche wegen Leistungsstçrungen oder Gewhrleistung auch nur in diesem Verhltnis entstehen kçnnen. 18 Ein Anspruch gegen den Plattformbetreiber wegen Stçrungen dieses Marktvertrages (zwischen den Handelsplatzteilnehmern) kann nur unter bestimmten Umstnden als mittelbare Haftung wegen Verletzung von Informations- und Aufklrungspflichten bzw. Nebenpflichten des Plattformbetreibers gegenber dem Bieter oder Einlieferer in Betracht kommen (s. dazu Rz. 89 ff.). 9 Entsprechende Bestimmungen in Allgemeinen Geschftsbedingungen der Plattformbetreiber, die festhalten, dass der Vertrag allein zwischen den Marktplatzteilnehmern zu erfllen ist, sind demnach deklaratorischer Natur, 19 wie etwa die von eBay verwandte Klausel: „§ 1 Marktplatz Die eBay-Website ist ein Marktplatz, auf dem von den Mitgliedern Waren und Leistungen aller Art (nachfolgend „Artikel“) angeboten, vertrieben und erworben werden kçnnen, sofern deren Angebot, Vertrieb oder Erwerb nicht gegen gesetzliche Vorschriften, diese AGB oder die eBay-Grundstze verstçßt. eBay bietet selbst keine Artikel an 13 BGH, Urteil v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86 158, 161 = NJW 1987, 1931 (1932); BGH,

14 15 16 17

18

19

Urteil v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (294); Palandt/Heinrichs, § 309 Rz. 13. BGH, Urteil v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 361 = NJW 1975, 971. BGH, Urteil v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2182). Vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 320 BGB Rz. 10; MnchKomm/Emmerich, § 320 BGB Rz. 24; a.A. Erman/Westermann, § 320 BGB Rz. 20. Ganz h.M., ausfhrlicher Wiebe, Kap. 4 Rz. 17 sowie Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (99), dort auch zu der Frage der Einbeziehung von AGB durch den Einlieferer bzw. durch das Auktionshaus. Ganz h.M., s. nur Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 45; Alpert, CR 2001, 604 (606); allgemein v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 (1477). Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 45.

130 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 13 Kap. 5

und wird selbst nicht Vertragspartner der ausschließlich zwischen den Mitgliedern dieses Marktplatzes geschlossenen Vertrge. Auch die Erfllung dieser ber die eBayWebsite geschlossenen Vertrge erfolgt ausschließlich zwischen den Mitgliedern.“ 20

Andererseits kçnnen solche Klauseln auch nicht das rechtliche Verhltnis 10 zwischen Marktteilnehmer und Plattformbetreiber endgltig festzurren, da es maßgeblich darauf ankommt, wie sich der Plattformbetreiber geriert hat, insbesondere ob er den Anschein erweckt hat, (ausnahmsweise) selbst einen Vertrag abschließen zu wollen (vgl. Rz. 4 ff.). Dies schließt nicht aus, dass Beziehungen des Plattformbetreibers sowohl 11 zum Einlieferer als auch zum Bieter mittelbar durch dessen Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen (der Marktordnung) bestehen. Diese „Drittwirkung“ bzw. dieses „Dreieck“ ist sowohl bei der Inhaltskontrolle der AGB im Verhltnis zwischen Teilnehmer und Plattformbetreiber als auch im Rahmen des Verhltnisses zwischen den Marktteilnehmern zu bercksichtigen (vgl. Rz. 88 ff.).

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers 1. Bestimmung des gesetzlichen Leitbildes und der Inhaltskontrollkriterien Welche Pflichten zwischen den Beteiligten bestehen, hngt entscheidend 12 von dem Charakter der vom Plattformbetreiber geschuldeten Leistungen und der Ausgestaltung des Marktplatzes ab. Kernelement praktisch jeder Form elektronischen Handels ist die Bereitstellung der technischen Infrastruktur sowie die damit zusammenhngenden Dienste, wie Suchfunktionen, Registrierung der Angebote und die Verwaltung etwaiger Gebote (bei Auktionen), ferner bei Systemen, die Angebot und Nachfrage innerhalb der Plattform zusammenbringen („Matching“), die damit verbundenen Dienste wie Benachrichtigungen und Feststellungen des erzielten Preises. Schließlich sind die Nebenleistungen wie Marktberwachung, Bewertungssysteme oder andere bei der Vertragsdurchfhrung ntzlichen Dienste zu erwhnen, die aber nicht notwendigerweise Vertragsgegenstand sein mssen. Insgesamt kçnnen die Leistungen des Plattformbetreibers als Organisationsund Informationspflichten zusammengefasst werden. 21 Schon dieses Paket an Leistungen zeigt, dass es sich um einen gemischten 13 Vertrag mit verschiedenen Elementen handelt, die sich nur schwer einem bestimmten Vertragstypus des BGB zuordnen lassen. Dennoch lassen sich 20 eBay 10/2004; vgl. auch auktionskiste.de (Stand 05/2004), § 1; Atrada 06/2004,

Teil I Nr. 2; Athammer.de (Stand 05/2004), Stichwort „Marktplatz“. 21 Prgnant Wiebe, Kap. 4 Rz. 7; zust. Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Han-

del, B IV Rz. 28.

Spindler | 131

Kap. 5 Rz. 14

Vertragliche Haftung und Pflichten

– hnlich wie bei anderen Internet-Provider-Vertrgen – 22 bergreifende Leistungen herauskristallisieren, mit denen das gesamte Gefge steht und fllt. Diese Leistungen bestehen in der Zur-Verfgung-Stellung der Infrastruktur und den Kommunikationsleistungen des Plattformbetreibers, ohne die kein Handel zustande kme. Man kann daher verallgemeinernd Vertrge ber elektronische Plattformen als neuen Typus im Rahmen der modernen Absatzmittler- und –fçrdervertrge bezeichnen. 23 14 Innerhalb dieses weit gespannten Rahmens sind zahlreiche Formen des Handels vorzufinden, unter denen zum einen die Auktionen, die in Form des „matching“ den Vertragsschluss innerhalb des Systems herstellen, zum anderen die reinen Kontaktplattformen herausragen, die nur den Nachweis eines Interessenten bieten. Andere Formen, wie Power Shopping, Community Shopping etc. stellen sich hufig nur als Varianten des Auktionstypus dar, indem der Vertragsschluss weiterhin im System stattfindet, allerdings unter anderen Handelsparametern. 15 Je nachdem, wie die Leistung und die Vergtung fr die Ttigkeit des Plattformbetreibers ausgestaltet ist, liegt es nahe, bei Entgeltpflichtigkeit des Angebots oder des Vertragsschlusses das Maklerrecht als Leitbild heranzuziehen, insbesondere den Maklerdienstvertrag mit Dauerschuldcharakter. 24 Allerdings ist dies dahin gehend zu przisieren, dass bei Unentgeltlichkeit der Dienste keine dienstvertraglichen, sondern nur noch auftragsbzw. geschftsbesorgungshnliche Elemente im Vertrag enthalten sind. Dagegen kann bei Unentgeltlichkeit der Teilnahme an einer Plattform nicht von einem bloßen Rahmenvertrag ohne Hauptleistungspflichten zwischen Plattformbetreiber und Teilnehmer gesprochen werden. 25 Allein die Tatsache, dass der Zugang zur Plattform essentiell fr einen Teilnehmer ist, beispielsweise einen Bieter, um tatschlich den Vertrag mit dem Anbieter abschließen zu kçnnen, zeigt, dass die Frage der Entgeltlichkeit nicht ausschlaggebend fr die Annahme von Leistungspflichten seitens des Plattformbetreibers sein kann. Der jederzeit mçgliche Zugang zum elektronischen Handel ist vielmehr eine wesentliche Vertragspflicht, 26 bei deren Stçrungen dem Teilnehmer die blichen Rechtsbehelfe 22 S. dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 4 ff. 23 Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 30. 24 S. oben Wiebe, Kap. 4 Rz. 7; Wilmer, NJW-CoR 2000, 94, 98 m.w.N.; Huppertz, in:

Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 31; a.A. Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b GewO Rz. 9a: Dienstvertrag mit Geschftsbesorgung (allgemein fr Auktionsvertrge). 25 So aber Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 94 f., 315 f. 26 Anders Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 101, 315: keine wesentliche Vertragspflicht. Worin der Sinn einer Teilnahme am Plattformsystem ohne Pflicht zur Zugangsgewhrung liegt, bleibt unklar; s. dazu auch unten Rz. 25.

132 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 17 Kap. 5

zur Verfgung stehen; gleichzeitig kann die Haftung fr entsprechende Leistungsstçrungen kaum abbedungen werden. 27 Zwar ist bezweifelt worden, ob es die Rechtsfigur des Maklerdienstvertrages 16 berhaupt gibt. 28 So soll bei einer Entgeltpflicht des Auftraggebers fr die Dienste des Maklers allein Dienstvertragsrecht anwendbar sein, bei reiner Provisionsvergtung nur Maklerrecht mit Nebenpflichten. 29 Dies mag fr den Alleinauftrag zutreffen, nicht jedoch fr die hier in Rede stehenden Auktionstypen, die gerade durch eine Mischung aus Diensten und Vermittlungen gekennzeichnet sind. Das Dienstelement tritt deutlich bei denjenigen Auktionen hervor, fr die das Auktionshaus nur noch die technischen Mittel bereitstellt und nur ein vermittlungsunabhngiges Entgelt verlangt. Auch ist gelegentlich angefhrt worden, dass die hufig vorzufindende Ent- 17 geltlichkeit des Angebots (Angebotsgebhr) unabhngig von der Erfolgsprovision nicht mehr dem Leitbild des Maklerdienstvertrags zugeordnet werden kann. So hlt etwa eBay hinsichtlich der Gebhren fest: „§ 5 Angebotsgebhren, Zusatzgebhren und Provisionen Abs. 1: Die Anmeldung als Mitglied bei eBay ist kostenlos. eBay verlangt auch keine Gebhren fr die Abgabe von Geboten und Annahmeerklrungen oder fr den Erwerb von Artikeln. Abs. 2: Fr das Anbieten von Artikeln erhebt eBay von dem Anbieter eine Angebotsgebhr. Fr zustzliche Leistungen von eBay, insbesondere fr die Hervorhebung einzelner Angebote, hat der Anbieter Zusatzgebhren zu zahlen. Kommt es ber die eBay-Website zum Abschluss eines Vertrags mit einem anderen Mitglied, fllt zugunsten von eBay eine Provision an, die von dem Anbieter zu begleichen ist. Weiterhin erhebt eBay Gebhren fr die Nutzung verschiedener Funktionen und Tools, die eBay den Mitgliedern zur Verfgung stellt.“ 30

27 Die Frage ist nicht nur von theoretischem Interesse, da die Rechtsfolgen im Falle

von Hauptleistungspflichten sich nach §§ 281 ff. BGB richten und grundstzlich Anspruch auf das Erfllungsinteresse besteht. 28 Dafr BGH, Urteil v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (382) = NJW 1987, 1634 (1636); BGH, Urteil v. 17.10.1990 – IV ZR 197/88, WM 1991, 246; BGH, Urteil v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477 (2478); BGH, Urteil v. 11.11.1999 – III ZR 160/98, NJW-RR 2000, 430 (431); OLG Mnchen, Urteil v. 27.1.1997 – 29 W 668/97, NJW-RR 1997, 1146. 29 So Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, Vor §§ 652 ff. BGB Rz. 14 ff.; Reuter, NJW 1990, 1321 (1327); s. dagegen BGH, Urteil v. 17.10.1990 – IV ZR 197/89, NJW-RR 1991, 627 (628): Maklerwerkvertrag mçglich. 30 eBay 10/2004; vçllig kostenlos ist die Nutzung der Plattform des Anbieters FEININGER (FEININGER (Stand 05/2004) Nr. 2) sowie des Anbieters Athammer.de (Athammer.de (Stand05/2004), Stichwort „Entgelt“); der Plattformbetreiber Atrada verlangt insbesondere eine Gebhr fr die Einstellung von Angeboten in Abhngigkeit von der gewhlten Kategorie sowie eine vom Verkufer zu entrichtende „Handelsgebhr“ bei Abschluss des Kaufvertrags (Atrada 06/2004, Teil III Nr. 1); doppelshop.de stellt Verkufer bzw. Kufer eine Provision beim Vertragsschluss in Rechnung (doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 9).

Spindler | 133

Kap. 5 Rz. 18

Vertragliche Haftung und Pflichten

18 Da bei Maklervertrgen eine erfolgsunabhngige Vergtung nur individualvertraglich vereinbart werden kçnne und eine Aufwandsentschdigung in Makler-AGB von der Rechtsprechung nur anerkannt wird, wenn die Hçhe der vereinbarten Pauschale sich am konkreten Aufwand ausrichtet, 31 msse die erfolgsunabhngige Vergtung fr das Einstellen des Angebots grundstzlich als solche Aufwandsentschdigungsklausel ausgestaltet sein. 32 19 Doch schießt diese Orientierung am Maklerrecht ber das Ziel der Inhaltskontrolle am gesetzlichen Leitbild hinaus: Richtig ist zwar, dass die maklerhnliche Leistung einen wichtigen Bestandteil des gesamten Leistungsgefges darstellt. Doch darf darber hinaus nicht vergessen werden, dass der Plattformbetreiber Dienste erbringt, die ber die reine Kontaktvermittlung weit hinaus gehen. Denn der Plattformbetreiber berwacht oft das Marktgeschehen und stellt Mechanismen zur Verfgung, die die Transparenz des Handelsprozesses fçrdern (Ratingsysteme); zumindest stellt er die Integritt des Marktes sicher. Damit bernimmt er mehr Funktionen als ein klassischer Makler, indem sich der Plattformbetreiber einem traditionellen Bçrsenbetreiber annhert. Dies rechtfertigt es, die Gebhr fr die Angebotseinstellung als Teilnahmegebhr fr die entsprechenden Dienste anzusehen, fr die es nicht der Konstruktion des Aufwendungsersatzes bedarf, und die sich auch nicht am konkreten Aufwand zu orientieren hat. Vielmehr ist diese Gebhr Bestandteil des Produktes und des Wettbewerbs der Plattformen untereinander. Dementsprechend ist zu bedenken, dass die entsprechende Ausgestaltung der Gebhren und Leistungen der Inhaltskontrolle entzogen ist, da es sich um einen neuartigen Vertragstypus handelt, der nicht vollstndig dem Maklerrecht zu unterstellen ist. 33 Aus diesem Grund kçnnen auch Bemhungen nicht verfangen, den Vertrag vollstndig einem bestimmten Typus, etwa dem Werkvertrag, zu unterstellen, da bei den Plattform-, insbesondere den Auktionsvertrgen der Auftraggeber keine Entscheidungsfreiheit mehr ber den Vertragsabschluss habe. 34 Zum einen wird damit verkannt, dass die Plattformen eine Vielzahl von mçglichen Abschlussformen bereit stellen und die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB keineswegs eine vollstndige Zuordnung zu einem Vertragstypus erfordert, zum anderen, dass die Plattformen erst durch die Zugangsgewhrung dem Teilnehmer die entsprechenden Handelsnachweise bieten, daher durchaus eine Parallele zum Nachweismakler besteht. Dies hindert nicht, fr einzelne Ttigkeiten auch Werkvertragsrecht heranzuziehen, 31 BGH, Urteil v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (383) = NJW 1987, 1634

(1636); OLG Hamburg, Urteil v. 25.3.1983 – 11 U 246/82, NJW 1983, 1502; s. auch Wiebe, Kap. 4 Rz. 10. 32 So Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 39; ebenso Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil XII Rz. 93 f.; Wiebe, Kap. 4 Rz. 10. 33 Anders wohl Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil XII Rz. 92 ff.; Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 39. 34 So aber Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 109 ff.

134 | Spindler

Rz. 21 Kap. 5

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

etwa wenn die Einstellung des Angebotes auf die Plattform oder die Bereitstellung bestimmter Tools bernommen wird. 35 Neben dem Maklerdienstvertrag als Leitbild kçnnen zustzlich die §§ 93 ff. 20 HGB herangezogen werden, da auch der Handelsmaklervertrag als Maklerdienstvertrag ausgestaltet sein kann. 36 Allerdings scheiden die §§ 93 ff. HGB als Leitbild dann aus, wenn Dienstleistungen ber die elektronischen Marktpltze gehandelt werden, da sich § 93 Abs. 1 HGB allein auf Gegenstnde des Handelsverkehrs bezieht, wozu auch Rechte zhlen kçnnen, 37 nach § 93 Abs. 2 HGB dagegen nicht auf Immobilien oder Werk- und Dienstvertrge. 38 Dagegen ist fr §§ 93 ff. HGB nicht Voraussetzung, dass die Partner des Handelsmaklers, unter denen der Vertrag vermittelt wird, selbst Kaufleute sind. 39 Keine Probleme bereitet auch die Voraussetzung des § 93 Abs. 1 HGB, dass der Makler nur aufgrund von Einzelauftrgen ttig werden darf. Denn der Plattformbetreiber wird nur fr bestimmte Handelsobjekte untersttzend ttig, nicht aber dauerhaft im Rahmen der Vertriebsorganisation des Auftraggebers. 40 Dies mag sich dann ndern, wenn ein Unternehmen oder ein Zusammenschluss von Unternehmen dauerhaft die elektronische Plattform fr ihre spezifischen Einkaufs- oder Absatzzwecke einsetzt. Allerdings kçnnen die §§ 93 ff. HGB nur mit Vorsicht als Leitbild angewandt 21 werden, da dem Typus des Handelsmaklervertrages die Vorstellung zugrunde liegt, dass der Handelsmakler anders als der reine (zivilrechtliche) Nachweismakler auf den Dritten einwirkt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber abzuschließen. 41 Dies soll zwar schon allein in der Annahme und Weiterleitung von Angeboten oder sonstigen Maßnahmen „kommunikativen Verhaltens“ liegen, die auch bei elektronischen Marktpltzen in der Weiterleitung der jeweiligen Willenserklrungen der Teilnehmer begrndet sein sollen, was ber den bloßen Nachweis einer Gelegenheit zum Vertragsschluss hinaus-

35 Darauf stellt maßgeblich Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen

im Internet, 2004, Rz. 111 ab. 36 Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 33; MnchKomm/

v. Hoyningen-Huene § 93 HGB Rz. 35. 37 MnchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 93 HGB Rz. 36 f.; Heymann/Herrmann,

§ 93 HGB Rz. 3; Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 93 HGB Rz. 30. 38 MnchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 93 HGB Rz. 40; Heymann/Herrmann, § 93

HGB Rz. 2; Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 93 HGB Rz. 32, 35. 39 MnchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 93 HGB Rz. 36; Heymann/Herrmann, § 93

HGB Rz. 1; Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 93 HGB Rz. 25. 40 Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 37; Ende/Klein, Grund-

zge des Vertriebsrechts im Internet, S. 55 ff. 41 BGH, Urteil v. 17.4.1997 – III ZR 182/96, NJW-RR 1997, 884 = BB 1997, 1552; BGH,

Urteil v. 10.7.1985 – IV a ZR 15/84, NJW 1986, 50 (51); BGH, Urteil v. 4.7.1990 – IV ZR 174/89, NJW 1990, 2745; Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 93 HGB Rz. 14; Baumbach/Hopt/Hopt, § 93 HGB Rz. 13; Rçhricht/Graf v.Westphalen/Rçhricht, Vor § 93 HGB Rz. 30; Staub/Br+ggemann, Vor § 93 HGB Rz. 13.

Spindler | 135

Kap. 5 Rz. 22

Vertragliche Haftung und Pflichten

gehe. 42 Daran ist richtig, dass die elektronische Handelsplattform, die ein „Matching“ erlaubt und untersttzt, ein „Mehr“ gegenber dem reinen Nachweis von Angeboten bringt, wie sie den Nachweismakler und entsprechende Kontaktplattformen auszeichnet. Doch ist die reine Kommunikationsuntersttzung noch kein „Einwirken“ auf den potentiellen Vertragspartner, sondern nur die Erleichterung der Transaktion und die Zurverfgungstellung von untersttzenden Diensten, so dass letztlich der Plattformbetreiber eine andere Stellung einnimmt als der typische Handelsmakler. 22 Da die Bestimmung der geschuldeten Hauptleistungspflichten aber nicht der Inhaltskontrolle unterliegt, sondern zur Disposition der Parteien steht, kann der Online-Auktionsvertrag und seine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht am hergebrachten Typus des Versteigerungs- oder Auktionsvertrages und der Ttigkeit des traditionellen Auktionators ausgerichtet werden; er stellt vielmehr einen neuen, aus verschiedenen Elementen gemischten Vertragstypus dar, dessen Inhaltskontrolle sich daran zu orientieren hat, ob der Modifizierung ansonsten typischer Leistungen des Versteigerers ein Vorteil fr die Online-Auktionsteilnehmer gegenbersteht oder diese zumindest ber die Risiken der Online-Auktion angemessen unterrichtet werden. 43 Bercksichtigt man, dass eine virtuelle Auktion erhebliche Transaktionskosten fr die Auktionsteilnehmer sparen kann und somit den Kreis der Teilnehmer wesentlich vergrçßert, so dass die Informationseffizienz der Mrkte erheblich erhçht wird, werden hierdurch die eintretenden Nachteile, dass der Auktionator nicht die Ware selbst in Empfang nimmt und somit zumindest offensichtliche Fehler erkennen kann, kompensiert. Die Herausbildung neuer Marktformen ist grundstzlich aufgrund der Vergrçßerung der Mçglichkeiten der Marktteilnehmer, die ihnen passende Geschftsform zu whlen und damit den spezifischen Bedrfnissen anzupassen, volkswirtschaftlich erwnscht.

2. Konkretisierung der Pflichten, insbesondere Marktbetreiberpflichten a) Eberblick

23 Neben den Pflichten des Auktionshauses, die sich auf die Abwicklung des Vertrages zwischen Einlieferer und Bieter beziehen, kçnnen vor allem Verletzungen von Pflichten, die sich auf die ordnungsgemße Abwicklung des Handelsgeschehens richten, die Haftung des Plattformbetreibers auslçsen. Die mçglichen Pflichten reichen von der ordnungsgemßen Verarbeitung und 42 So Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 36 unter Berufung

auf Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 93 HGB Rz. 15. 43 Rhnlich fr Maklervertrge MnchKomm/Roth, § 652 BGB Rz. 7; zur Inhalts-

kontrolle atypischer Vertrge allgemein BGH, Urteil v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, NJW 1995, 2637 (2638); Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt/H. E. Brandner, § 8 AGBG Rz. 7.

136 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 24a Kap. 5

Publizierung der von Einlieferern und Bietern gesendeten Daten bzw. Angebote ber die Gewhrleistung der Erreichbarkeit des Systems, seiner Sicherheit vor missbruchlicher Benutzung Dritter oder entsprechender Angriffe (Hacker) bis hin zur Unterbindung von Verflschungen der Auktionen, z.B. durch Gebote des Einlieferers selbst oder der Mitarbeiter des Auktionshauses. Von der Bedeutung dieser Pflichten fr die Vertragsdurchfhrung (Kardinalpflichten) hngt schließlich die Zulssigkeit entsprechender Haftungsausschlussklauseln ab. Im Wesentlichen lassen sich diese Pflichten auch auf die Anbieter von Einkaufs-Plattformen oder Power Shopping oder Community Shopping bertragen. Eine Hauptleistungspflicht des Auktionators ist die ordnungsgemße Entge- 24 gennahme sowie Weiterverarbeitung von Angeboten von Einlieferern und Geboten von Bietern. Der Auktionator kann sich daher der Haftung fr diese Kardinalpflicht nicht entschlagen; eine entsprechende Haftungsausschlussklausel wrde sowohl an § 307 BGB als auch an § 309 Nr. 7b BGB sowie im Bereich der Nichterfllung an § 309 Nr. 8a BGB scheitern. Stellt der Auktionator ein Angebot trotz vorheriger Registrierung und Annahme des Angebots nicht in seinen Online-Katalog ein, wird der Vertrag nicht erfllt, so dass die §§ 280 ff. und §§ 320 ff. BGB mit den Modifizierungen durch das Dienstvertragsrecht eingreifen. Wird das Angebot verflscht wiedergegeben, handelt es sich um eine Schlechterfllung, die zu entsprechenden Schadensersatzfolgen aus Verletzung der dienstvertraglichen Pflichten fhrt. Gleiches gilt fr die Weiterleitung und Einstellung von Geboten in die Auktion: Werden Gebote, die beim Auktionator eingegangen sind, nicht in das Auktionsverfahren eingebunden, wird der Vertrag mit dem Bieter nicht erfllt, bei Verflschungen liegt Schlechterfllung vor. Mutatis mutandis gilt dies auch fr die Gebote, die Teilnehmer im Rahmen von Community-Shopping-Verfahren abgeben: Werden sie nicht richtig eingruppiert oder werden sie berhaupt nicht bercksichtigt, liegt eine Vertragsverletzung mit der Folge des Schadensersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB vor. Problematisch ist allerdings hufig die Berechnung des konkreten Scha- 24a dens: Denn fr den Fall der Verletzung der Hauptleistungspflichten hat der Marktplatzbetreiber das Erfllungsinteresse zu ersetzen (§ 281 BGB). In diesem Fall aber msste der Teilnehmer (Einlieferer oder Bieter) nachweisen, zu welchem konkreten Preis die Ware verkauft worden wre, um seinen Schaden zu berechnen, der daraus entstanden ist, dass die Ware nicht angemessen ver- oder gekauft wurde. In der Regel wird man hier auf Schtzungen im Rahmen von § 287 ZPO angewiesen sein, insbesondere, indem parallel verlaufende Handelstransaktionen oder Auktionsverfahren als Maßstab herangezogen werden. 44 In diesem Rahmen ist selbstverstndlich das Mitver44 Im Ergebnis hnlich Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im In-

ternet, 2004, Rz. 357, der allerdings fr Bieter meint, konkret den Schaden berechnen zu kçnnen, dabei aber den allgemeinen Einfluss auf das Preisniveau vernachlssigt, s. auch Fn. 124.

Spindler | 137

Kap. 5 Rz. 25

Vertragliche Haftung und Pflichten

schulden des Teilnehmers zu bercksichtigen, etwa die Nutzung einfacher Kontaktaufnahmemçglichkeiten mit seinem Vertragspartner etc. 45 b) Ausfall des Systems und von Suchfunktionen aa) Grundstze

25 Fraglich ist ferner, ob der Auktionator fr die stndige Funktionsfhigkeit seines Systems einstehen muss. Der Ausfall des Systems kann erhebliche Folgen haben, z.B. wenn Gebote kurz vor Schluss der Auktion nicht mehr in das Verfahren eingefhrt werden kçnnen. 46 Andererseits kann nach dem derzeitigen Stand der Technik keine 100%ige Sicherheit der Systeme garantiert werden. 47 Zwar kçnnte einem Ausfall der Systeme durch sog. redundante Sicherungsvorkehrungen, z.B. durch Reserve-Server, vorgebeugt werden; doch ist fraglich, ob der Plattformbetreiber zu solchen Sicherungsvorkehrungen auch rechtlich verpflichtet ist. Entscheidend fr die rechtliche Wrdigung muss sein, ob der Vertragspartner stetige Verfgbarkeit erwarten kann, welche Bedeutung diese Verfgbarkeit der Systeme fr die Vertragserfllung hat, wie groß das potentielle Schadensausmaß im Verhltnis zu den Sicherungsvorkehrungen wre und ob diese Relevanz fr den Anbieter erkennbar ist. 48 26 Anders als bei Access-Providern, bei denen der Kunde in der Regel seine Einwahl zu einem spteren Zeitpunkt wiederholen kann und bei denen der Provider von den Zwecken, die der Kunde mit seiner Einwahl verfolgt, meist keine Kenntnis hat, ist der Handelsvorgang gerade auf einen bestimmten Zeitablauf und bei Auktionen auf die Zuspitzung der Versteigerung durch das Steigern der Gebote fr einen Gegenstand ausgelegt. Selbst wenn die Auktion nach Ende des Systemausfalls fortgesetzt wird, kann der Zustand ex ante nicht vollstndig wiederhergestellt werden, da viele Auktionen auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert sind oder Bieter sich darauf eingestellt haben, z.B. Auktionsendpunkte am Wochenende, wenn viele Bieter noch 45 Darauf weist zutr. Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Inter-

net, 2004, Rz. 354 hin. 46 Dies bersieht Gaul, WM 2000, 1783 (1793), der nur auf die Situation des Einliefe-

rers abstellt und daher der Haftung des Auktionators die praktische Relevanz abspricht. 47 S. dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 86 m.w.N. 48 Fehlgehend daher Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 104, 315, der selbst fr den entgeltlichen Nutzungsvertrag dem Zugang zur Handelsplattform keine Wesentlichkeit beimisst, da kein stçrungsfreier Betrieb mçglich sei. Hoffmann verwechselt damit aber die Bestimmung der Pflichten und ihres Inhaltes mit der Frage, ob sie als Kardinalpflichten zu qualifizieren sind. Zudem wird die Rolle solcher Pflichten fr die Vertragspartner verkannt. Schließlich will Hoffmann (Rz. 112) den Vertrag als Werkvertrag qualifizieren, wobei Erfolg die Durchfhrung der Aktion sein soll – wobei nicht ersichtlich ist, wie sich die Zugangsgewhrung als Nebenpflicht (!) hierzu verhalten soll.

138 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 27 Kap. 5

steigern kçnnen. Eine reine Zeitverlngerung kann daher nicht immer den vom Einlieferer bzw. Anbieter gewnschten, durch den Systemausfall aber gestçrten Handelsablauf kompensieren. Daher spricht auf den ersten Blick in vielen Fllen einiges dafr, die Erbringung der Leistung „Auktion“ und „Handelsvorgang“ als Fixschuld anzusehen. Dagegen kçnnte indes ins Feld gefhrt werden, dass gerade der Betreiber einer elektronischen Plattform keine Kenntnis von den mit einem Handelsvorgang bzw. einer Auktion verfolgten Zielen des Kunden haben wird, so dass er – anders als bei den charakteristischen Fixschuldfllen – sich nicht darauf einstellen kann und das Haftungsrisiko nicht abschtzen kann. 49 Anders aber als der nur die Durchleitung oder das Hosten von fremden Inhalten schuldende Diensteanbieter bietet der Betreiber einer elektronischen Handelsplattform spezifische Leistungen an, die bei Auktionen in der Regel durch ihre Zeitabhngigkeit charakterisiert sind. Da dem Plattformbetreiber bei dieser Art von Handel bewusst sein muss, dass fr den Kunden gerade der Zeitpunkt des Auktionsendes von herausragender Bedeutung ist, kann nicht darauf verwiesen werden, dass der Betreiber sich grundstzlich nicht auf das damit verbundene Risiko einstellen kçnne. Dies gilt naturgemß nicht fr andere Handelsformen, die kein zeitlich fixiertes Element aufweisen, wie etwa „normale“ Kontaktplattformen, die ohne Zeitdruck Angebot und Nachfrage zusammenbringen (Online-Shops), oder etwa beim „Sofortkauf“. Die Funktionsfhigkeit des Systems ist daher von essentieller Bedeutung fr 27 die Durchfhrung des Vertrages, auch wenn er im Wesentlichen von dienstvertraglichen Elementen gekennzeichnet ist; denn in diesem Fall handelt es sich um den Ausfall der Dienste insgesamt. Der Ausfall des Systems etwa zum Ende der Auktion 50 schlgt sich damit regelmßig in dem Verlust der Chance sowohl des Einlieferers auf einen hçheren Kaufpreis 51 als auch des Bieters auf den Zuschlag des Gegenstandes nieder. Dies hat auch Auswirkungen auf die Zulssigkeit von Haftungsbegrenzungs- und Haftungsausschlussklauseln, da die Funktionsfhigkeit zu den Kardinalpflichten des Anbieters gehçrt. Zu 49 Vgl. BGH, Urteil v. 9.6.1982 – IVa ZR 9/81, BGHZ 84, 244 (248 f.) und BGH, Urteil

v. 17.10.1991 – IX ZR 255/90, BGHZ 115, 382 (387 ff.): Pflicht des Steuerberaters zur Abgabe einer Steuererklrung vor unanfechtbarer Schtzung der Besteuerungsgrundlage durch Finanzamt; BGH, Urteil v. 30.11.1972 – VII ZR 239/71, BGHZ 60, 14 (16): Fr bestimmte Zeit geschlossener Reisevertrag; OLG Dsseldorf, Urteil v. 8.12.2000 – 22 U 104/00, NJW-RR 2002, 633: Werbeprospekte fr „Tag der offenen Tr“; LG Berlin, Urteil v. 10.6.1981 – 28 O 236/80, NJW 1982, 343 (344): Luftbefçrderungsvertrge; zu den einzelnen Fallgruppen s. Staudinger/Otto, Neubearbeitung 2004, § 323 BGB Rz. B 99; MnchKomm/Ernst, § 275 BGB Rz. 46 f.; Bamberger/Roth/Grothe, § 323 BGB Rz. 24. 50 S. z.B. den Fall des Komplettausfalls des eBay-Systems am 21.8.2003, http://www. heise.de/newsticker/meldung/39595 (abgerufen: 26.6.2004). 51 Diese wechselseitigen Beziehungen zwischen Bietern und Einlieferern, die ein Interesse an einer mçglichst hohen Zahl von Bietern haben (die notwendigerweise den Zugang zum System bençtigen), verkennt Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 315 f.

Spindler | 139

Kap. 5 Rz. 28

Vertragliche Haftung und Pflichten

berlegen bleibt aber, ob die Neutralitt solcher Handelsplattformen, auf denen alle zulssigen Gegenstnde und Dienstleistungen gehandelt werden kçnnen und die Automatisierung sich nicht im Rahmen der Inhaltskontrolle auf entsprechende Haftungsbegrenzungsklauseln auswirken muss. 52 Zulssig erscheinen daher Klauseln, die die Haftung der Plattformbetreiber fr Schden aufgrund von abgebrochenen Auktionen infolge eines Systemzusammenbruchs auf den vorhersehbaren Schaden des Kundens begrenzen. 53 28 Problematisch drfte in der Praxis allerdings der Nachweis eines Schadens sein, da der Einlieferer beweisen muss, dass ein hçheres Gebot abgegeben worden wre, oder der Bieter zumindest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Zuschlagserteilung darlegen und nachweisen muss. 54 Bei wiederholten Transaktionen und nachweisbaren regelmßigen Geschehensablufen kann gegebenenfalls ein Anscheinsbeweis oder eine Schtzung nach § 287 ZPO helfen, wenn gengend tatschliche Anhaltspunkte fr einen zu erwartenden Gewinn vorhanden sind – was allerdings nicht allzu oft der Fall sein drfte. Zumindest jedoch berechtigt der Ausfall des Systems dazu, Zahlungen fr die Auktionsdurchfhrung gem. § 326 Abs. 1 BGB zu verweigern, wenn man bercksichtigt, dass Auktionen hufig zeitlich fixiert und damit nach Zeitablauf nicht mehr nachholbar bzw. unmçglich sind, oder etwaige Teilnahmegebhren wegen Schlechtleistung zu mindern. 55 29 Die gleichen Grundstze gelten auch fr die Suchfunktionen, die die Marktplatzbetreiber anbieten und die das Auffinden von gewnschten Angeboten ermçglichen. Nur fr ußerst kleine Marktpltze, die in praxi praktisch nicht das relevante Marktpotential zum Jberleben aufweisen drften, kçnnte auf eine Suchfunktion verzichtet werden. Je mehr Angebote auf einem Marktplatz vertreten sind, umso schwieriger wird es fr einen Marktteilnehmer, das von ihm gesuchte Angebot herauszufinden – umgekehrt wird die Wahrscheinlichkeit fr einen Anbieter, einen marktblichen Preis 52 Darber hinaus (bzw. alternativ) wre bei besonders wichtigen Geschften an eine

Hinweispflicht des Kunden zu denken, mit denen er den Plattformbetreiber auf die Bedeutung der Auktion aufmerksam machen msste. 53 Allgemein zur Zulssigkeit derartiger Klauseln im kaufmnnischen Verkehr BGH, Urteil v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 (336); BGH, Urteil v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3018); OLG Bamberg, Urteil v. 8.12.1983 – 1 U 22/83, NJW 1984, 929; offen gelassen in BGH, Urteil v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, BGHZ 89, 363 (369); zustimmend Ulmer/Brandner/Hensen/ Schmidt/H.-D. Hensen, § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 35 f.; Palandt/Heinrichs, § 309 Rz. 49. Zur Zulssigkeit entsprechender Klauseln in Internet-Provider-Vertrgen Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 352; wohl auch Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, Rz. 254; zurckhaltend dagegen Staudinger/Coester, 13. Bearbeitung 1998, § 9 AGBG Rz. 350. 54 Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 42; Gaul, WM 2000, 1783 (1793). 55 Bei reiner Schlechtleistung ist § 326 Abs. 1 BGB nicht mehr anwendbar, sondern nur noch Gewhrleistungsrecht bzw. Rcktritt nach § 326 Abs. 5 BGB mçglich, vgl. Erman/Westermann, § 326 BGB Rz. 8.

140 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 32 Kap. 5

zu erzielen, immer geringer. Anders ausgedrckt ist die Suchfunktion auf einem elektronischen Marktplatz essentiell fr die Markttransparenz. Die fr Kapitalmrkte geltende Binsenweisheit, dass die Markttransparenz unabdingbar ist, gilt auch fr andere elektronische Mrkte, die zwar nicht durch dieselbe Homogenitt gekennzeichnet sind, aber aufgrund der Vielzahl von Angeboten hohe Suchkosten aufweisen. Auch das Angebot von Such- und Ordnungsfunktionen zhlt daher zu den wesentlichen Vertragspflichten eines elektronischen Marktplatzbetreibers. Unterhlt der Plattformbetreiber selbst keinen eigenen Rechner, sondern be- 30 dient er sich anderer Systeme, was bei kleineren Plattformen durchaus der Fall sein kann, kann er sich hinsichtlich des Ausfalls dieser Systeme seiner Haftung nicht dadurch entschlagen, dass er auf die Verantwortlichkeit des Betreibers der fremden Rechner (Host) verweist. Denn dieser fungiert als Erfllungsgehilfe des Auktionshauses, so dass die Einschrnkungen hinsichtlich von Haftungsausschlussklauseln nach § 309 Nr. 7b BGB und § 307 BGB auch hier eingreifen. Dies gilt auch fr den Bereich der Kardinalpflichten bei einfacher Fahrlssigkeit: Auch hier kann sich der Plattformbetreiber nicht fr das leicht fahrlssige Verhalten von Erfllungsgehilfen freizeichnen. 56 bb) Klauseln

Fraglich ist indes, ob diese Pflichten- und Risikoverteilung formularmßig 31 abgendert werden kann. In Betracht kommen zwei Klauselformen: Zum einen kann die Leistungspflicht des Plattformanbieters von vornherein eingeschrnkt werden, so dass Systemausflle mangels Pflichtverletzung nicht zu entsprechenden Ansprchen der Kunden fhren kçnnen; zum anderen sind Haftungsklauseln denkbar, die entweder auf der Seite des Verschuldens oder der Haftungssumme versuchen, die Ansprche zu begrenzen. Verkompliziert wird die Analyse dadurch, dass die Rechtsprechung auch solche Klauseln als implizite Haftungsbegrenzungen auslegt, die eine Begrenzung der Pflicht des Plattformbetreibers zur Bereitstellung des Dienstes vorsehen. So hat der BGH eine Klausel einer Online-Bank fr unangemessen und unzulssig nach § 309 Nr. 7 b) BGB erklrt, die eine zeitweilige Einschrnkung des Dienstes aus betrieblichen oder technischen Grnden ohne jede Differenzierung danach, ob der Grund von der Bank verschuldet war, vorsah. 57 Eine typische, vom Marktfhrer eBay verwandte Klausel in diesem Bereich 32 lautet etwa: „Der Anspruch des Mitglieds auf Nutzung der eBay-Website und ihrer Funktionen besteht nur im Rahmen des aktuellen Stands der Technik. eBay beschrnkt seine Leis56 Vgl. allgemein Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt/H.E. Brandner, § 9 AGBG

Rz. 157; BGH, Urteil v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1063). 57 BGH, Urteil v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 (143) = NJW 2001, 751

(752) = CR 2001, 181 (183) m. Anm. Stçgm+ller.

Spindler | 141

Kap. 5 Rz. 33

Vertragliche Haftung und Pflichten

tungen zeitweilig, wenn dies im Hinblick auf Kapazittsgrenzen, die Sicherheit oder Integritt der Server oder zur Durchfhrung technischer Maßnahmen erforderlich ist und dies der ordnungsgemßen oder verbesserten Erbringung der Leistungen dient (Wartungsarbeiten). eBay bercksichtigt in diesen Fllen die berechtigten Interessen der Mitglieder, wie z.B. durch Vorabinformationen. § 19 AGB [scil.: die Klausel zur Haftungsbeschrnkung] bleibt von der vorstehenden Regelung unberhrt.“ 58

Eine hnliche Klausel findet sich in den Nutzungsbedingungen des Auktionshauses FEININGER : „FEININGER ist bemht, eine 100% Systemsicherheit sicherzustellen. Dies kann jedoch leider nicht garantiert werden. Insbesondere kann es hin und wieder bei Wartungsarbeiten am Server oder der benutzten Software zu Verzçgerungen oder Ausfllen kommen. Bei technischen Stçrungen kçnnen Gebote unter Umstnden nicht bermittelt oder verarbeitet werden. Ansprche aus technischer Stçrung sowie Hardoder Softwarefehlern gegenber FEININGER sind ausdrcklich ausgeschlossen.“ 59

33 Fraglich ist bei derartigen Klauseln zunchst, ob es sich um kontrollfreie Leistungsbeschreibungen handelt. Geht man – wie hier vertreten (Rz. 12 ff.) – von einem Maklerdienstvertrag als gesetzlichem Leitbild aus, so wird von vornherein kein Erfolg im Sinne einer stndigen Verfgbarkeit der Plattform geschuldet. Es ist gerade das Wesen des dienstvertraglichen Elements und seiner Risikokomponente, dass der Schuldner nur ein Bemhen schuldet, aber keinen Erfolg. Die Klausel erweist sich damit also im Kern als deklaratorische Wiedergabe des Leistungsprogramms der dienstvertraglichen Seite des Gesamtvertrages, indem der Plattformbetreiber dem Teilnehmer die Erbringung der Dienstleistung der Nutzung seines Marktplatzes verspricht. Die Rechtslage ist hier insoweit nicht anders als fr sonstige Providervertrge, die den Zugang zu einem elektronischen Kommunikationssystem vorsehen (Access-Providing); auch hier ist vom Leitbild des Dienstvertrages im Wesentlichen auszugehen. 60 34 Dies ndert jedoch nichts daran, dass auch im Rahmen eines Maklerdienstvertrages dem Kunden bzw. Teilnehmer der Plattform bei vom Plattformbetreiber verschuldeten Pflichtverletzungen Rechte zustehen mssen. Anders formuliert kann sich der Plattformbetreiber bei einem von ihm verschuldeten Systemausfall nicht darauf berufen, dass der Kunde sowieso keinen Anspruch auf stndigen Zugang zur Plattform habe. 61 Da demnach 58 eBay 10/2004, § 3 Abs. 2, in den vorherigen AGB (06/2003) war noch der Passus ent-

halten: „Zeitweilige Beschrnkungen kçnnen sich durch technische Stçrungen wie Unterbrechung der Stromversorgung, Hardware- und Softwarefehler etc. ergeben“. 59 FEININGER (Stand 04/2004), Nr. 5; hnliche Klauseln finden sich auch bei mycon (Stand 04/2004) Nr. 6a S. 2, 6b sowie AnundVerkauf (Stand 04/2004), Nr. 2. 60 Ausfhrlicher dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 93. 61 Dies wre aber die Konsequenz des Ansatzes von Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 101, der keine Leistungspflichten anerkennen will.

142 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 36 Kap. 5

feststeht, dass derartige Klauseln hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Sekundransprche (Gewhrleistung, Haftung) der Inhaltskontrolle unterliegen, muss fr die weitere Analyse zwischen den einzelnen Bestandteilen der Klausel getrennt werden: So ist gegen die Beschreibung, dass der Nutzer nur einen Anspruch auf Nut- 35 zung der Dienste im Rahmen des Standes der Technik hat, nichts einzuwenden, da auch nach Dienst- oder Werkvertragsrecht der Glubiger nur Leistungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen kann, nicht aber etwa nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. 62 Schwieriger ist dagegen der Klauselbestandteil zu bewerten, der eine zeit- 36 weilige Beschrnkung der Dienste durch technische Stçrungen wie Unterbrechung der Stromversorgung, Hardware- und Softwarefehler vorsieht. Der Plattformbetreiber versucht hier, dem nach dem Stand der Technik nicht beherrschbaren Systemausfallrisiko gerecht zu werden und seine Pflichten zu begrenzen. Sofern sich diese Begrenzungen auf solche Fehler oder Ausflle beziehen, die nicht zu verhindern sind, ist gegen die Klausel nichts einzuwenden, da sie nur das wiedergibt, was der Glubiger nach dem Stand der Technik berhaupt beanspruchen kann. Problematisch sind jedoch diejenigen Systemausflle, die auf vom Betreiber verschuldete oder vorhersehbare Fehler zurckzufhren sind. Bei verwenderunfreundlicher Auslegung der Klausel werden auch diese Ausflle von der Begrenzung der Leistungspflicht erfasst, da nicht zwischen unvorhersehbaren und verschuldeten Systemausfllen differenziert wird. Demgemß liegt in einer solchen Klausel auch eine implizite Haftungsbeschrnkung, die der BGH fr eine vergleichbare Klausel einer Online-Bank beanstandet hatte. 63 Da der ordnungsgemße Handels-, insbesondere Auktionsverlauf in Gestalt der Erreichbarkeit des Systems eines der wesentlichen Elemente des gesamten Vertrages darstellt, handelt es sich um eine Kardinalpflicht, bei der die Haftung des Plattformbetreibers nicht durch Begrenzung der Haftung auf grobe Fahrlssigkeit und Vorsatz eingeschrnkt wer-

62 BGH, Urteil v. 20.4.1989 – VII ZR 80/88, NJW-RR 1989, 849 (850); BGH, Urteil

v. 9.7.2002 – X ZR 242/99, NJW-RR 2002, 1533 (1535); OLG Celle, Urteil v. 30.3.1984 – 15 U 145/83, BauR 1984, 522; OLG Dsseldorf, Urteil v. 13.5.1998 – 22 U 245/96, NJW-RR 1998, 1710 (1711); OLG Hamm, Urteil v. 17.12.1998 – 7 U 5/96, NJW-RR 1998, 668 (669); grundlegend: RG, Urteil v. 11.10.1910 – IV 644/10, RGSt 44, 75 (78 ff.); RG, Urteil v. 5.1.1922 – I 648/21, RGSt 56, 343 (345 ff.); vgl. auch: Staudinger/Peters, Neubearbeitung 2003, § 633 BGB Rz. 168 f.; MnchKomm/Soergel, § 633 BGB Rz. 37 f.; Ingenstau/Korbion/Oppler, § 4 VOB Teil 2 Rz. 151. 63 BGH, Urteil v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146 (143) = NJW 2001, 751 (752) = CR 2001, 181 (183) m. Anm. Stçgm+ller.

Spindler | 143

Kap. 5 Rz. 37

Vertragliche Haftung und Pflichten

den kann; 64 vielmehr muss der Betreiber auch fr leichte Fahrlssigkeit einstehen. 65 37 Daher sollte der Plattformbetreiber mit Verf gbarkeitswerten im Rahmen der Leistungsbeschreibung 66 oder mit Klauseln, die nach dem Verschulden fr Stçrungen differenzieren, arbeiten. Allerdings mssen auch Angaben zur Verfgbarkeit dem Transparenzgebot standhalten und dem Teilnehmer klar vor Augen fhren, unter welchen Umstnden er Rechte geltend machen kann, so dass eine kurze zeitliche Begrenzung, maximal auf einen Monat, erforderlich ist. 67 Verfgbarkeitsangaben, die hinreichend transparent sind, sind Bestandteil des Leistungspakets eines Plattformanbieters und der Inhaltskontrolle entzogen – denn sie bleiben nicht wie die vom BGH inkriminierte Klausel derart im Vagen, dass jegliche Beschrnkung aus technischen oder betrieblichen Grnden erfasst wird, sondern sie geben die zu erwartende Leistung an. 68 38 Der dritte Bestandteil der von eBay verwandten Klausel rumt schließlich dem Plattformbetreiber das Recht ein, seine Leistungen einzuschrnken, um die Systemintegritt zu gewhrleisten oder Kapazittsgrenzen einzuhalten etc. Eine solche Klausel enthlt einen Leistungsnderungsvorbehalt zugunsten des Plattformbetreibers, da dieser nach seinem Ermessen den Leistungsumfang einschrnken kann. Derartige Klauseln halten daher der Inhaltskontrolle nur stand, wenn sie den Vorgaben von § 308 Nr. 4 BGB gengen – auch im Rahmen von § 307 BGB fr Klauseln im unternehmerischen Verkehr. 69 Demnach ist ein Rnderungsvorbehalt nur dann wirksam, wenn er unter Bercksichtigung der Interessen des Verwenders fr den Kunden zumutbar ist. Maßgeblich ist die Zumutbarkeit des Rnderungsvorbehaltes selbst, nicht jene der Leistungsnderung. 70 Damit der Kunde abschtzen kann, welche Leis64 Vgl. BGH, Urteil v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (95 f.); BGH, Urteil

65 66

67 68

69

70

v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 (244); BGH, Urteil v. 19.4.1978 – VIII ZR 39/77, BGHZ 71, 226 (228) – Wasserversorgung; BGH, Urteil v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 f.; BGH, Urteil v. 26.1.1993 – X ZR 90/91, NJW-RR 1993, 560 (561); BGH, Urteil v. 19.2.1998 – I ZR 233/95, VersR 1998, 1049 (1050) – Bremer Lager-Gesellschaft; s. auch die Entscheidungen vor Verabschiedung des AGBG, z.B. BGH, Urteil v. 13.3.1956 – I ZR 132/54, NJW 1956, 1065 (1066 f.) – Schlepptrossen; BGH, Urteil v. 29.1.1968 – II ZR 18/65, BGHZ 49, 356 (363) – Schiffsbeladung. Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 43. Hierfr Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 44; ausfhrlicher dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 96 ff. Nher Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 98. Dies verkennt Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 19; ebenso offenbar Schuster/M+ller, in: Schuster (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia, Kap. 14 Rz. 42 ff. BGH, Urteil v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (626 f.); BGH, Urteil v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1063); MnchKomm/Basedow, § 308 Nr. 5 BGB Rz. 12. Staudinger/Coester-Waltjen, 13. Bearbeitung 1998, § 10 Nr. 4 AGBG Rz. 6; missverstndlich Stoffels, AGB-Recht, Rz. 796 ff.

144 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 39 Kap. 5

tungen gendert werden kçnnen und in welchem Ausmaß die Rnderung erfolgen kann, sind mçglichst konkret Voraussetzungen, Art, Grund und Ausmaß der vorbehaltenen Rnderung in der Klausel kenntlich zu machen. 71 Eine Wiederholung des Gesetzestextes dergestalt, dass die Rnderung allein unter den Vorbehalt der Zumutbarkeit fr den Vertragspartner gestellt wird, reicht nicht aus. 72 Ob die oben zitierte Klausel diesen Vorgaben standhlt, erscheint nicht zweifelsfrei: Zwar ist nicht zu leugnen, dass fr den Anbieter kaum vorhersehbar ist, welche technische Maßnahmen erforderlich sind, um das Angebot zu sichern oder zu erweitern; doch kann der Kunde im Voraus kaum erkennen, wann „Kapazittsgrenzen“ fr einen Anbieter erreicht sind oder wann die „Integritt“ der Server berhrt ist. Mçglich sind allerdings Unterbrechungsklauseln, die die Wertungen aus § 6 TKV (2002) bzw. § 85 Abs. 2 TKG zur Wartung und fr die Sicherheit des Netzbetriebs aufnehmen. 73 Im Providerbereich sind zahlreiche Klauseln blich, die eine Einschrnkung 39 enthalten, dass „im Rahmen der bestehenden technischen und betrieblichen Mçglichkeiten“ die Leistungen zur Verfgung stnden. 74 Bei Plattformbetreibern finden sich zwar nicht explizit Klauseln mit gleichem Wortlaut, aber doch çfters sinngemße Formulierungen. 75 Auch wenn man den Provider-Vertrag dem Leitbild des Dienstvertrags unterstellt, unterliegen derartige Klauseln der Inhaltskontrolle, da sie keine reinen Leistungsbeschrei71 So fr den unternehmerischen Rechtsverkehr: BGH, Urteil v. 7.10.1981 – VIII ZR

72 73 74

75

229/80, BGHZ 82, 21 (25); BGH, Urteil v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211 ff.); BGH, Urteil v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47 f.); m.w.N. MnchKomm/Basedow, § 308 Nr. 4 BGB Rz. 8. BGH, Urteil v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (296); Ulmer/Brandner/ Hensen/Schmidt/H.Schmidt, § 10 Nr. 4 AGBG Rz. 9. Ausfhrlicher dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 329. RTL NET (Stand 06/2004), Nr. 3.1 (fr Access-Providing), 3.3.2 (fr Host-Providing); QSC Q-DSL home 07/2002, Nr. 4; hnlich CompuServe 05/2003, Nr. 2.5.; Freenet DSL 05/2004, Nr. 3.3; s. auch Freenet 06/2004, Nr. 1.7, wonach ein Einwahlzugang nicht zu jeder Zeit gewhrleistet werden kann; schwer haltbar: MSN, Nutzungsbedingungen Easysurfer 04/2003, Nr. 5, wonach keine Gewhr fr die stndige Verfgbarkeit bernommen wird und der Dienst „wie besehen“ zur Verfgung gestellt wird. S. z.B. die AGB der Plattformbetreiber ExtraLot 09/2002, § 7 Abs. 3: „ExtraLot bernimmt keine Garantie fr die ununterbrochene Verfgbarkeit, Qualitt und Nutzbarkeit der Internet-Seiten von ExtraLot.“ sowie OnlineAuktionen.de (Stand: 06/2004) Stichwort „Nutzungsanspruch“: „Die OnlineAuktionen.de Webseiten und unsere Dienstleistungen werden ohne jegliche Zusicherung in Bezug auf Verfgbarkeit und Qualitt gewhrt.“; ebenso Handelssachen (Stand 06/2004), Stichwort „Nutzungsanspruch“; Hood (Stand 05/2004), § 6 Abs. 1 Satz 2: “ ... Hood bernimmt keine Verantwortung fr die stndige und ununterbrochene Verfgbarkeit seiner Websites“; doppelshop.de (Stand 06/2004), Nr. 6: „Hinsichtlich der technischen Verfgbarkeit der Handelsplattform ist doppelshop.de bemht, eine 100%ige Verfgbarkeit sicherzustellen. Aufgrund der vielen Einflussfaktoren, die jedoch nur zum Teil von doppelshop.de kontrolliert werden kçnnen, ist doppelshop.de jedoch nicht in der Lage, dies zu garantieren.“

Spindler | 145

Kap. 5 Rz. 40

Vertragliche Haftung und Pflichten

bungen oder Angaben von Toleranzgrenzen enthalten, 76 sondern vielmehr dem Anbieter das Recht einrumen, die versprochenen Dienste abzundern, sei es auch nur temporr. Zwar schuldet der Anbieter nach hier vertretener Auffassung nur die Zugangsgewhrung im Rahmen von mçglichen, nicht beherrschbaren Systemausfllen; doch beziehen sich die genannten Klauseln nicht auf dieses Risiko, sondern auf geplante, vom Provider vorhersehbare und beeinflussbare Einschrnkungen und Rnderungen der Dienste. Auch hier sind daher die Maßstbe des § 308 Nr. 4 BGB anwendbar. cc) Unternehmerischer Verkehr

40 Die vorstehend entwickelten Grundstze gelten auch fr den unternehmerischen Verkehr. Denn hier kçnnen wesentlich grçßere Schden im Businessto-Business-Geschft entstehen, etwa wenn gemeinsame Einkaufs-Plattformen nicht mehr erreichbar sind oder hufig zusammenbrechen, erst recht, wenn es sich beispielsweise um Kapitalmarktplattformen handelt. Gerade im unternehmerischen Verkehr ist die stndige Erreichbarkeit und kurze Reaktionszeit essentiell fr die Durchfhrung der Geschfte, so dass die Funktionsfhigkeit des Systems eine Hauptleistungspflicht ist, deren Nichterfllung bei vom Plattformbetreiber zu vertretendem Ausfall entsprechende Schadensersatzansprche gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB begrndet. Ein formularmßiger Haftungsausschluss kommt auch nicht fr den auf Unternehmen bezogenen Rechtsverkehr in Betracht; dies gilt selbst fr leicht fahrlssige Pflichtverletzungen, da die vom Plattform-Betreiber angebotene Leistung mit der Verfgbarkeit des Systems steht und fllt. Entsprechende Klauseln zu Systemausfllen mssen daher auch fr B2B-Plattformen nach dem Verschulden des Betreibers differenzieren. c) Wartungsarbeiten

41 Jblicherweise mssen EDV-Systeme gewartet werden, schon allein, um die nçtige Systemsicherheit zu gewhrleisten. Whrend solcher Wartungszeiten stehen naturgemß die Funktionen der Plattformsysteme nicht zur Verfgung. Eine typische Klausel gibt dies etwa wie folgt wieder: „Auf die unter 2. (vgl. Rz. 32) aufgefhrten Wartungsarbeiten wird die Vorschrift unter 3. (dazu Rz. 49) nicht angewendet. Angebote, die nach dem Beginn der Wartungszeit enden, werden nicht verlngert, obwohl das Bieten oder Kaufen whrend dieser Zeit nicht mçglich ist.“ 77 76 Soergel/Stein, § 8 AGBG Rz. 6; Staudinger/Coester-Waltjen, 13. Bearbeitung 1998,

§ 10 Nr. 4 AGBG Rz. 5; so auch Jessen/M+ller, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), RechtsHandbuch zum E-Commerce, Teil B Rz. 533; fr den Fall der vertraglichen Vereinbarung der unbeschrnkten Nutzbarkeit BGH, Urteil v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 (141 f.) = NJW 2001, 751 (752) = CR 2001, 181 m. Anm. Stçgm+ller. 77 eBay 10/2004, § 3 Abs. 3; hnlich FEININGER (Stand 05/2004), Nr. 5: „ ... kann es hin und wieder bei Wartungsarbeiten am Server oder der benutzten Software zu Verzçgerungen oder Ausfllen kommen.“

146 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 45 Kap. 5

Derartige Wartungsklauseln tragen einem berechtigten Interesse des Verwen- 42 ders Rechnung und sind dem Nutzer zumutbar. Denn die Weiterentwicklung und Pflege des Dienstes liegt auch in seinem Interesse, was sich im Telekommunikationsrecht etwa in den Wertungen der § 6 Abs. 2 TKV (2002) bzw. § 85 Abs. 2 TKG und den dort geregelten Leistungsunterbrechungen fr Universaldienste niederschlgt, die auch fr die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB fruchtbar gemacht werden kçnnen. 78 Allerdings muss der Nutzer vor der Wartung ber vor bergehende Einschrn- 43 kungen informiert werden, so dass er sich darauf einstellen kann. Demgemß entspricht auch die Angabe der mçglichen Rnderungsgrnde den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen. 79 Rhnliche Wertungen liegen § 6 Abs. 3 TKV (2002) bzw. § 85 TKG zugrunde. Erforderlich ist ferner, dass Zugangsbeschrnkungen durch Wartungsarbeiten 44 nicht auf einer Ursache beruhen, die vom Provider verschuldet wurde, da die Klausel andernfalls implizit Schadensersatzanspr che des Nutzers entgegen §§ 309 Nr. 7b, 307 BGB ausschließen wrde. 80 Wird die Systemintegritt etwa durch mangelhafte Ausstattung der Server oder durch Unterbesetzung mit Personal gefhrdet, kann sich der Provider nicht auf Wartungsarbeiten berufen, wenn diese Probleme auf sein Organisationsverschulden zurckzufhren sind. Nicht nur grob fahrlssig verschuldete Unterbrechungen fallen hierunter, sondern auch leicht fahrlssig verursachte, da der Zugang zur Plattform die wesentliche Vertragspflicht des Providers darstellt, mithin die von der Rechtsprechung im Rahmen von § 307 BGB entwickelten Kriterien fr den unzulssigen Haftungsausschluss bei Kardinalpflichten eingreifen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang der Ausschluss einer Verlnge- 45 rung der Handelszeit, wie in der oben zitierten Klausel vorgegeben. Eine solche Abnderung des Auktionszeitrahmens nach freiem Ermessen des Plattformbetreibers kann nur dann die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB passieren, wenn der Anbieter zuvor die Mçglichkeit hat, die Auktion zu modifizieren, insbesondere die Zeit zu verlngern, zumindest den Handel abzubrechen, und wenn er nicht mit einem fiktiven Vertragsschluss zu Beginn der War78 S. auch Czychowski, in: Brçcker u.a., Praxishandbuch Geistiges Eigentum im In-

ternet, § 13 Rz. 127. 79 Ebenso, aber ohne nhere Begrndung Heun, in: Bartsch/Lutterbeck (Hrsg.),

Neues Recht fr Neue Medien, S. 249 (260). 80 BGH, Urteil v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 (143) = NJW 2001, 751

(752) = CR 2001, 181; kritisch dazu Stçgm+ller, CR 2001, 183 (185), der dem Anbieter sogar die Mçglichkeit einrumen mçchte, auch Mngel – z.B. Softwarefehler – , die aus seiner eigenen Sphre stammen und die er zu vertreten hat, zu beheben, ohne fr die hierdurch erfolgende Zugangsunterbrechung haftbar zu sein; a.A. offenbar Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 316 Fn. 410, der die Festlegung von Nutzungszeiten ausreichen lassen und hierunter insbesondere Wartungsarbeiten fassen will, anscheinend ohne Unterscheidung danach, ob die Ursache vom Betreiber verschuldet war.

Spindler | 147

Kap. 5 Rz. 46

Vertragliche Haftung und Pflichten

tungsarbeiten konfrontiert wird. Eine Klausel, die nicht derartige Einschrnkungen enthlt, wrde sonst auf eine unangemessene Benachteiligung der Plattformnutzer hinauslaufen, da weder der Anbieter noch die Teilnehmer sich darauf einstellen kçnnen, wann die Auktion beendet wird bzw. wie der Handel nach menschlichem Ermessen abluft und welches Preisniveau in etwa erreicht werden kann, zumal die Wartungszeiten in den entsprechenden Klauseln nicht zeitlich beschrnkt werden. Da die Klauseln auch keine Vorgabe enthalten, mit welcher Vorlaufzeit die Wartungsarbeiten angekndigt werden, ist auch nicht gesichert, dass die Teilnehmer im Marktgeschehen sich rechtzeitig darauf einstellen kçnnen und nicht in laufende Handelsprozesse eingegriffen wird. d) Nichterreichbarkeit des Systems wegen Netzstçrungen

46 Von dem Ausfall des Systems selbst ist die Nichterreichbarkeit des Systems zu unterscheiden. Die fehlende Erreichbarkeit – trotz an sich gegebener Funktionsfhigkeit des Systems – kann auf verschiedenen Ursachen beruhen: Exogenen Faktoren, wie Stçrungen oder Jberlastungen der Back-BoneNetze oder Telekommunikationsnetze, an die das Auktionshaus angeschlossen ist, oder dem Ausfall eines Hosts, auf dessen Rechnern das Auktionshaus seine Leistung erbringt. Hinsichtlich der exogenen Faktoren kann den Auktionator selbstverstndlich keine Verantwortung fr Stçrungen des vom Kunden selbst gewhlten Netzanschlusses bzw. Einwhlknotens treffen. Ebensowenig hat der Auktionator fr Stçrungen zwischengeschalteter Rechner (Router) einzustehen, da ihm ber deren Funktionsfhigkeit jegliche Herrschaft fehlt. 47 Anders ist indes zu entscheiden, wenn der Auktionator selbst Einwhlknoten oder gar einen unmittelbaren Zugang ber das Telefonnetz bereithlt. Bis zu dieser Schnittstelle muss der Auktionator fr Risiken aus seiner Sphre einstehen. Besondere Probleme bereitet in diesem Zusammenhang die Frage, ob bezglich der Erreichbarkeit des Systems § 7 TKVAnwendung findet; denn die Zugangsgewhrung rein technischer Natur ist eine Telekommunikationsdienstleistung, so dass an sich die Haftungsbeschrnkungen des § 7 TKV Anwendung fnden. Bei dem Online-Auktionsvertrag ebenso wie bei den Plattformvertrgen steht jedoch die Durchfhrung der Versteigerung derart im Vordergrund, dass der Telekommunikationscharakter der Verbindung zum Auktionssystem nur eine gnzlich untergeordnete Rolle spielt. 81 Whrend fr die Telekommunikationsdienstleistung die Haftungsbegrenzung gerechtfertigt erscheinen mag, da der Telekommunikationsprovider in der Regel nicht die mit der Verbindung verfolgten Zwecke kennt und demgemß seine Schadensverhtung nicht an das Ausmaß mçg81 Anders, aber ohne nhere Begrndung Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch

B2B-Plattformen, § 10 Rz. 21 f., der fr die „Anbindung an das Internet“ § 7 TKV fr einschlgig hlt.

148 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 50 Kap. 5

licher Schden anpassen kann, 82 steht bei dem Handelsgeschehen bzw. dem Auktionsvorgang die Erreichbarkeit des Systems als essentielles Element der Vertragsdurchfhrung ganz im Vordergrund; hier ist dem Anbieter auch die Abschtzung mçglicher Schadensrisiken und die Ergreifung entsprechender Sicherheitsvorkehrungen viel eher als dem Telekommunikationsanbieter mçglich. e) Auswirkungen auf Geb hren und Auktionsablufe

Wie eingangs dargelegt, kçnnen sich Ausflle des Systems sowie der Suchfunk- 48 tionen in erheblicher Weise auf das Handelsgeschehen auswirken. Umso wichtiger sind die Pflichten, die den Marktplatzbetreiber treffen, um die Auswirkungen auf die Handelsteilnehmer abzumildern. Darber hinaus stehen die Pflichten zur Systemaufrechterhaltung im Synallagma, so dass der Systemausfall grundstzlich dazu fhrt, dass der Teilnehmer keine Gebhren fr die Zeit des Systemsausfalls entrichten muss. In praxi sind Klauseln wie die von eBay verwandte gebruchlich:

49

„Sofern ein unvorhergesehener Systemausfall die Abgabe von Geboten oder das Sofort-Kaufen behindert, werden entsprechende Informationen ber die System-Mitteilungen verçffentlicht. Hinsichtlich einer Gutschrift von Gebhren fr die betroffenen Angebote und einer Verlngerung dieser Angebote gelten die Grundstze zu Systemausfllen.“ 83

In den umfangreichen Grundstzen zu Systemausfllen finden sich dazu die 50 nheren Einzelheiten zu Auktionsverlngerung oder –beendigung. 84 Auch 82 Zur ratio des § 7 TKV Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider,

Teil IV Rz. 326. 83 eBay 10/2004, § 3 Abs. 3. 84 Grundstze zum Systemausfall eBay (Stand 03/2004): „Was ist ein Systemausfall?

Ein Systemausfall liegt vor, wenn aufgrund einer unvorhergesehenen Stçrung des Systems keine Gebote auf Artikel abgegeben bzw. Festpreisartikel gekauft werden kçnnen. Gebhrengutschriften oder Angebotsverlngerungen werden jeweils nur fr einen Systemausfall gewhrt. Es liegt im Ermessen von eBay zu entscheiden, ob zwei Systemausflle, die kurz nacheinander vorkommen, als ein Ausfall gewertet werden. Angebote, die vor einem Systemausfall endeten, werden grundstzlich nicht verlngert. Was ist ein Ausfall der Suchfunktion? Ein Ausfall der Suchfunktion liegt vor, wenn aufgrund einer unvorhergesehenen Stçrung ber die Suche nicht auf die Angebote zugegriffen werden kann. Durchgngiger Systemausfall zwischen 1 und 2 Stunden oder Ausfall der Suchfunktion fr 1 oder mehr Stunden: Alle Gebhren fr die betroffenen Angebote werden automatisch gutgeschrieben. Dies gilt fr: Angebote, die im Zeitraum des Systemausfalls ausgelaufen wren. Angebote, die in der Stunde nach Ende des Systemausfalls ausgelaufen wren. Es werden keine Angebote verlngert. Durchgngiger Systemausfall lnger als 2 Stunden: Alle Gebhren fr die betroffenen Angebote werden automatisch gutgeschrieben. Dies gilt fr: Angebote, die im Zeitraum des Systemausfalls ausgelaufen wren. Angebote, die in der Stunde nach dem Ende des Systemausfalls ausgelaufen wren. eBay verlngert die betroffenen Angebote um 24 Stunden. Informationen

Spindler | 149

Kap. 5 Rz. 51

Vertragliche Haftung und Pflichten

wenn diese Regelungen in Form von „Grundstzen“ gekleidet sind, ist ihr Charakter als AGB unverkennbar. Zwar ist es durchaus bedenklich, dass sich zu den eigentlichen AGB weitere, außerhalb der eigentlichen AGB stehende rechtliche Regelungen hinzugesellen, die fr den Teilnehmer normalerweise auf den ersten Blick nicht als solche erkennbar sind; doch drften aufgrund der Verlinkungstechnik im Internet die Anforderungen an die Integration der rechtlichen Regelungen in einem AGB-Gesamtwerk geringer ausfallen als in der Offline-Welt, so dass die Einbettung der „Grundstze“ in die AGB noch zulssig ist. 85 51 Hinsichtlich der Inhaltskontrolle dieser Grundstze ist zwischen der Gutschrift der Gebhren sowie der Angebotsverlngerung zu unterscheiden: Die Gebhren fr Angebote werden als Entgelt fr die Marktplatzleistung vom Teilnehmer erbracht. Da der Marktplatz whrend des Systemausfalls nicht zur Verfgung steht, erbringt der Schuldner – der Plattformbetreiber – grundstzlich nicht seine Leistung in der vereinbarten Zeit, die durch die Festlegung der Handelsparamenter (der Auktionszeit) konkretisiert wird. Aus der Konkretisierung der Handelsparameter folgt bereits der Charakter einer Fixschuld, mit der Konsequenz, dass der Plattformanbieter die Leistung nicht mehr nachholen kann und die Vergtung fr die nicht erbrachte Leistung nicht mehr verlangen kann, aber auch Schadensersatz fr die Nichterfllung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB schuldet, ohne dass es nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB noch auf eine Fristsetzung ankme (vgl. Rz. 26 f.). 52 An sich htte der Glubiger, der Teilnehmer, daher Anspruch auf Rckerstattung nur eines Teils seiner Gebhren, wenn der Systemausfall sich nicht auf die gesamte Zeit der von ihm festgelegten Handelszeit erstrecken wrde. Allerdings ist dabei zu bercksichtigen, dass das Vorhalten der Marktplatzfunktion hinsichtlich seines Wertes fr den Teilnehmer in Abhngigkeit von der Handelsfunktion zeitlich unterschiedlich verlaufen kann. Bei Auktionen etwa steigt der „Wert“ der verbleibenden Zeit typischerweise exponentiell zum Ende der Auktion an, whrend bei reinen Kontaktplattformen mit festgelegtem Preis eine eher lineare Funktion vorliegt. Gerade bei Auktionen ist es daher erforderlich, dass bei einem Systemausfall zum Schluss der Auktion zum Systemausfall: Whrend eines Systemausfalls finden Sie Informationen in den eBay-Mitteilungen. Bitte informieren Sie sich dort ber Einzelheiten wie z.B. Angebotsverlngerungen. Angebotsverlngerungen: Im Fall einer Angebotsverlngerung nach einem Systemausfall kçnnen Sie auf die betroffenen Angebote so lange nicht zugreifen, bis das Angebotsende neu festgelegt worden ist. Im Anschluss werden Suchindex und Angebotslisten aktualisiert. Erst danach kçnnen die Angebote ber die Suche wieder angezeigt werden. Der Aktualisierungsprozess kann einige Stunden dauern. Angebot beenden: eBay mçchte Ihnen mit der Verlngerung der Angebotszeit entgegenkommen. Sollten Sie jedoch mit den bereits eingegangenen Geboten zufrieden sein, kçnnen Sie Ihr Angebot beenden.“ 85 Zu dem problematischen Verweis auf Leistungsbeschreibungen, die ihrerseits neben dem Leistungskatalog noch Pflichten und Rechte enthalten, nher Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 77.

150 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 54 Kap. 5

dem Anbieter seine Gebhr zurckerstattet wird, da die eigentliche Leistung des Plattformbetreibers nicht erbracht werden konnte. Es kommt aber nicht nur auf den letzten Zeitraum an, sondern auch auf die 53 fr einen Handel, z.B. eine Auktion, verbleibende Restzeit. Denn je grçßer diese bemessen ist, umso grçßer ist die Wahrscheinlichkeit fr den Anbieter, einen hohen Preis zu erzielen. Daher kann es nicht allein darauf ankommen, ob das Auktionsende in die Zeit eines Systemausfalls fiel. Vielmehr muss auch eine Gebhrenrckerstattung erfolgen, wenn bei Bercksichtigung eines logarithmischen Verlaufs fr Auktionen 86 mehr als die Hlfte der vorgesehenen, gewichteten Handelszeit nicht mehr genutzt werden konnte. Anders formuliert kann der Systemausfall 11⁄2 Stunden vor Auktionsende behoben sein, in der verbleibenden Zeit, die nach den „Grundstzen“ nicht zur Gebhrenrckerstattung fr dieses Angebot fhrt, 87 wre jedoch nicht mehr ein adquater Preis zu erzielen, wenn vorher das System derart lange ausgefallen wre, dass das typische Auktionsverhalten nicht mehr ausreichend einsetzen kann. Das Ausgangsniveau fr das endgltige Steigern zum Ende einer Auktion kçnnte niedriger ausfallen, damit auch die Chance des Verkufers auf einen hçheren Preis. Allerdings muss dies anhand des typischen Auktionsverhaltens ermittelt werden, so dass auch bei einem Ausfall, der wenige Stunden vor Ende einer Auktion beseitigt wird, keine wesentliche Beeinflussung des typischen Auktionsverhaltens eintreten kçnnte. Kann aber durch entsprechende Untersuchungen bzw. Sachverstndige besttigt werden, dass der in den AGB gewhlte Zeitpunkt eine wesentliche Verschlechterung der Chancen des Verkufers impliziert, begegnen die geschilderten Grundstze, die eine Gebhrenrckerstattung auf bestimmte Auktionen beschrnken, erheblichen Bedenken im Hinblick auf ihre Angemessenheit nach § 307 Abs. 2 BGB. Hinsichtlich der Angebotsverlngerung kommt es darauf an, ob der Plattform- 54 betreiber berhaupt die Leistung nach Verstreichen der Handelszeit noch erbringen kann, er sich also lediglich in Verzug befindet. Angesichts der zeitlichen Fixierung bei Auktionen durch Festlegung der Handelsparameter durch den Kunden ist eine Wiederholung der Leistung nicht mçglich, so dass bei einem vom Betreiber zu vertretendem Ausfall der Handelsplattform grundstzlich eine Pflichtverletzung vorliegt (vgl. Rz. 26 ff.). Klauseln, die nicht danach differenzieren, ob der Systemausfall auf einem Verschulden beruht, laufen auch hier Gefahr, als unzulssige Haftungsausschlsse qualifiziert zu werden. Die Verlngerung der Gebotsfrist selbst wirkt sich zudem wie eine einseitige Rnderung der durch die Parameter festgelegten Dienstleistung des Anbieters aus und unterliegt daher grundstzlich den Schranken des § 308 Nr. 4 86 Was nicht proportional der Hlfte der Zeit insgesamt entspricht. So ist – vereinfacht

gesprochen – bei einer Auktionsdauer von 8 Tagen die erste Hlfte von 4 Tagen logarithmisch betrachtet weit weniger „wert“ als die restlichen 25% bzw. 2 Tage. 87 Die Angebotsverlngerung ist nach den Grundstzen beschrnkt auf Angebote, die im Rahmen der Systemausfallzeit oder eine Stunde danach enden.

Spindler | 151

Kap. 5 Rz. 55

Vertragliche Haftung und Pflichten

BGB (vgl. Rz. 38). Selbst wenn man eine Angebotsverlngerung fr zulssig erachtet, ist zu bedenken, dass die Verlngerung proportional zum Ausfall des Systems erfolgen muss, um die Chancen fr den Handelsteilnehmer auf einen entsprechenden Marktpreis wie zuvor bei Aufrechterhaltung seiner Bindung an die Auktion zu wahren. Eine pauschalierte Verlngerung der Gebotsfrist ohne Staffelung nach Ausfall der Serverzeit, ist daher nur bedingt in Stufen mçglich, etwa tagesweise, z.B. Verlngerung um einen Tag bei Ausfall des Servers von mehr als 6 bis 24 Std. usw. 55 Aber nicht nur Verkufer, sondern auch Bieter sind von Systemausfllen betroffen, da sie keine Gebote mehr abgeben kçnnen. Anders als beim Anbieter kommt es hier jedoch nicht zu einer Konkretisierung des Plattformteilnahmevertrages durch Festlegung der Handelsparameter; vielmehr werden die Bieter nur einer Handelschance beraubt. Fraglich ist, ob hier die in zahlreichen AGB vorgesehene Information ber Systemausflle in entsprechenden Informationscentern der Plattform gengt. Zwar handelt es sich nicht um Hauptleistungspflichten des Plattformbetreibers, jedoch um Nebenpflichten, wobei Zweifel angesichts der von den Klauseln vorgesehenen „Holschuld“ der Bieter angebracht sind. Denn der Bieter wird nicht etwa vom Anbieter informiert, sondern muss sich ber die Systemmitteilungen informieren, die im Zweifel bei Systemausfllen nicht zugnglich sind. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Marktpltze sehr wohl aktiv ihren Teilnehmern Werbung zusenden, drfte es nicht unzumutbar sein, den Betreibern die Pflicht aufzuerlegen, die Kunden aktiv ber Systemausflle und die Folgen zu informieren. f) Systemsicherheit bez glich Eingriffe Dritter; Aussphen von Teilnehmern

56 Zu den – an sich selbstverstndlichen – vertraglichen Pflichten des Auktionshauses zhlt ferner die Absicherung des Systems gegenber missbruchlichen Angriffen Dritter, insbesondere gegenber Angriffen von Hackern, die etwa eine Auktion stçren oder verflschen. Das Auktionshaus muss Vorsorge treffen, um die Verflschung von Angeboten oder Geboten durch Eingriffe unbefugter Dritter abzusichern. Gleiches gilt fr Sicherheitslcken, die ber die Verwendung bestimmter Software (Java-Skripten) das Aussphen von Teilnehmern bei einer Auktion oder auf der Plattform erlauben, insbesondere hinsichtlich ihrer Passwçrter. 88 Schließlich gehçrt dazu die Verwendung von sicheren Verbindungen zwischen Teilnehmern und Plattform (SSL-Verbindungen) und sicherer Zertifikate 89 ebenso wie die ordnungsgemße Organisation, um Domain-Umleitungen zu vermeiden, die die Teil88 eBay verbietet JavaScript in Angeboten, Meldung 3.10.2004, http://www.hei-

se.de/newsticker/meldung/ 51751; Sicherheitslcke war eBay lange bekannt [Update], Meldung vom 28.9.2004, http://www.heise.de/newsticker/meldung/ 51511; eBay tappt bei Sicherheitslcke offenbar im Dunkeln, Meldung 27.9.2004, http://www.heise.de/newsticker/meldung/51500. 89 Zweifel an der Zuverlssigkeit von eBays Sicherheitskonzept [Update], Meldung vom 2.9.2004 http://www.heise.de/newsticker/meldung/50569.

152 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 57 Kap. 5

nehmer auf betrgerische Webseiten verweisen kçnnen. 90 Solche Pflichten stellen sich zwar nicht als Kardinalpflicht, aber doch als wesentliche Nebenpflicht des Vertrages dar. Der Vertragspartner darf daher berechtigterweise erwarten, dass das Auktionshaus nach dem Stand der Technik Vorkehrungen zur Sicherung des Angebotes trifft. Da die Vertragspartner des Auktionshauses selbst keine Mçglichkeit haben, sich gegenber entsprechenden Eingriffen Dritter zu schtzen, da Ziel solcher Eingriffe nur das Rechnersystem des Auktionshauses ist, bestehen selbst gegenber einem formularmßigen Haftungsausschluss f r leichte Fahrlssigkeit bei Schden, die durch Maßnahmen Dritter entstehen, erhebliche Zweifel an seiner Zulssigkeit nach § 307 BGB. 91 Zwar kann keine vollstndige Sicherheit im Internet-Verkehr erreicht werden; doch ist abgesehen von den mangelnden Selbstschutzmçglichkeiten der Vertragspartner die Nhe dieser Pflichten zur Hauptleistungspflicht, der ordnungsgemßen Durchfhrung der Auktion, derart groß, dass auch ein Ausschluss der Haftung fr leichte Fahrlssigkeit als unzulssig nach § 307 Abs. 2 BGB erscheint. Der Plattformbetreiber wird auch nicht durch die §§ 8–11 TDG von seiner 57 Haftung entbunden. Denn die Haftungsprivilegierung nach § 11 Satz 1 Nr. 1 TDG greift nur fr gespeicherte Inhalte ein, also etwa virenverseuchte Daten eines Nutzers, nicht aber fr Schden, die erst nach Speicherung der Inhalte infolge von Sicherheitslcken im System eintreten. 92 Die entsprechende Rechtsgutsverletzung ist in diesem Fall nicht darauf zurckzufhren, dass dem Provider die Kontrolle der fremden Inhalte und Handlungen kaum mçglich ist und fr automatisierte Ttigkeiten des Providers die Verantwortlichkeitsprivilegierung greifen soll. Vielmehr stammt die Virenverseuchung durch Mngel in der Systemsicherheit aus seiner Sphre, die er allein kontrollieren kann. Der Virenbefall oder der Hackerangriff von außen wird daher nicht von §§ 8–11 TDG erfasst, da sie keinen „fremden“ Inhalt oder eine fremde Handlung aus Sicht des Providers darstellen. 93 In der Praxis wird es allerdings hufig ein Beweisproblem sein, wo und wann die Virenverseuchung eingetreten ist. Die Darlegungs- und Beweislast fr systemfehlerbedingten Virenbefall trgt der Anspruchsteller. Die dargelegten Grundstze gelten erst recht fr vertragliche Organisations- und Informationspflichten. 94

90 eBay.de: Domain-Kapern leicht gemacht, Meldung vom 31.8.2004, http://www.

heise.de/newsticker/meldung/50522. 91 Unklar Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004,

Rz. 322: „kein zu strenger Maßstab“. 92 Pelz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B I Rz. 72; wohl auch Koch, NJW

2004, 801 (805 f.); fr generelle Anwendbarkeit der §§ 8 – 11 dagegen Schneider/ G+nther, CR 1997, 389 (391); Schwarz/Poll, jurPC-Web-Dok 73/2003, 72. 93 Dustmann, in: Brçcker u.a., Praxishandbuch Geistiges Eigentum im Internet, § 4 Rz. 47; Podehl, MMR 2001, 17 (21). 94 Dustmann, MMR 2002, 562; wohl auch AG Schçneberg, Urteil v. 7.2.2002 – 8 C 538/01 (n.rkr.), MMR 2002, 561.

Spindler | 153

Kap. 5 Rz. 58

Vertragliche Haftung und Pflichten

g) Verflschungen des Auktionsablaufs

58 Eine andere Kategorie von mçglichen Stçrungen des Auktionsverlaufs hat keine technischen Ursachen, sondern beruht auf dolosem Verhalten von Einlieferern oder des Auktionshauses bzw. dessen Mitarbeitern selbst. So besteht die Gefahr, dass Einlieferer selbst unter anderem Namen Gebote abgeben, um den Preis fr ihren angebotenen Gegenstand knstlich hochzutreiben; ebenso kçnnen sich Mitarbeiter ihren Wissensvorsprung ber den Stand einer Auktion zunutze machen, um unter Kenntnis der eingehenden Gebote selbst Gebote abzugeben oder gar die Auktion zu manipulieren. Schließlich sind Bietergemeinschaften denkbar, deren Einfluss und damit Gefahren 95 indes im Internet aufgrund der potenziell großen Zahl von Bietern recht gering sein drfte. 59 In all diesen Fllen trifft das Auktionshaus grundstzlich eine vertragliche Nebenpflicht, Verflschungen eines Auktionsablaufs zu verhindern und vor bewussten Manipulationen zu sch tzen. Demgemß ist in zahlreichen AGB der Auktionshuser mit Einlieferern das Verbot von Eigengeboten anzutreffen, 96 was ohne weiteres als zulssig anzusehen ist. Andererseits entspricht diesem Verbot auch eine Pflicht des Auktionshauses, die Bieter vor solchen Geboten zu schtzen, indem Hinweisen auf Identittstuschungen nachgegangen wird. Gerade mit Hilfe der digitalen Signatur lassen sich entsprechende Tuschungsversuche – abgesehen von dem Problem der Handlung fr juristische Personen – nachweisen. 97 Da grundstzlich die Mçglichkeit besteht, derartige Sicherungsvorkehrungen zu treffen, erscheint fraglich, ob das Auktionshaus im Verhltnis zum Bieter dennoch die Haftung fr Schden aufgrund derartiger Gebote formularmßig ausschließen kann. Zwar drfte es sich nicht um eine Kardinalpflicht handeln, mit der die Erbringung der gesamten Auktionsleistung steht und fllt; doch ist andererseits nicht zu verkennen, dass das Vertrauen der Auktionsteilnehmer in die Richtigkeitsgewhr des Marktprozesses erheblich davon abhngt, ob der Auktionsvorgang frei von Manipulationen ist. Die vertragliche Nebenpflicht zur Verhinderung von Eigengeboten ist daher von erheblicher Bedeutung fr den Bieter, so dass sich ihr der Auktionator nicht vollstndig entschlagen kann. Andererseits ist zu bedenken, dass der Online-Auktionator keine Mçglichkeit der physischen Kontrolle der Auktion hat, so dass es ihm wesentlich schwerer fllt, entsprechende Eigengebote aufzudecken. 98 Eine Beschrnkung der Haftung auf grobe Fahrlssigkeit erscheint daher noch im Rahmen des Zulssigen, sofern der Auktionator auf seine eingeschrnkte Kontrolle von Eigengeboten deutlich und unmiss95 Zur Sittenwidrigkeit entsprechender Gemeinschaften z.B. im Zwangsvollstre-

ckungsverfahren s. Bamberger/Roth/Spindler § 826 BGB Rz. 122 m.w.N. 96 eBay 10/2004, § 10 Nr. 2 S. 2; auktionskiste.de (Stand 05/2004), § 5 Nr. 1 S. 2;

Atrada 06/2004, Teil I Nr. 4 e). 97 S. auch R+ßmann/Reich, K&R 2000, 116 (118). 98 Ebenso jetzt Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet,

2004, Rz. 338.

154 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 62 Kap. 5

verstndlich hinweist. Allein der Umstand, dass der Bieter sich selbst nur mit einer PIN zu legitimieren braucht, erscheint hierfr nicht ausreichend. aa) Manipulationen der Bewertungen (Ranking)

Rhnliche Jberlegungen mssen fr Manipulationen der Ranking- bzw. Be- 60 wertungsseiten gelten, auf denen Bieter ihre Erfahrungen mit bestimmten Anbietern weitergeben kçnnen. Hier besteht die Gefahr, dass Anbieter diese Seiten manipulieren, indem sie geschçnte Bewertungen ber sich selbst abgeben und damit Bieter ber die Qualitt ihres Angebotes in die Irre fhren. Offenbar sind diese Tuschungsversuche auch (und gerade) bei grçßeren Auktionshusern in nennenswertem Umfang festgestellt worden. Da die Bieter sich in erheblichem Maße von den Bewertungen leiten lassen kçnnen, trifft den Auktionator daher zumindest die Pflicht, die Identitt derjenigen zu prfen, die ihre Meinung auf den Bewertungsseiten ablegen, und Einlieferer bzw. Anbieter daran zu hindern, ber sich selbst Bewertungen abzugeben. Nach der einmaligen Anmeldung kann dies jedoch allenfalls stichprobenartig und auf entsprechende Beschwerden hin erfolgen, wenn die Plattform derart ausgestaltet ist, dass sie auf automatisierte Vorgnge weitgehend aufbaut. Eine laufende Kontrolle der Bewertungen oder gar deren Richtigkeit ist fr den Anbieter von automatisierten Handelspltzen praktisch nicht mçglich. Problematisch ist indes der Fall, wenn der Einlieferer gleichzeitig selbst als 61 Bieter bei anderen Angeboten auftreten kann. Hier kann ihm der Zugang zu den Bewertungsseiten kaum verwehrt werden. Erforderlich ist daher eine Trennung der Bewertungen und des Zugangs zu entsprechenden Seiten nach Anbietern. bb) Gebote von Mitarbeitern

Gebote von Mitarbeitern oder gar Organmitgliedern von Plattformbetreibern 62 werden dagegen teilweise anscheinend als nicht anstçßig empfunden, wie Presseberichte ber sog. „verdeckte Schnppchen“ zeigen. 99 Allerdings arbeiten einige Handelshuser hier mit Transparenzrichtlinien, etwa eBay, das die Mitarbeiter bei Teilnahme an einer Auktion zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet. 100 Solange Mitarbeiter und Organmitglieder sich nicht Informationsvorteile oder technologisches Wissen zunutze machen, ist gegen eine Beteiligung an Auktionen nichts zu erinnern. Ntzen jedoch Mitarbeiter oder Organmitglieder einen Ausfall von Rechnern bzw. der Schnittstelle zum Kundenverkehr aus, um gnstig Auktionsgegenstnde zu erwerben, indem sie intern bieten, die Auktion trotz partiellen Systemsausfalls beenden und 99 „Quotenossi“ als Auktionsphnomen, http://www.heise.de/newsticker/data/

mbb-10.05.00-000 (abgerufen 15.12.2004). 100 Richtlinie fr eBay-Mitarbeiter, abrufbar unter: http://pages.ebay.de/help/poli-

cies/everyone-employee.html/ (abgerufen am 23.4.2004).

Spindler | 155

Kap. 5 Rz. 63

Vertragliche Haftung und Pflichten

sich somit ein „Schnppchen“ sichern, handelt es sich um eine Verletzung nebenvertraglicher Pflichten der Teilnehmervertrge, sowohl gegenber dem Einlieferer als auch dem Bieter, da der Auktionsablauf verflscht wird, der sich gerade durch die Iffnung zu einem unbestimmten Teilnehmerkreis auszeichnet. Dies ist auch der Kern des Verbotes in § 34b VI Nr. 2 GewO. 101 Eine formularmßige Zulassung entsprechender Gebote ist zwar grundstzlich mçglich, nur jedoch, sofern das interne Mitbieten bei fehlender Erreichbarkeit von außen ausgeschlossen wird. Andernfalls greift bei partieller Unzulssigkeit der Klausel das Verbot geltungserhaltender Reduktion. Auch bei reinen Privatauktionen oder nur Plattformen besteht diese Pflicht des Auktionshauses, da auch hier die Erreichbarkeit der Plattform und die Manipulationsfreiheit des Auktionsvorgangs von essentieller Bedeutung fr den Vertragspartner ist. 63 Bleibt jedoch die Offenheit des Systems gewahrt und kçnnen Mitarbeiter Informationsvorsprnge nicht ausntzen, bestehen gegen die Beteiligung von Mitarbeitern an Auktionen hinsichtlich vertraglicher Nebenpflichten keine Bedenken, da dann die strikte Unparteiischkeit gewahrt bleibt. Fraglich ist allerdings, ob der Einlieferer, der per Auktion einen Vertrag mit einem Mitarbeiter schließt, zur Provisionszahlung verpflichtet ist. Daran kçnnten angesichts der Nhe zum Maklervertrag Zweifel bestehen; denn bekanntlich verwehrt die Rechtsprechung dem Makler die Vergtung, wenn er zum Vertragsgegner in einem solch engen Verhltnis steht, dass er sich im Zweifel auf die Seite des Vertragsgegners stellen wrde, 102 etwa bei Vermittlung des Geschfts zu vom Makler beherrschten Kapitalgesellschaften 103 oder zum Ehegatten des Maklers. 104 Indes kann diese Rechtsprechung nicht unbesehen auf Online-Auktionen bertragen werden, sofern die oben beschriebenen Vorkehrungen eingehalten werden. Denn in diesem Fall tritt der Mitarbeiter wie ein Dritter in den Verlauf der Auktion ein; zudem entfllt die typische Interessenkollision, da der Mitarbeiter jederzeit von anderen berboten werden kann. Nur dann, wenn dem Mitarbeiter Einfluss auf den Auktionsablauf eingerumt wird, entfllt die Provisionspflicht, da er sich dann das Angebot zuschanzen kann. Organisatorische Vorkehrungen im Sinne von chinese walls sind daher fr den jeweiligen Auktionsverlauf erforderlich, um die Mitarbeiter, die den Auktionsverlauf kontrollieren, abzuschotten.

101 Vgl. Marx/Arens, § 34b GewO Rz. 102 ff.; Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b

GewO Rz. 32. 102 BGH, Urteil v. 24.6.1981 – IVa ZR 159/80, WM 1981, 993 (994). 103 BGH, Urteil v. 24.4.1985 – IVa ZR 211/83, NJW 1985 (2473); m.w.N. Mnch-

Komm/Roth § 652 BGB Rz. 105 ff. 104 BGH, Urteil v. 3.12.1986 – IVa ZR 87/85, NJW 1987, 1008 (1009); zur verfassungs-

rechtlichen Problematik BVerfG, 30.6.1987 – 1 BvR 1187/86, BVerfGE 76, 126 = NJW 1987, 2733; BVerfG, 26.4.1988 – 1 BvR 1264/87, BVerfGE 78, 128 (130) = NJW 1988, 2663.

156 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 66 Kap. 5

cc) Bietergemeinschaften

Demgegenber trifft den Online-Auktionator keine Pflicht zur Unterbin- 64 dung von Bietergemeinschaften: Angesichts der mangelnden physischen Kontrolle durch den Auktionator kann dieser kaum Anhaltspunkte ermitteln, die auf ein koordiniertes Verhalten von Bietern schließen lassen kçnnten. Auch die Identittsprfung hilft hier nicht weiter. Allenfalls wenn sich dem Auktionshaus aufgrund des Auktionsverlaufs Hinweise auf ein solches Verhalten aufdrngen, die selbst bei einem weitgehend automatisierten Ablauf die Annahme von Absprachen rechtfertigen, z.B. durch Beschwerden von Kunden, kann sich im Einzelfall eine Pflicht des Auktionshauses zum Ausschluss von bestimmten Teilnehmern ergeben. Eine allgemeine Pflicht zur Kontrolle und zum Einschreiten kann hieraus jedoch nicht gefolgert werden. dd) E-Snipe

Ein weiteres Phnomen, das in jngster Zeit aufgetreten ist, sind die sog. 65 E-Sniper-Programme, die es ermçglichen, Gebote automatisiert noch kurz vor Ende der Auktion zu platzieren. 105 Die meisten Auktionsplattformen untersagen den Einsatz derartiger Programme, wie etwa eBay: „Die Abgabe von Geboten mittels automatisierter Datenverarbeitungsprozesse (z.B. so genannten „Sniper“-Programmen) ist verboten.“ 106

Derartige Klauseln werden von einigen Autoren fr unzulssig gem. § 307 66 BGB gehalten, da sie den Bieter unangemessen in seinen Rechten beeintrchtigen wrden. 107 Insbesondere wird das von den Plattformbetreibern ins Feld gefhrte Argument, dass die Funktionsfhigkeit der Plattformen leide und das Interesse von Marktteilnehmern an der Plattform infolge der unsicheren Gebotssituation schwinde, 108 nicht fr stichhaltig erachtet. Daran ist richtig, dass der Einsatz von Sniper-Software nichts daran ndert, dass diese Programme der Vorgabe eines Preises durch ihren Nutzer bedrfen – und sich demgemß nicht anders verhalten als es der Auktionsteilneh105 S. dazu die Flle zur Sniper-Software: LG Hamburg, Urteil v. 27.2. 2003 – 315 O

624/02, K&R 2003, 296; LG Berlin, Urteil v. 11.2.2003 – 15 O 704/02, CR 2003, 857 = K&R 2003, 294; zu sog. Sniper-Diensten: LG Hamburg, Urteil v. 16.7.2002 – 312 O 271/02, CR 2002, 763 (Verstoß gegen § 1 UWG a.F. bzw. §§ 3 ff. UWG a.F. angenommen); Leible/Sosnitza, CR 2003, 344; Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300; s. auch FAZ v. 3.5.2003, Nr. 102 S. 16 „Der Erfolg von eBay zieht auch Betrger an“; aus schweizerischer Sicht Weber/Skripsky, sic! 2003, 685 ff. 106 eBay 10/2004, § 10 Nr. 4. 107 Leible/Sosnitza, CR 2003, 344; Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300 (301); s. auch LG Berlin, Urteil v. 11.2.2003 – 15 O 704/02, CR 2003, 857 = K&R 2003, 294 (295), das im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfgungsverfahrens allerdings keine Aussage zur Inhaltskontrolle der Pflichten trifft, sondern diese nur als wettbewerbsrechtlich irrelevante Nebenpflichten einstuft. 108 So auch LG Hamburg, Urteil v. 27.2. 2003 – 315 O 624/02, K&R 2003, 296 (299 f.).

Spindler | 157

Kap. 5 Rz. 67

Vertragliche Haftung und Pflichten

mer selbst, gegebenenfalls durch einen Strohmann, tte. 109 Die Sniper-Software fhrt also nicht zu einer Verkrzung der Auktion, sondern nur dazu, dass nicht schon frhzeitig ein Bietwettbewerb einsetzt, wie es etwa der Fall ist, wenn plattformeigene Bietagenten, wie sie z.B. von eBay angeboten werden, eingesetzt werden. Auch kann ein „manuell“ agierender Teilnehmer immer noch einen anderen Bieter, der ein Sniper-Programm einsetzt, berbieten, wenn er ein Gebot oberhalb des Limits des Sniper-Programms abgibt. 110 Schließlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass bislang in denjenigen Lndern, in denen der Einsatz von Sniper-Software zugelassen wird, etwa in den USA, nichts von einem Einbruch im Plattform-Geschft bekannt geworden ist. 111 67 Allerdings ist damit nicht die Frage beantwortet, ob nicht entgegenstehende Interessen eine solche Klausel rechtfertigen. Hier ist zwar immer wieder darauf verwiesen worden, dass das Interesse des Plattformbetreibers an mçglichst frhzeitig steigenden Preisen und damit an einer mçglichst hohen Provision nicht ein solches Verbot von Sniper-Software in den AGB rechtfertigen kçnne. 112 Doch wird damit bersehen, dass bei der Inhaltskontrolle der AGB nicht allein auf das Verhltnis von Plattformbetreiber zum Bieter abgestellt werden kann, sondern wegen der netzwerkartigen Struktur der Plattformvertrge auch die Interessen der Anbieter bzw. Verkufer bercksichtigt werden mssen. Und hier ist nicht zu bestreiten, dass die Chancen des Verkufers, einen hohen Preis zu erzielen, durch den Einsatz von SniperSoftware sprbar verringert werden, da zahlreiche Gebote auf die letzte Sekunde der Auktion terminiert und damit ein Hochschaukeln der Gebote verhindert wird. Der Zeitcharakter der Auktion wird damit beeintrchtigt, sie hnelt mehr der Abgabe einmaliger, verdeckter Preisangebote zu einem fixen Zeitpunkt. 113 Da aber die Interessen der Verkufer als Marktteilnehmer den Interessen der Bieter gleichberechtigt gegenberstehen, ist eine solche Klausel grundstzlich eine zulssige Ausgestaltung des Marktplatzes. 114 68 Die Klausel scheitert derzeit jedoch daran, dass einige Plattformanbieter, wie eBay, selbst elektronische Bietagenten anbieten. Die oben zitierte Klausel erfasst aber jegliche automatisierte Datenverarbeitungsprozesse, damit auch die plattformeigenen Bietagenten. Das Klauselwerk ist daher insoweit

109 LG Berlin, Urteil v. 11.2.2003 – 15 O 704/02, CR 2003, 857 = K&R 2003, 294 (296). 110 Zutr. LG Berlin, Urteil v. 11.2.2003 – 15 O 704/02, CR 2003, 857 = K&R 2003, 294 111 112 113 114

(296); Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300 f.; Leible/Sosnitza, CR 2003, 344 (346). Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300; Leible/Sosnitza, CR 2003, 344 (346). So Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300 (301); Leible/Sosnitza, CR 2003, 344 (347). Zutr. Leible/Sosnitza, CR 2003, 344 (346). Auf die „unternehmerische Entscheidungsfreiheit“ zur Ausgestaltung der Plattform stellt maßgeblich das LG Hamburg, Urteil v. 27.2. 2003 – 315 O 624/02, K&R 2003, 296 (299) ab, das einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgebten Gewerbebetrieb annimmt.

158 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 71 Kap. 5

in sich widersprchlich 115 und die entsprechende Klausel zumindest intransparent. 116 ee) Einhaltung der Systemzeit

Ein wichtiger Bestandteil des Handelsgeschehens ist die richtige Abstim- 69 mung der Handelszeiten des Systems (sog. Systemzeit) mit der realen Zeit. Gerade bei Auktionen kommt es darauf an, dass die Angaben des Systems mit der tatschlichen Zeit bereinstimmen oder zumindest den Teilnehmern am Handelsgeschehen bewusst ist, welche Zeitangaben fr das Handelsgeschehen ausschlaggebend sind. So wurde ber den Fall des Marktfhrers eBay berichtet, der bei einer laufenden Auktion die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit nicht richtig bewltigt hatte und dadurch eigentlich beendete Auktionen wieder erçffnete. 117 Aber auch bei anderen Plattformen kann die Gewhrleistung der „richtigen“ Zeit essentiell sein, etwa beim Ausntzen von Preisschwankungen und der Programmierung von Verkaufs- oder Kaufagenten in Abhngigkeit von bestimmten Zeiten, z.B. Verfallsterminen von Optionen auf Kapitalmrkten. Einige AGB von Plattformbetreibern sehen diesbezglich die Maßgeblich- 70 keit der Systemzeit der Plattform vor, wie beispielsweise eBay: „Maßgeblich fr die Messung der Laufzeit der Online-Auktion ist die offizielle eBayZeit“. 118 Eine entsprechende Klausel des Plattformbetreibers „BesteAuktion“ lautet: „Als Grundlage zur Bestimmung des Auktionszeitraums gilt die System-Uhrzeit des Servers von BesteAuktion“. 119

Eine solche Bestimmung kann dem Plattformbetreiber das Recht einrumen, 71 die Systemzeit von der Echtzeit unterschiedlich zu regeln, was fr den Teilnehmer berraschend gem. § 305c BGB wre, da er mit der Jbereinstimmung von Echtzeit und Systemzeit rechnet. 120 Allenfalls kann die Systemzeit maßgeblich sein, wenn der Teilnehmer ausdrcklich und außerhalb der AGB darauf hingewiesen wird, sich nach der Systemzeit zu richten, sofern 115 Ebenso Leible/Sosnitza, K&R 2003, 300 (301). 116 Im Ergebnis hnlich aus schweizerischer Sicht Weber/Skripsky, sic! 2003, 685

(691): berraschende Klausel bei Angebot eigener Bietagenten. 117 http://www.heise.de/newsticker/data/bo-26.10.03-002/: eBay stolpert in die

Winterzeit; Zeit-Pannen bei eBay: Verkufer erhalten Gebhren zurck, Meldung 2.11.2004 http://www.heise.de/newsticker/meldung/print/52794; Verwirrung: eBay und die Winterzeit [Update], Meldung 1.1.2004, http://www.heise.de/ newsticker/meldung/print/52763. 118 eBay 10/2004, § 9 Abs. 2 S. 3; hnlich auch Athammer.de (Stand 04/2004), Stichwort „Vertragsschluss“; hammerdeals (Stand 04/2004), § 11. 119 BesteAuktionen 03/2000, § 4 Abs. 1 S. 2. 120 S. auch Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 70 ff.

Spindler | 159

Kap. 5 Rz. 72

Vertragliche Haftung und Pflichten

diese leicht erkennbar ist, etwa auf der Homepage bei jeder Transaktion deutlich zu sehen ist. 121 72 Erst recht unzulssig ist ein vollstndiger Haftungsausschluss fr die Jbereinstimmung der Systemzeit mit der Echtzeit. Da es sich um wesentliche Pflichten des Plattformbetreibers handelt, die fr den ordnungsgemßen Ablauf des Handelsgeschehens essentiell sind, kann sich der Betreiber selbst fr leichte Fahrlssigkeit bei Divergenzen zwischen Echt- und Systemzeit nicht von der Haftung befreien. 122 Anders als in den Fllen des Systemausfalls kann hier in der Regel auch der Schaden ohne weiteres berechnet werden, indem der Teilnehmer wie im geschilderten eBay-Fall nachweist, dass er an sich den Zuschlag erhalten htte, ihm durch die plçtzliche Verlngerung der Auktionszeit aber der Vertrag entgangen ist und er dadurch anderweitig kaufen musste. ff) Rechtsfolgen

73 Verstoßen Einlieferer oder andere Bieter gegen Pflichten des Teilnehmervertrags, kçnnen die geschdigten Teilnehmer auch unmittelbar gegen diese vorgehen; denn es handelt sich aufgrund der Dreiecksbeziehung zwischen Einlieferer, Auktionator und Bieter um Vertrge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, da die Pflichten nicht allein dem Schutz des Auktionshauses, sondern auch der anderen Teilnehmer dienen, die an einem ordnungsgemßen Ablauf der Auktion interessiert sind. 123 Komplexe Fragen wirft allerdings hufig die Schadensberechnung auf, da der geschdigte Teilnehmer darlegen und beweisen muss, dass er infolge der Vertragsverletzung nicht den Zuschlag erhalten hat bzw. aus Sicht des Anbieters ein hçheres Gebot htte erzielt werden kçnnen. Vor allem bei manipulativen Geboten im Rahmen einer Auktion, die insgesamt das Preisniveau nach oben treiben, wird es oftmals kaum mçglich sein, den genauen Einfluss des manipulativen Gebots auf das Preisniveau herauszudestillieren. 124

121 Nur fr ein Mitverschulden des Teilnehmers pldierend Thun, in: Gramlich u.a.,

Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 73. Die Anzeige der Systemzeit ist aber Voraussetzung fr die Angemessenheit solcher Klauseln, da der Nutzer sich sonst nicht darauf einrichten kann. 122 Unentschieden Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen § 10 Rz. 72, der nur auf § 309 Nr. 7 BGB verweist. 123 So jetzt auch Hoffmann, in: Leible/Sosnitza /Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 119 ff. 124 Optimistischer dagegen Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 121: Schaden ist Differenz zwischen hçchstem Gebot des tatschlichen Nachfragers und Gebot des manipulativen Bieters. Damit wird indes unterstellt, dass nicht andere Bieter noch dazwischentreten, der Fall des allgemeinen „Hochtreibens“ eines Marktniveaus lsst sich damit nicht erfassen.

160 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 76 Kap. 5

h) Pflichten im Rahmen des Ratings und von Bewertungen

Eine der typischen Besonderheiten des elektronischen Handels ist die Ano- 74 nymitt und fehlende Mçglichkeit zur unmittelbaren Jberprfung der Seriositt des potentiellen Vertragspartners. Damit entsteht die Notwendigkeit, Gtezeichen („signalling“) und Reputationsmechanismen zu schaffen, die Vertrauen bei den Handelsteilnehmern erzeugen. Eine bliche Methode, um den Marktteilnehmern Informationen ber andere Teilnehmer zu verschaffen, ist die Bereitstellung von Rating- oder Bewertungssystemen, die von den anderen Marktteilnehmern selbst aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen ausgefllt werden. Der Plattformbetreiber greift hier in der Regel weder selbst durch eigene Bewertungen ein, noch berwacht er die Bewertungssysteme (s. zu den Ansprchen der Teilnehmer gegeneinander auch Rz. 138). Auch wenn der Plattformbetreiber damit nur ein weiteres Kommunikations- 75 system zur Verfgung stellt, entbindet ihn dies nicht von jeglichen Pflichten zur Jberwachung der Bewertungssysteme, insbesondere im Hinblick auf Manipulationen der Bewertungen. Der Plattformbetreiber hat hier hnlich wie im Kapitalmarktrecht gewisse, allerdings nur grobe Markt berwachungspflichten, die sich allein aus dem vertragsrechtlichen Verhltnis mit den Teilnehmern ergeben. Diesen Marktberwachungspflichten kann sich der Plattformbetreiber auch nicht durch AGB entschlagen, da gerade die Gewhrleistung eines ordnungsgemßen, manipulationsfreien Handelsablauf eine essentielle, vertragswesentliche Pflicht des Plattformbetreibers darstellt. Bildet der Plattformbetreiber aus den von den Teilnehmern vergebenen Be- 76 wertungen selbst (Sammel-) Wertungen, etwa in Gestalt bestimmter Schlagworte, wie „Power Seller“ oder „Best buyer“ etc., 125 muss er sich daran festhalten lassen, wenn er nicht klar genug darauf verweist, dass es sich nur um aus fremden Bewertungen gebildete Urteile handelt. 126 Erforderlich ist auch, dass derartige Gesamtwertungen erst ab einer ausreichenden Zahl von Bewertungen vorgenommen werden, um Zuflligkeiten auszuschalten; 127 hier drfte als Faustregel von mindestens 10 Wertungen auszugehen sein, die von verschiedenen Teilnehmern stammen mssen. Auch kann je nach der Entwicklung technischer Systeme und der Verkehrserwartungen der Teilnehmer der Plattformbetreiber verpflichtet sein, das System differenziert und aussagekrftig im Sinne von Indizes auszugestalten, indem die Zahl der Bewertungen in Relation zu dem Volumen der Transaktion gesetzt wird; damit kçnnen Manipulationen aufgedeckt werden, z.B. wenn zahlreiche Ver125 S. etwa eBay (10/2004), § 6 Abs. 6: „Beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen

vergibt eBay das Powerseller-Symbol und das Symbol Geprftes Mitglied. Die von eBay vergebenen Symbole dienen ausschließlich dazu, den Handel auf der eBayWebsite zu erleichtern und drfen nur fr diese Zwecke verwendet werden.“ 126 Zutr. Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 87. 127 Darauf weist zu Recht Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 87 hin.

Spindler | 161

Kap. 5 Rz. 77

Vertragliche Haftung und Pflichten

kufe von geringwertigen Gegenstnden gettigt werden, um dann aufgrund einer hohen positiven Bewertung teure Gegenstnde zu verußern, teilweise in betrgerischer Absicht. 77 Zulssig ist es aber auch, dass der Plattformbetreiber dem Teilnehmer untersagt, außerhalb der elektronischen Plattform die vergebenen G tesiegel zu benutzen oder fr andere als Handelszwecke zu verwenden; denn diese Gtezeichen dienen allein der Handelserleichterung. 128 78 Darber hinaus kann eine Haftung des Plattformbetreibers wegen Verbreitung rufschdigender Gußerungen in Betracht kommen, 129 wenn diese von anderen Plattformteilnehmern ber einen Einlieferer oder einen anderen Bieter auf der Ratingseite der Plattform platziert und damit jedenfalls fr den Kreis der Kunden der Plattform verbreitet werden kçnnen. Anspruchsgrundlage ist in solchen Fllen sowohl die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten als auch §§ 823 Abs. 1, 824 BGB wegen Verletzung des Allgemeinen Persçnlichkeitsrechts, des Rechts am eingerichteten und ausgebten Gewerbebetrieb sowie Kreditschdigung. 79 Voraussetzung fr eine solche Haftung ist zunchst, dass das Auktionshaus berhaupt nach TDG fr diese Inhalte verantwortlich gemacht werden kann. Fraglich kann bereits sein, ob das TDG berhaupt auf die vertragliche Haftung Anwendung findet. Nimmt man die Haftungsregelungen der §§ 8–11 TDG bzw. 6–9 MDStV beim Wort, so erscheinen diese Regelungen auf den ersten Blick als unabdingbar, da sie allgemein die Verantwortlichkeit der Anbieter regeln. Dagegen spricht jedoch, dass sowohl §§ 8–11 TDG als auch §§ 6–9 MDStV nur die allgemeinen haftungsrechtlichen Regelungen modifizieren wollen, um Investitionshindernisse durch unbersehbare Haftungsrisiken zu mindern. 130 Obwohl §§ 8–11 TDG bzw. §§ 6–9 MDStV querschnittsartig die Verantwortlichkeit in verschiedenen Rechtsgebieten – also auch im Zivilrecht – regeln wollen, fehlt ein sonst in zwingenden Rechtsnormen vorzufindender Passus, wonach die Normen zur Verantwortlichkeit unabdingbar oder nur zugunsten des Nutzers abdingbar wren. Ein generell zwingender Charakter, der sich auf alle (Individual-) Vertrge auswirken wrde, ist daher den §§ 8–11 TDG, 6–9 MDStV nicht zu entnehmen. Die Frage der Dispositivitt der Haftung beurteilt sich demnach gemß den jeweils einschlgigen Haftungsgrundlagen. Ein mittelbares 128 S. eBay 10/2004, § 6 Abs. 6 S. 2: „Die von eBay vergebenen Symbole dienen aus-

schließlich dazu, den Handel auf der eBay-Website zu erleichtern und drfen nur fr diese Zwecke verwendet werden.“; auch das von Atrada vergebene „StarSeller“-Symbol darf – vorbehaltlich einer ausdrcklichen Genehmigung des Plattformbetreibers – nur auf der Atrada-Website oder auf der Website des Verkufers verwendet werden (www.atrada.de/Help.asp?seite= 10303 – abgerufen am 29.6.2004); vgl. auch Athammer.de (Stand 05/2004), Stichwort „Feed-back“. 129 Zur Pflicht zur Lçschung von rechtswidrigen Bewertungen s. Rz. 137 ff.; s. auch Meyer, NJW 2004, 3151 ff. 130 Vgl. Begr RegE zu § 5 Abs. 2 TDG BT-Drs. 13/7385 S. 20.

162 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 81 Kap. 5

Verbot der Abweichung zu Lasten des Kunden ergibt sich jedoch aus der Leitbildfunktion gem. § 307 Abs. 2 BGB fr Haftungsausschlussklauseln in allgemeinen Geschftsbedingungen. Fehlen aber vertragliche Bestimmungen, wirken die §§ 8–11 TDG als generelle, querschnittsartige und akzessorische Normen auch im Bereich der vertraglichen Haftung. 131 Diese Haftungsbefreiung erstreckt sich fr die Host-Provider gem. §§ 11 Nr. 1 TDG, 9 Nr. 1 MDStV allerdings nicht auf die grob fahrlssige Unkenntnis von einem offensichtlich rechtswidrigen Inhalt. 132 Auch gegenber Dritten greift die Verantwortlichkeitsprivilegierung der §§ 8–11 TDG ein. i) Dokumentationspflichten

Aus dem Leitbild des § 100 HGB folgt, dass ein Handelsmakler grundstz- 80 lich gehalten ist, ein von ihm zu unterzeichnendes Tagebuch zu fhren, aus dem die abgeschlossenen Geschfte zu Beweiszwecken fr seine Kunden ersichtlich sind. 133 Derartige Anforderungen richten sich allerdings an dem berkommenen Bild des Maklers aus und mssen an moderne Handelsformen angepasst werden, indem etwa der Plattformbetreiber verpflichtet wird, entsprechende Logfiles zu speichern. Fr sog. „Krmermakler“, die den kleinen Warenverkehr abwickeln, 134 ist § 100 HGB von vornherein gem. § 104 HGB nicht anwendbar, so dass fr die meisten B2C-Geschfte, insbesondere Internet-Auktionsplattformen, die entsprechenden Pflichten nicht einschlgig sind. 135 j) Beweislast

In der Praxis drfte oft die Frage, wen die Beweislast fr welche Risiken trifft, 81 von prozessentscheidender Bedeutung sein. Im Grundsatz ist zwar der Kunde als Klger fr die Vertragsverletzung darlegungs- und beweisbelastet; doch hilft dem Kunden als Vertragspartner § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, indem der Auktionator sein fehlendes Verschulden darlegen und beweisen muss. 136 Demgemß gengt im Falle des Ausfalls und der fehlenden Erreichbarkeit des Systems, dass der Kunde darlegt und beweist, dass er keine Mçg131 Ausfhrlicher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, Vor § 8 TDG Rz. 14 ff.;

anders Meyer, NJW 2004, 3151 (3153). 132 Spindler, NJW 2002, 922 (923 f.); Tettenborn, K&R 2000, 59 (63); H)rting, CR

133 134 135 136

2001, 271 (276); Gierschmann, DB 2000, 1315 (1318); Grabitz/Hilf/Marly, EGV, Losebl. (Stand September 2004), A 4 Art. 14 Rz. 13; Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (4) fr die Stçrerhaftung. MnchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 100 HGB Rz. 1; Rçhricht/Graf v. Westphalen/Rçhricht, Vor § 100 HGB Rz. 1; Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 100 HGB Rz. 1. Ebenroth/Boujong/Joost/Reiner, § 104 HGB Rz. 2; MnchKomm/v. HoyningenHuene, § 104 HGB Rz. 2. Zutr. Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 38. Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 42; s. auch AG Charlottenburg, Urteil v. 11.1.2002 – 208 C 192/01, CR 2002, 297 (299).

Spindler | 163

Kap. 5 Rz. 82

Vertragliche Haftung und Pflichten

lichkeit zu einem gegebenen Zeitpunkt hatte, in das Auktionssystem zu gelangen. Solange jedoch noch Log-Protokolle nicht allgemein bei Browsern verfgbar oder allgemein bekannt sind, kann der Vertragspartner nur auf einen Zeugenbeweis, gegebenenfalls anderer Kunden, 137 zurckgreifen; bei mehrfachen Beschwerden zum gleichen Zeitpunkt kann unter Umstnden ein Anscheinsbeweis zugunsten des Klgers eingreifen. Es ist dann Sache des Plattformbetreibers, nachzuweisen, dass der Ausfall des Systems nicht auf seinem Verschulden beruht, insbesondere außerhalb seiner Sphre zu suchen ist, z.B. Ausfall des Back-Bone-Netzes. 82 Fr andere Fehler, insbesondere Stçrungen des Auktionsablaufs durch andere Teilnehmer, bleibt der Klger beweisbelastet, da auch der Plattformbetreiber abgesehen von der Identitt der Teilnehmer nicht ber einen Informationsvorsprung verfgt.

3. Haftung f r Risiken des Vertrages zwischen den Marktteilnehmern (Informations- und Aufklrungspflichten) 83 Obwohl vertragliche Ansprche bezglich des Auktionsgegenstandes im Prinzip nur zwischen Einlieferer und Bieter zustande kommen, kann die vertragliche Dreiecksbeziehung zwischen Auktionshaus und den Auktionsteilnehmern sich doch in Ansprchen aus diesen Teilnehmervertrgen oder der Stellung des Auktionshauses als Herrscher ber das Versteigerungsverfahren und als Vertreter der Auktionsteilnehmer ergeben. In Betracht kçnnen insbesondere Pflichten zur Information ber die Seriositt und Bonitt der Auktionsteilnehmer, deren Identittsprfung und den Vertragsgegenstand sowie die Modalitten der Abwicklung kommen: a) Keine Pflicht zur Pr fung der Ware

84 Demgemß ist eine vertragliche Pflicht des virtuellen Auktionators, die Ware in Augenschein zu nehmen oder zu pr fen, wie sie den „normalen“ Auktionator trifft, 138 von vornherein abzulehnen, da sie die neue Marktform der Internet-Auktion erheblich behindern, wenn nicht sogar unmçglich machen wrden. 139 Alles andere liefe auf eine Bindung an bestimmte Versteigerungstypen hinaus, die sich jedenfalls dem Zivilrecht nicht entnehmen lassen. Eine Haftung des Online-Auktionators fr mangelnde Aufklrung ber die Beschaffenheit der Ware greift daher grundstzlich nicht ein, da es gerade dem Wesen der Online-Transaktion entspricht, dass weder 137 In der Praxis wird es im Rahmen von Newsgroups oder Mailing-Listen hufig

zum Meinungsaustausch geschdigter Kunden kommen, so dass in der Praxis der klgerische Anwalt darauf zurckgreifen kann. 138 BGH, Urteil v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1621); Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. A 145. 139 Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 48.

164 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 86 Kap. 5

Bieter noch Auktionator den Vertragsgegenstand in Augenschein nehmen kçnnen. 140 Selbst der Makler, der das zu vermakelnde Objekt selbst berprfen kann, wird nicht dazu verpflichtet, die Angaben ber das Objekt zu prfen, 141 außer wenn er sich die erhaltenen Angaben zu Eigen macht oder fr deren Richtigkeit einstehen will. 142 Denn mit Aufklrungs- und Informationspflichten drfen nicht die Pflichten, die den Verkufer treffen, auf den Makler berwlzt werden. 143 b) Keine Haftung f r Gewhrleistungsrisiken des Markt-Vertrages

Aus diesem Grund kann das Auktionshaus auch nicht fr Gewhrleistungs- 85 risiken (im weiteren Sinne) des Primrvertrages in Anspruch genommen werden, etwa wenn der Vertragsgegenstand zwar geliefert wird, sich aber als mangelhaft erweist. Abgesehen davon, dass keine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Auktionator und Bieter ber den versteigerten Vertragsgegenstand zustande kommt, hat der Auktionator keine Mçglichkeit, den Gegenstand nher zu untersuchen; zudem besteht im Gegensatz zum Hndler im Direktlieferungsgeschft (Auslieferung vom Hersteller direkt an Kunden) in der Regel auch keine lngere Geschftsbeziehung zum Einlieferer, so dass der Kunde nicht erwarten kann, dass der Auktionator fr Mngel der Sache einstehen will. Anders kann nur dann entschieden werden, wenn der Auktionator selbst als 86 Sachwalter auftritt, insbesondere indem er bei den Bietern damit wirbt, dass die Angebote mit eigener Expertise berprft worden sind. So haften Makler fr Angaben ihrer Kunden, wenn sie diese als besonders vom Makler geprfte Objekte bewerben. 144 Es drfen keine unrichtigen Vorstellungen erweckt 140 S. die vergleichbare Argumentation fr § 34b GewO bei Ernst, Kap. 2 Rz. 34 ff.;

141

142 143 144

Wilmer, NJW-CoR 2000, 94, 102; s. auch OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, MMR 2004, 330 (331) m. Anm. Spindler: keine Auktion im Sinne von § 156 BGB mangels Einlieferung; OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, CR 2004, 315; OLG Frankfurt, Urteil v. 1.3.2001 – 6 U 54/00, NJW 2001, 1434 (zum UWG); KG, Urteil v. 11.5.2001 – 5 U 9586/00, NJW 2001, 3272: Anwendung von § 3 FernAbsG (a.F.) wegen fehlender Auktionsqualitt; s. dazu aber auch Fn. 218. v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, OnlineHandel, B V Rz. 27, 29 ff.; Heckmann, NJW 2000, 1370 (1374) unter Hinweis auf den Glcksspielcharakter; auch Landmann/Rohmer/Bleutge, § 34b GewO Rz. 60 hat zur çffentlich-rechtlichen Genehmigungsbedrftigkeit seine frhere Auffassung aufgegeben und pldiert jetzt fr Zulassungsfreiheit. BGH, Urteil v. 5.2.1962 – VII ZR 248/60, BGHZ 36, 323 (328); OLG Hamm, Urteil v. 6.7.1995 – 18 U 72/95, NJW-RR 1996, 1081; OLG Dsseldorf, Urteil v. 22.9.1995 – 7 U 230/94, NJW-RR 1996, 1524; Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, Vorbem. zu §§ 652 ff. BGB Rz. 9, §§ 652, 653 BGB Rz. 206. BGH, Urteil v. 8.3.1956 – II ZR 73/55, BB 1956, 733; OLG Hamm, Urteil v. 30.10.1997 – 18 U 35/97, MDR 1998, 269 (270). MnchKomm/Roth, § 652 BGB Rz. 239. BGH, Urteil v. 8.3.1956 – II ZR 73/55, BB 1956, 733; OLG Hamm, Urteil v. 30.10.1997 – 18 U 35/97, MDR 1998, 269 (270).

Spindler | 165

Kap. 5 Rz. 87

Vertragliche Haftung und Pflichten

werden. 145 Bei fehlender Jberprfung der Angaben des Auftraggebers muss der Makler dies verdeutlichen. 146 Ebenso kçnnen etwa klassische Auktionshuser, die ihr Hauptgeschft lediglich um virtuelle Angebote erweitern, im Grundsatz aber die Ware physisch hereinnehmen und diese im Katalog auszeichnen, unter Umstnden wegen Verletzung von Aufklrungs- und Informationspflichten oder wegen fehlerhafter Angaben aufgrund erweckten Vertrauens bei den Bietern in Anspruch genommen werden. 147 Schon fr allgemeine Versteigerungsvertrge wird eine besondere Treuepflicht des Versteigerers wegen seiner Rolle als unparteiischer Vermittler angenommen. 148 Zwar kann dies wegen des Massengeschfts der Online-Auktionen und des in aller Regel nicht vorhandenen Vertrauens auf die besondere Person des Auktionators ausscheiden. Entscheidend ist jedoch, ob der Auktionator gleich einem Sachverstndigen auftritt und ein besonderes Vertrauen der Bieter in die Gte der angebotenen Verkaufsgegenstnde hervorruft. Dann muss er sich den allgemeinen Grundstzen der Dritthaftung entsprechender Berufsgruppen, wie Wirtschaftsprfer oder Sachverstndiger, 149 an seinen Angaben festhalten lassen und fr die fehlende Jbereinstimmung der Angaben mit der Realitt auf Schadensersatz haften. 87 Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Auktionator in (seltenen) Ausnahmefllen tatschlich Kenntnis von Mngeln etc. der angebotenen Sache haben sollte. In diesem Fall ist er hnlich wie ein Makler 150 verpflichtet, die Teilnehmer der Auktion ber Zweifel an der Gte der angebotenen Sache zu informieren. c) Haftung f r benachteiligende AGB-Klauseln im Marktverhltnis?

88 Beziehungen zum Plattformbetreiber bestehen zudem mittelbar in Gestalt der Einbeziehung der vom Auktionshaus sowohl fr Einlieferer als auch Bieter vorgesehenen AGB, die Klauseln zur Konkretisierung der Vertragsbeziehungen zwischen Einlieferer und Bieter enthalten kçnnen. Oft wird darin 145 BGH, Urteil v. 17.10.1990 – IV ZR 197/89, NJW-RR 1991, 627 (628 f.). 146 Vgl. BGH, Urteil v. 16.9.1981 – IVa ZR 85/80, NJW 1982, 1147; BGH, Urteil

147

148

149 150

v. 17.10.1990 – IV ZR 197/88, WM 1991, 246 (247) (fr Finanzierungsmakler); OLG Hamm, Urteil v. 9.11.1992 – 18 U 26/92, NJW-RR 1993, 506; MnchKomm/ Roth, § 652 BGB Rz. 243; a.A. OLG Oldenburg, Urteil v. 6.3.1992 – 6 U 235/91, ZMR 1992, 300. BGH, Urteil v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1621); Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. A 145; ausfhrlich dazu AGB-Klauselwerke/Kappus, Auktionsbedingungen Rz. 34 ff., allerdings fr das klassische Kunstauktionsgeschft, das sich durch Kommissionsvertrge auszeichnet, so dass der Vertrag zwischen Auktionator und Bieter zustande kommt. BGH, Urteil v. 30.11.1995 – III ZR 240/94, NJW 1996, 527 (528); BGH, Urteil v. 19.12.1984 – VII ZR 286/83, ZIP 1985, 550 (551); v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 (1478); AGB-Klauselwerke/Kappus, Auktionsbedingungen Rz. 6. Ausfhrlich dazu Canaris, ZHR 163 (1999), 206 ff. m.w.N. Vgl. BGH, Urteil v. 8.3.1956 – II ZR 73/55, BB 1956, 733; LG Freiburg, Urteil v. 28.2.1996 – 9 S 259/95, NJW-RR 1997, 1281.

166 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 88 Kap. 5

eine Pflicht des Vertragspartners zu sehen sein, eine entsprechende Klausel mit dem Dritten abzuschließen. Derartige AGB zugunsten Dritter sind etwa aus dem Transportrecht bekannt, 151 indem der AGB-Verwender dem Vertragspartner bestimmte Verzichte auf Ansprche oder entsprechende Pflichten auferlegt. Die Pflichtenlage des Plattformbetreibers hinsichtlich dieser drittwirkenden AGB ist umso wichtiger, wenn man bercksichtigt, dass bei Geschften zwischen Privaten 152 keine Partei als Verwender qualifiziert werden kann, obwohl beide Parteien auf ein vorgefertigtes, vom gesetzlichen Leitbild gegebenenfalls abweichendes Rechtsprodukt rekurrieren. Der Schutz einer Vertragspartei kçnnte jedenfalls im Individualprozess nicht mehr durchgesetzt werden; der Teilnehmer msste auf die Wirksamkeit der Verbandsklage vertrauen. 153 Damit rckt die Frage in den Mittelpunkt, ob auch ein Schadensersatzanspruch eines Teilnehmers gegen den Plattformbetreiber aus positiver Vertragsverletzung fr an sich unwirksame oder benachteiligende Klauseln in Betracht kommen kann. 154 Denn der Plattformbetreiber hat die inkriminierte Klausel in das Vertragswerk eingefhrt, auf das sich die Parteien verlassen hatten. 155 Eine Parallele findet diese Jberlegung in den Fllen, in denen ein neutraler Notar eine unangemessene Bedingung in den Vertrag einfhrt, ohne dass diese einer Partei als Verwender zugerechnet werden kçnnte; hier findet keine Inhaltskontrolle statt, 156 wohl ist aber ein Regress gegen den Notar mçglich. 157 Auch ein Makler, der sich zur Hilfe bei der Formulierung der Bedingungen des angestrebten Hauptvertrags verpflichtet hat, kann sich bei unsachgerechter Vertragsgestaltung schadensersatzpflichtig machen. 158 Zwar wird der Makler, der hier grund151 S. jetzt die Regelungen in §§ 436, 437 HGB, die die frheren AGB-Regelungen und

152

153 154 155 156

157

158

die Rechtsprechung zur Erstreckung von Haftungsmilderungen und -ausschlssen auf Subunternehmer und/oder Arbeitnehmer bernommen haben. Bei Geschften zwischen Unternehmen und Privaten wird nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die Verwendereigenschaft des Unternehmers vermutet, s. dazu Spindler, ZIP 2001, 809 (814); Wiebe, Kap. 4 Rz. 118. So zum Teil R+fner, MMR 2000, 597 (601). So R+fner, MMR 2000, 597 (601 f.). So R+fner, MMR 2000, 597 (602). BGH, Urteil v. 16.11.1990 –V ZR 217/89, NJW 1991, 843; anders aber der VII. Zivilsenat, BGH, Urteil v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, BGHZ 108, 164; BGH, Urteil v. 17.9.1987 – VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350 (353); krit. dazu Medicus, Zur gerichtlichen Inhaltskontrolle notarieller Vertrge, S. 12 ff. Brambring/Schippel, NJW 1979, 1802 (1804); Roth, BB 1987, 977 (982); Wolf/ Horn/Lindacher/Wolf, § 1 AGBG Rz. 28; Medicus, Zur gerichtlichen Inhaltskontrolle notarieller Vertrge S. 13 f. OLG Dsseldorf, Urteil v. 24.1.1997 – 7 U 90/96, NJW-RR 1997, 1280; OLG Koblenz, Urteil v. 7.2.2002 – 5 U 1060/01, NZM 2002, 830; Palandt/Sprau, § 652 Rz. 14; Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003 §§ 652, 653 BGB Rz. 211; zu der Pflicht des Maklers zur Erteilung von Rechtsausknften vgl. BGH, Urteil v. 8.7.1981 – IVa ZR 244/80, WM 1981, 1175; BGH, Urteil v. 29.1.1964 – VIII ZR 86/62, MDR 1964, 495; OLG Karlsruhe, Urteil v. 3.7. 1997 – 19 U 150/96, RuS 1999, 4; LG Freiburg, Urteil v. 28.2.1996 – 9 S 259/95, NJW-RR 1997, 1281; Jansen, Die Nebenpflichten im Maklerrecht, S. 113.

Spindler | 167

Kap. 5 Rz. 89

Vertragliche Haftung und Pflichten

stzlich als Leitbild herangezogen wird, nur zur Beratung in engen Grenzen verpflichtet. Insbesondere trifft den Makler eine gesteigerte Beratungspflicht, insbesondere zur Hilfe bei der Vertragsformulierung, nicht ohne weiteres, sondern nur bei besonderer Parteivereinbarung. 159 Allerdings vermag der Vergleich mit der Rechtslage eines Maklers nicht vollstndig zu tragen: Denn anders als bei der Bewerkstelligung eines bilateralen Vertragsschlusses unterwerfen sich die Teilnehmer eines Marktplatzes, auf dem der Vertragsabschluss (das „Matching“) stattfindet, insgesamt der vom Plattformbetreiber bereitgestellten „Rechtsordnung“, ersuchen also nicht den Betreiber um eine rechtliche Beratung. Auf dem elektronischen Marktplatz gehen alle Teilnehmer von vornherein von den rechtlichen Rahmenbedingungen, die in den AGB des Plattformbetreibers definiert sind, aus. Dies ist letztlich auch der Grund, der die Rechtsprechung bewogen hat, im Wege der ergnzenden Vertragsauslegung von einer Bindungswirkung der Erklrungen im Rahmen einer Internet-Auktion auszugehen. 160 Auch aus rechtsçkonomischer Sicht spricht schließlich der Gedanke, dass das Auktionshaus als Urheber der AGB und Beherrscher der Marktordnung der „cheapest cost avoider“ wre, 161 dafr, dass es in der eigenen Haftung einen entsprechenden Anreiz ber den Schadensersatz erhalten muss, um die Klauseln interessengerecht anzupassen. Daher ist der Plattformbetreiber auch im Rahmen seiner Treue- und Nebenpflichten gehalten, keine unangemessenen Klauseln fr das Verhltnis zwischen Kufer und Verkufer bzw. Handelsteilnehmern bereitzustellen. d) Informations- und Aufklrungspflichten

89 Differenzierter ist die Lage dagegen fr Informations- und Aufklrungspflichten zu beurteilen: So kçnnte der Auktionator verpflichtet sein, die Seriositt und Bonitt der Vertragspartner vor Beginn der Versteigerung zu berprfen. Hinzu treten spezifische Nichtigkeitsgrnde bei bestimmten Vertragspartnern, sei es aufgrund deren Minderjhrigkeit oder ihres auslndischen Aufenthaltsortes, z.B. bei Exportverboten bestimmter Gter. Aufgrund der dann eintretenden Nichtigkeit des Vertrages und der tatschlich erfolgenden Vorleistung des Bieters, der in Unkenntnis des Verbots zahlt, wre dieser mit dem Insolvenzrisiko des Einlieferers belastet. Eine derartige 159 OLG Dsseldorf, Urteil v. 24.1.1997 – 7 U 90/96, NJW-RR 1997, 1280; Reuter, in:

Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653 BGB Rz. 211; Palandt/ Sprau, § 652 Rz. 14. 160 BGH, Urteil v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, NJW 2002, 363 (365) = BB 2001, 2600 (2601 f.); OLG Hamm, Urteil v. 14.12.2000 – 2 U 58/00, NJW 2001, 1142 (1143) = CR 2001, 117 (118 f.); OLG Oldenburg, Urteil v. 30.10.2003 – 8 U 136/03, NJW 2004, 168 = CR 2004, 298; AG Kehl, Urteil v. 19.4.2002 – 4 C 716/01, NJW-RR 2003, 1060 (1061) = CR 2004, 60; LG Darmstadt, Urteil v. 24.1.2002 – 3 O 289/01, NJW-RR 2002, 1139 = CR 2003, 295 m. Anm. Winter; ausfhrlich dazu Wiebe, Kap. 4 Rz. 17a; Spindler, ZIP 2001, 809 (811). 161 Zu rechtsçkonomischen Erwgungen im Recht der AGB-Inhaltskontrolle s. MnchKomm/Basedow, vor § 305 BGB Rz. 4 ff.; Kçtz, JuS 2003, 209.

168 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 91 Kap. 5

Pflicht ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Vertrag, kçnnte jedoch nebenvertraglich als Treuepflicht geschuldet werden. Denn der Auktionator wird als Stellvertreter fr den Einlieferer ebenso wie fr den Bieter ttig, nach anderen Konstruktionen als Bote. Obwohl der Stellvertreter nicht Vertragspartner wird, ist doch anerkannt, dass ihn selbst Pflichten der Aufklrung der anderen Vertragspartei treffen kçnnen, wenn er ber ein berlegenes Wissen verfgt bzw. ihm besonderes Vertrauen entgegengebracht wird. 162 Auch mçgliche Kontrollen des Auktionators, ber die der Vertragspartner (Bieter, Einlieferer) nicht verfgt, kçnnen Auslçser fr etwaige vertragliche Nebenpflichten sein. Zudem entspricht es dem Leitbild des Handelsmaklers, dass der Vertrag mit beiden Partnern zustande kommt und daher den Handelsmakler entsprechende Aufklrungs- und Treuepflichten gegenber beiden treffen. 163 Dabei ist danach zu differenzieren, ber welche Eigenschaften (Identitt, Bo- 90 nitt, Verkehrsfhigkeit des Vertragsgegenstandes) aufzuklren ist. Leitlinie der Pflichtenbestimmung muss jedoch stets sein, dass die typischen Eigenheiten der Online-Auktion, nmlich die fehlende physische Prsenz der Teilnehmer und die eingeschrnkten Mçglichkeiten der Nachprfung durch den Auktionator, bercksichtigt werden. Anders ausgedrckt: Was sowohl virtuell als auch real mçglich ist, dazu ist der Auktionator verpflichtet, nicht jedoch zu Kontrollen, die letztlich die Form der Online-Versteigerung als eigenstndigen Typus unmçglich machen. aa) Identitt der Teilnehmer und Aufklrung ber Marktrisiken

Alle denkbaren Informations- und Kontrollpflichten hngen davon ab, ob 91 der Online-Auktionator gehalten ist, die Identitt der an der Auktion teilnehmenden Personen festzustellen und zu berpr fen. In der Regel schließen die meisten Online-Huser in ihren AGB eine entsprechende Pflicht aus oder relativieren diese erheblich (zu Minderjhrigen s. Rz. 123 ff.): „Der Handel ber das Internet birgt Risiken, die in der Natur des Mediums liegen. Da die Identifizierung von Mitgliedern im Internet schwierig ist, kann eBay nicht zusichern, dass jedes Mitglied die natrliche oder juristische Person ist, fr die es sich ausgibt. Trotz unterschiedlicher Sicherheitsmaßnahmen ist es mçglich, dass ein Mitglied falsche Adressdaten gegenber eBay angegeben hat. Das Mitglied hat sich deshalb selbst von der Identitt seines Vertragspartners zu berzeugen.“ 164

162 St.Rspr., vgl. BGH, Urteil v. 4.7.1983 – II ZR 220/82, BGHZ 88, 67 (68 f.) = NJW

1983, 2696; Palandt/Heinrichs, § 311 Rz. 60 ff. m.w.N.; speziell fr den Kunstauktionator: OLG Dsseldorf, Urteil v. 12.1.1978 – 12 U 109/77, OLGZ 1978, 317. 163 Darauf weist zu Recht Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 47 hin. 164 eBay 10/2004, § 6 Abs. 1; s. auch auktionskiste.de (Stand 05/2004), § 8 Nr. 1 und BesteAuktionen 03/2000, § 7 Abs. 3.

Spindler | 169

Kap. 5 Rz. 92

Vertragliche Haftung und Pflichten

(1) Grundstze

92 Eine Inhaltskontrolle derartiger Klauseln nach den §§ 305 ff. BGB setzt zunchst notwendig das Bestehen einer entsprechenden Pflicht voraus: Anders als bei der Beschaffenheit der Ware, die der Plattformbetreiber in der Regel nicht zu Gesicht bekommt, wird der Handelsteilnehmer vom Plattformbetreiber zuvor registriert, allein schon um die entsprechenden Einnahmemçglichkeiten zu sichern. Dementsprechend sehen fast alle Plattformbetreiber Pflichten des Kunden vor, seine identittsstiftenden Merkmale, insbesondere ladungsfhige Adressen, anzugeben (vgl. Rz. 121). Im Prinzip hat der Plattformbetreiber daher Kenntnis von der Identitt der Teilnehmer. Indes beschrnken sich zahlreiche Plattformbetreiber offenbar darauf, sich mit den Angaben von Teilnehmern zu begngen, ohne diese nher zu berprfen; insbesondere wird in der Regel auf eine digitale Signatur oder ein PostIdent-Verfahren zur Identittsprfung verzichtet, sondern nur die Angabe einer E-Mail-Adresse und die Verwendung eines Passwortes verlangt. Grçßere Auktionshuser wie eBay etwa sehen dagegen eine SCHUFA -Anfrage bei Neuanmeldung oder Rnderung der Angaben bei bereits registrierten Mitgliedern vor, um deren Identitt (nicht ihre Bonitt) einmalig zu verifizieren. 165 93 Angesichts eines Massengeschfts ist dies fr Online-Auktionshuser aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar, da die digitale Signatur noch keine weite Verbreitung gefunden hat und Ausflle im Gebhrenaufkommen durch Identittstuschung nicht die Rentabilitt des gesamten Geschfts fr den Auktionator gefhrden. Fr den einzelnen Bieter oder Einlieferer bedeutet dagegen die mangelnde Identittsprfung ein erhebliches (Erfllungs-) Risiko – ganz abgesehen von den Betrugs- und Manipulationsrisiken. 94 Fraglich ist daher, ob die mçgliche Identittspr fung anhand digitaler Signaturen als zustzliches Sicherungsmittel bei der Registrierung bereits eine Pflicht des Auktionshauses auslçst, solche Anmeldeprozeduren zu verlangen. 166 Eine solche Pflicht wrde sich ergeben, wenn das Auktionshaus ein entsprechendes Vertrauen der Auktionsteilnehmer erweckt, indem etwa durch Werbemaßnahmen ein gefahrloses Bieten und eine risikolose Abwicklung von Auktionen suggeriert wird. 167 Ein solcherart hervorgerufenes Vertrauen kçnnte auch schwerlich (im B2C-Verkehr) durch entgegenste165 Vgl. http://pages.ebay.de/help/reg/schufa-help.html. (abgerufen am: 28.4.2004);

teilweise wird von den Plattformbetreibern auch die Vorlage einer Kopie des Personalausweises zur Verifizierung verlangt, z.B. echtwahr.de (Stand 05/2004), Nr. 3; Hood (Stand 05/2004) verlangt fakultativ Jbersendung einer amtlich beglaubigten Kopie des Personalausweises; BesteAuktionen nimmt ebenfalls eine Identittsprfung vor – allerdings fehlt ein Hinweis auf die Durchfhrungsweise (BesteAuktionen 03/2000, § 1 Abs. 5). 166 In diese Richtung ansatzweise wohl R+ßmann/Reich, K&R 2000, 116 (118). 167 Wie hier Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 50; ebenso nunmehr auch Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 325.

170 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 96 Kap. 5

hende AGB-Klauseln zerstçrt werden, da sich der Verwender zumindest widersprchliches Verhalten vorhalten lassen muss – die Zulssigkeit solcher Klauseln unterstellt. Klrt das Auktionshaus jedoch vor Beginn der Auktion die Teilnehmer ber die mit dem Geschft verbundenen Risiken auf, und zerstçrt es so ein mçgliches Vertrauen, ist es Sache der Teilnehmer, zu entscheiden, ob sie das Erfllungs- bzw. Identittsrisiko des unbekannten Vertragspartners tragen wollen. Selbst die Schriftlichkeit eines Vertrages gem. § 1 VerstVO zwischen Versteigerer und Einlieferer wrde hieran nichts ndern, da nicht notwendigerweise die Identittsprfung damit verbunden ist. 168 Die Frage der Identittsprfung hngt daher eng mit entsprechenden Aufklrungspflichten zusammen. 169 Schwierig ist die Sachlage zu beurteilen, wenn der Teilnehmer keinen Hin- 95 weis auf die durch die fehlende Identittsprfung entstehenden Risiken erhlt, andererseits aber auch kein besonderes Vertrauen auf eine Identittsprfung hervorgerufen wird. Eine Pflicht zur Aufklrung setzt bekanntlich voraus, dass der Vertragspartner – hier das Auktionhaus – ber ein berlegenes Wissen verfgt und erkennen kann, dass es dem Vertragspartner auf die Eigenschaften ankommt, ber die aufzuklren ist. Fraglich ist indes bereits, ob ein Online-Handelsteilnehmer nicht typischerweise die Risiken der fehlenden Identittsprfung kennt und daher keines Schutzes durch Aufklrung bedarf. Von einer solchen Annahme geht offenbar – in anderem Zusammenhang – das LG Wiesbaden aus. 170 Mit zunehmender Verbreitung der Internetnutzung durch Teilnehmer, die nicht ber einen entsprechenden Kenntnisstand der Risiken des Internets, der potentiellen Anonymitt und der Tuschungsmçglichkeiten verfgen, kann jedoch zumindest derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass jedem Auktionsteilnehmer die mit der Online-Auktion implizierten Risiken selbstverstndlich bekannt sind. 171 Allerdings hngt die Entscheidung vom Einzelfall ab, insbesondere ob es sich um einen Nutzer handelt, der aufgrund der umfangreichen Medienberichterstattung ber Betrugsflle bei elektronischen Plattformen bereits hinreichend sensibilisiert wurde. Es bedarf daher im Regelfall zumindest eines Hinweises, etwa dergestalt, dass 96 der Teilnehmer vor Auktionsteilnahme dazu aufgefordert wird, sich ber die Risiken und Vorteile einer Online-Auktion zu informieren. Dies kann schon in der Weise geschehen, dass der Nutzer im Rahmen der Eingabemaske deut168 Unklar R+ßmann/Reich, K&R 2000, 117 (118), die Schriftlichkeit und digitale

Signatur in einem Atemzug nennen. 169 Diesem Ansatz jetzt zust. Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerun-

gen im Internet, 2004, Rz. 328 ff. 170 LG Wiesbaden, Urteil v. 13.1.2000 – 13 O 132/99, K&R 2000, 152. 171 Ebenso R+ßmann/Reich, K&R 2000, 116 (118) gegen Stçgm+ller, K&R 1999, 391;

davon geht offenbar auch das AG Schçneberg, Urteil v. 7.2.2002 – 8 C 538/01, MMR 2002, 561 m. zust. Anm. Dustmann aus; anders Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 330 aufgrund der Erfahrungen des Teilnehmers bei seiner eigenen Registrierung.

Spindler | 171

Kap. 5 Rz. 97

Vertragliche Haftung und Pflichten

lich auf eine Informationsseite per Hyperlink hingewiesen wird, wo er sich informieren sollte. Auch der eindeutige Verweis darauf, wie der Auktions-Teilnehmer die Abwicklung sicher gestalten kann, etwa durch Inanspruchnahme eines vom Auktionator vorgesehenen Treuhand-Abwicklungsmodells, sollte gengen. Zieht man wiederum den Vergleich mit dem Maklerrecht, kann kaum mehr an Pflichten gefordert werden: Denn wie bereits dargelegt, trifft den Makler keine Pflicht zur Nachforschung; er muss nur ihm bekannte Zweifel, z.B. ber die Leistungsfhigkeit des Vertragspartners, mitteilen. 172 Seiner Pflicht zur Erluterung der Risiken des Vertrags kann er bereits durch einen Hinweis auf mçgliche rechtliche Probleme und die Notwendigkeit der Einholung von rechtlichem Rat gengen. 173 Dies gilt erst recht fr den reinen Nachweismakler, dessen Ttigkeit sich in der Zusammenfhrung der Interessenten erschçpft und der daher in der Regel nicht zur Beratung der Interessenten verpflichtet ist – 174 was der Situation des Online-Auktionators am nchsten kommt. Gesttzt wird diese Sichtweise auch durch einen Vergleich mit der Haftung eines Verlegers fr Anzeigen, der nicht fr Identitt und Bonitt der Anzeigenkunden haftet; allerdings ist hier zu bercksichtigen, dass bei Online-Plattformen, die bereits den Vertragsschluss im System erlauben (z.B. ber das Auktionsverfahren), fr den Marktteilnehmer ein hçheres Risiko als im klassischen Anzeigengeschft besteht. 175 97 Fr eine solche Beschrnkung der Pflichten der Plattformbetreiber spricht auch die in der Praxis anzutreffende Differenzierung nach „normalen“ Teilnehmern und „gepr ften“ Teilnehmern, etwa bei eBay: Hier findet gegen Gebhr eine zustzliche Identittsprfung mit dem PostIdent-Verfahren oder anderen Verfahren zur Jberprfung der Legitimation statt. Erst dann darf der Teilnehmer ein entsprechendes Gtesiegel fhren; gleichzeitig werden ihm Erleichterungen bei der Wahl der Handelsparameter erlaubt. 176 Damit bietet der Plattformbetreiber besondere Leistungen und Gtesiegel an, die der Teilnehmer frei whlen kann. Wird den Teilnehmern aber hinreichend deutlich, dass nur bei derartigen „geprften“ Teilnehmern davon ausgegangen werden kann, dass sie auch unter ihrer wahren Identitt handeln, kann kein Vertrauen auf eine entsprechende Identittsprfung bei allen Teil172 BGH, Urteil v.14.5.1969 – IV ZR 792/68, WM 1969, 880 (881); BGH, Urteil v.

173

174 175 176

8.2.1967 – VIII ZR 174/64, DB 1967, 505 (506) = LM Nr. 22 zu § 652 BGB; OLG Koblenz, Urteil v. 3.12.1996 – 3 U 1248/95, NJW-RR 1997, 887 (888); bezglich des Auftraggebers selbst: OLG Dresden, Urteil v. 16.10.1996 – 8 U 808/96, NZM 1998, 81; Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, Vorbem. zu §§ 652 ff. BGB Rz. 12, § 652 BGB Rz. 207, 209 m.w.N. BGH, Urteil v. 8.7.1981 – IVa ZR 244/80, NJW 1981, 2685 (2686) = WM 1981, 1175; Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653 BGB Rz. 211; Jansen, Die Nebenpflichten im Maklerrecht, S. 113. S. dazu Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, § 652 BGB Rz. 207 m.w.N. Anders offenbar Dustmann, MMR 2002, 562, der auch jegliche Identittsprfung ablehnt. Nhere Einzelheiten unter http://pages.ebay.de/help/buy/buyer_idverify.html.

172 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 100 Kap. 5

nehmern bestehen. Voraussetzung ist aber stets eine klare und hinreichend deutliche Aufklrung. Eine gnzlich andere Frage, die die Identitt der Teilnehmer, aber auch deren 98 Bewertungen betrifft, ist der sog. Identittsdiebstahl („account takeover“). Wie sich gezeigt hat, gelangen Kriminelle durch das Versenden von E-Mails, in denen eine offizielle Anfrage etwa von eBay vorgegaukelt und das Passwort sowie die Kennung eines eBay-Mitglieds abgefragt werden, in den Besitz entsprechender Identitten und Bewertungshistorien (Phishing). 177 Erlangt der Plattformbetreiber gesicherte Kenntnis von solch gestohlenen Identitten, z.B. durch entsprechende Information durch den Kunden, ist er gehalten, unverzglich die Identitt zu sperren. 178 Gleiches gilt, wenn der Plattformbetreiber von einem Teilnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass ein Dritter unter dem Namen des Teilnehmers unbefugt Handel treibt; der Plattformbetreiber ist hier aus seiner Schutzpflicht gegenber den Teilnehmern gehalten, derartigen Missbruchen durch Sperre derartiger Accounts unverzglich nach Kenntnis entgegenzutreten, zumal sich unter Umstnden in Folge von entsprechenden Bewertungen anderer Teilnehmer negative Auswirkungen auf die Reputation des geschdigten Mitglieds ergeben kçnnen. 179 (2) Klauseln

Besteht demnach grundstzlich eine rudimentre Pflicht, den Online-Aukti- 99 onsteilnehmer ber das Risiko der mit Dritten gettigten Geschfte aufzuklren, ist ferner fraglich, ob die Pr fungspflicht hinsichtlich der Identitt formularmßig abbedungen werden kann bzw. spiegelbildlich, ob die Aufklrung in AGB gen gt. Dementsprechend finden sich Klauseln, wie die oben Rz. 91 zitierte, die den Marktteilnehmer kurz ber die Risiken der Identittsprfung informieren und ihn selbst dazu auffordern, sich Gewissheit ber die Identitt des anderen Marktteilnehmers zu verschaffen. Letzteres ist klar zu verneinen: Da die Aufklrungspflicht den Auktionator 100 vor dem Abschluss des Teilnehmervertrages trifft, bestehen bereits Zweifel, ob der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo berhaupt durch einen nachfolgenden Vertragsschluss abbedungen werden kann. 180 Zwar kçnnen diese Zweifel noch wegen § 309 Nr. 7b BGB, der sich auch auf Verschulden bei Vertragsverhandlungen erstrecken kann, 181 berwunden werden; die Regelung legt nahe, dass zumindest durch einen sich anschließenden Vertragsschluss ein Haftungsausschluss sich auch auf zuvor entstandene Scha177 Nher Gercke, MMR aktuell 5/2004, XIV f; zum Aussphen von Passwçrtern mit-

tels Java-Skripten etc. s. Rz. 56. 178 Zu Sperrklauseln unten Rz. 141 ff. 179 AG Potsdam, Urt. v. 3.12.2004 – 22 C 225/04, n.v. Zur Haftung gegenber Dritten

s. Kap. 6 Rz. 25 ff. 180 Vgl. Marx/Arens, § 2 VerstV Rz. 33. 181 So auch BT-Drs. 14/6040 S. 156.

Spindler | 173

Kap. 5 Rz. 101

Vertragliche Haftung und Pflichten

densersatzansprche aus culpa in contrahendo nach § 311 Abs. 2 BGB erstrecken kann, 182 so dass die Haftung fr leicht fahrlssige Aufklrungspflichtverletzungen ausgeschlossen werden kann. Doch wird dadurch nicht die Pflicht als solche ausgeschlossen; denn es entspricht gerade dem Wesen der Aufklrungspflicht, Informationsdefizite des Vertragspartners zu beheben, so dass jedenfalls eine in formularmßigen Klauseln versteckte Information kaum dazu geeignet sein drfte, bei dem Vertragspartner die nçtige Aufmerksamkeit zu erwecken. 183 Im unternehmerischen Verkehr (B2B-Plattformen) ist dies aufgrund der hçheren Eigenverantwortlichkeit der Handelsteilnehmer dagegen anders zu beurteilen; hier gengt ein entsprechender Hinweis in den AGB. 184 bb) Bonitt und Seriositt der Teilnehmer

101 Andere Jberlegungen mssen indes fr eine Pflicht des Auktionshauses, die Bonitt der Teilnehmer zu pr fen, angestellt werden: Denn im Gegensatz zur Identittsprfung, die aufgrund der Verfgbarkeit der digitalen Signatur mit einem erheblichen Sicherheitsgewinn im Prinzip ohne weiteres mçglich wre, ist zumindest derzeit eine Bonittsprfung nicht in derselben Zeit wie eine Identittsprfung durchzufhren. Das Auktionshaus msste in diesen Fllen bei entsprechenden zentralen Informationsagenturen, wie der SCHUFA, Ausknfte einholen; dies ist zwar in Zukunft als automatisierte Abfrage selbst im Massengeschft durchaus denkbar, zumal auch eine Online-Auktion nicht nur in Minuten abluft, sondern sich in der Regel ber einen gewissen Zeitraum erstreckt, der eine entsprechende Abfrage von Daten ermçglichen wrde. Im Gegensatz zur Identittsprfung drfte jedoch ein OnlineAutkionshaus – ebenso wenig etwa wie ein Makler – bei den Teilnehmern ein Vertrauen auf eine entsprechende Bonittsprfung hervorrufen. 185 Vielmehr ist davon auszugehen, dass der typische Online-Auktionsteilnehmer wie bei anderen Transaktionen im „realen“ Leben um das Insolvenzrisiko des potenziellen Vertragspartners weiß und nicht in dem Glauben befangen ist, dass das Auktionshaus nur finanzkrftige Teilnehmer zulsst und zuvor deren Leistungsfhigkeit recherchiert. Da der Auktions-Teilnehmer selbst entsprechende Registrierungsprozeduren vor Zulassung zur Auktionsteilnahme unterluft, erfhrt er davon, dass z.B. die Angabe einer Kreditkartennummer oder gar die Hinterlegung von Sicherheiten auf Treuhandkonten nicht erforderlich ist. Wie oben bereits dargelegt, 186 hnelt die Vertragsbezie182 S. dazu Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt/H.-D. Hensen, § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 10

m.w.N.; Bamberger/Roth/Becker, § 309 Nr. 7 Rz. 40. 183 Anders AG Schçneberg, Urteil v. 7.2.2002 – 8 C 538/01, MMR 2002, 561 m. zust.

Anm. Dustmann, das ohne weiteres einen entsprechenden Hinweis in den AGB fr ausreichend erklrt. 184 Zutr. Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 50. 185 Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 51; im Ergebnis ebenso, aber ohne Begrndung Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (102). 186 Vgl. Wiebe, Kap. 4 Rz. 6 ff.

174 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 102 Kap. 5

hung des Online-Auktionshauses noch mehr derjenigen eines Maklers als derjenigen eines Versteigerers, 187 der sich ggf. vor der Auktion der Bonitt der Teilnehmer vergewissert und diese auch whrend der Auktion sicherstellen kann, z.B. durch Hinterlegung von gedeckten Schecks etc. Fr Makler ist indes bereits dargelegt worden, dass sie zwar Zweifel an der Bonitt eines Kunden mitteilen, 188 nicht aber dessen finanzielle Leistungsfhigkeit berprfen mssen. 189 Zwar muss der fr beide Parteien ttige Makler ber die wirtschaftlichen Verhltnisse einer Partei das zur Schadensabwendung fr die andere Partei Unerlssliche mitteilen; 190 doch umfasst dies ebenso wenig eine Nachforschungspflicht. Eines gesonderten Hinweises des Auktionshauses darauf, dass es keine Bonittsprfung der Teilnehmer durchfhrt, bedarf es daher im Regelfall nicht. Lediglich dann, wenn bestimmte Finanzdaten des Teilnehmers abgefragt werden oder durch allgemeine Werbung der Eindruck erweckt wird, dass die Teilnehmer der Auktionen ber ausreichende Bonitt verfgen, kann das Auktionshaus ein solcherart gewecktes Vertrauen auf Bonittsprfungen nur durch eindeutige und klare Hinweise zerstçren, sofern nicht bereits widersprchliches Verhalten anzunehmen wre. Eine Pflicht des Auktionshauses zur Prfung der Bonitt und zum Aus- 102 schluss eines Einlieferers von der Teilnahme an den Auktionen kçnnte allerdings aus hufigen Beschwerden von Bietern ber Probleme bei der Vertragsabwicklung resultieren. So haben einige Auktionshuser eigene Seiten eingerichtet (Beschwerde- oder Ratingseiten), auf denen Kunden ihre Meinung zu bestimmten Einlieferern kundtun kçnnen. Fraglich ist hier, ob der Plattformbetreiber verpflichtet ist, bei berwiegend negativem Rating eines Teilnehmers die anderen Teilnehmer zu warnen oder das Mitglied auszuschließen; entsprechende Befugnisse lassen sich zahlreiche Plattformbetreiber, insbesondere Auktionshuser wie eBay, einrumen (vgl. Rz. 74 ff.). Auch hier stellt sich wieder das Problem, dass bei einem kleinen Marktplatz mit berschaubarer Teilnehmerzahl in der nicht-virtuellen Welt eine solche Prfungspflicht keine großen Probleme aufwerfen wrde und sich Teilnehmer auf entsprechende Marktkontrollen einstellen kçnnen sowie darauf auch vertrauen drfen. Bei einer Vielzahl von Teilnehmern jedoch wrde eine entsprechende Pflicht zur Durchsicht der Bewertungen schnell dazu fhren, dass die neue Handels- und Kommunikationsform unmçglich wrde. Aus vertragsrechtlicher Sicht ist entscheidend, ob die Teilnehmer ein entsprechendes Vertrauen auf derartige Prfungen entwickeln; je nachdem wie ein Marktplatz strukturiert ist und wie die Teilnehmer ber die Ttigkeiten des 187 Dessen Vertragsbeziehungen selbst schon als Makler(dienst)vertrag einzustufen

sind, vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1973, 1473 (1475). 188 S. auch OLG Hamburg, Urteil v. 3.9.1997 – 13 U 12/97, NJW-RR 1998, 1206: Feh-

lende Leistungsfhigkeit eines Bautrgers; OLG Koblenz, Urteil v. 11.4.1991 – 5 U 363/90, NJW-RR 1992, 1118. 189 S. Fn. 172; s. auch OLG Hamm, Urteil v. 23.9.1993 – 18a U 33/93, MDR 1993, 1174. 190 BGH, Urteil v. 8.2.1967 – VIII ZR 174/64, DB 1967, 505 = LM Nr. 22 zu § 652 BGB.

Spindler | 175

Kap. 5 Rz. 103

Vertragliche Haftung und Pflichten

Marktplatzbetreibers zuvor aufgeklrt werden, werden die Teilnehmer nicht ein entsprechendes Vertrauen entwickeln, so dass auch keine diesbezglichen Prfungspflichten des Plattformbetreibers entstehen. Anders ist die Sachlage jedoch zu beurteilen, wenn dem Plattformbetreiber ernst zu nehmende Beschwerden mitgeteilt werden; 191 hier trifft ihn eine Pflicht zum Ausschluss dieses Teilnehmers im Rahmen der Mçglichkeiten und nach entsprechender Anhçrung des betroffenen Teilnehmers (vgl. Rz. 144 ff.). 192 Zwar ist auch im Maklerrecht anerkannt, dass den Makler keine Pflichten zu eigenen Nachforschungen bei Zweifeln an der Bonitt eines Kunden treffen; doch ist er zumindest gehalten, diese Zweifel den Auftraggebern mitzuteilen. 193 Dagegen wrde eine Pflicht, sich auch bei anderen Auktionshusern oder spezifischen Verbrauchermeinungsseiten 194 ber die Seriositt der Einlieferer zu erkundigen, die Anforderungen an das Auktionshaus im Lichte des Online-Massengeschfts berspannen. 195 103 Fraglich bleibt, ob ein formularmßiger Haftungsausschluss, der sich auf Pflichten der Bonittsprfung bzw. des Ausschlusses von unseriçsen Teilnehmern bezieht, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhlt. Selbst wenn man die Pflicht zur Bonittsprfung nicht als vorvertragliche Pflicht einordnen wrde, etwa weil es sich um einen Rahmenvertrag mit einem Teilnehmer handelt, 196 wrde eine undifferenzierte Haftungsklausel, die selbst bei Kenntnis des Auktionshauses von berechtigten, mehrfachen Beschwerden einen Schadensersatzanspruch des Vertragspartners ausschließt, bereits gegen § 309 Nr. 7b BGB verstoßen, da auch der Vorsatz oder die grobe Fahrlssigkeit hiervon erfasst wre. Problematisch ist dagegen, ob zumindest fr leichte Fahrlssigkeit die Haftung ausgeschlossen werden kann, etwa wenn der Auktionator Beschwerden wegen Arbeitsberlastung nicht nachgegangen ist oder die entsprechende Webseite seines Angebotes nicht berprft hat. Da nach der hier vertretenen Auffassung der Auktionator nur zu groben Kontrollen verpflichtet ist, muss ein derartiger Haftungsausschluss als zulssig qualifiziert werden, zumal die Pflicht zur Seriosittsprfung nicht zu den Kardinalpflichten des Online-Auktionators gehçrt. 191 Wie hier auch fr den unternehmerischen Verkehr Huppertz, in: Brutigam/Leu-

pold, Online-Handel, B IV Rz. 51. 192 AG Hamburg-Altona, Urteil v. 13.9.2001 – 317 C 297/01, n.v., rkr.; ebenso jetzt

193 194

195 196

Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 339 ff., der aber offenbar die Erstauflage dahin gehend missversteht, dass eine Nachforschungspflicht verlangt wrde (Rz. 340). S. Fn. 172; die weiter gehende Auffassung in Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen, 2001, Kap. E Rz. 21,wird aufgegeben. Z.B. ermçglicht das Verbraucherportal „ciao“ (www.ciao.com) dem Verbraucher nicht nur den Abruf von Erfahrungsberichten ber verschiedene Produkte und Dienstleistungen sondern auch ber die Anbieter dieser Produkte, s. auch www.snakecity.com. Ebenso AG Hamburg-Altona, Urteil v. 13.9.2001 – 317 C 297/01, n.v., rkr. So dass die Prfungen sich als nebenvertragliche Pflicht vor jeder Auktion darstellen wrden.

176 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 104 Kap. 5

cc) Verkehrsfhigkeit der Ware (gesetzliche Verbote etc.)

Nicht zu verwechseln mit der Prfung der zu verkaufenden Ware ist schließ- 104 lich die Frage, ob der Auktionator gehalten sein kann, zu pr fen, ob der beabsichtigte Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstçßt oder sittenwidrig ist, insbesondere wegen des zu vermittelnden Vertragsgegenstandes, z.B. bei Angeboten menschlicher Organe, Leihmttern, Embryonen, seltener Tierarten, Prostitutionsleistungen etc. Gleiches kann fr die Verf gungsbefugnis des Bieters ber den Vertragsgegenstand gelten. Dementsprechend sehen zahlreiche AGB von Online-Auktionshusern ausdrcklich vor, dass der Auktionator nicht derartige Prfungen vornimmt; 197 andere sehen explizit entsprechende Rechte zur Kontrolle und zur Entfernung bzw. Sperrung solcher Angebote vor. 198 Schließlich wird auch in den AGB explizit ausgeschlossen, dass derartige Angebote auf der Plattform platziert werden drfen. 199 197 OnlineAuktionen.de (Stand 05/2004), Stichwort „Handelsplatz“; auktionskis-

te.de (Stand 05/2004), § 1. 198 echtwahr.de (Stand 05/2004), § 15; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 3; Online-

Auktionen.de (Stand 05/2004), Stichwort „Verstoß gegen diese Nutzungsbedingungen“ und „Liste verbotener Artikel“; Atrada 06/2004, Teil I Nr. 6c); BesteAuktionen 03/2000, § 3 Abs.VIII. 199 eBay (10/2004), § 7. „1. Es ist verboten, Artikel anzubieten, deren Angebot, Verkauf oder Erwerb gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen die guten Sitten verstoßen. Insbesondere drfen folgende Artikel weder beschrieben noch angeboten werden: – Artikel, deren Bewerbung, Angebot oder Vertrieb Urheber- und Leistungsschutzrechte, gewerbliche Schutzrechte (z.B. Marken, Patente, Gebrauchs- und Geschmackmuster) sowie sonstige Rechte (z.B. das Recht am eigenen Bild, Namensund Persçnlichkeitsrechte) verletzen. Das eBay-VeRI Programm untersttzt die Inhaber von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten bei der Verteidigung ihrer Rechte gegen rechtsverletzende Angebote auf der eBay-Website. Teilnehmer des VeRI Programms sowie andere Inhaber von gewerblichen Schutzrechten und/oder Urheberrechten kçnnen eBay Angebote melden, die ihre Rechte verletzen und auf diesem Wege die Entfernung solcher Angebote erreichen. – Propagandaartikel und Artikel mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – Pornografische und jugendgefhrdene Artikel – Waffen im Sinne des Waffengesetzes, insbesondere Schuss-, Hieb- und Stichwaffen jeglicher Art sowie Munition jeglicher Art – In der Bundesrepublik Deutschland Tabakwaren (z.B. Zigaretten, Zigarren, Feinschnitt) ohne deutsche Steuerzeichen. Tabakwaren mit deutschen Steuerzeichen drfen nicht zu einem anderen als auf dem Steuerzeichen abgedruckten Betrag abgegeben werden. Daher drfen Tabakwaren bei eBay nur als Festpreisartikel angeboten werden – Radioaktive Stoffe, Gift- und Explosivstoffe sowie sonstige gesundheitsgefhrdende Chemikalien – Lebende Tiere, Produkte und Prparate geschtzter Tierarten sowie geschtzte Pflanzen und deren Prparate – Menschliche Organe – Wertpapiere (insbesondere Aktien), Geldmarkt- und Finanzinstrumente, Kredite, Darlehen und Finanzierungshilfen, es sei denn diese werden von Kreditinsti-

Spindler | 177

Kap. 5 Rz. 105

Vertragliche Haftung und Pflichten

105 Aus vertragsrechtlicher Sicht 200 steht – wie zuvor – im Vordergrund, ob das Auktionshaus beim Teilnehmer Vertrauen hinsichtlich einer solchen Prfung erweckt. Hier ist nach der Prsentation des Angebots der Auktion zu differenzieren: Bei spezialisierten Auktionshusern, die erkennbar nicht nur eine Plattform zum Austausch bieten wollen, sondern ihren Ruf in die Waagschale werfen, etwa als Kunst-Auktionshaus, ist eine solche Pflicht zur Prfung der Vertragsgegenstnde auf Verkehrsfhigkeit eher anzunehmen als bei Auktionsveranstaltern, die nur die technischen Fazilitten zur Verfgung stellen und auch klar darauf hinweisen. Im Extremfall kçnnte etwa ein Kunst-Auktionator gehalten sein, ein Angebot ber ein bekanntermaßen entwendetes Bild nicht anzunehmen und auszusortieren, worauf der Bieter auch vertrauen kann, wenn das Auktionshaus mit seiner Reputation wirbt. Dagegen kçnnen Online-Auktionshuser, die nur Plattformen zur Verfgung stellen und auch darauf deutlich hinweisen, nicht gehalten sein, die Verfgungsbefugnis des Bieters zu prfen, da dies umfangreiche Recherchen voraussetzt. Das Risiko eines Bieters, einen entwendeten Gegenstand zu erhalten, wird durch die Online-Auktion gegenber einer „realen“ Transaktion nicht signifikant gesteigert – dementsprechend entwickelt der Teilnehmer auch kein darauf bezogenes Vertrauen. 201 106 Auch trifft den Auktionator hinsichtlich der Verkehrsfhigkeit des Vertragsgegenstandes bzw. entgegenstehender gesetzlicher Verbote keine Pflicht zur Prfung, wenn er nur Plattformen zur Kommunikation anbietet, und sofern er nicht beim Teilnehmer ein entsprechendes Vertrauen erweckt. 202 Denn tuten mit Sitz oder Niederlassung im Inland angeboten – Schuldscheine und gerichtliche Titel sowie andere Forderungen aus Rechtsgeschften zum Zwecke des Inkasso – Gutscheine, die fr jedermann kostenlos erhltlich sind – Artikel, deren Besitz zwar rechtmßig ist, deren Verwendung aber verboten ist – Drogen – Arzneimittel, es sei denn, das Mitglied besitzt eine deutsche behçrdliche Versandhandelserlaubnis und ist von eBay fr das Angebot von Medikamenten zugelassen worden – Medizinprodukte, soweit deren Verkauf nach den gesetzlichen Regelungen untersagt ist 2. Grundstcke und grundstcksgleiche Rechte drfen nicht im Rahmen von Auktionen oder Sofort-Kaufen-Angeboten (Festpreis) auf der eBay-Website angeboten werden. 3. eBay behlt sich vor, Angebote zu lçschen, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass diese gegen geltendes Recht, diese AGB oder die eBay-Grundstze verstoßen.“; hnliche Kataloge finden sich bei AnundVerkauf (Stand 05/2004), Nr. 4; Athammer.de (Stand 05/2004), Stichwort „Liste verbotener Ware“; Hood (Stand 05/2004), § 9 Abs. VII; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 7. 200 Zur Haftung gegenber Dritten s. Spindler, Kap. 6. 201 Zust. Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 326. 202 Die gegenteilige Auffassung aus Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen, 2001, Kap. E Rz. 23, wird aufgegeben.

178 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 107 Kap. 5

die automatisierte Registrierungsprozedur fhrt nicht dazu, dass die angesprochenen Teilnehmerkreise die Erwartung entwickeln, dass der Marktplatzbetreiber smtliche Angebote eingehend auf ihre Handelsfhigkeit prft. Erforderlich – aber auch ausreichend – sind indes eindeutige Hinweise des Marktplatzbetreibers oder entsprechende Ausschlussbestimmungen, auf die der Kunde hingewiesen wird. Zwar kann den Makler im Rahmen seiner vertraglichen Treuepflicht die Pflicht treffen, den Auftraggeber ber alle rechtlichen Umstnde aufzuklren, die sich auf den Geschftsabschluss beziehen. 203 Doch fhrt der Charakter der elektronischen Marktpltze und die fr sie charakteristische Zahl und Vielfalt der online angebotenen Gegenstnde dazu, dass Prfungspflichten entfallen, wie die gesetzgeberische Wertung in § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG zeigt. Selbst wenn man entsprechende Pflichten zur tatschlichen Kontrolle annehmen wollte, wofr vertragsrechtlich mangels entsprechenden Vertrauens der Teilnehmer nichts spricht, wre das virtuelle Auktionshaus entsprechend presse- bzw. wettbewerbsrechtliche Parallelen 204 nur zu groben Kontrollen auf evidente Rechtswidrigkeit hin verpflichtet. Andererseits ist im Vertragsverhltnis zwischen Auktionshaus und Bieter zu bercksichtigen, dass weithin bekannte Verbote auch den Bietern gelufig sein drften, etwa eine Versteigerung von Drogen oder seltenen Tierarten. Will man in solchen Fllen nicht bereits eine vertragliche (nicht: deliktische oder strafrechtliche) Pflicht des Auktionshauses entfallen lassen, kommt zumindest Mitverschulden in Betracht, wenn der Bieter durch Vorleistungen an den Einlieferer oder fehlende Erfllung des Vertrages Schaden erleidet. Fraglich ist daher, ob und wie das virtuelle Auktionshaus derartige Prfungs- 107 pflichten formularmßig ausschließen kann. Je nach Art und Umfang des Auktionsgeschftes kçnnen von vornherein nur grobe Kontrollpflichten angenommen werden, außer wenn das Auktionshaus, etwa bei Spezialisierung, entsprechendes Vertrauen hervorgerufen hat. Sind die nebenvertraglichen Pflichten von vornherein nur auf ein solches Maß eingeschrnkt, muss es aber auch zulssig sein, die Pflichten bei gehçriger Aufklrung des Bieters als Vertragspartner auch durch AGB-Klauseln ganz auszuschließen. Wird der Bieter unmissverstndlich ber die fehlende Kontrolle der Legalitt der Transaktion und der daraus folgenden Erfllungsrisiken informiert und lsst er sich dennoch auf das Geschft ein, kann er nicht den Auktionator als Stellvertreter, Bote oder Mittler fr das Scheitern des Geschftes haftbar machen. 205 Aufklrung, Mçglichkeiten des Selbstschutzes, Ausgestaltung der Pflichten stehen wie kommunizierende Rçhren in einem engen Verhlt203 BGH, Urteil v. 8.7.1970 – IV ZR 1174/68, WM 1970, 1270 (1271); Staudinger/D.

Reuter, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653 BGB Rz. 206; s. dazu auch OLG Mnchen, Urteil v. 10.5.1961 – 7 U 2203/60, NJW 1961, 1534 zur Pflicht zur Aufklrung ber steuerrechtliche Fragen und Praxis der Finanzmter. 204 S. dazu BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120/96, NJW 1999, 1960 = MMR 1999, 280 m. Anm. Decker. 205 Im Ergebnis ebenso AG Schçneberg, Urteil v. 7.2.2002 – 8 C 538/01, MMR 2002, 561 m. zust. Anm. Dustmann.

Spindler | 179

Kap. 5 Rz. 108

Vertragliche Haftung und Pflichten

nis zueinander. Eine Benachteiligung des Vertragspartners gem. § 307 Abs. 2 BGB resultiert aus einem solchen Haftungsausschluss jedenfalls dann nicht, wenn der Vertragspartner aufgrund der Eigenart des Geschfts dem Vermittler von vornherein kein gesteigertes Vertrauen entgegenbringt, das es gebieten wrde, einen Haftungsausschluss als unzulssige Benachteiligung des Vertragspartners anzusehen. Nur dann, wenn das jeweilige Verbotsgesetz eine Kontrollpflicht zugunsten eines Dritten und nicht nur im çffentlichen Interesse anordnet, wrde ein entsprechender Haftungsausschluss gegen § 307 BGB verstoßen. dd) Besondere Auktionsformen

108 Schließlich muss der Auktionator die Kunden ber den Ablauf besonderer Auktionsformen, wie der Hollndischen Auktion oder der Vickery-Auktion, ausreichend informieren und aufklren, um den zum Teil komplexen Ablauf dieser Auktionsformen fr den Bieter zu verdeutlichen. Andernfalls gert der Bieter in Gefahr, von einem anderen Auktionsverlauf auszugehen und sich entsprechend falsch zu verhalten.

4. Haftung f r Zertifikate „Gepr fte Mitglieder“ und „Powerseller“ 109 Wie bereits dargelegt, vergeben einige Plattformen, wie eBay, bestimmte Gtesiegel an die Mitglieder. Als „geprftes Mitglied“ gelten solche Teilnehmer, die ein Identittsprfungsverfahren (PostIdent-Verfahren) durchlaufen haben und deren Identitt damit feststeht. Der Plattformbetreiber hat fr das hier hervorgerufene Vertrauen in die ordnungsgemße Durchfhrung dieses Verfahrens und die festgestellte Identitt einzustehen. Allerdings kann die Haftung des Betreibers nicht weiter reichen, als das verwandte Verfahren Sicherheit vor Identittstuschungen bietet. So kçnnen sptere IdentittsDiebsthle oder Hacker-Angriffe, die außerhalb der Sphre der Plattform durchgefhrt wurden und daher nicht vom Plattformbetreiber zu vertreten sind, nicht dazu fhren, dass der Betreiber fr eine falsche Identitt von einem Marktplatzteilnehmer in die Haftung genommen werden kann. 110 Ebenfalls typisch fr viele Plattformen ist die Verwendung von weiteren vertrauenschaffenden Gtesiegeln fr Verkufer, die zahlreiche positive Bewertungen erhalten haben, etwa bei eBay das sog. „Powerseller“-Programm. 206 Dieses bei eBay verwandte Gtesiegel – ebenso wie andere bei anderen Plattformbetreibern – 207 wird nur vom Plattformbetreiber vergeben und enthlt 206 S. dazu http://pages.ebay.de/powerseller/index.html (abgerufen am 28.6.2004). 207 Vgl. etwa das „StarSeller“ Programm des Plattformbetreibers Atrada – die Be-

zeichnung StarSeller erhlt ein Verkufer, der einen Mindestumsatz von 2 500 Euro und 15 Transaktionen innerhalb von drei Monaten sowie 50 Bewertungen, von denen 95% positiv sein mssen, vorweisen kann (www.atrada.de/ Help.asp?seite= 20300; abgerufen am: 28.6.2004).

180 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 111 Kap. 5

neben dem Gtesiegel auch Zusatzleistungen fr den Verkufer. Diesen Gtesiegeln liegen bestimmte Kriterien, abgesichert durch AGB, 208 zugrunde, die der Verkufer erfllen muss, etwa mehr als 98% positive Bewertungen sowie zgiges Kontaktieren von Kufern. Hier kann fraglich sein, ob der Plattformbetreiber fr Schden einstehen muss, die ein Kufer im Vertrauen auf die Seriositt des „Powersellers“ erlitten hat. Diese Haftung kann grundstzlich auf die der Wirtschaftsprfer- oder Expertenhaftung entlehnten Grundstze und auf Verletzung von Treuepflichten aus dem Teilnehmervertrag gesttzt werden. 209 Entscheidend ist aber, welches Vertrauen der Teilnehmer berechtigterweise dem Gtesiegel entgegenbringen kann. Dies hngt von der Ausgestaltung des Gtesiegels und den damit bei den Teilnehmern suggerierten Erwartungen ab. Gegen ein solches haftungsbegrndendes Vertrauen spricht die Tatsache, dass die Bewertungen auf den meisten Plattformen ohne Kontrolle und Prfung der Plattformbetreiber zustande kommen und dies den Teilnehmern auch deutlich mitgeteilt wird. Fr die Annahme eines schutzwrdigen Vertrauens streitet aber die Ausgestaltung solcher Gtesiegel, die die Aufnahme in ein „Programm“ und die Einhaltung bestimmter Kriterien, die nicht nur von Bewertungen abhngig sind, voraussetzen. Erst recht ist dies der Fall, wenn den Teilnehmern mitgeteilt wird, dass „in der Regel Kufer ( ... ) sicher sein (kçnnen), dass eine Transaktion mit einem PowerSeller schnell und problemlos verluft“. 210 Nur wenn den Teilnehmern verdeutlicht wird, dass der Plattformbetreiber keinerlei Kontrolle ber die Vergabe solcher Gtesiegel ausbt, kann er sich seiner Haftung entschlagen.

5. Zusatzleistungen a) Hilfe des Plattformbetreibers bei der Vertragsabwicklung

Bietet das Auktionshaus dem Bieter und dem Einlieferer seine Dienste bei 111 der Vertragsabwicklung an, kann sich das Pflichtengefge des Auktionators 208 Vgl. http://pages.ebay.de/help/community/ps_agb.html (abgerufen am 28.6.2004). 209 BGH, Urteil v. 13.2.2003 – IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 (Steuerberater); BGH, Urteil

v. 26.6.2001 – X ZR 231/99, WM 2001, 1428 = NJW 2001, 3115 und OLG Kçln, Urteil v. 31.10.2002 – 8 U 51/02, VersR 2003, 744 = DStRE 2003, 764: Wirtschaftsprfer; BGH, Urteil v. 13.2.2003 – IX ZR 62/02, ZIP 2003, 114 = BB 2003, 806 und BGH, Urteil v. 19.12.1996 – IX ZR 327/95, NJW 1997, 1235 = WM 1997, 359 und OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 20.9.1988 – 11 U 15/88, WM 1989, 1118: Steuerberater; BGH, Urteil v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378 = ZIP 1994, 1954: Bausachverstndiger; BGH, Urteil v. 20.2.1979 – VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599 = BB 1979, 550 und BGH, Urteil v. 7.7.1998 – XI ZR 375/97, NJW-RR 1998, 1343: Kreditausknfte von Banken; ausfhrlich zu den einzelnen Fallgruppen: Bamberger/Roth/ Spindler, § 826 BGB Rz. 33 ff.; Staudinger/Oechsler, Neubearbeitung 2003, § 826 BGB Rz. 207 ff.; Zugehçr, NJW 2000, 1601 ff.; V. Lang, AcP 201 (2001), 451 ff.; Frassek, JuS 2004, 285 ff.; Pohl, WpG 2004, 460 ff.; Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219 ff.; Otto/Mittag, WM 1996, 325 und 377; Hopt, NJW 1987, 1745, alle m.w.N. 210 So die Aussage in: http://pages.ebay.de/powerseller/index.html (abgerufen am 28.6.2004).

Spindler | 181

Kap. 5 Rz. 112

Vertragliche Haftung und Pflichten

verndern. So bietet etwa eBay gegen einen Aufpreis ein Treuhandmodell an, in dessen Rahmen der Bieter Geld auf ein Treuhandkonto eines Treuhandservices einzahlt, dessen Betrge erst freigegeben werden, wenn der Einlieferer seinerseits geleistet hat, so dass das typische Erfllungsrisiko minimiert wird. 112 Der Auktionator schaltet sich somit in seinem eigenen Interesse in die Abwicklung des Vertrages ein. Trotzdem wird der Auktionator nicht Vertragspartner hinsichtlich des Vertragsgegenstandes, ber den die Auktion stattfand, sondern bietet lediglich eine zustzliche Dienstleistung an. Dabei tritt der Auktionator in der Regel nicht selbst als der die Transaktionen durchfhrende Treuhnder auf, sondern eine Bank oder ein Drittunternehmen, die die Zahlungen entgegennehmen und die Betrge freigeben. 211 Eine typische Klausel lautet etwa: „ ... Bei der Inanspruchnahme solcher Zusatzdienste kommt eine Vertragsbeziehung zwischen dem Mitglied und dem Kooperationspartner zustande, der die Zusatzdienstleistung anbietet. eBay bernimmt fr Kooperationspartner und deren Zusatzdienstleistungen keine Haftung, sofern sie nicht vertragliche Pflichten nach dem mit eBay geschlossenen Nutzungsvertrag sind ... “ 212

113 Die eigentliche Leistung des Auktionators besteht daher darin, die spezifischen Dienstleistungen der Bank an den Bieter bzw. den Einlieferer zu vermitteln. Auch hier hngt die rechtliche Stellung des Auktionators in besonderem Maße davon ab, wie er dem Bieter bzw. Einlieferer gegenber auftritt: Geriert er sich so, als wenn er der Herr ber die Vertragsabwicklung bleibt und erweckt ein entsprechendes Vertrauen bei den Parteien, so erscheint er in den Augen der Vertragspartner als der eigentliche Treuhnder, so dass es eine berraschende Klausel wre, wenn die Bank als eigentliche Vertragspartnerin des Treuhandauftrags in den AGB genannt wrde. 114 Daran, dass der Plattformbetreiber nach den oben dargelegten Kriterien (Rz. 101 ff.) nicht zu einer Prfung und Kontrolle der Bonitt des Einlieferers oder des Bieters sowie des Vertragsgegenstandes verpflichtet ist, ndert sich indes auch im Treuhandmodell nichts. Denn die Erfllungsrisiken sollen gerade durch das Treuhandmodell berbrckt werden, so dass es von vornherein keiner entsprechenden Pflichten, insbesondere der Aufklrung, bedarf, da der Kunde ber die Alternativen der Vertragsabwicklung und deren Risiken schon durch die Auswahlmçglichkeit informiert ist. 115 Der Auktionator kann allein fr die Risiken aus dem Treuhandvertrag selbst zur Verantwortung gezogen werden, sei es aufgrund eines unmittelbar mit 211 Auch der Plattformbetreiber Atrada bedient sich einer Fremdfirma (http://www.

atrada.de/Help.asp?C= 1&seite= 20294; abgerufen am 28.4.2004). „Echtwahr“ hingegen bietet einen eigenen Treuhandservice (echtwahr.de [Stand 05/2004], Nr. 28) an. 212 eBay 10/2004, § 2 Abs. 4.

182 | Spindler

III. Vertragliche Pflichten des Plattformbetreibers

Rz. 117 Kap. 5

dem Auktionator selbst geschlossenen Treuhandvertrages, sei es aufgrund der Auswahl des Treuhandpartners. Probleme kçnnen sich z.B. aus der fehlerhaften Freigabe eines Kaufbetrages wegen einer vom Treuhnder irrtmlich angenommenen Lieferung des Kaufgegenstandes oder umgekehrt wegen falscher Einzahlungsbesttigung an den Einlieferer ergeben. Wird der Auktionator selbst Treuhnder, haftet er nach den zum Treuhandver- 116 trag entwickelten Regeln – hier ergeben sich aus dem Online-Auktionsverhltnis keine Besonderheiten. Insbesondere hat er die Zahlungseingnge, die Besttigungen der Lieferanzeigen und die ordnungsgemße Auszahlung an die Vertragspartner zu berwachen und hierfr eine ordnungsgemße Organisation einzurichten. 213 Die Haftung fr diese Pflichten kann nicht ausgeschlossen werden, da es sich um Kardinalpflichten des Vertrages handelt. 214 Die Reichweite der Haftung des Auktionators, der selbst nicht Treuhnder 117 wird, hngt hier entscheidend davon ab, ob und wie weit er erkennbar nach außen nur als Vermittler der Dienste des Treuhnders auftritt. Zwar bleibt es im Grundsatz bei der rechtlichen Trennung der Geschfte – hier OnlineAuktionsvertrag, dort Treuhandauftrag –, doch kçnnen auch hier die aus der Rechtsprechung zu wirtschaftlich verbundenen Geschften bekannten Grundstze eingreifen, z.B. hinsichtlich Informations- und Kontrollpflichten des Auktionators. Bietet der Auktionator dem Kunden einen bestimmten Treuhnder an und wirbt mit dieser Mçglichkeit der Absicherung der Erfllungsrisiken, muss er sich im Rahmen seiner nebenvertraglichen Pflichten zum Bieter bzw. Einlieferer ber dessen Bonitt und Mçglichkeiten der ordnungsgemßen Vertragsabwicklung informieren und Anhaltspunkten ber Unregelmßigkeiten im Geschftsgebaren, etwa Beschwerden von Kunden, nachgehen. Anders ist zu entscheiden, wenn der Auktionator unmissverstndlich – insbesondere zustzlich zu den AGB – darauf hinweist, dass der angebotene Treuhnder nur eine von mehreren Alternativen der Absicherung der Risiken darstellt, und er fr Risiken aus diesem Vertragsverhltnis seine Haftung ausschließt. Ein solcher Haftungsausschluss, wenn er fr den Kunden deutlich sichtbar ist, hlt einer Inhaltskontrolle stand, da der Auktionator hier nur als Marktplattform ttig wird und Kontakte vermittelt. Nur wenn der Plattformbetreiber ausdrcklich mit dieser Absicherungsmçglichkeit wirbt und sich dem Kunden die Unterschiede in den Rechtsverhltnissen erst nach genauerer Prfung der Angebote erschließen kçnnen, hlt eine derartige Haftungsausschlussklausel nicht mehr § 307 BGB stand.

213 Rhnlich die Pflichten eines Notars bei der Verwahrung fremder Gelder: BGH, Ur-

teil v. 9.11.1995 – I ZR 122/93, NJW 1996, 1823; OLG Dsseldorf, Beschluss v. 2.3.1994 – 3 Wx 211/93, OLGZ 1994, 616; Arndt/Lerch/Sandkhler/Sandk+hler, § 23 BNotO Rz. 75 ff.; Schippel/Reithmann § 23 BNotO Rz. 9 ff.; Winkler, §§ 54a ff. BeurkG. 214 Allgemein dazu Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. T 208 m.w.N.

Spindler | 183

Kap. 5 Rz. 118

Vertragliche Haftung und Pflichten

b) Andere Leistungen (Transport, Wertgutachten etc.)

118 Oftmals werden auch weitere Leistungen von Kooperationspartnern angeboten, 215 z.B. Gutachten ber den Wert von Gebrauchtgegenstnden, Transportleistungen etc. Auch hier gelten die zuvor dargelegten Grundstze, indem der Plattformbetreiber frei ist, diese Zusatzleistungen als eigene oder fremde Leistungen anzubieten und in letzterem Fall nur als Stellvertreter oder als Bote aufzutreten. Eine Haftung trifft den Plattformbetreiber nur fr die ordnungsgemße Auswahl des Kooperationspartners, 216 insbesondere wenn dem Betreiber Unregelmßigkeiten bekannt geworden sind.

6. Informationspflichten des Auktionshauses nach Fernabsatzrecht 119 Wie bereits zuvor behandelt, gehçrt der Teilnehmervertrag zwischen Auktionshaus und Einlieferer bzw. Bieter zu den unter das Fernabsatzrecht fallenden Vertragstypen. 217 Zwar findet das Fernabsatzrecht – entgegen der Auffassung des BGH – 218 keine Anwendung auf Vertrge, die im Wege der Versteigerung geschlossen werden (Art. 3 Abs. 1 Fernabsatz-RL, § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB ), 219 doch betrifft dies allenfalls den Vertrag zwischen Einlieferer und Bieter, 220 nicht jedoch den Vertrag mit dem Auktionshaus selbst. Gemß § 312c Abs. 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 BGB-InfoV muss insbesondere ber das Widerrufsrecht nach § 312d BGB unterrichtet werden. Hufig wird jedoch die Frist zur Ausbung des Widerrufsrechtes durch den Beginn 215 Vgl. z.B. eBay: http://pages.ebay.de/services/index Und Atrada: www.atrada.de/

Help.asp?seite= 2028 (beide abgerufen am 28.6.2004). 216 Ebenso Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 93. 217 S. Wiebe, Kap. 4 Rz. 80; Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (103 f.); s. fr die Anwendung

der §§ 312b ff. BGB auf den Maklervertrag: Palandt/Heinrichs, § 312b Rz. 10; Micklitz/Tonner, Handkomm VertriebsR, § 312b Rz. 32; MnchKomm/Wendehorst, § 312b BGB Rz. 28; Aigner/Hoffmann, Fernabsatzrecht im Internet, Rz. 66. 218 BGH, Urteil v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 53, 54 = MMR 2005, 37, 38, erscheint demnchst; dagegen die berwiegend abl. Stellungnahmen: Spindler, MMR 2005, 40 ff., dort auch w.Nachw. zur umfangreichen Diskussion; Wiebe, CR 2005, 56 f. sowie Kap. 4 Rz. 98 ff.; Hoffmann, ZIP 2004, 2334. 219 Vgl. MnchKomm/Wendehorst, § 312d BGB Rz. 45 ff.; L+tcke, Fernabsatzrecht, § 312d BGB Rz. 88 ff.; Wenzel, DB 2001, 2233 (2238); w.Nachw. bei Spindler, MMR 2005, Heft 1; fr Anwendung des Fernabsatzrechts dagegen Gabriel/Rothe, VuR 2004, 212 (213 f.); Kaestner/Tews WRP 2004, 509 (510 f.); Teuber/Melber, MDR 2004, 185 (188); AnwKommBGB/Noack/Kremer Anh § 156 Rz. 36. 220 S. Fn. 218; gegen Anwendung des § 156 BGB auf im Wege der Internet-Auktion geschlossene Vertrge OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, MMR 2004, 330 m. Anm. Spindler, da es an der çrtlichen Begrenzung, an der Einlieferung der Artikel sowie der Erteilung eines Zuschlags durch das Auktionshaus fehle; ebenso KG, Urteil v. 11.5.2001 – 5 U 9586/00, NJW 2001, 3272; OLG Frankfurt, Urteil v. 1.3.2001 – 6 U 64/00, NJW 2001, 1434; s. auch v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 27, 29 ff.; Bamberger/ Roth/Becker, § 312d BGB Rz. 32; fr analoge Anwendung dagegen Klein, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B III Rz. 605.

184 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 121 Kap. 5

der Auktion bzw. das Einstellen des Angebots in die Plattform und die Erbringung der Dienstleistung, nmlich durch Entgegennahme des Gebots bzw. der Einlieferung, de facto verkrzt gem. § 312d Abs. 3 BGB. 221 Zwar ist die Zustimmung des Verbrauchers zum Beginn der Dienstleistung erforderlich, wenn das Widerrufsrecht bei Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf von 7 Werktagen erlçschen soll, doch wird dieses mit der Registrierung verbunden werden kçnnen, zumal die Dienstleistung mit dem Beginn der Auktion erbracht wird. Die brigen Informationspflichten nach § 312c Abs. 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 BGB-InfoV, z.B. bezglich der Kosten des Vertrages, Kndigung etc., kçnnen vom Plattformbetreiber ebenfalls ohne weiteres mit der Registrierung erbracht werden. Dagegen ist das Auktionshaus nicht nach Fernabsetzrecht verpflichtet, In- 120 formationen zu erteilen, die vom (gewerblichen) Einlieferer als Vertragspartner dem Bieter zu geben sind. Denn das Auktionshaus selbst wird allenfalls als Vertreter ttig, den aber selbst nicht die Informationspflichten treffen. 222 Informationspflichten, die die Risiken des mit anderen Teilnehmern zu schließenden Vertrages anbelangen, werden vom Fernabatzrecht dagegen nicht festgelegt. Zu den Pflichten nach der E-Commerce-Richtlinie hinsichtlich des Vertragsabschlusses s. Wiebe, Kap. 4 Rz. 80 ff.

IV. Pflichten der Kunden 1. Pflichten bei der Anmeldung a) Mitteilungspflichten ber Kundendaten

Entsprechend den Pflichten des Plattformbetreibers, die Identitt der Markt- 121 teilnehmer im Interesse eines weitgehend rechtssicheren Marktgeschehens zu kontrollieren, 223 sind die Kunden verpflichtet, dem Plattformbetreiber ihre identittsstiftenden Daten anzugeben, insbesondere ihre Adresse. Entsprechende Klauseln, wie sie z.B. der Marktfhrer eBay verwendet, sind daher zulssig. „Die von eBay bei der Anmeldung abgefragten Daten sind vollstndig und korrekt anzugeben, so z.B. Vor- und Nachname, die aktuelle Adresse (kein Postfach) und Telefonnummer, eine gltige E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Firma. Die Anmeldung einer juristischen Person darf nur von einer vertretungsberechtigten natrlichen Person vorgenommen werden, die namentlich genannt werden muss. Bei der Anmeldung drfen nur einzelne Personen als Inhaber des Mitgliedskontos angegeben 221 Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (104); Klein, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel,

B III Rz. 607. 222 S. Wiebe, Kap. 4 Rz. 92. 223 Falls der Plattformbetreiber nicht explizit die Marktteilnehmer ber das Risiko

der falschen Identitt aufklrt, sofern er selbst keine Identittskontrollen vornimmt, s. oben Rz. 97 ff.

Spindler | 185

Kap. 5 Rz. 122

Vertragliche Haftung und Pflichten

werden (d.h. keine Ehepaare, Familien). Tritt nach der Anmeldung eine Rnderung der angegebenen Daten ein, so ist das Mitglied verpflichtet, die Angaben umgehend gegenber eBay zu korrigieren.“ 224

122 Gleiches gilt fr die Pflicht, Rnderungen dem Plattformbetreiber mitzuteilen. Zum Datenschutz s. Schmitz, Kap. 13. b) Geschftsfhigkeits- und Minderjhrigenklauseln

123 Das berechtigte Interesse des Plattformbetreibers (und der Marktteilnehmer) an der Gewhrleistung eines rechtssicheren Handelsgeschehens bedingt es, das Risiko unwirksamer Vertrge mçglichst zu minimieren. Ein Unwirksamkeitsgrund, der eng mit den eingeschrnkten Mçglichkeiten der Identittskontrolle verknpft ist, resultiert aus der potentiellen Geschftsunfhigkeit oder der Minderjhrigkeit von Marktteilnehmern. Aber auch aufgrund der Pflichten der Plattformbetreiber zur Gewhrleistung des Jugendschutzes ist es ratsam, entsprechende Einschrnkungen der Dienste vorzunehmen, nher Erdemir, Kap. 14. Wie bei der Identitt trifft den Marktplatzbetreiber grundstzlich keine Pflicht, die Geschftsfhigkeit der Teilnehmer zu berprfen. Allerdings ist hier insoweit eine Ausnahme zu machen, als der Betreiber ohne weiteres das Geburtsdatum des Teilnehmers abfragen und durch einfache Tests Minderjhrige ausschließen kann. Eine physische Jberprfung etwa in Gestalt eines PostIdent-Verfahrens wird damit nicht gefordert; rudimentre Tests, wie derjenige der Altersabfrage, sind aber ohne weiteres zumutbar. Allein eine Klausel, die den Minderjhrigen von der Teilnahme ausschließt, kann dagegen den Marktplatzbetreiber nicht von diesen Pflichten entschlagen. 124 Eine typische Klausel, wie sie z.B. der Marktfhrer eBay verwendet, lautet: „Die Anmeldung ist nur juristischen Personen und unbeschrnkt geschftsfhigen natrlichen Personen erlaubt. Insbesondere Minderjhrigen ist eine Anmeldung untersagt.“ 225

125 Der vom Brgerlichen Recht vorgesehene Minderjhrigenschutz wird durch die Klausel nicht tangiert, da sie nur den Kreis der Teilnahmeberechtigten einschrnkt. Verstçßt etwa ein Minderjhriger gegen diese Bestimmung, haftet der Plattformbetreiber den anderen Marktteilnehmern, sofern er zumutbare (in der Regel auf der Hand liegende) 226 Kontrollen unterlassen hat. Eine Haftung des Minderjhrigen selbst, etwa aufgrund von Pflichtverletzungen aus dem Teilnehmervertrag zugunsten anderer Marktteilnehmer, scheidet

224 eBay 10/2004, § 2 Abs. 3; hnlich OnlineAuktionen.de (Stand 05/2004), Stich-

wort „Die Anmeldung“; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 2. 225 eBay 10/2004, § 2 Abs. 2; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 1; Hood (Stand

05/2004), § 2 Abs. 1; AnundVerkauf.de (Stand 05/2004), Nr. 1. 226 S. dazu oben Rz. 89 ff.

186 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 127 Kap. 5

aus, da sonst der Minderjhrigenschutz ber den Weg des Schadensersatzes – auch bei Begrenzung auf das negative Interesse – unterlaufen wrde. 227

2. Geheimhaltungspflichten Es liegt auf der Hand, dass fr Geschfte auf elektronischen Plattformen die 126 Verwendung von technischen Legitimationskontrollen unabdingbar ist, um die nçtige Rechtssicherheit im Marktgeschehen zu gewhrleisten. Demgemß verpflichten – soweit ersichtlich – alle Plattformbetreiber die Teilnehmer dazu, zumindest ein Passwort zu whlen, das diese fr das Einloggen verwenden mssen und das geheim zu halten ist, 228 allerdings – soweit ersichtlich – nicht verbunden mit einer Pflicht, die Passwçrter regelmßig zu ndern. Im Grundsatz begegnet daher eine Geheimhaltungsklausel keinen Bedenken, da sie notwendiger Bestandteil der Sicherung eines berechtigten Zugangs ist. 229 Dem Nutzer ist es zumutbar, zu seinem eigenen Schutz die Passwçrter nicht an Dritte weiterzugeben. Allerdings ist die Reichweite der Geheimhaltungspflichten mçglichst ge- 127 nau zu definieren. Ein etwa vom Marktfhrer eBay verwandter Klauseltyp wirft diesbezglich im Detail Zweifelsfragen auf: „Bei der Anmeldung whlt das Mitglied einen Mitgliedsnamen und ein Passwort. Der Mitgliedsname darf nicht aus einer E-Mail- oder Internetadresse bestehen, nicht Rechte Dritter, insbesondere keine Namens- oder Markenrechte, verletzen und nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Das Mitglied muss sein Passwort geheim halten. eBay wird das Passwort nicht an Dritte weitergeben. ... eBay wird ein Mitglied nicht per E-Mail oder Telefon nach seinem Passwort fragen. Zur Abfrage des Passworts auf Einlog-Seiten oder in Webformularen nutzt eBay ausschließlich die hier zu findenden URLs.“ 230 227 Ablehnend bzgl. der Haftung des Minderjhrigen aus Verschulden bei Vertrags-

verhandlungen gegenber dem gutglubigen Geschftsgegner: Erman/H. Palm, § 104 BGB Rz. 8; Palandt/Heinrichs, § 311 Rz. 20; MnchKomm/Schmitt, § 106 BGB Rz. 16; Canaris, NJW 1964, 1987; vgl. auch: BGH, Urteil v. 19.6.1973 – VI ZR 95/71, NJW 1973, 1790 (1791). 228 Vgl. FEININGER (Stand 06/2004), § 6: Ausschluss bei Weitergabe von Mitgliederpasswçrtern; Atrada 06/2004,Teil I Nr. 3 e): “ Das Zugangspasswort ... muss jedoch in jedem Fall geheim gehalten werden.“; auktionskiste.de (Stand 05/2004), § 8 Nr. 2: „Der Benutzer darf sein Passwort weder verçffentlichen noch anderen mitteilen ... “. 229 Teilweise anders Stork, Allgemeine Geschftsbedingungen, S. 138 fr die Pflicht zur regelmßigen Rnderung des Passwortes: unangemessen wegen Unabhngigkeit von Verdachtsmomenten. Aufgrund der Gefahr von Hacker-Angriffen erscheint diese Pflicht aber fr den Kunden zumutbar. 230 eBay 10/2004, § 2 Abs. 4; ebenfalls unklar hinsichtlich der Befugnis zur Weitergabe von Passwçrtern: ExtraLot 09/2002, § 7 Abs. 1, wo die Zulssigkeit der Bevollmchtigung Dritter zur Verwendung des Passworts zwar vorausgesetzt, nicht aber ausdrcklich erlaubt ist; Hood (Stand 05/2004), § 2 Abs. 3, wo zwischen befugter und unbefugter Weitergabe von Passwçrtern differenziert wird; allerdings fehlt eine genaue Festlegung der Voraussetzungen fr eine befugte Weitergabe von Passwçrtern.

Spindler | 187

Kap. 5 Rz. 128

Vertragliche Haftung und Pflichten

128 Problematisch ist eine derartige Klausel nur im Hinblick darauf, dass dem Marktplatzteilnehmer keinerlei Mçglichkeit eingerumt wird, einen Dritten zu bevollmchtigen und ihm in diesem Rahmen sein Passwort mitzuteilen. Dadurch wrde der Teilnehmer stets seine vertraglichen Pflichten verletzen, auch wenn er etwa einem Familienangehçrigen zu Zwecken der Kontrolle eines Handelsgeschehens oder auch nur des Mitgliedkontos whrend einer Abwesenheit des Teilnehmers das Passwort mitteilen wrde. Eine solche Geheimhaltungspflicht berspannt jedoch die Pflichten des Teilnehmers und ist nicht mehr durch Interessen anderer Marktteilnehmer oder des Plattformbetreibers gerechtfertigt. 231 Denn handelt der Dritte im Namen des Teilnehmers unter Verwendung seines Passwortes, ist er – hnlich etwa der zur unberechtigten Verwendung von ec-Karten entwickelten Rechtsprechung – 232 entweder als bevollmchtigt anzusehen, oder es greifen die Grundstze des Anscheinsbeweises fr Pflichtverletzungen ein, so dass die Marktteilnehmer ausreichend geschtzt sind. Im Gegensatz zu Geheimhaltungsklauseln bei anderen Provider-Vertrgen beschrnkt sich die wiedergegebene Klausel auch nicht auf einen Missbrauch des Passwortes, 233 so dass sie die Pflichten des Kunden berspannt. Dagegen finden sich kaum Klauseln zur Benutzung des Dienstes durch vom Nutzer ermchtigte Dritte, eigenartigerweise im Gegensatz zu allgemeinen Providern. 234 Derartige Klauseln wrden indes der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten, da sie einem berechtigten Interesse des Anbieters entsprechen, das Risiko eines Missbrauchs der Dienste mçglichst zu minimieren. Ein Weg hierzu ist die Beschrnkung des potentiellen Nutzerkreises, soweit Treuepflichten nicht entgegenstehen. 231 Weitgehender noch Imhof, in: Beck‘sches Formularbuch E-Commerce, A.1.

Rz. 12, der eine Haftung des Kunden fr eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht durch von ihm ermchtigte Dritte offenbar fr AGB-rechtlich nicht vertretbar hlt. 232 KG, Urteil v. 10.1.1992 – 9 U 959/91, NJW 1992, 1051 (1052); LG Darmstadt, Urteil v. 10.11.1999 – 2 O 571/97, WM 2000, 911 (914); LG Berlin, Beschluss v. 1.8.2002 – 52 T 31/02, WM 2003, 128 (129); LG Bonn, Urteil v. 11.1.1995 – 5 S 163/94, NJW-RR 1995, 815; AG Charlottenburg, Urteil v. 17.10.1997 – 12b C 164/97, WM 1998, 1124; AG Osnabrck, Urteil v. 24.10.1997 – 47 C 335/97, NJW 1998, 688; im Grundsatz auch OLG Stuttgart, Urteil v. 13.3.2003 – 9 U 63/01, NJW-RR 2002, 1274; Gçssmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 54 Rz. 13; K+mpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 4.940; abl. insbesondere OLG Hamm, Urteil v. 17.3.1997 – 31 U 72/96, NJW 1997, 1711; OLG Frankfurt, Urteil v. 7.12.2001 – 24 U 188/99, NJW-RR 2002, 692 (693) – (krit. dazu zu Recht Hensen, EWiR 2002, 670; Haertlei, WuB I D 5b. – 1.02 S. 770); LG Dortmund, Urteil v. 25.5.1999 – 17 S 297/98, CR 1999, 556; LG Berlin, Urteil v. 16.11.1998 – 51 S 292/98, WM 1999, 1920; offen BGH, Urteil v. 17.10.2000 – XI ZR 42/00, BGHZ 145, 337 (342) = NJW 2001, 286 (287); ebenso offen OLG Oldenburg, Urteil v. 29.8.2000 – 9 U 23/00, NJW-RR 2000, 1718 (1719). 233 Nher dazu Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 219 f. 234 Vgl. Fn. 229; zu Klauseln bei allgemeinen Providern s. Spindler, in : Spindler, Vertragsrecht Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil IV Rz. 220.

188 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 130 Kap. 5

3. Pflichten bez glich des Angebots a) Beschreibungen, Preisangaben

In der Regel verpflichten Plattformbetreiber die Anbieter von Leistungen zu 129 einer wahrheitsgemßen Angabe ber das Angebot und einer entsprechenden Beschreibung. Parallel dazu werden die Anbieter angehalten, die versprochenen Leistungen zu erfllen. 235 Hinzu kommt Pflichten, Preise und Nebenkosten vollstndig anzugeben, und teilweise, Gebhren fr die Plattform nicht auf Kufer umzulegen. 236 Gegen derartige Pflichten ist nichts zu erinnern, konkretisieren sie doch Pflichten zwischen den Marktteilnehmern, wie sie sich bereits aus dem allgemeinen Zivilrecht ergeben. Ebenso zulssig ist es, Werbung fr andere Angebote, die außerhalb der Plattform liegen, zu untersagen, da der Plattformbetreiber sonst fremde Angebote mit seinen eigenen Leistungen (Webspace) fçrdern wrde. 237 b) Rechtsverletzungen gegen ber Dritten

Ebenso selbstverstndlich und zulssig sind die vertraglichen Pflichten ei- 130 nes Anbieters, keine Rechte Dritter zu verletzen. 238 Auch ist es legitim, dass ein Plattformbetreiber Links auf außerhalb der Plattform liegende We-

235 S. etwa eBay 10/2004, § 8 Abs. 4: „Der Anbieter muss die eBay-Grundstze zum

Einstellen von Artikeln beachten: http://pages.ebay.de/help/policies/listingov.html. Er hat sein Angebot in die entsprechende Kategorie einzustellen und muss sein Angebot mit Worten und Bildern richtig und vollstndig beschreiben. Hierbei muss er alle fr die Kaufentscheidung wesentlichen Eigenschaften und Merkmale sowie Fehler, die den Wert der angebotenen Ware mindern, wahrheitsgemß angeben. Zudem muss er ber die Einzelheiten der Zahlung und Lieferung vollstndig informieren. Der Anbieter muss in der Lage sein, die angebotenen Waren dem Kufer unverzglich nach Vertragsschluss zu bereignen. Unternehmer, die Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher anbieten, sind verpflichtet, diesen die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherschutzinformationen zu erteilen und sie ber das gesetzliche Widerrufsrecht zu belehren, sofern ein solches besteht.“; hnlich OnlineAuktionen.de (Stand 05/2004), Stichwort „Pflichten des Verkufers“; AnundVerkauf (Stand 05/2004), Nr. 4; Atrada 06/2004, Teil 1 Nr. 4 lit. b, c, i; BesteAuktionen 03/2000, § 3 Abs. 2, 3; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 3. 236 eBay 10/2004, § 8 Abs. 6: „Der Preis der jeweiligen Angebote versteht sich als Endpreis einschließlich eventuell anfallender Mehrwertsteuer und weiterer Preisbestandteile. Der Verkaufspreis umfasst nicht die Liefer- und Versandkosten. Verkufern ist es nicht erlaubt, zustzlich zum Verkaufspreis eBay-Gebhren und/ oder Provisionen auf Kufer umzulegen und von diesen einzufordern“. 237 eBay 10/2004, § 8 Abs. 5 S. 2: Werbung fr nicht bei eBay angebotene Ware ist unzulssig. 238 S. z.B. eBay 10/2004, § 8 Abs. 5; auktionsfee 2003, Stichwort „Pflichten des Verkufers“; Atrada 06/2004 Nr. 4; Hood (Stand 05/2004), § 9 Abs. 6; Beste Auktionen 03/2000, § 3 Abs. 3; AnundVerkauf (Stand 05/2004), Nr. 4; doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 3.

Spindler | 189

Kap. 5 Rz. 131

Vertragliche Haftung und Pflichten

beiten untersagt, 239 damit die Informationen auf dem Marktplatz vollstndig sind und das nçtige Vertrauen in den Marktplatz erhalten bleibt. c) Exklusivitt

131 Betreiber von Handelsplattformen, die ein Matching im System erlauben und bei denen eine Provision geschuldet wird, insbesondere Auktionen, haben ein Interesse daran, dass Anbieter ihre Ware nicht parallel auf verschiedenen Plattformen oder durch neben der Auktion laufenden Privatkontakt vertreiben, sog. Abziehen von Bietern. Eine typische Klausel lautet etwa: „§ 10 Grundstze fr Online-Auktionen Solange ein Artikel in einer Online-Auktion angeboten wird, darf ein Mitglied den Bietern, die auf diesen Artikel geboten haben, Artikel vergleichbarer Art und Gte nur in weiteren Angeboten auf der eBay-Website anbieten, nicht aber auf anderem Weg, z.B. per E-Mail (Abziehen von Bietern). Dies gilt auch ber die Angebotsdauer hinaus.“ 240

132 Im Maklerrecht sind Klauseln, die dem Auftraggeber die Beauftragung eines weiteren Maklers verbieten („einfacher Alleinauftrag“), bekannt und zulssig, da sie dem Interesse des Maklers, Arbeit und Kosten nicht umsonst bernommen zu haben, Rechnung tragen. 241 Anbetrachts der starken Belastung des Auftraggebers ist aber ein deutlicher Hinweis auf die Klausel erforderlich. 242 Der Alleinauftrag ist im Zweifel nicht frei widerruflich. Ist formularmßig eine gewisse Laufdauer vereinbart, so ist die Angemessenheit anhand einer Abwgung der vertraglich geschuldeten Leistung und der Umstnde der Vertragsabwicklung im Einzelfall festzustellen. 243 Eine Klausel, die dem Auftraggeber darber hinaus auch das Eigengeschft („qualifizierter Alleinauftrag“) untersagt, kann hingegen nur im Wege der Individualvereinbarung nicht aber durch AGB wirksam vereinbart werden. Durch das Verbot zur Eigeninitiative wird der Auftraggeber in seiner Vertragsfreiheit unange239 eBay 10/2004, § 8 Abs. 5 S. 3 sowie die entsprechenden Grundstze zum Linking. 240 eBay 10/2004, § 10 Abs. 1; in diesem Sinne auch OnlineAuktionen.de (Stand

05/2004), Stichwort „Handelsgrundstze“; Athammer.de (Stand 05/2004), Stichwort „Handelsgrundstze“. 241 Vgl. zum alten Recht BGH, Urteil v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477 (2478); BGH, Urteil v. 5.4.1978 – IV ZR 160/75, WM 1978, 791 (792); BGH, Urteil v. 8.5.1973 – IV ZR 158/71, BGHZ 60, 377 (381); Ulmer/Brandner/Hensen/ Schmidt/H.-D. Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 487; Wolf/Horn/Lindacher/ Wolf, § 9 Rz. M 3. 242 AGB-Klauselwerke/H)ttig, Maklervertrag Rz. 36; Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. M 3. 243 In der Regel wird eine Vertragslaufdauer von sechs Monaten angemessen sein; vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt/H.-D. Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 487; Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. M 4; Staudinger/D. Reuter, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653 BGB Rz. 225; BGH, Urteil v. 6.1.1985 – IVa ZR 96/84, NJW 1986, 1173.

190 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 134 Kap. 5

messen beeintrchtigt, worin ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu sehen ist. 244 Bei Handelsplattformen, die der Ttigkeit eines Maklers hneln, insbeson- 133 dere bei den Matching-Systemen, sind daher entsprechende Klauseln zulssig. 245 Allerdings hngt die Angemessenheit derartiger Exklusivittsklauseln davon ab, wie sich das Verhltnis von erfolgsunabhngiger Teilnahmegebhr und Erfolgsprovision gestaltet. Je mehr die Gesamtvergtung aus beiden Bestandteilen von dem Zustandekommen des Vertrages losgelçst wird, also das Gewicht auf die Teilnahmegebhr verschoben wird, desto eher benachteiligt eine Exklusivittsklausel den Anbieter unangemessen, da der Plattformbetreiber kein berechtigtes Interesse mehr daran besitzt, den Anbieter an seine Plattform zu binden. 246 Indes sind die von den Plattformbetreibern verwandten Klauseln, wie etwa 134 die des Marktfhrers eBay, nicht vollstndig mit den Alleinvertretungsklauseln der Makler vergleichbar. So verlangt die zitierte Klausel vom Anbieter, dass er keine gleichartigen Artikel auf anderen Plattformen oder per E-Mail den Bietern anbietet. Damit schafft die Klausel praktisch eine Kundenbindung, indem ber den konkreten Auktionsgegenstand hinaus keine parallelen Geschfte mit den Bietern gettigt werden drfen. Das Interesse des Plattformbetreibers besteht darin, zu vermeiden, dass der Anbieter ber die Plattform Kontaktdaten potentieller Interessenten erfhrt und dadurch unter Ausschaltung der Plattform und ihrer Gebhren parallel Handel betreiben kann. Auf diese Weise kçnnte ein Anbieter Lockvogel-Angebote auf eine Plattform setzen, um sich so den Kundenstamm des Plattformbetreibers zu Nutze zu machen. So verstndlich dieses Interesse des Plattformbetreibers ist, erheben sich doch Bedenken, da der Teilnehmer gezwungen wird, smtliche vergleichbare Artikel den ihm bekannt gewordenen Bietern nur ber die Plattform anzubieten. Selbst bei einem Alleinvertretungsmakler jedoch kann dieser ber die Bindung des Kunden hinsichtlich des konkreten zu vermakelnden Gegenstandes hinaus nicht verhindern, dass der Kunde die ihm nachgewiesenen Interessenten fr vergleichbare Gegenstnde anspricht. Eine entsprechende Bindung liefe auf Mandantenschutzklauseln hinaus, wie sie aus Handelsvertretervertrgen bekannt sind. Eine solche Bindung ist jedoch nicht mit einer Ausgestaltung als reiner Absatzfçrderung verein244 BGH, Urteil v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679); BGH, Urteil

v. 2.11.1983 – IVa ZR 86/82, BGHZ 88, 368 (370); BGH, Urteil v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (376); OLG Dsseldorf, Urteil v. 28.2.1997 – 7 U 118/96, OLGZ 1997, 266; OLG Frankfurt, Urteil v. 2.11.2000 – 15 U 179/99, NJW-RR 2002, 1062 (1063) = NZM 2002, 181 (182); Palandt/Sprau, § 652 Rz. 75; Wolf/Horn/Lindacher/Wolf, § 9 AGBG Rz. M 3. 245 Ebenso Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 81; i. E. auch Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 114. 246 Im Ergebnis hnlich Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 81 fr reine Kontaktplattformen.

Spindler | 191

Kap. 5 Rz. 135

Vertragliche Haftung und Pflichten

bar, da sie den Kunden unbillig in seiner wettbewerblichen Bewegungsfreiheit behindert. 135 Dies gilt erst recht, wenn man die ber die konkrete Angebotsdauer unbefristete (!) Bindung einbezieht, wie sie in dem zitierten Klauselbeispiel nach § 10 Abs. 1 Satz 2 eBay-AGB enthalten ist. Das damit implizit ausgesprochene Verbot, mit den Bietern auch ber die konkrete Auktionsdauer hinaus fr vergleichbare Artikel Kontakt aufzunehmen, hnelt einem Wettbewerbsverbot, fr das neben einer zeitlichen Befristung entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten wren. Zieht man die Rechtslage in anderen Rechtsbereichen – abgesehen vom Kartellrecht – 247 heran, so wird deutlich, dass eine derartige Bindung unzulssig ist: So ist eine Vereinbarung zwischen einem Unternehmer und seinem Handelsvertreter, die diesen in seiner gewerblichen Ttigkeit beschrnkt, gem. § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB nur zwei Jahre wirksam und lçst nach § 90a Abs. 1 Satz 3 HGB einen Anspruch auf angemessene Entschdigung des Handelsvertreters aus. 248 Noch weiter gehen die Einschrnkungen eines Wettbewerbsverbots gegenber dem Handlungsgehilfen (§§ 74 ff.): nach § 74a Abs. 1 HGB ist hierfr ein berechtigtes geschftliches Interesse des Unternehmers erforderlich. Diesen Vorschriften kommt insofern richtungsweisende Bedeutung zu, als auch andere Wettbewerbsverbote in aller Regel einer Bindungsfrist von zwei Jahren unterliegen. 249 Unbefristete Wettbewerbsverbote werden dagegen per se als sittenwidrig eingestuft, wenn sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht allein auf die rein quantitative Jberschreitung des ertrglichen Maßes sttzt. 250 Nur wenn die Sittenwidrigkeit des Verbotes allein aus dessen unangemessen langer Laufzeit folgt, kommt eine Begrenzung auf ein tolerables Maß in Betracht. 251 Angesichts der zuvor dargelegten Bedenken kann eine solche geltungserhaltende Reduktion bei den von den Plattformbetreibern verwandten Exklusivittsklauseln aber nicht vorgenommen werden.

247 Hierzu nher Heinemann, Kap. 8 Rz. 65 ff. 248 Baumbach/Hopt/Hopt, § 90a HGB Rz. 16 ff.; Staub/Br+ggemann, § 90a HGB

Rz. 2 ff.; Hopt, Handelsvertreterrecht, § 90a HGB Rz. 16 ff.; MnchKomm, § 90a HGB Rz. 18 ff., 38 ff. 249 BGH, Urteil v. 16.10.1989 – II ZR 2/89, NJW-RR 1990, 226 (227); BGH, Urteil v. 29.1.1996 – II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741 (742). 250 BGH, Urteil v. 28.4.1986 – II ZR 254/85, NJW 1986, 2944: Zeitlich unbefristetes Wettbewerbsverbot bei Jbernahme einer Anwaltskanzlei; BGH, Urteil v. 29.10.1990 – II ZR 241/89, NJW 1991, 699 (700); vgl. auch Lutz, NZG 1998, 21; MnchKomm/Mayer-Maly/Armbr+ster, § 138 BGB Rz. 79; Staudinger/Sack, Neubearbeitung 2003, § 138 BGB Rz. 307. 251 BGH, Urteil v. 29.1.1996 – II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741 (742); BGH, Urteil v. 8.5.2000 – II ZR 308/98, NJW 2000, 2584 (2585).

192 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 137 Kap. 5

4. Pflichten bez glich Gebote Quasi spiegelbildlich zu den Pflichten der Plattformbetreiber, mçglichst fr 136 ein unverzerrtes Marktgeschehen, insbesondere manipulationsfreie Auktionsablufe, zu sorgen, sind die entsprechenden Klauseln zu sehen, die die Pflichten der Kunden festlegen. Daher ist es ohne weiteres zulssig, expressis verbis Verbote bzw. Einschrnkungen in Hinsicht auf Manipulationen durch die Einschaltung von Dritten oder durch eigene Gebote vorzunehmen. 252 Anhaltspunkte fr weitere Manipulationsformen, die untersagt werden kçnnen, kçnnen aus den entsprechenden kapitalmarktrechtlichen Regelungen des WpHG gewonnen werden. 253

5. Bewertungen Das System der çffentlichen Bewertungen von Marktplatzteilnehmern 137 durch andere soll dazu dienen, die Transparenz auf dem Marktplatz zu erhçhen und die fehlende direkte Verhaltens- und Seriosittskontrolle durch Reputationsmechanismen zu ersetzen. Daher ist es fr derartige Systeme essentiell, dass sie mçglichst frei von Manipulationen gehalten werden, da sie sonst fr die anderen Teilnehmer praktisch wertlos werden. Klauseln, die den Kunden dazu verpflichten, keine Manipulationen an den Bewertungen durch Einschaltung anderer Mitgliedskonten vorzunehmen, sind daher ohne weiteres zulssig, ja sogar geboten. 254 Dazu gehçrt auch, dass bei mehreren Mitgliedskonten diese nicht missbraucht werden drfen, um Bewertungen durch verschiedene Personen vorzutuschen. 255 252 eBay 10/2004, § 10 Abs. 2; Atrada 06/2004, Teil I Nr. 3 e); OnlineAuktionen.de

(Stand 05/2004), Stichwort „Handelsgrundstze“. 253 § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG; hierbei wird es sich in diesem Zusammenhang aus-

schließlich um die sog. handelsgesttzten Manipulationen handeln, bei denen knstlich Nachfrage oder Umsatz kreiert wird. Zu dieser Systematisierung vgl. Assmann/U.H. Schneider/Vogel, Vor § 20a WpHG Rz. 23 ff. und zu den Fallgruppen Assmann/U.H. Schneider/Vogel, § 20a WpHG Rz. 100 ff. m.w.N. Beachte hierzu die Rnderungen durch das AnlegerschutzverbesserungsG (AnSVG) wegen der Umsetzung der Marktmissbrauchs-RL 2003/6/EG des Europischen Parlaments und des Rats vom 28.1.2003, Abl. EG Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 16; dazu: Spindler, NJW 2004, 3449; Dier/F+rhoff, AG 2002, 604; Leppert/St+rwald, ZBB 2002, 90; Fleischer, DB 2004, 51; Kuthe, ZIP 2004, 883; Weber, NZG 2004, 23. 254 eBay 10/2004, § 2 Abs. 5: „Der Missbrauch von Mitgliedskonten, insbesondere bei der Abgabe von Geboten im Rahmen einer Online-Auktion und/oder bei der Abgabe von Bewertungen im Rahmen des Bewertungssystems, ist verboten (siehe auch § 10 Abs. 2).“ § 6 Abs. 4.: „Jede Nutzung des Bewertungssystems, die dem Zweck des Bewertungssystems zuwider luft, ist untersagt. Insbesondere ist es untersagt: ( ... ) – Bewertungen ber sich selbst abzugeben oder ber Dritte zu veranlassen ( ... ).“ 255 eBay 10/2004, § 2 Abs. 5: „Grundstzlich steht es dem Mitglied frei, mehrere Mitgliedskonten zu erçffnen. Der Missbrauch von Mitgliedskonten, insbesondere bei der Abgabe von Geboten im Rahmen einer Online-Auktion und/oder bei der Ab-

Spindler | 193

Kap. 5 Rz. 138

Vertragliche Haftung und Pflichten

138 Darber hinaus kommen natrlich Ansprche der Kunden gegen diejenigen in Betracht, die falsche Bewertungen abgeben; in Betracht kommen hier sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprche. Denn aus der Tatsache, dass die Teilnehmer am Marktplatz ber den Rahmenvertrag miteinander vertraglich verbunden sind, resultieren Nebenpflichten, falsche Bewertungen zu unterlassen, aber auch aus der konkreten Transaktion, die entsprechende nebenvertragliche Pflichten begrndet. Vertragliche Ansprche kçnnen insbesondere aus den allgemein in den AGB des Plattformbetreibers enthaltenen Pflichten zur Abgabe von nur sachlichen Bewertungen und der Vermeidung von Schmhkritik resultieren. Zwar gelten diese Pflichten zunchst nur im Verhltnis des Teilnehmers zum Plattformbetreiber; doch sollen sie erkennbar die anderen Teilnehmer einschließlich der Anbieter in ihren Schutzbereich einbeziehen. 256 Die Rechtfertigung solcher Pflichten – und der entsprechenden AGB-Klauseln – liegt unmittelbar auf der Hand, hngt die Gte eines Marktplatzes und des Ratingsystems doch davon ab, dass keine vçllig unbegrndeten Bewertungen abgegeben werden, wenngleich der Meinungscharakter unverkennbar ist. Allerdings sind diese Pflichten nicht anders ausgestaltet als die entsprechenden deliktischen Pflichten nach §§ 824, 823 Abs. 1 BGB, 257 sei es wegen Eingriffs in das allgemeine Persçnlichkeitsrecht oder in den eingerichteten und ausgebten Gewerbebetrieb 258, oder wegen Rufschdigung nach § 824 BGB. Stets ist zudem der Einfluss der Grundrechte, insbesondere Art. 5 Abs. 1 GG, zu bercksichtigen, der gerade bei Bewertungen ber das Verhalten eines anderen Marktteilnehmers eine erhebliche Bandbreite gewhrt, nicht jedoch bei der Darstellung der zugrunde liegenden Tatsachen. 259 138a In diesem Rahmen zeichnen sich die auf Plattformen abgegebenen Bewertungen hnlich wie Ratings durch eine Mischung aus Tatsachengrundlagen und daraus abgeleiteten Meinungsußerungen aus, bei denen zustzlich zu bercksichtigen ist, dass sie oftmals nur schlagzeilenartig und damit komprimiert abgegeben werden. 260 Wiederum vergleichbar den Finanzmrkten 261

256 257

258 259 260 261

gabe von Bewertungen im Rahmen des Bewertungssystems, ist verboten (siehe auch § 10 Abs. 2).“ In diesem Sinne ist wohl auch AG Erlangen, Urteil v. 26.5.2004 – 1 C 457/04, n.rkr. CR 2004, 780 (781) zu verstehen. AG Koblenz, Urteil v. 2.4.2004 – 142 C 330/04 MMR 2004, 638 m. zust. Anm. Ernst; offen dagegen wohl AG Erlangen, Urteil v. 26.5.2004 – 1 C 457/04, n.rkr. CR 2004, 780 (781), das deliktische Ansprche hinter die vertraglichen zurcktreten lassen will. Vgl. AG Koblenz, Urteil v. 2.4.2004 – 142 C 330/04, rkr. MMR 2004, 638 m. zust. Anm. Ernst. Ausfhrlich dazu Bamberger/Roth/Spindler § 824 BGB Rz. 3 m.w.N.; Bamberger/ Roth/Bamberger Anh. zu § 823 BGB Rz. 57 ff. AG Koblenz, Urteil v. 2.4.2004 – 142 C 330/04 MMR 2004, 638 (639) m. zust. Anm. Ernst. Zum Recht des Rating Witte/Hrubesch, ZIP 2004, 1346 (1349 f.); Vetter, WM 2004, 1701 (1707 f.): D)ubler, BB 2003, 429 (430); Deipenbrock, BB 2003, 1849

194 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 138c Kap. 5

ist es aber zulssig, auch nur verkrzte Bewertungen abzugeben, sofern ihnen keine falschen Tatsachen zugrunde liegen; die Tatsachengrundlagen mssen dabei auch nicht angegeben werden. 262 Damit wird auch nicht unzulssigerweise dem Anbieter das Risiko aufgebrdet, ins Blaue hinein einen Teilnehmer in die Haftung zu nehmen; vielmehr kann der Anbieter den Teilnehmer zur Offenlegung der Tatsachen auffordern oder seinerseits selbst die Transaktion schildern. Eindeutig rechtswidrig ist allerdings eine Bewertung, die einer Schmhkritik gleich kommt. Ebenso wenig beschrnken sich die Ansprche des Anbieters auf Teilnehmer, die bermßig oder systematisch die Diffamierungen anderer betreiben; 263 es besteht kein Anlass, die fr andere Medien und Meinungsforen entwickelten Kriterien zu modifizieren, so dass sowohl bei Meinungsußerungen mit einem unwahren Tatsachenkern 264 als auch bei entsprechenden herabsetzenden Bemerkungen Ansprche bestehen kçnnen. Andererseits kann der Anbieter auch nicht allein darauf verwiesen werden, 138b selbst durch seine Kommentare zu negativen Bewertungen Stellung zu beziehen. 265 Damit wrde verkannt, dass die Stellungnahmen nicht in die „Summe“ der Bewertungen eingehen kann, mit denen ein Anbieter konfrontiert wird. Denn die negative Bewertung, die vom Anbieter als ungerechtfertigt angegriffen wird, geht weiterhin in die Gesamtbewertung ein, ohne dass andere Teilnehmer von der Gegenußerung des Anbieters notwendig Kenntnis nehmen kçnnten. 266 Ebenso wenig trifft es zu, dass nur „bei offensichtlichen Rechtsverletzungen“ ein Anspruch aus § 824 BGB bestnde, sofern damit nicht nur das Tatbestandsmerkmal der unwahren Tatsachen gemeint ist. Bei unwahren Tatsachen besteht kein Raum nach § 824 Abs. 1 BGB fr eine eigene Interessenabwgung, da der Rußernde damit den Raum seiner verfassungsrechtlich geschtzten Meinungsfreiheit verlsst – Lgen werden verfassungsrechtlich nicht geschtzt. 267

262

263 264 265

266 267

(1852); Ebenroth/Daum, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 5, 1, 3 u. 10; Peters, Die Haftung und die Regulierung von Rating-Agenturen, 2001, S. 52 ff.; Lemke, Haftungsrechtliche Fragen des Ratingwesens – ein Regulierungsproblem, 2002, S. 49 ff. Anders offenbar AG Erlangen, Urteil v. 26.5.2004 – 1 C 457/04, n.rkr. CR 2004, 780 (781), das einen Bezug in der Bewertung zur Transaktion verlangt statt einer allgemein gehaltenen negativen Empfehlung („hier nichts mehr kaufen“), aber die Pflicht zur „sachlichen“ Bewertung bei § 6 eBay-AGB berinterpretiert; diese stehen erkennbar im Zusammenhang mit der untersagten Schmhkritik. So aber Ernst, MMR 2004, 638 (640). Zu diesen Mischformen BVerfGE 85, 1 (15); BGH, NJW 2002, 1192 (1193); Bamberger/Roth/Spindler, § 824 BGB Rz. 10 m.w.N. So aber LG Dsseldorf, Urteil v. 18.2.2004 – 12 O 6/04, CR 2004, 623 f., allerdings wohl bezogen auf den einstweiligen Rechtsschutz; wie hier AnwKommBGB/Noack/Kremer, Anh § 156 Rz. 39; Meyer NJW 2004, 3151 (3154). Zutreffend Herrmann, MMR 2004, 497. Nher Bamberger/Roth/Spindler, § 824 BGB Rz. 3 m.w.N.

Spindler | 195

Kap. 5 Rz. 138

Vertragliche Haftung und Pflichten

138c Der Anspruch des Geschdigten ist im Rahmen des Schadensersatzes auf Zustimmung des Bewertenden zum Begehren einer Lçschung gegenber dem Plattformbetreiber oder – je nach vorgesehenen technischen Mçglichkeiten – zur Lçschung durch den Anspruchsgegner selbst gerichtet. 268 Den Plattformbetreiber selbst trifft die vertragliche Nebenpflicht, keine rechtswidrigen Beeintrchtigungen der Teilnehmer zu dulden, eine entsprechende Pflicht zur Lçschung, sofern er von einem entsprechenden Urteil gegen den Bewertenden Kenntnis erhlt. 269 Ohne solche Kenntnis greift indes § 11 Satz 1 TDG zugunsten des Plattformbetreibers ein (s. Rz. 79 sowie Kap. 6 Rz. 63). Weist der Geschdigte den Provider lediglich auf die nach seiner Meinung nach schdigenden Bewertungen hin, kann der Provider nicht von sich aus die Bewertungen lçschen, sondern hat den Bewertenden zur Stellungnahme aufzufordern. 270

6. Zahlungs- und Provisionsklauseln 139 Bei Plattformen, insbesondere Auktionsverfahren, bei denen eine Provision in Abhngigkeit vom Zustandekommen eines Vertrages als Zahlung geschuldet wird (gegebenenfalls neben einer erfolgsunabhngigen Angebotsgebhr), sind entsprechende Provisionsklauseln am Leitbild des § 652 Abs. 1 BGB fr den Maklervertrag zu messen. Demnach muss sich der Plattformbetreiber Grnde entgegenhalten lassen, die das wirksame Zustandekommen des Marktvertrages verhindern, wie etwa behçrdliche Genehmigungen, eine Anfechtung, z.B. wegen arglistiger Tuschung, 271 oder andere Unwirksamkeitsgrnde, nicht aber Gewhrleistungsansprche. Entgegenstehende Klauseln sind nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. 272 In der Praxis werden diese Grundstze offenbar weitgehend eingehalten. 273 Auch die Flligkeit der Provisionszahlungen, die in der Regel an das Zustandekommen des Vertrages ber die Plattform geknpft wird, entspricht dem Leitbild des § 652 Abs. 1 BGB. Bedenklich sind in diesem Zusammenhang allerdings Klauseln, die die Flligkeit einer Rechnung und die damit verknpften Verzugsregeln allein davon abhngig machen, ob die Rechnung in das Konto des Teilneh268 Dazu AG Erlangen, Urteil v. 26.5.2004 – 1 C 457/04, n.rkr. ZGS 2004, 359 (360), in-

269 270 271 272 273

soweit nicht in CR 2004, 780 (781) abgedruckt; ebenso jetzt Hoffmann, in: Leible/ Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 124; AnwKommBGB/Noack/Kremer, Anh § 156 Rz. 39. Im Ergebnis ebenso Hoffmann, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 124. Nher zu entsprechenden Verdachtsklauseln s. Rz. 149. BGH, Urteil v. 29.11.1978 – IV ZR 44/77, NJW 1979, 975. Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 46 unter Verweis auf BGH, Urteil v. 8.5.1973 – IV ZR 8/72, NJW 1973, 1276 (1278). Vgl. eBay 10/2004, § 5 Abs. 6: „Dem Anbieter wird die von ihm zu entrichtende Provision gutgeschrieben, wenn sein Vertragspartner den ber die eBay-Website geschlossenen Vertrag nicht ordnungsgemß erfllt. Die Gutschrift muss unter Einhaltung des dafr vorgesehenen Verfahrens beantragt werden.“

196 | Spindler

IV. Pflichten der Kunden

Rz. 139c Kap. 5

mers (z.B. „Verkuferkonto“) eingestellt wird. 274 Damit wird letztlich ohne Rcksicht auf den tatschlichen Zugang einer Rechnung die Verzugsfolge entgegen § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgelçst. Zudem bedarf es der Differenzierung zwischen Rechnungen an Verbraucher einerseits und Unternehmer andererseits nach § 286 Abs. 3 Satz 2 BGB, der nur bei Unternehmern den Zugang durch die Flligkeit und den Empfang der Gegenleistung ersetzt.

7. Wahrung der Integritt des Systems Keinen Bedenken begegnen auch Klauseln, die den Kunden dazu anhalten, die 139a Integritt des Systems zu wahren, wie etwa die von eBay verwandte Klausel: „Das Mitglied ist nicht berechtigt, Mechanismen, Software oder sonstige Scripts in Verbindung mit der Nutzung der eBay-Website zu verwenden, die das Funktionieren der eBay-Website stçren kçnnen. Das Mitglied darf keine Maßnahmen ergreifen, die eine unzumutbare oder bermßige Belastung der eBay-Infrastruktur zur Folge haben kçnnen. Es ist dem Mitglied nicht gestattet, von eBay generierte Inhalte zu blockieren, zu berschreiben oder zu modifizieren oder in sonstiger Weise stçrend in die eBayWebseite einzugreifen.“ 275

Mit dieser Klausel werden die Nebenpflichten des Kunden przisiert, die ihn 139b auch nach allgemeinem Vertragsrecht treffen wrden. Denn die Funktionsfhigkeit der Plattform liegt im Interesse aller an der Plattform Beteiligten. Zweifel kann allenfalls die Bezugnahme auf eine unzumutbare Belastung der Infrastruktur auslçsen, da der Kunde hufig keine Kenntnis von den Kapazitten der Plattform haben wird und daher auch die noch zulssige Belastung nicht einschtzen kann. Allerdings drften diese Fragen eher bei Access-Providern als bei elektronischen Handelspltzen eine Rolle spielen, 276 so dass derartige Klauseln hier nicht gegen § 307 BGB als eine unzumutbare Benachteiligung des Kunden verstoßen.

8. Urheberklauseln Teilweise finden sich auch ausdrckliche Vorbehaltsklauseln, die dem Kun- 139c den eine Kopie oder Verbreitung von Inhalten verbieten, die auf einer elektronischen Handelsplattform angeboten werden. Dieser Schutz wird oftmals expressis verbis auf Vervielfltigungen durch Suchmaschinen erstreckt, um ein Ausbeuten der Leistung der Plattform zu verhindern, ebenso hinsichtlich des Layouts der Plattform. 277 Derartige Klauseln dienen der vertragli274 So eBay 10/2004 § 5 Abs. 5 S. 3: „Das Mitglied kommt ohne weitere Mahnung

nach einem Zeitablauf von 30 Tagen nach der Einstellung des Rechnungsbetrages im Abschnitt „Verkuferkonto“ in Mein eBay in Verzug“. 275 eBay 10/2004, § 18 Abs. 1. 276 Zu Access-Providern und entsprechenden Klauseln s. Spindler, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil IV Rz. 200 ff. 277 S. z.B. eBay 10/2004 § 18 Abs. 2.

Spindler | 197

Kap. 5 Rz. 140

Vertragliche Haftung und Pflichten

chen Absicherung des urheberrechtlichen Schutzes der Plattform und sind daher unbedenklich, sofern sie sich in den vom Urheberrecht gezogenen Schranken halten. Fraglich kann dies etwa fr die Suchmaschinenklausel sein, sofern dadurch die Funktionalitt des Internets beeintrchtigt wird 278 – was in der Regel aber aus vertragsrechtlicher Sicht insoweit irrelevant ist, da die Suchmaschinenbetreiber nicht Vertragspartner des Plattformbetreibers sind (nher dazu Wiebe, Kap. 10 Rz. 30 ff.).

V. Freistellungsklauseln 140 Schließlich kann sich das Auktionshaus bei den Teilnehmern, die inkriminierte Inhalte in das Angebot eingestellt haben, im Wege des Regresses schadlos halten. Entsprechende formularmßige Freistellungsklauseln sind unbedenklich, da sie lediglich den schon aus vertraglichen Nebenpflichten fließenden Schadensersatzanspruch gegenber dem Teilnehmer festschreiben. 279

VI. Sperrklauseln 1. Vertragspraxis 141 Fr Pflichtverletzungen der Kunden sehen die AGB der Plattformbetreiber fast ausnahmslos neben Schadensersatzansprchen weitere Sanktionen wie die Sperrung des Kunden bzw. seines Mitgliedskontos sowie der Kndigung des Teilnahmevertrages vor. Eine typische Klausel in diesem Zusammenhang lautet beim Marktfhrer eBay wie folgt: „eBay kann folgende Maßnahmen ergreifen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafr bestehen, dass ein Mitglied gesetzliche Vorschriften, Rechte Dritter, die eBay-AGB oder die eBay-Grundstze verletzt, oder dass eBay ein sonstiges berechtigtes Interesse hat, insbesondere zum Schutz anderer Mitglieder vor betrgerischen Aktivitten: – Lçschen von Angeboten oder sonstigen Inhalten, die bei eBay eingestellt worden sind – Verwarnung von Mitgliedern – Be-/Einschrnkung der Nutzung des Marktplatzes – Vorlufige Sperrung – Endgltige Sperrung

278 S. etwa BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259/00 – Paperboy, CR 2003, 920 = JZ 2004,

146 m. Anm. Spindler. 279 Z.B. eBay 10/2004, § 17; Atrada 06/2004, Teil III Nr. 2; echtwahr.de (Stand

05/2004), Nr. 15; AnundVerkauf (Stand 05/2004), Nr. 11; ausfhrlicher zu entsprechenden Freistellungsklauseln Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 372 ff.

198 | Spindler

VI. Sperrklauseln

Rz. 143 Kap. 5

Bei der Wahl der Maßnahme bercksichtigt eBay die berechtigten Interessen des betroffenen Mitglieds, insbesondere ob Anhaltspunkte dafr vorliegen, dass das Mitglied den Verstoß nicht verschuldet hat. 2. eBay kann ein Mitglied endgltig von der Nutzung der eBay-Website ausschließen (endgltige Sperre), wenn es: – im Bewertungssystem gemß § 6 wiederholt negative Bewertungen erhalten hat und die Sperrung zur Wahrung der Interessen der anderen Marktteilnehmer geboten ist, – falsche Kontaktdaten angibt, insbesondere eine falsche oder ungltige E-MailAdresse, – sein Mitgliedskonto bertrgt, – andere eBay-Mitglieder oder eBay in erheblicher Weise schdigt, insbesondere Leistungen von eBay missbraucht, – ein anderer wichtiger Grund vorliegt.“ 280 „Sobald ein Mitglied gesperrt wurde, darf dieses Mitglied die eBay-Website nicht mehr nutzen und sich nicht erneut anmelden. Ein gesperrtes Mitgliedskonto (insbesondere das Bewertungsprofil) kann nicht wiederhergestellt werden. Ein Anspruch auf Wiederherstellung besteht nicht. Auf § 19 der AGB wird verwiesen.“ 281

2. Anforderungen an Sperren a) Rechtsverletzungen

Derartige Sperrklauseln entsprechen grundstzlich einem legitimen Interesse 142 des Marktplatzbetreibers und sind u.a. in § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG vom Gesetz vorausgesetzt. 282 Ohne Befugnisse zur Verhngung von Sperren wre dem Provider jede Verantwortlichkeitsprivilegierung bei Rechtsverletzungen, die auf seinen Plattformen stattfinden, insbesondere bei Urheber- oder Markenrechtsverletzungen, verwehrt. Fraglich kann daher nur sein, wie weit der Kreis der Grnde fr eine Sperre zu ziehen ist sowie welche Anforderungen an die Befugnis zur Sperre zu stellen sind, insbesondere ob bereits ein Verdacht gengen kann, um den Marktplatzbetreiber zur Sperre zu berechtigten: b) Manipulationen des Handelsgeschehens

Jber Rechtsverletzungen hinaus kommt vor allem das Interesse der ande- 143 ren Marktteilnehmer an der Aufrechterhaltung der Seriositt und Verlsslichkeit des Handelsgeschehens in Betracht. Da Manipulationen am Handelsprozess, sei es durch Beeinflussungen des Ratingsystems oder durch an280 eBay 10/2004, § 4 Abs. 1, 2; eine Sperre bei negativen Bewertungen sieht der Platt-

formbetreiber echtwahr.de vor, vgl. echtwahr.de (Stand 05/2004), Nr. 26; der Sache nach um eine Sperre handelt es sich auch bei der „Roten Karte“ des Auktionshauses Feininger (FEININGER [Stand 05/2004], Nr. 1, 6). 281 eBay 10/2004, § 4 Abs. 3. 282 Nher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 11 TDG Rz. 48 ff. m.w.N.

Spindler | 199

Kap. 5 Rz. 144

Vertragliche Haftung und Pflichten

dere Eingriffe, die Funktionsfhigkeit des gesamten Marktplatzes infolge des Vertrauensverlustes der anderen Teilnehmer zu beeintrchtigen drohen, hat der Marktplatzbetreiber die Pflicht und daher auch ein fundamentales und berechtigtes Interesse daran, derartige Manipulationen des Marktgeschehens zu unterbinden. Dies gilt in gleicher Weise fr die Pflichten zur Mitteilung der identittsstiftenden Angaben, ohne die der Handel nicht verlsslich funktionieren wrde. Entsprechende Sperrbefugnisse sind daher ohne weiteres angemessen im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB. c) Negative Bewertungen und geflschte Identitten

144 Ferner muss einem Marktplatzbetreiber grundstzlich auch das Recht eingerumt werden, Marktteilnehmer auszuschließen bzw. zu sperren, die sich offenbar als unzuverlssig erwiesen haben, um die Gte seines Marktplatzes aufrechtzuerhalten. Allerdings ist hier im Detail zu differenzieren: Denn nicht alle negativen Bewertungen mssen sich als tatschlich berechtigt herausstellen. Bevor der Marktplatzbetreiber das Mitglied sperrt, muss aus der Treuepflicht des Teilnahmevertrages heraus dem Teilnehmer zumindest kurzfristig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, um gegebenenfalls Grnde anzufhren, die zu den schlechten Bewertungen gefhrt haben. 283 Hier bedarf es gerade der vorherigen Abmahnung und Anhçrung, da der Missbrauch von Beschwerdemçglichkeiten durch andere Netzteilnehmer zu den unangenehmen alltglichen Erfahrungen im Internet zhlt. Die Parallelen zu anderen Dauerschuldverhltnissen, insbesondere zum Mietrecht, liegen hier nahe: Wie dort, wenn der Vermieter aufgrund seiner Treue- und Schutzpflichten aus dem Mietverhltnis gehalten ist, die Interessen anderer Mieter zu wahren, die durch rechtswidriges Verhalten ihrer Mitmieter beeintrchtigt werden, 284 muss auch hier der Provider im Rahmen des Zumutbaren fr einen Interessenausgleich sorgen. 285 Da der Provider aber nicht ein rechts283 Die Plattformbetreiber beschrnken sich hier regelmßig auf den Hinweis, dass

die Nutzer die Verantwortungen fr die Richtigkeit der Bewertungen tragen, z.B. echtwahr.de (Stand 05/2004), Nr. 26; OnlineAuktionen.de (Stand 05/2004), Stichwort „Bewertungssysteme“; eBay und Hood sehen eine Antwort des negativ bewerteten Nutzers auf ihrer Homepage vor (pages.ebay.de/help/feedback/feedback-disputes.html und www.hood.de [beide abgerufen am 27.6.2004]); Atrada prft auf den Widerspruch des betroffenen Nutzers hin, ob die Richtlinien fr die Abgabe von Bewertungen eingehalten wurden (www.atrada.de/Help.asp?seite=573 – abgerufen am 27.6.2004). 284 BGH, Urteil v. 10.12.1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182 (191 f.) = NJW 1987, 831; BGH, Urteil v. 18.9.1974 – VIII ZR 63/73, NJW 1974, 2233; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschfts- u. Wohnraummiete, Kap. III Rz. 1238; Staudinger/ Emmerich, Neubearbeitung 2003, § 535 BGB Rz. 26; Sternel, Mietrecht, II Rz. 103; Sternel, Mietrecht aktuell, 1996, Rz. 329. 285 Fr weitgehende Hausrechte des Providers: OLG Kçln, Urteil v. 25.8.2000 – 19 U 2/00, CR 2000, 843 = MMR 2000, 52: Auch dem Anbieter eines Party-Chats, der allgemein kostenlos zugnglich ist, und bei dem weder besondere Zugangskontrollen noch Nutzungsbedingungen bestehen, steht grundstzlich ein virtuelles

200 | Spindler

VI. Sperrklauseln

Rz. 147 Kap. 5

staatliches Verfahren durchfhren kann, muss ihm ein weiter Ermessensspielraum eingerumt werden, indem er bei berwiegenden Indizien fr ein missbruchliches Verhalten eines Nutzers diesen vom Dienst ausschließen bzw. seinen Zugang sperren darf, bis die Vorwrfe endgltig geklrt sind. Der Provider darf in solchen Fllen den betroffenen Nutzer auf die Klrung der Fragen in einem gerichtlichen Verfahren verweisen – was allerdings auch die Benennung der Beschwerdefhrer voraussetzt. Auf rein anonym erhobene Verdchtigungen hin ist der Provider dagegen nicht berechtigt, den Nutzer zu sperren. 286 Erst recht kann der Plattformbetreiber nicht eine automatische Sperre bei berwiegend negativen Bewertungen vorsehen. 287 Zu Recht wird daher in der zitierten Klausel von eBay darauf verwiesen, dass 145 die Sperre zur Wahrung der Interessen der anderen Marktteilnehmer erforderlich sein muss. 288 Zudem darf eine Sperre nicht bereits bei wenigen negativen Bewertungen eingreifen, sondern nur bei mehrfachen negativen Urteilen. Der reine Verweis auf „wiederholte“ negative Bewertungen 289 luft allerdings bei allem Verstndnis fr mçglichst weit gezogene Begrifflichkeiten Gefahr, als intransparente Klausel gegen § 307 Abs. 2, 3 BGB zu verstoßen, da dem Teilnehmer nicht klar vor Augen tritt, ab welcher Schwelle er mit einer Sperre rechnen muss. Darber hinaus ist der Marktplatzbetreiber nicht nur berechtigt, sondern 146 auch verpflichtet, solche Mitglieder oder Identitten zu sperren, die offensichtlich von kriminellen Dritten durch tuschende Handlungen gegenber den eigentlichen Inhabern der Identitten bernommen wurden (vgl. Rz. 98). d) Sonstige berechtigte Interessen

Auch die Erstreckung der Sperrbefugnis auf jegliches „sonstige berechtigte 147 Interesse“ eines Marktplatzbetreibers begegnet Bedenken im Hinblick darauf, dass dem Nutzer transparent sein muss, welche Sanktionen er fr welche Pflichtverletzungen zu befrchten hat. 290 Klarer gefasst ist dagegen der Verweis auf einen „anderen wichtigen Grund“; zwar handelt es sich auch hier um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch aufgrund der bei Dauerschuldverhltnissen ausgeprgten Kasuistik auf die Unzumutbarkeit

286

287 288 289 290

Hausrecht zu; vorgehend LG Bonn, Urteil v. 16.11.1999 – 10 O 457/99, NJW 2000, 961 = MMR 2000, 109 = CR 2000, 245, krit. hierzu aus verfassungsrechtlicher Sicht Ladeur, MMR 2001, 787. Im Ergebnis hnlich Schmitz/v. Netzer, in: Schuster (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia, Kap. 12 Rz. 139; restriktiver wohl LG Mnchen I, Urteil v. 14.8.2003 – 12 O 2393/03, CR 2004, 221. Ebenso Thun, in: Gramlich u.a., Rechtshandbuch B2B-Plattformen, § 10 Rz. 88. Rhnlich auch FEININGER (Stand 05/2004), Nr. 6. So z.B. doppelshop.de (Stand 05/2004), Nr. 2 S. 2. Eine Sperrmçglichkeit ohne Angabe von Grnden sieht echtwahr.de (Stand 05/2004), Nr. 26 vor.

Spindler | 201

Kap. 5 Rz. 148

Vertragliche Haftung und Pflichten

der Fortsetzung des Teilnahmevertrages und schwerwiegende Pflichtverletzungen verweist. Das „sonstige berechtigte Interesse“ wre jedoch wesentlich weiter gefasst. Da im Bereich von AGB die verwenderfeindliche Auslegung eingreift, bestehen gegen eine derart weit gefasste Klausel, die eigentlich nur „wichtige Grnde“ meint, Bedenken wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, da der Provider bei jedem eigenen berechtigten Anliegen, z.B. auch bei Kritik an seiner Marktplatzfhrung, Sperren aussprechen kçnnte. Daran vermag auch die in der Klausel ferner vorgesehene Abwgung mit den Interessen der Teilnehmer nichts zu ndern, da bereits auf der Tatbestandsebene die Eingriffsbefugnisse fr den Provider weit gefasst sind. e) Umfang der Sperre

148 Hinsichtlich des Umfangs der Sperre ist wiederum zwischen Sperren einzelner Angebote bzw. Inhalte oder des gesamten Mitgliedkontos zu unterscheiden. Da die Ausbung der Sperrbefugnis als Zurckbehaltungsrecht der Leistungen des Providers unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben steht, wre es etwa bei vereinzelten Rechtsverletzungen des Teilnehmers, z.B. bei Markenrechtsverletzungen, unverhltnismßig, den Teilnehmer komplett und ohne vorherige Abmahnung von der Teilnahme am Marktplatz auszuschließen. Gerade im C2C-Geschft wird es aufgrund der rechtlichen Unkenntnis zahlreicher Teilnehmer stets erforderlich sein, eine Abmahnung vor der Sperre des gesamten Mitgliedskontos auszusprechen. Davon unberhrt ist selbstverstndlich die Sperrung des einzelnen Angebots. Bei wiederholten Verstçßen ist dagegen auch eine Sperre im C2C-Bereich gerechtfertigt, da sich dann der Teilnehmer als unzuverlssig erwiesen hat. Klauseln, die daher ohne jede Differenzierung die vollstndige Sperrung des Mitgliedskontos vorsehen, sind unangemessen nach § 307 Abs. 2 BGB. f) Verdachtssperren

149 Schließlich ist – wie bei allgemeinen Providervertrgen auch – 291 problematisch, bereits dann ein Recht zur Sperre einrumen, wenn nur ein hinreichender Verdacht fr eine Verletzung vorliegt. 292 Bei Gefahr im Verzug mag eine solche sofortige Handlung im berechtigten Interesse des Providers liegen, um etwaigen strafrechtlichen Vorw rfen zu begegnen; doch ist andererseits auch nicht zu verkennen, dass der Nutzer schon bei reinen Verdachtsmomenten ohne Gegendarstellungsmçglichkeit oder Abmahnung vom Zugang zur Plattform ausgeschlossen wre. Bei einer rein verdachtsbegrndeten Sperrmçglichkeit muss daher zumindest dem Nutzer Gelegenheit geben werden, den Verdacht auszurumen oder die Sperrmçglichkeit muss auf Flle beschrnkt werden, denen Verdachtsmomente infolge be291 Ausfhrlich Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV

Rz. 235 ff. 292 eBay 10/2004, § 4 Nr. 1: „konkrete Anhaltspunkte“.

202 | Spindler

VI. Sperrklauseln

Rz. 151 Kap. 5

hçrdlicher (z.B. polizeirechtlicher) Verfahren oder strafrechtlicher Ermittlungsverfahren zugrunde liegen. 293 Ebenso muss sich die Sperre auf die inkriminierten Inhalte beschrnken und kann nicht pars pro toto smtliche Angebote umfassen, wenn die Verdachtsmomente sich nicht auf diese beziehen. Eine Sperre, die von einer Gegendarstellungsmçglichkeit des Nutzers unabhngig ist, muss sich auf einen Zeitraum beschrnken, der bis zu einer Stellungnahme des Nutzers und Klrung der Angelegenheit erforderlich ist. Dies ist dem Nutzer aber auch zuzumuten, da dem Provider nicht angesonnen werden kann, gegebenenfalls selbst fr gehostete Inhalte verantwortlich zu werden; vielmehr kann der Provider den Ausgang eines entsprechenden Verfahrens abwarten, ohne vertragsbrchig zu werden.

3. Sperrklauseln und Zahlungspflichten Die fr allgemeine Provider problematische Frage, wie sich derartige Sperr- 150 klauseln zu anderen Klauseln verhalten, die eine Fortdauer der Zahlungspflicht des Kunden trotz fehlenden Zugangs zu den Diensten des Anbieters vorsehen, 294 stellt sich bei Plattformbetreibern in dieser Schrfe in der Regel nicht. Denn die meisten Entgeltstrukturen sehen eine Zahlung entweder erst bei Vertragsabschluss zwischen Anbieter und Nachfrager oder bei Einstellung eines Angebotes auf der Plattform vor. Nur dann, wenn dauerhaft Leistungen auf der Plattform neben dem eigentlichen Verkaufszeitraum angeboten werden, kann es darauf ankommen, dass dem Kunden ein Antragsrecht auf Aufhebung der Sperre bei Glaubhaftmachung der Unterlassung zuk nftiger Pflichtverletzungen eingerumt wird 295 oder die Sperre zeitlich befristet wird.

4. Ausschluss der Wiederherstellung von Bewertungsprofilen Wie eingangs dargelegt, schließen einige wichtige Marktplatzbetreiber ei- 151 nen Anspruch des Teilnehmers auf Wiederherstellung eines einmal gesperrten Mitgliedkontos aus, insbesondere hinsichtlich des Bewertungsprofils. 296 Ein derart pauschaler Ausschluss begegnet erheblichen Bedenken im Hinblick auf § 307 Abs. 2 BGB: Denn das Bewertungsprofil eines Handelsteilnehmers kann sich ber lngere Zeit hinaus ausgebildet haben und ist auf einem virtuellen Marktplatz einer der wichtigsten Faktoren fr ein 293 In diese Richtung AOL 04/2003, Nr. 8.5. 294 Keine Regelungen fr die Zahlungspflicht im Falle der Verhngung einer Sperre

sehen die AGB der Plattformbetreiber eBay und Atrada vor. 295 Vgl. AOL 04/2003, Nr. 8.5. Satz 2, 3: „Ein begrndeter Verdacht besteht insbeson-

dere, wenn gegen Sie wegen Informationen, die Sie in den AOL-Dienst eingestellt haben, behçrdliche oder strafrechtliche Ermittlungen gefhrt werden. AOL ist berechtigt, die Sperre so lange aufrecht zu erhalten, bis die Verdachtsmomente ausgerumt sind.“ 296 S. eBay 10/2004, § 4 Abs. 2 Satz 2, 3; allerdings nur fr den Fall der endgltigen Sperre.

Spindler | 203

Kap. 5 Rz. 152

Vertragliche Haftung und Pflichten

erfolgreiches Auftreten. Es ist aber nicht auszuschließen, dass der Anlass zur Sperre gerade wiederholte negative Bewertungen waren, die aufgrund von Manipulationen zustande kamen. Hat der Marktplatzbetreiber in diesem Fall eine Sperre ausgesprochen, die sich ex post als ungerechtfertigt erweist, htte er seinerseits seine Pflichten aus dem Teilnahmevertrag verletzt. Gleiches gilt fr andere unberechtigt ausgesprochene Sperren. Inhalt eines entsprechenden vertraglichen Schadensersatzanspruchs wre gerade die Wiederherstellung des Mitgliedskontos und vor allem des Bewertungsprofils im Sinne einer Naturalrestitution nach § 249 BGB. 152 Auch die entsprechende Haftungsbeschrnkungsklausel ndert nichts daran, dass die Klausel bei der gebotenen verwenderunfreundlichen Auslegung ohne jede Differenzierung einen Wiederherstellungsanspruch und damit auch jeden Schadensersatzanspruch auf der Rechtsfolgenseite ausschließt. Die Klausel steht damit in Widerspruch zu dem Verbot der vollstndigen Haftungsbeschrnkung – es macht keinen Unterschied, ob Teile des Schadensersatzanspruchs ausgeschlossen werden, sofern dieser Ausschluss sich auf smtliche Formen des Verschuldens erstreckt. Ferner ist durchaus fraglich, ob die Zulassung zur Teilnahme und zur Nutzung der Plattform nicht eine Kardinalpflicht des Plattformbetreibers darstellt, so dass selbst fr leichte Fahrlssigkeit nicht die Wiederherstellung ausgeschlossen werden drfte.

VII. K ndigung 153 Soweit ersichtlich, spielen Kndigungsklauseln in der Praxis keine besondere Rolle. 297 Daher ist nur festzuhalten, dass aufgrund des Leitbildes des Maklerdienstleistungsvertrages die entsprechenden Kndigungsvorschriften heranzuziehen sind, so dass grundstzlich die Beschrnkung der ordentlichen Kndigung auf bestimmte Fristen mçglich ist. Umgekehrt muss der Anbieter eine angemessene Frist zur ordentlichen Kndigung einhalten, um nicht laufende Handelsaktionen des Teilnehmers zu beeintrchtigen und um dem Teilnehmer eine ausreichende Zeit einzurumen, seine Handelsaktivitten zu verlagern. Gerade bei Marktplatzteilnehmern, die umfangreichen Handel ber die Plattform durchfhren, kann daher eine Frist von 14 Tagen unangemessen kurz sein. Da zudem der Plattformbetreiber erkennen kann, in welchem Um297 Der Teilnehmer ist regelmßig zur jederzeitigen Kndigung berechtigt, vgl. eBay

10/2004, § 4 Abs. 4; Hood (Stand 05/2004), § 2 Abs. 5; BesteAuktionen 03/2000, § 1 Abs. 4 S. 1; Atrada 06/2004, Teil I Nr. 3 f). Zur Kndigung durch den Anbieter vgl. auktionskiste.de (Stand: 06/2004), § 3: Ausschluss bei schwerwiegenden Vertragsverstçßen; FEININGER (Stand 06/2004), Nr. 1: Ausschluss ohne Angabe von Grnden; BesteAuktionen 03/2000, § 1 Abs. 3 S. 3: jederzeitige Rcknahme ohne Angabe von Grnden; Hood (Stand 05/2004), § 2 Abs. 4 S. 3: Rcknahme jederzeit, ohne Angabe von Grnden und ohne vorherige Benachrichtigung oder Ankndigung.

204 | Spindler

VIII. Besondere Transaktionsformen

Rz. 154 Kap. 5

fang ein Teilnehmer Handelsaktivitten durchfhrt, 298 ist es ihm auch zumutbar, hier lngere Kndigungsfristen einzuhalten.

VIII. Besondere Transaktionsformen 1. Private Auktionen und eigenverantwortlich durchgef hrte Online-Auktionen Besonderheiten ergeben sich bei den Auktionsmodellen, bei denen das Auk- 154 tionshaus nicht selbst die Online-Versteigerung durchfhrt, sondern die Kontrolle ber den Auktionsvorgang vollstndig dem Einlieferer berlsst. Das Auktionshaus stellt hier nur seine Internetseiten und die Software fr die Zeit der Auktion zur Verfgung, ohne selbst noch den Ablauf der Auktion zu kontrollieren oder zu beeinflussen. Im Verhltnis zum Bieter sowie zum Einlieferer kommt damit jedenfalls dann nicht mehr ein Vertrag zustande, der dem Maklerdienstvertrag hneln wrde, wenn das Entgelt fr das Auktionshaus unabhngig vom Vertragsschluss ist; vielmehr steht jetzt allein die technische Leistung im Vordergrund, vergleichbar der Zur-Verfgung-Stellung eines Chat-Rooms, dessen Moderation dem Erçffner des Raums berlassen wird. 299 Aus diesem Grund kann der Vertrag auch nicht mehr am Maklertypus gemessen werden. 300 Die oben (Rz. 89 ff.) dargelegten rudimentren Kontroll- und Prfpflichten reduzieren sich hier nochmals, sofern das Auktionshaus den beteiligten Bietern hinlnglich verdeutlicht, dass es keine Herrschaft ber den Auktionsverlauf ausbt, sondern nur die technischen Verfahren zur Verfgung stellt. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst eine Prf- und Kontrollpflicht hinsichtlich der Identitt der Einlieferer und Bieter entfallen, da das Auktionshaus nur noch einen Marktplatz zur Verfgung stellt und den Teilnehmern bei entsprechend deutlichen Hinweisen bewusst ist, dass sie eigenverantwortlich die Risiken des Geschftes prfen und eingehen mssen. Die Haftung des Auktionshauses beschrnkt sich unter diesen Bedingungen auf die Gewhrleistung eines stçrungsfreien Ablaufs der Auktion, sofern die Risiken aus der Sphre der zur Verfgung gestellten technischen Fazilitten stammen. Sofern der Auktionator den Vertragsparteien weitere Mçglichkeiten zur Verfgung stellt, insbesondere die Vertragsabwicklung ber ein Treuhandmodell, kommen die oben (Rz. 111 ff.) dargelegten Grundstze zur Anwendung.

298 Etwa bei Powerseller-Programmen, zu denen der Verkufer vom Betreiber einge-

laden wird, die dann aber auch die Beobachtung der Aktivitten voraussetzen. 299 Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (102) will den Einlieferer hier sogar als den eigentli-

chen Versteigerer behandeln. 300 S. zur Unzulssigkeit erfolgsunabhngiger Vergtungen bei Maklerleistungen

BGH, Urteil v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (382) = NJW 1987, 1634 (1635); dagegen zu Recht MnchKomm/Roth, § 652 BGB Rz. 7.

Spindler | 205

Kap. 5 Rz. 155

Vertragliche Haftung und Pflichten

2. Power Shopping 155 Bei Power Shopping 301 oder Community Shopping handelt es sich im Grunde um nichts anderes als Einkaufsgemeinschaften, die ad hoc fr bestimmte Produkte gebildet werden, um mçglichst große Preisnachlsse zu erzielen. 302 In der Regel handelt es sich nicht um Gebrauchtwaren, sondern um neu hergestellte Sachen. Deren kartell- und wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit unterstellt, 303 erhebt sich aus vertragsrechtlicher Sicht die Frage, fr welche Risiken der Veranstalter des Power Shopping einstehen muss. Wie bei Auktionen hngt die vertragsrechtliche Haftung selbstverstndlich in erster Linie davon ab, ob der Veranstalter selbst Vertragspartner des Vertrages ber den Liefergegenstand wird, in zweiter Linie, wie der Veranstalter gegenber den Teilnehmern auftritt. 156 Tritt der Veranstalter hinsichtlich des Vertragsgegenstandes selbst als Vertragspartner des Anbieters sowie der Bieter auf, sind die allgemeinen, je nach Vertragstypus einschlgigen Leistungsstçrungs- und Gewhrleistungsvorschriften im jeweiligen Vertragsverhltnis anwendbar. Im Verhltnis zum Anbieter kann etwa bei unterstellter Kaufmannseigenschaft § 377 HGB eingreifen, im Verhltnis zum Bieter (als privater bzw. Nicht-Kaufmann) dagegen §§ 434, 437 ff. BGB sowie die diesbezglichen Regelungen des § 309 Nr. 8b BGB. Gleiches gilt fr Leistungsstçrungen, die in der jeweiligen Vertragsbeziehung abgewickelt werden mssen. Der Veranstalter wird hier wie ein Hndler im Streckengeschft ttig, der die erzielten Preisnachlsse unmittelbar weitergibt. 157 Der Regelfall drfte jedoch sein, dass der Veranstalter nur als Vermittler auftritt, der die Nachfragemacht bndelt. Da es sich beim Power Shopping nur um eine umgekehrte Variante der Auktion handelt, ergeben sich hinsichtlich der Prf- und Kontrollpflichten der Veranstalter gegenber den oben Rz. 89 ff. dargelegten Grundstzen keine erheblichen Modifizierungen, so dass es entscheidend auf den Auftritt der Veranstalter nach außen ankommt. In der Praxis fllt das Erscheinungsbild der Veranstalter und damit das bei den Bietern 301 Die Mçglichkeit wird beispielsweise von den Plattformbetreibern eBay, Atrada,

hammerdeals und onlineshopping.ch angeboten. 302 S. dazu Ernst, Kap. 3 Rz. 60 ff., Wiebe, Kap. 4 Rz. 44 ff.; Leible/Sosnitza, ZIP 2000,

732. 303 Zur Anwendung des RabattG a.F. auf das Power Shopping (bejahend) OLG Ham-

burg, Urteil v. 18.11.1999 – 3 U 230/99, NJW 2000, 2033; ebenso Huppertz, MMR 2000, 65 (70); abl. Leible/Sosnitza, ZIP 2000, 732 ff.; Menke, WRP 2000, 337 ff. Ernst, Kap. 3 Rz. 61, die wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit der umgekehrten Versteigerung jetzt bejahend BGH, Urteil v. 13.11.2003 – I ZR 40/01, CR 2004, 290 = WRP 2004, 345 = NJW 2004, 852 sowie im Hinblick auf GewO und VerstV BGH, Urteil v. 13.11.2003 – I ZR 141/02, CR 2004, 294 = WRP 2004, 348 = NJW 2004, 854; zuvor schon BGH, Urteil v. 13.3.2003 – I ZR 146/00, CR 2003, 517 m. Anm. Lindenberg = MMR 2003, 465 m. Anm. Leible/Sosnitza; s. auch Steinbeck, K&R 2003, 344.

206 | Spindler

VIII. Besondere Transaktionsformen

Rz. 159 Kap. 5

erweckte Vertrauen jedoch in der Regel anders als bei Online-Auktionen aus: Denn oft whlt der Veranstalter selbst das Angebot aus, zumal nicht jeder Hndler bzw. Hersteller von neuen Waren bereit ist, außerhalb der blichen Vertriebsschienen seine Produkte ber derartige Plattformen abzusetzen. Aus diesem Grund hat der Veranstalter in der Regel notwendigerweise Kenntnis von dem Anbieter, dem Angebot und oft auch dem konkreten Vertragsgegenstand (der auch nur als Gattungssache bezeichnet sein kann, etwa eine bestimmte Anzahl von Kfz eines bestimmten Typus). Dieses Angebot fließt dementsprechend in die konkrete Bewerbung und Auslobung des zu versteigernden Gegenstandes ein (etwa „Wir haben fr Sie besorgt ... “). Anders als bei typischen Online-Auktionen trifft den Veranstalter des Power Shopping daher bei entsprechenden Auftritten eine Pflicht zur ordnungsgemßen Auswahl des Anbieters, nicht nur hinsichtlich dessen Identitt, sondern auch Bonitt. Dies betrifft auch Erfahrungen, die andere Kunden dieses Anbieters bereits gemacht haben und die leicht verfgbar sind, z.B. ber entsprechende Rating-Plattformen fr Konsumenten im Internet oder Beschwerdebcher, auch der Konkurrenz. Von diesen Pflichten kann sich der Veranstalter auch nicht formularmßig freizeichnen, sofern er mit seinem Auftritt ein entsprechendes Vertrauen der Kunden hervorruft. Tritt der Plattformbetreiber allerdings wie bei anderen Marktformen auch le- 158 diglich als technischer Dienstleister auf, der Teilnehmern die Veranstaltung derartiger Power-Shopping-Aktionen ermçglicht, ohne selbst eine Auswahl zu treffen, kçnnen ihn nicht mehr Pflichten als im Falle der Internet-Auktionen oder anderer Marktpltze treffen. Denn hier beschrnkt sich seine Leistung auf die Zur-Verfgung-Stellung von technischen Hilfsmitteln, um eine bestimmte Verkaufsveranstaltung durchzufhren. Entscheidend ist daher immer, wie der Power-Shopper-Plattformbetreiber in concreto auftritt und welche Leistungen angeboten werden. Eine Kontrollpflicht hinsichtlich des Vertragsgegenstandes entfllt dagegen 159 nach wie vor, da es gerade Kennzeichen des Online-Geschftes ist, ber Gegenstnde Vertrge zu schließen, die nicht physisch am Marktort verfgbar sind. Ebensowenig ist der Veranstalter verpflichtet, die Teilnehmer darber aufzuklren, dass der vom Anbieter verlangte Preis wesentlich ber dem blichen Marktpreis liegt, so dass selbst nach entsprechenden Preisnachlssen kein wirtschaftlicher Vorteil fr den Teilnehmer verbleibt. Zwar ist in der Praxis diese Art „Mondpreis“-Gestaltung offenbar des Ifteren anzutreffen; doch außer wettbewerbsrechtlichen Ansprchen 304 gibt es keine Pflicht des Hndlers, den Kunden auf einen berhçhten Preis aufmerksam zu machen, außer wenn dieser die Grenze der Sittenwidrigkeit bzw. des Wuchers bersteigt. Vielmehr ist es gerade der Charakter eines marktwirtschaftlichen Systems, Preise und Leistungen miteinander zu vergleichen und Kostenbzw. Preisvorteile auszuntzen. Dementsprechend kann auch der Vermitt304 S. dazu Bulling, WRP 2000, 253 (257).

Spindler | 207

Kap. 5 Rz. 160

Vertragliche Haftung und Pflichten

ler im Rahmen eines Power Shopping nicht gehalten sein, den Kunden ber einen berhçhten Preis aufzuklren. Anders ist dann zu entscheiden, wenn beim Kunden flschlicherweise fr das Angebot mit Jbertreibungen hinsichtlich des Preises geworben wird, z.B. mit als „Schnppchen“ gekennzeichneten Angeboten.

3. Online-Shops 160 Demgegenber ergeben sich keine Besonderheiten bei sog. Online-Shops, die sich dadurch auszeichnen, dass der Plattformbetreiber dem Verkufer gestattet, smtliche Handelsaktivitten in einer besonderen Liste zu erfassen und aufzufhren. Mit einer derartigen Erlaubnis verknpfen sich keine Pflichten des Plattformbetreibers, die z.B. auf eine grçßere Kontrolle der dort eingestellten Angebote gerichtet wren. Zulssig sind auch Klauseln, die dem Plattformbetreiber das Recht einrumen, solche Shops zu lçschen, die in ihrer Namensgebung Rechte Dritter verletzen. 305 Allerdings mssen diese Klauseln die Grundstze beachten, die fr Sperr- und Lçschungsklauseln allgemein gelten, insbesondere drfen sie nicht eine Lçschung ohne Anhçrung des Shop-Betreibers gestatten (vgl. Rz. 142 ff.). Erst recht sind Klauseln, die eine Rnderung ohne vorherige Zustimmung der Shop-Betreiber erlauben, zweifelhaft. 306 161 Schließlich muss der Plattformbetreiber den jederzeitigen Zugang der anderen Plattformteilnehmer zu dem Shop gewhrleisten, vor allem dann, wenn fr die Bereitstellung des Shops eine monatliche Gebhr verlangt wird; in diesen Fllen handelt es sich um einen Hosting-Vertrag, der dem gesetzlichen Leitbild des Mietrechts und damit auch der Pflicht des Vermieters, einen Zugang zu gewhren, unterstellt ist. 307

4. Business-to-Business-Geschfte (Einkaufs-/Verkaufs-Plattformen) 162 Im Business-to-Business Bereich kehren die beschriebenen Grundformen wieder (Auktion, Community Shopping, reine Plattform), wobei in der Praxis offenbar die Typen der Einkaufsgemeinschaft und der Internet-Plattform dominieren. Im Ansatz kçnnen die fr die jeweiligen Formen dargelegten 305 S. eBay 10/2004, § 14: „Bei der Einrichtung eines Online-Shops whlt das Mit-

glied einen Shop-Namen, der von dem Mitgliedsnamen abweichen kann. Der Shop-Name darf nicht aus einer E-Mail- oder Internetadresse bestehen. Außerdem darf der Shop-Name keine Rechte Dritter verletzen und nicht gegen die guten Sitten verstoßen. eBay hat das Recht bei einer etwaigen Verletzung von Rechten Dritter oder einem etwaigen Verstoß gegen die guten Sitten den Shop-Namen zu lçschen oder zu ndern.“ 306 So aber eBay 10/2004, § 14. 307 Nher dazu Schuppert, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil V Rz. 3.

208 | Spindler

VIII. Besondere Transaktionsformen

Rz. 163 Kap. 5

Grundstze auch im unternehmerischen Bereich angewandt werden; sie sind jedoch hinsichtlich der Aufklrungsbedrftigkeit der Teilnehmer zu modifizieren, da Gewerbetreibenden typischerweise ein hçherer Grad an eigenverantwortlicher Information zumutbar ist als Privaten. 308 Aus diesem Grund scheidet eine Haftung des Vermittlers oder des Anbieters von Plattformen fr Erfllungsrisiken aus dem Primrvertrag zwischen Einlieferer und Bieter generell aus. Problematisch ist hier nur die oben 309 erçrterte Frage der Einbeziehung von sich berkreuzenden bzw. widersprechenden AGB. Es gilt hier der Grundsatz, dass die sich berschneidenden AGB nur insoweit Vertragsbestandteil werden, als sie inhaltlich bereinstimmen. Im Jbrigen ist Dissens anzunehmen. Wird der Vertrag durchgefhrt, ohne dass es zu einer Einigung ber die Einbeziehung der AGB gekommen wre, so tritt an die Stelle der AGB das dispositive Recht. 310 Fehlt es an solchen, fr die Vertragsergnzung geeigneten Vorschriften, so ist die Lcke durch ergnzende Vertragsauslegung zu schließen. 311 Bei Vertrgen mit Auslandsberhrung stellt sich die Frage der Zulssigkeit einer formularmßigen Rechtswahl. 312 Fr die Inhaltskontrolle ist im unternehmerischen Bereich allein § 307 BGB heranzuziehen, die Klauselverbote nach §§ 308, 309 gelten gem. § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht, entfalten jedoch indizielle Wirkung fr eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB. 313 Eine besondere Rolle bei der Nutzung von Einkaufplattformen durch Un- 163 ternehmen spielen Einkaufsbedingungen, mit denen diese versuchen, ihre spezifischen Kuferinteressen gegenber den Lieferanten durchzusetzen oder entgegenstehende Liefer- und Verkaufsbedingungen abzuwehren. Da insbesondere im Verhltnis von Lieferant und Auftraggeber das wirtschaftliche Machtgeflle hufig groß ist, kommt es nicht selten zu beanstandenswerten Vertragsgestaltungen. 314 Fr die Inhaltskontrolle gilt hier im Grundsatz, dass nur berechtigte Kuferinteressen eine Abweichung von den gesetzlichen Regeln des Kaufrechts rechtfertigen kçnnen. 315 Dies gilt insbesondere fr die Verschrfung der gesetzlichen Haftungsregeln durch allgemeine Einkaufsbedingungen. So hlt ein formularmßiger Ausschluss des Verschuldenserfordernisses bei Schadensersatzansprchen der Inhaltskontrolle ebenso wenig stand wie Vereinbarung einer Vertragsstrafe 308 Ebenso Huppertz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B IV Rz. 47. 309 Wiebe, Kap. 4 Rz. 140. 310 BGH, Urteil v. 24.10.2000 – X ZR 42/99, NJW-RR 2001, 484 (485); BGH, Urteil

311

312 313 314 315

v. 23.1.1991 – VIII ZR 122/90, NJW 1991, 1604 (1606) unter Berufung auf BGH, Urteil v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1839). St. Rspr., vgl. BGH, Urteil v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75); BGH, Urteil v. 22.1.1992 – IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92 (98); BGH, Urteil v. 13.11.1997 – IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153 (157); BGH, Urteil v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110. Vgl. hierzu Mankowski, Kap. 11 Rz. 47 ff. Erman/S. Roloff, § 310 BGB Rz. 7; MnchKomm/Basedow, § 310 BGB Rz. 7. Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rz. 76. Erman/S. Roloff, § 307 BGB Rz. 128.

Spindler | 209

Kap. 5 Rz. 164

Vertragliche Haftung und Pflichten

neben dem Anspruch auf Schadensersatz, welche auf diesen nicht angerechnet werden kann. 316 164 Im unternehmerischen Bereich ist auch bei der Nutzung von Einkaufs-/Verkaufsplattformen die Rgeobliegenheit des Kufers nach § 377 HGB zu beachten. Diese kann, zumindest fr offen zu Tage tretende Sachmngel, nicht durch die formularmßigen Einkaufsbedingungen des Kufers abgedungen werden. 317 Im Jbrigen setzt eine wirksame Abbedingung durch AGB ein besonderes Interesse des Verwenders voraus, das z.B. bei der Ersetzung der Wareneingangskontrolle durch eine Qualittssicherungsabrede anzunehmen ist. 318 Dagegen wird die Vereinbarung von Rgefristen von bis zu zwei Wochen ab Entdeckung auch bei offenen Mngeln fr wirksam erachtet. 319 Der formularmßigen Verschrfung der Rgeobliegenheit ber § 377 HGB hinaus durch die Lieferbedingungen des Lieferanten sind ebenfalls AGB-rechtliche Grenzen gesetzt. Dies gilt insbesondere fr Klauseln, die eine Rgeverpflichtung unabhngig von der Erkennbarkeit des Mangels vereinbaren, da dies zu einem Ausschluss jeder Haftung fr verborgene Mngel fhren wrde. 320

316 Erman/S. Roloff, § 307 BGB Rz. 128; BGH, Urteil v. 27.11.1974 – VIII ZR 9/73,

BGHZ 63, 256. 317 BGH, Urteil v. 19.6.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 (2634). 318 Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rz. 59, einschrnkend Koller/Morck/Roth, § 377

HGB Rz. 32. 319 Ebenroth/Boujong/Joost/M+ller, § 377 HGB Rz. 173. 320 BGH, Urteil v. 3.7.1985 – VIII ZR 152/84, WM 1985, 1145.

210 | Spindler

Kapitel 6 Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

I. Anwendung des TDG und des MDStV . . . . . . . . . . . . . . II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG . . . . . . . 1. Fremde Inhalte . . . . . . . . 2. Kenntnis . . . . . . . . . . . . a) Positive Kenntnis . . . . . . b) Bezugspunkt der Kenntnis . c) Kenntnis und Angebotsregistrierung . . . . . . . . . . . aa) Angebotsregistrierung als rechtsgeschftliche Erklrung . . . . . . . . bb) Tatschliche (menschliche) versus rechtsgeschftliche Kenntnis 3. Schadensersatzansprche . . 4. Kenntniserlangung durch Abmahnungen . . . . . . . . . . 5. Zumutbarkeit der Sperrung des Zugangs . . . . . . . . . . . .

4 5 11 15 16 18 20 20 22 25 30 32

III. Stçrerhaftung . . . . . . . . . . 1. Keine Privilegierung nach TDG 2. Verhltnis des Verbots allgemeiner Jberwachungspflichten zur Stçrerhaftung . 3. Allgemeine Stçrerhaftung . . a) Grundlagen . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . c) Prfpflichten auf Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . d) Abwgungskriterien fr Kontrollpflichten . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . IV. Darlegungs- und Beweislast . . V. Auskunftsanspr che . . . . . . VI. Besondere Flle . . . . . . . . . 1. Produkthaftung . . . . . . . . 2. Haftungsfragen bei Bewertungen durch Plattformteilnehmer 3. Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte . . . .

33 34 37 40 40 43 44 45 47 48 52 62 62 63 64

Literatur: Arndt/Kçhler, Elektronischer Handel nach der E-Commerce-Richtlinie, EWS 2001, 102; Berger/Janal, Suchet und Ihr werdet finden? Eine Untersuchung zur Stçrerhaftung von Online-Auktionshusern, CR 2004, 917; Buck, Wissen und juristische Person: Wissenszurechnung und Herausbildung zivilrechtlicher Organisationspflichten, Tbingen 2001; Decker, Haftung fr Urheberrechtsverletzungen im Internet, MMR 1999, 7; Dustmann, Die privilegierten Provider, Baden-Baden 2001; Eck/Ruess, Haftungsprivilegierung der Provider nach der E-Commerce-Richtlinie, MMR 2003, 363; Ehret, Internet-Auktionshuser auf dem haftungsrechtlichen Prfstand, CR 2003, 754; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck‘scher IuKDG-Kommentar, Mnchen 2001; Ernst/Vassilake/Wiebe, Hyperlinks: Rechtsschutz, Haftung, Gestaltung, Kçln 2002; Fiege, Anonymer Zahlungsverkehr mit elektronischem Geld, CR 1998, 41; Freytag, Providerhaftung im Binnenmarkt, CR 2000, 600; Gierke v., Grenzen der wettbewerbsrechtlichen Stçrerhaftung, WRP 1997, 892; Glockshuber, Die Passivlegitimation im deutschen Recht des unlauteren Wettbewerbs, Mnchen 1997, zugl. Jur. Diss. Universitt Mnchen 1996; Heermann/Ohly, Verantwortlichkeit im Netz, wer haftet wofr?, Stuttgart 2003; Hoeren, Haftung eines Internetproviders fr fremde Inhalte, MMR 2004, 168; Hoffmann, Zivilrechtliche Haftung im Internet, MMR 2002, 284; Hohl/Leible/Sosnitza, Vernetztes Recht, Stuttgart 2002; Kitz, Die Auskunftspflicht des Zugangsvermittlers bei Urheberrechtsverletzungen durch seine Nutzer, GRUR 2003, 1014; Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, Mnchen 1991, zugl. Jur. Diss. Universitt Regensburg 1990; Leible/Sosnitza, „3 – 2 – 1 – meins!“ und das TDG – Zur Haftung von Internet-Auktionshusern fr rechtswidrige

Spindler | 211

Kap. 6 Rz. 1

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

Inhalte – WRP 2004, 592; Leible/Sosnitza, Neues zur Stçrerhaftung von Internet-Auktionshusern, NJW 2004, 3225; Libertus, Die strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Anbieters von Chatrooms, TKMR 2003, 179; Mehrings, Vertragsabschluss im Internet, MMR 1998, 30; Meyer, Haftung der Internet-Auktionshuser fr Bewertungsportale, NJW 2004, 3151; Nordemann/Dustmann, To peer or not to peer – Urheberrechtliche und datenschutzrechtliche Fragen der Bekmpfung der Internet-Piraterie, CR 2004, 380; Pankoke, Beweis und Substanziierungslast im Haftungsrecht der Internetprovider, MMR 2004, 212; Pichler, Haftung des Host Providers fr Persçnlichkeitsverletzungen vor und nach dem TDG, MMR 1998, 79; Roßnagel, Datenschutz beim Online-Einkauf, Braunschweig 2002; Roßnagel, Datenschutz in globalen Netzen, DuD 1999, 253 (256); Roßnagel/Scholz, Datenschutz durch Anonymitt und Pseudonymitt, MMR 2000, 721; R+fner, Virtuelle Marktordnungen und das AGB-Gesetz, MMR 2000, 597; Schaar, Datenschutzrechtliche Einwilligung im Internet, MMR 2001, 644; Schmitz, Datenschutzgerechte Gestaltung von AGB fr Telemedia-Dienste, DuD 2001, 395; Schneider, Sperren und Filtern im Internet, MMR 2004, 18; Schultz, Die Haftung von Internet-Auktionshusern fr den Vertrieb von Arzneimitteln, WRP 2004, 1347; Sch+nemann, Die wettbewerbsrechtliche „Stçrer“-Haftung – Ein Konstrukt zwischen „praktischer Notwendigkeit“ und dogmatischer Begrndbarkeit, WRP 1998, 120; Sieber, Kontrollmçglichkeiten zur Verhinderung rechtswidriger Inhalte in Computernetzen, CR 1997, 581 ff., 653 ff.; Spindler, Deliktsrechtliche Haftung im Internet – nationale und internationale Rechtsprobleme, ZUM 1996, 533; Spindler, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Auktionshusern – Haftung fr automatisch registrierte und publizierte Inhalte? MMR 2001, 737; Spindler, Haftung des Internet – Auktionsveranstalter fr markenrechtsverletzende Inhalte Dritter, K&R 2002, 83; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2. Auflage, Kçln 2001; Spindler, Urheberrecht und Haftung der Provider – ein Drama ohne Ende? CR 2001, 324; Spindler, Verantwortlichkeit von Diensteanbietern nach dem Vorschlag einer E-Commerce-Richtlinie, MMR 1999, 199; Spindler/Volkmann, Die zivilrechtliche Stçrerhaftung der Internet-Provider, WRP 2003, 1; Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Berlin 2002; Stender-Vorwachs, Anbieterhaftung und neues Multimediarecht, TKMR 2003, 11; Tettenborn/Bender/L+bben/Karenfort, Rechtsrahmen fr den elektronischen Geschftsverkehr, Beil K&R 12/2001, 1; Waldenberger, Teledienste, Mediendienste und die „Verantwortlichkeit“ ihrer Anbieter, MMR 1998, 124; Wandtke/Bullinger, Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, Mnchen 2003; Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenverarbeitung, 2. Ergnzungslieferung, Stand: Mai 2004, Heidelberg; W+stenberg, Die Haftung der Internet-Auktionatoren auf Unterlassung wegen Markenrechtsverletzungen im Internet, WRP 2002, 497.

1 Eine Haftung der Plattformbetreiber, insbesondere der Auktionshuser, fr Inhalte bzw. Angebote von Einlieferern kann in mehrfacher Hinsicht in Betracht kommen, z.B.; wenn Raubkopien von urheberrechtsgeschtzten Werken oder das Persçnlichkeitsrecht verletzende Fotografien, die ggf. heimlich unter Verletzung von § 22 KUG angefertigt wurden, versteigert werden. Gleiches gilt fr Markenrechtsverletzungen durch Angebote Dritter, die unberechtigterweise eine fremde Marke benutzen, z.B. bei Imitat-Angeboten. 1 Schließlich kommen wettbewerbsrechtliche Ansprche in Betracht, wenn 1 S. die Verfahren von Rolex gegen ricardo BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW

2004, 3102 = CR 2004, 763 = JZ 2005 m. Anm. Spindler (Vorinstanzen: OLG Kçln, Urteil v. 2.11.2001 – 6 U 12/01, CR 2002, 50; LG Kçln, Urteil v. 31.10.2000 – 33 O 251/00, CR 2001, 417); gegen eBay OLG Dsseldorf, Urteil. v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315; LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211.

212 | Spindler

I. Anwendung des TDG und des MDStV

Rz. 4 Kap. 6

ber die Handelsplattform rechtswidrige Angebote unterbreitet werden, z.B. mit jugendgefhrdenden Inhalten (indizierte Filme etc.) 2 oder bei Verstçßen gegen das AMG beim Handel mit Arzneimitteln. 3 Zu Ansprchen wegen rufschdigender Rußerungen auf Ratingseiten des Plattformbetreibers s. Rz. 63. Auch wenn der Plattformbetreiber durch seine Ttigkeit selbst nicht unmit- 2 telbar in Rechtsgter Dritter eingreift, kann etwa eine Versteigerung mit seiner Hilfe mittelbar deren Rechtsgter durch die Verbreitungshandlung und damit Perpetuierung des Rechtsverstoßes verletzen. Daneben ist die noch weiter gezogene Stçrerhaftung zu beachten, die verschuldensunabhngig schon bei jeder untersttzenden Handlung der Rechtsgutsverletzung, z.B. Fçrderung des Absatzes urheberrechtsverletzender Angebote, eingreifen kann. In diesem Rahmen spielt die Einordnung des Verhltnisses von Plattformbe- 3 treiber, insbesondere Auktionshaus zu den Einlieferern und die Prsentation der Angebote eine entscheidende Rolle: Die in der Praxis wohl weitaus vorherrschende Routine bei der Hereinnahme von Angeboten durch Einlieferer sieht eine automatisierte Abfrage der Daten des Einlieferers, einschließlich des Handelsgegenstandes, bei Auktionen dem Mindestgebot und das gewhlte Verfahren sowie weitere Informationen ber den Handelsgegenstand vor. In der Regel wird dann ohne weitere Kontrolle durch den Plattformbetreiber das Angebot platziert und der Handel zugelassen bzw. die Auktion gestartet. 4

I. Anwendung des TDG und des MDStV Die Haftung des Plattformbetreibers oder eines Auktionshauses hngt da- 4 von ab, ob es von den Haftungsprivilegierungen des TDG bzw. MDStV profitieren kann. Zunchst ist fraglich, ob das Auktionshaus selbst als Teleoder als Mediendienst zu qualifizieren ist. Im Vordergrund der Ttigkeit des Plattformbetreibers bzw. des Auktionshauses steht zwar die Vermittlung eines Angebotes des Einlieferers an eine unbestimmte Vielzahl von potentiellen Bietern; doch liegt der Schwerpunkt eindeutig in einer individuellen Kommunikation, indem die Bieter in der Regel ihr Angebot per E-Mail abgeben und nur das Angebot des Einlieferers sowie der aktuelle Stand der Gebote allgemein zugnglich sind. Zudem fehlt es an einer redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung gem. § 2 Abs. 4 TDG. In den meisten Fllen ist daher von einem Teledienst gem. § 2 Abs. 2 Nr. 5 TDG auszugehen. 5 2 S. das Verfahren gegen eBay OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02,

CR 2004, 696 = MMR 2004, 330; Vorinstanz: LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 51 O 12/02, CR 2003, 217. 3 Dazu Schultz, WRP 2004, 1347 ff. 4 S. Ernst Kap. 1 Rz. 11 ff. 5 OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 = MMR 2004, 330; OLG Kçln, Urteil v. 2.11.2001 – 6 U 12/01, CR 2002, 50 m. Anm. Wiebe = MMR 2002, 110; OLG Dsseldorf, Urteil. v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02 = MMR 2004,

Spindler | 213

Kap. 6 Rz. 5

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG 5 Eine Haftung des Plattformbetreibers kann sich sowohl aus dem Angebot eines Marktplatzteilnehmers selbst ergeben, etwa bei Angeboten mit wettbewerbsrechtlich relevantem Inhalt (z.B. irrefhrende Werbung und Angaben) oder bei Markenrechtsverletzungen, 6 als auch aus der eigentlichen Vermittlungsttigkeit in Gestalt einer Beihilfe zu fremden Rechtsverletzungen, z.B. durch Fçrderung des Absatzes von Raubkopien, oder der unterlassenen Kontrolle der Plattform. In beiden Fallkonstellationen liegt der potentiell haftungsbegrndende Umstand im Hosting der fremden Inhalte, so dass die Haftungsprivilegierungen der §§ 9–11 TDG eingreifen kçnnen. Stets geht es um die Frage, ob der Plattformbetreiber bewusst eine fremde Rechtsverletzung gefçrdert hat oder zumindest es fahrlssig unterlassen hat, fremde Rechtsverletzungen zu unterbinden, die mit Hilfe seiner Plattform begangen werden. 6 In diesem Rahmen muss nicht zwischen den verschiedenen elektronischen Plattformen differenziert werden, da die Tatsache des Bereithaltens fremder Inhalte fr alle Plattformen gleichermaßen eingreift, sowohl bei elektronischen Katalogen, aus denen die Nutzer auswhlen kçnnen, als auch bei Handelsplattformen, die im System selbst den Vertragsabschluss herbeifhren („matching“) oder zumindest vermitteln (Auktionshuser). 7 Ausgeschieden werden kçnnen zunchst die Tatbestnde der §§ 9, 10 TDG, da die Ttigkeit des Plattformanbieters bzw. des Auktionshauses hinsichtlich des Vorhaltens des Angebots Dritter im Speichern des Inhaltes besteht und nicht in einer Vermittlungsttigkeit (§ 9 TDG) oder im vorbergehenden Caching (§ 10 TDG). In Betracht kommt daher nur die Privilegierung nach § 11 TDG n.F.: Demnach entfllt eine Verantwortlichkeit der Auktionshuser, sofern die Information im Auftrag des Nutzers gespeichert wurde und sie „keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprchen auch keine Tatsachen oder Umstnde bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 TDG n.F.). 8 Keiner nheren Diskussion bedarf in diesem Zusammenhang mehr die Frage, ob das TDG auch die Verantwortlichkeit fr Immaterialgterrechtsverletzungen, insbesondere im Urheber- 7 und Markenrecht, erfasst. Denn die den §§ 9–11 TDG zugrunde liegende E-Commerce-Richtlinie regelt eindeutig 315 (316); ebenso Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (593); Stçgmçller, K&R 1999, 391 (393); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 89. 6 Zu den Voraussetzungen der Markenrechtsverletzung nher Wiebe, Kap. 10 Rz. 58 ff. 7 Abl. noch OLG Mnchen, Urteil v. 8.3.2001 – 29 U 3282/00, CR 2001, 333 = NJW 2001, 3553 ff.; Waldenberger, MMR 1998, 124 (127 f.); dagegen h.M.: Freytag, Haftung im Netz, S. 159 f.; Decker, MMR 1999, 7 (8); Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 273; Spindler, CR 2001, 324 ff. m.w.N.

214 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 10 Kap. 6

auch die Haftung fr derartige Rechtsverletzungen, 8 was sich insbesondere fr das Urheberrecht in der Verzahnung der E-Commerce-Richtlinie mit der InfoSoc-Richtlinie 9 widerspiegelt. Aber auch das Markenrecht wird von § 11 TDG erfasst. 10 Auch wenn die nationalen markenrechtlichen Bestimmungen auf einer EG-Richtlinie beruhen, werden diese durch die E-CommerceRichtlinie modifiziert, welche smtliche Verantwortlichkeitsfragen einheitlich regeln sollte. 11 Der Begriff der „Informationen“, der in §§ 8–11 TDG verwandt wird, um- 9 fasst in diesem Rahmen smtliche Daten, Inhalte und Informationen, von Bildern, Tçnen, Texten bis hin zu Software. 12 Aber auch wenn eine Haftungsprivilegierung nach dem TDG ausscheidet, be- 10 deutet dies noch nicht, dass der Plattformbetreiber tatschlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Denn auch nach allgemeinem Haftungsrecht muss zunchst geprft werden, ob den Plattformanbieter Pflichten zur Kontrolle treffen, oder ob er bewusst und vorstzlich eine fremde Rechtsverletzung gefçrdert hat. Allerdings wird bei Entfallen der Haftungsprivilegierung des TDG oftmals eine solche allgemeine Haftung vorliegen, etwa im Falle der Kenntnis als Beihilfe oder gar als Mittter. 8 Ganz h.M., s. Hoffmann, MMR 2002, 284 (288); Reber/Schorr, ZUM 2001, 672

9

10

11

12

(679); Ehret, CR 2003, 754 (757); Freytag, in: Heermann/Ohly, Verantwortlichkeit im Netz, S. 150; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 93. Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, 01/29/EG, ABl. Nr. L 167 v. 22.6.01, S. 10 ff., Erwgungsgrund Nr. 16; Reinbothe, GRUR Int. 2001, 733 (744); Spindler, GRUR 2002, 105 (106 f.). BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3103) = CR 2004, 763 (765) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler; LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (212) = MMR 2003, 120 (122); W+stenberg, WRP 2002, 497; Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (594); a.A. fr § 5 a.F.: OLG Kçln, Urteil v. 2.11.2001 – 6 U 12/01, CR 2002, 50 (51) = MMR 2002, 110 f.; im Ergebnis ebenso OLG Mnchen, Urteil v. 3.2.2000 – 6 U 5475/99, CR 2000, 541 = MMR 2000, 617 (fr § 5 a.F.). BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3103) = CR 2004, 763 (765) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler; OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (316); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (212) = MMR 2003, 120 (122); OLG Mnchen, Urteil v. 3.2.2000 – 6 U 575/99, CR 2000 541 (542); LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 51 O 12/02, CR 2003, 217,(218) = MMR 2002, 829 (830); Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (594); Spindler, K&R 2002, 83; Freytag, in: Heermann/Ohly, Verantwortlichkeit im Netz, S. 151; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 95; Dustmann, in: Brçcker u.a., Praxishandbuch geistiges Eigentum im Internet, § 4 Rz. 53; Schwarz/Poll, jurPC-Web-Dok 73/2003, Rz. 32 f. Nher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 2 TDG Rz. 4 ff. m.w.N.; s. auch v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 97.

Spindler | 215

Kap. 6 Rz. 11

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

1. Fremde Inhalte 11 Ist daher § 11 TDG 13 anwendbar, kommt es zunchst darauf an, ob es sich bei den Angeboten um eigene oder fremde Inhalte handelt. Denn nach § 8 Abs. 1 TDG kçnnen die Haftungsprivilegierungen der §§ 9–11 TDG nur bei fremden Inhalten eingreifen. Der deutsche Gesetzgeber wollte trotz der andersartigen Formulierungen und der Struktur der Art. 12–14 ECRL an der entsprechenden Differenzierung des § 5 TDG a.F. 14 festhalten, 15 so dass auf den ersten Blick die Frage entscheidend ist, ob der Plattformbetreiber sich die Angebote der Dritten im Sinne eines „Sich-zu-Eigen-Machens“ zurechnen lassen muss. 16 12 Dementsprechend ist in der Rechtsprechung vereinzelt aus der Tatsache, dass das Auktionshaus als Bote oder Stellvertreter den Vertragsabschluss zwischen Bieter und Einlieferer fçrdert 17 und die Auktion von den Rahmenbedingungen her weitgehend vorstrukturiert, auf einen eigenen Inhalt des Anbieters geschlossen worden. 18 Denn im Falle der Stellvertretung gibt das Auktionshaus keine fremde, sondern eine eigene Willenserklrung mit Wirkung fr den Vertretenen ab. 19 Nach neuem Recht ist dieser Schluss schwer haltbar, da die Differenzierung „eigener – fremder Inhalt“ richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 14 ECRL kommt es aber entscheidend darauf an, dass der Anbieter (hier: der Plattformbetreiber bzw. das Auktionshaus) die Inhalte im Auftrag des Nutzers abspeichert und dieser nicht unter der Aufsicht des Nutzers steht. Auf ein „Sich-zu-Eigen-Machen“ kommt es daher allenfalls noch als Indiz fr die Frage an, ob der Nutzer unter der Aufsicht des Anbieters steht. 20 Dement13 Zum alten Recht s. Spindler,in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29;

14

15

16

17 18 19 20

zur Frage der zeitlichen Anwendung Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, Einl. TDG Rz. 14. Zur Gleichsetzung von eigenen mit „sich zu Eigen gemachten Inhalten“ OLG Mnchen, Urteil v. 3.2.2000 – 6 U 5475/99, CR 2000, 541 (542) = MMR 2000, 617 (618); LG Berlin, Urteil v. 17.3.1998 – 27 O 686/97, NJW-RR 1998, 1634; LG Potsdam, Urteil v. 8.7.1999 – 3 O 317/99, MMR 1999, 739 (740) = CR 2000, 123 (124) mit zutr. krit. Anm. Schmitz = K&R 1999, 428 (429); zusammenfassend Engels, AfP 2000, 524 (527). Begr RegE BT-Drucks 14/6098, S. 23; vgl. auch Freytag, CR 2000, 600 (603 f.); Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 70 ff.; Schwarz/Poll, JurPC-WebDok 73/2003, Rz. 74 ff. So auch zum neuen Recht Leupold/R+cker, in: Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenbanken, Teil IV, Rz. 121; Pelz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B I. Rz. 74 ff.; Ehret, CR 2003, 754 (757); Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (595); OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 = MMR 2004, 330. Nher dazu Wiebe, Kap. 4 Rz. 30 ff. So im Verfahren Rolex/Ricardo: LG Kçln, Urteil v. 31.10.2000 – 33 O 251/00, CR 2001, 417 (418). Zu den verschiedenen Konstruktionen s. Wiebe, Kap. 4 Rz. 30 ff. Nher dazu Spindler, MMR 2004, 44 ff.; Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 8 TDG Rz. 8; Freytag, in: Heermann/Ohly (Hrsg.), Verantwortlichkeit im Netz (2003), S. 137 (154); zust. Berger/Janal, CR 2004, 917 (918 f.); s. dazu auch Schwarz/ Poll, jurPC-Web-Dok 73/2003, Rz. 87.

216 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 13 Kap. 6

sprechend handelt es sich um fremde Inhalte, da der Plattformbetreiber im Auftrag des Nutzers die Inhalte abspeichert. Auch steht der Nutzer (Anbieter des Auktionsangebots) nicht unter der Aufsicht des Plattformbetreibers: Zwar lassen sich die Diensteanbieter in aller Regel entsprechende Befugnisse zur Kontrolle, Sperre und Lçschung von Angeboten vertraglich einrumen, 21 doch will § 11 Satz 2 TDG nur diejenigen Flle erfassen, in denen der Diensteanbieter dem Nutzer gegenber weisungsberechtigt ist, also Inhalt, Art und Weise der abzuspeichernden Informationen beeinflussen kann. Eine reine Negativkontrolle im Sinne der Verhinderung des Abspeicherns oder der Lçschung reicht hierfr nicht aus. 22 Bei Angeboten ber Plattformen kann vielmehr der Nutzer dem Diensteanbieter Weisungen erteilen, dass Angebote abgespeichert werden. Ob die Inhalte fr die registrierten Nutzer erkennbar von Dritten stammen oder aber fr fremde Nutzer der Plattform, welche ber die Funktionsweise einer Internet-Auktion nicht aufgeklrt sind, auch als solche des Auktionators erscheinen kçnnen, kommt es demnach nicht an. 23 Aber auch wenn man die fr § 5 TDG a.F. verwandten Kriterien heranzieht, 13 ergibt sich kein anderes Bild: Denn das Auktionshaus will erkennbar nicht selbst das Angebot als eigenes platzieren, selbst Vertragspartner werden oder sich dessen Inhalte zu Eigen machen. Vielmehr steht deutlich die Vermittlung des Kontaktes zwischen den Vertragspartnern im Vordergrund. 24 Schon allein die Tatsache, dass in den meisten Hinweisen der (großen) Auktionshuser fr die Abwicklung des Vertrages Serviceleistungen angeboten werden (z.B. die Einschaltung eines Treuhnders) belegt, dass ein Teilnehmer der Auktion kaum davon ausgehen kann, dass das Auktionshaus selbst fr alle Angebote Vertragspartner werden und fr die Erfllung einstehen will. Ebenso wenig spricht der Umstand, dass das Auktionshaus die Auktion von den Rahmenbedingungen her weitgehend vorstrukturiert und maßgeb21 Ausfhrlicher Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV

Rz. 233 ff.; Cichon, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil XII Rz. 179 ff. 22 Dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 11 TDG Rz. 39. 23 v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B. V. Rz. 104 ff. 24 Ebenso BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004 3102 (3103) = CR 2004, 763 (765) m. Anm. Volkmann = JZ 2005, erscheint demnchst m. Anm. Spindler; OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR 2004, 330 (331); OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (316); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (213) = MMR 2003, 120, (123); LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 51 O 12/02, CR 2003, 217 (219) = MMR 2002, 829 (830); LG Potsdam, Urteil v. 15.11.2001 – 51 O 113/01, ZUM 2002, 838; LG Berlin, Urteil v. 25.2.2003 – 16 O 476/01, CR 2003, 773 (LS) = MMR 2004, 195 (197); s. bereits Spindler, MMR 2001 737 (738); zust. Ehret, CR 2003, 754 (758); Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (596); W+stenberg, WRP 2002, 497 (498); Leupold/R+cker, in: Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenbanken Teil IV Rz. 122; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 103 ff.; Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 469 f.

Spindler | 217

Kap. 6 Rz. 14

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

lichen Einfluss auf das Zustandekommen des Vertrages hat, fr eine Einstufung als eigener Inhalt. 25 Denn selbst bei einer Auktion im Sinne von § 156 BGB, bei der der Auktionator den bestimmenden Einfluss auf Zuschlag und Verlauf der Auktion ausbt – was bei einer Internet-Versteigerung mit Ausnahme von Live-Auktionen meist nicht der Fall ist –, 26 ist fr jeden Teilnehmer der Charakter der Versteigerung fremder Waren ersichtlich. Nichts anderes gilt fr die Internet-Versteigerung: Fr die Flle, in denen die Angebote mit entsprechenden Ortsangaben zum Anbieter oder von ihm gewnschten Zahlungsmodalitten versehen werden, liegt dies auf der Hand. Meist gestaltet der Einlieferer sein Angebot sogar selbst, whrend das Auktionshaus nur durch einen Frame sichtbar ist. Dann ist aber auch fr einen objektiv verstndigen Dritten erkennbar, 27 dass das Auktionshaus ebenso wenig wie ein Auktionator sich die Inhalte des Einlieferers zu Eigen macht, sondern diese fremde Inhalte sind. Ebenso wenig fhrt der Umstand, dass Auktionshuser sog. Bietagenten zur Verfgung stellen, die dem Teilnehmer ein automatisiertes Mitsteigern erlauben, zu einer Zurechnung, da es sich nur um eine Dienstleistung des Plattformbetreibers handelt, der aber keine eigenen Erklrungen oder Angebote abgeben will. 28 14 Auch wenn der Anbieter ein Pseudonym benutzen kann, betrachtet der Rechtsverkehr nicht das Auktionshaus als Anbieter der Inhalte. 29 Abgesehen davon, 25 So aber LG Kçln, Urteil v. 31.10.2000 – 33 O 251/00, CR 2001, 417 (418) unter Hin-

26

27

28 29

weis auf die AGB des beklagten Auktionshauses; ebenso mssten diejenigen entscheiden, die bereits ein wirtschaftliches Interesse an dem Inhalt gengen lassen, um ein „Sich-zu-Eigen-Machen“ anzunehmen, so Freytag, Haftung im Netz, S. 173 ff.; allein ein mittelbar wirtschaftliches Interesse kann aber nicht hinreichen, um dieselbe Verantwortung wie der unmittelbar Verantwortliche zu bernehmen, wie die einschlgigen Flle aus dem Presserecht, aber auch aus dem Produkthaftungsrecht (Hndler!) zeigen. Wieder anders Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 299 ff., der auf die bewusste Verantwortungsbernahme oder auf eine bewusste Auswahl abstellen will – dies unterscheidet sich von der hier vertretenen Meinung nur graduell. Vgl. OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR 2004, 330: keine çrtliche Begrenzung, keine Einlieferung der Artikel, kein Zuschlag durch Auktionator; OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (317): nur Zurverfgungstellung eines Datenverarbeitungsprogramms; KG Berlin, Urteil v. 11.5.2001 – 5 U 9586/00, NJW 2001, 3272; OLG Frankfurt, Urteil v. 1.3.2001 – 6 U 64/00, NJW 2001, 1434; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 45. Zu diesem entscheidenden Merkmal s. Spindler, NJW 1997, 3193 (3195); ebenso jetzt OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (317); OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR 2004, 330 (331); OLG Braunschweig, Urteil v. 19.7.2001 – 2 U 141/00, MMR 2001, 608 (609 f.); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, OnlineHandel, B V Rz. 101. OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR 2004, 330 (331); OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315. So aber LG Kçln, Urteil v. 31.10.2000 – 33 O 251/00, CR 2001, 417 (418); zutr. dagegen OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) =

218 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 16 Kap. 6

dass es gerade eines der erklrten Ziele der Gesetze zum E-Commerce, insbesondere des TDDSG, gewesen ist, im elektronischen Geschftsverkehr die Verwendung von Pseudonymen zu erlauben und so die Anonymitt zu bewahren, 30 offenbart sich der Vertragspartner bei Auktionsende, was dem Rechtsverkehr bewusst ist, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein eigener Inhalt des Auktionshauses anzunehmen ist. Dem Teilnehmer der Auktion steht (wie jedem anderen auch) deutlich vor Augen, dass die Inhalte von einem – anonymen – Einlieferer stammen. 31 Gerade im Hinblick auf die digitale Signatur ist der Gesetzgeber dieser Forderung wiederum nachgekommen. 32

2. Kenntnis Die Plattformen und Auktionshuser arbeiten in der Regel mit Eingabemas- 15 ken und Registrierungsprozeduren fr die angebotenen Inhalte. Daraus resultiert das Problem, ob bereits diese Prozedur die Kenntnis des Plattformbetreibers begrndet, vor allem im Hinblick auf die damit verbundenen rechtsgeschftlichen Erklrungen von Kunde (Nutzer) und Plattformbetreiber. Zunchst ist jedoch der Begriff der Kenntnis im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 1 TDG zu klren: 33 a) Positive Kenntnis

Schon in § 5 Abs. 2 TDG a.F. wurde der Begriff der Kenntnis als positive Kennt- 16 nis des Inhaltes begriffen. 34 Daran hat sich auch im neuen Recht nichts gen-

30

31 32 33

34

MMR 2004, 330 (331); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (213) = MMR 2003, 120 (124); LG Berlin, Urteil v. 25.2.2003 – 16 O 476/01, CR 2003, 773 (LS) = MMR 2004, 195 (197); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 106. § 4 Abs. 6 TDDSG (§ 4 Abs. 1 TDDSG a.F.); BT-Drs. 13/7385, S. 71; Schaar/Schulz, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 4 TDDSG Rz. 421 ff.; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 4 TDDSG Rz. 2; Fiege, CR 1998, 41 (43); Knorr/Schl)ger, DuD 1997, 396 (397); B)umler, DuD 1999, 258 (260); Roßnagel, DuD 1999, 253 (256); Roßnagel/Scholz, MMR 2000, 721 (722); W. Schulz, Verw 32 (1999), 137 (173). OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR 2004, 330 (331). Vgl. §§ 5 Abs. 3, 14 Abs. 2 SigG 2001; s. bereits Stellungnahme der Gesellschaft f+r Informatik, DuD 2001, 38. Die Zurechnung der Kenntnis Dritter, etwa im Konzern oder von externen Dienstleistern, kann hier nicht vertieft werden, nher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/ Schmitz, § 11 TDG Rz. 26 ff. m.w.N.; s. auch v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 117. BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335/02, NJW 2003, 3764 = CR 2004, 49 m. krit. Anm. Spindler, CR 2004, 54; OLG Mnchen Urteil. v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398; Maennel, in Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck‘scher IuKDG-Kommmentar, § 5 TDG Rz. 22; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 5 TDG Rz. 17.

Spindler | 219

Kap. 6 Rz. 17

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

dert. 35 Nach dem eindeutigen Wortlaut scheidet – mit Ausnahme der Schadensersatzansprche – fahrlssige Nichtkenntnis fremder Inhalte im Sinne eines „Kennenmssens“ aus. § 8 Abs. 2 TDG bekrftigt zudem, dass den Diensteanbieter keine Prfungspflichten treffen drfen, so dass der Anbieter keineswegs gehalten ist, etwa Dokumentationsdienste oder entsprechende Software einzusetzen, um rechtswidrige Inhalte aufzufinden. Dementsprechend ist auch die frhere Streitfrage, ob der Begriff „Kenntnis“ im Sinne eines bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) ausgelegt werden kann, zugunsten der positiven Kenntnis entschieden. 36 Insbesondere Art. 14 ECRL spricht ausdrcklich von „tatschlicher Kenntnis“, so dass auch in § 11 TDG nicht von bedingtem Vorsatz ausgegangen werden kann. Pflichtenbezogene oder voluntative Elemente sind dem Begriff der Kenntnis nicht immanent. 37 17 Demgemß kann der Begriff der „Kenntnis“ auch nicht ohne weiteres in Richtung eines „bewussten die Augen verschließen“ 38 erweitert werden, der Flle dolos herbeigefhrter Unkenntnis 39 erfassen soll und der sich auf die allgemeine Kenntnis von rechtswidrigen Handlungen ber das System des Anbieters grnden wrde. 40 Denn eine entsprechende Erweiterung des Begriffs „Kenntnis“ entsprche letztlich dem Verlangen nach allgemeinen, wenn auch grob gehaltenen Kontrollen – was § 8 Abs. 2 Satz 2

35 OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (697) = MMR

36

37

38 39 40

2004, 330 (331); Libertus, TKMR 2003, 179 (185); Leupold/R+cker, in: Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenbanken, Teil IV Rz. 144, 146; Bergmann, Die Haftung gem. § 5 TDG, S. 82 f.; Pelz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B I. Rz. 103; a.A. ohne Begr. Kçhler/Arndt, Recht des Internet, S. 239. So noch fr § 5 TDG a.F. der 6. Senat des OLG Mnchen; Urteil 3.2.2000 – 6 U 5475/99 CR 2000, 541 (542) = MMR 2000, 617 (618); P)tzel, CR 1998, 625 (626); Gounalakis/Rhode, K&R 1998, 321 (326); Schneider, GRUR 2000, 969 (972); in diese Richtung konnte die Begr RegE IuKDG 1997 BT-Drs. 13/7385, S. 20 verstanden werden, die von „vorstzlichem Handeln“ sprach; zu Recht dagegen Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 336 f.; Dannecker, in: Hohl/Leible/Sosnitza, Vernetztes Recht, S. 140; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 5 TDG Rz. 18; Pichler, MMR 1998, 79 (87 f.); Vassilaki, MMR 1998, 630 (634); vgl. auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Bndnis 90/Die Grnen, BT-Drs. 13/8153, S. 9. OLG Mnchen (XXI. Senat), Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398 (2399); OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (698) = MMR 2004, 330 (331); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (214) = MMR 03, 120, (124 f.), BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335/02, CR 2004, 48 (49) = MMR 2004 166 (167). Hoffmann, NJW 2001, Beil. Heft 14 S. 1 (28); Hoffmann, MMR 2000, 433 (434). S. etwa BGH, Urteil v. 27.1.1994 – I ZR 326/91, NJW 1994, 2289 (2291). Wie hier die ganz h.M.: OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (698) = MMR 2004, 330 (331 f.), LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (215) = MMR 2003, 120 (125); LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 51 O 12/02, CR 2003, 217 (219) = MMR 2002, 829 (830); Ehret, CR 2003, 754 (759); Freytag, Haftung im Netz, S. 184.

220 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 19 Kap. 6

TDG explizit ausschließt. 41 Auch drfen die Anforderungen an die Kenntnis nicht danach abgestuft werden, welches Ausmaß an Datenmengen ein Provider zu verarbeiten hat oder wie oft er selbst kontrolliert. 42 Nur in Extremfllen, in denen der Diensteanbieter tatschlich trotz nherer Anhaltspunkte eine Vogel-Strauß-Politik betreibt, kann von einer solchen Gleichsetzung ausgegangen werden, nicht jedoch bereits dann, wenn etwa nur allgemeine Hinweise auf Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Eine entsprechende allgemeine Annahme fr Handelsplattformen, insbesondere fr Auktionen, entbehrt daher der Grundlage. 43 b) Bezugspunkt der Kenntnis

Vor allem im Hinblick auf Immaterialgterrechtsverletzungen ist hufig 18 die Frage relevant, ob den Diensteanbieter die Unkenntnis der Rechtswidrigkeit von der Verantwortlichkeit entbindet. Denn gerade hier kann der Plattformbetreiber zwar Kenntnis von einem Inhalt haben; doch ist anders als bei „kommunikativen“ Inhalten erst durch eine Jberprfung, ob der Inhaltsanbieter auch tatschlich die Urheber- oder Markenrechte fr den Inhalt rechtmßig besitzt, fr den Plattformbetreiber ersichtlich, ob eine Rechtsverletzung vorliegt. Der Wortlaut des § 11 Nr. 1 TDG unterscheidet hier offenbar zwischen Kennt- 19 nis von rechtswidrigen Handlungen und Kenntnis von Informationen allgemein; demgemß wre im Falle der Information deren Kenntnis selbst ausreichend, um die Verantwortlichkeitsprivilegierung entfallen zu lassen, eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit wre demnach nicht erforderlich. In diesem Sinne wollte auch der deutsche Gesetzgeber § 11 verstanden wissen. 44 Bei richtlinienkonformer Auslegung kann diese Unterscheidung jedoch entgegen dem Wortlaut des Gesetzes und der Intention des Gesetzgebers nicht aufrechterhalten werden. Denn whrend die englische und deutsche Fassung der Richtlinie hier nicht eindeutig sind, zeigen sowohl die franzçsische („le prestataire n’ait pas effectivement connaissance de l’activit_ ou de l’information illicites„) als auch die spanische („conocimiento efectivo de que la activi41 OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (698) = MMR

2004, 330 (332); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (215) = MMR 2003, 120 (126). 42 So aber offenbar OLG Mnchen, Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398 (2399). 43 Spezifisch fr Internet-Auktionen OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (698) = MMR 2004, 330 (332); OLG Dsseldorf, Urteil. v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (317); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (215) = MMR 2003, 120 (125); LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 51 O 12/02 CR 2003, 217 (219) = MMR 2002, 829 (830); Ehret, CR 2003, 754 (759). 44 Begr RegE BT-Drs. 14/6098, S. 25; im Anschluss daran Kçhler/Arndt, Recht des Internet, S. 239.

Spindler | 221

Kap. 6 Rz. 20

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

dad o la informaci`n es ilacita“) Fassung von Art. 14 ECRL deutlich, dass sich die Rechtswidrigkeit und damit auch die Kenntnis hiervon sowohl auf die Handlung als auch auf die Information bezieht. Schon die Kommission hatte in ihrer Begrndung fr den ersten Richtlinienvorschlag die Kenntnis von unerlaubten Ttigkeiten als Grundlage fr eine Verantwortung der Anbieter herangezogen. 45 Demgemß ist auch die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit bei der Information erforderlich, um § 11 Satz 1 TDG auszuschließen. 46 Damit wird der Diensteanbieter selbst bei Kenntnis der Information von jeglichen Kontrollpflichten auf die Rechtmßigkeit des Inhaltes hin befreit. c) Kenntnis und Angebotsregistrierung aa) Angebotsregistrierung als rechtsgeschftliche Erklrung

20 Problematischer ist der Umstand, dass die Angebote eines Kunden im Regelfall vom Plattformbetreiber bzw. dem Auktionshaus registriert werden und damit (automatisiert) im rechtsgeschftlichen Sinne eine Erklrung angenommen wird. Denn erst die Erklrung des Kunden enthlt die Angaben ber den Vertragsgegenstand, insbesondere ber die Plattform- bzw. Auktionsrahmenbedingungen. Je nach Ausgestaltung des Auktionsangebotes wird zum Teil damit bereits ein Vertrag zwischen Auktionshaus und Teilnehmer geschlossen, der die Geschftsbesorgung und Dienstleistung fr den Teilnehmer und die Vergtung enthlt. Fallen Teilnahmevertrag und Eingabe in die Datenmaske zusammen, enthlt dieses Verfahren die notwendigen Willenserklrungen seitens des Auktionshauses, die zwar automatisiert abgegeben werden, die aber durch die vorherige Programmierung die nçtigen Willenselemente enthalten. 47 Die Annahmeerklrung des Auktions45 Begr Erster RL-Vorschlag KOM (1998) 586, 32. 46 Ebenso Eck/Ruess, MMR 2003, 363 (365); Freytag, CR 2000, 600 (608); Dustmann,

Die privilegierten Provider, S. 107; Wimmer/Kleineidam/Zang, K&R 2001, 456 (460 f.); Berger, MMR 2003, 642 (645); Hoffmann, MMR 2002, 284 (288); Tettenborn/Bender/L+bben/Karenfort, BB 2001, Beil. 10, 1 (32); Ehret, CR 2003, 754 (759); Helle, JZ 2002, 593 (597); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/ Leupold, Online-Handel, B V Rz. 112 f.; offen Gounalakis/Rhode, Persçnlichkeitsschutz im Internet, Rz. 281 ff.; a.A. Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 103 unter Hinweis auf Erwgungsgrund Nr. 46 ECRL; H)rting, CR 2001, 271 (276); Stender-Vorwachs, TKMR 2003, 11 (17) unter Verkennung des Vorrangs der ECRL; Gercke, MMR 2003, 602 (603), Jacobs, in: FS Erdmann, 2002, 327 (337 f.); Grabitz/Hilf/Marly, A 4 Art. 15 EGV Rz. 12; Pelz, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B I. Rz. 105; Nickels, CR 2002, 302 (307). 47 Zur Auslegung elektronischer Willenserklrungen durch Computerprogramme als quasi gespeicherte Willenserklrungen grundlegend Kçhler, AcP 182 (1982), 126 (132 f.); Mehrings, MMR 1998, 30 (31); Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839 (840); Mehrings, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap 13.1. Rz. 37 ff.; Palandt/Heinrichs, Einf. vor § 116 BGB Rz. 1; Soergel/Wolf, Vor § 145 Rz. 108 f.; Larenz/Wolf, § 30 Rz. 47 ff.; MnchKomm/S)cker, Einl. BGB Rz. 164 ff.; Redeker NJW 1984, 2390 (2392).

222 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 21 Kap. 6

hauses setzt aber notwendigerweise die Kenntnis der Erklrung und damit auch der Inhalte voraus – wenngleich automatisiert. Fraglich ist allerdings, ob sich an diesem Ergebnis etwas ndert, wenn – wie 21 bei großen Auktionshusern – zwischen dem Auktionsteilnehmer und dem Auktionshaus ein genereller Vertrag geschlossen wird und die einzelne Auktion sich nur als Teilakt darstellt. Dessen juristische Qualifizierung ist allerdings ungeklrt, zumal die vertragstypologische Einordnung des Teilnahmevertrages bislang offen ist. Wie zuvor dargelegt (Kap. 5 Rz. 15 ff.), kann die Figur des Maklerdienstvertrages als Leitbild fr diese neue Vertragsform herangezogen werden, da die Vermittlung des Geschftskontaktes einschließlich von Hilfsleistungen, wie die Bereitstellung von Speicherplatz zum Abruf der Auktionsangebote, im Vordergrund steht. Demgemß kann die Eingabe des Auktionsangebotes und die Speicherung auf dem Rechner als Weisung qualifiziert werden, die den Rahmenvertrag konkretisiert und als einseitiger Rechtsakt zwar lediglich empfangsbedrftig wre, 48 dennoch aber die (automatisierte) Kenntnis begrnden wrde. Andererseits wre aber auch die Einstufung als Realhandlung denkbar, die lediglich einen durch den Willen des Nutzers gesteuerten Vorgang auslçst. Keine Anhaltspunkte bietet hier die von den meisten Auktionshusern in ihren AGB vorgesehene Mçglichkeit, die Registrierung bzw. Freischaltung des Angebotes abzulehnen, z.B. wegen mangelnder Seriositt des Kunden oder wegen Verletzung der Nutzungsbedingungen. 49 Zwar kçnnen diese Rechte fr das Auktionshaus als ein Vorbehalt der Annahme des Angebotes im Einzelfall oder auf Durchfhrung der Geschftsbesorgung gedeutet werden; ebenso gut ist aber die Interpretation als Kndigung oder als Zurckbehaltung der an sich geschuldeten Leistung denkbar. Dennoch sprechen die besseren Argumente fr die Einstufung als Weisung und Konkretisierung des Rahmenvertrages: Denn mit der Eingabe der Auktionsdaten wird der Vertragsgegenstand als Teil des Rahmenvertrages spezifiziert, insbesondere auch im Hinblick auf 48 So z.B. fr die Jberweisung frheren Rechts, seit BGH, Urteil v. 6.10.1953 – I ZR

185/52, BGHZ 10, 319; st. Rspr., s. etwa BGH, Urteil v. 11.10.1994 – XI ZR 238/93, WM 1994, 2073 (zur Risikoverteilung bei geflschten Jberweisungsauftrgen); MnchKomm/H)user, HGB ZahlungsV Rz. B 2; das neue Recht begreift die Jberweisung indes eindeutig als Vertrag, s. § 676a BGB, vgl. Klamt/Koch, NJW 1999, 2776; Erman/Graf von Westphalen § 676a BGB Rz. 1; Bamberger/Roth/Schmalenbach § 676a BGB Rz. 14; Palandt/Sprau § 676a BGB Rz. 9. 49 S. etwa § 7 „Verbotene Artikel“ Ziff. 3 der AGB von eBay Deutschland 10/2004; VII „Sofortiger Ausschluss von Teilnehmern/Sperren von Inhalten“ der Teilnahmebedingungen „Marketplace, Auktionen und zShops“ von „Amazon.de“ 07/2003 (http://www.amazon.de/exec/obidos/tg/browse/-/3367031/028-8487311-5120500); Teil I Nr. 6 c „Verbotene Artikel“ der AGB von „atrada.de“; Abschnitt „Verbotene Artikel“ der AGB von „eGun.de“ (Stand 06/2004) (http://www.egun.de/market/ help.php?topic=AGB); Ziff. 3 „Allgemeine Bestimmungen f r Verkufer“ der AGB von „doppelshop.de“ (Stand 06/2004) (http://www.doppelshop.de/); § 5 „Abgabe von Geboten“ Ziff. (4) der Nutzungsbedingungen von muenzauktionen.com (Stand 06/2004) (http://www.muenzauktion.info/auction/nutzung.php3?lang=).

Spindler | 223

Kap. 6 Rz. 21

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

die dienst- und geschftsbesorgungsvertraglichen Elemente des Vertrages einschließlich der Vergtungspflicht, die erst mit der Freischaltung eines Angebotes entsteht. Schließlich wird erst mit der Eingabe des Angebotes klargestellt, dass der Vertragspartner des Auktionshauses bezglich dieses Angebotes als Einlieferer (Anbieter) auftritt, womit entsprechende Rechtsfolgen verbunden sind. Dem kann nicht entgegnet werden, dass diese Festlegung nur Bedeutung im Verhltnis zwischen Einlieferer (Anbieter) und Bieter htte; denn die meisten Vertragsbestimmungen der Auktionshuser sehen explizite Pflichten der Teilnehmer im Verhltnis zum Auktionshaus vor, um den Vertragsabschluss und dessen Durchfhrung zu gewhrleisten. 50 Entsprechende Verletzungen der Bedingungen, z.B. Weigerung zur Annahme oder Erfllung eines Vertrages, begrnden einen Anspruch des Auktionshauses, auch zugunsten des Teilnehmers. 51 In diesem Fall kann aber die entsprechende Erklrung des Teilnehmers und sein Freischalten nicht als Realakt deklariert werden, der keinerlei Kenntnis bei dem Auktionshaus auslçsen wrde. Daher konkretisiert die Eingabe- und Freischaltungsprozedur den Plattform- bzw. Rahmenvertrag und ist als einseitiger Rechtsakt zwar lediglich empfangsbedrftig, begrndet aber dennoch eine rechtsgeschftliche (automatisierte) Kenntnis des Inhalts. 52

50 S. etwa § 8 „Allgemeine Grundstze“ Ziff. 4 der AGB von eBay Deutschland

10/2004: „Der Anbieter muss die eBay-Grundstze zum Einstellen von Artikeln beachten. Er hat sein Angebot in die entsprechende Kategorie einzustellen und muss sein Angebot mit Worten und Bildern richtig und vollstndig beschreiben. Hierbei muss er alle fr die Kaufentscheidung wesentlichen Eigenschaften und Merkmale sowie Fehler, die den Wert der angebotenen Ware mindern, wahrheitsgemß angeben. Zudem muss er ber die Einzelheiten der Zahlung und Lieferung vollstndig informieren. Der Anbieter muss in der Lage sein, die angebotenen Waren dem Kufer unverzglich nach Vertragsschluss zu bereignen. Unternehmer, die Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher anbieten, sind verpflichtet, diesen die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherschutzinformationen zu erteilen und sie ber das gesetzliche Widerrufsrecht zu belehren, sofern ein solches besteht.“; ebenso § 3 Ziff. (3) der Nutzungsbedingungen von „BesteAuktion.de“ (06/2006) „Der anbietende Nutzer ist gegenber BesteAuktion und allen anderen Nutzern, die whrend der Zeitdauer der Auktion ein Angebot zum Kauf des angebotenen Artikels abgegeben haben, zur Zusicherung verpflichtet, dass er: (a) der rechtmßige Eigentmer (und bei Sachen auch der derzeitige Besitzer) ist, (b) ber den angebotenen Artikel frei verfgen kann, (c) ber den Artikel innerhalb von 3 Werktagen nach Ende der Versteigerung nicht anderweitig verfgen wird und (d) dass der angebotene Artikel nicht mit Rechten Dritter belastet ist.“ ebenso Ziff. 4.„Handelsbedingungen“ g) der AGB von Atrada 06/2004: „Der Anbieter verpflichtet sich, unverzglich nach Zustandekommen des Kaufvertrages bzw. nach Zahlungseingang, wenn Vorkasse vereinbart ist, die Ware an den Kufer zu liefern bzw. mit der Erfllung der Dienstleistung zu beginnen, soweit nichts anderes vereinbart wurde.“ 51 Zutr. R+fner, MMR 2000, 597 (601 f.). 52 Das verkennen Ehret, CR 2003, 754 (759); W+stenberg, WRP 2002, 497 (499).

224 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 23 Kap. 6

bb) Tatschliche (menschliche) versus rechtsgeschftliche Kenntnis

Entscheidend ist daher die Frage, ob Kenntnis nach § 11 TDG nur eine mensch- 22 liche Kenntnis meint. Maßgeblich ist zunchst, dass die Substitution menschlicher Kenntnisnahme durch Computerprogramme nicht dazu fhren darf, die Kenntnis zu negieren, wenn das Computerprogramm von Funktion und Aufgabe her praktisch nur an die Stelle der sonst durch einen Menschen erfolgenden Kenntnis tritt. 53 Wrde bei einer Registrierung der Inhalte durch einen Mitarbeiter dieser notwendigerweise Kenntnis erhalten, um ein Rechtsgeschft abzuschließen oder durchzufhren (etwa bei einer Weisung im Rahmen eines Dauerschuldverhltnisses), liegt diese auch bei einer computerisierten Registrierung vor. Schließlich zeigt die Entwicklung im Bereich der Wissenszurechnung selbst fr Tatbestnde, die auf positive Kenntnis abstellen, wie § 407 BGB oder § 444 BGB, dass die Tatsache der Verfgbarkeit des Wissens in einer Organisation maßgeblich ist, insbesondere bei EDV-Speichern, 54 wobei es keine Rolle spielen drfte, ob ein Mitarbeiter diese Kenntnis irgendwann erlangt hat oder die Information auf anderem Wege die Organisation und deren Speichersysteme erreicht hat. 55 Dennoch fhrt die rechtsgeschftliche Kenntnis nicht zur Annahme der 23 Kenntnis nach § 11 TDG: Denn nach ganz h.M. muss sich die Kenntnis nach § 11 TDG auf einen konkreten Inhalt beziehen, abstrakte Kenntnis im Sinne eines dolus eventualis („fr-mçglich-halten“) gengt nicht. 56 Setzt man dies in Kontrast zu den rechtsgeschftlichen Vorgngen, so werden diese durch eine Art Blankettannahme durch das automatisierte System charakterisiert. So bleibt bei (menschlichen) Willenserklrungen, die zwar bewusst abgegeben werden, bei denen sich der Erklrende aber keine Gedanken ber den Inhalt macht, kein Raum fr eine Irrtumsanfechtung, da der Erklrende bewusst die damit verbundenen Risiken eingeht. 57 Nicht anders wre im Falle der Durchfhrung von Speichervorgngen und des Star53 Rhnlich fr die Abgabe von Willenserklrungen durch EDV-Anlagen St.Lorenz,

54

55

56

57

Der Schutz vor dem unerwnschten Vertrag, S. 278; a.A. offenbar Ehret, CR 2003, 754 (759). Grundlegend noch zu § 463 BGB a.F. BGH, Urteil v. 2.2.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30; BGH, Urteil v. 8.12.1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, 327; statt vieler: Taupitz, Karlsruher Forum 1994, S. 16, 28 ff.; krit. dazu Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 625 ff.; kritisch gegenber einer Gleichsetzung von „Wissen“ und „Aktenwissen“ Buck, Wissen und juristische Person, S. 55 ff. Diese Frage wird allerdings bislang in der einschlgigen Judikatur und Literatur – soweit ersichtlich – nicht behandelt, s. statt vieler etwa MnchKomm/Schramm, § 166 BGB Rz. 23 ff. Spindler, NJW 1997, 3193 (3196) m.w.N.; dem zust. Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 5 TDG Rz. 18; Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 336; Pichler, MMR 1998, 79 (87 f.); Vassilaki, MMR 1998, 630 (634), alle m.w.N. RG, Urteil v. 22.12.1905 – Rep. II 395/05 62, 201 (205); MnchKomm/Kramer, § 119 BGB Rz. 50; explizit fr die Abgabe von falschen Erklrungen durch eine EDV-Anlage: St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwnschten Vertrag, S. 278.

Spindler | 225

Kap. 6 Rz. 24

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

tens des Auktionsvorgangs nach Dateneingabe zu entscheiden: Ohne Rcksicht auf die konkret erklrten Inhalte wird die Konkretisierung des Vertrages angenommen und die geschuldeten Leistungen durchgefhrt. Ebensowenig wird bei fehlerhafter Programmierung dem Betreiber eine Irrtumsanfechtung zugestanden, wenn das Programm fehlerhaft Willenserklrungen abgibt, da lediglich ein Motivirrtum vorliegt; 58 anders ist nur zu entscheiden, wenn Daten fehlerhaft eingegeben werden. 59 24 Trotz rechtsgeschftlich anzunehmender Kenntnis muss daher nicht Kenntnis im Sinne von § 11 Satz 1 TDG vorliegen, die sich auf einen konkreten Inhalt bezieht, so dass das Auktionshaus auch bei entsprechender Eingabeprozedur dadurch allein keine Kenntnis erhlt. 60 Vielmehr ist der Vorgang so ausgestaltet, dass die Leistungen ohne Rcksicht auf die tatschliche Erklrung des Kunden durchgefhrt werden. Diese Privilegierung ist letztlich ein Ausfluss der gesetzgeberischen – rechtspolitisch durchaus diskussionswrdigen – 61 Wertung, dass der Diensteanbieter fr Vorgnge, auf die er (freiwillig) durch automatisierte Prozeduren keinen Einfluss hat und deren Kontrolle einen unzumutbaren Aufwand bedingen wrde, keine Verantwortung bernehmen muss. Dafr spricht ferner der Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG, der deutlich auf die zumutbare Sperrung des Inhaltes verweist, mithin auf Maßnahmen, die erst nach (menschlicher) Kenntnis durch das Auktionshaus durchgefhrt werden kçnnen, da sie eine Prfung des Inhaltes bedingen, was ein Computerprogramm derzeit nicht zu leisten vermag, da es nur allgemeine Filter 62 bereithalten kçnnte. Sofern es sich dagegen um manuelle Vorgnge

58 So LG Frankfurt, Urteil v. 28.2.1997 – 2/19 O 359/96, NJW-RR 1997, 1273;

59 60

61 62

MnchKomm/S)cker, Einl. BGB Rz. 174; MnchKomm/Kramer, § 119 BGB Rz. 85; Kçhler, BGB Allgemeiner Teil, § 7 Rz. 27; Kçhler, AcP 182 (1982), 126 (135); St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwnschten Vertrag, S. 276 ff.; Brauner, Das Erklrungsrisiko beim Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, S. 92 f.; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rz. 256; Brehm, in: FS Niederlnder 1991, S. 233, 241 f.; Mehrings, MMR 1998, 30 (32); Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV, S. 151; s. aber auch Kçhler, DuD 1986, 337 (340 f.); Heun, CR 1994, 595 (596 f.). OLG Hamm, Urteil v. 8.1.1993 – 20 U 249/92, NJW 1993, 2321: Sachbearbeiter tippt falsche Daten ein, Irrtumsanfechtung zugestanden. BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3105) = CR 2004 763 (766) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 erscheint demnchst m. Anm. Spindler; OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (698) = MMR 2004, 330 (331 f.); Spindler, MMR 2001, 737 (739); so jetzt auch Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (597); v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, OnlineHandel, B V Rz. 116; Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 484; die Auffassung in der Vorauflage (Spindler, in: Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen, E Rz. 23, 65) wird entsprechend przisiert bzw. korrigiert. Krit. etwa Lehmann, CR 2000, 50 (51); Lehmann, CR 1998, 232. Zu deren Untauglichkeit ausfhrlich Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 97 ff.; zur technischen Unmçglichkeit effektiver Sperrung und Filterung von Kommunikationsinhalten vgl. auch Schneider, MMR 2004, 18 (21 ff.).

226 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 26 Kap. 6

handelt, bei denen eingehende Anzeigen durch einen Mitarbeiter akzeptiert und in ein Portal gestellt werden, wird immer Kenntnis gegeben sein. 63

3. Schadensersatzanspr che Stehen Schadensersatzansprche in Rede, schtzt den Plattformbetreiber 25 nicht bereits seine Unkenntnis; vielmehr drfen auch gem. § 11 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. TDG nicht Tatsachen bekannt sein, aus denen die rechtswidrige Handlung etc. offensichtlich wird. Diese Formulierung, wonach die Kenntnis nicht mehr auf den konkreten Inhalt abzielt, sondern auch Begleitumstnde einbezieht, verlagert die Haftung de facto in eine Grauzone zur groben Fahrlssigkeit hinein, die bei Evidenzfllen eingreift. 64 Allerdings resultieren aus der Entstehungsgeschichte der E-Commerce- 26 Richtlinie Zweifel, ob die Kenntnis der Umstnde sich nicht nur auf die Rechtswidrigkeit beschrnken soll, so dass sich Parallelen zu den traditionellen Prfungspflichten im Pressebereich ergben und weiterhin positive Kenntnis der Inhalte erforderlich wre. 65 In der Tat sind weder die englische noch die franzçsische Fassung der E-Commerce-Richtlinie hier vçllig eindeutig („is not aware of facts or circumstances from which the illegal activity or information is apparent“, „n’ait pas connaissance de faits ou de circonstances selon lesquels l’activit_ ou l’information illicite est apparente“). Doch unterscheidet sich die in Kraft getretene Fassung des Art. 14 Abs. 1 ECRL gerade hier signifikant von dem ersten Richtlinienvorschlag sowie dem zweiten Richtlinienentwurf, 66 wo fr Art. 14 Abs. 1 formuliert wurde: „Der Anbieter hat keine Kenntnis von der rechtswidrigen Ttigkeit oder Information und ihm sind, in Bezug auf Schadenersatzansprche, auch keine Tatsachen oder Umstnde bekannt, aus denen die Rechtswidrigkeit offensichtlich wird ... “. Im gemeinsamen Standpunkt des Rates 67 wurde dieser Passus indes zu der jetzigen Formulierung gendert, wobei allerdings hier die englische Fassung bereits im Sinne der endgltigen Richtlinie formuliert war („is not aware of facts or circumstances from which the illegal activity or information is apparent“), die deutsche Fassung noch im alten Sinne („auch keine Tatsachen oder Umstnde bekannt, aus denen die Rechtswidrigkeit 63 S. etwa den Fall in LG Kçln, Urteil v. 26.11.2003 – 28 O 706/02, jurPC-Web-Dok

56/2004 – Insolvenzanzeige. 64 S. dazu Spindler, CR 2001, 325 (332 f.); Spindler, MMR 2000, Beil. Nr. 7 S. 4 (18);

Tettenborn, K&R 2000, 59 (63); H)rting, CR 2001, 271 (276); Gierschmann, DB 2000, 1315 (1318); Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 279 f. fr Musik-Files; Kçhler/Arndt, Recht des Internet, S. 240; Eck/Ruess, MMR 2003, 363 (364); Escher-Weingart, in: Gounalakis, Rechtshandbuch Electronic Business, § 34 Rz. 37. 65 So wohl Freytag, CR 2000, 600 (608); Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 481; s. auch Hoeren, MMR 2004, 168 (169). 66 KOM (1999), 427 endg. 67 Council of the European Union, 28.2.2000, 14236/1/99 REV 1, 98/0325 (COD).

Spindler | 227

Kap. 6 Rz. 27

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

offensichtlich wird“). Der englische Text setzte sich jedoch offensichtlich durch und wurde in Art. 14 Abs. 1 ECRL aufgenommen. Der Wortlaut und die Abnderung der ursprnglichen Entwrfe deuten daher eher auf ein gendertes Verstndnis hin. 27 Mithin kommt es nicht mehr allein auf die positive Kenntnis der Inhalte selbst an. 68 Erst dann kommt in einer zweiten Stufe eine grobe Prfungspflicht auf Rechtswidrigkeit in Betracht. 28 Strittig ist allerdings, ob hierunter nur die Pflicht des Anbieters zur Prfung der Inhalte auf deren Rechtswidrigkeit zu verstehen ist, mithin positive Kenntnis der Inhalte nach wie vor Voraussetzung wre. 69 Der Wortlaut sowohl der Richtlinie als auch des § 11 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 TDG unterscheidet jedoch nicht hinsichtlich der Kenntnis der Umstnde bezglich der Information bzw. Ttigkeit selbst und deren Rechtswidrigkeit. Daher mssen auch Tatsachen und Umstnde hinreichen, aus denen der Diensteanbieter erst auf die Existenz von rechtswidrigen Inhalten hingewiesen wird, etwa Mitteilungen von Nutzern oder Behçrden ber entsprechende Aktivitten auf seinen Servern, die einen konkreten Hinweis auf bestimmte Nutzer erlauben, ohne dass diese Nutzer oder der konkrete Inhalt schon vçllig genau bezeichnet worden wre. 70 29 Selbst wenn man also die automatische Registrierung von Angeboten der Auktionsteilnehmer nicht als positive Kenntnis der Inhalte auffassen wollte, wrde dies allein nicht die Haftung des Plattformbetreibers beseitigen. Andererseits halten Art. 15 ECRL bzw. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG fest, dass der Diensteanbieter nicht aktiv nach Hinweisen forschen muss, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der Inhalte ergibt. Im Rahmen dieses Spannungsverhltnisses zwischen Verbot allgemeiner Jberwachungspflichten einerseits und Schadensersatz bei offensichtlich vorliegenden Rechtsverletzungen andererseits mssen die vom Diensteanbieter zu verlangenden Pflichten konkretisiert werden. Fraglich ist insbesondere, wie konkret die Hinweise auf Rechtsverletzungen sein mssen: Ausgeschieden werden kçnnen allgemeine Hinweise, die keinen konkreten Rckschluss auf einen Inhalt zulassen, etwa wenn allgemein bekannt ist, dass auch „heiße Ware“ ber ein Auktionshaus angeboten wird. 71 Allein die Kenntnis der Tatsache, dass ber eine elektronische Plattform allgemein rechtswidrige Angebote gettigt werden, z.B. mar68 Tettenborn, K&R 2000, 59 (63); H)rting, CR 2001, 271 (276); Gierschmann, DB

2000, 1315 (1318); Grabitz/Hilf/Marly, EUV, EGV, A 4 Art. 15 Rz. 13; Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 105. 69 So Freytag, CR 2000, 600 (608); wohl auch Arndt/Kçhler, EWS 2001, 102 (111). 70 Begr RegE BT-Drs. 14/6098, S. 24 f. 71 OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (317), zuvor: LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (215 f.) = MMR 03, 120 (126); LG Potsdam, Urteil v. 10.10.2002 – 21 O 12/02, CR 2003, 217 = MMR 2002, 829.

228 | Spindler

II. Einordnung des Plattformangebots in §§ 9–11 TDG

Rz. 30 Kap. 6

kenrechtsverletzende Plagiate, begrndet demnach noch nicht allein die Kenntnis der Umstnde nach § 11 Satz 1 Nr. 1 TDG. 72 Andererseits drfte bei Hinweisen, dass bestimmte Plagiate unter Markenrechtsverletzungen systematisch angeboten werden, die Offensichtlichkeit anzunehmen sein, wenn sie auf ganz bestimmte Produkte und Anbieter bezogen sind. Die Hinweise mssen demnach so przise sein, dass sie die Identifizierung der rechtswidrigen Inhalte und deren Auffinden schnell und ohne großen Aufwand ermçglichen. 73 Die Existenz solcher rechtswidrigen Inhalte muss fçrmlich „auf der Hand liegen“. Zweifelhaft erscheint auch die Annahme, dass bei Anzeigen, die hoch sensibel sind und in das allgemeine Persçnlichkeitsrecht eingreifen kçnnen, wie etwa ber eine Insolvenz, von vornherein Umstnde vorliegen, aus denen offensichtlich werde, dass eine rechtswidrige Handlung vorliege. 74 Denn erst nach entsprechender Kenntnis der Anzeige kçnnte der Anbieter berhaupt entscheiden, ob diese rechtswidrig ist; alles andere luft auf eine von § 8 Abs. 2 TDG untersagte Prfungspflicht der Anzeige selbst hinaus. Dagegen wird man in der Regel von einer Kenntnis offensichtlicher Umstnde ausgehen, wenn der Plattformbetreiber hufiger darauf aufmerksam gemacht wurde, dass bestimmte Plagiate angeboten werden oder andere bestimmte Rechtsverletzungen ber seine Plattform vorgenommen werden. Allerdings muss sich auch hier die Kenntnis auf bestimmte Angebote einer Kategorie, wie z.B. Plagiate von Rolex-Uhren, beziehen und nicht allgemein darauf, dass illegale Aktivitten auf der Plattform stattfinden.

4. Kenntniserlangung durch Abmahnungen In der Praxis wird die Kenntnis der Plattformbetreiber oft durch eine Abmah- 30 nung herbeigefhrt. 75 Fraglich ist bei vielen Abmahnungen aber, ob sie hinreichend przise sind, um die inkriminierten Inhalte leicht auffinden zu kçnnen. Da die Verletzung der Pflichten nach § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG dazu fhrt, dass die Verantwortlichkeit des Anbieters nach den allgemeinen Gesetzen wieder auflebt, stellt sich die Frage, ob die Kenntnis nach § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG sich auf die Kenntnis der Information bezieht oder schon die Kenntniserlangung der Umstnde ausreicht. Erfolg die Abmahnung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprche, gengt die Angabe der entsprechenden Umstnde. 76 Handelt es sich um eine Information, die dem Anbieter verdeutlichen soll, dass strafbare Handlungen oder Infor72 LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, CR 2003, 211 (215 f.) = MMR

2003, 120 (126); Spindler, MMR 2001, 737 (741). 73 Ebenso Kçhler/Arndt, Recht des Internet, S. 239 f.; Escher-Weingart, in: Gounala-

kis, Rechtshandbuch Electronic Business, § 34 Rz. 37. 74 So aber LG Kçln, Urteil v. 26.11.2003 – 28 O 706/02, jurPC-Web-Dok 56/2004,

Abs. 22. 75 Hierauf stellt etwa auch BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335/02, NJW 2003, 3764

= CR 2004, 48 m. Anm. Spindler ab. 76 S. auch Helle, JZ 2002, 593 (598).

Spindler | 229

Kap. 6 Rz. 31

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

mationen auf seinen Rechnern stattfinden, z.B. Mitteilungen der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder von Ordnungsbehçrden, insbesondere der Landesmedienanstalten, ist die Angabe der konkreten Information erforderlich. Schließlich muss die Abmahnung auch Ausfhrungen enthalten, die die Rechtswidrigkeit der Information begrnden, da die Kenntnis des Anbieters sich hierauf beziehen muss und ihn diesbezglich keine Prfungspflichten treffen. 77 31 Abmahnkosten kann der Abmahnende nicht bei der ersten Abmahnung verlangen, da er kein Geschft des Plattformbetreibers erledigte; denn dieser war vor Kenntniserlangung nicht verantwortlich, so dass ihn keine entsprechenden Pflichten trafen, so dass die Grundlage fr den sonst blichen Kostenerstattungsanspruch aus Geschftsfhrung ohne Auftrag entfllt. 78

5. Zumutbarkeit der Sperrung des Zugangs 32 Voraussetzung fr die Haftungsprivilegierung nach § 11 TDG ist ferner, dass der Plattformbetreiber nach Kenntniserlangung unverzglich in zumutbarer Weise den Zugang zu den Inhalten sperrt. Zwar enthlt § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG nicht mehr wie § 5 Abs. 2 TDG a.F. eine Einschrnkung auf die Zumutbarkeit, doch ist allgemein anerkannt, dass Zumutbarkeitsfragen im Rahmen der Unverzglichkeit eine Rolle spielen. Hiervon ist explizit auch der Gesetzgeber ausgegangen. 79 Nicht damit zu verwechseln ist das Verbot allgemeiner Jberwachungspflichten nach § 8 Abs. 2 TDG. 80 Die Pflicht zur Sperrung des Zugangs zu fremden Inhalten bezieht sich auf konkrete Pflichten der Jberwachung in Bezug auf einen dem Anbieter inzwischen bekannten rechtswidrigen Inhalt oder einer rechtswidrigen Ttigkeit. 81 Die Tatsache, dass ein Provider sich unter Umstnden gegenber seinem Kunden bzw. Nutzer durch eine Sperrung schadensersatzpflichtig macht, kann nicht die Unzumutbarkeit begrnden. 82 Denn der Provider kann durch geeignete AGB dieses Risiko verringern, etwa indem er sich das Recht auf Sperrung bei begrndeten Verdachtsmomenten einrumen lsst. 83 Allenfalls kann dem Plattformbetreiber eine gewisse Bearbeitungszeit bei der Sperrung der inkriminierten, konkreten Inhalte eingerumt werden. 84 Soweit ersichtlich, sehen auch fast alle Plattformbetreiber in ihren 77 v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V 78 79 80 81 82 83 84

Rz. 120 f. Nher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 8 TDG Rz. 36. Begr RegE BT-Drs. 14/6098, S. 25. So aber anscheinend Ehret, CR 2003, 754 (759). Zur Stçrerhaftung s. Rz. 33 ff.; Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (3 f.). Anders Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 109 aE. Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil IV Rz. 235. Zutr. v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 121.

230 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 33 Kap. 6

AGB entsprechende Klauseln zur Aussetzung des Handels, zur Sperrung oder Lçschung der Angebote vor. 85

III. Stçrerhaftung In jngster Zeit hat vor allem die Stçrerhaftung erheblich an Bedeutung ge- 33 wonnen, da prominente Plattform- bzw. Auktionshausbetreiber, wie eBay oder ricardo, wegen Markenrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. 86 Auf den ersten Blick braucht sich hier ein Verletzter nicht um Pflichtverletzungen des Diensteanbieters zu kmmern, ist doch die Stçrerhaftung zum einen verschuldensunabhngig, zum anderen ist der Kreis der Passivlegitimierten weit gezogen, da er prinzipiell jeden an der Rechtsgutsverletzung Beteiligten erfasst. 87 Die Stçrerhaftung der Diensteanbieter wirft jedoch zahlreiche Probleme auf, 88 die schon mit der Anwendung der Haftungsprivilegierungen nach den §§ 9–11 TDG beginnen:

85 S. etwa § 7 „Verbotene Artikel“ Ziff. 3 der AGB von eBay Deutschland 10/2004; VII

„Sofortiger Ausschluss von Teilnehmern/Sperren von Inhalten“ der Teilnahmebedingungen „Marketplace, Auktionen und zShops“ von „Amazon.de“ 07/2003 (http://www.amazon.de/exec/obidos/tg/browse/-/3367031/028-8487311-5120500); Teil I Nr. 6 c „Verbotene Artikel“ der AGB von „atrada.de“; Abschnitt „Verbotene Artikel“ der AGB von „eGun.de“ (Stand 06/2004) (http://www.egun.de/market/ help.php?topic=AGB); Ziff. 3 „Allgemeine Bestimmungen f r Verkufer“ der AGB von „doppelshop.de“ (Stand 06/2004) (http://www.doppelshop.de/); Ziff. 6 „Entfernen von Auktionen“ der Allgemeinen Geschftsbedingungen von ARTAUNON (Stand: 06/2004) (http://www.antike-auktionen.de/). 86 S. das Verfahren rolex / eBay OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315; rolex / ricardo OLG Kçln, Urteil v. 2.11.2001 – 6 U 12/01, CR 2002, 50 (das Urteil wurde in der Revision vom I. Zivilsenat des BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 96/03 aufgehoben, vgl. die Pressemitteilung 31/04 des BGH vom 12.3.2004, abrufbar unter http://www.bundesgerichtshof.de.). 87 S. die klassischen Beispiele aus der Pressehaftung, die vom Verlag ber den Setzer bis zum Lieferanten reichen, BGH, Urteil v. 19.3.1992 – I ZR 166/90, GRUR 1993, 53 (54) (Verleger); BGH, Urteil v. 7.5.1992 – I ZR 119/90, GRUR 1992, 618 (619) (Verleger, Redakteur); BGH, Urteil v. 27.11.1979 – VI ZR 148/78, GRUR 1980, 259 (260) (Herausgeber); BGH, Urteil v. 7.12.1976 – VI ZR 272/75, NJW 1977, 626 (627 f.) (Redakteur); BGH, Urteil v. 13.11.1979 – KZR 1/79, GRUR 1980, 242 (245) (kaufm. Geschftsfhrer); BGH, Urteil v. 10.11.1994 – I ZR 147/92, GRUR 1995, 751 (752) (Drucker, offen gelassen), s. ferner Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 2.11 ff. m.w.N. 88 Ausfhrlich Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 ff.; Volkmann, Stçrerhaftung, erscheint demnchst.

Spindler | 231

Kap. 6 Rz. 34

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

1. Keine Privilegierung nach TDG 34 Fr das frhere Recht konnte man mit Fug und Recht davon ausgehen, dass die Stçrerhaftung von § 5 Abs. 4 TDG erfasst wird, worauf schon die Gesetzgebungsmaterialien hindeuteten. 89 Dies fhrte zunchst dazu, dass eine Unterlassungsverpflichtung nur auf einen konkreten Inhalt bezogen sein kann, nicht aber auf eine ganze Klasse von Inhalten (etwa Plagiate, die die Namen der Marke XYZ tragen oder Unterlassung von Beleidigungen gegen den Bundeskanzler). Bei der Tenorierung des Unterlassungstitels ist dies zu bercksichtigen, da der Unterlassungstitel selbstverstndlich nicht weitergehen kann als der materielle Unterlassungsanspruch. 90 Eine przise Bezeichnung der zu unterlassenden Handlung ist daher unabdingbar. 91 35 Nach neuem Recht ergibt sich jedoch ein Dilemma: Schon die E-CommerceRichtlinie regelt expressis verbis nicht die Unterlassungshaftung (injunction), sondern berlsst dies den Mitgliedstaaten (Art. 12–14 ECRL). 92 Der auch vom I. Zivilsenat des BGH 93 herangezogene Erwgungsgrund Nr. 46 ECRL bringt dies nochmals zum Ausdruck. Auch das neue TDG bt nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG n.F. Enthaltsamkeit und hlt lediglich fest, dass Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung von Inhalten nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit nach §§ 9–11 TDG unberhrt bleiben sollen. Das neue TDG verzichtet daher auf eine positive Regelung der Unterlassungs- und Beseitigungsansprche. § 8 Abs. 2 Satz 2 verweist auf die allgemeinen Grundstze, ohne dass es noch auf andere Kriterien, wie frher in § 5 Abs. 4 TDG a.F., ankme. Die Begrndung zum Regierungsentwurf versteht darunter ausdrcklich die Fortsetzung der alten

89 Begr RegE zu § 5 Abs. 4 TDG BT-Drs. 13/7385 S. 21; BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR

90

91

92

93

304/01, NJW 2004, 3102 (3104) = CR 2004, 763 (765) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler; OLG Hamburg, Urteil v. 4.11.1999 – 3 U 274/98, CR 2000, 385 = MMR 2000, 92 m. Anm. Spindler, MMR 2000, 279; Spindler, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29 Rz. 148; ebenso Schmitz, CR 2000, 124 (125); Satzger, CR 2001, 109 (113 f.); s. aber auch Freytag, Haftung im Netz, S. 148 ff. (156); Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 381 ff.; dies bernehmend Klein/Leistner, CR 2001, 196 f. Aus diesem Grund spielt auch die Auslegung des Unterlassungstitels nicht die bedeutende Rolle, die ihm auf den ersten Blick zukommt, da bereits der Unterlassungsanspruch den Kreis der in Betracht kommenden Zuwiderhandlungen erheblich einschrnkt. BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259/00, NJW 2003, 3406 (3408) = CR 2003, 920 = JZ 2004, 146 m. Anm. Spindler; OLG Dsseldorf, Urteil v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (317). Zur ECRL: Freytag, CR 2000, 600 (605); Spindler, MMR 2000, Beil. Nr. 7, 4 (19); Spindler, MMR 1999, 199 (204); Grabitz/Hilf/Marly, EUV, EGV, A 4 Vorb. Art. 12 Rz. 10; aus çff.-rechtlicher Sicht Holznagel/Holznagel, K&R 1999, 103 (106); a.A. Berger/Janal, CR 2004, 917 (920). BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3104) = CR 2004, 763 (765) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler.

232 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 36 Kap. 6

Rechtslage, wenngleich jetzt im Gesetzestext nicht mehr von Kenntnis des konkreten Inhaltes die Rede ist. 94 Daher verwundert es nicht, wenn in Rechtsprechung und Schrifttum Streit 36 darber entbrannt ist, ob die §§ 9–11 TDG auch auf die Stçrerhaftung anzuwenden sind. 95 Dies soll einerseits daraus folgen, dass das Gesetz zum Teil die Schadensersatzansprche explizit als Sonderfall erwhne, 96 zum anderen aus der Intention des Gesetzgebers, die Diensteanbieter zu privilegieren. 97 Dagegen spricht bereits, dass der Gesetzgeber mçglichst getreu die E-Commerce-Richtlinie umsetzen wollte, diese aber gerade nicht die Stçrerhaftung (injunctions) regeln wollte. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber von der Fortgeltung des § 5 Abs. 4 TDG a.F. im Rahmen der allgemeinen Gesetze ausgeht, also gerade nicht fr Sperrung und Unterlassung besondere Regeln aufstellen wollte. 98 Ebensowenig lsst sich der in der E-Commerce-Richtlinie enthaltene Hinweis auf Sperrungsverfgungen durch Gerichte oder Behçrden heranziehen. 99 Auch im nationalen Recht steht der eindeutige Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG der Anwendung des § 11 TDG auf die Stçrerhaftung entgegen, da die Pflichten zur Sperrung nach den allgemeinen Gesetzen ausgenommen sind. Das neue TDG verzichtet daher auf eine positive Regelung der Unterlassungs- und Beseitigungsansprche, indem auf die allgemeinen Grundstze verwiesen wird. Die Begrndung zum Regierungsentwurf versteht darunter ausdrcklich die Fortsetzung der alten Rechtslage 94 Begr RegE zu § 8 Abs. 2 TDG n.F.: „Dementsprechend ordnet § 8 Abs. 2 Satz 2 an,

95

96 97

98

99

dass Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung rechtswidriger Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 9 bis 11 unberhrt bleiben, wenn der Diensteanbieter von solchen Informationen Kenntnis erlangt. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass das Gesetz jetzt nicht mehr ausdrcklich darauf abstellt, dass die Sperrung technisch mçglich und zumutbar sein muss.“ Die Begrndung stimmt hier offensichtlich nicht mit dem Wortlaut berein, was insbesondere fr die Frage, wer Abmahnkosten zu tragen hat, von Relevanz ist (s. dazu Spindler, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29 Rz. 151 f.). Fr eine entsprechende Anwendung, aber ohne nhere Begrndung und Auseinandersetzung mit § 8 Abs. 2 S. 2 TDG: OLG Dsseldorf, Urteil. v. 26.2.2004 – I-20 U 204/02, MMR 2004, 315 (316); OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, CR 2004, 696 (699) = MMR 2004, 330 (332); LG Dsseldorf, Urteil v. 29.10.2002 – 4a O 464/01, MMR 2003, 120 (123) = CR 2003, 211; ohne Begr. LG Berlin, Urteil v. 25.2.2003 – 16 O 476/01, CR 2003, 773 (nur LS) = MMR 04, 195 (197); ausfhrlicher begrndet von v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 129 ff.; wegen der Filterfunktion Hoeren, MMR 2004, 672. Ehret, CR 2003, 754 (759 f.). Ehret, CR 2003, 754 (760); Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 145; v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 130 ff; nur fr Erstbegehungsgefahr Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592, 598. Wie hier jetzt Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 499 ff.; anders anscheinend – aber ohne Bercksichtigung der Begr RegE – Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (597 f.). Dafr aber Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 145; hnlich Berger/ Janal, CR 2004, 917 (920).

Spindler | 233

Kap. 6 Rz. 37

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

des § 5 Abs. 4 TDG a.F., wenngleich jetzt im Gesetzestext nicht mehr von Kenntnis des konkreten Inhaltes die Rede ist. 100 Dementsprechend kann den §§ 9–11 TDG bzw. Art. 12–15 ECRL auch kein entsprechendes Telos unterlegt werden. 101 Gleiches gilt fr Aussagen, die eine Stçrerhaftung nach §§ 9–11 ausschließen wollen, selbst wenn ein Unterlassungstitel erlassen wurde. 102 Dies ist mit den in der E-Commerce-Richtlinie verankerten Ausnahmen (Art. 12 Abs. 3, 13 Abs. 2, 14 Abs. 3 ECRL) nicht zu vereinbaren. Damit greift grundstzlich die Stçrerhaftung fr alle Ttigkeiten von Diensteanbietern ein, unabhngig von der Art ihrer Haftungsprivilegierung in §§ 9–11 TDG. 103 In gleicher Weise hat der 1. Zivilsenat des BGH jngst fr elektronische Plattformbetreiber entschieden. 104 Die Stçrerhaftung ist indes mit dem Verbot allgemeiner Jberwachungspflichten zu harmonisieren:

2. Verhltnis des Verbots allgemeiner Eberwachungspflichten zur Stçrerhaftung 37 Aufgrund des in § 8 Abs. 2 TDG angeordneten Grundsatzes, dass den Anbieter keine Jberwachungs- und Kontrollpflichten treffen, entsteht ein Spannungsverhltnis zur Stçrerhaftung. Denn ein Unterlassungstitel gegenber einem Diensteanbieter hinsichtlich eines rechtswidrigen Inhaltes oder einer Ttigkeit bewirkt, dass der Diensteanbieter de facto in Zukunft gezwungen wird, Jberwachungsverfahren einzufhren, um nicht gegen den Titel zu verstoßen – was bereits im Richtliniengebungsverfahren bemngelt wurde. 105 38 Darber hinaus wird aufgrund des Verbots allgemeiner Jberwachungspflichten in § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG der Diensteanbieter scheinbar auch jeglicher Verkehrssicherungs- und Prfungspflichten enthoben. Jberwachungspflichten sind aber nicht mit Prfungspflichten zu verwechseln. Die von der Rechtspre100 S. oben Fn. 94. 101 Wie hier im Ergebnis Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, 2003,

102 103

104 105

Rz. 65; Freytag, in: Heermann/Ohly, Verantwortlichkeit im Netz, 2003, S. 151 f.; Helle JZ 2002, 593 (599); Jacobs, in: FS Willi Erdmann 2002, 327 (339); Dustmann, Die privilegierten Provider, 2001, S. 109; Neubauer, K&R 2004, 482 (483); D.Schultz, WRP 2004, 1347 (1351 ff.); unklar OLG M+nchen Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398 (2399). So wohl Leupold/R+cker, in: Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenbanken, Teil IV Rz. 187. Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 65; Freytag, in: Heermann/ Ohly, Verantwortlichkeit im Netz, S. 151 f.; Helle, JZ 2002, 593 (599); Jacobs, in: FS Erdmann 2002, 327 (339); Dustmann, Die privilegierten Provider, S. 109; unklar OLG Mnchen, Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398 (2399). BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3104) = CR 2004, 763 (766) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler. Spindler, MMR 1999, 199 (204); i.E. Grabitz/Hilf/Marly, EUV, EGV, A 4 vor Art. 12 Rz. 10; Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 68; Holznagel/Holznagel, K&R 1999, 103 (106); wie hier jetzt auch Staudinger, in: Leible/ Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 499 ff., 501.

234 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 40 Kap. 6

chung verlangten Pflichten beziehen sich auf die Prfung der Rechtswidrigkeit von bereits bekannten Inhalten. Demgegenber will § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG den Diensteanbieter von der Kontrolle dahin gehend befreien, ob +berhaupt Inhalte vorhanden bzw. Ttigkeiten ausgebt werden, die rechtswidrig sein kçnnten. Beide Kontrollpflichten sind daher auf verschiedenen Ebenen angesiedelt und kçnnen ohne Widerspruch getrennt werden. 106 Daher ist davon auszugehen, dass das Verbot der Jberwachungspflichten in 39 § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG die positive Kenntnis vom Inhalt oder der Ttigkeit des Anbieters voraussetzt. Diesem Ergebnis entspricht der Wille des Gesetzgebers, der den alten Rechtszustand nach § 5 Abs. 4 TDG a.F. fortschreiben wollte. 107 Um jedoch Wertungswidersprche mit Deliktsansprchen gegen Plattformbetreiber zu vermeiden und um einen Gleichlauf der Unterlassungsansprche mit den Haftungsprivilegierungen zu erreichen, muss die Stçrerhaftung fr die von § 11 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. TDG erfassten Ansprche modifiziert werden. Denn hier gengt bereits die grob fahrlssige Unkenntnis des Inhalts (das „Kennenmssen“), die evident auf Rechtsverletzungen hinweisen, zur Haftungsbegrndung. Dies muss auch fr die Stçrerhaftung gengen; sonst wrde der Host-Provider auf Schadensersatz haften, ohne dass ein negatorischer Anspruch gegen ihn bestnde. 108 Dies wird auch durch § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG besttigt, der aufgrund der verlangten Sperrung der Inhalte mittelbar als Ausdruck der Stçrerhaftung begriffen werden kann.

3. Allgemeine Stçrerhaftung a) Grundlagen

Finden die allgemeinen Stçrerregelungen Anwendung, kommt eine Verant- 40 wortlichkeit der Plattformbetreiber grundstzlich in Betracht. Denn Stçrer ist jeder, der auch nur mittelbar willentlich und adquat kausal zur Rechtsgutsverletzung beitrgt, 109 sofern er nur die rechtliche Mçglichkeit zur Verhinderung der Handlung hat. 110 Doch wrde eine derart weitreichende Stçrer106 Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (3); zust. Libertus, TKMR 2003, 179 (185); un-

klar Ehret, CR 2003, 754 (760). 107 Begr. RegE BT-Drs. 14/6098, S. 23.; i.E. ebenso v. Samson-Himmelstjerna/R+-

cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 130 ff.; Berger/Janal, CR 2004, 917 (921). 108 A.A. v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, B V Rz. 133; wohl auch Berger/Janal, CR 2004, 917 (921 f.), die den Widerspruch aber nicht erkennen. 109 Schricker/Wild, § 97 UrhG Rz. 35 ff.; BGH, Urteil v. 15.1.1957 – I ZR 56/55, GRUR 1957, 352 (353); zum Wettbewerbsrecht grundlegend BGH, Urteil v. 5.12.1975 – I ZR 122/74, GRUR 1976, 256 (257); BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313 (315) = NJW 1997, 2180; BGH GRUR 2004, 693 (695) – Schçner Wetten; Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 2.11 ff. 110 BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313 (315) = NJW 1997, 2180; OLG Stuttgart, Urteil v. 29.9.2000 – 2 U 121/00, MMR 2001, 398 (399).

Spindler | 235

Kap. 6 Rz. 41

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

haftung schwerlich mit einer nur eingeschrnkten Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB in Einklang zu bringen sein, wenn man die Verkehrspflichten bzw. deren Verletzung als notwendiges, die Rechtswidrigkeit erst begrndendes Merkmal begreift. 111 Zu Recht hat daher die jngste hçchstrichterliche Rechtsprechung die Stçrerhaftung zu begrenzen gesucht, indem die fr § 823 Abs. 1 BGB entwickelten Prfungs- und Kontrollpflichten in den Stçrerbegriff hineininterpretiert worden sind. 112 Denn die Stçrerhaftung ist eng mit der deliktsrechtlichen Haftung verzahnt und unterliegt hnlichen Wertungen und Einschrnkungen wie jene, 113 insbesondere im Hinblick auf mittelbare Rechtsgutsverletzungen. 114 So ist der Mitstçrer nicht in gleicher Weise verantwortlich wie der eigentliche Tter, sondern vielmehr nur in dem Maße, wie er selbst Verstçße zumutbarerweise erkennen und verhindern kann. 115 41 Dies gilt auch fr die wettbewerbs- und markenrechtliche Stçrerhaftung, die frher lediglich fr Presseunternehmen Begrenzungen der Haftung auf eine grobe Kontrollpflicht kannte, 116 ansonsten aber jegliche Untersttzung oder 111 Nher zur dogmatischen Einordnung der Verkehrspflichten Bamberger/Roth/

112

113 114

115

116

Spindler, § 823 BGB Rz. 225 ff.; MnchKomm/Wagner, § 823 BGB Rz. 220 f., 223 ff.; v.Bar Verkehrspflichten, S. 153 ff.; anders Staudinger/Hager, 13. Bearbeitung, 1999, § 823 BGB Rz. E 4 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II, § 76 III 2. S. zuletzt BGH GRUR 2004, 693 (695) – Schçner Wetten; s. dazu Spindler, GRUR 2004, 724; ausfhrlicher dazu Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, (13 ff.); ebenso jetzt auch Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 504. S. dazu im Vergleich MnchKomm/Wagner, § 823 BGB Rz. 248 ff.; Staudinger/ Hager, 13. Bearbeitung 1999, § 823 BGB Rz. E 35. Wie hier Haedicke, GRUR 1999, 397 (400 ff.); Freytag, Haftung im Netz, S. 74 ff., 102 ff.; hnlich, indes auf einer ausdehnenden Auslegung von § 830 Abs. 2 BGB basiert auch Kçhler, WRP 1997, 897 (898 f.); im Ergebnis ebenso, aber anderer dogmatischer Ansatz bei Sch+nemann, WRP 1998, 120 (123), der allein im Wettbewerbsrecht die Lçsung sucht (hnlich Glockshuber, Die Passivlegitimation im deutschen Recht des unlauteren Wettbewerbs, S. 131 ff.). BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313 (315 f.); BGH, Urteil v. 10.4.1997 – I ZR 3/95, GRUR 1997, 909 (911); OLG Frankfurt, Urteil v. 8.3.2001 – 6 U 71/00, WRP 2001, 713 (715); Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung 1999, § 1004 Rz. 127. BGH, Urteil v. 26.4.1990 – I ZR 127/88, GRUR 1990, 1012 (1014); v.Gierke, WRP 1997, 892 (893 f.); GroßkommUWG/Kçhler, Vor § 13 UWG Rz. 204; Kçhler/Piper/Kçhler, Vor § 13 UWG Rz. 67a; Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/ Bornkamm, § 8 UWG Rz. 2.10; BGH, Urteil v. 30.6.1972 – I ZR 1/71, GRUR 1973, 203 (204); BGH, Urteil v. 10.4.1997 – I ZR 3/95, GRUR 1997, 909; BGH, Urteil v. 6.7.1995 – I ZR 110/93, GRUR 1995, 595 (597 f.); BGH. Urteil v. 10.11.1994 – I ZR 147/92, GRUR 1995, 751 (752); BGH, Urteil v. 10.2.1994 – I ZR 316/91, GRUR 1994, 454 (455); BGH, Urteil v. 30.6.1994 – I ZR 40/92, GRUR 1994, 841 (843); BGH, Urteil v. 19.3.1992 – I ZR 166/90, GRUR 1993, 53 (54); BGH, Urteil v. 7.5.1992 – I ZR 119/90, GRUR 1992, 618 (619); KG, Urteil v. 20.2.1987 – 5 U 260/87, GRUR 1988, 223; OLG Hamm, Urteil v. 4.10.1983 – 4 U 234/83, GRUR 1984, 538; OLG Dsseldorf, Urteil v. 13.7.1982 – 2 U 14/82, GRUR 1982, 622 (626); OLG Frankfurt, 30.8.1984 – 6 U 17/84, GRUR 1985, 71.

236 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 42 Kap. 6

Ausntzung der Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten fr die Stçrereigenschaft gengen ließ, sofern der Stçrer berhaupt nur die rechtliche Mçglichkeit zur Verhinderung hatte, unabhngig davon, ob eine Wettbewerbsfçrderungsabsicht vorlag. 117 Inzwischen schwenkt die wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung auf die Linie der zum Urheberrecht entwickelten Kriterien ein: In der grundlegenden Architektenwettbewerb-Entscheidung ging der BGH ausdrcklich davon aus, dass derjenige, der nur mittelbar gegen Vorschriften verstçßt, einwenden kann, dass ihm eine Prfungspflicht nicht oder nur eingeschrnkt zumutbar gewesen sei. 118 Diese Einschrnkung der Stçrerhaftung gilt auch im Markenrecht. 119 Dementsprechend akzeptiert die Judikatur fr Suchmaschinenbetreiber, dass diese nicht fr Markenrechtsverletzungen der von ihnen gesuchten und aufgelisteten Web-Seitenbetreiber verantwortlich sind. 120 Gerade fr elektronische Plattformen hat der I. Zivilsenat dieses Kriterium 42 jngst im Rahmen der Stçrerhaftung angewandt. 121 Allerdings zeichnet sich in der Entscheidung auch eine grundlegende Unterscheidung in der Stç117 So noch BGH, Urteil v. 4.10.1990 – I ZR 299/88, GRUR 1991, 540 (541); BGH, Urteil

118

119

120

121

v. 1.12.1994 – I ZR 139/92, GRUR 1995, 167 (168); BGH, Urteil v. 14.4.1994 – I ZR 12/92, GRUR 1996, 905 (907); grundlegend BGH, Urteil v. 15.1.1957 – I ZR 56/55, GRUR 1957, 352 (353) (Spediteur von markenverletzenden Waren als Stçrer); BGH, Urteil v. 5.12.1975 – I ZR 122/74, GRUR 1976, 256 (257); BGH, Urteil v. 7.7.1988 – I ZR 36/87, GRUR 1988, 829 (830); BGH, Urteil v. 3.2.1976 – VI ZR 23/72, GRUR 1977, 114 (115 f.); BGH, Urteil v. 21.9.1989 – I ZR 27/88, GRUR 1990, 463, (464); BGH, Urteil v. 12.10.1989 – I ZR 29/88, GRUR 1990, 373 (374); BGH, Urteil v. 26.9.1985 – I ZR 86/83, GRUR 1986, 248 (250 f.); GroßkommUWG/Kçhler, Vor § 13 UWG Rz. 200 m.w.N.; wie die frhere Rspr. noch Wiegand, Die Passivlegitimation bei wettbewerbsrechtlichen Abwehransprchen, S. 75, 98. BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313 (316); ebenso BGH, Urteil v. 10.4.1997 – I ZR 3/95, GRUR 1997, 909 (911); BGH, Urteil. v. 15.10.1998 – I ZR 120/96, NJW 1999, 1960 (1960 f.) = GRUR 1999, 418 (420); BGH GRUR 2004, 693 (695) – Schçner Wetten; im Ergebnis zust. Kçhler, WRP 1997, 897 f. (890); v.Gierke, WRP 1997, 892 (893); kritisch Sch+nemann, WRP 1998, 120 (121). BGH, Urteil v. 30.6.1994 – I ZR 40/92, GRUR 1994, 841 (842 f.); BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 251/99, BGHZ 148, 13 (17) = NJW 2001, 3265; Althammer/Strçbele/Klaka/Klaka, § 14 MarkenG Rz. 231; Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14–19 MarkenG Rz. 30 f.; anders noch BGH, Urteil v. 15.1.1957 – I ZR 56/55, GRUR 1957, 352 (354). LG Mnchen I, Urteil v. 20.9.2000 – 7 HK 12081/00, CR 2001, 46 (47), allerdings ohne das TDG zu diskutieren, krit. zu Recht aus diesem Grund Klein/Leistner, CR 2001, 196 f.; s. aber andererseits LG Braunschweig, Urteil v. 6.9.2000 – 9 O 188/00, CR 2001, 47 (48) (ftp-explorer) fr den Betreiber eines Fachhochschul-Servers als Stçrer, der per Hyperlink auf einen Markenverletzer verwies, allerdings unter Nennung der Marke im Hyperlink selbst: Hier nahm das Gericht eine Markenrechtsverletzung an; ebenso jetzt OLG Hamm, Urteil v. 15.5.2001 – 4 U 33/01, n.v. (ohne Diskussion des TDG); dagegen (als Berufungsinstanz zu LG Braunschweig) zu Recht OLG Braunschweig, Urteil v. 19.7.2001 – 2 U 141/00, n.v. BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NJW 2004, 3102 (3105) = CR 2004, 763 (767) m. Anm. Volkmann = JZ 2005 m. Anm. Spindler.

Spindler | 237

Kap. 6 Rz. 43

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

rerhaftung zwischen Unterlassungsansprchen, die auf Verhaltensunrecht beruhen, und solchen, die auf die Verletzung eines absoluten Rechts zurckgehen, ab. Fr erstere will die Rechtsprechung die Stçrerhaftung offenbar allein auf die Kategorien der Tterschaft und Teilnahme zurckfhren, 122 fr die Verletzung absoluter Rechte es dagegen bei dem berkommenen weiten Stçrerbegriff belassen. Diese grundlegende Unterscheidung hat einiges fr sich, erinnert sie doch an die entsprechenden Abgrenzungen und Parallelen im Deliktsrecht: Fr das Verhaltensunrecht nach § 823 Abs. 2 BGB bedarf es keiner gesonderten Feststellung von Verkehrspflichten, um den Tterkreis einzugrenzen; dieser bestimmt sich vielmehr nach den jeweiligen Verhaltensnormen und den allgemeinen Kriterien der Tterschaft und Teilnahme nach § 830 BGB. Demgegenber bedarf es fr die absolut geschtzten Rechtsgter des § 823 Abs. 1 BGB der Eingrenzung mittels Verkehrspflichten. 123 Der BGH scheint diese Unterscheidung auch auf die Stçrerhaftung bertragen zu wollen, womit er zu einem konsistenten und dem Haftungsrecht abgestimmten System finden wrde. 124 b) Grenzen

43 Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine solche Stçrerhaftung uferlos wrde. Eine derart weitreichende Stçrerhaftung ließe sich – wie oben bereits dargelegt – nur schwerlich mit den Einschrnkungen, die bei § 823 Abs. 1 BGB im Rahmen der Verkehrspflichten als notwendiges, die Rechtswidrigkeit erst begrndendes Merkmal entwickelt wurden, in Einklang bringen. Zu Recht hat daher der Senat auch fr elektronische Plattformen die neuere hçchstrichterliche Rechtsprechung zur Begrenzung der Stçrerhaftung in Stellung gebracht, indem er zustzlich untersucht, ob und inwieweit das Auktionshaus Prfungs- und Kontrollpflichten treffen. 125 Im Gegensatz zu den Entscheidungen, die eine Prfungspflicht der Domain-Namen-Vergabestelle DENIC we122 BGHZ 155, 189 (194 f.) – Buchpreisbindung; BGH, Urteil v. 15.5.2003 – I ZR 292/00,

GRUR 2003, 969 (970) – Ausschreibung von Vermessensleistungen; fr eine generelle Einschrnkung der Stçrerhaftung auf die Kategorien des § 830 Abs. 2 BGB Jergolla, WRP 2004, 655 (659), zuvor schon Kçhler, WRP 1997, 897 (898). 123 Nher Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rz. 23 f., 225; MnchKomm/Wagner, § 823 BGB Rz. 58 ff. je m.w.Nachw. 124 Zu den Parallelen zu den Verkehrspflichten s. bereits Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (7 f.); ebenso jetzt Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 504. Ob allerdings die vom BGH herangezogenen Urteile seine Auffassung tatschlich sttzen, erscheint eher zweifelhaft, lassen diese doch meist diese Fragen offen. 125 S. zuletzt BGH Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, GRUR 2004, 693 (695 f.) – Schçner Wetten; grundlegend BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313 (315 f.) – Architektenwettbewerb; BGH, Urteil v. 10.4.1997 – I ZR 3/95, GRUR 1997, 909 (911); BGH GRUR 1999, 418 (419 f.) – Mçbelklassiker; BGHZ 148, 13 (17 f.) – ambiente.de; OLG Frankfurt, Urteil v. 8.3.2001 – 6 U 71/00, WRP 2001, 713 (715); ausfhrlicher dazu Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (13 ff.) m.w.Nachw.

238 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 43b Kap. 6

gen Unzumutbarkeit fast ausschlossen, 126 stellt der I. Zivilsenat hier jedoch – wiederum vergleichbar den Abwgungskriterien bei Verkehrspflichten 127 – das wirtschaftliche Eigeninteresse des Auktionshauses in den Vordergrund und gelangt so zu einer Prfpflicht des Plattformbetreibers fr die Zukunft, wenn dieser Kenntnis von einer konkreten Rechtsverletzung erhalten hat. Keine Enthaftung ergibt sich jedenfalls dergestalt aus dem Verbot allgemei- 43a ner Jberwachungspflichten, dass gefolgert werden kçnne, dass der Plattformanbieter berhaupt kein Stçrer sei, da er eben keinerlei Prfungs- und Kontrollpflichten unterlge. 128 Denn die von der Rechtsprechung als Einschrnkung der Stçrerhaftung verwandten Kontrollpflichten beziehen sich – wie dargelegt (Rz. 37 ff.) – auf die Prfung der Rechtswidrigkeit, nicht auf die Jberwachung, ob Inhalte berhaupt auf einem Rechner vorhanden sind. Zwar kann dem BGH im Grundsatz beigepflichtet werden; 129 doch liegt die 43b Crux darin, dass die vom Senat begrndete Kontrollpflicht sich nicht etwa darauf beschrnkt, dieses konkrete Angebot eines Rechtsverletzers in Zukunft zu unterbinden, sondern dafr zu sorgen, dass Angebote einer ganzen Kategorie (Rolex-Uhren) einer besonderen Prfung unterzogen werden mssen 130 – was der Kerntheorie fr die Reichweite von Unterlassungstiteln 131 entspricht, aber gerade nicht von § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG bzw. Art. 15 der E-Commerce-Richtlinie bezweckt wird und dem gesetzlichen Ausschluss aktiver Jberwachungspflichten tendenziell entgegenluft, auch wenn es sich im Rahmen der Stçrerhaftung nicht um allgemeine, sondern um spezielle Beobachtungs- und Prfungspflichten handelt. 132 Das Gericht erkennt zudem, dass mit der Annahme von Kontroll- und Prfungspflichten 126 BGHZ 148, 13 (20 f.) – ambiente.de; BGH, Urteil v. 19.2.2004 – I ZR 82/01, GRUR

2004, 619 (621) – kurt-biedenkopf.de. 127 Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rz. 225; MnchKomm/Wagner,

§ 823 BGB Rz. 248 ff. 128 So wohl Stadler, Haftung fr Informationen im Internet, Rz. 66 ff.; Ehret, CR

2003, 754 (760). 129 Ausfhrlicher Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (13 ff.); Spindler, in: Spindler/

Geis/Schmitz, TDG, § 8 TDG Rz. 32. 130 Siehe speziell zur Zumutbarkeit und technischen Realisierbarkeit bei Online-

Auktionen Lehment, WRP 2003, 1058 (1061); dem BGH zust. Neubauer, K&R 2004, 482 (484); ebenso bezogen auf Arzneimittel D. Schultz, WRP 2004, 1347 (1353 ff.). 131 BGH, Urteil v. 29.6.2000 – I ZR 29/98, NJW-RR 2001, 620 (621); BGH, Urteil v. 15.12.1999 – I ZR 159/97, NJW-RR 2000, 704; BGH, Urteil v. 10.12.1998 – I ZR 141/96, NJW 1999, 1332 (1334); BGH, Urteil v. 17.7.1997 – I ZR 40/95, GRUR 1997, 931 (932); s. bereits BGH, Urteil v. 22.2.1952 – I ZR 117/51, BGHZ 5, 189; Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 1.52 ff.; Kçhler/Piper, Vor § 13 UWG Rz. 23; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprche und Verfahren, 1997, Kap. 57 Rz. 12 ff.; Teplitzky, GRUR 1999, 1050. 132 S. auch Volkmann, CR 2004, 750; hnlich jetzt Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 506; Berger/Janal, CR 2004, 917 (919, 923 f.) s. aber auch Hoeren, MMR 2004, 672 (673).

Spindler | 239

Kap. 6 Rz. 43c

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

unter Umstnden das gesamte Geschftsmodell der Internet-Plattformen und -auktionen gefhrdet wird, was wiederum kaum der Intention der E-Commerce-Richtlinie entspricht. Auch darf nicht verkannt werden, dass der Ansatz des Senats sich ohne weiteres auf smtliche Plattformen bertragen lsst, z.B. Meinungsforen oder andere Inhalteanbieter. 133 43c Der Senat versucht sich aus diesem Dilemma dadurch zu befreien, dass er darauf verweist, dass zum einen bei der Festlegung der Prf- und Kontrollpflichten die dem Plattformbetreiber zur Verfgung stehenden Mçglichkeiten bercksichtigt werden mssen, zum anderen der Verstoß gegen einen Unterlassungstitel Verschulden nach § 890 ZPO voraussetzt. Dennoch ist zweifelhaft, ob diese Hinweise allein gengen werden, um den grundstzlichen Konflikt zu lçsen: 134 Denn zumindest derzeit kçnnen Filterprogramme nicht das leisten, was ihnen teilweise offenbar unterstellt wird, 135 da sie nur allgemeine Filter bereithalten kçnnen, nicht aber Rhnlichkeiten sachgerecht herausfiltern kçnnten, ohne legale Angebote gleichzeitig zu unterbinden. 136 Zudem kann selbst bei Jbereinstimmungen mit einem Textfilter noch keine Aussage ber die Rechtswidrigkeit getroffen werden. 137 Auch die vom BGH vorgeschlagene Verknpfung von Verdachtsmomenten, etwa eines bestimmten Wortes im Angebot mit einem niedrigen Preis, muss nichts ber den Verdacht von Markenrechtsverletzungen besagen, 138 da z.B. auch gebrauchte Uhren mit dem Markennamen aufgrund des Erschçpfungsgrundsatzes vertrieben werden kçnnen. Zweifelhaft erscheint es auch, diese Fragen der Zumutbarkeit in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern, zumal praktisch in jedem Einzelfall geprft werden msste, ob und unter welchen Umstnden dem Plattformbetreiber die Prfung mçglich gewesen wre. Genau dies wollte aber § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG verhindern, was fr Schadensersatzansprche auch § 11 Satz 1 TDG belegt; andernfalls wre nicht nachvollziehbar, warum eine derartige Einzelfallprfung fr Schadensersatzansprche nicht mçglich sein sollte. Der Gesetzgeber des TDG bzw. der E-Commerce-Richtlinie wollte aber gerade diese im elektronischen Massenverkehr praktisch unmçglichen Prfungen weitgehend zu Gunsten der Diensteanbieter unterbinden. 43d Umgekehrt kommt eine Beschrnkung des Unterlassungsanspruchs bzw. des Unterlassungstitels auf die stets aufs Neue nachzuweisende Kenntnis 133 Volkmann, CR 2004, 750 (751); Hoeren, MMR 2004, 672 (673). 134 Dem BGH grundstzlich wohl zustimmend Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592

135 136

137 138

(598), allerdings ohne Konkretisierungen der Prfungspflichten, etwa im Hinblick auf Kontrolle der Server oder der Rechtsmßigkeit. S. etwa Lehment, WRP 2003, 1058 (1061), auf den sich der I. Zivilsenat beruft; hnlich jetzt Schultz, WRP 2004, 1347 (1354). Zu deren Untauglichkeit ausfhrlich Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 97 ff.; zur technischen Unmçglichkeit effektiver Sperrung und Filterung von Kommunikationsinhalten vgl. auch Schneider, MMR 2004, 18 (21 ff.). Zutr. Berger/Janal, CR 2004, 917 (923). Rhnlich Hoeren, MMR 2004, 672 (673); Berger/Janal, CR 2004, 917 (923).

240 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 44 Kap. 6

des Plattformbetreibers ebenfalls nicht in Betracht. 139 Denn dann wre der Titel, der in die Zukunft wirkt, praktisch wertlos und es kme jedesmal aufs Neue auf eine Abmahnung an. Eine Rechtsverletzung wre trotz Unterlassungstitel praktisch „einen Versuch kostenlos“; auch aus diesem Grund muss eine vollstndig analoge Anwendung der §§ 9–11 TDG scheitern. Eine Lçsungsmçglichkeit kçnnte darin liegen, fr Sachverhalte, die an sich 43e den §§ 9–11 TDG unterfallen wrden, den Unterlassungsanspruch dahin gehend zu modifizieren, dass dieser sich nur auf den jeweiligen Rechtsverletzer und auf diejenige Identitt bezieht, in der er bei der Plattform aufgetreten ist. Ebenso drfte der Unterlassungstitel entgegen der sonst heranzuziehenden Kerntheorie nicht alle hnlichen Markenverletzungen erfassen, sondern msste sich auf die konkrete Verletzung beziehen. 140 Bereits jetzt lsst die Rechtsprechung zu Recht eine Tendenz erkennen, eine przise Beschreibung des Unterlassungsanspruchs zu verlangen. 141 Damit wre dem Plattformbetreiber nicht Unzumutbares aufgebrdet, da er nur die Angebote des Rechtsverletzers untersuchen msste, was die Menge an potentiellen Verletzungen erheblich einschrnkt. Hierfr spricht auch, dass § 11 Satz 1 TDG als Parallele bei den Schadensersatzansprchen stets die Kenntnis und die Sperre auf einen ganz konkreten Inhalt und einen konkreten Verletzer bezieht, nicht aber etwa auf alle in Betracht kommenden, hnlichen Inhalte. 142 Durch eine solche Einengung wre weitgehend ein Gleichlauf zwischen Haftungs- und Stçrerhaftungsrecht erreicht. 143 c) Pr fpflichten auf Rechtswidrigkeit

Hinsichtlich der Prfpflichten bezogen auf die Rechtswidrigkeit kann die T- 44 tigkeit von Plattformbetreibern mit derjenigen eines Maklers bzw. traditionellen Versteigerers und einer Zeitschrift mit Annoncen verglichen werden. Gegenber dem klassischen Makler oder Auktionator steht beim OnlineAuktionsdienst ein automatisiertes Verfahren mit erheblich hçherer Zahl an Transaktionen, aber auch Teilnehmern im Vordergrund; daher kann die Ttigkeit hinsichtlich der werbenden Angebote eher mit einem Kleinanzeigen-Teil einer Zeitung verglichen werden, bei der nach ganz h.M. den Heraus139 Offen Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (598 f.), die zwar einerseits auf die Kennt-

140

141 142 143

nis abheben, dieses dann aber doch wiederum relativieren im Hinblick auf die hier vertretene Prfpflichtenkonzeption. In diese Richtung wohl auch Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 508 ff., 511: Pflicht „in der Zukunft vergleichbare Angebote (eines bestimmten Nutzers) zu entfernen“. BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259/00, WRP 2003, 1341 = JZ 2004, 146 – Paperboy, dazu Spindler, JZ 2004, 150. Ausfhrlicher dazu Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, TDG, § 11 Rz. 80 ff., 15 f. m.w.Nachw. Vorsichtig in diese Richtung wohl auch Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 510 f.

Spindler | 241

Kap. 6 Rz. 45

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

geber bzw. Verleger nur grobe Kontrollpflichten im Hinblick auf die Wettbewerbswidrigkeit der Anzeigen treffen. 144 Anders als im Falle des Maklers, der in der Regel selbst entsprechende Angebote oder Anzeigen gestaltet und daher hierfr unmittelbar wettbewerbsrechtlich einstehen muss, wird beim Auktionator und erst recht beim Online-Auktionshaus deutlich, dass die Inhalte von Dritten stammen (vgl. Rz. 11 ff.). Einzurumen ist zwar, dass Grund dieser Beschrnkung auf grobe Kontrollpflichten letztlich die Pressefreiheit und ihrer Finanzierung durch das Anzeigengeschft war. 145 Dennoch lsst sich dieser Gedanke vor dem Hintergrund der allgemeinen Verkehrspflichtendogmatik verallgemeinern: Denn ausschlaggebend fr die Annahme und Konkretisierung von Verkehrspflichten ist die Abwgung zwischen Aufwand fr die Kontrollen, Verursachungsbeitrag zur Gefahr, Beherrschbarkeit der Gefahr und Sozialblichkeit des Verhaltens. 146 Zwar kann den Diensteanbietern nicht jegliche Beherrschung der Gefahr abgesprochen werden; 147 doch kann nicht verkannt werden, dass eine vçllige Kontrolle der Inhalte selbst bei einer durch Menschen vorgenommenen Registrierung und Kenntnisnahme von den Inhalten ausscheidet. d) Abwgungskriterien f r Kontrollpflichten

45 Entsprechend allgemeiner Grundstze mssen daher der Rang der betroffenen Rechtsgter, der zu betreibende Aufwand und der zu erwartende Erfolg miteinander in Beziehung gesetzt werden. 148 Weder kann von vornherein jeder Aufwand angesichts des massenhaften Datenverkehrs als unzumutbar angesehen werden noch kann jede Rechtsgutsverletzung einen immensen Kontrollaufwand rechtfertigen. 149 So hat etwa das OLG Mnchen die 144 Statt vieler: BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120/96, NJW 1999, 1960; BGH, Ur-

145

146 147 148

149

teil v. 9.11.2000 – I ZR 167/98, GRUR 1992, 618; BGH, Urteil v. 10.11.1994 – I ZR 147/92, WRP 1995, 302; BGH, Urteil v. 6.7.1995 – I ZR 110/93, AfP 1995, 600; BGH, Urteil v. 9.11.2000 – I ZR 167/98, WRP 2001, 531 (533) = GRUR 2001, 529; OLG Kçln, Urteil v. 12.1.2001 – 6 U 32/00, AfP 2001, 145 (146); OLG Mnchen, Urteil v. 22.2.2001 – 29 U 3333/00, ZUM 2001, 529 (533). So deutlich BVerfG, Entscheidung v. 4.4.1967 – 1 BvR 414/64, BVerfGE 21, 271 (278); BGH, Urteil v.15.10.1998 – I ZR 120/96, NJW 1999, 1960 (1961); OLG Hamburg, Urteil v. 18.10.1990 – 3 U 63/90, AfP 1990, 318 (319); Kçhler, in: Baumbach/ Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 8 UWG Rz. 2.10; Engels, K&R 2001, 338 (343). MnchKomm/Wagner, § 823 BGB Rz. 248 ff.; Roth/Bamberger/Spindler, § 823 BGB Rz. 233 ff. S. schon Spindler, ZUM 1996, 533 (537); Spindler, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29 Rz. 11; anders Waldenberger, ZUM 1997, 176 (183 f.). Spindler, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29 Rz. 116 f.; Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1 (8 ff.); Schultz, WRP 2004, 1347 (1353 f.); weiter gehender Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, Rz. 409 ff. sowie zuvor Sieber, CR 1997, 581 ff., 653 ff., (668), der auf die Kommunikationsfreiheiten und den erheblichen Kontrollaufwand verweist. Vgl. Spindler, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Kap. 29 Rz. 116; s. auch Freytag, Haftung im Netz, S. 191 ff.

242 | Spindler

III. Stçrerhaftung

Rz. 47 Kap. 6

Verantwortlichkeit eines Universittsrechenzentrums, das ca. 40 000 Softwarepakete eines amerikanischen Providers zu Zwecken des schnelleren Herunterladens auf den eigenen Rechnern gespiegelt hatte, was tglich wiederholt wurde, im Hinblick auf Markenrechtsverletzungen nach § 5 Abs. 2, Abs. 4 TDG a.F. verneint, da der Kontrollaufwand fr eine einzelne Datei nicht im Verhltnis zu dem Erfolg der Verhinderung des Zugriffs stnde, zumal die Software ber andere Rechner dann heruntergeladen werden kçnne. 150 Nun ist zwar die Ttigkeit eines Auktionshauses kaum mit derjenigen eines 46 Providers, der massenweise tglich Inhalte ohne Kontrollmçglichkeit spiegelt, vergleichbar. Auch kann nicht behauptet werden, dass der Zugang zu rechtsgutsverletzenden Inhalten selbst bei einer Sperrung in gleicher Weise mçglich wre, da gerade die Plattform genutzt wird, um die Waren ber die rechtsgutsverletzenden Angebote abzusetzen. Doch ist der Betreiber einer Handelsplattform mit Registrierungsprozeduren zwischen Verleger und Makler einerseits und reinem Service-Provider (ohne jegliche Registrierungsprozeduren bezogen auf die Inhalte) angesiedelt, er unterliegt daher gegenber einem Verleger noch geringeren Kontrollpflichten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit. Untersttzend kann auf die Verantwortlichkeit im Urheberrecht, etwa von Kopierladenbetreibern, verwiesen werden: Bekanntlich hat der BGH den Ladenbetreiber lediglich zu eindringlichen Hinweisen auf die Einhaltung der Urheberrechte verpflichtet gehalten, obwohl dem Betreiber allgemein bekannt war, dass Kunden Urheberrechte verletzten und der Betreiber die Gerte hierzu bereitstellte. 151 Eine eingehende Prfung der Zulssigkeit der Angebote, z.B. im Hinblick auf Markenrechtsverletzungen, scheidet damit aus; 152 nur bei offensichtlichen oder nahe liegenden Verstçßen kommen derartige Pflichten in Betracht. e) Zusammenfassung

Daraus folgt, dass die oben entwickelten Prf- und Kontrollpflichten letzt- 47 lich auch fr die Qualifizierung der Stçrereigenschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind. Stçrer ist demnach nur dasjenige Auktionshaus (bzw. derjenige Plattformbetreiber), das seine (groben) Kontroll- und Prfpflichten verletzt, indem es seine Auktionsseiten auch nach entsprechender Kenntnis von Inhalten vçllig ungeprft lsst. Kommt es jedoch seiner Pflicht nach, indem regelmßig Prfungen durchgefhrt werden, kann es bei Zuwiderhandlungen nicht als Stçrer zur Haftung herangezogen werden.

150 OLG Mnchen, Urteil v. 3.2.2000 – 6 U 5475/99, CR 2000, 541 (542 f.). 151 BGH, Urteil v. 9.6.1983 – I ZR 70/81, NJW 1984, 1106 (1107) = GRUR 1984, 54. 152 S. auch fr Suchmaschinen-Betreiber LG Mnchen I, Urteil v. 20.9.2000 – 7 HK

12081/00, CR 2001, 46.

Spindler | 243

Kap. 6 Rz. 48

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

IV. Darlegungs- und Beweislast 48 Die Verteilung der Beweislast haben weder TDG noch E-Commerce-Richtlinie gendert, so dass die allgemeinen Grundstze Anwendung finden. 153 Bei der Bestimmung der Beweislastverteilung ist jedoch zu bercksichtigen, dass im Sinne der Effet-utile-Rechtsprechung des EuGH den Zielen der E-Commerce-Richtlinie, einer weitgehenden Verantwortlichkeitsprivilegierung, Rechnung getragen werden muss. Dies schließt aus, dem Diensteanbieter stets die volle Darlegungs- und Beweislast fr das Vorliegen der Merkmale zu berantworten, etwa wenn er sonst in Beweisnçte geriete. 154 Die E-Commerce-Richtlinie enthlt – ebenso wie das alte TDG – querschnittsartige, alle Rechtsgebiete erfassende Verantwortlichkeitsregelungen, die anders als zivilrechtliche Richtlinien keine Beweislastgrundstze enthalten. 49 Wer die Darlegungs- und Beweislast fr das Vorliegen der Voraussetzungen der Haftungsprivilegierungen trgt, hngt im Prinzip davon ab, ob die §§ 8–11 TDG als anspruchsbegrndende Merkmale oder rechtshindernde Einwendungen eingeordnet werden. Der BGH und die wohl h.M. qualifizieren das TDG zumindest fr die Frage der Kenntnis nach § 11 Satz 1 als anspruchsbegrndend. 155 Gegen eine vollstndige Aufbrdung der Darlegungs- und Beweislast fr alle in §§ 9–11 TDG enthaltenen Merkmale dem Anspruchsteller gegenber spricht allerdings wiederum, dass dieser bestimmte Interna des Diensteanbieters notwendigerweise nicht kennen kann, etwa ob Industriestandards nach § 10 eingehalten wurden, so dass in diesen Fllen aus Grnden der Beweisnhe und Waffengleichheit im Prozess die Darlegungs- und Beweislast dem Diensteanbieter zugewiesen werden sollte, zumindest aber dem Anspruchsteller mit Beweiserleichterungen, z.B. geringeren Anforderungen an die Darlegungslast, geholfen werden sollte. 156 Die Darlegungs- und Beweislast muss daher fr jedes Tatbestandsmerkmal der §§ 9–11 TDG gesondert bestimmt werden, je nachdem, ob dem Klger sonst ein praktisch nicht zu fhrender Beweis angesonnen wrde. 157 50 Fr Plattformbetreiber relevant ist in erster Linie die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG: Hier wird indes die fr § 5 TDG a.F. entwickelte und al153 Ebenso Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (593); a.A. fr die ECRL Pankoke, MMR

2004, 212 (215 f.). 154 Wie hier Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004

Rz. 463; a.A. offenbar Pankoke, MMR 2004, 212 (216). 155 Zu § 5 Abs. 2 TDG a.F.: BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335/02, NJW 2003, 3764;

OLG Dsseldorf MMR 2004, 315 (317); Freytag, Haftung der Provider, S. 202 f.; Pankoke, Providerhaftung, S. 181; Pichler, MMR 1998, 79 (87); Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (593). 156 Pankoke, MMR 2004, 212 (215 ff.); Schwarz/Poll, jurpc-Webdok 73/2003, 146; undifferenziert dagegen Staudinger, in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004 Rz. 463 f. 157 Im Ergebnis auch Pankoke, MMR 2004, 212 (215 ff.); Dustmann, Providerhaftung, S. 214 f.

244 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 52 Kap. 6

lein fr das Zivilrecht relevante Beweislastverteilung im neuen Recht abgeschwcht, da der Geschdigte gem. § 11 Satz 1 Nr. 1 TDG nur noch darlegen und unter Beweis stellen muss, dass der Anbieter von Umstnden Kenntnis hatte, aus denen die Rechtswidrigkeit der Information oder Handlung offenbar hervorgeht. Da es sich in diesem Fall in aller Regel um interne Vorgnge des Providers handelt, wird man dem Geschdigten Beweis- und Darlegungserleichterungen zubilligen mssen, indem Indizien dargelegt werden mssen, die darauf schließen lassen, dass dem Anbieter die Umstnde offensichtlich bekannt gewesen sein mssen. 158 Vollstndig der Kenntnis des Geschdigten entzogen ist schließlich die Tat- 51 sache, ob der rechtswidrig handelnde Nutzer unter der Aufsicht des Anbieters steht oder in dessen Auftrag handelte (§ 11 Satz 2 TDG). Hier muss es fr die Darlegungs- und Beweislast gengen, dass der Anspruchsteller Indizien vorbringt, aus denen sich ein Nheverhltnis des Nutzers zum Anbieter ergibt – dann muss der Anbieter konkrete Tatsachen vorbringen, aus denen sich ergibt, dass der Nutzer nicht unter seiner Aufsicht stand. 159

V. Auskunftsanspr che Wie im vorigen Abschnitt deutlich wurde, ist die Rechtsverteidigung durch 52 Inanspruchnahme der Plattformbetreiber fr den Rechtsinhaber nicht ohne Risiko. Insbesondere wird ihm eine Liquidation seiner durch die Rechtsverletzung verursachten Schden oft nicht mçglich sein, da eine Schadensersatzhaftung des Plattformbetreibers sowohl die Hrde des § 11 TDG als auch die des Verschuldensnachweises berwinden muss (vgl. o. Rz. 25 ff.). In solchen Fllen bleibt ihm nur eine Inanspruchnahme der Auktionsteilnehmer selbst, welche z.B. schutzrechtsverletzende Ware ber die Auktionsplattform anbieten. Materiellrechtlich ist dies in aller Regel unproblematisch: Der Handel mit raubkopierten Datentrgern, plagiierten Markenprodukten oder Pornografie lçst umfassende Schadensersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprche zugunsten der Rechtsinhaber aus. Schwierigkeiten kçnnen jedoch entstehen, wenn die Plattformteilnehmer pseudonym auftreten. Name und (ladungsfhige) Anschrift des Teilnehmers werden hier in aller Regel erst nach Abschluss der Auktion und nur dem Geschftspartner offenbart. Ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Auktionsteilnehmer setzt also voraus, dass der Plattformbetreiber dem Rechtsinhaber die zur gerichtlichen Inanspruchnahme des Teilnehmers er158 Rhnlich Pankoke, MMR 2004, 212 (216 f.); anders wohl Leible/Sosnitza, WRP

2004, 592 (593). 159 A.A. wohl Pankoke, MMR 2004, 212 (217): Beweislast beim Verletzten; ebenso

anscheinend Leible/Sosnitza, WRP 2004, 592 (593), die Beweislast fr Haftungsprivilegierungen generell beim Diensteanbieter verorten, sich aber wohl nur auf die Kenntnis beziehen wollen.

Spindler | 245

Kap. 6 Rz. 53

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

forderlichen Daten zur Verfgung stellt. In vielen Fllen wird er dies freiwillig tun, sei es, um seine eigene Inanspruchnahme durch den Rechtsinhaber im Sinne eines „do ut des“ zu verhindern oder sei es, um seinen guten Ruf als „sauberer Marktplatz“ zu wahren. 53 Ein solches Vorgehen ist aus datenschutzrechtlicher Sicht allerdings nicht unproblematisch. So bedarf nach § 3 Abs. 1 TDDSG die Herausgabe der Nutzerdaten, wie jede andere Verarbeitung personenbezogener Daten auch, entweder einer gesetzlichen Erlaubnis oder der Einwilligung des Nutzers. Einer Anwendung des TDDSG steht auch nicht entgegen, dass sowohl Plattformbetreiber als auch Nutzer „Diensteanbieter“ i.S.d. § 2 TDDSG sein kçnnen und somit kein Verhltnis Diensteanbieter – Nutzer vorlge. 160 Denn der Status der Netzteilnehmer nach dem TDG/TDDSG bestimmt sich ausschließlich nach der in der konkreten Konstellation ausgebten Rolle, so dass der Plattformteilnehmer, der u.U. gegenber seinen Kufern als Teledienst auftritt, gegenber dem Plattformbetreiber durchaus Nutzer sein kann. 161 § 6 Abs. 8 TDDSG, welcher erweiterte Befugnisse der Datenverarbeitung zu Gunsten des Diensteanbieters in Missbrauchsfllen vorsieht, scheidet in derartigen Fllen als Erlaubnisnorm aus, da diese Vorschrift voraussetzt, dass der Nutzer den Teledienst mit der Absicht in Anspruch nimmt, das Entgelt nicht zu entrichten. Tatbestandsmßig ist also ausschließlich die missbruchliche Verwendung des Dienstes gegenber dem Diensteanbieter, die Weitergabe der Daten an Dritte zur Durchsetzung von deren Ansprchen gegenber dem Nutzer ist nicht erfasst. 162 Teilweise wird eine Weitergabe der Nutzerdaten aber auf eine Einwilligung des Nutzers nach § 3 Abs. 1 TDDSG gesttzt sein, welche bereits in der „Datenschutzerklrung“ enthalten ist, die jeder Nutzer bei der Anmeldung zur Teilnahme am Auktionshandel abzugeben hat. 163 Da derartige „Datenschutzerklrungen“ blicherweise Voraussetzung einer Anmeldung zur Teilnahme am Plattformbetrieb sind, stellt sich hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, neben den sonstigen Anforderung, die das TDDSG an die datenschutzrechtliche (i.d.R. elektronische) Einwilligung stellt, vor allem die Frage ihrer Vereinbarkeit mit dem Gebot der „freien Entscheidung“ nach § 4a BDSG sowie dem 160 So aber von Olenhusen/Crone, WRP 2002, 164 (170). 161 Spindler, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 2 TDG Rz. 18; Tettenborn/Bender/L+b-

ben/Karenfort, Beil K&R 12/2001, 1 (7). s. auch Begr. RegE BT-Drs. 14/6098, S. 16. 162 Dix/Schaar, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 6 TDDSG Rz. 241; vgl. auch Schaar, Datenschutz im Internet, Rz. 459. 163 So etwa Ziff. 8 der Datenschutzerklrung von eBay Deutschland (Stand 12/2004): „Soweit die Jbermittlung meiner Daten an Dritte nicht aufgrund eines Gesetzes, insbesondere nach dem BDSG, erlaubt ist, willige ich ein, dass eBay, ... meinen Namen und meine Anschrift und soweit es im Einzelfall erforderlich ist, weitere personenbezogene Daten, Teilnehmern des Verifizierte Rechteinhaber Programms (VeRI) bermittelt, wenn diese eBay mitteilen, dass eines meiner Angebote eines ihrer Schutzrechte (Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie sonstiger immaterieller Rechte) verletzt ... “.

246 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 53 Kap. 6

Koppelungsverbot 164 des § 3 Abs. 4 TDDSG. Das Koppelungsverbot, welches dem Schutz der freien und eigenstndigen Willensbettigung bei der Einwilligung dient, 165 verbietet es dem Plattformbetreiber, die Nutzung seines Dienstes von einer Einwilligung des Nutzer in die Verarbeitung oder Nutzung seiner Daten „fr andere Zwecke“ abhngig zu machen. Unter „anderen Zwecken“ sind dabei alle Formen der Datenverarbeitung zu verstehen, welche nicht vom primren Zweck der Datenerhebung gedeckt sind. 166 § 5 Satz 1 TDDSG berechtigt den Plattformbetreiber, die hier interessierenden Bestandsdaten des Nutzers wie Name, Anschrift und Nutzername 167 zu verarbeiten, soweit dies zur Begrndung, inhaltlichen Ausgestaltung oder Rnderung des Nutzungsverhltnisses erforderlich ist. Es kommt also darauf an, ob die Herausgabe der, im Einklang mit § 5 Satz 1 TDDSG erhobenen, Daten an Dritte, welche einen Anspruch gegen den Nutzer geltend machen, eine Zwecknderung dieser Daten begrndet. Der von § 5 Satz 1 TDDSG gedeckte primre Erhebungszweck ist die Ermçglichung der Nutzung der Handelsplattform, also die Mçglichkeit als Teilnehmer Kufe und Verkufe abzuwickeln – eine Weitergabe der Nutzerdaten an Dritte ist hierfr nicht erforderlich. Eine solche Herausgabe ist nach § 5 Satz 2 TDDSG an Strafverfolgungsbehçrden und Gerichte zum Zwecke der Strafverfolgung zulssig, wobei diese Vorschrift gerade als Legitimation einer Zwecknderung aufgefasst wird. 168 Eine solche Zwecknderung wird man daher auch fr die „zivilrechtliche Herausgabe“ an Dritte annehmen mssen, so dass eine diese legitimierende Einwilligung dem Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG unterfllt. 169 164 Zu diesem Begriff Bizer, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 4 TDDSG

165

166

167

168

169

Rz. 183; Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.9 Rz. 62; Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, 16.4 Rz. 81; Scholz, in: Roßnagel, Datenschutz beim Online-Einkauf, S. 51; Schmitz, TDDSG und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, S. 107 ff.; Rasmussen, DuD 2002, 406 (409); Schaar, MMR 2001, 644 (647 f.). BT-Drs. 13/7385 S. 22; Spindler/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 34; Engel-Flechsig, in: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck’scher IuKDG-Kommentar, § 3 TDDSG Rz. 28; Bizer, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 3 TDDSG Rz. 184 ff.; Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, 16.4 Rz. 81; Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.9 Rz. 62; Rasmussen, DuD 2002, 406 (409); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2987). Bizer, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 3 TDDSG Rz. 197 f.; Dix, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 4 TDDSG Rz. 54; Engel-Flechsig, in: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck’scher IuKDG-Kommentar, § 3 TDDSG Rz. 31. Vgl. zu den typischen Arten von Bestandsdaten Dix, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 4 TDDSG Rz. 29; Schmitz, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 5 TDDSG Rz. 3. Bizer, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 3 TDDSG Rz. 143, 155; Roßnagel, in: Roßnagel/Banzhaf/Grimm, Datenschutz im Electronic Commerce, S. 213. Vgl. Schmitz, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 5 TDDSG Rz. 12; Schmitz, DuD 2001, 395.

Spindler | 247

Kap. 6 Rz. 54

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

54 Zu beachten ist allerdings, dass das Koppelungsverbot nicht uneingeschrnkt besteht, sondern nur insoweit, als dem Nutzer „ein anderer Zugang zu diesen Telediensten nicht oder nicht in zumutbarer Weise mçglich ist“. Diese Regelung soll insbesondere die Ausnutzung einer Monopolstellung des Diensteanbieters fr diesen Dienst zu Lasten der Einwilligungsfreiheit des Nutzers verhindern. 170 Entscheidend ist, dass dem Nutzer ein gleichwertiger Zugang zu „diesen“ Telediensten zur Verfgung steht, was auch eine Spiegelung desselben durch einen anderen Diensteanbieter mit einschließt. 171 55 Weist der Plattformbetreiber das Auskunftsersuchen des Rechtsinhabers zurck, so hngen dessen Mçglichkeiten einer erfolgreichen Rechtsverteidigung davon ab, ob er den Plattformbetreiber gerichtlich zur Herausgabe der Nutzerdaten zwingen kann, ihm also ein geeigneter materieller Auskunftsanspruch zur Verfgung steht. Einen allgemeinen, nicht aus besonderen Rechtsgrnden abgeleiteten Auskunftsanspruch kennt das deutsche Recht nicht, 172 ein solcher kann sich jedoch aufgrund spezialgesetzlicher Normierung aus der jeweils streitgegenstndlichen Rechtsmaterie, insbesondere dem jeweiligen Schutzgesetz ergeben. 56 Steht die Verletzung von Urheber- oder Markenrechten in Raume, so besteht ein Anspruch auf Drittauskunft nach § 101a UrhG bzw. § 19 MarkenG. Beide Vorschriften gehen auf das Produktpirateriegesetz (PrPG) zurck, 173 welches 1990 als Reaktion auf eine immer weiter um sich greifende Produktpiraterie geschaffen wurde, um dem Rechtsinhaber das Aufspren der Vertriebswege der Piraterieware zu ermçglichen. 174 Dementsprechend gibt das PrPG auch keinen Auskunftsanspruch gegen unbeteiligte Dritte, sondern setzt voraus, dass der Auskunftsschuldner selbst die Rechte des Auskunftssuchenden verletzt. Ausreichend fr eine solche Verletzung ist allerdings ein objektiv rechtswidriges Verhalten, ein Verschulden ist nicht er-

170 Vgl. hierzu Engel-Flechsig, DuD 1997, 474; Engel-Flechsig, in: Engel-Flechsig/

171 172

173 174

Maennel/Tettenborn, Beck’scher IuKDG-Kommentar, § 3 TDDSG Rz. 28; EngelFlechsig/Maennnel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2987); Schmitz, in: Hoeren/ Sieber, Handbuch Multimediarecht, 16.4 Rz. 82; Schmitz, in: Spindler/Geis/ Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 37; Bizer, in Roßnagel, Recht der Mulitmediadienste, § 3 TDDSG Rz. 205; vgl. fr den mittlerweile gleichlautenden § 95 Abs. 5 TKG BT-Drs. 15/2316 S. 89. Bizer, in Roßnagel, Recht der Mulitmediadienste, § 3 TDDSG Rz. 205. St. Rspr. seit RGZ, Urteil v. 3.6.1921 – II 590/20, RGZ 102, 235 (236); BGH, Urteil v. 28.10.1953 – II ZR 149/52 BGHZ 10, 385 (387); BGH, Urteil v. 22.1.1997 – VI ZR 334/55, NJW 1957, 669; BGH, Urteil v. 18.2.197 – VIII ZR 39/68, NJW 1970, 751; s. auch Staudinger/Bittner, Neubearbeitung 2004, § 260 BGB Rz. 18. BGBl. I, 1990, 422 ff., entsprechende Ansprche enthalten auch die §§ 140b PatG, 24b GebrMG, 37b SSchG, 9 Abs. 2 HlSchG; 24b GeschmMG. So die amtl. Begr. BT-Drs. 11/4792 S. 15, 30; Ensthaler, GRUR 1992, 273; Fezer, § 19 MarkenG Rz. 2; Dreyer/Kotthoff/Meckel/Meckel, § 101a UrhG Rz. 1; ebenso BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (633).

248 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 56 Kap. 6

forderlich. 175 Ein Auskunftsanspruch besteht also insbesondere dann, wenn der Plattformbetreiber auch als Stçrer haftet. Umgekehrt scheidet eine Auskunftsverpflichtung des Plattformbetreibers aus, wenn dieser die Rechtsverletzung zumutbarerweise nicht htte erkennen oder verhindern kçnnen (vgl. o. Rz. 40 ff.). Da die Stçrerhaftung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG ausschließlich nach den allgemeinen Haftungsregeln zu bewerten ist und eine Privilegierung gem. § 11 TDG ausscheidet (vgl. o. Rz. 34 ff.), kann auch eine nach § 101a UrhG, § 19 MarkenG geschuldete Auskunft nicht unter Verweis auf § 11 TDG verweigert werden. 176 Um einen Auskunftsanspruch nach dem PrPG auszulçsen, muss die Verletzung weiterhin im geschftlichen Verkehr erfolgen. 177 Diese dem UWG entlehnte Einschrnkung lsst jede Fçrderung irgendeines Geschftszwecks ausreichen, 178 ohne dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankme, 179 ein Merkmal, dass wohl alle Internet-Handelsplattformen erfllen drften. Im Falle des § 101a UrhG sind nur solche Verletzungshandlungen tatbestandsmßig, die „durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfltigungsstcken“ erfolgen. Verbreitung erfasst nach § 17 Abs. 1 UrhG allerdings bereits das Angebot des geschtzten Werkes (oder seiner Vervielfltigungsstcke) an die Iffentlichkeit, wobei hier Werbemaßnahmen wie Inserate in Katalogen ausreichen, 180 so dass diese Voraussetzung bereits mit Freischaltung des Angebots auf der Internet-Seite des Plattformbetreibers erfllt sein drfte. Ein Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG wie nach § 19 MarkenG ist ausgeschlossen, wenn die Auskunftserteilung im Einzelfall unverhltnismßig ist. Allerdings hat nach allgemeiner Ansicht der Gesetzgeber mit der Einfhrung der §§ 101a UrhG, 19 MarkenG dem Schutz des geistigen Eigentums grundstzlich Vorrang eingerumt, so dass eine Unverhltnismßigkeit nur in ab175 Dreier/Schulze/Dreier, § 101a UrhG Rz. 6; Schricker/Wild, § 101a UrhG Rz. 1;

176

177

178

179 180

Wandtke/Bullinger/Bohne, § 101a UrhG Rz. 3; Fezer § 19 MarkenG Rz. 4; Ingerl/ Rohnke, § 19 MarkenG Rz. 8; OLG Frankfurt, Urteil v. 20.11.1997 – 6 U 139/97, WRP 1998, 223 (224); OLG Zweibrcken, Urteil v. 14.2.1997 – 2 U 25/96, WRP 1997, 611 (614). In diesem Sinne, wenngleich zu einer analogen Anwendung von § 101a UrhG auf die Auskunftspflichten von Access-Providern Nordemann/Dustmann, CR 2004, 380 (386); ebenso fr § 5 Abs. 2 TDG a.F. von Olenhusen/Crone, WRP 2002, 164 (169). Im Bereich des Markenrechts ergibt sich dieses Erfordernis gem. §§ 14, 15 MarkenG, auf welche § 19 MarkenG verweist schon aus dem Inhalt des Ausschließlichkeitsrechts. § 101a UrhG normiert eine entsprechende tatbestandliche Einschrnkung auch fr das Urheberrecht. Dreier/Kotthoff/Meckel/Meckel, § 101a UrhG Rz. 2; Dreier/Schulze/Dreier, § 101a UrhG Rz. 6; Fezer, § 14 MarkenG Rz. 40; Strçbele/Hacker/Hacker, § 14 MarkenG Rz. 29; Ingerl/Rohnke, § 14 MarkenG Rz. 48; lediglich der rein private oder amtliche Bereich ist von einer Auskunftspflicht ausgenommen, vgl. BGH, Urteil v. 14.7.1961 – I ZR 40/60, GRUR 1962, 45 (47); BGH, Urteil v. 25.9.1970 – I ZR 47/69, GRUR 1971, 119. BGH, Urteil v. 10.2.1987 – KZR 43/85, GRUR 1987, 438 (440). Allg. Ansicht, vgl. Wandtke/Bullinger/Heerma, § 17 UrhG Rz. 7; Fromm/Nordemann/Nordemann, § 17 UrhG Rz. 3.

Spindler | 249

Kap. 6 Rz. 57

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

soluten Ausnahmefllen in Betracht kommt, etwa dann wenn der Rechtsinhaber nur ein sehr geringes Interesse an der Auskunftserteilung hat (etwa weil alle denkbaren Schadensersatz- oder Bereicherungsansprche bereits ausgeglichen sind), 181 diese fr den Verletzer jedoch mit erheblichen Nachteilen verbunden wre. 182 Die Darlegungs- und Beweislast fr eine etwaige Unverhltnismßigkeit trgt der Verletzer. 183 57 Die Pflicht zur Offenlegung des Vertriebswegs der Piraterieware besteht allerdings nicht unbeschrnkt. So muss der Plattformbetreiber nach §§ 101a Abs. 2 UrhG, 19 Abs. 2 MarkenG zwar Name und Anschrift smtlicher Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer nennen, zur Nennung der Abnehmer kann er dagegen nur gezwungen werden, wenn es sich um gewerbliche Teilnehmer handelt. Fr die Betreiber von B2C und C2C-Auktionsplattformen wie eBay bedeutet dies, dass sie zwar zur Preisgabe der Identitt des Verkufers der Piraterieware verpflichtet sind, nicht jedoch zu der des Kufers. Ist die Rechtsverletzung offensichtlich, so kann der Auskunftsanspruch gem. § 101a Abs. 3 UrhG bzw. § 19 Abs. 3 MarkenG im Wege der einstweiligen Verfgung geltend gemacht werden. Diese Regelung macht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Auskunftsbegehren, welches, einmal erfllt, nicht mehr rckgngig gemacht werden kann, einem einstweiligen Verfgungsverfahren nicht zugnglich ist. 184 Dementsprechend ist ein strenger Maßstab an die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung zu stellen: Eine solche ist nur anzunehmen, wenn weder die Rechtslage zweifelhaft ist, noch Umstnde ersichtlich sind, die einer Klrung durch das Hauptsacheverfahren bedrften, so dass eine ungerechtfertigte Belastung des Antragsgegners kaum mçglich ist. 185 58 Soweit die spezialgesetzlichen Ansprche des PrPG keine Anwendung finden – etwa in Fllen der Verletzung wettbewerbsrechtlich geschtzter Leis181 Vgl. zum Patentrecht: BGH, Urteil v. 20.12.1994 – X ZR 56/93, GRUR 338 (341 f.). 182 BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (633); Mçhring/Nicolini/

L+tje, § 101a UrhG Rz. 8; Wandtke/Bullinger/Bohne, § 101a UrhG Rz. 5; Dreier/ Schulze/Dreier, § 101a UrhG Rz. 8; Ingerl/Rohnke, § 19 MarkenG Rz. 14; Fezer, § 19 MarkenG Rz. 14; teilweise wird dieser Halbsatz auch als berflssig erachtet, da der Verhltnismßigkeitsgrundsatz dem deutschen Recht ohnehin immanent sei, vgl. Schricker/Wild, § 101a UrhG Rz. 4. 183 Zum Patentrecht: BGH, Urteil v. 20.12.1994 – X ZR 56/93, GRUR 1995, 338 (341 f.); Ingerl/Rohnke, § 19 MarkenG Rz. 19; Mçhring/Nicolini/L+tje, § 101a UrhG Rz. 8; Wandtke/Bullinger/Bohne, § 101a UrhG Rz. 5; Dreier/Schulze/Dreier, § 101a UrhG Rz. 8. 184 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 940 ZPO Rz. 17; Dreyer/Kotthoff/ Meckel/Meckel, § 101a UrhG Rz. 4; OLG Schleswig, Beschluss v. 27.10.2000 – 6 W Kart 35/2000, 6 W Kart 25/00, WRP 2001, 304. 185 So schon die amtl. Begr. BT-Drs. 11/4792; zum Urheberrecht: KG Berlin, Urteil v. 31.5.1996 – 5 U 889/96, GRUR 1997, 129 (130); LG Bielefeld, Urteil v. 8.9.2000 – 4 O 464/00, EWiR 2000, 1169; zum Gebrauchsmusterrecht: OLG Braunschweig, Beschluss v. 22.3.1993 – 2 W 11/93, GRUR 1993, 669; zum Markenrecht: OLG Kçln, Beschluss v. 7.10.2003 – 6 W 67/03, OLGR Kçln 2004 6 (7); Hanseatisches OLG, Urteil v. 5.9.1996 – 3 U 104/96, WRP 1997, 103.

250 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 58 Kap. 6

tungspositionen, allgemeiner Wettbewerbsverstçße oder sonstigen deliktischen Verhaltens der Auktionsteilnehmer – kommt der sog. „allgemeine Auskunftsanspruch“ zum Tragen. 186 Dieser mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannte 187 Anspruch wurde von der Rechtsprechung ursprnglich als ein akzessorischer Hilfsanspruch entwickelt, um dem Inhaber eines dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruchs die Bezifferung seines Schadens zu ermçglichen. 188 Hierauf aufbauend hat sich in Literatur und Rechtsprechung ein selbstndiger Auskunftsanspruch herausgebildet, welcher nicht der Vorbereitung einer Inanspruchnahme des Auskunftsschuldners selbst, sondern der Ermçglichung der Durchsetzung eines Hauptanspruchs gegen einen Dritten dient. 189 Voraussetzung einer Auskunftspflicht nach diesem Rechtsinstitut ist, dass zwischen dem Plattformbetreiber als Auskunftsschuldner und dem Verletzten als Auskunftsglubiger eine Rechtsbeziehung besteht, welche es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise 190 ber Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er die fr die Durchsetzung seines Anspruchs erforderlichen Informationen nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann, und der Auskunftsverpflichtete die Auskunft unschwer, d.h. ohne unzumutbare Belastung zu geben vermag. 191 Die Rechtsbeziehung zwischen Auskunftsberechtigtem und -verpflichtetem kann dabei ein vertragliches oder gesetz186 von Olenhusen/Crone, WRP 2002, 164 ff., 168; Kitz, GRUR 2003, 1014 (1016);

187 188

189

190

191

von Weichs/Foerstl, ZUM 2000, 897 ff.; Lorenz, JuS 1995, 569 (572); BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (633). Vgl. BGH, Urteil v. 7.11.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227 (232); vgl. auch Palandt/Heinrichs, §§ 260, 261 BGB Rz. 8 ff. Vgl. aus der umfangreichen Rechtsprechung BGH, Urteil v. 14.12.1995 – I ZR 210/93, GRUR 1996, 271 (275); BGH, Urteil v. 29.9.1994 – I ZR 114/84, GRUR 1995, 50 (54); BGH, Urteil v. 12.2.1987 – I ZR 70/85, GRUR 1987, 364 (365). Vgl. fr den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630; BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 152/92, GRUR 1994, 635; fr die sonstige deliktische Haftung vgl. z.B. BGH, Urteil v. 1.12.1999 – I ZR 49/97, NJW 2000, 2195; BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, GRUR 2001, 841; Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 9 UWG Rz. 4.25; a.A. wohl Kitz, GRUR 2003, 1014 (1016) unter Berufung auf BGH, Urteil v. 22.1.1957 – VI ZR 334/55, NJW 1957, 669 sowie OLG Karlsruhe, Urteil v. 12.4.1995 – 6 U 160/94, GRUR 1994, 772; die Entscheidung des BGH lehnt jedoch einen Drittauskunftsanspruch aus § 242 BGB keineswegs grundstzlich ab, sondern stellt lediglich fest, dass ein Drittauskunftsanspruch nicht besteht, wenn es an einer rechtlichen Sonderbeziehung zwischen Auskunftsbegehrendem und -verpflichtetem fehlt. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe betraf keinen Anspruch auf Drittauskunft im eigentlichen Sinne sondern einen ber diesen hinausgehenden Anspruch auf Beschaffung von Beweismitteln fr die gerichtliche Durchsetzung von Ansprchen gegen mçgliche Drittverletzer. An einer unverschuldeten Unkenntnis kann es beispielsweise fehlen, wenn der Glubiger eine frhere Informationsmçglichkeit nicht genutzt oder vorhandene Informationen nicht gesichert hat, vgl. BGH, Urteil v. 7.5.1980 – VIII ZR 120/79, NJW 1980, 2463 (2464), Kçhler/Piper, Vor § 13 UWG Rz. 118. St. Rspr. seit RG, Urteil v. 4.5.1923 – II 310/22, RGZ 108, 1, (7); BGH, Urteil v. 5.6.1985 – I ZR 53/83, BGHZ 95, 274 (278 f.); BGH, Urteil v. 19.3.1987 – I ZR

Spindler | 251

Kap. 6 Rz. 58

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

liches Schuldverhltnis sein. 192 Ergibt sich die Rechtsbeziehung aus einer (mittelbaren) Rechtsverletzung des Auskunftsglubigers durch den Auskunftsschuldner, so hngt die Frage, ob fr einen Auskunftsanspruch ein objektiv rechtswidriges Verhalten ausreicht, oder ein Verschulden des Verletzers erforderlich ist, davon ab, woraus man diesen Auskunftsanspruch dogmatisch ableitet. Ursprnglich war der selbstndige Auskunftsanspruch als Teil der Naturalrestitution aus § 249 BGB entwickelt worden, 193 so dass er als Teil eines Schadensersatzanspruchs Verschulden voraussetzte. 194 Mittlerweile wird dieser berwiegend aus § 242 BGB i.V.m. der verletzten Rechtsnorm (z.B. §§ 3 ff. UWG, § 823 BGB) hergeleitet, 195 wobei ein Verschulden des Auskunftsschuldners nicht mehr fr erforderlich gehalten wird. 196 Im Ergebnis muss der Plattformbetreiber also auch hier zumindest als Mitstçrer fr die Rechtsverletzung haften, um als Auskunftsschuldner in Frage zu kommen. An diesem dogmatischen Fundament hat sich auch nach dem PrPG nichts gendert. So ergibt sich mit der berwiegenden Ansicht der Anspruch nach der geltenden Rechtslage nicht aus einer Analogie zu den Normen des PrPG, da es insofern an einer planwidrigen Regelungslcke fehlt. 197 Die fehlende Analogiefhigkeit des PrPG hat zweierlei Konsequenz: Zum einen fehlt damit die im PrPG vorgesehene Mçglichkeit, die Er-

192 193

194 195

196

197

98/85, GRUR 1987, 647; BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (633); BGH, Urteil v. 2.2.1999 – KZR 11/97, GRUR 1999, 1025 (1029). Kçhler/Piper, Vor § 13 UWG Rz. 116; BGH, Urteil v. 13.6.1985 – I ZR 35/83, BGHZ 95, 285 (288). So etwa RG, Urteil v. 11.10.1935 – II 198/35, RGZ 148, 364 (374); BGH, Urteil v. 10.1.1964 – Ib ZR 78/62, GRUR 1964, 320 (323); BGH, Urteil v. 9.11.1967 – KZR 9/65, GRUR 1968, 272 (277); BGH, Urteil v. 21.12.1973 – I ZR 161/71, GRUR 1974, 351 (352); Tilmann, GRUR 1987, 251 (253). Hierzu Teplitzky, in: FS Tilmann, 913 (914); Apel, BRAK-Mitt. 1996, 253. BGH, Urteil v. 28.10.1953 – II ZR 149/52, BGHZ 10, 385; BGH, Urteil v. 4.6.1981 – II ZR 31, 80, BGHZ 81, 21 (24); BGH, Urteil v. 5.6.1985 – I ZR 53/83, BGHZ 95, 274 (278); BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (632); BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 152/92, GRUR 1994, 635 (637); BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, GRUR 2001, 841 (842); BGH, Urteil v. 21.2.2002 – I ZR 140/99, GRUR 2002, 709 (711); Jacobs, GRUR 1994, 634 (635); Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 9 UWG Rz. 4.2, 4.5; von Gamm, § 1 UWG Rz. 309; Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (914). BGH, Beschluss v. 9.11.1995 – I ZR 220/95, GRUR 1996, 78 (79); Apel, BRAKMitt. 1996, 253; Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (914); geht es dem Auskunftsglubiger um die Vermeidung knftiger Rechtsverletzungen so wurde teilw. auch ein schuldhaftes Handeln des Auskunftsschuldners vorausgesetzt, vgl. BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (632) m. abl. Anm. Jacobs, GRUR 1994, 634 (635), diese Einschrnkung wurde in der folgenden Rechtsprechung jedoch nicht beibehalten, vgl. BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, GRUR 841 (843) – Entfernung d. Herstellungsnummer II. Fr eine analoge Anwendbarkeit des PrPG auf die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Leistungspositionen OLG Frankfurt, Urteil v. 11.6.1992 – 6 U 74/91, WRP 1992, 797 (792); Asendorf, in: FS Traub, S. 21 (24); Jacobs, GRUR 1994, 634 f.; Ulrich, WRP 1997, 135 (137 f.); gegen das Bestehen einer planwidrigen Regelungslcke BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (632); BGH, Urteil

252 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 59 Kap. 6

teilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfgung durchzusetzen, 198 zum andern bedarf ein auf Treu und Glauben gesttzter Anspruch einer gesonderten, am Verhltnismßigkeitsgrundsatz ausgerichteten Interessensabwgung im Einzelfall, welche das Interesse des Verletzten an der Auskunft und der Belastung des Plattformbetreibers durch die Auskunftserteilung gegeneinander abwgt. 199 Dient die Auskunft zur Aufklrung von Schutzrechtsverletzungen, wird allerdings auch hier dem Auskunftsinteresse des Verletzten ein hohes Gewicht eingerumt, hinter dem sonst schutzwrdige Belange des Auskunftsschuldners, wie etwa Geheimhaltungsinteressen, hinten anstehen mssen. 200 Im Falle der Verletzung verbraucherschtzender Normen durch einen Aukti- 59 onsteilnehmer 201 ergeben sich zustzliche Auskunftspflichten des Plattformbetreibers aus dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG). 202 So kann ein solcher Teilnehmer nach §§ 1, 2 UKlaG von den in §§ 2a–4 UKlaG bezeichneten Stellen (i.d.R. Verbraucherverbnde) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs gibt § 13 UKlaG den Verbnden einen Auskunftsanspruch gegen die Erbringer von Post-, Telekommunikations-, Tele- und Mediendienste hinsichtlich der (vorhandenen) Bestandsda-

198

199

200

201

202

v. 24.3.1994 – I ZR 152/92, GRUR 1994, 635 (637); Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 9 UWG Rz. 4.3, Apel, BRAK-Mitt. 1996, 253. Baumbach/Hefermehl, Einl. UWG Rz. 402a; OLG Schleswig, Beschluss v. 27.10.2000 – 6 W Kart 35/2000, WRP 2001, 304; Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (918); fr eine Durchsetzbarkeit des allg. wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruchs im einstweiligen Verfgungsverfahren dagegen LG Dsseldorf, Beschluss v. 30.4.1996 – 4 O 126/96, WRP 1997, 253, zust. Ulrich, WRP 1997, 135 (138), fr eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 3 MarkenG im ergnzenden wettbewerbsrechtlich en Leistungsschutz Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (918). BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 (633); BGH, Urteil v. 24.3.1994 – I ZR 152/92, GRUR 1994, 635 (637); BGH, Urteil v. 23.2.1995 – I ZR 75/93, WRP 1995, 493 (495); Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl/Kçhler/Bornkamm, § 9 UWG Rz. 4.12 ff.; von Gamm, in FS Vieregge, S. 261 (264); Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (915 f.). In diesem Sinne etwa BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, GRUR 2001, 841 (842); BGH, Urteil v. 2.2.1999 – KZR 11/97, GRUR 1999, 1025 (1031); OLG Kçln, Beschluss v. 28.10.1998 – 6 W 15/98, GRUR 1999, 346 (349); Teplitzky, in: FS Tilmann, S. 913 (915 f.). Etwa durch Verwendung unwirksamer AGBs (§ 1 UKlaG) oder die Verletzung anderer verbraucherschtzender Normen i.S.d. § 2 UKlaG, vgl. hierzu Erman/S. Roloff, § 1 UKlaG Rz. 6 ff., § 2 UKlaG Rz. 4; Ulmer/Brandner/Hensen, Nachtrag zur 9. Aufl. S. 152; Palandt/Bassenge, § 1 UKlaG Rz. 11 ff, § 2 UKlaG Rz. 4 ff.; zum Begriff der verbraucherschtzenden Norm vgl. auch OLG Hamburg, Urteil v. 9.6.2004 – 5 U 186/03, n.v.; OLG Mnchen, Urteil v. 12.2.2004 – 9 U 4564/03, MMR 2004, 321; KG Berlin, Urteil v. 15.12.2003 – 23 U 98/03, NZM 2004, 431; OLG Mnchen, Urteil v. 11.9.2003 – 29 U 2681/03, CR 2004, 53. Vgl. aus der Rechtsprechung LG Frankfurt, Urteil v. 22.11.2002 – 5 S 90/02, CR 2003, 859 (LS) = MMR 2003, 423 (424).

Spindler | 253

Kap. 6 Rz. 60

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

ten 203 ihrer Nutzer. Voraussetzung ist, dass der Verbraucherverband als Auskunftsglubiger dem Plattformbetreiber als Teledienst 204 schriftlich versichert, dass er die verlangten Informationen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs bençtigt und diese anderweitig nicht beschaffen kann (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 UKlaG). Nach § 8 Abs. 5 UWG i.V.m. § 13 UKlaG besteht ein Auskunftsanspruch auch zu Gunsten von Verbnden nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 UWG sowie der Industrie- und Handelskammern § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG zur Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprche nach § 8 Abs. 1 UWG. Anders als bei den immaterialgterrechtlichen Auskunftsansprchen ist es bei § 13 UKlaG nicht erforderlich, dass der Plattformbetreiber selbst fr das rechtswidrige Verhalten seines Teilnehmers verantwortlich ist. 205 Ergibt sich der Unterlassungsanspruch speziell aus der Lieferung unbestellter Waren, der Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen oder der Zusendung oder sonstigen Jbermittlung unverlangter Werbung, so enthlt § 13a einen zu § 13 UKlaG inhaltsgleichen Auskunftsanspruch zu Gunsten jedermann, der aufgrund dieser Handlungen einen Unterlassungsanspruch gegen deren Urheber hat. 206 Auch dieser Anspruch setzt keine Haftung des Plattformbetreibers fr das beanstandete Verhalten seines Teilnehmers voraus. Ein Anspruch nach § 13a UKlaG ist ausgeschlossen, soweit ein solcher nach § 13 UKlaG bzw. § 8 Abs. 5 UWG i.V.m. § 13 UKlaG besteht. 207 Eine Durchsetzung im des Auskunftsanspruchs im einstweiligen Verfgungsverfahren ist weder fr § 13 noch fr § 13a UKlaG vorgesehen, so dass einer solchen die gleichen Argumente entgegenstehen wie beim allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch. 208 60 Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen eines materiellen Auskunftsanspruchs erfllt, so stellt sich wiederum die Frage, ob der Plattformbetreiber den Anspruch aus datenschutzrechtlicher Sicht erfllen darf. In diesem Zusammenhang ist zunchst zu bercksichtigen, dass fr die Identifikation der Plattformteilnehmer in der Regel eine Auskunft ber von einzelnen Kom203 Erman/S. Roloff, § 13 UKlaG Rz. 4; der Begriff „Bestandsdaten“ ist anhand § 5

204 205 206

207

208

TDDSG auszulegen, vgl. Palandt/Bassenge, § 13 UKlaG Rz. 6; Kitz, GRUR 2003, 1014 (1016). Zum Kreis der Auskunftsschuldner nach § 13 UKlaG vgl. auch Begr. RegE BTDrs. 14/6857 S. 71. Vgl. hierzu die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum RegE BT-Drs. 14/9353, S. 7. Ein solcher Anspruch kann sich z.B. aus §§ 823, 862, 1004 BGB ergeben, vgl. etwa BGH, Urteil v. 20.12.1988 – VI ZR 182/88, BGHZ 106, 229 (232 ff.) fr den Unterlassungsanspruch gegen unerwnschte Werbung; vgl auch RegE BT-Drs. 14/9353, S. 7. Allerdings wird z.T. angenommen, dass der Anspruch nach § 13a UKlaG nur dann ausgeschlossen ist, wenn eine insoweit anspruchsberechtigte Stelle die erforderliche schriftliche Versicherung tatschlich abgegeben hat, vgl. LG Bonn, Urteil v. 19.7.2004 – 6 S 77/04, DuD 2004, 631; a.A. Palandt/Bassenge, § 13a UKlaG Rz. 2. Vgl. o. Rz. 58, a.A. wohl LG Frankfurt, Urteil v. 22.11.2002 – 5 S 90/02, CR 2003, 859 (LS) = MMR 2003, 423 (424).

254 | Spindler

V. Auskunftsansprche

Rz. 61 Kap. 6

munikationsvorgngen unabhngige Bestandsdaten ausreicht, welche nicht dem Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG und § 85 TKG unterliegen. 209 Einer Auskunftspflicht entgegenstehen kçnnten jedoch § 3 TDDSG sowie, subsidir, § 4 Abs. 1 BDSG. Die beanspruchte Auskunft darf nach diesen Vorschriften nur erteilt werden, wenn eine Einwilligung des Nutzers vorliegt oder ein gesetzlicher Erlaubnistatbestand eingreift. Wie bereits dargestellt deckt der hier einschlgige § 5 TDDSG eine Herausgabe der Nutzerdaten an einen anspruchstellenden Dritten nicht. Eine Erlaubnis nach „anderen Rechtsvorschriften“, z.B. § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG, wrde voraussetzen, dass diese als zum TDDSG subsidire Vorschriften 210 fr die Verarbeitung von Bestandsdaten anwendbar im Regelungsbereich des TDDSG sind. Dies ist jedoch im Hinblick auf die abschließenden Regelungen der §§ 4, 5, 6 TDDSG zu verneinen. 211 Damit bleibt auch bei Bestehen eines materiellen Auskunftsanspruchs die Herausgabe der Nutzerdaten von der, an § 3 TDDSG zu messenden, Einwilligung des Nutzers abhngig. 212 Eine Ausnahme wird man hier wohl fr die Ansprche aus §§ 13, 13a UKlaG machen mssen. So stellt § 13 Abs. 2 Satz 2 UKlaG ausdrcklich klar, dass die Auskunft nicht deshalb verweigert werden darf, weil derjenige, dessen Daten bermittelt werden sollen, in die Jbermittlung nicht einwilligt. 213 Freilich ist zu bercksichtigen, dass alle dargestellten Auskunftsansprche 61 nur insoweit vom Plattformbetreiber erfllt werden kçnnen, als er auch ber entsprechende Kenntnis verfgt, d.h. die geforderten Daten auf seinen Systemen gespeichert hat, wobei eine solche Speicherung wiederum einer datenschutzrechtlichen Legitimation bedarf. Da es vorliegend jedoch ausschließlich um Bestandsdaten wie Name, Anschrift und Nutzerkennung des Teilnehmers geht, welche der Plattformbetreiber ohnehin fr die Ab209 Groß, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.8 Rz. 6; B+chner, in: Beck’-

210 211

212

213

scher TKG-Kommentar § 85 TKG Rz. 3; Scheurle/Mayen/Zerres § 85 TKG Rz. 17; Trute/Spoerr/Bosch § 85 TKG Rz. 9; W+rmeling/Flexiberger, CR 1997, 230 (234). Vgl. BT-Drs. 13/7385, S. 21. Spindler/Dorschel, CR 2001/2005; Sieber/Hçfinger, MMR 2004, 575 (583); Schmitz, in: Spindler/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 3; Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, 16.4 Rz. 61; Bizer, in Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 3 TDDSG Rz. 111, Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.9 Rz. 60; Schaar, Datenschutz im Internet, Rz. 372; Roßnagel, in: Roßnagel/Banzhaf/Grimm, Datenschutz im Electronic Commerce, S. 164 f.; ausdrcklich auch die Begr. RegE BT-Drs. 14/6098, S. 14; anderns noch Engel-Flechsig, in: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck’scher IuKDG-Kommentar, § 3 TDDSG Rz. 16; a.A. ohne Begrndung Nordemann/Dustmann, CR 2004, 380 (387); Chykowski, MMR 2004, 514 (518); LG Hamburg, Urteil v. 7.7.2004 – 308 O 264/04, CR 02/2005; LG Kçln, Urteil v. 28.7.2004 – 28 O 301/04, n.v. Auf die gesteigerte Bedeutung der Einwilligung im Datenschutzrecht fr Multimediadienste weist auch Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.9 Rz. 60 hin. Vgl. hierzu auch Dix, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 5 TDDSG Rz. 43; s. auch BT-Drs. 14/6857, S. 71.

Spindler | 255

Kap. 6 Rz. 62

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

wicklung des Nutzungsverhltnisses bençtigt, ist hier § 5 Satz 1 TDDSG als Erlaubnistatbestand ohne weiteres einschlgig. 214

VI. Besondere Flle 1. Produkthaftung 62 Eine Produkthaftung des Plattformbetreibers, des Auktionshauses, des Community-Shopping-Betreibers oder Anbieters von Internet-Plattformen scheidet dagegen in aller Regel aus: Denn das Auktionshaus fungiert selbst bei neuen Sachen nur als Vermittler, nicht aber als Hersteller und auch nicht als Hndler. Eine weitere Inverkehrgabe der Ware, wie sie grundstzlich die verschuldensabhngige Produzentenhaftung als auch das ProdHaftG vorsehen, erfolgt mangels einer eigenen Verfgungsmçglichkeit des Auktionators ber die Ware nicht. Der Auktionator kann nicht selbst entscheiden, ob und an wen er die Ware weitergibt, so dass ihm schon aus diesem Grund nicht die Produkthaftung treffen kann. Darber hinaus fehlen ihm die typischen Mçglichkeiten des Hndlers zur Jberprfung der Ware, die es rechtfertigen kçnnen, rudimentre Gefahrenabwehrpflichten anzunehmen. 215 Dies gilt erst recht fr Internet-Plattformen, bei denen nur die technischen Kommunikationsmittel zur Verfgung gestellt werden. Auch der Betreiber eines Community Shopping bringt die Ware nicht weiter in den Verkehr, sondern stellt nur den Kontakt unter Ausntzung der Kosteneinsparungen des Internet her.

2. Haftungsfragen bei Bewertungen durch Plattformteilnehmer 63 Eine Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers fr die Bewertungen scheidet in aller Regel aus, da es sich um fremde Inhalte handelt, von denen der Plattformbetreiber meist keine Kenntnis haben wird (§ 11 TDG). 216 Davon unberhrt bleibt indes die Haftung als Stçrer: Erhlt der Plattformbetreiber Kenntnis von einem rechtswidrigen Bewertungsinhalt, ist er verpflichtet, dafr zu sorgen, dass die Bewertung von dem jeweiligen Urheber nicht mehr in die Bewertungen des Anbieters einfließen kann. 217 Eine generelle

214 Engel-Flechsig, in: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Beck’scher IuKDG-

Kommentar, § 5 TDDSG Rz. 10 ff.; Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 7.9 Rz. 69 ff.; Roßnagel, in Roßnagel/Banzhaf/Grimm, Datenschutz im E-Commerce, S. 165 ff.; Dix, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 5 TDDSG Rz. 29 ff.; Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Rz. 189; Schmitz, in: Spindler/Geis/Schmitz § 5 TDDSG Rz. 3. 215 Nher dazu Bamberger/Roth/Spindler, § 823 BGB Rz. 531 ff. m.w.N.; wie hier jetzt auch Staudinger in: Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet, 2004, Rz. 495. 216 S. schon Rz. 15 ff. 217 Im Ergebnis ebenso Meyer, NJW 2004, 3151.

256 | Spindler

VI. Besondere Flle

Rz. 64 Kap. 6

Stçrerhaftung, etwa dergestalt, dass alle hnlichen Bewertungen in Zukunft verhindert werden mssten, besteht dagegen nicht. 218

3. Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte Aufgrund der hufig nur eingeschrnkten Identittsprfung bei elektroni- 64 schen Handelsplattformen, insbesondere aufgrund des Verzichts auf die Verwendung digitaler Signaturen, haben sich in jngster Zeit die Meldungen ber Verwendung falscher Decknamen und Identitten gehuft. Soweit die Beziehungen der Marktplatzteilnehmer untereinander betroffen sind, gengen hier entsprechende Aufklrungen durch den Plattformbetreiber. 219 Fr Betroffene, deren Identitten benutzt wurden und die nicht an der Plattform teilnehmen, kann dies jedoch nicht gelten; auch hier sind Verletzungen ihrer Namens- und Persçnlichkeitsrechte denkbar, da etwa beim Marktfhrer eBay die Kontrolle der Identitt zwingend nur ber das SCHUFA-System erfolgt, das die Namen und das Geburtsdatum berprft, nicht aber eine dem PostIdent-Verfahren vergleichbare Kontrolle ermçglicht. Die Flle hneln im Ansatz der unbefugten Benutzung von Markennamen im Rahmen von Angeboten, so dass die Plattformbetreiber grundstzlich nur einer eingeschrnkten Stçrerhaftung unterliegen. Jedoch drfte es hier dem Plattformbetreiber eher zumutbar sein, entsprechende Kontrollen bei der Registrierung der Teilnehmer durchzufhren, die eine unbefugte Nutzung von Namen aufdecken, sofern der Plattformbetreiber vom Geschdigten zuvor in Kenntnis davon gesetzt wurde. Denn der Plattformbetreiber unterhlt grundstzlich eine Gefahrenquelle, die er im Ansatz jedenfalls beherrschen kann; 220 auch darf nicht verkannt werden, dass mit der digitalen Signatur verlssliche Mechanismen zur Verfgung stehen, die eine unbefugte Nutzung von fremden Identitten aufdecken kçnnen. Auf eine vorherige Aufklrung der Nutzer der Plattform und damit der in Kauf genommenen Risiken zugunsten geringerer Kosten kann sich der Plattformbetreiber gegenber unbeteiligten Dritten nicht berufen, da sie in keinerlei vertraglicher Beziehung zum Betreiber stehen und rein deliktisch geschdigt werden. Hinsichtlich der Schadensersatzansprche gelangt jedoch § 11 TDG zur Anwendung, da auch die benutzte fremde Identitt zu den Inhalten gehçrt, die fr den Plattformbetreiber „fremd“ sind.

218 Nher zur Stçrerhaftung oben Rz. 33 ff. 219 Ausfhrlicher dazu Kap. 5 Rz. 92 ff. 220 Zutr. AG Potsdam, Urteil v. 3.12.2004 – 22 C 225/04, n.v., allerdings bezogen auf

nebenvertragliche Pflichten.

Spindler | 257

Kap. 6 Rz. 64

258 | Spindler

Deliktische Haftung der Plattformbetreiber

Kapitel 7 Problemfelder der Besteuerung des E-Business

I. Wirtschaftliche Realitten des E-Business . . . . . . . . . . . . 1. Standortbestimmung . . . . . 2. Typische Geschftsmodelle . 3. Bedeutung der Steuerkomponente . . . . . . . . . . . . II.Fortentwicklung des Steuerrechts 1. Betriebssttte . . . . . . . . . 2. Qualifikation der Einknfte .

1 1 2 10 14 14 24

3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . 4. Datenzugriff der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . III. Offene Fragen . . . . . . . . . . 1. Bestimmung eines fremdvergleichskonformen Verrechnungspreises . . . . . . . . . . 2. Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung . . . . . . . . .

34 45 55

55 66

I. Wirtschaftliche Realitten des E-Business 1. Standortbestimmung E-Business: Ein Markt wird erwachsen. So, oder so hnlich kçnnte man heute 1 die Entwicklung im elektronischen Geschftsverkehr charakterisieren. Die inzwischen im E-Business eingetretene Ernchterung und die damit einhergehende Marktkonsolidierung entsprechen dem klassischen Verlauf des Marktphasenmodells. 1 Unberlegte und wenig ausgereifte Konzepte sind vom Markt verschwunden oder haben doch zumindest eine konsequente Jberarbeitung gefunden. Die geschwundene Euphorie hat dazu gefhrt, dass Geschftsmodelle und Businessplne jetzt grndlich geprft werden. 2 Statt Marktausdehnung um jeden Preis stehen nunmehr die Ziele Effizienzsteigerung und Kostensenkung im Vordergrund: E-Business der zweiten Generation 3 konzentriert sich daher auf das Generieren eines Mehrwerts durch die Kombination von neuen Mçglichkeiten digitaler Medien mit den Erfahrungen und Vorteilen herkçmmlicher Wertschçpfungsaktivitt. 4 Dementsprechend greifen vielfach Unternehmen der Old Economy die Techniken und Prozesse des E-Business auf und integrieren diese in ihre Geschftsablufe. 5 Parallel hierzu sind umsatzstarke neue Mrkte wie das Online-Auktionsgeschft neu entstanden. Etablierte Anbieter in der Reisebranche, im Autohandel, im Musikgeschft oder in den Banken haben sich auf neue Konkurrenten und Wett1 2 3 4 5

Vgl. ausfhrlich: Kessler, StbJb 2001/2002, S. 437 ff. Vgl. Voigt/Landwehr/Zech, Elektronische Marktpltze, 2003, S. 1 f. Vgl. hierzu Abbildung 1. Vgl. Sprague/Boyle, Generalbericht, CDFI, Vol. LXXXVI a (2001), S. 140. Vgl. Hirn/Rickens, managermagazin 6/2003, 72, 74; Wolf, Baustelle E-Business, 2001, S. 49.

Kessler | 259

Kap. 7 Rz. 2

Problemfelder der Besteuerung

bewerbssituationen einstellen mssen. Dessen ungeachtet betrgt der Anteil der klassischen dot.coms am Gesamtvolumen der Internet-Industrie lediglich ca. 10%. 6 Demzufolge drften die sog. dot.com-tailers zwar die fr die New Economy typischsten Akteure sein, die bedeutendsten Investitionen der zweiten Generation des E-Business werden jedoch von traditionellen Unternehmen gettigt, die ihre Geschftsverfahren verbessern mçchten. 7 Abb. 1: Marktphasenmodell

2. Typische Geschftsmodelle 2 Ungeachtet der aufgezeigten wirtschaftlichen Realitten sowie getragen von viel Pioniergeist und Phantasie hat sich das çffentliche Interesse zunchst auf die dot.com-Companys konzentriert, deren Geschftsmodelle primr absatzorientiert sind. Grundstzlich lassen sich dabei zwei Marketingstrategien unterscheiden: – Schaffung neuer Produkte und Dienstleistungen und – Anpassung bestehender Produkte und Dienstleistungen an die digitale Technologie. 3 Zur Gruppe der neuen Dienstleistungen gehçren neben den klassischen Internet(zugangs)providern und allen damit verwandten (technischen) Intermediren aus den Bereichen Web-Hosting und Data-Warehousing alle Unternehmen, denen es gelungen ist, Angebote zu entwickeln, die sich die 6 Vgl. Center for Research in Electronic Commerce der University of Texas, http://

www.internet-indicators.com/index.html. 7 Vgl. Sprague/Boyle, Generalbericht, CDFI, Vol. LXXXVI a (2001), S. 140; s.a. Abbil-

dung 1.

260 | Kessler

I. Wirtschaftliche Realitten des E-Business

Rz. 6 Kap. 7

technischen Mçglichkeiten einer rumlich und zeitlich ungebundenen Kommunikation mit einer nahezu unbegrenzten Zahl von Teilnehmern çkonomisch nutzbar machen. 8 Typisches Beispiel fr ein in diesem Sinne erfolgreiches Geschftsmodell 4 der Netzwirtschaft ist das Internet-Auktionshaus eBay. Nach Einschtzung der meisten Analysten wird eBay in 2004 drei Milliarden Dollar Provisionsumsatz erzielen. 9 eBays Geschftsidee besteht im Kern darin, nicht selbst als Anbieter von Gtern im Internet aufzutreten, sondern nur den marktlichen Informationsaustausch gegen eine vom Transaktionsvolumen abhngige Kommission zu koordinieren (sog. Infomedir). 10 Mittlerweile haben sich Online-Auktionen in beinahe jedem Bereich des Online-Handels etabliert. Dies gilt gleichermaßen fr den Business-to-Business- wie auch fr den im Business-to-Consumer-Bereich. 11 Rhnliche Beispiele sind die zahlreichen Internet-Dienstleistungen, wie Such- 5 maschinen (z.B. google, Yahoo), Web-Portale von Internet Service Providern (bspw. AOL, T-Online, MSN) aber auch Informationsanbieter wie Zeitungen oder Stellenbçrsen, die sich meist durch Bannerwerbung 12 finanzieren und damit zugleich die Grundlage fr eine moderne Variante der Tauschwirtschaft (Bartering) in Form des Austauschs von Werbebannern gelegt haben. 13 Zur Gruppe der umgeformten bzw. angepassten Produkte und Dienstleis- 6 tungen gehçren alle Angebote, die alternativ oder ergnzend zu den physischen Absatzwegen digitale Vertriebsformen nutzen. Zu denken ist dabei u.a. an das Online-Banking und den Online-Versandhandel. So nutzt Otto bereits seit dem Jahr 1995 das Internet neben dem klassischen Printkatalog, Telefon, Fax, Btx und CD-ROM-Katalogen zustzlich als Informations- und Verkaufsplattform. Whrend Newcomer im Internet-Versandhandel teure Lager aufbauen und Lehrgeld in der Logistik bezahlen mssen, greift Otto auf Bewhrtes zurck: So stehen zum einen sieben strategisch gnstig gele8 Gute Beispiele auch immer noch im White Paper U.S. Treasury, vgl. United States

9 10

11 12

13

Department of the Treasury, Selected Tax Policy Implications of Global Electronic Commerce, abgedruckt in: Intertax 1997, 148 ff. Vgl. Bauer, Sddeutsche Zeitung vom 7.1.2004, 19; Hirn/Rickens, managermagazin 6/2003, 72 ff.; je, Handelsblatt vom 23.1.2004, 15. Infomedire treten als Vermittler zwischen Unternehmen und Kunden auf. Dabei gilt zu beachten, dass das Geschftsmodell der Infomedire erst durch das Internet mçglich geworden ist, vgl. Ludewig, in: Ludewig/Buschmann/Herbrand, Silicon Valley – Made in Germany, 2000, S. 31; ausfhrlich zum Geschftsmodell eBay: Aigner/Gçttert/Hagen/Jahn/Mayerhçfer/Stoll, Capital 12/2003, 69 ff.; Hohensee/ Hennersdorf, Wirtschaftswoche Nr. 10 vom 27.2.2003, 70 ff. Vgl. Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, 2003, S. 64. Bei google zahlen die werbetreibenden Kunden per Klick – meist zwischen 20 Cent und einem Euro. Dabei gilt: Je weiter oben die Anzeige steht, desto teurer wird es, vgl. Hirn/Rickens, managermagazin 6/2003, 72 ff. Vgl. Hardesty, e-commerce 2000, No. 3, 21 f.

Kessler | 261

Kap. 7 Rz. 7

Problemfelder der Besteuerung

gene Lager des Versands zur Verfgung, zum anderen liefern die 3 000 Transporter des konzerneigenen Logistikdienstleisters Hermes die online bestellte Ware auch aus. 14 7 Weitere Beispiele sind der Web-Hndler amazon sowie der medienwirksame grenzberschreitende Medikamenten-Handel des niederlndischen Unternehmens DocMorris, welches rund 2 000 Medikamente ber das Internet vertreibt und die Internetangebote von Leistungstrgern in der Tourismusbranche wie z.B. Lufthansa oder Expedia. 15 Whrend normale Reisebros gegenber dem Kunden lediglich als Vermittler auftreten, erwirbt Expedia den Großteil seines Reiseangebots direkt von den Leistungserbringern. Anschließend verkauft Expedia die Tickets oder Hotelzimmer ber seine Website an den Endkunden weiter. Und zwar zu einem Preis, den Expedia nach Angebot und Nachfrage selbst kalkulieren kann. Das Internet bildet dabei die Plattform fr alle unternehmerischen Aktivitten in den Bereichen Verkauf, Service, technische Untersttzung und den Aufbau von direkten Kundenbeziehungen bei Ausschaltung von Intermediren (sog. Disintermediation). 16 8 In elektronischen Marktpltzen wird die Chance gesehen, sich mit Lieferanten und Kunden zu vernetzen und mit relativ geringen Anfangsinvestitionen unter Umstnden betrchtliche Kosteneinsparungen durch den elektronischen Handel zu realisieren. Unter einem elektronischen Marktplatz ist zunchst eine Website im Online-Handel zu verstehen, die durch eine „manyto-many“-Beziehung zwischen mehreren Anbietern und mehreren Nachfragern gekennzeichnet ist. 17 Beispiele hierfr sind die Marktpltze Covisint, SupplyOn oder Hospitalnetwork. Waren es zu Beginn des Marktplatz-Hypes in erster Linie Start-Up-Unternehmen, die Marktpltze aufbauten und betrieben, so sind es heute mehr und mehr Konglomerate von nachfragenden Unternehmen, Anbietern oder Intermedire, die Marktpltze ins Leben rufen. 9 Die in der Iffentlichkeit vielbeachteten dot.coms sind also – wie gesagt – nur ein (kleinerer) Teil des E-Business. Die im Bereich der traditionellen Wirtschaft zu realisierenden Produktivittsgewinne bersteigen das Volumen der dot.coms langfristig um ein Vielfaches. E-Business ist also deutlich mehr als ein neuer Vertriebskanal und eignet sich z.B. auch und insbesondere fr die Neuordnung des Beschaffungswesens und die Optimierung der internen Betriebsablufe. 18 Einen Eberblick ber die Einsatzfelder im E-Business gibt Abbildung 2: Vgl. Hirn/Rickens, managermagazin 6/2003, 80. Vgl. Frieden, Cybertaxation, 2000, S. 41. Vgl. PagB/Ehring, Electronic Business und New Economy, 2001, S. 96. Vgl. Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Online-Handel, 2003, S. 25; Voigt/Landwehr/Zech, Elektronische Marktpltze, 2003, S. 22. 18 Vgl. Kessler, StbJb 1998/99, S. 335; PagB/Ehring, Electronic Business und New Economy, 2001, S. 155; Wolf, Baustelle E-Business, 2001, S. 40; s.a. Amor, in: Ludewig/ Buschmann/Herbrand, Silicon Valley – Made in Germany, 2000, S. 248. 14 15 16 17

262 | Kessler

I. Wirtschaftliche Realitten des E-Business

Rz. 11 Kap. 7

Abb. 2: Einsatzfelder im E-Business

3. Bedeutung der Steuerkomponente Im Zuge dieser Akzentverschiebung verlagern sich auch die steuerlichen 10 Problemfelder. Statt der bislang im Vordergrund stehenden Problematik des Online-Vertriebs digitaler Gter an Endverbraucher rcken mehr und mehr steuerliche Fragestellungen in den Blickpunkt, die sich im Zuge des Umbaus klassischer Großunternehmen zur modernen E-Company ergeben. Die Palette der damit angesprochenen Problemfelder reicht dabei von der bilanzsteuerlichen Behandlung der berwiegend immateriellen Wirtschaftsgter bis hin zur Bestimmung eines angemessenen Verrechnungspreises. Ausgangspunkt der steuerlichen Diskussion im Rahmen des E-Business 11 war der Umstand, dass die fr das Internet charakteristische Ortsunabhngigkeit und Entmaterialisierung steuerliche Tatbestandsmerkmale, die an physischen Merkmalen anknpfen, weitgehend leer laufen lassen. Im Hinblick auf eine mçgliche Erosion der Steuerbasis im Quellenstaat veranlasste der zunehmende Einsatz des Internet als wichtiger Produktionsfaktor zahlreiche internationale Organisationen, Wissenschaft und Literatur nach Anknpfungspunkten fr eine Besteuerung im Quellenstaat zu suchen. Als richtungsweisend sind in diesem Zusammenhang in erster Linie die Arbeiten der von der OECD eigens eingesetzten Technical Advisory Groups (TAGs) zu werten. 19 19 Vgl. OECD, Taxation and Electronic Commerce – Implementing the Ottawa taxa-

tion framework conditions, 2001, S. 79.

Kessler | 263

Kap. 7 Rz. 12

Problemfelder der Besteuerung

12 Dabei wird sehr deutlich, dass das eigentliche Kernproblem der Besteuerung des digitalen Geschftsverkehrs in der grundstzlichen Frage zu suchen ist, ob die Einknfte aus dieser Ttigkeit nach dem Wohnsitz- oder nach dem Ursprungsprinzip besteuert werden sollen. 20 Ob der (Wohn-)Sitz- bzw. der Quellenstaat ganz oder teilweise auf die Besteuerung verzichtet, regelt – soweit vorhanden – ein Doppelbesteuerungsabkommen, das wiederum vielfach den Grundstzen des OECD-Musterabkommens folgt. 13 Der folgende Beitrag konzentriert sich einerseits auf die Darstellung und kritische Wrdigung der bislang erzielten Fortentwicklung des Steuerrechts im Hinblick auf E-Business-Transaktionen, will aber andererseits auch den Versuch unternehmen, bestehende Zweifelsfragen zu klren.

II. Fortentwicklung des Steuerrechts 1. Betriebssttte 14 Nach den im DBA-Recht verankerten Regeln zur zwischenstaatlichen Verteilung des Steuersubstrats bildet die Existenz einer Betriebssttte das zentrale Ankn pfungsmerkmal f r die Zuweisung des Besteuerungsrechts. Gewinne eines inlndischen Unternehmens kçnnen daher nur dann im Ausland besteuert werden, wenn das Unternehmen dort eine Betriebssttte unterhlt – et vice versa. Nach Art. 5 Abs. 1 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) liegt eine Betriebssttte vor, wenn das Unternehmen seine Ttigkeit im anderen Staat ganz oder teilweise mittels einer festen Geschftseinrichtung ausbt. Dies gilt allerdings nur, wenn die Ttigkeit ber eine quantitativ und qualitativ wenig ins Gewicht fallende Hilfsttigkeit bzw. eine rein vorbereitende Aktivitt hinausgeht, da derartige Ttigkeiten durch den in Art. 5 Abs. 4 OECD-MA normierten Ausnahmekatalog abkommensrechtlich ausdrcklich ausgenommen sind. 21 15 Ein deutlich berbewerteter Schwerpunkt der bisherigen Fachdiskussion war bzw. ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein vom Inhalts- bzw. Zugangsanbieter genutzter Internetserver als Betriebssttte qualifiziert werden kann. 22 Der Standpunkt der deutschen Finanzverwaltung ergibt sich interessanterweise nicht aus dem Betriebsstttenerlass, sondern einer vorlufigen Stellungnahme der OFD Karlsruhe zu einem Spezialfall. 20 Vgl. OECD Business Profits TAG, Are the current treaty rules for taxing business

profits appropriate for e-commerce? – Discussion Draft vom 26.11.2003, 11, abrufbar auf der OECD-Website (www.oecd.org); s.a. Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S. 308 ff. 21 Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 387; Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S. 67 ff. 22 Vgl. z.B. Kessler/Peter, BB 2000, 1545; Portner, IStR 1999, 641 ff.; Wiater/Bosch, IStR 1998, 758.

264 | Kessler

Rz. 16 Kap. 7

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Dabei kommt die OFD Karlsruhe zu dem Ergebnis, dass ein Internet-Server, der ausschließlich Werbe- und Bestellfunktionen bernimmt, zwar grundstzlich eine feste Geschftseinrichtung bilden kann, letztlich aber unter den Negativkatalog des Art. 5 Abs. 4 OECD zu subsumieren ist. 23 In die gleiche Richtung weist auch die sehr viel differenziertere Beurteilung 16 durch den Fiskalausschuss der OECD, der am 22.12.2000 eine Ergnzung des Kommentars zum OECD-MA verabschiedet hat, die grçßere Klarheit bei der Anwendung des Art. 5 auf den elektronischen Handel schaffen soll. 24 Gemß den neu gefassten Randziffern 42.2 bis 42.10 25 zum Betriebsstttenartikel soll ein dedizierter Internet-Server des Inhaltsanbieters in den Fllen als Betriebssttte qualifiziert werden, in denen die Summe der durch diese Rechnerausstattung ausgebten Unternehmensttigkeiten nicht nur mehr als bloße Hilfsttigkeit oder vorbereitende Ttigkeit qualifiziert werden kann. Dies ist regelmßig bei sog. Online-Transaktionen zu bejahen, welche vollstndig ber das Internet abgewickelt werden, d.h., auch die Auslieferung findet ausschließlich ber das Internet statt. Als dedizierten Server bezeichnet man in der Terminologie der Informationstechnik sowohl das Betreiben eines eigenen Servers als auch die Zur-Verfgung-Stellung eines bestimmten Servers durch ein Providerunternehmen im Rahmen eines Miet- oder Leasingvertrags. Abb. 3: Checkliste zur Server-Betriebssttte Server Art. 5 OECD-MA Geschftseinrichtung

Festigkeit

Web-Hosting

Dedizierter Server

(Dienst- oder Werkvertrag zur Bereitstellung von Daten)

(eigener bzw. bestimmter gemieteter Server)

ja

ja

(Hard- + Software)

(Hard- + Software)

nein

ja

(Unphysische Komponente wird vom Provider je nach Kapazittserfordernis verlagert und dient somit der ProviderTtigkeit.)

(Falls unphysische Komponente tatschlich auf einem bestimmten Server verbleibt und keine Mirrorserver zum Einsatz kommen.)

23 Vgl. OFD Karlsruhe, Verfgung vom 11.11.1998, S 1301 A – St 332; ausfhrlich

hierzu: Kessler/Maywald/Peter, IStR 1999, 439; s.a. Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S. 184 ff. 24 Die vorgesehenen Rnderungen des OECD-Musterkommentars zu Art. 5 OECDMA: OECD, Taxation and Electronic Commerce – Implementing the Ottawa taxation framework conditions, 2001, S. 82 f.; s.a. Kessler/Peter, IStR 2001, 242; Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, 187. 25 Vgl. hierzu Checkliste zur Server-Betriebssttte, s.a. Kessler/Peter, IStR 2001, 238 ff.; Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S. 199.

Kessler | 265

Kap. 7 Rz. 17 Server Art. 5 OECD-MA Ttigkeit des Unternehmens

Verfgungsgewalt

Problemfelder der Besteuerung

Web-Hosting

Dedizierter Server

(Dienst- oder Werkvertrag zur Bereitstellung von Daten)

(eigener bzw. bestimmter gemieteter Server)

ja

ja

(Personal nicht erforderlich)

(Personal nicht erforderlich)

nein

ja

(Verfgungsgewalt liegt regelmßig beim ISP) Negativkatalog Art. 5 Abs. 4 OECD-MA

tendenziell nein

einzelfallabhngig

(I.d.R. wesentliche wirtschaftliche Funktion vor dem Hintergrund der gesamten Unternehmensttigkeit.)

– Hilfsttigkeit insbesondere bei reinen OfflineGeschften – Hauptttigkeit insbesondere bei reinen OnlineGeschften.

Betriebssttte

Provider

Inhaltsanbieter

17 Dieser Auffassung folgt auch das FG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 6.9.2001, welches gleichsam die erste Auseinandersetzung der deutschen Finanzrechtsprechung mit der Problematik einer Serverbetriebssttte darstellt. 26 Demnach fhrt die Installation eines Rechners zwecks der Weitergabe von Informationen in den Fllen zur Begrndung einer Betriebssttte, in denen die Informationsvermittlung als Kern der Unternehmensttigkeit anzusehen ist. Bedauerlich ist demgegenber, dass der BFH mit Urteil vom 5.6.2002 die Frage, ob ein Internet-Server eine Betriebssttte begrnden kann, außer Acht lsst und sich vielmehr auf die Grenzziehung zwischen Vermçgensverwaltung und Gewerblichkeit bei Betriebssttten konzentriert. 27 18 Jbertrgt man die Grundstze der Neukommentierung des OECD-MA auf elektronische Marktpltze ergibt sich Folgendes: Nach dem Kommentar zum OECD-MA ist ein elektronischer Marktplatz in seiner Gesamtheit als ein immaterielles Wirtschaftsgut – analog zur Website – anzusehen. 28 Das Vorliegen einer Betriebssttte setzt aber grundstzlich einen physischen An26 Vgl. FG Schleswig-Holstein vom 6.9.2001 – II 1224/97, Rev. eingelegt EFG 2001,

1535 ff. 27 Vgl. BFH vom 5.6.2002 – I R 86/01, IWB F. 3 Gr. 2, 1037 f., mit Anmerkung Kamin-

ski/Strunk. 28 Vgl. OECD-MK, Art. 5, Tzn. 42.2, 42.3.

266 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 21 Kap. 7

knpfungspunkt voraus. Den physischen Anknpfungspunkt stellt der Server dar, auf dem der elektronische Marktplatz abgelegt ist. Fr die Untersuchung einer mçglichen Betriebsstttenbegrndung muss daher weiter zwischen dem Marktplatzbetreiber einerseits und den Akteuren auf dem Marktplatz andererseits differenziert werden. Wickelt der Betreiber den Marktplatz ber einen eigenen bzw. dedizierten 19 Server ab, so begrndet der Server eine Betriebssttte, da der Betreiber in diesem Fall die erforderliche Verf gungsmacht ber die feste Geschftseinrichtung innehat. Bei den Anbietern und Nachfragern auf dem Marktplatz findet sich aus demselben Grund in der Mehrzahl der Flle kein physischer Anknpfungspunkt. Eine Ausnahme hiervon bilden lediglich die Flle, in denen die Akteure selbst die Verfgungsmacht ber den Server ausben, etwa wenn der Betreiber des Marktplatzes auch selbst als Anbieter oder Nachfrager auftritt. 29 Das Gleiche gilt im Ergebnis auch fr die steuerliche Beurteilung von Internet-Auktionen. Nachdem diese – im Rahmen der Diskussion um die Besteuerung des E-Busi- 20 ness beraus wichtige – „Vorarbeit“ geleistet ist, konzentrieren sich die weiteren Arbeiten auf Ebene der OECD u.a. der bislang noch viel zu wenig beachteten Frage, welcher Gewinn einer Server-Betriebssttte zugeordnet werden kann bzw. muss. 30 Dass die bislang auf die Betriebsstttenproblematik verwandten intellektuellen Kapazitten jedoch in keinem Verhltnis zum wirtschaftlichen „Ertrag“ stehen, macht der im Februar 2001 von der OECD vorgelegte Entwurf zur Gewinnabgrenzung bei Server-Betriebssttten sehr deutlich. 31 Regelmßig wird einer solchen Server-Betriebssttte nmlich nur sehr wenig Gewinn zuzuordnen sein. Um dem „dealing-at-arm‘s-length“-Prinzip Rechnung zu tragen und eine ver- 21 ursachungsgerechte Aufteilung des Gesamterfolgs zu gewhrleisten, ist nach Auffassung der OECD-Arbeitsgruppe die Erfolgsabgrenzung nach funktionalen Gesichtspunkten vorzunehmen. Entscheidende Bedeutung kommt hierbei den eingesetzten Wirtschaftsgtern einerseits und dem bernommenen wirtschaftlichen Risiko andererseits zu. Vor dem Hintergrund internetspezifischer Immaterialgter, wie z.B. der speziell durch die Ausgestaltung der Website geschaffene Kundenstamm, muss diese Frage jedoch von Fall zu Fall beantwortet werden. Tendenziell erscheint eine eindeutige Zuordnung letztlich nur in den Fllen mçglich, in denen die Website in der Betriebssttte selbst entworfen und erstellt wurde. 32 Dabei ist insbesondere an die Lizenzierung bzw. Vollrechtsbertragung von Software, Markennamen und nicht zuletzt die Jberlassung von Know-how sowie Markt- und Geschftschancen 29 Vgl. Eckerle, in: Lçwenstein/Looks, Betriebsstttenbesteuerung, 2003, S. 559. 30 Vgl. Bern+tz/Weinreich, WPg 2001, 690 f. 31 Vgl. OECD, Taxation and Electronic Commerce – Implementing the Ottawa taxa-

tion framework conditions, 2001, S. 201. 32 Vgl. Kessler, StbJb 2001/2002, S. 454.

Kessler | 267

Kap. 7 Rz. 22

Problemfelder der Besteuerung

zu denken. 33 Hinter einer Geschftschance verbirgt sich die bloße Mçglichkeit zur Erlangung eines zuknftigen Vermçgensvorteils. Daher kann grundstzlich davon ausgegangen werden, dass jede bernommene Funktion mit einer entsprechenden Geschftschance verbunden ist. 22 Unter Bercksichtigung der genannten Aspekte drfte allerdings in der Mehrzahl der Flle der zuzuordnende Gewinn nicht sehr hoch sein. Schließlich verbleibt die wesentliche wirtschaftliche Ttigkeit regelmßig auch weiterhin beim Stammhaus, whrend der Server diese lediglich noch umsetzt. Allerdings bleibt die Zurechnung eines geringen Anteils am Gesamtgewinn und der von der Business Profits TAG vorgesehene weite Anwendungsbereich der Kostenaufschlagsmethode auf OECD-Ebene nicht unwidersprochen. 34 Denn das Diskussionspapier des OECD-Fiskalausschusses bezglich der Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebssttte im Allgemeinen folgt vielmehr dem Grundsatz der Selbststndigkeitsfiktion einer Betriebssttte („hypothesised separate entity approach“) und ordnet dieser entsprechend mehr Gewinn zu als dies bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode mçglich ist. 35 23 Der minimalinvasive Eingriff der OECD in den Betriebsstttenartikel drfte im Ergebnis sowohl aus fiskalischer Sicht als auch aus steuerplanerischer Sicht wenig bewirken, weil er den Umstand außer Acht lsst, dass die Omniprsenz des Internet die rumliche Belegenheit eines Internet-Servers stark relativiert. Denn die punktuelle Prsenz an einer bestimmten Stelle des Cyberspace bedeutet grundstzlich die gleichzeitige Prsenz an allen anderen Orten dieses globalen Netzverbundes. Aus steuerplanerischer Sicht folgt daraus, dass die seitens des OECD-Steuerausschusses herausgearbeiteten Kriterien zur Server-Betriebssttte durch gezielte Gestaltung der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen unschwer die gezielte Begr ndung einer Server-Betriebssttte ermçglichen. Andererseits kçnnen diese Tatbestandsmerkmale aber auch relativ leicht umgangen werden, so dass die mit der Feststellung einer Betriebssttte im Quellenstaat verbundenen Steuerfolgen letztlich nicht eingreifen. 36

2. Qualifikation der Eink nfte 24 Unter der Annahme fehlender physischer Prsenz eines auslndischen Anbieters im Inland fhren Vergtungen fr digitale Produkte und Dienstleistun33 Vgl. zu den Kriterien fr die Zurechnung einer Geschftschance: FG Saarland vom

31.5.2001 – 1 K 152/99, EFG 2001, 1165, Rechtsausfhrungen aufgehoben und zurckverwiesen durch BFH vom 7.8.2002 – I R 64/01, BFH/NV 2003, 203 ff.; s.a. BFH vom 13.11.1996 – I R 149/94, DStR 1997, 323; Thiel, DStR 1993, 1804. 34 Vgl. Hinnekens, Intertax 2001, 330. 35 Vgl. Strunk, IWB F. 10 Gr. 2, 1535 f. 36 Vgl. Kessler/Peter, IStR 2001, 242; Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2001, S. 202.

268 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 26 Kap. 7

gen nach nationalem deutschen Steuerrecht – mangels Vorliegens einer Betriebssttte – regelmßig nicht zur beschrnkten Steuerpflicht nach § 49 EStG. Dies gilt z.B. fr die digitale „Lieferung“ von Standardsoftware. Zwar erscheint aus Grnden der Wettbewerbsneutralitt zwischen digitalem und physischem Geschftsverkehr eine Gleichbehandlung von physischem und Online-Handel geboten. Dem stehen aber – zumindest auf dem ersten Blick – zivil- und steuerrechtliche Hrden im Weg. So ist beispielsweise festzustellen, dass der Erwerber im Online-Handel umfangreicheren urheberrechtlichen Beschrnkungen unterliegt als im physischen Handel. Der Grund hierfr ist die Nichtgeltung des sog. Erschçpfungsgrundsatzes. Ohne Erlaubnis des Urhebers darf der Kunde demzufolge die online-erworbene Software nicht weiter verußern. Vielmehr bedarf die Online-Verbreitung bzw. die çffentliche Wiedergabe der ausdrcklichen Einwilligung des Urhebers. Darber hinaus ist dem Vergtungsschuldner ebenso wenig gestattet, sein downgeloadetes Exemplar stattdessen auf CD zu brennen und dann weiter zu verußern. 37 Soweit diese zustzlichen urheberrechtlichen Beschrnkungen gegen Ent- 25 gelt aufgehoben werden, kçnnte durchaus an eine beschrnkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2f bzw. Nr. 6 EStG gedacht werden. In diesem Fall spricht viel dafr, dass der Inhalt des Vertrags (auch) die Einrumung von Rechten i.S.d. Urheberrechtsgesetzes umfasst. Eine solche Beurteilung setzt jedoch einerseits eine Verwertung der Rechte in einer inlndischen Betriebssttte oder in einer anderen Einrichtung voraus. Andererseits wird bei einer am wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion orientierten Sichtweise deutlich, dass der Zweck der Softwareberlassung in der Vielzahl der Flle nicht in der kommerziellen Verwertung, sondern in der schlichten Werknutzung durch den Kunden besteht. Insoweit spielt das Urheberrecht in derartigen Fllen – wenn berhaupt – nur am Rand eine Rolle. Alternativ hierzu ist die Anwendung von § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu prfen. 26 Die erste Variante dieser Norm erfasst Einknfte aus der Nutzung beweglicher Sachen und ist daher im Ergebnis nur einschlgig, wenn man der zivilrechtlichen Qualifikation von Software als Sache i.S.d. § 90 BGB durch den BGH folgt und betrifft zudem nur die Flle der zeitlich begrenzten Nutzungs berlassung von Standardsoftware. Typischer Anwendungsfall hierfr ist das sog. Application Service Providing (ASP). Bei diesem Vertriebskonzept ruft der Kunde Programme – je nach Bedarf – via World Wide Web auf seinem lokalen Rechner fallweise ab und zahlt fr diese temporre, sporadische Nutzung ein von der konkreten Nutzungsdauer abhngiges Entgelt oder eine Pauschalgebhr. Im Fall des ASP stellt jedoch gerade nicht die Jberlassung eines Computerprogramms die wirtschaftlich relevante Hauptleistung dar. Vielmehr wird die permanente Verfgbarkeit einer Software-Anwendung entsprechend eines genau festgelegten Leistungsspektrums betrachtet. Da37 Mit zahlreichen Nachweisen: Kessler, IStR 2000, 74; Kessler, StbJb 2001/2002, S.

455 f.

Kessler | 269

Kap. 7 Rz. 27

Problemfelder der Besteuerung

mit schließt der inlndische Nutzer in aller Regel einen Dienst- bzw. Werkvertrag mit dem Application Service Provider ab, da regelmßig nicht allein die Bemhung, sondern der Erfolg der Nutzbarmachung der Software samt vereinbarter Nebenleistungen geschuldet wird. 38 Insoweit erbringt das Providerunternehmen eine gewerbliche Dienstleistung mit der Folge, dass die erzielten Gewinne als Einknfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG zu qualifizieren sind und mangels inlndischer Betriebssttte keine beschrnkte Steuerpflicht in Deutschland nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG nach sich ziehen. 27 Auf Abkommensebene zieht der geltende Musterkommentar zum OECDMA (OECD-MK) eine abstrakte Trennlinie zwischen einem Recht an dem geistigen Eigentum („intellectual property“) und dem daraus resultierenden Werkstck, das dieses Recht verkçrpert („copyrighted article“). Damit knpft die OECD an eine US-amerikanische Verwaltungsanweisung zur Qualifikation von Software-Vergtungen (Treas. Reg. § 1.861–18) an und folgt letztlich einer Anregung des US-Finanzministeriums aus dem „White Paper“ 1996. 39 Mit Blick auf das wirtschaftliche Interesse des Nutzers fhren demnach Entgelte aus der Jberlassung von Software fr den allgemeinen persçnlichen oder betrieblichen Gebrauch regelmßig zu Unternehmensgewinnen i.S.d. Art. 7 OECD-MA, da keine Rechte zur kommerziellen Verwertung auf den Erwerber bergehen. Im Fall der zeitlich unbegrenzten Jberlassung von Software via Internet scheidet damit eine Besteuerung im Quellenstaat – mangels Betriebssttte – grundstzlich aus. Daran ndert auch die Tatsache nichts, dass die Jbermittlung digitaler Produkte sowie deren bestimmungsgemßer Gebrauch – technisch gesehen – die Erstellung einer Kopie erforderlich machen. Hinzu kommt, dass diese Einordnung grundstzlich auch unabhngig von der vereinbarten Zahlungsmodalitt– etwa die Zahlung des Entgelts in Raten oder die Ankopplung der Vergtungen an ein zuknftiges Ereignis – gilt. 28 In die gleiche Richtung zielt auch die Auffassung des FG M nchen vom 23.5.2001. 40 Im entschiedenen Fall begrndeten Vergtungen, die eine in der Schweiz ansssige Kapitalgesellschaft fr die Einrumung eines territorial begrenzten Vertriebsrechts an Standardsoftware von ihrer inlndischen Tochtergesellschaft erhalten hatte, inlndische Einknfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit der Folge, dass der inlndische Vergtungsschuldner zur Einbehaltung und Abfhrung einer Quellensteuer nach § 50a EStG verpflichtet war. Dabei trgt das FG Mnchen dem Umstand Rechnung, dass die von der 38 Vgl. Kessler/Maywald/Peter, IStR 2000, 430. 39 Vgl. US Department of the Treasury, White Paper, 1996, abgedruckt in: Intertax

1997, 148. s.a. Kessler, IStR 2000, 99 f.; Kessler/Peter, in: Kessler, Das Steuerrecht der Neuen Medien, 2003, Teil 5/5.3.1. Mit der Forderung, die Grundwertungen der Software-Regulations auf nationaler US-Ebene auch auf andere digitale Gter auszudehnen: Jensen, Tax Notes Int‘l, October 8, 2001, 159. 40 Vgl. FG Mnchen vom 23.5.2001 – 1 K 3026/97, EFG 2001, 1374.

270 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 31 Kap. 7

Finanzverwaltung vorgenommene Abgrenzung zwischen Standard- und Individualsoftware vielfach nicht mehr mit der wirtschaftlichen Realitt industrieller oder kaufmnnischer Computerprogramme bereinstimmt. Ursache hierfr sind die im Zuge der rasanten Entwicklung der Programmiertechnik mçglich gewordenen Implementierungs- und Anpassungsvorgnge bei standardisierter Software (z.B. das modulartig aufgebaute SAP R/3). Vor diesem Hintergrund ist vor allem bemerkenswert, dass das Finanzgericht – entgegen der bisherigen Vorgehensweise – nicht die Differenzierung zwischen Standard- und Individualsoftware fokussiert, sondern ausdrcklich auf das wirtschaftliche Interesse des Nutzers abstellt. Entscheidend ist also letztlich, ob der Vertrieb der Software zur allgemeinen betrieblichen und persçnlichen Nutzung oder zur kommerziellen Verwertung infolge der Einrumung einer Vertriebslizenz – wie im entschiedenen Fall – erfolgt. Etwas anderes soll allerdings gemß Tz. 13.1 OECD-MK dann gelten, wenn 29 dem Erwerber Teilrechte eingerumt werden, das geistige Eigentum an Software oder anderen digitalen Gtern kommerziell zu verwerten. In diesem Fall wird die Vergtung in erster Linie fr die Ebertragung des Vervielfltigungsrechts – und nicht fr die Jbermittlung eines digitalen Produkts als solches – gezahlt, so dass es zwingend erscheint, diesem Umstand durch eine Qualifikation als Lizenzgeb hren i.S.d. Art. 12 OECD-MA Rechnung zu tragen. Gehen im Gegensatz hierzu smtliche Nutzungs- und Vermçgensrechte aus der Entwicklung eines digitalen Produkts auf den Erwerber ber mit der Folge, dass der ursprngliche Rechtsinhaber seine Rechte wirtschaftlich vollstndig aufgibt, liegen gemß Tz. 16 OECD-MK regelmßig Einknfte i.S.d. Art. 7 OECD-MA bzw. in Sonderfllen auch Verußerungsgewinne nach Art. 13 OECD-MA vor. Am 1.2.2001 verabschiedete die sog. „Income Tax TAG“ der OECD einen drit- 30 ten und abschließenden Bericht in Bezug auf die Qualifikation der Einknfte aus E-Commerce-Transaktionen. 41 Hiernach wurden 28 verschiedene Arten von elektronischen Geschftsvorgngen analysiert und entsprechend ihrem wirtschaftlichen Gehalt qualifiziert. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe haben als Ergnzungen bzw. Einschbe Eingang in den geltenden Musterkommentar zu Art. 12 OECD-MA (Lizenzgebhren) gefunden. 42 Ein nutzungsbedingtes Vervielfltigungsrecht soll gemß Tz. 14 OECD-MK 31 bei der steuerlichen Qualifikation der Einknfte grundstzlich außer Acht bleiben. Gleichzeitig wird damit ein grundlegender Unterschied zwischen Old und New Economy deutlich: Whrend der Kopiervorgang z.B. eines Buches in der Old Economy prinzipiell durch den Verleger selbst vorgenommen wird, bildet demgegenber das Erstellen der Kopie auf einem Speicher41 Vgl. OECD, Taxation and Electronic Commerce – Implementing the Ottawa taxa-

tion framework conditions, 2001, S. 85. 42 Vgl. hierzu Abbildung „Qualifikation der Einknfte aus E-Commerce-Transaktio-

nen“, in Anlehnung an Schickli, Tax Notes Int‘l 2001, 1693.

Kessler | 271

Kap. 7 Rz. 32

Problemfelder der Besteuerung

Abb. 4: OECD Income Tax TAG

medium durch den Kunden ein dem Online-Vertrieb innewohnendes Charakteristikum. 43 Dementsprechend betont Tz. 14 des Musterkommentars die Tatsache, dass Rechte in Bezug auf die Anfertigung von Programmkopien in den Fllen irrelevant sind, in denen diese Rechte darauf begrenzt sind, die sachgemße Anwendung der Software herbeizufhren. 32 Im Ergebnis kann dem Musterkommentar zum Lizenzartikel durch die Arbeit der OECD „Income Tax TAG“ eine entscheidende Fortentwicklung zugeschrieben werden. Denn die dort aufgefhrten Grundstze beschrnken 43 Vgl. Kessler, DB 1998, 1347; OECD, Taxation and Electronic Commerce – Imple-

menting the Ottawa taxation framework conditions, 2001, S. 89 f.

272 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 36 Kap. 7

sich nun nicht mehr allein auf die Jberlassung von Computerprogrammen, sondern erstrecken sich grundstzlich auch auf andere digitalisierbare Gter wie beispielsweise Musikdateien oder Filme. 44 Bereits im physischen Handel erheben sich regelmßig Zweifel hinsichtlich 33 einer Einordnung als Unternehmensgewinne in den Fllen, in denen das entsprechende DBA auf dem OECD-MA vor der Revision im Jahr 1992 basiert. Diese Version des OECD-MA subsumiert Einknfte aus der Nutzung bzw. dem Recht auf Nutzung gewerblicher, kaufmnnischer oder wissenschaftlicher Ausrstungen nmlich unter den Lizenzartikel. Zu Recht sehen die neu gefassten Passagen des Musterkommentars vor, Vergtungen fr die Jberlassung von digitalen Gtern zur bloßen Werknutzung auf Zeit – ungeachtet des jeweiligen Wortlauts des anzuwendenden DBA – grundstzlich als Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA zu beurteilen. 45

3. Umsatzsteuer Rhnliche Abgrenzungsfragen ergeben sich im Bereich der Umsatzsteuer. 34 Nach dem innerhalb der EU weitgehend harmonisierten Umsatzsteuerrecht wird der Ort der Besteuerung im Wesentlichen durch die Qualifikation der Leistung als Lieferung oder sonstige Leistung vorbestimmt. Die umsatzsteuerliche Qualifikation von E-Commerce-Transaktionen hngt ferner davon ab, ob die Leistung offline oder online erbracht wurde. Zunchst ist daher eine Abgrenzung zwischen Offline- und Online-Umst- 35 zen vorzunehmen. Offline-Umstze gestalten sich derart, dass die Geschftsanbahnung und der Geschftsabschluss ber das Internet vollzogen werden. Die eigentliche Geschftsausfhrung erfolgt aber vergleichbar dem Versandhandel ber die traditionellen Vertriebswege. Bei Online-Geschften wird hingegen nicht nur die schuldrechtliche Grundlage, sondern auch die Leistungserbringung mittels des Internet bewirkt. Als unproblematisch erweist sich der Fall der Offline-Umstze. 46 Da das 36 Umsatzsteuergesetz allein an das Erfllungsgeschft anknpft, sind fr die umsatzsteuerliche Qualifikation die Art der Geschftsanbahnung und der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags irrelevant. Erfolgt die Leistungserbringung durch Lieferung eines Gegenstands auf traditionellem Weg, liegt eine umsatzsteuerliche Leistung vor, die sich nach den allgemeinen Regelungen zur Lieferung bestimmt. Gleiches gilt fr die auf elektronischem Weg bestellte und traditionell ausgefhrte Dienstleistung. 44 Vgl. OECD-MK, Art. 12, Tz. 17.1; vgl. Kessler/Peter, in: Kessler, Das Steuerrecht

der Neuen Medien, 2001, Tz. 5/5.3.4. 45 Vgl. OECD-MK, Art. 12, Tzn. 17.1, 16, 14. 46 Vgl. Altmann, Die Umsatzbesteuerung des elektronischen Handels mit digitalen

Produkten, 2002, S. 79.

Kessler | 273

Kap. 7 Rz. 37

Problemfelder der Besteuerung

37 Schwerpunkt der nachstehenden Untersuchung bilden daher die OnlineUmstze. Online-Umstze sind prinzipiell als sonstige Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG anzusehen. 47 Nach § 3a Abs. 3 UStG kommt es fr die Leistungsortbestimmung entscheidend darauf an, an welchem Ort der Leistungsempfnger seinen Sitz hat. Allerdings greift § 3a Abs. 3 UStG nur in den Fllen, in denen der Leistungsempfnger Unternehmer ist und die Leistung fr sein Unternehmen erbracht wurde, sowie in den Fllen, in denen der Leistungsempfnger Nichtunternehmer ist und seinen Sitz im Drittland hat. Der Ort der elektronisch erbrachten Dienstleistung liegt gemß § 3a Abs. 3a UStG aber auch dann am Sitz oder Wohnsitz des Leistungsempfngers, wenn – der leistende Unternehmer im Drittland ansssig ist bzw. dort eine Betriebssttte hat, von der die sonstige Leistung auf elektronischem Weg erbracht wird und – der Leistungsempfnger kein Unternehmer ist und seinen Wohnsitz oder Sitz in der EU hat. 38 Im Einzelnen ergeben sich bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen folgende Orte der sonstigen Leistung: Abb. 5: Pr fungsschema zum Ort der sonstigen Leistung Leistungserbringer Leistungsempfnger

Unternehmer mit Sitz in Deutschland

Unternehmer mit Sitz im Jbrigen Gemeinschaftsgebiet

Unternehmer mit Sitz im Drittland

Unternehmer mit Sitz in Deutschland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Deutschland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Deutschland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Deutschland

Unternehmer mit Sitz im Jbrigen Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

Unternehmer mit Sitz im Drittland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Drittland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 UStG: Drittland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 1 UStG: Drittland

47 Die Vorgaben der sog. E-Commerce-Richtlinie der EU hat der deutsche Gesetzgeber

mit dem Gesetz zum Abbau von Steuervergnstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) in nationales Recht umgesetzt, vgl. StVergAbG v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660 ff.

274 | Kessler

Rz. 40 Kap. 7

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Leistungserbringer Leistungsempfnger

Unternehmer mit Sitz in Deutschland

Unternehmer mit Sitz im Jbrigen Gemeinschaftsgebiet

Unternehmer mit Sitz im Drittland

Privatperson mit Wohnsitz in Deutschland

§ 3a Abs. 1 UStG: Deutschland

§ 3a Abs. 1 UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 3a UStG: Deutschland

Privatperson mit Wohnsitz im brigen Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 1 UStG: Deutschland

§ 3a Abs. 1 UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

§ 3a Abs. 3a UStG: Jbriges Gemeinschaftsgebiet

Privatperson mit Wohnsitz im Drittland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 3 UStG: Drittland

§ 3a Abs. 4 Nr. 14, Abs. 3 S. 3 UStG: Drittland

§ 3a Abs. 3 S. 3 UStG: Drittland

Im Ergebnis werden damit inhaltlich gleiche wirtschaftliche Leistungen – 39 je nach Medium, mit welchem sie erbracht werden – als Lieferung oder als sonstige Leistung betrachtet. Durch diese Einordnung ergeben sich jedoch nicht vertretbare Belastungsunterschiede: Beispielsweise sind Bcher, die in gedruckter Form verkauft werden, Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG und unterliegen gemß § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 49 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG dem ermßigten Steuersatz von 7%. Demgegenber handelt es sich beim Download der entsprechenden Textdatei um eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG, bei der eine Anwendung des ermßigten Steuersatzes de lege lata nicht mçglich ist. Dieses widersprchliche Ergebnis mit der Anwendung von zwei verschiedenen Umsatzsteuerstzen beim Verkauf des „gleichen“ Inhalts erscheint vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich. Mit Blick auf das Verfahren der Steuererhebung gewhrt § 18 Abs. 4c UStG 40 dem Drittlandsunternehmer fr seine innerhalb der EU ausgefhrten steuerbaren und steuerpflichtigen Dienstleistungen, die er auf elektronischem Weg erbringt, ein Wahlrecht: Statt sich in jedem einzelnen EU-Staat registrieren lassen zu mssen, kann er wahlweise seine Umstze fr alle in der EU ausgefhrten steuerpflichtigen elektronischen Dienstleistungen in einem EU-Land seiner Wahl versteuern. Im Rahmen dieses besonderen Verfahrens hat der Drittlandsunternehmer im Registrierungsstaat vierteljhrlich Steueranmeldungen abzugeben, in welcher die Umstze getrennt nach den Mitgliedstaaten anzugeben und die jeweilige Umsatzsteuer zu berechnen sind. Kessler | 275

Kap. 7 Rz. 41

Problemfelder der Besteuerung

41 Jbertrgt man die o.g. Grundstze auf Online-Auktionen, so ergibt sich fr die umsatzsteuerliche Behandlung Folgendes: Zunchst soll dabei auf die technischen Grundlagen sowie die Leistungsbeziehungen zwischen den Akteuren nher eingegangen werden. Auf den ersten Blick mag man Online-Auktionen als bloßes Substitut klassischer Auktionen verstehen. Tatschlich handelt es sich bei Internet-Plattformen, die sog. „Auktionen“ anbieten, ihrer Funktionsweise nach nicht um das Internet-Pendant zum klassischen Versteigerer, sondern um elektronische Marktpltze. 48 Die Bezeichnung dieser elektronischen Marktpltze als Online-Auktionen lsst sich darauf zurckfhren, dass die Preisfindung auf diesen Marktpltzen derjenigen von Versteigerungen hnelt. 49 Eine Online-Auktion wird dadurch eingeleitet, dass ein Anbieter seine Ware oder Dienstleistung mittels der auf der Plattform vorhandenen Eingabemaske beschreibt. Darber hinaus bestimmt der Anbieter, in welcher Kategorie sein Angebot erscheinen wird, wie hoch das erste Angebot sein muss und wie lange die Laufzeit der Auktion sein wird. Die Bieter geben ihre Gebote dann in Kenntnis des bestehenden Hçchstgebots ab. Damit die Interessenten nicht laufend prfen mssen, ob sie berboten worden sind, bieten die meisten Plattformen sog. Bietagenten. Dabei handelt es sich um eine Softwarefunktion, mittels derer ein Bieter bereits zu einem frhen Zeitpunkt sein individuelles Hçchstgebot abgeben kann. Ist der Ablaufzeitpunkt erreicht und die Auktion beendet, schickt die Marktplatzsoftware an Anbieter und Hçchstbieter automatisch vorgefertigte E-Mails, mit denen der erfolgreiche Abschluss der Auktion mitgeteilt wird. Die Erfllung der gegenseitigen Pflichten aus dem so zustande gekommenen Vertrag obliegt dann allein den Parteien. Im Anschluss an jede Auktion sind Anbieter und Hçchstbieter per Softwarefunktion dazu aufgerufen, sich gegenseitig zu bewerten. 42 Aus umsatzsteuerlicher Sicht stellt sich dabei die Frage, ob der Betreiber der Internet-Plattform eine Vermittlungsleistung nach § 3 Abs. 9 i.V.m. § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG oder eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG erbringt. Nach der Amtlichen Begrndung zu § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG sollen auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen insbesondere sein: 1. „Bereitstellung von Websites, Web-Hosting, Fernwartung von Programmen und Ausrstungen; 2. Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung; 3. Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken;

48 Vgl. Hostmann/Butterwege, DSWR 2000, 206. 49 Vgl. ausfhrlich v. Samson-Himmelstjerna/R+cker, in: Brutigam/Leupold, On-

line-Handel, 2003, S. 64.

276 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 45 Kap. 7

4. Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glcksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus dem Bereich Politik, Kultur, Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung; 5. Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.“ 50 Betroffen sind hiervon also alle Dienstleistungen, bei denen die eigentliche 43 Leistungserbringung auf elektronischem Weg erfolgt. 51 Der Betreiber des Marktplatzes berlasst im Fall der Online-Auktion seine funktionale Website – bestehend aus einer Datenbank und einer offenen Benutzeroberflche – gegen Entgelt. Zwar steht der Betreiber mit den Nutzern dabei in regem E-Mail-Kontakt, diese Form der Kommunikation dient aber nicht der Durchfhrung der Marktplatzgeschfte, sondern beispielsweise der Mitteilung neuer Funktionen des Marktplatzes. Auch wenn Online-Auktionen nicht ausdrcklich im beispielhaften Katalog elektronisch erbrachter Dienstleistungen aufgefhrt sind, so ist die Leistung des Betreibers einer solchen Plattform im Kern nichts anderes als die zeitlich begrenzte Bereitstellung einer Website samt informationstechnologischer Infrastruktur. Folglich liegt eine elektronisch erbrachte Dienstleistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG vor. Der Ort dieser sonstigen Leistung bestimmt sich nach den oben dargestellten Grundstzen. Erfllt der Anbieter die Unternehmereigenschaften des § 2 Abs. 1 UStG, so 44 richtet sich die weitere Beurteilung danach, ob er einen Gegenstand oder eine Dienstleistung auf der Website des Betreibers einstellt. Dementsprechend kommen dann die allgemeinen Grundstze zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG oder einer sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG zur Anwendung.

4. Datenzugriff der Finanzverwaltung Mit Verabschiedung des StSenkG wurden der deutschen Finanzverwaltung 45 umfassende Zugriffs- und Auswertungsrechte auf die betriebliche Software des Steuerpflichtigen mit Wirkung ab 1.1.2002 eingerumt. Als Kernvorschrift gilt dabei die Einfgung des § 147 Abs. 6 AO. Diese sieht Folgendes vor: – Die Außenprfung hat das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prfung dieser Unterlagen zu nutzen (Direkter Systemzugriff). – Die Außenprfung darf verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet werden (Indirekter Datenzugriff).

50 Vgl. RegE StVergAbG, Begr. zu Art. 7, zu Nr. 1c, BT-Drucks. 15/287. 51 Vgl. Vellen, UR 2003, 56.

Kessler | 277

Kap. 7 Rz. 46

Problemfelder der Besteuerung

– Auf Verlangen muss der Steuerpflichtige dem Außenprfer die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datentrger aushndigen. – Die Kosten sind vom Steuerpflichtigen zu tragen. 46 Damit wird der Außenprfung bei Anwendung des § 147 Abs. 6 AO grundstzlich ein Wahlrecht eingerumt, die konkrete Art des Datenzugriffs zu bestimmen. Streng genommen besteht also auch die Mçglichkeit, den direkten und indirekten Datenzugriff sowie die Aushndigung von Datentrgern nebeneinander anzuordnen. Da es sich bei dieser Einfgung aber um eine „Kann-Vorschrift“ handelt, hat die Finanzverwaltung den Grundsatz der Verhltnismßigkeit entsprechend § 5 AO zu beachten. 52 47 Zunchst ist festzustellen, dass sich das Recht auf Datenzugriff ausschließlich auf Daten beschrnkt, die fr die Besteuerung von Bedeutung sind. Demzufolge sind regelmßig die Daten der Finanzbuchhaltung, der Anlagenbuchhaltung sowie der Lohnbuchhaltung zur Verfgung zu halten. 53 Befinden sich darber hinaus in anderen Bereichen des Datenverarbeitungssystems steuerlich relevante Daten – wie beispielsweise Kostenrechnung oder Warenwirtschaftssystem – mssen diese ebenfalls fr den Datenzugriff vorgehalten werden. Im Ergebnis kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass E-Mails ebenfalls unter den Anwendungsbereich des § 147 Abs. 6 AO fallen. 48 Der direkte Systemzugriff umfasst das Lesen, Filtern und Sortieren der Daten, wobei lediglich im System vorhandene Auswertungsmçglichkeiten genutzt werden drfen. Dieser sog. „Nur-Lesezugriff“ auf die elektronisch gespeicherten Daten darf darber hinaus nur mit Hilfe der vom Steuerpflichtigen oder von einem beauftragten Dritten eingesetzten Hard- und Software erfolgen. Dem geht eine Einweisung durch den Steuerpflichtigen in das jeweilige System voraus. Gleichzeitig wird damit eine Fernabfrage (Online-Zugriff) z.B. via Internet ausgeschlossen. Weiter muss der Steuerpflichtige Sorge dafr tragen, dass der Außenprfer keinen Zugang zu steuerlich nicht relevanten personenbezogenen oder dem Berufsgeheimnis (§ 102 AO) unterliegenden Daten erhlt. Um die Mehrzahl der dezentralen DV-Systeme von vornherein auszuklammern, empfiehlt es sich, zentrale Dokumentablagen steuerlich relevanter Daten zu schaffen. 54 Vor diesem Hintergrund sollte zunchst mit den IT-Spezialisten eine Analyse aller im Unternehmen eingesetzten EDV-Systeme erfolgen. Anhand von Funktionsbeschreibungen kçnnen dann in einem zweiten Schritt diejenigen Systeme herausgefiltert werden, auf denen steuerlich relevante Daten abgelegt sein kçnnen. Zustzlich bietet die Zentralisierung steuerlich relevanter Daten den entscheidenden Vorteil, die angeforderten Unterlagen entsprechend § 147 Abs. 5 AO unver52 Vgl. ausfhrlich Kromer, DB 2001, 68. 53 Vgl. BMF vom 16.7.2001 – IV D 2 – S 0316 – 136/01, BStBl. I 2001, 415 ff. 54 Vgl. Kromer, DStR 2001, 1019.

278 | Kessler

II. Fortentwicklung des Steuerrechts

Rz. 53 Kap. 7

zglich – d.h. ohne schuldhaftes Verzçgern – vorlegen zu kçnnen. Rnderungen bzw. Beschdigungen des Datenbestands durch die Finanzbehçrde werden insoweit ausgeschlossen, als der Steuerpflichtige die Unvernderbarkeit der Daten zu gewhrleisten hat. Beim indirekten Datenzugriff umfasst die Mithilfe des Steuerpflichtigen ne- 49 ben der Zur-Verf gung-Stellung von Hard- und Software die Untersttzung durch mit dem Datenverarbeitungssystem vertrauten Personen. Dabei richtet sich der Umfang der zumutbaren Mithilfe nach den betrieblichen Gegebenheiten wie etwa Grçße des Unternehmens oder Anzahl der Mitarbeiter. Im Rahmen einer Datentrgeraushndigung erfolgt die maschinelle Auswer- 50 tung im Finanzamt. Hierfr sind der Finanzbehçrde alle zur Auswertung der Daten erforderlichen Informationen zur Verfgung zu stellen. Dazu zhlen die Dateistruktur, die Datenfelder sowie interne und externe Verknpfungen. Diese Art des Datenzugriffs wird sich vor allem dann durchsetzen, wenn die Finanzverwaltung ber geeignete Software zur Auswertung verfgt. Im Hinblick auf die zeitliche Anwendung 55 der Neuregelung gilt fr Daten, 51 welche nach dem 31.12.2001 archiviert wurden, dass die maschinelle Auswertbarkeit fr die gesamte Aufbewahrungsdauer grundstzlich am ursprnglichen System sicherzustellen ist. Diese Forderung kommt allerdings nicht uneingeschrnkt zur Anwendung: Denn in den Fllen, in denen ein Systemwechsel erfolgt und die nach dem 31.12.2001, aber vor dem Systemwechsel erstellten Daten auch mit einem neuen oder anderen System maschinell auswertbar bleiben, braucht die ursprngliche Hard- und Software nicht weiter vorgehalten werden. 56 Im Gegensatz hierzu kann die Finanzbehçrde nicht verlangen, dass der Steu- 52 erpflichtige vor dem 1.1.2002 archivierte Daten fr Zwecke der maschinellen Auswertung nochmals in das Datenverarbeitungssystem einspeist, soweit dies mit unverhltnismßig hohem Aufwand verbunden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Speicherkapazitten fehlen oder ein Wechsel des Hard- oder Software-Systems stattgefunden hat. Ist das fr die Auswertung der Daten erforderliche System also nicht mehr im Einsatz, so braucht der Steuerpflichtige dies nicht mehr zu reaktivieren. Bedingt durch den Umstand, dass ein Wechsel des Hard- und Software-Sys- 53 tems in der Vielzahl der Flle bereits nach drei bis vier Jahren erfolgt, sind Datenverarbeitungssysteme relativ lange lauffhig zu halten. Zudem bleibt offen, ob darber hinaus Investitionen in zustzliche Archivierungssysteme erforderlich werden. Denn originr digitale Unterlagen nach § 146 Abs. 5 AO sind prinzipiell auf maschinell verwertbaren Datentrgern zu archivieren. Hinzu kommt, dass solche Unterlagen nicht ausschließlich in ausgedruckter Form 55 Zu Fragen der Rckwirkung des Datenzugriffs vgl. Kromer, DStR 2001, 1020. 56 Vgl. BMF vom 16.7.2001 – IV D 2 – S 0316 – 136/01, BStBl. I 2001, 415 ff.

Kessler | 279

Kap. 7 Rz. 54

Problemfelder der Besteuerung

oder auf Mikrofilm aufbewahrt werden drfen. Das sog. COM-Verfahren (Computer-Ouput-Mikrofilm) reicht demzufolge nicht mehr aus. Darber hinaus ist auch die Archivierung oder Komprimierung von Daten in nicht maschinell auswertbarer Form – wie beispielsweise .pdf-Format – nicht zulssig. 54 Im Ergebnis kann die Neuregelung durchaus als Chance angesehen werden, eine Optimierung der Ablage steuerlich relevanter Daten herbeizufhren. Deutlich berwiegen drften letztlich jedoch die u.U. erheblichen Mehrkosten infolge des erhçhten Speicherbedarfs einerseits und der Wartung der Hard- und Software andererseits.

III. Offene Fragen 1. Bestimmung eines fremdvergleichskonformen Verrechnungspreises 55 Ein international verbundenes Unternehmen ist grundstzlich von der Polaritt zwischen çkonomischer Einheit des Ganzen und rechtlicher Vielheit der einzelnen Konzernglieder gekennzeichnet. Besonderes Augenmerk gilt dabei der steuerlichen Einkunftsabgrenzung. Diese befindet sich regelmßig im Spannungsfeld zwischen Steuerpflichtigem und entsprechendem Fiskus einerseits als auch zwischen den beteiligten Fisci hinsichtlich der Aufteilung des internationalen Steuersubstrats andererseits. Die Festsetzung des „richtigen“ Verrechnungspreises fr konzerninterne Lieferungen und Leistungen ist daher ausgesprochen steuersensibel. 56 Sowohl national (§ 1 Abs. 1 AStG; VWG, Tz. 2.2.1) wie auch international (Art. 9 Abs. 1 OECD-MA; OECD-RL 1995/96, Tz. 1.1; US-Regulations, 1994, § 1.482–1 (b) (1)) bildet der Fremdvergleichsgrundsatz (dealing at arm‘s length principle) den Maßstab fr die verursachungsgerechte Zuordnung von Gewinnen und damit die steuerliche Angemessenheit von Verrechnungspreisen. Aus deutscher Sicht haben sich drei – auch international anerkannte – Standardmethoden herausgebildet, anhand derer der Fremdvergleichsgrundsatz konkretisiert wird. Es sind dies die auf dem transaktionsbezogenen Ansatz basierende Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis- und Kostenaufschlagsmethode. Neben den Standardmethoden kommen auf Ebene der OECD die sog. „anderen Methoden“ zur Anwendung, die nicht etwa auf einen Preis abstellen, sondern den Gewinn aus einer Transaktion auf die beteiligten Unternehmen aufteilen. Zu den „anderen Methoden“ gehçren die Profit-Split-, die Transaktionsbezogene Nettomargen-, sowie die Globalmethode. Zwar lehnt die deutsche Finanzverwaltung gewinnorientierte Methoden derzeit grundstzlich ab, deren Anwendung ist in der Praxis aber nicht nur hufig notwendig, sondern kommt vielmehr deutschen Unternehmen – insbesondere in Gestalt der Gewinnaufteilungsmethode – bereits zum Einsatz. Folglich erkennt auch die deutsche Finanzverwaltung die Gewinnaufteilungsmethode an, sofern 280 | Kessler

III. Offene Fragen

Rz. 59 Kap. 7

die Unternehmen den Nachweis erbringen, dass es sich dabei um die beste und einzig anwendbare Methode handelt. 57 Geschftsaktivitten in der Old Economy weisen in vielen Bereichen Rhn- 57 lichkeiten mit denen der New Economy auf. Schließlich sind die Mehrzahl der elektronischen Transaktionen letztlich nichts anderes als ein Substitut fr ihr physisches Rquivalent. Allerdings ergeben sich aufgrund der technischen Mçglichkeiten des Internets bei der Verrechnungspreisbestimmung fr Geschfte im Rahmen des E-Business Besonderheiten, die mçglicherweise Modifikationen der bisherigen Lçsungsanstze fr die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen erforderlich machen. 58 Zunchst ist dabei das Problem der Bewertung immaterieller Wirtschafts- 58 g ter zu nennen. Dieses spielt z.B. dann eine Rolle, wenn eine Internet-Vertriebsgesellschaft mit einem Vertriebsrecht oder mit dem Recht zur Verwendung von Marken ausgestattet wird. 59 Zustzlich rckt auch die Jbertragung von Kundenstamm, Markt- und Geschftschancen immer mehr in den Mittelpunkt des steuerlichen Interesses. Eine Definition steuerlich relevanter Geschftschancen hat der BFH bislang noch nicht entwickelt. Jberdies sah er sich auch noch nicht zu einer abschließenden Konkretisierung aller in Betracht kommenden Abgrenzungskriterien in der Lage. Vor diesem Hintergrund verwies er aber auf die von Thiel 60 erarbeiteten Kriterien. Demnach sollen u.a. folgende Gesichtspunkte fr die Zurechnung einer Geschftschance zur Kapitalgesellschaft sprechen: Die Gesellschaft hat berlegt, das Geschft selbst durchzufhren. Sie hat zur Erlangung oder Abwicklung des Auftrags bereits Aufwendungen gettigt. Der Gesellschafter bedient sich des Personals und der Sachausstattung der Gesellschaft, da er fachlich und organisatorisch zur Auftragsabwicklung nicht in der Lage ist. 61 Eine weitere Herausforderung stellt der Einsatz leistungsfhiger Intranets 59 dar. Verbunden mit dem Anstieg grenz berschreitender Transaktionen innerhalb der Unternehmen fhrt dies zu ungleich hufigeren und komplexeren Verrechnungspreiskonflikten. 62 Schwierigkeiten bereitet hierbei vor allem die Quantifizierung und die qualitative Bewertung von dauerhaften Prozessen wie beispielsweise Forschungs- und Entwicklungsaktivitten, bei denen – unter organisatorischen Aspekten – Personen und Inhalte weltweit 57 Vgl. Ernst & Young, Global Transfer Pricing Update – October 2000, Tax Analysts,

Doc. No. 2000-28686. 58 Vgl. Strunk/Kaminski, in: Kessler, Das Steuerrecht der Neuen Medien, 2000, Teil

5.2.2. 59 Vgl. BFH vom 9.8.2000 – I R 12/99, IStR 2001, 54. 60 Vgl. Thiel, DStR 1993, 1804. 61 Vgl. BFH vom 13.11.1996 – I R 149/94, DStR 1997, 323 f.; FG Saarland vom

31.5.2001 – 1 K 152/99, EFG 2001, 1166, Rev. eingelegt. 62 Vgl. Frieden, Cybertaxation – The Taxation of E-Commerce, 2000, S. 464; Kessler,

StbJb 1998/99, 342; Kessler/Peter, in: Kessler: Das Steuerrecht der Neuen Medien, 2002, Teil 5/2.5.

Kessler | 281

Kap. 7 Rz. 60

Problemfelder der Besteuerung

an virtuellen Orten zusammengefhrt werden (Global Development). 63 Hinzu kommt, dass die damit einhergehende Fragmentierung der Leistung eine Zurechnung von Wertschçpfungen aus unterschiedlichen Staaten erschwert. Damit werden die Leistungsketten der Old Economy immer mehr durch Leistungsnetze mit wechselseitigen Leistungsbeziehungen substituiert. Zwar weisen diese z.T. atomistisch kleinen Transaktionen isoliert betrachtet nur einen sehr geringen Wert auf, bei nherem Hinsehen kommt diesen in der Summe aber erhebliches materielles Gewicht zu. Derartige Geschftsvorflle sind bislang weitgehend aus dem Finanzbereich bekannt (Global Trading). Hieraus resultiert das Problem, dass einerseits zwingend eine Verrechnung fr ein fertiges Produkt vorzunehmen ist. Andererseits kçnnen die Leistungsbeitrge nicht mehr eindeutig einem Produkt oder einer Leistung zugerechnet werden, da sich die Funktionen einzelner Konzernglieder kaum gesondert feststellen und bewerten lassen (z.B. knowledge-sharing, knowledge-management). 60 Aus makroçkonomischer Sicht wird das Bild der New Economy durch eine Tendenz zur wirtschaftlichen Konzentration und damit einhergehender Oligopolisierung bzw. Monopolisierung geprgt. 64 Dabei besteht das Ideal eines multinationalen Unternehmens aus einem Netz komplex koordinierter Wirtschaftseinheiten, welche durch einen regen Austausch von Technologie, Kapital, Mitarbeiter und Material miteinander verknpft sind. 65 Durch den Einsatz moderner Informationstechnologien (z.B. Videokonferenzen) werden dabei physische Bewegungen materieller Gter und die Entsendung von Personal innerhalb eines Unternehmens zunehmend durch den Austausch digitaler Informationen innerhalb weltumspannender Netze substituiert. Im Zuge dieser Spezialisierung bzw. Entmaterialisierung individualisieren sich die erstellten Leistungen immer strker, was zu einem Mangel an beobachtbaren Vergleichsfllen fhrt und damit die Bestimmung eines fremdvergleichskonformen Verrechnungspreises mehr und mehr erschwert. 66 61 Darber hinaus stellt sich im Bereich der elektronischen Beschaffung (E-Procurement) die Frage, in welchem Verhltnis die erzielten Kostenvorteile auf die einzelnen Konzernglieder aufzuteilen sind. 67 Vergleichbare Fragestellungen – allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen – ergeben sich bei der Zuordnung von innovationsbedingten Jbergewinnen (first mover advantage). 62 Diese breite Palette verrechnungspreisspezifischer Problemfelder in international operierenden Unternehmen fordert – nicht zuletzt aufgrund fehlender 63 Vgl. Wichmann, K&R 1999, 195. 64 Vgl. Kessler, IStR 2000, 71. 65 Mit weiteren Nachweisen: Ostreicher, Konzern-Gewinnabgrenzung: Gewinn-

abgrenzung – Gewinnermittlung – Gewinnaufteilung, 2000, S. 4. 66 Vgl. Kaminski, Verrechnungspreisbestimmung bei fehlendem Fremdvergleich,

2001, S. 33 f. 67 Vgl. Hinnekens, Intertax 2001, 330.

282 | Kessler

III. Offene Fragen

Rz. 65 Kap. 7

Fremdvergleichsvergleichspreise – ein verstrktes Nachdenken ber alternative Methoden zur Verrechnungspreisbestimmung geradezu heraus. Zur Anwendung kçnnten dabei insbesondere die in den USA zunehmend favorisierten und praktizierten Gewinnaufteilungsmethoden wie z.B. der Profit Split kommen. 68 Vereinzelt finden sich auch Stimmen, die alternativ auf eine globale formelhafte Gewinnaufteilung abstellen. Eine solche ignoriert die Selbststndigkeit der einzelnen Konzernglieder und teilt den Gesamterfolg des Konzerns nach einer im Voraus festgelegten Formel auf die jeweiligen Gesellschaften auf. Damit wre die Verteilung des internationalen Steuersubstrats im Ergebnis weitgehend von der Verhandlungsmacht der beteiligten Finanzverwaltungen abhngig und keinesfalls mehr mit dem Grundsatz der Gewinnverlagerungsneutralitt vereinbar. Will man hingegen auch mittel- bis langfristig am Fremdvergleichsgrundsatz 63 festhalten, kommt der Dokumentation der Geschftsvorflle im E-Business grundlegende Bedeutung zu. So sind fr die Anwendung transaktionsbezogener Methoden Transaktionsdaten erforderlich, die erkennen lassen, wer Beteiligter ist, um welche Art der Leistung es sich handelt, wie hoch der Wert der jeweils erbrachten Leistung ist und in welchem Zeitpunkt bzw. Zeitraum sie stattgefunden hat. Dabei kommen den mit Wirkung vom 1.1.2003 an geltenden Dokumentati- 64 onspflichten fr (grenzberschreitende) Konzernverrechnungspreise gemß § 90 Abs. 3 AO entscheidende Bedeutung zu. § 90 Abs. 3 Satz 1 AO bestimmt zunchst, dass Steuerpflichtige verpflichtet sind, bei Sachverhalten, die Vorgnge mit Auslandsbezug betreffen, ber die Art und den Inhalt ihrer Geschftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG Aufzeichnungen zu erstellen. Diese Verpflichtung erstreckt sich nach Satz 2 der Vorschrift insbesondere auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der Geschftsbeziehung zwischen dem Steuerpflichtigen und der nahe stehenden Person. Verletzt der Steuerpflichtige dabei seine nach § 90 Abs. 3 AO bestehende Do- 65 kumentationspflicht dadurch, dass er die geforderten Aufzeichnungen der Finanzbehçrde nicht vorlegt, oder sind die von ihm vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder stellt die Finanzbehçrde fest, dass der Steuerpflichtige die Aufzeichnungen bei außergewçhnlichen Geschftsvorfllen nicht zeitnah erstellt hat, greift grundstzlich die widerlegbare Vermutung des § 162 Abs. 3 Satz 1 AO: Dieser fingiert, dass die im Inland steuerpflichtigen Einknfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen dienen, hçher als die vom Steuerpflichtigen tatschlich deklarierten Einknfte sind. Schtzt die Finanzbehçrde daraufhin die Besteuerungsgrundlagen zum Nachteil des Steuerpflichtigen, weil dieser die nçtigen Aufzeichnungen nicht vorgelegt hat oder diese im Wesentlichen nicht fr die Außen68 Vgl. Portner, IStR 1998, 549.

Kessler | 283

Kap. 7 Rz. 66

Problemfelder der Besteuerung

prfung verwertbar sind, so darf sie zustzlich – in der Regel jedoch erst nach Abschluss der Außenprfung – einen „Strafzuschlag“ 69 nach Maßgabe des § 162 Abs. 4 AO festsetzen.

2. Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung 66 Gemß § 1 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 10, 11 AO ist eine Kapitalgesellschaft unbeschrnkt steuerpflichtig, wenn sie ihren Sitz oder Ort der Geschftsleitung im Inland hat. Dies hat zur Folge, dass eine nach deutschem Gesellschaftsrecht gegrndete Kapitalgesellschaft regelmßig der unbeschrnkten Steuerpflicht unterliegt, whrend eine nach auslndischem Recht gegrndete Kapitalgesellschaft nur dann im Inland unbeschrnkt steuerpflichtig ist, wenn sich der Ort der Geschftsleitung im Inland befindet. Große Bedeutung hat das Tatbestandsmerkmal Ort der Geschftsleitung auch auf Ebene des Abkommensrechts. Dort wird dieses Kriterium in der Ausprgung „Ort der tatschlichen Geschftsleitung“ gleichsam als sog. „Tiebreaker-Rule“ i.S.d. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA herangezogen, um die Ansssigkeit fr Zwecke der Anwendung der DBA zu bestimmen. Praktische Bedeutung hat dies, wenn der statutarische Sitz und die tatschliche Hauptverwaltung einer Kapitalgesellschaft auseinander fallen. 67 Steuerrechtsnormen wie z.B. § 1 Abs. 1 KStG, welche die Feststellung der unbeschrnkten Steuerpflicht an den Sitz oder die Geschftsleitung einer Kçrperschaft im Inland anknpfen, basieren auf der Vorstellung, dass die geschftliche Oberleitung einem lokalen Punkt zugeordnet werden kann, der sich fr eine gewisse zeitliche Dauer rumlich nicht verndert. Die Realitt sog. virtueller Unternehmen mit netzfçrmiger Strukturierung und dezentraler Fhrung internationaler Aktivitten steht dem Leitbild national ausgerichteter Steuersysteme, die auf ein geographisches Zentrum der Gesellschaft abstellen jedoch diametral gegenber. 70 Denn bedingt durch den Einsatz moderner Informationstechnologien (z.B. Videokonferenzen) werden physische Bewegungen materieller Gter und die Entsendung von Personal innerhalb eines Unternehmens zunehmend entbehrlich und durch den Austausch digitaler Informationen innerhalb weltumspannender Netze substituiert. Die Folge hiervon ist, dass die traditionelle Vorstellung von der Zentralisierung des Orts der Geschftsleitung an einem bestimmten geographischen Punkt als Kriterium fr die zwischenstaatliche Verteilung von Besteuerungsrechten mehr und mehr an Aussagekraft verliert. 71 68 Als richtungsweisender Schritt ist insoweit die neuere Auffassung des I. Senats des BFH im Bereich des nationalen Rechts zu werten, welcher nunmehr 69 Vgl. ausfhrlich hierzu Schmidt/Grçger, FR 2003, 821 f. 70 Vgl. Herzig, WPg 1998, 280 f. 71 Vgl. ausfhrlich Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S.

258 ff.

284 | Kessler

III. Offene Fragen

Rz. 72 Kap. 7

eindeutig dahin gehend Stellung nimmt, dass eine Kapitalgesellschaft ber mehrere Orte der Geschftsleitung verfgen kann. 72 Aus Sicht global operierender Unternehmen mit entsprechend marktnaher Aktivitt der maßgebenden Geschftsfhrer verringert sich dadurch vor allem die Gefahr der Liquidationsbesteuerung, da Vernderungen der organisatorischen Struktur nicht zwingend eine entsprechende Verlagerung der geschftlichen Oberleitung ins Ausland nach sich ziehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass solche Umgestaltungen der Fhrungsorganisation – soweit dabei die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 AO vorliegen – zu weiteren Mittelpunkten der geschftlichen Oberleitung fhren. Fest steht, dass ebenso die abkommensrechtliche Tiebreaker-Regel des Art. 4 69 Abs. 3 OECD-MA der Weiterentwicklung bedarf. Dies gilt umso mehr, als der OECD-Steuerausschuss im Rahmen der jngsten Rnderung des OECD-Musterkommentars 2000 die Existenz eines einzigen Ortes der Geschftsleitung zementiert hat. Will man also – zumindest auf lange Sicht – die drohende Unbrauchbarkeit der Kollisionsvorschrift zur Festlegung der Ansssigkeit anderer als natrlicher Personen abwenden, so erscheint nicht zuletzt angesichts der technologischen Mçglichkeiten des E-Business die Entwicklung neuer bzw. ergnzender Anknpfungsmerkmale dringend geboten. Die in diesem Zusammenhang seitens der OECD-Arbeitsgruppe vorgeschla- 70 genen Alternativen zum traditionellen Besteuerungskonzept des Orts der Geschftsleitung reichen vom alleinigen Abstellen auf den Sitz der Gesellschaft ber den Wohnsitz der Entscheidungstrger eines virtuellen Unternehmens bis hin zu dem Staat, zu dem die engeren wirtschaftlichen Beziehungen i.S.d. US-amerikanischen „effectively connected“ bestehen. 73 Ein vielversprechender Lçsungsansatz besteht nach der hier vertretenen An- 71 sicht in der Kombination aus objektiven leicht nachprfbaren Kriterien und einer „qualitativ-quantitativen“ Komponente, wie von Felix bereits im Jahr 1962 vorgeschlagen. 74 In diesem Sinne kçnnte daran gedacht werden, Art. 4 Abs. 3 OECD-MA um folgende Stze 2 und 3 zu ergnzen: „Kann der Ort der Geschftsleitung nicht bestimmt werden, gilt die Gesellschaft als dort ansssig, wo sie ihren Sitz hat. Satz 2 gilt jedoch nur, wenn die Gesellschaft in diesem Staat eine wesentliche unternehmerische Funktion mit einem gewissen Grad von Stndigkeit ausbt.“ 75 Fr den Bereich des Abkommensrechts hat dies zur Folge, dass eine Gesell- 72 schaft nicht lnger einen einzigen Ort der tatschlichen Geschftsleitung 72 Vgl. BFH vom 15.10.1997 – I R 76/95, BFH/NV 1998, 435. 73 Vgl. OECD, Taxation and Electronic Commerce – Implementing the Ottawa taxa-

tion framework conditions, 2001, S. 143; s.a. Diskussionsentwurf der Arbeitsgruppe vom 27.5.2003, verçffentlicht auf der OECD-Website, unter www.oecd.org. 74 Vgl. Felix, DStR 1962/63, 242. 75 Vgl. Peter, Fortentwicklung des Betriebsstttenprinzips, 2002, S. 286.

Kessler | 285

Kap. 7 Rz. 72

Problemfelder der Besteuerung

haben muss. Es ist vielmehr denkbar, dass mehrere Orte der Geschftsleitung in Gestalt von Geschftsleitungsbetriebssttten i.S.d. Art. 5 Abs. 2a OECD-MA existieren. Demnach spricht viel dafr, dass sich bei der Frage nach dem Ort der Geschftsleitung virtueller Unternehmensstrukturen ein sprunghaft steigendes Interesse an der Geschftsleitungsbetriebssttte entwickeln wird, welcher in der Diskussion um die internationale Betriebsstttenbesteuerung bislang nur wenig Beachtung geschenkt wurde.

286 | Kessler

Kapitel 8 Kartellrecht

I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Internet-Sachverhalte . . . . 1. Grundsatzfragen . . . . . . . 2. Ikonomische Besonderheiten 3. Internationale Anwendbarkeit und Zustndigkeit . . . . . . III. Betroffene Mrkte . . . . . . . . 1. Marktabgrenzung allgemein im Internet . . . . . . . . . . . 2. Marktabgrenzung und Internet-Plattformen . . . . . . . . IV. Gr ndung elektronischer Marktpltze . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundstze . . . . . . . . . . 2. Gemeinschaftsunternehmen im Kartellrecht . . . . . . . . a) Europisches Kartellrecht . b) Deutsches Kartellrecht . . 3. Eingreifkriterien . . . . . . . a) Fusionskontrolle . . . . . . aa) Vertikaler Zusammenschluss . . . . . . . . . bb) Horizontaler Zusammenschluss . . . . . . . cc) Mega-Plattformen . . . b) Kartellverbot . . . . . . . .

1 5 5 6 9 11 13 18 23 23 25 26 31 33 34 36 38 40 41

V. Betrieb elektronischer Marktpltze . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nachfragebndelung . . . . a) Europisches Recht . . . . b) Deutsches Recht . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . 2. Informationsaustausch . . . a) Marktinformationssysteme b) Preisbersichten und Versteigerungsmodalitten . . c) Folgerungen . . . . . . . . 3. Nutzungszwang . . . . . . . a) Elektronische Marktpltze b) Exklusivittsklauseln von Online-Auktionshusern . 4. Zugang zum Marktplatz . . . 5. Standardisierung . . . . . . . a) Kartellverbot . . . . . . . . b) Missbrauch von De-factoStandards . . . . . . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . VI. Vertrieb ber das Internet . . . 1. Deutsches Kartellrecht . . . 2. Europisches Kartellrecht . . a) Gruppenfreistellungsverordnung Vertikalvereinbarungen: Regelungsgrundstze b) Exklusiver Vertrieb . . . . c) Selektiver Vertrieb . . . . . VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . .

42 43 44 48 51 52 53 57 60 61 61 65 68 74 75 78 82 83 84 85 86 87 91 95

Literatur: Ahlborn/Evans/Padilla, Competition Policy in the New Economy: Is European Competition Law Up to the Challenge?, ECLR 2001, 156; Ahlborn/Seeliger, Business to Business Exchanges: EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, 552; Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, 325; Bahr, Das Erfordernis freien Zugangs zu B2BMarktpltzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, 230; Bçge, Elektronische Marktpltze und Kartellrecht, Rede v. 26.4.2002 auf dem „9. St. Galler Internationalen Kartellrechtsforum“, abrufbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/020426StGallen.pdf; Bundeskartellamt, Kooperationen zwischen Wettbewerbern – Ist eine Neubewertung erforderlich?, Diskussionspapier fr die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 9. und 10. Oktober 2000, abrufbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/AKK2000.pdf; Clerc, Commission clears the creation of three B2B e-marketplaces: ’Covisint’, ’Eutilia’ and ’Endorsia’, Competition Policy Newsletter 2002, no. 1, S. 53; Eschweiler, Internet

Heinemann | 287

Kap. 8 Rz. 1

Kartellrecht

und Wettbewerbsrecht, 2001; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, 140; Gounalakis/Lochen, Elektronische Marktpltze und Kartellrecht, ZHR 167 (2003) 632; Heinemann, Internet-Plattformen und Kartellrecht: Grundprobleme der Standardisierung und des Informationsaustauschs, in: B+llesbach/ Dreier (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 79; Heinemann, Antitrust Law and the Internet, in: Drexl (Hrsg.), The Future of Transnational Antitrust, 2003, S. 131; F. Immenga, B2B-Marktpltze aus der Perspektive des Kartellrechts, in: B+llesbach/Dreier (Hrsg.), Konvergenz in Medien und Recht, 2002, S. 59; F. Immenga/Lange, Elektronische Marktpltze: Wettbewerbsbeschrnkende Verhaltensweisen im Internet?, RIW 2000, 733; Jestaedt, Funktionalitt, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktpltze und das Kartellrecht, BB 2001, 581; Kirchner, Internetmarktpltze, Markttransparenz und Marktinformationssysteme, WuW 2001, 1030; Klotz, Ausgewhlte Probleme des Internet-Rechts, 23./24.11.2000, abrufbar unter: http://europa.eu.int/ comm/competition/speeches/text/sp2000_024_de.pdf; Kçhler, Grndung und Nutzung von Internet Marketplaces – die Rahmenbedingungen des europischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, 569; Koenig/Engelmann, Internetplattformen im Gesundheitswesen auf dem Prfstand des Kartellrechts, WRP 2002, 1244; Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis – Wettbewerbsrecht, Kartellrecht, Ikonomie, 2002; Lampert/Michel, B2B-Marktpltze im Internet, K&R 2002, 505; Lancefield, The Regulatory Hurdles Ahead in B2B, ECLR 2001, 9; Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS 2000, 291; L+cking, B2B e-marketplaces and EC competition law: Where do we stand?, Competition Policy Newsletter 2001, no. 3, S. 14; Monti, Competition in the New Economy, Rede des Wettbewerbskommissars auf der X. Internationalen Kartellrechtskonferenz in Berlin am 21.5.2001, SPEECH/01/232, erhltlich unter http://europa.eu.int/ rapid/start; M+ller, Internet als Motor des Wandels, Rede des Bundeswirtschaftsministers auf der X. Internationalen Kartellrechtskonferenz in Berlin am 21.5.2001, abrufbar unter http://www.bundeskartellamt.de/IKKZusammenfassung.pdf (S. 15); Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus der Sicht der EU-Kommission, 2.3.2001, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/ text/sp2001_002_de.pdf; Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, 24 World Competition 125 (2001); Sura, Kartellrecht, in: Gramlich/Krçger/ Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, 2003, S. 109; Urrutia, Internet and its effects on competition, 10.7.2000, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2000_011_en.pdf; Vajda/Gahnstrçm, E.C. Competition Law and the Internet, ECLR 2000, 94; Veljanovski, E.C. Antitrust in the New Economy: Is the European Commission’s View of the Network Economy Right?, ECLR 2001, 115; Wind, B2B-Marktpltze aus der Optik des europischen, amerikanischen und schweizerischen Kartellrechts, 2003; Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, Gutachten v. 7.7.2001, Wettbewerbspolitik fr den Cyberspace, abrufbar unter: http://www. bmwi.de/Redaktion/Inhalte/Downloads/Homepage_2Fdownload_2FCyber.pdf, property=pdf.pdf

I. Einf hrung 1 Unternehmen kommen sich ber elektronische Plattformen sehr nahe. Lngst geht es nicht mehr lediglich um einen neuen Beschaffungs- oder Vertriebskanal, sondern allgemein um ein Forum fr kooperative Effizienzgewinne in allerweitestem Sinn. Neben Ein- und Verkauf ber Auktionen, Online- und Offline-Kataloge, Lieferantendatenbanken, Hosting von individu288 | Heinemann

I. Einfhrung

Rz. 2 Kap. 8

ellen Einkauf-Websites etc., erfolgt eine Zusammenarbeit bei der Produktentwicklung und dem Management der Zulieferketten. Auch diverse Support-Dienste (z.B. Finanzdienstleistungen) und Angebotsketten-Integrationsdienste werden erbracht. Vermieden wurde bisher ein Austausch wettbewerbssensibler Geschftsinformationen sowie Vereinbarungen ber gemeinsamen Einkauf oder gar Verkauf. 1 Da sich Kartellrecht ausschließlich an Unternehmen richtet, kommt den zwischenbetrieblichen, also den B2B-Marktpltzen in der kartellrechtlichen Praxis und Diskussion die grçßte Bedeutung zu. Die hier entwickelten Grundstze lassen sich aber auch auf B2C-Marktpltze und andere Konstellationen bertragen. 2 Wo Unternehmen zusammenarbeiten oder gemeinsame Einrichtungen grn- 2 den, werden kartellrechtliche Vorgaben relevant. Es gelten unterschiedliche Regeln fr die Grndung und fr den Betrieb elektronischer Marktpltze. Europisches und nationales Kartellrecht sind nebeneinander anwendbar. Bei Konflikten zwischen beiden Rechtsordnungen setzt sich das Gemeinschaftsrecht ber seinen Anwendungsvorrang durch. Die Europische Kommission und das Bundeskartellamt haben sich in einer Reihe von Entscheidungen mit elektronischen Marktpltzen befasst und sie durchweg fr kartellrechtlich unbedenklich befunden. 3 Eine große Rolle spielte dabei, dass die Grnder der Plattformen bereits im Vorfeld Vorkehrungen gegen kartellrechtliche Bedenken getroffen hatten. Aufgrund mangelnder Erfahrung mit dem neuen 1 Zu den verschiedenen Marktplatztypen s. nur Koenig/Kulenkampff/K+hling/Lo-

etz/Smit, Internetplattformen, 2002, S. 106 ff. 2 Die ganz berwiegende Mehrzahl der kartellbehçrdlichen Entscheidungen betrifft

B2B-Marktpltze. Beispiele fr B2C-Plattformen sind die Entscheidungen des BKartA in den Sachen „MB-Portal“ und „T-Online/Bild.de“ (s.u. Fn. 3). 3 Einschlgige Entscheidungen, bzw. Verwaltungsschreiben der Europischen Kommission sind (abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/competition/index_de.html): „emaro“, 13.7.2000, COMP/M.2027; „Volbroker.com“, Pressemitteilung IP/00/896 v. 31.7.2000 (s. auch ABl. 2000 C 143/3); „MyAircraft.com“, 4.8.2000, COMP/M.1969; „Cofunds“, 1.9.2000, COMP/M.2075; „Governet“, 2.10.2000, COMP/ M.2138; „Chemplorer“, 6.10.2000, COMP/M.2096; „ec4ec“, 7.11.2000, COMP/M.2172; „Supralift“, 25.4.2001, COMP/M.2398; „Date AS“, 2.5.2001, COMP/ M.2374; „Covisint“, Pressemitteilung IP/01/1155 v. 31.7.2001 (s. auch ABl. 2001 C 49/4); „Eutilia“ und „Endorsia“, Pressemitteilung IP/01/1775 v. 10.12.2001 (s. auch ABl. 2001 C 100/14, C 122/7); „inreon“, Pressemitteilung IP/02/761 v. 24.5.2002; „Water Portal“, 26.6.2002, COMP/M.2747; „Centradia“, Pressemitteilung IP/02/943 v. 27.6.2002 (s. auch ABl. 2002 C 38/22); „EBPP“, 20.9.2002, COMP/M.2907; „GF-X“, Pressemitteilung IP/02/1560 v. 28.10.2002; „WorldRes.Europe“, Pressemitteilung IP/03/706 v. 19.5.2003; „Steel 24-7“, Pressemitteilung IP/04/211 v. 17.2.2004. Einschlgige Entscheidungen des Bundeskartellamts sind (abrufbar unter www.bundeskartellamt.de): „Covisint“, 25.9.2000, B 5 – 34100 – U 40/00, K&R 2000, 604; „CC-Markets“, 23.10.2000, B 3 – 72303 – U 76/00; „RubberNetwork.com“, 26.1.2001, B 3 – 25310 – U 110/00; „MB-Portal“, 26.3.2001, B 5 – 14/01; „BuyForMetals/Steel 24-7“, 29.6.2001, B 5 – 51522 – U 24/01; „T-Online/Bild.de“, 7.3.2002, B 6 – 144/01; s. außerdem Bundeskartellamt, Ttigkeitsbericht 2001/2002 (2003) mit Wrdigung der Internetplattformen „Getrnke-Portal“ (S. 126 f.), „Transportbeton“ (S. 146 f.) und „Supply-On“ (S. 159 f.).

Heinemann | 289

Kap. 8 Rz. 3

Kartellrecht

Phnomen fgten die Kartellbehçrden allerdings bisweilen einen ansonsten vçllig unblichen „Beobachtungsvorbehalt“ hinzu, nmlich dass man das Verhalten des Marktplatzes im Hinblick auf das Kartellverbot im Auge behalten werde. 4 Dies zeigt, dass die kartellrechtliche Einschtzung elektronischer Marktpltze im Fluss ist. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft die Grenzen des kartellrechtlich gerade noch Zulssigen weiter eruiert werden. Entscheidungspraxis und wissenschaftliche Diskussion ergeben aber bereits jetzt ein zufrieden stellendes Bild ber die kartellrechtlichen Regelungsgrundstze in diesem Bereich. 3 Zur Veranschaulichung sei auf die beiden kartellbehçrdlichen Leitentscheidungen verwiesen. Am 7.8.2000 erklrte die Europische Kommission die Internet-Plattform MyAircraft.com in einem Fusionskontrollverfahren fr vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt. Es handelt sich bei der Plattform um eine Bçrse fr Gter der Luft- und Raumfahrtindustrie und hierauf bezogene Dienstleistungen. Die Grnder – nmlich neben einem IT-Unternehmen die United Technologies Corp. und Honeywell International Inc. – sind u.a. Anbieter von Flugzeugkomponenten. Der Zweck von „MyAircraft.com“ besteht darin, den Absatz zu organisieren und den Kontakt zu den Abnehmern zu optimieren. Die Kommission war der Auffassung, dass auf den betroffenen Mrkten durch die Grndung der Plattform keine marktbeherrschende Stellung entstehe. Die Produktpaletten der beteiligten Unternehmen berschnitten sich kaum. Außerdem existierten andere e-commerce-Anbieter fr entsprechende Produkte; die Zutrittsschranken fr die Errichtung konkurrierender B2B-Marktpltze seien gering. 5 4 Kurze Zeit spter, am 25.9.2000, gab das Bundeskartellamt den elektronischen Marktplatz Covisint frei, ebenfalls in einem Fusionskontrollverfahren. 6 Im Gegensatz zu MyAircraft.com handelt es sich bei Covisint nicht um den Zusammenschluss von Anbietern, sondern von Nachfragern, nmlich großer Automobilhersteller (und zweier IT-Unternehmen), welche die Zulieferung fr die Automobilindustrie aufbauen und bei der Produktentwicklung zusammenarbeiten wollen. Es seien keine Anhaltspunkte dafr zu erkennen, dass es auf dem Markt fr einschlgige Internet-Plattformen zur Herausbildung marktbeherrschender Stellungen komme. Covisint werde mit einer Reihe anderer Plattformen im Wettbewerb stehen, nmlich sowohl 4 BKartA, „Covisint“, K&R 2000, 604 (609). In diesem Sinn auch BKartA, „CC-Mar-

kets“ (s.o. Fn. 3) Tz. 44; „RubberNetwork.com“ (s.o. Fn. 3) Tz. 39; „BuyForMetals/ Steel 24-7“ unter F, sowie Bundeskartellamt, Ttigkeitsbericht 1999/2000, 2001, S. 107. 5 Europ)ische Kommission, „MyAircraft.com“ (oben Fn. 3). 6 Schon vorher hatte die US-amerikanische Federal Trade Commission das Vorhaben genehmigt, s. die Entscheidung der FTC vom 11.9.2000, http://ftc.gov/opa/ 2000/09/covisint.htm. Die Europische Kommission erklrte „Covisint“ am 31.7.2001 fr vereinbar mit Art. 81 Abs. 1 EGV (oben Fn. 3). Zu den Hintergrnden doppelter Zustndigkeit von Bundeskartellamt und Europischer Kommission s. unten IV Rz. 24.

290 | Heinemann

II. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Internet-Sachverhalte

Rz. 5 Kap. 8

mit anderen vertikalen (branchenspezifischen) als auch mit horizontalen (branchenbergreifenden) Marktpltzen. Hervorgehoben wurde, dass der Zugang zu Covisint allen Interessenten offen stehe, keine Ausschließlichkeit der Nutzung verlangt und kein gemeinsamer Einkauf betrieben werde. 7

II. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Internet-Sachverhalte 1. Grundsatzfragen Die ganz berwiegende Meinung in Wissenschaft und Praxis geht davon aus, 5 dass geltendes Kartellrecht auch auf Phnomene im Zusammenhang mit dem Internet, also auch auf B2B-Marktpltze anwendbar ist und auch de lege ferenda anwendbar sein sollte. 8 Stellungnahmen, welche die Geltung staatlichen Rechts fr den Cyberspace ablehnen, und stattdessen die Selbstregulierung des Netzes fordern, stammen eher aus dem US-amerikanischen Kulturraum. 9 Aber auch in Europa gibt es Stimmen, die auf çkonomische Besonderheiten der Netzwirtschaft verweisen, und fr Zurckhaltung bei der Anwendung von Kartellrecht in diesem Bereich pldieren. 10 Auch wenn man solchen Forderungen zugestehen muss, dass çkonomische Besonderheiten zu einer abweichenden Subsumtion unter kartellrechtliche Tatbestnde fhren kçnnen, ndert dies doch nichts an der Tatsache, dass der Geltungsbereich des Kartellrechts sich ohne Einschrnkungen auch auf die Internet-Wirtschaft erstreckt. Es existiert weder im europischen noch im deutschen Kartellrecht ein Ausnahmebereich Internet. Ikonomische Besonderheiten kçnnen nicht einseitig fr eine mildere Anwendung von Kartellrecht in Anspruch genommen werden; es ist durchaus denkbar, dass Netzcharakteristika im Einzelfall auch zu einer strengeren Handhabung Grund geben.

7 BKartA, 25.9.2000, „Covisint“ (oben Fn. 3). Zum 1.3.2004 wurde Covisint an das

Unternehmen Compuware verkauft und hat dadurch seine Eigenschaft als GU der großen Kfz-Hersteller verloren. Eine Ausweitung der Aktivitten auf andere Branchen ist beabsichtigt, also die Umwandlung von einer vertikalen zu einer horizontalen Plattform. 8 Monti, Competition in the New Economy, 2001; Pitovsky, 68 Antitrust Law Journal 913 (2001); Federal Trade Commission (USA), Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces, 2000; Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, Gutachten v. 7.7.2001, Wettbewerbspolitik fr den Cyberspace, S. 23 Tz. 69; Monopolkommission, Vierzehntes Hauptgutachten 2000/2001, 2002, Sonderkapitel Internet. Eschweiler (Internet und Wettbewerbsrecht, 2001, S. 10) nennt die kartellrechtlichen Probleme elektronischer Marktpltze „alte Bekannte“. 9 Fr Selbstregulierung im Internet pldieren beispielsweise Johnson/Post, 48 Stanford Law Review 1367 (1996). S. hierzu Christiansen, MMR 2000, 123. 10 Ahlborn/Evans/Padilla, ECLR 2001, 156; Ramberg, Internet Marketplaces, 2002, S. 31 und 38; Vajda/Gahnstrçm, ECLR 2000, 94; Veljanovski, ECLR 2001, 115.

Heinemann | 291

Kap. 8 Rz. 6

Kartellrecht

2. Kkonomische Besonderheiten 6 Die besonderen çkonomischen Eigenschaften der Internet-Wirtschaft kçnnen an folgenden Stichwçrtern festgemacht werden. 11 Der Technologie-Effekt umfasst die enormen Effizienzgewinne, die das Netz durch Steigerung der Transparenz, Senkung der Transaktionskosten, geographische Markterweiterung und Steigerung der Wettbewerbsintensitt mit sich bringt. Aufgrund des Netzwerk-Effekts hngt der Nutzen der Einrichtung nicht nur von der eigenen Teilnahme, sondern auch von der Nutzung durch andere Marktteilnehmer ab (positiver externer Effekt). Es bestehen betrchtliche Grçßenund Verbundvorteile (economies of scale and scope): Aufgrund der Kostenstruktur bestehen regelmßig hohe Fix- und niedrige variable Kosten, so dass Mengenausweitungen zu Kosteneinsparungen fhren. Kostenvorteile entstehen auch dadurch, dass komplementre Produkte vom selben Unternehmen angeboten werden. Im Internet besteht ein großes Bedrfnis nach Standardisierung. Die gemeinsame Nutzung des Netzes ist nur durch Herstellung von Kompatibilitt und Interoperabilitt mçglich. Es setzt sich hufig nicht die beste, sondern die erste Lçsung durch (first mover advantage). Der zeitliche Ablauf und nicht unbedingt die Qualitt entscheidet also ber das Ergebnis am Markt (path dependency). Die Kosten des Wechsels von einem eingefhrten System zu einem konkurrierenden Anbieter sind hoch, so dass der Abnehmer bei dem einmal gewhlten System u.U. auch dann bleibt, wenn Konkurrenzsysteme besser sind (lock in). Allgemein ist das Innovationstempo in der Internet-Wirtschaft ußerst hoch. 7 Diese çkonomischen Besonderheiten kçnnen Auswirkungen auf die Kartellrechtsanwendung haben. Das Bestehen hoher Marktzutrittsschranken oder gar eine lock in-Situation kann zur Annahme eines eigenen relevanten Marktes, also zu enger Marktabgrenzung veranlassen. Der Technologieeffekt ist wichtig fr alle Zusammenhnge, in denen es auf Effizienzverbesserungen ankommt, z.B. bei kartellrechtlichen Freistellungsmçglichkeiten. Netzwerkeffekt sowie Grçßen- und Verbundvorteile fhren zur Entstehung natrlicher Monopole. Sie kçnnen deshalb angefhrt werden, um die Existenz einer marktbeherrschenden Stellung und hoher Marktzutrittsschranken zu begrnden. Ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung folgt hieraus allerdings noch nicht. Im Gegenteil, diese Effekte kçnnen geltend gemacht werden, um zu begrnden, warum Strukturvernderungen am Markt nicht auf missbruchliche Verhaltensweisen, sondern auf zwangslufige çkonomische Wirkungszusammenhnge zurckzufhren sind. Hierbei sind allerdings genaue Differenzierungen erforderlich. Es ist przise zu bestimmen, welche Marktvernderungen auf dem Netzwerkeffekt (oder den Grçßenund Verbundvorteilen) beruhen, und was darber hinausgeht. Beispielsweise kann der Erfolg, den ein marktbeherrschendes Unternehmen auch auf be11 Nher hierzu Heinemann, Internet-Plattformen und Kartellrecht, 2002, S. 79

(82 ff.).

292 | Heinemann

II. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Internet-Sachverhalte

Rz. 9 Kap. 8

nachbarten Mrkten hat, auf Netzwerkeffekt oder Verbundvorteilen beruhen. Es ist aber auch mçglich, dass die Marktmacht auf dem Hauptmarkt nur als Hebel eingesetzt wurde, um benachbarte Mrkte missbruchlich zu erobern (leveraging). Ferner kann die Existenz von Grçßenvorteilen als Verteidigungsmittel gegen den Vorwurf des Preismissbrauchs vorgebracht werden. Wenn die hohen Fixkosten aufgrund des rasanten Innovationstempos in kurzer Zeit wieder hereingespielt werden mssen, rechtfertigt sich auch eine hohe Abweichung des Preises von den Grenzkosten. Schließlich ist bei der Setzung von Industriestandards außerhalb der anerkannten Normorganisationen darauf abzustellen, dass auch private de facto-Standards dem Bedrfnis nach Interoperabilitt nachkommen. Ein missbruchliches Verhalten ist nicht allein aus der Tatsache abzuleiten, dass ber einen solchen de facto-Standard eine strategisch wichtige Flaschenhalssituation eingenommen wurde, sondern nur aus weiteren, als missbruchlich zu qualifizierenden Verhaltensweisen. Die çkonomischen Besonderheiten kçnnen also in den verschiedensten Zu- 8 sammenhngen eine Rolle spielen. Legislatorischer Reformbedarf ergibt sich hieraus nicht. Die kartellrechtlichen Tatbestnde sind flexibel genug, um angemessene Lçsungen fr Internet-Sachverhalte hervorzubringen. Pauschalen Antworten, etwa Kartellrecht in diesem Bereich generell zurckzunehmen, ist mit Vorsicht zu begegnen. In den folgenden Ausfhrungen wird immer wieder Bezug auf allgemeine kartellrechtliche Vorgaben genommen, die nach der hier vertretenen Auffassung berzeugend auf neue Sachverhalte angewendet werden kçnnen.

3. Internationale Anwendbarkeit und Zustndigkeit Verhaltensweisen im Internet sind grenzberschreitend und dies hufig 9 weltweit. Es stellt sich deshalb die Frage, das Kartellrecht welchen Landes, bzw. welcher supranationalen Staatengemeinschaft Anwendung findet. 12 International hat sich hier das Auswirkungsprinzip durchgesetzt, das in § 130 Abs. 2 GWB ausdrcklich zugrunde gelegt ist, und das auch im europischen Kartellrecht zumindest im Ergebnis Anwendung findet. 13 All diejenigen Kartellrechtsordnungen finden Anwendung, in deren Gebiet sich die Wettbewerbsbeschrnkung auswirkt. Verhaltensweisen im Internet wirken sich hufig in einer Vielzahl von Lndern aus. Solche Multi-State-Be12 Die Rede ist hier nur vom Internationalen Kartellverwaltungsrecht. Zu den Beson-

derheiten des Internationalen Kartellprivatrechts s. Heinemann, Die Anwendbarkeit auslndischen Kartellrechts – Probleme der Qualifikation und der Anknpfung im internationalen Kartellprivatrecht, M_langes Dutoit, 2002, S. 115 ff. 13 Zum europischen Recht s. Schwarze, Die extraterritoriale Anwendbarkeit des EG-Wettbewerbsrechts – Vom Durchfhrungsprinzip zum Prinzip der qualifizierten Auswirkung, in: Schwarze (Hrsg.), Europisches Wettbewerbsrecht im Zeichen der Globalisierung, 2002, S. 37 ff.

Heinemann | 293

Kap. 8 Rz. 10

Kartellrecht

schrnkungen unterliegen allen tangierten Kartellrechtsordnungen. Eine Vielzahl von Kartellbehçrden kann zustndig sein. Es besteht die Gefahr divergierender Behçrdenentscheidungen. Bilaterale und multilaterale Koordination ist erforderlich. Eine weltumspannende, zufrieden stellende Lçsung des Problems wird nur im Rahmen der WTO mçglich sein. 14 10 Bis dahin muss mit bilateraler Zusammenarbeit vorlieb genommen werden. 15 Ein einschlgiges Beispiel ist die Zusammenarbeit der US-amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) einerseits und von Bundeskartellamt und Europischer Kommission andererseits bei der Prfung der Internet-Plattform Covisint. 16 Eine enge Abstimmung fand statt und alle Behçrden kamen zum selben Ergebnis, nmlich zur Freigabe der Plattform. 17 Bilaterale Zusammenarbeit von Kartellbehçrden ist im Verhltnis zu vielen Staaten durch vçlkerrechtliche Abkommen institutionalisiert. 18 Multilateraler Informationsaustausch erfolgt im Rahmen der OECD, der UNCTAD und dem 2001 ins Leben gerufenen International Competition Network (ICN), das ein informelles Netzwerk der Kartellbehçrden aus Industrie- und Entwicklungslndern darstellt. 19

14 S. hierzu die offizielle Erklrung der WTO-Ministerkonferenz in Doha v. 14.11.2001,

15

16 17

18

19

Dokument WT/MIN(01)/DEC/W/1, Tz. 23. Zu Vorschlgen aus der Wissenschaft s. Fikentscher/Immenga (Hrsg.), Draft International Antitrust Code, 1995; Fikentscher/Drexl, RIW 1994, 93; Fikentscher/Heinemann, WuW 1994, 97. Das Scheitern der WTO-Ministerkonferenz 2003 in Cancffln hat die Erfolgsaussichten fr ein WTO-Kartellrecht allerdings verringert. Zur Bedeutung internationaler Zusammenarbeit gerade im Hinblick auf elektronische Marktpltze s. Europ)ische Kommission, XXX. Bericht ber die Wettbewerbspolitik 2000, 2001, S. 54. Zu Covisint s. bereits oben bei Fn. 6. Fr das Bundeskartellamt s. Bçge, Elektronische Marktpltze und Kartellrecht, 2002, S. 23. Fr die EU s. Europ)ische Kommission, XXXI. Bericht ber die Wettbewerbspolitik 2001, 2002, S. 133 Tz. 532. S. beispielsweise das Abkommen zwischen den Europischen Gemeinschaften und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ber die Anwendung ihrer Wettbewerbsregeln (ABl. 1995 L 95/47) sowie das Abkommen zwischen den Europischen Gemeinschaften und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ber die Anwendung der „Positive-Comity“-Grundstze bei der Durchsetzung ihrer Wettbewerbsregeln (ABl. 1998 L 173). Zur Praxis der bi- und multilateralen Zusammenarbeit s. die Jbersichten jeweils am Ende des Jahresberichts der Europischen Kommission ber die Wettbewerbspolitik. S. hierzu First, Evolving toward What? The Development of International Antitrust, in Drexl (Hrsg.), The Future of Transnational Antitrust, 2003, S. 23 ff. Dem ICN gehçren augenblicklich ber 70 Kartellbehçrden der Welt an; seit 2002 finden regelmßige Jahreskonferenzen statt.

294 | Heinemann

III. Betroffene Mrkte

Rz. 14 Kap. 8

III. Betroffene Mrkte Die Marktabgrenzung ist von großer Bedeutung bei der Feststellung einer 11 marktbeherrschenden Stellung, auf die es sowohl im Zusammenhang mit dem Missbrauchsverbot als auch mit der Fusionskontrolle entscheidend ankommt. Aber auch im Zusammenhang mit dem Kartellverbot bedarf es der Marktabgrenzung, da beschrnkende Vereinbarungen nur vor dem Hintergrund des betroffenen Marktes festgestellt werden kçnnen. Auch im Zusammenhang mit elektronischen Marktpltzen ist von den all- 12 gemeinen Grundstzen der kartellrechtlichen Marktabgrenzung auszugehen. Mrkte sind in sachlicher und rumlicher (ausnahmsweise auch in zeitlicher) Hinsicht zu definieren. Fr die sachliche Marktabgrenzung gilt das Bedarfsmarktkonzept, d.h., es kommt auf die funktionale Austauschbarkeit des betroffenen Produkts aus der Sicht der Marktgegenseite an. Die rumliche Marktabgrenzung geht vom Hauptabsatzgebiet des Unternehmens aus. 20

1. Marktabgrenzung allgemein im Internet Im Lauf seiner Entwicklung hat sich das Internet vom Schaufenster ber ein 13 Portal zum Marktplatz gewandelt. 21 Alle Stadien dieser Entwicklung sind – je nach Zusammenhang – gleichzeitig prsent. Wird das Internet lediglich dazu benutzt, traditionelle Produkte zu bewerben, ist der Anpassungsbedarf bei der Anwendung von Kartellrecht vergleichsweise gering. Etwas anderes gilt im Zusammenhang mit Mrkten, die aufgrund des Internet erst neu entstanden sind. Entsprechend sind zu unterscheiden traditionelle Mrkte von echten neuen 14 Internet-Mrkten. 22 Einige kartellrechtliche Probleme haben zwar mit dem Internet zu tun. Die betroffenen Mrkte kçnnen aber nicht anders als traditionell eingestuft werden, da das Netz lediglich als Hilfsmittel fr ansonsten vollkommen herkçmmliche Operationen eingesetzt wird. Ob ein Buch im Laden oder ber das Internet eingekauft wird, ist kartellrechtlich unerheblich. Der relevante Markt im Buchhandel umfasst den gesamten Buchabsatz, unabhngig davon, ob er ber den Buchladen oder das Internet erfolgt. 23 20 S. die Bekanntmachung der Kommission ber die Definition des relevanten Mark-

tes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997 C 372/5). 21 Zu diesem Bedeutungswandel s. Jestaedt, BB 2001, 581; Koenig/Kulenkampff/

K+hling/Loetz/Smit, S. 19 ff.; M+ller, Internet als Motor des Wandels, 2001, passim. 22 S. hierzu Beck, WuW 1999, 460 ff. 23 In diesem Sinn Gassner, MMR 2001, 140 (143 f.); Leo in GK-KartR, 5. Aufl. 2001, § 19 GWB Rz. 344; Urrutia, S. 3. Die Kommission ließ die Frage der sachlichen Marktabgrenzung in den Fusionskontrollverfahren ber den Internet-Vertrieb von Bchern letztlich offen, s. Nachweise und Diskussion bei Seeliger, WuW 2000, 1174 (1185).

Heinemann | 295

Kap. 8 Rz. 15

Kartellrecht

15 Neue Produktmrkte entstehen erst dann, wenn ber das Internet neue Leistungen angeboten werden, die zu einer deutlichen Unterscheidung der Vertriebsformen fhren. 24 So war die Europische Kommission bei der ersten Einschtzung des Gemeinschaftsunternehmens von T-Online, TUI und Neckermann der Auffassung, dass das Online-Reisegeschft gegenber dem klassischen Verkauf ber Reisebros einen eigenstndigen Produktmarkt bilde. Die Online-Kunden kçnnten jederzeit unabhngig von den Iffnungszeiten des Einzelhandels und ohne ihr Haus zu verlassen, Angebote auswhlen und Reisen buchen. Die Reiseanbieter htten niedrigere Vertriebskosten zu tragen. 25 Diese Einschtzung steht im Gegensatz zur bisherigen Linie der Kommission. 26 Die genannten Merkmale betreffen zwangslufig jede Form des Online-Vertriebs: Auch bei der elektronischen Bestellung eines Buchs ist der Kunde unabhngig vom Ladenschluss und kann das Angebot ohne Verlassen des Hauses sichten. Sollte die Kommission bei einer solchen allgemeinen Einschtzung bleiben, und nicht noch besondere Charakteristika des Reisemarktes herausheben (wie z.B. den hçheren Beratungsbedarf), bahnen sich hier grçßere Umwlzungen bei der Marktabgrenzung an. Sollte der weitere Weg in diese Richtung fhren, wre die Vermarktung traditioneller Gter ber das Internet nicht lediglich eine alternative Vertriebsform, sondern wrde zur Annahme ganz neuer Produktmrkte fhren. Auch in Bezug auf traditionelle Gter htte man dann nicht mehr bloß traditionelle, sondern echte Internet-Mrkte. 27 16 Die gelufige Einschtzung ist allerdings zu Recht eine andere: Danach fhrt der Einsatz des Internet im Bereich traditioneller Produkte lediglich zu einem neuen tatschlichen Phnomen, es bleibt aber bei derselben Marktabgrenzung. Die (kartell-)rechtlichen Probleme stellen sich im Wesentlichen in derselben Form wie ohne Einsatz des Internet. Erst wenn die New Economy neue Mrkte i.S. des Kartellrechts hervorbringt, stellen sich auch neue kartellrechtliche Fragen. Hier handelt es sich dann um genuine Internet-Mrkte. Dazu gehçren zunchst einmal die Infrastruktur-Mrkte, insbesondere das Netz als physische Einrichtung, z.B. das Telefonnetz ein24 Schaub, S. 3 und 5 ff. unter Hinweis auf einschlgige Kommissionsentscheidungen. 25 Pressemitteilung der Europischen Kommission IP/01/670 vom 8.5.2001, abruf-

bar unter http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh. Das Projekt wurde von den beteiligten Unternehmen spter umgestaltet und der europischen Fusionskontrolle entzogen, s. hierzu unten Rz. 26 f. 26 S. z.B. auch das gescheiterte Fusionsvorhaben zwischen EMI und BMG: Die betroffenen Unternehmen brachten vor, die traditionelle Marktabgrenzung (Verkauf von CDs) msse aufgegeben werden. Der Vertrieb ber das Internet msse einbezogen werden. Wegen Aufgabe des Fusionsvorhabens bildete sich die Europische Kommission hierzu keine abschließende Meinung, s. NZZ v. 2.5.2001, S. 9. 27 Kritisch zu engen Marktabgrenzungen in der Internet-Ikonomie s. Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, Wettbewerbspolitik fr den Cyberspace, S. 25 ff. Tz. 74 ff. mit Ausblick auf alternative Methoden der Marktdefinition, die nicht mehr ausschließlich auf die Marktgegenseite, sondern auch auf die Wirtschaftsplne konkurrierender Marktteilnehmer abstellen.

296 | Heinemann

III. Betroffene Mrkte

Rz. 18 Kap. 8

schließlich der breitbandigen Anwendungen und der „backbone“-Struktur, Mobilfunknetze, Fernsehnetze (terrestrisch, Kabel und Satellit) und das Stromnetz, soweit es zur Informationsbermittlung genutzt wird. Das Eigentum an der Infrastruktur muss unterschieden werden von dem Markt fr netzbezogene Dienstleistungen. Internet Service Provider (ISP) sind nicht notwendigerweise auch Eigentmer des Netzes. Die von ihnen angebotenen Dienstleistungen stellen einen eigenstndigen Markt im kartellrechtlichen Sinne dar, der in rumlicher Hinsicht national definiert werden muss. 28 Außerdem existieren eigene Mrkte fr die Benutzung des Web durch IP- 17 Adressen und Domain-Namen. 29 Das Gleiche gilt fr die zur Nutzung des Netzes erforderliche Software, z.B. Browser, Portale oder Suchmaschinen. 30 Was das Angebot von Inhalten ber das Netz betrifft, so kann eine Tendenz weg von kostenlosen Angeboten und hin zu gebhrenpflichtigen Leistungen festgestellt werden (z.B. „content syndication“). Es entstehen damit neue Mrkte fr entgeltliche Inhalte.

2. Marktabgrenzung und Internet-Plattformen Die Unterscheidung von traditionellen Mrkten und echten neuen Inter- 18 net-Mrkten gilt auch in Bezug auf elektronische Marktpltze. Es existieren traditionelle Mrkte fr die auf dem Marktplatz gehandelten Produkte und – davon zu trennen – echte neue Internet-Mrkte fr die von der Plattform angebotenen Transaktionsleistungen. 31 Zustzlich existieren vorgelagerte 28 Bundeskartellamt, 7.3.2002, „T-Online/Bild.de“ (oben Fn. 3), Tz. 14 ff. In Deutsch-

land hat T-Online eine beherrschende Stellung auf dem Markt fr Internetzugang, die sich (zum Zeitpunkt der BKartA-Entscheidung) auf einen Marktanteil von 52% grndet. Der nchste Wettbewerber (AOL Deutschland) hatte einen Marktanteil von 20%. 29 Fr die country code – Top Level Domain „.de“ s. B+cking, GRUR 2002, 27 ff. 30 Allerdings hat die zweite Instanz im US-amerikanischen Microsoft-Browser-Verfahren die Existenz eines eigenen Browser-Marktes fr nicht erwiesen erachtet und insofern den Vorwurf des leveraging (wettbewerbswidriger Einsatz der beherrschenden Stellung auf dem Markt fr Betriebssysteme zur Eroberung des Browsermarkts zum Nachteil von Netscape) zurckgewiesen, s. US Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, 28.6.2001, „United States v. Microsoft Corp“, S. 62 ff., abrufbar unter: http://cnnfn.cnn.com/2001/06/28/microsoft_file/decision.pdf. 31 BKartA, „Covisint“ (o. Fn. 3), Tz. D.I. 1–4 fr die IT-Dienstleistungen, Tz. D.I. 5–6 fr die Automobilmrkte. So auch BKartA, „CC-Markets“ (oben Fn. 3), Tz. 24 ff. und „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3), Tz. 18 ff.; Beck, WuW 1999, 460 ff.; Gassner, MMR 2001, 140 (142); Kçhler, K&R 2000, 569 (571). Die Plattformdienstleistungen sind von herkçmmlichen Kommunikationsmethoden wie z.B. Post, Fax, Telefon, E-Mail, usw. zu unterscheiden. Eigenstndige Mrkte fr Plattformdienstleistungen bestehen zumindest dann, wenn Leistungen erbracht werden, die ber die traditionellen Kommunikationswege hinausgehen, wie es bei fortgeschrittenen Internet-Plattformen der Fall ist, s. Koenig/Kulenkampff/K+hling/ Loetz/Smit, S. 191 f.

Heinemann | 297

Kap. 8 Rz. 19

Kartellrecht

Mrkte fr die Marktplatzinfrastruktur. 32 Diese Differenzierung zeigt, dass die elektronischen Marktpltze eine Zwischenstellung zwischen den traditionellen Mrkten und den neuen Internet-Mrkten einnehmen. Was gehandelt wird, gehçrt zur traditionellen Welt. Wie dies erfolgt, nmlich die Abwicklung ber eine Internet-Plattform, stellt einen neuen Markt, nmlich einen Dienstleistungsmarkt dar. 19 Nicht gnzlich geklrt ist der Einfluss der beiden Markttypen aufeinander. Zwingt die Existenz des elektronischen Marktplatzes zu einer Neudefinition der traditionellen Mrkte fr die ber den Marktplatz gehandelten Produkte? Was zunchst die rumliche Marktabgrenzung betrifft, so fhren Internet-Marktpltze in der Regel zu einer geographischen Ausdehnung des Aktivittsbereichs aller Beteiligten. Aus der Tatsache, dass das Internet weltweit abrufbar ist, folgt allerdings nicht automatisch, dass der geographisch relevante Markt nun weltweit zu definieren ist. Zahlreiche Faktoren fhren dazu, dass Einkaufs- und Absatzmçglichkeiten weiterhin rumlich beschrnkt sein kçnnen, z.B. aufgrund von Transportkosten, tarifren und nicht-tarifren Handelshemmnissen oder allgemein aufgrund von staatlichen Regulierungen. Der Einsatz des Internets fhrt also zwar zur Ausdehnung des rumlich relevanten Marktes, zwingt aber gleichzeitig dazu, die genaue geographische Reichweite im Einzelfall zu prfen. Entscheidend ist jeweils, wie weit die geographische Reichweite der Plattform tatschlich ist. 33 20 Was den sachlich relevanten Markt, also den Produktmarkt betrifft, so werden die allgemein zum Internet angestellten Jberlegungen relevant (s.o. Rz. 11 ff.). Beim Handel traditioneller Produkte ber einen Marktplatz sollte nur dann ein neuer Markt angenommen werden, wenn die Tatsache der Internet-Abwicklung das Produkt in seinem Wesen ndert. Allein die Entstehung eines neuen Distributionswegs kann nicht zur Parzellierung der Produktmrkte fhren. In diesem Sinn hat auch das Bundeskartellamt darauf abgestellt, ob die ber die Plattform gehandelten Produkte durch den Handel via Internet besondere Eigenschaften erlangen. 34 Die Annahme eines neuen sachlichen Marktes fr traditionelle Produkte, die ber einen elektronischen Marktplatz vertrieben werden, bedarf also einer besonderen Begrndung. 35 Werden diese Produkte durch den Internet-Vertrieb nicht relevant verndert, wrde die Annahme eines neuen sachlichen Marktes zu einer zu 32 Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 97 f., 105 f., 194 f., 294. 33 S. Gounalakis/Lochen, ZHR 167 (2003), 632 (642 ff.); Sura, Kartellrecht, in: Gram-

lich/Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, 2003, § 6 Rz. 30 ff. 34 BKartA, „CC-Markets“ (oben Fn. 3), Tz. 32: „Fr eine genauere Marktabgrenzung

der gehandelten Gter und Dienstleistungen ist einerseits zu untersuchen, ob es sich um solche handelt, die als branchenspezifisch anzusehen sind und andererseits, ob es sich um solche handelt, die durch den Handel via Internet besondere Eigenschaften aufweisen. Wrde eine der beiden Fragen mit ‚Ja’ beantwortet, msste jeweils eine weiter gehende, engere Marktabgrenzung vorgenommen werden.“ In diesem Sinn auch BKartA, „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3) Tz. 21. 35 So auch Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 98 ff., 194.

298 | Heinemann

III. Betroffene Mrkte

Rz. 22 Kap. 8

feinen Marktabgrenzung fhren, die gerade auch vor dem Hintergrund des Bedarfsmarktkonzepts nicht gerechtfertigt wre. Die neuen Mrkte fr die von den Plattformen angebotenen Transaktions- 21 leistungen werden weit definiert. So kam das Bundeskartellamt in der Covisint-Entscheidung zu dem Ergebnis, dass Covisint mit einer Reihe anderer Plattformen im Wettbewerb stehen werde. Abgestellt wurde hierbei nicht nur auf andere vertikale, also automobilspezifische Plattformen, sondern auch auf horizontale Marktpltze, die zumindest Teilleistungen aus dem Leistungsspektrum von Covisint erbringen. Selbst sektorspezifische Plattformen eines anderen Industriezweigs kçnnten geeignete Produkte fr einen fremden Sektor bereithalten. 36 Die Argumentation des Amts, die konsequent auf die Austauschbarkeit aus Sicht der Marktgegenseite abstellt, erscheint berzeugend. Trotz unterschiedlicher Ausrichtung stehen zahlreiche elektronische Marktpltze zueinander in einem Wettbewerbsverhltnis und gehçren damit zum selben sachlich relevanten Markt. 37 Die weite Marktabgrenzung fhrt dazu, dass Plattformen nur selten eine 22 marktbeherrschende Stellung innehaben werden. Das kçnnte sich ndern, wenn der Konsolidierungsprozess unter den Plattformen zu einer deutlichen Reduzierung der aktiven Marktpltze fhren wird. 38 Der Netzwerkeffekt untersttzt den Bereinigungsprozess zwischen den verschiedenen Marktpltzen. Je mehr Nutzer eine Plattform hat, desto grçßer ist der Nutzen der Plattform fr jeden einzelnen Nutzer. Die Konzentrationstendenz unter den Plattformen wird also durch starke çkonomische Effekte untersttzt. Das daraus resultierende Bedrfnis nach der Schaffung effizienter Strukturen sollte im Rahmen der Fusionskontrolle positiv gewrdigt werden. Bedenken kann durch hohe Anforderungen an die Offenheit der Marktpltze entgegengesteuert werden.

36 BKartA, „Covisint“, K&R 2000, 604 (607). In diesem Sinn auch „BuyForMetals/

Steel 24-7“ (oben Fn. 3) E 2. 37 Im Gegensatz zum Bundeskartellamt vermied die Europische Kommission bis-

her genauere Marktabgrenzungen in sachlicher oder rumlicher Hinsicht, da in keinem Fall Marktmacht anzunehmen sei, s. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 184 f. Immerhin sprach die Kommission aber beispielsweise in der „MyAircarft.com“-Entscheidung (oben Fn. 3, Tz. 11–13) sowohl die Mrkte fr Flugzeugteile und -dienstleistungen als auch die plattformvermittelten IT-Dienstleistungen an, so dass die Grundunterscheidung von Produktmrkten und Transaktionsleistungen unstreitig ist. 38 Zur Bereinigung unter den elektronischen Marktpltzen s. FAZ v. 7.2.2002, S. 24; Lancefield, ECLR 2001, 9 (11 f.). Stroud (24 World Competition 125, 134) geht davon aus, dass die Zahl elektronischer Marktpltze von augenblicklich ber 1000 auf 50 im Jahr 2005 zurckgehen wird.

Heinemann | 299

Kap. 8 Rz. 23

Kartellrecht

IV. Gr ndung elektronischer Marktpltze 1. Grundstze 23 Fr die Zwecke des Kartellrechts ist zwischen der Grndung und dem darauf folgenden Betrieb elektronischer Marktpltze zu unterscheiden. Die Gr ndung eines Marktplatzes unterliegt der Fusionskontrolle und dem Kartellverbot. Der sptere Betrieb des Marktplatzes unterliegt ebenfalls dem Kartellverbot und zustzlich dem Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen. Fr alle Normkomplexe existieren Regelungen im europischen und im deutschen Kartellrecht. Es besteht also ein unbersichtliches nebenund bereinander der verschiedenen kartellrechtlichen Tatbestnde im nationalen und supranationalen Recht. 24 Kurios waren beispielsweise die kartellbehçrdlichen Entscheidungen ber die Plattform Covisint. Trotz der Dimension des Projekts (nmlich der Umsatzstrke der beteiligten Automobilproduzenten) war fr das Fusionskontrollverfahren nicht die Europische Kommission zustndig, da es am „Kontrollerwerb“ ber die Plattform und damit am Vorliegen eines „Zusammenschlusses“ i.S. des europischen Fusionskontrollrechts fehlte (Art. 3 FKVO). 39 Der Weg war damit frei fr eine fusionskontrollrechtliche Prfung durch das Bundeskartellamt, da der Begriff des „Zusammenschlusses“ im deutschen Recht schon frher ansetzt, nmlich bei einem Anteilserwerb von mindestens 25% bzw. bereits bei der Erlangung eines wettbewerblich erheblichen Einflusses (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 lit. b) und Nr. 4 GWB). 40 Erst spter bemerkte man, dass die Zustndigkeit der nationalen Kartellbehçrde im Fusionskontrollverfahren den Gang nach Brssel unter dem Gesichtspunkt des Kartellverbots nicht berflssig machte. Die Grnder meldeten das Vorhaben deshalb nach der Europischen Kartellverordnung (Art. 4 VO 17) bei der Europischen Kommission an. 41 Diese beurteilte das Vorhaben in einem Verwaltungsschreiben als unbedenklich. 42 Unterschiede zwischen europischem und deutschem Fusionskontrollrecht fhrten also zu dem seltenen Fall einer Doppelprfung durch Bundeskartellamt und Europische Kommission.

39 So z.B. auch bei den Plattformen „CC-Markets“, „RubberNetwork.com“ und

„BuyForMetals“ (oben Fn. 3). Kritisch zur Krze bzw. Abwesenheit einer Prfung des Merkmals „Kontrollerwerb“ durch das BKartA s. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 208. 40 Zum sehr viel tieferen Ansetzen der deutschen Fusionskontrolle s. Bechtold, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen (GWB), 3. Aufl. 2002, § 37 GWB Rz. 1. 41 ABl. 2001 C 49/4. Vgl. Art. 22 Abs. 1 der alten, bzw. Art. 21 Abs. 1 der neuen FKVO. So auch bei „Volbroker.com“, „Eutilia“, „Endorsia“, „inreon“ und „Centradia“ (oben Fn. 3, zu „Covisint“, „Eutilia“ und „Endorsia“ s. Clerc, Competition Policy Newsletter 2002, no. 1, S. 53 ff.). 42 Europ)ische Kommission, „Covisint“ (oben Fn. 3).

300 | Heinemann

IV. Grndung elektronischer Marktpltze

Rz. 27 Kap. 8

2. Gemeinschaftsunternehmen im Kartellrecht Elektronische Marktpltze werden berwiegend in der Form von Gemein- 25 schaftsunternehmen (joint ventures) gegrndet. Die kartellrechtliche Beurteilung von Gemeinschaftsunternehmen bereitet traditionell große Schwierigkeiten. Einerseits erwerben die Muttergesellschaften Anteile am Gemeinschaftsunternehmen, so dass ein Zusammenschluss vorliegen kann, der zur Anwendung des Fusionskontrollrechts fhrt. Andererseits kann ber das Gemeinschaftsunternehmen das Verhalten der Muttergesellschaften koordiniert werden, so dass mçglicherweise das Kartellverbot eingreift. Die Frage nach der Anwendbarkeit von Fusionskontrollrecht und/oder Kartellverbot wurde im Lauf der Zeit unterschiedlich beantwortet. Inzwischen ist allerdings eine Annherung zwischen europischem und deutschem Recht festzustellen (Grundsatz der Doppelkontrolle, s. hierzu sogleich im Text), auch wenn einzelne Unterschiede fortbestehen. Wegen der Existenz des Konzentrationsprivilegs ist die Abgrenzung von großer Bedeutung: Zusammenschlsse sind erst dann zu untersagen, wenn wirksamer Wettbewerb erheblich behindert wird, insbesondere durch Begrndung oder Verstrkung einer marktbeherrschenden Stellung. Das Kartellverbot greift demgegenber bereits dann ein, wenn eine sprbare Wettbewerbsbeschrnkung festgestellt wird. Die Mehrzahl der elektronischen Marktpltze wurde in fusionskontrollrechtlichen Verfahren berprft. a) Europisches Kartellrecht

Zum 1.5.2004 ist die neue Europische Fusionskontrollverordnung (FKVO) 26 in Kraft getreten, welche die alte FKVO aus dem Jahr 1989 abgelçst hat. 43 In Bezug auf Gemeinschaftsunternehmen gelten nach altem und neuem Recht die gleichen Grundstze. Danach ist die FKVO auf die Gr ndung eines Gemeinschaftsunternehmens (GU) anwendbar, wenn ein Zusammenschluss i.S.v. Art. 3 FKVO vorliegt, 44 der gemeinschaftsweite Bedeutung hat (Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO), und wenn es sich dabei um ein sog. Vollfunktions-GU handelt (Art. 3 Abs. 4 FKVO). 45 Ein Zusammenschluss setzt voraus, dass die Grnder Kontrolle ber den elek- 27 tronischen Marktplatz erwerben (Art. 3 Abs. 1 lit. b) FKVO). Gemeinsame Kontrolle liegt nach der Mitteilung ber den Begriff des Zusammenschlusses 43 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20.1.2004 ber die Kontrolle von Un-

ternehmenszusammenschlssen (ABl. L 24/1). Auf Zusammenschlsse vor diesem Zeitpunkt ist die alte FKVO anwendbar, nmlich die VO 4064/89 v. 21.12.1989 (ABl. 1990 L 257/13 mit spteren Rnderungen). S. Bçge, Reform der Europischen Fusionskontrolle, WuW 2004, 138 ff. 44 S. die Mitteilung der Kommission ber den Begriff des Zusammenschlusses (ABl. C 66/5 v. 2.3.1998). 45 S. die Mitteilung der Kommission ber den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens (ABl. C 66/1 v. 2.3.1998).

Heinemann | 301

Kap. 8 Rz. 28

Kartellrecht

dann vor, „wenn zwei oder mehr Unternehmen oder Personen die Mçglichkeit haben, einen bestimmenden Einfluss in einem anderen Unternehmen auszuben. Bestimmender Einfluss bedeutet hier in der Regel die Mçglichkeit, Aktionen blockieren zu kçnnen, die das strategische Wirtschaftsverhalten eines Unternehmens bestimmen“. 46 Die blichen Vetorechte von Minderheitsgesellschaftern in Bezug auf Satzungs- oder Kapitalvernderungen reichen hierzu nicht aus. Das Vetorecht muss sich vielmehr auf strategische geschftspolitische Entscheidungen in dem Gemeinschaftsunternehmen beziehen, wie z.B. Budget, Geschftsplan, grçßere Investitionen oder die Besetzung der Unternehmensleitung. Ein bestimmender Einfluss auf die Alltagsgeschfte des Unternehmens ist fr die Annahme eines Kontrollerwerbs allerdings nicht erforderlich. 47 Wenn den Grndern eines elektronischen Marktplatzes besondere Einflussmçglichkeiten auf strategische Geschftsentscheidungen eingerumt werden, liegt also Kontrollerwerb und damit ein Zusammenschluss i.S. der FKVO vor. 48 Elektronische Marktpltze sind aber hufig auch so ausgestaltet, dass die Grnder keinen bestimmenden Einfluss auf die grundlegenden Geschftsentscheidungen haben. So kam das Bundeskartellamt in mehreren Entscheidungen zu dem Ergebnis, dass die Grnder keine gemeinsame Kontrolle ber die Plattform ausbten. Ein Zusammenschluss i.S. des europischen Rechts lag damit nicht vor; der Weg zur deutschen Fusionskontrolle, welche einen Zusammenschluss auch unterhalb der Schwelle des Kontrollerwerbs kennt, war erçffnet. 49 28 Das Merkmal der gemeinschaftsweiten Bedeutung ist kein unbestimmter Rechtsbegriff, sondern durch Umsatzkennziffern klar definiert (Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von 5 bzw. 2,5 Milliarden Euro, s. Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO). 50 Ein Vollfunktions-GU liegt nach der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 4 FKVO dann vor, wenn auf Dauer alle Funktionen einer selbstndigen wirtschaftlichen Einheit erfllt sind. 51 Dazu muss es alle Funktionen ausben, die auch von den anderen Unternehmen in diesem Markt wahrgenommen werden. Das GU muss ein eigenes Management haben, das sich dem Tagesgeschft widmet; außerdem muss es ber ausreichende Ressourcen, Personal, sowie materielle und immaterielle Ver46 Mitteilung der Kommission ber den Begriff des Zusammenschlusses (ABl. C 66/5

v. 2.3.1998), Tz. 19. 47 Mitteilung der Kommission ber den Begriff des Zusammenschlusses (ABl. C 66/5

v. 2.3.1998), Tz. 22 f. 48 S. z.B. „emaro“ (oben Fn. 3) Tz. 6: Dem Minderheitsgesellschafter war ein Veto-

recht eingerumt worden in Bezug auf die „Verabschiedung strategischer Grundstze und Zielsetzungen, die Verabschiedung der Jahresplanung, die Rnderung des Geschftsplans sowie die Ernennung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes“. In diesem Sinn z.B. auch „Chemplorer“ (oben Fn. 3) Tz. 7; „MyAircraft.com“ (oben Fn. 3) Tz. 8. 49 S. bereits oben bei Fn. 39. 50 S. hierzu die Mitteilung der Europischen Kommission ber die Berechnung des Umsatzes (ABl. 1998 C 66/25). 51 S. hierzu Alese, ECLR 2001, 325 (328 f.).

302 | Heinemann

IV. Grndung elektronischer Marktpltze

Rz. 29 Kap. 8

mçgenswerte verfgen, um auch langfristig zur Ausbung seiner Ttigkeit in der Lage zu sein. 52 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, handelt es sich um ein bloßes Teilfunktions-GU, auf das die europische Fusionskontrolle (im Gegensatz zur deutschen) nicht anwendbar ist. Wenn das GU gleichzeitig die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der 29 Grnder bewirkt (sog. kooperatives GU im Gegensatz zu einem bloß konzentrativen GU), greift zustzlich das Kartellverbot (Art. 81 EGV) ein, findet also eine Doppelkontrolle auf der Grundlage von Fusionskontrolle und Kartellverbot statt (Art. 2 Abs. 4 und 5 FKVO). 53 Die Prfung des Kartellverbots findet allerdings im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens, also unter Anwendung der relativ knappen Prfungsfristen statt (Art. 8 Abs. 1 bis 3 FKVO). 54 Europisches Fusionskontrollrecht schließt nationales Wettbewerbsrecht aus (Art. 21 Abs. 3 Satz 1 FKVO). 55 Nur wenn kein Zusammenschluss im Sinne der FKVO oder keine gemeinschaftsweite Bedeutung vorliegt, ist Raum fr nationales Kartellrecht. Auch in diesen Fllen ist aber das europische Kartellverbot (Art. 81 EGV) anwendbar, vgl. Art. 21 Abs. 1 FKVO. Schließlich ist hinzuzufgen, dass sich die vorstehenden Grundstze nur auf die Gr ndung des GU beziehen. Auf beschrnkende Verhaltensweisen bei der spteren Nutzung des GU sind die Art. 81 und 82 EGV sowie die entsprechenden nationalen Vorschriften ohne Einschrnkungen anwendbar. 56 52 Mitteilung ber den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens (ABl.

53

54

55

56

C 66/1 v. 2.3.1998) Tz. 12. Die Voraussetzungen wurden bejaht z.B. in „emaro“ (oben Fn. 3) Tz. 7; „MyAircraft.com“ (oben Fn. 3) Tz. 9; „ec4ec“ (oben Fn. 3) Tz. 9. Abgestellt wurde vor allem auf ausreichendes Eigenkapital, hinreichende Personalausstattung, eigene Geschftsrume, eigene Abteilungen fr Einkauf, Marketing und Vertrieb, sowie die zum Betrieb der Plattform erforderliche InternetSoftware. Dies ist die Rechtslage seit der Novelle von 1997 (VO v. 30.6.1997, ABl. L 180/1). Vorher war auf konzentrative Vollfunktions-GU ausschließlich Fusionskontrolle und auf kooperative Vollfunktions-GU (wie auch unverndert auf bloße Teilfunktions-GU) ausschließlich das Kartellverbot anwendbar. Eingehend zur Frage, wann elektronische Marktpltze ein kooperatives GU darstellen Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 213 ff. Deutsches Fusionskontrollrecht enthlt keine entsprechende Bestimmung. Das BKartA prft aber dennoch § 1 GWB auch im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens, s. z.B. BKartA, „CC-Markets“ (oben Fn. 3), Tz. 44; „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3), Tz. 39. Wobei streitig ist, ob lediglich nationales Fusionskontrollrecht, oder allgemein nationales Wettbewerbsrecht, also auch das nationale Kartellverbot ausgeschlossen wird, s. hierzu Immenga in Immenga/Mestmcker, EG-Wettbewerbsrecht, 1997, S. 1058. S. die Mitteilung der Kommission ber den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens (ABl. C 66/1 v. 2.3.1998), Tz. 16: Nebenabreden, die unmittelbar mit dem Vollzug des Zusammenschlusses zusammenhngen und fr diesen notwendig sind, werden zusammen mit dem Zusammenschluss gewrdigt (ancillary restraints). Fhrt die Grndung des GU zu einer Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Mtter, erfolgt eine Prfung nach Art. 81 EGV im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens. Wettbewerbsbeschrnkungen, die weder eine Ne-

Heinemann | 303

Kap. 8 Rz. 30

Kartellrecht

30 Die trotz der 6. GWB-Novelle von 1998 weiter fortbestehenden Unterschiede zwischen europischem und nationalem Fusionskontrollrecht erçffnen Spielrume fr kartellbehçrdliches forum shopping. Wird durch entsprechende vertragliche Gestaltung die Kontrolle des elektronischen Marktplatzes durch die Muttergesellschaften ausgeschlossen, liegt kein Zusammenschlusstatbestand im Sinne des europischen Fusionskontrollrechts vor. 57 Es greift dann (mçglicherweise) die nationale Fusionskontrolle ein, jedenfalls wenn sie wie das deutsche Recht schon den Erwerb eines „wettbewerblich erheblichen Einflusses“ als Zusammenschlusstatbestand ausreichen lsst (so § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB). 58 Allerdings bleibt in diesen Fllen das europische Kartellverbot (Art. 81 EGV) anwendbar. Die Anwendbarkeit nationalen Fusionskontrollrechts fhrt also zu einer parallelen Kontrolle im europischen und nationalen Kartellrecht. Die Freigabe des Zusammenschlusses durch die nationale Kartellbehçrde hat fr die betroffenen Unternehmen keinen großen Wert, da einer abweichenden Entscheidung auf Gemeinschaftsebene der Vorrang zukme. Es empfiehlt sich deshalb, durch geeignete vertragliche Gestaltung die Kontrolle der Muttergesellschaften ber den elektronischen Marktplatz zu begrnden und dadurch die alleinige Zustndigkeit der Europischen Kommission auszulçsen. b) Deutsches Kartellrecht

31 Im Fusionskontrollrecht gilt gem. Art. 21 Abs. 2 und 3 FKVO die Einschrankentheorie: Auf Zusammenschlsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist ausschließlich europisches Fusionskontrollrecht anwendbar. Die Regeln ber die deutsche Zusammenschlusskontrolle sind also nur anwendbar, wenn kein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung vorliegt. Dies ist in erster Linie dann der Fall, wenn die Umsatzkennziffern von Art. 1 FKVO nicht erreicht werden. Wie bereits erwhnt wurde, kann deutsches Fusionskontrollrecht aber auch dann anwendbar sein, wenn diese Umsatzzahlen zwar erreicht wurden, aber kein Zusammenschluss i.S. des europischen, wohl aber des deutschen Rechts vorliegt (s.o. Rz. 23 f.). Dies ist benabrede noch eine direkte Grndungsfolge darstellen, werden in einem gesonderten Verfahren nach der Kartellverordnung (VO 1/2003) geprft. 57 So z.B. beim Vorhaben von T-Online, TUI und Neckermann, ein gemeinsames Internet-Reisebro zu grnden. Nachdem die Europische Kommission fusionskontrollrechtliche Bedenken geußert hatte (oben Fn. 25), wurde das Vorhaben dahin gehend umgestaltet, dass T-Online kraft eines Anteils von 75,1% die alleinige Kontrolle ber das Internet-Reisebro hatte. Da somit kein Zusammenschlusstatbestand mehr i.S.v. Art. 3 FKVO vorlag, war eine Freigabe durch die Europische Kommission nicht mehr erforderlich, s. Europ)ische Kommission, Pressemitteilung IP/01/803 v. 7.6.2001. Rhnlich im Fall der Plattform „Omnexus“, s. Bundeskartellamt, Ttigkeitsbericht 1999/2000, 2001, S. 107. 58 Inwieweit die geplante 7. GWB-Novelle auch in dieser Frage eine Annherung an das Gemeinschaftsrecht bringen wird, war bei Manuskriptabschluss offen; s. hierzu Kahlenberg/Haellmigk, Referentenentwurf der 7. GWB-Novelle, BB 2004, 389.

304 | Heinemann

IV. Grndung elektronischer Marktpltze

Rz. 33 Kap. 8

dann der Fall, wenn die Grnder keine gemeinsame Kontrolle ber den elektronischen Marktplatz ausben, wohl aber ein Anteilserwerb in Hçhe von mindestens 25% stattfand oder ein wettbewerblich erheblicher Einfluss erlangt wurde (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GWB). 59 Im deutschen Recht wird im Gegensatz zum europischen Recht auch die Grndung bloßer TeilfunktionsGU von der Fusionskontrolle erfasst. 60 Was das Verhltnis der Fusionskontrolle zum Kartellverbot betrifft, so hat 32 sich im deutschen Kartellrecht seit dem „Mischwerke“-Beschluss des BGH aus dem Jahr 1985 61 die Lehre von der Doppelkontrolle durchgesetzt, nmlich die parallele Anwendbarkeit von Fusionskontrolle und Kartellverbot. Nur bei konzentrativen Vollfunktions-GU sind die Regeln ber die Fusionskontrolle ausschließlich anwendbar. 62 Durch die Reform der europischen Fusionskontrollverordnung im Jahr 1997 63 ist auch das europische Recht auf diese Linie eingeschwenkt: Auf beiden Ebenen werden konzentrative VollfunktionsGU ausschließlich nach Fusionskontrollrecht, kooperative VollfunktionsGU hingegen sowohl nach Fusionskontrolle als auch nach dem Kartellverbot berprft. Eine abweichende Beurteilung besteht bei TeilfunktionsGU: Da sie im europischen Recht nicht als Zusammenschluss eingestuft werden, ist hier nur das Kartellverbot einschlgig. Im deutschen Recht unterliegen sie grundstzlich einer Doppelkontrolle nach Fusionskontrolle und Kartellverbot.

3. Eingreifkriterien Die Frage nach der Anwendbarkeit europischen oder deutschen Fusions- 33 kontrollrechts bzw. des Kartellverbots bestimmt die Zustndigkeit der Kar59 Ein Zusammenschluss mittels Anteilserwerb wurde vom Bundeskartellamt z.B.

60

61 62 63

bejaht in „Covisint“ (oben Fn. 3), Tz. 3; „CC-Markets“ (oben Fn. 3), Tz. 22; „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3), Tz. 16. Ein Beispiel hierfr ist die Entscheidung des Bundeskartellamts in der Rechtssache „MB-Portal“ (oben Fn. 3). Sie betrifft die Grndung einer B2C-Plattform durch eine Daimler-Chrysler-Tochter und T-Online. Das GU mit dem Arbeitstitel „MB-Portal“ ist eine Mischform zwischen einer Informations- und einer Verkaufsplattform fr die Marke Mercedes-Benz, ber die entgeltliche und unentgeltliche Dienstleistungen abgerufen und Waren – auch dritter Unternehmen – gekauft werden kçnnen. Da die vom Portal angebotenen Leistungen auch weiterhin von den Mutterunternehmen angeboten werden, liegt ein bloßes TeilfunktionsGU vor, das – trotz Kontrollerwerbs – nicht den Begriff des Zusammenschlusses i.S. des europischen Rechts erfllt (s. Art. 3 Abs. 4 FKVO). Trotz gemeinschaftsweiter Bedeutung ist also deutsches Fusionskontrollrecht anwendbar. Daneben findet Art. 81 EGVAnwendung. BGHZ 96, 69. Zum deutschen Recht s. Zimmer in Immenga/Mestmcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen (GWB), 3. Aufl. 2001, § 1 GWB Rz. 401 ff. Kritisch Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 278 ff., der fr die grundstzliche Geltung der Doppelkontrolle („Zweischrankentheorie“) pldiert. S.o. Fn. 53.

Heinemann | 305

Kap. 8 Rz. 34

Kartellrecht

tellbehçrden und das einzuschlagende Verfahren. Damit ist noch keine Aussage ber das materiell-rechtliche Ergebnis der Kartellrechtsanwendung gemacht. Fr die Fusionskontrolle und das Kartellverbot bestehen jeweils unterschiedliche Anforderungen. a) Fusionskontrolle

34 Ein Eingreifen aufgrund von Fusionskontrollrecht setzt im europischen Recht nach der neuen FKVO von 2004 die erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs voraus. Hierfr ist insbesondere die Begr ndung oder Verstrkung einer marktbeherrschenden Stellung entscheidend (Art. 2 Abs. 3 FKVO). 64 Im deutschen Recht ist in erster Linie auf das Marktbeherrschungskriterium abzustellen (§ 36 Abs. 1 GWB). 65 Hierfr ist eine genaue Bestimmung der betroffenen Mrkte und der Auswirkungen des Zusammenschlusses erforderlich. Auf die Ausfhrungen zur Marktabgrenzung und beherrschung kann verwiesen werden (s.o. Rz. 11 ff.). Es sind also (mindestens) zwei verschiedene Arten von Mrkten zu unterscheiden, nmlich die Mrkte fr die auf dem Marktplatz gehandelten Produkte und die Mrkte fr die von der Plattform angebotenen IT-Dienstleistungen, auf denen jeweils gesondert das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung zu prfen ist. 35 An dieser Vorgehensweise ist Kritik gebt worden. Betroffener Markt bei der Grndung eines GU sei immer ein Markt, auf dem das GU selbst ttig sei. B2B-Marktpltze seien aber nicht selber beim Vertrieb der gehandelten Produkte ttig, sondern dienten nur als Kommunikationsplattform, hnlich wie bei einer Telefonanlage, welche die Teilnehmer ja auch nur verbinde und nichts mit den gettigten Geschften zu tun habe. Relevanter Markt sei deshalb nur der Markt fr die von der Plattform angebotenen IT-Dienstleistungen, nicht aber die Mrkte fr die gehandelten Produkte. Letztere seien nur dem Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen unterworfen. 66 64 Mit dem Eingreifkriterium der „erheblichen Behinderung wirksamen Wett-

bewerbs“ hat sich das europische Fusionskontrollrecht auf den US-amerikanischen „SLC-Test“ zubewegt. Zu den Auswirkungen s. Burgstaller, Marktbeherrschung oder „Substantial Lessening of Competition“, WuW 2003, 726 ff.; Zimmer, Significant Impediment to Effective Competition, ZWeR 2004, 250. 65 Daneben haben die beteiligten Unternehmen im deutschen Recht aufgrund der „Abwgungsklausel“ die Mçglichkeit, nachzuweisen, „dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und dass diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung berwiegen“, s. hierzu Langen/Ruppelt, KartR (9. Aufl. 2001), § 36 GWB Rz. 48 ff. 66 Jestaedt, BB 2001, 581 (586); hnlich F. Immenga, B2B-Marktpltze aus der Perspektive des Kartellrechts, 2002, S. 59 (72); Lampert/Michel, K&R 2002, 505 (507). In diesem Sinn das Parteivorbringen in der Rechtssache „ec4ec“ (oben Fn. 3, Tz. 11): „Die Parteien gehen ferner davon aus, dass die verschiedenen Mrkte des Anlagenbaus sowie der Herstellung von Komponenten dem Markt fr IT-Dienstleistungen im E-Commerce weder vor- noch nachgelagert und nicht benachbart sind, weil der elektronische Marktplatz nur als ein Kommunikationsmittel die einzel-

306 | Heinemann

IV. Grndung elektronischer Marktpltze

Rz. 37 Kap. 8

aa) Vertikaler Zusammenschluss

Die Kritik bercksichtigt allerdings nicht, dass eine Unterscheidung zu tref- 36 fen ist zwischen dem vertikalen Zusammenschluss jeder Muttergesellschaft mit dem GU und dem horizontalen Zusammenschluss der Mtter untereinander. Fr letzteren fingiert das deutsche Recht in § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB die Teilfusion der Mtter, und zwar beschrnkt auf die Mrkte, auf denen das GU ttig ist. Diese Fiktion schließt aber nicht aus, dass die Grndung des GU auch einen Zusammenschluss der Mtter auf anderen Mrkten bewirken kann (Gruppeneffekt). 67 Dies ist reine Tatfrage und hngt davon ab, ob entsprechende wettbewerbliche Auswirkungen des Zusammenschlusses auf andere Mrkte gegeben sind. Was den vertikalen Zusammenschluss der einzelnen Mutter mit dem GU betrifft, so ist fr alle Mrkte, auf denen entweder Mutter oder GU ttig sind oder ttig zu werden beabsichtigen, die Frage der Marktbeherrschung zu prfen. Auch fr Mrkte, auf denen nur die Mutter, nicht aber das GU ttig ist, kann sich die Frage der Marktbeherrschung stellen. 68 Hieraus folgt, dass die Kartellbehçrden bei der Grndung eines elektronischen Marktplatzes zu Recht auch die Frage untersuchen, ob eine markbeherrschende Stellung auf dem Markt fr die gehandelten Produkte begrndet oder verstrkt wird. Dabei sind die blichen vertikalen Jberlegungen anzustellen, also etwa die Frage, ob durch die Grndung des Marktplatzes Wettbewerber von wichtigen Lieferquellen oder Absatzwegen ausgeschlossen werden. 69 Bei den bisherigen B2B-Grndungen wurde die Gefahr einer Marktbeherrschung von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass offene Plattformen geschaffen wurden, zu denen jedermann, also auch die nicht beteiligten Wettbewerber Zugang haben. 70 Diese Jberlegungen sind auch im europischen Fusionskontrollrecht anzu- 37 stellen. Gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 lit. a) FKVO ist auf die Struktur „aller be-

67

68

69 70

nen Nutzer miteinander verbindet.“ Vergleichbar das Parteivorbringen in „Supralift“ (oben Fn. 3) Tz. 10: „Seiner Funktion nach sei ein Internet-Marktplatz der Veranstaltung von Messen, Ausstellungen, Bçrsen oder Mrkten vergleichbar.“ Ablehnend Sura, Kartellrecht, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, 2003, § 6 Rz. 28 f. Mestm)cker/Veelken in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 37 GWB Rz. 75. Ohnehin ist die Bedeutung der Fiktion nach h.M. auf die formelle Fusionskontrolle beschrnkt, s. Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 278. Dies ist die allgemeine Konstellation bei vertikalen Zusammenschlssen, s. hierzu Langen/Ruppelt, KartR, 9. Aufl. 2001, § 36 GWB Rz. 31. In Einzelfllen kann es sogar ausreichen, dass durch den Zusammenschluss die marktbeherrschende Stellung eines Dritten verstrkt wird, der am Zusammenschluss berhaupt nicht beteiligt ist, Langen/Ruppelt, KartR, 9. Aufl. 2001, § 36 GWB Rz. 24. S. die Kriterien fr eine berragende Marktstellung in § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB. In „Covisint“ (oben Fn. 3) hat das BKartA die Frage geprft, ob die Plattform einen „Flaschenhals“ fr andere Hersteller und Zulieferer bewirke. Diese Gefahr sei aber so lange nicht virulent, wie ein offener und diskriminierungsfreier Zugang zur Plattform bestehe, keine Ausschließlichkeit der Nutzung verlangt und kein gemeinsamer Einkauf betrieben werde (D I 5). S. auch „Supralift“ (oben Fn. 3), Tz. 29.

Heinemann | 307

Kap. 8 Rz. 38

Kartellrecht

troffenen Mrkte“ abzustellen, also auch auf diejenigen Mrkte, auf denen nur die Mutter, nicht aber der elektronische Marktplatz aktiv ist. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 lit. b) FKVO enthlt u.a. auch die Kriterien fr vertikale Zusammenschl sse, so dass beispielsweise zu prfen ist, ob die Grndung des Marktplatzes Auswirkungen auf den „Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmrkten“ fr andere Unternehmen hat. bb) Horizontaler Zusammenschluss

38 In horizontaler Hinsicht ist zu prfen, ob sich die Geschftsfelder der Muttergesellschaften berschneiden. Bei zahlreichen Marktplatzgrndungen war dies nicht der Fall, so dass horizontale Bedenken von vornherein ausschieden. 71 Hufig werden Plattformen aber auch von direkten Konkurrenten gegrndet. Fr die Frage der Marktbeherrschung ist es dann von ausschlaggebender Bedeutung, ob wettbewerbliche Einheit hergestellt wird. Zu Recht treffen die beteiligten Muttergesellschaften in diesen Fllen Vorkehrungen gegen eine solche Annahme. In „ec4ec“ 72 berschnitten sich die Aktivitten zweier Muttergesellschaften (nmlich von Babcock und mg auf Mrkten des Anlagenbaus) in erheblichem Maße. Die Kommission verneinte die Entstehung einer beherrschenden Stellung mit dem Argument, dass die Parteien das technische Konzept des Marktplatzes mittels technischer Sicherheitsnormen so ausgestaltet haben, dass der Geheimwettbewerb zwischen den Betreibern und Nutzern des Marktplatzes stets in vollem Umfang gewhrleistet sei. 73 39 Der Gesichtspunkt „Geheimwettbewerb“, dem im Zusammenhang mit dem Kartellverbot noch nachzugehen sein wird, 74 dient also im Zusammenhang mit der Fusionskontrolle dazu, Zusammenschluss und beherrschende Stellung der Muttergesellschaften im horizontalen Verhltnis zueinander auszuschließen. Ganz hnlich hat das BKartA in der Entscheidung „CC-Markets“ fr die Frage der Marktmacht darauf abgestellt, dass es ber die Plattform nicht zu einer Bndelung der Nachfrage kommt. 75 In der Entscheidung „RubberNetwork.com“ hat das Amt ausgefhrt, dass keine „Marktanteilsaddition“ auf dem Markt fr die gehandelten Gter und Dienstleistungen gegeben sei, weil die Teilnehmer den Handel nicht bndelten und kein Informationsaustausch ber einzelne Transaktionen stattfinde. 76

71 „emaro“ (oben Fn. 3) Tz. 19; „MyAircraft.com“ (oben Fn. 3) Tz. 20; „Chemplorer“ 72 73 74 75 76

(oben Fn. 3) Tz. 18. Oben Fn. 3. „ec4ec“ (oben Fn. 3) Tz. 18. So auch „Supralift“ (oben Fn. 3) Tz. 26. S.u. Rz. 52 ff. „CC-Markets“ (oben Fn. 3), Tz. 43. „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3), Tz. 32–34.

308 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 42 Kap. 8

cc) Mega-Plattformen

Der Konsolidierungsprozess unter den Plattformen hat Auswirkungen auf 40 die Beurteilung der Marktbeherrschung. Stimuliert durch den Netzwerkeffekt und steigende Skalenertrge schließen sich immer mehr Plattformen zusammen. 77 Das Ergebnis kçnnen sog. „Mega-Plattformen“ sein, die fr einzelne Branchen von berragender Bedeutung sind. 78 Auch auf solche Zusammenschlsse sind die allgemeinen Vorgaben anzuwenden. Insbesondere ist der Einfluss der Fusion auf die Mrkte der gehandelten Produkte zu prfen. Ganz im Vordergrund wird in diesen Fllen allerdings die Frage stehen, ob eine beherrschende Stellung auf dem Markt fr die von der Plattform angebotenen IT-Dienstleistungen begrndet oder verstrkt wird. Dies hngt von der Existenz konkurrierender Plattformen ab, wobei nher zu untersuchen ist, ob (noch) vertikale Plattformen der gleichen Branche existieren, und ob vertikale Plattformen anderer Branchen oder horizontale Plattformen funktional austauschbare Leistungen anbieten. 79 b) Kartellverbot

Was die Anwendung des Kartellverbots betrifft, also die Feststellung einer 41 sprbaren Wettbewerbsbeschrnkung, so sind die Maßstbe bei Grndung und bei Betrieb des Marktplatzes gleich. 80 Auf die sogleich folgenden Ausfhrungen zu den kartellrechtlichen Anforderungen an den Betrieb elektronischer Marktpltze kann verwiesen werden.

V. Betrieb elektronischer Marktpltze Einerseits fhren elektronische Markpltze zu erheblichen Effizienzsteige- 42 rungen, die sich beispielsweise in technischen Verbesserungen und Preissenkungen widerspiegeln. Der Wettbewerb wird hierdurch stimuliert. Andererseits besteht die Gefahr, dass der enge Kontakt auf den Marktpltzen zur Verhaltenskoordination bei den Beteiligten fhrt. Dies ist ein ernstes Risiko fr wirksamen Wettbewerb. Außerdem kçnnen marktbeherrschende Stellungen entstehen, die eine Missbrauchsgefahr mit sich bringen. Konkrete Problemfelder sind die Themenbereiche 1. Nachfragebndelung, 2. Informationsaustausch, 3. Nutzungszwang, 4. Zugang zum Marktplatz sowie 5. Fragen der Standardisierung. 77 S. bereits oben Fn. 38. 78 S. z.B. den Zusammenschluss von „CC-Markets“ (s.o. Fn. 3) und „Chemplorer“

(oben Fn. 3) zur bergreifenden Plattform „CC-Chemplorer“. Außer den jeweiligen Grndungsmitgliedern haben weitere Unternehmen ihren Beitritt angekndigt, s. digits Nr. 2/2001, S. 24 (26). 79 Nach dem Muster der vom BKartA in „Covisint“ vorgenommen Prfung, s. hierzu oben bei Fn. 36. 80 Kçhler, K&R 2000, 569 (572 Fn. 19).

Heinemann | 309

Kap. 8 Rz. 43

Kartellrecht

1. Nachfrageb ndelung 43 Eine der Hauptbefrchtungen der Kfz-Zulieferer bei Grndung der Plattform Covisint durch die Automobilhersteller bestand darin, dass der eigentliche Zweck des Marktplatzes in einem Nachfragekartell zur Senkung der Einkaufspreise bestehe. 81 Diese Befrchtung hat sich bisher nicht besttigt. Bei den meisten Plattformen wurde darauf geachtet, die Mçglichkeit gemeinsamen Einkaufs und der Bndelung der Nachfrage auszuschließen. 82 Dieser Umstand spielte bei der Genehmigung der Plattformen eine tragende Rolle. Allerdings folgt aus der Tatsache, dass der vollstndige Ausschluss von Nachfragebndelung auf jeden Fall zur kartellrechtlichen Unbedenklichkeit fhrt, noch nicht, welcher Grad an Nachfragebndelung mit Kartellrecht gerade noch vereinbar ist. So hat es das Bundeskartellamt in der Rechtssache RubberNetwork.com fr ausreichend gehalten, dass keine Nachfragebndelung fr direkte Vorprodukte oder fr branchenspezifische Produkte mçglich war. 83 In der Literatur wird Nachfragebndelung teilweise in noch grçßerem Umfang fr zulssig gehalten, z.B. im Fall vereinzelter Ad hoc-Bndelung, und zwar nicht beschrnkt auf kleine und mittlere Unternehmen. 84 a) Europisches Recht

44 Die Beurteilung der Mçglichkeit von Nachfragebndelung hat auch fr elektronische Marktpltze von den allgemeinen Regeln auszugehen. 85 Was das europische Recht betrifft, so unterscheidet Art. 81 EGV nicht zwischen Angebots- und Nachfragewettbewerb, so dass auch Vereinbarungen ber gemeinsamen Einkauf gegen das Kartellverbot verstoßen kçnnen. 86 Die Kommis81 S. SZ v. 5.3.2001, S. 23. Vgl. auch die skeptische Einstellung im Dreizehnten Haupt-

82

83 84 85 86

gutachten der Monopolkommission 1998/1999, 2000, Tz. 76: „Die Ballung von Einkaufsmacht kann zu einer Verschiebung der Verhandlungsmacht zum Nachteil der Zulieferer fhren. Um verloren gegangene Verhandlungsmacht wiederzugewinnen, kçnnten die Zulieferer verstrkt zu horizontalen Fusionen neigen. Durch die gemeinsamen elektronischen Einkaufsplattformen im Internet besteht daher nicht nur die Gefahr abgestimmten Verhaltens, sondern auch der Konzentrationsverstrkung auf der Zuliefererebene als Folgewirkung. Im Vergleich zu diesen Gefahren scheinen die Rationalisierungsvorteile, die die Hersteller mit der Einrichtung gemeinsamer statt individueller Einkaufsplattformen realisieren kçnnen, eher gering zu sein.“ S. z.B. BKartA, „Covisint“ (oben Fn. 3), C I 4; „CC-Markets“ (oben Fn. 3) Tz. 20; Europ)ische Kommission, „Covisint“ (oben Fn. 3); Europ)ische Kommission, „Supralift“ (oben Fn. 3) Tz. 11. „RubberNetwork.com“ (oben Fn. 3) Tz. 10–13. In diesem Sinn auch M+ller, Internet als Motor des Wandels, 2001, unter IV. Jestaedt, BB 2001, 581 (585); Sura, Kartellrecht, in: Gramlich/Krçger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, 2003, § 6 Rz. 68. Stroud, World Competition 2001, 125 (130). Emmerich in Immenga/Mestmcker, EG-Wettbewerbsrecht, 1997, S. 168, 211; Kçhler (K&R 2000, 569, 575) mit Differenzierungen je nach Vereinbarung einer Bezugspflicht. Zu Bezugspflichten s. Tz. 133 der Leitlinien (unten Fn. 87); sie werden dem Maßstab der Unerlsslichkeit unterstellt.

310 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 45 Kap. 8

sion hat in ihren Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen +ber horizontale Zusammenarbeit 87 nhere Ausfhrungen zum Thema Einkaufsvereinbarungen und Kartellverbot gemacht. 88 Darin steht sie Einkaufsvereinbarungen kleiner und mittlerer Unternehmen positiv gegenber, da diese hierdurch Rabatte in hnlicher Grçßenordnung wie Großunternehmen erzielen kçnnten. 89 Allerdings seien niedrige Einkaufskosten dann nicht als wettbewerbsfçrdernd anzusehen, wenn sie auf der Ausbung von Einkaufsmacht beruhen. 90 Die Kommission gibt eine flexible 15%-Grenze fr das Bestehen von Marktmacht an. Wenn die Einkaufspartner einen gemeinsamen Marktanteil von weniger als 15% (auf allen betroffenen Einkaufs- und Verkaufsmrkten) haben, sei das Bestehen von Marktmacht und der Tatbestand von Art. 81 Abs. 1 EGV ausgeschlossen, zumindest lgen die Ausnahmevoraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EGV vor. 91 Marktanteile jenseits von 15% fhren nach Auffassung der Kommission nicht zwingend zur Annahme einer sprbaren Wettbewerbsbeschrnkung, veranlassen aber zu einer eingehenden Einzelfalluntersuchung. Wenn der Tatbestand von Art. 81 Abs. 1 EGV zu bejahen ist, kçnnen immer 45 noch die Voraussetzungen fr eine Ausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EGV vorliegen. Diese Vorschrift ist seit der neuen Kartellverordnung (VO 1/2003 92) mit Wirkung seit dem 1.5.2004 unmittelbar anwendbar. Unternehmen kommen also automatisch in den Genuss der Ausnahmevorschrift, ohne dass (wie bisher) eine Einzelfreistellung bei der Europischen Kommission beantragt werden msste. Was die materiellen Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EGV betrifft, ist der wirtschaftliche Nutzen (z.B. Grçßenvorteile bei Bestellung und Transport) gegen die wettbewerbsbeschrnkenden Wirkungen abzuwgen. Allein machtbedingte Kosteneinsparungen kçnnen nicht bercksichtigt werden. Gegenmacht der Lieferanten wird zugunsten der Ein87 ABl. C 3/2 v. 6.1.2001. S. hierzu Geiger, EuZW 2000, 325. 88 Bei „Leitlinien“ oder „Bekanntmachungen“ handelt es sich zwar nur um soft law

89

90

91 92

in der Form von Verwaltungsrichtlinien, welche den EuGH und die nationalen Gerichte nicht binden (vgl. Rehbinder in Immenga/Mestmcker, EG-Wettbewerbsrecht, 1997, S. 62). Zumindest gibt die Kommission sich aber selber Vorgaben fr ihr Aufgreifermessen und hat hierdurch großen Einfluss auf die kartellrechtliche Praxis. Geiger (oben Fn. 87) spricht von „faktischer Bindungswirkung“. Leitlinien, Tz. 116 und allgemeine Tatbestandsrestriktionen (Arbeitsgemeinschaftsgedanke, etc.) in Tz. 24. Allgemein zur Bedeutung elektronischer Marktpltze fr mittlere und kleine Unternehmen s. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 278 ff. Dann wrden die Kosteneinsparungen wahrscheinlich nicht an die Kunden weitergegeben, Leitlinien, Tz. 128. Fr die Kommission haben demnach die Wechselwirkungen zwischen Einkaufs- und Verkaufsmrkten tragende Bedeutung. Kritisch hierzu Kçhler (K&R 2000, 569, 575 Fn. 34), da hierdurch dem Nachfragewettbewerb eine eigenstndige Bedeutung abgesprochen werde. Leitlinien, Tz. 130. Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchfhrung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003 L 1/1). Die VO 1/2003 hat die alte Kartellverordnung (VO 17) abgelçst.

Heinemann | 311

Kap. 8 Rz. 46

Kartellrecht

kaufsvereinbarung akzeptiert. Eine beherrschende Stellung auf Einkaufsoder Verkaufsmrkten schließt eine Freistellung aus. 93 Die Vorgaben fr Einkaufsvereinbarungen stellen – verglichen mit der 10%-Schwelle der Bagatellbekanntmachung der Kommission – 94 eine weitere Lockerung des Kartellverbots dar. 95 46 Aus diesen Vorgaben lassen sich Schlussfolgerungen f r elektronische Marktpltze ableiten. 96 Akzeptiert man die faktische Bindungswirkung der Leitlinien, so scheidet das Kartellverbot trotz der Vereinbarung gemeinsamen Einkaufs in der Regel aus, wenn die Nutzer gemeinsam die 15%Schwelle nicht berschreiten. Die Kommission fhrt zwar aus, dass selbst jenseits der 15%-Schwelle Art. 81 Abs. 1 EGV nicht automatisch erfllt ist. Nimmt man den Abstand zum Marktbeherrschungskriterium der Fusionskontrolle ernst, sollte aber im Rahmen des Kartellverbots das Jberschreiten der 15%-Schwelle zur Bejahung des Tatbestands von Art. 81 Abs. 1 EGV veranlassen. Positive Auswirkungen der Einkaufsvereinbarungen mssen dann im Rahmen von Art. 81 Abs. 3 EGV geprft werden. 47 Eine allgemeine Ausnahme vom Kartellverbot fr Ad hoc-B ndelungen – auch jenseits der 15%-Grenze – 97 besteht nicht. 98 Dauerhafte Kooperation kçnnte durch Aufteilung in einzelne Ad hoc-Kooperationen ersetzt werden. Hier sind viele Missbrauchsmçglichkeiten denkbar. Der entscheidende Gesichtspunkt besteht darin, dass Effizienzvorteile gemeinsamen Einkaufs z.B. durch Losgrçßenersparnisse kartellrechtlich positiv zu wrdigen sind, machtbedingte Senkungen der Einkaufspreise durch Nachfragezusammenfassung hingegen negativ. Als grobe (aber nicht allein entscheidende) Differenzierungsregel bietet sich neben der 15%-Schwelle eine Unterscheidung an, die das BKartA in jngster Zeit vornimmt. 99 Nachfragebndelung ist 93 Leitlinien, Tz. 132–134. 94 Bekanntmachung der Kommission ber Vereinbarungen von geringer Bedeutung,

95

96

97 98 99

die den Wettbewerb gemß Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags zur Grndung der Europischen Gemeinschaft nicht sprbar beschrnken (de minimis), ABl. C 368/13 v. 22.12.2001. Nach der Bagatellbekanntmachung gelangen horizontale Beschrnkungen erst ab einem gemeinsamen Marktanteil von 10% in den Bereich der „Sprbarkeit“ und damit in den Tatbestand von Art. 81 Abs. 1 EGV (Bagatellbekanntmachung, Tz. 7). Die Schwelle fr vertikale Beschrnkungen betrgt 15%. Die Marktanteilsgrenzen gelten nicht fr Kernbeschrnkungen (hardcore-Vereinbarungen) (Tz. 11). Kritisch zur Zurcknahme des europischen Kartellverbots durch die Schwellenwerte der Kooperationsleitlinien Heinemann, Antitrust Law and the Internet, 2003, S. 131 (147 f.). Zur Geltung der Kooperations-Leitlinien fr B2B-Marktpltzen s. Europ)ische Kommission, XXX. Bericht ber die Wettbewerbspolitik 2000, 2001, S. 53 Buchstabe c). S.o. Fn. 84. Vgl. Gounalakis/Lochen, ZHR 167 (2003), 632 (654 f.), die auch insofern fr die Geltung der allgemeinen Regeln pldieren. S.o. Fn. 83.

312 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 50 Kap. 8

nicht statthaft fr direkte Vorprodukte oder fr branchenspezifische Produkte, da hier die kritischen Marktschwellen leicht erreicht sind. Fr Produkte, die nicht direkt in das Endprodukt eingehen und die nicht branchenspezifisch sind, ist dagegen Nachfragebndelung mçglich, da hier hohe Marktanteile in der Regel nicht bestehen werden. b) Deutsches Recht

Vereinbarungen ber den gemeinsamen Einkauf schrnken die Handlungs- 48 fhigkeit der Parteien in wettbewerbsrelevanter Weise, nmlich in Bezug auf den Nachfragewettbewerb ein und kçnnen deshalb auch im deutschen Recht dem Kartellverbot (§ 1 GWB) unterfallen. Ausnahmen fr gemeinsame Ad hoc-Bndelungen sind – entsprechend den Ausfhrungen zum europischen Recht – abzulehnen. 100 Die Anwendbarkeit von § 1 GWB setzt Sprbarkeit der Beschrnkung voraus. 101 Die Bagatellbekanntmachung des Bundeskartellamts bezieht sich von vornherein nur auf kleine und mittlere Unternehmen, so dass sie fr die Vielzahl der von Großunternehmen gegrndeten Plattformen ausscheidet. 102 Nachfragebndelungen, die eine tatbestandsmßige Wettbewerbsbeschrn- 49 kung darstellen, kçnnen gem. § 4 Abs. 2 GWB vom Kartellverbot freigestellt sein. Nach dieser Vorschrift ist der gemeinsame Einkauf von Waren oder die gemeinsame Beschaffung gewerblicher Leistungen dem Kartellverbot entzogen, 103 wenn kein Bezugszwang vereinbart wird, der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeintrchtigt wird und der gemeinsame Einkauf dazu dient, die Wettbewerbsfhigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern. 104 Der Ausschluss von Großunternehmen macht die Vorschrift eigentlich irre- 50 levant fr die Mehrzahl der elektronischen Plattformen. Allerdings hat der Begriff der „kleinen und mittleren Unternehmen“ i.S. der Vorschrift eine erhebliche Relativierung erfahren. Schon bisher war anerkannt, dass der Be100 Das Bundeskartellamt stellt fest, dass auch die Nachfragebndelung ber das Inter-

101 102

103

104

net die blichen kartellrechtlichen Grenzen respektieren muss (Bundeskartellamt, Ttigkeitsbericht 1999/2000, 2001, S. 48). Fr Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln auch Zimmer, in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 1 GWB Rz. 428. Gegen eine Ausnahme fr Ad hoc-Bndelungen Kçhler, K&R 2000, 569 (575 f.). S. nur Bechtold, GWB, 3. Aufl. 2002, § 1 GWB Rz. 44 m.w.N. Bekanntmachung des BKartA ber die Nichtverfolgung von Kooperationsabreden mit geringer wettbewerbsbeschrnkender Bedeutung vom 8.7.1980 (Nr. 57/80, BAnz. Nr. 133 v. 23.7.1980). Und zwar im Wege der Legalausnahme. Die Vereinbarung ist zwar gem. § 9 Abs. 4 GWB bei der Kartellbehçrde anzumelden. Ein Verstoß gegen die Anmeldepflicht beseitigt aber nicht die Freistellung, sondern lçst gem. § 81 Abs. 1 Nr. 3 GWB lediglich eine Geldbuße aus. Dies ergibt sich aus dem Verweis in § 4 Abs. 2 GWB auf Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Vorschrift.

Heinemann | 313

Kap. 8 Rz. 51

Kartellrecht

griff des kleineren oder mittleren Unternehmens auf die relative Grçße der Marktteilnehmer abstelle. 105 Allerdings wurde hierfr nicht auf den jeweils relevanten Markt abgestellt, sondern auf der Grundlage eines einheitlichen Unternehmensbegriffs das gesamte Unternehmen und sogar der gesamte Konzern einbezogen. 106 Die Teilnahme von Großunternehmen wurde teilweise fr per se schdlich gehalten; zumindest wurde verlangt, dass die Kooperation gerade den kleinen und mittleren Unternehmen zugute komme. 107 Dies ist bei den von Großunternehmen gegrndeten elektronischen Plattformen nicht der Fall, so dass nach herrschendem Ansatz die Anwendung von § 4 Abs. 2 GWB ausschiede. Im Vordringen ist allerdings die Auffassung, dass sich das Vorliegen eines kleinen oder mittleren Unternehmens allein nach dem Marktanteil auf dem jeweiligen Beschaffungsmarkt beurteile. Großunternehmen kmen deshalb durchaus in den Genuss von § 4 Abs. 2 GWB. Die Grenze der wesentlichen Wettbewerbsbeeintrchtigung wird danach bei einem gemeinsamen Marktanteil der Einkaufsgemeinschaft von 10–15% gezogen. 108 Diesem Standpunkt entspricht die Anwendungspraxis des BKartA, das nach direkten Vorprodukten und branchenspezifischen Gtern einerseits, allen anderen Produkten andererseits differenziert. 109 Die allgemeinen Vorprodukte werden nmlich von Unternehmen verschiedenster Branchen nachgefragt, so dass hier die gemeinsame Nachfrage durch eine Plattform selten zu hçheren Marktanteilen fhren wird. Diese Vorgehensweise strapaziert durch die Einbeziehung von Großunternehmen zwar den Wortlaut von § 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 GWB. Das Abstellen auf relevante Mrkte erscheint aber systemkonform, da machtbedingte Vorteile bei niedrigen Marktanteilen nicht erzielt werden kçnnen. Allerdings ist jeweils zu untersuchen, ob solche machtbedingten Vorteile im Einzelfall tatschlich ausscheiden. 110 Liegen die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 GWB nicht vor, kommt eine Freistellung unter dem Gesichtspunkt des Rationalisierungskartells in Betracht (§ 5 Abs. 2 GWB). 111 c) Ergebnis

51 Im europischen Recht ist die Nachfragebndelung in Form einer Vereinbarung ber den gemeinsamen Einkauf bei Marktanteilen von unter 15% in der Regel keine sprbare Wettbewerbsbeschrnkung. Hçhere Marktanteile 105 Immenga in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 4 Rz. 110. 106 Immenga in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 4 Rz. 68. 107 Nachweise bei Immenga in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 4 Rz. 71. S.

auch Bechtold, GWB, 3. Aufl. 2002, § 4 GWB Rz. 4, 9. 108 Kçhler, K&R 2000, 569 (576). 109 S.o. Fn. 83 und Kçhler, K&R 2000, 569 (576 Fn. 38). 110 Wenn § 4 Abs. 2 GWB ausscheidet, ist noch eine Freistellung nach § 4 Abs. 1

GWB denkbar. Die Vorschrift setzt allerdings ebenfalls das Vorliegen kleiner oder mittlerer Unternehmen voraus. Allgemein zu Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht s. BKartA, Ttigkeitsbericht fr die Jahre 1995/1996, S. 35 ff. 111 S. hierzu Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 257 f.

314 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 53 Kap. 8

fhren nach Auffassung der Kommission nicht automatisch zur Annahme einer Wettbewerbsbeschrnkung; diese muss vielmehr gesondert nachgewiesen werden. Im deutschen Recht setzt die Sprbarkeit dagegen frher an, was eine Anmeldepflicht auslçst. § 4 Abs. 2 GWB stellt den gemeinsamen Einkauf bis zu einem Marktanteil von ca. 15% im Ergebnis aber ebenfalls frei.

2. Informationsaustausch Hohe Transparenz ist einer der Vorzge der Internet-Wirtschaft. In der Tat, 52 in einem System vollstndigen Wettbewerbs ist absolute Transparenz wettbewerbsfçrdernd. Wenn jedermann einen vollkommenen Jberblick ber das Marktgeschehen, also auch ber die Konditionen seiner Wettbewerber hat, kann der Preismechanismus seine Funktion optimal erfllen. Vollstndiger Wettbewerb ist allerdings ein theoretisches Konstrukt, dem in der Realitt nur sehr wenige Mrkte nahe kommen. Bestehen Marktunvollkommenheiten, kann absolute Transparenz, insbesondere die Kenntnis ber die Aktionen der Mitbewerber, sogar kontraproduktiv sein und den Wettbewerbsmechanismus schwchen. 112 Aus diesem Grund werden Vereinbarungen ber Informationsaustausch im Kartellrecht kritisch gewrdigt. Im Fall elektronischer Marktpltze kann es z.B. mçglich sein, dass die Kenntnis der Einkaufskonditionen eines Mitbewerbers dazu eingesetzt wird, Druck auf den Lieferanten auszuben. Außerdem erleichtert ein systematischer Austausch von Marktinformationen die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens. 113 a) Marktinformationssysteme

Das Phnomen des Informationsaustauschs ist im Kartellrecht nicht neu, 53 wird aber durch elektronische Kommunikationsformen virulenter. In Bezug auf Marktinformationssysteme liegen Vorgaben vor. Der europische Gerichtshof hlt Informationsaustausch auf hoch-kompetitiven Mrkten fr prinzipiell wettbewerbsintensivierend. Der Austausch von Marktinformationen auf einem hochgradig konzentrierten, oligopolistischen Markt fhre dagegen dazu, dass Unternehmen Kenntnis von den Marktpositionen und Strategien ihrer Wettbewerber erhalten, wodurch der Restwettbewerb sprbar beeintrchtigt werde. Sog. identifizierende Marktinformationsverfahren verstoßen deshalb – zumindest auf engen Mrkten – gegen Art. 81 Abs. 1 EGV. 114 Durch sie wird die Ungewissheit ber das Marktgeschehen 112 S. z.B. Bundeskartellamt, Kooperationen zwischen Wettbewerbern, 2000, S. 11:

Hçhere Transparenz kann Newcomer benachteiligen, weil sie schneller bemerkt werden und Gegenmaßnahmen ergriffen werden kçnnen. 113 Kçhler, K&R 2000, 569 (576); Lampert/Michel, K&R 2002, 505 (511 f.). 114 Emmerich in Immenga/Mestmcker, EG-Wettbewerbsrecht, 1997, S. 204 f.; F. Immenga/Lange, RIW 2000, 733 (737).

Heinemann | 315

Kap. 8 Rz. 54

Kartellrecht

verringert und auf diesem Weg eine Verhaltenskoordinierung bewirkt. 115 Der Geheimwettbewerb ist also in diesen Fllen zu schtzen. 54 Dies gilt entsprechend im deutschen Kartellrecht. 116 Der Ausschluss des Geheimwettbewerbs kann unter § 1 GWB fallen. Zulssig sind nur nichtidentifizierende Marktinformationssysteme, bei denen ein Rckschluss auf Einzelgeschfte ausgeschlossen ist, sowie allgemeine Markt- und Preisstatistiken. 117 55 Es liegt nahe, diese Grundstze auf elektronischen Marktpltze zu bertragen. Auch hier sind deshalb Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass andere Marktteilnehmer Kenntnis von einzelnen Geschften und den dabei vereinbarten Konditionen erlangen. 118 Die Plattform ist ber ein Datensicherheitssystem zu schtzen, das die Vertraulichkeit dieser Informationen gewhrleistet. Eine differenzierte Regelung des Datenflusses kann ber firewalls und jeweils aktualisierte Verschlsselungstechniken erreicht werden. 119 Dies reicht allerdings noch nicht aus. Im Verhltnis von Grndern bzw. Nutzern der Plattform untereinander ist der Grundsatz zu verwirklichen, dass die rechte Hand nicht wissen darf, was die linke tut. Sogenannte „Chinesische Mauern“ (chinese walls) mssen zu diesem Zweck errichtet werden, nmlich institutionelle Sicherungen gegen den Informationsfluss zwischen den beteiligten Unternehmen. 120 Bei der Genehmigung der „Volbroker“-Plattform, einem Gemeinschaftsunternehmen von sechs konkurrierenden Banken, 121 hat die Kommission beispielsweise große Aufmerksamkeit auf die Tatsache verwendet, dass der Austausch geschftssensibler Informationen zwischen den Grndern durch institutionelle Arrangements ausgeschlossen ist. Das Per115 EuGH, 28.5.1998, C-7/95P, John Deere Ltd/Kommission, Sgl. 1998, I-3111, Tz.

116 117

118

119

120 121

80–92. Die Kommission hat in den Kooperations-Leitlinien (oben Fn. 87) den Bereich des Informationsaustauschs ausdrcklich ausgeklammert (Leitlinien, Tz. 10). Die dabei benutzte Formulierung (“Erçrtert werden nur diejenigen Arten der Zusammenarbeit, die zu Effizienzgewinnen fhren kçnnen “.) lsst auf eine kritische Haltung der Kommission schließen. S. BGH WuW/E 1337 „Aluminium-Halbzeug“; WuW/E 2313 „Baumarkt-Statistik“. Langen/Bunte, KartR, 9. Aufl. 2001, § 1 GWB Rz. 285 ff. S. hierzu Bundeskartellamt, Ttigkeitsbericht 1999/2000, 2001, S. 46 f. mit Verweis auf die Bekanntmachung ber die kartellrechtliche Behandlung von Marktinformationssystemen vom 24.1.1977 (BAnz. Nr. 22, S. 8). Differenzierend hierzu Kirchner, WuW 2001, 1030 ff.: Entscheidend sei die Nichtidentifizierbarkeit von Marktteilnehmern, die durch vorstoßendes Verhalten die Marktverhltnisse ndern. S. z.B. Europ)ische Kommission, „Supralift“ (oben Fn. 3) Tz. 26; Europ)ische Kommission, „Covisint“ (oben Fn. 3); Europ)ische Kommission, „GF-X“ (oben Fn. 3); Bundeskartellamt, „Covisint“ (oben Fn. 3) C 6; Bundeskartellamt, „Transportbeton“, Ttigkeitsbericht 2001/2002 (2003), S. 146 f. Eingehend zum Geheimwettbewerb s. Ahlborn/Seeliger, EuZW 2001, 552 (556 f.). L+cking, Competition Policy Newsletter 2001, no. 3, S. 14 (15). Europ)ische Kommission (oben Fn. 3).

316 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 58 Kap. 8

sonal und Management des Gemeinschaftsunternehmens darf keine vertraglichen oder sonstigen Beziehungen zu den Muttergesellschaften unterhalten. Die Arbeit der Tochtergesellschaft hat an einem anderen Standort stattzufinden. Die Vertreter der Muttergesellschaften im Vorstand der Plattform drfen keinen Zugang zu geschftsempfindlichen Informationen oder zur Informationstechnik und den Kommunikationssystemen des Marktplatzes haben. Sanktionen mssen vorgesehen sein fr den Fall eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungsregeln. Als allgemeine Regel kann hieraus abgeleitet werden, dass Eigentumsrechte 56 am Marktplatz nicht dazu eingesetzt werden drfen, Informationen einzuholen, die andere Marktteilnehmer nicht haben. Auch darf der Marktplatz nicht dazu dienen, ber ungehinderten Informationsfluss eine Koordination des Wettbewerbsverhaltens zu erreichen. b) Preis bersichten und Versteigerungsmodalitten

Entsprechend sind die Vorgaben fr zwei hufig diskutierte Einzelfragen: 57 Was Preisbersichten betrifft, so sind identifizierende Meldungen ber Angebote oder Abschlsse verboten. Unzulssig ist auch die Rußerung von Preiserwartungen fr die Zukunft. Marktstatistiken und Jbersichten ber Durchschnittspreise sind zulssig, wenn ein Rckschluss auf einzelne Geschfte nicht mçglich ist. Sperrfristen fr zulssige Informationen sind denkbar, wenn sonst der Rckschluss auf einzelne Geschfte mçglich wre. Dies bedeutet aber auch, dass sehr aktuelle Daten verarbeitet werden drfen, wenn aufgrund der Datenanzahl eine Identifizierung ausgeschlossen ist. 122 Eine andere Frage ist, inwieweit Preispublizitt bei Versteigerungen auf elek- 58 tronischen Marktpltzen hergestellt werden darf. Hat hier auch Geheimwettbewerb zu herrschen, d.h., mssen die Versteigerungsteilnehmer ihre Gebote abgeben, ohne die Konditionen der anderen Bieter zu kennen, so wie es bei einer traditionellen çffentlichen Ausschreibung der Fall ist? Oder drfen die Bieter das jeweils letzte Angebot eines Wettbewerbers kennen, um selber mit einem gnstigeren Gebot dagegenzuhalten? Fr Transparenz spricht die Tatsache, dass sich auf diesem Weg der Preismechanismus strker entfalten kann, weil die Chance eines gnstigeren Gebots besteht. Dagegen spricht, dass Submissionskartelle gefçrdert werden kçnnten, da aufgrund der Transparenz klar wird, wer sich nicht an die Kartellabsprache gehalten hat. 123

122 S. hierzu am Beispiel des deutschen Kartellrechts Zimmer, in Immenga/Mestm-

cker, 3. Aufl. 2001, § 1 GWB Rz. 390 ff. 123 Jestaedt (BB 2001, 581, 583 f.) pldiert dafr, dass der Schutz des Geheimwett-

bewerbs hier zurckzustehen habe. Kritisch hierzu Gounalakis/Lochen, ZHR 167 (2003), 632 (653); Heinemann, Internet-Plattformen und Kartellrecht, 2002, S. 100 f.; Lampert/Michel, K&R 2002, 505 (513).

Heinemann | 317

Kap. 8 Rz. 59

Kartellrecht

59 Der These von einem großen Spielraum des Veranstalters ist im Grundsatz zuzustimmen. Die Aufstellung der Versteigerungsbedingungen ist zunchst einmal ein einseitiger Akt, der als solcher nicht unter das Kartellverbot fllt. Das Bestimmungsrecht ber die Versteigerungsbedingungen kann allerdings nicht dazu benutzt werden, beschrnkende Vereinbarungen zu decken. Zumindest auf konzentrierten Mrkten sind die Daten deshalb zu anonymisieren. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Hçhe des letzten Gebots zwar offen gelegt werden darf, nicht aber die Identitt des Bieters. 124 Aus Kartellrecht kçnnen sich also – je nach den Marktverhltnissen – Vorgaben fr die Ausgestaltung der Versteigerungsmodalitten ergeben. c) Folgerungen

60 Am Thema des Informationsaustauschs wird besonders anschaulich, welche Bedeutung die Schulung der Mitarbeiter in kartellrechtssensiblen Bereichen hat. Den Arbeitgeber trifft die Verantwortung dafr, dass seine Angestellten nicht gegen die kartellrechtlichen Vorgaben verstoßen. Gerade auch angesichts hrter werdender Sanktionen fhren die großen Unternehmen mittlerweile „Competition Compliance“-Programme durch. In speziellen Fortbildungskursen werden die Mitarbeiter ber Inhalt und Bedeutung des Kartellrechts geschult. Compliance Manuals werden verfasst. Dies dient der Prvention von Kartellverstçßen. Außerdem kçnnen Unternehmen so nachweisen, dass dennoch auftretende Kartellverstçße nicht dem Unternehmen zugerechnet werden kçnnen, sondern von Einzelttern begangen wurden. 125 In den Schulungen ist insbesondere auch auf die kartellrechtlichen Restriktionen zum Informationsaustausch einzugehen. 126

3. Nutzungszwang a) Elektronische Marktpltze

61 Die Grndungsvertrge elektronischer Marktpltze enthalten regelmßig Klauseln darber, dass die Grndungsmitglieder fr eine gewisse Zeit zur Benutzung der Plattform verpflichtet sind. Solche Bindungen kçnnen eine Wettbewerbsbeschrnkung darstellen, so dass sie zu ihrer Wirksamkeit einer Einzel- oder Gruppenfreistellung bedrfen. 127 Die kartellrechtlichen Verbote sind nach dem Immanenzgedanken allerdings dann nicht anwendbar, wenn die Vereinbarung von Nutzungspflichten fr eine sinnvolle Inbetriebnahme der Plattform erforderlich ist. Diese Aussage gilt allerdings nur 124 Sonst kçnnte durch die Grndung eines elektronischen Marktplatzes das Verbot

identifizierender Marktinformationsverfahren umgangen werden. 125 S. hierzu Lampert, Gestiegenes Unternehmensrisiko Kartellrecht – Risikoredu-

zierung durch Competition-Compliance-Programme, BB 2002, 2237. 126 Lampert/Michel, K&R 2002, 505 (512). 127 Zu Fragen des Nutzungszwangs s. Kçhler, K&R 2000, 569 (577 f.).

318 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 64 Kap. 8

im Rahmen der Erforderlichkeit. Beispielsweise ist eine sinnvolle sachliche und zeitliche Begrenzung des Nutzungszwangs notwendig. Im europischen Recht enthlt die „ancillary restraints“-Bekanntmachung 62 der Europischen Kommission eine nhere Regelung. 128 Der Text enthlt Vorgaben fr die Frage, welche Beschrnkungen im Zusammenhang mit einem Zusammenschluss erforderlich sind und deshalb zu genehmigen sind. 129 Es existieren besondere Regeln fr Gemeinschaftsunternehmen. 130 Fr den hier interessierenden Punkt der Bezugs- und Lieferpflichten verweist die Bekanntmachung auf die Regeln, die allgemein fr die Jbertragung von Unternehmen gelten. 131 Danach kçnnen Bezugspflichten fr eine Jbergangsperiode statthaft sein. Die Verpflichtung zur Lieferung oder zum Bezug bestimmter Mengen kann nach der Bekanntmachung als notwendig fr den Zusammenschluss angesehen werden. Verpflichtungen in Bezug auf unbegrenzte Mengen sind hingegen nur durch „besondere Sachumstnde“ zu legitimieren. 132 Echte Ausschließlichkeitsbindungen sind in der Regel nicht zu rechtfertigen. 133 Benutzungspflichten sind auf einen bestimmten Zeitraum zu beschrnken, der aus den Umstnden des Einzelfalls abzuleiten ist. 134 Jber diese Vorgaben hinaus kçnnen Ausschließlichkeitsbindungen nach der 63 Gruppenfreistellungsverordnung ber Vertikalvereinbarungen gerechtfertigt sein. 135 Voraussetzung hierfr ist, dass die Beteiligten auf unterschiedlichen Produktions- bzw. Vertriebsstufen ttig sind, also in Bezug auf die Plattform keine horizontalen Wettbewerbsbeziehungen bestehen. Dies ist bei Plattformen, die von Wettbewerbern gegrndet werden, von vornherein nicht der Fall. Außerdem darf gem. Art. 3 der Verordnung ein Marktanteil von 30% nicht berschritten werden. Zur Veranschaulichung sei die „MyAircraft.com“-Entscheidung der Euro- 64 pischen Kommission herangezogen. Hier wurden Klauseln fr unbedenklich erklrt, in denen die Grnder die Nutzung konkurrierender Plattfor128 Bekanntmachung der Kommission ber Einschrnkungen des Wettbewerbs, die

129 130 131 132 133 134

135

mit der Durchfhrung von Unternehmenszusammenschlssen unmittelbar verbunden und fr diese notwendig sind, ABl. C 188/5 v. 4.7.2001. S. Art. 6 Abs. 1 lit b) und Art. 8 Abs. 2 S. 3 FKVO. Ancillary Restraints-Bekanntmachung (ABl. C. 188/5 v. 4.7.2001), Tz. 35 ff. Ancillary Restraints-Bekanntmachung (ABl. C. 188/5 v. 4.7.2001), Tz. 45. Ancillary Restraints-Bekanntmachung (ABl. C. 188/5 v. 4.7.2001), Tz. 28. Ancillary Restraints-Bekanntmachung (ABl. C. 188/5 v. 4.7.2001), Tz. 29. Tz. 30 der Bekanntmachung nennt beispielhaft eine Drei-Jahres-Frist. Entscheidend fr die Lnge zulssiger Bindungen ist der Zeitraum, bis zu dem das Unternehmen eine unabhngige Marktstellung einnehmen kann. Eine dreijhrige Autorisation fr beschrnkende Nebenabreden wurde beispielsweise ausgesprochen in Europ)ische Kommission„emaro“ (oben Fn. 3) Tz. 23; „Chemplorer“ (oben Fn. 3) Tz. 24. Verordnung (EG) Nr. 2790/99 der Kommission vom 22.12.1999 ber die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336/21).

Heinemann | 319

Kap. 8 Rz. 65

Kartellrecht

men ausschließen. Diese Klauseln sehen keinen Nutzungszwang im eigentlichen Sinn vor, da es den Beteiligten freisteht, ihren Ein- oder Verkauf auf anderem Weg zu ttigen. Lediglich die Nutzung anderer B2B-marketplaces wird untersagt. Die Kommission sah solche Klauseln als notwendig und damit als gerechtfertigt an. 136 Auch die Laufzeit dieser Klauseln wurde (mit einer Ausnahme) als angemessen eingestuft. 137 Allgemein kann man sagen, dass bisher von den Grndern elektronischer Marktpltze in der Frage des Nutzungszwangs große Zurckhaltung gebt wurde. Sollte diese Zurckhaltung aufgegeben werden, erscheint die Anwendung der allgemeinen Regeln ber Ausschließlichkeitsbindungen ausreichend. Die Entwicklung spezieller Regeln fr elektronische Marktpltze ist nicht erforderlich. b) Exklusivittsklauseln von Online-Auktionshusern

65 Diese Grundstze finden auch Anwendung auf die Vereinbarung eines Nutzungszwangs, der sich lediglich auf bestimmte Kaufobjekte bezieht. In den AGB von Online-Auktionshusern finden sich bisweilen solche Restriktionen. So wird derjenige, der einen bestimmten Artikel ber die Plattform zum Kauf anbietet, dazu verpflichtet, weitere Artikel gleicher Art und Gte ebenfalls nur ber diese Plattform und nicht etwa ber andere Vertriebswege zu verkaufen. 138 Das Ziel dieser Beschrnkung besteht darin, eine missbruchliche Umlenkung von Kundenstrçmen zu verhindern. Ohne diese Klausel kçnnte der Verkufer die Plattform zur Geschftsanbahnung nutzen, die eigentliche Transaktion dann aber außerhalb der Plattform vornehmen. Das elektronische Auktionshaus kme dann um seine Provision. 66 Fr die kartellrechtliche Bewertung ist danach zu differenzieren, ob die Vereinbarung in einer horizontalen oder vertikalen Beziehung geschlossen wird. Liegt eine horizontale Beziehung, also ein Wettbewerbsverhltnis vor (z.B. beim gemeinsamen Betrieb einer Plattform durch Wettbewerber), sind die §§ 1 ff. GWB, bei Vorliegen eines grenzberschreitenden Sachverhalts auch Art. 81 EGVanwendbar. Es ist zu untersuchen, ob sich der sachliche und zeitliche Umfang der Ausschließlichkeitsbindung im Rahmen der Erforderlichkeit hlt. In sachlicher Hinsicht muss sich der Nutzungszwang zunchst auf vergleichbare Produkte beschrnken, nmlich auf solche, die im kartellrechtlichen Sinn zum selben Produktmarkt gehçren. Außerdem ist die Frage zu stellen, ob der Plattform lediglich eine einmalige Provision fr einen Einzelverkauf oder fr mehrere Transaktionen gebhrt. Wurde 136 Europ)ische Kommission, „MyAircraft.com“ (oben Fn. 3), Tz. 24: „These clau-

ses are necessary to ensure that the joint venture is established on a solid base.“ 137 Die genaue Laufzeit wurde aus Grnden der Geheimhaltung nicht berichtet. 138 Z.B. § 10 Abs. 1 eBay-AGB: „Solange ein Artikel in einer Online-Auktion angebo-

ten wird, darf ein Mitglied den Bietern, die auf diesen Artikel geboten haben, Artikel vergleichbarer Art und Gte nur in Form eines auf der eBay-Website eingestellten Angebots anbieten, nicht aber auf anderem Weg, z.B. per E-Mail (Abziehen von Bietern). Dies gilt auch ber die Angebotsdauer hinaus“ (Stand: November 2004).

320 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 67 Kap. 8

nur ein einzelner Gegenstand zum Verkauf gestellt, ist ein Nutzungszwang fr weitere vergleichbare Kaufgegenstnde nicht angemessen. Die Plattform profitiert im Grundsatz nicht von Folgegeschften, jedenfalls wenn nichts anderes vereinbart ist. Wurden dagegen mehrere Sachen angeboten (z.B. Angebot eines bestimmten Artikels in beliebiger Menge), ist ein weiter Umfang des Nutzungszwangs gerechtfertigt, da sonst nach dem ersten Verkauf besonders leicht auf andere Vertriebswege ausgewichen werden kçnnte. In zeitlicher Hinsicht darf der Nutzungszwang nur so lange reichen, wie die Gefahr der „Provisionsschneiderei“ besteht, d.h. im Regelfall nur fr einige Wochen. Ein zeitlich unbeschrnkter Nutzungszwang ist keinesfalls kartellrechtlich zulssig. Im Regelfall, nmlich beim Verkauf von Sachen ber Online-Auktionshu- 67 ser, liegen jedoch lediglich vertikale Beziehungen zwischen den Parteien vor: Verkufer nutzen das Auktionshaus zum Vertrieb ihrer Waren. Handelt es sich bei den Verkufern um Unternehmen im kartellrechtlichen Sinn, findet das Vertriebskartellrecht Anwendung (vgl. nher Rz. 83 ff.). Nach deutschem Kartellrecht sind Ausschließlichkeitsbindungen gem. § 16 GWB erst einmal erlaubt, und zwar ohne jegliche zeitliche Beschrnkung. Die Klauseln ber die ausschließliche Nutzung des Auktionshauses sind also mit deutschem Kartellrecht vereinbar. Etwas anderes gilt erst dann, wenn hieraus eine wesentliche Wettbewerbsbeeintrchtigung resultiert und die Kartellbehçrde einschreitet. Hierfr sind aber sehr hohe Voraussetzungen erforderlich, die im vorliegenden Zusammenhang nur ganz ausnahmsweise vorliegen drften. 139 Bei Anwendbarkeit des europischen Kartellrechts ist die Gruppenfreistellungsverordnung fr Vertikalvereinbarungen einschlgig. 140 Ausschließlichkeitsbindungen werden bis zu einem Marktanteil des bindenden Teils von 30% dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EGV entzogen. Zwar enthlt Art. 5 der Verordnung Ausnahmen von der Freistellung fr bestimmte, zu weit reichende Wettbewerbsverbote. „Wettbewerbsverbote“ i.S. der Verordnung sind aber gem. Art. 1 b) immer nur Beschrnkungen des K)ufers im Umgang mit konkurrierenden Produkten. Bei den hier zu besprechenden Exklusivittsklauseln geht es aber gerade um die Pflicht des Verk)ufers zur Nutzung der Plattform. Aus Art. 5 folgen also keine Einschrnkungen des Gestaltungsspielraums. Auch bei Nichtanwendbarkeit der Verordnung, z.B. wegen Jberschreitens der Marktanteilsschwelle, ist immer noch zu prfen, ob nicht eine Ausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EGV gegeben ist. 141 Auch das europische Kartellrecht wird deshalb nur in Extremfllen einer Nutzungsklausel eines elektronischen Auktionshauses entgegenstehen. – Es ist deshalb in erster Linie nicht das Kartellrecht, sondern das Ver139 Zum Begriff der wesentlichen Wettbewerbsbeeintrchtigung s. z.B. Emmerich in

Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 16 GWB Rz. 114 ff. 140 S.o. Fn. 135. 141 Gem. Art. 1 Abs. 2 der VO 1/2003 (oben Fn. 92) ist Art. 81 Abs. 3 EGV seit dem

1.5.2004 unmittelbar anwendbar.

Heinemann | 321

Kap. 8 Rz. 68

Kartellrecht

tragsrecht, das die entscheidenden Vorgaben enthlt. So mssen Klauseln ber den Nutzungszwang der AGB-Kontrolle standhalten. Hieraus ergeben sich detaillierte Anforderungen an den sachlichen und zeitlichen Umfang von Exklusivittsklauseln. 142

4. Zugang zum Marktplatz 68 Elektronische Plattformen haben ein Interesse an mçglichst großen Umstzen und an einem mçglichst großen Teilnehmerkreis. Jber Skaleneffekte und den Netzwerkeffekt kann auf diesem Weg die grçßtmçgliche Effizienz erreicht werden. Beschrnkungen des Zugangs zu Plattformen sind deshalb bisher eher in Form sachlicher Zugangsvoraussetzungen relevant, durch die beispielsweise die Zahlungsfhigkeit der Teilnehmer abgesichert werden soll. Solche sachlich begrndeten Voraussetzungen sind kartellrechtlich unbedenklich. Denkbar ist allerdings auch, dass die Vorteile einer Plattform bestimmten Unternehmen, nmlich Wettbewerbern oder Zulieferern bewusst vorenthalten werden sollen (raising rivals costs). 143 Bestehen solche Zulassungsrestriktionen, stellt sich die Frage, inwieweit ausgeschlossene Marktteilnehmer einen Anspruch auf Zugang zur Plattform haben. 69 Eine Vereinbarung zwischen den Plattformbetreibern ber den Ausschluss von Wettbewerbern kann unter das Kartellverbot fallen. 144 Die deutsche Rechtsprechung neigt bei einem Verstoß gegen das Kartellverbot allerdings dazu, lediglich Nichtigkeit der Vereinbarung, bei Verschulden auch Schadensersatz, nicht dagegen einen Zugangsanspruch, also Kontrahierungszwang anzunehmen. 145 Solchen privatrechtlichen Lcken sollte durch eine strenge Prfung im Verwaltungsverfahren entgegengesteuert werden. Da die Kartellbehçrde im Fusionskontrollverfahren auch das Kartellverbot prft, kann eine Freigabe der Plattformgrndung nur erfolgen, wenn die Nutzungsbedingungen unbedenklich sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn keine beschrnkenden Vereinbarungen ber Zugangsfragen getroffen wurden. Die Kartellbehçrden haben bisher die offene Ausgestaltung elektronischer Marktpltze, d.h. freien Zugang, positiv gewrdigt. 146

142 S. hierzu Spindler in diesem Band, Kap. 5, Rz. 131 ff. 143 Solche Gefahren stellen sich in erster Linie bei anbieter- oder nachfragerbetriebe-

nen Plattformen, s. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 262 ff. 144 Nmlich Art. 81 Abs. 1 EGV. Ein Verstoß gegen § 1 GWB wird in der Literatur

eher ausgeschlossen, da das deutsche Kartellverbot im Gegensatz zum europischen Kartellverbot den Außenwettbewerb nicht erfasse, s. Kçhler, K&R 2000, 569 (572 f.); Bahr, WuW 2002, 230 (239 ff.). 145 BGH, EuZW 1998, 766 lehnt (am Beispiel des selektiven Vertriebs) einen Kontrahierungszwang auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Art. 81 Abs. 1 EGV ab. Kritisch hierzu M)sch, ZIP 1999, 1507 (1512 ff.). 146 S. nur BKartA, „Covisint“ (oben Fn. 3) C I 5.

322 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 71 Kap. 8

Fr einen privatrechtlichen Zugangsanspruch kommt in erster Linie das Ver- 70 bot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen in Frage. 147 Im europischen Recht setzt ein Zugangsanspruch einen Verstoß gegen Art. 82 EGV voraus. Der elektronische Marktplatz muss eine marktbeherrschende Stellung vermitteln. Die Zugangsverweigerung muss einen Missbrauch darstellen. 148 Was das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung betrifft, so kann auf die Ausfhrungen zur Marktabgrenzung verwiesen werden (s.o. Rz. 11 ff.). Wird ein Zugang zur Plattform geltend gemacht, so sind die von dem Marktplatz angebotenen Dienstleistungen betroffen. Eine beherrschende Stellung auf diesem Markt durch eine einzelne Plattform wurde bisher nicht bejaht. Zu groß ist die Anzahl der Plattformen und zu zahlreich sind die Substitutionsbeziehungen zwischen horizontalen sowie vertikalen Plattformen derselben oder anderer Branchen. Zustzlich ist ein Missbrauch der beherrschenden Stellung erforderlich. Der Begriff des Missbrauchs ist in hohem Maß ausfllungsbedrftig und setzt eine umfassende Abwgung der Interessen aller Beteiligten voraus. 149 Diese Voraussetzungen kçnnen unter Heranziehung der essential-facilities- 71 Lehre konkretisiert werden. 150 Nur wenn elektronische Markpltze den Grad einer wesentlichen Einrichtung erreichen, ist ein kartellrechtlicher Zugangsanspruch denkbar. Der Anspruch setzt u.a. voraus, dass die betreffende Einrichtung nicht duplizierbar ist, also keine Alternative zu ihr existiert und auch mit vernnftigem Einsatz nicht hergestellt werden kann. 151 Angesichts der großen Zahl elektronischer Plattformen und ihrer Multifunktionalitt drfte die Abwesenheit einer Alternative selten sein. Auch wenn der Konsolidierungsprozess unter den Plattformen zu einer Reduzierung des Angebots fhrt, ist immer darauf zu achten, dass es nicht darauf ankommt, ob Ausweichplattformen aktuell nicht existieren, sondern ob es (wirtschaftlich) unmçglich ist, eine geeignete Plattform auch selbst zu errichten. 152

147 Nmlich § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 82 EGV, bzw. § 33 GWB i.V.m. § 19 GWB. 148 Zudem mssen die Voraussetzungen der Zwischenstaatlichkeitsklausel vorlie-

149

150

151

152

gen. Es muss also eine sprbare Beeintrchtigung des zwischenstaatlichen Handels vorliegen. Der EuGH stellt auf die Abweichung der ergriffenen Maßnahmen vom „normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerb auf der Grundlage der Leistungen der Marktbrger“ ab, EuGH, 13.2.1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, Rs. 85/76, Slg. 1979, 461 Tz. 91. Zur Stellung der essential-facilities-Lehre im Gemeinschaftsrecht s. Doherty, CMLR 2001, 397 ff.; Heinemann, Immaterialgterschutz in der Wettbewerbsordnung, 2002, S. 502 ff. Duplizierbarkeit wurde bejaht, ein Zugangsanspruch also abgelehnt in EuGH, 26.11.1998, Oscar Bronner/Mediaprint, Rs. C-7/97, Slg. 1998, I-7791; hierzu Fleischer/Weyer, WuW 1999, 350. S. nher hierzu Gounalakis/Lochen, ZHR 167 (2003), 632 (660); Kçhler, K&R 2000, 569 (572 ff.), der nach Zugangsverweigerungen fr Mitbewerber und fr potentielle Lieferanten differenziert.

Heinemann | 323

Kap. 8 Rz. 72

Kartellrecht

72 Im deutschen Recht gelten fr das Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen (§ 19 GWB) dieselben Grundstze. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB enthlt fr bestimmte essential-facilities-Situationen ein eigenes Regelbeispiel, wonach ein Missbrauch auch dann vorliegen kann, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen „sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewhren“ und zustzlich einige andere Voraussetzungen vorliegen. Die Vorschrift vermeidet bewusst den allgemein gehaltenen Begriff der wesentlichen Einrichtung, ist aber dennoch nicht auf physische Einrichtungen beschrnkt, sondern erfasst auch virtuelle Netze bzw. Infrastruktureinrichtungen. 153 Auch die elektronischen Marktpltze werden deshalb von dem Regelbeispiel erfasst. Wie im europischen Recht wird ein Kontrahierungszwang auf der Grundlage von § 19 GWB aber regelmßig daran scheitern, dass Internet-Plattformen leicht duplizierbar sind. Eine Besonderheit des deutschen Kartellrechts besteht darin, dass schon unterhalb der Schwelle der Marktbeherrschung Behinderungs- und Diskriminierungsverbote existieren, die sich an marktstarke oder marktberlegene Unternehmen richten (§ 20 Abs. 2 und 4 GWB). 154 Auch hier kommt es auf die konkrete Abhngigkeit des Zugang suchenden Unternehmens bzw. auf eine allgemeine Interessenabwgung an, wofr auf die bereits genannten Gesichtspunkte verwiesen werden kann. 155 73 Insgesamt ist die Frage nach einem Anspruch auf Zugang zu elektronischen Marktpltzen also zurckhaltend zu beantworten. Selbstverstndlich gilt auch hier der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Liegen aber besondere Umstnde vor, die den Schluss auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zulassen, kann im Einzelfall ein Zugangsrecht bestehen.

5. Standardisierung 74 Die gemeinsame Nutzung technischer Einrichtungen setzt den Gebrauch gemeinsamer Standards voraus. Standardisierung sorgt damit fr Effizienzgewinne durch Herstellung von Kompatibilitt und Interoperabilitt. 156 Normen oder Standards kçnnen auf verschiedenen Wegen festgelegt werden, nmlich entweder durch den Staat, durch nicht-staatliche, anerkannte Nor153 Hohmann, Die essential facility doctrine im Recht der Wettbewerbsbeschrn-

kungen, 2001, S. 211 f., 218 ff.; Mçschel, in Immenga/Mestmcker, 3. Aufl. 2001, § 19 GWB Rz. 196. 154 Die Anwendung einzelstaatlicher Vorschriften ber einseitiges Unternehmensverhalten, die strenger als Art. 82 EGV sind, ist trotz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts mçglich, so ausdrcklich Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO 1/2003 (oben Fn. 92). 155 Zum Recht auf Zugang zu einer Plattform auf der Grundlage von § 20 GWB s. Kçhler, K&R 2000, 569 (573 f.); Koenig/Engelmann, WRP 2002, 1244 (1248 f.). 156 Zu den çkonomischen Hintergrnden s. Fleischer/Doege, WuW 2000, 705 (709) m.w.N.

324 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 76 Kap. 8

menorganisationen oder aber außerhalb von Normenorganisationen durch rein private Vereinbarungen oder auch durch ein einzelnes Unternehmen selbst. Im Zusammenhang mit elektronischen Marktpltzen sind Standards von Normenorganisationen und rein private Standards von Bedeutung. 157 Kartellrechtlich stellen sich dabei im Wesentlichen zwei Problemkreise, nmlich erstens, unter welchen Voraussetzungen Vereinbarungen ber die Annahme bestimmter Normen oder Standards wettbewerbsbeschrnkend sind, und zweitens, ob die Setzung von Standards unter bestimmten Umstnden den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung i.S. des Kartellrechts bedeuten kann. a) Kartellverbot

Wenn Unternehmen auf elektronischen Marktpltzen bestimmte Standards 75 festlegen, so liegt auf den ersten Blick eine einverstndliche Einschrnkung der Handlungsfreiheit – und das meistens unter Wettbewerbern – vor. Es stellt sich also die Frage, ob das Kartellverbot eingreift, und wenn ja, ob fr die Standardisierung eine kartellrechtliche Ausnahmevorschrift zur Verfgung steht. Die przisesten Vorgaben hierzu enthalten die Kooperations-Leitlinien der Europischen Kommission, in denen drei verschiedene Intensittsstufen der Standardisierung unterschieden werden. 158 Das Kartellverbot ist von vornherein nicht anwendbar auf Vereinbarungen, die fr alle zugnglich und transparent sind und nicht die Verpflichtung zur Einhaltung einer Norm enthalten, oder die Bestandteil einer umfassenderen Vereinbarung zur Gewhrleistung der Kompatibilitt von Erzeugnissen sind. 159 Damit wird die Arbeit der anerkannten Normenorganisationen normalerweise nicht vom Kartellverbot erfasst. Dagegen ist das Kartellverbot immer anwendbar auf Vereinbarungen, die eine Norm dazu benutzen, aktuelle oder potentielle Wettbewerber auszuschließen. 160 Damit verstçßt jede Standardisierung, die nicht vom Grundsatz der Freiwilligkeit ausgeht, in aller Regel gegen das Kartellverbot. Zum Graubereich gehçren schließlich Normvereinbarungen, welche den Partnern die gemeinsame Kontrolle von Produktion oder Innovation ermçglichen, wenn hierdurch die Wettbewerbsintensitt eingeschrnkt wird und Dritte benachteiligt werden. 161 Entscheidend fr die Anwendung des Kartellverbots in diesen Fllen ist der konkrete Spielraum, der den Beteiligten bei der Entwicklung alternativer Normen oder Produkte noch bleibt. Wenn das Kartellverbot anwendbar ist, kçnnen immer noch die Vorausset- 76 zungen fr eine Ausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EGV vorliegen. Dies ist Vgl. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 295 ff. Oben Fn. 87, Kap. 6 Tz. 159 ff. Kooperations-Leitlinien, Tz. 163. Z.B. Vereinbarungen, mit denen ein nationaler Herstellerverband eine Norm setzt und Druck auf Dritte ausbt, keine Produkte auf den Markt zu bringen, die mit dieser Norm nicht bereinstimmen, Kooperations-Leitlinien, Tz. 165. 161 Kooperations-Leitlinien, Tz. 166. 157 158 159 160

Heinemann | 325

Kap. 8 Rz. 77

Kartellrecht

dann der Fall, wenn die Normierung zur gemeinschaftsweiten Verbreitung der Produkte, zur Entwicklung neuer Mrkte oder zur Verbesserung der Lieferbedingungen erforderlich ist, und wenn die Teilnahme an der Normierung allen zu gerechten, vernnftigen und nicht diskriminierenden Bedingungen offen steht. 162 77 Diese Grundstze lassen sich auf elektronische Marktpltze bertragen. Damit elektronische Marktpltze funktionieren, mssen verschiedene Netzwerkumgebungen, Protokolle und Jbertragungstechniken der beteiligten Unternehmen aneinander angeglichen werden. Die Verabredung gemeinsamer Standards ist also unabdingbar. Nach den eben aufgezeigten Grundstzen bestehen keine durchgreifenden Bedenken, wenn die Teilnahme am Standard freiwillig ist, die Beteiligten das Recht behalten, alternative Normen und Produkte zu entwickeln, und wenn Dritte Zugang zum Standard zu angemessenen Bedingungen erhalten. Im Zusammenhang mit elektronischen Marktpltzen wird man dies so zu interpretieren haben, dass die Beteiligten nicht zur ausschließlichen Benutzung einer Plattform verpflichtet werden drfen, sondern das Recht behalten mssen, auf konkurrierende Plattformen zurckzugreifen. Außerdem muss die Nutzung der Plattform samt ihren elektronischen Standards allen Interessierten zu angemessenen Bedingungen offen stehen. 163 Die kartellrechtliche Beurteilung elektronischer Marktpltze hngt damit ganz wesentlich von der Offenheit der Standards ab. 164 Die Betreiber von Internet-Plattformen werden also besonderes Augenmerk auf technische Details zu legen haben, nmlich auf die Tatsache, dass durch elektronische Standards kein faktischer Ausschluss von Wettbewerb erreicht wird. Ist dies gewhrleistet, sind Vereinbarungen ber die Festlegung von Standards kartellrechtlich unbedenklich. b) Missbrauch von De-facto-Standards

78 Die Offenheit von Standards ist auch außerhalb des Kartellverbots von Bedeutung. Keine Zugangsprobleme treten allerdings auf mit den Standards offizieller Normorganisationen. Hier setzt das Standardisierungsverfahren voraus, dass jeder Interessent freien Zugang zum Standard hat. 165 Anders verhlt es 162 Kooperations-Leitlinien, Tz. 169 ff. Besondere Probleme bereiten hierbei schutz-

rechtlich abgesicherte De-facto-Standards, s. hierzu Tz. 175 der KooperationsLeitlinien. S. auch unten Fn. 165. 163 Ganz in diesem Sinn BKartA, „Covisint“ (oben Fn. 3), D I Nr. 5 a), indem (allerdings in fusionskontrollrechtlichem Zusammenhang) auf die Offenheit der Standards abgestellt wird. 164 Eschweiler, S. 18 ff.; vgl. Koenig/Kulenkampff/K+hling/Loetz/Smit, S. 130. 165 Dies gilt auch fr proprietre Standards, also wenn Ausschließlichkeitsrechte am Standard bestehen. Die Erhebung zur Norm im Rahmen einer anerkannten Normenorganisation setzt voraus, dass sich der Schutzrechtsinhaber zur Lizenzierung an jedermann gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebhr verpflichtet, s. z.B. Europ)ische Kommission, Gewerbliche Schutzrechte und Normen,

326 | Heinemann

V. Betrieb elektronischer Marktpltze

Rz. 80 Kap. 8

sich mit Standards, die sich außerhalb solcher Verfahren durchsetzen, den so genannten De-facto-Standards. Da sie hufig nicht auf Vereinbarung, sondern auf rein einseitigem Verhalten beruhen, ist nicht das Kartellverbot, sondern das Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen anwendbar (Art. 82 EGV, § 19 GWB). Eine Pflicht zur Offenlegung eines Standards setzt voraus, dass eine markt- 79 beherrschende Stellung besteht und die Nicht-Offenlegung als Missbrauch einzustufen ist. Fr die Frage der beherrschenden Stellung kann auf die Ausfhrungen zur Marktabgrenzung verwiesen werden (s.o. Rz. 11 ff.). Angesichts der Zahl der existierenden Plattformen und der Strke der Substitutionsbeziehungen zwischen ihnen wurde bisher noch keine marktbeherrschende Stellung einer einzelnen Plattform festgestellt. Daran kçnnte sich allerdings etwas durch den Konsolidierungsprozess der Plattformen ndern. Liegt Marktbeherrschung vor, stellt sich die weitere Frage, unter welchen Vo- 80 raussetzungen von einem Missbrauch die Rede sein kann. Die bloße Verweigerung des Zugangs zu einem Standard, z.B. zu Schnittstelleninformationen, stellt noch keinen Missbrauch dar. Es mssen besondere Umstnde hinzutreten. Im europischen Kartellrecht liegen einschlgige Erfahrungen vor. So wurde beispielsweise das IBM-Verfahren der 80er Jahre in Europa (im Gegensatz zu den USA) durch einen Vergleich zum Nachteil von IBM beigelegt. Das Unternehmen verpflichtete sich, Schnittstelleninformationen jeweils rechtzeitig zu verçffentlichen. 166 Außerdem besttigte der Gerichtshof in der Magill-Entscheidung die Auffassung von Kommission und Gericht erster Instanz, dass sich aus dem Verbot des Missbrauchs beherrschender Stellungen ein Zugangsrecht zu urheberrechtlich geschtzten Informationen ergeben kçnne. 167 Im IMS Health-Verfahren wurde allerdings die Entscheidung der Kommission, eine Zwangslizenz auf eine urheberrechtlich geschtzte Struktur pharmazeutischer Abverkaufsdaten zu gewhren, von den europischen Gerichten im einstweiligen Rechtsschutz gestoppt; 168 die Kommission zog spter ihre einstweilige Anordnung gnzlich zurck. 169 In der Sache Mi-

166 167 168

169

KOM (92) 445 endg. v. 27.10.1992, S. 5 f. Ziffer 2.2.3–2.2.5 und S. 16 ff. Ziffer 4.3.1 ff. S. hierzu Lomholt, Competition Policy Newsletter 1998, Nr. 3, S. 7 ff. EuGH, 6.4.1995, RTE und ITP/Kommission, Verb. Rs. C-241/91 P und C-242/91 P, Slg. 1995, I-743. Europ)ische Kommission, 3.7.2001, COMP D3/38.044 – NDC Health/IMS Health: Einstweilige Anordnung, ABl. 2002 L 59/18; EuG, 10.8.2001, IMS Health/ Kommission, Rs. T-184/01 R 1, Slg. 2001, II-2349; EuG, 26.10.2001, IMS Health/ Kommission, Rs. T-184/01 R 2, Slg. 2001, II-3193; EuGH, 11.4.2002, NDC/IMS Health, Rs. C-481/01 P(R), Slg. 2002, I-3401. Hierzu Heinemann, Immaterialgterrecht und Kartellrecht: Konflikt oder Koexistenz?, in: Baudenbacher/Simon, Neueste Entwicklungen im europischen und internationalen Immaterialgterrecht, IIF 2002, 2003, S. 177 (204 ff.). Europ)ische Kommission, 13.8.2003, COMP D3/38.044 – NDC Health/IMS Health: Einstweilige Maßnahmen, ABl. L 268/69.

Heinemann | 327

Kap. 8 Rz. 81

Kartellrecht

crosoft hat die Europische Kommission entschieden, dass das Unternehmen die Schnittstellen offen legen muss, welche die Wettbewerber auf dem Markt fr Server-Software zur Herstellung von Kompatibilitt bençtigen. 170 Da Microsoft Rechtsmittel eingelegt hat, wird zur Klrung der Fallfragen ein mehrjhriges Verfahren vor Gericht erster Instanz und dem EuGH erforderlich sein. 81 Die Voraussetzungen f r Offenlegungspflichten erscheinen damit als ungeklrt. Zudem werden diese Voraussetzungen bei proprietren Standards hçher sein als bei solchen, die nicht schutzrechtlich abgesichert sind. Die Zweifel des Europischen Gerichts erster Instanz und des Europischen Gerichtshofs an der IMS Health-Entscheidung der Kommission knpfen an die Reichweite einer Lizenzverweigerung an. Ist eine kartellrechtliche Zwangslizenz schon dann denkbar, wenn die marktbeherrschende Stellung auf einem Markt dazu eingesetzt wird, auch einen benachbarten Markt unter Kontrolle zu bringen oder zu halten (leveraging)? Oder ist es, ggf. zustzlich, erforderlich, die Entstehung eines neuen Produkts zu verhindern, wie es im Magill-Sachverhalt der Fall war? Der EuGH hat in seiner Vorabentscheidung im IMS Health-Fall das kumulative Vorliegen beider Voraussetzungen verlangt. 171 Jbertragt man diese Grundstze auf elektronische Marktpltze, so setzt die Feststellung eines Missbrauchs also zunchst voraus, dass eine beherrschende Stellung auf dem Markt fr die von der Plattform erbrachten Dienstleistungen dazu eingesetzt wird, auch einen benachbarten Markt zu erobern oder zu verteidigen. Zudem hat man sich mit der (umstrittenen) Frage auseinander zu setzen, ob die Zugangsverweigerung zum Standard das Entstehen neuer Produkte verhindert. Ein kartellrechtliches Zugangsrecht hat also hohe Voraussetzungen, kann aber im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstnde in Betracht kommen. In der Regel wird es sich hierbei auch im Zusammenhang mit elektronischen Marktpltzen um essential-facilities-Konstellationen handeln. 172 Auch wird es normalerweise keinen separaten Wunsch nach Zugang zu einem Standard geben, sondern wird allgemein Zugang zur Plattform begehrt werden. Die Frage des Missbrauchs von De-facto-Standards ist damit Teil der allgemeinen Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Recht auf Zugang zu elektronischen Marktpltzen besteht (s.o. Rz. 68 ff.). 170 Europ)ische Kommission, 24.3.2004, COMP/C-3/37.792 – Microsoft; vorlufige

Fassung der Entscheidung unter http://europa.eu.int/comm/competition/antitrust/cases/decisions/37792/en.pdf. S. hierzu Heinemann, Compulsory Licences and Product Integration in European Competition Law – Assessment of the European Commission’s Microsoft Decision (erscheint demnchst in IIC). 171 EuGH, 29.4.2004, IMS Health/NDC Health, Rs. C-418/01 (noch nicht in der amtlichen Sammlung). Kritisch zu einer solchen Position Heinemann, Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und ihr Verhltnis zum Kartellrecht, in: Behrens (Ed.), Stand und Perspektiven des Schutzes Geistigen Eigentums in Europa, 2004, S. 105 (118 ff.); s. hierzu Spindler/Apel, Urheber- versus Kartelrecht – Auf dem Weg zur Zwangslizenz?, JZ 2005, 133. 172 S. bereits oben bei Fn. 150.

328 | Heinemann

VI. Vertrieb ber das Internet

Rz. 85 Kap. 8

c) Folgerungen

Die kartellrechtlichen Vorgaben fr Standardisierung untersttzen die Er- 82 gebnisse, die bereits im Zusammenhang mit den beiden Fragenkreisen Nutzungszwang und Zugang zu Internet-Plattformen gefunden wurden: Kartellrechtliche Bedenken kçnnen durch die Entwicklung offener Standards auf der Grundlage freiwilliger Benutzung ausgerumt werden.

VI. Vertrieb ber das Internet Beim Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen ber elektronische Markt- 83 pltze sind die allgemeinen kartellrechtlichen Vorgaben einzuhalten, die fr den Vertrieb ber das Internet gelten. Es stellt sich die Frage, ob Vertriebsbindungen abgeschlossen werden drfen, die den Vertrieb ber das Internet einschrnken oder gnzlich ausschließen. Systematisch sind solche Bindungen als Wettbewerbsbeschrnkungen in Vertikalvertrgen einzuordnen. Deutsches und europisches Kartellrecht unterscheiden sich in der Beurteilung solcher vertikaler Beschrnkungen erheblich. Bei Konflikten zwischen beiden Regelungsebenen kommt dem Gemeinschaftsrecht nach allgemeinen Grundstzen der Vorrang zu. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass sich die gemeinschaftsrechtlichen Verbote bestimmter Vertriebsbindungen gegenber dem nationalen Recht durchsetzen. 173

1. Deutsches Kartellrecht Vertikale Beschrnkungen sind im deutschen Recht nur verboten, soweit eine 84 Preis- oder Konditionenbindung stattfindet (§ 14 GWB). Wird lediglich der Vertriebsweg Internet durch Vertrag ausgeschlossen oder eingeschrnkt, liegt eine Vertriebsbindung i.S.v. § 16 Nr. 3 GWB vor. Hier gilt nicht das Verbots-, sondern das Missbrauchsprinzip, d.h., eine solche Vertriebsbindung ist bis auf weiteres zulssig. Die Kartellbehçrde kann die Vertriebsbindung untersagen, wenn die Eingriffsvoraussetzungen von § 16 GWB vorliegen, also erst im Fall einer wesentlichen Wettbewerbsbeeintrchtigung. Der Ausschluss des Internets als Vertriebsweg ist also mit deutschem Kartellrecht erst einmal vereinbar.

2. Europisches Kartellrecht Anders ist die Rechtslage im europischen Kartellrecht. Dort werden Wett- 85 bewerbsbeschrnkungen in Vertikalvertrgen in großem Umfang von Art. 81 173 Zum Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Kartell-

rechts s. Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 376 ff., und jetzt Art. 3 der VO 1/2003.

Heinemann | 329

Kap. 8 Rz. 86

Kartellrecht

Abs. 1 EGVerfasst und unterliegen damit dem Verbotsprinzip. Durch eine Vertriebsbindung wird mindestens ein Beteiligter in seiner Handlungsfreiheit in Bezug auf ein wichtiges Wettbewerbsparameter, nmlich den Absatzweg eingeschrnkt, so dass in der Regel eine Wettbewerbsbeschrnkung i.S. der Vorschrift vorliegt. Einschrnkungen des Internet-Vertriebs sind deshalb im europischen Recht unzulssig, wenn nicht eine Ausnahmebestimmung vorliegt. Es ist allerdings zu beachten, dass nach der Bagatellbekanntmachung der Kommission 174 in vertikalen Beziehungen keine sprbare Wettbewerbsbeschrnkung vorliegt, wenn die beteiligten Unternehmen einen Marktanteil von nicht mehr als 15% halten. 175 Art. 81 Abs. 1 EGV soll auch dann nicht anwendbar sein, wenn an der Vereinbarung lediglich kleine oder mittlere Unternehmen beteiligt sind. 176 a) Gruppenfreistellungsverordnung Vertikalvereinbarungen: Regelungsgrundstze

86 Ist der Tatbestand von Art. 81 Abs. 1 EGV gegeben, hngt die Rechtmßigkeit der Vertriebsbindung vom Vorliegen einer Ausnahmebestimmung ab. Einschlgig ist die Gruppenfreistellungsverordnung Vertikalvereinbarungen (i.F.: „GFVO-VV“), 177 ergnzt durch die Leitlinien fr vertikale Beschrnkungen der Europischen Kommission. 178 Die GFVO-VV stellt vertikale Vereinbarungen, also auch die hier interessierenden Vertriebsbindungen, in großem Umfang vom Kartellverbot frei. 179 Sie ist die erste GFVO, in der es keine Positivliste der freigestellten Verpflichtungen gibt, sondern die Freistellung ganz allgemein gilt. Außerdem existiert erstmals ein Marktmachtkriterium: Die Freistellung gilt nur dann, wenn der bindende Teil einen Marktanteil von 30% nicht berschreitet (Art. 3 GFVO-VV). Wie die anderen GFVO enthlt Art. 4 GFVO-VV eine schwarze Liste: Wenn eine der dort genannten Vertragsklauseln vorliegt (z.B. vertikale Preisbindung), fllt die Freistellungswirkung insgesamt weg („Alles-oder-Nichts-Prinzip“). 180 Gem. Art. 5 GFVO-VV sind einzelne Klauseln unwirksam, z.B. Wettbewerbsverbote, die fr einen Zeitraum von mehr als fnf Jahren eingegangen werden. 174 Oben Fn. 94. 175 Bagatellbekanntmachung, Tz. 7 lit. b). Ausnahmen gelten fr Kernbeschrnkun-

176 177 178 179 180

gen (Bagatellbekanntmachung, Tz. 11) sowie nach der Bndeltheorie fr den Fall, dass die Vereinbarung Teil eines Bndels paralleler Beschrnkungen ist, s. hierzu Bagatellbekanntmachung, Tz. 8. Bagatellbekanntmachung, Tz. 3: Es fehlt in diesen Fllen nach Auffassung der Kommission an einer Beeintrchtigung des zwischenstaatlichen Handels. S.o. Fn. 135. Europ)ische Kommission, Leitlinien fr vertikale Beschrnkungen (ABl. C 291/1 v. 13.10.2000). Zur GFVO-VV s. Ackermann, EuZW 1999, 741; Bayreuther, EWS 2000, 106; Pukall, NJW 2000, 1375. Eine Ausnahme gilt gem. Art. 4a) GFVO-VV fr Hçchstpreisbindungen und fr Preisempfehlungen. Zur Preisgestaltung beim Internetvertrieb s. Seeliger, WuW 2000, 1174 (1175 ff.).

330 | Heinemann

VI. Vertrieb ber das Internet

Rz. 89 Kap. 8

b) Exklusiver Vertrieb

Die wichtigste Vorgabe fr den exklusiven Vertrieb enthlt Art. 4 b), 1. Spie- 87 gelstrich GFVO-VV: Danach sind schwarzgelistet (mit der Rechtsfolge eines vollstndigen Wegfalls der Freistellungswirkung) Beschrnkungen des Gebiets und des Kundenkreises mit Ausnahme des aktiven Verkaufs in fremde Vertragsgebiete. 181 Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass eine Beschrnkung des passiven Verkaufs beim exklusiven Vertrieb nicht mçglich ist. Aktiver Verkauf bedeutet nach den Vertikal-Leitlinien die aktive Ansprache individueller Kunden in Gebieten, die anderen zugewiesen wurden, z.B. durch Direktversand, Briefe, persçnlichen Besuch, Werbung in den Medien oder andere Verkaufsfçrderungsmaßnahmen, welche sich speziell an die Kunden in dem fraglichen Gebiet richten. Passiver Verkauf ist demgegenber die Erfllung unaufgeforderter Bestellungen. 182 Bei Verkaufsmaßnahmen im Internet ist es angesichts der ubiquitren Ab- 88 rufbarkeit des Internets fraglich, ob die Einstellung von Angeboten ins Internet eine aktive Werbung in fremden Gebieten darstellt, oder ob noch ein Fall des passiven Verkaufs gegeben ist. 183 Die Kommission hat deshalb in den Vertikal-Leitlinien Przisierungen speziell fr Internet-Sachverhalte hinzugefgt. Danach steht dem Lieferanten der Einsatz des Internets grundstzlich frei. Werbung, Kontaktaufnahme, Verkauf ber das Internet gelten prinzipiell als passiver Verkauf; die verwendete Sprache spielt grundstzlich keine Rolle. Die Homepage darf auch in einer Sprache verfasst werden, die zu anderen Vertragsgebieten passt. Um aktiven Verkauf handelt es sich dagegen bei gezielten E-Mails an potentielle Kunden außerhalb des Vertragsgebiets. Als Beispiel fr aktiven Verkauf nennen die Leitlinien auch den Einsatz von Links auf Webseiten, die speziell fr die Kunden in reservierten Gebieten zugnglich sind. 184 Diese Vorgaben kçnnen nicht alle Probleme zweifelsfrei lçsen. Insbeson- 89 dere die Sprachenfrage bereitet Probleme. Aus der Verwendung einer Fremdsprache, auch wenn es sich um eine seltene Sprache handelt, wird man noch nicht das Vorliegen aktiver Verkaufshandlungen in die betreffenden Sprachgebiete ableiten kçnnen. Anders kann es sich verhalten, wenn zustzlich zur fremdsprachlichen Version der Website weitere Werbemaßnahmen ergriffen werden, z.B. eine fremde Country Code-Top Level Domain verwendet wird („.de“, etc.), oder spezielle Werbung auf Webseiten des Ziellands geschaltet wird. 185 Von Bedeutung ist auch der Einsatz von meta tags (also von Schlagwçrtern, die der Betreiber der betreffenden Seiten angibt und die vom 181 S. hierzu Pautke/Schultze, BB 2001, 317 (320). 182 Oben Fn. 135, Tz. 50. 183 Zur Abgrenzung aktiver und passiver Verkufe im Internet s. Seeliger, WuW 2000,

1174 (1180 ff.); Vajda/Gahnstrçm, ECLR 2000, 94 (104). 184 Vertikal-Leitlinien, Tz. 51. 185 S. Monti, Competition in the New Economy, 2001, S. 7.

Heinemann | 331

Kap. 8 Rz. 90

Kartellrecht

Service Provider mit der Internetadresse verbunden und gespeichert werden). Die Auffindbarkeit einer Seite durch Suchmaschinen lsst sich durch die Wahl geeigneter meta tags entscheidend beeinflussen. Whlt man gezielt meta tags in der Sprache reservierter Gebiete, wird auch hierin ein aktiver Verkauf zu sehen sein. 186 90 Die Abgrenzung aktiver und passiver Verkufe im Internet mag im Einzelnen Schwierigkeiten bereiten. Es ist nicht zu verkennen, dass das Internet als weltumspannendes Medium Lieferanten und Kunden aus unterschiedlichen Vertragsgebieten nher zueinander bringt. Die Zahl passiver Verkufe steigt hierdurch. Das Internet ist insofern eine Bedrohung f r den Gebietsschutz in Exklusivvertrgen. Dennoch erscheint es nicht angemessen, hierauf mit Sonderregeln fr den Internet-Vertrieb zu reagieren. 187 Das Internet hat nicht nur negative, sondern auch positive Wirkungen auf den exklusiven Vertrieb, da jedes einzelne Vertragsgebiet von der Werbung im Internet profitieren kann. 188 Die ausgewogene Differenzierung zwischen aktiven und passiven Verkufen sollte deshalb auch fr den Internetvertrieb aufrechterhalten werden. c) Selektiver Vertrieb

91 Beim selektiven Vertrieb wird wie beim exklusiven Vertrieb der Kreis der Hndler beschrnkt. 189 Whrend die Zahl der Hndler beim exklusiven Vertrieb von der Zahl der Vertragsgebiete abhngt, bestehen beim selektiven Vertrieb qualitative und/oder quantitative Beschrnkungen. Qualitative Beschrnkungen 190 werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Wettbewerbsbeschrnkung i.S.v. Art. 81 Abs. 1 EGV eingeordnet, quantitative Beschrnkungen der Zahl der zugelassenen Hndler unterfallen dagegen in der Regel dem Kartellverbot. 191 Einschlgig ist auch hier die GFVO-VV, deren

186 Klotz, Ausgewhlte Probleme des Internet-Rechts, 2000, S. 26; Pautke/Schultze,

BB 2001, 317 (321 f.). 187 Pautke/Schultze (BB 2001, 317, 322) fordern, den Internetvertrieb ganz aus den

188 189

190

191

herkçmmlichen Definitionskategorien herauszunehmen und in die VertikalLeitlinien eine Liste mit zulssigen und unzulssigen Internetvertriebsformen einzufgen. Seeliger, WuW 2000, 1174 (1182). Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Vertriebsformen ist: Whrend beim exklusiven Vertrieb der aktive Verkauf in fremde Vertragsgebiete untersagt werden kann, ansonsten aber keine Beschrnkung des Abnehmerkreises mçglich ist, kann beim selektiven Vertrieb zwar nicht der aktive Verkauf in bestimmte Gebiete verboten, wohl aber der Kundenkreis auf zugelassene Hndler und auf Endverbraucher eingeschrnkt werden. Objektive Kriterien in Abhngigkeit vom Produkt, wie z.B. Einrichtung und Lage der Verkaufssttte, Ausbildung des Personals, Serviceleistungen, Zusammensetzung des Sortiments. Zu den nheren Voraussetzungen s. Vertikal-Leitlinien (oben Fn. 135), Tz. 185.

332 | Heinemann

VI. Vertrieb ber das Internet

Rz. 94 Kap. 8

Art. 2 auch selektive Beschrnkungen freistellt, wenn der Lieferant keinen Marktanteil von mehr als 30% hat (Art. 3 Abs. 1 GFVO-VV). Gem. Art. 4 lit. b) und c) GFVO-VV sind Gebietsbeschrnkungen (sowie Be- 92 schrnkungen des Kundenkreises) fr selektive Vertriebssysteme schwarzgelistet. Es besteht keine Ausnahme fr den aktiven Verkauf. In selektiven Vertriebssystemen sind also Einschrnkungen des aktiven und des passiven Verkaufs im Verhltnis zum Endverbraucher nicht mçglich, jedenfalls nicht zu Lasten von zugelassenen Hndlern, die auf der Einzelhandelsstufe ttig sind. 192 Beschrnkungen des Verkaufs an nicht zugelassene Hndler sind erlaubt. 193 Auch kann wirksam das Verbot vereinbart werden, Geschfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben. 194 Stets mçglich bleiben mssen allerdings Querlieferungen zwischen Hndlern des selektiven Vertriebssystems unabhngig von der Handelsstufe 195 sowie der Verkauf konkurrierender Markenprodukte. 196 Dies hat folgende Konsequenzen fr den Internet-Vertrieb. 197 Im Grundsatz 93 haben Hndler eines selektiven Vertriebssystems das Recht, aktiv und passiv auch ber das Internet zu liefern, mit der Ausnahme der Lieferung an nicht zugelassene Hndler. Zu diesem Zweck drfen sie unbeschrnkt ber das Internet werben und auch gezielt Kunden per E-Mail ansprechen. 198 Dies bedeutet gleichzeitig, dass sich der Lieferant den Internet-Verkauf nicht selbst vorbehalten kann. 199 Das eigentliche Problem besteht in den Qualittsstandards, die nach den all- 94 gemeinen Grundstzen im Rahmen des selektiven Vertriebs wirksam vereinbart werden kçnnen. Diese qualitativen Vorgaben mssen auch beim Internet-Vertrieb eingehalten werden und kçnnen – je nach den Umstnden des Einzelfalls, insbesondere den Besonderheiten des Produkts – bis zum gnzlichen Ausschluss des Internet-Vertriebs fhren. Hiervon geht auch die Kommission in den Vertikal-Leitlinien aus. Danach kann auch ein vçlliges Verbot des Verkaufs ber das Internet zulssig sein, wenn sachlich gerechtfertigte Grnde vorliegen. 200 Worin diese sachlichen Grnde liegen kçnnen, wird in den Leitlinien nicht weiter ausgefhrt. Zu denken ist an die weitreichenden Einschrnkungen, die bei Luxusgtern gerechtfertigt sein kçnnen. Außerdem kann die Ausgestaltung der Webseiten besonderen Qualittsanforderungen unterworfen werden. 201 In der Praxis werden Kompromisse bevorzugt: So 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201

Art. 4 c) 1. Halbsatz GFVO-VV. Art. 4 b), 3. Spiegelstrich GFVO-VV. Art. 4 c) 2. Halbsatz GFVO-VV. Art. 4 d) GFVO-VV. Art. 5 c) GFVO-VV. S. Tz. 51–55 der Vertikal-Leitlinien. Klotz, Ausgewhlte Probleme des Internet-Rechts, 2000, S. 26. So ausdrcklich die Vertikal-Leitlinien, Tz. 51 letzter Satz. Vertikal-Leitlinien, Tz. 51 a.E. Pautke/Schultze, BB 2001, 317 (322 f.); Seeliger, WuW 2000, 1174 (1183 f.).

Heinemann | 333

Kap. 8 Rz. 95

Kartellrecht

werden beim Vertrieb von Parfums Vertragsklauseln vereinbart, nach denen der Hersteller seinen Hndlern den Vertrieb ber das Internet zwar gestattet, sich aber ein Kndigungsrecht fr den Fall vorbehlt, dass beim Hndler der Internet-Umsatz den Umsatz im stationren Handel bersteigt. 202

VII. Fazit 95 Die Untersuchung der kartellrechtlichen Aspekte elektronischer Marktpltze fhrt zu dem Ergebnis, dass sowohl das europische als auch das deutsche Recht hinreichend flexibel sind, um Phnomene im Zusammenhang mit dem Internet angemessen zu erfassen. Zurckzuweisen sind Tendenzen, welche unter Verweis auf die çkonomischen Besonderheiten der NetzWirtschaft fr eine Zurcknahme von Kartellrecht pldieren. Die zahlreichen, in kurzer Zeit ergangenen kartellbehçrdlichen Entscheidungen haben gezeigt, dass die Anwendung des geltenden Rechts der Ausschçpfung von Effizienzvorteilen nicht im Weg steht. Im Gegenteil, die Bercksichtigung der kartellrechtlichen Vorgaben durch die Grnder der Plattformen hat das wettbewerbspolitische Konfliktpotential dieser neuen Form der Unternehmenskooperation von vornherein entschrft. Die Auswirkungen von Internet-Plattformen auf den Wettbewerb werden weiterhin genau zu beobachten sein, und zwar sowohl hinsichtlich der Konsolidierungswelle unter den Plattformen, als auch in Bezug auf neue oder intensivere Formen der Zusammenarbeit. Der richtige kartellrechtliche Rahmen gewhrleistet, dass sich aus den internetgesttzten Verbesserungen auch gesamtwirtschaftliche Vorteile ergeben.

202 S. die Sachverhaltsangaben in BGH, Urteil v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW/E

DE-R 1203 – Depotkosmetik im Internet. Der BGH hat in dieser Entscheidung einen Belieferungsanspruch eines reinen Internethndlers auf der Grundlage von § 20 Abs. 2 GWB verneint. Der Wunsch nach Prsentation der Waren in einem anspruchsvollen Umfeld rechtfertige die Ungleichbehandlung mit den Prsenzhndlern, die lediglich einen Teil ihres Vertriebs ber das Internet vornehmen. S. hierzu Becker/Pfeiffer, ZWeR 2004, 268.

334 | Heinemann

Kapitel 9 Rechtsfragen der elektronischen Vergabe çffentlicher Auftrge

I. Grundlagen eines „Rechts der elektronischen Vergabe“ . . . . 1. Iffentliche Auftragsvergabe zwischen wettbewerbsrechtlicher Regulierung, technologischem Fortschritt und dem politischen Willen zur Verwaltungsmodernisierung . . . . . a) Bedarf, Beschaffung, Regulierung . . . . . . . . . . . . . b) Internetbedrftigkeit und Internetfhigkeit des Vergabewesens . . . . . . . . . . . . c) Elektronische Beschaffung als Teil staatlicher und privater E-Government-Strategien . . d) Erwartungshaltung hinsichtlich elektronischer Vergabeverfahren . . . . . . . . . . 2. Elektronische Vergabe und Digitalisierung des Vergabewesens: Hinweise zur Begrifflichkeit . . a) Abgrenzungen . . . . . . . b) Querverbindungen der elektronischen Vergabe . . . . . aa) im Wechselspiel zwischen E-Government und E-Commerce . . . . bb) im Wechselspiel zwischen E-Business und E-Learning . . . . . . . II. Maßstbe der Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“ (am Beispiel der VOL/A) . 1. Anlass und Bewertungsmodell 2. Antizipiertes Verwaltungsverfahren und Digitalisierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . 3. Drei-Stufen-Modell und Verantwortlichkeitsteilung . . . 4. Vergaberechtskonformitt und das Prinzip der „funktionellen Rquivalenz“ . . . . . . . . . . 5. Zielsetzung . . . . . . . . . . 6. Gliederung . . . . . . . . . . .

1

1 1 5 9 16 19 19 25 25 26

27 27 36 37 41 45 46

7. Kommentierte Checkliste . . 47 Phase 1: Vorinformation als regelmßige Bekanntmachung (nur wenn Schwellenwerte berschritten sind) . . . 47 Phase 2: Vorfeldentscheidung (Auswahl der Vergabeart) . . . . . . . . 50 a) Vergabearten . . . . . . 50 b) Insbesondere: Teilnahmewettbewerb . . . . . 53 c) Hinweis fr unzulssige Ausschreibungen . . . . 55 Phase 3: Erstellung der Vergabeunterlagen . . . . 57 a) Inhaltliche Ausgestaltung 57 b) Vorfrage: Vergabe nach Losen . . . . . . . . . . 59 c) Verdingungsunterlagen (Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen) . . . . . . . . . . . 60 d) Anschreiben . . . . . . 64 e) Bewerbungsbedingungen 67 Phase 4: Bekanntmachung . 69 Phase 5: Jbermittlung der Vergabeunterlagen/ Aufforderung zur Angebotsabgabe . . 75 a) „Jbergabe“ und elektronischer Versand . . . . . 75 b) Insbesondere: Nachfragen der Bieter . . . . . . 76 Phase 6: Angebotsabgabe . . 83 a) Anforderungen des § 15 VgV . . . . . . . . . 84 b) Modi der Angebotsabgabe 86 Phase 7: Erçffnungstermin . 92 a) Umgang mit Angeboten bis zum Erçffnungstermin 92 b) Fristlauf (Angebotsfrist, Bindefrist, Zuschlagsfrist) 98 c) Iffnung der Angebote . 100 d) Niederschrift . . . . . . 105

Heckmann | 335

Kap. 9

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Phase 8: Prfung der Angebote113 a) Ausschluss „fehlerhafter“ Angebote . . . . . . 113 b) Prfung der zugelassenen Angebote . . . . . . . . 119 Phase 9: Wertung der Angebote . . . . . . . . . 123 Phase 10:Teilnahmewettbewerb . . . . . . . 130 Phase 11:Beendigung des Verfahrens (Zuschlag und Aufhebung) . . 135 a) Zuschlag . . . . . . . . 136 b) Aufhebung . . . . . . . 144 Phase 12: Nachtrgliche Informationspflichten . 149 Phase 13: Vergabevermerk . . 151 III. Ausgewhlte Einzelaspekte und Rechtsprobleme der elektronischen Vergabe . . . . . . . . . 153 1. Notwendigkeit einer einheitlich digitalen oder einheitlich schriftlichen Angebotsabgabe 153 a) Auslegung nach dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Regelungen 155 c) Europarechtskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . 156 d) Ergebnis: Einheitliche Angebotsabgabe erforderlich . . 157 2. Einsatz von IuK-Diensten als „vergabefremder Aspekt“ bei der Wertung der Angebote . . 158 a) Europisches Vergaberecht 160 b) Deutsche Vergaberechtsregelungen . . . . . . . . . 162 c) Europarechtskonformitt des deutschen Vergaberechts 163 d) Einordnung der Bevorzugung von digitalen Angeboten als vergabefremder Aspekt . . 165 e) Zulssigkeit der Bevorzugung digitaler Angebote . 169 f) Ergebnis . . . . . . . . . . . 173 3. Das Problem der Kompatibilitt von Signaturverfahren . . 174

4. Rechtfertigung der Schwellenwerte bei digitalisierten Vergabeverfahren – Digitale Vergabe als Motor einer Vereinheitlichung des Vergaberechts? . . 183 5. Vergabeplattform und elektronische Signatur . . . . . . . . 187 a) Kein Signaturkartenerfordernis fr vergabeverfahrensinterne Vorgnge . . . . . . 188 b) Sicherheitsbeitrag der elektronischen Signatur (Prinzip der funktionellen Rquivalenz) . . 189 6. Der VOB-Erçffnungstermin und sein virtuelles Umfeld . . 195 a) Wortlaut des § 22 VOB/A . 196 b) „Verlesen“ als technikuntersttztes „Mitlesen“ (Prinzip der funktionellen Rquivalenz) 197 7. Korruptionsbekmpfung durch elektronische Vergabe? . . . . 200 IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement . . . . . . . . 202 1. Mçglichkeiten eines innovativen Beschaffungsmanagements durch die Verwaltung . 202 2. Zentrales çffentliches Beschaffungsmanagement („Pooling“) 205 a) Allgemeine Charakteristika eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . . . . 205 b) Chancen eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . 213 c) Risiken eines zentralen Beschaffungswesens . . . . . 215 3. Dynamische Beschaffungssysteme . . . . . . . . . . . . . . 219 4. Vergaberechtliche Auktionen 222 a) Allgemeine Charakteristika „inverser Auktionen“ . . . 222 b) Die „inverse Auktion“ als Teil des Vergabeverfahrens . 227 c) Chancen und Risiken inverser Auktionen . . . . . . . . 231 d) Elektronische Auktionen nach EU-Vergaberecht (RL 2004/18/EG) . . . . . . . . . 235

Literatur: Antweiler, Einsatz elektronischer Mittel bei der Vergabe çffentlicher Auftrge, CR 2001, 717; Boehme-Neßler, E-Government – Internet und Verwaltung, NVwZ 2001, 374; Boesen, Die elektronische Beschaffung, Vergabe News 2001, 57; Boesen, Die elektronische Beschaffung, Vergabe News 2001, 65; Bunte, Zulssige Ein-

336 | Heckmann

I. Grundlagen

Rz. 1 Kap. 9

kaufsgemeinschaften von Gemeinden und das Kartellverbot – Ausrstungsgegenstnde fr Feuerlçschzge, LMK 2003, 152; Heckmann, IT-Vergabe, Open Source Software und Vergaberecht – Behçrdlicher IT-Einsatz zwischen Beschaffungspolitik und vergaberechtlichen Anforderungen, CR 2004, 401; Heckmann, E-Vergabe als Motor fr E-Government?, K&R 2003, 97; Hçfler/Bert, Die neue Vergabeverordnung, NJW 2000, 3310; Hçfler, Die elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge, NZBau 2000, 449; Hofmann, Synchrones Online-Lehren ... wie Sie den virtuellen Raum meistern, Friedberg 2001; Jansen/Priddat, Electronic Government – Neue Potentiale fr einen modernen Staat, Stuttgart 2001; Kratzenberg, Strikte Anwendung der Verdingungsordnung fr Bauleistungen (VOB) als Mittel der Korruptionsbekmpfung. Erklrung des Vorstandes des deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses fr Bauleistungen (DVA) vom 15.12.2002, BauR 2002, 830; Kunnert, WTO Vergaberecht, Baden-Baden 1998; Malmendier, Rechtliche Rahmenbedingungen der elektronischen Vergabe, VergabeR 2001, 178; Mosbacher, Elektronische Vergabe: Neue Mçglichkeiten im çffentlichen Beschaffungswesen, DIV 2001, 573; M+ller/Ernst, Elektronische Vergabe ante portas – Jbersicht ber aktuelle und zuknftige Rechtsfragen, NJW 2004, 1768; Neßler, Politische Auftragsvergabe durch den Staat? – Zur europarechtlichen Zulssigkeit politischer Kriterien bei der çffentlichen Auftragsvergabe –, DIV 2000, 145; Opitz, Die Entwicklung des EG-Vergaberechts in den Jahren 2001 und 2002 – Teil 1 – Die Rechtstatsachen und der Rechtsrahmen, NZBau 2003, 183; Rittner, Die „sozialen Belange“ i.S. der EG Kommission und das inlndische Vergaberecht, EuZW 1999, 677.

I. Grundlagen eines „Rechts der elektronischen Vergabe“ 1. Kffentliche Auftragsvergabe zwischen wettbewerbsrechtlicher Regulierung, technologischem Fortschritt und dem politischen Willen zur Verwaltungsmodernisierung a) Bedarf, Beschaffung, Regulierung

Der moderne Staat bençtigt zur Erfllung seiner vielfltigen Aufgaben eine 1 so große Zahl an Sachgtern und Dienstleistungen Dritter, dass er selbst als mchtiges Wirtschaftssubjekt in Erscheinung tritt. Das Gesamtvolumen aller Bau- und sonstigen Dienstleistungen sowie Warenlieferungen wird allein in Deutschland auf ber 250 Mrd. Euro jhrlich geschtzt. 1 Schon wegen dieser Grçßenordnung ist es der çffentlichen Hand versagt, Leistungen und Lieferungen nach Gutdnken am Markt zu beschaffen: Zum einen verfgt sie nicht ber „eigenes“ Geld, sondern treuhnderisch ber Finanzmittel, die die Brger aufgebracht haben; sie ist berdies grundrechtsverpflichtet. 2 Zum anderen fehlt den Amtswaltern – gerade deshalb – zuweilen die Motivation zum wirtschaftlichen Umgang mit diesen Geldern. In dieser Si1 Dreher, in: Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. GWB Rz. 41; Jasper/Max (in: Verga-

berecht – Beck-Texte dtv) schtzen das dem Vergaberecht unterstellte Gesamtvolumen auf ca. 10 bis 12% des Bruttoinlandprodukts, so auch Hertwig, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 3, Fn. 8. Rhnliche Zahlen bei M+ller/Ernst, NJW 2004, 1768 m.w.N.; vgl. auch Fn. 37. 2 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 7a; Hertwig, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 1.

Heckmann | 337

Kap. 9 Rz. 2

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

tuation ist die çffentliche Auftragsvergabe einer starken Reglementierung unterworfen. 3 Das Regelungswerk eines Rechts der çffentlichen Auftragsvergabe – kurz Vergaberecht – muss Anforderungen der Wirtschaftlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit gengen und dabei noch der Europisierung der Rechts- und Wirtschaftsordnung Rechnung tragen. 2 Um dem so skizzierten Grundanliegen wirtschaftlicher Vernunft gerecht zu werden, baut das Vergaberecht auf zwei Pfeilern auf: Da ist zunchst der Gedanke des Wettbewerbs, der einseitige Festlegungen, Monopole und Kartelle und damit verbundene Preisnachteile verhindern soll. 4 Er wird angereichert um das Merkmal der Fairness und Chancengleichheit: 5 Nur ein Wettbewerb unter gleichen Startbedingungen fhrt zu dem erwnschten Marktverhalten und damit wirtschaftlich ntzlichen Ergebnissen. Hinzu kommt das Prinzip der Markttransparenz. 6 Der Nachfragende muss bestmçglich ber Anbieter, Produkte und Preise informiert sein. Umgekehrt brauchen die Unternehmen Informationen ber Bedarf und Nachfrage. Ihr Interesse an umfassenden Marktinformationen ist wiederum mit den legitimen Geheimhaltungsinteressen der anderen Marktteilnehmer in Einklang zu bringen. 7 Das Vergaberecht wird somit zu einem komplexen System der Informationssteuerung. Diese Entwicklung wird durch die europarechtlich bedingte Verrechtlichung des Vergaberechts oberhalb der Schwellenwerte forciert: 8 Gemß § 97 Abs. 7 GWB wird dem Bieter nmlich ein subjektives Recht auf Einhaltung der Bestimmungen ber das Vergabeverfahren zuerkannt. 9 Dieser einklagbare Rechtsanspruch wird durch zahlreiche Informationsrechte und -pflichten flankiert. 3 Das Vergaberecht muss vor diesem Hintergrund ein Vielfaches leisten: Es muss – die Interessen des Staates als wirtschaftlich handelnder Marktteilnehmer und Vertragspartner mit allflligen staatlichen Bindungen und Pflichten ausgleichen, – Parameter fr eine wirtschaftlich vernnftige Vergabeentscheidung festlegen, ohne die notwendigen Gestaltungsspielrume aus wirtschaftspolitischen, rechtlichen und sozialen Gesichtspunkten einzuengen,

3 Auch Dreher, in: Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. Rz. 24 f. hlt den Aufbau des

deutschen Vergaberechts insbesondere fr EG-Auslnder fr kaum durchschaubar. 4 Hertwig, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 268 ff.; Niehbuhr, in: Nieh-

buhr/Kulartz/Kus/Portz, § 97 GWB Rz. 8. Boesen, § 97 GWB Rz. 30 ff. Noch, in: Byok/Jaeger, Rz. 512 ff. Dreher, in: Immenga/Mestmcker, § 111 GWB Rz. 11 ff. Fr eine Jbersicht ber die zahlreichen europischen Richtlinien vgl. nur Dreher, in Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. GWB Rz. 6 f. 9 Dreher, in: Immenga/Mestmcker, § 97 GWB Rz. 179 f.; Boesen, § 97 GWB Rz. 179. 5 6 7 8

338 | Heckmann

I. Grundlagen

Rz. 6 Kap. 9

– ein aus Grnden der Chancengleichheit und Dispositionssicherheit formenstrenges Vergabeverfahren regeln, ohne sich jeglicher Flexibilitt zur Erreichung der bergeordneten Vergabeziele zu berauben, – Transparenz und Wahrhaftigkeit des Vergabeprozesses gewhrleisten, ohne die legitimen Geheimhaltungsinteressen der Konkurrenten zu vernachlssigen, – Regelungen in den Kontext des deutschen Wirtschaftsprivat- und Wirtschaftsverwaltungsrechts stellen, ohne die Vorgaben des europischen Vergaberechts zu unterlaufen – und bei alledem auch noch hinreichend zwischen so unterschiedlichen Branchen wie der Bauwirtschaft, dem Dienstleistungssektor der Freiberufler und Warenlieferungen differenzieren. So ist in den letzten Jahren ein nationales und europisches Vergaberecht ent- 4 standen, das in seiner Komplexitt und Kompliziertheit allenfalls mit dem Dickicht des Steuerrechts vergleichbar ist. Europische Richtlinien, 10 Grundsatz-, Rahmen- und Detailregelungen im GWB, 11 weitere Konkretisierungen in der Vergabeverordnung 12 und – mit hçchster Praxisrelevanz – die Quasinormen der Verdingungsordnungen. 13 Auf sowohl vertikal als auch horizontal unterschiedlichen Normebenen mit unterschiedlicher Regelungsdichte wurde ein Regelungsnetz geflochten, das mitunter Regelungsideen doppelt und dreifach normiert, bei aller Regelungsintensitt doch erhebliche Lcken lsst und quer durch alle Wirtschaftsbereiche durch terminologische Diversifizierung Verwirrung stiftet. b) Internetbed rftigkeit und Internetfhigkeit des Vergabewesens

In dieser Situation ist es der erklrte politische Wille, die elektronische Ver- 5 gabe als eine der maßgeblichen Modellanwendungen des E-Government zeitnah zu verwirklichen. Damit stehen Staat und Verwaltung vor der großen Aufgabe, eine der komplexesten und kompliziertesten Rechtsmaterien zu digitalisieren. Dass gerade diese als Pilotprojekt ausgewhlt wurde, lsst sich nur mit der enormen Praxisrelevanz dieses Bereiches erklren. Die „Internetbedrftigkeit“ des Vergabewesens steht dabei wohl außer Frage. 6 Damit sind nicht nur, aber auch die Einsparungspotentiale angesprochen, die man sich von der elektronischen Vergabe erhofft (vgl. dazu unten Rz. 205 ff.). Iffentliche Auftragsvergabe richtet sich ihrem Wesen nach an eine unbestimmte, grçßere, weit verbreitete und rechtlich gleich zu behandelnde Ziel10 11 12 13

Siehe Fn. 8. Jberblick bei Kokott, in: Byok/Jaeger, Rz. 26 ff. Dazu Dreher, in: Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. GWB Rz. 28 f. Zu deren Rechtsnatur vgl. Dreher, in: Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. GWB Rz. 30 f.

Heckmann | 339

Kap. 9 Rz. 7

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

gruppe, die langfristig ber das Internet besser zu erreichen ist als ber herkçmmliche Publikationsorgane. Gerade was berregionale und internationale Ausschreibungen betrifft, erçffnet das Internet neue Mrkte. Es ist bezeichnend, dass die Beteiligung auslndischer Unternehmen bei Ausschreibungen oberhalb der Schwellenwerte bislang nur bei etwa 3% liegt. 14 Auch die Korrumpierbarkeit der Verfahrensbeteiligten angesichts grçßter finanzieller Verlockungen wirft die Frage auf, ob der Mensch als grçßte Schwachstelle im Vergabesystem nicht partiell durch unbestechliche elektronische Systeme ersetzt werden sollte (vgl. dazu unten Rz. 200 f.). Schließlich kçnnten die immer weniger durchschaubaren Anforderungen an eine korrekte Vergabeentscheidung eine von Experten geschaffene Entscheidungsmatrix im Sinne eines antizipierten Verfahrens notwendig machen; dies gilt zumindest solange man Wert auf Qualitt in der Rechtsanwendung legt. 7 Ebenso lsst sich aber auch die „Internetfhigkeit“ des Vergabewesens begrnden. Das Vergaberecht regelt ein komplexes System der Informationssteuerung zwischen Auftraggeber und Bieter, Informationen lassen sich unproblematisch digitalisieren und internetbasierte Plattformen kçnnen dann zu einer effizienten und innovativen Informationsallokation und -distribution beitragen. Jberhaupt gelingt die Programmierung umso eher, je formaler und strenger ein rechtliches Verfahren abluft. Außerdem handelt es sich um einen in konkrete Stadien unterteilten Entscheidungsprozess, 15 in dem Information und Kommunikation eine erhebliche Rolle spielen. Selbst fr einzelne Prozessgrundstze wie etwa dem der strikten Geheimhaltung von Angeboten vor der Submission 16 halten heutige Softwarelçsungen nicht nur adquate Lçsungen bereit: Sie versprechen nicht ohne Grund sogar die Vermeidung bisheriger Schwachstellen. Drngt sich die Einbeziehung der elektronischen Vergabe in die Agenda staatlicher E-Government-Offensiven geradezu auf, stellt sich aber die Frage ihrer rechtssicheren und praxisgerechten Realisierung. Nach Wortlaut und technischem Hintergrund der wenigen Regelungen zum elektronischen Vergabeverfahren sind mehrere Mçglichkeiten erçffnet, die çffentliche Auftragsvergabe mit elektronischen Elementen zu versehen oder gar zu substituieren. Derzeit favorisieren die IT-Industrie und jene çffentlichen Auftraggeber, die E-Vergabe erproben, die Implementierung kompletter webbasierter Vergabeplattformlçsungen. Damit gehen sie weit ber die Zulassung elektronisch signierter Gebote hinaus. Dies erscheint vernnftig. 8 Softwarelçsungen, die sich lediglich auf einzelne Aspekte des Vergabeverfahrens wie der Angebotsabgabe beschrnken, wrden damit nur das derzeitige gesetzgeberische Stckwerk widerspiegeln. Elektronische Plattformlçsungen kçnnen demgegenber einen nachhaltigen Mehrwert erzielen. Ein solcher liegt bei reinen Ausschreibungsplattformen immerhin darin, dass 14 Dreher, in: Immenga/Mestmcker, vor §§ 97 ff. GWB Rz. 46. 15 Zum Verfahrensablauf vgl. Hertwig, Praxis der çffentlichen Auftragsvergabe,

Rz. 64 ff. 16 Kratzenberg, in: Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar § 22 Nr. 8 VOB/A Rz. 45 ff.

340 | Heckmann

I. Grundlagen

Rz. 11 Kap. 9

sie es dem Bieter ermçglichen sehr schnell und gezielt passende Ausschreibungen zu selektieren. 17 Vergabeplattformen dagegen untersttzen Auftraggeber und Bieter bei der Abwicklung des gesamten Vergabeverfahrens. Wnschenswert schließlich sind integrierte webbasierte Vergabemanagementsysteme, die eine homogene durchgngige Vergabeabwicklung, von der Ausschreibungsvorbereitung bis zum Vergabecontrolling ermçglichen. c) Elektronische Beschaffung als Teil staatlicher und privater E-Government-Strategien

Seit den Anfngen um die Diskussion einer digitalisierten Verwaltung wurde 9 den Fragen der elektronischen Vergabe auf allen nur denkbaren nationalen und internationalen Ebenen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. So hat bereits die Welthandelsorganisation (WTO) in ihrem am 15.4.1994 in 10 Marrakesch unterzeichneten und am 1.1.1996 in Kraft getretenen Government Procurement Agreement (GPA) 18 die Bedeutung des informationstechnologischen Fortschritts erkannt und in den Schlussbestimmungen des Jbereinkommens Regelungen vorgesehen, die das Vergabeverfahren fr den Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten çffnen sollen. 19 In der Folge sahen auch die Empfehlungen der sog. „Bangemann-Gruppe“ fr 11 ein Europa in der globalen Informationsgesellschaft aus dem Jahre 1994 20 in der Digitalisierung des çffentlichen Beschaffungswesens ein wesentliches Pilotprojekt im Hinblick auf eine effizientere Gestaltung der gesamten çffentlichen Verwaltung und forderten den Aufbau eines „europischen elektronischen Ausschreibungsnetzes“. Whrend der „Bangemann-Bericht“ in seinen Zielvorgaben jedoch noch einen Zeithorizont von zwei bis drei Jahren anpeilte, um bereits bei etwa 10% der auftraggebenden Behçrden elektro17 Insoweit erscheint aber klrungsbedrftig, inwieweit entgeltpflichtige Ausschrei-

bungsportale und die damit verbundene – unter Umstnden sehr weitgehende – Kommerzialisierung der Informationssteuerung mit geltendem Vergaberecht vereinbar ist. 18 ABl. EG 1996 Nr. C 256, S. 2 ff.; Vgl. hierzu sehr instruktiv Kunnert, WTO-Vergaberecht. 19 Vgl. hierzu Art. XXIV Ziffer 8 GPA: Es soll sichergestellt werden, „dass das Jbereinkommen kein unnçtiges Hemmnis fr den technischen Fortschritt bildet.“ Weiterhin soll sichergestellt werden, „dass durch den Einsatz der Informationstechnologie die Erreichung der Ziele eines offenen, nichtdiskriminierenden und wirksamen çffentlichen Beschaffungswesens durch transparente Verfahren gefçrdert wird, dass unter das Jbereinkommen fallende Auftrge eindeutig identifiziert werden und dass alle verfgbaren Informationen ber einen bestimmten Auftrag ermittelt werden kçnnen.“; im Gegensatz dazu enthlt das GPA selbst keine Regelungen zur digitalen Angebotsabgabe, sondern geht in Art. XIII vom Grundsatz der Schriftlichkeit der Angebotsabgabe aus, vgl. Mosbacher, DIV 2001, 573 (574). 20 Europ)ische Kommission, Europa und die globale Informationsgesellschaft – Empfehlungen der „Bangemann-Gruppe“, 1994.

Heckmann | 341

Kap. 9 Rz. 12

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

nische Verfahren fr Beschaffungszwecke einzusetzen, bedurfte es immerhin fast eines ganzen weiteren Jahrzehnts bis die Ersten „virtuellen Beschaffungsprojekte“ – wenn auch nur in Form von Wettbewerbs- und Demonstrationsversionen – real werden konnten. 21 12 Heute kommt kaum eine von staatlichen Trgern ausgehende MultimediaInitiative ohne die explizite Fçrderung von Teilprojekten aus, die das çffentliche Beschaffungswesen betreffen. So ist das Projekt „E-Vergabe – Kffentlicher Eink@uf online“ 22 eines von insgesamt 16 ursprnglichen Modellprojekten der E-Government-Initiative der Bundesregierung „BundOnline 2005“, 23 mit der sich die Bundesregierung nach einer Konsolidierung verpflichtet mittlerweile insgesamt 451 internetfhige Dienstleistungen der Bundesverwaltung online anzubieten. 24 Im Rahmen dieses Modellprojektes wurde am 3.5.2002 erstmals der Versuch unternommen fr das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (BMI) 50 persçnliche Organizer elektronisch zu beschaffen. 25 Derzeit wird die Vergabeplattform von mittlerweile neun Bundesbehçrden eingesetzt und es wurden bereits 225 Ausschreibungen elektronisch durchgefhrt (Stand Januar 2004). 26 13 Auch im Bereich der Landesverwaltungen wurden die Zeichen der Zeit erkannt. So hat z.B. Bayern bereits im Jahr 1998 einen ersten Pilotversuch zur Online-Beschaffung von Tonern fr die Kopiergerte seiner Landesbehçrden gestartet. Ein zweites digitales Beschaffungsprojekt im Bereich des Innen-, Finanz- und Landwirtschaftsministeriums folgte im Februar 2000. Aufgrund der hierdurch gemachten positiven Erfahrungen mit der digitalen Beschaffung hat Bayern die Vergabeplattform www.vergabe.bayern.de 27 freigeschaltet und wickelt mit ihr VOB-Bauauftrge der bayerischen Hochbauverwaltung seit August 2003 elektronisch ab. Sukzessive sollen alle staatlichen 21 Ein Aktionsplan der Generaldirektion Binnenmarkt der Europischen Kommis-

22

23 24

25 26 27

sion zum Iffentlichen Auftragswesen aus dem Jahr 1998 hatte immer noch das Ziel bis zum Jahr 2003 25% der gesamten Auftragsvergabe elektronisch abzuwickeln; fr weitere Informationen vgl. http://europa.eu.int/comm/internal_market/publicprocurement/index_de.htm. Weitere Informationen zu diesem Teilprojekt der E-Government-Initiative des Bundes siehe unter http://www.e-vergabe.info/clearingcenter/content2003/home/index.php. Ausfhrliche Informationen zur E-Government-Initiative des Bundes unter http://www.bund.de/BundOnline-2005-.6164.htm. Gemß dem 3. Umsetzungsplan der E-Government-Initiative (siehe unter http:// www.bund.de/Anlage118185/pdf_datei.pdf) wurde das ursprngliche Portfolio der Initiative (376 Dienstleistungen aus dem Jahre 2001) konsolidiert. Dennoch sollen die ursprnglich bestimmten Dienstleistungen tatschlich bis Ende 2005 umgesetzt werden. Zu aktuellen Ausschreibungen vgl. http://www.e-vergabe.bund.de/. Vgl. zu den Zahlen den 3. Umsetzungsplan der E-Government-Initiative, http:// www.bund.de/Anlage118185/pdf_datei.pdf. „Bayern setzt auf elektronische Beschaffung“, vgl. http://www.leggewie.de/egovernment/weitere/bayern.shtml.

342 | Heckmann

I. Grundlagen

Rz. 15 Kap. 9

Baumter an das System angeschlossen werden, welches darber hinaus im Rahmen des E-Government-Paktes der Bayerischen Staatsregierung 28 auch den Kommunen offen steht. Rhnliche Entwicklungen gibt es derzeit in nahezu allen Bundeslndern, so etwa in Sachsen 29 oder in Stadtstaaten wie Hamburg, wo seit dem 29.1.2003 eine E-Vergabe-Fachanwendung im Bereich der Finanzbehçrde eingesetzt wird. 30 Eine weitere Multimedia-Initiative der Bundesregierung namens „Media@ 14 Komm“ 31 zielt auf eine verstrkte Entwicklung und Anwendung von Multimedia im Bereich der Kommunen. Hierzu wurde im Jahr 1998 ein entsprechender Stdtewettbewerb durchgefhrt, an dem sich insgesamt 136 Stdte und Gemeinden mit jeweils eigenen Projektvorschlgen beteiligt haben. Die ein Jahr spter von einer Jury ausgewhlten Preistrger Bremen, Esslingen und Nrnberg 32 versuchen seitdem einzelne internetfhige kommunale Dienstleistungen umzustellen. In diesem Zusammenhang bietet die Stadt Bremen auch ein Testportal zur elektronischen Beschaffung an. 33 Aber auch jenseits dieser vor allem politisch motivierten Initiativen sind einzelne çffentliche Auftraggeber aus eigener Initiative dazu bergegangen ihr Beschaffungswesen zu digitalisieren. 34 Unter dem Stichwort „Virtuelles Rathaus“ existieren im kommunalen Bereich seit geraumer Zeit zahlreiche Aktivitten, die jedoch von unterschiedlichster Qualitt sind. Die Bandbreite der Onlineangebote geht von der einfachsten Downloadmçglichkeit herkçmmlicher Formulare bis hin zu interaktiven, medienbruchfreien komplexen Verwaltungsverfahren. Zahlreiche private Unternehmen versuchen mit Onlineportalen und Daten- 15 banken sowie fr die Verwaltung maßgeschneiderter Software diesen Markt zu erschließen. 35 28 Der Freistaat Bayern hat am 15.7.2002 mit den kommunalen Spitzenverbnden

29 30 31 32 33 34

35

eine Vereinbarung ber die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des E-Government geschlossen (sog. E-Government-Pakt). Darin bekunden Staatsregierung und kommunale Spitzenverbnde ihre Bereitschaft, intensiv am Aufbau elektronischer Verwaltungsttigkeit mitzuwirken. Siehe auch http://www.vergabe-abc.de/index_1503.htm. Sieheunterhttp://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/finanzbehoerde/ausschreibungen/start.html; weitere Nachweise bei M+ller/Ernst, NJW 2004, 1768. Informationen unter http://www.mediakomm.net/index.phtml. Die jeweiligen Stdteportale finden sich unter http://www.bremen.de; http:// www.esslingen.de; http://www.nuernberg.de. Weitere Informationen unter http://www.bremen.de/onlinedienste.html. So z.B. die Stadt Dsseldorf (http://www.duesseldorf.de/ausschreibung/index.shtml), ebenso die Stadt Lçrrach, die in Zusammenarbeit mit einem regionalen IT-Dienstleister eine eigene Beschaffungsplattform entwickelt hat (http://www.loerrach.de). Einige Beispiele wren: Administration Intelligence AG (http://www.ai-ag.de); http://www.eds.de; http://www.healy-hudson.de; CSC Ploenzke (http://de.country.csc.com/de/mcs/mcs97/732.shtml).

Heckmann | 343

Kap. 9 Rz. 16

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

In diesem Zusammenhang gibt es kaum seriçse Schtzungen ber die Umstze auf dem E-Government-Markt: Aber allein die 1,65 Mrd. Euro schwere E-Government-Initiative der Bundesregierung „Bund Online 2005“ macht deutlich, dass es sich bei der Vielzahl der Staaten und internationalen Organisationen, sowie den Landes- und Kommunalverwaltungen aus der Sicht der IT-Entwickler und -Dienstleister um einen gigantischen Markt handelt. In diesem Zusammenhang kommt dann der IT-Vergabe auch noch eine ganz besondere Bedeutung zu: Als Schnittstelle zwischen den staatlichen Behçrden als Auftraggebern und den Unternehmen als Auftragnehmern spielt die E-Vergabe sowohl fr die Entwicklung des E-Government, als auch des E-Commerce eine bedeutende Rolle. d) Erwartungshaltung hinsichtlich elektronischer Vergabeverfahren

16 Diese Fokussierung nahezu aller E-Government-Aktivitten auf das çffentliche Beschaffungswesen hat mehrere Grnde: 36 Zum einen stellen die vom Vergaberecht erfassten Auftraggeber mit einem geschtzten Gesamtvolumen von ca. 250 Milliarden Euro jhrlich allein in Deutschland eine gigantische Nachfrage an Waren und Dienstleistungen dar. 37 Besonders der europische Gesetzgeber sieht hier im Bereich der çffentlichen Mrkte einen Nachholbedarf, was die Verwirklichung des Binnenmarktes betrifft. 38 Der Anteil 36 Vgl. auch die Aufzhlung der Ziele der E-Vergabe bei M+ller/Ernst, NJW 2004, 1768. 37 Hierbei handelt es sich grçßtenteils um Schtzungen, da differenzierte Vergabesta-

tistiken bisher fehlen. Nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 1995 betrgt das Vergabevolumen von Bund, Lndern und Kommunen ca. 190 Mrd. DM, das der sonstigen çffentlichen Unternehmen 120 Mrd. DM und das der Sektorenauftraggeber weitere 100 Mrd. DM. Hinzuzurechnen sind noch die Beschaffungen von Krankenhusern und Sozialversicherungen in Hçhe von ca. 60 Mrd. DM; vgl. Statistisches Bundesamt, Size and Structure of the German Public Procurement Market in 1995 – Empirical Survey vom 25.8.1999; Dreher, in Immenga/ Mestmcker, vor §§ 97 GWB Rz. 41 f.; neuere Schtzungen gehen von einem Vergabevolumen von Bund, Lndern und Kommunen in Hçhe von 250 Mrd. Euro aus, vgl. Wegweiser-Studie, Iffentliches Auftragswesen 2004/2005, S. 5, http://www. wegweiser.de/_pdf/studie_oeff_auf.pdf; nach Angaben der Europische Kommission belief sich das europaweite Vergabevolumen im Jahr 1996 auf 720 Mrd. ECU, was 11% des Bruttoinlandsprodukts der Gemeinschaft entspricht, vgl. http://europa.eu.int/ scadplus/leg/de/lvb/l22001.htm. 38 Vgl. bereits das Grnbuch der Europ)ischen Kommission von 1996: Das çffentliche Auftragswesen in der Europischen Union: Jberlegungen fr die Zukunft, KOM (96) 583: „Die Hauptziele der Unionspolitik im Bereich des çffentlichen Auftragswesens sind die Schaffung der erforderlichen Wettbewerbsbedingungen, damit çffentliche Auftrge ohne Diskriminierung vergeben werden, die rationelle Verwendung çffentlicher Mittel durch die Wahl des besten Angebots, der Zugang von Unternehmen zu einem gemeinsamen europischen Markt und die Strkung der Wettbewerbsfhigkeit der europischen Unternehmen“. Auch heute noch ist die Kommission der Ansicht, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen im Bereich des çffentlichen Auftragswesens zu wnschen brig lassen, vgl. http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/lvb/l22001.htm a.E.

344 | Heckmann

I. Grundlagen

Rz. 18 Kap. 9

grenzberschreitender Vergaben wird innerhalb der Mitgliedsstaaten lediglich zwischen 1 und 3% geschtzt. 39 Trotz der zwingenden europaweiten Ausschreibungen oberhalb bestimmter Schwellenwerte wird der weitaus grçßte Teil çffentlicher Auftrge innerhalb nationaler Grenzen abgewickelt. Hier verspricht sich der europische Gesetzgeber durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten eine Trendwende und hat sich mit ehrgeizigen Richtlinienpaketen 40 zum Motor einer Digitalisierung des Vergabewesens in ganz Europa entwickelt. Die çffentlichen Auftraggeber selbst sind dagegen in Zeiten knapper Kassen 17 besonders auf einen sparsamen Umgang mit çffentlichen Haushaltsmitteln angewiesen. In diesem Zusammenhang verspricht man sich durch den Einsatz elektronischer Verfahren vor allem bei çffentlichen Ausschreibungen einen grçßeren Wettbewerb, die der çffentlichen Verwaltung dann durch Kosteneinsparungen zugute kommen. 41 Schtzungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gehen dahin, dass nahezu 50% des gesamten Beschaffungsvolumens der çffentlichen Hand ber das Internet abgewickelt werden kçnnten. 42 Aus der Sicht der Anbieter schließlich gilt es sich die çffentlichen Mrkte 18 effizient fr den Absatz der eigenen Waren und Dienstleistungen zu erschließen. Hierbei verspricht der Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten vor allem eine grçßere Transparenz. Bereits der Bangemann-Bericht hebt besonders den Nutzen der elektronischen Vergabe fr kleine und mittelstndische Unternehmen hervor, die so ohne grçßere Schwierigkeiten die Mçglichkeit erhalten, sich europaweit an çffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. 43 39 Hierbei ist jedoch zu bercksichtigen, dass ein großer Teil des Auftragsvolumens

40

41

42 43

durch Importeure und Niederlassungen auslndischer Unternehmen in den Mitgliedsstaaten abgedeckt wird, Dreher, in: Immenga/Mestmcker, §§ 97 GWB Rz. 47. Vgl. zuletzt die RL 2004/18/EG ber die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe çffentlicher Bauauftrge, Lieferauftrge und Dienstleistungsauftrge vom 31.3.2004, ABl. EG 2004 Nr. L 134/114. Bayern hat bei seinen beiden Pilotprojekten eine Reduktion der Einkaufskosten von 26% und der Prozess- und Transaktionskosten von ca. 80% realisieren kçnnen; in dieselbe Richtung gehen die Einschtzungen des Bangemann-Berichts; nach einer Studie der Unternehmensberatung Booz Allen & Hamilton liegt das Einsparpotential im Durchschnitt bei 10 bis 15% (entsprechend einer Meldung des Handelsblattes v. 6.12.2001: „Mittelstndler sollten zweigleisig fahren“); nach einer vom BMWA in Auftrag gegebenen Studie der Universitt Witten-Herdecke belaufen sich die Einsparpotentiale auf bis zu 75%, vgl. die Mitteilung unter http://www.handwerk.de/servlet/ContentServer?pagename=portal/RenderPage&pageid=1032359856592&docid=1032359859314. „Die Beschaffung per Web spart Geld und Zeit“, Financial Times Deutschland v. 29.12.2000. Europ)ische Kommission, Europa und die globale Informationsgesellschaft – Empfehlungen der „Bangemann-Gruppe“, 1994.

Heckmann | 345

Kap. 9 Rz. 19

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

2. Elektronische Vergabe und Digitalisierung des Vergabewesens: Hinweise zur Begrifflichkeit a) Abgrenzungen

19 Unter Digitalisierung des Vergaberechts ist jedweder Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik im Rahmen des Ablaufs der Vergabe çffentlicher Auftrge zu verstehen. Der Begriff ist bewusst sehr weit gewhlt, um bereits die ersten Anfnge elektronischer Kommunikation mit zu erfassen. Eine vollstndige Digitalisierung des Vergabeverfahrens ist erst in einigen Jahren zu erwarten. Gesetzliche Anknpfungspunkte hierfr finden sich in der, oberhalb der Schwellenwerte subsidiren, 44 Generalklausel des § 15 VgV, sowie in einigen Punkten der Neufassung der Verdingungsordnungen. 20 Im Bereich der elektronischen Vergabe finden sich neu gewhlte Begrifflichkeiten und alte, aus anderen Gebieten entliehene Begriffe wieder. – Elektronische Beschaffung: 21 Dieser Begriff umfasst die Abwicklung der gesamten Bedarfsdeckung eines çffentlichen Auftraggebers unter Nutzung neuer Informationstechnologie. Dabei wird der gesamte Vorgang von der Bedarfsanalyse ber den Vertragsabschluss bis hin zur Kontrolle des Leistungsaustausches erfasst. 45 Es handelt sich daher um den am weitesten gefassten Begriff, der nicht nur das gesetzlich festgelegte çffentliche Vergabeverfahren, sondern auch privatrechtliche Elemente und rein verwaltungsinterne Vorgnge erfasst. – Elektronische Vergabe: 22 Die elektronische Vergabe ist daher als Teilbereich der elektronischen Beschaffung zu verstehen. Sie betrifft nur die elektronische Abwicklung des eigentlichen Vergabeverfahrens von der Ausschreibung bis zum Zuschlag mit Hilfe des Einsatzes von IuK-Technik. 46 Hier handelt es sich also um den mittlerweile zumindest oberhalb der Schwellenwerte eindeutig çffentlichrechtlichen und gesetzlich genau festgelegten Teil des Vergaberechts. – E-Procurement: 23 E-Procurement wurde bisher nur fr die elektronische Warenbeschaffung im rein betriebswirtschaftlichen Bereich zwischen Privaten verwendet. 47 Hier recherchieren die Nachfrager mit Hilfe der IuK-Technik am Markt 44 45 46 47

Mosbacher, DIV 2001, 573 (574). Boesen, Vergabe News 2001, 57. Boesen, Vergabe News 2001, 57. Neubauer, Information Week, Ausgabe 16 vom 26.7.2001, http://www.informationweek.de/index.php3?/channels/channel01/011616.htm; Information Week, Ausgabe 14 vom 2.6.2000, http://www.informationweek.de/index.php3?/channels/ channel01/001440a.htm; Information Week, Ausgabe 10 vom 6.4.2000, http:// www.informationweek.de/index.php3?/channels/channel08/001066b.htm.

346 | Heckmann

Rz. 25 Kap. 9

I. Grundlagen

und nehmen auf diesem Wege aktiv Kontakt mit Anbietern auf. 48 Dies entspricht nicht ganz der Situation der çffentlich-rechtlichen Vergabe, da die aktiven Recherchemçglichkeiten der Auftraggeber (je nach Verfahren) stark beschrnkt sind und nach einer Ausschreibung der Auftraggeber in den meisten Fllen zunchst die Bieter durch die Angebotsabgabe aktiv werden. Dieser Begriff wird mittlerweile auch im Rahmen des virtuellen Marktplatzes Bayern verwendet 49 und kçnnte dort aufgrund der strategischen Bedeutung dieser Internetseite unter Umstnden den Begriff der elektronischen Vergabe ablçsen. – E-Tendering: Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen bisher hauptschlich fr die Pri- 24 vatwirtschaft gebruchlichen Begriff, 50 der teilweise auch schon in die E-Vergabe Einzug gefunden hat. 51 Charakteristisch ist hier, dass die Nachfrager ihren Bedarf mittels IuK-Technik verçffentlichen und auf Angebote von Anbietern warten. 52 Dies entspricht zwar der klassischen Situation der çffentlichen Vergabe. Trotzdem muss sich diese Begrifflichkeit aber nicht zwingend durchsetzen, da der Begriff E-Vergabe treffender ist, auch wenn es sich um keinen Anglizismus handelt. 53 b) Querverbindungen der elektronischen Vergabe aa) im Wechselspiel zwischen E-Government und E-Commerce

Auch wenn eine einheitliche Definition des Begriffs E-Government noch 25 nicht gefunden ist, 54 kann nur eine mçglichst weite Definition den tatschlichen Mçglichkeiten gerecht werden. Eine rein auf die technologische oder die Beschaffungsseite reduzierte Begriffseinengung wird dem nicht gerecht. 55 E-Government umfasst die Durchfhrung von Prozessen der çffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in Po48 Husemann, Geschftsmodelle im E-Business, 2002 http://wwwdbis.informa-

tik.uni-kl.de/courses/seminar/WS0102/ausarbeitung4.pdf. 49 Vom Virtuellen Marktplatz Bayern ist der Begriff indes wieder verschwunden, vgl.

http://www.baynet.de/CDA_VMB_PL_Portal/1,3565„00.html. 50 Vgl. http://www.e-tendering.com/en/Logon.asp oder http://www.mtl.net.in/

51

52 53 54 55

aboutTender.asp (dort wird von Web Enabled Tendering gesprochen). Vgl. aber auch die Behçrdenseite unter https://tenders.nsw.gov.au/nsw/index.shtml. Siehe die englische Version des Aktionsprogramms der Bundesregierung Innovation und Arbeitspltze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts Kap. II.6:http://www.iid.de/aktionen/aktionsprogramm/fortschritt/english/kapitel2_6.html. Husemann, Geschftsmodelle im E-Bussiness, 2002, http://wwwdbis.informatik.uni-kl.de/courses/seminar/WS0102/ausarbeitung4.pdf. Die am umfassendsten verlinkte Plattform zu diesem Thema findet sich immer noch unter http://www.e-vergabe.info/. Jansen/Priddat, Electronic Government, S. 89. Jansen/Priddat, Electronic Government, S. 90; Heckmann, K&R 2003, 425.

Heckmann | 347

Kap. 9 Rz. 26

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

litik, Staat und Verwaltung unter sehr intensiver Nutzung der Informationstechnik. 56 Die elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge ist daher als Prozess der Entscheidung und Leistungserstellung in der Verwaltung Teil des E-Government. Sie wurde, wie bereits oben erçrtert, in die wichtigsten E-Government-Initiativen einbezogen. 57 Teilweise wurde der Begriff E-Government sogar wesentlich ausgehend von der Beschaffungsseite her definiert. 58 Der Begriff des E-Commerce ist ebenfalls sehr weit zu fassen. Es ist darunter jede Art wirtschaftlicher Ttigkeit auf der Basis elektronischer Verbindungen zu verstehen, also der elektronische Handel mit Gtern und Dienstleistungen. 59 Die elektronische Vergabe ist Teil des E-Commerce insofern als hier auf elektronischem Wege ein Kaufvertrag zwischen dem Staat als Kunden und dem Unternehmen abgeschlossen wird. 60 Die elektronische Vergabe ist daher als Schnittmenge zu verstehen, die Merkmale beider Bereiche enthlt. Dies ist dadurch begrndet, dass der Staat vom Grundsatz her als einfacher Marktteilnehmer und Einkufer handelt (Bezug zum E-Commerce) und nur aufgrund der Sonderstellung des Staates Reglementierungen (Bezug zum E-Government) zur Verhinderung von Marktstçrungen nçtig wurden. bb) im Wechselspiel zwischen E-Business und E-Learning

26 E-Learning wird in einem weiten Verstndnis als der Einsatz von IuK-Techniken in Lernprozessen definiert. 61 Der Begriff des E-Business ist weiter gefasst als der des E-Commerce und umfasst auch unternehmensinterne Prozesse. 62 Des Weiteren wird auch das gesamte E-Government teilweise in

56 Diese Definition wurde in dem Memorandum „Electronic Government“ des Fach-

57

58

59

60 61 62

ausschusses fr Verwaltungsinformatik der Gesellschaft fr Informatik e.V. und des Fachbereiches 1 der Informationstechnischen Gesellschaft entwickelt. Nachweis bei Jansen/Priddat, Electronic Government, S. 90. Die E-Vergabe wird nach allgemeiner Ansicht von Anfang an als Teil des E-Government angesehen. Sie war eines der ersten Projekte von Bund-Online 2005. Siehe dazu auch: Boesen, Vergabe News 2001, 57 (58). Teilweise wird E-Government in E-Policy und partizipierendes E-Government aufgespalten, wobei unter letzteren Begriff auch das Beschaffungswesen fllt, vgl. http://glossar.iwv.ch/content.asp?id=19&sprache=de. So auch das Regionalzentrum fr Electronic Commerce Anwendungen Osnabrck: http://wub118.wiso.uni-goettingen.de/recogl/suche.php?begriff=E; vgl. auch die Definition unter http://www.net-lexikon.de/E-Commerce.html. Siehe auch Boesen, Vergabe News 2001, 58. Siehe auch Hofmann, Synchrones Online-Lehren ... wie Sie den virtuellen Raum meistern, S. 7. Boesen, Vergabe News 2001, 58.

348 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 27 Kap. 9

den Begriff E-Business mit einbezogen. 63 Der Begriff des E-Business umfasst daher alle Ausprgungen der E-Vergabe vollstndig. E-Learning ist die Basis aller Internetaktivitten. Die Ausbildung der Benutzer im Bereich der IuK-Technik ist ohne Einsatz der IuK-Technik im Rahmen des Lernvorganges undenkbar und auch Voraussetzung fr deren Einsatz in allen anderen Bereichen. Nur mit einer mediendidaktisch aufbereiteten Darstellung im Rahmen der Funktionen einer E-Vergabe-Plattform ist eine Vermittlung des notwendigen Anwendungswissens mçglich. E-Learning hat fr das Thema E-Business sowohl auf der Unternehmens- als auch auf der Kundenseite essentielle Bedeutung und ist damit auch Voraussetzung fr die E-Vergabe. Gleichzeitig stellt sich aber auch aufgrund des Einsatzes der E-Vergabe ein genau umgekehrter Effekt ein. Wenn die entsprechenden Internettools fr eine E-Vergabe vorhanden sind, erzeugt dies einen faktischen Druck auf die an der çffentlichen Vergabe Beteiligten, diese auch zu benutzen und sich das nçtige Wissen anzueignen. Es wird Aufgabe der Softwareentwicklung sein, durch in Internet-Plattformen integrierte Lerntools deren Benutzung zumindest auf Wunsch zu erleichtern und somit selbsterklrende Kommunikationsdienste zu schaffen.

II. Maßstbe der Vergaberechtskonformitt einer „E-VergabeSoftware“ (am Beispiel der VOL/A) 1. Anlass und Bewertungsmodell Nachdem der Gesetzgeber sowohl auf nationaler als auch auf europischer 27 Ebene die Weichen fr ein webbasiertes (teil-)elektronisches Vergabeverfahren gestellt hat und auch diesbezgliche politische Impulse gesetzt werden (z.B. BundOnline 2005), gehen immer mehr Behçrden auf Bundes- und Landesebene dazu ber, entsprechende Software bei der Durchfhrung ihrer çffentlichen Auftragsvergabe einzusetzen. Nicht wenige Unternehmen der IT-Branche bieten inzwischen solche Softwarelçsungen an, z.B. in Weiterentwicklung ihrer privatwirtschaftlichen E-Procurement-Anwendungen. Obwohl in diesem Zusammenhang nicht unbetrchtliche Investitionen sowohl auf Seiten des Staates als auch auf Seiten der Industrie vorgenommen werden, gibt es erstaunlicherweise bislang kein einziges Instrument zur Qualittssicherung der rechtlichen Anforderungen, besonders im Hinblick auf das komplexe und durchaus komplizierte nationale und europische Vergaberecht. Die Softwarelçsungen und ihre Implementierung in das behçrdliche 63 Zimmermann,

E-Government, http://www.www-kurs.de/e-government.htm

(Stand 2002).

Heckmann | 349

Kap. 9 Rz. 28

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Verfahren bewegen sich vielmehr in einer rechtlichen Grauzone. Nun hat der Wechsel vom konventionellen Vergabeverfahren zu (Teilelementen) einer elektronischen Vergabe – nicht zuletzt wegen der ußerst lckenhaften Regelung in den vergaberechtlichen Vorschriften – durchaus Experimentiercharakter und mag es der jeweils die Softwarelçsungen einsetzenden Behçrde berlassen bleiben, die Vergaberechtskonformitt durch Gestaltung des Vergabeverfahrens im Einzelfall herzustellen. Empfehlenswert ist dies jedoch nicht. Vielmehr bietet es sich an, die Softwarelçsungen fr eine elektronische Vergabe nach Maßgabe neu zu entwickelnder Checklisten daraufhin zu berprfen, ob sie zum einen den expliziten Anforderungen des Rechts der elektronischen Vergabe Rechnung tragen, zum anderen ihr VerfahrensWorkflow nicht durch Fehlprogrammierung die vergaberechtskonforme Informationsverarbeitung durch die Behçrde erschwert oder verhindert. 28 Dabei ist allerdings eine Einschrnkung zu beachten: Wenn man eine Verwaltungsfachanwendung fr elektronische Vergabe auf seine „VOL/A-Konformitt“ untersucht, dann kann man die Bewertung nicht einfach an der Frage ausrichten, ob die Hersteller dieser Software alle vergaberechtlichen Vorschriften eingehalten haben. Dies wre schon deshalb der falsche Ansatz, weil sich das vergaberechtliche Regelungswerk und mit ihm auch die VOL/A im Wesentlichen an die çffentlichen Auftraggeber richtet und diese zur Einhaltung bestimmter Verfahrensvorschriften und materiellen Inhalte verpflichtet. An dieser Adressierung vergaberechtlicher Anforderungen ndert sich nichts durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie (siehe nher unten Rz. 36 ff.). Die Verantwortung fr ein vergaberechtskonformes Verfahren liegt bei der Behçrde. Etwas anderes kçnnte allenfalls dann gelten, wenn erstens das Vergabeverfahren durchgehend automatisiert wre und zweitens der Gesetzgeber die Abwlzung der Verfahrensherrschaft von den Verwaltungsfachleuten auf die Techniker anordnen oder zumindest tolerieren wrde. Beides ist derzeit nicht der Fall und in diesem Ausmaß auch zuknftig nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Es ist vielmehr so, dass durch eine Verwaltungsfachanwendung Prozesse in einer Weise untersttzt werden, die weitgehend dem bisherigen Verwaltungsverfahren nachgebildet sind. Allerdings wird die Durchfhrung vielfach komfortabler, weil zahlreiche features und tools der Software (Rechenprogramme, Editoren, Archiv- und Erinnerungsfunktionen, Plausibilisierung usw.) Zeit und Ressourcen einsparen helfen und dabei die Behçrde auch zum gesetzmßigen Ttigwerden anhalten. Der çffentliche Auftraggeber soll sich rechtskonform verhalten und wird dies auch regelmßig tun; Rechtsverstçße verhindern (wenn dass der Sachbearbeiter unbedingt wollte) kann das Programm aber nur in sehr geringem Maße. In diesem Fall erleichtert aber die Dokumentation und Protokollierung der Software Rechtskontrolle und Rechtsschutz. 29 Das alles bedeutet allerdings nicht, dass ein Unternehmen, das Verwaltungsfachanwendungen programmiert und zu Zwecken der Vereinfachung und Optimierung von Geschftsprozessen der çffentlichen Verwaltung anbie350 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 33 Kap. 9

tet, sich alleine an technischen Regeln und Marktanforderungen orientieren msste. Vielmehr mssen in dem Maße, in dem die Softwarelçsung in den behçrdlichen Verwaltungsvorgang implementiert wird, auch die jeweiligen (vergabe-)rechtlichen Anforderungen in den Blick genommen werden. Fr diese rechtliche Verantwortung mssen aber folgende Stufen unterschieden werden: Bewertungsmodell „Rechtliche und technische Qualitt einer E-Vergabe-Applikation“

30

Fr den Fall, dass eine Behçrde die Software in vollem Umfang einsetzt und von ihr in einer der Produktbeschreibung und Anwendungsschulung entsprechenden Weise Gebrauch macht, mssen folgende Feststellungen zutreffen, damit Rechtssicherheit und technisch-organisatorische Qualitt gewhrleistet sind: (1) Es werden durch das Programm keine Verfahrensschritte ausgelçst oder durchgefhrt, die gegen zwingendes Vergaberecht verstoßen. (2) Es werden dem Sachbearbeiter keine Verfahrensschritte angeboten oder vorenthalten, die eine vergaberechtskonforme Entscheidung erschweren oder unmçglich machen. (3) Es werden dem Sachbearbeiter Werkzeuge an die Hand gegeben, die eine Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften erleichtern. (4) Die „Arbeitsteilung“ zwischen aktiver Vorgangsbearbeitung durch den Sachbearbeiter und edv-technischen Programmschritten dient der weiteren Optimierung zu einem effektiven Vergabeverfahren. Diese vier Feststellungen bringen die Qualittsanforderungen an ein tech- 31 nisch untersttztes Verwaltungsverfahren (es geht um Rechtssicherheit und Verfahrenskomfort) stufenweise zum Ausdruck: Feststellung (1) betrifft alleine die Rechtssicherheit. Hier geht es um Pro- 32 grammschritte, die der Sachbearbeiter nicht beeinflussen oder berprfen kann, auf deren Rechtskonformitt er sich also verlassen muss. Ein Programm, das auf diese Weise zwingendes Vergaberecht verletzt, ist insoweit unbrauchbar. Feststellung (2) betrifft zwar auch die Rechtssicherheit. Etwaige Rechtsver- 33 stçße werden aber auch durch den Sachbearbeiter verantwortet, dem das Programm gerade nicht die Verfahrensherrschaft abnimmt. Ein Programm, das solchermaßen rechtlich zweifelhafte Schritte anbietet, ist nachbesserungsbedrftig, weil es dem Sachbearbeiter mehr Arbeit aufzwingt als es ihm abnimmt. Es ist damit auch nicht komfortabel.

Heckmann | 351

Kap. 9 Rz. 34

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

34 Feststellung (3) betrifft in erster Linie den Verfahrenskomfort und bewegt sich damit zunchst außerhalb rechtlicher Bewertungsmaßstbe. Anders ausgedrckt: Ein Programm, das solche Werkzeuge nicht bietet, kann trotzdem brauchbar sein, besonders wenn es darum geht, die Mindestanforderungen an ein elektronisches Vergabeverfahren zu erfllen. In dem Maße aber, in dem der Sachbearbeiter in seinem Bemhen um eine rechtskonforme Vergabeentscheidung untersttzt wird, steigt auch die Chance der Einhaltung des Vergaberechts, was auch der Rechtssicherheit dient. 35 Feststellung (4) betrifft hingegen alleine den Verfahrenskomfort. Die Optimierung von Geschftsprozessen (als solche sind auch Vorgnge der modernen Verwaltung zu bezeichnen) kann mit rechtlichen Anforderungen kaum beschrieben werden und sollte deshalb unter anderen Verfahrenszielen angestrebt werden: Zufriedenheit und Akzeptanz auf Seiten der Mitarbeiter und Bieter als Nutzer, langfristige Kosteneinsparung, politische Erfolge. Als solches dienen diese Faktoren aber gleichermaßen einer Qualittssteigerung von Vergabeverfahren.

2. Antizipiertes Verwaltungsverfahren und Digitalisierungsgrad 36 Bei der Beurteilung der (Vergabe-)Rechtskonformitt einer elektronischen Verwaltungsfachanwendung ist eine grundstzliche rechtliche Feststellung zu treffen: Eine solche Software kann mehr oder weniger das gesamte Vergabeverfahren elektronisch abbilden, muss dies (aus Rechtsgrnden) aber nicht tun. Das (derzeit) geltende Vergaberecht schreibt die „Digitalisierung“ des Vergabeverfahrens zum einen berhaupt nicht vor und regelt zum anderen sehr punktuell nur die Mçglichkeit der Abgabe digitaler Angebote mit wenigen Folgeregelungen. Demnach ist es ohne weiteres zulssig, nur Teile des Verfahrens auf elektronischem Wege durchzufhren, solange sichergestellt ist, dass die brigen zwingenden Verfahrensschritte stattfinden und aus der Kombination von konventionellen und digitalen Verfahrenselementen keine Verfahrensvorschriften bzw. -grundstze verletzt werden. Fr die Checkliste bedeutet das insbesondere, dass es „die“ Vergaberechtskonformitt von (teil-)elektronischen Verfahren gar nicht gibt. Im besten Falle fungiert die elektronische Vergabe als ein „antizipiertes Verwaltungsverfahren“, das selbstverstndlich den gleichen Rechtsbindungen unterliegt wie das Vergabeverfahren, das hierdurch ersetzt wird. Soweit die Software der Verwaltungsbehçrde aber Raum lsst fr eigene Verfahrenshandlungen, ist alleine die Behçrde fr die Rechtswahrung verantwortlich. Die E-VergabeLçsung kann auch insoweit rechtliche Hilfestellung liefern, muss dies aber nicht tun. Es darf lediglich kein falscher Eindruck in dem Sinne erweckt werden, dass die Verwaltungsfachanwendung fr elektronische Vergabe rechtliche Schritte kontrollieren wrde, fr die sie tatschlich nicht programmiert wurde. 352 | Heckmann

Rz. 40 Kap. 9

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

3. Drei-Stufen-Modell und Verantwortlichkeitsteilung Vor diesem Hintergrund fhrt der unterschiedliche Automatisierungsgrad 37 zu einer unterschiedlichen Verteilung der inhaltlichen Verantwortlichkeit. Im Einzelnen kçnnen drei Varianten unterschieden werden: Einmal ist denkbar, dass der Rechner einen kompletten Entscheidungspro- 38 zess selbstttig durchf hrt; Menschen wren nicht mehr beteiligt. Ein solcher Fall lge zum Beispiel vor, wenn die Verwaltungsfachanwendung automatisch all jene zuvor online eingegangenen Angebote aussortiert, die unvollstndig oder nicht fristgerecht eingereicht wurden (§ 21 VOL/A und § 22 Nr. 3b VOL/A). Fr Entscheidungsfehler bei solchen Programmen haftet dann (im Innenverhltnis) das programmierende Unternehmen, nicht aber die ausfhrende Behçrde. Im zweiten Fall wird der Entscheidungsprozess durch das programmierende 39 Unternehmen nur edv-technisch vorbereitet; gleichzeitig werden den zuknftigen Benutzern aber explizite Hinweise zur Bedienung dieser Technik gegeben. Denkbar ist zum Beispiel, dass das Programm ein dialogisch konzipiertes Modul enthlt, mit dem Frage fr Frage eine vollstndige vergaberechtliche Bekanntmachung erzeugt wird. Die Verantwortlichkeit fr den anhand des Dialogverfahrens erstellten Inhalt liegt in diesem Modell selbstverstndlich auch beim programmierenden Unternehmen. Drittens ist denkbar, dass das Programm nur einen technischen Rahmen 40 zur Verf gung stellt, ohne dass zugleich in irgendeiner Weise auf die Erstellung der Inhalte Einfluss genommen wrde. In diesem Fall wre fr den Inhalt der Verwaltungsfachanwendung selbstverstndlich nicht das programmierende Unternehmen, sondern die ausfhrende Behçrde bzw. deren Trger verantwortlich. Ein Beispiel ist die reine upload-Mçglichkeit fr ein Bekanntmachungsdokument. Eine Verwaltungsfachanwendung muss nicht alleine nach einer dieser drei Varianten programmiert sein, sondern kann Elemente aller in sich vereinen. Soweit allerdings das programmierende Unternehmen nur die Rahmentechnologie zur Verfgung stellt, die Schaffung der Inhalte hingegen in der Kompetenz der Anwender verbleibt, stellt sich die Frage nach der Vergaberechtskonformitt der Software nicht. Denn rechtmßig oder rechtswidrig ist in diesem Fall nicht die Software, sondern nur und hçchstens das, was die Behçrde an Softwareinhalten entwirft. Eines sei aber hervorgehoben: Ein Verfahren der elektronischen Vergabe, so es auch rechtlich und politisch erwnscht ist, muss keinesfalls durchgehend „digitalisiert“, d.h. durch die Softwarelçsung vollstndig substituiert sein. Es kann sogar nachteilig sein, wenn bestimmte Verfahrensschritte elektronisch abgebildet werden, anstatt diese mit konventionellen Mitteln zu bestreiten. Allemal muss die Verfahrensherrschaft bei der Behçrde verbleiben. Die allHeckmann | 353

Kap. 9 Rz. 41

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

gemeinen Vergaberechtsgrundstze wie freier Wettbewerb und Diskriminierungsverbot lassen ohnehin Medienbrche als unvermeidbar erscheinen und fordern eher die Bereitstellung bestimmter „Werkzeuge“ und organisatorischer Vorkehrungen als die Implementierung eines vollautomatischen Workflows. So dient es etwa der Wahrung des Diskriminierungsverbots, wenn den Bietern neben der Angebotsabgabe mit qualifizierter elektronischer Signatur auch weitere Verfahren (etwa Mantelbogen) zur Verfgung gestellt werden.

4. Vergaberechtskonformitt und das Prinzip der „funktionellen Gquivalenz“ 41 Nachdem die Rechtsordnung in den gesetzlichen Vorschriften des Vergaberechts und den Quasi-Normen der Verdingungsordnungen nur fragmentarische Regelungen bereitstellt, sind ergnzende dogmatische und methodische Jberlegungen notwendig. Hier verhlt es sich nicht anders als generell im Internetrecht als Querschnittsmaterie: Die konventionellen Normen sind nicht alleine deshalb unanwendbar, weil sich der Sachverhalt ganz oder teilweise im Internet abspielt. Wohl aber bedarf es genauerer Betrachtung, ob Normtext und Normzweck eine Anwendung der Vorschrift im konkreten Fall zulassen. Soweit der Wortlaut die virtuelle Variante nicht ohnehin erfasst, kommt eine vorsichtige Analogiebildung in Betracht. Die teleologische Auslegung kann in eine 3-Stufen-Prfung integriert werden: 42 1. Stufe: Soweit das Vergaberecht nach dem Wortlaut einer Bestimmung die elektronische Form zulsst oder verlangt, kann (bzw. muss) dies im Workflow eines elektronischen Vergabeverfahrens, insbesondere unter Verwendung einer elektronischen Verwaltungsfachanwendung, ohne weiteres zugrunde gelegt werden (Formenstrenge des Vergaberechts). 43 2. Stufe: Schweigt der Wortlaut, bedarf es fr die jeweilige Situation einer (systematischen und teleologischen) Auslegung nach vergaberechtlichen Prinzipien (insbesondere Wettbewerbsfreiheit und Benachteiligungsverbot). Maßgebend sind hier auch der normativ-politische Impuls zugunsten eines elektronischen Vergabeverfahrens und der Gesichtspunkt der „funktionellen Rquivalenz“. Funktionelle Gquivalenz bedeutet, dass in der jeweiligen Vergabeverfahrenssituation untersucht wird, wie sich die entsprechende Handlung im realen Raum abspielt. Dies wird mit dem Handeln im virtuellen Raum verglichen. Soweit zum Beispiel im realen Raum ein bestimmtes Sicherheitsniveau (insbesondere zur Authentifizierung des Handelnden, zum Nachweis seiner Berechtigung oder zur Integritt von Dokumenten) erreicht oder verlangt wird, treten Jberlegungen ein, wie dieses Niveau bei elektronischem Handeln erzielt werden kann. Was den Einsatz der elektronischen Signatur betrifft, wird zustzlich untersucht, ob die darin enthaltenen Funktionen auch substitu354 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 46 Kap. 9

iert werden kçnnen, d.h., ob es Verfahrensweisen gibt, die das gleiche Ziel mit anderen Mitteln erreichen. Sind diese funktionell quivalent (gleichwertig), besteht kein Grund, eine bestimmte elektronische Form zu fordern, die selbst der Normgeber (ausdrcklich) nicht verlangt. An die Rquivalenz sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. 3. Stufe: Soweit weder nach dem Wortlaut noch nach entsprechender Aus- 44 legung eine elektronische Form bzw. Signatur verlangt werden kann, ist abschließend zu prfen, ob sich diese aus Praktikabilittserwgungen trotzdem empfiehlt. Es ist hervorzuheben, dass hier eine bloße Empfehlung (und kein rechtlicher Zwang) besteht. Wnschenswert ist dabei, Alternativen aufzuzeigen, insbesondere durch vergleichbare Handlungen im realen Raum. Auf die Problematik von Medienbrchen ist hinzuweisen.

5. Zielsetzung Der folgende Fragenkatalog soll dazu dienen, Softwarelçsungen zur Elektro- 45 nischen Vergabe daraufhin zu berprfen, (1) ob sie (einzelne oder alle) Phasen eines Vergabeverfahrens nach VOL/A in einer Weise abbilden, dass die Nutzung dieser Software durch Bieter und Behçrde einer vergaberechtskonformen Entscheidung nicht entgegensteht; (2) welche Funktionen (zur Verfahrensvereinfachung, zum Verfahrenskomfort oder zur Effizienzsteigerung) die Software darber hinaus bieten kann, ohne mit geltendem Vergaberecht in Konflikt zu geraten. Die Checkliste soll damit zur Vergaberechtssicherheit in dem Sinne beitragen, dass mit jeder beantworteten Frage die darin behandelte Fehlerquelle erkannt und vermieden werden kann. Sie kann dagegen nicht garantieren, dass ein elektronisch untersttztes Vergabeverfahren tatschlich rechtmßig verluft.

6. Gliederung Maßstab ist die VOL/A (in der Fassung vom 17.9.2002) in ihren Abschnitten 46 1–4. Die Darstellung folgt ußerlich dem Aufbau des Vergabeverfahrens nach der VOL/A. Sie gliedert sich in dreizehn Abschnitte/Phasen, die weitgehend (aber nicht durchgngig) auch chronologisch das Vergabeverfahren abbilden: Phase 1: Vorinformationsphase Phase 2: Vorfeldentscheidung Phase 3: Erstellen der Vergabeunterlagen Phase 4: Bekanntmachung Phase 5: Versand der Vergabeunterlagen

Heckmann | 355

Kap. 9 Rz. 47

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Phase 6: Angebotsabgabe Phase 7: Erçffnungstermin Phase 8: Prfung Phase 9: Wertung Phase 10: Teilnahmewettbewerb Phase 11: Entscheidung (Zuschlag/Aufhebung) Phase 12: Publikationspflichten Phase 13: Vergabevermerk

Innerhalb der Phasen ist eine weitere Unterscheidung notwendig, nmlich danach, ob die in der VgV (Verordnung ber die Vergabe çffentlicher Auftrge vom 9.1.2001, zuletzt gendert am 11.2.2003 64) niedergelegten Schwellenwerte ber- oder unterschritten sind. In „Konstellation 1: Schwellenwert nicht berschritten“ dienen zur Rechtmßigkeitsberprfung nur die Basisparagraphen, in „Konstellation 2: Schwellenwert berschritten“ hingegen zustzlich die a- und b-Paragraphen. Zum Teil erscheint es aus Grnden der Jbersichtlichkeit angezeigt, explizit zwischen der Rechtslage unter den Kautelen der a-Paragraphen einerseits und der b-Paragraphen andererseits zu unterscheiden. Ansonsten wird einer einheitlichen Darstellung der Vorzug gegeben. Jeder einzelnen Phase ist schließlich eine kurze Einfhrung vorangestellt, die dazu dienen soll, die Orientierung innerhalb des Vergabeverfahrens zu erleichtern.

7. Kommentierte Checkliste Phase 1: Vorinformation als regelmßige Bekanntmachung (nur wenn Schwellenwerte berschritten sind)

47 Die hçchsten Transparenzanforderungen gelten im Bereich eines europaweiten Vergabeverfahrens außerhalb des Sektorenbereiches. Hier sieht § 17a Nr. 2 VOL/A vor, dass die çffentlichen Auftraggeber bereits vor der eigentlichen Bekanntmachung die von ihnen in einem Haushaltsjahr anstehenden Liefer- und Dienstleistungsauftrge vorab in Form einer unverbindlichen „regelmßigen Bekanntmachung“ („periodic indicative notice“) bekannt geben mssen. Diese Phase lsst sich ohne weiteres digitalisieren. Vorinformationen kçnnen in aller Regel auch in anderen Publikationsorganen verçffentlicht werden. Ob dies erfolgt, liegt im Ermessen des Auftraggebers. Die gesetzlichen Kataloge zu den geeigneten Publikationsorganen sind nicht abschließend. 65 Somit kommt auch eine zustzliche elektronische Verçffentlichung in Betracht, wie z.B. eine Verçffentlichung auf einer Internet-Homepage des Auftraggebers oder die Nutzung einer webbasierten privaten oder çffentlichen Datenbank. 66 64 BGBl. I 2003, 170. 65 Vgl. etwa zu § 17a Nr. 1 Abs. 3 Hs 2. VOB/A; Sterner, in: Motzke/Pietzcker/Prieß,

§ 17a VOB/A Rz. 14. 66 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 17a VOB/A Rz. 3.

356 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 50 Kap. 9

Dies ist sogar Anbietern regelmßig dann zu empfehlen, wenn Interessentengruppen angesprochen werden sollen, die sowohl durch das Amtsblatt als auch durch das TED 67 nicht erreicht werden kçnnen. 68 Die im Rahmen der VOL/A notwendige regelmßige Bekanntmachung ist 48 ein per E-Mail bermittelbares Textdokument, das die in Anhang D fr Liefer- und Dienstleistungsauftrge vorgesehenen Inhalte enthalten sollte. Sie ist auf jeden Fall an das Amt fr amtliche Verçffentlichungen der Europischen Gemeinschaften zu adressieren. Es ist bekannt, dass von einer solchen elektronischen Jbermittlung auch von solchen Behçrden Gebrauch gemacht wird, die sich ansonsten nicht einer elektronischen Verwaltungsfachanwendung bedienen. Bei einer freiwilligen zustzlichen Verçffentlichung der „regelmßigen Bekanntmachungen“ in nationalen Publikationsorganen oder etwa auf einer Vergabeplattform selbst ist darauf zu achten, dass diese mit der an das Amt fr Verçffentlichungen adressierten Bekanntmachung inhaltsgleich ist und auch keine Verçffentlichung vor dem Tag der Absendung der Bekanntmachung an das Amt fr Verçffentlichungen erfolgt (§ 17a Nr. 1 Abs. 3 VOL/A). Der Absendetermin selbst ist aus Beweisgrnden festzuhalten. Frage 1:

49

Untersttzt das Programm die Verçffentlichung („Upload- und Versandfunktion“) der unverbindlichen „regelmßigen Bekanntmachung“ i.S.d. § 17a Nr. 2 VOL/A sobald wie mçglich nach Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres (Vergleichbares gilt fr die Abschnitte 3 [§ 16b VOL/A] und 4 [§ 8 SKR VOL/A])? Phase 2: Vorfeldentscheidung (Auswahl der Vergabeart) a) Vergabearten

In dieser Phase fllt vor allem die Entscheidung darber, welche Art der Ver- 50 gabe gewhlt werden soll. Die VOL/A kennt als mçgliche Vergabearten: – Iffentliche Ausschreibung (§ 3 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A) / Offenes Verfahren (§ 3a Nr. 1 Abs.1 VOL/A) – Beschrnkte Ausschreibung mit und ohne vorangehendem Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 Abs. 2 und Abs. 4 VOL/A) / Nichtoffenes Verfahren (§ 3a Nr. 1 Abs.1 VOL/A) 67 Tenders Electronic Daily, vgl. ted.eur-op.eu.int. 68 Nach Auskunft des Verlags der Europischen Union (http://publications.eu.int/ge-

neral/oj_de.html) wird das Supplement zum Amtsblatt der Europischen Gemeinschaften nur von wenigen Tausend Abonnenten bezogen. Der Abonnentenkreis besteht hier v.a. aus grçßeren Firmen und Konzernen. Kleine und mittelstndische Unternehmen werden durch diese Verçffentlichungen in der Regel nicht erreicht.

Heckmann | 357

Kap. 9 Rz. 51

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

– Freihndige Vergabe mit und ohne vorangehendem Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 Abs. 3 und Abs. 4 VOL/A) / Verhandlungsverfahren (§ 3a Nr. 1 Abs.1 VOL/A) 51 Dabei sind die çffentlichen Auftraggeber bei der Wahl des Vergabeverfahrens nicht frei. Vielmehr gilt der Grundsatz der Hierarchie der Vergabeverfahren: Das offene Verfahren bzw. die çffentliche Ausschreibung haben Vorrang vor dem nichtoffenen Verfahren bzw. der beschrnkten Ausschreibung. Diese wiederum geht dem Verhandlungsverfahren bzw. der freihndigen Vergabe vor. Entsprechendes gilt mit unterschiedlicher Terminologie fr die EU-Verfahren oberhalb der Schwellenwerte. Diese Rangordnung dient dem Ziel des Vergaberechtes, breiten Wettbewerb und transparente Vergabeverfahren zu schaffen. Die Vorfeldentscheidung darber, welches Vergabeverfahren gewhlt wird, hat mit der eigentlichen digitalen Umsetzung des Vergabeverfahrens nichts zu tun. Das digitale Vergabeverfahren knpft vielmehr an das Ergebnis der nicht digital getroffenen Vorfeldentscheidung an. Eine elektronische Untersttzung der Auswahlentscheidung ist allenfalls in Form eingeblendeter Checklisten denkbar, die die Voraussetzungen von § 3 Nr. 3 und 4 sowie § 3a VOL/A abbilden. Eine Vergabesoftware muss nicht zwingend alle Vergabearten in sich vereinigen. Ist sie nur fr bestimmte Vergabearten (z.B. das offene Verfahren) programmiert, sind die anderen Vergaben auf konventionellem Wege durchzufhren. Ein solcher „Medienbruch“ verstçßt nicht gegen geltendes Vergaberecht (das ja ohnehin nur wenige Aussagen zur elektronischen Vergabe trifft) und erscheint auch unter Praktikabilitts- und Wirtschaftlichkeitsaspekten als wenig sinnvoll. In jedem Fall muss der Umfang der Verfahrensauswahlmçglichkeiten im „Startbereich“ der Software erkennbar sein, damit die Entscheidung ber die Vergabeart eindeutig festgelegt wird. 52 Frage 2.1: Sind die whlbaren Vergabearten im Programm eindeutig gekennzeichnet und beschrnkt sich deren Funktionalitt in den weiteren Programmschritten auf diese Auswahl? b) Insbesondere: Teilnahmewettbewerb

53 Fr den Fall der Beschrnkten Ausschreibung und der Freihndigen Vergabe (bzw. Nichtoffenen oder Verhandlungsverfahren) soll vor der Ausschreibung ein sog. Teilnahmewettbewerb zur nheren Erkundung des Bewerberkreises durchgefhrt werden (§ 3 Nr. 1 Abs. 4 i.V.m. § 4 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A).

358 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 58 Kap. 9

Frage 2.2:

54

Untersttzt das Programm die teils freiwillige, teils verpflichtende Durchfhrung eines Teilnahmewettbewerbs zur Auswahl geeigneter Bieter? Schnittstelle zu Phase 10 „Teilnahmewettbewerb“ c) Hinweis f r unzulssige Ausschreibungen

Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine erneute Ausschreibung ggf. 55 unzulssig sein: Dann kçnnte ein Warnhinweis sinnvoll sein. Vorbeugend bietet sich auch eine Recherchierfunktion an (Ausschreibungsdokumentenmanagement). Frage 2.3:

56

Fr den Fall, dass eine erneute (!) Ausschreibung deshalb unzulssig wre, weil eine vorhergehende Ausschreibung ber denselben Gegenstand noch nicht ganz oder teilweise aufgehoben ist (§ 26 Nr. 5 VOL/A): Untersttzt das Programm die Beachtung dieser Vorschrift durch einen Warnhinweis? Phase 3: Erstellung der Vergabeunterlagen a) Inhaltliche Ausgestaltung

Das Programm kann den Auftraggeber bei der Erstellung der Vergabeunterla- 57 gen untersttzen. Diese bestehen aus dem Anschreiben und den Verdingungsunterlagen. Die Verdingungsunterlagen wiederum beinhalten die technische Leistungsbeschreibung und die vorformulierten rechtlichen Vertragsbedingungen. Hierbei handelt es sich in der Regel um digitalisierbare Text- und Bilddokumente. Die VOL/A enthlt zwingende Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Teile der Vergabeunterlagen. In der Regel werden solche Vergabeunterlagen bereits auch bei einfachen, nicht elektronischen Vergabeverfahren mit Hilfe geeigneter Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogramme erstellt, deren Ergebnisse dann entweder ausgedruckt oder als Textdateien online bermittelt werden. Darber hinaus kann eine Softwarelçsung zur elektronischen Vergabe aber auch die Generierung der Vergabeunterlagen untersttzen, indem sie in Form von Fragedialogen die notwendigen Inhalte der zu erstellenden Vergabeunterlagen systematisch mit dem Ziel einer inhaltlichen Vollstndigkeit beim Sachbearbeiter abfragt. Frage 3.0:

58

In welcher Weise untersttzt das Programm die Aufgabe der Behçrde, solche Dokumente im Vergabeverfahren zu erzeugen, die inhaltlich allen Vorgaben des Vergaberechts entsprechen? Heckmann | 359

Kap. 9 Rz. 59

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

b) Vorfrage: Vergabe nach Losen

59 Frage 3.1: Bercksichtigt das Programm die Pflicht der Auftraggeber zur Vergabe nach Losen (§ 5 VOL/A)? c) Verdingungsunterlagen (Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen)

60 Unabhngig davon, nach welcher Vergabeart die Auftragsvergabe am Ende erfolgt, muss die Behçrde die erwnschte Leistung doch eindeutig beschreiben, Gegenstand und Umfang der Angebote festlegen und durch aussagekrftige Leistungsanforderungen im Detail die Vergleichbarkeit der eingehenden Angebote gewhrleisten. 61 Frage 3.2.1: Wie untersttzt das Programm die Erstellung der Leistungsbeschreibung? 62 Frage 3.2.2: Fr den Fall, dass die Schwellenwerte berschritten sind: Wird darauf hingewirkt, dass der Auftraggeber alle Zuschlagskriterien sowie die Reihenfolge ihrer Gewichtung in die Leistungsbeschreibung einstellt (§ 9a VOL/A)? 63 Frage 3.3: Beinhaltet das Programm eine Schnittstelle, die es ermçglicht, die stets aktuellen Allgemeinen Vertragsbedingungen im Sinne der VOL/B zur Generierung der Vergabeunterlagen zu bernehmen (in diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage wie der ggf. notwendige Update dieser VOL/B geregelt ist)? Untersttzt das Programm die Erstellung der ggf. notwendigen zustzlichen, ergnzenden oder besonderen Vertragsbedingungen (§ 9 Nr. 3 und 4 VOL/A)? d) Anschreiben

64 Das Anschreiben ist kein bloßes Begleitschreiben, sondern stellt die fçrmliche Aufforderung des Auftraggebers an den Bieter zur Abgabe von Angeboten dar. Die VOL/A regelt darber hinaus an einigen Stellen inhaltliche Anforderungen an die Ausgestaltung eines solchen Anschreibens. 65 Frage 3.4.1: Wie untersttzt das Programm die Erstellung eines Anschreibens? 66 Frage 3.4.2: Wird die Erstellung des Anschreibens in einer Weise untersttzt, dass diese eine den §§ 18a, 18b, 10 SKR VOL/A entsprechende Angebotsfrist enthlt? 360 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 69 Kap. 9

e) Bewerbungsbedingungen

Bewerbungsbedingungen stellen eine Zusammenfassung regelmßig wie- 67 derkehrender Erfordernisse dar, die von Auftraggebern, die stndig Leistungen vergeben, aus Grnden der Vereinfachung und Vereinheitlichung des Vergabevorgangs festgelegt werden und von Bewerbern beachtet werden mssen. Sie werden in der Regel dem Anschreiben als Anlage beigefgt. Frage 3.5:

68

Wie wird die Zusammenfassung von Bewerbungsbedingungen bei Auftraggebern, die stndig Leistungen vergeben, untersttzt? Phase 4: Bekanntmachung

Die Bekanntmachung ist die çffentliche Mitteilung darber, dass die çffent- 69 liche Hand Auftrge zu vergeben hat. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe, die erst durch den Versand des Anschreibens erfolgt. Aufgrund der Bekanntmachung eines konkreten Ausschreibungsverfahrens fordert der potentielle Bieter die Vergabeunterlagen bei der in der Bekanntmachung genannten Anschrift an. Sie ist der eigentliche Publikationsakt des Vergabeverfahrens und hat daher auch verbindlichen Charakter. Im Rahmen einer internetbasierten Unterst tzung der Bekanntmachungsphase sind zwei Einsatzbereiche zu unterscheiden. Zum einen kann ein Softwareprogramm die Erstellung der eigentlichen Bekanntmachungstexte untersttzen, mit dem Ziel einer inhaltlichen Vollstndigkeit. Zum anderen kann das Internet selbst als Bekanntmachungsmedium genutzt werden. § 17 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ist offen in Bezug auf zus)tzliche internetbasierte Bekanntmachungen. Dies kann dann zum einen die Homepage des Auftraggebers selbst sein, er kann sich aber auch eigene oder fremde Vergabedatenbanken zunutze machen. Sofern es sich um eine gewerblich betriebene Datenbank handelt, muss sich der Auftraggeber vor einer solchen Nutzung zunchst ber den Nutzerkreis dieser Datenbank informieren, um festzustellen, ob sie geeignet ist einen unbeschrnkten Interessentenkreis zu erreichen. 69 Zahlreiche private Vergabedatenbanken sind nmlich nur fr einen eingeschrnkten Nutzerkreis (z.B. mit einer entsprechenden Passwortsicherung) und zum Teil nur gegen Entgelt zugnglich. 70 Bei europaweiten Ausschreibungen hat die Europische Kommission ein Informationssystem fr das çffentliche Auftragswesen mit dem Namen „SIMAP“ (Systeme d´information pour les Marches publics) 71 gegrndet. Jber 69 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 17 VOB/A Rz. 12;

Kratzenberg, in: Ingestau/Korbion, § 17 VOB/A Rz. 4. 70 Vgl. Oesterhelt/Paul, FiWi 2001, 263. 71 Informationen zu SIMAP unter simap.eu.int.

Heckmann | 361

Kap. 9 Rz. 70

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

SIMAP kçnnen Auftraggeber mit digitalen Standardformularen ihren Publizittspflichten nachkommen. Diese Standardformulare sind in allen EUSprachen erhltlich. 72

Wenn die Vergabesoftware demzufolge eine elektronische Bekanntmachung vorsieht, mssen die Anforderungen des § 17 VOL/A eingehalten werden. Wer im Einzelnen fr die Richtigkeit und Vollstndigkeit des Bekanntmachungstextes verantwortlich zeichnet, hngt davon ab, ob Inhalt und Form durch die Vergabesoftware gesteuert werden oder diese nur als Trgermedium der Bekanntmachung („Upload-Funktion“) fungiert. Soll der Inhalt solcher Dokumente (Bekanntmachungstext, Verdingungsunterlagen, Anschreiben) als Abfrageroutine elektronisch sichergestellt werden, dann liegt die Verantwortung fr den Inhalt auch beim Hersteller. 70 Frage 4.1: In welcher Weise untersttzt das Programm die Pflicht der Behçrde zur Bekanntmachung von çffentlichen Auftragsvergaben? 71 Frage 4.2: Wird ggf. darauf hingewiesen, dass die Verdingungsunterlagen und das Anschreiben (§ 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. f und g VOL/A) auch heruntergeladen werden kçnnen? 72 Frage 4.3: Ist sichergestellt, dass die Bekanntmachung unverzglich dem Amt f r amtliche Verçffentlichungen der Europischen Gemeinschaften zugeleitet wird (§ 17a Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOL/A)? 73 Frage 4.4: Ist sichergestellt, dass der Tag der Absendung nachgewiesen werden kann (§ 17a Nr. 1 Abs. 1 Satz 4 VOL/A)? 74 Frage 4.5: Ist sichergestellt, dass die Ausschreibung im Inland und in der EU zur gleichen Zeit und mit dem gleichen Inhalt bekannt wird (Ausfluss des sog. Diskriminierungsverbotes, § 2 Abs. 2 Nr. 2 VOL/A)?

72 Neben diesen Standardformularen haben die Auftraggeber außerdem die Mçglich-

keit ein sog. Auftraggeberprofil im Internet einzurichten; siehe auch Sterner, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, § 17a VOB/A Rz. 67.

362 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 76 Kap. 9

Phase 5: Ebermittlung der Vergabeunterlagen/Aufforderung zur Angebotsabgabe a) „Ebergabe“ und elektronischer Versand

Bis zum Ablauf der Angebotsfrist fordern die Bewerber beim Auftraggeber 75 die Vergabeunterlagen an. Hierauf folgt dann im konventionellen Verfahren der Versand der Vergabeunterlagen. Dieser kann je nachdem wann der Bewerber die Unterlagen anfordert zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Einen Gleichlauf hinsichtlich des Versands der Vergabeunterlagen sieht die VOL/A lediglich nach der Durchfhrung eines Teilnahmewettbewerbs vor (§ 17 Nr. 3 Abs. 6 VOL/A). Der Wortlaut der Vorschrift („zu bergeben“) ist freilich nicht buchstblich zu nehmen; Jbergabe meint nicht zwingend „kçrperliche“ Weiterreichung. Es gengt der elektronische Versand. Ob hierzu allerdings auch das elektronische Zurverfgungstellen (Download-Mçglichkeit bei Aufruf der Verwaltungsfachanwendung im Internet) zhlt, ist fraglich („Jbergabe“ als aktives Jbermitteln: „Bringschuld“ statt „Holschuld“) und in Wissenschaft und Rechtspraxis noch ungeklrt. 73 Als ergnzendes Angebot ist die Downloadmçglichkeit allemal vergaberechtskonform. Im Jbrigen hat die Jbermittlung der Vergabeunterlagen nach Eingang der Anforderungen unverzglich und in geeigneter Form zu erfolgen. Dem gengt der E-Mail-Versand ebenso wie die Downloadmçglichkeit. Aus alledem folgt, dass die Vergabeunterlagen auf adquate Weise zu den Bietern gelangen mssen. Im Sinne des Prinzips der funktionellen Rquivalenz wird man die Downloadmçglichkeit dort ausreichen lassen, wo sich der „elektronische Bieter“ bei der Verwaltungsfachanwendung registrieren ließ und dieses Verfahren damit akzeptiert. Gegenber sonstigen Bietern ist schon aus Grnden des Diskriminierungsverbots auf andere Jbermittlungsmçglichkeiten abzustellen. b) Insbesondere: Nachfragen der Bieter

In der Regel enthalten die Verdingungsordnungen keine Anforderungen an 76 die Form, in der Ausknfte an die Bewerber erteilt werden mssen. Insbesondere ist weder der Auftraggeber noch der nachfragende Bieter an die Einhal-

73 Vgl. etwa Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 17

VOB/A Rz. 55: Der Auftraggeber darf sich nicht einfach zurckziehen, sondern muss dafr Sorge tragen, dass die Unterlagen sicher und rechtzeitig auf den Weg gebracht werden. Der Auftraggeber muss im Zweifel darlegen und beweisen kçnnen, dass er dem Bewerber die angeforderten Unterlagen bersandt hat. Ein Download ist jedoch jederzeit ohne Kontrollmçglichkeit des Auftraggebers mçglich. Ein Nachweis erscheint hier aus Sicht des Auftraggebers schwierig.

Heckmann | 363

Kap. 9 Rz. 77

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

tung der Schriftform gebunden. 74 Damit sind auch Anfragen und Ausknfte in elektronischer Form mçglich, beispielsweise per E-Mail. Gleichwohl kann der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder im Anschreiben bestimmen, dass Anfragen schriftlich zu erfolgen haben. Dies wird in der Praxis regelmßig zu Zwecken des Nachweises einer Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes gemacht. Bei elektronischen Verfahren bietet sich hier zu Nachweiszwecken die Nutzung einer elektronischen Signatur an. 75 77 Frage 5.1: Ermçglicht das Programm einen E-Mail-Versand der Vergabeunterlagen? 78 Frage 5.2: Besteht die Mçglichkeit der Downloadmçglichkeit hinsichtlich der Vergabeunterlagen? 79 Frage 5.3: Untersttzt das Programm die Mçglichkeit von Online-Antrgen der Bewerber hinsichtlich zustzlicher sachdienlicher Ausknfte (§ 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A)? 80 Frage 5.4: Bei der Weitergabe wichtiger Aufklrungen ber die geforderten Leistungen oder die Grundlagen seiner Preisermittlung: Gewhrleistet das Programm, dass diese Informationen an alle anderen Bewerber gleichzeitig mitgeteilt werden? Bietet sich hier zu Zwecken des Nachweises einer Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes die Nutzung einer elektronischen Signatur an (§ 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A)? 81 Frage 5.5: Ist sichergestellt, dass die Namen der Bewerber, die Teilnahmeantrge gestellt, die Verdingungsunterlagen erhalten oder eingesehen haben, vertraulich behandelt werden (§ 17 Nr. 5 VOL/A)? 82 Frage 5.6: Gewhrleistet das Programm, dass jeder Bewerber die Vergabeunterlagen und ihre Teile in der nach § 17 Nr. 4 VOL/A notwendigen Anzahl erhlt? Wie geht das Programm mit dem Problem um, dass die Pflicht zur Ausgabe doppelter Unterlagen bei elektronischer Zustellung keinen Sinn macht?

74 So bereits OLG Dsseldorf, Urteil v. 28.3.1995 – 23 U 118/94, BauR 1996, 98. 75 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 17 VOB/A Rz. 63.

364 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 85 Kap. 9

Phase 6: Angebotsabgabe

Aus der Sicht des Bieters handelt es sich bei dem von ihm erstellten Angebot 83 um sein wichtigstes Dokument, da im Falle eines Zuschlags zu seinen Gunsten der Vertrag mit diesem Inhalt zustande kommt. 76 Vielleicht liegt hierin auch der Grund dafr, dass sich sowohl der europische Gesetzgeber bei Verabschiedung der Richtlinien, der nationale Verordnungsgeber beim Erlass der Vergabeverordnung wie auch die fr die Verdingungsordnungen zustndigen Verdingungsausschsse bei der bereits erfolgten ersten Stufe der Digitalisierung des Vergaberechts auf eine Regelung der Frage der digitalen Angebotsabgabe konzentriert haben. Zur digitalen Angebotserstellung und -abgabe finden sich in den vergaberechtlichen Normen die mit Abstand meisten ausdrcklichen Regelungen. a) Anforderungen des § 15 VgV

So stellt § 15 VgV die einzige Regelung zum digitalen Vergabeverfahren inner- 84 halb der Verdingungsordnung dar. Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben handelt es sich hier um eine Experimentierklausel, mit der der Bundesgesetzgeber die ihm in den europischen Vergaberichtlinien 77 eingerumten Experimentiermçglichkeiten nutzt. Aufgrund dieser Richtlinien ist es Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten, ob sie digitale Angebote im Vergabeverfahren zulassen wollen. Nach § 15 VgV obliegt dem Auftraggeber die Entscheidung, ob er im Einzelfall solche Angebote zulassen will. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ob darber hinaus mçglicherweise sogar ein Anspruch auf Abgabe eines digitalen Angebotes besteht, ist sehr fraglich. Dagegen spricht zum einen die Wertung des Gesetzgebers in § 3a VwVfG, wonach der Zugang elektronischer Dokumente – auch durch eine Behçrde – explizit erçffnet werden muss (Freiwilligkeitsprinzip). Zum anderen sprechen auch die „E-Vergabe-spezifischen“ Regelungen in den Verdingungsordnungen gegen eine Pflicht zur Entgegennahme digitaler Angebote. 78 § 15 VgV selbst kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn die Verdingungsord- 85 nungen selbst keine speziellen Regelungen zur digitalen Angebotsabgabe vorsehen. Er ist somit subsidir. 79 Aufgrund dieser Subsidiaritt ist der Anwen76 Hertwig, Recht der çffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 94. 77 Die drei klassischen Richtlinien zum çffentlichen Auftragswesen und die Sekto-

renrichtlinie enthalten Iffnungsklauseln fr die elektronische Angebotsabgabe, die im Rahmen der Anpassung der Richtlinien an das Beschaffungsbereinkommen der Welthandelsorganisation (General Procurement Agreement) eingefgt worden sind. 78 Auch M+ller/Ernst, NJW 2004, 1768 (1771) gehen von der Voraussetzung einer Gestattung der elektronischen Kommunikation durch die Behçrde aus; genauso auch Storr, MMR 2002, 579 (581). 79 Unzutreffend Malmendier, VergabeR 2001, 178 (186): § 21 Nr. 3 VOL/A verdrnge auch oberhalb der Schwellenwerte den § 15 VgV. Zutreffend hingegen bezglich § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A Malmendier, VergabeR 2001, 178 (183).

Heckmann | 365

Kap. 9 Rz. 86

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

dungsbereich dieser Norm bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte begrenzt. 80 Innerhalb der VOL regelt § 21 Nr. 3 VOL/A die Frage der digitalen Angebotsabgabe. Der Hauptunterschied dieser Regelung zu § 15 VgV besteht darin, dass sie aufgrund ihres Wortlaut bereits die digitale Angebotsabgabe nur als fakultative Zusatzmçglichkeit erlaubt, whrend sich der Wortlaut des § 15 VgV auch dahin gehend auslegen lsst, dass es dem Auftraggeber erlaubt sein soll, ausschließlich digitale Angebote zuzulassen. Nach § 21 Nr. 3 VOL/A muss das digitale Angebot mit einer Signatur i.S.d. Signaturgesetzes versehen sein und verschlsselt eingereicht werden. Die digitale Signatur ersetzt hierbei die eigenhndige Unterschrift unter den herkçmmlichen Angebotstexten. Mit dem Erfordernis einer verschlsselten Einreichung soll den vergaberechtlichen Grundstzen der Vertraulichkeit und des fairen Wettbewerbs Rechnung getragen werden. Die Verschlsselung entspricht hierbei dem verschlossenen Umschlag bei den schriftlichen Angeboten. Die nur fr Auftrge oberhalb der Schwellenwerte geltende Verdingungsordnung fr freiberufliche Leistungen enthlt keine Vorschriften zur Abgabe digitaler Angebote. Hier lebt dann der eigentlich subsidire § 15 VgV auf. b) Modi der Angebotsabgabe

86 Das Angebot kann technisch auf verschiedene Arten abgegeben werden: Neben der konventionellen Papierform (die schon aus Grnden des Diskriminierungsverbots nach derzeit geltendem Vergaberecht nicht ausgeschlossen werden darf) sind u.a. denkbar: – Das Mantelbogenverfahren: Hier werden die sog. Beweisdaten, insbesondere die Unterschrift des Bieters, auf Papier (dem sog. Mantelbogen) erfasst und bermittelt, whrend die sog. Nutzdaten, d.h. das Angebot als solches, elektronisch bermittelt werden. – Das (rein) digitale Verfahren: Hier werden sowohl die Beweis- als auch die Nutzdaten elektronisch bermittelt, was wiederum besondere Anforderungen hinsichtlich der Authentizitt des Bieters stellt (Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur). Elektronische Daten kçnnen ihrerseits auf unterschiedliche Weise zum Empfnger, etwa zum çffentlichen Auftraggeber, gelangen: per Diskettenversand, per E-Mail oder auch online durch Speicherung direkt auf dem Server der Behçrde, mit dem der Absender via Internet verbunden sein kann. Erstellt der Bewerber sein Angebot in dieser Weise online, so sind besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Insbesondere muss gewhrleistet sein, dass weder andere Bewerber, noch der Auftraggeber Zugang zu den auf dem Server 80 Unterhalb der Schwellenwerte kommt die VgV bereits gar nicht zur Anwendung.

366 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 93 Kap. 9

gespeicherten Daten des Bewerbers hat. Sieht das Programm eine solche Online-Erstellung der Angebote vor, dann ergeben sich die folgenden Fragen: Frage 6.1:

87

Gewhrleistet das Programm bei einer Online-Erstellung der Angebote, dass mit dem jeweiligen Stand der Technik eine Kenntnisnahme der online gespeicherten Daten des Bewerbers durch andere Bewerber oder den Auftraggeber unmçglich ist (Rechtsgedanke des § 22 Nr. 1 Satz 3 VOL/A)? Frage 6.2:

88

Stellt das Programm sicher, dass mit Ablauf der Angebotsfrist keine weiteren elektronischen Angebote mehr unerkannt eingehen kçnnen, bzw. versptet eingegangene Angebote einer gesonderten Prfung zugefhrt werden (arg. §§ 18 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1, 23 Nr. 1 lit. a VOL/A)? Frage 6.3:

89

Wie wird bei der Online-Erstellung von Angeboten gewhrleistet, dass der Bewerber seine Angebotsunterlagen verschl sselt und signiert (§§ 21 Nr. 3 Satz 2 VOL/A, 15 VgV)? Frage 6.4:

90

Wie ermçglicht das Programm den Rckzug von Angeboten gem. § 18 Nr. 3 VOL/A? Frage 6.5:

91

Stellt das Programm sicher, dass der Inhalt der elektronischen Angebote erst mit Ablauf der fr ihre Einreichung festgelegten Frist zugnglich wird (§ 18 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VOL/A)? Vgl. auch Frage 7.2 Phase 7: Erçffnungstermin a) Umgang mit Angeboten bis zum Erçffnungstermin

Ein Angebot kann den Aufraggeber auf herkçmmliche Art (per Post oder di- 92 rekter Abgabe) oder durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten erreichen (per E-Mail). In beiden Fllen stellt sich die Frage, wie der Auftraggeber mit dem so zugegangenen Angebot umzugehen hat. Fr den Bereich der Iffentlichen wie Beschrnkten Ausschreibung stellt § 22 Nr. 1 VOL/A den Grundsatz auf, dass Angebote zunchst gekennzeichnet werden mssen, um sie dann „unter Verschluss“ bzw. „verschlsselt“ aufzubewahren. Bei schriftlichen Angeboten erfolgt dies dadurch, dass auf dem ungeçffneten 93 Umschlag Datum und Uhrzeit des Eingangs vermerkt werden und das so geHeckmann | 367

Kap. 9 Rz. 94

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

kennzeichnete Angebot ungeçffnet und unverzglich dem fr die Verwahrung zustndigen Bediensteten zugeleitet wird, damit dieser es an einem sicheren Ort verwahrt, um zu gewhren, dass Unbefugte vor der eigentlichen Iffnung der Angebote von deren Inhalt keine Kenntnis erlangen. 81 94 Fr digitale Angebote gilt grundstzlich dasselbe. Auch sie sind zu kennzeichnen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 VOL/A). Hier sind jedoch zwei Arten der Jbermittlung digitaler Angebote zu unterscheiden: 82 solche, bei denen der Datentrger mit dem gespeicherten Angebot selbst bermittelt wird und solche, die online bermittelt werden. Wird das Angebot auf einem Datentrger bermittelt (z.B. Jbergabe einer CD-ROM oder einer Diskette), ergeben sich hinsichtlich der Kennzeichnung keine Besonderheiten. Der jeweils bergebene Datentrger ist mit Datum und Uhrzeit zu versehen und ebenso unmittelbar und unverzglich dem fr die Verwahrung zustndigen Bediensteten zuzuleiten. Problematisch ist jedoch, wie eine Kennzeichnung bei online bermittelten Angeboten erfolgen soll. Hier bedarf es theoretisch eines elektronischen Eingangsvermerks, der so mit dem verschlsselten Angebot verknpft ist, dass Datum und Uhrzeit des Eingangs sichergestellt werden. Dieses Problem ist insgesamt noch nicht befriedigend gelçst. Fr die Praxis wird daher vorgeschlagen, das in der Regel dem verschlsselten Angebot beiliegende unverschlsselte Begleitschreiben als E-Mail auszudrucken und diesen Ausdruck dann mit Datum und Uhrzeit des Eingangs zu kennzeichnen. 83 Problematisch bei einem solchen Vorgehen ist jedoch, dass hier keine sichere Verknpfung besteht. 95 Bis zur Iffnung der Angebote im Erçffnungstermin sind diese verschlsselt aufzubewahren. Dies erfolgt dadurch, dass die Daten verschlsselt gesichert werden und der fr die Iffnung notwendige Schlssel vor dem Zugriff Dritter zu sichern ist. 84 Digitale Angebote mssen bis zum Erçffnungstermin verschlsselt aufbewahrt werden. Die Verschlsselung ersetzt insoweit den verschlossenen Umschlag beim schriftlichen Angebot. Die Vergabestelle ist nach Eingang des Angebotes verpflichtet dafr zu sorgen, dass die Vertraulichkeit und die Grundstze des fairen Wettbewerbs durch die Verschlsselung bis zum Erçffnungstermin gewahrt bleiben. Dies kçnnte dadurch gewhrleistet werden, dass der Bieter erst im Erçffnungstermin den Schlssel fr die Dekodierung seiner Angebotsdatei mitbringt. Damit wre aber eine 81 Probleme ergeben sich hier immer dann, wenn ein Angebot versehentlich vorzei-

tig geçffnet wird, es unverschlossen eingereicht oder auf unzulssige Weise bermittelt wurde. Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 22 VOB/A Rz. 22. 82 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 22 VOB/A Rz. 28 f. 83 Hertwig, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, § 22 VOB/A Rz. 75. 84 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 22 VOB/A Rz. 35.

368 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 100 Kap. 9

hçhere Sicherheit gefordert als dies im konventionellen Vergabeverfahren der Fall ist, wo der Bieter den Umschlag zwar zuklebt, dessen spteres bzw. vorzeitiges Iffnen damit aber auch nicht verhindern kann. Nach der hier vertretenen Theorie der funktionellen Rquivalenz muss es gengen, dass die Dekodierung erst dann ermçglicht wird, wenn zwei zustndige Personen mit je eigener Smartcard mit PIN zeitgleich den (systemseitig dokumentierten) Entschlssellungsvorgang starten („4-Augen-Prinzip“). Frage 7.1:

96

Verfgt das Programm ber die Mçglichkeit online bermittelte elektronische Angebote mit einem elektronisch generierten und mit dem Angebot elektronisch verknpften Vermerk ber Datum und Uhrzeit des Eingangs so zu kennzeichnen, dass der Inhalt des Angebotes selbst verschlsselt bleibt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 VOL/A)? Frage 7.2:

97

Wie stellt das Programm sicher, dass die elektronisch eingegangenen Angebote bis zum Erçffnungstermin verschl sselt aufbewahrt werden, insbesondere dass der zur Dekodierung einer Angebotsdatei notwendige Schlssel erst zum Erçffnungstermin dem Verhandlungsleiter bekannt ist (§ 22 Nr. 1 Satz 3 VOL/A)? b) Fristlauf (Angebotsfrist, Bindefrist, Zuschlagsfrist)

Der Erçffnungstermin ist fr den Lauf zahlreicher Fristen von Bedeutung. 98 Mit dem Beginn des Erçffnungstermins endet die Angebotsfrist und beginnt die Bindefrist der Bieter. Schließlich beginnt mit der Verlesung des letzten Angebotes die sog. Zuschlagsfrist. Frage 7.3:

99

Stellt das Programm sicher, dass verfristete elektronische Angebote (also solche, die nach Beginn des Erçffnungstermins online eingehen,) von den fristgerecht eingehenden Angeboten getrennt werden, damit sie einer gesonderten Prfung (§ 23 Nr. 1a) VOL/A – Schnittstelle zum Prfungsmodul) unterzogen werden kçnnen? c) Kffnung der Angebote

Der Erçffnungstermin ist ein reiner Feststellungstermin. Der Verhandlungs- 100 leiter des Auftraggebers çffnet bzw. entschlsselt nach der Feststellung ihrer Unversehrtheit die bei ihm rechtzeitig vorliegenden Angebote und kennzeichnet sie in allen ihren wesentlichen Teilen. Dadurch nimmt er von ihrem Inhalt Kenntnis. Eine Anwesenheit der Bieter ist im VOL-Verfahren – anders als bei der VOB/A –nicht zulssig (§ 22 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A). Die DurchfhHeckmann | 369

Kap. 9 Rz. 101

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

rung eines komplett elektronischen Erçffnungstermins ist aber selbst im Baubereich auch nach der Novellierung der Verdingungsordnungen zunchst nicht vorgesehen. 85 Fr den Fall, dass ein digitales Angebot berhaupt nicht entschlsselt werden kann, enthalten die Verdingungsordnungen keine expliziten Regelungen. Hier ist wieder danach zu unterscheiden, ob der Grund fr den Mangel in der Sphre des Auftraggebers liegt (dann wird das Angebot zugelassen) oder in der Sphre des Bieters (dann ist sein Angebot auszuschließen). Jedenfalls muss unter allen Umstnden dafr Sorge getragen werden, dass dem Bieter keine nachtrglichen Manipulationsmçglichkeiten hinsichtlich seines Angebotes erçffnet werden. 86 101 Frage 7.4: Wie wird durch das Programm sichergestellt, dass neben dem Verhandlungsleiter ein weiterer Vertreter des Auftraggebers anwesend ist (§ 22 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A)? 102 Frage 7.5: Bereitet das Programm die elektronisch eingegangenen Angebote so auf, dass im Rahmen des Erçffnungstermins die Verschl sselung und die Eingangskennzeichnung, insbesondere der fristgerechte elektronische Eingang des Angebots berprft werden kçnnen? (§ 22 Nr. 3 VOL/A) 103 Frage 7.6: Erfolgt eine Kffnung der elektronischen und verschl sselten Angebote in der Weise, dass der Verhandlungsleiter erst whrend des Erçffnungstermins von dem zur Dekodierung des verschlsselten Angebotes nçtigen Privatschlssel Gebrauch macht? 104 Frage 7.7: Sieht das Programm eine technische Mçglichkeit vor, die entschlsselten elektronischen Angebote in allen ihren wesentlichen Teilen elektronisch zu kennzeichnen (§ 22 Nr. 3 Satz 2 VOL/A)?

85 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 22 VOB/A Rz. 45. 86 Sch)fer, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, § 22 VOB/A Rz. 12. Denkbar wre zum Bei-

spiel, die verschiedenen Bieter ber Videokonferenzen zuzuschalten. Probleme ergeben sich in diesem Zusammenhang v.a. aufgrund der notwendigen Transparenzanforderungen. Bei einem rein virtuellen Erçffnungstermin kçnnen sich die Bieter nicht davon berzeugen, dass die Angebote auch tatschlich rechtzeitig im Termin vorliegen oder dass sie ordnungsgemß gekennzeichnet wurden. Die zwingenden Transparenzanforderungen dieses Abschnittes stehen damit einer vollstndigen Digitalisierung des Vergabeverfahrens zunchst entgegen.

370 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 112 Kap. 9

d) Niederschrift

Jber den Erçffnungstermin ist obligatorisch eine Niederschrift anzufertigen. 105 Diese kann problemlos digital generiert und anschließend – um dem Schriftlichkeitserfordernis zu gengen – vom Verhandlungsleiter und einem weiteren Vertreter des Auftraggebers signiert werden. Frage 7.8:

106

Sofern die Niederschrift außerhalb der Vergabesoftware erstellt wird: Bietet das Programm die Mçglichkeit des Uploads auf die Verwaltungsfachanwendung? Frage 7.9:

107

Versieht das Programm jeden Eintrag in die Niederschrift mit einem Zeitstempel, so dass Nachtrge jederzeit ersichtlich sind? Frage 7.10:

108

Garantiert das Programm, dass einmal gettigte Eintrge in die Niederschrift nachtrglich weder manipuliert noch gelçscht werden kçnnen? Frage 7.11:

109

Wie erfolgt im Programm die Beweissicherung hinsichtlich der Tatsache, dass einzelne elektronische Angebote nicht verschlsselt waren (§ 22 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A)? Frage 7.12:

110

Sieht das Programm die Mçglichkeit vor, eine entsprechende elektronische Niederschrift durch den Verhandlungsleiter und einen weiteren Vertreter des Auftraggebers zu signieren (§ 22 Nr. 4 Abs. 3 VOL/A)? Frage 7.13:

111

Stellt das Programm sicher, dass eine elektronisch generierte Niederschrift durch Verschlsselung weder den Bietern noch der Kffentlichkeit zugnglich gemacht wird bzw. gemacht werden kann (§ 22 Nr. 5 VOL/A)? Frage 7.14:

112

Werden die Angebote nach dem Erçffnungstermin in einem nur fr die mit dem Vergabeverfahren befassten Personen zugnglichen – z.B. durch Passwort geschtzten – Bereich vertraulich und sorgfltig aufbewahrt (§ 22 Nr. 6 Abs. 1 und § 22 Nr. 6 Abs. 2 i. V. m. § 21 Nr. 3 Abs. 2 VOL/A)?

Heckmann | 371

Kap. 9 Rz. 113

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Phase 8: Pr fung der Angebote a) Ausschluss „fehlerhafter“ Angebote

113 Im Anschluss an den Erçffnungstermin findet die Prfung der Angebote statt. Das zweistufige Prfungsverfahren erlaubt dem Auftraggeber im ersten Teil einen fakultativen Ausschluss von nicht fehlerfreien Angeboten. Die Frage des Ausschlusses dieser Angebote steht hierbei im pflichtgemßen Ermessen des Auftraggebers. Das Programm kann diese Ermessensentscheidung untersttzen. 114 Hat der Auftraggeber digitale Angebote zugelassen und hat sich der Bieter daraufhin fr die Abgabe eines digitalen Angebotes entschieden, so muss er alle geforderten Erklrungen in der gewhlten digitalen Form abgeben (auch Plne, Zeichnungen, Kalkulationen). Kommt der Bieter dieser Pflicht nicht nach, so ist sein Angebot als unvollstndig auszuschließen. Diese strenge Auslegung ist aus Grnden der Rechtssicherheit und -klarheit geboten. Der Vorteil der digitalen Vergabe, Kosten zu sparen und Jbersichtlichkeit zu wahren, wre ferner gefhrdet, wenn Angebotsunterlagen sowohl in Papierform, als auch in digitaler Form zugelassen wren. 115 Ist das beim Auftraggeber eingegangene Angebot nur unvollstndig lesbar, so stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen. Grundstzlich hat der Bieter dafr Sorge zu tragen, dass sein Angebot lesbar und nicht wegen Unvollstndigkeit auszuschließen ist. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn mangelnde Lesbarkeit des Angebotes aus Grnden herrhrt, die in der Sphre des Auftraggebers liegen. 116 Probleme kçnnen auch dann entstehen, wenn die Empfangsvorrichtungen des Auftraggebers defekt oder berfllt sind. Erlangt der Bieter hiervon Kenntnis, so hat er alles ihm Zumutbare zu tun, um einen anderweitigen Zugang sicherzustellen. Dies kann auch die Jbersendung des Datentrgers selbst sein. Vereitelt der Auftraggeber bewusst den Zugang, so wird der Zugang des digitalen Angebotes fingiert. 117 Bei einem versehentlich online abgesandten Angebot gelten die Regeln ber die abhanden gekommene Willenserklrung analog. Erteilt der Bieter den Sendebefehl versehentlich, zu frh oder unwissentlich und geht dieses digitale Angebot dem Auftraggeber zu, so ist dieser bei fehlendem Erklrungsbewusstsein nicht an sein Angebot gebunden. Er ist jedoch in analoger Anwendung des § 122 BGB dem Auftraggeber zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet. Hinsichtlich von Jbermittlungsfehlern bei der Onlinebertragung eines digitalen Angebotes findet der § 120 BGB Anwendung. Danach kann der Bieter das fehlerhaft bermittelte Angebot unverzglich anfechten. Auch hier besteht ein Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 BGB, wenn dieser auf die Gltigkeit der Erklrung vertraut hat.

372 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 123 Kap. 9

Untersttzt das Programm die Pr fung der elektronischen Angebote dahin- 118 gehend, dass eine Trennung von: Frage 8.1.1: nicht ordnungsgemß oder versptet eingegangenen Angeboten i. S. d. § 23 Nr. 1a) VOL/A, Frage 8.1.2: nicht ordnungsgemß unterschriebenen (d.h. nicht mit einer elektronischen Signatur versehenen) Angeboten i.S.d. § 23 Nr. 1b) VOL/A, Frage 8.1.3: Angeboten, bei denen Rnderungen des Bieters an seinen Angaben nicht zweifelsfrei sind (§ 23 Nr. 1c VOL/A) erfolgt? b) Pr fung der zugelassenen Angebote

Die verbleibenden Angebote werden dann in einer zweiten Stufe jeweils ein- 119 zeln formell rechnerisch, technisch und wirtschaftlich geprft. Frage 8.2:

120

Untersttzt das Programm die isolierte Eberpr fung eines jeden Angebotes auf Vollstndigkeit bzw. rechnerische und fachliche Richtigkeit? Frage 8.3:

121

Untersttzt das Programm die Erstellung einer elektronischen Niederschrift, aus der sich die einzelnen Prfungsfeststellungen ergeben, insbesondere das Festhalten der Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte (§ 23 Nr. 3 VOL/A)? Frage 8.4:

122

Wie ermçglicht das Programm, dass im Rahmen der Prfung hinzugezogene Sachverstndige lediglich die zur Beurteilung der fachlichen Richtigkeit notwendigen Teile der Angebotsunterlagen erhalten (§ 23 Nr. 2 Satz 2 VOL/A)? Phase 9: Wertung der Angebote

Im Anschluss an die Prfung der Angebote erfolgt deren Wertung. Der Ab- 123 lauf dieser Phase lsst sich durch vier Abschnitte kennzeichnen: 1. Formale Anforderungen, zwingender Ausschluss wegen offensichtlicher formaler Mngel, ohne dass eine inhaltliche Prfung vorzunehmen wre 2. Persçnliche und fachliche Eignungsprfung, eventuell bereits antizipierte Eignungsprfung durch die Durchfhrung eines Teilnahmewettbewerbes Heckmann | 373

Kap. 9 Rz. 124

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

3. Angemessenheit des Preises 4. Engere Auswahl In den ersten drei Stufen werden Ausschluss-, Eignungs- und Nichtbercksichtigungskriterien aufgestellt, die zunchst geprft werden mssen, bevor das Angebot selbst in einer vierten Stufe schließlich auf seine Wirtschaftlichkeit hin berprft wird. 124 Frage 9.1: Sortiert das Programm Angebote unter den Gesichtspunkten des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) – g) VOL/A, so dass solche von vornherein obligatorisch von der Wertung ausgeschlossen werden kçnnen? 125 Frage 9.2: Sortiert das Programm Angebote unter dem Gesichtspunkt des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) – c) VOL/A aus, so dass solche fakultativ von der Wertung ausgeschlossen werden kçnnen? 126 Frage 9.3: Untersttzt das Programm eine Pr fung der Eignung der Bieter (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A)? 127 Frage 9.4: Untersttzt das Programm eine Wertung der Angebote hinsichtlich des Preis-/ Leistungsverhltnisses (§ 25 Nr. 2 Abs. 2, 3 VOL/A)? 128 Frage 9.5: Untersttzt das Programm die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes (§ 25 Nr. 3 VOL/A)? 129 Frage 9.6: Untersttzt das Programm die Erstellung des Vermerks ber die Gr nde f r die Zuschlagserteilung (vgl. auch Frage 13.6) (§ 25 Nr. 5 VOL/A)? Phase 10: Teilnahmewettbewerb

130 Die Durchfhrung eines Teilnahmewettbewerbs taucht in drei Konstellationen auf: 1. Nichtoffenes Verfahren 2. Beschrnkte Ausschreibung mit fakultativem Teilnahmewettbewerb 3. Verhandlungsverfahren/Freihndige Vergabe mit fakultativem Teilnahmewettbewerb 374 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 136 Kap. 9

Der Teilnahmewettbewerb dient einer Vorauswahl geeigneter Bieter, die ansonsten erst auf der Prfungsebene stattfinden wrde. Untersttzt das Programm die Durchfhrung eines solchen zum Teil obligatorischen, zum Teil fakultativen Teilnahmewettbewerbs, so besteht der Ablauf eines solchen Wettbewerbs aus der Bekanntmachung des Teilnahmewettbewerbs, der Jbersendung der Teilnahmeantrge, sowie der Auswahl der geeigneten Bewerber. Die Durchfhrung eines Teilnahmewettbewerbs mndet schließlich in die Jbersendung der Verdingungsunterlagen an die ausgewhlten Bewerber oder in ein nicht fçrmliches Verhandeln mit denselben. Frage 10.1:

131

Wie Untersttzt das Programm die Bekanntmachung eines Teilnahmewettbewerbs? Frage 10.2:

132

Wird insbesondere darauf hingewiesen, dass ein Teilnahmeantrag auch online gestellt werden kann (§ 17 Nr. 2 Abs. 2 lit. f und g VOL/A)? Frage 10.3:

133

Ist sichergestellt, dass die Namen der Bewerber, die Teilnahmeantrge gestellt haben, vertraulich behandelt werden (§ 17 Nr. 5 VOL/A)? Frage 10.4:

134

Wie stellt das Programm sicher, dass die Aufforderung zur Angebotsabgabe in den Fllen des § 17 Nr. 3 Abs 6 VOL/A an alle ausgewhlten Bewerber am gleichen Tage abgesendet wird? Wie verfhrt das Programm mit den Medienbrchen („Methodenmix“) von elektronischem und konventionellem Vergabeverfahren? Phase 11: Beendigung des Verfahrens (Zuschlag und Aufhebung)

Jedes Vergabeverfahren bedarf eines formellen Beendigungsaktes. Im Rahmen 135 der VOL/A stehen hier der Zuschlag oder die Aufhebung des Verfahrens zur Verfgung. a) Zuschlag

Frage 11.1:

136

Sieht das Programm eine qualifiziert elektronisch signierte Zuschlagserteilung bzw. eine signierte Besttigung des Zuschlags vor (§ 28 Nr. 1 VOL/A i.V.m. § 126a BGB)?

Heckmann | 375

Kap. 9 Rz. 137

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

– Schwellenwert berschritten: 137 Hinsichtlich der Beendigung des Verfahrens durch Erteilung eines Zuschlags sind weitere Anforderungen einzuhalten, wenn es sich um eine Vergabe oberhalb der Schwellenwerte handelt. Oberhalb der Schwellenwerte ist zwischen einer stets obligatorischen nachtrglichen Informationspflicht und der sog. Vorinformationspflicht des § 13 VgV zu unterscheiden. Gemß § 13 VgV sind dem Bieter auch ohne besonderen Antrag der Name des erfolgreichen Bieters sowie die Grnde seiner eigenen Ablehnung 14 Tage vor dem Vertragsschluss schriftlich mitzuteilen. Diese Informationspflichten vor dem eigentlichen Vertragsschluss dienen dazu, die Vergabeentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle zugnglich zu machen, noch bevor der Auftraggeber vollendete Tatsachen geschaffen hat. Dies wird auch dadurch deutlich, dass § 13 Satz 4 VgV die Nichtigkeit eines ohne Beachtung dieser Informationspflichten geschlossenen Vertrages vorsieht. § 13 VgV bestimmt, dass diese Informationen schriftlich erfolgen mssen. Somit kann eine solche Information auch durch eine dem Schriftformerfordernis gengende digitale Signatur erfolgen. 138 Fr Vergaben unterhalb der Schwellenwerte fehlt es bislang an einer entsprechenden Vorinformationspflicht. Insoweit verbleibt es bei den allgemeinen nachtrglichen Informationspflichten (§ 27 VOL/A). Hier wird in der Regel zwischen einer bloßen Benachrichtigung ber die Nichtbercksichtigung und einer expliziten Darlegung der Grnde fr die Nichtbercksichtigung unterschieden. Whrend ersteres obligatorisch ist, um den beteiligten Unternehmen wieder ihre Dispositionsfreiheit zu gewhren, ist letzteres nur aufgrund einer schriftlichen Anfrage der Bieter notwendig. Diese Mitteilung kann auch elektronisch erfolgen, sollte dann jedoch aus Grnden der Darlegungs- und Beweispflichtigkeit mit einer entsprechenden digitalen Signatur versehen sein. 139 Frage 11.2: Sieht das Programm eine ordnungsgemße Benachrichtigung der nicht bercksichtigten Bieter vor, welche fakultativ qualifiziert elektronisch signiert werden kann? (vgl. § 27a VOL/A) 140 Frage 11.3: Wie erfolgt die Beweissicherung hinsichtlich der Durchfhrung der Benachrichtigung? 141 Frage 11.4: Verhindert das Programm, dass der Zuschlag vor Ablauf der vierzehnttigen Wartefrist erteilt wird (§ 13 Satz 2 VgV)?

376 | Heckmann

II. Vergaberechtskonformitt einer „E-Vergabe-Software“

Rz. 146 Kap. 9

Frage 11.5:

142

Sind geeignete Speichermçglichkeiten vorhanden, um der Aufbewahrungspflicht des § 30b Nr. 1 Abs. 1, Abs. 2 VOL/A zu gengen? – Abschnitt 4 (VOL/A-SKR): Frage 11.6:

143

Sind geeignete Speichermçglichkeiten vorhanden, um der Aufbewahrungspflicht des § 14 SKR Nr. 1 Abs. 1, Abs. 2 VOL/A zu gengen? b) Aufhebung

Kommt es unter den Voraussetzungen des § 26 VOL/A zu einer Aufhebung 144 des Vergabeverfahrens, so sind sowohl die Bewerber (Unternehmen, die lediglich die Verdingungsunterlagen angefragt haben) als auch die Bieter (jeder, der tatschlich ein Angebot abgegeben hat) ber die Aufhebung als solche sowie ber die Grnde der Aufhebung zu informieren. Diese Mitteilung ist formlos mçglich. 87 Daher steht einer elektronischen Benachrichtigung grundstzlich nichts im Wege. Allerdings haben sowohl Bewerber als auch Bieter die Mçglichkeit, eine schriftliche Benachrichtigung einzufordern. 88 Hier kann dann aber eine der Schriftform gengende Benachrichtigung mit digitaler Signatur versendet werden, wenn sich der Bewerber oder Bieter mit einer solchen einverstanden erklrt. Die Erklrung muss nicht ausdrcklich erfolgen. Dies kann auch konkludent geschehen, etwa durch Stellung des Antrags per E-Mail oder durch Bekanntgabe einer entsprechenden E-Mail-Adresse. Ein Antrag auf schriftliche Unterrichtung kann stets elektronisch gestellt werden. – Schwellenwert nicht berschritten Frage 11.7:

145

Besteht eine Mçglichkeit, Bieter ber die Aufhebung der Ausschreibung unter Bekanntgabe der Grnde elektronisch zu benachrichtigen (§ 26 Nr. 4 VOL/A)? – Schwellenwert berschritten Frage 11.8:

146

Zustzlich: Bietet das Programm technische Untersttzung, dass die Entscheidung ber den Verzicht der Vergabe dem Amt fr amtliche Verçffentlichungen der EG mitgeteilt wird (§ 26a Abs. 1 VOL/A)?

87 Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 26 VOB/A Rz. 76. 88 So im Bereich der VOB/A z.B. nach § 26 Nr. 2 Satz 2 VOB/A.

Heckmann | 377

Kap. 9 Rz. 147

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

147 Frage 11.9: Zustzlich: Bietet das Programm technische Untersttzung, dass den Bewerbern und Bietern die Gr nde f r die Verzichtsentscheidung oder erneute Ausschreibung mitgeteilt werden (§ 26a Abs. 2 VOL/A)? 148 Frage 11.10: Kann diese Mitteilung an die Bieter und Bewerber auf Antrag in Form eines qualifiziert elektronisch signierten Dokumentes erfolgen (§ 26a Abs. 2 Satz 2 VOL/A)? Phase 12: Nachtrgliche Informationspflichten

149 Neben den bereits in Phase 9 dargestellten Informationspflichten bei Aufhebung eines Verfahrens gibt es auch noch weiter gehende Informationspflichten, die im Falle einer Zuschlagserteilung erfllt werden mssen. Gerade bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte sind diese besonders ausgeprgt und beziehen sich auf Mitteilungen gegenber den Bewerbern und nicht bercksichtigten Bietern, gegenber dem Amt fr amtliche Verçffentlichungen und darber hinausgehende statistische Meldepflichten. 150 Frage 12: Wie werden unter Verwendung des Programms die vergaberechtlichen Informationspflichten erfllt? Phase 13: Vergabevermerk

151 Wenn in der VOL/A angeordnet ist, dass etwas aktenkundig zu machen ist, ber etwas ein Vermerk oder eine Niederschrift anzufertigen ist oder etwas schriftlich niederzulegen ist, so beziehen sich diese Anordnungen auf den Vergabevermerk. Der Vergabevermerk stellt das umfassendste vergaberechtliche Protokoll dar, dass sich aus den einzelnen speziell angeordneten (aber nicht nur diesen) „Einzelprotokollen“ zusammensetzt. 152 Frage 13: Untersttzt das Programm – zeitnah zur „Vermerksituation“ – die Erstellung eines elektronischen Vergabevermerks im Sinne von § 30 VOL/A?

378 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 155 Kap. 9

III. Ausgewhlte Einzelaspekte und Rechtsprobleme der elektronischen Vergabe 1. Notwendigkeit einer einheitlich digitalen oder einheitlich schriftlichen Angebotsabgabe Die Vorschriften zur digitalen bzw. elektronischen Angebotsabgabe (u.a. § 15 153 VgV, § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/A, § 22 Nr. 1 S. 2 VOL/A) ußern sich nicht eindeutig dazu, ob ein elektronisches Angebot eines Bieters „gesplittet“ werden kann, ob also Teile des Angebotes elektronisch und die restlichen Angaben des Angebotes schriftlich abgegeben werden kçnnen. Dies kann aber nicht offen bleiben, weil das formenstrenge Vergaberecht eine eindeutige Zuordnung der Angebote zum jeweiligen Bieter verlangt und an den Angebotseingang weitere Formalien knpft. a) Auslegung nach dem Wortlaut

Der Wortlaut des § 15 VgV ist nicht eindeutig. 89 Es wird dort lediglich fest- 154 gestellt, dass „die Abgabe der Angebote in anderer Form als schriftlich“ erfolgen kann. Eine hnliche Formulierung trifft § 21 Nr. 3 VOL/ A: „der Auftraggeber kann zulassen, dass Angebote auch auf andere Weise als schriftlich ... bermittelt werden“. In § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/ A ist ebenfalls keine explizite Regelung enthalten. Die Formulierung, dass „daneben“ auch elektronische Angebote eingereicht werden kçnnen, legt eine gewisse Gleichzeitigkeit der Einreichung nahe, wobei unklar bleibt, ob sich dies auf verschiedene Bieter oder auch auf verschiedene Teile eines Angebotes bezieht. Fr die Regelung des § 14 Abs. 2 VOF bedarf es hier keiner Entscheidung, da der dort normierte Teilnahmeantrag nur eine einfache Bekundung des Bieters enthlt, teilnehmen zu kçnnen und kein ganzes Angebot. 90 Der einfache Teilnahmeantrag wird jedoch schon aufgrund seines geringen Umfanges nie auf zwei verschiedene Medien aufgeteilt werden. b) Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Regelungen

Der Sinn und Zweck der Vorschrift, nmlich die Erleichterung, Beschleuni- 155 gung und Verbilligung des Vergabeverfahrens wrde nur dann eingehalten, wenn das gesamte Angebot auf elektronischem Wege bermittelt wird. Bei 89 Teilweise wird angenommen der Wortlaut des § 15 VgV sei eindeutig und wrde

ein einheitliches Angebot voraussetzen: Malmendier, VergabeR 2001, 178 (181), teilweise wird die Verpflichtung zu einem einheitlichen Angebot direkt aus den Koordinationsrichtlinien abgeleitet: Antweiler, CR 2001, 717 (718); Hçfler/Bert, NJW 2000, 3310 (3315). 90 Die Vorlage von Angeboten oder Fristen bis zur Vorlage sind weder in der VOF, noch in der Dienstkoordinationsrichtlinie festgelegt worden: Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, § 14 Rz. 5.

Heckmann | 379

Kap. 9 Rz. 156

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

einer Aufteilung in einen schriftlichen und einen digitalen Teil wrde die Bearbeitung und Jbermittlung des schriftlichen Teiles den Vorteil der digitalen Jbermittlung wieder zunichte machen. Zustzlich besteht bei einer parallelen elektronischen und schriftlichen Einlegung das Risiko von Widerspr chen zwischen den verschiedenen Teilen des Angebots. 91 c) Europarechtskonforme Auslegung

156 In jedem Fall verbietet eine europarechtskonforme Auslegung die Aufsplittung der Angebote. § 15 VgV beruht auf der Rnderungsrichtlinie der Vergabekoordinationsrichtlinien. 92 In der genderten Fassung des Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie 92/50, 93 des Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 93/36 94 und des Art. 18 der Richtlinie 93/37 95 wird bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten digitale Angebote zulassen kçnnen, sofern gewhrleistet ist, dass jedes abgegebene Angebot die fr seine Bewertung erforderlichen Angaben enthlt. d) Ergebnis: Einheitliche Angebotsabgabe erforderlich

157 Damit muss auch jedes auf andere Weise abgegebene Angebot alle fr seine Bewertung notwendigen Angaben enthalten. § 15 VgV muss daher richtlinienkonform in dem Sinn ausgelegt werden, dass auch ein elektronisches Angebot vollstndig abzugeben ist und eine Aufteilung in einen schriftlichen und einen elektronischen Teil unzulssig ist. 96

2. Einsatz von IuK-Diensten als „vergabefremder Aspekt“ bei der Wertung der Angebote 158 Bedient sich eine Behçrde der Mçglichkeiten eines elektronischen Vergabeverfahrens, stellt sich die Frage, wie innerhalb der Wertung der Angebote mit dem Umstand umgegangen werden kann, dass manche Bieter den elektronischen Weg aufgreifen, andere ihre Angebote aber auf konventionelle Weise einreichen. Kçnnen „digitale Angebote“ bevorzugt werden? Insbesondere: Wre der insoweit vergebene Bonus als Wertungsgesichtspunkt ein vergabefremder Aspekt und wre er berhaupt vergaberechtskonform? 159 Es besteht eine sehr intensive politische und rechtswissenschaftliche Diskussion hinsichtlich der Zulssigkeit vergabefremder Aspekte in Vergabe91 So auch Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 21 VOB/A 92 93 94 95 96

Rz. 28 f. RL 97/52/EG vom 13.10.1997, ABl. EG 1997 Nr. L 328/1. RL 92/50/EG vom 18.6.1992, ABl. EG 1992 Nr. L 209/1. RL 93/36/EG vom 14.6.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 199/1. RL 93/37/EG vom 14.6.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 199/54. Hçfler/Bert, NJW 2000, 3310 (3315); Malmendier, VergabeR 2001, 178 (181).

380 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 162 Kap. 9

verfahren. 97 Dies betrifft etwa die Verfolgung tarifvertraglicher Zielsetzungen bei Vergabeverfahren. 98 Aber auch hinsichtlich der Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte, der Regionalfçrderung sowie der Gleichberechtigung der Frauen oder anderer sozialer Aspekte ist die Diskussion noch nicht beendet. 99 Ganz aktuell stellt sich die Frage nach einer Bevorzugung von Open Source Software bei der IT-Vergabe. 100 a) Europisches Vergaberecht

Ziel der Europischen Gemeinschaft ist, auch im Bereich der Auftragsver- 160 gabe, die Ausbung der Grundfreiheiten zu erleichtern und einen Beitrag zur Errichtung eines gemeinsamen Marktes (Binnenmarktes) zu leisten. 101 Alle Unternehmen mssen daher die gleichen Chancen haben çffentliche Auftrge zu erlangen, 102 was auch bereits durch das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG sichergestellt wird. Der sich daraus ergebende Wettbewerbsgedanke schlgt sich in den Koor- 161 dinationsrichtlinien nieder. Dort wird nahezu bereinstimmend festgelegt, dass fr die Auftragsvergabe (Zuschlag) nur das Kriterium des niedrigsten Preises bzw. das des wirtschaftlich gnstigsten Angebotes maßgeblich ist. 103 Politische Zielsetzungen sind hier fehl am Platze, sie sind unzulssige, vergabefremde Aspekte. 104 Auch bei der Entscheidung, welche Bewerber berhaupt fr die Durchfhrung des Auftrages geeignet sind, darf nach den Vergaberichtlinien nur die wirtschaftliche, finanzielle und technische Leistungsfhigkeit maßgeblich sein. 105 b) Deutsche Vergaberechtsregelungen

Das deutsche Vergaberecht erlaubt oberhalb der Schwellenwerte in § 97 162 Abs. 4 GWB explizit auch weiter gehende (ber die Fachkunde, Leistungsfhigkeit und Zuverlssigkeit) hinausgehende Anforderungen, soweit diese 97 Mosbacher, DIV 2001, 573 (581) mit weiteren Nachweisen. 98 Vgl. BGH, Vorlagebeschluss an das BVerfG v. 18.1.2000 – KVR 2/98, DB 2000, 465. 99 Neßler, DIV 2000, 145; Rittner, EuZW 1999, 677; Mosbacher, DIV 2001, 573

(581). 100 Hierzu grundlegend Heckmann, CR 2004, 401; Heckmann, in: Spindler, Rechts-

fragen bei Open Source, S. 281. 101 Vgl. Art. 2, 14 EGV; Prieß, Handbuch des europischen Vergaberechts, S. 4 f. 102 Siehe beispielsweise Erwgungsgrund zwei und drei der Rnderungsrichtlinie der

Dienstleistungskoordinationsrichtlinie: RL 97/52/EG vom 13.10.1997 ABl. EG 1997 Nr. L 328/1, die die RL 92/50/EG vom 18.6.1992 ABl. EG 1992 Nr. L 209/1 gendert hat. 103 Vgl. die Regelungen der einzelnen Koordinationsrichtlinien, z.B.: Art. 36 Abs. 1 RL 92/50, Art. 26 Abs. 1 RL 93/36, Art. 30 RL 93/37. 104 Neßler, DIV 2000, 145 (148). 105 Vgl. die Regelungen in den Koordinationsrichtlinien, z.B.: Art. 31 ff. RL 92/50, Art. 22 ff. RL 93/36, Art. 26 ff. RL 93/37.

Heckmann | 381

Kap. 9 Rz. 163

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

bundes- oder landesgesetzlich normiert sind. Es werden also explizit vergabefremde Kriterien zugelassen, was auch dazu fhrte, dass die Lnder regen Gebrauch von dieser Iffnungsklausel machten. 106 c) Europarechtskonformitt des deutschen Vergaberechts

163 Wie oben dargestellt, sehen die Vergaberichtlinien vergabefremde Kriterien nicht vor, so dass diese als unzulssig einzustufen sind. § 97 Abs. 4 GWB und die darauf beruhenden Normen sind aber gleichwohl nicht zwangslufig europarechtswidrig. Richtlinien sind so auszulegen, dass ihr Inhalt mit den Zielen und Regelungen des EG in Einklang steht. 107 Dabei ist das Ziel der Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes in Art. 2 EG ein Ziel unter vielen. Ebenso sind speziell die Gleichstellung von Mnnern und Frauen, ein hohes Beschftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz als Ziel angesprochen. Auch das Umweltschutzerfordernis ist in Art. 2, 6 EG explizit als Ziel eingefgt. 164 Zu bercksichtigen ist allerdings, dass all diese Ziele in der ganzen Gemeinschaft (Art. 2 EG) gleichermaßen zu verwirklichen sind und nicht zu einer Diskriminierung fhren drfen. Vergabefremde Kriterien sind daher im Zusammenspiel des deutschen Rechtes mit dem Europarecht immer dann erlaubt, wenn sie auslndische Bieter nicht diskriminieren und Ziele der EG verwirklichen. 108 d) Einordnung der Bevorzugung von digitalen Angeboten als vergabefremder Aspekt

165 Geht man in diesem Sinne von dem wirtschaftlich gnstigsten Angebot aus, 109 ist doch problematisch, dass sich die Zuschlagskriterien nur auf die Erbringung der zu vergebenden Leistung beziehen und nicht auf die Leistungsfhigkeit im Rahmen des Verfahrens der Auftragsvergabe. 166 Gleiches gilt fr die Eignung der Bieter. 110 Hier darf nur entscheidend sein, dass sie fr die Erfllung der vertraglichen Verpflichtungen geeignet sind. Die Art der Durchfhrung des Vergabeverfahrens ist kein Eignungskriterium. 167 Die Verwendung von IuK-Technik im Rahmen des Vergabeverfahrens ist aber durchaus ein Auswahlkriterium, das der ursprnglichen Idee des Wett106 Z.B. das Landesgleichstellungsgesetz von Brandenburg (GVBl. Brandenburg 1994

I, S. 254 ff.). 107 Neßler, DIV 2000, 145 (151) mit Verweisen auf die einschlgigen Entscheidun-

gen des EuGH. 108 Neßler, DIV 2000, 145 (151). 109 Vgl. z.B.: § 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOL/A, § 25 Nr. 3 VOB/A. 110 Hierzu finden sich beispielsweise Regelungen in § 25 Nr. 2 VOB/ A, § 25 Nr. 2

VOL/ A.

382 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 172 Kap. 9

bewerbes sowie der Auswahl des technisch leistungsfhigsten und fr den Auftraggeber gnstigsten Bieters sehr nahe kommt. Es stellt fr die Verwaltung jetzt schon einen zeitlichen Vorteil dar, wenn das Vergabeverfahren elektronisch abgewickelt wird und in absehbarer Zeit wird dies fr die Auftraggeber auch finanziell vorteilhaft sein. Ein derartiges Vergabekriterium befindet sich damit in der Mitte zwischen 168 den normierten Vergabekriterien, die nur die Auftragserfllung selbst betreffen und den vçllig vergabefremden Kriterien wie beispielsweise die Fçrderung der Gleichberechtigung der Frauen. Es wird bei der Verwendung des Kriteriums des Einsatzes von IuK-Technik zumindest das leistungsstrkere Unternehmen bercksichtigt, das dem Auftraggeber Zeit und Geld spart. e) Zulssigkeit der Bevorzugung digitaler Angebote

Ob unter den vorgenannten Rahmenbedingungen berhaupt jene strengen 169 Anforderungen an vergabefremde Aspekte zu stellen wren, mag dahinstehen. Ohnehin sind hinsichtlich der Bevorzugung digitaler Angebote die an die Zulssigkeit vergabefremder Kriterien gestellen Voraussetzungen erfllt. Eine Diskriminierung liegt hier gerade nicht vor. Sowohl inlndische als auch 170 auslndische Unternehmen kçnnen gleichermaßen ber die technischen Standards verfgen und mit vergleichbarem finanziellen Aufwand eine elektronische Verfahrensabwicklung sicherstellen. Die Durchfhrung eines rein elektronischen Vergabeverfahrens trgt im Ge- 171 genteil sogar zur Verwirklichung des Binnenmarktes bei. Nach Art. 42 Abs. 2 der RL 2004/18/EG mssen die vom çffentlichen Auftraggeber im Rahmen seines Auswahlermessens gewhlten Kommunikationsmittel allgemein verfgbar sein und ihre Verwendung darf nicht dazu fhren, dass der Zugang der Wirtschaftsteilnehmer zum Vergabeverfahren beschrnkt wird. Weiterhin wird bei der Bevorzugung der Bieter, die IuK-Technik verwenden, 172 auch ein Ziel des EGV verwirklicht. Nach dem Government Procurement Agreement 111 soll durch den Einsatz der Informationstechnologie die Erreichung der Ziele eines offenen, nichtdiskriminierenden und wirksamen çffentlichen Beschaffungswesens aufgrund der hçheren Transparenz der Verfahren gefçrdert werden. Dies trgt auch auf diesem Gebiet wesentlich zur Verwirklichung des Binnenmarktes bei. Die bevorzugte Vergabe an Bieter, die IuK-Technik verwenden, verwirklicht dadurch ein Ziel des EGV (Art. 2 EG).

111 ABl. EG 1996 Nr. C 256, S. 2 ff.

Heckmann | 383

Kap. 9 Rz. 173

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

f) Ergebnis

173 Soweit man die Bevorzugung der Bieter, die IuK–Dienste einsetzen, berhaupt als „vergabefremden Aspekt“ klassifiziert, ist dieser aus europarechtlicher Sicht zulssig. Nach dem deutschen Vergaberecht muss ein entsprechendes Gesetz geschaffen werden, das diese Bevorzugung anordnet bzw. erlaubt.

3. Das Problem der Kompatibilitt von Signaturverfahren 174 Fr jede Form eines verbindlichen, rechtswirksamen Vergabeverfahrens ist der Einsatz der elektronischen Signatur derzeit unverzichtbar. 112 Problematisch ist hier das breite Angebot an Zertifizierungsdiensteanbietern i.S.d. § 1 Nr. 8 SigG, deren Dienste nicht miteinander kompatibel sind. Sowohl Absender als auch Empfnger mssen nach der momentanen faktischen Lage ber ein Programm und eine Karte des jeweiligen Zertifizierungsdiensteanbieters verfgen und damit fr den Dienst angemeldet sein. Die Auftraggeber mssten daher fr jedes Trustcenter eines jeden Zertifizierungsdiensteanbieters angemeldet sein, ber alle Softwareversionen verfgen und alle Zugangskarten zur Verfgung haben, um die elektronischen Dokumente jedes Bieters prfen zu kçnnen. 175 Hier wird teilweise vertreten, dass der çffentliche Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung bestimmen kann, von welchen Zertifizierungsanbietern die verwendeten elektronischen Signaturen stammen mssen. 113 Vor dem Hintergrund behçrdlicher Wahlfreiheit zum Einsatz elektronischer Vergabeverfahren leuchtet diese Auffassung einerseits zunchst ein: Wenn es schon im Ermessen des Auftraggebers steht, ob er berhaupt elektronisch bermittelte Angebote akzeptiert, muss es diesem im Grundsatz erst recht mçglich sein, bei Vorliegen sachlicher Grnde zu bestimmen, welche Zertifizierungsdiensteanbieter genutzt werden kçnnen. 176 Andererseits ist aber zu bercksichtigen, dass alle verschiedenen Signaturanbieter letztlich die gesetzlichen Anforderungen des im Signaturgesetz vorgeschriebenen Standards erfllen. Es muss daher schon ein zustzlicher sachlicher Differenzierungsgrund hinzukommen, der diese Ungleichbehandlung der Anbieter und damit letztlich auch der bietenden Unternehmen rechtfertigen wrde. 177 Ein weiteres Indiz dafr, dass die Verwaltung entscheiden kann, welche Zertifizierungsdiensteanbieter sie zulsst, ist ein Vergleich mit der Rechtslage 112 Vgl. nur Hçfler, NZBau 2000, 449. Technisch denkbar sind jedoch auch alternative

Verfahren zur Authentifizierung im Rechtsverkehr, sei dies durch Passwortabfragen kombiniert mit USB-Token (zu einem solchen Zwei-Komponenten-Schutz vgl. http://www.wibu.com/de/securikey.php) oder die Erzeugung von Einmalcodes (vgl. hierzu etwa die angebotene Lçsung unter http://www.quizid.com). 113 Antweiler, CR 2001, 717. (722).

384 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 179 Kap. 9

bei der Einreichung von Schriftstzen im Zivilprozess. Nach § 130a Abs. 1 ZPO ist (derzeit) die Einreichung von (nichtbestimmenden) Schriftstzen in elektronischer Form mçglich. Nach Anlage zu § 2 Nr. 3, 4 der Verordnung ber den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof 114 ist eine bestimmte Software vorgeschrieben, die fr die elektronische Signatur zu verwenden ist; Gleiches gilt fr die vom Gericht bekannt gegebenen çffentlichen Schlssel und Zertifikate. Der Zugang eines Schriftsatzes bei Gericht wird aber sogar durch den grundrechtlich manifestierten Anspruch auf rechtliches Gehçr geschtzt und hat damit nicht weniger Gewicht als die vergaberechtlichen Verfahrensgrundstze. 115 Damit mssten hier die Anforderungen an die einfache Zugnglichkeit sogar noch hçher sein. In diesem Zusammenhang will das von der Bundesregierung ins Leben ge- 178 rufene Signaturbndnis 116 bis Ende 2005 die Voraussetzungen fr eine flchendeckende interoperable Abwicklung des elektronischen Rechts- und Geschftsverkehrs mit elektronischen Signaturen schaffen. Die Entwicklung eines einheitlichen technischen Standards fr multifunktionale Chipkarten und die in diesem Zusammenhang notwendige Novellierung des Signaturgesetzes 117 steht nach wie vor auf der rechtspolitischen Tagesordnung. Als ehrgeizige Pilotprojekte dienen diesbezglich die Gesundheitskarte, die Jobcard und der digitale Personalausweis. Wenn aber aus irgendeinem Grund keine solche Einigung zustande kommen sollte, ergibt sich durch die neue EG-Vergaberichtlinie 2004/18/EG ein weiteres Problem. Aus Artikel 42 der Richtlinie ergibt sich eindeutig, dass der Auftraggeber auch 179 ausschließlich elektronische Angebote zulassen kann. Die Begrndung bemerkt dazu: Selbst wenn einige befrchten, dass manche Unternehmen aufgrund ihres informationstechnischen Rckstands von elektronisch vergebenen Auftrgen ausgeschlossen sein kçnnten, ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Daher scheint ein Jbergangszeitraum, in dem die gleichzeitige Verwendung herkçmmlicher und elektronischer Kommunikationsmittel vorgeschrieben wre, nicht nçtig; dies gilt umso mehr, da die Unternehmen bis zur Verabschiedung und der Umsetzung des Richtlinienvorschlags de facto ber einen Jbergangszeitraum verfgen. 114 Abgedruckt bei Stadler, in: Musielak, Anhang zu § 130a ZPO. 115 Natrlich ist sowohl der Anspruch auf rechtliches Gehçr ebenso wie der Wett-

bewerbsgrundsatz zumindest noch durch die bestehende Mçglichkeit eines schriftlichen Verfahrens geschtzt. Die Einrumung einer zustzlichen Kommunikationsmçglichkeit an einen begrenzten Adressatenkreis (der ber die jeweilige Technik verfgt) tangiert aber zumindest beide Prinzipien. 116 Vgl. http://www.signaturbuendnis.de. 117 Das 1. Gesetz zur Rnderung des Signaturgesetzes vom 4.1.2005 (BGBl. I S. 2) hat eher „kosmetischen“ Charakter und fhrte noch nicht zu der erhofften grundstzlichen Weiterentwicklung des Signaturrechts.

Heckmann | 385

Kap. 9 Rz. 180

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

180 Wie oben bereits bemerkt begegnet dies schon allgemeinen Bedenken fr die Einhaltung des Wettbewerbsgrundsatzes, wenn einige Bewerber ber gar keinen Internetzugang und ber keine Signaturmçglichkeit verfgen. Zustzlich wrden aber auch die Bieter vollkommen ausgeschlossen, die zwar ber Internet und Signaturmçglichkeit verfgen, aber einen anderen Zertifizierungsdiensteanbieter als die Verwaltung gewhlt haben. 181 Soweit man sich der Argumentation der Kommission anschließt – und dafr sprechen, gerade im Bereich oberhalb der Schwellenwerte, gute Grnde – 118, kçnnen aber auch die Bedenken der fehlenden Kompatibilitt berwunden werden. Wenn den Bietern, die ber gar keine Einrichtungen verfgen, zugemutet werden kann sich diese anzuschaffen, muss dies erst recht fr die Bieter gelten, die nur noch eine neue passende Software und ein neues Schlsselpaar bei einem anderen Zertifizierungsdiensteanbieter besorgen mssen. 182 Auch in dem Fall, dass bis zur Verwirklichung des neuen Richtlinienvorschlages kein einheitliches System der digitalen Signatur besteht, ist die Bestimmung der Nutzung ausgewhlter Zertifizierungsdiensteanbieter bei ausschließlich zugelassenen elektronischen Angeboten zulssig.

4. Rechtfertigung der Schwellenwerte bei digitalisierten Vergabeverfahren – Digitale Vergabe als Motor einer Vereinheitlichung des Vergaberechts? 183 Ziel der EG-Vergaberichtlinien ist es, einen echten grenzberschreitenden Wettbewerb sicherzustellen. 119 Darauf grndet sich auch die Zweiteilung des Vergaberechts. Wenn bei einigen Auftrgen die Beteiligung auslndischer Bieter aufgrund des geringen Auftragswertes nicht zu erwarten ist, muss daher auch keine europaweite Ausschreibung erfolgen. 120 Dadurch wird nicht nur dem Prinzip der begrenzten Einzelermchtigung und Subsidiaritt gem. Art. 5 EG Rechnung getragen, sondern zugleich verhindert, dass die Richtlinien einen administrativen Aufwand verursachen, der nicht mehr durch die Vorteile eines europaweiten Wettbewerbs kompensiert werden kann. 121 Die Hçhe der Schwellenwerte wird daher durch eine Abwgung zwischen den Vor118 Siehe oben: Oberhalb der Schwellenwerte sind derart hohe Auftragssummen im

Spiel, dass zum einen von jedem Bieter erwartet werden kann, dass er sich die Technik besorgt und zum anderen jeder Bieter auch die Investition nicht scheuen wird sich mit der Technik auszustatten. Der Ausschluss eines Bieters ist daher faktisch nicht denkbar. 119 Vgl. beispielsweise den 10. Erwgungsgrund der Baukoordinationsrichtlinie RL 93/37/EG vom 14.6.1993, ABl. EG 1993, Nr. L 199/54; 1., 2., 3. und 4. Erwgungsgrund der Sektorenkoordinationsrichtlinie RL 93/38/EG vom 14.6.1993, ABl. EG 1993, Nr. L 199/84. 120 Boesen, § 100 GWB Rz. 3. 121 Boesen, § 100 GWB Rz. 3; Stickler, in Reidt/Stickler/Glahs, § 100 GWB Rz. 4.

386 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 187 Kap. 9

teilen des europaweiten Vergabeverfahrens und dem hiermit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand ermittelt. 122 Fraglich ist nun, ob die Zweiteilung des Vergaberechts auch nach der Einfh- 184 rung elektronischer Vergabeverfahren gerechtfertigt ist oder ob die Minimierung der Kosten durch die Mçglichkeit elektronischer Vergabeverfahren nicht zu einer allgemeinen Pflicht der europaweiten Ausschreibung fhren muss. Nach dem momentanen Stand der Gesetzgebung ist nicht das gesamte Vergabeverfahren digitalisiert. Die Jbermittlung von Dokumenten von dem Bieter an den Auftraggeber muss fr eine Jbergangszeit nicht nur elektronisch, sondern auch zustzlich in Papierform mçglich sein. 123 Der Medienbruch ist nach der momentanen Rechtslage unvermeidbar und wird sogar zu einer zustzlichen Belastung der Auftraggeber und zu noch hçheren Verfahrenskosten fhren. Die Gefahr des Missverhltnisses zwischen Verfahrenskosten und Auftragswert besteht daher immer noch. Dazu kommt noch ein faktisches Problem. Selbst wenn die Gesetzeslage 185 eine rein elektronische Vergabe erlauben sollte, verfgt momentan nicht jeder Auftraggeber ber die technische Ausrstung und das entsprechende Personal fr eine elektronische Vergabe. Wenn der Auftraggeber diese Mittel erst beschaffen msste, erfolgt auch kein Einspareffekt. Man kann daher ber eine Herabsetzung der Schwellenwerte oder ber de- 186 ren Wegfall erst dann diskutieren, wenn bei allen Auftraggebern die technischen Einrichtungen vorhanden sind und die Auftraggeber nach der Gesetzeslage auch ausschließlich ein elektronisches Verfahren zulassen kçnnen.

5. Vergabeplattform und elektronische Signatur In der Praxis wird von interessierten Behçrden nicht selten die Frage aufgewor- 187 fen, inwieweit die Nutzung einer elektronischen Vergabeplattform Anschaffung und Verwendung digitaler Signaturkarten erfordere. Die Behçrde will etwa fr den internen Gebrauch, z.B. das Einstellen der Verdingungsunterlagen oder die Angebotserçffnung auf Signaturkarten verzichten, weil deren Beschaffung behçrdenintern noch nicht so weit fortgeschritten sei.

122 Boesen, § 100 GWB Rz. 4. 123 Es kann noch nicht von jedem Bieter erwartet werden, dass er ber Internet-

zugang und digitale Signatur verfgt. Dies wird zwar eher als bei einem normalen Brger der Fall sein, ist aber noch nicht erreicht. Soweit dies jetzt schon verlangt wrde, lge ein Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Hçchstens fr grçßere Unternehmen, die sich am grenzberschreitenden Wettbewerb oberhalb der Schwellenwerte beteiligen gilt anderes: Malmendier, VergabeR 2001, 178 (181). Eine Aufhebung der Schwellenwerte setzt aber gerade voraus, dass auch die kleinen Auftraggeber ber die nçtige technische Ausstattung verfgen.

Heckmann | 387

Kap. 9 Rz. 188

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Die Beantwortung dieser Frage erfordert nach der 3-Stufen-Prfung zunchst eine Analyse der einschlgigen Vergaberechtsregelungen, hier am Beispiel der VOL/A. a) Kein Signaturkartenerfordernis f r vergabeverfahrensinterne Vorgnge

188 Die Verdingungsunterlagen sind als Teil der Vergabeunterlagen in den §§ 9 und 10 sowie 17 VOL/A geregelt. Dort gibt es Ausfhrungen zum notwendigen Inhalt und weitere Einzelregelungen, wie mit den Verdingungsunterlagen zu verfahren ist. Ihre Erstellung ist nicht geregelt. Deshalb gibt es auch keine Bestimmungen zur Verwendung der elektronischen Signatur in diesem Stadium (Stufe 1). Kein Problem stellt die reine Herstellung des Textes als solches dar. Selbstverstndlich kçnnen und sollten die Verdingungsunterlagen in digitalisierter Form erstellt werden (was ja auch ohne Vergabeplattform, etwa in Form von Excel-Dateien geschieht). Wiederum nicht gefragt ist nach dem Versenden der Verdingungsunterlagen 124 und damit nach dem Kontakt nach außen. b) Sicherheitsbeitrag der elektronischen Signatur (Prinzip der funktionellen Gquivalenz)

189 Die Frage ist deshalb dahin gehend zu przisieren, welche Vorkehrungen bei den internen Vorgngen zu treffen sind, damit die weitere Verwendung der Verdingungsunterlagen vergaberechtskonform verluft. Insbesondere stellt sich die Frage, welchen (Sicherheits-)Beitrag die elektronische Signatur hier leisten kann. 125 Hierzu muss das Vergabeverfahren unter dem Gesichtspunkt der funktionellen Rquivalenz untersucht werden (Stufe 2). 190 a) Im realen Raum werden die Texte zu den Verdingungsunterlagen mit Computerprogrammen erstellt und auf Behçrdenrechnern abgespeichert. Maßgebend ist aber der Ausdruck dieser Datei („Urschrift“), die in den Vergabeakten aufbewahrt wird und als Grundlage fr Abschriften (Kopien) dient. Das herkçmmliche Kopierverfahren stellt relativ sicher, dass die Vervielfltigungsstcke, die an die Bieter bergeben werden, einen identischen Inhalt haben. Nicht ausgeschlossen sind Abweichungen durch menschliche (Bedienungs-)Fehler. 191 b) Im virtuellen Raum, d.h. auf der Vergabeplattform, werden die Dateien ebenso mit Softwareuntersttzung erstellt (sicher komfortabler) und zum Abruf bereitgestellt. Die Verwendung einer elektronischen Signatur ist 124 Genauer § 17 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A: Die Verdingungsunterlagen sind „zu berge-

ben“. 125 Roßnagel, Die elektronische Signatur in der çffentlichen Verwaltung; Mertes/

Zeuner, Digitale Signatur und Signaturgesetz, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, Kap. 13.3.

388 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 194 Kap. 9

hier weder rechtlich erforderlich noch praktisch zwingend: Als Instrument fr die „Anmeldung am System“ wre sie gewissermaßen „berdimensioniert“. Der Nachweis darber, in der Behçrde berhaupt zum Erstellen von Verdingungsunterlagen berechtigt zu sein, kann auf anderen Wegen gleichwertig gefhrt werden, z.B. durch Verwendung einfacher Smartcards mit PIN (Sicherheit durch Besitz und Wissen), ggf. auch bloß mit Passwort und zustzlicher PIN (Sicherheit durch qualifiziertes Wissen). Die Parallele im realen Raum liegt – was das Sicherheitsniveau betrifft – in der Zugnglichkeit zum Briefpapier und Stempel der Behçrde, die zumindest fr jeden Bediensteten nicht erheblich erschwert ist. Entschließt sich die Behçrde, vorerst von der Anschaffung elektronischer Sig- 192 naturkarten abzusehen, ist die vorgenannte Lçsung adquat und kostengnstig. Man muss dann allerdings bedenken, dass es andere Vergabeverfahrenssituationen gibt, in denen die elektronische Signatur nicht so leicht ersetzt werden kann (im Kontakt nach außen etwa bei rechtserheblichen Willenserklrungen). Konsequenterweise muss dort auf konventionelle Methoden wie Behçrdenschreiben zurckgegriffen werden. Dies erscheint aus Sicht der Behçrde vertretbar, weil sie aus Grnden der Gleichbehandlung aller Bieter ohnehin Medienbrche nicht vermeiden kann. Aus Sicht des „elektronischen Bieters“ ist dies vielleicht rgerlich, aber hinnehmbar. c) Bleibt die Frage zu klren, wie die Authentizitt des Urhebers und die Inte- 193 gritt der Verdingungsunterlagen als Dokument verifiziert werden. Was den Urheber betrifft, bedarf es nicht wie bei Rechtsgeschften einer „gerichtsfesten“ Zuordnung zu einer bestimmten Person. Es gengt, dass die Verdingungsunterlagen in der Behçrde erstellt wurden. Die Integritt der Verdingungsunterlagen ist so lange gewhrleistet, wie diese auf dem Behçrdenrechner verbleiben. Hier bietet die Vergabeplattform sogar eine grçßere Sicherheit als der normale Behçrdenrechner. Lediglich die elektronische Jbermittlung an die Bieter kçnnte eine Schwachstelle darstellen, wenn etwa Datenverlust eintritt und die Verdingungsunterlagen unvollstndig beim Empfnger eintreffen. Danach war im Ausgangsfall nicht gefragt. Hier wre es durchaus sinnvoll, die Verdingungsunterlagen mit einer Behçrdensignatur zu versehen und per E-Mail zu versenden. Der Empfnger kçnnte beim Verifizieren der Nachricht feststellen, ob das Dokument unverndert ist. 126 Dieser Effekt lsst sich aber auch ber eine entsprechende Konfiguration der Vergabeplattform ohne Signatur erzielen. d) Wiederum die Parallele zum realen Raum: Dort ist auch nicht ausgeschlos- 194 sen, dass beim Kopieren der Verdingungsunterlagen einzelne Bltter vergessen werden. Aus Grnden des Rechtsschutzes ist es empfehlenswert, dass selbst in Verfahren, in denen nur „elektronische Bieter“ vorhanden sind, ein 126 Zur Gewhrleistung der Integritt eines Dokuments mittels „Hashwert“ vgl.

Kloepfer, Informationsrecht, § 13 Rz. 102.

Heckmann | 389

Kap. 9 Rz. 195

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Ausdruck der Verdingungsunterlagen als „Urschrift“ zu den (realen) Vergabeakten gegeben wird.

6. Der VOB-Erçffnungstermin und sein virtuelles Umfeld 195 Hat eine Behçrde die Nutzungsrechte an einer E-Vergabe-Applikation erworben, wird sie deren Vorteile so weit als mçglich nutzen wollen. So kçnnte die Software etwa in den Erçffnungstermin nach § 22 VOB/A einbezogen werden. Man kçnnte zum Beispiel die elektronisch geçffneten Angebote mittels Beamer auf eine Leinwand projizieren. Hier drngt sich die Frage auf, welche Rechtsvorschriften zu beachten sind. a) Wortlaut des § 22 VOB/A

196 Zur elektronischen Angebotserçffnung ußert sich die VOB nicht. Sie spricht in § 22 von der „Iffnung der Angebote“, nachdem der Verhandlungsleiter festgestellt hat, „ob die digitalen Angebote verschlsselt sind“. Dies allein ist brigens schon problematisch. Pointiert ausgedrckt: Gengt als verbindliche „Feststellung“, dass der Verhandlungsleiter ein Ergebnis des Rechenprogramms abliest, fr dessen Richtigkeit allenfalls der Hersteller der Vergabeplattform die Gewhr bernehmen kann? Dem Verhandlungsleiter, der nicht wie bei Briefumschlgen Augenschein nehmen kann, fehlt hierfr die technische Kompetenz. Braucht er sie nach Vergaberecht berhaupt? Diese Frage ist bislang in der Literatur berhaupt nicht behandelt, muss aber fr die vergaberechtskonforme Entwicklung und Nutzung elektronischer Vergabeplattformen geklrt werden. b) „Verlesen“ als technikunterst tztes „Mitlesen“ (Prinzip der funktionellen Gquivalenz)

197 Was die Gestaltung des Erçffnungstermins betrifft, sind Parallelen zum konventionellen Verfahren zu ziehen. Dort besteht die Abfolge: 127 – Iffnung der Angebote – Kennzeichnung ihrer wesentlichen Teile – Verlesung bestimmter Angebotsinhalte Im virtuellen Raum entspricht dem tatschlichen Iffnen der verschlossenen Umschlge die Entschlsselung der digitalen Angebote durch die Vergabesoftware, ausgelçst durch die zustndigen Behçrdenvertreter unter Wahrung von Sicherheitsstandards (Passwort, Smartcard, PIN). 127 Vgl. dazu Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 22

VOB/A Rz. 66 ff.

390 | Heckmann

III. Ausgewhlte Einzelaspekte

Rz. 199 Kap. 9

Auch die Kennzeichnung wird softwaregesttzt automatisch erledigt. Sie 198 ist bereits im Programmiervorgang der Erstellung der Verdingungsunterlagen angelegt. Es ist eine der Hauptfunktionen elektronischer Vergabeplattformen, im Sinne eines antizipierten Vergabeverfahrens Zugriffe, Eingaben und Abrufe manipulationssicher und transparent zu steuern. Ungeklrt ist demgegenber der Verfahrensschritt der Verlesung. 128 Kann 199 man sich das mhselige, im realen Raum unvermeidliche Verlesen aller in § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A genannten Angebotsinhalte ersparen? Der Normtext scheint dagegen zu sprechen. Jedoch weckt das Prinzip der funktionellen Rquivalenz Zweifel an einer starren Jbernahme konventioneller Verfahrensmodi. Das Verlesen bewegt sich im Spannungsfeld der Grundstze der Vertraulichkeit und Transparenz. 129 Bestimmte Angebotsinhalte sollen zur Kenntnis der Bieter gebracht werden, um deren eigene Position im Bieterwettbewerb einschtzen zu kçnnen; andere Inhalte drfen gerade nicht verlesen werden, um Firmeninterna und Kalkulationen der Konkurrenz nicht aufzudecken. 130 Verlesen bedeutet in diesem Zusammenhang Sortieren und Bekanntgeben. 131 Dies ist im realen Raum nicht anders herstellbar als durch eine Aktion des Verhandlungsleiters. Anders aber unter Zuhilfenahme technischer Mçglichkeiten, eben in Form von Vergabeplattformen. Die darin enthaltenen Programme ermçglichen die technische Aufbereitung der Inhalte in einer vergaberechtskonformen Weise. Die Bekanntgabe selbst muss dann nicht zwingend akustisch erfolgen, die optische Wahrnehmung gengt ohne weiteres dem Erfordernis der Publizitt. 132 In der Tat kann sich die Behçrde damit der Projektion mittels Beamer bedienen. Sie muss den anwesenden Bietern nur ausreichend Zeit geben, die relevanten Daten zu erfassen. Genau genommen hat dieses Verfahren sogar den Vorteil, dass die Flle fehlerhafter Wahrnehmung reduziert werden. So zeigen sich die Vorteile des Technikeinsatzes im Verwaltungsverfahren: Transparenz, Przision und Objektivitt. Ob als weiterer Vorteil auch die Beteiligung abwesender Bieter ber eine Art virtuellen Erçffnungstermin zulssig ist, kann hier nur als Frage aufgeworfen werden. Dem steht nicht nur der Wortlaut des § 22 VOB/A entgegen. Auch die Herstellung funktioneller Rquivalenz erscheint hier zweifelhaft.

128 Zu den Einzelheiten des Verlesens vgl. Kratzenberg, in: Ingenstau/Korbion, § 22

VOB/A Rz. 20. 129 Vgl. zu den allgemeinen Grundstzen des Erçffnungstermins Kratzenberg, in: In-

genstau/Korbion, § 22 Nr. 8 VOB/A Rz. 2 ff. 130 Vgl. Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zanner/Grnhagen, § 28a VOB/A

Rz. 3. 131 Siehe oben Fn. 128. 132 Zum Grundsatz der Publizitt vgl. Franke/Gr+nhagen, in: Franke/Kemper/Zan-

ner/Grnhagen, § 28a VOB/A Rz. 3.

Heckmann | 391

Kap. 9 Rz. 200

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

7. Korruptionsbekmpfung durch elektronische Vergabe? 200 Ein kaum quantifizierbarer positiver externer Effekt rckte gerade auf Grund jngster Ereignisse in das Blickfeld des çffentlichen Interesses. Es stellt sich nmlich die Frage, ob der Einsatz internetbasierter elektronischer Vergabeplattformen zur Korruptionsbekmpfung beitragen kann. Wie aktuell dieses Thema ist zeigen nicht zuletzt die Schmiergeldaffren bei der Deutschen Bahn, 133 der Frankfurter Messe 134 oder dem Kçlner Mllskandal. 135 Experten schtzen den jhrlichen volkswirtschaftlichen Schaden auf etwa 5 Milliarden Euro. 136 Nachdem die Einfhrung eines bundesweiten Korruptionsregisters vor kurzem im Bundesrat vorerst scheiterte, wird die Diskussion offen wie nie zuvor gefhrt. 201 Whrend bisherige Kontrollinstrumente, wie das Strafrecht, vor allem repressive Wirkungen zeigen (oder auch nicht), kçnnen elektronische Vergabeplattformen prventiv zur Korruptionsbekmpfung eingesetzt werden. Die den Vergabeplattformen eigene Automatisierung des Verfahrens fhrt zu einer Reduzierung des persçnlichen Kontaktes zwischen Bieter und Auftraggeber, der Aufbau eines konspirativen Verhltnisses wird schwieriger: Der potentiell korrupte Beamte verliert einen Teil seiner Verfahrensherrschaft und damit auch einen Teil seiner Einwirkungs- und Manipulationsmçglichkeiten. 137 Ihm fehlen berdies Kenntnisse und Fertigkeiten zur Jberwindung technischer Hrden. Was damit allerdings auch zu beachten ist: Es entsteht eine neue Verantwortlichkeit der Softwareindustrie, hier der Hersteller von Vergabeplattformen. Sie mssen durch ihre Seriositt das grçßere Vertrauen in die „Unbestechlichkeit“ von Computerprogrammen rechtfertigen. Damit sind freilich keine unzumutbaren Anforderungen verbunden. Man muss sich umgekehrt davor hten, an die elektronische Vergabe ein gleichsam hundertprozentiges Sicherheitsniveau zu knpfen, von dem die Verwaltung in konventionellen Verfahren weit entfernt ist. 138

133 Vgl. hierzu http://archiv2001.bahnaktuell.net/KW_50/kw_50.html. 134 Vgl. die Meldung der Rhein Zeitung online vom 10.8.2001, abrufbar unter

http://rhein-zeitung.de/on/01/08/10/topnews/korrupt.html. Einzelheiten vgl. http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/muellaffaere_spd/inhalt.jhtml?rubrikenstyle=politik. 136 Vgl. Kratzenberg, BauR 2002, 830 (830); weiter gehend sogar die Schtzung des Frankfurter Oberstaatsanwalts Schaupensteiner, der die genannte Summe alleine auf Schden des Bundes im Baubereich bezieht, zitiert nach Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, S. 367, vgl. dazu auch die Polizeiliche Kriminalstatistik 2003, S. 41. 137 Dies kçnnte zu einem neuen Konzept situativer Korruptionsprvention fhren; zu den konventionellen Ansatzpunkten situativer Prvention vgl. Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, S. 450. 138 Zur Korruption bei konventionellen Vergabeverfahren vgl. Kratzenberg, BauR 2002, 830; zur Authentizitt von E-Mails im Vergleich zur konventionellen Kommunikation vgl. Mankowski, NJW 2002, 2822 (2824 f.). 135 Fr

392 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 202 Kap. 9

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement 1. Mçglichkeiten eines innovativen Beschaffungsmanagements durch die Verwaltung Die Fokussierung staatlicher E-Government-Initiativen auf die Aspekte 202 des çffentlichen Auftragswesens (vgl. dazu Rz. 16 ff.) hat insbesondere in Zusammenhang mit dem Projekt „Bund Online 2005“ bereits zu partiellen Erfolgen gefhrt. 139 Die ehrgeizigen Ziele der E-Vergabe erweisen sich damit geradezu als Motor des E-Government. 140 Dennoch: Nahezu alle E-Government-Lçsungen stecken derzeit immer noch in den Kinderschuhen und haben allenfalls Projekt- oder Experimentiercharakter. 141 Das gilt gleichermaßen fr das elektronische Vergabewesen. 142 Dabei wird das Innovationspotential eines elektronischen Vergabeverfahrens inzwischen auf allen Ebenen erkannt. So gert auch das materielle Vergaberecht durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten unter einen entsprechenden Anpassungsdruck. Dieser beschrnkt sich nicht nur auf eine gesetzliche Anerkennung und Regelung elektronischer Vergabeverfahren. Weiter reichende normative Vernderungen kçnnen sich daraus ergeben, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten vor allem dazu fhrt, ganze Regelungen und Verfahren des Vergaberechts vom Grundsatz her in Frage zu stellen. 143 Legislativer Motor dieser Entwicklungen im Vergaberecht ist vor allem die Europische Gemeinschaft. Die ersten Jberlegungen der EG im Hinblick auf ein binnenmarktfreundliches çffentliches Auftragswesen fanden Eingang in das sog. Grnbuch aus dem 139 So werden die durch das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern

140 141

142

143

koordinierten Beschaffungsvorgnge bereits allesamt ber die Vergabeplattform „Iffentlicher Eink@uf Online“ (siehe hierzu http://www.bescha.bund.de/enid/ 55.html) abgewickelt. Nach den Beschlssen des dritten Umsetzungsplanes der E-Government-Initiative BundOnline 2005 sollen bis Ende 2005 alle Bundesbehçrden ihre Beschaffung auf elektronische Vergabeverfahren umstellen. Dazu soll die im Rahmen von BundOnline entwickelte Internetplattform „eVergabe“ genutzt werden. Bereits im Laufe des Jahres 2004 sollen alle Bundesbehçrden ihre Ausschreibung im Internet zumindest verçffentlichen. Heckmann, K&R 2003, 97. Nicht mehr im „Pilotbetrieb“ befindet sich dagegen die im Rahmen des Media@Komm Stdtewettbewerbes (Informationen hierzu unter http://www.mediakomm.net) von der Stadt Bremen entwickelte Vergabeplattform Vergabe@Governikus (vgl. hierzu auch http://www.bos-bremen.de/produkte/kap2_6.html). So fehlt nahezu allen E-Government-Projekten etwa ein einheitliches Leitbild. Unter wohlklingenden Begriffen wie „Virtuelles Rathaus“ oder „Virtueller Marktplatz“ werden zum Teil nur Kontaktadressen und Organisationsplne sowie einfachste Downloadmçglichkeiten angeboten; siehe hierzu Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374. So bereits z.B. zur Frage der Reichweite gewerberechtlicher Bindungen des Internethandels und der damit insbesondere zusammenhngenden Frage nach der Reformbedrftigkeit des Ladenschlussgesetzes Heckmann, NJW 2000, 1370.

Heckmann | 393

Kap. 9 Rz. 203

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

Jahr 1996. 144 Die Jberlegungen des Grnbuchs und die daran anschließende Diskussion mit der Wirtschaft und den Mitgliedsstaaten mndeten schließlich in einem Kommissions-Vorschlag fr eine Richtlinie ber die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe çffentlicher Lieferauftrge, Dienstleistungsauftrge und Bauauftrge vom 10.5.2000, 145 aus der dann schließlich am 31.3.2004 die Richtlinie 2004/18/EG 146 hervorging. Diese muss bis sptestens zum 31.1.2006 in nationales Recht umgesetzt werden. 203 Neben dem Wunsch das geltende Vergaberecht zu modernisieren, zu vereinfachen und flexibler zu gestalten, konzentrieren sich die inhaltlichen Rnderungen insbesondere auf die Einfhrung elektronischer Beschaffungsmechanismen (hier insbesondere durch die Einfhrung sog. „dynamischer Beschaffungssysteme“ und „elektronischer Auktionen“). Daneben stehen, was fr das elektronische Vergabewesen ebenfalls von Bedeutung ist, Regelungen hinsichtlich der Ttigkeit zentraler Beschaffungsstellen. Der Europische Gesetzgeber will durch die Nutzung der neuen Techniken der Online-Beschaffung insbesondere den Wettbewerb ausweiten und die Effizienz des çffentlichen Beschaffungswesens verbessern. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung sollen daher etwa ein vollelektronisch arbeitendes Beschaffungssystem fr die Beschaffung marktblicher Leistungen definiert und przise Vorschriften fr die Errichtung und die Arbeitsweise eines solchen Systems festgelegt werden. Dasselbe gilt nach den Erwgungsgrnden der Richtlinie auch fr das vergaberechtliche Instrument elektronischer Auktionen. 204 Es steht im Ermessen der Mitgliedstaaten von diesen Mçglichkeiten Gebrauch zu machen. Bei alledem haben die Mitgliedstaaten jedoch streng darauf zu achten, dass dem Transparenzgebot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung getragen wird. Im Folgenden sollen diese durch die Richtlinie vorgesehenen innovativen Beschaffungsinstrumente vorgestellt werden.

144 Vgl. hierzu auf europischer Ebene schon das Grnbuch der Europ)ischen Kom-

mission von 1996: Das çffentliche Auftragswesen in der Europischen Union: Jberlegungen fr die Zukunft, KOM (96) 583 vom 27.11.1996. Als Hauptziele wurden in diesem Zusammenhang genannt: Effiziente Verwirklichung der Grundfreiheiten, Schaffung der erforderlichen Wettbewerbsbedingungen, damit çffentliche Auftrge ohne Diskriminierung vergeben werden, rationelle Verwendung çffentlicher Mittel durch die Wahl des besten Angebots, Zugang von Unternehmen zu einem gemeinsamen Markt mit großen Absatzmrkten und Strkung der Wettbewerbsfhigkeit der europischen Unternehmen. 145 Siehe hierzu KOM (2002) 236. 146 Siehe hierzu auch die entsprechende Sektorenrichtlinie 2004/17/EG.

394 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 207 Kap. 9

2. Zentrales çffentliches Beschaffungsmanagement („Pooling“) a) Allgemeine Charakteristika eines zentralen Beschaffungswesens

Aufgabe einer zentralen Beschaffungsstelle ist es, aufgrund umfassender Be- 205 darfserhebungen eine Bedarfsbndelung vorzunehmen. Durch den daraus resultierenden grçßeren Umfang einzelner Ausschreibungen soll eine nachhaltige Senkung der Einkaufspreise bei den zu beschaffenden Waren und Dienstleistungen erzielt werden. Die Idee eines zentralen Beschaffungsmanagements ist nicht neu und auch 206 grundstzlich nicht von einem Einsatz von elektronischen Informationsund Kommunikationsdiensten abhngig. Vielmehr existieren bereits in nahezu allen europischen Staaten derartige zentrale Einkaufsstellen. 147 Hier lassen sich hinsichtlich der Organisation und der Aufgabenbereiche im Wesentlichen zwei Modelle unterscheiden. Bei dem Modell der sog. „In-House-Beschaffungsstellen“ wird eine Dienst- 207 stelle eines Ministeriums als zentrale Beschaffungsstelle fr andere Ministerien bzw. teilweise auch fr regionale und lokale Gebietskçrperschaften ttig. Die meisten EU-Lnder haben derartige Modelle gewhlt. 148 Ministerien sowie deren Dienststellen sind dann in der Regel auch verpflichtet, sich dieser zentralen Einkaufsstellen zu bedienen, whrend andere Gebietskçrperschaften dies auf freiwilliger Basis tun kçnnen. In der Regel erledigt die zentrale Einkaufsstelle diese Arbeit fr den çffentlichen Auftraggeber dann auch kostenlos. In einigen EU-Mitgliedstaaten erstellen die zentralen Einkaufsorganisationen Verzeichnisse ber die abgeschlossenen Rahmenvertrge sowie die abrufbaren Waren und Dienstleistungen. Sowohl Lieferung als auch Bezahlung erfolgen direkt zwischen Auftragnehmer und der die betreffende Lieferung bzw. Leistung nachfragenden Dienststelle. Im Rahmen der Einfhrung elektronischer Vergabeplattformen sind auch einzelne Lnder und Kommunen dazu bergegangen ihren Bedarf zu bndeln. 149 147 Vgl. in Deutschland z.B. das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des In-

nern. Dieses Amt hat im Jahr 2003 fr etwa 26 Bundesbehçrden zentral Waren und Dienstleistungen in einem Gesamtvolumen von 502,7 Mio. Euro beschafft. Noch grçßer ist das Beschaffungsvolumen des Bundesamtes fr Wehrtechnik und Beschaffung, das zum Geschftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung gehçrt, siehe hierzu http://www.bwb.org/redaktionen/bwb/ywbasebwo1.nsf/CurrentBaseLink/N25T7GPM772ISHRDE. 148 Vgl. etwa Belgien, Schweden, Griechenland, Deutschland, Portugal, Großbritannien, Irland und Spanien; siehe hierzu Isterreichische Wirtschaftskammer, Chancen und Risiken eines zentralen çffentlichen Beschaffungswesens, Studie unter http://www.wko.at/rp/vergabe/vergabe_9.htm. Die irische Regierung hat z.B. ihre Beschaffungsaktivitten auf einem Onlineportal zusammengefhrt, siehe hierzu unter http://www.e-tenders.gov.ie/. 149 Vgl. hierzu die Ausschreibungsplattform der Freien Hansestadt Hamburg unter http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/finanzbehoerde/ausschreibungen/start.html.

Heckmann | 395

Kap. 9 Rz. 208

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

208 Dem gegenber steht die ausgegliederte zentrale Beschaffungsstelle. In diesem Modell beschafft eine eigens dafr gegrndete juristische Person, die sich in der Regel im Alleineigentum des Staates befindet, gemß den EU-Vergaberichtlinien Gter und Dienstleistungen, um diese dann ihrerseits an die jeweils nachfragende Bundes-, Landes- oder Gemeindedienststelle weiterzuverußern. Diese tragen durch die Zahlung von „Vermittlungsentgelten“ zur Finanzierung der zentralen Einkaufsstelle bei. Eine Verpflichtung zur „Zwischenschaltung“ solcher Beschaffungsstellen bei der Bedarfsdeckung besteht fr die nachfragenden Behçrden in der Regel nicht. 209 Bei einer anderen Variante dieses Modells fhren die zentralen Beschaffungsstellen Vergabeverfahren durch und schließen Rahmenvertrge im Namen und auf Rechnung ihrer Auftraggeber. Ksterreich hat mit der Grndung einer Bundesbeschaffungs-GmbH (BBG) dieses Modell gewhlt, wobei die Bundesdienststellen verpflichtet sind, sich dieser zentralen Einkaufsstelle zu bedienen; den brigen Gebietskçrperschaften steht dies frei. 150 210 Eine hnliche Konzeption verfolgt der Bund mit dem sog. „Kaufhaus des Bundes“. 151 Die Warenbesteller – allesamt Bundesbehçrden – kçnnen im Internet aus einem Katalog von Waren und Dienstleistungen ihren jeweiligen elektronischen Warenkorb befllen. Das fr das Kaufhaus verantwortliche Beschaffungsamt hat mit einzelnen Lieferanten, die es im wettbewerblichen Beschaffungsverfahren ausgewhlt hat, Rahmenvertrge geschlossen. Auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarungen kçnnen dann die einzelnen Bestellungen abgewickelt werden. Das Beschaffungsamt erhofft sich insbesondere bei der Bestellung von Standardwaren in diesem Zusammenhang eine erhebliche Senkung der vergaberechtlich bedingten Verwaltungskosten. 211 Auch der europische Richtliniengeber hat die praktische vergaberechtliche Bedeutung der zentralen Vergabestellen erkannt, was Anlass dafr war, den Begriff der fr çffentliche Auftraggeber ttigen zentralen Beschaffungsstelle im Gemeinschaftsrecht zu verankern. Gemß Art. 1 (10) RL 2004/18/EG ist eine „zentrale Beschaffungsstelle“ ein çffentlicher Auftraggeber, der 1. fr çffentliche Auftraggeber bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen erwirbt, oder 2. çffentliche Auftrge vergibt oder Rahmenvereinbarungen ber Bauleistungen, Waren oder Dienstleistungen fr çffentliche Auftraggeber schließt. 212 Damit gelten sowohl die zentrale Beschaffungsstelle als auch die einzelnen Warenbesteller als çffentliche Auftraggeber, mit der Folge, dass das Vergaberecht jeweils Anwendung findet. Art. 11 (2) RL 2004/18/EG fingiert nun zugunsten der einzelnen Warenbesteller die Einhaltung der vergaberechtlichen 150 Weitere Informationen unter https://bbg.portal.at/internet/startseite/_start.htm. 151 Weitere Informationen zum „Kaufhaus des Bundes“ findet man unter http://

www.bescha.bund.de/enid/55.html.

396 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 215 Kap. 9

Vorschriften, wenn dies durch die zentrale Beschaffungsstelle erfolgt ist. Gemß Art. 11 (1) RL 2004/18/EG steht es im Umsetzungsermessen der Mitgliedstaaten die Ttigkeit zentraler Beschaffungsstellen zuzulassen. b) Chancen eines zentralen Beschaffungswesens

Jeder zentralen Beschaffungs- und Vergabettigkeit liegt das Ziel zugrunde, 213 durch die Bndelung einzelner Bedrfnisse gnstigere Konditionen auszuhandeln, um dadurch Synergieeffekte nutzen zu kçnnen und vor allem Einsparungen bei den Prozess- und den Personalkosten zu erzielen. Mit der Schaffung einer zentralen Einkaufseinheit geht in der Regel aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades auch eine Professionalisierung des Einkaufs einher. Auch der Einsatz elektronischer Vergabeplattformen lsst sich durch zentrale Beschaffungsstellen effizienter und Kosten sparender gestalten. Die meisten zentralen Beschaffungsstellen sind mittlerweile zumindest im Internet prsent. Darber hinaus nutzen viele Beschaffungsstellen das Internet als Publikationsmedium, um einzelne Auftrge bekannt zu machen. In einer weiteren Stufe ist es mçglich verfahrensrelevante Dokumente und Formulare herunter, zuladen. 152 Darber hinaus erlauben die eingesetzten Plattformen in einigen Lndern auch schon eine vollstndige Transaktion. 153 Durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationsdiensten kann 214 die Arbeit zentraler Beschaffungsstellen effizienter und transparenter erfolgen. Daneben ist allerdings zu bercksichtigen, dass der Einsatz von Informationssystemen mit einmaligen Entwicklungs- und fortlaufenden Pflegekosten verbunden ist, was einen Großteil der erhofften Einspareffekte zumindest mittelfristig kompensiert. c) Risiken eines zentralen Beschaffungswesens

Einsparungen bei den Beschaffungskosten durch Senkung der Einkaufsprei- 215 se sowie Reduzierung des Verwaltungsaufwandes kçnnen grundstzlich nur

152 Hier existieren dann zum Teil elektronische Formulare, die nach einem Ausfl-

len auch online verschickt werden kçnnen. 153 Im Auftrag der Europischen Union fhrt die Unternehmensberatung Cap Ge-

mini Ernst & Young seit 2001 im Rahmen der Initiative „eEurope 2005“ eine Evaluation der elektronischen Service-Angebote der Iffentlichen Hand durch. Hierbei wird auch das Iffentliche Beschaffungswesen betrachtet. Nach dieser Studie erreichten in diesem Bereich nur Finnland, Norwegen, Schweden vordere Pltze, whrend Deutschland auch nach der 4. Erhebung nach wie vor im hinteren Mittelfeld rangiert, vgl. Cap Gemini Ernst & Young, Webbasierte Untersuchung des elektronischen Service-Angebotes der Iffentlichen Hand, Oktober 2003, http://www. de.capgemini.com/servlet/PB/menu/1001426/index.html (Suchbegriff E-Europe_2004).

Heckmann | 397

Kap. 9 Rz. 216

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

dann erzielt werden, wenn der nachgefragte Leistungsgegenstand bzw. die Dienstleistung – gut standardisierbar ist, – das Beschaffungsvolumen hinsichtlich der einzelnen Ware oder Dienstleistung verhltnismßig groß ist, – im Jbrigen keine individuellen Beratungserfordernisse bzw. „After-SaleServices“ nçtig sind, und – die einhergehenden Lagerhaltungs-, Distributions- und Logistikkosten gering sind. 216 Aufgrund der Bedarfsbndelung werden grçßere Auftragsvolumina ausgeschrieben, was insbesondere kleine und mittelstndische Unternehmen (KMU) die Teilnahme an Ausschreibungen erschwert: Den KMU fehlen oft die Kapazitten, sich allein um derartige Großauftrge zu bewerben. 154 217 Dies ist durchaus auch aus kartellrechtlicher Sicht nicht unproblematisch. So hatte der BGH die kartellrechtliche Zulssigkeit von gemeindlichen Einkaufsgemeinschaften zur zentralen Beschaffung von Feuerwehrausrstungen zu beurteilen. 155 Der BGH sah in einer solchen Bndelung des Nachfrageverhaltens der Kommunen grundstzlich eine Wettbewerbsbeschrnkung, die unter das Kartellverbot des § 1 GWB fllt. Die beschaffenden Gemeinden sind nach Ansicht des Gerichts Unternehmen i.S.d. GWB, die in ihrer Funktion als Nachfrager auch untereinander im Wettbewerb stehen. Trotz dieses grundstzlichen Verstoßes gegen § 1 GWB bejaht der BGH dann aber in der Folge die Anwendbarkeit des Freistellungstatbestandes nach § 4 Abs. 2 GWB. Nach diesem Ausnahmetatbestand sind Einkaufskooperationen zulssig, wenn sie 1. keinen ber den Einzelfall hinausgehenden Zwang zur Benutzung fr die beteiligten Unternehmen begrnden, 2. der Wettbewerbsfhigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen dienen und 3. der Marktwettbewerb nicht wesentlich beeintrchtigt wird. 218 Der BGH sah diese Voraussetzungen fr den Fall der in Frage stehenden Einkaufskooperation kleinerer Gemeinden als erfllt an. 156 Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung fortentwickelt, insbesondere dann, wenn die Zusammensetzung der jeweiligen Einkaufskooperation eine andere ist. Die Kooperation bzw. Beteiligung von Bundesbehçrden, die sicherlich nicht klei154 Diese Entwicklung steht zumindest in Konflikt mit den allgemeinen vergaberecht-

lichen Grundstzen, wie sie sich z.B. im § 97 Abs. 3 GWB wiederfinden. Dort heißt es, dass mittelstndische Interessen im Vergabeverfahren angemessen zu bercksichtigen sind. Die Literatur sieht hierin eine generelle vergaberechtliche Mittelstandsschutzklausel, so Dreher, in: Immenga/Mestmcker, § 97 GWB Rz. 73 f. 155 BGH, Urteil v. 12.11.2002 – KZR 12/01, GRUR 2003, 633. 156 Kritisch hierzu Bunte, LMK 2003, 152.

398 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 222 Kap. 9

nen und mittleren Unternehmen vergleichbar sind, gert so unter erheblichen Rechtfertigungsdruck.

3. Dynamische Beschaffungssysteme Neu ist auch die Mçglichkeit einer Einfhrung dynamischer Beschaffungs- 219 systeme in den Mitgliedstaaten. Das dynamische Beschaffungsverfahren erçffnet fr den Auftraggeber die Mçglichkeit, whrend eines bestimmten Zeitraums geeignete Anbieter fr gngige, zeitlich immer wiederkehrende Beschaffungen zuzulassen, auf die er dann relativ schnell auf elektronischem Wege zurckgreifen kann. Mit der Regelung dynamischer Beschaffungssysteme verfolgt der europi- 220 sche Richtliniengeber insbesondere das Ziel, die rasche Verbreitung und dynamische Entwicklung solcher vollelektronisch arbeitenden Systeme zu steuern, indem insbesondere die Arbeitsweise festgelegt wird. Es soll sichergestellt werden, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer gleichermaßen an solchen Systemen partizipieren kann. Dynamische Beschaffungssysteme werden daher in Art. 1 (6) RL 2004/18/EG 221 definiert als vollelektronische Verfahren f r die Beschaffung von markt blichen Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfgbaren Merkmale den Anforderungen des çffentlichen Auftraggebers gengen. Solche Verfahren sind zeitlich befristet (max. auf vier Jahre) und stehen whrend der gesamten Verfahrensdauer jedem Wirtschaftsteilnehmer offen, der die Eignungskriterien erfllt und ein erstes Angebot im Einklang mit den Verdingungsunterlagen unterbreitet hat. Die Einfhrung solcher Systeme steht im Umsetzungsermessen der Mitgliedstaaten, Art. 33 (1) RL 2004/18/EG. Die Richtlinie enthlt zahlreiche Regelungen, die sicherstellen sollen, dass auch bei solchen Verfahren der Wettbewerbsgrundsatz vollumfnglich zum Tragen kommt, insbesondere die Wirtschaftsteilnehmer alle Informationen erhalten, die das Beschaffungssystem und die verwendete elektronische Ausrstung betreffen.

4. Vergaberechtliche Auktionen a) Allgemeine Charakteristika „inverser Auktionen“

Im Rahmen der Diskussion um ein innovatives Beschaffungsmanagement 222 der çffentlichen Auftraggeber richtet sich das Augenmerk derzeit insbesondere auf die Durchfhrung sog. „inverser Auktionen“. Auktionen sind Verfahren zur effizienten Ressourcenverteilung. Den Teilnehmern werden Informationen in Form von Angeboten abgefordert, welche dann in einem festgelegten Verfahren zusammengefhrt werden, um auf dieser Grundlage die fr die Ressourcenverteilung maßgeblichen Preise zu bilHeckmann | 399

Kap. 9 Rz. 223

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

den. 157 Es existieren hierbei verschiedene Auktionstypen, die in der Regel vorwrtsgerichtet ablaufen, d.h., es wird der Bieter mit dem hçchsten Preisangebot ermittelt. Daneben gibt es aber auch die sog. rckwrtsgerichteten Auktionen. Der Begriff der „inversen Auktion“ wird in der Literatur nicht einheitlich verwendet. 158 In diesem Zusammenhang werden die Begriffe „umgekehrte Auktion“, „Reverse Auction“, „Beschaffungsauktion“ oder „Einkaufsauktion“ zum Teil synonym verwendet. Zum Teil wird aber auch zwischen der umgekehrten Auktion als Ausschreibung und der sog. „Reverse Auction“ als angekndigte lineare Preissenkung unterschieden. 159 223 Bei einer umgekehrten Auktion in Form der Ausschreibung betreibt ein potentieller Auftraggeber die Auktion in der Weise, dass er potentielle Bieter zur Abgabe von Angeboten auffordert und den Bietern die Mçglichkeit gibt sich gegenseitig zu unterbieten. 160 224 Reverse Auctions dagegen beinhalten angekndigte lineare Preissenkungen. Dabei sinkt der Preis einer Ware oder Dienstleistung in vorgegebenen Zeitintervallen so lange, bis ein Kunde zugreift. Die Kunden stehen also whrend der gesamten Auktion vor der Frage, ob sie noch warten sollen, was den Preis weiter senken wrde – allerdings unter Inkaufnahme des Risikos, dass ein anderer Kunde zuerst zugreift. 161 225 Inverse Auktionen sind somit allgemein ein Instrument der dynamischen Preisfindung. 162 Ihre charakteristischen Merkmale sind, dass sie ohne physische Prsenz der Bieter abaufen, die Gter bzw. Leistungen zum Einkauf nachgefragt werden (und nicht wie sonst angeboten), Lieferanten (Verkufer) um den Bedarf des Auftraggebers bieten (nicht die Kufer) und der Preis mit jedem neuen Angebot oder linear nach Ablauf bestimmter Zeitintervalle sinkt (und nicht steigt). Weiterhin hngen inverse Auktionen in ihrer praktischen Umsetzung davon ab, dass sie an klar definierte Vorgaben fr die auktionierten Waren und Leistungen gekoppelt werden.

157 KPMG, Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet fr Auftrge der çf-

158

159 160 161 162

fentlichen Hand, 2001, http://www.bmwi.de/Navigation/Service/bestellservice, did=12060,render=renderPrint.html. KMPG, Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet fr Auftrge der çffentlichen Hand 2001, S. 9, http://www.bmwi.de/Navigation/Service/bestellservice, did=12060,render=renderPrint.html. Die in diesem Beitrag verwendeten Begriffe folgen der Einteilung bei Spindler/ Wiebe, Internet-Auktionen, A Rz. 1 ff. Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen, A Rz. 12. Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen, A Rz. 17. Schmid, Kommune 21, Heft 9 2001, S. 52, siehe auch http://www.kommune21.de/download/2001-09_inhalt_x.pdf; KPMG, Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet fr Auftrge der çffentlichen Hand, 2001, http://www.bmwi.de/Navigation/Service/bestellservice, did=12060,render=renderPrint.html.

400 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 228 Kap. 9

Dabei ist der Gedanke der Durchfhrung inverser Auktionen gerade kein 226 Kind der Informationstechnologie. Vom 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit der sog. „Lizitation“ ebenfalls eine Vergabe durch Versteigerung an den Tiefstbietenden durchgefhrt. Die Bieter unterboten sich solange, bis das niedrigste Angebot feststand, dass dann automatisch den Zuschlag erhielt. 163 Die Annahme des billigsten Angebotes fhrte dazu, dass zum einen die Bieter unberlegte zum Teil ruinçse Angebote abgaben, zum anderen waren die Auftraggeber in der Regel mit minderwertigen Leistungen konfrontiert. 164 Die Lizitation wurde daher Ende des 19. Jahrhunderts auch durch das Submissionsverfahren ersetzt. Insoweit stellt sich bei der jetzigen Diskussion um die Einfhrung inverser Auktionen die Frage, ob es sich hierbei wirklich um einen Fortschritt handelt oder ob nicht vielmehr ein Rckfall in die vergaberechtliche Steinzeit zu befrchten ist. 165 b) Die „inverse Auktion“ als Teil des Vergabeverfahrens

Innerhalb des Vergabeverfahrens stellt sich die inverse Auktion als ein zu- 227 stzliches Instrument der Angebotsselektion dar. Die inverse Auktion lsst sich somit unter bestimmten engen Voraussetzungen als ein zustzlicher Baustein optional in das Vergabeverfahren einbauen. 166 Zum Ablauf eines inversen Auktionsverfahrens: Zunchst ergeben sich fr 228 den Auftraggeber besondere Bekanntmachungspflichten hinsichtlich des Ablaufs der Auktion und der maßgeblichen Zuschlagskriterien. 167 Die eigentliche Auktion beginnt damit, dass alle Bieter, die ein gltiges Angebot abgegeben haben, gleichzeitig aufgefordert werden neue Gebote im Hinblick auf die Preise und/oder sonstige relevante Grçßen abzugeben. Im Verlauf der Auktion muss der Auftraggeber allen Bietern laufend und unverzglich die Informationen, aus denen sie die derzeitige Rangfolge ihres Angebotes erkennen kçnnen, bermitteln. Hierbei ist zu beachten, dass bei diesen Informationen unter keinen Umstnden die Identitt der Bieter preisgegeben werden darf. Die Auktion wird dann in der Regel zu einem vorher festgesetzten Zeitpunkt beendet.

163 Vgl. hierzu Dreher, in: Immenga/Mestmcker, § 97 GWB Rz. 139. 164 Vgl. hierzu Riese, Vergaberecht, S. 1 f. 165 Entscheidend fr die Diskussion in Zeiten knapper çffentlicher Haushalte sind

v.a. die Erwartung von mittel- bis langfristigen Einsparungen. Die çffentliche Hand beschafft Waren und Dienstleistungen im Gesamtwert fr 400 Milliarden DM pro Jahr. Nach Schtzungen von KPMG sind nur 40–60 Milliarden DM per inverser Auktion wirtschaftlich sinnvoll beschaffbar. Das erhoffte Einsparvolumen beluft sich hierbei auf 5% Einsparung der Beschaffungspreise. 166 So bereits Schmid, Kommune 21, Heft 9 2001, S. 52, (siehe auch http://www.kommune21.de/download/2001-09_inhalt_x.pdf), der von einer „Ergnzung“ der Beschaffungsverfahren spricht. 167 Siehe z.B. Artikel 54 (3) und (6) RL 2004/18/EG.

Heckmann | 401

Kap. 9 Rz. 229

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

229 Wichtig ist festzuhalten, dass das Auktionsende nicht automatisch zur Vergabe an den Auktionsgewinner fhrt. Auf das Auktionsende erfolgt in der Regel eine weitere Angebotsprfung und -bewertung, so dass die Zuschlagserteilung grundstzlich vom Ausgang der Auktion unabhngig ist. Der Auftraggeber hat somit nach wie vor die Mçglichkeit, den Zuschlag an das aus seiner Sicht wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. 230 Die Umsetzung kann in Form einer individuellen Softwarelçsung erfolgen, die dann auf der Homepage des Auftraggebers oder einer entsprechenden zentralen Plattform angewendet wird. Denkbar ist aber auch die Durchfhrung durch einen dritten Auktionsdienstleister. 168 c) Chancen und Risiken inverser Auktionen

231 Wie die meisten E-Governent-Lçsungen wird auch die elektronische Vergabe vor allem unter dem Gesichtspunkt einer mçglichen Kosteneinsparung diskutiert. Fakt ist, dass jedoch kaum greifbare Erfahrungswerte ber die mçglichen mittel- oder langfristigen Preiseffekte existieren. 169 In diesen Erwartungen spiegeln sich vor allem die Erfahrungen der Privatwirtschaft mit inversen Auktionen wieder. 170 Als Hauptursachen fr etwaige Kostenvorteile werden in erster Linie eine hçhere Markttransparenz und daraus resultierend geringere Markteintrittsbarrieren fr kleine und mittelstndische Unternehmen genannt sowie eine Steigerung des Wettbewerbs der Bieter untereinander. 171 Daneben treten die von einer Digitalisierung des Vergabewesens erwarteten allgemeinen Prozesskostenersparnisse. 172 Chancen und damit mçgliche Vorteile ergeben sich durch dieses Beschaffungsinstrument in erster Linie fr den Auftraggeber, whrend der potentielle Bieter sich einem grçßeren Preisdruck ausgesetzt sieht. Aus der Sicht der potentiellen Bieter existiert somit keine „Win-win-Situation“, da es aus ihrer Sicht nicht zu einer Reduzierung der Suchkosten, einer Verkrzung der Bestellzyklen oder einer Verringerung der Bestandskosten kommen wird. 173 232 Hinsichtlich mçglicher Risiken wird zunchst angefhrt, dass die den inversen Auktionen immanente hçhere Transparenz zu verstrkten Absprachen 168 Vgl. Fn. 35. 169 Schtzungen von KPMG belaufen sich auf 5–15%, wobei sich diese Zahlen v.a.

auf Erfahrungen aus den USA und der Privatwirtschaft grnden. 170 Schmid, Kommune 21, Heft 9 2001, S. 52, siehe auch http://www.kommu-

ne21.de/download/2001-09_inhalt_x.pdf. 171 KPMG, Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet fr Auftrge er çf-

fentlichen Hand, 2001, http://www.bmwi.de/Navigation/Service/bestellservice, did=12060,render=renderPrint.html. 172 Hier bedarf es jedoch aufgrund der kurzfristig hohen Implementierungskosten und der langfristig zu bercksichtigenden Pflegekosten einer realistischen Sicht. 173 KPMG, Chancen und Risiken inverser Auktionen im Internet fr Auftrge der çffentlichen Hand, 2001, http://www.bmwi.de/Navigation/Service/bestellservice, did=12060,render=renderPrint.html.

402 | Heckmann

IV. Ausblick: Innovatives Beschaffungsmanagement

Rz. 235 Kap. 9

der Bieter und damit zu Kartellen fhren kçnne. Hier stoßen auch Anonymisierungsverfahren an ihre Grenzen, da die Bieter im laufenden Verfahren zumindest hinsichtlich der aktuellen Gebote der Konkurrenten informiert sind. Hierdurch wird in nicht unerheblichem Ausmaße das Gebot der Vertraulichkeit verletzt. 174 Dies kann sich erheblich auf das Wettbewerbsprinzip auswirken, da ein echter Wettbewerb unter den Bietern voraussetzt, dass die Bieter voneinander unabhngig ein Angebot abgeben und eben nicht ber Inhalte von Angeboten Dritter informiert sind. Die Konkurrenz der Bieter und der Preisdruck durch den Auftraggeber kçnnen auch zu ruinçsen Angeboten (zum Teil unter den Selbstkosten) fhren, nur um eine Verdrngung aus dem Markt zu verhindern. Eine solche Entwicklung wrde dann vor allem zu Lasten kleiner und mittelstndischer Unternehmen gehen. Bereits die historischen Erfahrungen aus den Zeiten der Lizitation wrden dies besttigen. Sinnvoll ist der Einsatz inverser Auktionen insgesamt auch nur bei solchen 233 Auftrgen, bei denen eine ausreichende Bedarfsspezifikation der çffentlichen Hand vorgenommen werden kann, da es ansonsten an einer Vergleichbarkeit der Gebote fehlt und somit auch keine richtige Beurteilung mçglich ist. Auf der anderen Seite hlt das Erfordernis einer hochgradigen Spezifizierung 234 potentielle Bieter davon ab neue innovative Vorschlge zu unterbreiten. Problematisch in diesem Zusammenhang ist auch, dass Preis und qualitative Standards eines Angebots in verschiedenen Erklrungen enthalten sind. Dies fhrt dann dazu, dass whrend der Auktion der Preis verndert wird, die Spezifikationen der Leistung dagegen nicht. Mit jeder Preisnderung msste das Angebot hinsichtlich seiner einzelnen Posten eigentlich neu kalkuliert werden. Dies wrde jedoch insgesamt zu lngeren Bieterintervallen fhren, was dem Charakter einer schnellen Auktion widerspricht. Als Folge dessen werden Bieter dann eventuell auch zu Angeboten verleitet, die eigentlich nachzukalkulieren wren. d) Elektronische Auktionen nach EU-Vergaberecht (RL 2004/18/EG)

Erstmals findet sich in der neuen EU-Vergaberechtskoordinierungsrichtli- 235 nie auch eine Regelung zur vergaberechtlichen Auktion mit folgender Definition: Unter einer elektronischen Auktion versteht die RL 2004/18/EG ein iteratives Verfahren, bei dem mittels einer elektronischen Vorrichtung nach einer ersten vollstndigen Bewertung der Angebote jeweils neue nach unten korrigierte Preise und/oder neue auf bestimmte Komponenten der Angebote abstellende Werte vorgelegt werden und das eine automatische Klassifizierung dieser Angebote ermçglicht. In der Regel wird der Preis die im Rahmen einer Auktion entscheidende quantifizierbare Grçße darstellen, so dass der Auftrag dem Bieter erteilt wird, der in der letzten Runde der Angebotsabgabe den niedrigsten Preis bietet. 174 Vgl. hierzu § 15 VgV, § 18 Nr. 2, § 22 Nr. 1 VOL/A.

Heckmann | 403

Kap. 9 Rz. 236

Elektronische Vergabe çffentlicher Auftrge

236 Eine elektronische Auktion kann in mehreren Phasen ablaufen. Innerhalb der einzelnen Phasen bermitteln die Auftraggeber alle Informationen, die zur Bestimmung des jeweiligen Ranges innerhalb der Auktionsphase erforderlich sind. Es steht im Ermessen der Auftraggeber auch die Zahl der Auktionsteilnehmer bekanntzugeben. Innerhalb der einzelnen Phasen darf es jedoch unter keinen Umstnden zu Informationen hinsichtlich der Bieteridentitten kommen. 237 Der Auftraggeber kann çffentliche Auktionen in drei Varianten abschließen: 1. Bestimmung eines bestimmten Ablaufdatums im Voraus; 175 2. Auktionsabschluss, nachdem innerhalb einer bestimmten Frist keine weiteren Angebote mehr eingehen; 3. Abschluss der Auktion nach Durchfhrung einer bestimmten vorher festgelegten Anzahl von Auktionsphasen. 238 Nach Abschluss der Auktion vergibt der Auftraggeber den Auftrag nach den allgemeinen Zuschlagskriterien entsprechend den Ergebnissen der Auktion. 176 Hinsichtlich der Auktionsdurchfhrung ist zu jedem Zeitpunkt auf die strikte Einhaltung des Diskriminierungsverbotes und des Wettbewerbsgrundsatzes zu achten. Die Einfhrung elektronischer Auktionen steht – wie die meisten innovativen Beschaffungsinstrumente der Richtlinie – im jeweiligen Umsetzungsermessen der Mitgliedstaaten.

175 Problematisch bei einer Auktion mit zeitlich festgelegtem Ende kann das mit

dem aleatorischen Charakter der Auktion zusammenhngende Unlauterkeitsmoment der Jbereilung sein, so etwa wenn es kurz vor Ablauf der Auktion nur noch auf die „Schnelligkeit des Mausklicks“ ankommt, ob ein Bieter noch ein wirksames Angebot abgeben darf oder nicht; siehe hierzu Opitz, NZBau 2003, 183 ff. 176 In der Richtlinie wird nicht das Problem des Ausschlusses von ungewçhnlich niedrigen Angeboten angesprochen, so wie dies etwa in herkçmmlichen Vergabeverfahren blich ist. Es scheint dem Gebot vergaberechtlicher Fairness zu widersprechen, zum einen im Rahmen einer Auktion zu gegenseitigen Preisvorstçßen im Sinne eines wechselseitigen Unterbietens anzuregen, dann aber aufgrund der bisherigen Gepflogenheiten das niedrigste Gebot oder gar mehrere Gebote als ungewçhnlich niedrig auszuschließen; siehe hierzu Opitz, NZBau 2003, 183 ff.

404 | Heckmann

Kapitel 10 Rechtsschutz von Auktionsangeboten

I. Datenbankschutz des Angebots 1. Voraussetzungen einer Datenbank . . . . . . . . . . . . . . a) Sammlung unabhngiger Elemente, Einzelzugnglichkeit b) Systematische oder methodische Anordnung . . . . . c) Einordnung verschiedener Angebote . . . . . . . . . . 2. Urheberrechtlicher Schutz . . a) Datenbankwerk, § 4 Abs. 2 UrhG . . . . . . . . . . . . . b) Sammelwerk, § 4 Abs. 1 UrhG . . . . . . . . . . . . . c) Software, § 69a UrhG . . . . 3. Datenbankherstellerrecht, § 87a UrhG . . . . . . . . . . . a) Schutzvoraussetzungen . . b) Schutzumfang . . . . . . . c) Verletzungshandlungen, insbesondere Hyperlinks und Suchmaschinen . . . . . . .

3 3 4 8 9 12 12 15 16 18 18 23 27

aa) Einfache Hyperlinks . bb) Deep Links, inbesondere Suchmaschinen . . . . cc) Inline Links/Frames . . 4. Ergnzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz, § 4 Nr. 9 UWG . . . . . . . . a) Subsidiaritt zum Immaterialgterrecht . . . . . . . . b) Wettbewerbliche Eigenart c) Besondere wettbewerbliche Umstnde . . . . . . . . . aa) Behinderung . . . . . . bb) Herkunftstuschung . cc) Rufausbeutung . . . . II. Rechtsverletzungen durch Einstellen von Angeboten auf die Plattform . . . . . . . . . . . . 1. Rechte an eingestellten Werken . . . . . . . . . . . . . . . 2. Markenrechtsverletzungen . III. Patentrecht . . . . . . . . . . .

28 30 38 40 41 43 49 50 51 53

55 55 58 62

Literatur: Bensinger, Sui-generis-Schutz fr Datenbanken, Mnchen 1999; Ernst, Rechtsprobleme im Internet: urheber-, wettbewerbs- und markenrechtliche Sicht, K&R 1998, 536; Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Kçln 2002; Gaster, Der Rechtsschutz von Datenbanken, 1999; Haberstrumpf, Der Schutz elektronischer Datenbanken nach dem Urheberrechtsgesetz, GRUR 2003, 15; Hornung, Die EU-Datenbankrichtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, Baden-Baden 1998; Leistner, Urheberrecht, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, Heidelberg, Kap. II-A; Leistner, Datenbankherstellerrecht, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, Heidelberg, Kap. II-B; Leistner/Bettinger, Creating Cyberspace, Beilage CR 12/1999, S. 1; Kçrner/Lehment, Werberecht, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Mnchen, Kap. 11; Leistner, Der neue Rechtsschutz des Datenbankherstellers, GRUR Int. 1999, 819; Sosnitza, Immaterialgterrecht in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Heidelberg 2004, Teil 5; Vogel, in: Schricker (Hrsg.), Urheberrecht, 2. Aufl., Mnchen 1999, §§ 87a ff.; Wiebe/Funkat, Multimedia-Anwendungen als urheberrechtlicher Schutzgegenstand, MMR 1998, 69

Fr Anbieter elektronischer Marktpltze stellt sich die Frage, inwieweit die 1 von ihm mit einigem Aufwand erstellte Plattform auch Rechtsschutz genießen und er sich damit gegen die vçllige oder teilweise Jbernahme durch anWiebe | 405

Kap. 10 Rz. 2

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

dere erfolgreich zur Wehr setzen kann. 1 Diese Frage ist zu unterscheiden von den Rechten derjenigen, die Inhalte in den Marktplatz einstellen, also etwa in ein Auktionsangebot oder einen fremden Produktkatalog (dazu unten Rz. 55 ff.). 2 2 Fr Anbieter von Webshops kommt je nach Ausgestaltung ein Schutz im Rahmen der verschiedenen Werkarten des Urheberrechts in Betracht, wie es allgemein fr Webseiten angenommen wird. 3 Ein Produktkatalog wird rechtlich vor allem als Datenbank einzuordnen sein. Entsprechendes gilt fr die von Auktionshusern angebotenen Auktionen. Im Folgenden soll daher der Schwerpunkt auf der Anwendung des Datenbankschutzes liegen.

I. Datenbankschutz des Angebots 1. Voraussetzungen einer Datenbank 3 Mit der Umsetzung der Datenbankrichtlinie ergaben sich stark erweiterte Schutzmçglichkeiten f r Datenbanken. 4 Neben dem bereits bestehenden urheberrechtlichen Schutz als Sammelwerk wurde ein neues Investitionsschutzrecht eingefhrt, das als Sui-generis-Recht bzw. Datenbankherstellerrecht weitreichende praktische Bedeutung erlangt hat. Zu untersuchen ist zunchst, inwieweit Webangebote auf elektronischen Marktpltzen fr einen Schutz als Datenbank in Betracht kommen. Sowohl der urheberrechtliche Schutz als auch das Datenbankherstellerrecht setzen zunchst voraus, dass es sich rechtlich jeweils um eine Datenbank handelt. a) Sammlung unabhngiger Elemente, Einzelzugnglichkeit

4 Gem. § 4 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 UrhG muss es sich um eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhngigen Elementen handeln. Das zusammengestellte Material umfasst nicht nur Werke im urheberrechtlichen Sin1 Vgl. den Streit zwischen eBay und Bidder´s Edge, eBay, Inc. v. Bidder’s Edge, Inc.,

100 F. Supp. 2d 1058 (N.D. Cal. 2000), s.a. http://www.wired.com/news/print/ 0,1294,33082,00.html;, der mit einer Vereinbarung endete, vgl. Wolverton, eBay, Bidder’s Edge end legal dispute, http://news.cnet.com/news/0-1007-202-4997697. html; sowie zwischen eBay und AuctionWatch, vgl. den Bericht von Rçtzer, http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5394/1.html. 2 Dazu unten Rz. 55 ff. Zur Haftung fr rechtsverletzende Auktionsangebote, insbesondere im Rahmen des TDG, vgl. Spindler, Kap. 6. 3 Vgl. dazu Leistner/Bettinger, Beilage CR 12/1999, 1 ff.; Wiebe, Recht am Content, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003, B.II. Rz. 19 ff.; Ernst, Vertragsgestaltung im Internet, S. 114 f. 4 Richtlinie 96/9/EG vom 11.3.1996 ber den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. EG Nr. L 77/20 v. 27.3.1996; umgesetzt in Art. 7 des IuKDG vom 13.6.1997, BGBl. I S. 1870.

406 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 6 Kap. 10

ne, sondern auch jegliche Art wahrnehmbaren Materials, etwa Texte, Tçne, Bilder, Zahlen und Daten. 5 Dabei gibt es keine Mindestanzahl an Elementen. 6 Danach kann eine Zusammenstellung von Webseiten ebenso wie eine Linkliste 7 die erste Voraussetzung fr das Vorliegen einer Datenbank erfllen. Hinsichtlich des zustzlichen Erfordernisses der Unabhngigkeit der Ele- 5 mente geht es nach der Intention der Richtlinie wohl um den Ausschluss als Einheit zu betrachtender Ausdrucksformen. 8 Hier kann man das Merkmal der gesonderten Verwertbarkeit heranziehen und prfen, ob die Elemente in irgendeiner Form allein verwertbar sind. 9 Zu fragen ist dabei nach einem „in sich geschlossenen Informationsgehalt“. 10 Danach mssen die Elemente in der Zusammenschau fr sich betrachtet denselben Informationsgehalt aufweisen wie einzeln, was nicht der Fall sei, wenn die Elemente inhaltlich aufeinander bezogen oder miteinander verschmolzen sind. Werden die Elemente von vornherein fr ein Ganzes geschaffen, weisen inhaltliche Wechselbeziehungen auf und bilden so in ihrer Verschmelzung eine einheitliche Aussage, so sind sie nicht als unabhngig anzusehen, whrend die in der Sammlung unabhngiger Elemente entstehende Individualitt sozusagen „von außen“ an die Elemente anknpft und von den Einzelelementen getrennt ist. 11 In einer der ersten Leitentscheidungen zum Datenbankherstellerrecht hat der EuGH in Jbereinstimmung damit auf einen „selbstndigen Informationswert“ abgestellt und geprft, ob sich die Elemente nicht voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert des Inhalts beeintrchtigt wird. 12 Einzelne Webseiten werden danach meist keine separate Datenbank darstel- 6 len, da „ihre Elemente nicht voneinander unabhngig sind, sondern von vornherein aufeinander bezogene Teile eines einheitlichen Werkes“. 13 Dagegen kçnnen einzelne Webseiten Elemente der Website als Datenbank bilden, die durch die hypermediale Struktur der Verknpfung durch Hyper5 6 7 8

9 10 11

12 13

Vgl. Vogel, in: Schricker (Hrsg.), Urheberrecht, 2. Aufl., Mnchen 1999, § 87a Rz. 5. Vgl. Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 820. Zur Schutzfhigkeit einer Linkliste vgl. LG Kçln, CR 2000, 400, 401. Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-A Rz. 7 ff.; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 820; Leistner/Bettinger, Beil. CR 12/1999, 1, 8 f. Vgl. auch Wiebe/Funkat, MMR 1998, 69, 74. Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 820. Vgl. auch Wandtke/Bullinger/Thum, § 87a Rz. 63; Schricker/Vogel, § 87a Rz. 5 „inhaltliches Gewebe“. Vgl. ferner LG Mnchen I, CR 2000, 389, 390, wonach Werke ausgeschlossen sind, deren Elemente ein „verbindendes Gewebe“ bilden, etwa literarische und Musikwerke sowie im entschiedenen Fall einzelne Musikund Tonspuren einer „MIDI-File“. EuGH, C-444/02, Fixtures Marketing Ltd v. Organismos prognostikon agonon podosfairou AE (OPAP), Rz. 32 f. IOGH MR 2001, 311 – C-Villas; IOGH MR 2001, 234 – Telering.at. Vgl. ferner Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 824. Anders LG Kçln, JurPC Web-Dok. 211/2001, fr eine Sammlung lyrischer Texte auf einer Webseite.

Wiebe | 407

Kap. 10 Rz. 7

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

links auch systematisch und methodisch angeordnet sind. 14 Werden Datenbanken online angeboten, so verlieren sie dadurch nicht ihre Eigenschaft als Datenbank, etwa ein medizinisches Lexikon. 15 Auch die Zusammenstellung von Nachrichten auf einer Webseite oder online gestellte Stellenangebote kçnnen eine Datenbank darstellen, wobei die einzelnen Texte bzw. Anzeigen die Elemente bilden. 16 7 Fr das eng verwandte Merkmal der einzelnen Zugnglichkeit der Elemente ist nicht auf eine theoretische Mçglichkeit bei Verfgbarkeit entsprechender Software abzustellen, sondern auf die vom Hersteller vorgesehenen und im Produkt enthaltenen Funktionen dem Benutzer einen einzelnen Zugriff auf die jeweiligen Elemente zu erlauben. 17 Der EuGH hat diese Merkmale nunmehr dahin konkretisiert, dass ein technisches Mittel (elektronisches, elektromagnetisches, elektrooptisches Verfahren) oder ein anderes Mittel wie ein Index, Inhaltsverzeichnis oder Gliederung es ermçglicht, auf jedes in der Sammlung enthaltene Element zuzugreifen. 18 b) Systematische oder methodische Anordnung

8 Dieses Merkmal dient der Abgrenzung gegenber vçllig ungestalteten „Datenhaufen“. 19 Dabei ist nicht auf die physische Speicherung abzustellen, vielmehr kommt es hier auf das konzeptionelle Modell, schematisiert in einem Datenmodell, an. 20 Als De-minimis-Kriterium hat es fr elektronische Datenbanken keine sprbare Abgrenzungsfunktion. 21 c) Einordnung verschiedener Angebote

9 Danach kçnnen Produktangebote in Webshops eine Datenbank darstellen. Dies gilt zum einen fr die gesamte Site mit den einzelnen Seiten als Elementen der Datenbank. Zum anderen kçnnen aber auch die auf der Webseite zusammengestellten Produktinformationen als einzelne Elemente einer 14 Vgl. IOGH MR 2001, 311 – C-Villas; OLG Dsseldorf, MMR 1999, 729, 731. 15 Vgl. OLG Hamburg, JurPC Web-Dok. 147/2001, Abs. 12; LG Hamburg, CR 2000,

776. 16 Vgl. OLG Kçln, MMR 2001, 387; LG Kçln, JurPC Web-Dok. 138/2001, Abs. 18. 17 Vgl. Gaster, CR 1997, 669, 673; Wiebe/Funkat, MMR 1998, 69, 74. Vgl. auch Hor-

18 19 20 21

nung, S. 75; Bensinger, S. 131, wonach auch „mittelbare“ Zugnglichkeit mittels Verzeichnissen ausreicht, auch wenn dies ausschließlich durch Computerprogramme durchgefhrt wird. Der BGH, MMR 1999, 470, 472, hat die einzelnen Eintrge in einem Telefonbuch als einzeln zugnglich angesehen, da sie aufgrund der alphabetischen Anordnung leicht auffindbar seien. EuGH, C-444/02, Fixtures Marketing Ltd v. Organismos prognostikon agonon podosfairou AE (OPAP), Rz. 30 f. Vgl. Schricker/Loewenheim, § 2 Rz. 36; Schricker/Vogel, § 87a Rz. 6. Vgl. Wiebe/Funkat, MMR 1998, 69, 72, Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 823. Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-A Rz. 7.

408 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 12 Kap. 10

Datenbank betrachtet werden, wenn sie nicht nach Aufmachung und Inhalt so stark auf das Gesamtangebot bezogen und dafr aufbereitet waren, dass man ihnen die Unabhngigkeit als Elemente absprechen muss. Entsprechendes gilt fr Produktkataloge. Hier werden die einzelnen Pro- 10 duktelemente noch strker standardisiert sein und es wird meist die notwendige Unabhngigkeit vorliegen, so dass im Regelfall bei einem online angebotenen Produktkatalog vom Vorliegen einer Datenbank auszugehen ist. 22 Als Datenbank schutzfhig kann auch die Zusammenstellung der Angebote 11 und Gebote bei einem Auktionsangebot sein. Die Angebote werden auf der Basis von gewissen Standardvorgaben des Auktionshauses jeweils individuell vom Anbieter gestaltet und bilden eine in sich abgeschlossene Informationseinheit. Diese werden meist nach Produktkategorien geordnet und als Linkliste dem Nutzer prsentiert und sind daher auch methodisch-systematisch angeordnet. Fraglich kçnnte allerdings sein, ob es sich hier noch um eine „Sammlung“ handelt. 23 Jedoch tritt das Auktionshaus als Betreiber des Gesamtangebots auf, beherrscht und kontrolliert die Einstellung der jeweiligen Beitrge, stellt diese auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten zusammen und behlt sich eine inhaltliche Restkontrolle vor. Es handelt sich insoweit um ein aktiv zusammengetragenes Angebot, das grundstzlich als Datenbank im Sinne von §§ 4 Abs. 1, 87a Abs. 1 UrhG anzusehen ist. Das Gleiche gilt fr die auf die jeweiligen Angebote abgegebenen Gebote, die nach Angeboten zugeordnet und nach der Hçhe und zeitlichen Abfolge geordnet sind.

2. Urheberrechtlicher Schutz a) Datenbankwerk, § 4 Abs. 2 UrhG

Mit dem Vorliegen einer Datenbank ist nur der erste Schritt fr einen Schutz 12 getan. Fr einen urheberrechtlichen Schutz als Datenbankwerk muss zustzlich eine individuell-schçpferische Auswahl oder Anordnung der Elemente festgestellt werden. 24 Dabei kommt vor allem die Struktur der Datenbank in Betracht, die sich in den sog. „Meta-Daten“ niederschlagen kann. 25 Nach Um22 Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken,

Heidelberg, II-A Rz. 21; Wiebe, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.); Praxishandbuch Online-Handel, Mnchen 2002, Kap. B.II. Rz. 49 ff. 23 Vgl. Bensinger, S. 151, die „die bloße Aufforderung an andere Benutzer, Beitrge zu einem bestimmten Thema beizusteuern“, aus dem Begriff der Sammlung ausscheidet, eine solche aber bei Systematisierung und Verarbeitung der Beitrge anerkennt. 24 Vgl. Schricker/Loewenheim, § 4 Rz. 8 ff. 25 Vgl. Wiebe/Funkat, MMR 1998, 69, 72; Gaster, Rz. 142 ff.; Leistner, in: Wiebe/ Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-A Rz. 23 ff. Das OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 185, lehnt demgegenber ein Abstellen auf die textliche oder grafische Gestaltung ab und verweist im Anschluss an Berger, GRUR 1997, 169, 174, auf Zugangs- und Abfragesysteme, vernachlssigt dabei aber das Element der Struktur.

Wiebe | 409

Kap. 10 Rz. 13

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

setzung der Datenbankrichtlinie drfen hier keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. 26 Allerdings kçnnen Konventionen und Zweckmßigkeitserwgungen den Gestaltungsspielraum einengen, so dass etwa einem Telefonverzeichnis vom BGH keine Schutzfhigkeit zugesprochen werden konnte. 27 Jedoch kann die Einteilung und Gestaltung von Zusatzeintrgen, die Einfgung von Werbung und besonderer graphischer Gestaltung eine hinreichende Individualitt ergeben. 28 Weiterhin werden rein handwerkliche Leistungen teilweise von der Rechtsprechung nicht als ausreichend anerkannt. 29 13 Fr die hier zu untersuchenden Angebote kommt durchaus ein Urheberrechtsschutz in Betracht, wobei allerdings jeweils zu prfen ist, ob die Kriterien fr die Auswahl oder Anordnung bzw. die Struktur blich oder sogar durch Sachzwnge bedingt sind. Dies gilt etwa fr die Einteilung nach Produktkategorien, die standardisiert sind. Auch Produktkataloge werden in der Auswahl der Produkte ebenso wie der Darstellung hufig blich oder vorgegeben sein. 30 Allerdings kann sich um multimediale interaktive Hypertextsysteme, bei der Erstellung vor allem hinsichtlich der Prsentationsschicht, aber auch der Strukturierung sowie der Einbindung verschiedener Elemente, z.B. Vertragsentwrfe, ein erheblicher Gestaltungsspielraum etwa in der Kombination von Text und Abbildungen ergeben. 31 Fr einzelne multimediale Webseiten, vor allem bei Webshops, lsst sich daneben auch an den Schutz unter einer der in § 2 Abs. 1 UrhG aufgezhlten Werkarten anknpfen, etwa als Werk der Kunst, Schriftwerk, filmhnliches Werk oder wissenschaftlich-technische Darstellung. 32 14 Letzteres kann auch besonders gestaltete Prsentationsseiten von Auktionshusern betreffen, soweit das Auktionshaus hier die Gestaltung vorgenommen hat. Soweit es aber um den Schutz der Auflistungen von Angeboten und Geboten geht, so fehlt es meist an einer hinreichenden Ausprgung individueller Gestaltungsttigkeit. Die Gebote werden nach den Kriterien der Hçhe und zeitlichen Rangfolge gelistet. Allenfalls die Einteilung der Angebote nach Produktkategorien kann im Einzelfall einmal ausreichenden 26 Vgl. Dreier/Schulze, § 4 Rz. 12. 27 Vgl. BGH MMR 1999, 470, 471. Fr den Schutz auch der „kleinen Mnze“ vgl. Gas-

28 29

30 31 32

ter, MMR 1999, 543. Bei Fachdatenbanken lsst das Kriterium der Vollstndigkeit kaum einen Gestaltungsspielraum, vgl. OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 185. Vgl. Gaster, S. 544; OLG Frankfurt/M., CR 1995, 85, 86; OLG Frankfurt/M., CR 1997, 275, 276. Vgl. OLG Hamburg, MMR 2003, 45, 46: „Eine Auswahl oder Anordnung, die jeder so vornehmen wrde“. Vgl. ferner den Jberblick bei Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-A Rz. 29. Zum Urheberrechtsschutz von Ausstellungskatalogen vgl. Schricker/Loewenheim, § 2 Rz. 98. Vgl. ferner OLG Mnchen, CR 1997, 20. Vgl. Wiebe, in: Brutigam/Leupold (Hrsg.), Online-Handel, Mnchen 2003, Kap. B.II Rz. 50 f. Vgl. eingehend Leistner/Bettinger, Beil. CR 12/1999, 1, 11 ff.

410 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 18 Kap. 10

Spielraum beinhalten, der nicht durch Konventionen oder Zweckmßigkeitserwgungen eingeschrnkt wird. b) Sammelwerk, § 4 Abs. 1 UrhG

Fehlt es am Merkmal der systematischen oder methodischen Anordnung 15 oder an der einzelnen Zugnglichkeit der Elemente, so kann subsidir ein Schutz als Sammelwerk in Betracht kommen. Da aber auch hier die Merkmale der Unabhngigkeit der Elemente sowie der Individualitt vorliegen mssen, kommt ein weiter gehender Schutz aber praktisch kaum in Betracht. c) Software, § 69a UrhG

Von dem Schutz der in die Datenzusammenstellung ebenso wie in die Ge- 16 staltung einer multimedialen Webseite einfließenden schçpferischen Leistung ist der Schutz der zugrunde liegenden Software zu trennen. Die Notwendigkeit der Abgrenzung ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 UrhG. 33 Hier ist vom Schutz der „kleinen Mnze“ auszugehen. 34 In der Praxis wird die Abgrenzung des Werkschutzes des Datenbankmanagementsystems vom Werkschutz fr Datenbanken oft schwierig sein. 35 Soweit das Auktionshaus den Teilnehmern Software zur Nutzung zur Ver- 17 fgung stellt bzw. eine solche Nutzung erfolgt, ist dies durch vertragliche Vereinbarung bzw. § 69d Abs. 1 UrhG abgedeckt. 36 Weiter gehender Nutzungsrechte bedarf der Teilnehmer in der Regel nicht.

3. Datenbankherstellerrecht, § 87a UrhG a) Schutzvoraussetzungen

Jber die kreative Leistung hinaus, die durch das Urheberrecht geschtzt 18 wird, dient das neue Sui-generis-Recht des Datenbankherstellers dem Schutz der Investition, die in eine Datenbank fließt. Nach § 87a Abs. 1 UrhG setzt der Schutz das Vorliegen einer nach Art oder Umfang wesentlichen Investition, die zur Beschaffung, Jberprfung oder Darstellung des Datenbankinhalts erforderlich ist, voraus. Einbezogen werden Kosten fr die 33 Vgl. dazu Wiebe /Funkat, MMR 1998, 69, 74; Leistner/Bettinger, Beil. CR 12/1999,

1, 16 ff. Vgl. ferner IOGH MR 2001, 234 – Telering.at. 34 Vgl. Wandtke/Bullinger/Gr+tzmacher, § 69a Rz. 33; Schricker/Loewenheim,

§ 69a Rz. 20; OLG Mnchen, CR 1999, 688 f. 35 Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken,

II-A Rz. 18. Zur Unterscheidung des Schutzes der Benutzeroberflche als eigenstndiger kreativer Leistung vom Programmschutz vgl. OLG Dsseldorf, CR 2000, 184; Wiebe/Funkat, MMR 1998, 69, 71; G+nther, CR 1994, 611, 612; a.A. OLG Karlsruhe, CR 1994, 607, 610; Koch, GRUR 1995, 459, 465. 36 Vgl. beispielsweise § 3 AGB-eBay (1.4.2004).

Wiebe | 411

Kap. 10 Rz. 19

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

Beschaffung des Datenbankinhalts ebenso wie fr die Datenaufbereitung sowie die Bereitstellung der Datenbank. 37 Dazu werden allgemein auch die Kosten fr die Beschaffung der fr den Aufbau und Betrieb der Datenbank bençtigten Computerprogramme gerechnet. 38 Fr Online-Datenbanken erlangt besonders die stndige Aktualisierung eine große Bedeutung. 39 Der EuGH hat nun in vier Leitentscheidungen in Sachen William Hill und Fixtures die Abgrenzung der Aufwendungen fr die Generierung der Daten von den Kosten der Beschaffung des Datenbankinhalts selbst in den Mittelpunkt gestellt und dabei eine restriktive Linie vertreten. 40 Jber die Aufwendungen fr die Erzeugung der Daten hinaus muss ein selbstndiger Aufwand fr die Sammlung und Jberprfung der Daten im Hinblick auf die Datenbank nachgewiesen werden. Sind diese nicht trennbar, kçnnen sie fr die Datenbank keine Bercksichtigung finden. Der Gesetzgeber will danach nur die unmittelbar mit der auf die Erstellung und den Betrieb der Datenbank selbst bezogenen Investitionen schtzen. 19 Hinsichtlich des Merkmals des Umfangs der Investition sind finanzielle Mittel ebenso wie aufgewandte Zeit, Arbeit und Energie einzubeziehen. 41 Darin ist wohl eine Minimalanforderung zum Ausschluss von „Allerweltsinvestitionen“ zu sehen. 42 In der bisherigen Praxis stellt dies keine große Hrde fr die Erlangung von Rechtsschutz dar. 43 Gegenber diesem quantitativen Aspekt wird qualitative Bestimmung einer „der Art nach“ wesentlichen Investition eher ergnzende Bedeutung haben. 44 37 Vgl. Schricker/Vogel, § 87a Rz. 16; Wandtke/Bullinger/Thum, § 87a Rz. 24 ff.; LG

38 39

40

41 42

43

44

Kçln, JurPC Web-Dok. 138/2001, Abs. 19. Ausgeschlossen sind danach nur die Kosten fr die Datengenerierung. Vgl. KG MMR 2001, 171, 172. Vgl. LG Kçln, CR 1999, 593, 594; LG Berlin, CR 1999, 388. Zum Umfang der Erneuerung der Schutzfrist von 15 Jahren bei wesentlicher Neuinvestition in Teile der Datenbank vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-A Rz. 34 ff. EuGH, C-203/02 of Nov. 9, 2004, The British Horseracing Board Ltd. V. William Hill Organization Ltd.; C-338/02, Fixtures Marketing Ltd v. Svenska Spel AB; C-444/02, Fixtures Marketing Ltd v. Organismos prognostikon agonon podosfairou AE (OPAP); C-46/02, Fixtures Marketing Ltd v. Oy Veikkaus Ab. Vgl. LG Kçln, CR 2000, 400, 401. Gaster, Rz. 476, unter Bezugnahme auf Erw.grd. 19. Vgl. auch Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 830 f.; Berger, GRUR 1997, 169, 173; Hornung, S. 112: Bensinger, S. 164; a.A. Hertin, in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, § 87a Rz. 10: „substantielles Gewicht“. Vgl. BGH MMR 1999, 470, 472 – Tele-Info-CD. Das LG Kçln, K&R 1999, 40, hielt eine Messedatenbank mit 10 000 Messedaten fr schutzwrdig, das LG Berlin, NJW-CoR 1999, 244, eine Investition von 761 000 DM fr Pflege und Aufbau einer Anzeigendatenbank. Das LG Kçln, CR 2000, 400, 401, stellte auf „substantielles Gewicht“ der Investition ab. Vgl. ferner die Nachw. bei Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 33. Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 22.

412 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 21 Kap. 10

Fr die Rechtsinhaberschaft kommt es auf die Herstellereigenschaft an. 45 20 Dabei ist zu prfen, wer in die sammelnde, sichtende, ordnende und darstellende Leistung wirtschaftlich investiert und das Risiko der Auswertung der Datenbank bernimmt. 46 Nicht bercksichtigungsfhig sind insoweit Leistungen fr die Datengenerierung einerseits sowie den Datenbankkauf andererseits. 47 Werden Aufwendungen fr Daten in einem Offline-Medium gettigt, die spter online angeboten werden, ist es in der Praxis schwierig, die Aufwendungen fr Recherche, Aufbereitung und Einstellung in eine Datenbank immer klar zu trennen. Nach den aufgefhrten EuGH-Entscheidungen kommt ein Schutz nur bei gesondertem Nachweis von auf die Datenbank bezogenen Investitionen in Betracht. 48 Schwierig kann vor allem die Bestimmung der Rechtsinhaberschaft bei Auf- 21 tragserstellung sein. Nach Erw.grd. 41 soll dies nicht der Auftragnehmer sein, sondern die Person, „die die Initiative ergreift und das Investitionsrisiko trgt“. In einem Fall vor dem OLG Dsseldorf hatten Werbekunden die Erstellung von Werbeseiten fr ein Angebot „baumarkt.de“ in Auftrag gegeben, das von der Auftragnehmerin betrieben wurde. Nach Ansicht des OLG trugen das Risiko nur die Werbekunden, die die Erstellung von Werbeseiten in Auftrag gegeben haben, die auf der Homepage der Klgerin unter deren Domain abrufbar sind. 49 Man muss fr diese Bestimmung des Rechteinhabers aber sehr genau das relevante Risiko identifizieren. Insoweit tragen zwar die Kunden das wirtschaftliche Risiko fr ihren Internet-Auftritt. 50 Wenn aber der Presence Provider den Eindruck eines eigenen Informationsangebots vermittelt, so trgt dieser selbst das Risiko auf dem Markt der Informationsanbieter und kann im Hinblick auf das im Verkehr ihm zugerechnete Leistungsangebot als Hersteller anzusehen sein. 51 Mag auch im ersten Schritt die Erstellung der Seiten auf das Risiko der Auftraggeber als „Inserenten“ zurckzufhren sein, so erfolgt im zweiten Schritt die Zusammenstel45 Vgl. BGH MMR 1999, 470, 472 – Tele-Info-CD; Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.),

Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 42 ff. 46 Vgl. Schricker/Vogel, § 87a Rz. 28, mit Verweis auf die Lage bei Filmproduzenten;

47 48

49 50 51

dabei wird auch auf den Erwerb der Rechte bzw. andere unabhngige Elemente verwiesen. Zur Anknpfung an das Investitionsrisiko und dessen Konkretisierung vgl. Bensinger, S. 171 ff. Vgl. Schricker/Vogel, § 87a Rz. 16; Gaster, Rz. 478; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 826. Das LG Mnchen I, MMR 2002, 58, 59, bezog allerdings auch die Kosten einer Nachrichtenrecherche fr Tageszeitungen in Printform ein, die dann auch online angeboten wurden. Vgl. OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 185. Vgl. Leistner, Anm. zu OLG Dsseldorf, CR 2000, 187. Vgl. auch Leistner, Anm. zu OLG Dsseldorf, CR 2000, 187. Das OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 185, beschrnkt sich insoweit auf die Feststellung, dass die „installierten Abfrage- und Suchmechanismen“ keinen wesentlichen Aufwand erfordert haben, scheint aber aufgrund der darauf folgenden Ausfhrungen auch diese Beitrge den inserierenden Unternehmen zurechnen zu wollen.

Wiebe | 413

Kap. 10 Rz. 22

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

lung des Informationsangebots auch auf das eigene wirtschaftliche Risiko des Betreibers des Angebots. Denkbar ist, beide als Mithersteller anzusehen. 52 Beschrnkt sich das Investitionsrisiko der Auftraggeber auf die Erstellung einzelner Seiten als den Elementen der Datenbank, so wird sogar nur der Anbieter des Informationsdienstes als Ersteller anzusehen sein. 22 Der geschilderte Fall ist mit einem „virtuellen Kaufhaus“ vergleichbar, in das verschiedene Anbieter Webseiten einstellen. Bei Webshops und Produktkatalogen wird meist der Betreiber auch Auftraggeber sein. Fr Auktionshuser ergibt sich danach, dass sie auch bei der Plattform-Lçsung als Hersteller der Datenbank im Sinne der Zusammenstellung von Links bzw. Prsentationsseiten anzusehen sind. Hier sind die Kosten fr das Erstellen und die Pflege der Auktionsseiten einzubeziehen sowie fr die Aufbereitung der von den Anbietern bereitgestellten Prsentationsseiten. 53 Sie unternehmen die erforderlichen Investitionen, bernehmen die Organisation und tragen auch nach außen hin das Risiko fr den Erfolg der Zusammenstellung. 22a Zweifelhaft erscheint allerdings nach der vom EuGH nunmehr so eingehend betonten Ausgrenzung der Aufwendungen fr die Datenerzeugung, inwieweit die Kosten fr den Aufbau und die Unterhaltung des Auktionsangebots auch in organisatorisch-technischer Hinsicht voll einbezogen werden kçnnen. Die Kosten fr die Erstellung von Spielplnen, die dann in einer Datenbank gespeichert wurden, hat der EuGH ebenso wenig bercksichtigt wie die Kosten fr die Aufstellung von Rennlisten. Insoweit ließe sich fr Auktionsangebote auch vertreten, dass ein Teil der Kosten fr die Aquisition von Auktionsteilnehmern aufgewandt wird und etwa das Bereitstellen von Eingabemasken noch in das Vorfeld der Datenbankerstellung gehçrt, als die relevanten Daten erst nach der Entscheidung ber die Teilnahme an einer Auktion feststehen. Beide Arten von Aufwendungen wren dann als Kosten fr die Datengenerierung nicht bercksichtigungsfhig. Im Unterschied zum Sachverhalt in den EuGH-Entscheidungen ist aber die Eingabemaske unmittelbar zur Erfassung der Daten fr das Auktionsangebot als Datenbank gedacht und bereits als Teil der auf Sammlung der Daten gerichteten Aktivitt anzusehen. Auch die sonstigen Aufwendungen des Auktionshauses setzen bereits eine Entscheidung der Teilnehmer zur Auktionsteilnahme voraus, so dass auch diese bercksichtigungsfhig erscheinen. Allenfalls kçnnte frag52 Vgl. Bensinger, S. 180 f., im Hinblick auf einen zweistufigen Erstellungsprozess

zwischen Ersteller einer Datenbasis und dem „Host“. Nur wenn der Designer bzw. Host nicht nach außen in Erscheinung tritt, kçnnten allein die werbenden Unternehmen als Mithersteller anzusehen sein, vgl. Bensinger, S. 177, fr eine wertende Abwgung der verschiedenen Beitrge und unter Verweis auf Seignette, Challenges to the Creator Doctrine, S. 83 ff., der die Herstellerrisiken in Produktions-, Organisations- und Assoziationsrisiko unterteilt. 53 Vgl. fr die Datenbankaufbereitung sowie die Pflege und Aktualisierung einer Kleinanzeigendatenbank LG Berlin, CR 1999, 388. Zum schutzwrdigen Aufwand der Erstellung und Pflege einer Linksammlung vgl. LG Kçln, CR 2000, 400, 401.

414 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 23 Kap. 10

lich sein, ob die Kosten fr die Unterhaltung des technischen Ablaufs der Auktion eingerechnet werden kçnnen. Insoweit kann man aber von einem Zusammenhang zur Jberprfung und Darstellung der Auktionsangebote als Teil der Datenbank ausgehen. b) Schutzumfang

Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasst das Recht des Datenbankherstellers 23 zunchst die Verwertung eines wesentlichen Teils der Datenbank. Hier sollen die zur Wesentlichkeit der Investition herangezogenen Kriterien entsprechend Verwendung finden. 54 In quantitativer Hinsicht ist abzustellen auf das entnommene Volumen im Verhltnis zum Volumen der gesamten Datenbank. 55 Dabei stehen Investition und Schutzumfang in einer Wechselwirkung, es sind also desto kleinere Teile geschtzt, je wesentlicher die Investition ist. 56 Bei Jbernahme von Teilen einer Online-Nachrichtendatenbank wurden die Volltexte als das „Herzstck“ angesehen, dem gegenber die anderen Elemente nur „hinfhrende und untergeordnete Funktion“ htten. 57 Der EuGH hat die qualitative Betrachtung nun strikt auf die in den entnommenen Teil geflossene selbstndig feststellbare Investition beschrnkt. 58 Damit erlangt die Ausgrenzung der Kosten fr die Datengenerierung auch Bedeutung fr den Schutzumfang. Die Tatsache, dass die entnommenen Daten fr die Veranstaltung von Pferderennen unbedingt notwendig seien, sei fr die Wesentlichkeit des entnommenen Teil unerheblich. Damit kann der Wert und auch die Bedeutung fr den Nutzer nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Da bei der Entnahme wesentlicher Teile bereits 54 Vgl. Schricker/Vogel, § 87b Rz. 9, der Art und Umfang der Datenbank, das Verhlt-

55 56

57

58

nis zum entnommenen Teil, Qualitt und wirtschaftlichen Wert des entnommenen Teils nennt. Bensinger, S. 208, nennt in qualitativer Hinsicht investitionsintensive sowie fr die Auswertung wertvolle Teile, etwa schwer zu beschaffende Daten. Nach KG, CR 2000, 812, 814, ist die Entnahme von einem Datensatz im Verhltnis zu einem Gesamtumfang von 300–400 Datenstzen nicht als wesentlich anzusehen. Vgl. ferner Dreier/Schulze, § 87a Rz. 5 ff. m.w.N. EuGH, C-203/02 of Nov. 9, 2004, The British Horseracing Board Ltd. V. William Hill Organization Ltd, Rz. 70. Vgl. auch LG Mnchen I, MMR 2002, 58, 59. Vgl. Hertin, in: Fromm/Nordemann, § 87b Rz. 13; Gaster, Rz. 494; Bensinger, S. 205 f., unter Bezug auf das Copyright. Dabei wird vorgeschlagen, auch auf den Wert fr den Nutzer abzustellen, so dass etwa bei Telefonbchern mit den Qualittskriterien Vollstndigkeit und Aktualitt bereits die Entnahme von Daten fr einen kleinen Landkreis trotz quantitativ geringer Bedeutung einen wesentlichen Teil darstellen kann, der fr die Einwohner das Telefonbuch ersetzt und das Amortisationsinteresse gefhrdet, vgl. Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 832. LG Mnchen I, MMR 2002, 58, 59. Vgl. auch LG Mnchen I, CR 2002, 452, 454, wonach Inhalt, Lay-out und Beitrge die wesentlichen Teile darstellten, nicht aber Jberschriften, Fundstelle und Kurzzusammenfassung. In IOGH MR 2002, 101 – baukompass.at, wurde die Jbernahme nur der Daten der Baubranche bereits als ein in Bezug auf ein Gesamt-Branchenverzeichnis wesentlicher Teil angesehen. EuGH, C-203/02 of Nov. 9, 2004, The British Horseracing Board Ltd. V. William Hill Organization Ltd, Rz. 71 f., 77 f.

Wiebe | 415

Kap. 10 Rz. 24

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

die abstrakte Eignung zur erheblichen Schdigung der Investition ausreichen soll, kommt es auf einen konkreten Nachweis einer Schdigung nicht an. 59 Die Weite des Schutzumfangs ergibt sich auch daraus, dass nicht nur die Herstellung parasitrer Konkurrenzprodukte, sondern darber hinaus alle Handlungen des Benutzers erfasst werden, „die ber dessen begrndete Rechte hinausgehen und somit der Investition schaden“. 60 24 Von noch grçßerer praktischer Bedeutung ist die zweite Verletzungsvariante des Datenbankherstellerrechts. Die Verwertung eines unwesentlichen Teils kann nach § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG unzulssig sein, wenn sie wiederholt und systematisch erfolgt und einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderluft oder die berechtigten Interessen des Herstellers unzumutbar beeintrchtigt. Der EuGH geht in der William Hill-Entscheidung von einem engen Verstndnis als Umgehungstatbestand aus. Entscheidend ist danach, dass durch die kumulative Wirkung der Handlungen ein wesentlicher Teil des Inhalts der Datenbank wieder erstellt wird oder der Iffentlichkeit zur Verfgung gestellt wird und dadurch die Investition des Herstellers schwerwiegend beeintrchtigt wird. 61 Es muss sich auch um ein planmßiges Vorgehen handeln. Eine wiederholte und systematische Nutzung liegt auch bei einem Angebot ber Internet vor. 62 Aus Sicht des Anbieters besteht auch bei Erfassung des Konkurrenzangebots ber eine Suchmaschine ein „innerer Zusammenhang“ zwischen den einzelnen Aufrufen durch den Nutzer. 63 25 Der normalen Auswertung widerspricht es, wenn ein Konkurrenzprodukt aufgebaut wird, das die Auswertung der Datenbank beeintrchtigen kann, oder sich der Verwerter den Abschluss eines Lizenzvertrags erspart. 64 Die berechtigten Interessen kçnnen darber hinaus unzumutbar beeintrchtigt sein, wenn die Verwertung nicht fr ein direktes Konkurrenzprodukt erfolgt, sondern fr ein Mehrwertprodukt, das einen anderen Markt bedient, da der Hersteller auch an neuartigen Auswertungen beteiligt werden soll. 65 Ange59 Vgl. Schricker/Vogel, § 87b Rz. 9; Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der

elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 53. 60 Erw.grd. 42. 61 EuGH, C-203/02 of Nov. 9, 2004, The British Horseracing Board Ltd. V. William

62 63 64

65

Hill Organization Ltd, Rz. 87–94. Vgl. auch Bensinger, S. 215; Leistner, in: Wiebe/ Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 60; LG Mnchen I, CR 2002, 452, 454; krit. Hartmann/Koch, CR 2002, 441, 443. Vgl. LG Kçln, CR 2000, 400, 401. A.A. OLG Kçln, MMR 2001, 387, 390, wonach aus diesem Grund bei Suchmaschinennutzung keine „systematische“ Verwertung gegeben sei. Vgl. Schricker/Vogel, § 87b Rz. 23; Dreier/Schulze, § 87a Rz. 15; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 833, unter Hinweis auf Erw.grd. 42. Das LG Kçln, CR 2000, 400, 401, differenziert zwischen der Nutzung durch den Endnutzer zu Informationszwecken und der Bereitstellung eines konkurrierenden Informationsangebots; dabei soll allein die Verbreitung im Internet als systematisch anzusehen sein. Vgl. LG Kçln, CR 2000, 400, 401; Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 63, unter Hinweis auf Erw.grd. 47; man kann darber hinaus auch auf Erw.grd.42 verweisen.

416 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 27 Kap. 10

sichts der çkonomischen Gegebenheiten im Internet wird man auch das Erzielen von Werbeeinnahmen bei gleichzeitigem Zurckgehen von Werbeeinnahmen des Datenbankherstellers bei der Bewertung der Beeintrchtigung des Amortisationsinteresses zu bercksichtigen haben. 66 Dies gilt auch dann, wenn die Werbeeinnahmen von der Anzahl der Zugriffe abhngig sind, in die auch Suchmaschinenzugriffe eingehen. 67 Weiterhin bedeutet die Erstreckung auf Mehrwertprodukte, dass nicht nur die Jbernahme von Auflistungen in konkurrierende Auktionsangebote, sondern auch die bergeordnete Auswertung durch Suchmaschinen erfasst sein kann. Hier wird man sehr genau die Art der Auswertung unter Bercksichtigung des Schutzzwecks im Einzelfall untersuchen mssen. Fr diese zustzliche Interessenabwgung ist den genannten EuGH-Entscheidungen keine Leitlinie zu entnehmen, da es in diesem Fall mangels separat feststellbarer Investitionen bereits an der Verwertung unwesentlicher Teile fehlte. Bei Webshops und Produktkatalogen wird man im Fall einer direkten Jber- 26 nahme jeweils Umfang und Bedeutung des bernommenen Teils prfen mssen. Bei Auktionshusern kommt insoweit die Jbernahme von Auflistungen konkurrierender Anbieter in Betracht. Angesichts des weit verbreiteten Registrierungserfordernisses ist aber zu prfen, inwieweit eine Schdigung oder Beeintrchtigung vorliegt. Auch ist zu bercksichtigen, wenn der Anbieter des Marktplatzes fr die Vermittlung und auch fr die Organisation eine besondere Vergtung bekommen soll, also nicht allein auf Werbeeinnahmen angewiesen ist. Das mindert auch bei abstrakter Bewertung die mçgliche Beeintrchtigung. c) Verletzungshandlungen, insbesondere Hyperlinks und Suchmaschinen

Die Verwertungsrechte des Datenbankherstellers umfassen die Vervielflti- 27 gung, Verbreitung und çffentliche Wiedergabe. Letzteres umfasst auch das Recht der Online-Jbermittlung, also das Bereitstellen zum Abruf. 68 Eine Vernderung oder ein Re-Arrangement der Daten ndert nichts daran, dass es sich um eine vom Datenbankherstellerrecht erfasste Verwertung han66 Vgl. LG Berlin, NJW-CoR 1999, 244; LG Berlin, CR 1999, 388, 389; LG Kçln, CR

1999, 593; LG Kçln, K&R 1999, 40, 41, wo der Beklagte im Gegensatz zum Klger kostenlos anbot. Vgl. ferner Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 62. 67 Vgl. insoweit LG Berlin, NJW-CoR 1999, 244; LG Berlin, CR 1999, 388 (389), wo auf die Kenntnisnahme durch Nutzer abgestellt wurde, whrend der Anteil an Zugriffen durch Suchmaschinen als Minderung des Werbeeffekts und der Werbeeinnahmen angesehen wurde. 68 Vgl. Schricker/Vogel, § 87b Rz. 20; Gaster, Rz. 521. Klargestellt wurde die es durch die Einfgung von § 19a UrhG in den Katalog der çffentlichen Wiedergaberechte, vgl. Dreier/Schulze, § 87b Rz. 3. Zur Darlegungslast vgl. LG Kçln, K&R 1999, 40 (41 f.), sowie zum Eingreifen des Anscheinsbeweises LG Kçln, CR 2000, 400, 401; Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 64.

Wiebe | 417

Kap. 10 Rz. 28

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

delt. 69 Der EuGH hat hervorgehoben, dass die Befugnisse weit auszulegen sind und sowohl kommerzielle, als auch nicht-kommerzielle Zwecke vom Schutz umfasst sind. 70 Eine praktisch wichtige Frage stellt sich vor allem dahin, ob die Verlinkung fremder Angebote eine Verletzung des Urheberrechts oder Datenbankherstellerrechts begrndet. Diese Frage ist auch fr den Einsatz von Suchmaschinen relevant. aa) Einfache Hyperlinks

28 Fr das Urheberrecht wie fr das Datenbankherstellerrecht gilt der allgemeine Grundsatz, dass das Bereitstellen eines einfachen Hyperlinks auf eine fremde Homepage 71 keine Verletzung des Urheber- und Datenbankherstellerrechts darstellt. Das OLG Dsseldorf hat insoweit zu Recht ausgefhrt, dass jeder, der Webseiten ins Netz stellt, mit Verweisen rechnen muss und grundstzlich damit einverstanden ist. 72 29 Fr den Fall, dass sich auf dem verlinkten Angebot urheberrechtsverletzende Inhalte befinden, kann diese Rechtsverletzung dem Linksetzenden jedoch unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Verursachung aufgrund der Stçrerhaftung zugerechnet werden, wenn er eine entsprechende Handlungspflicht verletzt. 73 bb) Deep Links, inbesondere Suchmaschinen

30 Die praktisch wichtigeren Flle bilden die sog. „Deep Links“, also Verweise auf Angebote unterhalb der fremden Homepage, die Teil eines einheitlichen fremden Leistungsangebots bilden. 74 Da die eigentliche Vervielfltigungshandlung beim Abruf der Seite durch den Nutzer erfolgt, hat die h.M. frher

69 Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Richtlinie die „Entnahme“ und „Weiterver-

70 71 72 73 74

wendung“ als Verwertungsrechte definiert, vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 67; Gaster, Rz. 531 f. Vgl. ferner die Ansicht von J. Laddie in der britischen Vorlageentscheidung British Horseracing Ltd. V. William Hill Organization Ltd. Case No. HC 2000-1335 (Ch.D., Justice Laddie). EuGH, C-203/02 of Nov. 9, 2004, The British Horseracing Board Ltd. V. William Hill Organization Ltd, Rz. 48–53. Vgl. zu den verschiedenen Linkformen Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Kçln 2002, A Rz. 4 ff.; Leistner/Bettinger, Beil. 12/1999, 1 (6). OLG Dsseldorf, CR 2000, 184 (186). Vgl. BGH CR 2001, 850, 851; BGH GRUR 1999, 397 ff.; BGH GRUR 1997, 313, 315 f.; Haedicke, GRUR 1999, 397; Spindler/Volkmann, WRP2003, 1 ff. Davon sind die Flle eines bloßen Webhosting, auch unter einheitlicher Domain, ohne einheitlichen Angebotscharakter, abzugrenzen, vgl. Wiebe, WRP 1999, 734, 739; dort auch zum Aspekt der Werbebehinderung. Allgemein zur Unterteilung bei Hyperlinks vgl. Ernst, K&R 1998, 536, 538 ff.; Wiebe, WRP 1999, 734, 375 m.w.N.

418 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 34 Kap. 10

eine Haftung des Linkproviders nach den Grundstzen der Stçrerhaftung angenommen. 75 Der BGH hat nunmehr in der „Paperboy“-Entscheidung klargestellt, dass 31 das Setzen eines „Deep Links“ weder eine selbstndige Verletzung des Urheberrechts noch nach den Grundstzen der Stçrerhaftung relevant ist, da es schon an der Kausalitt fehle. 76 Vor allem nach der Begrndung ist nunmehr von einer weitgehenden Zulssigkeit solcher Links auszugehen. Obwohl die Rechtslage nunmehr durch die Entscheidung bestimmt wird, 32 kann dieser in Begrndung und Ergebnis nicht gefolgt werden. Bereits die Verneinung der Stçrerhaftung erscheint nicht berzeugend, da trotz bereits erfolgter Verçffentlichung die Reichweite des Angebots bei den Nutzern erhçht wird. Fr das Urheberrecht ebenso wie fr das Datenbankherstellerrecht kann man sogar weiter gehend von einer direkten Rechtsverletzung ausgehen, wobei an das Recht der Zur-Verfgung-Stellung gem. § 19a UrhG bzw. das Recht der çffentlichen Wiedergabe nach § 87b UrhG anzuknpfen ist. 77 Fr das Datenbankherstellerrecht ergibt sich dies auch aus dem weiten Schutzumfang der Richtlinie. Es stellt sich dann in einem nchsten Schritt die Frage, ob ein entsprechen- 33 der direkter Zugriff durch den Nutzer noch von der grundstzlichen Einwilligung des Webseiten-Anbieters gedeckt ist, da hufig auf der Homepage platzierte Werbung umgangen wird. Hier kommt es auf den Kontext an, in dem der Link bereitgestellt wird. Wird der Eindruck erweckt, das referenzierte Angebot sei Teil des eigenen Angebots, oder wird der Inhalt sonst zu Eigen gemacht, so sind die Verwertungsinteressen des Urhebers ebenso wie die Investitionsinteressen des Datenbankherstellers eigenstndig berhrt. Einen entsprechenden Fall aus dem Bereich der Auktionsangebote bildete 34 der Streit zwischen eBay und AuctionWatch. Letzterer bot mittels einer Suchmaschine Auflistungen aus dem Auktionsangebot von eBay neben solchen von 300 anderen Auktionssites in ihrem eigenen Angebot an. 78 Bei Aufruf entsprechend aufgelisteter Angebote gelangte der Nutzer schließlich auf die entsprechenden Angebotsseiten des jeweiligen Auktionshauses. Wenn systematisch die Angebote fremder Auktionshuser durchforstet und entsprechende Links in ein eigenes konkurrierendes Auktionsangebot eingestellt werden, so stellt dies – wohl entgegen der Ansicht des BGH – eine Ver75 Vgl. die Nachw. bei Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, B Rz. 41 ff. Leist-

ner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 72 f. 76 BGH CR 2003, 920 m. Anm. Nolte = MMR 2003, 719, 723, m. krit. Anm. Wiebe =

TKMR 2003, 438 ff. m. Anm. Neubauer. 77 Vgl. Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, B Rz. 34, 68; Leistner, in: Wie-

be/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 81. A.A. BGH CR 2003, 920 922 f. 78 Vgl. die Mitteilungen unter www.auctionwatch.com/company/pr/pr10.html sowie www.wired.com/news/business/0,1367,31850,00.html.

Wiebe | 419

Kap. 10 Rz. 35

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

wertung der Datenbank und der darin verkçrperten Investitionsleistung des Auktionshauses dar, die der Investition schaden und entsprechend dem Schutzzweck der Datenbankrichtlinie im Schutzumfang von § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG liegen kann, auch wenn die eigentliche Transaktion dann wieder ber die Auktionsplattform durchgefhrt wird. 79 Von Bedeutung ist auch die Umgehung von Werbebannern auf der Homepage. Dies gilt in gleicher Weise fr Webshops und Produktkataloge. In ersten Entscheidungen wurde das Erfassen von Stellenanzeigen im Online-Angebot von Tageszeitungen als relevante Verletzungshandlung angesehen. 80 35 Der BGH hat fr diese Flle in der „Paperboy“-Entscheidung jedoch die Auffassung des OLG Kçln besttigt, wonach der Einsatz von Hyperlinks und Suchmaschinen durch ein Allgemeininteresse an der Funktionsfhigkeit des Internets gerechtfertigt ist. 81 Eine Beeintrchtigung der Werbeeinnahmen sei dann hinzunehmen. Die Nutzung des fremden Angebots werde durch Hyperlinks nicht ersetzt, sondern angeregt. Insofern lge weder eine unzumutbare Interessenbeeintrchtigung noch eine Beeintrchtigung der normalen Auswertung vor. Hier wird mit der Argumentation mit einem medienspezifischen Allgemeininteresse der Schutz des Urhebers und Datenbankherstellers zu stark eingeschrnkt. Allerdings bleibt zu beachten, dass auch der EuGH in den Leitenscheidungen William Hill und Fixtures bemht ist, im Interesse des Informationszugangs die Reichweite des Datenbankherstellerrechts einzuschrnken. 36 Trotzdem wird man nach der hier vertretenen Auffassung weiterhin – besonders fr das dem Investitionsschutz dienende Datenbankherstellerrecht – zwischen Informations- und Substitutionsfunktion differenzieren mssen. Handelt es sich um ein Angebot als Informationsdienst mit herkçmmlicher Suchmaschinenfunktion, ohne dass die verlinkten Seiten als eigenes Leistungsangebot ausgegeben werden, so kann von einer Einwilligung bzw. Zulssigkeit ausgegangen werden. Dies wre auch bei einer Meta-Suchmaschine zu Auktionen der Fall, wenn zur Teilnahme wieder das Angebot des erfassten Auktionsanbieters aufgesucht werden muss. Hier werden dem Nutzer nur bergreifend Informationen zu ihn interessierenden Angeboten vermittelt und damit Markttransparenz geschaffen. Eine verblei79 A.A. Sosnitza, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 5 B,

Rz. 692. In diesen Kontext gehçrt auch die Entscheidung des LG Berlin, CR 1999, 388, sofern dort, was aus dem Sachverhalt nicht eindeutig hervorgeht, die Angebote als „Deep Link“ dem Nutzer angeboten wurden; das LG rechnete die Vervielfltigung beim Nutzer dem Suchmaschinenanbieter zu. Das LG Kçln, CR 1999, 593, 594, nahm eine Verbreitung an, dort wurde allerdings der Originaltext von Anzeigen aus durchsuchten Angeboten weitergegeben. 80 Vgl. LG Berlin, K&R 2000, 195, 196; OLG Kçln, AfP 1997, 600 ff.; LG Kçln, JurPC Web-Dok. 138/2001, Abs. 22; LG Mnchen I, MMR 2002, 58, 59 f. 81 BGH CR 2002, 920, 924, allerdings zum ergnzenden Leistungsschutz; OLG Kçln, MMR 2001, 387, 388. Rhnlich auch IOGH, MR 2003, 24, 26 – Meteodata. Vgl. ferner Sosnitza, CR 2001, 693, 702 f.

420 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 39 Kap. 10

bende Substitutionswirkung tritt hier weitgehend hinter der Informationsfunktion zurck, so dass auch von einer dem Hersteller zugeordneten neuartigen Auswertung der Datenbank nicht die Rede sein kann. Es werden hier nicht die gesammelten Daten, bereichert um einen Mehrwert angeboten, sondern es wird ber die verschiedenen Auktionsangebote und ihre Schwerpunkte informiert. Eine erhçhte Nutzungsintensitt und dadurch Relevanz fr § 87b Abs. 1 37 UrhG ist aber gegeben, wenn mittels einer Suchmaschine oder Metasuchmaschine fremde Angebote zu einem Konkurrenzangebot oder Mehrwertangebot erfasst und dem Nutzer prsentiert werden. Entsprechendes gilt, wenn bei Auktionen die Mçglichkeit der Eingabe von eigenen Auktionsangeboten ber die Seiten des Suchmaschinenbetreibers besteht, die dann in das Angebot der einzelnen Auktionshuser eingestellt werden, wie es bei AuctionWatch scheinbar mçglich war. Dabei werden Teilfunktionen des Auktionshauses bernommen, ohne dass der Betreiber dieser Suchmaschine eine entsprechend umfangreiche technische Organisation der Auktion vorhalten muss. Dies drfte allerdings nur mçglich sein, wenn sich der Anbieter bei dem jeweiligen Auktionshaus registrieren kann. 82 cc) Inline Links/Frames

Werden fremde Webseiten oder Teile davon mittels Inline-Link fest in das ei- 38 gene Angebot integriert, so ist das Downloaden einer Seite mit derart verlinkten Elementen nicht mehr durch eine konkludente Einwilligung des Anbieters gedeckt und stellt aufgrund der „aktiven“ Einbindung der fremden Dateien eine Verletzung des Rechts der Zur-Verfgung-Stellung dar. 83 Wegen der andersartigen Funktionalitt dieser Links wird diese Beurteilung durch die „Paperboy“-Entscheidung des BGH nicht berhrt. Frames stellen keine besondere Linkart dar, sondern bezeichnen die Untertei- 39 lung des Bildschirms in verschiedene Bereiche, in denen jeweils separate Dateien eingebunden werden kçnnen. Je nach der dabei verwendeten Linkform richtet sich auch die rechtliche Beurteilung. Darber hinaus kann mangels deutlicher Kennzeichnung bei Frames eher der Eindruck entstehen, es handele sich um ein Angebot des „Frame“-Anbieters. 84 Schließlich wurde es auch als Verletzung des Datenbankherstellerrechts angesehen, dass auf der82 Die Parteien haben im Mrz 2000 eine Lizenzvereinbarung getroffen, vgl. Finley,

http://www.wired.com/news/politics/0,1283,35306,00.html. Zu prfen bleibt bei einem solchen Fall im Rahmen von § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG das Vorliegen einer Beeintrchtigung, s.o. Rz. 26. 83 Vgl. Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 81,86; Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, B Rz. 57 ff., 69. 84 Vgl. OLG Hamburg, CR 2001, 704, 705; LG Hamburg, CR 2000, 776. Vgl. ferner Schack, MMR 2001, 9, 14 ff.; Leistner, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, II-B Rz. 87.

Wiebe | 421

Kap. 10 Rz. 40

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

selben Seite in weiteren Frames Werbung geschaltet war. 85 Ob diese Aspekte unter der neuen BGH-Rechtsprechung noch Bestand haben oder auf einen Irrefhrungsschutz nach § 5 UWG n.F. beschrnkt werden, ist noch offen. 86

4. Ergnzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz, § 4 Nr. 9 UWG 40 Als weitere Schutzmçglichkeit fr Webshops, Produktkataloge und Auktionsangebote steht dem Betreiber der aus § 1 UWG a.F. entwickelte und nunmehr in § 4 Nr. 9 UWG n.F. verankerte ergnzende Leistungsschutz zur Verfgung. 87 Zu beachten ist allerdings, dass durch die Merkmale des Handelns im geschftlichen Verkehr und dem Erfordernis eines Wettbewerbsverhltnisses, das allerdings weit ausgelegt wird, ein eingeschrnkter Anwendungsbereich dieses Schutzinstruments besteht, der vor allem die rein private Verwendung nicht erfasst. 88 Dem steht eine auf Mitbewerber, verschiedene Verbnde und Institutionen nach § 8 Abs. 3 UWG erweiterte Klagebefugnis hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gegenber. a) Subsidiaritt zum Immaterialg terrecht

41 Das Verhltnis von immaterialgterrechtlichem und wettbewerbsrechtlichem Schutz ist geprgt von Subsidiaritt einerseits und dem unterschiedlichen konzeptionellen Ansatz andererseits. 89 Die Datenbank-Richtlinie hat in Art. 7 Abs. 4 sowie Art. 13 ausdrcklich klargestellt, dass andere Vorschriften zum Schutz von Datenbanken, auch das Wettbewerbsrecht, unber hrt bleiben. Die Gesetzesbegrndung zum IuKDG hat auf eine ausdrckliche Umsetzung mit Hinweis auf die Jbereinstimmung mit bestehenden Rechtsgrundstzen verzichtet. 90 Daraus ergibt sich, dass das Wettbewerbsrecht grundstzlich neben dem neuen Schutzrecht anwendbar bleibt. Mçgliche Bereiche, in den der Datenbankschutz nicht eingreift, wren Datenbanken, deren Investitionen zwar als unwesentlich i.S.v. § 87a Abs. 1 UrhG, trotzdem aber als wettbewerblich eigenartig bewertet wrden.

85 Vgl. LG Kçln, MMR 2001, 559. 86 Vgl. auch Ott, ZUM 2004, 357, 362 ff. 87 Zum Schutzgegenstand „Waren und Dienstleistungen“ vgl. Baumbach/Hefer-

mehl/Kçhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., Mnchen 2004, § 4 UWG Rz. 921 f. 88 Vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 2 UWG Rz. 13. 89 Vgl. zuletzt BGH CR 2003, 920, 924; BGH GRUR 2002, 629, 631; BGH GRUR 1999,

325, 326; BGH MMR 1999, 665, 668 f. Vgl. ferner BGH WRP 1992, 160, 164; BGH GRUR 1992, 697, 699; BGH CR 1996, 79, 80, hat unter Berufung auf § 69g UrhG eine Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts neben dem Urheberrechtsschutz fr Computerprogramme bejaht. Zum Streitstand vgl. Schricker/Schricker, Einleitung Rz. 38 ff. 90 Vgl. Begrndung des IuKDG, BR-Drs. 966/96 v. 20.12.1996, S. 48.

422 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 44 Kap. 10

Zu den angesprochenen Rechtsgrundstzen gehçrt aber auch der Vorrang der 42 Wertungen des Immaterialgterrechts. Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz und Datenbankschutz dienen gleichermaßen dem Schutz der Investition, wenn auch bei unterschiedlichem Anwendungsbereich und Reichweite. Da Umfang und Schranken des Rechts genau abgewogen worden sind, muss man aus der Richtlinie und ihrer Umsetzung wohl die Wertung entnehmen, dass im Bereich von Informationssammlungen, die die Voraussetzungen des Datenbankbegriffs erfllen, ein weiter gehender Investitionsschutz auch auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage ausgeschlossen sein soll. Diese Ausschlusswirkung bezieht sich aber nicht auf die Fallgestaltungen, bei denen weiter gehende besondere wettbewerbliche Umstnde vorliegen, etwa Herkunftstuschung, Vertrauensbruch oder Rufausbeutung. 91 b) Wettbewerbliche Eigenart

Nicht jede Gestaltung ist geschtzt, sondern nur eine solche, die eine wett- 43 bewerbliche Eigenart aufweist. Diese Schutzvoraussetzung liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung des Produkts oder einzelne Merkmale geeignet sind, fr die interessierten Verkehrskreise einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft oder auf Besonderheiten des Produkts zu begrnden. 92 Dies kann durch sthetische ebenso wie durch technische Merkmale begrndet werden. Gerade im Bereich der Informationssammlungen wurde hufig auf den Inves- 44 titionsaspekt abgestellt. Der BGH hatte in der „Informationsdienst“-Entscheidung bereits den erheblichen Personal- und Kostenaufwand zur Begrndung der Eigenart einer Informationssammlung ausreichen lassen, die einen umfassenden Jberblick mit umfangreichen detaillierten Spezialinformationen bot. 93 In den Telefonbuchfllen hatten die Instanzgerichte teils auf die Bearbeitung der Rohdaten, deren Gestaltung, Lay-out und den dafr notwendigen Personaleinsatz abgestellt und somit die Jbernahme der reinen Daten als wettbewerbsrechtlich frei betrachtet. 94 Weiterhin wurde angeknpft an den Aktualisierungsbedarf und den dafr erforderlichen Aufwand an Per-

91 Vgl. Kçrner/Lehment, Werberecht, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multi-

media-Recht, Kap. 11.1 Rz. 68. Nach BGH GRUR 1999, 325, 327, kann eine Verletzung der Fallgruppe „Vorsprung durch Rechtsbruch“ allerdings nicht allein auf die Verletzung von Urheberrecht begrndet werden, da dies im Widerspruch zur Verfgungsbefugnis des Urhebers stnde; a.A. OLG Kçln, NJW 2000, 1726, 1728. 92 Vgl. BGH GRUR WRP 1976, 370, 371; BGH GRUR 2000, 521, 523; BGH GRUR 2003, 973, 974; Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.24 m.w.N. 93 BGH GRUR 1988, 308, 309, wo 41 Redakteure bei einem Aufwand von 100 000 DM monatlich mit der Sammlung von Informationen beschftigt waren; fr Software vgl. OLG Frankfurt, NJW 1989, 2631, 2632; LG Hamburg, CR 1989, 697 (698); LG Oldenburg, CR 1996, 217, 222 f. Kritisch zu dieser Fallgruppe Sambuc, Der UWGNachahmungsschutz, Mnchen 1996, Rz. 178 ff. 94 Vgl. OLG Frankfurt, CR 1995, 85, 87.

Wiebe | 423

Kap. 10 Rz. 45

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

sonal und Sachkosten fr die Einarbeitung der neuen Daten in den vorhandenen Bestand. 95 45 Der BGH konnte dann aber den Aspekt des guten Rufs in den Vordergrund stellen. Aufgrund der bisherigen Monopolstellung der Klgerinnen standen die „amtlichen“ Telefondaten in besonderer Weise fr Vollstndigkeit und Richtigkeit. 96 Rhnlich ist es zu beurteilen, wenn das Stellenangebot einer Zeitung auch im Internet verçffentlicht wird, und dieses aufgrund jahrelang investierter Arbeit und Mittel eine besondere Marktstellung erlangt hat, die auch fr Inserenten attraktiv erscheint. 97 Ein Vorliegen dieser Herkunfts- und wohl auch Gtefunktion vermeidet auch, dass die Ausschlusswirkung des Datenbankrechts zum Tragen kommt. Auch erscheint es nach dem neuen UWG zweifelhaft, ob der auf „free riding“ abstellende Investitionsaufwand noch zur Begrndung der Schutzwrdigkeit herangezogen werden kann. 46 Selbst wenn man weiterhin auf den Aufwand abstellen wollte, bedarf es hier genauer Prfung. Das OLG Celle hat fr einen „Informationsdienst“ ber Gewerbetreibende der Region die relevante Leistung in der Akquisition, Zusammenstellung und Prsentation von Homepages „gleichsam auf einem Marktplatz“ und der durch die Akquisitionsttigkeit gewonnenen Attraktivitt gesehen. 98 Letztere ist aber selbst kein Leistungsergebnis, sondern Ergebnis dieser Ttigkeit war das Hosting von Homepages sowie die Mçglichkeit, eine entsprechende Linkliste im Rahmen eines „Informationsdienstes“ zu prsentieren. Die Aquisitionsttigkeit war hier auf die Gewinnung von Kunden fr das Webdesigning und -hosting gerichtet. Die Einstellung in ein Homepage- oder Linkverzeichnis stellt demgegenber aber kaum einen relevanten Aufwand dar. 99 47 Bei Auktionen fllt der Aufwand fr die Sammlung der Daten kaum ins Gewicht. Die Nutzer melden sich selbst an, beschreiben den Verkaufsgegenstand, und das Auktionshaus stellt diese dann in seine Webseiten ein. Man wird auch hier den Aufwand fr die Einstellung der Prsentationsseiten sowie allgemein fr den Aufbau und die Unterhaltung des Auktionsangebots insgesamt mit einbeziehen mssen. Dieses prsentiert sich als einheitliches Leistungsangebot, so dass auch Kosten fr die Aquisition sowie Werbung mit einbezogen werden kçnnen. 95 Vgl. LG Mannheim, CR 1996, 411, 412; LG Hamburg, CR 1994, 476, 478; a.A. OLG

Karlsruhe, NJW 1997, 262, 263; OLG Karlsruhe, NJWE-WettbR 1997, 73. 96 Vgl. BGH MMR 1999, 470, 473, m. Anm. Wiebe sowie Anm. Gaster, MMR 1999,

543. Vgl. demgegenber OLG Mnchen, CR 1999, 20, 21, wonach das Angebot einer Gesetzessammlung auf CD-ROM hinsichtlich inhaltlichem Umfang und Aktualitt nicht ber das Durchschnittliche hinausging; auch die Paragraphenberschriften seien blich und prgten nicht den Gesamteindruck. 97 Vgl. LG Berlin, K&R 2000, 195, 196. 98 OLG Celle, CR 1999, 523, m. Anm. Wiebe. 99 Vgl. Wiebe, WRP 1999, 734, 736.

424 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 50 Kap. 10

Nach dem Gesagten ist aber vor allem an die ußere Gestaltung des Angebots 48 sowie dessen technische Merkmale anzuknpfen, die jeweils sowohl unter dem Herkunftsaspekt als auch zur Begrndung von Besonderheiten des Angebots von Bedeutung sind. 100 Auch wird man auf die G tefunktion abstellen kçnnen, die bei Registrierungssystemen mit den Teilnehmerdaten verbunden sein kann. Hier kann von Bedeutung sein, ob ein Auktionshaus durch die organisatorischen Maßnahmen wie vertragliche Verpflichtungen, Kontrolle, Garantien u.R. sich einen Ruf besonderer Seriositt und Qualitt hinsichtlich der jeweiligen Teilnehmer, einschließlich der Qualitt und Seriositt der Angebote, erworben hat. Hierzu tragen auch die Nutzerratings bei. c) Besondere wettbewerbliche Umstnde

§ 4 Nr. 9 UWG enthlt nunmehr die Tatbestnde der Herkunftstuschung, 49 Rufausbeutung und unredlichen Erlangung der notwendigen Kenntnisse. Diese Aufzhlung ist aber nicht abschließend, so dass man auf die bisherige Rechtsprechung zurckgreifen kann. 101 Damit bleibt auch die Fallgruppe der unmittelbaren Leistungsbernahme anwendbar. 102 aa) Behinderung

Eine direkte Ebernahme fremder Leistungsergebnisse, die meist mit tech- 50 nischen Hilfsmitteln durchgefhrt wird, versetzt den Jbernehmer in die Lage, fremde Leistungsergebnisse, die mit erheblichen Investitionen erstellt worden sind, technisch perfekt, innerhalb krzester Zeit und ohne nennenswerten eigenen Aufwand zu bernehmen und sich dadurch einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen. 103 Da es hier aber ebenso wie beim Datenbankherstellerrecht um Investitionsschutz geht und keine 100 Vgl. OLG Mnchen, CR 1997, 20, 21, hinsichtlich der „Wiedergabeeigenschaf-

ten“ einer CD-ROM; LG Berlin, K&R 2000, 195, 196, wo die Indexierung von Stellenanzeigen eine Suche mit geringem Aufwand ermçglichte. Vgl. ferner Nordemann/Czychowski, NJW 1998, 1603, 1605. Vgl. ferner Baumbach/Hefermehl/ Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.27 f. 101 Vgl. Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.4. 102 Vgl. Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.34 f. 103 Vgl. BGH GRUR 1988, 308, 310, wo „Sammlung und Inhalt der umfangreichen, detaillierten Spezialinformationen“ als Leistungsergebnis bezeichnet wurden; BGH GRUR 1969, 166, 168; BGH GRUR 1972, 127; BGHZ 60, 168, 170 f.; BGH GRUR 1966, 617, 620. Vgl. ferner OLG Frankfurt, WRP 1984, 79, 86; OLG Frankfurt, CR 1989, 905, 907; OLG Celle, CR 1992, 720, 721; LG Oldenburg, CR 1996, 217 (223), fr ein Expertensystem. Kritisch zu dieser Rechtsprechung Jersch, Ergnzender Leistungsschutz und Computersoftware, Mnchen 1993, S. 58 ff.; Sambuc, Der UWG-Nachahmungsschutz, S. 143 ff. Der BGH hat in der „Paperboy“-Entscheidung, CR 2003, 920, 924, nunmehr bereits das Vorliegen einer Leistungsbernahme beim Setzen von Deep-Links eines Suchdienstes auf Presseartikel verneint, wenn keine technischen Schutzmaßnahmen umgangen werden, da die verlinkten Inhalte ohnehin bereits der Iffentlichkeit zugnglich seien

Wiebe | 425

Kap. 10 Rz. 51

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

darber hinausgehenden wettbewerblichen Umstnde angesprochen sind, drfte die Anwendung der Fallgruppe der unmittelbaren Leistungsbernahme, soweit diese auf den „free riding“-Aspekt abstellt, auf Datenbanken wegen des Grundsatzes der Subsidiaritt ausgeschlossen sein. 104 bb) Herkunftstuschung

51 Unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstuschung nach § 4 Nr. 9 a) UWG kommt ein wettbewerbsrechtlicher Schutz in Betracht, wenn der durchschnittliche Verbraucher annimmt, es handele sich um Leistungen oder Produkte des Anbieters. Dies wird bei vollstndiger oder teilweiser Ebernahme von Webshops und Produktkatalogen vor allem hinsichtlich ihrer ußeren Gestaltung der Fall sein, wenn nicht aus der Bezeichnung oder dem Kontext erkennbar ist, dass es sich um fremde Angebote handelt. Bei Jbernahme von Auflistungen aus fremden Auktionsangeboten kann ebenfalls durch den Kontext der Eindruck erweckt werden, es handele sich um ein eigenes Angebot. Wettbewerbsrechtlich relevant ist auch die Herkunftstuschung im weiteren Sinne, bei der der Nutzer von vertraglichen, insbesondere lizenzvertraglichen Beziehungen zwischen Originalanbieter und Jbernehmer ausgeht. 105 52 Auch bei der Erfassung fremder Angebote mittels Suchmaschinen oder Hyperlinks ist zu prfen, inwieweit der durchschnittliche Verbraucher ber die Herkunft des Angebots getuscht wird. Angesichts des nunmehr auch vom BGH bernommenen Verbraucherleitbilds, wonach es auf einen durchschnittlich informierten, situationsbedingt aufmerksamen und verstndigen Durchschnittsverbraucher ankommt, 106 wird man dies nur in Ausnahmefllen annehmen kçnnen. Bei Einsatz von Suchmaschinen ebenso wie von Hyperlinks ist dem Nutzer bewusst, dass fremde Angebote in Bezug genommen werden. Auch das Bestehen vertraglicher Beziehungen wird er nicht annehmen, wenn nicht insoweit besondere Umstnde dafr sprechen. Allenfalls bei Frames kann je nach Kontext eine grçßere Tuschungseignung vorliegen. 107

104

105 106

107

und es sich bei dem Suchdienst um eine eigene Leistung mit erheblichem Zusatznutzen handele; vgl. dazu Hoeren, GRUR 2004, 1 ff.; Wiebe, MMR 2003, 724 f. Darber hinaus erscheint es fraglich, ob diese sehr umstrittene Rechtsprechung auch unter dem neuen UWG fortzufhren ist; Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.63 ff., fhren in dieser Hinsicht nur noch die Nachahmung einer Vielzahl von Erzeugnissen sowie von kurzlebigen Modeerzeugnissen auf. Beides unterfllt fr Datenbanken ebenfalls dem Subsidiarittsgrundsatz. Vgl. Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.44. Zu weitgehend insoweit LG Hamburg, CR 2001, 265, m. Anm. Ernst; dazu auch Sosnitza, CR 2001, 693, 701 f. Vgl. BGH GRUR 2000, 619, 621 – Orientteppichmuster; BGH GRUR 2000, 820, 821 – Space Fidelity Peep-Show; BGH GRUR 2001, 1061, 1063 – Mitwohnzentrale.de; BGH WRP 2004, 339, 341 – Marktfhrerschaft. Zum Maßstab und zum Wandel der Rechtsprechung vgl. Kçhler/Piper, § 3 UWG Rz. 50 ff; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, § 5 UWG Rz. 1.38 ff.; Lettl, GRUR 2004, 449, 453 ff. Fr Einsatz von Suchmaschinen in Frames abgelehnt von OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 186. Vgl. demgegenber Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.),

426 | Wiebe

I. Datenbankschutz des Angebots

Rz. 54 Kap. 10

cc) Rufausbeutung

Eine Nachahmung des Webangebots des Betreibers eines elektronischen 53 Marktplatzes kann auch als Rufausbeutung gem. § 4 Nr. 9 b) UWG relevant sein. 108 Zwar hat das OLG Dsseldorf die Eignung eines Webangebots zur Herkunftstuschung abgelehnt, da der Benutzer sich keine Gedanken darber mache, wer die betreffende Seite eingestellt habe. 109 Es verkennt dabei aber, dass der Betreiber nicht unbedingt namentlich bekannt sein muss und besondere Gestaltungselemente, Bedienkomfort oder besondere Eigenschaften des Angebots durchaus eine Bekanntheit und Wertschtzung begrnden kçnnen, die dem Betreiber des Angebots zugute kommt. 110 Bei der Rufausbeutung geht es um die Jbertragung der Wertschtzung auf die 54 nachgeahmte Leistung (Imagetransfer). Dabei wird hufig eine Herkunftstuschung oder Warenverwechslung vorliegen, dies muss aber nicht der Fall sein. 111 So wurde etwa fr die Jbernahme der „amtlichen“ Telefondaten der Telekom durch private Anbieter von Telefonverzeichnissen aufgrund deren besondere Qualitt hinsichtlich Richtigkeit und Vollstndigkeit ein Imagetransfer angenommen. 112 Bei Hyperlinks oder Einsatz von Suchmaschinen kann eine Rufausbeutung auch ohne Herkunftstuschung gegeben sein. Dies kann sich aus dem Kontext des Links bzw. aus der Intensitt des Suchmaschineneinsatzes ergeben. Wenn wegen ihrer Qualitt bekannte Informationsangebote im Netz mittels Suchmaschine fr ein eigenes Angebot verwertet werden, ist auch die Annahme eines Imagetransfers nicht ausgeschlossen. Grundstzlich wird aber neben der Feststellung eines schutzwrdigen Rufs vor allem die Transfermçglichkeit hufig schwer nachzuweisen sein. 113 Eine Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung wegen Beeintrchtigung der Wert-

108 109

110

111 112

113

Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 11.1., Rz. 100 ff.; Leistner, CR 2000, 187, 188, Leistner/Bettinger, Beilage CR 12/1999, 1, 30; Ernst, K&R 1998, 536, 539 f. Vgl. Baumbach/Hefermehl/Kçhler, § 4 UWG Rz. 9.51 ff. OLG Dsseldorf, CR 2000, 184, 186; Interesse bestehe insoweit nur bei Werbekunden, denen gegenber ein entsprechender Vermerk auf der Homepage als Herkunftshinweis angebracht werden kçnne; kritisch dazu die Anm. von Leistner, CR 2000, 187, 188. Als relevante Merkmale nennt das Gericht zwar auch Aufbau, Logik der Darstellung, Inhalt, graphische Darstellung, so Leistner, CR 2000, 187, dazu sei aber nicht substantiiert vorgetragen worden. Vgl. BGH GRUR 2003, 973, 975; BGH MMR 1999, 470, 474. Vgl. BGHZ 141, 329, 342. Eine Ausnutzung wurde auch in BGH WRP 1997, 748, 751, angenommen, da fr die Jbernahme der betreffenden Farbkombination fr ein Teilnehmerverzeichnis wegen der Ausweichmçglichkeiten kein sachlicher Grund bestand. Vgl. Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 11.1 Rz. 94–99, die dies fr einfache Hyperlinks in der Regel ablehnen. Der BGH hat in der „Paperboy-“Entscheidung, CR 2003, 920, 924, nunmehr bereits das Vorliegen einer Leistungsbernahme bei „Deep Links“grundstzlich abgelehnt. Fr einen Fall abfrageabhngiger Werbeeinblendung bei einer Suchmaschine, bei der mit Marken bekannter Kosmetikunternehmen geworben wurde,

Wiebe | 427

Kap. 10 Rz. 55

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

schtzung des Original-Angebots kommt etwa bei stark eingeschrnkter Funktionalitt oder sonstiger Qualittsbeeintrchtigung in Betracht.

II. Rechtsverletzung durch Einstellen von Angeboten auf die Plattform 1. Rechte an eingestellten Werken 55 Von einem mçglichen Rechtsschutz des Marktplatzes selbst bzw. dessen Elementen ist der Schutz der von den Teilnehmern eingestellten Inhalte zu unterscheiden, deren Rechte zu beachten sind. Soweit es sich um urheberrechtlich geschtzte Werke handelt, kann die Katalogbildfreiheit des § 58 UrhG fr eine Bereitstellung im Internet keine Gltigkeit beanspruchen. 114 Handelt es sich bei dem Angebot um eine Datenbank im rechtlichen Sinne und ist der Anbieter als Hersteller anzusehen, so kann man grundstzlich zunchst davon ausgehen, dass er fr die Einstellung in sein Angebot einer Nutzungsbefugnis bedarf. Diese wird etwa bei Auktionen mit dem Erstellen einer Angebotsseite durch den Einlieferer oft ausdrcklich, zumindest aber konkludent bertragen. Dabei ist allerdings der Zweckbertragungsgrundsatz gem. § 31 Abs. 5 UrhG zu beachten, wonach sich der Umfang der Jbertragung auf das fr den Vertragszweck Notwendige beschrnkt. 115 Daraus ergibt sich in der Praxis die Notwendigkeit der Spezifizierung der Zwecke und Rechte. 56 Fraglich ist allerdings, ob hier der Marktplatzbetreiber als Anbieter anzusehen ist, mit der Folge, dass er bei nicht autorisierter Verwertung unmittelbar das Urheberrecht verletzt. Mit der Herausgabe eines Katalogs durch den Auktionator bei der herkçmmlichen Auktion ist das Freischalten eines Auktionsangebots nicht zu vergleichen. Es ist erkennbar, dass das Auktionshaus nur die technisch-organisatorischen Voraussetzungen bereitstellt, whrend Einstellen der Informationen und Freischaltung durch den Einlieferer selbst vorgenommen werden. 116 Parallel zur Einordnung der eingestellten Informationen als fremde Inhalte im Sinne des TDG 117 ist insoweit davon auszugehen, dass fr das Anbieten nicht autorisierter geschtzter Werke und Informationen das Auktionshaus nicht unmittelbar haftet, sondern nur eingeschrnkt nach den Grundstzen der Stçrerhaftung. 118 Die primre Verantwortlichkeit fr die Verletzung der Rechte Dritter nach § 97

114 115 116 117 118

wurde eine Rufausbeutung sowohl fr das werbende Unternehmen wie fr die Suchmaschine bejaht, vgl. LG Hamburg, CR 2000, 392, 395 ff. S. Ernst, oben Kap. 3 Rz. 40 f. Vgl. BGH GRUR 1996, 121 – Pauschale Rechtseinrumung. S.a. Spindler, Kap. 6 Rz. 37. Vgl. auch fr das Markenrecht OLG Kçln, CR 2002, 50, 52. S.a. Spindler, Kap. 6 Rz. 12 ff. Dazu eingehend Spindler, Kap. 6 Rz. 34 ff. m.w.N. Vgl. auch § 7 Abs. 1 AGB-eBay (1.1.2005), wonach rechtsverletzende Artikel nicht angeboten werden drfen

428 | Wiebe

II. Rechtsverletzung durch Einstellen von Angeboten

Rz. 60 Kap. 10

UrhG, des Rechts am eigenen Bild nach § 22 ff. KUG oder den Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, liegt dann beim Einlieferer. Entsprechendes gilt, wenn nicht autorisierte Inhalte in einen Produktkata- 57 log oder Webshop eingestellt werden. Auch hier liegt die primre Verantwortlichkeit beim Anbieter des Katalogs bzw. Betreiber des Webshops. Der Marktplatzbetreiber kann wiederum nur nach den Grundstzen der Stçrerhaftung herangezogen werden.

2. Markenrechtsverletzungen Entsprechend sind auch die Flle von Markenrechtsverletzungen zu behan- 58 deln. Das Einstellen mit einer Marke gekennzeichneter Produkte in ein Auktionsangebot begrndet fr den Einlieferer in einer Auktion eine Markenrechtsverletzung gem. § 14 Abs. 5, 6 MarkenG. 119 Handelt es sich um die Verwendung eines geschtzten Kennzeichens, etwa Name, Firma, besondere Geschftsbezeichnung oder Titel, so liegt eine Verletzung des § 15 MarkenG vor. Fr den Marktplatzbetreiber bzw. das Auktionshaus kann aber ein „Benutzen“ der Marke nicht angenommen werden. 120 Er bzw. es haftet dann nur nach den Grundstzen der Stçrerhaftung. Der Schutzumfang des Markenrechts ist einerseits durch die identische Be- 59 nutzung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, andererseits durch Vorliegen von Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG oder Beeintrchtigung bekannter Marken nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestimmt. Voraussetzung ist aber jeweils ein Handeln im geschftlichen Verkehr. Private Ein- und Verkufe in Auktionen sind dadurch vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. 121 Ein Handeln im geschftlichen Verkehr liegt aber bereits dann vor, wenn Gegenstnde in einer Auktion erworben werden, um sie mit Gewinn weiterzuverkaufen. 122 Zustzlich sind in § 14 Abs 3 MarkenG bestimmte Verletzungshandlungen 60 beispielhaft aufgefhrt. Fr Auktionen sind vor allem das Anbieten und Inverkehrbringen von Waren oder Dienstleistungen unter dem geschtzten Zeichen nach § 14 Abs. 3 Nr. 2 und 3 MarkenG einschlgig. Soweit die Verwendung eines geschtzten Begriffs zur Angabe ber Merkmale oder Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung oder als Hinweis auf die Bestimmung der Ware erforderlich ist, nehmen § 23 Nr. 2 und 3 MarkenG diesen Hinweis aus

119 120

121 122

und das Auktionshaus Rechtsinhaber mit Hilfe eines Programms bei der „Verteidigung“ ihres Rechts untersttzt. Vgl. auch BGH CR 2004, 763, 766; allgemein OLG Mnchen CR 2000, 541. Vgl. BGH, CR 2004, 763, 766; OLG Kçln, CR 2002, 50, 52 – Rolex; anders noch die Vorinstanz LG Kçln, CR 2001, 417. Vgl. ferner Leupold/R+cker, in: Wiebe/Leupold (Hrsg.), Recht der elektronischen Datenbanken, IV Rz. 64. Vgl. Ingerl/Rohnke, § 23 Rz. 49. Vgl. auch OLG Kçln CR 2002, 50, 51. BGH CR 2004, 763, 766.

Wiebe | 429

Kap. 10 Rz. 61

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

dem Schutzbereich aus. 123 Auch diese Schranke steht unter dem Vorbehalt der Lauterkeit, der etwa bei Rufausbeutung eingreift. Das Verußerungsund Ankndigungsrecht kann weiterhin nach § 24 MarkenG erschçpft sein. Dies gilt jedoch nicht bei unzulssigen Produktvernderungen. 124 61 Die Tatsache, dass das Produkt ausdrcklich als Flschung deklariert wird oder dies vom Preis her offensichtlich ist, ndert nichts am Vorliegen einer Rechtsverletzung. 125 Dies betrifft nicht nur eine identische Benutzung oder bei bekannten Marken eine Ausnutzung der Wertschtzung, sondern auch das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr, die nicht konkret sondern nur abstrakt sein muss. 126 Der Erschçpfungsgrundsatz des § 24 MarkenG greift aber bei Flschungen von vornherein nicht ein.

III. Patentrecht 62 Das Patentrecht bietet einen starken Schutz, der auch fr softwarebezogene Erfindungen nutzbar gemacht werden kann und damit auch Auktionsverfahren betreffen kann. In Deutschland ist die Patentierung von Software aber lange mit den Problemen des Technikerfordernisses belastet gewesen. 127 So wurde in Grenzbereichen wie bei Textverarbeitungsprogrammen noch zwischen der Verarbeitung von Zeichen in ihrer inhaltlichen Bedeutung als untechnischem Verfahren und der Verarbeitung von Steuerbefehlen als technischem Vorgang unterschieden. 128 Erst in jngster Zeit scheint sich die grundstzliche Patentfhigkeit von Software durchzusetzen. 129 Die Triebfeder war dabei immer das EPA, das nunmehr neben verfahrensbezogenen Erfindungen auch ein Patent auf ein Computerprogrammprodukt erteilt hat. 130 63 Nunmehr kommen auch geschftliche Anwendungen immer strker in den Bereich der Patentierbarkeit. Das BPatG hat 1999 ein Patent auf ein Verfahren zur automatischen Absatzsteuerung erteilt, bei dem es darum ging, auto123 Vgl. dazu Ingerl/Rohnke, § 23 Rz. 36 ff. 124 Vgl. dazu Sosnitza, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet,

Teil 5 Kap. C Rz. 706. 125 A.A. LG Dsseldorf CR 2003, 211, 212. 126 Vgl. BGH CR 2004, 763, 766; a.A. OLG Kçln, CR 2002, 50, 51; Sosnitza, in: Leible/

Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, Teil 5 Kap. C Rz. 708. 127 Vgl. nur die Jbersicht bei Tauchert, GRUR 1999, 829 ff.; Krasser, GRUR 2001,

959; Anders, GRUR 2001, 555; Klopmeier, Mitt. 2002, 65; Ohly, CR 2001, 809. 128 BGH GRUR 1992, 36 – Chinesische Schriftzeichen; EPA, CR 1995, 214 (217); EPA,

CR 1995, 205; EPA, CR 1995, 208. 129 Vgl. BGH, MMR 2000, 232 – „Logikverifikation“, wobei neben dem Einsatz eines

Rechners nicht mehr auf den Einsatz beherrschbarer Naturkrfte, sondern auf „auf technischen Jberlegungen beruhende Erkenntnisse“ abgestellt wurde. Deutlich restriktiver allerdings BGH GRUR 2002, 143 – Suche fehlerhafter Zeichenketten; BGH CR 2004, 648, 650 – Elektronischer Zahlungsverkehr. 130 Vgl. EPA, CR 2000, 91; BGH, GRUR Int. 2002, 323.

430 | Wiebe

III. Patentrecht

Rz. 65 Kap. 10

matisch die Preise fr leicht verderbliche Waren in Abhngigkeit von der Nachfrage herauf- oder herabzusetzen. 131 Damit ist nicht nur der grundstzliche technische Charakter des Softwareeinsatzes anerkannt, sondern es scheint auch der Weg frei fr eine Patentierung von Geschftsmethoden, was von grundstzlicher Bedeutung auch fr Auktionsverfahren ist. Die Diskussion wird sich nunmehr verlagern auf die Frage, ob die jeweilige Software neu und erfinderisch ist. Dazu hat das BPatG in der angesprochenen Entscheidung ausgefhrt, dass weder die Geschftsmethode selbst noch die Jbertragung des Verfahrens in eine automatisierte Umgebung hinreichende erfinderische Ttigkeit offenbarten. Auch in den USA sind bereits in großem Umfang Patente auf Geschftsmetho- 64 den erteilt worden. 132 In der Entscheidung „State Street Bank“ 133 wurde ein Patent erteilt auf ein Verwaltungssystem fr Investmentfonds, wobei die innovative Leistung auf betriebswirtschaftlichem Gebiet lag, whrend die computertechnische Umsetzung keine besondere Leistung beinhaltete. Amazon erwirkte gegen Barnes & Noble eine einstweilige Verfgung, gesttzt auf ein Verfahren zur Bestellung von Bchern im Internet mittels eines einzigen Mausklicks. 134 Fr den Bereich elektronischer Marktpltze von Bedeutung ist ein Verfahrens- und Sachpatent auf ein Reverse Auction-Verfahren, ein nachfrageorientiertes Handelssystem. 135 Danach kçnnen Kufer ein bindendes Kaufangebot unterbreiten, das von Verkufern angenommen werden kann, nachdem diese zuvor die vorliegenden Angebote gesichtet haben und ihnen der gebotene Preis akzeptabel erscheint. Dabei sind auch Authentifizierungsmechanismen integriert. Das zentralisierte System soll sowohl ber Internet als auch ber konventionelle Kommunikationswege, etwa Sprachtelefonie, funktionieren. In der Begrndung wird ausgefhrt, dass nachfrageorientierte Handelssyste- 65 me bisher kaum verbreitet sind, da fr den Verbraucher ein großer Aufwand entstehe und er als Einzelner auch keine ausreichende Marktposition innehabe. Im Internet kçnnen zwar Bulletin Boards entsprechend genutzt werden, haben aber viele Nachteile. Demgegenber hat das patentierte Verfahren den Vorteil, dass es eine große Zahl potentieller Verkufer erreicht, minimale Kosten verursacht und dem Kufer die Vorgabe der Bedingungen ermçglicht. Dabei wird die rechtliche Bindung des Kufers als fundamental angesehen, da Verhandlungskosten entfallen und dem Verkufer Sicherheit geboten wird.

131 BPatG, CR 2000, 97 – Automatische Absatzsteuerung. 132 Vgl. Hoffmann/Gabel, K&R 1999, 453 ff. m.w.N. 133 149 F.3d 1368 = US Court of Appeals for the Federal Circuit, Urteil v. 23.7.1998,

GRUR Int. 1999, 633. 134 73 F.Supp. 2d 1228; 239 F.3d 1343 [C.A.F.C.]. 135 U.S.Patent No. 5794207: „method and apparatus for effectuating bilateral buyer-

driven commerce“. Dazu auch Esslinger/Betten, CR 2000, 18, 19.

Wiebe | 431

Kap. 10 Rz. 66

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

66 Deutlich wird dabei, dass die Verbindung des neuen Kommunikationsmediums mit neuen Geschftsmethoden im Ergebnis dazu fhren kann, dass die neue Geschftsmethode als solche patentiert wird, da die technische Implementierung hufig nicht erfinderisch sein wird. Allerdings erscheint es bei derartigen Systemen schwierig, den Aspekt der technischen Umsetzung von der geschftlichen Methode zu trennen. Der Ausnahmetatbestand fr Geschftsmethoden (§ 1 Abs. 2 PatG) wird daher durch automatisierte Geschftsverfahren weitgehend bedeutungslos. Damit kçnnen auch neuartige Geschftsmethoden im Online-Bereich wie Internet-Auktionsverfahren durch ein Patent geschtzt werden, wenn sie in ein „technisches Gewand“ gekleidet werden. 67 Die EU hat im Februar 2002 auf der Grundlage von Art. 95 EGVeinen Richtlinienvorschlag zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen vorgelegt. 136 Dabei geht es nicht nur um eine Rechtsangleichung, sondern auch darum, Fehler in den USA durch bertriebene Patenterteilungen zu vermeiden. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Festschreibung der bisherigen Rechtsprechung. 68 In diesem Vorschlag wird das Technikerfordernis beibehalten, aber von einer grundstzlichen Technizitt von computerimplementierten Erfindungen ausgegangen. Zugleich wird festgeschrieben, dass eine erfinderische Leistung im technischen Bereich liegen muss. Was das bedeutet, soll anhand der Entscheidung „Steuerung eines Pensionssystems“ 137 erlutert werden. Dort wurde die softwareimplementierte Ausfhrung eines Verfahrens zur Berechnung von Versicherungsbeitrgen beansprucht. Die Automatisierung stellte einen technischen Vorgang dar, war aber keine besondere erfinderische Leistung. Demgegenber war die finanzmathematische Formel neuartig, aber beinhaltete nicht die Lçsung einer technischen Aufgabe. Da im technischen Bereich keine erfinderische Leistung gegeben war, wurde die Patentfhigkeit vom EPA abgelehnt. Die EPA-Entscheidung steht insoweit im Einklang mit dem Ansatz des Richtlinienvorschlags. Damit sind der Patentierung geschftsbezogener Ansprche Grenzen gesetzt, und dies ist auch ausdrcklich die Absicht der Kommission. 138 Anders als in den USA sind die Voraussetzungen der Neuheit und Erfindungshçhe sehr genau zu prfen, so dass sich die Patentierung dann auf wenige technisch innovative Anwendungen beschrnken wird. Dies hat das EPA jngst besttigt, indem es einem automatisierten Verfahren einer Hollndischen Auktion zwar auf der Grund136 Vorschlag fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber die

Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, KOM(2002) 92 endg. v. 20.2.2002, ABl. EG C 2002/151 v. 25.6. 2002, 129. Vgl. dazu Sedlmaier, Mitt. 2002, 97; Rçttinger, CR 2002, 616. 137 EPA, Entscheidung vom 8.9.2000, Az. T-0931/1995, CRi 2001, 18. 138 Vorschlag fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, KOM(2002) 92 endg. v. 20.2.2002, Begrndung, S. 12.

432 | Wiebe

III. Patentrecht

Rz. 70 Kap. 10

lage einer breiten Erfindungsbegriffs-Technizitt zubilligte, jedoch die Erfindungshçhe mit der Begrndung verneinte, es handele sich um die bloße Automatisierung einer nichttechnischen Ttigkeit. 139 Das Europische Parlament hat dem Entwurf der Kommission einen eigenen 69 Vorschlag entgegengesetzt, der enge Grenzen fr die Softwarepatentierung vorsieht. 140 Die politische Einigung ber einen Gemeinsamen Standpunkt vom 18.5.2004 liegt dagegen weitgehend auf der Linie der Kommission. 141 Zwar wurde die grundstzliche Technizitt von Computerprogrammen nicht ausdrcklich bernommen, das Merkmal des „technischen Beitrags“ aber auf die erfinderische Ttigkeit bezogen. Ein solcher Beitrag liegt nach Art. 4a des Entwurfs nicht allein in der Ausfhrung von Geschftsmethoden mittels eines Computerprogramms, wenn keine besonderen technischen Wirkungen erzeugt werden. Damit wird der weitgehenden amerikanischen Praxis in diesem Bereich nicht gefolgt. Wichtig ist die Klarstellung in Erw.grd. 13c, dass Algorithmen grundstzlich nichttechnischer Natur seien und nur bei Anwendung zur Lçsung eines technischen Problems und nur in diesem Kontext schutzfhig seien. Auch dies dient der Verhinderung zu breiter Patente. Ob dieser Vorschlag allerdings im Parlament verabschiedet wird ist offen. Sollte die Richtlinie zurckgezogen werden, bliebe es bei der bisherigen Rechtsprechung. Das Patent gibt bei Verfahrenserfindungen die Kontrolle ber die Anwen- 70 dung der Verfahren, auch bei Angeboten auf elektronischen Marktpltzen. Fr den Schutzumfang ist von Bedeutung, dass gem. § 9 PatG nicht nur die Anwendung des Verfahrens, sondern mit der Mçglichkeit von Produktansprchen bereits das Anbieten ber das Netz eine Patentverletzung darstellt. 142 Die Mçglichkeit von Produktansprchen fr computerimplementierte Erfindungen wrde nach Art. 5 des Gemeinsamen Standpunkts beibehalten. Allerdings ist die Benutzung zu rein privaten Zwecken gem. § 9 PatG vom Schutzumfang ausgenommen.

139 EPA, TB, Entscheidung vom 21.4.2004, T 258/03 – 3.5.1., Abl. EPA 2004, S. 575,

588. 140 P5_TA-PROV(2003)0402, Legislative Entschließung des Europischen Parlaments

zu dem Vorschlag fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen (KOM(2002)92Cs-0082/2002-2002/0047(COD)). 141 Politische Einigung ber einen gemeinsamen Standpunkt des Rates, 9713/04 PI 46 CODEC 752 vom 24.5.2004. 142 Vgl. Betten/Esslinger, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, D Rz. 294 ff., E Rz. 33 ff.

Wiebe | 433

Kap. 10 Rz. 70

434 | Wiebe

Rechtsschutz von Auktionsangeboten

Kapitel 11 Internationales Privatrecht

I. Ebersicht . . . . . . . . . . . . . II. Internationalitt des Vertrages . 1. Relevanz der Internationalitt 2. Allgemeine internationalittsbegrndende Merkmale . . . 3. Spezielle Internationalittsmomente bei Marktpltzen und Online-Auktionen . . . . III. Sachlicher, persçnlicher und situativer Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB . . 2. Persçnlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB . . a) Natrliche Person als Privatperson im Sinne des Art. 29 EGBGB . . . . . . . . . . . b) Unternehmer als Vertragsgegenseite (Ausgrenzung von Vertrgen zwischen Privaten) c) Maßgeblichkeit des nach außen erweckten Eindrucks . d) Ermittlung des Vertragspartners und kollisionsrechtliche Anknpfung . . . . . 3. Situativer Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB . . . . . . a) Relevante Werbung unter Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aa) Website als Werbung . . bb) Zumutbarkeit des Rechtsanwendungsrisikos fr den Unternehmer-Anbieter . . . . . . cc) Disclaimers . . . . . . . b) Zurechnung der Website des Online-Auktionshauses zum Verußerer . . . . . . . c) Abgabe der eigenen Vertragserklrung durch den Verbraucher im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB . d) Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB . . . .

1 4 4 6 9

11 12 16 16 18 21 24 25 26 27

28 32 35

40 41

IV. Ankn pfung bei Versteigerungskufen im B2C-Bereich . V. Ankn pfung bei Marktplatzgeschften und Versteigerungskufen im B2B- und im C2C-Bereich 1. Rechtswahl . . . . . . . . . a) Grundstzliches . . . . . b) Rechtswahl bei Fremdversteigerungen ber Rechtswahlklausel in AGB des Online-Auktionshauses . 2. Objektive Anknpfung bei Fremdversteigerungen . . . 3. Objektive Anknpfung bei Eigenversteigerungen und Eigengeschften . . . . . . . . 4. Keine Anwendung der CISG auf echte Versteigerungskufe 5. Rechtsgeschftlicher Ausschluss der CISG fr Verkufe gegen Hçchstgebot . . . . . VI. Leistungseinwerben durch Auktion (Ausschreibungsmodell) . VII. Community Shopping . . . . . VIII. Ankn pfung des Eigentums bergangs . . . . . . . . . . . . IX. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus . . . . . . . 1. Grundstzliches . . . . . . . 2. Anknpfung im B2C-Bereich a) Grundstzliches . . . . . b) Durch Nicht-Verbrauchereigenschaft des Kunden bedingte Rechtswahl . . . . c) Rechtswahl und zwingende Vorschriften des Umweltrechts des Verbrauchers . d) Geographische Beschrnkung der Teilnahmeberechtigung . . . . . . . . . . . 3. Anknpfung im B2B-Bereich a) Rechtswahl . . . . . . . . b) Anknpfung bei Fehlen einer Rechtswahl . . . . . .

44

47 47 47

51 59 65 66 68 71 74 76

77 77 78 78 81 83 85 87 87 90

Mankowski | 435

Kap. 11 4. Kommissionsauftrge . . . 5. Garantien als unselbstndiges Element . . . . . . . . X. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Bieter und OnlineAuktionshaus . . . . . . . . . XI. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Ausschreibendem und Marktplatzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . XII. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer bzw. Bieter und Treuhndern . . . . 1. Fremdtreuhnder . . . . . . 2. Online-Auktionshaus oder Marktplatzbetreiber als Treuhnder . . . . . . . . . . XIII. Eberlagerung durch Art. 29a EGBGB . . . . . . . . . . . . . 1. Situativer Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . 2. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . XIV. Ankn pfung der Vertragsform XV. Ankn pfung stellvertretungsrechtlicher Fragen . . . . . . . 1. Stellvertretung in der Erklrungsabgabe . . . . . . . . . a) Anknpfung ohne Rechtswahl . . . . . . . . . . . . b) Rechtswahl . . . . . . . . 2. Empfangsvollmacht . . . . .

Internationales Privatrecht

91 92

95

98 99 99 101 102 102 104 106 110 111 111 114 116

XVI. Ankn pfung der Rechts- und Geschftsfhigkeit . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . 2. Besonderer Verkehrsschutz durch Art. 12 Satz 1 EGBGB XVII. Keine Gnderungen der internationalvertragsrechtlichen Ankn pfung durch E-Commerce-RL und § 4 TDG . . . XVIII. Internationale Reichweite des versteigerungsbezogenen deutschen Gewerberechts . . XIX. Ankn pfung der Preisangabenverordnung und anderer wettbewerbsrechtlicher Anforderungen . . . . . . . . 1. Internationalwettbewerbsrechtliche Anknpfung im Allgemeinen . . . . . . . . a) Marktortanknpfung . . b) Herkunftslandprinzip, europischer Binnenmarkt, E-Commerce-RL und § 4 TDG . . . . . . . 2. Qualifikation . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . b) PreisangabenVO . . . . c) Verletzung çffentlichrechtlicher Erfordernisse als Vorfrage . . . . . . . XX. Internationales Immaterialg terrecht . . . . . . . . . . . 1. Anknpfung . . . . . . . . 2. Qualifikation . . . . . . .

118 118 120

123

127

131

131 131

135 136 136 137 138 139 139 142

Literatur: Boele-Woelki, Internet, Consument en IPR: een verkenning, in: Opstellen aangeboden aan mr. M. van Delft-Baas, Deventer 1996, S. 301; Boele-Woelki, Conflictenrechtelijke aspecten van Internet-koopovereenkomsten, Molengrafica 1997, 139; Boele-Woelki, Internet und IPR: Wo geht jemand ins Netz?, BerDGesVR 39 (2000), 307; Borges, Weltweite Geschfte per Internet und deutscher Verbraucherschutz, ZIP 1999, 565; Borges, Lokalisierung von Angeboten beim Electronic Banking, WM 2001, 1542; B+cker, Internet-Auktionen – Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 2003; Caprioli, Reglement des litiges internationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002; Fallenbçck, Internet und Internationales Privatrecht, Wien/New York 2001; Foss/Bygrave, International Consumer Purchases through the Internet: Jurisdictional Issues pursuant to European Law, (2000) 8 Int. J. L. & Info. Tech. 99; Freitag, Kollisionsrecht (Teil 7), in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, S. 326; Freitag/Leible, Ergnzung des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes durch Art. 29 a EGBGB, EWS 2000, 342; Ganssauge, Internationale Zustndigkeit und anwendbares Recht bei Verbrauchervertrgen im Internet, 2004; Glatt, Vertragsschluss im Internet, 2002; Grolimund, Geschftsverkehr

436 | Mankowski

I. Jbersicht

Rz. 1 Kap. 11

im Internet – Aspekte des Internationalen Vertragsrechts, ZSR NF 119 (2000 I), 339; Joachim Gruber, Vertragsschluss im Internet unter kollisionsrechtlichen Aspekten, DB 1999, 1437; Haubold, Doing E-Business in the European Union – The Non-Member State Perspective: A Snapshot of Private International Law Issues in E-Commerce, in: International Bureau of the Permanent Court of Arbitration (ed.), Strengthening Relations with Arab and Islamic Countries through International Law, The Hague 2002, S. 109; van den Hof, Internationale on-line overeenkomsten, Tilburg 2002; Junker, Internationales Vertragsrecht im Internet, RIW 1999, 809; Kieninger, Die Lokalisierung von Wettbewerbsverstçßen im Internet – Ist das Marktortprinzip zukunftsfhig?, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 121; Kronke, Electronic Commerce und Europisches Verbrauchervertrags-IPR, RIW 1996, 985; Lurger, Internet, Internationales Privatrecht und europische Rechtsangleichung, in: Michael Gruber (Hrsg), Die rechtliche Dimension des Internet, Wien 2001, S. 69; Lurger, Internationaler Verbraucherschutz im Internet, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 33; Magnus, E-Commerce und Internationales Privatrecht, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19; Mankowski, Das Internet im Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht, RabelsZ 63 (1999), 203; Mankowski, Internet und besondere Aspekte des Internationalen Vertragsrechts, CR 1999, 512 und 581; Mankowski, E-Commerce und Internationales Privatrecht, Molengrafica 1999/2000, 97; Mankowski, E-Commerce und Internationales Verbraucherschutzrecht, Beilage zu MMR 7/2000, 22; Mankowski, Wettbewerbsrechtliches Gerichtspflichtigkeitsund Rechtsanwendungsrisiko bei Werbung ber Websites, CR 2000, 763; Mankowski, Internationaler Verbraucherschutz und Internet, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191; Mankowski, Behçrdliche Eingriffe und grenzberschreitende Online-Dienste, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51; Mankowski, Internationales Privatrecht der Providervertrge (Teil III), in: Gerald Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 179; Mehrings, Internet-Vertrge und Internationales Vertragsrecht, CR 1998, 613; Thomas Pfeiffer, Grenzberschreitende Internetvertrge, in: Hohl/Leible/Sosnitza (Hrsg.), Vernetztes Recht, 2002, S. 21; Remien, Das anwendbare Recht bei elektronisch geschlossenen Vertrgen, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 21; Marianne Roth, Gerichtsstand und Kollisionsrecht bei Internetgeschften, in: Michael Gruber/Mader (Hrsg.), Internet und E-Commerce, Wien 2000, S. 157; R+ßmann, Verbraucherschutz im Internet, K&R 1998, 129; Schu, The Applicable Law to Consumer Contracts Made over the Internet, (1997) 5 Int. J. L. & Info. Tech. 192; Siehr, Telemarketing und Internationales Recht des Verbraucherschutzes, JbSchwKonsR 1998, 151; Spindler, Internationales Verbraucherschutzrecht und Internet, MMR 2000, 18; Ansgar Staudinger, Internationales Verbraucherschutzrecht made in Germany, RIW 2000, 416; Thorn, Verbraucherschutz bei Vertrgen im Fernabsatz, IPRax 1999, 1; Nina Walter, Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB bei Online-Auktionen, in: Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353

I. Ebersicht Versteigerungskufe, Auktionsauftrge, Marktplatzbenutzungsvertrge und 1 ber Marktpltze geschlossene Geschfte kçnnen ebenso wie alle anderen Vertragstypen grenzberschreitend erfolgen und Berhrungspunkte zu mehreren Staaten aufweisen. Dies gilt fr Versteigerungskufe in dem transnationalen Mankowski | 437

Kap. 11 Rz. 2

Internationales Privatrecht

Medium Internet, das seiner Anlage nach vor Staatsgrenzen keinen Halt macht, in besonderem Maße. Der Auslandsbezug eines Vertrages wirft die Frage nach dem auf diesen Vertrag anwendbaren Recht auf. Damit ist das Internationale Privatrecht (IPR) angesprochen. Der deutsche Rechtsanwender muss vom deutschen IPR ausgehen. 1 Dieses ist von Amts wegen anzuwenden. 2 Dass die Parteien sich auf IPR oder auslndisches Recht berufen, ist keine Anwendungsvoraussetzung des deutschen IPR. Das IPR als solches ist zwingendes Recht. Vertragsparteien sind nicht befugt, seine Anwendung abzubedingen. Entsprechende Versuche in Rechtswahlklauseln 3 sind wirkungslos. 2 Rechtsanwender, die in anderen Lndern ansssig sind, mssen wiederum vom IPR desjenigen Staates, in dem sie ansssig sind, ausgehen. Dass ein Vertrag aus der Sicht eines deutschen Rechtsanwenders einem bestimmten Recht unterliegt, garantiert nicht, dass er aus der Sicht eines auslndischen Rechtsanwenders demselben Recht unterliegt. Denn die Anknpfungsregeln des IPR kçnnen sich von Staat zu Staat unterscheiden. In den Mitgliedstaaten der EU kann man allerdings fr das Internationale Schuldvertragsrecht davon ausgehen, dass im Wesentlichen gleiche Anknpfungsergebnisse erzielt werden. Denn in den meisten EU-Staaten beruht das Internationale Schuldvertragsrecht auf derselben Grundlage, dem EWGJbereinkommen ber das auf vertragliche Schuldverhltnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 (im Folgenden: EVJ). 4 Die Bundesrepublik Deutschland hat das EVJ in die Artt. 27–37 EGBGB umgesetzt. Artt. 29a; 37 Satz 2 EGBGB sind indes anderen Ursprungs. 3 Damit das Internationale Schuldvertragsrecht einschlgig ist, muss es sich um einen Schuldvertrag mit hinreichendem objektivem Bezug zu mehreren Staaten handeln (II, Rz. 4 ff.). Auf der nchsten Ebene sind zwei verschiedene Anknpfungsregimes zu unterscheiden: eines fr Verbrauchervertrge und eines fr andere Vertrge. Die Weichenstellung erfolgt danach, ob der sachliche, persçnliche und situative Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB erçffnet ist (III, Rz. 11 ff.). Ist dies der Fall, kommt das besondere Verbraucherschutzregime des Art. 29 EGBGB zum Zuge (IV, Rz. 44 ff.). Ist dies nicht der Fall, bewegt man sich im Bereich der Artt. 27; 28 EGBGB (V, Rz. 47 ff.). Besonders zu betrachten sind das Einwerben von Leistungen, also die Versteigerung im Wege der Ausschreibung (VI, Rz. 71 ff.) und das Community Shop1 Siehe nur BGHZ 44, 46 (50); BGHZ 60, 85 (91); BGH, WM 1997, 1113 (1114); Geimer,

Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. (2001), Rz. 58, 94, 1924; Gerhard Wagner, ZEuP 1999, 6 (37); Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, Bd. I: Allgemeine Lehren, 2. Aufl. 2003, § 5 Rz. 153; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Vor Art. 3 EGBGB Rz. 1 f. 2 Siehe nur BGH, NJW 1995, 2097; BGH, NJW 1996, 54; BGH, NJW 1998, 1321. 3 Z.B. § 12 Abs. 1 Satz 2 AGB CAMdrion (V/2001); § 19 Nr. 1 AGB eGrain AG oder Nr. 13 Abs. 1 Satz 2 AGB Dynamic Markets GmbH (techpilot) (IX/2003) („Die Artikel 3 bis einschließlich 37 des Einfhrungsgesetzes zum Brgerlichen Gesetzbuch sind nicht anzuwenden.“). 4 BGBl. 1986 II 810 = ABl. EG 1980 L 266/1.

438 | Mankowski

II. Internationalitt des Vertrages

Rz. 5 Kap. 11

ping (VII, Rz. 74 ff.). Abklrend ist die Anknpfung der sachenrechtlichen Fragen kurz darzustellen (VIII, Rz. 76). Von der Anknpfung des Versteigerungskaufes im Außenverhltnis ist bei Fremdversteigerungen jene der Innenverhltnisse zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus einerseits (IX, Rz. 76 ff.) und zwischen Bieter und Online-Auktionshaus andererseits (X, Rz. 95 ff.) zu unterscheiden. Benachbart liegt das Verhltnis zwischen einem Ausschreibenden und einem Marktplatzbetreiber (XI, Rz. 98). Ein echtes Drittverhltnis kann sich bei Einschaltung eines Treuhnders ergeben (XII, Rz. 99 ff.). Dieses Anknpfungssystem wird berlagert durch Art. 29a EGBGB (XIII, Rz. 102 ff.). Eigene Anknpfungsgegenstnde sind in jedem Fall die Vertragsform (XIV, Rz. 106 ff.), die Fragen der rechtsgeschftlichen Stellvertretung (XV, Rz. 110 ff.) und der Rechts- und Geschftsfhigkeit (XVI, Rz. 118 ff.). Durch die E-Commerce-Richtlinie haben sich keine relevanten Rnderungen ergeben (XVII, Rz. 123 ff.). Wieder eigene Sonderrollen spielen çffentlich-rechtliche Erfordernisse: Aus der Sicht eines Online-Auktionshauses hat namentlich die internationale Reichweite der (deutschen) gewerberechtlichen Anforderungen Bedeutung (XVIII, Rz. 127 ff.). Schließlich sind die Anknpfung der Preisangabenverordnung und anderer wettbewerbsrechtlicher Anforderungen zu klren (XIX, Rz. 131 ff.) und die Anknpfung von Immaterialgterrechtsverletzungen kurz zu betrachten (XX, Rz. 139 ff.).

II. Internationalitt des Vertrages 1. Relevanz der Internationalitt Das Internationale Schuldvertragsrecht ist – wie das IPR insgesamt – nach 4 Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur anwendbar, wenn der zu beurteilende oder zu regelnde Sachverhalt Berhrungspunkte mit mehreren Staaten und daher mit verschiedenen Rechtsordnungen hat. Diese Berhrungspunkte kçnnen sich aus objektiven Beziehungen oder aus entsprechenden Parteivereinbarungen (Rechtswahl, Gerichtsstandsvereinbarung, internationale Schiedsklausel) ergeben. Ob ein Vertrag eine hinreichende objektive Auslandsbeziehung hat oder hin- 5 sichtlich seiner objektiven Verknpfungen ein reiner Inlandsvertrag ist, hat wegen Art. 27 Abs. 3 EGBGB Bedeutung fr den Umfang der gewhrten Rechtswahlfreiheit: Nur wenn hinreichende objektive Auslandsbeziehungen bestehen, greift Art. 27 Abs. 1 EGBGB und gewhrt kollisionsrechtliche Rechtswahlfreiheit. Ist ein Vertrag dagegen ein reiner Inlandsvertrag im Sinne von Art. 27 Abs. 3 EGBGB, ist die „Wahl“ eines auslndischen Rechts nur eine so genannte materiellrechtliche Verweisung. 5 Das in Bezug genom5 Siehe nur Gamillscheg, ZfA 1983, 307 (327); v. Bar, Internationales Privatrecht, Bd.

II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 417; Leible, Jb. Junger Zivilrechtswissenschaftler 1995, 245 (255); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 27

Mankowski | 439

Kap. 11 Rz. 6

Internationales Privatrecht

mene auslndische Recht erhlt dann aus deutscher Sicht in der konkreten Anwendung keinen Rechtscharakter, sondern nur den Charakter von Vertragsklauseln. Die „Rechtswahlklausel“ ersetzt dann als verkrzende Bezugnahme gleichsam, dass die Parteien die Vorschriften des auslndischen Rechts abgeschrieben und in ihren Vertrag einzeln ausdrcklich aufgenommen haben. Die materiellrechtliche Verweisung entfaltet nur Wirkung, soweit im inlndischen Recht keine (internrechtlich) zwingenden Vorschriften eingreifen. Die materiellrechtliche Verweisung ist nur effektiv, soweit im inlndischen Recht der Bereich des dispositiven Rechts betroffen ist. Sie steht eben unter dem Vorbehalt, dass internrechtlich zwingendes inlndisches Recht ihr vorgeht.

2. Allgemeine internationalittsbegr ndende Merkmale 6 Maßgeblich dafr, ob eine objektive Auslandsberhrung im Sinne von Art. 27 Abs. 3 EGBGB vorliegt, sind zuvçrderst die Ansssigkeit der Vertragsparteien (weniger deren Nationalitt 6), die Orte der vereinbarten Leistungserbringung und der Abschlussort des Vertrages. 7 Die Ansssigkeit bestimmt sich dabei ber (Haupt-)Niederlassung oder gewçhnlichen Aufenthalt, subsidir ber den formelleren und strker nach innen als nach außen gewendeten Sitz einer Partei. Als Faustregel lsst sich formulieren: Ein Vertrag ist immer dann kein reiner Inlandsvertrag, wenn ein Moment, das in einer im weitesten Sinne internationalschuldvertragsrechtlichen Kollisionsnorm als Anknpfungspunkt verwendet wird, ins Ausland weist. 8 Daraus ergibt sich z.B. die Relevanz des Abschlussortes, weil Artt. 11 Abs. 1; 29 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB diesen als Anknpfungspunkt verwenden, 9 oder des Erfllungsortes, weil dieser in Art. 32 Abs. 2 EGBGB als Anknpfungspunkt aufscheint.

6 7 8

9

EGBGB Rz. 85; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 27 EGBGB Rz. 79 m.w.N.; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 115. Anderer Ansicht insbesondere Egon Lorenz, RIW 1987, 569. Zutreffend Egon Lorenz, RIW 1987, 569 (575); M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 101–103. Siehe nur Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 27 EGBGB Rz. 78 m.w.N. Jayme, IPRax 1990, 220 (222); Mankowski, RIW 1993, 453 (454); Mankowski, VersR 1999, 923. Schurig, RabelsZ 54 (1990), 217 (221–223); v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 410; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB Rz. 87; Joustra, De internationale consumentenovereenkomst, Deventer 1997, S. 114; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 27 EGBGB Rz. 78 stellen darauf ab, ob die Momente im Rahmen der objektiven Anknpfung nach Art. 28 Abs. 1–5 EGBGB bedeutsam sind. Da Art. 28 Abs. 1, Abs. 5 EGBGB offen ist, leistet dies keine echte Konkretisierung. Besonders schçn Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 123.

440 | Mankowski

II. Internationalitt des Vertrages

Rz. 9 Kap. 11

Ein Vertrag wird nicht schon dadurch zum Vertrag mit objektiver Auslands- 7 berhrung, dass der Vertragsschluss ber das Internet erfolgt oder die Vertragsleistung teilweise ber das Internet erbracht wird. 10 Das Internet ist zwar ein genuin internationales Medium. Seine bloße Benutzung prgt die Auslandsberhrung des Vertrages aber fr sich nicht hinreichend. Die Ansssigkeit der Parteien beurteilt sich nach dem gewçhnlichen Aufenthalt bei natrlichen Personen und dem Sitz oder der Hauptniederlassung bei Gesellschaften. Vertrge zwischen zwei in Deutschland ansssigen Parteien unterliegen also grundstzlich mangels hinreichender objektiver Auslandsbeziehung deutschem Recht, ohne dass man dies durch eine Rechtswahl ndern kçnnte. 11 Eine Ausnahme gilt dann, wenn ausnahmsweise wesentliche Elemente der Vertragsbeziehung spezifisch auslandsbezogen sind, also namentlich wesentliche Teile der Vertragserfllung faktisch im Ausland stattfinden (z.B. bei Lieferung in das Ausland). Der Standort des Servers, ber welchen die Transaktion abgeschlossen wird, 8 allein vermag einem Vertrag in keinem Fall ein internationales Geprge zu geben. Der Serverstandort ist beliebig und fr das Schuldverhltnis kein bestimmender Faktor. Er ist ebenso wenig ein prgender Faktor, wie es der Standort einer Telefonzentrale wre, ber die ein Ferngesprch gefhrt wird, oder ein Satellit. Der Server ist nur eine Einrichtung, ber welche die Kommunikation abgewickelt wird.

3. Spezielle Internationalittsmomente bei Marktpltzen und Online-Auktionen Die Mittlerposition eines im Ausland ansssigen Marktplatzbetreibers oder 9 Online-Auktionshauses dagegen vermag durchaus eine relevante Auslandsberhrung herzustellen. Dass sich ein Auslandsbezug auch aus Merkmalen ergeben kann, die auf Mittelspersonen bezogen sind, belegt Art. 11 Abs. 3 EGBGB. 12 Wenn der Marktplatzbetreiber oder das Online-Auktionshaus aber nur die Begegnungsmçglichkeit herstellt und die dafr nçtige technische Plattform bietet, reicht dies nicht aus, um ihm eine hinreichend gewichtige Rolle im Vertragsabschlussprozess zuzusprechen. Dass sich ein in Deutschland ansssiger Einlieferer und ein in Deutschland ansssiger Bieter auf einem Marktplatz z.B. von Yahoo!.com oder eBay.com treffen, die technisch auf einem Server in den USA liegen mag, vermittelt keine Internationalitt des Vertrages. 13 Darin schlgt sich nicht mehr nieder als bei einem „normalen“ Vertragsschluss ber das Internet. Mindestvoraussetzung, damit die aus10 Zustimmend Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschafts-

recht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (25). 11 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 113. 12 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 113. 13 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 114. Vgl. Leible/Sosnitza/Frei-

tag, Rz. 770 f. fr die umgekehrte Perspektive beim Teilnehmervertrag.

Mankowski | 441

Kap. 11 Rz. 10

Internationales Privatrecht

lndische Ansssigkeit des Online-Auktionshauses einen relevanten Auslandsbezug herstellt, ist eine Funktion des Online-Auktionshauses in der Kommunikation zwischen den Parteien. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Online-Auktionshaus die Kommunikation vornimmt und den Bieter vom Vertragsschluss in Kenntnis setzt. Dann wird das Online-Auktionshaus regelmßig auch die eingegangenen Gebote sichten und die Auswahl treffen, rckt also zumindest in die Nhe einer Stellvertretung fr den Einlieferer. Sofern das Online-Auktionshaus einen Zuschlag erteilt, geht es noch darber hinaus. Auf der anderen Seite kann sich als Einlieferer nicht automatisch sicher sein, keinen Vertrag mit Auslandsberhrung abzuschließen, wer ber ein Online-Auktionshaus in demselben Staat, in welchem auch der Einlieferer ansssig ist, versteigern lsst. Die Wahl eines inlndischen Online-Auktionshauses ist keine Absicherung gegen Rechtsanwendungsrisiken hinsichtlich des Versteigerungskaufvertrages im Außenverhltnis. 14 Vielmehr ist eben dieses Außenverhltnis eigenstndig zu beurteilen. 10 Die Konkurrenz von Nachfragern oder Bietern aus verschiedenen Staaten vermag nicht per se dem Vertrag ein internationales Geprge zu verleihen. Internationales Geprge hat dann nur die Auktion als solche, jedoch nicht zwingend der aus ihr folgende Vertrag. Zwar kann die Internationalitt eines Vertrages auch aus dessen Abschlussphase herrhren, wie die Relevanz des Abschlussortes belegt. Unter Umstnden kann des Weiteren die Verhandlungsphase die Internationalitt beisteuern. Jedoch ist immer darauf zu achten, dass der Vertrag ein Relativverhltnis ist. Nicht zum Zuge gekommene Konkurrenten der einen Vertragspartei werden eben ihrerseits nicht Partei des Vertrages. Mit ihnen mçgen sich die Vertragsparteien gegebenenfalls auseinander zu setzen zu haben, dies jedoch nur im Rahmen eines eigenstndigen Drittverhltnisses außerhalb des Vertrages. Ein solches Drittverhltnis ist konsequenterweise auch kollisionsrechtlich eigenstndig anzuknpfen. Umgekehrt kann es, da es ja eigenstndig ist, dem Vertrag keine Eigenschaften nehmen oder verleihen. Der Vertrag ist vielmehr insoweit isoliert aus sich heraus zu sehen und zu beurteilen.

III. Sachlicher, persçnlicher und situativer Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts 11 Grundlegende Weiche fr die internationalprivatrechtliche Anknpfung des Vertrages ist die Frage, ob der Vertrag ein Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 29 EGBGB ist oder nicht. Das Internationale Verbrauchervertragsrecht des Art. 29 EGBGB enthlt andere Anknpfungsregeln als das allgemeine Internationale Schuldvertragsrecht der Artt. 27; 28 EGBGB. Zu Art. 29 EGBGB

14 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 114.

442 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 13 Kap. 11

kommt man, wenn die in dieser Vorschrift genannten sachlichen, persçnlichen und situativen Anwendungsvoraussetzungen erfllt sind.

1. Sachlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB Art. 29 EGBGB erfasst dem Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 pr. EGBGB nach nur 12 Vertrge ber den Erwerb beweglicher Sachen und ber das Erbringen von Dienstleistungen sowie die mit solchen Vertrgen verbundenen Finanzierungsgeschfte. Ob die zu liefernden beweglichen Sachen Neu- oder Gebrauchtwaren sind, ist unerheblich. Ob sie schon existieren oder erst noch hergestellt werden mssen, ist ebenfalls irrelevant. Ergnzend sei angemerkt, dass bei zutreffender extensiver Auslegung, die sich an das entsprechende Verstndnis des Warenbegriffs unter der CISG 15 anlehnt, 16 auch online bermittelte Software eine bewegliche Sache im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Var. 1 EGBGB ist. 17 Typischer Gegenstand einer Versteigerung sind indes Waren im traditionellen Sinne beweglicher Gter. Daher wird der sachliche Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts kaum je ernsthaft in Frage stehen, soweit es um Verußerungsgeschfte geht. Der Dienstleistungsbegriff des Art. 29 Abs. 1 Var. 2 EGBGB ist weit zu ver- 13 stehen. 18 Er orientiert sich grundstzlich 19 am gemeinschaftsrechtlichen

15 Siehe zur Qualifikation von Standardsoftware unter der CISG nur OLG Koblenz,

16

17 18

19

RIW 1993, 934 (936); OLG Kçln, RIW 1994, 970 (971); Hoeren, CR 1988, 908 (916); Diedrich, RIW 1993, 441 (452); Endler/Daub, CR 1993, 601 (603 f.); Ferrari, International Sale of Goods, Basel/Geneve/Mnchen/Bruxelles 1999, S. 116 f.; Staudinger/ Magnus, BGB, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 1 CISG Rz. 44 m.w.N.; Schlechtriem/Ferrari, CISG, 3. Aufl. 2000, Art. 1 CISG Rz. 38; mit umfassender Herleitung Diedrich, Autonome Auslegung von Internationalem Einheitsrecht, 1994, S. 174–323. Online bermittelte Standardsoftware unterstellen der CISG: Diedrich, RIW 1993, 441 (452); v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, CISG, 2. Aufl. 1995, Art. 1 CISG Rz. 21; Mankowski, CR 1999, 581 (586); Staudinger/Magnus, BGB, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 1 CISG Rz. 44; zumindest de lege ferenda auch Frank A. Koch, in: Bartsch/Lutterbeck (Hrsg.), Neues Recht fr neue Medien, 1998, S. 83 (87). Klimek/Stefanie Sieber, ZUM 1998, 902 (906 f.); Thorn, IPRax 1999, 1 (3); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (232); Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (325). Siehe nur BGHZ 123, 380 (385) = NJW 1994, 262; BGHZ 135, 124 (130 f.) = NJW 1997, 1697 m. Anm. Kappus; BGE 121 III 336 (340); AG Hamburg, VuR 1998, 346 (347); Wulf-Henning Roth, RIW 1994, 275 (277); Jayme, IPRax 1995, 234 (236); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 10; Karsten Otte, RabelsZ 62 (1998), 405 (416); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (233); Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 25; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 52. Ausnahmen bestehen fr Versicherungsvertrge (Sonderregeln in Artt. 8–14 EuGVVO; 7–12a EuGVJ/LugJ; 7–15 EGVVG) und Kreditvertrge; Mankowski, EWiR Art. 13 EuGVJ 2/99, 1171 (1172).

Mankowski | 443

Kap. 11 Rz. 14

Internationales Privatrecht

Dienstleistungsbegriff des Art. 49 EG. 20 Zu den Vertrgen ber Dienstleistungen zhlen im Kern Werk-, Werklieferungs- und Geschftsbesorgungsvertrge sowie solche Dienstvertrge, die keine Arbeitsvertrge sind. 21 Gemeinsames Merkmal ist, dass eine ttigkeitsbezogene Leistung an den Verbraucher erbracht wird 22 und keine Verußerung oder Gebrauchsberlassung im Vordergrund steht. 23 Dies deckt sich im Ansatz mit einem volkswirtschaftlichen Verstndnis. Diesem zufolge sind Dienstleistungen Produktionsakte. Sie sind also als Wirtschaftsgter keine fertigen Produkte, sondern alle Ttigkeiten, die nachgefragt werden kçnnen. 24 14 Art. 29 EGBGB enthlt nirgends eine Vorschrift, die nach bestimmten Modi geschlossene, namentlich im Wege der Versteigerung zustande gekommene Vertrge vom sachlichen Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts ausschließt. Wie Art. 2 lit. b CISG zeigt, erfolgen solche Ausschlsse ausdrcklich, wenn sie denn gewollt sind. 25 Der Modus des Vertragsschlusses ist also fr Art. 29 EGBGB irrelevant. In Art. 29 EGBGB sind Versteigerungskufe sachlich erfasst ebenso wie „normale“ Kufe. 26 15 Zu beachten ist, dass Art. 29 Abs. 4 EGBGB ausdrckliche Ausnahmen f r einzelne Vertragsgegenstnde statuiert. So fallen reine Flugreisen wegen Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, der Ausnahme fr Befçrderungsvertrge, nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB. Das gilt jedoch wegen der Rckausnahme des Art. 29 Abs. 4 Satz 2 EGBGB wiederum nicht fr Pauschalreisen. Wenn eine Fluggesellschaft Restpltze auf Flugzeugen im Wege der Online-Eigenversteigerung vermarktet, greift Art. 29 EGBGB indes sachlich nicht. 27 Denn insoweit handelt es sich eben nicht um Pauschalreisen, bei denen neben der Befçrderungsleistung eine Unterbringungsleistung von eigenem Gewicht stnde. 28 Versteigert ein im Ausland belegenes Hotel Ferienaufenthalte in eigenen Zimmern an Private, so greift die Ausnahme des Art. 29 20 BGE 121 III 336 (340); Wieczorek/Rolf A. Sch+tze/Rainer Hausmann, ZPO, Bd. I/1:

21 22

23 24 25 26 27 28

§§ 1–49 ZPO; EuGVJ usw., 3. Aufl. 1994, Art. 13 EuGVJ Rz. 15; Thorn, IPRax 1995, 294 (298); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 7. Siehe nur AG Hamburg, VuR 1998, 346 (347); Heike Wegner, Internationaler Verbraucherschutz beim Abschluss von Timesharingvertrgen: § 8 TzWrG, 1998, S. 104. Siehe nur BGHZ 123, 380 (385); OLG Dsseldorf, RIW 1996, 681 (683); AG Hamburg, VuR 1998, 346 (347); Schoibl, JBl 1998, 700 (707); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 10. v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rz. 67. Heike Wegner, Internationaler Verbraucherschutz beim Abschluss von Timesharingvertrgen: § 8 TzWrG, 1998, S. 104 m.w.N. Zustimmend Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 49. Zustimmend Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 49. Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 120. Zum Begriff der Pauschalreise in Art. 29 Abs. 4 S. 2 EGBGB eingehend Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 400–403.

444 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 16 Kap. 11

Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB. Hotelaufenthalte im Ausland zhlen zu den ausschließlich im Ausland erbrachten Dienstleistungen. 29

2. Persçnlicher Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB a) Nat rliche Person als Privatperson im Sinne des Art. 29 EGBGB

Art. 29 EGBGB setzt einen Vertragsschluss mit einem Verbraucher voraus, 16 der fr private Zwecke und nicht fr eine gewerbliche oder selbstndige Ttigkeit erwirbt. Privater Endkunde im Sinne von Art. 29 EGBGB muss eine natrliche Person sein; juristische Personen oder Gesellschaften genießen keinen kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz. 30 Dafr spricht schon der vergleichende Blick auf den persçnlichen Zuschnitt des brigen Verbraucherschutzrechts europischer Provenienz. 31 Denn die einschlgigen Richtlinien sind nahezu alle 32 expressis verbis beschrnkt auf den Schutz natrlicher Personen. 33 Soweit auch juristischen Personen auf der Nachfragerseite 29 Bericht Giuliano/Lagarde, ABl. EG 1980 C 262 Art. 5 EVJ Bem. (5) = BT-Drs.

30

31

32 33

10/503, 36 (57); AG Bernkastel-Kues, IPRspr. 1993 Nr. 28 S. 74; Jayme, IPRax 1994, 141; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 735; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 16; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 60. Siehe nur GA Marco Darmon, Schlussantrge in der Rs. C-89/91 vom 27.10.1992, Slg. 1993, I-164 (I-168 Nr. 30); Reinhart, FS Reinhold Trinkner, 1995, S. 657 (663 f.); Villani, La Convenzione di Roma sulla legge applicabile ai contratti, Bari 1997, S. 127; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 5; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 44; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 121–123. Anderer Ansicht Normand/Balate, Cah.dr.eur. 1990, 272 (294); L+deritz, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 1992, Rz. 274; Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 28; Joustra, De internationale consumentenovereenkomst, Deventer 1997, S. 52. Siehe Villani, La Convenzione di Roma sulla legge applicabile ai contratti, Bari 1997, S. 127; Marion Brçcker, Verbraucherschutz im Europischen Kollisionsrecht, 1998, S. 50–52. Ausnahme: Art. 2 Nr. 4 Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13.6.1990 ber Pauschalreisen, ABl. EG 1990 L 158/59. Art. 2 1. Spiegelstrich Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschftsrumen geschlossenen Vertrgen, ABl. EG 1985 L 372/31; Art. 1 Abs. 2 lit. a Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften ber den Verbraucherkredit, ABl. EG 1987 L 42/48; Art. 2 lit. b Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 ber missbruchliche Klauseln in Verbrauchervertrgen, ABl. EG 1993 L 95/29; Art. 2 4. Spiegelstrich Richtlinie 94/47/EG des europischen Parlaments und des Rates vom 26.10.1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Vertrgen ber den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl. EG 1994 L 280/83; Art. 2 Nr. 2 Richtlinie 97/7/EG des europischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 ber den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 L 144/19; Art. 1 Abs. 2 lit. a Richtlinie

Mankowski | 445

Kap. 11 Rz. 17

Internationales Privatrecht

Schutz zuteil werden soll, werden diese ausdrcklich neben die natrlichen Personen gestellt. 34 17 Steht dem Anbieter also als andere Vertragspartei eine Gesellschaft (sei es auch eine Verbraucher-Einkaufsgenossenschaft oder eine hnliche Konstruktion) gegenber, so greift das Internationale Verbraucherschutzrecht nicht. Anders verhlt es sich dagegen, wenn der Anbieter Einzelvertrge mit den einzelnen natrlichen Mitgliedern einer solchen Gesellschaft schließt und diese Einzelvertrge fr sich betrachtet Verbrauchervertrge sind. Der Anbieter beim Community Shopping schließt also mit den von ihm eingegangenen Einzelvertrgen 35 mit den einzelnen Mitgliedern der „Einkaufsgemeinschaft“ regelmßig Verbrauchervertrge ab. b) Unternehmer als Vertragsgegenseite (Ausgrenzung von Vertrgen zwischen Privaten)

18 Verbrauchergeschfte sind auf der anderen Seite nur Vertrge zwischen einem Unternehmen und einem Privaten. Vertrge zwischen Privaten fallen richtigerweise aus Art. 29 EGBGB heraus. 36 Verbraucherschutzrecht setzt immer eine Gefllekonstellation und ein Machtungleichgewicht zwischen 99/44/EG des europischen Parlaments und des Rates vom 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgterkaufs und der Garantien fr Verbrauchsgter, ABl. EG 1999 L 171/12; Art. 2 lit. d Richtlinie 2002/65/EG des europischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 ber den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Rnderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG 2002 L 271/16. 34 Z.B. Art. 2 lit. h Richtlinie 97/5/EG des europischen Parlaments und des Rates vom 27.1.1997 ber grenzberschreitende Jberweisungen, ABl. EG 1997 L 43/25. 35 Siehe Mankowski, EWiR § 1 RabG 1/2000, 247 (248). 36 Egon Lorenz, RIW 1987, 569 (575 f.); de Bra, Verbraucherschutz durch Gerichtsstandsregelungen im deutschen und europischen Zivilprozessrecht, 1992, S. 141 f.; M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 99; Werner Lorenz, IPRax 1994, 429; Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S. 191 (219–227); Gert Reinhart, FS Reinhold Trinkner, 1995, S. 657 (664 f.); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 14; Ansgar Staudinger, Artikel 6 Absatz 2 der Klauselrichtlinie und § 12 AGBG, 1998, S. 232–234; Thorn, IPRax 1999, 1 (4); PapathomaBaetge/Nehrenberg/Finke, in: Kaminski/Henßler/Kolaschnik/Papathoma-Baetge (Hrsg.), Rechtshandbuch E-Business, 2002, 2. Kap. A Rz. 83; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rz. 69; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 124–127; Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 733. Anderer Ansicht Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drs. 10/504, 79; Wolfgang Teske, NJW 1991, 2793 (2800); Medicus, FS fr Zentaro Kitagawa, 1992, S. 471 (479); Peter B+low, EuZW 1993, 435 (436); Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 717; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 7; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 42; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 3; Erman/Hohloch, BGB, Bd. II, 11. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 22.

446 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 18 Kap. 11

den Vertragsparteien voraus, das eben rechtlich ausgeglichen werden muss. Dies wird wiederum durch den entsprechenden Zuschnitt des Verbraucherschutzsachrechts europischer Provenienz belegt, 37 das ausnahmslos eine Gefllekonstellation verlangt. 38 Das Verbrauchervertragsrecht europischer Provenienz lsst sich bezogen auf die Gegenpartei auch als ein Recht der (qualifiziert) einseitigen Unternehmensgeschfte beschreiben. 39 Außerdem lassen sich die kollisionsrechtlichen Schutznormen nicht zu Gunsten beider Parteien eines Vertrages anwenden, 40 wie es veranlasst sein kçnnte, wenn man auch Geschfte zwischen Privaten von ihnen erfasst she. 41 Auch aus den Materialien 42 lsst sich belegen, dass die Vter des EuGVJ wie des EVJ nur die Gefllekonstellationen im Blick hatten. 43 Einen weiteren Beleg bieten Artt. 4 Abs. 2 Satz 1 EVJ; 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB, indem sie – im Kontrast zu Artt. 4 Abs. 2 Satz 2 EVJ; 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB – nicht kommerziell handelnde Erbringer charakteristischer Leistungen zu ihrem Normalfall erheben. 44 Teleologisch machte es schließlich keinen Sinn, Schutz zu gewhren, um ein nicht bestehendes Machtungleichgewicht auszugleichen. 45

37 Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbrau-

38

39

40 41

42 43

44 45

cherschutzrecht, 1995, S. 191 (222 f.); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 13. Art. 1 Abs. 1 RL 85/577/EWG; Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 litt. a-c RL 87/102/EWG; Art. 2 RL 90/314/EWG; Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 litt. b, c RL 93/13/EWG; Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 RL 94/47/EG; Art. 2 Nrn. 1–3 RL 97/7/EG; Art. 1 Abs. 2 litt. a, c RL 99/44/EG; Art. 2 lit. a RL 2002/65/EG. So treffend Grundmann, Europisches Schuldvertragsrecht, 1999, 1. Teil Rz. 201 (S. 141), § 5 Rz. 1 (S. 196) et passim; Grundmann, ZHR 163 (1999), 635 (665); Grundmann, NJW 2000, 14 (16). Peter Schlosser, EuGVJ; 1996, Art. 13 EuGVJ Rz. 3; Ansgar Staudinger, Artikel 6 Absatz 2 der Klauselrichtlinie und § 12 AGBG, 1998, S. 233. Es ergbe sich z.B. ein unlçsbarer Konflikt zwischen einer Garantie der aktiven Gerichtsstnde durch Artt. 16 Abs. 1 Var. 2 EuGVVO; 14 Abs. 1 Var. 2 EuGVJ/LugJ zu Gunsten des klagenden Kufers und einer Garantie des ausschließlichen passiven Gerichtsstandes durch Artt. 16 Abs. 2 EuGVVO; 14 Abs. 2 EuGVJ/LugJ zu Gunsten des beklagten Verkufers. Ebenso wrde die Anwendung des Art. 29 Abs. 2 EGBGB zu Gunsten jeder der beiden Parteien dazu fhren, dass man entweder zwei Vertragsstatute oder einen unauflçslichen Widerspruch htte. Bericht Peter Schlosser, ABl. EG 1979 C 59/118 Nrn. 155 f.; Bericht Giuliano/Lagarde, ABl. EG 1980 C 282/23 Art. 5 EVJ Bem. (1). Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S. 191 (220–222); Plender/Wilderspin, The European Contracts Convention, 2. Aufl. London 2001, Rz. 7.12. Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S. 191 (225). Siehe nur de Bra, Verbraucherschutz durch Gerichtsstandsregelungen im deutschen und europischen Zivilprozessrecht, 1992, S. 142; Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S. 191 (225 f.); Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 833.

Mankowski | 447

Kap. 11 Rz. 19

Internationales Privatrecht

19 Versteigerungsverkufe von privat an privat sind daher wie der gesamte C2CBereich keine Verbrauchervertrge und unterliegen nicht Art. 29 EGBGB. 46 Dass das Online-Auktionshaus als professioneller Vermittler ttig wird und seinen Marktplatz gewerblich zur Verfgung stellt, verschlgt fr die Qualifikation des Versteigerungskaufes als solchen nicht, sofern das Online-Auktionshaus nicht selber Vertragspartner wird. Denn fr die Einordnung eines Vertrages als Verbraucher- oder Nichtverbrauchervertrag ist nur auf die Parteien abzustellen, die an diesem konkreten Vertrag beteiligt sind. Von der einen oder anderen Seite eingeschaltete professionelle Vermittler oder andere Intermedire vermçgen am Grundcharakter des Vertrages nicht zu ndern. 20 Privat erwirbt, wer fr seinen persçnlichen Gebrauch erwirbt ohne eine Absicht, die auf Einkommens- oder Gewinnerzielung durch Benutzung oder Verwendung im Verhltnis zu Dritten oder als Teil einer Produktionsanlage geht. Typische Gegenstnde des privaten Erwerbs sind z.B.: Der heimische Computer, Einrichtungsgegenstnde fr eine Wohnung, Pkw, Autozubehçr, Musik-CDs, Videos, B cher (belletristische Literatur und nicht berufsbezogene Fachliteratur), Kunstgegenstnde fr eine eigene Sammlung. c) Maßgeblichkeit des nach außen erweckten Eindrucks

21 Entscheidend ist – dies sei zur Klarstellung hervorgehoben – grundstzlich der gegenber dem Vertragspartner erweckte Eindruck, ob man privat oder gewerblich handelt. Diese Wertung des Art. 2 lit. a Halbs. 2 CISG ist auch auf die Abgrenzung zwischen Artt. 27; 28 EGBGB; 3; 4 EVJ einerseits und Artt. 29 EGBGB; 5 EVJ andererseits zu bertragen. Der konkreten Einordnung eines Vertrags als Verbrauchervertrag darf man also nur solche objektiven Umstnde zugrunde legen, welche der Vertragsgegenseite erkennbar waren. 47 Sofern der private Einlieferer ausnahmsweise den Eindruck hervorruft, beruflich zu handeln, suggeriert er eine Gefllekonstellation und muss sich an diesem Eindruck normativ dergestalt festhalten lassen, dass das kollisionsrechtliche Verbraucherschutzregime zu seinen Lasten zur Anwendung kommt. 48 46 Mankowski, in: Boos/Nils Goldschmidt (Hrsg.), WissensWert!?, 2000, 199 (222). 47 Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung

des Internationalen Privatrechts, BT-Drs. 10/504, 79; Helga Elizabeth Kroeger, Der Schutz der „marktschwcheren“ Partei im internationalen Vertragsrecht, 1984, S. 60; Rudisch, in: Anton K. Schnyder/Heiss/Rudisch (Hrsg.), Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S. 191 (215 f.); Joustra, De internationale consumentenovereenkomst, Deventer 1997, S. 51 f.; Arthur B+low/Bçckstiegel/Geimer/Rolf A. Sch+tze/Stefan Auer, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Losebl. 1954 ff., Art. 13 EuGVJ Rz. 18 (Sept. 1997); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 6; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (231); Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 3; siehe auch Bericht Giuliano/Lagarde, ABl. EG 1980 C 262 Art. 5 EVJ Bem. (1). 48 Normand/Balate, Cah. dr. eur. 1990, 272 (310); Morse, (1992) 41 ICLQ 1 (4); Plender/Wilderspin, The European Contracts Convention, 2. Aufl. London 2001,

448 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 23 Kap. 11

Kommt der Vertrag per E-Mail zustande und benutzt der Bieter dabei eine auf 22 „.com“ endende E-Mail-Adresse, so besteht eine tatschliche Vermutung, dass der Vertrag kommerziellen Zwecken dienen soll, 49 es sei denn, das „.com“ stammt ersichtlich von einem Service Provider, dessen smtliche Adressen auch fr Privatkunden auf „.com“ enden (was z.B. bei „@aol.com“, „@yahoo.com“ oder „@poboxes.com“ der Fall ist). 50 In die gleiche Richtung weist eine Adresse, in der vor dem Schlusskrzel ein Firmenname steht (z.B. „@otto-schmidt.de“). Auf der anderen Seite begrndet eine auf ein Lnderkrzel „.de“ endende Adresse nicht automatisch eine Vermutung, dass es sich um einen Privatkunden handelt. 51 So hat etwa T-Online, wo die Adressen immer auf „@t-online.de“ enden, auch Adressen an Unternehmenskunden vergeben. Besonderer Jberlegung bedarf allerdings die umgekehrte Konstellation: Ein 23 Professioneller erweckt den Eindruck, als Privater zu handeln. Ließe man auch hier allein den nach außen erweckten Eindruck entscheidend sein, so schfe man unerwnschte Anreize, eigenes professionelles Handeln zu vertuschen und zu tarnen. Einer Manipulation darf aber kein Erfolg beschieden sein. Generell stellt man auf den nach außen erweckten Eindruck ab, um Vertrauen der Gegenpartei zu schtzen. Die Gegenpartei soll nicht davon berrascht werden, dass zu ihren Lasten ein Schutzregime zur Anwendung kommt, obwohl es fr sie so aussehen musste, als ob die Voraussetzungen jenes Schutzregimes nicht gegeben seien, weil sie mit einem Professionellen kontrahiert. Diese Jberlegung trifft den umgekehrten Fall aber nicht. Hier verhlt es sich genau andersherum. Das Schutzregime, dessen Voraussetzungen dem Anschein nach nicht vorliegen, wrde hier zu Gunsten des Kunden greifen. Er hat dessen Schutz nicht gleichsam verwirkt. Dagegen kann man dann, wenn ein eigentlich privat Agierender den Eindruck erweckt, professionell zu handeln, von einer Art Verwirkung sprechen. Dort kann der Kunde etwas fr den Anschein, denn er erweckt ihn selber. Hier ist er nur passiver Adressat des Anscheins. Der „Schutz“, welchen das Abstellen auf den Anschein ihm zuteil werden ließe, wre genau das Gegenteil von Schutz, nmlich eine Schutzverminderung. Im Gegenteil bedarf er wertungsmßig umso strkeren Schutzes gegen einen Vertragspartner, der whrend der Vertragsanbahnung verschleiert und tuscht. Daher muss man zu dem Ergebnis kommen: Wenn ein Professioneller sich als vorgeblicher Privater ausgibt, bleibt das Schutzregime des Art. 29 EGBGB anwendbar.

Rz. 7.13 f.; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 38. A.A. Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 835. 49 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (231 f.); zustimmend Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 839. 50 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 126. Vgl. auch Vasiljeva, (2004) 10 Eur. L.J. 123 (133). 51 Zustimmend Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 839.

Mankowski | 449

Kap. 11 Rz. 24

Internationales Privatrecht

d) Ermittlung des Vertragspartners und kollisionsrechtliche Ankn pfung

24 Die Position als Vertragspartner ist eine rechtliche Bewertung. Denn jeder Vertrag ist ein Rechtskonstrukt und kann nicht ohne entsprechende rechtliche Bewertung existieren. Kollisionsrechtlich ist die Frage, wer Partei eines Vertrages ist, als eine Frage des Zustandekommens des Vertrages zu beurteilen. Das Kollisionsrecht enthlt keine eigenen Maßstbe, um sie beantworten zu kçnnen. Fr sie gilt vielmehr der allgemeine Grundgedanke des Art. 31 Abs. 1 EGBGB: Ob eine bestimmte Person Vertragspartner ist, beurteilt sich grundstzlich nach demjenigen Recht, welches anwendbar wre, wenn diese Person Vertragspartner wre. 52 Jedoch bewirkt das systematische Verhltnis zwischen Art. 29 EGBGB und Artt. 27; 28 EGBGB eine wichtige Einschrnkung: Art. 29 EGBGB ist als Spezialregelung vorrangig und deshalb in jedem Fall zuerst zu prfen. 53 Wenn das ber Art. 29 EGBGB berufene Recht zu einem bestimmten Ergebnis kommt (dass also eine bestimmte Person Vertragspartner ist oder nicht), ist dieses Ergebnis dem weiteren Anknpfungsprozess vorgegeben. Es kann nicht durch eine abweichende Antwort des ber Artt. 27; 28 EGBGB berufenen Rechts wieder aufgehoben oder in sonstiger Weise konterkariert werden. Ob ein Vertrag bestimmte Charakteristika aufweist, kann nach dem Grundgedanken des Art. 31 Abs. 1 EGBGB nur die potentielle lex causae beurteilen. 54 Die Kollisionsnorm enthlt zugleich eine Qualifikationsverweisung fr die Ausfllung ihres eigenen Anknpfungsbegriffs. 55 Sie enthlt zwar eigene Maßstbe fr den Obersatz, also einen eigenen Verbraucherbegriff, und fr die eigentliche Subsumtion. Fr den Untersatz verweist sie jedoch auf das potentielle Vertragsstatut eines (unterstellten) Verbrauchervertrages. 56

52 Mankowski, TranspR 1991, 253 (256); Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhlt-

53 54 55 56

nisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 246; Mankowski, IPRax 1996, 427 (428); Mankowski, CR 1999, 512 (515); v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 492; Muir Watt, Rev.crit.dr.int.pr. 82 (1993), 637 (640); auch BGH, RIW 1994, 878 (879); OLG Saarbrcken, NJW 1992, 987 f.; Rb. Rotterdam, NIPR 1995 Nr. 387 S. 432 nr. 5.8; Rb. Rotterdam, NIPR 2000 Nr. 30 S. 91 nr. 4.3; Eckhard Rehbinder, in: Deutsche zivil- und kollisionsrechtliche Beitrge zum IX. Internationalen Kongress fr Rechtsvergleichung, 1974, S. 122 (137); Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 4. Aufl. 1988, Rz. 731; Dion-Loye, Clunet 118 (1991), 714 (715 f.); Frank Sven Heilmann, Das Arbeitsvertragsstatut, 1991, S. 150 Fn. 25. Vgl. Mankowski, BB 1997, 465 (466) (zum Parallelproblem bei Art. 30 EGBGB) sowie Schack, ZZP 113 (2000), 107 (108). Mankowski, RIW 1995, 1034 (1035); Mankowski, BB 1997, 465 (469). Mankowski, BB 1997, 465 (469). Mankowski, AG 1998, 11 (13) sowie v. Gronau, Die Bçrsentermingeschfte mit Auslandsberhrung nach der Kodifizierung des Internationalen Vertragsrechts im IPR-Gesetz vom 25.7.1986, 1990, S. 62 f.; Mankowski, BB 1997, 465 (468 f.).

450 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 27 Kap. 11

3. Situativer Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB Art. 29 Abs. 1 EGBGB stellt neben den sachlichen noch situative Anwen- 25 dungsvoraussetzungen auf. Diese sind in den Nrn. 1 bis 3 abschließend aufgezhlt. Die Tatbestnde verhalten sich untereinander disjunktiv, d.h., es reicht fr Art. 29 Abs. 1 EGBGB aus, wenn einer von ihnen erfllt ist, es kçnnen aber auch ausnahmsweise mehrere Tatbestnde nebeneinander gegeben sein. Grundgedanke aller Tatbestnde ist, dass der Anbieter den VerbraucherKunden auf dessen heimischem Vertragsabschlussmarkt, definiert durch den gewçhnlichen Aufenthalt 57 des Verbrauchers, aufgesucht hat. 58 Bei Nr. 1 initiiert der Anbieter den rechtsgeschftlichen Kontakt, indem er den Kunden umwirbt. Bei Nr. 2 kommt der Anbieter insoweit auf den Kunden zu, als er dessen Erklrungen auf dessen heimischem Markt entgegennimmt. Bei Nr. 3 (Normalfall: Grenzberschreitende Kaffeefahrt) hat der Anbieter den Kunden aus dessen heimischem Markt herausgelockt und nur den Vertragsabschlussort ins Ausland verlegt. Fr Online-Marktpltze und -Auktionen haben nur die Nummern 1 und 2 Bedeutung. a) Relevante Werbung unter Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB

Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB setzt zweierlei voraus: Zum einen muss der An- 26 bieter vor dem Vertragsabschluss im Staat des gewçhnlichen Aufenthalts des Kunden ein ausdrckliches Angebot abgegeben oder dort geworben haben; zum anderen muss der Kunde in diesem Staat die seinerseits zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen haben. aa) Website als Werbung

Wirbt der Anbieter ber eine Website, so ist dies Werbung im Sinne von 27 Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. 59 Eine Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB auslçsende 57 Zu Begriff und Inhalt des gewçhnlichen Aufenthalts unten Rz. 45. 58 Siehe nur OLG Dsseldorf, MDR 2000, 575 (576); Martiny, in: Mnchener Kommen-

tar zum BGB, Bd. X: IPR; Artt. 1–38 EGBGB, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 18. 59 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (234–252); Mankowski, Beilage zu MMR

7/2000, 22 (26); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (204–207, 212–220) m.w.N.; Mankowski, CR 2003, 307 (308); Jaburek/Wçlfl,Cyber-Recht, Wien 1997, S. 97; Trzaskowski, Legal Aspects of the Internet, Aalborg 1997, S. 35; Trzaskowski, UfR 1998 B 285 (287); Thorn, IPRax 1999, 1 (4 f.); Hertz, UfR 1999 B 39 (40); Drexl, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Rechtsgeschfte im Netz – Electronic Commerce, 1999, S. 75 (97 f.); Sandrock, ZVglRWiss 98 (1999), 227 (238); Martiny, ZEuP 1999, 246 (259); Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839 (844); Abbo Junker, RIW 1999, 809, 811 (815 f.); Dickie, Internet and Electronic Commerce Law in the European Union, Oxford/Portland, 1999, S. 85, 86; Foss/Bygrave, (2000) 8 Int. J. L. & Info. Tech. 99 (115); A. Schnyder, in: Treb (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des E-Commerce, Zrich 2001, S. 103 (108); Hoeren/Große Ruse, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Electronic Business in Europa, 2002, Kap. K Rz. 46; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 14. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 71; Th. Pfeiffer, in: Hohl/Leible/Sos-

Mankowski | 451

Kap. 11 Rz. 27

Internationales Privatrecht

Werbung des Anbieters muss zwar zumindest auch auf den Aufenthaltsstaat des Verbrauchers ausgerichtet sein. Eine einschrnkende Ausrichtung der Website verschlgt bei dem genuin internationalen eingesetzten Medium Internet jedoch nicht. Zwar kçnnte man daran denken, wie im Internationalen Wettbewerbsrecht 60 z.B. Sprache und Zuschnitt des Anbieters als einschrnkende Kriterien heranzuziehen. 61 Auch die Art des Angebots kçnnte ein denkbares Einschrnkungskriterium sein. 62 Jedoch bewirkt es jedenfalls dann keine reale Einschrnkung, wenn das Leistungsangebot oder das Versteigerungsobjekt nicht nur von grundstzlich lokalem Interesse (wie z.B. Kinokarten oder Leistungen eines Restaurants) ist. Eine Sprbarkeitsschwelle anhand solcher Kriterien wre indes ein falscher Grundansatz: Sie zielte auf Markt- und Allgemeininteressen, whrend es doch um Interessen des Verbrauchers unter dem einzelnen Vertrag geht. 63

60 61

62

63

nitza (Hrsg.), Vernetztes Recht, 2002, S. 21 (39); Glatt, Vertragschluss im Internet, 2002, S. 142; van der Hof, Internationale on-line overeenkomsten, Tilburg 2002, S. 196; Bamberger/Herbert Roth/Spickhoff, BGB, Bd. III; 2003, Art. 29 EGBGB Rz. 12; Mochar/Seidl, IJZ 2003, 241 (245); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 128; Staudenmayer, in: Lando/Magnus/Novak-Stief (Hrsg.), Angleichung des materiellen und des internationalen Privatrechts in der EU, 2003, S. 57 (68 f.); Erman/Hohloch, BGB, Bd. II, 11. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 11 sowie Waldenberger, BB 1996, 2365 (2371); Waldenberger, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31.4. Rz. 97 (Dez. 1998); Kronke, RIW 1996, 985 (988); Stefan Ernst, VuR 1997, 257 (258); Mehrings, CR 1998, 613 (617); Dirk Langer, Forum Int. 1999, 1 (9 f.); Borges, ZIP 1999, 565 (567 f.); Joachim Gruber, DB 1999, 1437 (1437 f.); Thot, Elektronischer Vertragsabschluss – Ablauf und Konsequenzen, 1999, S. 225, 259. Anderer Ansicht, zumindest aber differenzierend, Boele-Woelki, Molengrafica 1997, 139 (149 f.) m.w.N.; Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (331 f.); Siehr, Jahrbuch des Schweizerischen Konsumentenrechts 1998, 151 (167–169); Kersemakers, in: Arkenbout (ed.), Privaatrecht in de 21e eeuw – De elektronische snelweg, Deventer 1999, S. 9 (11 f.); Spindler, MMR 2000, 18 (20–23); Looschelders, Internationales Privatrecht, 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 49 sowie Thomas St)heli, in: Hilty (Hrsg.), Information Highway, Bern/Mnchen 1996, S. 597 (617). Dort insbesondere Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (917–919); CR 2000, 763 (764–766). Siehe Jaburek/Wçlfl,Cyber-Recht, Wien 1997, S. 99; R+ßmann, K&R 1998, 129 (133); Borges, ZIP 1999, 565 (570); Borges, WM 2001, 1542 (1547 f.); Borges, in: Norbert Horn (ed.), Legal Issues in Electronic Banking, The Hague/London, 2002, S. 39 (44 f.); Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, 2003, S. 717–722; H)rting, Internetrecht, 1999, Rz. 10; Fallenbçck, Internet und Internationales Privatrecht, Wien 2001, S. 124–128; Terlau, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Rz. C 238 f.; de Miguel Asensio, Derecho privado de Internet, 3. Aufl. Madrid 2002, S. 475 f. no. 349; C. Koch/P. Maurer, WM 2002, 2443 (2451); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 135 f.; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 74 f. Zu diesem Kriterium Christopher W. Meyer, 54 Wash. & Lee U. L.Rev. 1269 bei Fn. 326 (1997), hier zitiert nach ; Trzaskowski, UfR 1998 B 285 (288); R+ßmann, K&R 1998, 129 (133); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (246 f.). Lurger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 33 (41 f.).

452 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 28 Kap. 11

bb) Zumutbarkeit des Rechtsanwendungsrisikos f r den Unternehmer-Anbieter

Letztlich kann sich der auf einer Website sein Angebot erluternde Markt- 28 platzbetreiber aber nach einem Vertragsabschluss nicht darauf berufen, er habe nicht im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers geworben. 64 Damit wrde er versuchen, einerseits die Reichweitenvorteile des Mediums Internet fr sich in Anspruch zu nehmen und andererseits die mit dem Ausnutzen der erhçhten Reichweite verbundenen Nachteile von sich zu weisen. Damit kann er nicht gehçrt werden. 65 Der international grçßeren Reichweite korrespondiert ein grçßeres Rechtsanwendungsrisiko. Dem wird entgegengehalten, bei einem so weiten Verstndnis des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB gbe es fr den im Internet surfenden Verbraucher gar kein Ausland mehr; dieser umfassende Verbraucherschutz widerspreche Sinn und Zweck des Art. 29 EGBGB. 66 Dies verschiebt indes die maßgebliche Gewichtung: Relevant ist die Einwirkung in den Verbraucherstaat hinein. Der Verbraucher muss auf seinem Inlandsmarkt angesprochen und zum Geschftsabschluss ber die Grenze angereizt werden. Der Verbraucher muss aus einer verobjektivierten Perspektive gleichsam auf seinem inlndischen Vertragsabschlussmarkt ttig werden. Dies ist der Fall, wenn er an seinem heimischen PC angesprochen wird und dort seine mitwirkenden Ttigkeiten entfaltet. Ob dem Verbraucher bewusst ist, dass er ins Ausland hinein kontrahiert, ist ebenso irrelevant wie eine subjektive Vorstellung, 64 Ebenso Miriam Mann, in: Fabian Schuster (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia,

2001, Kap. 19 Rz. 85; Papathoma-Baetge/Nehrenberg/Finke, in: Kaminski/Henßler/Kolaschnik/Papathoma-Baetge (Hrsg.), Rechtshandbuch E-Business, 2002, 2. Kap. A Rz. 88. 65 Eingehend Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (234–239); Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (25–27, 31 f.); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (204–207, 212–220); zustimmend Abbo Junker, RIW 1999, 809 (815 f.); Hoeren, in: Graf v. Westphalen (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Losebl. 1993 ff., E-Commerce-Vertrge Rz. 77 f. (Jan. 2002); Glatt, Vertragschluss im Internet, 2002, S. 145 f.; Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (27); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 14. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 71; Mochar/Seidl, IJZ 2003, 241 (248 f.). Vgl. auch Joachim Gruber, DB 1999, 1437 (1437 f.); Foss/Bygrave, (2000) 8 Int. J. L. & Info. Tech. 99 (121 f.); Grundmann, RabelsZ 67 (2003), 246 (277 f.); Lurger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 33 (42); Leible, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 133 (143). Differenzierend dagegen Pichler, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1998, 229 (244–246); in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Losebl. 1999 ff., Teil 31 Rz. 182 f. (Dez. 1998); Langer, Forum Int. 1999, 1 (10); zweifelnd Norbert Reich, in: Schulte-Nçlke/Rainer Schulze (Hrsg.), Europische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, 1999, S. 79 (99 f.); Hoeren/ Oberscheidt, VuR 1999, 371 (386 f.). 66 Borges, ZIP 1999, 565 (569); WM 2001, 1542 (1546); Christian Horn, MMR 2002, 209 (213).

Mankowski | 453

Kap. 11 Rz. 29

Internationales Privatrecht

dass der Anbieter im Inland sße. Die als Gegenargument verwendete Inlands/Auslandsdisjunktion berzeugt deshalb nicht. 29 Dieses Rechtsanwendungsrisiko ist dem Marktplatzbetreiber zuzumuten. Denn im vertraglichen Bereich gilt das Argument des rechtsgeschftlichen Selbstschutzes: Der Marktplatzbetreiber hat es in der Hand, zu kontrollieren, mit wem er kontrahiert, und Vertragsangebote von Verbrauchern, die in einem ihm nicht genehmen Staat ansssig sind, abzulehnen. 67 Begibt er sich der Mçglichkeit dieser rechtsgeschftlichen Kontrolle, indem er ein click wrap agreement offeriert, statt ein Vertragsangebot des Kunden per E-Mail anzuregen, so zeigt er, dass ihm die grçßere Reichweite wichtiger ist als die Kontrolle seines Rechtsrisikos. An dieser Entscheidung muss er sich festhalten lassen. Außerdem missachtet der Anbieter dann seine eigenen Interessen an der Mçglichkeit einer Bonittsprfung. 68 30 Der rechtsgeschftliche Selbstschutz luft mit den kommerziellen Interessen des Anbieters parallel und ist mit vergleichsweise geringen Kosten zu installieren, namentlich durch technische Routinen, in denen nach Adresse und Telefonnummer des Interessenten gefragt wird. 69 Der Unternehmer kann sich also schtzen, indem er nachfragt, wo der Kunde denn ansssig ist und konsequent aussondert. Datenschutzrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht. 70 Tuscht der Kunde und gibt wahrheitswidrig an, er sei in einem „erlaubten“ Staat ansssig, so ist der Kunde nicht schutzwrdig und kommt dem Tuschenden der kollisionsrechtliche Schutz des Art. 29 EGBGB nicht zugute. 71 31 Wer als Unternehmer die Reichweitenvorteile des Internet eigentlich gar nicht nutzen will, 72 wird schon zur Umsetzung dieser kaufmnnischen Entschei67 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (248–250); Mankowski, MMR-Beilage 7/2000,

68 69 70 71

72

22 (25–27); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (219 f.); zustimmend Grolimund, ZSR NF 119 (2000 I), 339 (367 f.); Miriam Mann, in: Fabian Schuster (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia, 2002, Kap. 19 Rz. 103; Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (27); Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 849; kritisch dagegen Spindler, MMR 2000, 18 (21). Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (26); Mankowski, Molengrafica 1999/2000, 97 (113 f.). Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (26); zustimmend Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 849. Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (27–31). Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (26 f.); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (217 f.); Grolimund, ZSR NF 119 (2000 I), 339 (358 f.); Krammer, Internet Brokerage, 2001, S. 221 f.; Haubold, in: International Bureau of the Permanent Court of Arbitration (ed.), Strengthening Relations with Arab and Islamic Countries through International Law, The Hague 2002, S. 109 (124); Gounalakis/ Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 76; Leible, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 133 (143); Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 849. Vgl. Fallenbçck, Internet und Internationales Privatrecht, Wien/New York 2001, S. 121.

454 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 33 Kap. 11

dung entsprechende Schutzvorkehrungen treffen und so (als erwnschte Nebenfolge) sein Rechtsanwendungsrisiko minimieren. 73 Im Jbrigen ist fr die unternehmerische Entscheidung nicht das theoretische, sondern das reale Rechtsanwendungsrisiko ausschlaggebend. Das reale Rechtsanwendungsrisiko ist aber bei Verbrauchervertrgen angesichts vergleichsweise kleiner Volumina des einzelnen Vertrages und rationaler Apathie als einer bevorzugten Verbraucherstrategie entschieden kleiner als das theoretische. 74 cc) Disclaimers

Disclaimers auf der Website, also Hinweise, denen zufolge die Website nur po- 32 tentielle Kunden in bestimmten Staaten ansprechen soll, bieten isoliert betrachtet noch keinen hinreichenden Schutz. Disclaimers kommen in zwei Grundtypen vor. Der erste Grundtyp ist negativ formuliert. Er besagt, dass sich das Internet-Angebot nicht an Interessenten in bestimmten, namentlich aufgefhrten Staaten richtet. Es heißt also z.B. „Dieses Angebot richtet sich nicht an Interessenten in Deutschland, Isterreich und der Schweiz.“ Der zweite Grundtyp ist positiv formuliert. Er besagt, dass sich das Internet-Angebot nur an Interessenten in bestimmten, namentlich aufgefhrten Staaten richtet. Es heißt also z.B. „Dieses Angebot richtet sich ausschließlich an Kunden in Deutschland, Isterreich und der Schweiz.“ Beide Typen von Disclaimers entfalten zumindest eine psychologische Abschreckungswirkung: Sie werden ber weite Strecken Interessenten in den nicht angesprochenen Lndern davon abhalten, sich auf das Angebot zu melden. 75 Solchen Interessenten wird relativ deutlich signalisiert, dass sie nicht gemeint sind. Durchschlagende rechtliche Wirkung hat ein Disclaimer als solcher dagegen 33 nicht. Ein Disclaimer lsst sich schnell aufnehmen. Wenn das schon ausreichen wrde, wre es eine fr den Unternehmer sehr billige und einfache Schutzmaßnahme. Indes kann ein Disclaimer nur dann Wirkung haben, wenn sich der Unternehmer auch an ihn hlt. Der Unternehmer muss so konsequent sein, Vertragsantrge aus den ausweislich des Disclaimers nicht angesprochenen Staaten auch abzulehnen. Tut er dies nicht, so mutiert der Disclaimer zur protestatio facto contraria, zur verwirkten Schutzbehauptung. 76 Ein 73 Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (31); Mankowski, in: Internet und Recht,

Wien 2002, S. 191 (219 f.). 74 Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (32); Mankowski, Molengrafica 1999/2000,

97 (120); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (212 f.); siehe auch Vasiljeva, (2004) 10 Eur. L.J. 123 (135 f.). 75 Kotthoff, CR 1997, 676 (682); K&R 1999, 139; Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (919 Fn. 141); Mankowski, CR 2000, 763 (767); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (215) sowie Mochar/Seidl, IJZ 2003, 241 (248). 76 Hoeren, WRP 1997, 993 (998); Hoeren, Rechtsfragen des Internet, 1998, Rz. 393; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (249); Mankowski, EWiR § 1 UWG 7/99, 471 (472); Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (25 f.); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (216); Marianne Roth, in: Michael Gruber/Mader (Hrsg.),

Mankowski | 455

Kap. 11 Rz. 34

Internationales Privatrecht

vom Anbieter selbst nicht beachteter Disclaimer ist unbeachtlich. 77 Wer sagt, dass er bestimmte Lnder nicht anspreche, muss dies auf allen Ebenen tun, nicht nur wohlfeil und verbatim im Internet-Auftritt. Man kann das eigene Risiko nicht auf andere abwlzen, indem man einfach Behauptungen aufstellt, hinter diesen aber selber nicht steht. Anderenfalls wre der Disclaimer ein zu schneller Ausweg fr Manipulationen des Unternehmers. 78 Es ist nicht Sache der Interessenten, sich an den Disclaimer des Unternehmers zu halten, sondern Sache des Unternehmers. Dass diejenigen Interessenten, die sich einem Disclaimer zuwider an den Unternehmer wenden, den Unternehmer testen, ist das eine, dass der Unternehmer nicht zu seiner eigenen Aussage steht, das andere, viel gewichtigere. 79 Der Test durch die Interessenten ist nur ein Versuch, keine Risikobernahme. Genau umgekehrt muss das Risiko bei offen deklarierten Antrgen aus „missliebigen“ Staaten beim Unternehmer liegen. Genau diesem Risiko muss er durch eigenes Verhalten steuern und unternimmt mit dem Disclaimer den ersten Schritt, sich dagegen zu wappnen. So wohlfeil disponibel, dass sie bereits einer einfachen, einseitig aufgestellten Behauptung wichen, sind die Rechtsanwendungsregeln des IPR und des IZPR nicht. Dies gilt allzumal, wenn sie besondere Schutzanliegen zu Gunsten der Gegenpartei verfolgen. 80 34 Nicht der Disclaimer steuert also dem Rechtsanwendungsrisiko, sondern erst das Einhalten des Disclaimers. Der Beweis dafr, dass der Disclaimer eingehalten wurde, obliegt dem Unternehmer. 81 Er wird ihn kaum je fhren kçnnen, wenn er dem Disclaimer zuwider das Vertragsangebot eines Verbrauchers aus einem „nicht gewollten“ Staat angenommen hat. 82 Der Anbieter muss sich auch an seinen Disclaimer halten und darf tatschlich nur mit Bietern aus den ausdrcklich angesprochenen Staaten kontrahieren. Dafr muss er entsprechende Vorsorge treffen. Akzeptiert er dagegen, vom Hçchstgebot gebunden zu werden und unterwirft sich auch seinerseits einem Zuschlag durch Zeitablauf, so begibt er sich effektiver Kontrollmçglichkeiten. Ein etwaiger Disclaimer ist dann unbeachtlich.

77

78 79 80 81 82

Internet und e-commerce, S. 157 (175); Spindler, MMR 2000, 18 (21); in: Hohloch (Hrsg.), Recht und Internet, 2001, S. 9 (22); Anton K. Schnyder, in: Treb (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des E-Commerce, Zrich 2001, S. 103 (108); Maack, Die Durchsetzung des AGB-rechtlichen Transparenzgebots in internationalen Verbrauchervertrgen, 2002, S. 177; van der Hof, Internationale on-line overeenkomsten, Tilburg 2002, S. 200. Deutlich OLG Frankfurt/M., MMR 2001, 751 (752) m. Anm. Mankowski – docmorris.com; Leverenz, Rechtliche Aspekte zum Versicherungsgeschft im Internet, 2001, S. 42 f. So selbst Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, 2003, S. 716. Ebenso Krammer, Internet Brokerage, 2002, S. 219 f. Auf Gut- oder Bçsglubigkeit der Kunden kommt es nicht an (entgegen Rolf H. Weber, E-Commerce und Recht, Zrich 2001, S. 45). Marianne Roth, in: Michael Gruber/Mader (Hrsg.), Internet und e-commerce, Wien 2001, S. 157 (175 f.). Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (216).

456 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 37 Kap. 11

b) Zurechnung der Website des Online-Auktionshauses zum Verußerer

In einer arbeitsteiligen Wirtschaft wre es ein leichtes Unterfangen, die An- 35 wendung des besonderen Verbraucherschutzregimes zu umgehen, wenn dieses Regime nur Werbung durch den Anbieter selbst erfasste. Richtigerweise sind einem Anbieter von Waren und Dienstleistungen daher absatzfçrdernde Aktivitten Dritter (also zwischengeschalteter Agenturen, Makler usw.) zuzurechnen. 83 Dies gilt jedenfalls, soweit der Anbieter den Dritten mit der Werbung beauftragt hat, Anbieter und Dritter gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind oder dergestalt in einem Vertriebsverbund (z.B. Dritter als Vertragshndler) miteinander stehen, dass einer dem ußeren Eindruck nach als Niederlassung des anderen eingeordnet werden kann. 84 Fr Online-Auktionen ist die Frage nach einer mçglichen Zurechnung be- 36 sonders bedeutsam. Denn der Einlieferer bedient sich der Mittel des OnlineAuktionshauses, um sein Leistungsangebot zu prsentieren. Er beauftragt das Online-Auktionshaus, dieses Angebot in dessen Programm einzustellen. Er mçchte sich damit die Bekanntheit und die eventuelle Attraktivitt des Online-Auktionshauses zu Nutze machen, umso bessere Absatzchancen zu erzielen. Die Website, ber welche das Angebot prsentiert wird und ber welche Gebote eingeworben werden, luft nicht auf den Namen des Einlieferers. Vielmehr handelt es sich um eine Website des Online-Auktionshauses. Renommeetransfer und Partizipieren am Bekanntheitsgrad, also der Quasi-Markenwirkung des Namens des Online-Auktionshauses, geben gerade den Anreiz, einzuliefern und den Versteigerungsauftrag zu erteilen. Es liegt gewollte Arbeitsteilung vor. Der Einlieferer htte das Versteigerungsobjekt auch auf einer eigenen Website anbieten und insbesondere eine Eigenversteigerung organisieren kçnnen. Die Fremdversteigerung erfllt die gleiche wirtschaftliche Funktion wie eine solche hypothetische Eigenversteigerung. Daher ist sie auch kollisionsrechtlich genauso zu behandeln wie diese. Die Website des Marktplatzbetreibers oder Online-Auktionshauses ist dem 37 Einlieferer also wie eine eigene Website zuzurechnen. 85 Zwar kann er deren grundstzliche Reichweite nicht direkt beeinflussen. Jedoch kann er diese kontrollieren, bevor er zum Teilnehmer wird bzw. den Versteigerungsauftrag erteilt. Außerdem kann er fr die konkrete Beteiligung auf dem Marktplatz oder die konkrete Versteigerung eigene Disclaimers formulieren, dass Gebote nur von Bietern aus bestimmten Staaten erwnscht sind oder Gebote von Bietern aus bestimmten Staaten nicht beachtet werden. Einen solchen 83 Mankowski, RIW 1997, 990 (991); Mankowski, BB 1999, 1225 (1228); Kropholler,

Europisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 13 EuGVJ Rz. 25; Donzallaz, La Convention de Lugano, Bd. III, Bern 1998, Rz. 6112; auch Peter Schlosser, FS Ernst Steindorff, 1990, S. 1379 (1385 f.); Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 13 EuGVJ Rz. 35; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 72. 84 Mankowski, RIW 1997, 990 (991). 85 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 150.

Mankowski | 457

Kap. 11 Rz. 38

Internationales Privatrecht

Disclaimer kann und muss der Einlieferer durch einen Auftrag an das Online-Auktionshaus absichern, den Zuschlag nur an Bieter aus erwnschten Staaten zu erteilen. Rechtsgeschftliche Kontrollmçglichkeiten bestehen hier ebenso wie bei einem Eigenabschluss. Die einzige Besonderheit besteht darin, dass das Online-Auktionshaus stellvertretend die Kontrolle ausbt. 38 Nicht eingehaltene Disclaimer sind ebenso unbeachtlich wie bei einem Eigenabschluss (soeben Rz. 32–34). Missachtet das Online-Auktionshaus eine interne Weisung, Bietern aus bestimmten Staaten nicht den Zuschlag zu erteilen, so hat dies keine Auswirkungen auf die Rechtsanwendung im Außenverhltnis zwischen Einlieferer und Ersteigerer. Gleiches gilt, wenn sich das Online-Auktionshaus ber eine erkennbare Weisung hinwegsetzt. Diese Weisung hat dann im Außenverhltnis gleichsam die Bedeutung eines nicht eingehaltenen Disclaimers. Vielmehr hat sich der Einlieferer mit dem Online-Auktionshaus in beider Innenverhltnis auseinander zu setzen. Ihm kçnnen insoweit nach Maßgabe des auf jenes Innenverhltnis anwendbaren Rechts Schadensersatzansprche gegen das Online-Auktionshaus zustehen. 39 Einer Zurechnung des Online-Auktionshauses zum Einlieferer mag man entgegenhalten wollen, dass sich der Bieter doch auch die Mçglichkeiten zunutze mache, welche in der Ttigkeit des Online-Auktionshauses liegen. Ohne dessen Auftritt im Internet wre er schließlich nie auf das Angebot des Einlieferes aufmerksam geworden. Dies kann jedoch weder dazu fhren, dass man das Online-Auktionshaus (auch) dem Bieter zurechnete, noch dazu, dass jede Zurechnung wegen Neutralisierung des Online-Auktionshauses ausschiede. Dagegen sprechen mehrere Grnde: 86 Zum einen wird das Online-Auktionshaus regelmßig nur vom Einlieferer Provision erhalten. Die finanzielle Teilhabe am Erfolg weist es der betreffenden Vertragsseite zu. Zum anderen betritt bei einer normalen Auktion der Bieter einen von anderen vorbereiteten und eingerichteten Marktplatz. Der Einlieferer dagegen bereitet in Zusammenarbeit mit dem Online-Auktionshaus erst den Marktplatz, indem er sein Angebot einstellt und den Versteigerungsauftrag erteilt. Zum Dritten mag die Lagerzuweisung des Online-Auktionshauses noch verstrkt werden durch stellvertretungsrechtliche Bevollmchtigungen. Zum Vierten wre eine Zurechnung auch zum Bieter oder auch nur eine Neutralisierung mit dem Problem belastet, ab wann sie denn eintreten sollte. Eine Zurechnung zu jedem Bieter wrde die Strukturen vollstndig auflçsen. c) Abgabe der eigenen Vertragserklrung durch den Verbraucher im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB

40 Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB verlangt des Weiteren, dass der Verbraucher die seinerseits zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen in seinem Aufenthaltsstaat vornimmt. Dies gemß meint die Abgabe 86 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 151.

458 | Mankowski

III. Anwendungsbereich des Internationalen Verbrauchervertragsrechts

Rz. 41 Kap. 11

der eigenen Vertragserklrung durch den Verbraucher. 87 Darauf, wo diese Erklrung dem Anbieter, der vertraglichen Gegenpartei, zugeht, kommt es nicht an. 88 Denn anderenfalls htte man eben auf den Zugang abstellen mssen, welchen aber der Anbieter zu seinen Gunsten beeinflussen kann, indem er seine Kontaktadresse entsprechend lokalisiert. Die im Gesetzeswortlaut gewhlte Formulierung „Vornahme der Rechtshandlungen“ stellt dagegen eindeutig auf die eigenen Aktivitten des Verbrauchers ab. Ebensowenig kommt es darauf an, ob das Vertrags(abschluss)statut die Erklrung des Verbrauchers rechtstechnisch als Annahme oder als Angebot einordnet. Normalfall ist sogar die Bestellung durch den Verbraucher. Schließlich ist ohne Bedeutung, ob die Vertragserklrung des Verbrauchers nach dem anwendbaren Recht bereits mit ihrem Absenden wirksam ist oder zumindest Bindungswirkung entfaltet. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB hat bewusst das tatschliche Geschehen als Anknpfungspunkt gewhlt und solche notwendig der rechtlichen Bewertung berantworteten Fragen nicht miteinbezogen. 89 In aller Regel wird der Verbraucher, also bei Online-Auktionen der Ersteigerer, seine Erklrung an seinem gewçhnlichen Aufenthaltsort abgeben. Z.B. wird er, wenn er eine E-Mail schreibt, vom heimischen PC aus agieren. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB wird daher keine besonderen Probleme bereiten. 90 d) Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB

Die Nr. 2 des Art. 29 Abs. 1 EGBGB ergnzt dessen Nr. 1. Sie setzt voraus, 41 dass der Unternehmer die Vertragserklrung des Verbrauchers in dessen Aufenthaltsstaat entgegengenommen hat. Entgegennahme meint Erhalt oder Zugang der Erklrung. 91 Gesetzgeberischer Normalfall des Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist der Vertragsabschluss auf einem Messe- oder Marktstand 87 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drs. 10/503, S. 36 (56); Kaye, Civil Jurisdiction and

88

89 90

91

Enforcement of Foreign Judgments, London 1987, S. 839; Mankowski, EWiR Art. 13 EuGVJ 1/97, 657 (658); Mankowski, RIW 1997, 990 (993); Nassall, WuB VII B. Art. 13 EuGVJ 1.97, 694; Borges, ZIP 1999, 565 (570 f.). Mankowski, RIW 1997, 990 (993); Spindler, MMR 2000, 18 (19). Unzutreffend OLG Schleswig, WM 1997, 991 = RIW 1997, 955 (kritisch dazu Mankowski, EWiR Art. 13 EuGVJ 1/97, 657; Nassall, WuB VII B. Art. 13 EuGVJ 1.97, 694). Mankowski, RIW 1997, 990 (993). Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (250 sowie 251 f. zur Ferneinwahl in den heimischen Rechner); Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der InternetProvider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 36; Borges, ZIP 1999, 565 (571); Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 184 (Dez. 1998); Nina Walter, in: Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), OnlineAuktionen, 2002, S. 353 (377 f.); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 75; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 77; Looschelders, Internationales Privatrecht, 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 50; auch R+ßmann, K&R 1998, 129 (132); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 138 f.; Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 852. Siehe nur BGHZ 135, 124 (132) = NJW 1997, 1697 m. Anm. Kappus; Staudinger/ Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 74.

Mankowski | 459

Kap. 11 Rz. 42

Internationales Privatrecht

des Anbieters im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers. 92 Weitere Normalflle sind der reisende Handelsvertreter oder der lokale Reprsentant des Unternehmers, an welchen sich der Verbraucher auf eigene Initiative hin wendet. 93 42 Kontaktiert der Verbraucher den Unternehmer ber das Internet, so gilt Folgendes: 94 Zugang einer Erklrung liegt vor, wenn diese in den Empfangsbereich von Kommunikationseinrichtungen gelangt ist, welche der Adressat bereitgestellt hat. Normalfall ist der klassische Briefkasten. 95 Aber auch Mailboxes und andere elektronische Speichereinrichtungen reprsentieren in diesem Sinne den Unternehmer. Lassen sie sich lokalisieren, ist der Ort ihrer Belegenheit maßgeblich. Z.B. ist der fr die Entgegennahme entscheidende Ort in Deutschland festzumachen, wenn eine E-Mail an eine Adresse auf „.de“ zu richten ist. 96 Dagegen ist ein eventuell abweichender Ort, von welchem aus die gespeicherten Informationen spter abgerufen werden, ohne Bedeutung. 97 Entscheidend ist die erste Datenbertragung vom Verbraucher zu dem vom Unternehmer angegebenen Kontaktpunkt; auf nachfolgende Zwischenspeicherungen oder Mehrfachbertragungen kommt es nicht an. 98 Abzustellen ist auf die passive, rezeptive Kommunikationseinrichtung des Unternehmers. Dies ist bereits hinreichender Regelungsrahmen fr alle Flle der Eigenversteigerung und der Versteigerung in Kommission durch das Online-Auktionshaus. 43 Fr Online-Fremdversteigerungen ergeben sich folgende zustzliche Jberlegungen: Der Einlieferer bedient sich fr die Kommunikation des OnlineAuktionshauses. Er hat dieses zumindest beauftragt, dessen Marktplatz be92 Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drs. 10/503, S. 36 (56); Martiny, in: Reithmann/

93

94

95 96

97 98

Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 728; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 24; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 22; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 77. Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drs. 10/503, S. 36 (56); Martiny, in: Reithmann/ Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 728; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 24; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 22; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 77. Ausfhrlicher Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (252–254). Grundstzlich zustimmend Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (28); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 141–143; hnlich auch Fiorelli, dir. comm. int. 2003, 427 (442). Normand/Balate, Cah.dr.eur. 1990, 272 (313); Staudinger/Gert Reinhart, BGB, Artt. 27–37; 10 EGBGB, 12. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 60. Thomas Pfeiffer, NJW 1997, 1207 (1214); Mehrings, CR 1998, 613 (620); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 76; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 78; vgl. auch Hanika, MedR 2000, 205 (211). Schu, (1997) 5 Int. J. L. & Info. Tech. 192 (216). Vgl. Kronke, RIW 1996, 985 (988 f.).

460 | Mankowski

IV. Anknpfung im B2C-Bereich

Rz. 45 Kap. 11

reitzustellen. Im Regelfall bndelt das Online-Auktionshaus die Gebote, ordnet und selektiert diese und erteilt den Zuschlag. Der Einlieferer tritt mit dem Erwerber erst nach dem Zuschlag in direkten Kontakt. Fr ihn agiert zuvor das Online-Auktionshaus. Er kann diesem Direktiven erteilen und die von ihm gewnschten besonderen Rahmenbedingungen definieren, z.B. indem er einen Mindestpreis vorgibt. Das Online-Auktionshaus hat sich außerdem regelmßig in seinen AGB passive Empfangsvollmacht zur Entgegennahme der eingehenden Gebote ausbedungen. 99 Aus all dem tritt mit Blick auf das Vertragsverhltnis zwischen Einlieferer und Ersteigerer das Online-Auktionshaus als Kommunikationsmedium fr den Einlieferer hervor. Es fungiert als dessen verlngerter Arm. Die Erklrung des Bieters geht dem Einlieferer also dort zu, wo sie dem Online-Auktionshaus zugeht.

IV. Ankn pfung bei Versteigerungskufen im B2C-Bereich Bei Verbrauchervertrgen, also bei Versteigerungsverkufen von einem Unter- 44 nehmen an einen Privaten unter Zurechnung der Website des Online-Auktionshauses zum unternehmerischen Einlieferer (vgl. Rz. 35–39), schrnkt Art. 29 Abs. 1 EGBGB die Reichweite einer Rechtswahl erheblich ein. Er besagt ausdrcklich, dass die Rechtswahl in einem solchen Vertrag dem Kunden nicht den Schutz der zwingenden Vorschriften desjenigen Rechts nehmen kann, das ohne die Rechtswahl anwendbar wre. Art. 29 Abs. 1 EGBGB macht die Rechtswahl aber nicht unwirksam. 100 Im Gegenteil setzt er eine wirksame Rechtswahl voraus. Denn er will einen Gnstigkeitsvergleich bewirken (vgl. Rz. 46). Dies kann er nicht, wenn es an der Rechtswahl und in der Folge an einem gewhlten Recht als einem der beiden Vergleichsparte fehlt. 101 Ohne die Rechtswahl wre bei Verbrauchervertrgen nach Art. 29 Abs. 2 45 EGBGB das Recht am gewçhnlichen Aufenthalt des Kunden anwendbar. Gewçhnlicher Aufenthalt einer natrlichen Person ist der lokale Schwerpunkt ihrer persçnlichen Lebensfhrung, ihr Daseinsmittelpunkt, 102 an dem auch der lokale Schwerpunkt ihrer rechtsgeschftlichen Beziehungen vermutet wird. 103 Die Anknpfung an den gewçhnlichen Aufenthalt fhrt zum Recht der sozialen Umwelt einer Person. 104 Diese Anknpfung muss sich – man99 Zur internationalprivatrechtlichen Anknpfung der Empfangsvollmacht unten

Rz. 103. 100 Mankowski, RIW 1994, 421 (422); Mankowski, EWiR Art. 29 EGBGB 1/98, 455 f.;

101 102 103 104

Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 16. Mankowski, RIW 1994, 421 (422). Vgl. nur BGHZ 78, 293 (295); BGH, NJW 1982, 1216; BGH, NJW 1983, 2771. Grasmann, FS Karl H. Neumayer, 1985, S. 249 (254, 259); Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 410. OLG Celle, FamRZ 1991, 598 (599); Baetge, Der gewçhnliche Aufenthalt im internationalen Privatrecht, 1994, S. 80.

Mankowski | 461

Kap. 11 Rz. 46

Internationales Privatrecht

gels einer entsprechenden Ausnahmeklausel im Normtext – keiner Abwgung stellen, ob nicht andere Elemente in ihrer Summe eine engere Verbindung des Vertrages zum Recht eines anderen Staates begrnden. 105 46 Die Rechtswahlbeschrnkung nach Art. 29 Abs. 1 EGBGB soll den Verbraucher der Mhe entheben, sich vollstndig auf ihm fremdes Recht einstellen und sich nach dessen Inhalt erkundigen zu mssen. Vielmehr wird ein unterstelltes Vertrauen des Kunden darauf abstrakt geschtzt, dass er den zwingenden Schutz des Rechts genießt, in dem er sich gleichsam tglich bewegt. Zwingende Vorschriften im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB sind sachrechtlich zwingende Vorschriften, also alle Vorschriften, von denen durch einfache Vereinbarung nicht abgewichen werden kann. 106 Solche Vorschriften mssen nicht einem spezifischen Rechtskorpus Verbraucherschutzrecht zugehçren; vielmehr reicht eine konkret verbraucherschtzende Wirkung. 107 Eine Rechtswahl kann nur zum Vorteil des Kunden, aber nie zu dessen Nachteil ausschlagen. 108 Ist das gewhlte Recht dem Kunden (noch) gnstiger als das Recht seines gewçhnlichen Aufenthalts, kann er sich auf das gewhlte Recht berufen. 109 Gewhltes Recht und Recht des gewçhnlichen Aufenthalts des Kunden stehen miteinander in einem G nstigkeitsvergleich, fr welchen das Aufenthaltsrecht die Untergrenze zieht. 110 Vergleichsmaßstab ist das konkrete Begehr des Kunden, kein Vergleich der involvierten Normkomplexe insgesamt. 111 Im B2C-Bereich kann sich der Ersteigerer-Konsument also darauf verlassen, dass er nicht schlechter gestellt ist als nach 105 Siehe nur Hepting, FS Werner Lorenz, 1991, S. 393 (408); Kreuzer, ZfRV 1992, 168

106

107 108 109

110

111

(175); Martiny, ZEuP 1995, 67 (79); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 40. Siehe nur Egon Lorenz, FS Gerhard Kegel, 1987, S. 303 (315); Abbo Junker, IPRax 1989, 69 (72); Abbo Junker, Internationales Privatrecht, 1998, Rz. 377; v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 441; Joustra, De internationale consumentenovereenkomst, Deventer 1997, S. 292. Jberzeugend M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 43–52. Mankowski, RIW 1993, 453 (459). Siehe nur Salvadori, in: Sacerdoti/Frigo (eds.), La Convenzione di Roma sul legge applicabile ai contratti internazionali, Milano 1993, S. 43 (55); Mankowski, RIW 1993, 453 (459); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 30; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 37. Siehe nur Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 30; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 37. Helga Elizabeth Kroeger, Der Schutz der „marktschwcheren“ Partei im internationalen Vertragsrecht, 1984, S. 158; Egon Lorenz, RIW 1987, 569 (577); Egon Lorenz, FS Gerhard Kegel, 1987, S. 303 (336 f.); Schurig, RabelsZ 54 (1990), 217 (225); M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 37; Werner Lorenz, IPRax 1994, 429 (431); Leible, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1995, 245 (257); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 38; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 106, 110.

462 | Mankowski

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

Rz. 48 Kap. 11

dem Recht seiner Rechtsumgebung. Mit einer Rechtswahl kann er als Folge des Gnstigkeitsvergleichs sogar besser stehen, ohne eine Rechtswahl bleibt es beim Aufenthaltsrecht.

V. Ankn pfung bei Marktplatzgeschften und Versteigerungskufen im B2B- und im C2C-Bereich 1. Rechtswahl a) Grundstzliches

Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB stellt den Grundsatz der Rechtswahlfreiheit auf: 47 Die Parteien eines internationalen Schuldvertrages kçnnen fr ihren Vertrag jedes beliebige Recht whlen. Der Kreis whlbarer Rechtsordnungen ist nicht beschrnkt. Insbesondere verlangt Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nicht, dass das gewhlte Recht eine objektive Beziehung mit dem Vertrag aufweisen msste. 112 Die Wahl eines so genannten neutralen Rechts (also eines Rechts, in dessen Geltungsbereich keine der Parteien ansssig ist) ist statthaft. 113 Der Ausschluss des Internationalen Privatrechts des gewhlten Rechts in der Rechtswahlklausel 114 ist aus deutscher Sicht wegen Art. 35 Abs. 1 EGBGB berflssig, mag aber aus der Sicht anderer Rechte Sinn machen (vgl. Rz. 88). Das Zustandekommen und die rechtsgeschftliche Wirksamkeit einer Rechts- 48 wahlvereinbarung beurteilen sich gemß Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB nach dem in der Rechtswahl selbst benannten Recht. In den Bereich des Zustandekommens gehçren die Regeln ber den ußeren Konsenstatbestand, in jenen der rechtsgeschftlichen Wirksamkeit die Regeln ber Willensmngel, Sittenwidrigkeit, Anfechtung und Erklrungswiderruf (insbeson112 Siehe nur Egon Lorenz, RIW 1987, 569 (569 f.); Mankowski, RIW 1995, 364 (366);

Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 52; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB Rz. 7; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 35; Jochen Schrçder/Wenner, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 1998, Rz. 63. 113 Siehe nur Sandrock, RIW 1994, 381 (385); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 27 EGBGB Rz. 7; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 27 EGBGB Rz. 20; Jochen Schrçder/Wenner, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 1998, Rz. 65; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634 (637); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 35; Mankowski, RIW 2003, 2 (4). Zur Klarstellung: Auch die Wahl eines neutralen Rechts vermittelt keine objektive Auslandsbeziehung und fhrt nicht per se aus dem Bereich des Art. 27 Abs. 3 EGBGB heraus; Mankowski, RabelsZ 58 (1994), 772 (782). 114 So z.B. Applicable Law/Jurisdiction Abs. 2 Satz 2 General Terms and Conditions Covisint.com; Nr. 21 General Terms and Conditions freetradezone.com; Nr. 24 AGB surplex.com (XII/2003).

Mankowski | 463

Kap. 11 Rz. 49

Internationales Privatrecht

dere nach Verbraucherschutzgesetzen). Zum Bereich des Zustandekommens zhlt insbesondere die Einbeziehungskontrolle von AGB, die sich auch auf Rechtswahlklauseln in AGB erstreckt. Das in der Rechtswahlklausel angezogene Recht entscheidet also darber, welche Anforderungen fr die Einbeziehung der AGB bestehen. Dies umfasst bei elektronischen AGB auch die Fragen, ob ein link oder ein click wrap agreement ausreicht, ob AGB mehr als einen Bildschirm lang sein drfen und wie es sich verhlt, wenn der potentielle Partner erst eine bestimmte Software installieren muss, um die AGB lesen zu kçnnen. 115 Auch das Sprachrisiko mit der Frage, in welcher Sprache die AGB abgefasst sein mssen, um Konsens mit einem bestimmten Kunden zu erzielen, gehçrt zum Bereich des Zustandekommens und der rechtsgeschftlichen Wirksamkeit, wie Art. 31 Abs. 1 EGBGB ihn versteht. 116 49 Eine Inhaltskontrolle einer Rechtswahlvereinbarung findet nicht statt. Dies gilt fr eine Inhaltskontrolle anhand des deutschen Rechts wie fr eine Inhaltskontrolle anhand von Maßstben des gewhlten Rechts. 117 Vielmehr hat der Gesetzgeber die kollisionsrechtliche Frage, welche Rechtsordnungen gewhlt werden drfen, im Sinne der freien und unbeschrnkten Rechtswahl entschieden. Er hat bewusst § 10 Nr. 8 AGBG a.F. aufgehoben, demzufolge fr eine Rechtswahl in AGB ein anerkennenswertes Interesse des Verwenders an der Wahl des bezeichneten Rechts verlangt wurde. Soweit der Gesetzgeber kollisionsrechtliche Schutzbedrfnisse sieht, bedient er sich keines Rechtswahlverbots, sondern vielmehr des in Artt. 29 Abs. 1; 30 Abs. 1 EGBGB benannten Instrumentariums. Das in Artt. 29 Abs. 1; 30 Abs. 1 EGBGB verwendete Instrument des Gnstigkeitsvergleichs zwischen gewhltem und ohne Rechtswahl anwendbarem Recht ist eine deutliche Alternative zur Inhaltskontrolle einer Rechtswahl. 118 Außerhalb jener Normen greifen keine solchen Beschrnkungen. Ein Rechtswahlverbot folgt auch nicht aus Art. 34 115 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (210–212); Abbo Junker, RIW 1999, 809 (816);

Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (25); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 156 sowie Fiorelli, dir. comm. int. 2003, 427 (439). 116 Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 50; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 156 sowie Gounalakis/ Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 85. 117 Siehe nur Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347 (350); Grundmann, IPRax 1992, 1 (2); M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 116; Mankowski, RIW 1993, 453 (455); Mankowski, RIW 1994, 421 (422); Mankowski, VuR 1999, 140 f.; Kost, Konsensprobleme im internationalen Schuldvertragsrecht, 1995, S. 27; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 31 EGBGB Rz. 11; Joustra, De internationale consumentenovereenkomst, Deventer 1997, S. 228; Abbo Junker, RIW 1999, 809 (817); Christiane R+hl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschftsbedingungen, 1999, S. 198–208; Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 345–347. 118 Siehe nur Jayme, FS Werner Lorenz, 1991, S. 435 (438); Mankowski, RIW 1993, 453 (456); Mankowski, RIW 1994, 421 (422 f.); Hans Stoll, FS Anton Heini, Zrich 1995, S. 429 (439 f.); Baumert, RIW 1997, 805 (809).

464 | Mankowski

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

Rz. 52 Kap. 11

EGBGB. 119 Vielmehr erlaubt dieser eine Sonderanknpfung deutschen Eingriffsrechts. Eingriffsrecht berlagert das eigentlich anwendbare Recht, greift aber nicht in die kollisionsrechtliche Anknpfung als solche ein. 120 Eigenversteigerungen und Eigengeschfte weisen gegenber normalen Um- 50 satzgeschften keine rechtstatschlichen Besonderheiten hinsichtlich der Vertragsausgestaltung auf. Der Versteigerer oder Marktplatzbetreiber wird mit AGB arbeiten, die eine Rechtswahlklausel enthalten. Dann gelten die eben ausgefhrten Grundstze erst recht. b) Rechtswahl bei Fremdversteigerungen ber Rechtswahlklausel in AGB des Online-Auktionshauses

Bei Fremdversteigerungen gibt es dagegen insbesondere im C2C-Bereich eine 51 Besonderheit. Zumindest im C2C-Bereich werden die Vertragsparteien keine eigenen AGB verwenden. Die einzigen im Spiel befindlichen AGB stammen vielmehr von dem Online-Auktionshaus oder Marktplatzbetreiber. Mit ihnen versucht das Online-Auktionshaus, die Spielregeln auf dem von ihm geschaffenen Marktplatz zu bestimmen. Es versucht, ber seine AGB die Vertrge seiner Kunden zu standardisieren. Die AGB des Online-Auktionshauses werden regelmßig eine Rechtswahlklausel enthalten. Voraussetzung dafr, dass die Rechtswahlklausel jener AGB sich auf die Versteigerungskaufvertrge als solche auswirkt, ist grundstzlich, dass die Rechtswahlklausel eine Aussage auch ber diese Vertrge enthlt und nicht nur ber das Verhltnis zwischen Online-Auktionshaus und Einlieferer oder Bieter. 121 Das OnlineAuktionshaus kann in seinen AGB ausdrcklich vorsehen, dass dieser Rechtswahl auch die abgeschlossenen Kaufvertrge unterliegen sollen. 122 Weniger gelungen ist die Formulierung, dass die abgeschlossenen Kaufvertrge nach einem bestimmten Recht (z.B. deutschem Recht) zustande kommen, 123 weil man daraus eine Beschrnkung auf den Vertragsschluss ohne die Erfllungsphase herauslesen kçnnte. Die Besonderheit besteht letztlich darin, dass nicht die Vertragsparteien sel- 52 ber, sondern ein Dritter mit Regelungsanspruch fr die Vertragsparteien eine kollisionsrechtliche Gestaltung herbeizufhren versucht. Ob dieser Versuch gelingt, bestimmt nach Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB das in der Rechtswahlklausel benannte Recht. Es kann sogar eine ausdrckliche Rechtswahl vorliegen, soweit sich die Vertragsparteien des Versteigerungskaufvertrages die AGB des Online-Auktionshauses zu Eigen machen, namentlich durch ausdrckliche Einbeziehung. Dies drfte jedoch die Ausnahme sein. 119 120 121 122 123

So aber LG Dresden, NZM 1998, 825 (827). Mankowski, VuR 1999, 219 (221). Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 157. So Nr. 12 S. 2 AGB svsboerse.de (III/2002). So Nr. 10 Abs. 2 Satz 5 AGB AnundVerkauf.de; § 11 S. 1 dvdsparer.de (2003).

Mankowski | 465

Kap. 11 Rz. 53

Internationales Privatrecht

53 Nher liegt vielmehr, eine stillschweigende Rechtswahl anzunehmen, wie Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 EGBGB sie erlaubt. Die AGB des Online-Auktionshauses einschließlich der darin enthaltenen Rechtswahlklausel kçnnen nmlich das Vorstellungsbild der Parteien prgen. Diese kçnnen bereinstimmend von einer Unterwerfung unter diese AGB ausgehen. Das Online-Auktionshaus konstituiert dann einen Quasi-Verband, der nach Maßgabe des jeweiligen Vertragsstatuts auch auf die kollisionsrechtliche Ausgestaltung der einzelnen in seinem Rahmen abgeschlossenen Geschfte durchschlge. 124 Eine solche Annahme liegt insbesondere dann nahe, wenn das Online-Auktionshaus jedem Kunden eine Unterwerfung unter die AGB abverlangt und ohne eine Unterwerfung keinen Zutritt zur Versteigerungsplattform gewhrt. 125 54 Indes wird das Online-Auktionshaus regelmßig nur von den Einlieferern flchendeckend eine Unterwerfung verlangen kçnnen. Mit ihnen tritt es in vertragliche Beziehungen, und von ihnen will es gegebenenfalls eine Provision erlangen. Bei wirklich offenen Versteigerungs-Marktpltzen, wie sie zumindest theoretisch vorstellbar sind, wre dagegen ein Zugang der Bieter auch mçglich, ohne dass eine Unterwerfung unter die AGB des Online-Auktionshauses oder Marktplatzbetreibers erfolgen msste. Daher ist hinsichtlich der Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl eine Differenzierung angebracht: Eine konkludente Rechtswahl ist regelmßig nur unter der Voraussetzung anzunehmen, dass auch den Bietern eine Unterwerfung unter die AGB des Online-Auktionshauses abverlangt wird und sie ohne eine solche Unterwerfung nicht zugelassen werden. Nur dann kann man davon ausgehen, dass die AGB des Online-Auktionshauses das Vorstellungsbild beider Parteien des Versteigerungskaufvertrages prgen kçnnen. Die sicherste Gestaltung, um eine stillschweigende Rechtswahl zu erreichen, liegt fr das Online-Auktionshaus darin, Einlieferer und Bieter in den AGB dazu zu verpflichten, ihre Vertragsbeziehungen dem in der Rechtswahlklausel benannten Recht zu unterstellen. 126 Dies begrndet zwar zunchst nur eine Verpflichtung im Verhltnis zwischen Online-Auktionshaus und Gegenpartei nach Maßgabe des zwischen diesen beiden geltenden Vertragsstatuts. Jedoch muss diese, wenn sie besteht, den gedanklichen Hintergrund der Parteien beim spteren Abschluss des Versteigerungsgeschfts mitprgen. Denn es steht zu vermuten, dass die Parteien sich rechtstreu verhalten 124 Vgl. (jeweils fr denkbare Rechtswahlgestaltungen bei Internet-Zugang ber ei-

nen bestimmten Access Provider) Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (213) sowie Kronke, RIW 1996, 985 (992); Thomas Pfeiffer, in: Hohl/Leible/Sosnitza (Hrsg.), Vernetztes Recht, 2002, S. 21 (35); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 158; Remien, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 21 (28) und Burnstein, 29 Vand. J. Transnat’l. L. 75 (102–105); Burnstein, in: Boele-Woelki/Kessedjian (eds.), Internet- Which Court Decides? Which Law Applies? Quel tribunal d_cide? Quel droit s’applique?, The Hague/London/Boston 1998, S. 23 (32). 125 Vgl. Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (245). 126 Vgl. Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (213).

466 | Mankowski

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

Rz. 57 Kap. 11

und von ihnen eingegangene Verpflichtungen (sei es auch gegenber Dritten) einhalten wollen. Eine stillschweigende Rechtswahl liegt insbesondere dann nahe, wenn die 55 AGB des Online-Auktionshauses eine Rechtswahlklausel enthalten, die ausdrcklich auch „alle vertraglichen und außervertraglichen Rechtsbeziehungen, die sich aus [den] Auktionen ergeben,“ erfassen will. 127 Dagegen fehlt es der Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl am Grund, wenn die Rechtswahlklausel in den Versteigerungs-AGB ausdrcklich nur die Beziehungen zwischen Einlieferer bzw. Bieter einerseits und dem Online-Auktionshaus andererseits erfassen will. 128 Solche Klauseln klammern die hier in Rede stehende dritte Seite des Dreiecks bewusst aus. In jedem Fall sollten unternehmerische Einlieferer, welche den Vertriebs- 56 kanal Online-Auktion regelmßig oder zumindest hufiger nutzen, ernsthaft prfen, ob es fr sie wirklich sinnvoll und interessengerecht ist, sich den Bedingungen des Online-Auktionshauses vollstndig zu unterwerfen. Dies gilt insbesondere fr eine Kombination von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel, die beide an den Sitz des Online-Auktionshauses anknpfen. Wenn Einlieferer und Online-Auktionshaus in verschiedenen Staaten sitzen, liefe der Einlieferer damit Gefahr, fr einen nicht unwesentlichen Teil seines Geschfts in einem fremden Staat gerichtspflichtig zu sein und einem fremden Recht unterworfen zu sein. Er stnde in der Folge vor der Frage, ob er sich einen Rechtsstab im Sitzstaat des Online-Auktionshauses aufbauen muss. Außerdem kme er nicht in den Genuss einer rechtlichen Konzentrationswirkung, wie Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel sie normalerweise bewirken, wenn sie Recht und Gericht am Sitz des AGB-gestaltenden Unternehmens berufen. Denn fr die verschiedenen Absatzkanle griffen verschiedene Klauselregimes. Dies verstrkt sich noch, wenn der Einlieferer mehrere Online-Auktionshuser benutzt, die in verschiedenen Staaten ansssig sind. Dann verliert er in erheblichem Umfang die Rationalisierungsvorteile, die er blicherweise als repeat player hat. Zu bedenken ist schließlich eine letzte Konstellation, die man als Kollision 57 von Einlieferer- und Marktplatz/Versteigerungs-AGB bezeichnen: 129 Der Einlieferer hat in der Beschreibung seines Angebots deutlich gemacht, dass er nur auf der Grundlage seiner eigenen AGB abschließt. Die AGB des Einlieferers enthalten eine Rechtswahlklausel. Darin wird das Recht am Sitz bzw. an der Niederlassung des Einlieferers benannt. Gleichzeitig verlangt das OnlineAuktionshaus aber, dass seine Kunden sich seinen Versteigerungs-AGB unter127 So „Einverstndnis mit der Geltung der Allgemeinen Geschftsbedingungen“ 3. Abs.

AGB ricardo.ch und (englisch) Clause 1.2 ii) Terms and Conditions QXL (V/2000). 128 So z.B. § 10 Abs. 1 AGB Clickwaste AG (I/2004). 129 Theoretisch wre eine weitere Mçglichkeit, dass der Ersteigerer nur zu seinen Ein-

kaufs-AGB abschließt und diese eine Rechtswahlklausel enthalten; siehe Nina Walter, in: Hoeren/M+glich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353 (369).

Mankowski | 467

Kap. 11 Rz. 58

Internationales Privatrecht

werfen. Diese enthalten wiederum eine Rechtswahlklausel zu Gunsten des Rechts am Sitz des Online-Auktionshauses. Daraus resultiert eine Kollision von Rechtswahlklauseln auf Seiten des Einlieferers. Den vorderhand bestehenden Konflikt kann man in zweierlei Weise auflçsen: (1) Zum einen kann man die Grundstze zur Anwendung bringen, die sich fr eine Kollision von Rechtswahlklauseln zwischen den Vertragsparteien entwickelt haben. 130 Dies bedeutete, dass zunchst nach dem in der einzelnen Rechtswahlklausel angezogenen Recht zu prfen ist, ob dieses Recht die Rechtswahl als zustande gekommen ansieht. In diesem Rahmen kme der Einbeziehungskontrolle fr AGB nach dem jeweils gewhlten Recht besondere Bedeutung zu. Eine Rechtswahl kme dann zustande, wenn die Wahl des einen Rechts scheitert, jene des anderen aber gelingt. Eine Rechtswahl scheiterte insgesamt, wenn beide Rechte jeweils ihre eigene Wahl bejahen oder verneinen. 131 (2) Zum anderen kann man pauschal dem in seinen AGB artikulierten Willen des Einlieferers den Vorrang einrumen vor der Bezugnahme auf die AGB des OnlineAuktionshauses. Immerhin sind diese eine unmittelbare Gestaltung des Verußerungsgeschfts, whrend jene nur eine mittelbare Grundlage bilden. 58 Beide Lçsungsanstze haben ihre Meriten. Der zweite ist einfacher und weniger aufwendig, der erste scheint eher in Einklang mit Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB zu stehen. Vorzugswrdig erscheint letztlich der zweite Ansatz. Denn er bercksichtigt, dass mit dem ausformulierten abweichenden Willen des Einlieferers die Grundlage fr die Vermutung, dass das Verußerungsverhltnis sich auf der Grundlage der Versteigerungs-AGB gestalte, zerstçrt wird. Außerdem geht es nicht um einen direkten Konflikt zwischen den Willen der Parteien, sondern nur um einen quasi-internen Konflikt im Lager des Einlieferers.

2. Objektive Ankn pfung bei Fremdversteigerungen 59 Wenn die Parteien keine Rechtswahl treffen, ist eine objektive Anknpfung ber Art. 28 EGBGB vorzunehmen. Dessen Absatz Abs. 1 formuliert die Grundregel, dass an die engste Verbindung des Vertrages mit einem Staat anzuknpfen ist. Diese Grundregel wird konkretisiert durch die Vermutungsregeln der Abstze Abs. 2 bis 4. Fr die Anknpfung von Versteigerungsku130 Zu diesen Grundstzen Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347 (348); Stefan Tiede-

mann, IPRax 1991, 424 (425 f.); Egerer, Konsensprobleme im internationalen Schuldvertragsrecht, St. Gallen 1994, S. 202–204; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 30 f.; Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 13 sowie Oliver Sieg, RIW 1997, 811 (817). Abweichend AG Langenfeld, NJW-RR 1998, 1524; Christiane R+hl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschftsbedingungen, 1999, S. 75–77; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 142 m.w.N. 131 Diese Grundstze greifen in jedem Fall bei einem Konflikt zwischen Rechtswahlklauseln in Verkaufs-AGB des Einlieferers und Einkaufs-AGB des Ersteigerers.

468 | Mankowski

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

Rz. 61 Kap. 11

fen haben unter diesen Vermutungsregeln nur Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 EGBGB Bedeutung. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB verwendet als Anknpfungspunkt den gewçhnlichen Aufenthalt bzw. den Sitz, Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB die Hauptniederlassung bzw. gegebenenfalls eine andere vertragsbetreuende Niederlassung. Beide Regeln stellen fr ihre Anknpfungspunkte auf diejenige Vertragspartei ab, welche die fr den Vertrag charakteristische Leistung erbringt. Die charakteristische Leistung erbringt bei Versteigerungsverkufen der Verußerer. Der Erwerber/Bieter erbringt eine Gegenleistung in Geld. Diese Gegenleistung unterscheidet den Kaufvertrag nicht von anderen Vertragstypen und charakterisiert den Vertrag nicht. 132 Das Spezifische und von anderen Vertrgen Unterscheidende ist eben die Leistung des Verußerers. Die Binnenabgrenzung zwischen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 EGBGB 60 leistet die Frage, ob der Verußerer die Verußerung in einer beruflichen oder gewerblichen Funktion vornimmt. Wenn dies der Fall ist, ist nur Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB anwendbar, wenn es sich anders verhlt, nur Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit ist weit zu verstehen. Erfasst ist jede Ttigkeit, welche dem Erzielen von Einkommen dient, im Wettbewerb mit kommerziell Agierenden erfolgt und nicht eindeutig der Privatsphre zugerechnet werden kann. 133 Fr die Abgrenzung maßgeblich ist nicht der Wille des Verußerers, sondern – wie bei Art. 29 EGBGB (vgl. Rz. 21–23) – der nach außen bestehende Eindruck. 134 Dieser beurteilt sich wesentlich aus einer Zusammenschau des Gegenstands einer ausgebten gewerblichen oder beruflichen Ttigkeit einerseits und den Verwendungszwecken des Versteigerungsobjekts andererseits. Wenn ein Handelsunternehmen Ware aus seinem Standardsortiment ver- 61 steigern lsst, handelt es jedenfalls gewerblich. Wenn dasselbe Unternehmen gebrauchte Bromçbel aus seiner Unternehmensverwaltung oder Firmenfahrzeuge aus seinem Fuhrpark versteigern lsst, handelt es ebenfalls noch gewerblich. Zu Erwerbszwecken gegrndete Gesellschaften definieren sich eben ber ihren Zweck und haben anders als natrliche Personen eigentlich keine Privatsphre. 135 Ist eine Erwerbsgesellschaft Verußerer, so besteht also eine fast unwiderlegliche Vermutung, dass diese zu gewerblichen Zwecken kontrahiert. Anders verhlt es sich bei Idealvereinen, jedenfalls soweit diese Gegenstnde versteigern (lassen), um Geld fr ihre ideel132 Siehe nur LG Wrzburg, NJW-RR 1988, 132; LG Hamburg, RIW 1999, 391; Pa-

landt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 28 EGBGB Rz. 3, 8 m.w.N. 133 Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB

Rz. 59; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 44 sowie Abbo Junker, Internationales Privatrecht, 1998, Rz. 363. 134 Siehe Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 59. 135 Siehe v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 510; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 85.

Mankowski | 469

Kap. 11 Rz. 62

Internationales Privatrecht

len Zwecke zu gewinnen. 136 Wer berhaupt keine gewerbliche oder selbstndige Ttigkeit ausbt, handelt immer privat. Privat handelt namentlich, wer als natrliche Person Gegenstnde seines Hausrats, Teile seiner Wohnungseinrichtung, seinen eigenen gebrauchten Pkw, seine HiFi-Anlage, seinen heimischen Computer oder Teile seiner Bibliothek versteigern lsst. 137 Privat handelt auch, wer Kunstgegenstnde aus seiner persçnlichen Sammlung versteigern lsst. 62 Regelanknpfung ist daher fr Versteigerungskufe zwischen Privaten gemß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB jene an den gewçhnlichen Aufenthalt des Einlieferers/Verußerers. 138 Sofern ausnahmsweise eine Gesellschaft etwas quasi-privat, also außerhalb ihres unternehmerischen Ttigkeitsfeldes versteigern lsst, ist gemß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB deren Sitzrecht anzuwenden. Handeln sowohl der Verußerer als auch der Ersteigerer unternehmerisch, geht es also um Versteigerungskufe zwischen Unternehmen, so ist gemß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB das Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Verußerers anzuwenden. 139 Wenn das Online-Auktionshaus als Kommissionr im Außenverhltnis Verußerer ist, greift Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB und fhrt zum Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Online-Auktionshauses. 140 63 Im IPR werden allerdings Verkufe und Kufe auf çffentlichen Versteigerungen traditionell bei objektiver Anknpfung dem Recht des Versteigerungsortes unterworfen, da die Versteigerung in der Regel çffentlich-rechtlich geregelt sei. 141 Dies mag fr Zwangsversteigerungen oder Versteigerungen durch 136 Siehe allgemein v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 510. 137 Siehe allgemein fr Zuordnung von Gegenstnden des familiren Bereichs oder

138 139 140

141

des Haushalts zum privaten Bereich Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 83. Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (246); Mankowski, CR 1999, 512 (513); Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308). Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (246); Mankowski, CR 1999, 512 (513); Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308). OLG Dsseldorf, IPRax 1991, 327 (328) = NJW 1991, 1492 = IPRspr. 1990 Nr. 167 (dazu Thomsen-Guth, IPRax 1991, 302); Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 145; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 114a; Mankowski, CR 1999, 512 (513); Nina Walter, in: Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353 (370); Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (32); vgl. auch BGH, NJW 1996, 1819 = WiB 1996, 874 m. Anm. Kaum (dazu Mankowski, EWiR Art. 17 EuGVJ 1/96, 739). § 40 çstIPRG; v. Sprecher, Der internationale Kauf, Zrich 1957, S. 82; Carsten Schulze, Die Kodifikation des Vertragsstatuts im internationalen Privatrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1980, S. 81; Merschformann, Die objektive Bestimmung des Vertragsstatuts beim internationalen Warenkauf, 1991, S. 214 f.; Staudinger/ Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 176; siehe Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996,

470 | Mankowski

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

Rz. 64 Kap. 11

Gerichtsvollzieher durchaus richtig sein, bei denen sich die Qualifikationsfrage stellt, ob sie berhaupt privatschuldrechtlicher Natur sind. 142 Unter Art. 28 EGBGB lsst es sich indes als generelle Regel fr private Versteigerungen nicht halten, da es an einer besonderen Regulierung vergleichbar ortsgebundener Natur fehlt. 143 Vielmehr kommt eine entsprechende Anknpfung ber Art. 28 Abs. 5 EGBGB nur bei engeren Beziehungen zum Versteigerungsort in Betracht. 144 Dabei ist zu beachten, dass traditionelle Versteigerungskufe in aller Regel Platzkufe waren, die versteigerte Ware also unmittelbar am Steigerungsort aus der Sphre des Einlieferers in jene des Zuschlagsempfngers/Meistbietenden berging. 145 Ware und Versteigerer waren am selben Ort, und fr den Abtransport war in der Regel schon der Zuschlagsempfnger verantwortlich. Insoweit unterscheiden sich Online-Auktionen erheblich von traditionellen Auktionen: Hier befindet sich die Ware beim Einlieferer. Es findet kein Platzgeschft statt. Wer fr einen Transport der Ware zum Zuschlagsempfnger verantwortlich ist, ist eine Frage der vertraglichen Vereinbarung, am besten zu regeln in den Versteigerungsbedingungen. Insgesamt verliert der Versteigerungsort aber bei Online-Auktionen noch erheblich von jenem Gewicht, das er bei traditionellen Platz-Auktionen haben mag. Auch ber Art. 28 Abs. 5 EGBGB kommt bei Online-Auktionen also eine Anknpfung an den Versteigerungsort nicht ernsthaft in Betracht. Der Begriff der Niederlassung in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB entspricht 64 grundstzlich jenem des Art. 5 Nr. 5 EuGVVO/EuGVJ/LugJ. 146 Eine Niederlassung ist daher ein Mittelpunkt geschftlicher Ttigkeit, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses unter dessen Aufsicht und Leitung hervortritt, eine eigene Geschftsfhrung hat und sachlich hinreichend ausgestattet ist, Geschfte im Außenverhltnis mit Dritten zu betreiben und abzuwickeln, ohne dass diese Dritten sich unmittelbar an das Stammhaus wenden

142 143

144 145

146

Rz. 681; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 114a; Czernich/Heiss, IJZ 1998, 681 (687) sowie OLG Dsseldorf, NJW 1991, 1492 = IPRax 1991, 327 (dazu Thomsen-Guth, IPRax 1991, 302). Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 145. Mankowski, CR 1999, 512 (513); Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308); Magnus, in: Christian Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (31); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 112. Mankowski, CR 1999, 512 (513); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 112. Dabei ist es grundstzlich unerheblich, ob der Zuschlagsempfnger/Ersteigerer persçnlich am Versteigerungsort prsent ist oder ob eine Vermittlung ber Hilfspersonen oder sonstige rechtliche Konstruktionen erfolgt. Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 120 f.; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 45, 47; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 87; Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil III Rz. 43; vgl. auch Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 70, 67 mit Fn. 123.

Mankowski | 471

Kap. 11 Rz. 65

Internationales Privatrecht

mssten. 147 Die (Haupt-)Niederlassung kann sich insbesondere durch eine Geschftsadresse bestimmen lassen, an welche die potentiellen Kunden Anfragen in klassischer Briefform richten kçnnten. Wertvolle Hilfe kann eine Adresse in einem „elektronischen Briefkopf“ oder in einem standardisierten E-Mail-Schluss des Verußerers geben. Denn fr die Ermittlung der Niederlassung kommt es bei Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB wie bei Art. 5 Nr. 5 EuGVVO/ EuGVJ/LugJ auf die Perspektive des unternehmensexternen Rechtsverkehrs an. Ausreichend ist schon der vom Verußerer gesetzte Anschein einer Niederlassung, denn der nach außen erweckte Eindruck ist entscheidend. 148

3. Objektive Ankn pfung bei Eigenversteigerungen und Eigengeschften 65 Die Anknpfung an die Niederlassung des Verußerers gemß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB passt erst recht, wenn der Verußerer die Versteigerung selbst organisiert. 149 Es geht bei Eigenversteigerungen nur um einen besonderen Modus der Vertragsanbahnung, bei welchem strkere Konkurrenz zwischen einer Mehrzahl von Interessenten um ein begrenztes Angebot besteht. Im Jbrigen kommt der Vertrag aber in einem klassischen Zwei-Personen-Verhltnis zustande, sogar ohne dass eine dritte Person als Vermittler dazwischengeschaltet wre. Indes ist zu beachten, dass angesichts der Art von Leistungen, die ber Eigenversteigerungen feilgeboten werden, zumeist Art. 29 EGBGB sachlich einschlgig sein wird. 150 Ob Art. 29 EGBGB sachlich, persçnlich und situativ anwendbar ist, muss man also jeweils klren, bevor man zu Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB kommt.

4. Keine Anwendung der CISG auf echte Versteigerungskufe 66 Kufe bei Versteigerungen nimmt Art. 2 lit. b CISG ausdrcklich vom sachlichen Anwendungsbereich der CISG aus. Der Versteigerungsbegriff des Art. 2 147 EuGH, Slg. 1978, 2183 (2193 Rz. 12) – Somafer SA/Saar-Ferngas AG; EuGH, Slg.

1981, 819 (828 f. Rz. 9, 11–13) – Blanckaert & Willems PVBA/Luise Trost; EuGH, Slg. 1987, 4905 (4919 Rz. 10) – SAR Schotte GmbH/Parfums Rothschild SARL = NJW 1988, 625; EuGH, Slg. 1995, I-961 (I-980 Rz. 18) – Lloyd’s Register of Shipping/Soci_t_ Campenon Bernard. 148 Siehe nur EuGH, Slg. 1978, 2183 (2193 Rz. 12) – Somafer SA/Saar-Ferngas AG = RIW 1979, 56; EuGH, Slg. 1987, 4905 (4920 Rz. 15) – SAR Schotte GmbH/Parfums Rothschild SARL = NJW 1988, 625; Geimer, EWiR Art. 5 EuGVJ 1/88, 63 (64); Mathias Otto, Der prozessuale Durchgriff, 1993, S. 143 f.; Wieczorek/Rolf A. Sch+tze/Rainer Hausmann, ZPO, Bd. I/1: §§ 1–49 ZPO usw., 3. Aufl. 1994, Art. 5 EuGVJ Rz. 78; Mankowski, CR 1999, 581 (584); Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 EuGVVO Rz. 97; Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht, 2003, Art. 5 Brssel I-VO Rz. 104. 149 Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308). 150 Mankowski, CR 1999, 512 (513); Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308).

472 | Mankowski

Rz. 67 Kap. 11

V. Anknpfung im B2B- und C2C-Bereich

lit. b CISG meint den çffentlichen Verkauf durch Zuschlag an den Meistbietenden, 151 deckt sich also mit dem traditionellen privatrechtlichen Verstndnis. Bestimmte Formen so genannter Online-Auktionen sind nicht als Versteigerungen im Sinne des Art. 2 lit. b CISG, sondern als Verkufe gegen Hçchstgebot einzuordnen. Dies gilt namentlich fr Vickery-Auktionen. Bei diesen gibt jeder Bieter nur ein Angebot ab, ohne die Angebote der anderen zu kennen. Die Mçglichkeit, mit einem zweiten, verbesserten Gebot gezielt zu berbieten, besteht dort nicht. Auch eine Mçglichkeit, whrend eines bestimmten Zeitraums weitere Gebote abzugeben und eigene frhere Gebote zu ersetzen, fhrt nicht zu einer Versteigerung, wenn dem einzelnen Bieter die Gebote der anderen Bieter nicht bekannt gemacht werden, also das jeweilige Hçchstgebot nicht angezeigt ist. Eine Versteigerung erfordert die Mçglichkeit zur Reaktion auf die Aktionen der konkurrierenden Bieter. Dies setzt voraus, dass jene Aktionen bekannt sind oder bekannt gemacht werden. Keine Versteigerungen, sondern nur Verkufe gegen Hçchstgebot sind hollndische Auktionen (R ckwrtsauktionen), bei denen der Preis fllt, bis das erste Gebot ergeht und jenes erste Gebot den Zuschlag erhlt. Der Ausschluss von Versteigerungskufen aus der CISG wird unterschiedlich 67 begrndet: Zum einen wird darauf hingewiesen, dass hufig nationale Sonderregeln bestnden. 152 Zum anderen scheine die Regelung durch die Bedingungen der Auktionshuser, also durch regelmßig von der CISG abweichende Regeln und Gebruche, gewichtig. 153 Auch wrde mit Blick auf Art. 1 Abs. 2 CISG Unsicherheit bestehen, da der Einlieferer zumeist den Ersteigerer nicht kennen werde. 154 Der Zeitpunkt, ab welchem erst beurteilt werden kçnne, ob der persçnliche Anwendungsbereich der CISG erçffnet wre, liege schließlich fr den Einlieferer unzumutbar spt. 155 Die Jberzeugungskraft dieser rationes mag dahinstehen. Art. 2 lit. b CISG fordert jedenfalls als Teil der lex lata Beachtung, selbst wenn man ihm keine zufrieden stellende ratio legis unterlegen kçnnte. 156 Das Medium, ber welches die Versteigerung stattfindet, ist ohne

151 Siehe nur Staudinger/Magnus, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 2 CISG Rz. 33;

Schlechtriem/Ferrari, CISG, 3. Aufl. 2000, Art. 2 CISG Rz. 28. 152 So Commentary on the Draft Convention on Contracts for the International Sale of Goods, Prepared by the Secretariat of UNCITRAL, Doc. A/CONF.97/5), Art. 2

CISG-E Note 5; Gert Reinhart, UN-Kaufrecht, 1991, Art. 2 CISG Rz. 5. 153 So Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht, 1991, Art. 2 CISG

Anm. 4; Schlechtriem/Ferrari, CISG, 3. Aufl. 2000, Art. 2 CISG Rz. 30 m.w.N. 154 So Bianca/Bonell/Khoo, Commentary on the International Sales Law, Milano

1987, Art. 2 CISG Anm. 2.3; v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, CISG, 2. Aufl. 1995, Art. 2 CISG Rz. 21. 155 So Bianca/Bonell/Khoo, Commentary on the International Sales Law, Milano 1987, Art. 2 CISG Anm. 2.3; HeuzB, La vente internationale de marchandises, Paris 1992, Rz. 90; Honnold, Uniform Law for International Sales under the 1980 United Nations Convention, 3. Aufl. The Hague (1999), Rz. 51; Staudinger/Magnus, BGB, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 2 CISG Rz. 26. 156 Honsell/Siehr, Kommentar zu UN-Kaufrecht, 1997, Art. 2 CISG Rz. 14.

Mankowski | 473

Kap. 11 Rz. 68

Internationales Privatrecht

Bedeutung. Online-Auktionen fallen, wenn dessen Voraussetzungen erfllt sind, ebenso unter Art. 2 lit. b CISG wie traditionelle Auktionen. 157

5. Rechtsgeschftlicher Ausschluss der CISG f r Verkufe gegen Hçchstgebot 68 Verkufe gegen Hçchstgebot fallen sachlich unter die CISG. International ist die CISG nach Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG anwendbar, wenn die Vertragspartner ihre Niederlassungen in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten der CISG haben. Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG beruft daneben die CISG zur Anwendung, wenn nach dem Internationalen Privatrecht des Forums das Recht eines CISG-Mitgliedstaates anwendbar ist. Diese Vorschrift hat jedoch an Bedeutung verloren, je mehr Staaten der CISG beigetreten sind. Heute steht Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG ganz im Vordergrund. Persçnlich ist die CISG anwendbar, wenn der Erwerber die Ware nicht im Sinne des Art. 2 lit. a CISG fr seinen eigenen privaten Gebrauch oder denjenigen seiner Familie erwirbt. C2C-Geschfte erfasst die CISG also nicht, B2B-Gechfte dagegen sehr wohl. 69 Art. 6 CISG erlaubt, die Anwendung der CISG ganz oder teilweise abzubedingen. Die CISG selber erlaubt ein opting out. Sie enthlt kein zwingend anwendbares Rechtscorpus. Allerdings sollte die CISG nicht leichtfertig oder aus Vorurteilen heraus abbedungen werden. Dass der eigene Rechtsstab mit der CISG nicht hinreichend vertraut ist, ist jedenfalls kein gutes Argument fr eine Abbedingung. 158 Auch die angebliche Ungenauigkeit und Weite der Leistungsstçrungsregeln der CISG, namentlich des Zentralbegriffs „wesentliche Vertragsverletzung“ in Art. 25 CISG, bestehen bei nherem Hinsehen nicht. 159 Vollends disqualifiziert sich, wer die CISG aus einem Misstrauen heraus abbedingt, dass sich in ihr Vorstellungen der Entwicklungslnder zu weitgehend durchgesetzt htten. 160 Weit eher ist das Rationalisierungsinteresse tragfhig, mçglichst alle Geschfte einheitlich denselben Rechtsregeln zu unterstellen, seien sie rein nationalen, seien sie grenzberschreitenden Charakters. 70 Wenn man sich denn zu einem Ausschluss der CISG entschließt, sollte dieser wohlformuliert und explizit sein. Die einfache Wahl deutschen Rechts bewirkt jedenfalls keinen Ausschluss der CISG, denn die CISG ist Teil des deutschen Rechts. 161 Ausreichend ist, die Anwendung „des einheitlichen (inter157 Josef Scherer/Butt, DB 2000, 1009 (1010); teleologisch reduzierend dagegen Lei-

ble/Sosnitza/Freitag, Rz. 810. 158 Siehe Wolfgang Witz/Hanns-Christian Salger/Manuel Lorenz, International Ein-

heitliches Kaufrecht, 2000, S. I; Mankowski, RIW 2003, 2 (8). 159 Mankowski, RIW 2003, 2 (9). 160 Mankowski, RIW 2003, 2 (9). 161 Siehe nur BGH, NJW 1997, 3310; BGH, NJW 1999, 1259; OLG Kçln, RIW 1995,

393; Staudinger/Magnus, BGB, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 6 CISG Rz. 24 m.w.N.

474 | Mankowski

VI. Ausschreibungsmodell

Rz. 71 Kap. 11

nationalen) Kaufrechts“ auszuschließen. 162 Besser ist aber, die CISG (oder „das UN-Kaufrecht“) ausdrcklich anzufhren. 163 Dabei sollte man vermeiden, die CISG z.B. „UN-Jbereinkommensvertrge ber den internationalen Warenverkauf vom 11.4.1998“ 164 zu nennen. Dies lsst zwar fr Eingeweihte erkennen, was gemeint ist und mag als konkludenter Ausschluss der CISG noch angehen. Ansonsten ist es jedoch verwirrend. Das falsche Datum 11.4.1998 tritt im Jbrigen berraschend hufig auf 165 (richtig ist 11.4.1980).

VI. Leistungseinwerben durch Auktion (Ausschreibungsmodell) Wird das Internet fr Ausschreibungen genutzt, so besteht im allein betroffe- 71 nen B2B-Bereich unverndert die Mçglichkeit zur Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB. Indes verschieben sich die Gewichte in der objektiven Anknpfung unter Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB bei Fehlen einer Rechtswahl. Ausschreibungen fhrt der sptere Kunde durch, dessen Leistung darin besteht, ein Entgelt zu zahlen. Diese Entgeltzahlung charakterisiert den Vertrag ebenso wenig wie sonst auch. 166 Vielmehr charakterisiert den Vertrag die eingeworbene Leistung. Die objektive Anknpfung fhrt damit ber Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zur (Haupt-)Niederlassung desjenigen Bieters, welcher den Zuschlag erhlt. 167 Dass die Leistung im Wege einer Ausschreibung ber das Internet eingeworben wurde, verndert die Anknpfung grundstzlich nicht. Denn wieder handelt es sich ohne Zwischenschaltung Dritter um einen Zwei-Personen-Vorgang. Fr diesen gelten die normalen Anknpfungsregeln. Art und Weise des Vertragsschlusses kçnnen allenfalls im Rahmen des Art. 28 Abs. 5 EGBGB eine Rolle spielen. Art und Weise des Vertragsschlusses lokalisieren sich im Ort des Vertragsschlusses bzw. an dem Ort, an dem Vorbereitungshandlungen zum Vertragsschluss stattfinden. Ein Vertragsschluss ber das Internet aber nimmt dem Ort des Vertragsschlusses eher Anknpfungsgewicht als dass es ihm zustzliches verliehe. Bei Distanzabschlssen rcken zudem entsprechend der Wertung des Art. 11 Abs. 2 EGBGB die Orte, an denen sich die Vertragsparteien bei Abgabe ihrer So z.B. Nr. 10 Satz 2 AGB rauhut-auktion.de. So z.B. § 11 Nr. 1 Satz 1 AGB ricardoBIZ.com. So wçrtlich Nr. 9 Satz 2 AGB GO-ON Auktionen (AS Adamo GmbH) (II/2000). Z.B. § 12 Abs. 1 Satz 1 AGB CAMdrion (V/2001); Nr. 7.1 Satz 1 AGB Mercateo (VIII/2002); § 14 Abs. 1 Satz 1 AGB ExtraLot.com AG (IX/2002). 166 Siehe allgemein nur Bericht Giuliano/Lagarde, ABl. EG 1980 C 262 Art. 4 EVJ Bem. (2) = BT-Drs. 10/503, 36 (52 f.); v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 496; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 22; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 30; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 75. 167 Mankowski, CR 1999, 512 (513). 162 163 164 165

Mankowski | 475

Kap. 11 Rz. 72

Internationales Privatrecht

Erklrung aufhalten, ins Blickfeld. Diese werden aber in aller Regel mit den jeweils vertragsbetreuenden Niederlassungen bereinstimmen. Dies vermindert das Gewicht eventuell vom Regelanknpfungspunkt des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB fortfhrender Faktoren noch zustzlich. 72 Auf die objektive Anknpfung wird es bei Ausschreibungen indes kaum je ankommen. Denn in der Regel hat der Ausschreibende die bargaining power, um eine Wahl seines Sitzrechts (oder des Rechts seiner jeweils vertragsbetreuenden Niederlassung) durchzusetzen. Er kann insbesondere eine entsprechende Unterwerfung des spteren Leistenden schon in den Ausschreibungstext aufnehmen und so zur Teilnahmebedingung machen, die sich spter im Vertrag niederschlgt. 168 73 Fraglich kann sein, ob die CISG eingreift. Denn der Ausschluss von Versteigerungskufen aus der CISG wird teilweise eng verstanden: Das Einholen mehrerer Angebote, um das gnstigste anzunehmen, schließe ein wechselseitiges Jber- bzw. Unterbieten aus, daher kçnne es nicht als Versteigerung gewertet werden. 169 Wenn man dem folgt, kommt es darauf an, wie der Ausschreibungsprozess ausgestaltet ist. Sofern das jeweils gnstigste Angebot publik gemacht wird, sei es auch in anonymisierter Form, und weitere Angebote gemacht werden kçnnen, ist das Moment wechselseitigen Unterbietens jedenfalls gegeben. Dafr reicht die bloße Mçglichkeit des Jberbietens aus. Dass tatschlich nachgebessert wird bzw. eine oder mehrere Bietrunden nachlaufen, ist nicht zu verlangen. Wenn dagegen jeder Bieter nur ein einmaliges Angebot abgeben und selbst bei Kenntnis konkurrierender Angebote nicht mehr nachbessern kann, wre die CISG sachlich anwendbar. Die CISG kme in einer solchen Konstellation zur Anwendung, wenn außerdem die internationalen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 1 CISG erfllt sind, der Vertrag keine berwiegenden Dienstleistungsanteile enthlt (Art. 3 CISG) und kein rechtsgeschftlicher Ausschluss (vgl. Rz. 68–70) gemß Art. 6 CISG erfolgt. 170

VII. Community Shopping 74 Das Community Shopping gehçrt in den B2C-Bereich. 171 Es soll gerade Nachfrage von einzelnen Konsumenten fr Eigenverbrauchszwecke hervorbringen. Die Bndelung gleichlaufender Nachfrage macht als Modell nur 168 Mankowski, CR 1999, 512 (513). 169 So DFez-Picazo/Laporta, La compraventa internacional de mercaderaas – Comen-

tario de la Convencion de Viena, Madrid 1998, Art. 2 CISG S. 64; Staudinger/Magnus, BGB, CISG, 14. Bearb. 1999, Art. 2 CISG Rz. 33; Schlechtriem/Ferrari, CISG, 3. Aufl. 2000, Art. 2 CISG Rz. 28. 170 Ausschreibungen betreffen allein den B2B-Bereich, so dass Art. 2 lit. a CISG, die sachliche Ausnahme fr Verbraucherkufe, nicht gegeben sein kann. 171 Deutlich Menke, WRP 2000, 337 (338 Fn. 16).

476 | Mankowski

VIII. Anknpfung des Eigentumsbergangs

Rz. 76 Kap. 11

deshalb Sinn, weil der einzelne Nachfrager eine isoliert gesehen zu kleine Menge nachfragt, um gnstigere Konditionen bewirken zu kçnnen. Community Shopping wiese dann eine Besonderheit auf, wenn der maßgeb- 75 liche Vertrag zwischen dem Anbieter und der Gruppe von Verbrauchern als rechtlicher Einheit zustande kme. Dann stnde dem Anbieter nmlich keine natrliche Person, sondern vielmehr eine rechtliche Einheit als Vertragspartner gegenber. Community Shopping produziert jedoch nur Einzelvertrge mit den einzelnen Nachfragern. Es erfolgt kein Vertragsabschluss mit einer rechtlichen Einheit. Es wird ebenso mit dem Einzelnen abgerechnet wie an den Einzelnen ausgeliefert wird. Rechtlich ist die Person des Vertragspartners natrlich entsprechend den oben dargelegten allgemeinen Grundstzen (vgl. Rz. 24) sach-, nicht kollisionsrechtlich festzustellen. Insofern hat zunchst eine Anknpfung ber Art. 29 EGBGB stattzufinden. Anknpfungspunkt unter Art. 29 Abs. 2 EGBGB ist der gewçhnliche Aufenthalt des einzelnen Nachfragers. Das so ber Art. 29 EGBGB berufene Recht muss die Frage beantworten, ob der einzelne Nachfrager Vertragspartner des Anbieters geworden ist. Bei der rechtstatschlichen Ausgestaltung des Community Shopping drfte jedoch jedes Sachrecht dieser Erde zu dem Ergebnis kommen, dass der einzelne Nachfrager, keine Gruppe dem Anbieter als Vertragspartner gegenbersteht.

VIII. Ankn pfung des Eigentums bergangs Vom eigentlichen Vertrag sind die sachenrechtlichen Fragen zu trennen. Dies 76 gilt auch fr das Kollisionsrecht. Der Ebergang des Eigentums am ersteigerten Gut unterliegt nicht demjenigen Recht, welches den Versteigerungskaufvertrag beherrscht. Vielmehr unterliegt er den Anknpfungsregeln des Internationalen Sachenrechts 172 und ist bei beweglichen Sachen nach Art. 43 Abs. 1 EGBGB anzuknpfen. 173 Er richtet sich daher grundstzlich nach dem Recht jenes Staates, in welchem sich das Versteigerungsgut kçrperlich befindet im Sinne physischer Prsenz. 174 Maßgeblicher Anknpfungszeitpunkt ist jener, zu welchem sich die fragliche juristische Tatsache verwirklicht, 175 zu welchem sich also der potentielle Jbertragungstatbestand vollendet. 176 Lsst bei 172 Siehe nur BGH, NJW 1996, 2234; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 43

EGBGB Rz. 3. 173 Siehe nur Ansgar Staudinger, DB 1999, 1589 (1593); Abbo Junker, RIW 2000, 241

(251); Stefan Ernst, CR 2000, 304 (308). 174 Siehe allgemein nur v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991,

Rz. 754. 175 Siehe nur Kreuzer, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38

EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Nach Art. 38 EGBGB Anh. Abs. 1 Rz. 12. 176 Siehe nur BGHZ 39, 173 (174); BGHZ 100, 321 (324); BGH, NJW 1991, 1415; BGH,

NJW 1995, 58 (59); Rolf Wagner, IPRax 1998, 429 (435); v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 12 Rz. 7.

Mankowski | 477

Kap. 11 Rz. 77

Internationales Privatrecht

Grenzberschreitung das alte Belegenheitsrecht Konsens zum Eigentumsbergang nicht gengen und verlangt das neue Besitzwechsel, so vollzieht sich der Eigentumsbergang gemß Art. 43 Abs. 2, 3 EGBGB nach dem neuen Recht. 177 Eine Rechtswahl, also die Bestimmung des anwendbaren Rechts durch die Beteiligten, ist im kodifizierten Internationalen Sachenrecht Deutschlands ebenso wenig mçglich, 178 wie sie es im vorherigen richterrechtlichen war. 179

IX. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus 1. Grundstzliches 77 Das vertragliche Verhltnis zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus ist ein eigenstndig anzukn pfender Vertrag. 180 Dieser lehnt sich nicht an den spteren Versteigerungskaufvertrag an. Er unterliegt daher auch nicht automatisch dem Recht, das auf jenen Versteigerungskauf anwendbar ist. Generell ist die akzessorische Anlehnung eines Vertragsstatuts an das Statut eines anderen Vertrages zwar mçglich, jedoch nur mit Vorsicht vorzunehmen, weil durch sie die eigene kollisionsrechtliche Anknpfungsgerechtigkeit fr den

177 Siehe nur Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 918. 178 Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationa-

len Privatrecht fr außervertragliche Schuldverhltnisse und fr Sachen, BT-Drs. 14/343, S. 16 (vgl. allerdings S. 19); Rolf Wagner, IPRax 1998, 429 (435); Ansgar Staudinger, DB 1999, 1589 (1594); Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Vor Art. 43 EGBGB Rz. 1 aE; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 12 Rz. 11; Abbo Junker, RIW 2000, 241 (253). 179 Dort grundlegend BGH, NJW 1997, 461 (462) = LM H. 3/1997 Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 63 m. Anm. Heinrich Dçrner = WiB 1997, 269 m. Anm. Karsten Otte = DZWir 1997, 154 m. Anm. Mankowski (dazu Hans Stoll, IPRax 1997, 411). 180 Ein weiterer, vollkommen eigenstndig anzuknpfender Vertrag ist ein eventueller Transportvertrag zwischen dem Versteigerer (oder dem Ersteigerer) und einem Transporteur/Frachtfhrer/Spediteur. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Online-Auktionshaus diesen vermittelt hat, etwa indem es auf seiner Website auf die Mçglichkeit hinweist, mit dem betreffenden Spediteur einen Transportvertrag zu schließen. Auch eine Anlehnung an das Statut des Versteigerungskaufs ist abzulehnen, mag der Transport auch dessen Abwicklung dienen. Reine Transportleistungen fallen gemß Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EGBGB nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Internationalen Verbraucherschutzrechts. Die Anknpfung des Transportvertrags richtet sich daher nach Art. 27; 28 EGBGB. Bei Fehlen einer Rechtswahl ist zunchst Art. 28 Abs. 4 EGBGB, wenn dessen kumulative Anforderungen nicht erfllt sind, Art. 28 Abs. 1 EGBGB zu prfen; nher Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 21–23, 47–81.

478 | Mankowski

IX. Verhltnis zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus

Rz. 79 Kap. 11

„angelehnten“ Vertrag beeintrchtigt werden kçnnte. 181 Authentifizierung der Marktteilnehmer, Vergabe von Prdikaten ab bestimmten Umsatzhçhen (etwa Prdizierung als Powerseller), Rating/Tracking-Systeme ber das vergangene Verhalten von Ersteigerern oder Kufern, Services ber Zahlungsabwicklung und Treuhandservices 182 sind unselbstndig anzuknpfende Nebenleistungen, die alle dem Statut des Grundverhltnisses unterfallen. 183

2. Ankn pfung im B2C-Bereich a) Grundstzliches

Bei einer Fremdversteigerung fhrt das Online-Auktionshaus den Versteige- 78 rungsauftrag des Einlieferers aus, stellt dessen Angebot die Versteigerungsplattform zur Verfgung, bndelt die Kommunikation, sortiert und selektiert technisch die eingehenden Gebote und erteilt bei einer erfolgreichen Auktion letztlich den Zuschlag. Dieses Ttigkeitsprofil fllt sachlich unter den weiten Dienstleistungsbegriff des Art. 29 EGBGB (vgl. Rz. 13). Das Online-Auktionshaus erbringt dem Einlieferer also Dienstleistungen im Sinne des Art. 29 EGBGB. Bei einem privaten Einlieferer ist auch der persçnliche Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB erçffnet. Zu untersuchen bleiben noch dessen situative Anwendungsvoraussetzungen, die jedoch bei einer weltweit abrufbaren Website des Online-Auktionshauses und Annahme des Versteigerungsauftrages in aller Regel erfllt sein werden (vgl. Rz. 27, 28). Das Online-Auktionshaus treffen dann bei einer Rechtswahl die Nachteile des Art. 29 Abs. 1 EGBGB, also der Gnstigkeitsvergleich mit den zwingenden Vorschriften des Rechts am gewçhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers. Die Rechtswahl bringt Online-Auktionshaus oder Marktplatzbetreiber recht- 79 lich keine Vorteile, sondern nur Nachteile. Ihren Hauptzweck, das anwendbare Recht verbindlich zu dokumentieren, kann eine Rechtswahl im Verbraucherbereich sowieso nicht erfllen. Whlt der Unternehmer das Recht seines eigenen Sitzes, hat dies nmlich nicht den angestrebten Vereinheitlichungseffekt. Denn der Anwendung der Rechte aus den verschiedenen Aufenthaltsstaaten seiner Kunden kann der Unternehmer sich nicht entziehen. Die Rechtswahl kann nur zu seinem Nachteil ausschlagen, indem sie dem Kunden mehr Rechte gibt, als dieser nach seinem Aufenthaltsrecht htte. Auf der anderen Seite mag der Marktplatzbetreiber darauf spekulieren, dass die meisten Kunden die Schere, die Art. 29 Abs. 1 EGBGB zu Lasten des Marktplatzbetreibers çffnet, nicht kennen und deshalb nicht ausnutzen werden. Die Wahr181 Siehe nur v. Hoffmann, FS Ottoarndt Glossner, 1994, S. 143 (152); Quay, Der Con-

sulting-Vertrag im Internationalen Privatrecht, 2000, S. 103; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 134. 182 Zum Paket z.B. Gralf-Peter Calliess, AcP 203 (2003), 575 (595 f.). 183 Nher fr Treuhandservices des Marktplatzbetreibers oder Online-Auktionshauses Rz. 101.

Mankowski | 479

Kap. 11 Rz. 80

Internationales Privatrecht

scheinlichkeit, dass es zum Streit kommt und dass die Schere sich çffnet, ist also ein wesentlicher Jberlegungsfaktor. 184 Faktisch kann die Rechtswahl gewisse Abschreckungseffekte erzielen. Rechtstatschlich sind Rechtswahlklauseln in AGB auch fr den B2C-Bereich der absolute Normalfall. 185 80 Die objektive Anknpfung ist anwendbar, wenn dem Vertrag und den AGB des Online-Auktionshauses bzw. Marktplatzbetreibers weder eine ausdrckliche noch eine stillschweigende Rechtswahl zu entnehmen ist, weil weder eine Rechtswahl- noch eine Gerichtsstandsklausel enthalten ist 186 und auch keine Bezugnahme auf Vorschriften eines bestimmten Rechts erfolgt. 187 Sie fhrt ber Art. 29 Abs. 2 EGBGB zum Recht am gewçhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers, wenn die situativen Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB gegeben sind. Fehlt es ausnahmsweise daran, so kommt ber Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB das Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Online-Auktionshauses bzw. Marktplatzbetreibers zum Zuge. b) Durch Nicht-Verbrauchereigenschaft des Kunden bedingte Rechtswahl

81 Eine Reaktion auf Art. 29 Abs. 1 EGBGB sind Rechtswahlklauseln, welche die Rechtswahl davon abhngig machen, dass der andere Vertragspartner Kaufmann ist. 188 Eine bedingte Rechtswahl ist zulssig, soweit Parteiautonomie herrscht. 189 Die Parteien haben die Freiheit, Eintrittsvoraussetzung und Kautelen fr ihre Rechtswahl zu formulieren. Darin liegt ein erlaubtes Minus zur unkonditionierten Rechtswahl. Allerdings bergen auch jene auf den ersten Blick eleganten Klauseln noch Probleme. Diese verstecken sich hinter dem Begriff Kaufmann. Denn die Kaufmannseigenschaft 184 Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004,

Teil III Rz. 23. 185 Siehe nur, jeweils unter „Allgemeine Regelungen“ Abs. 1 Satz 1, die AGB von

186 187

188

189

Auktionato.de, OnlineAuktionen.de (2003), Badener Auktionshaus, Auktionsfee.de (2003), Handelssache.de, Auktion mit Herz.de (2002), Auktion089.de, Auktionstar24.de (2003), @hammer.de und Yilpie.de (2002) sowie Nr. 36 Satz 1 AGB echtwahr.de/at/ch, § 14 Abs. 1 Satz 1 AGB ExtraLot.com (IX/2002), Nr. 13 AGB Biet & Flieg (LTU), § 17 Abs. 1 Satz 2 DCI Webtrade Center (XI/2003), Nr. 7.1 Satz 1 AGB Mercateo (VIII/2002), § 15 Nr. 3 AGB Allocation Network (II/2003), § 14.1 Satz 1 AGB SkillPortal AG (IX/2003), VI Satz 3 AGB nur-porto.de (I/2004) (alle deutsches Recht) und Nr. 12 AGB Soltime, Nr. 20 Satz 1 AGB Sourcing Parts.com (2004) (beide schweizerisches Recht). Wie z.B. in den AGB von doppelshop.de, freeBID.de (2002), zuschlag24.de, 1a-deal, kaufpate.de (Hansert Technologies, Inc., Orlando, FL) (2002) und Yixx.de (2004). Z.B. besagt „Regeln mssen sein“ Nr. 3 Satz 2 AGB mediasell.de, dass das Rckgaberecht nach dem Fernabsatzgesetz unberhrt bleibe und geht damit wohl stillschweigend von der Anwendung deutschen Rechts aus. Z.B. § 15 Nr. 2 Satz 1 AGB AdAuktion (X/2000); Nr. 9.2 Satz 1 AGB letsbuyit.com; § 9 Abs. 1 BesteAuktion Internet KG; § 15 Nr. 3 Satz 1 AGB richbid (Royal Internet SL, Calvia-Palmanova, Mallorca); § 13 Abs. 2 Satz 1 ameise2000.de/at/ org/net (2002); Nr. 6b AGB Atrada Trading Network (XI/2003). Allgemein Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10 (19).

480 | Mankowski

IX. Verhltnis zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus

Rz. 84 Kap. 11

ist ein Rechtskonstrukt. Sie kann nicht unabhngig von einem bestimmten Recht bestehen. Also wird implicite die Notwendigkeit begrndet, die Kaufmannseigenschaft anzuknpfen. Hinzu kommt, dass Art. 29 Abs. 1 EGBGB keineswegs auf eine Kaufmannseigenschaft abhebt. Es empfiehlt sich vielmehr, das Abgrenzungskriterium des Art. 29 Abs. 1 82 EGBGB aufzugreifen. Die Rechtswahl ist also, wenn man es denn will, unter die Bedingung zu stellen, dass der andere Vertragspartner den Versteigerungsauftrag zu einem Zweck betreibt, der dessen beruflicher oder gewerblicher Ttigkeit zugerechnet werden kann. Dadurch kommt auch keine zustzliche Unklarheit in die Anknpfung. Denn die betreffende Abgrenzung muss man schon auf Grund objektiven Rechts vornehmen, um festzustellen, ob ein Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 29 EGBGB vorliegt oder nicht. Dementsprechend finden sich inzwischen Rechtswahlklauseln, die danach differenzieren, ob der Kunde Verbraucher ist. Teilweise wird zustzlich danach differenziert, ob auch die situativen Voraussetzungen aus Art. 29 Abs. 1 EGBGB vorliegen. Trifft dies zu, so wird in der Rechtswahlklausel das Recht am gewçhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers gewhlt. 190 Dadurch çffnet sich keine Schere zu Lasten des Online-Auktionshauses oder Marktplatzbetreibers. Aus der Sicht von Mitgliedstaaten des EVJ fhrt diese Rechtswahl zwar zu keinem anderen Ergebnis, als es sich aus Art. 5 Abs. 3 EVJ (= Art. 29 Abs. 2 EGBGB) sowieso ergeben wrde. Indes kann die Rechtswahl aus der Sicht nicht-europischer Staaten doch ergebnisgestaltenden Charakter haben. Die Wahl des Rechts des gewçhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers verwendet den aus europischer Sicht richtigen Anknpfungspunkt, whrend eine Wahl des Wohnsitzrechts 191 dies nicht tut. c) Rechtswahl und zwingende Vorschriften des Umweltrechts des Verbrauchers

Rein deklaratorischen Charakter hat eine Formulierung, dass die Rechts- 83 wahl zwingende Bestimmungen des Rechts im Staat des gewçhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers (bei Vorliegen der situativen Voraussetzungen, wie Art. 29 Abs. 1 EGBGB sie umschreibt) unberhrt lasse. 192 Als vertraglicher Hinweis fr den Verbraucher mag dies noch einen gewissen Nutzen haben. Nicht zu empfehlen ist eine Formulierung der Rechtswahlklausel dahin ge- 84 hend, dass gegenber einem Verbraucher ein bestimmtes Recht (z.B. deutsches Recht) gelten soll, „soweit dem keine zwingenden Vorschriften, ins190 § 15 Nr. 2 Satz 2 AGB AdAuktion (X/2000); § 9 Abs. 2 BesteAuktion Internet KG;

§ 13 Abs. 2 Satz 2 ameise2000.de/at/org/net (2002); Nr. 6c AGB Atrada Trading Network (XI/2003). 191 So § 15 Nr. 3 Satz 2 AGB richbid (Royal Internet SL, Calvia-Palmanova, Mallorca). 192 So § 14 Abs. 2 AGB ExtraLot.com AG (IX/2002); § 28 Satz 3 AGB hammerdeals.de (2003).

Mankowski | 481

Kap. 11 Rz. 85

Internationales Privatrecht

besondere Verbraucherschutzvorschriften, entgegenstehen.“ 193 Der Rechtswahl als solcher stehen aus Sicht der EVJ-Mitgliedstaaten keine solchen zwingenden Vorschriften entgegen. Die Rechtswahl als solche ist gegenber Verbrauchern erlaubt. Nur aus schweizer Sicht 194 verbietet Art. 120 schwIPRG jede Rechtswahl gegenber Verbrauchern, so dass jene Bedingung auch insoweit sinnlos ist. Jene AGB-Formulierung trennt gedanklich nicht hinreichend zwischen Sach- und Kollisionsrecht und vermengt beides miteinander. Gewollt scheint ein Hinweis darauf, dass die zwingenden Vorschriften aus dem Umweltrecht des Verbrauchers nicht abbedungen sind. Dieser Hinweis htte wiederum deklaratorischen Charakter. d) Geographische Beschrnkung der Teilnahmeberechtigung

85 Auf die aus Art. 29 EGBGB drohenden Risiken haben einzelne Online-Auktionshuser in noch anderer Weise reagiert. Sie lassen laut ihren AGB nur Teilnehmer aus bestimmten Staaten zu. 195 Teilweise soll die Zulassung automatisch erlçschen, sobald ein Teilnehmer seinen gewçhnlichen Aufenthalt in einen Staat außerhalb des so bezeichneten Bereichs verlegt. 196 Dabei handelt es sich jedoch nur um Disclaimers. Der Disclaimer allein schtzt das Online-Auktionshaus nicht gegen die Risiken des Art. 29 EGBGB. Vielmehr muss sich das Online-Auktionshaus auch an seinen eigenen Disclaimer halten und tatschlich nur Versteigerungsauftrge von Kunden aus den gewollten und anvisierten Zielstaaten annehmen. 197 86 Auf Vernderungen nach der erstmaligen Zulassung kann nur reagieren, wer vor jedem Vertragsschluss erneut den jeweils aktuellen gewçhnlichen Aufenthalt des potentiellen Kunden erfragt. Rechtliche Absicherung vermçgen – allerdings nur in beschrnktem Maße – flankierende Mitteilungsund Auskunftspflichten des Kunden zu bieten. 198 In welchem Umfang solche Pflichten dem Kunden wirksam durch Vertrag aufergelgt werden kçnnen, bestimmt das Vertragsstatut, bei Verbrauchervertrgen zu ermitteln mit der Maßgabe des Art. 29 EGBGB. Sanktion fr die Verletzung einer wirksam stipulierten Mitteilungspflicht wre nach Maßgabe der anwendbaren Sachrechte ein Schadensersatzanspruch. Ob dieser zum Inhalt haben kann, dass der Einlieferer/Verußerer so gestellt werden muss, wie er stnde, wenn der Erwerber die betreffenden Mitteilungen gemacht htte, bestimmen ebenfalls die anwendbaren Sachrechte. Denn immerhin besteht 193 So wçrtlich § 20 Nr. 2 Satz 2 AGB eBay International AG (V/2003) und Nr. 9.1

AGB letsbuyit.com. 194 Die schweizer Sicht kçnnte von Interesse sein, weil ein betroffenes Unterneh195 196 197 198

men (eBay International AG) zumindest nominell in Bern ansssig ist. § 1 Abs. 1 AGB ebids.de. § 1 Abs. 5 1 AGB ebids.de. Allgemein oben Rz. 28; zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 167. Konsequent § 1 Abs. 5 2 AGB ebids.de: Den Kunden wird eine Pflicht zur unverzglichen Mitteilung bei Wechsel ihres gewçhnlichen Aufenthalts auferlegt.

482 | Mankowski

IX. Verhltnis zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus

Rz. 88 Kap. 11

eine wirksame Mitteilungspflicht wohl gegenber dem Online-Auktionshaus, whrend der Einlieferer/Verußerer nur Dritter wre. Drittbegnstigungen aus vertraglichen Vereinbarungen und Pflichten kennen aber nicht alle Rechte. Soweit ein Schadensersatzspruch des Einlieferers/Verußerers besteht, kçnnte dieser auf Aufhebung des mit dem Erwerber geschlossenen Verußerungsvertrages gehen. Ob dies so ist, befinden ebenfalls die anwendbaren Sachrechte.

3. Ankn pfung im B2B-Bereich a) Rechtswahl

Im B2B-Bereich, also im Verhltnis zwischen Online-Auktionshaus und un- 87 ternehmerischen Einlieferern, herrscht Rechtswahlfreiheit nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Insoweit gelten dieselben Regeln, wie sie fr Versteigerungskufe dargestellt wurden. Die Gestaltung erfolgt jedenfalls durch eine unwidersprochen gebliebene Rechtswahlklausel in den AGB des OnlineAuktionshauses. Man sollte allerdings von den vereinzelt vorkommenden Formulierungen Abstand nehmen, dass das deutsche Recht „unter Ausschluss des deutschen Kollisionsrechts“ 199 gewhlt sei. Dies ist ein unsinniger Import aus den USA. 200 Wenn man ihn ernst nhme, sgte er sich selber den Ast ab, auf dem er sitzt. Denn die Freiheit zur Rechtswahl kann den Parteien nur ein Kollisionsrecht verleihen, aus deutscher Sicht nur das deutsche IPR. 201 Im Jbrigen schließen sowohl Art. 35 Abs. 1 EGBGB als auch Art. 4 Abs. 2 EGBGB aus, dass es bei einer Rechtswahl auf das Kollisionsrecht des gewhlten Rechts ankommen kann. Eine stillschweigende Rechtswahl kann sich aus einer Gerichtsstandsklausel 88 in den AGB des Online-Auktionshauses ergeben. 202 Praktisch kann dies durchaus Bedeutung haben, da einige Versteigerungs-AGB keine Rechtswahl-, wohl aber eine Gerichtsstandsklausel enthalten. 203 Damit eine Gerichtsstandsklausel ein gewichtiges Indiz fr einen Rechtswahlwillen ist, muss sie prinzipiell als Gerichtsstandsklausel wirksam, namentlich statthaft und formwirksam sein. 204 Viele Gerichtsstandsklauseln behalten dem Auktionshaus vor, dass ihm neben dem gewhlten Gerichtsstand noch der all199 So Nr. 6 Satz 1 AGB itrade (XI/1999); Nr. 24 AGB surplex.com (XII/2003). 200 Dort z.B. Applicable Law/Jurisdiction Abs. 2 Satz 2 General Terms and Conditi-

ons Covisint.com; Nr. 21 General Terms and Conditions freetradezone.com. 201 Mankowski, in: Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004,

Teil III Rz. 22. 202 Siehe allgemein nur BGHZ 104, 268; BGH, NJW 1991, 1420; BGH, NJW 1996, 2569;

Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 27 EGBGB Rz. 64 m.w.N. 203 So z.B. Nr. IV 8 Satz 2 AGB NetBid.com; AGB Manfred Niewçhner. 204 Nher Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63 (67).

Mankowski | 483

Kap. 11 Rz. 89

Internationales Privatrecht

gemeine Gerichtsstand am Sitz des Kunden 205 oder gar alle gesetzlichen Gerichtsstnde 206 offen stehen. Dies schwcht den Indizcharakter ab, weil in jenen Fllen der Gleichlauf zwischen Gerichtsstand und Recht nicht aus der Gerichtsstandsklausel sicher abgeleietet werden kann. Nicht-ausschließliche Gerichtsstandsklauseln haben insoweit Probleme. 207 89 Eine stillschweigende Rechtswahl kann sich auch aus der Inbezugnahme einzelner Vorschriften aus einem bestimmten Recht ergeben. 208 Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn die in Bezug genommenen Vorschriften etwa des deutschen Rechts aus Teilgebieten stammen, die an sich einer Rechtswahl nicht zugnglich sind, etwa dem Datenschutz-, dem Telekommunikations- oder dem wettbewerbsrechtlichen Telediensterecht. 209 b) Ankn pfung bei Fehlen einer Rechtswahl

90 Das Online-Auktionshaus erbringt im Vertragsverhltnis zu einem unternehmerischen Einlieferer die fr den Vertrag charakteristische Leistung, indem es den Zugang zu seiner Auktionsplattform erçffnet, das Angebot einstellt, den zeitlichen Rahmen der Versteigerung kundtut und die Kommunikation mit den Bietern aufbaut und organisiert. Jber Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB gelangt man damit zur vertragsbetreuenden Niederlassung des Online-Auktionshauses als grundstzlich maßgeblichem Anknpfungspunkt. 210 Niederlassungsort ist hier – wie allgemein – weder der Standort des „verarbeitenden Computers“ 211 als solcher noch der Standort eines davon abweichenden Servers. Der „verarbeitende Computer“ muss vielmehr in eine Betriebsorganisation eingebunden sein, damit er eine (mittelbare) Bedeutung fr die Niederlassungsanknpfung bekommen kann. 212 Art. 2 lit. c Halbs. 2 E-Commerce-RL; § 3 Nr. 6 Halbs. 2 TDG enthalten insoweit eine zu verallgemeinernde Wertung. Erst recht begrndet eine Website keine Niederlassung. 213

205 So z.B. Nr. 13 Abs. 2 AGB Dynamic Markets GmbH (techpilot) (IX/2003). Unge-

206 207 208

209 210 211 212 213

wçhnlich (zustzliche Klagemçglichkeit an jedem allgemeinen Gerichtsstand des Kunden) Nr. 7.2 Satz 2 AGB Mercateo (VIII/2002). So Nr. 9.2 Satz 3 AGB letybuyit.com. Nher Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63 (67 f.). Siehe allgemein nur BGH, RIW 1997, 426; BGH, WM 1999, 1177 (1178); BGH, WM 2000, 1643 (1644); BAG, NZA 2003, 339 (340); Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63 (76–78) m.w.N. Beispiel: §§ 1 Abs. 2; 4 Abs. 1; 10 Abs. 3 Satz 2; 12 Abs. 4 AGB Hood.de (Hood.de, Inc., Beverly Hills, CA). Siehe Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (245). Insoweit abweichend Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (245 f.). Mankowski, CR 1999, 512 (513); Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 103; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 113. Siehe nur Fiorelli, dir. comm. int. 2003, 427 (432 f.).

484 | Mankowski

IX. Verhltnis zwischen Einlieferer und Online-Auktionshaus

Rz. 92 Kap. 11

4. Kommissionsauftrge Handelt der Versteigerer ausnahmsweise als Kommissionr, erwirbt er also 91 zunchst selber das Versteigerungsgut und tritt nachfolgend als Zwischenperson in die Verußerungskette, so erlaubt Art. 27 Abs. 1 EGBGB grundstzlich eine Rechtswahl; erfolgt keine Rechtswahl, so ist objektiv grundstzlich das Recht des (Haupt-)Niederlassungsortes des Versteigerers berufen. 214 Denn Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB fhrt bei Kommissionsvertrgen zur Anknpfung an die vertragsbetreuende Niederlassung des Kommissionrs. 215 Jedoch ist vorrangig wiederum Art. 29 EGBGB zu prfen. Kommissionsauftrge gehçren sachlich zu den Vertrgen ber das Erbringen von Dienstleistungen gemß Art. 29 Abs. 1 Var. 2 EGBGB. 216 Bei privaten Einlieferern liegt also ein Verbrauchervertrag vor.

5. Garantien als unselbstndiges Element Zum Vertragsverhltnis zwischen Online-Auktionshaus und Einlieferer 92 zhlen auch eventuelle Garantien, welche das Online-Auktionshaus dem Einlieferer gibt. Wenn das Online-Auktionshaus das Hçchstgebot garantiert, ist dies Nebenabrede zum Versteigerungsauftrag. Die Garantie wird als Anreiz gegeben, den Versteigerungsauftrag zu erteilen. Sie fungiert als deutliches Seriosittssignal. Das Online-Auktionshaus als Anbieter versichert gleichsam seinen Kunden gegen denkbare Risiken, zumeist indem es als echter Factor unter Jbernahme des Delkredere-Risikos ttig wird. Damit ber214 Anton Pestalozzi, SchwJZ 1998, 241 (245); B+cker, Internetauktionen, 2003,

S. 169; Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 102 f. 215 v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 498; Kaum, WiB

1996, 875 (876); Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 1426; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 155; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 28 EGBGB Rz. 250; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 270; Erman/Hohloch, BGB, Bd. II, 11. Aufl. 2004, Art. 28 EGBGB Rz. 53 sowie altrechtlich BGH, WM 1965, 126; BGH, NJW 1981, 918; OLG Frankfurt/M., AWD 1972, 629; OLG Mnchen, AWD 1960, 73; Hans Stoll, RabelsZ 24 (1959), 601 (614–616); Ebenroth, RIW 1984, 165 (168). 216 EuGH, Slg. 1993, I-139 – Shearson Lehmann Hutton, Inc./TVB Treuhandgesellschaft fr Vermçgensverwaltung und Beteiligungen mbH = NJW 1993,1251; EuGH, Slg. 1994, I-4275 – Wolfgang Brenner und Peter Noller/Dean Witter Reynolds Inc.; BGH, WM 1993, 1215 (1216); BGE 121 III 336 (340); OLG Kçln, ZIP 1989, 838; OLG Dsseldorf, RIW 1994, 420 m. Anm. Mankowski; OLG Dsseldorf, NJW-RR 1994, 1132; OLG Dsseldorf, WM 1996, 1489; v. Gronau, Die Bçrsentermingeschfte mit Auslandsberhrung nach der Kodifizierung des Internationalen Vertragsrechts im IPR-Gesetz vom 25.7.1986, 1990, S. 63–65; Peter Schlosser, FS fr Ernst Steindorff, 1990, S. 1379 (1383); v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 432; Lagarde, Rev.crit.dr.int.pr. 80 (1991), 297 (314); Mankowski, AG 1998, 11 (13); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 582.

Mankowski | 485

Kap. 11 Rz. 93

Internationales Privatrecht

nimmt es zwar eine zustzliche Funktion. Diese lsst sich jedoch nicht als eigenstndiger Komplex aus dem Vertragsverhltnis ausgliedern. Als Gegenprobe mag die Frage dienen, ob das Online-Auktionshaus die Garantie denn als selbstndige Leistung am Markt, unabhngig von jedem Versteigerungsauftrag, anbieten wrde. Eine Verknpfung von Versteigerungsauftrag und Garantie erfolgt zumeist schon ber die Gegenleistung. Denn der Einlieferer zahlt bei vielen Gestaltungen nur eine einheitliche Provision an das OnlineAuktionshaus. Eine Factor- oder Quasi-Versicherungsprmie ist nicht selbstndig ausgewiesen. Dass sie dem Online-Auktionshaus intern als kalkulatorischer Posten dienen mag, verschlgt nicht. 93 Kollisionsrechtlich kommt nach alledem eine selbstndige Anknpfung der Garantie ber Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nicht in Betracht. Eine solche Abspaltung der Garantie wre schon deshalb misslich, weil sie unter Umstnden als Versicherungsvertrag einzuordnen wre und man damit fr so genannte europische Risiken 217 in das ganz anders geartete Anknpfungsregime der Artt. 7–15 EGVVG gelangte. Bei Qualifikation als Factoring gelangte man fr Verbrauchervertrge – vorbehaltlich Anwendbarkeit des UNIDROIT -Jbereinkommens ber das internationale Factoring – 218 wieder zum System des Art. 29 Abs. 1 EGBGB und bei Nicht-Verbrauchervertrgen unter Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zum Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Factors, 219 also des Online-Auktionshauses. Selbst bei selbstndiger Anknpfung der Garantieverpflichtung wrden die Anknpfungen dann also nicht divergieren. Fr die Garantieverpflichtung eine eigene Rechtswahl zu treffen bleibt den Vertragsparteien allerdings unbenommen. Art. 27 Abs. 1 Satz 3 EGBGB erlaubt eine solche Teilrechtswahl. Zu empfehlen ist sie allerdings nicht. 94 Bieten formell selbstndige Dritte eine absichernde Garantie (so genannte warranties services) an, so steht deren eigenstndige Anknpfung in Rede. Es handelt sich um eine Dienstleistung seitens des Dritten. Sofern man diese nicht schon als Versicherung qualifizieren und als Folge Artt. 7–15 EGVVG unterwerfen will, kommen im B2B-Bereich Artt. 27; 28 EGBGB zum Zuge. Fehlt es an einer Rechtswahl, so kann man an eine ber Art. 28 Abs. 5 EGBGB ins Werk zu setzende 220 akzessorische Anknpfung des Ga217 Die gemß Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 EGVVG hier immer vorlgen, wenn der Versiche-

rungsnehmer/Kunde seinen gewçhnlichen Aufenthalt bzw. seinen Sitz oder seine relevante Betriebssttte in einem EU- oder EWR-Staat hat. 218 Vom 28.5.1988, BGBl. 1998 II 172. 219 Siehe allgemein Schwander, FG Walter Schluep, Zrich 1988, S. 501 (507 f.); Diehl-Leistner, Internationales Factoring, 1992, S. 83–86; Basedow, ZEuP 1997, 615 (619); Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 28 EGBGB Rz. 245 a; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 536 sowie CA Grenoble, Rev.crit.dr.int.pr. 85 (1996), 666 m. Anm. Pardoel = Clunet 123 (1996), 948 m. Anm. Claude Witz. 220 Siehe dazu allgemein nur Mankowski, IPRax 2003, 464 (469 f.).

486 | Mankowski

X. Verhltnis zwischen Bieter und Online-Auktionshaus

Rz. 96 Kap. 11

rantiestatuts entweder an das Statut des Versteigerungskaufs oder an das Statut des Versteigerungsauftrags an das Online-Auktionshaus denken. Verbindet sich der Dritte im Rahmen eines Leistungspakets mit dem Online-Auktionshaus, so liegt letzteres nher. Man wrde so auch eine Gleichbehandlung mit Garantiefunktionen erzielen, welche das Online-Auktionshaus selber anbietet. 221

X. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Bieter und Online-Auktionshaus Fr das Verhltnis zwischen dem einzelnen Bieter und dem Online-Auktions- 95 haus sind, soweit das Online-Auktionshaus nicht als Kommissionrauftritt, hier so genannte geschlossene und offene Systeme zu unterscheiden. Wenn das Online-Auktionshaus ein geschlossenes System betreibt, lsst es Bietinteressenten besonders zu. Dafr kann es gegebenenfalls von den Bietinteressenten eine Gebhr oder bei erfolgreicher Ersteigerung eine volumenabhngige Provision verlangen. Auch mag ein Passwort erteilt werden. Bei einem solchen geschlossenen System besteht ein vertragliches Verhltnis zwischen zugelassenem Bieter und Online-Auktionshaus. Das Online-Auktionshaus erbringt dem Bieter eine Dienstleistung, indem es diesem das Auktionshaus zur Nutzung zur Verfgung stellt und die Plattform aufrechterhlt, wartet und kontrolliert. Damit ist der sachliche Anwendungsbereich des Art. 29 Abs. 1 Var. 2 EGBGB prinzipiell erçffnet. Ob Art. 29 EGBGB letztendlich eingreift, entscheidet sich danach, ob auch dessen persçnliche und situative Voraussetzungen erfllt sind. Sofern der Bietinteressent zumindest schwerpunktmßig Waren zu seinem persçnlichen Verbrauch ersteigern will, ist den persçnlichen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 29 EGBGB gengt. Authentifizierung der Marktteilnehmer, Rating/Tracking-Systeme ber das vergangene Verhalten von Verußerern, Services ber Zahlungsabwicklung und Treuhandservices sind unselbstndig anzuknpfende Nebenleistungen, die alle dem Statut des Grundverhltnisses unterfallen. 222 Bei einem hier so genannten offenen System, wie es zumindest theoretisch 96 vorstellbar ist, lsst das Online-Auktionshaus Bietinteressenten nicht besonders zu. Vielmehr kann jeder ohne vorherige Kontrolle oder Zulassung mitbieten. Mit dem Online-Auktionshaus tritt der einzelne Bieter dabei nur insoweit in Kontakt, als das Online-Auktionshaus die Kommunikation bndelt und gegebenenfalls den Zuschlag erteilt. Daraus kçnnte ein Auftragsverhltnis zwischen Bieter und Online-Auktionshaus abzuleiten sein, welches die technische Organisation der Abgabe des vom Bieter gewnsch221 Zu deren Anknpfung soeben Rz. 92 f. 222 Nher fr Treuhandservices des Marktplatzbetreibers oder Online-Auktionshau-

ses Rz. 101.

Mankowski | 487

Kap. 11 Rz. 97

Internationales Privatrecht

ten Gebots im Rahmen der Auktion beinhaltet. 223 Außerdem stellt sich das Problem, auf welchem anderen als einem vertraglichen Wege das OnlineAuktionshaus sein grundstzlich anerkennenswertes Interesse an einer privaten Marktregelung durch seine Versteigerungs-AGB 224 denn verwirklichen kçnnte. Es erscheint beraus sachgerecht, dass der Bieter unter einem offenen System, indem er sein Gebot abgibt, den zeitlichen Rahmen und die Teilnahmebedingungen fr die Auktion akzeptiert, wie das Online-Auktionshaus sie bekannt gibt. In gewissem Sinne entwickelt sich so auch bei offenen Auktionsmarktpltzen ein Vertragsverhltnis mit drei Beteiligten. 225 97 Grundstzlich anders verhlt es sich, wenn das Online-Auktionshaus als Kommissionr fr den Einlieferer auftritt. Dann wird es selber Vertragspartei des Verußerungsvertrages mit dem Ersteigerer. Zunchst ist wiederum zu prfen, ob dieser Verußerungsvertrag die sachlichen, persçnlichen und situativen Voraussetzungen des Art. 29 EGBGB erfllt: Ist Vertragsgegenstand eine Dienstleistung oder eine bewegliche Sache? Erwirbt der Ersteigerer fr Zwecke seines persçnlichen Letztverbrauchs? Das Online-Auktionshaus jedenfalls handelt als Kommissionr unternehmerisch. Situativ wird es bei dem hier vertretenen weiten Verstndnis des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB kaum je Probleme geben (vgl. Rz. 27, 28). Denn das Online-Auktionshaus betreibt mit seiner Website ein weltweites Marketingsinstrument, mit dem es Interesse anziehen will. Wenn der weltweite Auftritt des Online-Auktionshaus schon dem Einlieferer zuzurechnen ist, soweit dieser Vertragspartei des Verußerungsvertrages wird (vgl. Rz. 24), so muss diese Wertung erst recht bei kommissionsweisem Eintritt des Online-Auktionshauses selbst in das Verußerungsgeschft greifen. Erheblichen Schutz bewirkt aber, wenn sie denn streng beachtet wird, z.B. die AGB-Anforderung, dass die Lieferadresse des Bieters innerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegen muss. 226

XI. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Ausschreibendem und Marktplatzbetreiber 98 Ausschreibungen kçnnen auf Marktpltzen stattfinden, die ein anderes Unternehmen zur Verfgung stellt. Ein prominentes Beispiel dafr ist der Ausschreibungsmarkt von FreeMarkets aus Pittsburgh. 227 Der Ausschreibende schließt mit dem Marktplatzbetreiber einen Vertrag ber die Nutzung des Marktplatzes. Funktionell entspricht er dem Einlieferer bei einer normalen Versteigerung. Entsprechend gestaltet sich die Anknpfung im Verhltnis 223 So fr das deutsche Sachrecht Wilmer, NJW-CoR 2000, 94 (99). 224 Dazu Wiebe, MMR 2000, 323 (324 f.). 225 Siehe S+me, Vertragsrecht im E-Commerce: e-commerce magazin 3/2000, 102

(103). 226 So Nr. 3 AGB Auktion’s Markt (TGV-Haupt) (VI/1999). 227 Siehe Digitaler Ignacio L`pez: CYbiz 05/2000, S. 46–48.

488 | Mankowski

XII. Verhltnis zwischen Einlieferer und Treuhndern

Rz. 100 Kap. 11

zwischen Ausschreibendem und Marktplatzbetreiber: Ausschreibungen von Auftrgen liegen grundstzlich im C2C-Bereich und betreffen unternehmerische Ttigkeit des Ausschreibenden. Daher dient auch dessen Kontakt mit dem Marktplatzbetreiber unternehmerischen Zwecken. Art. 27 Abs. 1 EGBGB gewhrt Rechtswahlfreiheit. Bei Fehlen einer Rechtswahl fhrt Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zum Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Marktplatzbetreibers. Ein Vertrag mit FreeMarkets unterlge z.B. mangels Rechtswahl dem Recht von Pennsylvania.

XII. Ankn pfung des Verhltnisses zwischen Einlieferer bzw. Bieter und Treuhndern 1. Fremdtreuhnder Eine weitere Person kommt ins Spiel, wenn fr die Abwicklung des Versteige- 99 rungskaufes auf einer oder auf beiden Seiten ein Dritter als Fremdtreuhnder eingeschaltet wird. Teilweise wird eine entsprechende Vermittlung von Online-Auktionshusern angeboten. Der Fremdtreuhnder erbringt seinem Vertragspartner jedenfalls eine Dienstleistung, indem er verwahrt, kontrolliert und supervidiert; außerdem steht eine Geschftsbesorgung in Rede. 228 Der Treuhandauftrag fllt also in den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB. Soweit eine dauerhafte Kooperation zwischen Treuhnder und Online-Auktionshaus erfolgt oder der Treuhnder weiß, dass er als Anlaufadresse auf der entsprechenden Website des Online-Auktionshauses angegeben ist, 229 ist dem Fremdtreuhnder die Website des Online-Auktionshauses fr die Zwecke des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB zuzurechnen. Soweit der Treuhandauftraggeber fr private Zwecke handelt, kommt demnach Art. 29 EGBGB zur Anwendung. Anderenfalls kçnnen Treuhnder und Auftraggeber das anwendbare Recht nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB frei vereinbaren. Tun sie dies nicht, so fhrt die objektive Anknpfung gemß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zum Recht der vertragsbetreuenden Niederlassung des Treuhnders. 230 Allerdings ist zu berlegen, ob diese Anknpfungsgrundstze nicht durch- 100 brochen werden, indem man das Statut des Vertrages mit dem Treuhnder an das Statut eines anderen Vertrages anlehnt. In erster Linie steht eine Anlehnung an das Statut des eigentlichen Versteigerungskaufes zur Debatte. Immerhin dient das Treuhandverhltnis der Abwicklung des Versteigerungs228 Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB

Rz. 353. 229 Siehe etwa die Liste unter http://pages.ebay.com/services/index.html und die

korrespondierenden Websites von www.escrow.com und www.squaretrade.com. 230 OLG Hamm, RIW 1994, 513, 516; G+nter Otto, IPRax 1996, 22; Ebenroth, in:

Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Vor Art. 10 EGBGB Rz. 115; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 28 EGBGB Rz. 353.

Mankowski | 489

Kap. 11 Rz. 101

Internationales Privatrecht

kaufs. Rechtstechnisch stellt sich aber ein erhebliches Problem, soweit der Treuhandauftrag bei isolierter Betrachtung unter Art. 29 EGBGB fllt. Denn die Anlehnung an das Statut eines anderes Vertrages, eine so genannte akzessorische Anknpfung an das Statut jenes anderen Vertrages, lsst sich als Abweichung von der Regel nur ins Werk setzen, wenn die Regel Durchbrechungen und Ausnahmen berhaupt zulsst. Unter Art. 28 EGBGB ist dies ber die Ausweichklausel des Art. 28 Abs. 5 EGBGB zwar prinzipiell mçglich. 231 In Art. 29 Abs. 2 EGBGB fehlt jedoch eine solche Ausweichklausel. Art. 29 EGBGB verzichtet insoweit auf eine Parallele zu Art. 28 Abs. 5 EGBGB oder Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB. Die internationalverbrauchervertragsrechtliche Anknpfung ist eine starre Regel ohne Ausnahme (vgl. Rz. 45). Eine akzessorische Anknpfung scheidet daher unter Art. 29 EGBGB aus.

2. Online-Auktionshaus oder Marktplatzbetreiber als Treuhnder 101 Fungiert als Treuhnder nicht ein Dritter, sondern bietet das Online-Auktionshaus bzw. der Marktplatzbetreiber selber einen entsprechenden Service an, so greifen andere Jberlegungen Platz. Der Treuhandauftrag ist dann zwar kein automatischer Teil des Verhltnisses zwischen dem Online-Auktionshaus und dem jeweiligen Kunden. Er wird aber wirtschaftlich zu einer Erweiterung des bereits bestehenden Verhltnisses. Er bildet gleichsam den Teil eines Gesamtpakets in einer erweiterten Variante. Das Online-Auktionshaus bringt seine Reputation ein und setzt mit dieser ein Seriosittssignal. Daher ist es gerechtfertigt, den Treuhandauftrag nicht als eigenstndigen Vertrag anzuknpfen, sondern in das Grundverhltnis einzubringen. Er untersteht dem Statut des Grundvertrages zwischen Online-Auktionshaus bzw. Marktplatzbetreiber und Kunden. Im Jbrigen wrde es in der Regel keinen Unterschied machen, wenn man den Treuhandvertrag eigenstndig anknpfte. Selbst bei der Rechtswahl wrde es keinen Unterschied machen, da das Online-Auktionshaus bzw. der Marktplatzbetreiber beide Male auf der Basis seiner AGB abschließen wird und eine in den AGB enthaltene Rechtswahlklausel gleichermaßen greifen wrde. Da sowohl das Grundverhltnis als auch der isoliert betrachtete Treuhandauftrag Dienstleistungen betreffen, ergibt sich auch kein Unterschied hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs des Art. 29 EGBGB. Eine Anlehnung an den eigentlichen Versteigerungskauf scheidet hier noch mehr aus als beim Fremdtreuhandauftrag.

231 Umfassend v. der Seipen, Akzessorische Anknpfung und engste Verbindung im

Kollisionsrecht der komplexen Vertragsverhltnisse, 1989; außerdem z.B. Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 196 m.w.N.

490 | Mankowski

XIII. Jberlagerung durch Art. 29a EGBGB

Rz. 103 Kap. 11

XIII. Eberlagerung durch Art. 29a EGBGB 1. Situativer Anwendungsbereich Das FernAbsArtG fhrte Art. 29a EGBGB ein. Art. 29a Abs. 1 EGBGB beruft, 102 sofern ein Vertrag kraft Rechtswahl einem drittstaatlichen Recht unterliegt, jedoch einen engen Zusammenhang mit einem Mitgliedstaat von EU oder EWR aufweist, die Umsetzungsvorschriften dieses Staates zu den Richtlinien ber missbruchliche Klauseln, Timesharing, Fernabsatzvertrge oder Verbrauchsgterkufe. 232 Anders als die Fassung im Referentenentwurf 233 beruft Art. 29a EGBGB nicht mehr einseitig Normen des deutschen Rechts, sondern spricht richtigerweise 234 eine mehrseitige kollisionsrechtliche Verweisung erfolgt. Es war kaum erklrlich, warum eine Beziehung zu einem anderen Mitgliedstaat von EU oder EWR eine Anwendung deutschen Rechts auslçsen sollte, selbst wenn kein Bezug zu Deutschland besteht. 235 Das IPR knpft vielmehr nach der engsten Verbindung an, um objektiven Beziehungen zwischen dem Sachverhalt und einem bestimmten Staat Rechnung zu tragen. Genau dies setzt Art. 29a EGBGB um. 236 Damit wird zugleich die Chance auf eine EU-weit einheitliche Kumulation von Schutznormen gewahrt. 237 Den erforderlichen engen Zusammenhang 238 beschreibt Art. 29a Abs. 2 103 EGBGB mit einem Regelbeispiel, das sich an Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB orientiert. Fr die Konkretisierung des engen Zusammenhangs dienen also sachlich die Anknpfungen nach Art. 29 EGBGB; § 12 AGBG als Vorbilder. 239 Damit wird eine ausgesprochen beifallswrdige Gesetzgebungstechnik befolgt. 240 Der kollisionsrechtliche Verbraucherschutz wird jedenfalls nicht schwcher, sondern soll der gesetzgeberischen Zielsetzung nach ausgebaut 232 Siehe Art. 29a Abs. 4 EGBGB. 233 Referentenentwurf Fernabsatzgesetz (FernAG), Bundesministerium der Justiz

Referat Abs. 1 B 2 – 3420/12–4 vom 31.5.1999. 234 Siehe Freitag/Leible, ZIP 1999, 1296 (1298–1300); Birgit Roth/Gçtz Schulze,

235 236 237 238 239

240

RIW 1999, 924, 930 f.; Ansgar Staudinger, RIW 2000, 416 (417); Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (36 f.) sowie (zu Art. 6 Abs. 2 RL 93/13/EWG) Kapnopoulou, Das Recht der missbruchlichen Klauseln in der Europischen Union, 1997, S. 155 f., 223, 225; Christiane R+hl, RIW 1999, 321 (323); Rolf Wagner, IPRax 2000, 249 (256). Freitag/Leible, ZIP 1999, 1296 (1298); Ansgar Staudinger, RIW 2000, 416 (417). Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (37). Siehe Birgit Roth/Gçtz Schulze, RIW 1999, 924 (931). Dazu insbesondere Rusche, IPRax 2001, 420; Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 369–387. Thomas Pfeiffer, NJW 1999, 3674 (3685); Birgit Roth/Gçtz Schulze, RIW 1999, 924 (931); Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29a EGBGB Rz. 40 sowie (zu Art. 12 Abs. 2 RL 97/7/EG) Thorn, IPRax 1999, 1 (7); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (256). Anders Christine Gçssmann, MMR 1998, 88 (92). Siehe Leible, in: Schulte-Nçlke/Rainer Schulze (Hrsg.), Europische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, 1999, S. 353 (377).

Mankowski | 491

Kap. 11 Rz. 104

Internationales Privatrecht

werden. Was schon unter Art. 29 EGBGB zur Anwendung deutschen Rechts fhrt, muss dies also erst recht unter Art. 29a EGBGB. Dies erhellt schon daraus, dass Art. 29 EGBGB im konkreten Fall vor Art. 29a EGBGB zu prfen ist. 241 Denn Tatbestandsvoraussetzung ist eben die Anwendbarkeit eines drittstaatlichen Rechts, und diese kann sich nur aus einer kollisionsrechtlichen Anknpfung ber die allgemeinen Kollisionsnormen der Artt. 27–37 EGBGB ergeben. 242 Dass Art. 29a EGBGB aber die Grundwertung der Artt. 5 EVJ; 29 EGBGB durchbrechen und auch den aktiven Verbraucher schtzen wrde, 243 leuchtet nicht ein. Die Regelbeispiele enthalten immerhin eine gewisse Maßgabe fr die Auslegung. Sie orientieren sich indes weiterhin am Leitbild des passiven Verbrauchers. 244 Hinsichtlich der situativen Anwendungsvoraussetzungen bringt Art. 29a EGBGB also nichts wesentlich Neues gegenber Artt. 29 EGBGB; 5 EVJ. Wer allerdings Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB restriktiv versteht und Online-Werbung, zumal ber so genannte passive Websites, dort nicht ausreichen lassen will, sieht sich zu konzedieren gezwungen, dass jedenfalls Art. 29 a EGBGB Online-Werbung erfasst. 245

2. Sachlicher Anwendungsbereich 104 Problematisch ist aber die sachliche Reichweite des Art. 29a EGBGB, 246 insbesondere mit Blick auf Online-Auktionen. Seinem Wortlaut nach erfasst Art. 29a Abs. 1 EGBGB „Vertrge“, seiner Stellung und seiner Rechtsfolge nach „Verbrauchervertrge“. Die in Art. 29a Abs. 4 Nrn. 1–3 EGBGB aufgezhlten Richtlinien verfolgen sachlich heterogene Anstze: Missbruchliche Klauseln in Verbrauchervertrgen sind eine Querschnittsmaterie, fr Fernabsatzvertrge setzt man situativ und sachlich an, Timesharingvertrge sind dagegen ein besonders regulierter Vertragstyp. 241 Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes ber Fernabsatz-

242 243

244 245

246

vertrge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, BT-Drs. 14/2658, 50 Zu Nummer 1 Bem. letzter Abs.; Ansgar Staudinger, RIW 2000, 416 (419); Freitag/Leible, EWS 2000, 342 (346); Looschelders, Internationales Privatrecht, 2004, Art. 29a EGBGB Rz. 10; Erman/Hohloch, BGB, Bd. II, 11. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 2a. Siehe zu dem insoweit parallelen § 12 AGBG Mankowski, BB 1999, 1225 (1225 f.). So Birgit Roth/Gçtz Schulze, RIW 1999, 924 (931); Norbert Reich, in: Norbert Reich/Nordhausen, Verbraucher und Recht im elektronischen Geschftsverkehr (eG), 2000, S. 99; P+tzhoven, Europischer Verbraucherschutz im Fernabsatz, 2001, S. 189; Glatt, Vertragsschluss im Internet, 2002, S. 159 f.; Erman/Hohloch, BGB, Bd. II, 11. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 15; tendenziell fr Art. 12 Abs. 2 RL 97/7/EG auch Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (336). Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (37). Freitag/Leible, EWS 2000, 342 (345). Ebenso z.B. Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 366 m.w.N. Kritisch indes Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, ErgBd., Art. 29a EGBGB Rz. 45 f. (2004). Wieder anders (angebliches Scheinproblem) Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 90. Nher Freitag/Leible, EWS 2000, 342 (344).

492 | Mankowski

XIII. Jberlagerung durch Art. 29a EGBGB

Rz. 105 Kap. 11

Fr Online-Auktionen kommt ein besonderes Moment hinzu: Die Fernab- 105 satzrichtlinie klammert in ihrem Art. 3 Abs. 1 5. Lemma RL 97/7/EG Versteigerungen aus ihrem sachlichen Anwendungsbereich generell aus. Das deutsche Fernabsatzrecht folgt dem aber so nicht. Vielmehr geht der deutsche Gesetzgeber insoweit ber die Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie hinaus. Er schafft in § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB eine Ausnahme nur vom Widerrufsrecht. Die Informationspflichten des § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV sind aber voll anwendbar. 247 Wenn man den sachlichen Anwendungsbereich der Fernabsatzrichtlinie tel quel auf den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 29a EGBGB bertrge, gelangte man also zu dem Ergebnis, dass das Fernabsatzrecht in kollisionsrechtlicher Hinsicht weniger weit ginge als in sachrechtlicher. 248 Dem Fernabsatzrecht fehlte es also an einer besonderen kollisionsrechtlichen Durchsetzung, soweit es sachlich ber die Fernabsatzrichtlinie hinausgeht. Der deutsche Gesetzgeber htte auf der Rechtsfolgenseite des Art. 29a Abs. 1 EGBGB bei der Verweisung gerade auf eine deutsche Umsetzung (die er als deutscher Gesetzgeber doch zuvçrderst in Blick gehabt haben wird) Diskrepanzen und Inkonsistenzen hervorgebracht. Er verwiese bei Bezug zu Deutschland nicht auf das Fernabsatzrecht, sondern auf das Fernabsatzrecht minus der ber die Fernabsatzrichtlinie hinausgehenden Teile. Dies wre aber aus dem Wortlaut der Norm nicht unmittelbar ersichtlich und verlangte der Praxis einiges ab. Mit dem generellen Konzept der EGRichtlinie stnde eine solche Verweisung auch in einem gewissen Widerspruch. Denn Richtlinien belassen den Mitgliedstaaten ausweislich Art. 249 Abs. 3 EG eine gewisse Umsetzungsfreiheit. Dies gilt umso mehr, wenn die betreffenden Richtlinien Iffungsklauseln enthalten und bewusst nur Mindeststandards setzen wollen, ber welche die Mitgliedstaaten hinausgehen kçnnen. Mit einer strikten Ankoppelung an die Fernabsatzrichtlinie gelangte man zu einer Art horizontaler Direktwirkung der Richtlinie. Horizontale Direktwirkung im Verhltnis zwischen Privaten haben Richtlinien aber generell nicht. 249 Zwar in sich nicht vollstndig berzeugende, aber letztlich doch die besseren Grnde sprechen also dafr, eine Verweisung von Art. 29a EGBGB auf das deutsche Fernabsatzrecht ohne Reduktion im sachlichen Anwendungsbereich anzunehmen. 250 Online-Auktionen werden also sachlich 247 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/3195, 30;

L+tcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312d BGB Rz. 88; Klaus Tonner, in: Micklitz/ Klaus Tonner, Vertriebsrecht, 2002, § 312d BGB Rz. 35. 248 So konsequent Freitag/Leible, EWS 2000, 342 (344, 346 f.); Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 334 f.; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, ErgBd., Art. 29a EGBGB Rz. 21 (2004). 249 Grundlegend EuGH, Slg. 1986, 723 (749 Rz. 48) – M.H. Marshall/Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority; EuGH, Slg. 1994, I-3325 (I-3356 f. Rz. 22–25) – Paola Faccini Dori/Recreb Srl. 250 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 173. Ebenso im allgemeinen Ergebnis Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29a EGBGB Rz. 53 und hnlich Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 401–405.

Mankowski | 493

Kap. 11 Rz. 106

Internationales Privatrecht

von Art. 29a EGBGB erfasst, sofern dieser deutsches Recht und damit das deutsche Fernabsatzrecht beruft.

XIV. Ankn pfung der Vertragsform 106 Ein eigener Anknpfungsgegenstand ist die Form des Vertrages. Sie ist gesondert von den materiellrechtlichen Aspekten des Vertrages anzuknpfen. Der Formanknpfung unterliegen alle als Formfragen zu qualifizierenden Aspekte. Im Einzelfall kann sich die Entscheidung ber die Qualifikation als zivilrechtliche Formfrage schwierig gestalten. Man denke etwa an das Schriftformerfordernis des § 1 Abs. 1 VerstV fr den Versteigerungsauftrag. Innerhalb des deutschen Rechts ordnet die Rechtsprechung dieses Erfordernis nicht als echtes Schriftformerfordernis, sondern vielmehr als bloße Ordnungsvorschrift ein, weil es an einer ausdrcklichen Nichtigkeitssanktion fr den Versteigerungsauftrag im Fall der Nichteinhaltung fehle. 251 Diese internrechtliche Qualifikation muss fr die internationalrechtliche Qualifikation keineswegs maßgeblich sein, denn die internationalrechtliche Qualifikation erfolgt nach durchaus abweichenden eigenen Maßstben. Auf der kollisionsrechtlichen Ebene gewinnt prinzipiell die Rechtsfolge als Einordnungskriterium grçßeres Gewicht. Allerdings bleibt zu bedenken, dass die VerstV als besondere Regulierung in vielen Bestimmungen eingriffsrechtlichen Charakter hat. Eine Qualifikation als Formfrage will zu den anders angelegten, territorial beschrnkten besonderen Anknpfungspunkten fr andere Vorschriften der VerstV nicht recht passen. 107 Die grundlegende Weichenstellung fr die Anknpfung von Formerfordernissen ist wiederum die Frage, ob ein Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 EGBGB vorliegt oder nicht. Liegt ein Verbrauchervertrag vor, so unterliegt die Form des Vertrages nach Art. 29 Abs. 3 EGBGB ausschließlich (und ohne die Mçglichkeit eines Gnstigkeitsvergleichs in favorem validitatis vel validationis negotii, also zu Gunsten der Formwirksamkeit des Vertrages 252) dem Recht am gewçhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers. Im ungekehrten Fall, wenn ein gewhltes Recht formstrenger und damit dem Verbraucher gnstiger ist als dessen Aufenthaltsrecht, kçnnte man an eine teleologische Reduktion denken. 253 Art. 29 Abs. 3 EGBGB gilt ausweislich der ausdrcklichen Inbezugnahme in Art. 27 Abs. 4 EGBGB nicht nur fr 251 BGH, WM 1999, 2553 (2554) (dazu Wolfgang Brehm, WuB IV A. § 125 BGB 1.00,

244). 252 M)sch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, 1993, S. 60–63; Martiny, in:

Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 50. 253 Dafr Dicey/Morris/Morse, The Conflict of Laws, 13. Aufl. London 2000, Rz. 33–022; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Art. 29 EGBGB Rz. 116.

494 | Mankowski

XIV. Anknpfung der Vertragsform

Rz. 108 Kap. 11

die Form des Hauptvertrages, sondern auch fr die Form einer eventuellen Rechtswahlvereinbarung in einem Verbrauchervertrag. 254 Liegt kein Verbrauchervertrag vor, so richtet sich die Anknpfung der Ver- 108 tragsform nach Art. 11 EGBGB. Art. 11 Abs. 1 EGBGB statuiert eine so genannte alternative Ankn pfung: Ein Vertrag ist formgltig, wenn er die Formvorschriften des materiellen Vertragsstatuts oder die Formvorschriften des Abschlussortes erfllt. Es reicht aus, wenn den Formvorschriften eines dieser beiden Rechte gengt ist. Der Vertragsabschluss ber Internet ist in aller Regel ein Vertragsschluss unter Abwesenden. Fr die Bestimmung des Ortsrechts ist daher vorrangig Art. 11 Abs. 2 EGBGB zu befragen. 255 Dieser verwendet als Anknpfungsbegriff den Ort, an welchem sich jeweils einer der Vertragspartner befindet. Gemeint ist derjenige Ort, an welchem sich der Vertragsschließende bei Abgabe seiner Willenserklrung befindet. 256 Art. 11 Abs. 2 EGBGB erweitert die Alternativanknpfung dahin, dass es fr die Form des gesamten Rechtsgeschfts ausreicht, wenn die Formerfordernisse eines der beiden Orte erfllt sind. 257 In favorem validitatis (vel validationis) negotii sollen die Parteien eines mehrseitigen Rechtsgeschfts der Mhe enthoben sein, die Form des Geschftsstatuts oder die Formvorschriften des auslndischen Aufenthaltsorts der jeweiligen Gegenpartei ermitteln zu mssen, 258 und drfen sich darauf verlassen, dass es gengt, das jeweils eigene Ortsrecht zu erfllen. 259 254 Leible, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1995, 245 (254) (erschienen

255

256

257

258 259

1996); Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 748; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 29 EGBGB Rz. 40; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 29 EGBGB Rz. 50; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 8; Erman/Hohloch, BGB, Bd. II; 11. Aufl. 2004, Art. 29 EGBGB Rz. 21. Birgit Bachmann, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Internet- und Multimediarecht (Cyberlaw), 1997, S. 169 (179); Stefan Ernst, VuR 1997, 259 (260); auch Trzaskowski, Legal Aspects of the Internet, Aalborg 1997, S. 36. Soergel/Kegel, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 11 EGBGB Rz. 10, 32; Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 11 EGBGB Rz. 65; Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 220; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rz. 5; Martiny, in: Leible (Hrsg.), Das Grnbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 109 (129) sowie BGHZ 121, 224 = ZEuP 1994, 493 m. Anm. Peter B+low (dazu Cordes, NJW 1993, 2427); Reithmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 561. Eindeutig in diesem Sinne ist die Formulierung des Art. 124 Abs. 2 schwIPRG. Siehe nur Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 223; v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rz. 5; Remien, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 21 (30). Zellweger, Die Form der schuldrechtlichen Vertrge im Internationalen Privatrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1990, S. 102. Mankowski, CR 1999, 581 (586); Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 223.

Mankowski | 495

Kap. 11 Rz. 109

Internationales Privatrecht

109 Wichtig kann gerade bei Online-Auktionen Art. 11 Abs. 3 EGBGB werden: Bei Vertretung in der Erklrungsabgabe kommt es darauf an, wo der Vertreter die Erklrung abgibt. 260 Merkmale des Prinzipals sind dagegen bei Vertretererklrungen irrelevant, denn der Vertreter gibt zwar eine Erklrung mit Wirkung fr den Prinzipal, aber eine eigene Erklrung, keine des Prinzipals ab. 261 Dies ist von Bedeutung, soweit das Online-Auktionshaus von einer Partei zur Abgabe der betreffenden Vertragserklrung bevollmchtigt ist. Die bloße passive Stellvertretung, d.h. die Vertretung im Erklrungsempfang, spielt dagegen fr Art. 11 Abs. 3 EGBGB keine Rolle, denn bei ihr entfaltet der Vertreter eben keine Aktivitt bei der insoweit allein relevanten Erklrungsabgabe. Die Erklrungsannahme geschieht eben nicht auf Seiten des jeweiligen Erklrenden, sondern auf Seiten des jeweiligen Erklrungsadressaten. Im Jbrigen regiert der Abgabe- und nicht der Zugangsort generell die Anknpfung an den Erklrungsort. 262

XV. Ankn pfung stellvertretungsrechtlicher Fragen 110 Fremdversteigerungen begrnden ein Mehrpersonenverhltnis mit zumindest drei Beteiligten. Dabei steht auch eine Zurechnung des Online-Auktionshauses zum Einlieferer oder zum Ersteigerer oder zu den Bietern in Frage. Die Website des Online-Auktionshauses ist unter dem Aspekt des Internationalen Verbraucherschutzrechts dem Einlieferer zuzurechnen (vgl. Rz. 35–39). Daneben steht aber eine Zurechnung rechtsgeschftlicher Erklrungen in Rede. Dies gilt namentlich fr den Zuschlag, welchen das Auktionshaus im Namen des Einlieferers erteilt. Klassischer Zurechnungsmodus fr rechtsgeschftliche Erklrungen ist die Stellvertretung. Fr die Form einer Vollmacht gilt wiederum Art. 11 EGBGB. 263

260 BGH, RIW 1993, 409; Soergel/Kegel, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996,

Art. 11 EGBGB Rz. 8; Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 11 EGBGB Rz. 70; Kegel, in: Kegel/ Schurig, Internationales Privatrecht, 8. Aufl. 2000, S. 553 (§ 17 Abs. 5 3 c); Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 225; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 11 EGBGB Rz. 19. 261 Siehe v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 603; Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 225. 262 Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 11 EGBGB Rz. 73. 263 v. Caemmerer, RabelsZ 24 (1959), 201 (213); Martin Sch)fer, RIW 1996, 189 (191); Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 169; Staudinger/Winkler v. Mohrenfels, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 11 EGBGB Rz. 70.

496 | Mankowski

XV. Anknpfung stellvertretungsrechtlicher Fragen

Rz. 112 Kap. 11

1. Stellvertretung in der Erklrungsabgabe a) Ankn pfung ohne Rechtswahl

Internationalprivatrechtlich ist die aktive Stellvertretung in der Erkl- 111 rungsabgabe ein eigenstndiger Anknpfungsgegenstand. Sie unterliegt weder dem Statut des im Außenverhltnis zustande kommenden Vertretergeschfts 264 noch dem Statut eines eventuellen Vertragsverhltnisses im Innenverhltnis zwischen Prinzipal und Bevollmchtigtem. 265 Vielmehr folgt sie einer eigenen Anknpfung. Traditionell wird sie dem Recht des so genannten Wirkungslandes unterworfen. 266 Prziser formuliert knpft man an den intendierten Gebrauchsort der Vollmacht an. 267 Diese Anknpfung will den Schutz des Rechtsverkehrs an jenem Ort ge- 112 whrleisten, wo die Vertretererklrung zum Vertretergeschft erfolgt. 268 Der Rckgriff auf die Intention des Prinzipals soll wiederum diesen gegen ihn berraschende Manipulationen des Vertreters schtzen. Ersichtlich hat man als Normalfall den Vertreter vor Augen, der im Rahmen eines bestimmten lokalen Rechtsverkehrs handelt oder gezielt auf einen bestimmten lokalen Rechtsverkehr einwirkt. 269 Bei grenzberschreitender Individualkommunikation deutet dies dahin, auf den Ort des Zugangs der Vertretererklrung bei der Gegenpartei des Vertretergeschfts abzustellen. Denn angesprochener Vertragsabschlussmarkt ist zumindest derjenige, auf dem sich die Marktgegenseite befindet. 270 Fr Bevollmchtigungen zu Versteigerungsgeschften wird eine Anknpfung an den Versteigerungsort vorge264 Siehe nur BGHZ 43, 21 (26); BGHZ 64, 183 (192 f.); BGH, NJW 1954, 1561; BGH,

265 266

267 268

269 270

WM 1968, 440; BGH, NJW 1983, 2733; BGH, IPRax 1991, 247 (248); Rabel, RabelsZ 3 (1929), 807 (812 f.); Rabel, RabelsZ 7 81933), 797 (805); Mankowski, TranspR 1991, 253 (258) m.w.N.; Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 140–144. Anders aber Frankenstein, Internationales Privatrecht I, 1926, S. 589 f.; M+ller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschft, 1955, S. 236; Spellenberg, Geschftsstatut und Vollmacht im Internationalen Privatrecht, 1979; Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Vor Art. 11 EGBGB Rz. 229–242. Siehe nur Spellenberg, IPRax 1990, 295 (296); v. Bar, Internationales Privatrecht II: Besonderer Teil, 1991, Rz. 587; Mankowski, TranspR 1991, 253 (258). Siehe nur BGHZ 43, 21 (26); BGHZ 64, 183 (192 f.); BGHZ 128, 41 (47); BGH, NJW 1954, 1561; BGH, IPRax 1991, 247 (248); BGH, VersR 1993, 1244; BGH, RIW 2001, 937 (939); RGZ 38, 194 (196); RGZ 134, 67 (69); Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Anh. Art. 32 EGBGB Rz. 1. Weitere Nachweise aus der Rechtsprechung bei Mankowski, TranspR 1991, 253 (259 Fn. 43). So z.B. Steding, ZVglRWiss 86 (1987), 25 (45 f.); Gerfried Fischer, Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, 1990, S. 304 f. Siehe nur Rudolf Moser, FS zur 50-Jahr-Feier der Handelshochschule St. Gallen, St. Gallen 1949, S. 385 (394); v. Caemmerer, RabelsZ 24 (1959), 201 (204); Steding, ZVglRWiss 86 (1987), 25 (44–46); Reder, Die Eigenhaftung vertragsfremder Dritter im Internationalen Privatrecht, 1989, S. 196 f. Mankowski, TranspR 1991, 253 (258, 260). Siehe Mankowski, TranspR 1991, 253 (258).

Mankowski | 497

Kap. 11 Rz. 113

Internationales Privatrecht

schlagen. 271 Die Alternative bestnde darin, an den Niederlassungsort des Vertreters anzuknpfen, soweit dieser im Geschftsbetrieb einer eigenen Niederlassung agiert. 272 113 Die Unsicherheiten der Anknpfung sind beim Vollmachtsstatut im „virtuellen Rechtsverkehr“ besonders ausgeprgt, weil nicht ein personen-, sondern ein ortsbezogenes Anknpfungskriterium verwendet wird. Man mag aber helfen, indem man das ortsbezogene Kriterium zumindest vermutungsweise durch ein personenbezogenes Kriterium ausfllt. So vorzugehen ist bei prinzipiell lokalen Anknpfungen im gesamten IPR der Rechtsverhltnisse im Internet zu empfehlen. 273 Fr die Vollmacht zum Handeln im Internet bietet sich eine Vermutung an, dass ihre Wahrnahme am Ort der handelnden Niederlassung des Vertreters intendiert ist. Fr Online-Auktionen erscheint dies in besonderem Maße sachgerecht: Vertreter ist das Online-Auktionshaus. Dessen handelnde Niederlassung wird zumeist gut erkennbar sein. Auf sie luft sternfçrmig die Abwicklung der gesamten Versteigerung zu. Bei ihr treffen sich gleichsam die anderen Beteiligten. Sie bndelt deren Kontakte und fhrt die Vertragsparteien zusammen. Sie setzt eine Orientierungsmarke, die fr alle Beteiligten wahrnehmbar ist. Die Ausgestaltung dieser Anknpfung als widerlegliche Vermutung erlaubt sinnvollerweise eine abweichende Anknpfung, wenn ausnahmsweise strkere Beziehungen zu einer anderen Rechtsordnung als jener der handelnden Niederlassung des Online-Auktionshauses bestehen sollten. Allerdings ist fr die Rechtspraxis ein caveat zu machen: Diese Anknpfung wird hier erstmals vorgeschlagen. Es besteht eine gewisse Unsicherheit, ob Gerichte ihr folgen werden. b) Rechtswahl

114 Einen Ausweg aus den Unsicherheiten der objektiven Anknpfung fr die Vollmacht vermag aber eine Rechtswahl zu bieten. Grundstzlich erlaubt das deutsche Internationale Privatrecht eine Wahl des Vollmachtssta271 Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl.

1996, Rz. 1741; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Einl. Artt. 27–37 EGBGB Rz. A 32 sowie Art. 11 Abs. 2 lit. e Haager Jbereinkommen ber das auf Vertretervertrge und die Stellvertretung anwendbare Recht vom 14.3.1978 (Text in: RabelsZ 43 [1979], 176). 272 Vgl. allgemein fr Handelsvertreter mit fester Niederlassung BGHZ 43, 21 (26); BGH, NJW 1990, 3088; RGZ 38, 194 (196); RGZ 51, 147 (149); RG, JW 1910, 181; KG, IPRspr. 1932 Nr. 25; LG Hamburg, RIW 1978, 124; LG Bielefeld, IPRax 1990, 315 (316) (dazu Reinhart, IPRax 1990, 309); Rabel, RabelsZ 3 (1929), 807 (813 f.); v. Caemmerer, RabelsZ 24 (1959), 201 (207); Ackmann, IPRax 1991, 220 (221 f.); Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 154–158; Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 1730; Palandt/ Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Anh. Art. 32 EGBGB Rz. 2. 273 Vgl. Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (265–267) fr die Handlungsortanknpfung im Internationalen Deliktsrecht.

498 | Mankowski

XV. Anknpfung stellvertretungsrechtlicher Fragen

Rz. 115 Kap. 11

tuts. 274 Diese hat zwei Voraussetzungen: 275 Zum einen muss sie der Prinzipal selber vorgenommen haben, sei es durch einseitige Festlegung, sei es durch ein mehrseitiges Rechtsgeschft mit dem Vertreter oder der Gegenpartei. Zum anderen muss die Rechtswahl fr die Gegenpartei erkennbar sein. Eine Rechtswahl zwischen Vertreter und Gegenpartei, die ohne seine Beteiligung oder Zustimmung erfolgt, bindet den Prinzipal nicht. 276 Fr Online-Auktionen kçnnen wiederum Rechtswahlklauseln in den Ver- 115 steigerungsbedingungen des Online-Auktionshauses besondere Bedeutung erlangen. Allerdings mssen diese entsprechend weit formuliert sein, um eine Wahl auch des Vollmachtsstatuts zu konstituieren. Rechtswahlklauseln, die nach ihrem Wortlaut eine Wahl nur fr die vertraglichen Verhltnisse zwischen den Beteiligten treffen, reichen prinzipiell nicht aus. Eine Wahl „fr die gesamten Beziehungen zwischen den Beteiligten“ wrde dagegen sachlich auch eventuelle Vollmachten erfassen. Bei der Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl des Vollmachtsstatuts sollte man jedenfalls große Vorsicht walten lassen. 277 Eine einfache Rechtswahlklausel in den Versteigerungs- oder Marktplatz-AGB, die jedenfalls nicht ausdrcklich ber die vertragsrechtlichen Fragen hinausreichen will, wird im Zweifel nicht ausreichen. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass die Rechtswahl im Internationalen Schuldvertragsrecht eine gelufige Erscheinung, die Mçglichkeit einer Rechtswahl fr stellvertretungsrechtliche Fragen dagegen kaum bekannt ist. Dies kann das Vorstellungsbild der Parteien (oder ihrer Berater) mitprgen, das wiederum fr die Annahme einer Rechtswahl von ausschlaggebender Bedeutung ist.

274 Siehe nur OLG Karlsruhe, IPRspr. 1998 Nr. 27; Rabel, RabelsZ 3 (1992), 808 (835);

Peter M+ller, RIW 1979, 377 (383 f.); L+deritz, FS Helmut Coing, 1982, Bd. II, S. 305 (319); Egon Lorenz, RIW 1987, 569 f.; Mankowski, TranspR 1991, 253 (264) m.w.N.; Verhagen, Agency in Private International Law, The Hague/London/Boston 1995, S. 124 f.; Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 122 f.; Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 1722; Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Vor Art. 11 EGBGB Rz. 190 m.w.N. sowie OLG Hamburg, TranspR 1989, 70 (72) – „Planet“. 275 Siehe nur Mankowski, TranspR 1991, 253 (264) m.w.N.; Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 124–126; Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 1722; Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Vor Art. 11 EGBGB Rz. 192 f.; Staudinger/Magnus, BGB, Artt. 27–37 EGBGB, 13. Bearb. 2002, Einl. Art. 27–37 EGBGB Rz. A 12 und paradigmatisch § 49 Abs. 1 çstIPRG. 276 Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl. 1996, Rz. 1722. 277 Siehe allgemein Ruthig, Vollmacht und Rechtsschein im IPR, 1996, S. 127–130.

Mankowski | 499

Kap. 11 Rz. 116

Internationales Privatrecht

2. Empfangsvollmacht 116 In den AGB der Online-Auktionshuser findet man Klauseln, denen zufolge der Einlieferer dem Online-Auktionshaus Empfangsvollmacht f r eingehende Bietererklrungen erteilt. Die bloße Empfangsvollmacht ist keine Vertretung in der rechtsgeschftlichen Erklrung. Sie legitimiert nicht aktives Handeln des Bevollmchtigten im Außenverhltnis, sondern nur passive Rezeption. Die Aktivitt des Bevollmchtigten vollzieht sich allein im Innenverhltnis, indem er nach dessen Maßgabe eingegangene Erklrungen intern an den Prinzipal weiterleitet. 117 Wenn man fr die Empfangsvollmacht an deren Gebrauchsort anknpft, so liegt dieser in jedem Fall beim Vertreter. Er ist grundstzlich mit jenem Ort gleichzusetzen, wo die Erklrung des Geschftspartners dem Vertreter zugeht. Zur weiteren Ausfllung sind zwei Mçglichkeiten denkbar: Zum einen kann man darauf abstellen, wo die Kommunikationseinrichtung des OnlineAuktionshauses stationiert ist. Zum anderen kann man als Zugangsort generell, zumindest aber vermutungsweise denjenigen Ort ansehen, an welchem sich die konkret agierende Niederlassung des Online-Auktionshauses befindet. Mit dem Grundgedanken der Anknpfung an den Gebrauchsort, nmlich Verkehrsschutz zu gewhrleisten, ist der zweite Ansatz weitaus besser zu vereinbaren. Denn ein Abstellen auf die technische Einrichtung rekurrierte gerade in einem Online-Zusammenhang auf ein Kriterium, welches der externe Geschftspartner nicht zuverlssig beurteilen kann. Man erçffnete dem Online-Auktionshaus damit Gestaltungs-, ja Missbrauchspotential.

XVI. Ankn pfung der Rechts- und Geschftsfhigkeit 1. Grundsatz 118 Die Rechts- und Geschftsfhigkeit des einzelnen natrlichen Beteiligten beurteilt sich gemß Art. 7 Abs. 1 1 EGBGB nach dem Recht desjenigen Staates, welchem der Betreffende angehçrt. Sie beurteilt sich insbesondere nicht nach dem Recht, das auf den jeweils in Rede stehenden Vertrag anwendbar ist. 278 Dies ergibt sich eindeutig aus Art. 1 Abs. 2 lit. a Var. 2 EVJ. Dessen deutsche „Umsetzung“ mag man in Art. 7 EGBGB sehen. 279 Anknpfungspunkt ist vielmehr die Staatsangehçrigkeit des Betroffenen. Kollisionsrecht-

278 Siehe nur Rolf Birk, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38

EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 7 EGBGB Rz. 20. 279 Vgl. nur Soergel/v. Hoffmann, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 37

EGBGB Rz. 5; Martiny, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 37 EGBGB Rz. 8.

500 | Mankowski

XVI. Anknpfung der Rechts- und Geschftsfhigkeit

Rz. 120 Kap. 11

lichen Schutz gegenber einem wirkungsschwcheren Heimatrecht kann bei Inlandsgeschften Art. 12 EGBGB bewirken. 280 Anders als die Anknpfungen nach Artt. 27–37 EGBGB spricht Art. 7 Abs. 1 119 Satz 1 EGBGB eine so genannte Gesamtverweisung aus. Er verweist nicht auf das auslndische Sachrecht, sondern auf das auslndische Internationale Privatrecht. Es gilt die Grundregel des Art. 4 Abs. 1 EGBGB, nicht die Ausnahme dazu aus Art. 35 Abs. 1 EGBGB. Diesen Zwischenschritt gilt es zu beachten. Er kann insbesondere bei einer Verweisung auf eine Rechtsordnung aus dem angloamerikanischen Rechtsraum praktische Bedeutung haben. Denn dort knpft man die hier anstehenden Fragen nicht an die Staatsangehçrigkeit, sondern an das domicile 281 oder an das Vertragsstatut 282 an. 283 Bei einem dauerhaft in Deutschland lebenden Englnder, fr welchen das englische IPR ein domicile of choice in Deutschland annehmen wrde, beurteilte sich die Geschftsfhigkeit also nicht nach englischem, sondern jedenfalls auch nach deutschem Sachrecht.

2. Besonderer Verkehrsschutz durch Art. 12 Satz 1 EGBGB Besonderen Verkehrsschutz gewhrt Art. 12 Satz 1 EGBGB. Wenn ein Ver- 120 trag zwischen Personen geschlossen wird, die sich in demselben Staat befinden, so kann sich eine natrliche Person gegenber einem gutglubigen Vertragspartner nicht auf ihre Rechts- oder Geschftsunfhigkeit nach ihrem Heimatrecht berufen, soweit sie nach dem Recht des Vertragsabschlussstaates rechts- und geschftsfhig wre. Diese Vorschrift hat ihren Ursprung in Art. 11 EVJ, der seinerseits auf den arrÞt Lizardi 284 aus dem Jahre 1861 zurckgeht. Sie orientiert sich als Normalfall an Rechtsgeschften unter Anwesenden. 285 Allerdings ist auch der Abschluss unter Abwesenden erfasst, wenn alle Erklrungen im selben Staat abgegeben und empfangen wer-

280 Zu dessen Anwendbarkeit in Online-Sachverhalten Leible/Sosnitza/Freitag,

Rz. 884 f. 281 Dafr Cooper v. Cooper (1888) 13 App.Cas. 88 (108) (H.L., per Lord Macnaghten);

Union Trust Co. v. Grosman 245 U.S. 412 (1918). 282 Dafr Baindail v. Baindail [1946] P. 122 (128) (C.A., per Lord Greene M.R.);

§ 198 Restatement of Law, Conflict of Laws, 2d; Charron v. Motreal Trust Co. (1958) 15 DLR 2d 240 (244 f.); Bodley Head Ltd. v. Flegon [1972] 1 WLR 680 (Q.B.D., Brightman J.). 283 Nher z.B. Cheshire/North/Fawcett, Private International Law, 13. Aufl. London/Edinburgh/ Dublin 1999, S. 592–594; Dicey/Morris/Collins, The Conflict of Laws, 13. Aufl. London 2000, Rz. 32–215 – 32–222. 284 Cass., D. 1861, 1193 = S. 1861, 1, 305 m. Anm. MassB. 285 Siehe nur Gerfried Fischer, Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, 1990, S. 58 f.

Mankowski | 501

Kap. 11 Rz. 121

Internationales Privatrecht

den. 286 Nur ein Vertragsschluss unter Abwesenden ber eine Grenze hinweg lçst Art. 12 Satz 1 EGBGB nicht aus. 287 121 Es bestehen zwei Voraussetzungen f r ein zu sch tzendes Vertrauen auf die Anwendung des Rechts des Abschlussstaates: Erstens mssen beide Vertragspartner bei Erklrungsabgabe persçnlich in einem Staat gewesen sein. Abgabe einer Erklrung in diesen Staat hinein, also vom Ausland aus, reicht nicht. Zweitens muss der zu schtzende Vertragspartner von einem Inlandsabschluss ausgegangen sein. 288 Umgekehrt gengt die irrige Annahme eines Inlandsabschlusses nicht. 289 Dann ist die objektive erste Voraussetzung nicht gegeben, deren Fehlen nicht durch guten Glauben berspielt werden kann. 122 Bei Online-Abschl ssen per E-Mail fehlt es dagegen an dem subjektiven Moment fr einen in Deutschland Ansssigen z.B. dann, wenn die Adresse des Vertragspartners auf „.fr“, „.at“ oder „.ch“, aber auch wenn die Adresse auf „.com“ oder „.net“ lautet. Die erste Gruppe weist auf eine Lokalisierung außerhalb Deutschlands, die zweite erlaubt berhaupt keine zuverlssige Lokalisierung. Dass der Vertragspartner in Deutsch schreibt, vermag die Annahme eines Inlandsabschlusses ebenfalls nicht zu tragen. Anders verhlt es sich allerdings wieder, wenn der Vertragspartner fr sich eine Adresse in Deutschland angibt. Identifiziert sich der Vertragspartner berhaupt nicht nher, so bleibt es im elektronischen Geschftsverkehr regelmßig bei der Anwendung des Art. 7 Abs. 1 EGBGB, 290 nicht abgemildert durch Art. 12 EGBGB.

XVII. Keine Gnderungen der internationalvertragsrechtlichen Ankn pfung durch E-Commerce-RL und § 4 TDG 123 An den dargelegten Anknpfungen im Internationalen Vertragsrecht ndern die E-Commerce-RL und § 4 TDG nichts Wesentliches. Sie fhrt keine neuen Kollisionsnormen f r das Internationale Vertragsrecht ein. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Abgrenzung zwischen E-Commerce-Richtlinie und EuGVVO, EuGVJ sowie EVJ und einer zuknftigen Rom I-VO leistet Art. 1 Abs. 4 E-Commerce-RL. Er besagt, dass die E-Commerce-RL weder zustzliche Regeln im Bereich des Internationalen Privatrechts schafft noch 286 Gerfried Fischer, Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, 1990, S. 35;

287 288 289 290

Soergel/Kegel, BGB, Bd. X: EGBGB; IPR, 12. Aufl. 1996, Art. 12 EGBGB Rz. 4; Volker Lipp, RabelsZ 63 (1999), 107 (135 f.); Staudinger/Rainer Hausmann, BGB, Artt. 7–12 EGBGB, 13. Bearb. 2000, Art. 12 EGBGB Rz. 49. Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 12 EGBGB Rz. 35; Volker Lipp, RabelsZ 63 (1999), 107 (134). Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 12 EGBGB Rz. 36 a. Spellenberg, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 12 EGBGB Rz. 36 a. Siehe Josef Scherer/Butt, DB 2000, 1009 (1011).

502 | Mankowski

XVII. Keine Rnderungen durch ECRL und § 4 TDG

Rz. 125 Kap. 11

sich mit der Zustndigkeit der Gerichte befast. Dem assistiert Erwgungsgrund (23) E-Commerce-RL, insbesondere dessen zweiter Satz. Dieser veranlasst eine Kontrolle der von den Kollisionsnormen berufenen Sachnormen, aber nicht der Kollisionsnormen selbst am Herkunftslandprinzip. Zwar darf man den Ausschluss des Internationalen Privatrechts insgesamt nicht wçrtlich nehmen, weil Art. 3 Abs. 1 E-Commerce-RL mit dem Herkunftslandprinzip massiv insbesondere in das Internationale Wettbewerbsrecht eingreift (vgl. Rz. 135). Frhere Fassungen von Vorschlgen zur E-Commerce-RL 291 und deren Be- 124 grndung 292 machen jedoch deutlich, dass der Gemeinschaftsrechtsgeber mit der E-Commerce-RL nicht in die bestehenden Staatsvertrge EuGVJ und EVJ eingreifen wollte. Der Respekt vor den Staatsvertrgen ist tragendes Motiv fr Art. 1 Abs. 4 E-Commerce-RL. 293 Fortzuschreiben war dies mit dem Respekt vor den Vorarbeiten zur EuGVVO, 294 wie die EU-Kommission selbst betont. 295 Nur dieser Ansatz stimmt auch mit der grundstzlichen Politik des Rates berein; dieser will den Verbraucherschutz bei grenzberschreitenden Geschften, die unter Einsatz von Informationstechnologien erfolgen, nach den Standards von EuGVJ, LugJ und deren gemeinschaftsrechtlichem Nachfolger gewahrt sehen. 296 Systematisch sind der Respekt vor anderen Rechtsakten des Gemeinschafts- 125 rechts und der Versuch einer Koordination, indem sich die E-Commerce-RL qualifiziert zurcknimmt, mit den ersten vier Lemmata des Anhangs zur E-Commerce-RL zu untermauern. Deutlich in die Richtung, dass die E-Commerce-RL namentlich das Internationale Schuldvertragsrecht nicht neu regeln will, weisen das Fnfte und das sechste Lemma des Anhangs zur E-Commerce-RL, getreulich bernommen in § 4 Abs. 3 Nrn. 1, 2 TDG. Der Anhang fllt Art. 3 Abs. 3 E-Commerce-RL aus, indem er die dort pau291 Erwgungsgrund (7) Vorschlag der Kommission fr eine Richtlinie des Europi-

292

293 294 295

296

schen Parlaments und des Rates ber bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschftsverkehrs im Binnenmarkt vom 23.12.1998, ABl. EG 1999 C 30/4; Erwgungsgrund (7) Genderter Vorschlag der Kommission fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschftsverkehrs im Binnenmarkt vom 1.9.1999, Dok. KOM (1999) 427 endg. . Vorschlag der Kommission fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschftsverkehrs im Binnenmarkt vom 18.12. 1998, Kommentar zu Art. 3 Bem. 3. Abs. Siehe nur Bender/Christian Sommer, RIW 2000, 260 (261). Tettenborn, K&R 1999, 442, 444; K&R 2000, 59 (60 mit Fn. 10); Mankowski, Molengrafica 1999/2000, 97 (132 f.); Mankowski, IPRax 2002, 257 (264). Vorschlag der Kommission fr eine Richtlinie des Europischen Parlaments und des Rates ber bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschftsverkehrs im Binnenmarkt vom 18.12. 1998, Kommentar zu Art. 3 Bem. 3. Abs. Erwgungsgrund (10) Entschließung des Rates vom 19.1.1999 ber die Verbraucherdimension der Informationsgesellschaft, ABl. EG 1999 C 23/1.

Mankowski | 503

Kap. 11 Rz. 126

Internationales Privatrecht

schal bezeichneten Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip ausdrcklich benennt. Die Rechtswahlfreiheit im Internationalen Vertragsrecht soll ebenso unberhrt bleiben wie der gesamte Bereich der Verbrauchervertrge. 297 Zu letzterem sind ohne weiteres und selbst bei grundstzlich weit verstandenem Anwendungsbereich der E-Commerce-RL auch die Regeln des Internationalen Verbrauchervertragsrechts zu zhlen. 298 126 Folgt man dem hier vertretenen engen Verstndnis vom Anwendungsanspruch der E-Commerce-RL nicht, 299 so halten sich die Konsequenzen trotzdem in Grenzen: 300 Artt. 27; 29 EGBGB fallen jedenfalls unter die ausdrcklichen Ausnahmen in § 4 Abs. 3 Nrn. 1, 2 TDG. Damit verbliebe nur noch der Bereich der objektiven Anknpfung. In diesem wrde das Herkunftslandprinzip des § 4 TDG zu gleichen Anknpfungsergebnissen fhren wie Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB, da auch das Herkunftslandprinzip auf die konkret ttige Niederlassung des Marketers als Anknpfungspunkt abstellt. 301 Nur soweit die Ausnahmeklausel des Art. 28 Abs. 5 EGBGB eingriffe, kçnnten sich Unterschiede ergeben, weil das Herkunftslandprinzip keine solche Ausnahmeklausel kennt. 302 Dies betrfe jedoch nur einen sehr schmalen Bereich und wre zudem einer teleologischen Reduktion zu 297 Gerade der ausdrckliche Ausschluss der internationalvertragsrechtlichen Rechts-

298

299 300 301

302

wahlfreiheit aus dem sachlichen Anwendungsbereich des Herkunftslandprinzips mag allerdings wieder Zweifel wecken, ob das IPR insgesamt nicht doch einbezogen ist. Denn eine ausdrckliche Ausnahme scheint nur dann wirklichen Sinn zu machen, wenn der ausgenommene Bereich grundstzlich einbezogen wre. Indes besteht methodisch immer die Alternative, ausdrckliche Ausnahmen auch als bloße Klarstellungen mit deklaratorischem Charakter zu bewerten, deren Inhalt sich auch ohne sie schon aus anderen Regelungen ergeben wrde. Leible, in: Schulte-Nçlke/Rainer Schulze (Hrsg.), Europische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, 1999, S. 353 (386 mit Fn. 100); Spindler, MMRBeilage 7/2000, 4 (12); Spindler, IPRax 2001, 400 (402 f.); Spindler, ZHR 165 (2001), 324 (344 f.); Spindler, RabelsZ 66 (2002), 633 (687); Hans-J+rgen Ahrens, CR 2000, 835 (839); Francq, 60 La. L. Rev. 1071 (1082) (2000); Mankowski, ZvglRWiss 100 (2001), 137 (155); Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (192); Hoeren/Große Ruse, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Electronic Business in Europa, 2002, Kap. K Rz. 48; Fallon/Meeusen, Rev. crit. dr. int. pr. 91 (2002), 435 (477); Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, 2003, S. 897 f.; Grundmann, RabelsZ 67 (2003), 246 (278); Koppenol-Laforce/Xandra Ellen Kramer, NTBR 2003, 256 (257); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 179. Dagegen insbesondere Spindler, IPRax 2001, 400 (402); Spindler, RabelsZ 66 (2002), 633 (684 f.). Ebenso Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 878 f. Mankowski, IPRax 2002, 257 (264) m.w.N.; Glatt, Vertragschluss im Internet, 2002, S. 165; Fallon/Meeusen, Rev. crit. dr. int. pr. 91 (2002), 435 (488); van der Hof, Internationale on-line overeenkomsten, Tilburg 2002, S. 157; Spindler, RabelsZ 66 (2002), 633 (685); Borges, Vertrge im elektronischen Geschftsverkehr, 2003, S. 896; Grundmann, RabelsZ 67 (2003), 246 (276). Spindler, in: Hohloch (Hrsg.), Recht und Internet, 2001, S. 9 (17 f.); Spindler, RabelsZ 66 (2002), 633 (685); Mankowski, ZvglRWiss 100 (2001), 137 (157); Mankowski, IPRax 2002, 257 (264); Glatt, Vertragschluss im Internet, 2002, S. 165 f.

504 | Mankowski

XVIII. Internationale Reichweite des deutschen Gewerberechts

Rz. 128 Kap. 11

unterziehen, um nicht sachgerechte Rigiditt und Unflexibilitt zu vermeiden. 303 Gleiches gilt bei der Anknpfung der Vertragsform. 304

XVIII. Internationale Reichweite des versteigerungsbezogenen deutschen Gewerberechts Nach deutschem Gewerberecht, nmlich § 34b Abs. 6 Nr. 5 lit. b GewO, be- 127 stehen fr Versteigerungen behçrdliche Genehmigungserfordernisse. Dies gilt nach § 34b Abs. 7 GewO auch fr die Eigenversteigerung neuer Ware. Die behçrdliche Konzessionierung nach § 34b GewO soll Kontrolle ausben und gleichzeitig Mindeststandards an Seriositt gewhrleisten. Zum deutschen Gewerberecht mit Relevanz fr Versteigerungen zhlt des Weiteren die VerstV. Diese beruht auf der Verordnungsermchtigung des § 34b GewO. Die Schutzzwecke des deutschen Versteigerergewerberechts bestehen darin, die Bieter vor Jbervorteilung zu bewahren und den regulren Absatzweg von Waren durch den Einzelhandel mçglichst weitgehend sicherzustellen. 305 Ob § 34b GewO Online-Auktionen sachlich erfasst, wird an anderer Stelle in diesem Werk eingehend erçrtert. 306 Ein vorsichtiger Anbieter, der sich rechtstreu verhalten will, wird sich gegenwrtig aber – unabhngig davon, ob er persçnlich deren Ansicht teilt – an der vorliegenden Rechtsprechung 307 orientieren, die eine sachliche Anwendung des § 34b GewO (und in der Folge der VerstV) auf Online-Auktionen bejaht. Die internationale Reichweite des versteigerungsbezogenen deutschen Ge- 128 werberechts richtet sich nicht nach dem Internationalen Schuldvertragsrecht. Vielmehr ist sie im Wege der Auslegung den gewerberechtlichen Normen selber zu entnehmen. Die GewO enthlt zwar keine ausdrckliche Norm, die ihren internationalen Anwendungsbereich regelte. Dies hindert allerdings nicht, dass man ihren einzelnen Normkomplexen im Wege der Auslegung gleichsam implizite internationale Anwendungsnormen abgewinnt. 308 Die Durchsetzung von § 34b GewO und VerstV vollzieht sich anhand dieser autonomen Maßgaben. Soweit sie auf Schuldvertrge einwirken, beanspruchen sie gemß Art. 34 EGBGB Vorrang vor den Ergebnissen der internationalschuldvertragsrechtlichen Anknpfung.

303 Mankowski, IPRax 2002, 257 (264 f.) sowie Borges, Vertrge im elektronischen

Geschftsverkehr, 2003, S. 896. Mankowski, IPRax 2002, 257 (265). Siehe nur BVerwG, GewArch 1998, 241 (242). Oben Kap. 2 Rz. 3–18 (Stefan Ernst). LG Hamburg, MMR 1999, 678 m. Anm. Vehslage = CR 1999, 526 sowie LG Wiesbaden, K&R 2000, 152. 308 Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 (84). 304 305 306 307

Mankowski | 505

Kap. 11 Rz. 129

Internationales Privatrecht

129 Grundstzliches Anknpfungskriterium ist fr versteigerungsbezogenes Gewerberecht der Ort, an welchem die Versteigerung stattfindet. 309 Eine Genehmigungspflicht fr Online-Auktionen muss diese in einem „virtuellen Raum“ ansiedeln. 310 Die Lokalisierung des „virtuellen Raums“ ist von grundlegender Bedeutung fr die Reichweite der Erlaubnispflicht. Denn sie entscheidet darber, ob im Ausland ansssige Versteigerer der Erlaubnispflicht nach § 34b GewO unterliegen und in welchem Umfang eine Ausgrndung von Tochtergesellschaften fr Internet-Auktionen in das Ausland geeignet ist, sich § 34b GewO zu entziehen. 311 130 Jener „virtuelle Raum“ ist jedenfalls nicht berall dort zu lokalisieren, wo die Website des Versteigerers abgerufen werden kann. Dies wre rumliche Streuung und stnde mit der Prmisse, dass rumliche Konzentration gegeben sein soll, in Widerspruch. 312 Ebenso wenig sollte man den Standort des benutzten Servers heranziehen. Statt dessen sollte man sich angesichts von technischer Beliebigkeit des Server-Standorts und Servermehrung durch Caching fr ein unternehmensbezogenes Merkmal entscheiden. 313 Ernsthaft in Betracht kommende Alternativen sind damit allein der Sitz des Auktionshauses oder dessen versteigernde Niederlassung. Da es auf den unternehmensexternen Verkehr ankommt, sollte dies die versteigernde Niederlassung sein, nicht der Sitz, der vorrangig fr unternehmensinterne Vorgnge Bedeutung hat. Diese Wertung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1, 2 EGBGB sollte man in das Gewerberecht transportieren. Sofern nichts anderes ersichtlich ist, ist aber zu vermuten, dass die handelnde Niederlassung am Sitz des Versteigerers liegt. 314 Die Umsetzung der E-Commerce-RL 315 ndert daran nichts. Denn die Anknpfung an die Niederlassung des Dienstleistungserbringers Versteigerer ist eine Herkunftslandankn pfung. Damit entspricht sie sachlich den Vorgaben der Art. 3 Abs. 1 E-Commerce-RL; § 4 Abs. 1, 2 TDG. Das dortige Herkunftslandprinzip lsst sich synonym (und eigentlich genauer, weil es den fr die Herkunft maßgeblichen Anknpfungspunkt benennt) als Niederlassungsprinzip bezeichnen. 316 309 Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts

im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 (84). 310 LG Hamburg, MMR 1999, 678 (679) m. Anm. Vehslage; Heckmann, NJW 2000,

1370 (1374). 311 Mankowski, EWiR § 34 b GewO 1/99, 699 (700). 312 Mankowski, EWiR § 34 b GewO 1/99, 699 (700); Mankowski, in: Leible (Hrsg.),

313

314

315 316

Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 (85). Mankowski, EWiR § 34 b GewO 1/99, 699 (700); Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 (85). Mankowski, EWiR § 34 b GewO 1/99, 699 (700); Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 51 (85). Zum sachrechtlichen Einfluss der E-Commerce-RL auf Online-Auktionen Wiebe, MMR 2000, 323 (327 f.); Stçgm+ller, K&R 1999, 391 (395). Siehe Hamann, ZUM 2000, 290 (291).

506 | Mankowski

XIX. Anknpfung der Preisangabenverordnung

Rz. 131 Kap. 11

XIX. Ankn pfung der Preisangabenverordnung und anderer wettbewerbsrechtlicher Anforderungen 1. Internationalwettbewerbsrechtliche Ankn pfung im Allgemeinen a) Marktortankn pfung

Seit Anfang der 1960er unterwirft die deutsche Rechtsprechung (potentielle) 131 Wettbewerbsverstçße kollisionsrechtlich der Marktortanknpfung und knpft diese an den Ort der wettbewerblichen Interessenkollision an. 317 Ratio dieser Anknpfungsregel ist es, kollisionsrechtlich bedingte Wettbewerbsverzerrungen (dergestalt, dass einer der Wettbewerbsteilnehmer in Folge Anwendbarkeit eines anderen Rechts anderen rechtlichen Rahmenbedingungen unterlge und dadurch einen Wettbewerbsvorteil oder Wettbewerbsnachteil htte) zu verhindern. 318 Erklrtes Ziel ist also, die par conditio concurrentium zu wahren und auf einem Markt einen einheitlichen Ordnungsrahmen fr alle Marktteilnehmer zu schaffen. 319 Geschtzt wird die Marktposition, nicht das Geschftsergebnis. 320 Den Marktsitus bestimmt bei Anbieterwettbewerb der Situs der Marktgegenseite, also der umworbenen potentiellen Kunden. 321 Sind abgrenzbare nationale Mrkte in mehreren Staaten betroffen, sind die Folgen auf den jeweiligen Mrkten grundstzlich je gesondert zu betrachten. 322 Es erfolgt also eine „addierende“ Anknpfung 317 Zuletzt BGH, GRUR 1998, 419 (420) – Gewinnspiel im Ausland = LM H. 7/1998

318

319 320 321

322

§ 13 UWG Nr. 91 m. Anm. Helmut Kçhler; außerdem BGHZ 35, 329 (333 f.) – Kindersaugflaschen = GRUR 1962, 243 m. Anm. Moser v. Filseck; BGHZ 40, 391 (395 f.) – Stahlexport = GRUR 1964, 316 m. Anm. Hoepffner; BGH, GRUR 1971, 153 (154) m. Anm. Droste – Tampax; BGH, GRUR 1977, 672 (673) – WeltweitClub (dazu Schricker, GRUR 1977, 646); BGH, GRUR 1982, 495 (497) – Domgarten-Brand; BGH, GRUR 1988, 453 (454) m. Anm. Klette – Ein Champagner unter den Mineralwssern; BGH, GRUR 1988, 916 (917) – Pkw-Schleichbezug; BGHZ 113, 11 (15) – Kauf im Ausland = GRUR 1991, 463; BGH, GRUR 1994, 447 – Sistierung von Auftrgen; BGH, GRUR 1995, 224 – Kupplungsvorrichtungen. Siehe nur OLG Hamm, NJW-RR 1986, 1047 (1048) – Wçrishofer; Beitzke, JuS 1966, 139 (143); Kreuzer, in: v. Caemmerer (Hrsg.), Vorschlge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhltnisse, 1983, S. 232 (266, 275, 278); Mook, Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb, 1986, S. 42, 44, 54 f.; Rolf Sack, GRUR Int. 1988, 320 (323); Lindacher, FS Hideo Nakamura, Tokyo 1996, S. 321 (325); Gloy/ Wilde, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl. 1997, § 6 Rz. 20. Siehe nur Lindacher, FS Hideo Nakamura, Tokyo 1996, S. 321 (325) m.w.N. Lindacher, FS Hideo Nakamura, Tokyo 1996, S. 321, 327; Mankowski, GRUR Int. 1999, 909. Siehe nur BGH, GRUR 1998, 419 (420) – Gewinnspiel im Ausland; çstOGH, GRUR Int. 1981, 401 (402) – Fremdenverkehrsverband; Rolf Sack, GRUR Int. 1988, 320 (324); Hoeren/Pichler, in: Loewenheim/Frank A. Koch (Hrsg.), Praxis des OnlineRechts, 1998, S. 381 (464); Mankowski, GRUR Int. 1999, 909; Staudinger/v. Hoffmann, BGB, Artt. 38–42 EGBGB, 14. Bearb. 2001, Art. 40 EGBGB Rz. 313. Siehe nur çstOGH, ZfRV 1998/84 S. 245; Schricker, GRUR Int. 1982, 720 (723); Sandrock, GRUR Int. 1985, 507 (522); Rolf Sack, GRUR Int. 1988, 320 (328).

Mankowski | 507

Kap. 11 Rz. 132

Internationales Privatrecht

bei multistate-Wettbewerb. 323Handlungs- und Erfolgsort der allgemeinen internationaldeliktsrechtlichen Anknpfung 324 werden insgesamt durch die Anknpfung an nur ein Lokalisierungskriterium ersetzt. In der Sache wird die Handlungsortanknpfung auf null reduziert, soweit die einzig als relevant in Betracht kommenden Aktivitten des betreffenden Anbieters in einem anderen Staat als jenem des betroffenen Marktes stattfinden. 325 132 Obwohl nicht ausdrcklich kodifiziert ist dies unter dem reformierten Internationalen Deliktsrecht der Artt. 40–42 EGBGB fortzuschreiben. 326 Es ist weder ersichtlich noch wre es sachlich gerechtfertigt, dass die Nichterwhnung des Internationalen Wettbewerbsrecht zwingend eine Rckkehr zu allgemein internationaldeliktsrechtlichen Anknpfungsregeln und damit einen erheblichen Schritt zurck bedeutete. 327 Der deutsche Gesetzgeber hat es vielmehr angesichts der Flexibilitt der internationaldeliktsrechtlichen Anknpfungsregeln nicht fr nçtig gehalten, eine ausdrckliche Sonderregel fr Wettbewerbsverstçße zu kodifizieren. 328 Darin liegt keineswegs eine Entscheidung der Legislativorgane gegen die Marktortanknpfung. Vielmehr kommt darin deren Wunsch zum Ausdruck, diese beizubehalten. Allerdings ist dieser Ausdruck nur unvollkommen. Außerdem sucht er sich den falschen Weg, 329 indem er auf die Flexibilitt der Anknpfungsregeln verweist und dadurch indirekt Art. 41 EGBGB ins Spiel bringt. 330 133 Fr Internet-Sachverhalte ist die Marktortanknpfung durch ein Sp rbarkeitskriterium sachgerecht auszugestalten. 331 Die betreffende Maßnahme muss sich auf einem Markt sprbar ausgewirkt haben, damit dessen Wettbewerbsrecht zur Anwendung kommt. Bei Online-Werbung ist insoweit die objektive Ausrichtung der Website maßgeblich. 332 Kriterien, um diese 323 324 325 326

327 328

329 330 331

332

Siehe Schricker, in: Großkommentar zum UWG, 9. Lfg., 1994, Einl. Rz. F 185, 189. Siehe Art. 40 Abs. 1 S. 1, 2 EGBGB. Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (910). Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (909 f.); Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 40 EGBGB Rz. 11; Dethloff, JZ 2000, 179 (180 f.); v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 11 Rz. 51; Rolf Sack, WRP 2000, 269 (272); Abbo Junker, RIW 2000, 241 (251) sowie Schack, MMR 2000, 59 (61); Kegel, in: Kegel/ Schurig, Internationales Privatrecht, 8. Aufl. 2000, S. 629–631 (§ 18 Abs. 4 1 a bb). Nher Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (909 f.). Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht fr außervertragliche Schuldverhltnisse und Sachen, BT-Drs. 14/343, 10. Eingehend Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (910). So versteht die Gesetzesmaterialien z.B. Abbo Junker, RIW 2000, 241 (251). Dethloff, NJW 1998, 1596 (1600); Ralf Wegner, CR 1998, 676 (681 f.); Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (916); Rolf Sack, WRP 2000, 269 (278); auch Spindler, ZUM 1996, 533 (561); Omsels, GRUR 1997, 328 (332); Frank A. Koch, Internet-Recht, 1998, S. 286 f.; Bornkamm, in: Bartsch/Lutterbeck (Hrsg.), Neues Recht fr neue Medien, 1998, S. 99 (114). Siehe nur OLG Frankfurt, K&R 1999, 138 m. Anm. Kotthoff; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 40 EGBGB Rz. 12.

508 | Mankowski

XIX. Anknpfung der Preisangabenverordnung

Rz. 135 Kap. 11

objektive Ausrichtung beurteilen zu kçnnen, sind Zuschnitt und Marktbedeutung des Anbieters, der Charakter der beworbenen Leistung und (eingeschrnkt) die Sprache des Angebots sowie die angegebenen Zahlungs- und Versandmodalitten. 333 Nicht jeder vereinzelte Vertragsabschluss ist wettbewerbsrechtlich relevant. 334 Die Haftung fr eine Fçrderung fremden Wettbewerbs richtet sich danach, 134 welche Mrkte das unmittelbare Angebot objektiv anvisiert. 335 Diese Haftung bestimmt sich fr Online-Auktionshuser also danach, welche Mrkte der jeweilige Verußerer objektiv im Blick hat. Denn der Verußerer benutzt die Online-Versteigerung als einen Absatzkanal und betreibt, wenn er unternehmerisch ttig ist, damit Wettbewerb. b) Herkunftslandprinzip, europischer Binnenmarkt, E-Commerce-RL und § 4 TDG

Das Herkunftslandprinzip aus § 4 Abs. 2 TDG und Art. 3 Abs. 1 E-Commer- 135 ce-RL bringt einen massiven Einschnitt fr wettbewerbsrechtliche Sachverhalte im Binnenmarkt. Die Marktortanknpfung ist eine Bestimmungslandanknpfung, also das genaue Gegenteil einer Herkunftslandankn pfung. Im Binnenmarkt kehrt sich fr den gesamten E-Commerce die internationalwettbewerbsrechtliche Anknpfung also um. 336 Rechtspolitisch mag man dies ablehnen. 337 Trotzdem muss man den deutlichen Willen des europischen Gesetzgebers und diesem folgend des deutschen Gesetzgebers akzeptieren. 338 Das Herkunftslandprinzip ist richtigerweise als Kollisionsnorm zu verstehen. 339 § 2 Abs. 6 Var. 1 TDG und Art. 1 Abs. 4 Var. 1 E-Commer333 Nher Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (917–919); Mankowski, CR 2000, 763

334 335 336

337

338 339

jeweils m.w.N.; außerdem z.B. OLG Frankfurt/M., K&R 1999, 138 m. Anm. Kotthoff; OLG Bremen, CR 2000, 770 = OLG-Report Bremen/Hamburg/Schleswig 2000, 179 (180); Kotthoff, CR 1997, 676 (682); Rosenthal, AJP 1997, 1340 (1348); R+ßmann, K&R 1998, 129 (134); R+ßmann, K&R 1998, 422 (424 f.); Ralf Wegner, CR 1998, 676 (680 f.); Frank A. Koch, CR 1999, 121 (124 f.); Mankowski, EWiR § 1 UWG 7/99, 471 (472); Mankowski, EWiR § 24 UWG 1/2000, 651 (652). Anders wohl Leible/Sosnitza/Freitag, Rz. 913. Mankowski, GRUR Int. 1999, 995 (1003). Ebenso z.B. Spindler, in: Jrgen F. Baur/Mansel (Hrsg.), Systemwechsel im europischen Kollisionsrecht (2002), 107 (118 f.); Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 151; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 173. Siehe Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (913–915); Mankowski, FS 75 Jahre MaxPlanck-Institut fr Privatrecht, 2001, S. 595; Mankowski, IPRax 2004; Stefan Ernst, VuR 1999, 397 (400 f.); Rolf Sack, WRP 2000, 269 (282 f.); Hanika, MedR 2000, 205 (206–208). Siehe Kieninger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 121 (130). Ausfhrliche Begrndung bei Mankowski, ZvglRWiss 100 (2001), 137 (138–150); Mankowski, IPRax 2002, 257 (258–263); Mankowski, EWS 2002, 401 (402–408); Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003,

Mankowski | 509

Kap. 11 Rz. 136

Internationales Privatrecht

ce-RL vermçgen mit ihren gegenteiligen Behauptungen die Realitt nicht zu ndern und sind auf null zu reduzieren. Fr Online-Werbung ist nach § 4 Abs. 2 TDG das Recht der Niederlassung des Anbieters anzuwenden, sofern diese Niederlassung sich im EU/EWR-Raum befindet. § 20 Abs. 1 ECG 340 in Isterreich und Art. 2 § 4 E-Commerce-Gesetz 341 in Luxemburg formulieren dies deutlicher und besser. 342

2. Qualifikation a) Allgemeines

136 Die internationalwettbewerbsrechtliche Anknpfung erfasst sachlich alle privatrechtlichen Normen, welche der Marktsteuerung zum Schutz der Allgemeinheit, der Konkurrenten und der Marktgegenseite dienen, 343 also alle Normen, welche den qualititativen Aspekt von Wettbewerb schtzen. 344 Dies gilt fr deren Tatbestands- wie deren Rechtsfolgenseite, also Voraussetzungen und Folgen eines inkriminierten Verhaltens. 345 Wettbewerbsrechtlich zu qualifizieren sind daher die rechtliche Beurteilung von Werbemaßnahmen, 346 Anlockmechanismen, Laienwerbung und Rabattankndigungen. 347 b) PreisangabenVO

137 Die Preisangabenverordnung dient der Markttransparenz. Sie soll dem prospektiven Kunden einen preisbezogenen Vergleich der angebotenen Leistung

340

341 342 343

344

345 346 347

S. 83–98; Naskret, Das Verhltnis zwischen Herkunftslandprinzip und Internationalem Privatrecht in der Richtlinie zum elektronischen Geschftsverkehr, 2003, S. 51–108; Th+nken, Das kollisionsrechtliche Herkunftslandprinzip, 2003, S. 67–84. Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschfts- und Rechtsverkehrs geregelt werden, vom 22.11.2001 (E-Commerce-Gesetz), çstBGBl. I 2001/152. Loi du 14 aojt 2000, M_moire luxemburgeoise du 8 septembre 2000, 2176. Mankowski, IPRax 2002, 257 (262). Siehe nur Kreuzer, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 38 EGBGB Rz. 226; Staudinger/v. Hoffmann, BGB, Artt. 38–42 EGBGB, 14. Bearb. 2001, Art. 40 EGBGB Rz. 318. Hague Conference on Private International Law, Note on Conflicts of Law on the Question of Unfair Competition: Background and Updated, drawn up by the Permanent Bureau (Christophe Bernasconi), Prel. Doc. No 5, April 2000, S. 7. Kreuzer, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 38 EGBGB Rz. 254. Siehe nur Rolf Sack, GRUR 1988, 320 (322–324) m.w.N.; Christoph Beckmann, WRP 1993, 651 (654). Namentlich BGH, GRUR 1977, 672 (673) – Weltweit-Club.

510 | Mankowski

XX. Internationales Immaterialgterrecht

Rz. 139 Kap. 11

mit konkurrierenden Leistungen anderer Anbieter ermçglichen. 348 Als Marktgestaltungs- und privatrechtliches Marktordnungsrecht ist sie wettbewerbsrechtlich zu qualifizieren. 349 c) Verletzung çffentlich-rechtlicher Erfordernisse als Vorfrage

Iffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse haben mittelbare Rele- 138 vanz auch fr das Wettbewerbsrecht. Denn ihre Verletzung kann die Kosten des Rechtsverletzers reduzieren und diesem Vorteile im Wettbewerb bringen. Das deutsche Wettbewerbs(sach)recht kennt daher unter § 4 Nr. 11 UWG die Fallgruppe des wettbewerbswidrigen Rechtsbruchs. Dadurch werden jene çffentlich-rechtlichen Erfordernisse aber nicht zu genuin wettbewerbsrechtlichen Vorschriften. Sie unterliegen nicht der internationalwettbewerbsrechtlichen Anknpfung. Aus der Sicht des Internationalen Wettbewerbsrecht bleibt die Verletzung çffentlich-rechtlicher Erfordernisse eine so genannte Vorfrage. 350 Diese stellt sich, wenn das berufene Wettbewerbs(sach)recht einen Tatbestand nach Art des Rechtsbruchs kennt. Rechtsbruch kann nur vorliegen, soweit die mçglicherweise verletzte Norm berhaupt anwendbar sein will. Ob sie anwendbar ist, kann nur sie selber bzw. der Rechtskomplex, dem sie entstammt, bestimmen. In Bezug genommene çffentlich-rechtliche Erfordernisse sind also weiterhin nach eigenen Maßstben anzuknpfen. Diese Maßstbe sind aus den betreffenden çffentlich-rechtlichen Normen selbst zu entwickeln. 351 Es geht darum, deren internationalen Anwendungsbereich zu bestimmen. Fr § 34b GewO wurde dies oben (vgl. Rz. 112–115) exemplarisch getan.

XX. Internationales Immaterialg terrecht 1. Ankn pfung Traditionell richtet sich das deutsche Internationale Immaterialgterrecht 139 nach dem so genannten Schutzlandprinzip. Anzuwenden ist das Recht des Staates, fr dessen Gebiet Schutz auf Grund eines fr diesen Staat bestehenden Immaterialgterrechts behauptet wird. Fr Schutz in mehreren Staaten 348 Siehe nur Begrndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Re-

gelung von Preisangaben, BT-Drs. 10/1526, 4 sub A; Begrndung zur Verordnung ber Preisangaben vom 10.5.1973, BAnz. Nr. 97 vom 24.5.1973, S. 3 sub I 1; Begrndung zur Verordnung ber Preisangaben, BAnz. Nr. 70 vom 13.4.1985, S. 3730 sub A; VGH Lneburg, GewArch 1993, 83 (84). 349 Mankowski, GRUR 1995, 539 (540). 350 Siehe Schricker, GRUR 1977, 646 (648); Schricker, in: Großkommentar zum UWG, 9. Lfg., 1994, Einl. Rz. F 214; Katzenberger, IPRax 1981, 7 (8); Rolf Sack, IPRax 1992, 24 (27 f.); Mankowski, GRUR Int. 1999, 995 (1002) m.w.N. 351 Siehe nur Mankowski, RIW 1998, 287 (290); Gerfried Fischer, FS Bernhard Großfeld, 1999, S. 277 (287).

Mankowski | 511

Kap. 11 Rz. 140

Internationales Privatrecht

bedarf der Rechtsinhaber eines Bndels von Einzelrechten, deren jedes nur fr einen bestimmten Staat gilt. 352 Nach deutschem Immaterialgterrecht beurteilt sich also einerseits die potentielle Verletzung eines US-Patents nach dem Recht der USA und gilt andererseits jenes US-Patent nur fr die USA. Fr Deutschland verleiht ein US-Patent danach keine Rechte. 140 Durch das Internet ist das Schutzlandprinzip unter starken Druck geraten. Jedoch hat sich bisher keine der denkbaren Alternativen etablieren kçnnen. Namentlich hat sich bisher keine Anknpfung an den Sitz des Rechtsinhabers, ein sonstiges Herkunfts- oder Ursprungslandprinzip oder ein Universalittsprinzip durchsetzen kçnnen. 353 Die Rechtspraxis sollte daher von der Fortgeltung des Schutzlandlandsprinzips auch fr Internet-Sachverhalte ausgehen. 354 Jedenfalls erscheint dies gegenwrtig als der (noch) sicherste Weg, so sehr er auch mit praktischen Anwendungsschwierigkeiten gepflastert sein mag. 141 Die Haftung des Marktplatzbetreibers oder Online-Auktionshauses ist grundstzlich eigenstndig anzuknpfen. 355 Allerdings kçnnte man daran denken, sie – gegebenenfalls ber Art. 41 Abs. 1 EGBGB – akzessorisch dem Statut der Haftung des eigentlichen Haupttters zu unterwerfen. 356 Dafr sprche immerhin, Haupttter und Gehilfen nach nur einem Recht haften zu lassen

352 Zuletzt BGHZ 126, 252 – Folgerecht bei Auslandsbezug = JZ 1995, 354 m. Anm.

353

354

355 356

Schack; BGHZ 129, 66 – Mauer-Bilder = JZ 1995, 835 m. Anm. Schack; BGHZ 136, 380 (387, 389) – Spielbankaffaire = JZ 1998, 1015 m. Anm. Schack; BGH, NJW 2003, 1609 – Sender Felsberg. Aus der Diskussion siehe in Deutschland insbesondere Hoeren/Thum, in: Dittrich (Hrsg), Beitrge zum Urheberrecht, Wien 1997, S. 78 (ISGRUM , Bd. 20); Intveen, Internationales Urheberrecht und Internet, 1999; Schack, MMR 2000, 59 (61–64); Muth, Die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, 2000; Kur, WRP 2000, 935; Ohly, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 135; Spindler, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 155; Plenter, Internetspezifische Urhberrechtsverletzungen – eine kollisionsrechtliche Herausforderung fr Europa?, 2004, und im Ausland Ginsburg, 15 Cardozo Arts & Ent. L.J. 153 (1997); Ginsburg, Rec. des Cours 273 (1998), 239 (erschienen 1999); Geller, Colum.-VLA J. L. & Art. 571 (1996); Reindl, 19 Mich. J. Int’l. L. 799 (1998); Driscoll, 20 U. Pa. J. Int’l. Econ. L. 939 (1999); Kur, [2002] EIPR 175; Dreyfuss/Ginsburg, CRi 2003, 33. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich sind die ersten einschlgigen Flle mit dem Schutzlandprinzip angegangen worden; siehe OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814 – intel m. Anm. Mankowski; OLG Hamburg, MMR 2002, 822 – hotel-maritime.dk; TGI Bordeaux, Gaz.Pal. 1997, 1, 245 m. Anm. Rojinski; TGI Draguignan, Les Petites Affiches Nr. 29 vom 9.3.1998, 16 m. Anm. Dreyfus-Weill. LG Mnchen I, RIW 2000, 466 (467) wendet in einem Markenrechtsverletzungsfall Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB an und gelangt zum Ort der Abrufbarkeit als Erfolgsort. Siehe Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (286–288). Dafr Spindler, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 155 (177 f.).

512 | Mankowski

XX. Internationales Immaterialgterrecht

Rz. 142 Kap. 11

und den Regress im Innenverhltnis zu erleichtern. 357 Der Gehilfe begeht untersttzendes Unrecht. 358 Indes wird dieser letztlich vom Sachrecht getragene Gedanke schwcher, soweit dem Marktplatzbetreiber eine eigene Gefhrdungshaftung auferlegt ist und er damit eigenes, nicht nur vermitteltes Unrecht begeht. 359 Außerdem belastet man sich bei akzessorischer Anlehnung an die Haftung des Haupttters mit eventuellen Schwierigkeiten, den Haupttter zu ermitteln. 360 Anders als im allgemeinen Internationalen Deliktsrecht verursacht dies allerdings unter dem Schutzlandprinzip keine Schwierigkeiten bei der Ausfllung des Anknpfungspunktes. Jedenfalls vermittelt eine Haftung dem Marktplatzbetreiber sinnvolle Anreize, Zugang und Angebote auf seinem Marktplatz zu kontrollieren. 361 Den Regress drfte allerdings der Vertrag zwischen Teilnehmer und Marktplatzbetreiber regieren, so dass es insoweit fr das Innenverhltnis nicht auf das Statut der jeweiligen Haftung im Außenverhltnis ankommen muss.

2. Qualifikation Immaterialgterrechtlich sind fr die Zwecke des Internationalen Privat- 142 rechts zu qualifizieren: Entstehen, Bestand, Umfang, Schutz 362 und mçgliche Verletzung von Urheber-, Marken-, Patent-, Gebrauchsmuster-, Warenzeichenrechten sowie sui generis-Schutzrechten an Gestaltungen oder Informationen (z.B. nach Art des § 87a UrhG); die dazugehçrigen Voraussetzungen und Sanktionen; Rechte auf Schutzrechte, Rechte aus Schutzrechtsanmeldungen und Priorittsrechte. 363 Eine differenzierende Auffassung mçchte auf ersten Erwerb und Jbertragbarkeit zumindest einiger Immaterialgterrecht das Recht des Ursprungslandes anwenden, 364 whrend starke Stim357 Spindler, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im

358 359 360 361

362 363 364

Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 155 (177) und allgemein Brandt, Die Sonderanknpfung im Internationalen Deliktsrecht, 1993, S. 67 f.; Kreuzer, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Art. 38 EGBGB Rz. 284; Bamberger/Herbert Roth/Spickhoff, BGB, Bd. III; 2003, Art. 40 EGBGB Rz. 9. Siehe BGH, GRUR 1982, 495 (497) – Domgarten-Brand; BGH, GRUR 1998, 419 (420) – Gewinnspiel im Ausland; RG, JW 1931, 1904 (1905). Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (288). Vgl. Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (288). Insoweit bereinstimmend Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (288); Spindler, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 155 (178). Siehe nur BGHZ 126, 252 (255) – Folgerecht bei Auslandsbezug; BGHZ 136, 380 (387) – Spielbankaffaire. Kreuzer, in: Mnchener Kommentar zum BGB, Bd. X: Artt. 1–38 EGBGB; IPR, 3. Aufl. 1998, Nach Art. 38 EGBGB Anh. II Rz. 6. Dafr namentlich Schack, Zur Anknpfung des Urheberrechts im Internationalen Privatrecht, 1979, passim; Schack, IPRax 1993, 46 (48); Schack, JZ 1998, 753 (761); Schack, MMR 2000, 59, 63; Schack, in: 50 Jahre BGH – FG aus der Wissenschaft, Bd. II, 2000, S. 677 (693 f.); Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2.

Mankowski | 513

Kap. 11 Rz. 142

Internationales Privatrecht

men 365 und insbesondere die Rechtsprechung 366 an der allgemeinen Anknpfung und der lex protectionis festhalten wollen.

Aufl. 2001, Rz. 900 ff.; Schack, IPRax 2003, 141 f.; Wandtke/Bullinger/v. Welser, Urheberrecht, 2002, Vor § 120 UrhG Rz. 11 sowie Paul Heinrich Neuhaus, RabelsZ 40 (1976), 191 (195). 365 Z.B. Eugen Ulmer, RabelsZ 40 (1976), 308 (309 f.); Schricker/Katzenberger, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, Vor § 120 UrhG Rz. 129; Mçhring/Nicolini/Hartmann, UrhG, 2. Aufl. 2000, Vor § 120 UrhG Rz. 3 f. 366 BGHZ 136, 380 (387) – Spielbankaffaire.

514 | Mankowski

Kapitel 12 Internationale Zustndigkeit

I. Ebersicht . . . . . . . . . . . . . II. Schiedsklauseln . . . . . . . . . 1. Grundstzliches . . . . . . . . 2. Schiedsklauseln im B2C-Bereich III. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2B-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichtsstandsvereinbarungen a) Grundstzliches . . . . . . b) Elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen . . . c) Gerichtsstandsvereinbarungen außerhalb von EuGVVO und EuGVJ/LugJ . . . . . d) Gerichtsstandsvereinbarung fr Versteigerungskauf ber Versteigerungs-AGB . . . . 2. Allgemeiner Gerichtsstand . 3. Besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes . . . . . . . . a) Erfllungsort unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO . . . . b) Erfllungsort unter Art. 5 Nr. 1 litt. a, c EuGVVO, Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ/LugJ und § 29 ZPO . . c) Erfllungsortsvereinbarungen 4. Niederlassungsgerichtsstand nach Art. 5 Nr. 5 EuGVJ/LugJ bzw. § 21 ZPO . . . . . . . . .

1 3 3 6

11 11 11 13 16 18 23 26 26

33 38 39

5. Besonderer Gerichtsstand des Vermçgens gegen Drittstaatler aus § 23 ZPO . . . . . . . . . IV. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2C-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . 1. Europisches Internationales Verbraucherprozessrecht . . a) Persçnliche, sachliche und situative Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . b) Situative Voraussetzungen unter Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . 2. Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht . . V. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im C2C-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . VI. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Wettbewerbsstreitigkeiten . . . . . 1. Allgemeiner Gerichtsstand . 2. Deliktsgerichtsstand . . . . 3. Einstweiliger Rechtsschutz . 4. Gerichtsstandsvereinbarungen VII. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Immaterialg terrechtsverletzungen . .

41

42 42 42 47 51 56

58

59 59 61 67 68

69

Literatur: Boele-Woelki, Internet und IPR: Wo geht jemand ins Netz?, BerDGesVR 39 (2000), 307; de Bra, Verbraucherschutz durch Gerichtsstandsregelungen im deutschen und europischen Zivilprozessrecht, 1992; Benedikt Buchner, E-Commerce und effektiver Rechtsschutz – oder: Wer folgt wem wohin?, EWS 2000, 147; B+cker, Internet-Auktionen – Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 2003; Caprioli, Reglement des litiges internationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002; DebusserB, International Jurisdiction over Consumer Contracts in the European Union: Quid Novi sub Sole?, (2002) 10 Int. J. L. & Info. Tech. 344; Foss/Bygrave, International Consumer Purchases through the Internet: Jurisdictional Issues pursuant to European Law, (2000) 8 Int. J. L. & Info. Tech. 99; Ganssauge, Internationale Zustndigkeit und anwendbares Recht bei Verbrauchervertrgen im Internet, 2004; Abbo Junker, Internationales Vertragsrecht im Internet, RIW 1999, 809; Kaufmann-Kohler, Choice of Court and Choice of Law Clauses in Electronic Contracts, in: Jeanneret (ed.), Aspects juridiques du commerce _lectronique, Zrich 2000; Dirk Langer, Vertragsanbahnung und Vertrags-

Mankowski | 515

Kap. 12 Rz. 1

Internationale Zustndigkeit

schluss im Internet, Forum Int. 1999, 1; Leible, Internationales Zivilverfahrensrecht, in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet, 2004, S. 390; Mankowski, Das Internet im Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht, RabelsZ 63 (1999), 203; Mankowski, Anwendbares Recht und internationale Zustndigkeit im E-Commerce, in: Nils Goldschmidt (Hrsg.), Perspektiven der Wissensgesellschaft, Baden-Baden 2000; Mankowski, E-Commerce und Internationales Verbraucherschutzrecht, Beilage zu MMR 7/2000, 22; Pichler, Internationale Gerichtszustndigkeit im Online-Bereich, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1998 (1999), 229; Marianne Roth, Gerichtsstand und Kollisionsrecht bei Internetgeschften, in: Peter Gruber/Mader (Hrsg.), Internet und E-Commerce, Wien 2000, S. 157; Schaltinat, Internationales Verbraucherprozessrecht, 1998; Scheuermann, Internationales Zivilverfahrensrecht bei Vertrgen im Internet, 2004; Spindler, Internationales Verbraucherschutzrecht und Internet, MMR 2000, 18; Esther Teuber, Die internationale Zustndigkeit bei Verbraucherstreitigkeiten, 2003; Vasiljeva, 1968 Brussels Convention and EU Council Regulation No. 44/2001 – Jurisdiction in Consumer Contracts Concluded Online, (2004) 10 Eur. L.J. 123; Nina Walter, Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB bei Online-Auktionen, in: Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353

I. Ebersicht 1 Der Frage nach dem anwendbaren Recht vorgelagert und im konkreten Fall immer zuerst zu beantworten ist die Frage nach der internationalen Zustndigkeit. Die internationale Zustndigkeit ist maßgeblich dafr, die Gerichte welches Staates oder welcher Staaten zur Entscheidung ber den Fall berufen sind. Des Weiteren zieht die internationale Zustndigkeit immer das anwendbare Kollisionsrechtsregime nach sich. Denn nach einer ungeschriebenen Regel ist das IPR, von dem man auszugehen hat, jenes des Gerichtsstaates. 1 Fr den Rechtsberater ist das Bestehen oder Nichtbestehen einer inlndischen internationalen Zustndigkeit zugleich die Wasserscheide, ob er das Mandat vollstndig weiterbetreuen kann oder ob er eventuell einen auslndischen Kollegen hinzuziehen sollte. 2 Gestaltungspotential erçffnen im Zustndigkeitsbereich zuvçrderst Schiedsklauseln (II, Rz. 3 ff.). Fr die internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte sind im vertragsrechtlichen Bereich zwei verschiedene Gerichtsstandregimes zu unterscheiden: eines fr B2B-Vertrge (III, Rz. 11 ff.) und fr C2C-Geschfte (V, Rz. 58), das andere fr B2C-Geschfte (IV, Rz. 42 ff.). Wieder andere Gerichtsstnde bestehen in Wettbewerbsstreitigkeiten (VI, Rz. 59 ff.). Dort finden zumeist nur Eilverfahren statt. Besonderes Augenmerk hat deshalb dem einstweiligen Rechtsschutz in Wettbewerbssachen zu gelten. Ein kurzer Blick gilt schließlich den Gerichtsstnden bei Immaterialgterrechtsverletzungen (VII, Rz. 69). 1 Siehe nur BGHZ 44, 46 (50); BGHZ 60, 85 (91); BGH, WM 1997, 1113 (1114); Geimer,

Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. (2001), Rz. 58, 94, 1924; Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, Bd. I: Allgemeine Lehren, 2. Aufl. 2003, § 5 Rz. 153; Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Vor Art. 3 EGBGB Rz. 1 f.

516 | Mankowski

II. Schiedsklauseln

Rz. 4 Kap. 12

II. Schiedsklauseln 1. Grundstzliches Wichtigstes Gestaltungsinstrument, um Streitigkeiten zu kanalisieren, sind 3 im internationalen Handelsverkehr Schiedsklauseln. Schiedsklauseln bleiben auch fr die Streitbeilegung im E-Commerce zwischen Unternehmen ein geeignetes Instrument. 2 Dies gilt auch fr Online-Auktionen. Bisher sind Schiedsklauseln in den Versteigerungs-AGB von Online-Auktionshusern zwar eher selten. Dies muss jedoch in Zukunft nicht so bleiben. Außerdem kçnnen auf die eigentlichen Verußerungsgeschfte Schiedsklauseln in Verkaufs-AGB des Verußerers oder in Einkaufs-AGB des Erwerbers durchschlagen. Dies rechtfertigt jedenfalls, sich mit Schiedsvereinbarungen namentlich unter den Aspekten des E-Commerce zu befassen. Ob das Schiedsgericht ein Online-Schiedsgericht oder ein traditionelles, lokal 4 tagendes, ein institutionelles oder ein ad hoc gebildetes Schiedsgericht ist, macht fr die Anforderungen, die fr die Wirksamkeit einer internationalen Schiedsklausel bestehen, keinen Unterschied. Zu beachten ist fr internationale Schiedsklauseln das Schriftformerfordernis des Art. II (2) UNJ. Dieses scheint zwar zunchst eine unberwindbare Hrde fr elektronische Schiedsvereinbarungen darzustellen. Es ist jedoch dynamisch zu interpretieren und wird letztlich auch durch click wrap arbitration agreements erfllt. Das UNJ stammt von 1958. Damals waren Telegramm und Telex die neuesten Kommunikationstechniken, sofern die Erklrung und der Erklrende hinlnglich verlsslich dokumentiert sind. Bewusst haben die Vter des UNJ diese beiden Techniken in Art. II (2) UNJ gesondert erwhnt. Man wollte den internationalen Handel nicht durch Formalisierungen behindern, sondern den Anforderungen des Handels Rechnung tragen. Dem liefe ein Sperren gegenber neuen Entwicklungen diametral zuwider. 3 Dementsprechend erfllen anerkanntermaßen auch Schiedsvereinbarungen in Telefaxen (einer Technik, an die man 1958 noch nicht denken konnte) die Schriftform des Art. II (2) UNJ. 4 In dieser Norm ist eine Iffnung fr die jeweils neuesten im Handel gebruchlichen Kommunikationstechniken konzeptionell angelegt. 5 2 Zu Schiedsklauseln in AGB Oliver Sieg, RIW 1998, 102 (105–108); Raeschke-Kess-

ler, WM 1998, 1205. 3 Arsic, 14 (3) J. Int. Arb. 209 (216) (1997); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (214);

B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 292; Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 944. 4 Siehe nur App. Genova, dir.Mar. 92 (1990), 348 (349 f.); Wackenhuth, ZZP 99 (1986),

445 (464 f.); Peter Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1989, Rz. 373; Lindacher, FS Walther J. Habscheid, 1989, S. 167 (170 f.); Karl Heinz Schwab/Gerhard Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 44 Rz. 7. 5 Siehe nur Adrian Staehelin, FS Oscar Vogel, Fribourg 1991, S. 95 (106); Klaus Peter Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992, S. 102; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (214) m.w.N.; Redfern/Martin Hunter, Law and Practice of International Commercial Arbitration, 3. Aufl. London 1999, Rz. 3–09 – 3–11.

Mankowski | 517

Kap. 12 Rz. 5

Internationale Zustndigkeit

5 Fr eine dynamische Auslegung spricht auch eine Bercksichtigung des UNCITRAL Model Law von 1985, 6 das heute zur Vorlage fr die modernen Schiedsrechte der Welt geworden ist. 7 Dessen Art. 7 Abs. 2 Satz 2 sieht die Schriftform erfllt bei einer Form der Nachrichtenbermittlung, die einen Nachweis der Vereinbarung erlaubt. Den damit gestellten geringen Anforderungen der visuellen Wahrnehmbarkeit und physischen Reproduzierbarkeit gengen elektronische Schiedsvereinbarungen, soweit der Erklrende erkennbar ist. 8 Dies ist auf Art. II (2) UNJ zu bertragen. 9 Der sichere Weg, mit dem man jede sptere Streitigkeit um die Formwirksamkeit der Schiedsklausel vermeidet, ist aber immer noch die schriftliche Besttigung, sei es auch per Fax. 10

2. Schiedsklauseln im B2C-Bereich 6 Schiedsklauseln kçnnen auch im B2C-Bereich begegnen. Sie sind keineswegs auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmen beschrnkt. Bei Online-Auktionen kçnnen sie wiederum auf zwei Wegen einfließen: Zum einen sind Schiedsklauseln in Versteigerungs-AGB von Online-Auktionshusern denkbar, die Geltung auch fr die Verußerungsgeschfte beanspruchen (vgl. Rz. 10). Zum anderen kçnnen die Verkaufs-AGB professioneller Verußerer Schiedsklauseln enthalten. 7 Zustndigkeitsrechtlicher Schutz etwa nach dem Vorbild der Artt. 17 EuGVVO; 15 EuGVJ/LugJ (vgl. Rz. 42 f.) besteht fr Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern nicht. 11 Fr Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, verlangt § 1031 Abs. 5 Satz 1, 2 ZPO allein die eigenhndige Unterzeichnung einer gesonderten Urkunde, ersatzweise eine elektronische Signatur unter ein gesondertes elektronisches Dokument. 12 Diese Vorschrift hat ihre Bedeutung im nationalen Bereich. Im internationalen Bereich wird sie durch Art. II (2) UNJ verdrngt. Denn das UNJ verdrngt alle 6 UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration, as adopted in

7 8

9

10 11 12

the United Nations Commission on Trade Law on June 21, 1985, UN-Document A/40/17. Z.B. fr das mit Wirkung zum 1.1.1998 reformierte deutsche Schiedsrecht in §§ 1025 ff. ZPO. Siehe nur Klaus Peter Berger, DZWir 1998, 45 (49); Rolf M. Winkler/Weiland, BB 1998, 597 (601); Manja Epping, Die Schiedsvereinbarung im internationalen privaten Rechtsverkehr nach der Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts, 1999, S. 69; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 1031 ZPO Rz. 2. Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (215 f.); Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (322) m.w.N.; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 292 f.; Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 944 f. sowie Peter Jung, K&R 1999, 63 (66). Zustimmend Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 945. Rechtspolitisch fr eine Analogie zu Artt. 17 EuGVVO; 15 EuGVJ Norbert Reich, ZEuP 1998, 984 (989, 991). Fr Letzteres Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 90 f.

518 | Mankowski

II. Schiedsklauseln

Rz. 8 Kap. 12

strengeren Formanforderungen des nationalen Rechts. 13 Das UNJ ist sachlich nicht auf handelsrechtliche Schiedsstreitigkeiten beschrnkt. 14 Vielmehr ergibt sich ein umfassender sachlicher Geltungsanspruch aus Art. I (3) 2 UNJ: Wenn ein Staat fr sich das UNJ nur auf Handelssachen anwenden will, muss er dies ausdrcklich erklren. Die Beschrnkung auf Handelssachen bedrfte also einer besonderen Entscheidung und Erklrung seitens des einzelnen Staates. Grundstzlich erfasst das UNJ also alle Zivilsachen 15 einschließlich der Verbrauchersachen. Eine Korrektur dieses Ergebnisses wre nur durch eine teleologische Reduktion des sachlichen Anwendungsbereichs des UNJ denkbar. 16 Immerhin stammt das UNJ von 1958, also aus einer Zeit, als die Notwendigkeit fr Verbraucherschutz in internationalen Angelegenheiten noch nicht gesehen wurde. Soweit man § 1031 Abs. 5 ZPO international nicht durch Art. II (2) UNJ ver- 8 drngt sieht, stellt sich die Frage nach dessen Qualifikation. Richtigerweise ist die Norm prozessual zu qualifizieren. Soweit die Qualifikationsfrage berhaupt aufgeworfen wird, wird allerdings eine Qualifikation des § 1031 ZPO als materiellrechtliche Formfrage befrwortet, ohne dass dies begrndet wrde. Eine solche Einordnung htte fr § 1031 ZPO generell eine Anwendung des Art. 11 EGBGB zur Folge, 17 fr § 1031 Abs. 5 ZPO eine Anwendung des Art. 29 Abs. 3 EGBGB. 18 Dem ist nicht zu folgen. § 1031 ZPO ist ebenso eine prozessrechtliche Vorschrift wie § 38 ZPO. Fr die Prorogationsform vertritt aber mit Recht niemand eine Qualifikation als materiellrecht-

13 Siehe nur BGH, RIW 1976, 449; çstOGH, JBl 1974, 629; Cassaz., Giur. It. 1980 I col.

14 15

16 17

18

562; Cassaz., Riv.dir.int.priv.proc. 1981, 176; BGE 110 II 54 (57); BGE 111 II b 253; OLG Kçln, RIW 1993, 499 (dazu Ulrich Haas, IPRax 1993, 382); Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 40 m.w.N.; Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl. 2004, Rz. 3266; Zçller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 1031 ZPO Rz. 4. Siehe nur Samtleben, ZEuP 1999, 974 (975); Thorn, IPRax 1997, 98 (101). Siehe nur Theodor R. Bertheau, Das New Yorker Abkommen vom 10. Juni 1958 ber die Anerkennung und Vollstreckung auslndischer Schiedssprche, Zrich 1965, S. 53. Mit Sympathien dafr, aber letztlich ablehnend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 296. So Kronke, RIW 1998, 257 (259); Zçller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 1031 ZPO Rz. 1; Rolf A. Sch+tze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 3. Aufl. 1999, Rz. 108; Karl Heinz Schwab/Gerhard Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 44 Rz. 17 und zum alten Schiedsrecht namentlich BGHZ 55, 103 (104 f.); BGHZ 71, 131 (137); BGH, WM 1993, 2121 (2122); OLG Hamburg, RIW 1989, 574 (575). So konsequent, wenn auch auf einer anderen Grundthese beruhend, Gerhard Wagner, Prozessvertrge, 1998, S. 374 f.

Mankowski | 519

Kap. 12 Rz. 9

Internationale Zustndigkeit

liche Formfrage. Vielmehr wird dort einhellig prozessual qualifiziert. 19 Gleiches muss fr die Form von Schiedsvereinbarungen gelten. 20 9 § 1031 Abs. 5 ZPO ist nach seinem Schutzzweck immer dann anzuwenden, wenn ein deutscher Rechtsanwender prft, welche Form eine Schiedsvereinbarung mit einem Verbraucher einhalten muss. Im Interesse des Schutzes deutscher Verbraucher ist hier auch die Grundsatzanknpfung des deutschen Schiedsrechts zu durchbrechen. Grundstzlich sind die §§ 1025 ff. ZPO nach § 1025 Abs. 1 ZPO nur anzuwenden, wenn das Schiedsgericht seinen Sitz in Deutschland hat. Die Vereinbarung eines auslndischen Schiedsgerichts wrde, wenn man dies auch fr § 1031 Abs. 5 ZPO wçrtlich befolgte, den mit § 1031 Abs. 5 ZPO bezweckten Verbraucherschutz außer Kraft setzen, weil die Norm nicht anwendbar wre. Gerade dann, wenn der Verbraucher des Schutzes gegen Schiedsklauseln besonders bedrftig ist, weil an der Schiedsklausel auch die materiellen Garantien des deutschen Rechts hngen kçnnen, ließe man ihm damit nicht einmal den Minimalschutz des § 1031 Abs. 5 ZPO. 10 Im Bereich der Online-Auktionen kann dies Bedeutung haben, wenn auslndische Anbieter Schiedsverfahren an ihrem eigenen Sitz oder an einem bestimmt bezeichneten auslndischen Ort vorsehen. Eine sachlich recht weit formulierte Schiedsklausel amerikanischer Provenienz etwa kann „any controversy or claim arising out of or relating to this Agreement or our services“ erfassen wollen. Damit sind zumindest alle Streitigkeiten mit dem OnlineAuktionshaus erfasst, selbst wenn sie bei strikter Betrachtung nicht aus dem Vertrag als solchem erwachsen. Ob die Schiedsklausel auch Streitigkeiten zwischen Einlieferer und Ersteigerer bei Fremdversteigerungen abdeckt, erscheint indes sehr fraglich. 21 Denn die angloamerikanische Kautelarpraxis orientiert sich an der wortlautgebundenen Auslegung von Vertragsklauseln, wie angloamerikanische Gerichte sie praktizieren. Deshalb zhlt sie blicherweise alle Rechtsverhltnisse, die erfasst sein sollen, in den Klauselkatalogen ausdrcklich auf. 22 Fr kontinentaleuropische Betrachter mçgen umfassende Klauseln dieser Denkart umstndlich, teilweise redundant und je19 Siehe nur BGHZ 59, 23 (29 f.); BGH, NJW 1989, 1431 (1432); OLG Bremen, VersR

1985, 987; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 567 (568); Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, 1949, S. 296, 307; Rauscher, ZZP 104 (1991), 271 (276); Rainer Hausmann, FS Werner Lorenz, 1991, S. 359 (367); Gottwald, FS Wolfram Henckel, 1995, S. 295 (303 f.). 20 Rahmann, Ausschluss staatlicher Gerichtszustndigkeit, 1984, S. 41; Jochen Schrçder, IPRax 1988, 145 (146); Gildeggen, Internationale Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in Allgemeinen Geschftsbedingungen, 1991, S. 176 f.; Rainer Hausmann, FS Werner Lorenz, 1991, S. 359 (375); Reithmann/Martiny/Rainer Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl. 2004, Rz. 3428, 3433; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 281 f. 21 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 295 sowie Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 959. 22 Merkt, FS Otto Sandrock, 2000, S. 657 (662).

520 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 12 Kap. 12

denfalls zu lang erscheinen. Auf der anderen Seite erlaubt die Tatsache, dass ein wichtiger Punkt nicht aufgefhrt ist, unter angloamerikanischer Kautelarpraxis regelmßig den relativ sicheren Schluss, dass die betreffende Klausel diesen nicht regeln soll. 23 Zumindest wre es unwahrscheinlich, dass ein angloamerikanisches Gericht sich einer teleologischen, nicht wortlautverhafteten Auslegung bediente, um jenen nicht ausdrcklich geregelten Aspekt doch in die Klausel hineinzulesen. Entsprechende Jberlegungen, wie eine Klausel im Lichte der Kautelarpraxis auszulegen ist, der sie entstammt, schlagen auch dann durch, wenn die Klausel konkret unter einem anderen materiellen Recht auszulegen sein sollte. 24

III. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2B-Bereich 1. Gerichtsstandsvereinbarungen a) Grundstzliches

Zweites prozessuales Gestaltungselement an Stelle von Schiedsklauseln 11 sind im internationalen Handel Gerichtsstandsvereinbarungen. Sie kçnnen sowohl im eigentlichen Versteigerungskaufvertrag zwischen Verußerer und Erwerber als auch in den Vertrgen zwischen Verußerer oder Erwerber einerseits und dem Online-Auktionshaus andererseits begegnen. Namentlich in den Versteigerungs-AGB der Online-Auktionshuser findet man eine Vielzahl von Beispielen fr Gerichtsstandsklauseln. 25 Fr internationale Gerichtsstandsvereinbarungen gelten Artt. 23 EuGVVO; 12 17 EuGVJ/LugJ, vorausgesetzt, es wird die Zustndigkeit eines Gerichts in einem EU- oder EuGVJ/LugJ-Mitgliedstaat 26 vereinbart und eine der Parteien 27 hat ihren Sitz bzw. Wohnsitz in einem EU- bzw. EuGVJ/LugJ-Mitgliedstaat. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO; 17 Abs. 1 Satz 2 EuGVJ/LugJ stellen bestimmte disjunktive 28 Formanforderungen an eine Gerichtsstandsvereinbarung: lit. a verlangt Schriftform oder die so genannte halbe Schriftlichkeit (mndliche Vereinbarung mit anschließender schriftlicher Besttigung durch eine der Parteien), lit. b eine Form, wie sie sich als Gepflogenheit zwischen den

Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 295. Siehe nur allgemein RGZ 19, 33; RGZ 39, 66; BGHZ 11, 80; BGH, VersR 1974, 774. Einschlgige Fundstellen z.B. in den Fn. zu Rz. 18–22. Mitgliedstaaten von EuGVJ und LugJ sind alle Mitgliedstaaten der EU, des EWR und der EFTA. 27 Abweichend von der Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO/EuGVJ/LugJ, dass es insoweit auf den Beklagten ankommt, kann relevante Partei hier sowohl der Klger als auch der Beklagte sein. 28 D.h., es reicht aus, wenn eine von den nachfolgend genannten Formen erfllt ist. 23 24 25 26

Mankowski | 521

Kap. 12 Rz. 13

Internationale Zustndigkeit

Parteien entwickelt hat, lit. c lsst die Einhaltung einer Form entsprechend internationalen Handelsbruchen in der betreffenden Branche gengen. b) Elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen

13 Eine elektronische Gerichtsstandsvereinbarung erfllt bei wçrtlichem Verstndnis weder die Schriftform noch die halbe Schriftlichkeit. Allerdings lassen sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Argumente gewinnen, die fr ein hnlich dynamisches Verstndnis wie jenes des Art. II (2) UNJ (vgl. Rz. 3–5) sprechen. 29 Namentlich kçnnte man einen Abschluss per E-Mail einem Abschluss per Telex gleichstellen. 30 Fr eine dynamische Auslegung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 lit. a EuGVJ/LugJ lsst sich zudem das (allerdings schwache) teleologische Argument anfhren, dass ansonsten nach der Iffnung zum elektronischen Geschftsverkehr durch Art. 23 Abs. 2 EuGVVO nur noch im Verhltnis zu Dnemark und zu den reinen LugJ-Staaten andere Maßstbe gelten wrden. 31 14 Art. 23 Abs. 2 EuGVVO stellt elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen schriftlichen ausdrcklich gleich, sofern eine dauerhafte Aufzeichnung und Reproduktion der Vereinbarung mçglich ist. Dies ist dem dauerhaften Datentrger des Art. 5 FernabsatzRL 32 eng verwandt. 33 Ins Auge gefasst ist dabei die Kommunikation per E-Mail. 34 Miterfasst sind auch AGB als attachments zu E-Mails. 35 Dauerhafte Reproduzierbarkeit gewhrleistet bei diesen die Mçg29 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (218 f.); Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000),

30 31 32

33 34

35

307 (322); im Ergebnis ebenso Killias, Die Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem Lugano-Jbereinkommen, Zrich 1993, S. 158; Rosenthal, Projekt Internet, Zrich 1997, S. 341 f.; Kaufmann-Kohler, in: Boele-Woelki/Kessdjian (eds.), Internet – Which Court Decides? Which Law Applies? Quel tribunal d_cide? Quel droit s’applique?, The Hague/London/ Boston 1998, S. 89 (130 f.); Schwander, in: Hildegard Stauder/Bernd Stauder (eds.), La protection des consommateurs acheteurs k distance, Zrich/Bruxelles 1999, S. 287 (297); Abbo Junker, RIW 1999, 809 (813). Skeptisch noch Waldenberger, BB 1996, 2365 (2367); R+ßmann, K&R 1998, 128 (131); Pichler, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 194 (Dez. 1998). Langer, Forum Int. 1999, 1 (14). Ablehnend fr click wrap Nina Walter, in: Hoeren/ Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353 (362). B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 247. Richtlinie 97/7/EG des Europischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 ber den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 L 144/19. Caprioli, Reglement des litiges internationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002, S. 13 no. 14. Begrndung der Kommission, BR-Drs 534/99, 19; Gottwald, in: Mnchener Kommentar zur ZPO, ErgBd., 2. Aufl. 2002, Art. 23 EuGVVO Rz. 5; Peter Schlosser, EUZivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 23 EuGVVO Rz. 29; Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 55; Rauscher/Mankowski, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 23 Brssel I-VO Rz. 38; Fiorelli, dir. comm. int. 2003, 427 (449). Gounalakis/ThomasPfeiffer, Rechtshandbuch ElectronicBusiness, 2003, §13 Rz.100.

522 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 15 Kap. 12

lichkeit zur elektronischen Abspeicherung in die eigene Mailbox oder auf die Festplatte 36 wie zum physischen Ausdruck auf Papier. 37 Eine elektronische Signatur entsprechend den Maßstben der SignaturRL 38 ist nicht verlangt. 39 Auf der anderen Seite ist eine Erklrung als Text in Schriftzeichen notwendig; Telefongesprche oder Videokonferenzen reichen nicht. 40 Websites gengen ebenfalls nicht. 41 Sie sind Momentaufnahmen und erfllen nicht das fr dauerhafte Reproduzierbarkeit essentielle Kriterium, dass sie dem Zugriff des Erklrenden entzogen sind. 42 Art. 17 EuGVJ/LugJ enthlt noch keine unmittelbare Entsprechung zu Art. 23 Abs. 2 EuGVVO. Eine elektronische Gerichtsstandsvereinbarung kann aber jedenfalls bei 15 wiederholtem Abschluss in einer Reihe von Geschften zur Gepflogenheit zwischen den Parteien im Sinne von Artt. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. b EuGVVO; 17 Abs. 1 Satz 2 lit. b EuGVJ/LugJ werden. 43 Erforderlich ist eine gewisse Dauer der Jbung. 44 Der erstmalige Abschluss legt erst den potentiellen Grundstein fr eine sptere Gepflogenheit und profitiert selber noch nicht davon, wenn sich spter tatschlich eine Gepflogenheit entwickeln sollte. Gleiches muss auch noch fr den zweiten Abschluss gelten, 45 ab dem Dritten lsst sich seriçs ber den Bestand einer Gepflogenheit nachdenken. Fr die Zukunft lsst sich zudem fr viele Branchen ein Erstarken des Online36 Handig, RdW 2001, 736; Rauscher/Mankowski, Europisches Zivilprozessrecht,

2004, Art. 23 Brssel I-VO Rz. 38. 37 Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 23 EuGVVO Rz. 41;

38

39

40 41

42 43

44

45

Gottwald, in: Mnchener Kommentar zur ZPO, ErgBd., 2. Aufl. 2002, Art. 23 EuGVVO Rz. 5; Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 56. Richtlinie 1999/93/EG des Europischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999 ber gemeinschaftliche Rahmenbedingungen fr elektronische Signaturen, ABl EG 2000 L 13/12. Tiefenthaler, in: Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, 2. Aufl. Wien 2003, Art. 23 EuGVVO Rz. 27; Rauscher/Mankowski, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 23 Brssel I-VO Rz. 38. Beraudo, Clunet 128 (2001) 1033 (1064). Rauscher/Mankowski, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 23 Brssel I-VO Rz. 38. Entgegen Begrndung der Kommission, BR-Drs. 534/99, 19; vgl. auch Abbo Junker, RIW 1999, 809 (813) sowie Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 971. Im Ergebnis wie hier Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 23 EuGVVO Rz. 41 sowie Thomas/Putzo/H+ßtege, ZPO, 24. Aufl. 2004, Art. 23 EuGVVO Rz. 8. Mankowski, CR 2001, 30; Mankowski, CR 2001, 404 m.w.N. Mankowski, bei Stefan Ernst, K&R 1999, 558 (562); Abbo Junker, RIW 1999, 809 (813); Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 56; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 94; tendenziell trotz gewisser Skepsis auch Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 195 (Dez. 1998). Kritisch Nina Walter, in: Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353 (362 f.). Siehe nur Rb. ´s-Gravenhage, NIPR 1997 Nr. 127 S. 182; Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 17 EuGVJ Rz. 118; Rauscher/Mankowski, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 23 Brssel I-VO Rz. 26. CA Paris, Rev.crit.dr.int.pr. 81 (1992), 793; Peter Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 23 EuGVVO Rz. 23.

Mankowski | 523

Kap. 12 Rz. 16

Internationale Zustndigkeit

Abschlusses von Gerichtsstandsvereinbarungen zu einem internationalen Handelsbrauch im Sinne von Artt. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO; 17 Abs. 1 Satz 2 lit. c EuGVJ/LugJ prognostizieren. 46 Dies gilt auch fr Online-Auktionen im B2B-Bereich. In besonderem Maße drften sich elektronische Gerichtsstandsklauseln bei Online-Ausschreibungen durchsetzen, sofern auch der letztendliche Abschluss online erfolgt. Fr einen rechtssicheren Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen ist aber auf absehbare Zeit noch der Abschluss oder zumindest die Besttigung mit traditionellen Modi, namentlich Telefax, zu empfehlen. 47 c) Gerichtsstandsvereinbarungen außerhalb von EuGVVO und EuGVE/LugE

16 Soweit Artt. 23 EuGVVO; 17 EuGVJ/LugJ nicht anwendbar sind, richten sich die Maßstbe fr Gerichtsstandsvereinbarungen nach autonomem Internationalen Zivilprozessrecht. Dorthin gelangt man namentlich, wenn die Zustndigkeit eines Gerichts in einem Nicht-Mitgliedstaat von EU, EuGVJ und LugJ vereinbart wird. Nach herrschender Auffassung greift Artt. 23 EuGVVO; 17 EuGVJ/LugJ auch nicht, wenn der betreffende Sachverhalt keinen Bezug zu einem anderen EU- oder EuGVJ/LugJ-Mitgliedstaat als jenem des vereinbarten Gerichts, sondern nur zu Drittstaaten hat. 48 Aus deutscher Sicht richten sich unter nationalem IZPR Prorogations- wie Derogationsaspekt von Gerichtsstandsvereinbarungen nach § 38 ZPO. Unter Kaufleuten erlaubt § 38 Abs. 1 ZPO sogar eine formlose Gerichtsstandsvereinbarung. Nach wiederum herrschendem Verstndnis gilt § 38 Abs. 1 ZPO auch fr die internationale Gerichtsstandsvereinbarung im kaufmnnischen Verkehr. 49 Online geschlossene Gerichtsstandsabre46 Kaufmann-Kohler, in: Boele-Woelki/Kessdjian (eds.), Internet – Which Court De-

cides? Which Law Applies? Quel tribunal d_cide? Quel droit s’applique?, The Hague/London/Boston 1998, S. 89 (126); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (219); Bernd Schauer, Electronic Commerce in der EU, Wien 1999, S. 258; Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (322 f.); Caprioli, Reglement des litiges internationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002, S. 14 no. 15; auch Birgit Roth, in: Loewenheim/Frank A. Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 1998, S. 57 (158); Dirk Langer, Forum Int. 1999, 1 (14, 16); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 96. 47 Zustimmend Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 977; siehe auch Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 195 (Dez. 1998). 48 Siehe nur BGH, NJW 1993, 1070 = WM 1992, 87 (88); OLG Mnchen, EuZW 1991, 59 (61) = IPRax 1991, 46 (47 f.); OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 567 (568); OLG Saarbrcken, NJW 2000, 670. Anderer Ansicht mit ausfhrlichen Nachweisen zu den Gegenauffassungen Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 234–239. 49 Siehe nur OLG Saarbrcken, NJW-RR 1989, 828 (829); OLG Frankfurt/M., IPRax 1998, 35 (36); OLG Saarbrcken, NJW 2000, 670 (671); LG Siegen, NJW 1978, 2456; Peter Schlosser, RIW 1984, 911 (913); Prinzing, IPRax 1990, 83 (84); Rauscher, ZZP 104 (1991), 271 (276); Mnchener Kommentar zur ZPO/Patzina, Bd. I: §§ 1–354

524 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 18 Kap. 12

den werfen in diesem Bereich also keine Formprobleme auf, wenn man der herrschenden Ansicht folgt. Internationale Gerichtsstandsabreden erlaubt im Jbrigen § 38 Abs. 2 Satz 1 17 ZPO, wenn eine der Parteien ihren allgemeinen Gerichtsstand nicht in Deutschland hat. Allerdings stellt § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO dafr ein Schriftformerfordernis auf. Eine Parallele zu den Formerleichterungen der Artt. 23 Abs. 1 Satz 3 litt. b, c EuGVVO; 17 Abs. 1 2 litt. b, c EuGVJ/LugJ findet man in § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht. Elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen gengen § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO daher nur, wenn man sich zu einem sehr dynamischen, hier schon extensiv zu nennenden Verstndnis der Schriftform entschließt (vgl. Rz. 13). Skepsis ist selbst gegenber der Verwendung qualifizierter elektronischer Signaturen angebracht, auch unter Bercksichtigung der im deutschen Recht bisher nicht aufgenommenen Entwicklung in Art. 23 Abs. 2 EuGVVO. 50 Jedenfalls die rechtsberatende Praxis sollte nach dem Prinzip des sichersten Weges davon ausgehen, dass elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen unter § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO formunwirksam sind und Gerichtsstandsvereinbarungen insoweit in traditioneller Papierform abzuschließen sind. Dies lsst sich allerdings verschmerzen, weil fr den gewichtigeren B2B-Bereich sowieso Formfreiheit unter § 38 Abs. 1 ZPO besteht (vgl. Rz. 16). d) Gerichtsstandsvereinbarung f r Versteigerungskauf ber VersteigerungsAGB

Eine Gerichtsstandsvereinbarung fr den eigentlichen Versteigerungskauf 18 kann gegebenenfalls auch dadurch erfolgen, dass dieser Vertrag auf der Grundlage der Versteigerungs-AGB des Online-Auktionshauses abgeschlossen wird. Erste Voraussetzung ist, dass die Versteigerungs-AGB eine Gerichtsstandsklausel enthalten. Zweitens muss diese Gerichtsstandsklausel hinreichend weit formuliert sein, um auch Ansprche aus Vertragsbeziehungen erfassen zu kçnnen, an welchen das Online-Auktionshaus selber gar nicht beteiligt ist. Zum Dritten muss die Einbeziehung oder Bezugnahme den Form- und

ZPO, 2. Aufl. 2000, § 38 ZPO Rz. 11; Wieczorek/Rolf A. Sch+tze/Rainer Hausmann, ZPO, Bd. I/1: §§ 1–49 ZPO usw., 3. Aufl. 1994, § 38 ZPO Rz. 43; Thomas Pfeiffer, IPRax 1998, 17 (18); Musielak/Smid, ZPO, 4. Aufl. 2004, § 38 ZPO Rz. 13; Putzo, in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 38 ZPO Rz. 15; Zçller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, IZPR Rz. 25; obiter wohl auch BGH, WM 1985, 1507 (1509). Dagegen aber z.B. OLG Nrnberg, NJW 1985, 1296; AG Berlin-Charlottenburg, NJW 1975, 502 m. abl. Anm. Putzo; Lindacher, FS Walther J. Habscheid, 1989, S. 167 (169 f. Fn. 13); Lindacher, in: Manfred Wolf/Norbert Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl. 1999, Anh. § 2 AGBG Rz. 119 f.; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhltnisse im Internationalen Privatrecht, 1995, S. 294–296 m.w.N.; Zçller/Max Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 38 ZPO Rz. 25. 50 Progressiver B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 262–269.

Mankowski | 525

Kap. 12 Rz. 19

Internationale Zustndigkeit

Konsensanforderungen der Artt. 23 Abs. 1 EuGVVO; 17 Abs. 1 EuGVJ/LugJ bzw. des § 38 ZPO gengen. 19 Spezifische Probleme kann die Zweite der genannten Voraussetzungen bereiten. Denn nicht selten bedrfen die gebruchlichen Versteigerungs-AGB in diesem Punkt der Auslegung. Nicht alle Online-Auktionshuser verwenden insoweit klar und eindeutig formulierte Gerichtsstandsklauseln in ihren AGB. Eindeutig sind auf der einen Seite alle Klauseln, die nur Streitigkeiten zwischen dem Online-Auktionshaus und dessen Vertragspartnern erfassen wollen. 51 Solche Klauseln enthalten keine Aussage ber einen Gerichtsstand fr die eigentlichen Versteigerungskufe. Eindeutig sind auf der anderen Seite Klauseln, die expressis verbis Streitigkeiten zwischen den Kunden auf Grund von Auktionsgeschften miteinbeziehen. 52 20 Es verbleibt das Mittelfeld der auslegungsbed rftigen Klauseln. Zweifel wirft z.B. eine Gerichtsstandsvereinbarung „fr alle im Zusammenhang mit dem Auktionsdienst stehenden Streitigkeiten“ 53 oder schlicht fr „alle Rechtsstreitigkeiten“ 54 auf. Auch die meistverwendete Fassung „Gerichtsstand ist X“ 55 enthlt keine klare Aussage. Die gleichzeitige Prorogation von Erfllungsort und Gerichtsstand gibt ebenfalls Anlass zur nheren Begutachtung, insbesondere wenn nicht nher konkretisiert wird, fr welche Verpflichtungen der Erfllungsort festgelegt wird. 56 Was soll es insbesondere bedeuten, wenn ein Erfllungsort „fr das Rechtsverhltnis zwischen den Nutzern und Teilnehmern des Systems und dem Anbieter“ 57 festgelegt werden soll? Ein Erfllungsort besteht im Prinzip fr einzelne Verpflichtungen. 21 Auch die Formulierung, dass „alle sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergebenden Streitigkeiten“ 58 bzw. „alle im Zusammenhang mit [dem Anbieter] entstehenden Streitigkeiten“ 59 von der Gerichtsstandsvereinbarung erfasst werden sollen, verschleiert die an sich eindeutige Ab51 Z.B. § 15 Nr. 3 AGB AdAuktion.de (XI/2001); Teil III Nr. 6 lit. c AGB Artada.de

52

53 54 55

56 57 58 59

(III/2002); § 18 Nr. 2 AGB eBay (VII/2002); Nr. 20 AGB gameblaster.de; Abs. 21 AGB Handelssache.de; § 9 AGB auktionskiste.de. Z.B. Nr. 9 AGB Versteigerungshaus Niewçhner; Nr. 1.7.2. AGB bcee.de (IX/2002); § X Nr. 2 AGB ClickPlastics AG; Nr. VIII S. 2 AGB GoIndustry (VI/2000); Nr. 12 AGB svsboerse.de (III/2002). Nr. 8 AGB bidbizz.com. § 12 Nr. 2 AGB CAMdrion (V/2001). Z.B. Nr 18 AGB Auktion Global GmbH; § 9 Nr. 2 AGB Beste Auktion Internet KG (III/2000); § 9 S. 3 AGB collectory.de/fanto.de (VIII/2000); Nr. 34 AGB echtwahr.com/de/ch/at/es; Nr. 7 Abs. 6 AGB feininger.de; Nr. 16 AGB Nobis24.com (VII/2001); AGB autoseite.net; Nr. 9 AGB letsbuyit.com; Nr. 7.2 AGB Mercateo (VIII/2002). Nr. 11 AGB weinauktion.de. § 9 Nr. 2 AGB Clickwaste.de (VII/2002). Abs. XV Nr. 5 AGB allocation.net. Nr. 8 Satz 2 AGB bidbizz.com.

526 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 24 Kap. 12

sicht, sich nur auf das Verhltnis zwischen Anbieter und Nutzer zu beziehen. Diese tautologisch-pleonastischen Formulierungen gehen offenbar auf amerikanische Vorbilder zurck, erweisen sich im deutschen Rechtsverkehr jedoch als recht unsicher und schlecht handhabbar. Zu bedenken ist, dass in Gerichtsstandsklauseln von Versteigerungs-AGB 22 ausnahmslos die Zustndigkeit der Gerichte am Sitz des Online-Auktionshauses vereinbart wird. Fr Streitigkeiten mit dem Online-Auktionshaus mag dies angehen und entfaltet Konzentrationswirkung. Fr Streitigkeiten zwischen zwei auswrtigen Kunden des Online-Auktionshauses, die beide zum Ort jenes Sitzes reisen mssten, ist es dagegen kaum interessengerecht. Die Kosten des Rechtsstreits stiegen, ohne dass dem ein erkennbarer Nutzen gegenber stnde. Die Kunden sind nur begrenzt repeat player. Soweit sie es sind, werden sie ein gegenlufiges Interesse haben, Rechtsstreitigkeiten an ihrem jeweils eigenen Sitz zu konzentrieren. 60 Im richtig verstandenen Interesse ihrer Kunden sollten Online-Auktionshuser deshalb von weit gefassten Gerichtsstandsvereinbarungen, die auch die Streitigkeiten der Kunden untereinander erfassen, Abstand nehmen. Ein eventuelles Motiv, als Streitschlichter Reputation aufzubauen und Sympathie zu gewinnen, lsst sich mit Gerichtsstandsvereinbarungen nicht sicher verwirklichen.

2. Allgemeiner Gerichtsstand Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten befindet sich nach Art. 2 Abs. 1 23 EuGVJ/LugJ bzw. §§ 12; 17 ZPO am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten. Fr die Bestimmung des Wohnsitzes bzw. Sitzes sind unter der EuGVVO die Artt. 59; 60 EuGVVO und unter EuGVJ/LugJ die Artt. 52; 53 EuGVJ/LugJ maßgeblich. Artt. 59 Abs. 1 EuGVVO; 52 Abs. 1 EuGVJ/LugJ verweisen fr die Frage, ob der Beklagte einen Wohnsitz im Staat des angerufenen Gerichts hat, auf das Recht des Forumstaates, Artt. 59 Abs. 2 EuGVVO; 52 Abs. 2 EuGVJ/LugJ fr die Frage, ob der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Forumstaat hat, auf das Recht des betreffenden anderen Mitgliedstaates. Ob ein Wohnsitz des Beklagten in Deutschland vorliegt, richtet sich daher ber Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 59 Abs. 1 EuGVVO bzw. Art. 52 Abs. 1 EuGVJ/LugJ letztlich nach §§ 7 ff. BGB. Der Wohnsitzbegriff des IZPR ist nicht mit dem gewçhnlichen Aufenthalt identisch. Letzterer ist ein faktisch geprgter, Ersterer ein normativer Begriff. Ist der Beklagte keine natrliche Person, sondern eine juristische Person oder 24 eine Gesellschaft, 61 so ist deren prozessrechtlich maßgeblicher Sitz gemß 60 Zustimmend B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 251. 61 Artt. 60 EuGVVO; 53 EuGVJ/LugJ erfassen alle Vereinigungen oder Vermçgens-

massen, die unter einer Sammelbezeichnung verklagt werden kçnnen, ohne dass eine Qualitt als juristische Person oder Gesellschaft oder die Parteifhigkeit nach dem Recht des Forums verlangt wre; siehe nur Mankowski, Jura 1996, 145 (146

Mankowski | 527

Kap. 12 Rz. 25

Internationale Zustndigkeit

Art. 60 Abs. 1 EuGVVO ihr satzungsmßiger Sitz oder ihr effektiver Verwaltungssitz oder ihre Hauptniederlassung. Jedes der drei Kriterien allein reicht aus, um den allgemeinen Gerichtsstand zu begrnden. Die Kriterien des Art. 60 Abs. 1 EuGVVO sind Art. 48 Abs. 1 EG entnommen. Daher kann man fr ihre Ausfllung auf die zu Art. 48 EG entwickelten Maßstbe zurckgreifen. 62 E-Commerce-bedingte Besonderheiten bestehen nicht. 63 25 Ist die beklagte Gesellschaft nach den Kriterien des Art. 60 Abs. 1 EuGVVO entweder nicht im EU-Raum oder in Dnemark ansssig, so bestimmt sich ihr Sitz gemß Art. 53 Abs. 1 Satz 2 EuGVJ/LugJ nach dem Sitzbegriff, wie ihn das Internationale Privatrecht des angerufenen Gerichts versteht. In Art. 53 Abs. 1 Satz 2 EuGVJ/LugJ sollte man eine Sachnormverweisung nur auf den Sitzbegriff sehen, 64 keine Verweisung auf das Personalstatut der beklagten Gesellschaft. 65 Das deutsche Internationale Privatrecht bestimmte zum Sitz einer Gesellschaft traditionell den effektiven Verwaltungssitz. Dies ist jener Ort, an welchem die grundlegenden unternehmenspolitischen Entscheidungen der Leitungsorgane effektiv in laufende Geschftsfhrungsakte, d.h. in konkrete Maßnahmen des day-to-day-management umgesetzt werden. 66 Bei virtuellen Unternehmen, die als Innen- oder Außengesellschaften mit einem koordinierenden Partner (Integrator) organisiert sind, ist der Sitz dieses leitenden Partners maßgeblich. 67 Unter dem primrrechtlichen Druck der Niederlassungsfreiheit 68 ist jetzt fr Gesellschaften aus dem EU-Raum (und dem EWR 69) ein Jbergang zur Anknpfung an den Satzungssitz bzw. den Registrierungsort veranlasst. 70

62

63 64

65 66 67 68

69 70

Fn. 5) m.w.N.; Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 60 EuGVVO Rz. 1. Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 60 EuGVVO Rz. 2; Rauscher/Ansgar Staudinger, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 60 EuGVVO Rz. 1. Ruff, Vertriebsrecht im Internet, 2003, S. 43. Santa Maria, in: L’efficacia delle sentenze straniere nelle convenzioni multilaterali dell’Aja e della C.E.E., Milano 1972, S. 245 (247 f.); Arthur B+low/Bçckstiegel/Geimer/Rolf A. Sch+tze/Schlafen, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Losebl. 1954 ff., Art. 53 EuGVJ Anm. 3 a (Nov. 1977); Mankowski, Jura 1996, 145 (146 mit Fn. 7). So aber Basedow, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, Kap. II Rz. 38. Siehe nur BGHZ 97, 269 (272). Wertvolle Hilfen zur Bestimmung dieses Ortes bietet namentlich Kieser, Die Typenvermischung ber die Grenze, 1988, S. 79–105. Mankowski, CR 1999, 581 (583). Sptestens seit EuGH, Slg. 2002, I-9919 – Jberseering BV/Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC); EuGH, ZIP 2003, 1885 – Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam/Inspire Art Ltd. OLG Frankfurt/M., IPRax 2004, 56; Baudenbacher/Buschle, IPRax 2004, 26. BGH, WM 2003, 835; BayObLG, ZIP 2003, 398; OLG Naumburg, GmbHR 2003, 533 LS; OLG Celle, GmbHR 2003, 532 (533); OLG Zweibrcken, ZIP 2003, 849 (850 f.); KG, ZIP 2003, 2297; LG Meiningen, OLG-NL 2003, 182 (183); AG Duisburg, NZG 2003, 1167 (1168).

528 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 28 Kap. 12

3. Besonderer Gerichtsstand des Erf llungsortes a) Erf llungsort unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO

Der Erfllungsortsgerichtsstand steht im europischen Rahmen nach Art. 5 26 Nr. 1 EuGVVO als besonderer Gerichtsstand 71 zur Verfgung, wenn keine Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt. Er setzt zunchst sachlich eine vertragsbezogene Streitigkeit voraus. 72 Sodann ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen Vertrag ber die Lieferung von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen handelt (dann greift Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO) oder nicht (dann greift Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO). Marktplatzbenutzungs- und Auktionsvertrge sind Vertrge ber das Erbringen von Dienstleistungen. 73 Die ber die Marktpltze gettigten Umsatzgeschfte betreffen in aller Regel Warenlieferungen oder Dienstleistungen. Versteigerungskufe sind in aller Regel Vertrge ber die Lieferung von Waren. Regelmßig ist daher Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO sachlich einschlgig. Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO geht von einer auf das anwendbare materielle 27 Recht verweisenden Lçsung ab und etabliert einen eigenstndigen prozessualen Erf llungsortbegriff. 74 Dieser Erfllungsort begrndet einen einheitlichen Vertragsgerichtsstand fr alle Ansprche aus dem Vertrag und alle Streitigkeiten aus dem Vertrag oder ber den Vertrag, 75 insbesondere auch fr die Streitigkeiten ber Zahlungsverpflichtungen und die eigentliche Zahlungsklage. 76 Maßgeblich ist der faktische Erfllungsort der fr den Vertrag charakteristischen Verpflichtung. 77 Die Warenlieferung bzw. die Erbringung der Dienstleistung drcken dem gesamten Vertrag ihren Stempel auf. Erfllungsort ist fr einen Vertrag ber eine Warenlieferung derjenige Ort, an 28 welchem die Ware geliefert wird oder im Fall der nicht oder nicht mehr erfol71 Ein besonderer Gerichtsstand ist ein Gerichtsstand zur Wahl des Klgers neben

dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten. 72 Zum einschlgigen Vertragsbegriff insbesondere Mankowski, IPRax 2003, 127. 73 Zustimmend Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 991. 74 Siehe nur Fricke, VersR 1999, 1055 (1057); Norbert Reich, ZEuP 1999, 982; Man-

kowski, EWiR Art. 5 EuGVJ 2/99, 1117 (1118); Peter Arnt Nielsen, UfR 2000 B 164 (168); Benedikt Buchner, EWS 2000, 147 (149 f.); Gaudemet-Tallon, Rev.crit.dr. int.pr. 89 (2000), 84 (88); Stephan Lorenz, EWiR Art. 5 EuGVJ 1/03, 417 (418); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 37. 75 Siehe nur Gsell, IPRax 2002, 484 (485); Eltzschig, IPRax 2002, 491 (492). 76 Siehe nur Eltzschig, IPRax 2002, 491 (492). 77 Begrndung der Kommission zum Vorschlag einer Verordnung ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BR-Drs. 534/99, 14 Zu Artikel 5 Bem. (1. Abs.); Kropholler/v. Hinden, GS Alexander Lderitz, 2000, S. 401 (406–408); Hau, IPRax 2000, 354 (358); Beraudo, Clunet 128 (2001), 1033 (1042); Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325 (328); Heinrich Nagel/Peter Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2002, § 3 Rz. 48; Franzina, Riv. dir. int. priv. proc. 2002, 391 (403 f.); eingehend und kritisch Gsell, IPRax 2002, 484; Eltzschig, IPRax 2002, 491.

Mankowski | 529

Kap. 12 Rz. 29

Internationale Zustndigkeit

genden Lieferung nach dem Vertrag htte geliefert werden sollen. Beim Fernkauf kommt es darauf an, ob der Verkufer nach dem Vertrag zur Ablieferung am Zielort oder nur zur Absendung verpflichtet ist. 78 Stimmt der tatschliche Lieferungsort nicht mit dem im Vertrag vorgesehenen berein, so geht das faktische Geschehen vor und setzt sich der tatschliche Lieferungsort durch. 79 29 Bei Dienstleistungen ist derjenige Ort maßgebend, an welchem die Dienstleistung erbracht wird bzw. bei tatschlicher Nichterbringung nach Maßgabe des Vertrages htte erbracht werden sollen. Damit ist man mangels Vereinbarung vor die Frage gestellt, wo bei quasi-naturalistischer Betrachtungsweise die jeweilige Leistung zu erbringen ist und wo deren Erbringungsort denn genau liegen soll. Genau dies zu beantworten ist aber im E-Commerce mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, 80 wenn man nicht doch letztlich die Leistung bei und ber Personen lokalisiert. Probleme entstehen im Prinzip immer, wenn eine Dienstleistung an einem Ort ausgefhrt wird und dann ihr Ergebnis an einen anderen Ort kommuniziert oder transportiert wird. Ist die Dienstleistung wesentlich erbracht, wo der Dienstleistende ttig wird oder wo ihr Ergebnis dem Kunden nutzbar gemacht wird? Ist das Erbringen der Dienstleistung ttigkeits- oder ergebnisbezogen zu verstehen? 30 Die gemeinschaftsrechtliche Definition der Dienstleistung gibt einen deutlichen Fingerzeig: Werk- und Herstellungsvertrge, bei denen die Jbereignung des hergestellten Produkts im Vordergrund steht, sind keine Vertrge ber das Erbringen von Dienstleistungen, sondern Vertrge ber die Lieferung von Waren. Die Abgrenzung zwischen Warenlieferung und Dienstleistung vollzieht sich also nach Produkt- und damit Ergebnisbezug einerseits und Ttigkeitsbezug andererseits. Diese Wertung, dass es fr das Erbringen von Dienstleistungen wesentlich auf die Ttigkeit ankommt, sollte man auch in die Bestimmung des Erfllungsortes transportieren. Zumindest bedrfte es einer Rechtfertigung, warum man fr diese Bestimmung nicht die Ttigkeit in den Vordergrund stellen und damit einen teilweisen Perspektivenwechsel vornehmen sollte. 31 Es gibt mit Art. 4 Abs. 2 EVJ (= Art. 28 Abs. 2 EGBGB) einen einheitlichen Rechtsakt, den vergleichend heranzuziehen eine Lçsung erçffnet. Ein Blick auf Art. 4 Abs. 2 EVJ liegt besonders nahe, weil dieser das Prinzip der Anknpfung an die vertragscharakteristische Leistung verwirklicht, dem sich nun auch Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO verschrieben hat. 81 Dieses Prinzip 78 Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 992. 79 Magnus, IHR 2002, 45 (47); Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht,

2004, Art. 5 Brssel I-VO Rz. 51. 80 Siehe Benedikt Buchner, EWS 2000, 147 (150) mit Beispielen; Fallon/Meeusen,

Rev. crit. dr. int. pr. 91 (2002), 435 (469); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 41. 81 Marquette, Rev. dr. comm. belge 2002, 499 (500 f. no. 8).

530 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 34 Kap. 12

stammt aus dem IPR. Deshalb kçnnte das IPR hilfreich fr Ausfllung und Verstndnis des Prinzips sein. 82 Generell sollte man sich um eine systematische und vergleichende, 83 gleichsam horizontal begriffsvereinheitlichende 84 Auslegung von EuGVVO/EuGVJ/LugJ einerseits und EVJ andererseits bemhen. 85 Als Lçsung bietet sich nach alledem an, eine Dienstleistung im Wege einer 32 Vermutung am Ort der vertragsbetreuenden Niederlassung des Dienstleistungserbringers zu lokalisieren. Jede andere Lçsung wrde grçßere Schwierigkeiten bergen. Der tatschliche Ttigkeitsort des Dienstleisters wre nachgerade eine Einladung zu manipulierenden Behauptungen. Der Ort, an welchem der Kunde sie abruft, wre recht weit und von der anderen Seite her manipulationsverdchtig. Den Erbringungsort gar irgendwo im Netz und daher letztlich berhaupt nicht zu lokalisieren htte zur Folge, dass es gar keinen Gerichtsstand des Erfllungsortes gbe. Dies wre fr beide Parteien misslich. Man sollte den Ort, an welchem die Dienstleistung erbracht wird, unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO im Verhltnis Online-Auktionshaus/ Einlieferer daher vermutungsweise an der handelnden Niederlassung des Online-Auktionshauses festmachen. 86 b) Erf llungsort unter Art. 5 Nr. 1 litt. a, c EuGVVO, Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVE/LugE und § 29 ZPO

Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO fhrt ausweislich seiner Genese die Rechtspre- 33 chungslinie des EuGH zu Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ (die so genannte Tessili-Rechtsprechung) fort. 87 Insoweit ist also Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ/ LugJ auslegungsleitend fr die jngere Verordnungsregelung. Die Anlehnung ist bewusst und gewollt. Sie ist gesetzesgenetisch ein Zugestndnis an die Verfechter des status quo. Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO ist sachlich dann einschlgig, wenn der Vertrag 34 weder die Lieferung von Waren noch das Erbringen von Dienstleistungen be82 Siehe Mankowski, EWiR Art. 5 EuGVJ 1/02, 519 (520). 83 Zur konventionsvergleichenden Auslegung allgemein Ferrari, Riv. dir. int. priv.

84 85 86 87

proc. 2000, 669; Magnus, FS 75 Jahre Max-Planck-Institut fr Privatrecht, 2001, S. 571. Vgl. Jan C. Schultsz, Ned. Jur. 1990 Nr. 424 S. 1626 (1627 nr. 4); A-G Strikwerda, Ned. Jur. 2002 Nr. 254 S. 1800 (1802 nr. 14). Siehe nur BGHZ 123, 380, 384; Mankowski, RIW 1994, 421 (423) m.w.N. Im Ergebnis ebenso, nur regelhafter Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 992. Begrndung der Kommission zum Vorschlag einer Verordnung ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BR-Drs. 534/99, 14 Zu Artikel 5 Bem. (1. Abs.); Kropholler/v. Hinden, GS Alexander Lderitz, 2000, S. 401 (408 f.); Leipold, GS Alexander Lderitz, 2000, S. 431 (445, 451); Hausmann, Eur. Legal Forum 2000–01, 40 (44); Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 EuGVVO Rz. 24; Mankowski, EWiR Art. 5 EuGVJ 1/02, 519 (520).

Mankowski | 531

Kap. 12 Rz. 35

Internationale Zustndigkeit

trifft. 88 Er ist fr Warenlieferungs- und Dienstleistungsvertrge nur dann subsidir anwendbar, wenn der ber Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ermittelte Erfllungsort (also der Lieferungsort von Waren oder der Erbringungort der Dienstleistungen) nicht in einem EU-Staat (außer Dnemark) liegt. Fr diesen Fall greift Art. 5 Nr. 1 lit. c EuGVVO 89 und verweist seinerseits auf Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO. Dann fhrt Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO deshalb nicht zum Ziel, weil er besondere Gerichtsstnde nur im EU-Gebiet (außer Dnemark) begrnden kann. Insofern erfolgt ein Rckfall auf andere Maßstbe, ber die vielleicht doch ein besonderer Gerichtsstand im EU-Gebiet entsteht. Der Klger erhlt insoweit gleichsam eine zweite Chance. 90 35 Abzustellen ist auf den Erf llungsort der konkret streitbefangenen Primrverpflichtung. 91 Unter Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO ist der Erfllungsortsgerichtsstand – ebenso wie unter Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ/LugJ – kein Vertragsgerichtsstand, in dem alle Verpflichtungen aus dem gesamten Vertrag geltend gemacht werden kçnnten, sondern nur ein Obligationengerichtsstand fr die einzelne streitgegenstndliche Verpflichtung. Jede Primrverpflichtung aus dem Vertrag kann hier ihren eigenen Erfllungsort haben. Die fr den Vertrag charakteristische Verpflichtung entfaltet anders als unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO keine zustndigkeitsrechtliche Attraktivitt. Vielmehr wird hier die de Bloos-Rechtsprechung des EuGH 92 fortgefhrt. 36 Des Weiteren ist der Erfllungsort unter Artt. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO; 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ/LugJ sachrechtsabhngig: Ein eigenstndiger Erfllungsortbegriff des Prozessrechts hat sich nicht durchgesetzt. Vielmehr greift das Prozessrecht wie bei § 29 ZPO auf das – ber Anwendung des IPR gewonnene – anwendbare materielle Recht zurck, um den Erfllungsort zu be-

88 Siehe nur Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht, 2003, Art. 5 Brssel

I-VO Rz. 58 sowie çstOGH, RdW 2004, 95. 89 Siehe nur Kropholler/v. Hinden, GS Alexander Lderitz, 2000, S. 401 (411); Hau,

IPRax 2000, 354 (360); Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 EuGVVO Rz. 45; Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 Brssel I-VO Rz. 58. 90 B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 226. 91 EuGH, Slg. 1976, 1497 (1508 Rz. 9/12–13/14) – ltablissements A. de Bloos SPRL/ Soci_t_ en commandite par actions Bouyer; EuGH, Slg. 1987, 239 (256 Rz. 18, 20) – H. Shenavai/K. Kreischer; EuGH, Slg. 1999, I-6747 (I-6790 Rz. 31) – Leathertex Divisione Sintetici SpA/Bodetex BVBA; BGH, NJW 1996, 1819 (1820); CA Paris, Clunet 125 (1998), 133 obs. AndrB Huet; Holl, WiB 1995, 424 (464); Valloni, Der Gerichtsstand des Erfllungsortes nach Lugano- und Brsseler Jbereinkommen, Zrich 1997, S. 233 und z.B. BayObLG, MDR 1998, 737; Putzo, in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 29 ZPO Rz. 5; Zçller/Max Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 29 ZPO Rz. 23. 92 Grundlegend EuGH, Slg. 1976, 1497 (1508 Rz. 9/12–13/14) – ltablissements A. de Bloos SPRL/Soci_t_ en commandite par actions Bouyer.

532 | Mankowski

III. Internationale Zustndigkeit im B2B-Bereich

Rz. 38 Kap. 12

stimmen. 93 Im Prinzip wird der Erfllungsortbegriff durch das Internet kaum verndert, jedenfalls soweit die nationalen Rechte wie z.B. § 269 BGB oder Art. 57 Abs. 1 lit. a CISG den Erfllungsort durch Merkmale der Vertragsparteien definieren (namentlich Wohnsitz oder Sitz des Schuldners oder des Glubigers). Wer dagegen versucht, den Erfllungsort quasi-naturalistisch zu lokalisieren, wird bei online zu erfllenden Leistungen in erhebliche Schwierigkeiten geraten. 94 Generell weist der Erfllungsortsgerichtsstand aber keine E-Commerce-spezifischen Besonderheiten auf. 95 Ebenso wenig gibt es spezifische Besonderheiten fr Versteigerungen. 96 Bei 37 diesen besteht kein einheitlicher Erfllungsort am Ort des Geschftsabschlusses, wie es bei Ladengeschften des tglichen Lebens unter Umstnden der Fall sein kçnnte. 97 An einen Ort der Versteigerung ist nicht anzuknpfen, 98 umso weniger, als dies bei Online-Auktionen regelmßig zu einem Ort fhren wrde, an dem keine der Parteien des Versteigerungskaufvertrages ansssig ist oder eine Niederlassung hat. c) Erf llungsortsvereinbarungen

Sowohl unter Art. 5 Nr. 1 EuGVVO als auch unter Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuG- 38 VJ/LugJ wie unter § 29 Abs. 2 ZPO haben die Parteien die Mçglichkeit, eine Erf llungsortvereinbarung zu schließen, ohne dass dabei eine besondere Form zu beachten wre. 99 Elektronische Erfllungsortabreden reichen also

93 EuGH, Slg. 1976, 1473 (1486 Rz. 13–15) – Industrie Tessili Italiana Como/Dunlop

94

95

96 97 98 99

AG; EuGH, Slg. 1994, I-2913 (I-2958 Rz. 26) – Custom Made Commercial Ltd./ Stawa Metallbau GmbH; EuGH, Slg. 1999, I-6307 (I-6349-I-6352 Rz. 17–30) – GIE Groupe Concorde/Kapitn des Schiffes „Suhadiwarno Panjan“; EuGH, Slg. 1999, I-6747 (I-6791 Rz. 33) – Leathertex Divisione Sintetici SpA/Bodetex BVBA und BGHZ 120, 334, 347; BAG, AP Nr. 13 zu § 38 ZPO Internationale Zustndigkeit Bl. 2; R+ßmann, K&R 1998, 129 (130); Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2001, Rz. 154; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 2001, Rz. 1482; Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 44; Zçller/Max Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 29 ZPO Rz. 3. Siehe Kaufmann-Kohler, in: Boele-Woelki/Kessdjian (eds.), Internet – Which Court Decides? Which Law Applies? Quel tribunal d_cide? Quel droit s’applique?, The Hague/London/Boston 1998, S. 89 (131 f., 133); Benedikt Buchner, EWS 2000, 147 (150); Boele-Woelki, BerDGesVR 39 (2000), 307 (324) m.w.N. Siehe Thomas St)heli, in: Hilty (Hrsg.), Information Highway, Bern/Mnchen 1996, S. 597 (617); Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 171–176 (Dez. 1998); Abbo Junker, RIW 1999, 809 (810 f.). BGH, RIW 2003, 221 f. (dazu Stephan Lorenz, EWiR Art. 5 EuGVJ 1/03, 417). BGH, RIW 2003, 221 f. BGH, RIW 2003, 221 (222). EuGH, Slg. 1980, 89 (96 f. Rz. 4–6) – Siegfried Zelger/Sebastiano Salinitri; BGH, NJW 1984, 560.

Mankowski | 533

Kap. 12 Rz. 39

Internationale Zustndigkeit

unter Formaspekten betrachtet aus. 100 Damit diese prozessuale Wirkungen entfaltet, muss es sich aber um die Vereinbarung eines leistungsbezogenen Erfllungsortes handeln. 101 Sogenannte abstrakte Erfllungsortvereinbarungen, bei denen ein beliebiger Ort ohne Bezug zu den Leistungsverhltnissen zum „Erfllungsort“ erhoben wird, sind dagegen verkappte Gerichtsstandsvereinbarungen und mssen daher den grundstzlich strengeren Anforderungen an Gerichtsstandsvereinbarungen gengen. 102 Unter § 29 Abs. 2 ZPO kçnnen nur Kaufleute eine prozessuale Erfllungsortabrede treffen.

4. Niederlassungsgerichtsstand nach Art. 5 Nr. 5 EuGVE/LugE bzw. § 21 ZPO 39 Fr Streitigkeiten, die sich aus dem Betrieb einer Niederlassung ergeben, erçffnet Art. 5 Nr. 5 EuGVJ/LugJ einen besonderen Gerichtsstand am Ort der betreffenden Niederlassung. Eine Niederlassung ist ein Mittelpunkt geschftlicher Ttigkeit, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses unter dessen Aufsicht und Leitung hervortritt, eine eigene Geschftsfhrung hat und sachlich hinreichend ausgestattet ist, Geschfte im Außenverhltnis mit Dritten zu betreiben und abzuwickeln, ohne dass diese Dritten sich unmittelbar an das Stammhaus wenden mssten. 103 40 Niederlassung kann auch eine rechtlich selbstndige Gesellschaft, namentlich eine Tochtergesellschaft in einem Konzern sein. Maßgeblich ist die funktionelle Unterordnung unter die Zwecke des Mutterhauses, nicht die rechtliche Ausgestaltung. Selbst nach diesem weiten Maßstab beurteilt wird das Online-Auktionshaus kaum je als Niederlassung einer der Vertragsparteien des Versteigerungskaufes zu bewerten sein. Dafr fehlt es an dem Moment der dauernden Unterordnung. Das Online-Auktionshaus wird vielmehr selbst bei wiederholten Versteigerungsauftrgen nur gelegentlich und nicht dauerhaft fr die betreffende Partei ttig. Anders verhlt es sich, wenn das Online-Auktionshaus nur eine Ausgrndung ist und dazu dient, einen weiteren Vertriebskanal fr das eigene Sortiment zu erçffnen. 104 100 Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13

Rz. 31. 101 Siehe nur BGE 122 III 249 (252); Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilver-

fahrensrecht, 1997, Art. 5 EuGVJ Rz. 81; Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 EuGVVO Rz. 28 f.; Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 Brssel I-VO Rz. 44. 102 Grundlegend EuGH, Slg. 1997, I-911 (I-943 f. Rz. 31–35) – Mainschiffahrts-Genossenschaft e.G. (MSG)/Les Gravieres Rh_nanes SARL. 103 EuGH, Slg. 1978, 2183 (2193 Rz. 12) – Somafer SA/Saar-Ferngas AG; EuGH, Slg. 1981, 819 (828 f. Rz. 9, 11–13) – Blanckaert & Willems PVBA/Luise Trost; EuGH, Slg. 1987, 4905 (4919 Rz. 10) – SAR Schotte GmbH/Parfums Rothschild SARL = NJW 1988, 625; EuGH, Slg. 1995, I-961 (I-980 Rz. 18) – Lloyd’s Register of Shipping/Soci_t_ Campenon Bernard. 104 Zustimmend Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 2045.

534 | Mankowski

IV. Internationale Zustndigkeit im B2C-Bereich

Rz. 42 Kap. 12

5. Besonderer Gerichtsstand des Vermçgens gegen Drittstaatler aus § 23 ZPO Gegen Beklagte, die weder in der EU noch in einem LugJ-Mitgliedstaat anss- 41 sig sind, kann nach autonomem deutschen Internationalen Zivilprozessrecht der besondere Gerichtsstand des Vermçgens aus § 23 ZPO bestehen. Im EUund LugJ-Raum ist dieser exorbitante und internationale unerwnschte Gerichtsstand gechtet und durch Art. 3 Abs. 2 EuGVVO/EuGVJ/LugJ ausdrcklich ausgeschlossen. Erforderlich ist nur die Belegenheit von Vermçgensgegenstnden des Beklagten in Deutschland. Dabei kann es sich sogar um Forderungen des Beklagten gegen den in Deutschland ansssigen Klger handeln, 105 denn diese sind nach § 23 Satz 2 ZPO am Schuldnerwohnsitz in Deutschland belegen. Richterrechtlich erfolgt eine leichte Einschrnkung des § 23 ZPO, indem entgegen dem Wortlaut der Norm ber das Inlandsvermçgen hinaus ein zustzlicher Inlandsbezug gefordert wird. 106 Allerdings ist diesem Kriterium schnell gengt. Schon der Wohnsitz oder dauernde Aufenthalt des Klgers in Deutschland vermittelt den nçtigen weiteren Inlandsbezug. 107

IV. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im B2C-Bereich 1. Europisches Internationales Verbraucherprozessrecht a) Persçnliche, sachliche und situative Anwendungsvoraussetzungen

Ein besonderes Schutzregime f r europische Verbraucher errichten Artt. 42 15–17 EuGVVO einerseits und Artt. 13–15 EuGVJ/LugJ andererseits. Die persçnlichen, sachlichen und situativen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 13 EuGVJ/LugJ stimmen grundstzlich mit jenen der Artt. 29 EGBGB; 5 EVJ 108 berein. Dies verwundert nicht, hat Art. 13 EuGVJ 1978 doch als Vorbild fr Art. 5 EVJ gedient. 109 Art. 15 EuGVVO ist dagegen eine Fortentwicklung. Er ist insbesondere im sachlichen Anwendungsbereich weiter, indem er die in Art. 13 EuGVJ/LugJ noch bestehende Beschrnkung auf Ver105 Siehe nur OLG Saarbrcken, NJW-RR 2000, 670; Putzo, in: Thomas/Putzo, ZPO,

26. Aufl. 2004, § 23 ZPO Rz. 6. 106 Grundlegend BGHZ 115, 90 = JZ 1992, 51 m. Anm. Schack = ZZP 105 (1992), 314

m. Anm. Wolfgang L+ke (dazu Reinhold Geimer, NJW 1991, 3072); außerdem z.B. BAG, NZA 1997, 1182; OLG Stuttgart, RIW 1990, 829; OLG Mnchen, RIW 1993, 66. 107 BGH, NJW 1997, 324 (325) = JR 1997, 462 m. Anm. Mankowski; BGH, NJW 1997, 2886; OLG Stuttgart, RIW 1990, 829 (830); Mark/Ziegenhain, NJW 1992, 3062 (3064); Zçller/Max Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 23 ZPO Rz. 13. 108 Zu diesen eingehend Kap. 12 Rz. 11–43. 109 Siehe nur Bericht Giuliano/Lagarde, ABl. EG 1980 C 282 Art. 5 EVJ Bem. (2).

Mankowski | 535

Kap. 12 Rz. 43

Internationale Zustndigkeit

trge ber die Lieferung von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen entfallen lsst und prinzipiell alle Vertragstypen erfasst. 43 Zwischen IZPR und IPR bestehen folgende Unterschiede: 110 Artt. 15 Abs. 1 litt. a, b EuGVVO; 13 Abs. 1 Nrn. 1, 2 EuGVJ/LugJ schtzen auch den aktiven Verbraucher, weil sie fr die in ihnen genannten Vertragstypen keine besonderen situativen Anwendungsvoraussetzungen aufstellen. 111 Artt. 15 Abs. 1 EuGVVO; 13 Abs. 1 EuGVJ/LugJ enthalten andererseits kein Pendant zu Artt. 29 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB; 5 Abs. 2 3. Lemma EVJ. Ebenso fehlt es in Artt. 15 Abs. 3 EuGVVO; 13 Abs. 3 EuGVJ/LugJ an Entsprechungen zu der Ausnahme fr Vertrge ber Dienstleistungen, die vollstndig außerhalb des Verbraucherstaates erbracht werden (Artt. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB; 5 Abs. 4 lit. b EVJ), und der Rckausnahme fr Vertrge ber Pauschalreisen (Artt. 29 Abs. 4 Satz 2 EGBGB; 5 Abs. 5 EVJ). Soweit sie bereinstimmen, sind beide Normkomplexe aber parallel auszulegen und zu verstehen. 112 44 Parallel auszulegen sind insbesondere Artt. 29 Abs. 1 Nrn. 1, 2; 5 Abs. 2 Lemmata 1 und 2 EVJ einerseits und Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 litt. a, b EuGVJ/ LugJ. 113 Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO ist zwar anders formuliert und verwendet ein dem Anschein nach anderes Anknpfungskriterium, fhrt aber nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen. Anders als Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVJ/LugJ und Artt. 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 EGBGB; 5 Abs. 2 1. Lemma Var. 2 EVJ verzichtet er allerdings auf das zustzliche Erfordernis, dass der Verbraucher die seinerseits zum Vertragsschluss nçtigen Handlungen in seinem Aufenthaltsstaat vorgenommen hat. Diese weitere Voraussetzung wird bei B2C-Geschften im Internet jedoch eigentlich nie problematisch sein, so dass sein Wegfall keine Vernderung bedeutet: 114 Der typische Verbraucher surft von seinem heimischen PC aus im Internet und gibt von dort seine Vertragserklrung ab. 115 45 Gerade bei Vertragsschlssen im Großbereich des Internet-Shopping sind internationalprozessrechtlicher und internationalprivatrechtlicher Verbraucherschutz also weitgehend aufeinander abgestimmt. 116 Von einem Anbie110 Siehe nur Norbert Reich, Europisches Verbraucherschutzrecht, 3. Aufl. 1996,

Nr. 256. 111 Donzallaz, La Convention de Lugano, Bd. III, Bern 1998, Rz. 5984. 112 Siehe nur BGHZ 123, 380 (384 f.); Mankowski, RIW 1994, 421 (423). 113 Siehe nur Rb. Leeuwarden, NIPR 1992 Nr. 271 S. 402 f. nr. 11; Rb. Middelburg,

NIPR 1996 Nr. 294 S. 407 f. nrs. 2.3 f. 114 Mankowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191 (204). Anders wohl Mick-

litz, in: Norbert Reich/Micklitz, Europisches Verbraucherschutzrecht, 4. Aufl. 2003, Rz. 31.5 (S. 1187). 115 Siehe nur Mehrings, CR 1998, 613 (619); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (250); Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Teil 31 Rz. 184 (Dez. 1998); Borges, ZIP 1999, 565 (571); Fallenbçck, Internet und Internationales Privatrecht, Wien/New York 2001, S. 129 f. 116 Abbo Junker, RIW 1999, 809 (815).

536 | Mankowski

IV. Internationale Zustndigkeit im B2C-Bereich

Rz. 48 Kap. 12

ter veranstaltete grenzberschreitende Kaffeefahrten, die Konstellationen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, spielen dort keine Rolle. 117 Online-Auktionen betreffen als solche auch keine Finanzierungsgeschfte. Die einzigen nennenswerteren Divergenzen zwischen IPR und europi- 46 schem IZPR kçnnen sich bei Online-Versteigerungen also fr Abzahlungsgeschfte ber bewegliche Sachen, bei denen die situativen Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB nicht vorliegen, und in den Ausnahmebereichen der Artt. 15 Abs. 3 EuGVVO; 13 Abs. 3 EuGVJ/LugJ; 5 Abs. 4, 5 EVJ ergeben. Indes sind die mçglichen Flle der zweiten Fallgruppe, nmlich OnlineAuktionen von Sprachkursen im Ausland, Hotelleistungen auslndischer Hotels und (sofern man Art. 29 Abs. 4 Satz 2 EGBGB konstitutiv versteht und nicht 118 auf den allgemeinen Oberbegriff der Vetrge ber das Erbringen von Dienstleistungen rekurriert) Pauschalreisen, bisher nicht bekannt geworden. 119 Ratenzahlungsvereinbarungen mag es dagegen auch bei OnlineVersteigerungskufen geben, zumal wenn ein grçßeres Investitionsvolumen in Rede steht. Dann ist eben zu beachten, dass Artt. 16 Abs. 1 Var. 2 EuGVVO; 13 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 EuGVJ/LugJ fr Ratenzahlungsgeschfte keine situativen Anwendungsvoraussetzungen verlangen. b) Situative Voraussetzungen unter Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO

Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO sieht vor, dass das Verbraucherprozessrecht 47 greift, wenn der Unternehmer in dem Staat, in welchem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Ttigkeit betreibt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten einschließlich dieses Staates ausrichtet. Damit sind Online-Ansprachen per Website jedenfalls miterfasst. 120 Freilich hatte die Kommission die Vorstellung, dass nur eine so genannte ak- 48 tive Website den nçtigen Bezug herstelle, nicht aber eine so genannte pas-

117 Mehrings, CR 1998, 613 (620); Joachim Gruber, DB 1999, 1437; Nina Walter, in:

Hoeren/Mglich/Nielen (Hrsg.), Online-Auktionen, 2002, S. 353 (373); Magnus, in: Christian Graf/Paschke/ Stober (Hrsg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen des E-Commerce, 2002, S. 19 (28); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 12 Rz. 79. 118 Wie AG Flensburg, RRa 1998, 176 (177). 119 Dabei wre zustzlich zu berlegen, ob eine Divergenz nicht berhaupt nur bei Eigenversteigerungen solcher Leistungen durch deren Anbieter auftreten kçnnten, nicht aber bei Versteigerungen entsprechender konkreter Vertragspositionen, bei denen die eine Vertragspartei als Einlieferer/Verußerer auftritt. 120 Siehe nur Bender/Sommer, RIW 2000, 260 (264); Josef Scherer/Butt, DB 2000, 1009 (1016); Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29a EGBGB, 2003, S. 364 f.; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 230 f.; Vasiljeva, (2004) 10 Eur. L.J. 123 (130).

Mankowski | 537

Kap. 12 Rz. 49

Internationale Zustndigkeit

sive Website. 121 Terminologisch lehnt sie sich damit an eine in den USA entwickelte Einteilung an, die fr die Zwecke der personal jurisdiction zwischen integralen, interaktiven und passiven Websites unterscheidet. 122 Auf der anderen Seite lehnte die Kommission just diese Unterscheidung als zu eng ab. 123 Schon dies schwcht die Jberzeugungskraft ihres eigenen, auf eine Differenzierung hinauslaufenden Ansatzes. Stellt man richtigerweise auf den kommerziellen Zweck von Websites im B2C-Geschft ab, so vermag eine Differenzierung nach der technischen Ausgestaltung nicht zu berzeugen. Jede Website ist eine Angel mit einem Kçder, an welchem der Kunde als Fisch anbeißen soll. 124 Websites sollen Aufmerksamkeit erregen, sollen das Augenmerk potentieller Interessenten anziehen, sollen auf das Angebot hinweisen, sollen Kontakte generieren. Wer aktive Websites immer ausreichen lsst, fr passive aber eine wertende Betrachtung des angesprochenen Interessentenkreises verlangt, 125 akzeptiert dies letztlich. 126 Freilich muss er sich die unangenehme Frage stellen lassen, ob er denn bei Zeitungsanzeigen auch danach differenzieren wollte, ob diese ein Bestellformular enthalten oder nicht. Zu Recht haben sich solche Standards bisher bei Zeitungsanzeigen nicht etabliert. Außerdem vermag es wertungsmßig in keiner Weise zu berzeugen, warum der von einer Website angelockte Kunde, der mit dem Anbieter telefonieren muss, weniger schutzwrdig sein solle als jener Interessent, der sich eines auf der Website integrierten elektronischen Bestellformulars bedienen kann. 127 49 Man kann sich unterschwellig nicht des Eindrucks erwehren, als wrde die Kommission aktive und passive Website einerseits und passiven und aktiven 121 Vorschlag der Kommission fr eine Verordnung (EG) des Rates ber die gericht-

122

123

124

125 126 127

liche Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG 1999 L 376/17; ebenso Mourre, Rev. dr. aff. int. 2001, 770 (773 no. 10); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 55. Grundlegend Cybersell, Inc. v. Cybersell, Inc. 130 F. 3d 414 (418) (9th Cir. 1997); Zippo Manufacturing Co. v. Zippo Dot Com, Inc 952 F. Supp. 1119 (1124) (W.D. Pa. 1997). Dem in Zippo entwickelten sliding scale approach folgt eine Vielzahl von Gerichten, z.B. Mink v. AAAA Development, LLC 190 F. 3d 333 (5th Cir. 1999); Resnick v. Manfredy 52 F. Supp. 2d 462 (E.D. Pa. 1999); Colt Studio, Inc. v. Badpuppy Enterprises 75 F. Supp. 2d 1104 (C.D. Cal. 1999). Genderter Vorschlag der Kommission fr eine Verordnung ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2000) 689 endg. 6. Superguide Corp v. Kegan Docket Shelby Division 4:97cv181-C (W.D.N.C. July 28/Oct. 7, 1997) sub II B 2; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (242); Mankowski, MMR 3/2001, XXI (XXII); B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 134. So Thomas Pfeiffer, in: Hohl/Leible/Sosnitza (Hrsg.), Vernetztes Recht, 2002, S. 21 (42). So Thomas Pfeiffer, in: Hohl/Leible/Sosnitza (Hrsg.), Vernetztes Recht, 2002, S. 21 (43). Treffend Lurger, in: Michael Gruber (Hrsg.), Die rechtliche Dimension des Internet, Wien 2001, S. 69 (78).

538 | Mankowski

IV. Internationale Zustndigkeit im B2C-Bereich

Rz. 50 Kap. 12

Verbraucher andererseits miteinander vermengen. Die scheinbare Gleichheit der Begriffe, nmlich Aktivitt und Passivitt, wirkt verfhrerisch. Indes sollte man dieser Verfhrung widerstehen, ihr vielmehr den Schleier herunterreißen. Denn auch die so genannte passive Website ist der aktive erste Schritt des Unternehmers in der Kommunikation. Auch eine passive Website steht mit Blick auf die Aktion-Reaktion-Struktur in der Kommunikation einer Zeitungsanzeige gleich. 128 Einen Ausschluss des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes bereits dann zu bejahen, wenn der Verbraucher aktive Suchsituationen oder -mechanismen einsetzt, 129 verkennt dies ebenfalls; kein Kontakt ber eine Website ist denkbar, bei welchem der Verbraucher nicht seine Sinne oder Hilfsmittel einsetzen msste. 130 Warum sollte im Jbrigen zwischen gleichermaßen und gelufigen Suchmechanismen differenziert und der Einsatz einer Suchmaschine diskriminiert werden? 131 Unterschiedliche technische Fertigkeit und unterschiedliches Surf-Talent der einzelnen Nutzer sind kein taugliches Differenzierungskriterium. 132 Außerdem vermçchte der Unternehmer sowieso kaum je darzulegen, auf Grund welcher Schritte der Verbraucher auf seine Website gestoßen ist. Eine daran ansetzende Differenzierung wre also zu allem Jberfluss auch noch unpraktikabel und kçnnte ihren selbstgesetzten Zielen nicht gerecht werden. 133 Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO sah sich whrend seiner Entstehung heftiger 50 Kritik seitens einiger Wirtschaftsverbnde ausgesetzt, weil sie das Verantwortlichkeitsrisiko im E-Commerce namentlich fr kleinere und mittlere Unternehmen untragbar mache. 134 Vergleicht man ihn mit der hier vertretenen Auffassung ber die Reichweite des schon zuvor geltenden Internationalen Verbraucherschutzrechts, 135 so ist berhaupt keine nennenswerte Aus128 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (242) sowie Eileen Weber v. Jolly Hotels et al.

129

130 131 132 133 134

135

977 F. Supp. 327 (D. N.J. 1997); Norbert Reich/Gambogi Carvalho, VuR 2001, 269 (272). Verkannt z.B. von Sociaal Economische Raad, Advies Commissie Consumentenangelegenheden 99/10 Elektronische handel in de interne markt 27 . So Norbert Reich, in: Norbert Reich/Nordhausen, Verbraucher und Recht im elektronischen Geschftsverkehr (eG), 2000, S. 91 Nr 112 sowie Arter/Jçrg/Gnos, AJP 2000, 277 (289 f.). Mankowski, MMR 3/2001, XXI (XXII) sowie Lurger, in: Michael Gruber (Hrsg.), Die rechtliche Dimension des Internet, Wien 2001, S. 69 (76). Lurger, in: Michael Gruber (Hrsg.), Die rechtliche Dimension des Internet, Wien 2001, S. 69 (76). Lurger, in: Michael Gruber (Hrsg.), Die rechtliche Dimension des Internet, Wien 2001, S. 69 (76). Vgl. Fallon/Meeusen, Rev. crit. dr. int. pr. 91 (2002), 435 (463). Namentlich des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Deutsche Multimediaverband (dmmv), des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), siehe VPRT: Behinderung des Online-Handels, MMR 1/2000, IX und Kritik an der Haltung der EUKommission zum „Electronic Commerce“, AfP 1999, 480 f. Oben Kap. 11 Rz. 26–31.

Mankowski | 539

Kap. 12 Rz. 51

Internationale Zustndigkeit

dehnung der Gerichtspflichtigkeit im Vergleich mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVJ ersichtlich. Der Kritik wurde in der Sache bereits fr das Internationale Verbrauchervertragsrecht des Art. 29 EGBGB entgegengetreten. 136 c) Rechtsfolgen

51 Unter den Voraussetzungen des Art. 15 EuGVVO bzw. des Art. 13 EuGVJ/ LugJ begrnden Artt. 16 Abs. 1 Var. 2 EuGVVO; 14 Abs. 1 Var. 2 EuGVJ/ LugJ f r den Verbraucher einen Klgergerichtsstand in dem Staat, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Der Verbraucher hat unter europischem Internationalen Verbraucherprozessrecht die Garantie, dass er einen in einem EU-Mitgliedstaat bzw. in einem Mitgliedstaat des EuGVJ/LugJ ansssigen Unternehmer in seiner eigenen Heimat verklagen kann. Der Verbraucher muss weder reisen noch die Unannehmlichkeiten der Prozessfhrung in einem fremden Staat auf sich nehmen. Beides wird vielmehr dem Unternehmer aufgebrdet. Fr den Wohnsitzbegriff sind wieder Artt. 59 EuGVVO; 52 EuGVJ/LugJ maßgeblich (vgl. Rz. 16). Der Verbraucher hat außerdem nach Artt. 16 Abs. 1 Var. 1 EuGVVO; 14 Abs. 1 Var. 1 EuGVJ/LugJ die Option, den Unternehmer in dessen Sitz- bzw. Wohnsitzstaat zu verklagen. Dies mag ausnahmsweise unter Vollstreckungsgesichtspunkten vorzugswrdig sein. Praktisch hat dieser Gerichtsstand jedoch kaum Bedeutung. 52 Artt. 16 Abs. 2 EuGVVO; 14 Abs. 2 EuGVJ/LugJ verpflichten umgekehrt den im europischen Raum ansssigen Unternehmer dazu, den Verbraucher in dessen Aufenthaltsstaat zu verklagen. Es besteht also ein Beklagtengerichtsstand des Verbrauchers. Einen anderen Gerichtsstand hat der europische Unternehmer in einer Verbrauchersache nicht. Im Jbrigen wre dem Unternehmer auch wenig geholfen, wenn er ein Urteil, namentlich ein Versumnisurteil, in einem anderen Staat erstritte. Denn ein solches Urteil wrde im Wohnsitzstaat des Verbrauchers weder anerkannt noch fr vollstreckbar erklrt. Artt. 35 Abs. 1 EuGVVO; 28 Abs. 1 EuGVJ/LugJ versagen die Anerkennung, wenn die Entscheidung, deren Anerkennung in Rede steht, entgegen (u.a.) den Vorschriften des 4. Abschnitts (also den Artt. 15–17 EuGVVO; 13–15 EuGVJ/LugJ) ergangen ist. Artt. 45 Abs. 1 EuGVVO; 34 Abs. 2 EuGVJ/LugJ nehmen dies fr die Vollstreckbarerklrung in Bezug. 137 Ein Verbraucher wird Vermçgenswerte, in die vollstreckt werden kçnnte, aber regelmßig nur in seinem Wohnsitzstaat haben. Ein Urteil aus einem anderen Staat, das im Wohnsitzstaat des Verbrauchers nicht fr vollstreckbar werden kann, hat daher kaum Wert und wre nur ein Kostenfaktor. 138 136 Kap. 11 Rz. 28–31 und ausfhrlich Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22; Man-

kowski, in: Internet und Recht, Wien 2002, S. 191. 137 Unter der EuGVVO wird der Versagungsgrund allerdings wegen Artt. 41; 44

EuGVVO erst in zweiter Instanz des Vollstreckbarerklrungsverfahrens vom Rechtsbehelfsgericht geprft. 138 Mankowski, MMR-Beilage 7/2000, 22 (32).

540 | Mankowski

IV. Internationale Zustndigkeit im B2C-Bereich

Rz. 54 Kap. 12

Der Unternehmer kann sich einen von Artt. 16 Abs. 2 EuGVVO; 14 Abs. 2 53 EuGVJ/LugJ abweichenden Gerichtsstand, namentlich in dem Staat, in dem er selber seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung hat, auch nicht dadurch verschaffen, dass er ihn im Vertrag mit dem Verbraucher vereinbarte. Denn Gerichtsstandsvereinbarungen in Verbrauchersachen erlauben Artt. 17 EuGVVO; 15 EuGVJ/LugJ nur und legen diesen nur Wirkungen bei, wenn diese entweder nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen werden oder dem Verbraucher zustzliche Gerichtsstnde einrumen. Gerichtsstandsvereinbarungen, die einen „Unternehmergerichtsstand“ ausbedingen, bereits im Verbrauchervertrag liegen vor dem Entstehen jeder Streitigkeit und sollen gerade den Unternehmer, nicht den Verbraucher begnstigen. Daher machen Artt. 17 EuGVVO; 15 EuGVJ/LugJ sie wirkungslos. Namentlich scheitert eine vorgngige Gerichtsstandsvereinbarung durch entsprechende Klausel in den AGB an Artt. 17 Nr. 1 EuGVVO; 15 Nr. 1 EuGVJ/ LugJ. Im elektronischen Rechtsverkehr mit Verbrauchern innerhalb Europas herrscht damit de facto ein Verbot der Gerichtsstandsvereinbarung. 139 Wer sich als Marktplatzbetreiber oder Online-Auktionshaus auf die Ge- 54 richtsstandsklausel in seinen AGB verlsst, kann also in europischen Verbrauchersachen eine bçse Jberraschung erleben. Diese Klausel hilft ihm nmlich nicht. 140 Wenigstens kein falsches Vertrauen erzeugen Klauseln, die einen Gerichtsstand nur fr den vollkaufmnnischen Geschftsverkehr 141 oder gegenber kaufmnnischen Kunden vorsehen. 142 Allerdings sind solche Klauseln ersichtlich an § 38 Abs. 1 ZPO orientiert. Sie verwenden nicht das fr europische Verbrauchersachen maßgebliche Abgrenzungskriterium (Verwendung fr berufliche oder gewerbliche Zwecke) und sind mit dem international problematischen Kaufmannsbegriff belastet. Im europischen Raum wre es besser, das europische Kriterium zu verwenden. Allerdings sei zugestanden, dass die Gerichtsstandsklauseln der AGB auf den 139 Siehe nur Dirk Langer, Forum Int. 1999, 1 (10); Caprioli, Reglement des litiges in-

ternationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002, S. 29 no. 37; Rowe, (2004) 19 Butterworths J. Int. Bank. & Fin. L. 51 (52). 140 Z.B. § 18 Nr. 3 AGB eBay (VII/2002); § 15 Nr. 3 AGB AdAuction.de (XI/2001); Teil III Nr. 6 lit c) AGB Atrada (III/2002) machen eine Gerichtsstandsvereinbarung davon abhngig, dass der Vertragspartner Kaufmann im Sinne des HGB ist. Dies orientiert sich allerdings an § 38 Abs. 1 ZPO, nicht an Artt. 15–17 EuGVVO oder an Artt. 13–15 EuGVJ/LugJ. Im europischen Rahmen wre wiederum – wie bei der Rechtswahl (oben Kap. 12 Rz. 68) – besser, das Abgrenzungskriterium der Artt. 15 Abs. 1 EuGVVO; 13 Abs. 1 EuGVJ/LugJ in Bezug zu nehmen. Auf Stze wie Nr. 17 Satz 2 AGB Warenstrom AG („Dies gilt nicht fr Verbraucher und fr Kaufleute mit der Maßgabe, soweit nicht durch § 38 ZPO, das FernAG oder das EuGVJ andere Gerichtsstnde vorgeschrieben sind.“) sollte man besser verzichten. Sie verwirren, ohne dass ihnen eine hinreichend klare Aussage zu entnehmen ist. 141 So z.B. Nr. 10 Satz 1 Var. 2 AGB rauhut-auktion.de. 142 So z.B. Nr. 9.4. AGB teccom.de; Nr. 9.3 AGB letsbuyit.com; Nr. 1.7.2 AGB bcee.de (IX/2002); Nr. 8 AGB bidbizz.com; Abs. 18 Nr. 4 AGB bios (Bechtle direkt) (I/2003).

Mankowski | 541

Kap. 12 Rz. 55

Internationale Zustndigkeit

Normalfall des reinen Inlandsvertrages zugeschnitten sind und weniger die internationale als vielmehr die çrtliche Zustndigkeit regeln wollen. Selbst insoweit schneidet aber das europische Regime hinein, indem Art. 16 Abs. 1 Var. 2 EuGVVO fr den Klgergerichtsstand des Verbrauchers die çrtliche Zustndigkeit mitregelt. 143 Artt. 16 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 EuGVVO; 14 EuGVJ/ LugJ indes befassen sich nur mit der internationalen Zustndigkeit. 144 55 Nur ausnahmsweise wird der Versuch unternommen, den von § 38 Abs. 2 ZPO zustzlich erçffneten Spielraum zu nutzen und einen Gerichtsstand auch gegenber Personen ohne allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland zu vereinbaren. 145 Im europischen Verbrauchergeschft wrde eine solche Klausel wieder an Artt. 17 Nr. 1 EuGVVO; 15 Nr. 1 EuGVJ/LugJ scheitern.

2. Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 56 Zu Artt. 15–17 EuGVVO; 13–15 EuGVJ/LugJ gibt es im deutschen Zivilprozessrecht kein echtes Pendant. 146 Besondere Verbraucherschutzregeln kennt das deutsche Zivilprozessrecht, das zum Zuge kommt, wenn EuGVVO, EuGVJ und LugJ nicht anwendbar sind, kaum. Es erlaubt grundstzlich auch bei Vertrgen mit Verbrauchern Abbedingung der gesetzlichen Gerichtsstnde durch schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen, sofern eine Partei ihren Sitz bzw. Wohnsitz nicht im Inland hat. 147 Eine Ausnahme besteht, soweit der zu Gunsten des Verbrauchers 148 ausschließliche, d.h. zwingende und nicht abdingbare Gerichtsstand des § 29c ZPO sachlich greift. Voraussetzung dafr ist zwar nicht, dass der Vertrag deutschem Recht unterliegt, aber doch, dass es sich um ein Haust rgeschft nach den in § 312 BGB beschriebenen Merkmalen handelt. 149 Dessen Reichweite im E-Commerce insgesamt ist aber hochstreitig. Zentraler Streitpunkt ist allgemein, ob Internet-Werbung ein Eindringen des Unternehmers in den rumlich geschtzten Bereich des Verbrauchers darstellt. 150 Fr Online-Auktionen kommt noch 143 Siehe nur Mankowski, IPRax 2001, 33 (37); Rauscher/Ansgar Staudinger, Euro-

pisches Zivilprozessrecht, 2003, Art. 16 Brssel I-VO Rz. 4. 144 Rechtspolitisch kritisch Mankowski, IPRax 2001, 33 (37); Schoibl, JBl 2003, 149

145 146

147 148 149 150

(163). Zur Ausfllung unter deutschem Recht KG, IPRax 2001, 44; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2000, 353; LG Konstanz, IPRax 1994, 448; Mankowski, IPRax 2001, 33; Rolf Wagner, WM 2003, 116. § 17 Satz 2 AGB RedLukas.de (VI/2002); Nr. 1.7.2 AGB becc.de (IX/2002); Nr. VIII Satz 2 AGB GoIndustry (VI/2000); Nr. 9.2 AGB bautreff.de (VII/2001). Siehe nur OLG Karlsruhe, NJW-RR 2000, 353 (354); Gregor Vollkommer/Max Vollkommer, FS Reinhold Geimer, 2002, S. 1367; Mankowski, JZ 2003, 1122; Esther Teuber, Die internationale Zustndigkeit bei Verbraucherstreitigkeiten, 2003. Z.B. Schaltinat, Internationale Verbraucherstreitigkeiten, 1998, S. 40. Siehe Geimer, ZZP 110 (1997), 241 (242); Mankowski, VuR 1999, 219 (220 Fn. 15); Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2001, Rz. 144. Mankowski, VuR 1996, 392 (393). Eingehende Diskussion z.B. bei Meents, Verbraucherschutz bei Rechtsgeschften im Internet, 1998, S. 104–126; Meents, K&R 1999, 53 (56–60); Dirk Arnold, CR

542 | Mankowski

VI. Internationale Zustndigkeit bei Wettbewerbsstreitigkeiten

Rz. 59 Kap. 12

die zustzliche Wertungsfrage hinzu, ob man dem Einlieferer die Website des Online-Auktionshauses zurechnen will. Wer dies fr die Zwecke des Art. 29 EGBGB, des Art. 15 EuGVVO oder des Art. 13 EuGVJ tut, sollte aber konsequenterweise auch hier zurechnen. Einen weiteren ausschließlichen Gerichtsstand in Verbrauchersachen be- 57 grndet § 26 FernUSG fr Fernunterrichtsvertrge. 151 Im Bereich der Online-Auktionen wird diese Norm wie das gesamte FernUSG sachlich kaum je einschlgig sein. Jedenfalls sind Online-Auktionen ber Fernunterrichtsvertrge bisher weder aufgefallen noch bekannt geworden.

V. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte im C2C-Bereich Fr Verkufe oder Versteigerungskufe im C2C-Bereich greift das Europi- 58 sche Verbraucherprozessrecht der Artt. 15–17 EuGVVO; 13–15 EuGVJ/ LugJ ebenso wenig wie das parallele Internationale Verbrauchervertragsrecht. Beide setzen eine Gefllekonstellation mit Beteiligung einer unternehmerischen Vertragsseite voraus. 152 Daher gelten im C2C-Bereich mangels abweichender besonderer Regeln die allgemeinen Zustndigkeitstatbestnde der Artt. 2; 5 Nr. 1 EuGVVO; 2; 5 Nr. 1 Halbs. 1 EuGVJ und §§ 12; 13; 29 ZPO. Gerichtsstandsvereinbarungen sind nach Artt. 23 Abs. 1 EuGVVO; 17 Abs. 1 EuGVJ/LugJ bzw. § 38 Abs. 2 ZPO theoretisch mçglich, drften aber mangels entsprechender Kenntnisse und Gestaltungsbedrfnisse der Parteien gerade bei Versteigerungskufen weitgehend unterbleiben. Allerdings kann sich eine Gerichtsstandsvereinbarung wiederum durch formgerechte, in der Regel schriftliche Inkorporation der Versteigerungs-AGB (oder AGB des Marktplatzbetreibers) ergeben, wenn diese eine sachlich hinreichend weit gefasste Gerichtsstandsklausel enthalten.

VI. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Wettbewerbsstreitigkeiten 1. Allgemeiner Gerichtsstand In Wettbewerbssachen besteht eine internationale Zustndigkeit zunchst 59 am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten an dessen Sitz bzw. Wohnsitz. 1997, 526 (527 f.); Cichon, CR 1997, 775; Borges, ZIP 1999, 130 (133 f.); Hoeren/ Oberscheidt, VuR 1999, 371 (376 f.); Ruoff, NJW-CoR 2000, 38; B+cker, Internetauktionen, 2003, S. 254–258; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S. 274–276. 151 Zu dessen Reichweite de Bra, Verbraucherschutz durch Gerichtsstandsregelungen im deutschen und europischen Zivilprozessrecht, 1992, S. 71–76. 152 Oben Kap. 11 Rz. 17.

Mankowski | 543

Kap. 12 Rz. 60

Internationale Zustndigkeit

Dies ergibt sich, soweit das EuGVJ oder das LugJ international und persçnlich anwendbar ist, aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Artt. 59; 60 EuGVVO bzw. aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Artt. 52; 53 EuGVJ/ LugJ. Außerhalb des Anwendungsbereichs von EuGVVO, EuGVJ und LugJ folgt dies aus § 14 Abs. 1 UWG, soweit Klagansprche auf das UWG gesttzt werden, ansonsten aus §§ 12; 17 ZPO. Wegen seiner Vollstreckungsnhe sollte man den allgemeinen Gerichtsstand insbesondere bei Unterlassungsansprchen nicht zu gering achten. 153 60 Allerdings knpft § 14 Abs. 1 UWG primr an die inlndische gewerbliche Niederlassung und nur subsidir an den inlndischen Wohnsitz an. Ort der gewerblichen Niederlassung ist der Ort, an welchem die gewerbliche Ttigkeit stetig und ortsfest ausgebt wird. 154 Der Niederlassungsbegriff des § 14 Abs. 1 UWG entspricht jenem des § 21 ZPO. 155 Letzthilfsweise greift § 14 Abs. 1 UWG auf einen inlndischen Aufenthalt zurck. „Aufenthalt“ meint hier nicht nur den gewçhnlichen, sondern auch den schlichten oder einfachen Aufenthalt. Ausreichend ist, dass sich der Beklagte zumindest vorbergehender tatschlich in Deutschland befindet, also kçrperlich hier ist. 156

2. Deliktsgerichtsstand 61 Mindestens gleiche Bedeutung wie der allgemeine Gerichtsstand hat der Deliktsgerichtsstand. Diesen erçffnet Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVJ/LugJ als besonderen, nicht ausschließlichen Gerichtsstand neben dem allgemeinen Gerichtsstand. Zu den Delikten im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVJ/ LugJ zhlen auch (prospektive) Wettbewerbsverstçße. 157 Jedenfalls Art. 5 Nr. 3 EuGVVO unterfallen auch vorbeugende Unterlassungsklagen. 158 Richti153 Schack, MMR 2000, 135 (137). 154 Siehe nur Pastor/Hans-J+rgen Ahrens/B)hr, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl.

1999, Kap. 22 Rz. 9. 155 Erdmann, in: Großkommentar zum UWG, 3. Lfg.: §§ 16–24 UWG, 1991, § 24

UWG Rz. 15, 17; Gloy/Sp)tgens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl. 1997, § 62 Rz. 7; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, UWG, 2004, § 14 UWG Rz. 32. 156 KG, OLGZ 1973, 149 (151); Erdmann, in: Großkommentar zum UWG, 3. Lfg.: §§ 16–24 UWG, 1991, § 24 UWG Rz. 24; Baumbach/Wolfgang Hefermehl/Helmut Kçhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 14 UWG Rz. 12; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, UWG, 2004, § 14 UWG Rz. 40. 157 Siehe nur BGH, GRUR 1988, 483 (485) – AGIAV = NJW 1988, 1466; Cassaz., Riv.dir.int.priv. proc. 1994, 344; çstOGH, ecolex 2004, 119 Ls. m. Anm. Reitbçck; OLG Mnchen, NJW-RR 1994, 190 = EuZW 1994, 190; KG, WRP 1994, 868 (870) = NJW-RR 1995, 876 (878); OLG Frankfurt a.M., OLG-Report Frankfurt 1996, 259 (260 f.); OLG Stuttgart, IPRax 1999, 103, 104; OLG Hamm, RIW 2000, 58; Clemens Thiele, IJZ 1999, 754 (755). 158 Begrndung der Kommission zum Vorschlag einer Verordnung (EG) des Rates ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BR-Drs. 534/99, 14 Zu Artikel 5 Bem. 3. Abs.; Markus, SZW 1999, 205 (207); Christian Kohler, in: Peter Gott-

544 | Mankowski

VI. Internationale Zustndigkeit bei Wettbewerbsstreitigkeiten

Rz. 63 Kap. 12

gerweise 159 gilt Gleiches schon fr Art. 5 Nr. 3 EuGVJ/LugJ. 160 Dies kann gerade fr den wettbewerbsrechtlichen Bereich besondere Bedeutung gewinnen. Allgemein fllt unter den „Ort, an dem das schdigende Ereignis eingetreten 62 ist,“ sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort. 161 Von diesem allgemeinen Verstndnis hat sich bisher kein speziell fr Wettbewerbssachen abweichendes Verstndnis entwickelt, etwa dergestalt, dass ein Gerichtsstand nur am Marktort bestnde. 162 Bisher hat sich kein Marktortprinzip etabliert. Vielmehr folgt die Rechtsprechung zumindest verbatim dem Ubiquittsprinzip, also der Anknpfung an Handlungs- oder Erfolgsort. 163 Handlungsort ist derjenige Ort, an welchem der (potentielle) Tter agiert hat. 63 Es geht darum, die Aktivitten, die willensgesteuerten Handlungen des Tters, welche die wesentliche Ursache fr die in Rede stehende Rechtsverletzung gesetzt haben, zu lokalisieren. 164 Bei Wettbewerbsdelikten steht unter-

159 160

161

162

163

164

wald (Hrsg.), Revision des EuGVJ/Neues Schiedsverfahrensrecht, 2000, S. 1 (21); Rainer Hausmann, EuLF 2000–01, 40 (48); Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325 (329); Piltz NJW 2002, 789, 792; Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 EuGVVO Rz. 68; Czernich, in: Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, 2. Aufl. Wien 2003, Art. 5 EuGVVO Rz. 78; Rauscher/Leible, Europisches Zivilprozessrecht, 2003, Art. 5 Brssel I-VO Rz. 81. Entgegen Cassaz., Riv. dir. int. priv. proc. 1990, 685 (693); Pres. Rb. Middelburg, Ned. Jur. 1989 Nr. 744 S. 2891; Trib. Lodi, Riv. dir. int. priv. proc. 1992, 332 (336 f.). Behr, GRUR Int. 1992, 604 (607); Mankowski, EWS 1994, 305 (307) m.w.N.; Schack, MMR 2000, 135 (137); Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 5 EuGVJ Rz. 174; Czernich/Tiefenthaler, Die Jbereinkommen von Lugano und Brssel, Wien 1997, Art. 5 LugJ Rz. 48; Kropholler, Europisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 5 EuGVJ Rz. 59; Clemens Thiele, IJZ 1999, 754 (755). Tendenziell auch BGH, GRUR 1994, 530 (532) – Beta; OLG Bremen, RIW 1992, 231 (233). Grundlegend EuGH, Slg. 1976, Slg. 1976, 1735 (1746 f. – Rz. 15/19–24/25) – Handelskwekerij G.J. Bier BV/Mines de Potasse d’Alsace SA = NJW 1977, 493; zuletzt besttigt in EuGH, Slg. 1998, I-6511 (I-6544 Rz. 28) – R_union europ_enne SA/ Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV und Kapitn des Schiffes „Alblasgracht V002“. Vgl. aber in diese Richtung Kessedjian, in: McLachlan/Nygh (eds.), Transnational Tort Litigation – Jurisdictional Principles, Oxford 1996, S. 171 (184–187); Schauer (Fn. 34), S. 257; Schack, MMR 2000, 135 (137 f.) sowie v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 194 (198); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 60. Besonders deutlich OLG Hamm, RIW 2000, 58; im Ausland Cassaz., Riv. dir. int. priv. proc. 1994, 344; Rb. Amsterdam, Ned. Jur. 1979 Nr. 146 m. Anm. Jan C. Schultsz; Trib. Monza, Riv. dir. int. priv. proc. 1980, 429; Trib. comm. Liege, J. trib. 1983, 556. Siehe Hohloch, Das Deliktsstatut, 1984, S. 104; Riegl, Streudelikte im Internationalen Privatrecht, Diss. Augsburg 1986, S. 40; Ulrike Wolf, Deliktsstatut und internationales Umweltrecht, 1995, S. 163; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (257); v. Hinden, Persçnlichkeitsverletzungen im Internet, 1999, S. 54; Palandt/ Heldrich, BGB, 63. Aufl. 2004, Art. 40 EGBGB Rz. 3.

Mankowski | 545

Kap. 12 Rz. 64

Internationale Zustndigkeit

nehmerisches Handeln im Mittelpunkt. Daher muss es auf die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidungen in bestimmte Maßnahmen, insbesondere Werbemaßnahmen, ankommen. Demgegenber mssen leicht manipulierbare technische Gegebenheiten in die zweite Linie zurcktreten. Regelmßig wird daher der Handlungsort bei der konkret zustndigen Niederlassung des betreffenden Unternehmens liegen. 165 Sofern die Unternehmenszentrale handelt, fiele der Handlungsort daher mit dem effektiven Verwaltungssitz zusammen, 166 also grundstzlich mit dem allgemeinen Gerichtsstand jedenfalls nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 lit. b EuGVVO. Dann erçffnete er keinen zustzlichen Gerichtsstand neben Art. 2 Abs. 1 EuGVVO/EuGVJ/LugJ. Dies gilt auch fr Online-Auktionshuser. Relevante Wettbewerbshandlungen sind deren eigene Handlungen, insbesondere Aufbau und Pflege des eigenen Online-Angebots, sowie diesen zuzurechnende Handlungen ihrer Kunden. 64 Erfolgsort ist derjenige Ort, an welchem das primr geschtzte Rechtsgut verletzt wird (oder anders formuliert: an welchem der Eingriff in das primr geschtzte Rechtsgut erfolgt). 167 Die Orte eventueller Folgeschden, insbesondere nachlaufender Vermçgensschden des Verletzten oder Dritter, sind bei Nichtvermçgensdelikten ohne Bedeutung. 168 Geschtztes Rechtsgut von Wettbewerbsdelikten ist die Lauterkeit des Wettbewerbs in seinen Beziehungen zu Konkurrenten und zur Marktgegenseite wie zu Interessen der Allgemeinheit. Dieses Schutzgut ist dort zu lokalisieren, wo der betreffende Wettbewerb stattfindet. Dies macht sich grundstzlich an der Marktgegenseite fest, um deren Gunst die Konkurrenten sich bewerben. Richtigerweise ist das vom EuGH 169 fr Pressedelikte befrwortete Mosaikprinzip auf andere Delikte zu bertragen. 170 Dies gilt auch fr Wett165 Siehe Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (265 f.). Ablehnend Leible/Sosnitza/

Leible, Rz. 1039. 166 Siehe R+ßmann, JurPC Web-Dok. 108/1998 Abs. 32. 167 Siehe nur Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 5

EuGVJ Rz. 190; Donzallaz, La Convention de Lugano, Bd. III, Bern 1998, Rz. 5132; Peter Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 5 EuGVJ Rz. 19. 168 Grundlegend EuGH, Slg. 1990, I-49 (I-79 f. Rz. 13–22) – Dumez France u. Tracoba/ Hessische Landesbank (Helaba) = NJW 1991, 631; EuGH, Slg. 1995, I-2719 (I-2739-I-2742 Rz. 13–21) – Antonio Marinari/Lloyds Bank plc u. Zubaidi Trading Co. = EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl. 169 EuGH, Slg. 1995, I-415 – Fiona Shevill/Presse Alliance SA = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 297 m. Anm. Peter Huber. 170 Dafr OLG Hamburg, AfP 1996, 69 (71); Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20 (23); Birgit Bachmann, IPRax 1997, 179 (187); Gerhard Wagner, RabelsZ 62 (1998), 243 (283 f.); Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 190 (Dez. 1998); Helene Boriths M+ller, in: Hoeren/ Queck (Hrsg.), Rechtsfragen der Informationsgesellschaft, 1999, S. 288 (299); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (274–276); Gounalakis/Thomas Pfeiffer, Rechtshandbuch Electronic Business, 2003, § 13 Rz. 60; Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 1040. Dagegen Kreuzer/Klçtgen, IPRax 1997, 90 (94–96); Spindler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 29

546 | Mankowski

VI. Internationale Zustndigkeit bei Wettbewerbsstreitigkeiten

Rz. 66 Kap. 12

bewerbssachen. 171 Am jeweiligen einzelnen Erfolgsort kann nach dem Mosaikprinzip nur derjenige (Teil-)Schaden eingeklagt werden, der im Staat gerade dieses Erfolgsortes entstanden ist. Eine Liquidation der weltweit entstandenen Schden ist am einzelnen Erfolgsort nicht mçglich. Sie ist nur im allgemeinen Gerichtsstand oder im Gerichtsstand des Handlungsortes mçglich. Soweit EuGVVO, EuGVJ und LugJ nicht anwendbar sind, erçffnet § 14 65 Abs. 2 Satz 1 UWG den so genannten fliegenden Gerichtsstand am Ort des Wettbewerbsdelikts. Auch fr § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG wird vorherrschend ein Verstndnis im Sinne des Ubiquittsprinzips, also eine Anknpfung an Handlungs- oder Erfolgsort, vertreten. 172 Eine Auslegung, dass an den Marktort anzuknpfen sei, hat sich nicht durchsetzen kçnnen. 173 Dies mag daher rhren, dass § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG zuvçrderst die çrtliche Zustndigkeit regelt und eine Fragmentierung in regionale oder lokale Teilmrkte innerhalb Deutschlands hufig Probleme bereiten mag. 174 Speziell fr die Erfolgsortbestimmung bei wettbewerbsbezogenen Internet- 66 Sachverhalten ist eine Orientierung an einzelfallbezogenen Kriterien namentlich fr die Ausrichtung von Websites vorzunehmen. 175 Dies hat sich in der

171 172

173

174

175

Rz. 472 f. (Dez. 1998). Skeptisch auch Caprioli, Reglement des litiges internationaux et droit applicable dans le commerce _lectronique, Paris 2002, S. 33 no. 44. Pichler, in: Hoeren/Ulrich Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Losebl. 1999 ff., Kap. 31 Rz. 190 (Dez. 1998). BGHZ 40, 391 (394) – Stahlexport = GRUR 1964, 316 (318); BGH, GRUR 1978, 194 (195) – profil; OLG Karlsruhe, WRP 1984, 422 (423); OLG Kçln, GRUR 1988, 148; OLG Hamburg, WRP 1992, 805; OLG Bremen, CR 2000, 770 (771) = OLG-Report Bremen/Hamburg/Schleswig 2000, 179 (180); Erdmann, in: Großkommentar zum UWG, 3. Lfg.: §§ 16–24 UWG, 1991, § 24 UWG Rz. 28; Gloy/Sp)tgens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl. 1997, § 62 Rz. 10; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprche, 7. Aufl. 1997, Kap. 45 Rz. 13 m.w.N.; Pastor/Hans-J+rgen Ahrens/ B)hr, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl. 1999, Kap. 22 Rz. 13; Baumbach/Wolfgang Hefermehl/Helmut Kçhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 14 UWG Rz. 14; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Retzer, UWG, 2004, § 14 UWG Rz. 48. Dafr immerhin Kropholler, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, Kap. III Rz. 382; Michael Lehmann, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Rechtsgeschfte im Netz – Electronic Commerce, 1999, S. 169 (178); Birgit Bachmann, in: Michael Lehmann (Hrsg.), Rechtsgeschfte im Netz – Electronic Commerce, 1999, S. 205 (220); Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2002, Rz. 300; Heinrich Nagel/Peter Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2002, § 3 Rz. 67. Eine tiefer gehende Begrndung der herrschenden Meinung versucht allein Lindacher, FS Hideo Nakamura, Tokyo 1996, S. 321 (326–329), der selber dem Ubiquittsprinzip nur fr Klagen des Verletzten, nicht aber fr Verbandsklagen folgen will. Mankowski, CR 2000, 763 und OLG Bremen, CR 2000, 770 (771) = OLG-Report Bremen/Hamburg/Schleswig 2000, 179 (180) (dazu Mankowski, CR 2000, 763; Mankowski, EWiR § 24 UWG 1/2000, 651); R+ßmann, K&R 1998, 422 (424 f.).

Mankowski | 547

Kap. 12 Rz. 67

Internationale Zustndigkeit

instanzgerichtlichen Rechtsprechung bereits etabliert 176 und wird in Zukunft den Weg fr die Praxis weisen. 177 Man versucht mit einem solchen Ansatz, die im deutschen Internationalen Wettbewerbsrecht fr die Marktortanknpfung geltenden Kriterien 178 auf die internationale Zustndigkeit zu bertragen. 179 Grundstzlich erscheint dies sachgerecht. Bei Wettbewerbsdelikten stehen nmlich – anders als bei „allgemeinen“ Delikten – 180 durchaus geeignete einschrnkende Kriterien zur Verfgung. Die Sprbarkeitsschwelle, deren Ausfllung sie dienen, vermag auch bei der Frage wertvolle Dienste zu leisten, ob die Lauterkeit des Wettbewerbs in einem bestimmten Staat verletzt ist. Insbesondere der Zuschnitt von Angebot und Anbieter einschließlich der Transportkostensensibilitt der angebotenen Leistung gibt wertvolle Hilfestellung. 181 Freilich fhren sie bei den Dienstleistungsangeboten der Plattformbetreiber kaum je zu einer Einschrnkung. 182

3. Einstweiliger Rechtsschutz 67 Im wettbewerbsrechtlichen Bereich hat einstweiliger Rechtsschutz wegen seiner faktisch hauptsacheersetzenden Funktion besondere Bedeutung. Fr Eilverfahren verweisen Artt. 31 EuGVVO; 24 EuGVJ/LugJ auf das nationale Zustndigkeitsrecht des angerufenen Gerichts. 183 Dabei stehen sogar die so genannten exorbitanten Gerichtsstnde zur Verfgung, die in Hauptsacheverfahren durch Art. 3 Abs. 2 EuGVVO/EuGVJ/LugJ ausgeschlossen wren. 184 Allerdings verlangt der EuGH auch in Eilsachen eine „reale Verbin176 OLG Bremen, CR 2000, 770 (771) = OLG-Report Bremen/Hamburg/Schleswig

177 178 179

180 181 182 183

184

2000, 179 (180) (dazu Mankowski, CR 2000, 763; Mankowski, EWiR § 24 UWG 1/2000, 651); LG Kçln, CR 2002, 60 – budweiser.com m. Anm. Cichon = MMR 2002, 58 m. Anm. Mankowski; vgl. auch OLG Frankfurt/M., K&R 1999, 138 m. Anm. Kotthoff (dazu Mankowski, EWiR § 1 UWG 7/99, 471). Mankowski, EWiR § 24 UWG 1/2000, 651. Dazu eingehend Mankowski, GRUR Int. 1999, 909 (915–919); siehe oben Kap. 11 Rz. 116. Deutlich OLG Bremen, CR 2000, 770 (771) = OLG-Report Bremen/Hamburg/ Schleswig 2000, 179 (180) (dazu Mankowski, CR 2000, 763; Mankowski, EWiR § 24 UWG 1/2000, 651). Siehe dort Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 (269 f.); v. Hinden, Persçnlichkeitsverletzungen im Internet, 1999, S. 146–151. Nher Mankowski, CR 2000, 763, 765. Leible/Sosnitza/Leible, Rz. 1040. Siehe nur EuGH, Slg. 1998, I-7091 (I-7134 Rz. 42) – Van Uden Maritime BV, auch handelnd unter dem Namen Van Uden Africa Line/KG in Firma Deco-Line; GA Philippe LBger, Schlussantrge in der Rs. C-391/95 vom 10.6.1997, Slg. 1998, I-7093 (I-7119 Nrn. 133–136); The „Siskina“ (Owners of cargo lately laden on board) v. Distos Compania Naviera SA [1979] A.C. 210 (259G-260A) (H.L., per Lord Diplock); BGE 125 III 451, 454; Cass. civ., Rev.crit.dr.int.pr. 88 (1999), 352 f.; OLG Dsseldorf, NJW 1977, 2034; OLG Kçln, RIW 1997, 59 (60). Siehe nur EuGH, Slg. 1998, I-7091 (I-7134 Rz. 42) – Van Uden Maritime BV, auch handelnd unter dem Namen Van Uden Africa Line/KG in Firma Deco-Line; GA

548 | Mankowski

VI. Internationale Zustndigkeit bei Wettbewerbsstreitigkeiten

Rz. 68 Kap. 12

dung“ zwischen dem Rechtsstreit und dem angerufenen Gericht. 185 Diese richterrechtliche Einschrnkung der von Artt. 31 EuGVVO; 24 EuGVJ/ LugJ ausgesprochenen Verweisung harrt noch ihrer verbindlichen Konkretisierung und Ausfllung. 186 In Wettbewerbssachen drfte sich der latente Widerstreit zwischen den beiden skizzierten Elementen aber nicht auswirken. Denn es ist in keinem Fall zu beanstanden, wenn die Zustndigkeit im Eilverfahren an die prognostizierte Zustndigkeit in der Hauptsache anknpft und Letztere sich wiederum auf Normen des EuGVJ sttzt. Die Anknpfungsfaktoren des EuGVJ/LugJ begrnden reale, keine exorbitanten Verbindungen. Eine Zustndigkeit aus § 919 Var. 2 ZPO i.V.m. Art. 2 EuGVVO/EuGVJ/LugJ oder Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVJ/LugJ ist daher im wettbewerbsrechtlichen Eilverfahren problemlos. Im nationalen deutschen Prozessrecht stnden grundstzlich nur vergleichbare Gerichtsstnde zur Verfgung (nmlich § 24 Abs. 1 UWG oder § 24 Abs. 2 Satz 1 UWG sowie ausnahmsweise § 17 ZPO oder § 32 ZPO), so dass es insoweit keinen wesentlichen Unterschied macht, ob man sich auf die EuGVVO, auf das EuGVJ/ LugJ oder auf das nationale deutsche Recht sttzt.

4. Gerichtsstandsvereinbarungen Unter EuGVVO und EuGVJ/LugJ sind die fr Wettbewerbssachen relevan- 68 ten Gerichtsstnde keine ausschließlichen Gerichtsstnde. Sie sind nicht zwingend. Vielmehr kçnnen die Parteien des (drohenden) Wettbewerbsprozesses von ihnen im Wege der Gerichtsstandsvereinbarung nach Artt. 23 EuGVVO; 17 EuGVJ/ LugJ abweichen, was insbesondere nach Ausbrechen der konkreten Streitigkeit denkbar ist. 187 Anders verhlt es sich unter § 24 UWG. Dieser begrndet ausschließliche Gerichtsstnde. Diese sind nach § 40 Abs. 2 Satz 1 ZPO einer Gerichtsstandsvereinbarung nicht zugnglich. Davon ist fr die internationale Zustndigkeit keine Ausnahme zu machen. Soweit § 24 UWG einschlgig ist, ist also weder eine internationale Derogation noch eine internationale Prorogation mçglich.

Philippe LBger, Schlussantrge in der Rs. C-391/95 vom 10.6.1997, Slg. 1998, I-7093 (I-7119 Nrn. 133–136); OLG Dsseldorf, RIW 1999, 873 (874). 185 EuGH, Slg. 1998, I-7091 (I-7133 Rz. 40) – Van Uden Maritime BV, auch handelnd unter dem Namen Van Uden Africa Line/KG in Firma Deco-Line. 186 Heß/Gregor Vollkommer, IPRax 1999, 220 (222, 225); Xandra Ellen Kramer, NIPR 2000, 26 (29). 187 Siehe nur Geimer, in: Geimer/Rolf A. Schtze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, 1983, S. 637 (§ 84 XXII 1, 3); Geimer/Rolf A. Sch+tze, Europisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 5 EuGVJ Rz. 202, 204; Jaburek/Wçlfl, CyberRecht, Wien 1997, S. 46.

Mankowski | 549

Kap. 12 Rz. 69

Internationale Zustndigkeit

VII. Internationale Zustndigkeit staatlicher Gerichte bei Immaterialg terrechtsverletzungen 69 Bei Immaterialgterrechtsverletzungen richtet sich die internationale Zustndigkeit primr nach dem allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten gemß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Artt. 59; 60 EuGVVO bzw. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Artt. 52; 53 EuGVJ/ LugJ bzw. §§ 12; 17 ZPO. Daneben ist der Deliktsgerichtsstand erçffnet. Immaterialg terrechtsverletzungen sind Delikte im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO/EuGVJ/LugJ. 188 Handlungsort ist derjenige Ort, an welchem die immaterialgterrechtsverletzenden Aktivitten des Schdigers zumindest teilweise zu lokalisieren sind. 189 Wenn man im Markenrecht jeden Ort, an welchem die Marke im geschftlichen Verkehr in verwechslungsfhiger Weise gebraucht wird, zum Handlungsort erhebt, 190 wird das Verbreiten der Marke im Internet zur Verletzungshandlung und jeder Ort des bestimmungsgemßen Abrufs zum Handlungsort. 191 Erfolgsort ist derjenige Ort, an welchem die Verletzung des betreffenden Immaterialgterrechts eintritt. 192 Dies kann bei potentiellen Verletzungen durch Maßnahmen im Internet schon der Ort sein, an welchem eine Website abgerufen werden kann. 193 Eine relevante Verwendungshandlung kann schon das Einstellen eines Angebots unter einer bestimmten Bezeichnung oder Kennzeichnung auf eine Website sein, also auch dessen Aufnahme in den Katalog eines Online-Auktionshauses, wenn dies Markenrechte eines anderen berhrt. Entsprechendes gilt, soweit EuGVVO, EuGVJ und LugJ nicht anwendbar sind, analog § 32 ZPO im deutschen Internationalen Zivilprozessrecht. 194 Im Eilverfahren gelten – gegebenenfalls ber Artt. 31 EuGVVO; 24 EuGVJ/LugJ – §§ 919; 937; 942 ZPO. 195 Keiner der genannten Gerichtsstnde ist ein ausschließlicher Gerichtsstand. Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen den Beteiligten sind daher zumindest nach dem behaupteten Verstoß zulssig und denkbar. Ebenso wren (nachtrgliche) Schiedsvereinbarungen denkbar. 196 188 Siehe nur çstOGH, M & R 1999, 342 (343); çstOGH, ecolex 2004, 119 Ls. m. Anm.

189 190 191 192 193

194 195 196

Reitbçck; OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814 – intel m. Anm. Mankowski; OLG Hamburg, MMR 2002, 822 – hotel-maritime.dk; Wilfried Neuhaus, MittPat 1996, 257 (262); Ohly, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, 2003, S. 135 (147 f.). Siehe nur Schack, MMR 2000, 135 (137). Dafr Schack, MMR 2000, 135 (139); Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 32 ZPO Rz. 17. Diese Konsequenz zieht Kurtz, IPRax 2004, 107 (109). Siehe çstOGH, M & R 1999, 342 (343). Siehe nur OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814 (815) – intel m. Anm. Mankowski; OLG Hamburg, MMR 2002, 822 (823) – hotel-maritime.dk; LG Mnchen I, RIW 2000, 466; Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659 (663 f.); Kur, WRP 2000, 935 (936). LG Mnchen I, RIW 2000, 466. Siehe nur Schack, MMR 2000, 135 (139 f.). Vgl. Schack, MMR 2000, 135 (140).

550 | Mankowski

Kapitel 13 Datenschutz

I. Einleitung und Grundlagen . . . 1. Ziel des Datenschutzes . . . . 2. Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetzliche Ausgestaltung . . 4. Personenbezug der Daten . . II. Gesetzliche Regelungsprinzipien des Datenschutzrechts . . . . . 1. Grundsatz des Erlaubnisvorbehalts zur Datenerhebung (§ 3 Abs. 1 TDDSG) . . . . . . 2. Jberblick ber die gesetzlichen Erlaubnistatbestnde . . . . . a) Bestandsdaten . . . . . . . b) Nutzungsdaten . . . . . . . c) Abrechnungsdaten . . . . . d) Inhaltsdaten und Erfllung der Kaufvertrge . . . . . . (1) Herleitung . . . . . . . (2) Abweichende Ansichten (3) Konkrete Einordnung . (4) Forderung fr die Praxis 3. Jberblick ber besondere Verarbeitungstatbestnde . . . . a) Weitergabe von Abrechnungsdaten an Dritte . . . . b) Pseudonymisierte Nutzungsprofile . . . . . . . . . c) Anonymisierte Nutzungsdaten/Nutzungsprofile . . d) Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch . . . . . . . . . 4. Einwilligung des Nutzers . . a) Form und Wirksamkeit . . b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . . III. Unterrichtungspflichten und technisch-organisatorische Pflichten . 1. Unterrichtungspflichten der Diensteanbieter . . . . . . . . a) Allgemeine Unterrichtungspflicht (§ 4 Abs. 1 TDDSG) b) Unterrichtungspflicht bei „automatisierten Verfahren“ („Cookies“). . . . . . . . . . .

1 1 2 5 9 10

11 12 14 15 19 20 22 23 25 27 28 29 30 31 33 34 35 36 38 39 40 41

2. Technisch-organisatorische Pflichten (§ 4 Abs. 4 TDDSG, § 3a BDSG) . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Datenvermeidung und Systemdatenschutz (§ 3a BDSG, § 4 Abs. 6 TDDSG) . . . . . . . . . . . b) Mçglichkeit der Anonymisierung und Pseudonymisierung . . . . . . . . . . . . . c) Sofortiger Abbruch (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 TDDSG) . d) Unmittelbare Lçschung (§ 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG) . e) Schutz der Vertraulichkeit (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 TDDSG) . f) Pflicht zur informationellen Trennung (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . . g) Systemdatenschutz fr Abrechnungsdaten und Nutzungsprofile (§ 4 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6 TDDSG) . . . . . h) Anzeige der Weitervermittlung (§ 4 Abs. 5 TDDSG) . . i) Anonyme und pseudonymisierte Nutzung (§ 4 Abs. 6 TDDSG) . . . . . . . . . . . j) Auskunftsanspruch des Nutzers (§ 4 Abs. 7 TDDSG) . . 3. Sanktionen bei Verstçßen . . IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer . . . . . . . . . . . . . . 1. Formelle Voraussetzungen . . a) Schriftform der Einwilligungserklrung . . . . . . b) Elektronische Form der Einwilligungserklrung . . . . (1) Neufassung . . . . . . . (2) Eindeutige und bewusste Erklrungshandlung . . (3) Protokollierung . . . . . c) Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 und Abruf nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG . . . .

42

43 48 49 50 51 53

54 55 56 65 69 70 72 73 75 78 79 82 83

Schmitz | 551

Kap. 13 2. Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . 86 a) Angemessenheit als materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . 87 b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG) . . . . . . . . . . . 91 V. Wahlmçglichkeiten des Kunden 94 1. Einzelnachweis . . . . . . . 95 2. Anonyme oder pseudonyme Bezahlung und Nutzung . . 97 VI. Datenverarbeitung im Ausland 98 1. Verarbeitung innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Verarbeitung außerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Sicherer Drittstaat . . . . 105 b) Save-Harbour-Principles . 106 c) Lnder ohne angemessenes Schutzniveau . . . . . . . 107 d) Standardvertragsklausel . 108 VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung des Vertragsverhltnisses und der Datenverarbeitung . . 110 1. Typische Ausgestaltung der Datenverarbeitung Betreiber – Nutzer . . . . . . . . . . . . 113 a) Erhebung der Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . 114 b) Datenerhebung bei Nutzung . . . . . . . . . . . . 115 c) Abrechnung mit Forderungsnachweis und Sperre/ Lçschung der Daten . . . . 119 d) Zahlungsvermittlung . . . 126 e) Pseudonymisierte Nutzungsprofile (§ 6 Abs. 3 TDDSG) . . . . . . . . . . 127 (1) Gesetzliche Neuregelung . . . . . . . . . . . 130 (2) Begrenzte Verarbeitungszwecke und Widerspruchsrecht . . . . 132 (3) Verbot der nachtrglichen Zusammenfhrung und Konflikt mit § 4 Abs. 7 TDDSG . . . 134

552 | Schmitz

Datenschutz

(4) Bedenken an der Verfassungsmßigkeit . . . . f) Erstellung von anonymisierten Nutzungsprofilen g) Bereitstellen der Nutzerbewertungen . . . . . . . . . . (1) Personenbezug trotz Pseudonymisierungsmçglichkeit . . . . . . . (2) Einwilligung erforderlich (3) Berichtigungs-, Widerspruchs- und Lçschungsmçglichkeit . . . . . . . (4) Speicherdauer . . . . . . (5) Typische Einwilligungsklausel . . . . . . . . . . h) Missbrauchserkennung . . 2. Rechtsverhltnis Betreiber – Dritte . . . . . . . . . . . . . . a) Auskunft ber Nutzer an Bedarfstrger . . . . . . . . . . b) Auskunft ber Nutzer an Dritte . . . . . . . . . . . . 3. Typische AGB-Einwilligungserklrungen Betreiber – Nutzer a) Bestandsdaten fr Werbung, Beratung, Marktforschung . b) Einzugsermchtigung . . . c) Cookies . . . . . . . . . . . d) Nutzungsprofile . . . . . . e) Nutzerbewertung . . . . . . f) Kontrolle der Datensicherheit und Schutz vor Missbrauch . . . . . . . . . . . . g) SCHUFA-Klausel . . . . . . 4. Rechtsverhltnis Anbieter – Nachfrager . . . . . . . . . . . a) Erhebung der Bestandsdaten b) Erhebung der Nutzungsdaten . . . . . . . . . . . . . c) Verarbeitung der Inhaltsdaten zur Leistungserbringung . . d) Abrechnung des Teledienstes . . . . . . . . . . . . . . e) Verarbeitung der Nutzungsdaten zu anderen Zwecken

137 139 140 141 142 145 148 149 150 151 151 154 157 158 159 160 161 164 165 166 167 168 170 171 174 178

I. Einleitung und Grundlagen

Rz. 2 Kap. 13

I. Einleitung und Grundlagen 1. Ziel des Datenschutzes Das Datenschutzrecht bezweckt den Schutz des Rechtes auf informationelle 1 Selbstbestimmung. Insbesondere bei der Nutzung von Diensten im Internet soll hierbei den erweiterten Risiken der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten Rechnung getragen werden. Bei der Nutzung von Diensten im Internet kçnnen auf vielfltige Weise personenbezogene Daten anfallen, so dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aufgrund einer besonderen Gefhrdung eines besonderen Schutzes bedarf. 1 Der Datenschutz bei Internetdiensten und insbesondere elektronischen Marktpltzen richtet sich i.d.R. nach dem TDDSG sowie ergnzend dem BDSG (vgl. auch Rz. 5 ff.). Ziel des TDDSG ist die Gewhrleistung und der Schutz des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung unter der besonderen Gefhrdungslage bei Telediensten in offenen Netzen wie dem Internet. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das TDDSG dabei eine verlssliche Grundlage fr die Gewhrleistung des Datenschutzes im Bereich der Teledienste bieten und zugleich einen Ausgleich zwischen dem Wunsch nach freiem Wettbewerb, berechtigten Nutzerbed rfnissen und çffentlichen Ordnungsinteressen schaffen. 2

2. Verfassungsrechtliche Grundlagen Das Datenschutzrecht wird in besonderem Maße durch das Verfassungsrecht 2 mitbestimmt, da dieses den Schutz des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung umzusetzen hat. Dieses Grundrecht wird aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet und ist vom Bundesverfassungsgericht insbesondere im sog. Volkszhlungsurteil 3 durch weitere Entscheidungen besttigt und teilweise przisiert worden. 4 Das Urteil geht besonders auf die Gefahren und Besonderheiten der modernen Datenverarbeitung ein und bestimmt grundlegend den Schutzbereich des „Grundrechts“ 5 auf informationelle Selbstbestimmung. Die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts beanspruchen deshalb auch heute noch Geltung bei den Formen moderner Datenverarbeitung sowie insbesondere bei der Nutzung von elektronischen Marktpltzen. Das Gericht hat in einer Vielzahl von Entscheidungen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung weiter konkretisiert, so dass die Rechtsprechung und deren Maßstbe als gefestigt anzusehen sind. 6 Siehe zum TDDSG BT-Drs. 13/7385, 1, 16, 21. Siehe BT-Drs. 13/7385, 21. BVerfGE 65, 1 ff. Vgl. Spindler/Schmitz/Geis, TDDSG Einf., Rz. 1; Gola/Schomerus, § 1 BDSG Nr. 3.1. (S. 54). 5 BVerfGE 65, 1 (LS Nr. 1). 6 Spindler/Schmitz/Geis, TDDSG Einf., Rz. 1. 1 2 3 4

Schmitz | 553

Kap. 13 Rz. 3

Datenschutz

3 Zentrale Maßgabe des sog. Volkszhlungsurteils ist, dass „unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persçnlichen Daten von dem allgemeinen Persçnlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst“ 7 wird. 8 Dieses im Urteil als Recht auf informationelle Selbstbestimmung bezeichnete „Grundrecht“ 9 gewhrt die Befugnis des Einzelnen, „grundstzlich selbst ber die Preisgabe und Verwendung seiner persçnlichen Daten zu bestimmen“ 10 und zu wissen, „wer was wann und bei welcher Gelegenheit ber ihn weiß“. 11 Es wird betont, dass „diese Befugnis [ ... ] unter den heutigen und knftigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes“ bedarf. 12 Einschrnkungen sind nur im berwiegenden Allgemeininteresse auf verfassungsmßiger gesetzlicher Grundlage unter Beachtung des Gebotes der Verhltnismßigkeit mçglich. 13 4 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schtzt damit als Freiheitsrecht die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen ber die „Preisgabe und Verwendung seiner persçnlichen Daten“ und ob und inwieweit von Dritten ber seine Persçnlichkeit mit dieser Verarbeitung verfgt werden kann. Der Schutzbereich erfasst „die Preisgabe und Verwendung der personenbezogenen Daten“ einer bestimmbaren Person. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht schrankenlos gewhrleistet, sondern muss Einschrnkungen im berwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen, welche ihrerseits den Grundsatz der Verhltnismßigkeit zu beachten haben. 14 Diese Beschrnkungen bedrfen nach Art. 2 Abs. 1 GG ... einer (verfassungsmßigen) gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschrnkungen klar und fr den Brger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. 15 Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhltnismßigkeit zu beachten“. 16 Bei Einschrnkungen hat der Gesetzgeber organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persçnlichkeitsrechts entgegenwirken“. 17 Die maßgebliche Rechtslage zum Datenschutz ergibt sich deshalb in der Praxis maßgeblich durch die zum Datenschutz erlassenen Gesetze. Die Auslegung dieser Gesetze und deren Wirksamkeit in Streitfllen 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Vgl. BVerfGE 65, 1, LS Nr. 1; S. 41. Vgl. ausfhrlich u.a. Schmitz, TDDSG, S. 7 ff. Vgl. BVerfGE 65, 1 (LS Nr. 1). Vgl. BVerfGE 65, 1, LS Nr. 1. Vgl. BVerfGE 65, 1, 43. Vgl. BVerfGE 65, 1, 42. Vgl. BVerfGE 65, 1, LS Nr. 2. Vgl. BVerfGE 65, 1, 43, 44. Vgl. BVerfGE 45, 400 [420] m.w.N. Vgl. BVerfGE 65, 1, 44. Vgl. BVerfGE 65, 1, LS Nr. 2.

554 | Schmitz

I. Einleitung und Grundlagen

Rz. 7 Kap. 13

wird aber selbstverstndlich durch das in groben Zgen dargestellte hçherrangige Verfassungsrecht bestimmt.

3. Gesetzliche Ausgestaltung Der Datenschutz ist in der Bundesrepublik Deutschland einfachgesetzlich 5 grundlegend im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt, das generell fr die Datenverarbeitung im çffentlichen und dem nicht-çffentlichen (privaten) Bereich Anwendung findet. Fr den Bereich der Datenverarbeitung bei Telemedia-Anwendungen gibt es allerdings vorrangige Spezialregelungen. Die Datenverarbeitung im Bereich der Teledienste ist im Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG), der Bereich der Mediendienste ist im Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) und der Bereich der Telekommunikation ist im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt. Unter elektronischen Marktpltzen werden vorliegend virtuelle Orte ver- 6 standen, an denen der Plattformbetreiber seinen Kunden die Mçglichkeit bietet, zum Vertragsabschluss zusammen zu kommen (Kap. 1 Rz. 1). 18 Zu betrachten sind ebenfalls Marktpltze, bei denen der Marktplatzbetreiber selbst Anbieter von Waren oder Leistungen ist. Elektronische Marktpltze betreffen als elektronische Informationsdienste damit typischerweise den Bereich der Teledienste im Sinne von § 1 Abs. 1 TDDSG i.V.m. § 2 Abs. 1 TDG. Teledienste sind nach dieser gesetzlichen Regelung elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, die fr eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten bestimmt sind und denen eine Jbermittlung mittels Telekommunikation zu Grunde liegt. Teledienste betreffen somit nicht den Vorgang der Telekommunikation, sondern ein inhaltliches Angebot, dass auf Basis von Telekommunikationsvorgngen realisiert wird. Das Angebot von Webseiten im Allgemeinen und das Angebot von elektronischen Marktpltzen als Plattform im WWW oder anderen Datennetzen basiert zwar auf Datenbertragung in den Netzen, in denen die Plattform realisiert ist bzw. nutzt diese. Das Angebot der Plattform selbst bildet aber keinen Telekommunikationsdienst, sondern betrifft das inhaltliche Angebot der Plattform. 19 Die Dienste des Marktplatzbetreibers sind damit typischerweise als Tele- 7 dienst nach § 2 Abs. 1 TDG einzuordnen, soweit die Inhalte der Plattform nicht im Ausnahmefall gem. § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG redaktionell gestaltet sind und zur Meinungsbildung fr die Iffentlichkeit dienend einen Mediendienst im Sinne von § 2 Abs. 1 MDStV bilden. Fr eine solche redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung fr die Iffentlichkeit wird vorausgesetzt, dass eine besondere „Meinungsrelevanz“ vorliegt, die auf den demokrati18 Siehe auch Meyer/Specht/Friemel, in: Brutigam/Leupold, Rz. A I40. 19 Vgl. zur Abgrenzung der Dienste ausfhrlich Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 2

TDG Rz. 11 ff. m.w.N.

Schmitz | 555

Kap. 13 Rz. 8

Datenschutz

schen Meinungsbildungsprozess Einfluss nehmen kann. 20 Inhalte, die nicht die allgemeine Diskussion um weltanschauliche, politische, religiçse und vergleichbare Themen bezwecken, wie insbesondere die reine Zusammenstellung von Informationen, bewirken deshalb nicht die Einordnung als Mediendienst. 21 Die blichen elektronischen Marktpltze nehmen keinen besonderen Einfluss auf die çffentliche Meinungsbildung und sind deshalb in aller Regel als Teledienst einzuordnen. Soweit bei einem Marktplatz oder Teilen dieses Angebots eine besondere Meinungsrelevanz vorliegen sollte, ist dieser selbstverstndlich als Mediendienst einzuordnen, so dass statt des TDG und des TDDSG der MDStVeinschlgig ist. Da sich die Datenschutzbestimmungen des MDStV und des TDDSG aber aufgrund der Abstimmung bei der Gesetzgebung des TDDSG weitgehend entsprechen, gelten die meisten Aussagen zum TDDSG entsprechend fr den MDStV. Da die meisten Marktpltze als Teledienste einzuordnen sind, wird nachfolgend deshalb die Rechtslage zu Grunde gelegt, wie sie nach dem TDDSG gilt. 8 Die Vorschriften des TDDSG gelten nicht nur im Verhltnis zwischen Plattformbetreiber und Nutzer, sondern auch im Verhltnis der Nutzer untereinander, da diese nach § 1 Abs. 1 TDDSG i.V.m. § 2 Abs. 1 TDG als Anbieter von Telediensten gelten (siehe auch Kap. 6 Rz. 53). 22 Auch das Angebot der Nutzer in der Rolle der Verkufer (Anbieter) ist als Teledienst einzuordnen, da das konkrete Angebot einen elektronischen Informationsdienst bildet und der Anbieter (Verkufer) dieses Angebot inhaltlich gestaltet. Er bedient sich hierbei regelmßig des Plattformbetreibers als Anbieter eines fremden Inhalts gem. § 11 TDG. 23 Umstritten ist allerdings, ob das TDDSG auch auf das Vertragsverhltnis und dessen Erf llung Anwendung findet, das mit Hilfe des Online-Angebots (Teledienst) vermittelt wird (z.B. der Kaufvertrag ber die online angebotenen Waren). Nach der wohl h.M. findet auf diese Abwicklung im Ergebnis nur das TDDSG Anwendung, wenn die gesamte Leistungserbringung elektronisch „online“ abgewickelt wird, weil sich die bei der Leistungserbringung anfallenden Daten als „Nutzungsdaten“ verstehen lassen, die durch die „Nutzung des Teledienstes“ im Sinne von §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 TDDSG anfallen. Soweit die Leistungserbringung des durch das Online-Angebot (Teledienst) vermittelten Vertrages (Kaufvertrag) offline erfolgt, etwa durch den Versand per Postdienst oder Spedition, wird berwiegend die Anwendbarkeit des BDSG fr die Warenwirtschaft (Warenbereitstellung und Auslieferung) angenommen. Klassische VersandAnbieter, die per Post oder Spedition versenden, unterliegen somit nur hinsichtlich des Online-Angebotes und dem Bestellvorgang dem TDDSG, whrend fr die Leistungserbringung das BDSG gilt. Da das TDDSG allerdings 20 Vgl. hierzu die Rechtsprechung des BGH zur Einwilligung in die „Telefonwer-

bung“, BGH NJW 2000, 2677; vgl. auch Lettl, NJW 2001, 42; Schmitz, DuD 2001, 395 ff.; Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 18. 21 Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 2 TDG Rz. 13, 14. 22 A.A. von Olenhuse/Crone, WRP 2002, 164, 170. 23 Vgl. ausfhrlich Kap. 6 Rz. 5 ff.

556 | Schmitz

I. Einleitung und Grundlagen

Rz. 9 Kap. 13

fr den Bereich der Teledienstenutzung spezielle Vorschriften enthlt, sind die speziellen Pflichten des TDDSG hinsichtlich der weiteren Verwendung der Daten vorrangig zu beachten. Dies schrnkt insbesondere die weitere Verwendung der Daten nach §§ 28 ff. BDSG hinsichtlich der Weitergabe an Dritte sowie die Verwendung der Daten fr interne Zwecke des Anbieters ein. Anderenfalls wrden die strengen bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften des TDDSG auf der Ebene der Leistungserbringung nach dem BDSG umgangen und wren im praktischen Ergebnis aufgehoben. 24

4. Personenbezug der Daten Voraussetzung fr die Anwendung aller datenschutzrechtlichen Bestim- 9 mungen sowie fr das TDDSG gem. § 1 Abs. 1 ist, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist durch das TDDSG nicht nher bestimmt. Nach berwiegender Auffassung ist aufgrund des Verweises in § 1 Abs. 2 TDDSG auf die Definition in § 3 Abs. 1 BDSG zurckzugreifen. 25 Folglich sind als personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 1 BDSG „Einzelangaben ber persçnliche oder sachliche Verhltnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natrlichen Person“ zu verstehen. Fr den Personenbezug erforderlich ist somit zunchst, dass sich die Informationen auf eine einzelne Person beziehen, die zumindest bestimmbar ist. 26 An dem Personenbezug fehlt es dann, wenn sich die Informationen zwar auf einzelne Personen beziehen, diese aber nicht identifizierbar sind. 27 Fr die Bestimmbarkeit kommt es auf die Kenntnisse, Mittel und Mçglichkeiten der speichernden Stelle an. Nur wenn dieser Stelle der Bezug mit den blicherweise zur Verfgung stehenden Mitteln nicht oder nur mit einem unverhltnismßig hohen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft mçglich ist, 28 fehlt es an dem Personenbezug. 29 Die fr einen Personenbezug erforderlichen Angaben ber „persçnliche oder sachliche Verhltnisse“ sind umfassend zu verstehen, so dass jeder persçnliche oder sachliche Bezug der Information zu einer bestimmten oder bestimmbaren Person ausreichend ist. 30 Da keine unterschiedlichen Rechtsfolgen bestehen, ist nicht begrifflich zwischen persçnlichen und sachlichen Verhltnissen zu trennen. 31 Bei der Erbringung von Telediensten anfallende Daten gelten somit dann als personenbezogen, 32 wenn sie bei der Nutzung des Dienstes auf irgendeine Weise entstehen und den Bezug auf eine bestimmbare (natrliche) Person ermçglichen. Vgl. hierzu ausfhrlich Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 6 TDDSG Rz. 16 ff. Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 1 TDDSG Rz. 24; Bizer, DuD 98, 277, 278. BGH NJW 91, 568; Gola/Schomerus, § 3 BDSG Nr. 2.8. Gola/Schomerus, § 3 BDSG Nr. 2.2. Faktische Anonymisierung, vgl. § 3 Abs. 7 BDSG. Simitis u.a./Dammann, BDSG, § 3 Rz. 2 ff.; Gola/Schomerus, § 3 BDSG Nr. 2.8; vgl. auch Hoeren/Sieber/Sieber, Handbuch Telemediarecht, Teil 19, Rz. 549 ff. 30 Gola/Schomerus, § 3 BDSG Nr. 2.3. 31 Gola/Schomerus, § 3 BDSG Nr. 2.3. 32 Vgl. Bizer, DuD 1998, 277, 278. 24 25 26 27 28 29

Schmitz | 557

Kap. 13 Rz. 10

Datenschutz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien des Datenschutzrechts 10 Das Datenschutzrecht nach dem TDDSG wird neben den Erlaubnistatbestnden und den besonderen Pflichten der Diensteanbieter von mehreren grundlegenden Regelungsprinzipien wie z.B. dem Erlaubnisvorbehalt bestimmt. Als Erlaubnis kommen die gesetzlichen Erlaubnistatbestnde oder die Einwilligung des Nutzers in Betracht, so dass die Grundzge dieser beiden Erlaubnistatbestnde im Jberblick darzulegen sind.

1. Grundsatz des Erlaubnisvorbehalts zur Datenerhebung (§ 3 Abs. 1 TDDSG) 11 § 3 Abs. 1 TDDSG normiert den Grundsatz des Erlaubnisvorbehalts, wonach personenbezogene Daten von einem Telediensteanbieter nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden drfen, wenn das TDDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlauben oder der Nutzer in die Datenverarbeitung eingewilligt hat. Dieser Erlaubnisvorbehalt erfasst, wie jetzt auch nach § 4 Abs. 1 BDSG, bereits die Erhebung der Daten und ist in Zusammenhang mit dem Gebot der engen Zweckbindung nach § 3 Abs. 2 TDDSG zu betrachten. Eine bestehende Erlaubnis zur Datenverarbeitung bezieht sich immer nur auf den konkret erlaubten Zweck und darf nur bei einer weiteren Erlaubnis auf andere Zwecke ausgedehnt werden. Fr weitere Zwecke der Verarbeitung, die ber die ursprngliche Erlaubnis hinausgehen, bedarf es somit eines weiteren Erlaubnistatbestandes. Hinsichtlich der Einholung einer Einwilligung sind außerdem weitere Vorgaben zu beachten, wie etwa die Unterrichtungspflicht nach § 4 Abs. TDDSG oder die Voraussetzungen der elektronischen Einwilligung nach § 4 Abs. 2 TDDSG.

2. Eberblick ber die gesetzlichen Erlaubnistatbestnde 12 Die gesetzlichen Erlaubnistatbestnde i.S.v. § 3 Abs. 1 TDDSG bilden zunchst die besonderen Tatbestnde des TDDSG fr die Verarbeitung von Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten. Als eine Erlaubnis aus „anderen Rechtsvorschriften“ kommt vorrangig das BDSG in Betracht. Andere Rechtsvorschriften sind allerdings nur subsidir anzuwenden, soweit das TDDSG keine abschließende Regelung trifft. 33 Fr die Verarbeitung von Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten ist deshalb nur die jeweils abschließende Regelung in §§ 4, 5, 6 TDDSG maßgeblich. Eine subsidire Anwendung anderer Rechtsvorschriften, insbesondere des BDSG, ist aber mçglich, soweit Inhaltsdaten verarbeitet werden, die sich als Nutzungsdaten des Teledienstes verstehen lassen, ohne dass das TDDSG hierzu eine abschließende Regelung enthlt. 33 BT-Drs. 13/7385, S. 21.

558 | Schmitz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien

Rz. 16 Kap. 13

Die Zulssigkeit der Verarbeitung einzelner Daten nach dem TDDSG ist so- 13 mit von der Einordnung abhngig, inwieweit es sich um Bestands-, Nutzungs-, Abrechnungs- oder sonstige Daten, wie z.B. Inhaltsdaten, handelt. Aufgrund der entsprechenden Regelungen in §§ 5 und 6 ist die entsprechende Einordnung von der Ausgestaltung jedes einzelnen Nutzungsverhltnisses abhngig. Zur Gewhrung eines Jberblicks kann deshalb nur schematisch dargestellt werden, welche Daten typischerweise nach dem TDDSG bei der Nutzung von Telediensten im Internet erhoben, verarbeitet und genutzt werden drfen. a) Bestandsdaten

Zu den Bestandsdaten, die typischerweise gem. § 5 TDDSG im Rahmen 14 der Erforderlichkeit erhoben, genutzt und verarbeitet werden drfen, zhlen die fr die vertraglichen Grundlagen wichtigen Daten, wie z.B. Name, Anschrift, Bankverbindung usw. Zu den Bestandsdaten sind auch die Informationen zu rechnen, welche stndig fr die technische Mçglichkeit der Diensteerbringung („inhaltliche Ausgestaltung“) Voraussetzung sind. Hierzu kçnnen etwa eine zugewiesene Benutzerkennung, ein Passwort, die Art des Zugangsprotokolls sowie Informationen ber die verwendete Hardware (Modem, ISDN-Karte o.a.) sowie eine fest zugewiesene (statische) IP-Adresse gehçren. 34 b) Nutzungsdaten

Nutzungsdaten (Rz. 18) drfen gem. § 6 Abs. 1 TDDSG (nur) erhoben, ver- 15 arbeitet oder genutzt werden, soweit dies fr die Nutzung des Teledienstes erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist eng auszulegen und hngt wiederum davon ab, wie die Diensteerbringung konkret ausgestaltet ist. Aus dem Erforderlichkeitsvorbehalt und dem Erlaubnisvorbehalt des § 3 Abs. 1 TDDSG folgt, dass die Nutzungsdaten unverzglich zu lçschen sind, sofern sie nicht mehr zur Nutzung bzw. ber das Ende der Verbindung hinaus erforderlich sind oder andere Erlaubnistatbestnde des Gesetzes die Verarbeitung erlauben. Diese Lçschungspflicht war in der Ursprungsfassung des Gesetzes auch noch ausdrcklich formuliert. Da sich diese Rechtsfolge bereits aus der Gesetzessystematik ergibt, hat der Gesetzgeber den Gebotssatz der „unverzglichen Lçschung“ in der Neufassung gestrichen, ohne dass sich hierdurch aber eine Rnderung der Rechtslage ergeben hat. Die Erlaubnis- bzw. Verarbeitungsnorm des § 6 Abs. 1 TDDSG kann aller- 16 dings nicht fr sich isoliert betrachtet werden. Aus den folgenden Abstzen ergeben sich nmlich weitere Erlaubnistatbestnde zur Verarbeitung und Speicherung der Nutzungsdaten. Der Erforderlichkeitsvorbehalt und die 34 Vgl. hierzu auch Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 28.

Schmitz | 559

Kap. 13 Rz. 17

Datenschutz

hieraus resultierende Lçschungspflicht des § 6 Abs. 1 TDDSG ist deshalb so zu verstehen, dass als Nutzungsdaten – nur solche Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden drfen, die zur Ermçglichung der Diensteerbringung erforderlich sind – und die Daten mit dem Wegfall der Erforderlichkeit (z.B. Ende der Verbindung) zu lçschen sind, wenn kein weiterer erlaubter Verarbeitungszweck nach § 6 oder anderer Vorschriften des TDDSG vorliegt. 17 Als solche weitere erlaubte Verarbeitungszwecke kommen nach § 6 und dem TDDSG insbesondere in Betracht – die Erstellung von pseudonymisierten Nutzungsprofilen nach § 6 Abs. 3; – die Abrechnung des Anbieters mit dem Nutzer (§ 6 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 6 und Abs. 7) einschließlich der Jbermittlung der Daten an Fakturierungsund Inkassodienstleister (§ 6 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3); – die Abrechnung mit anderen Diensteanbietern (§ 6 Abs. 5 Satz 1); – die Sperre nicht mehr zur Nutzung oder Abrechnung erforderlicher Nutzungsdaten nach § 6 Abs. 4; – die Missbrauchsverfolgung nach § 6 Abs. 7 (die aber im Ergebnis keine eigenstndige Bedeutung hat); – die Jbermittlung der Nutzungsdaten an die Strafverfolgungsbehçrden (§ 6 Abs. 5 Satz 5); – die Jbermittlung von anonymisierten Nutzungsdaten an andere Diensteanbieter (§ 6 Abs. 5 Satz 4); – die Verarbeitung als sog. Inhaltsdaten nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 BDSG (nach a.A. unmittelbar nach § 6 Abs. 1); – die Auskunftserteilung an den Nutzer nach § 4 Abs. 7; – weitere Zwecke, in die der Nutzer nach § 3 Abs. 1 eingewilligt hat. 18 Die einzelnen Verarbeitungstatbestnde (z.B. Abrechnungsdaten, Missbrauchsverfolgung, Nutzungsprofile usw.) werden teilweise nachfolgend nher beschrieben. Zunchst ist fr den Jberblick festzustellen, welche Daten als Nutzungsdaten in Betracht kommen und typischerweise zur Ermçglichung der Dienstenutzung erhoben werden drfen. Um den Teledienst zu erbringen, ist es typischerweise zulssig, whrend der Nutzung die folgenden Nutzungsdaten zu erheben, zu speichern und zu verarbeiten: 35 – Merkmale zur Identifikation des Nutzers: Die IP-Adresse des Nutzers bzw. der Kommunikationspartner fr den konkreten Zeitraum der Nutzung, ggf. auch Passwort und Nutzerkennung. Nach der Diensteerbringung 35 Vgl. auch den Katalog des § 6 Abs. 1 Satz 2 TDDSG.

560 | Schmitz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien

Rz. 19 Kap. 13

sind diese gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 TDDSG unverzglich zu lçschen, soweit es sich nicht um Abrechnungsdaten oder Inhaltsdaten handelt, die fr die Erbringung der durch den Teledienst vermittelten Leistungsbeziehung erforderlich sind. – Angaben ber Beginn und Ende sowie ber den Umfang der jeweiligen Nutzung: Die weiteren bei der Nutzung anfallenden Daten (wie z.B. Zeitpunkt und Dauer der Verbindung, Jbertragungsumfang usw.) drfen nur gespeichert werden, soweit dies zur Diensteerbringung erforderlich ist. Eine Erfassung dieser Daten kann aber auch in Betracht kommen, soweit es sich um Abrechnungsdaten handelt. – Angaben ber die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste: Name bzw. Inhalt von Download-Dateien, wie z.B. Inhalte bzw. die Namen von angeforderten WWW-Dokumenten und die Adressen (URLs) drfen daher nur fr die Zeitdauer der Abfrage gespeichert werden. Unmittelbar nach dem Versand einer E-Mail (durch die Anwendung) sind die Informationen ber Adressat, Empfnger usw. zu lçschen (soweit diese nicht fr den Telekommunikationsvorgang nach der TDSV gespeichert werden drfen). c) Abrechnungsdaten

Nach § 6 Abs. 4 TDDSG darf der Anbieter Nutzungsdaten ber das Ende des 19 Nutzungsvorgangs hinaus verarbeiten und nutzen, soweit sie fr Zwecke der Abrechnung mit dem Nutzer erforderlich sind. Zur Erfllung bestehender gesetzlicher oder vertraglicher Aufbewahrungspflichten (z.B. aus HGB oder AO) darf der Anbieter die Daten auch nach dem Erlçschen des Abrechnungszweckes sperren und muss diese nicht lçschen. 36 Hieraus ergibt sich fr die Abrechnungsdaten typischerweise Folgendes: Wird eine variable Nutzungsgebhr in Abhngigkeit von der Nutzungszeit erhoben, drfen als Abrechnungsdaten nur die jeweilige Gesamtnutzungszeit gespeichert werden. Falls sich das Entgelt nach der bertragenen Datenmenge bemisst, darf jeweils nur die Gesamtmenge der bertragenen Daten erfasst werden. Die bermittelten Inhalte drfen nicht als Abrechnungsdaten erfasst werden. Soweit fr die Nutzung nur eine Pauschale („Flatrate“) erhoben wird, drfen keinerlei Nutzungsdaten als Abrechnungsdaten gespeichert werden. Eine Aufschlsselung der einzelnen Nutzungszeiten, Inhalte bzw. Kommunikationspartner ist nach § 6 Abs. 6 TDDSG nur zulssig, falls der Nutzer einen Einzelnachweis verlangt hat. 37 In diesem Fall sind die Daten gem. § 6 Abs. 7 TDDSG grundstzlich sechs Monate nach der Versendung des Einzelnachweises zu lçschen, falls der Nutzer nicht fristgerecht Einwendungen erhebt. Der Anbieter kann die Daten zur Fakturierung und zum Inkasso an einen Dienstleister nach § 6 Abs. 5 Satz 2 TDDSG bermitteln. Dieser Dienstleister ist zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses zu verpflichten. Zur Abrechnung zwi36 Vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 TDDSG. 37 Vgl. § 4 Abs. 6 TDDSG.

Schmitz | 561

Kap. 13 Rz. 20

Datenschutz

schen Anbietern von Telediensten oder Dritten (z.B. Anbietern von Telekommunikationsdiensten) drfen nach § 6 Abs. 5 Satz 1 TDDSG ebenfalls Nutzungsdaten als Abrechnungsdaten ausgetauscht werden. d) Inhaltsdaten und Erf llung der Kaufvertrge

20 Es ist umstritten, ob und in welchem Verhltnis TDDSG und BDSG die Verarbeitung von sog. Inhaltsdaten regeln bzw. Anwendung finden. Die Verarbeitung von „Inhaltsdaten“ wird im TDDSG nicht ausdrcklich erwhnt. Als Inhaltsdaten lassen sich die Daten verstehen, die der Nutzer und der Anbieter online austauschen, um die durch den Teledienst begr ndeten Leistungsund Rechtsverhltnisse zu erfllen. 38 Umstritten ist damit insbesondere, nach welchem Gesetz sich die Verarbeitung der Daten regelt, die bei der Erfllung des durch das Online-Angebot vermittelten Kauf- oder Auktionsvertrag verarbeitet werden. In Betracht kommt, den gesamten Bestell- und Erfllungsvorgang nach dem TDDSG abzuwickeln oder generell die Leistungserbringung dem BDSG zuzuordnen. Eine dritte Mçglichkeit besteht darin, bei einer elektronischen Leistungserbringung insgesamt das TDDSG und bei einer „offline“-Leistungserbringung das BDSG anzuwenden. 21 Als praktisches Ergebnis lsst sich im Jberblick feststellen, dass sich die Verarbeitung der Inhaltsdaten als „Nutzungsdaten“ zunchst nach dem TDDSG richtet, da es sich um Daten handelt, die bei der Erbringung eines Teledienstes anfallen. Die Verarbeitung ist deshalb unter Beachtung der Pflichten und Grundstze des TDDSG nach § 6 TDDSG zulssig, sofern dies zur Erbringung des Teledienstes erforderlich ist. Ist das durch den Teledienst begr ndete Leistungsverhltnis ebenfalls ein Teledienst, der somit elektronisch und „online“ erbracht wird, nimmt die wohl h.M. an, dass sich die Abwicklung insgesamt nach dem TDDSG richtet. 39 Wird durch den Teledienst ein weiteres Leistungsverhltnis begrndet, dass selbst keinen Teledienst bildet, so richtet sich diese Verarbeitung nach dem BDSG. Damit ist die Verarbeitung im Ergebnis jedenfalls zulssig, wenn die allgemeinen Vorgaben des TDDSG beachtet werden und die weitere Verarbeitung fr die Erbringung der Leistungsbeziehung erforderlich ist. Eine (weitere) Verarbeitung der Nutzungsdaten als Inhaltsdaten ist damit zulssig, soweit dies zur Erfllung des durch den Teledienst begrndeten Rechtsverhltnisses (bzw. Leistungsbeziehung) erforderlich ist oder andere gesetzliche Erlaubnistatbestnde (wie z.B. nach den steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften aus AO und HGB) eingreifen. 40 Die Einzelheiten der Herleitung dieses Ergebnisses sowie insbesondere des Verhltnisses zwischen BDSG und TDDSG sind umstritten. 41 38 39 40 41

Vgl. auch Handbuch Datenschutzrecht/Roßnagel, S. 1291. Handbuch Datenschutzrecht/Roßnagel, S. 1293. Rhnlich auch Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 52. Vgl. zur Verarbeitung von Inhaltsdaten ausfhrlich Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 6 TDDSG Rz. 16 ff.

562 | Schmitz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien

Rz. 23 Kap. 13

(1) Herleitung

Dieses Ergebnis begr ndet und konkretisiert sich wie folgt aus dem Gesetz: 42 22 Die Zulssigkeit der Verarbeitung der Inhaltsdaten richtet sich gemß der Verweisung des § 3 Abs. 1 TDDSG nach den allgemeinen Bestimmungen des TDDSG (insbesondere der §§ 3, 4 TDDSG) sowie des BDSG (§§ 27 ff. BDSG bei Verarbeitung zu nicht-çffentlichen Zwecken) und weiterer Erlaubnistatbestnde. 43 Eine (weitere) Verarbeitung der Nutzungsdaten als Inhaltsdaten ist damit zulssig, soweit dies zur Erfllung des durch den Teledienst begrndeten Rechtsverhltnisses (bzw. Leistungsbeziehung) erforderlich ist oder andere gesetzliche Erlaubnistatbestnde (wie z.B. nach den steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften aus AO und HGB) eingreifen. 44 Das TDDSG ist bei der Erbringung des Teledienstes nach § 1 Abs. 1 anwendbar, 45 so dass auch die bertragenen „Inhalte“ dem TDDSG unterfallen. Nur die Verarbeitung von „Inhaltsdaten“, die auf andere Weise als durch Teledienste gewonnen werden oder gewonnen wurden, bleibt darber hinaus ohne Anwendung des TDDSG auch nach anderen Gesetzen zulssig. 46 Die Regelung des § 6 ist deshalb hinsichtlich der Nutzungsdaten, die fr die Erfllung der durch den Teledienst begrndeten weiteren (Nicht-Teledienst-)Leistungsbeziehung erforderlich sind, nicht als abschließend zu betrachten. Das Gesetz wollte die Verarbeitung von „Inhalten“ zu diesem Zweck nicht untersagen, da solche Dienste ausweislich der Gesetzesbegrndung gerade ermçglicht werden sollten. Die Aussage des Gesetzgebers, § 6 sei eine abschließende Regelung, wurde deshalb selbst relativiert. Außerdem ist der Wortlaut vorrangig bei der Auslegung heranzuziehen. Der vorliegenden Auffassung wird zwar teilweise die „Vermengung der Erlaubnistatbestnde“ vorgeworfen. 47 Nur die hier vertretene Ansicht findet aber ihre Sttze im Wortlaut des § 3 Abs. 1 TDDSG, der auf andere gesetzliche Erlaubnistatbestnde verweist und beachtet den Charakter des TDDSG als bereichsspezifische Datenschutzregelung, da sich die Zulssigkeit der weiteren Verarbeitung aus diesem Gesetz ergibt. (2) Abweichende Ansichten

Nach einer abweichenden Ansicht 48 findet das BDSG generell auf die Erf l- 23 lung des durch den Teledienst vermittelten Vertrags Anwendung. Diese Ansicht geht zwar davon aus, dass die Anwendbarkeit des BDSG als ErlaubnisSiehe Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 6 TDDSG Rz. 20. Schmitz, TDDSG, 129 ff. Rhnlich auch Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 52. Hoeren/Sieber/Schmitz, Kap 16.4, Rz. 149; Handbuch Datenschutzrecht/Roßnagel, S. 1291. 46 Vgl. B+llesbach, DuD 1999, 263, 265; deshalb bedarf es hier auch keiner teleologischen Einschrnkung des TDDSG, so aber Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 52. 47 Handbuch Datenschutzrecht/Roßnagel, S. 1291, Fn. 85. 48 Handbuch Datenschutzrecht/Roßnagel, S. 1291; Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 52; Schleipfer, DuD 2004, 727 ff. 42 43 44 45

Schmitz | 563

Kap. 13 Rz. 24

Datenschutz

tatbestand nach § 3 Abs. 1 TDDSG ausgeschlossen ist. Die generelle Anwendbarkeit des BDSG wird aber damit begrndet, dass BDSG und TDDSG „funktionsbezogen“ nebeneinander zur Anwendung gelangen, so dass fr den Teledienst das TDDSG und fr die durch den Teledienst vermittelte Nicht-Teledienst-Leistungsbeziehung generell das BDSG zur Anwendung kommt. Diese Begrndung fhrt im Ergebnis zur Aufhebung der bereichsspezifischen Regelung des TDDSG und zur Aufhebung des Grundsatzes der engen Zweckbindung. 49 Vorliegend ist die weitere Verwendung von bei Telediensten erhobenen Nutzungsdaten fr Nicht-Teledienste zu rechtfertigen, da die Erhebung im Rahmen und durch den Teledienst erfolgt und dann die Verwendung fr den weiteren Verarbeitungszweck des Nicht-Teledienstes zu prfen ist. Aus dem Erlaubnisvorbehalt des § 3 Abs. 1 TDDSG folgt ohne weitere sich aus dem TDDSG ergebende Erlaubnis eine sofortige Lçschungspflicht, wie auch § 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG zeigt. Wrde hier angenommen, dass sich die Anwendung des BDSG unabhngig und „nebeneinander“ vom TDDSG ergibt, wre die Verarbeitung der Nutzungsdaten nach dem TDDSG nach den Vorschriften des BDSG fr alle beliebigen Verarbeitungszwecke erçffnet, sofern diese Zwecke nur fr sich selbst betrachtet keinen Teledienst bilden. Wie die Erbringung des vermittelten Leistungsverhltnisses (z.B. Buchauslieferung) wrde sich auch die Weitergabe der Daten durch den Telediensteanbieter an Dritte fr Briefwerbung nicht nach dem TDDSG, sondern nach dem BDSG richten. Somit wre u.a. die sich aus dem Erlaubnisvorbehalt des TDDSG ergebende Lçschungspflicht des § 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG sowie der Grundsatz der engen Zweckbindung aufgehoben. Hieraus folgt, dass dieser Lçsungsansatz nicht mit den Regelungen des TDDSG in Einklang gebracht werden kann, auch wenn er die Einfachheit der Begrndung und Rechtsanwendung fr sich hat. 24 Eine weitere Ansicht 50 sieht die Inhaltsdaten zwar ebenfalls als Unterfall der Nutzungsdaten nach § 6 TDDSG an. Soweit „Teledienste ohne Bezug auf die Offline-Welt“ erbracht werden, sollen die Regelungen des TDDSG und damit des § 6 abschließend sein fr alle „bertragenen Inhalte“ und eine subsidire Anwendung des BDSG nicht in Betracht kommen. Soweit hingegen ber das Internet „vertragliche Beziehungen mit Wirkung fr die Offline-Welt eingegangen werden (z.B. Versicherungen, Kaufvertrge)“, sollen nicht die Bestimmungen des TDDSG, sondern ausschließlich die Bestimmungen des BDSG hinsichtlich der bertragenen Inhalte einschlgig sein. Diese Ansicht gibt zu, dass sich dieser Wertungsunterschied kaum begrnden lsst. Nach der Gesetzeslage kann auch diese Lçsung nicht berzeugen, da der Bestellvorgang sowohl bei der spteren „Online“- wie bei der „Offline“-Versendung einen Teledienst und die hierzu bertragenen Daten „Nutzungsdaten“ im Sinne des § 6 darstellen. Nach weiterer Ansicht richtet sich die Datenverarbeitung insgesamt nur nach dem BDSG, da das 49 Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 6 TDDSG Rz. 21. 50 Schaar, Rz. 465 ff.

564 | Schmitz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien

Rz. 26 Kap. 13

TDDSG fr die Verarbeitung von Inhaltsdaten keine speziellen Regelungen enthalte. 51 Dies stellt zwar im Ergebnis eine einfache Lçsung dar, lsst sich aber nicht in Einklang mit § 1 Abs. 1 bringen und fhrt im praktischen Ergebnis zur Aufhebung der bereichsspezifischen Regelung des TDDSG. (3) Konkrete Einordnung

Auf Basis der hier vertretenen Auffassung ergibt sich die folgende konkrete 25 Einordnung. Bei elektronischen Marktpltzen, die nur das Geschft und ggf. die Zahlung vermitteln (z.B. Auktionsplattformen, Agenturen usw.) nicht aber die Lieferung oder Leistung erbringen, liegt typischerweise im Angebot des Marktplatzbetreibers insgesamt ein Teledienst vor. Auf den Streit um die Behandlung der Inhaltsdaten kommt es deshalb zumeist zumindest fr den Betreiber des elektronischen Marktplatzes nicht an. Regelmßig findet damit nur das TDDSG Anwendung und die bei der Abwicklung des elektronischen Marktplatzes anfallenden Daten gelten insgesamt als Bestandsoder Nutzungsdaten, soweit sie fr den Dienst erforderlich sind. Der Anbieter von Waren- und Dienstleistungen auf einem elektronischen 26 Marktplatz gilt ebenfalls hinsichtlich dieses Angebots nach dem Gesetz und der Rechtsprechung als Telediensteanbieter, da dieses einen elektronischen Informations- und Kommunikationsdienst im Sinne des § 1 TDDSG bildet. Dies gilt sowohl fr die Marktplatzbetreiber, die selbst Waren oder Dienstleistungen anbieten (z.B. die bekannten „Online-Versandhuser“), als auch die Nutzer von Marktpltzen, die durch Vermittlung des Marktplatzes Waren oder Dienstleistungen anbieten (etwa auf den bekannten Auktionsplattformen). Fr die Leistungserbringung ist zwischen der Online- und der Offline-Erfllung zu unterscheiden. Wird der durch den Teledienst vermittelte Vertrag online erf llt, liegt insgesamt ein Teledienst unter dem Anwendungsbereich des TDDSG vor, da die zur Vertragserfllung online bermittelten Daten als Nutzungsdaten nach §§ 1, 6 Abs. 1 TDDSG gelten. Sofern dieser Anbieter mit dem Nachfrager (Kufer) seiner Leistung einen Vertrag schließt, der die Auslieferung der Ware auf kçrperliche Weise durch einen Spediteur vorsieht (z.B. Versendung per Post- oder Paketdienst oder den eigenen Transport), bildet zwar das Angebot der Ware einen Teledienst. Der durch den Teledienst vermittelte bzw. zu Stande gekommene Vertrag bildet aber selbst keinen Teledienst, da ein kçrperlich zu erfllender Kaufvertrag, Dienstvertrag oder Werklieferungsvertrag vorliegt, der nicht durch Datenkommunikation erfllt werden kann. Fr diese Vertragserfllung findet deshalb das BDSG Anwendung.

51 Vgl. M+thlein/Gola/Jaspers, Beilage in RDV 5/1997, 1, 8 ff.; B)umler, DuD 1999,

258, 259.

Schmitz | 565

Kap. 13 Rz. 27

Datenschutz

(4) Forderung f r die Praxis

27 Die unterschiedlichen Lçsungsanstze zeigen, dass das TDDSG und das BDSG bislang nicht ausreichend in der Anwendung aufeinander abgestimmt sind. Zu fordern ist aus Sicht der Praxis im Interesse der Rechtssicherheit von Anbietern, Nutzern und Aufsichtsbehçrden eine klare und sachgerechte Regelung. Die aktuelle Gesetzessystematik mit der Lçsung der h.M., die zwischen der Online- und der Offline-Leistungserbringung unterscheidet, ist auf Basis der bestehenden Gesetze in Form von TDDSG und des BDSG zwar die zutreffende Regelung, kann aber im praktischen Ergebnis nicht uneingeschrnkt berzeugen. So hngt die Anwendbarkeit des BDSG fr die Erfllung des Kaufvertrages und damit der Warenwirtschaft des Anbieters von der eher zuflligen Frage ab, ob der Kunde die Bestellung per Telefon oder Fax (dann immer BDSG) oder per Internet mit Leistungserbringung „offline“ (dann ebenfalls BDSG) oder mit einer Online-Leistungserbringung (dann TDDSG) vornimmt. Im Fall der Online-Leistungserbringung gelten hierbei die sehr engen Abrechnungsvorschriften des § 6 Abs. 6 TDDSG, wonach dem Kunden dem Wortlaut nach keine detaillierte Rechnung zu erstellen ist, falls er keinen Einzelnachweis verlangt. Dies zeigt, dass die Vorschriften des TDDSG auf die Erfllung von Kaufvertrgen und die Warenwirtschaft, auch wenn sie elektronisch erfolgt, nicht zugeschnitten sind und der Anbieter mit dem Kunden deshalb eine sachgerechte Anpassung der Datenverarbeitung vornehmen sollte.

3. Eberblick ber besondere Verarbeitungstatbestnde 28 Neben der im Jberblick dargestellten Verarbeitung von Bestandsdaten, Nutzungsdaten und Abrechnungsdaten, die auf die Erforderlichkeit fr die Zwecke der Vertragserfllung begrenzt sind (Vertragsmanagement, Nutzung und Abrechnung), kennt das TDDSG weitere Erlaubnistatbestnde. Diese beziehen sich insbesondere auf die Weitergabe von Abrechnungsdaten an Dritte, die Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch und die Auskunft an die Bedarfstrger (Sicherheitsbehçrden). a) Weitergabe von Abrechnungsdaten an Dritte

29 Die Weitergabe von personenbezogenen Abrechnungsdaten an Dritte ist nur in zwei Fllen zulssig. Ein Telediensteanbieter darf zunchst gem. § 6 Abs. 5 Satz 2 TDDSG die Abrechnungsdaten an einen Dritten bermitteln, um vertragsgemß die Fakturierung und das Inkasso der eigenen Forderungen zu veranlassen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein von der Nutzungszeit abhngiges Entgelt von dem Anbieter der erforderlichen Telekommunikationsdienstleistung (vgl. hierzu Rz. 122) mit eingezogen wird. Zum anderen darf ein Anbieter nach § 6 Abs. 5 Satz 1 TDDSG anderen Diensteanbietern oder Dritten Abrechnungsdaten bermitteln, soweit dies zur Ermittlung des Entgeltes zwischen diesen Anbietern erforderlich ist. 566 | Schmitz

II. Gesetzliche Regelungsprinzipien

Rz. 33 Kap. 13

b) Pseudonymisierte Nutzungsprofile

§ 6 Abs. 3 TDDSG erlaubt die Erstellung sog. pseudonymisierter Nutzungs- 30 profile, die eigentlich als pseudonymisierte Nutzerprofile zu verstehen sind. Alle anderen Formen der Erstellung und Auswertung von Nutzerprofilen ist mangels gesetzlicher Erlaubnis ohne Einwilligung der Betroffenen nach § 3 Abs. 1 TDDSG unzulssig. An der gesetzlichen Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 TDDSG zur Erstellung der pseudonymisierten Nutzungsprofile bestehen verfassungsrechtliche Bedenken (vgl. hierzu ausfhrlich Rz. 127). Die Anbieter von elektronischen Marktpltzen und die Kunden kçnnen zwar ein berechtigtes Interesse an der Fhrung von pseudonymisierten Persçnlichkeitsprofilen haben, um insbesondere das Angebot und das Marketing im beiderseitigen Interesse zu optimieren. Eine aus Sicht des Datenschutzrechtes ideale und rechtssichere Lçsung erfordert aus den genannten verfassungsrechtlichen Grnden die Einholung einer ausdr cklichen Einwilligungserklrung des Nutzers, die die erforderlichen Unterrichtungspflichten sowie verbindliche Sicherungsmechanismen beachtet. In jedem Fall zulssig sind vollstndig anonyme Nutzungsprofile, die bereits vollstndig anonym erhoben werden (siehe dazu Rz. 139). c) Anonymisierte Nutzungsdaten/Nutzungsprofile

Nicht vom Anwendungsbereich des TDDSG erfasst und damit ohne beson- 31 dere Erlaubnis zulssig ist die Erhebung (ausschließlich) anonymer Nutzungsdaten, so dass entsprechende anonyme Nutzungsprofile immer zulssig sind. Genau genommen werten diese anonymisierten Nutzungsprofile nicht das Verhalten bestimmter Nutzer aus (keine „Nutzerprofile“), sondern erfassen die Nutzung bestimmter Angebote („Nutzungsprofile“). So kann ein Marktplatzbetreiber z.B. erfassen, wie eine bestimmte Angebotsoder Auktionsform von den Anbietern und Kufern genutzt wird. Ein Anbieter kann statistisch den Erfolg hinsichtlich der Anzahl der Kufe, der Preise, der Kufer pro Zeiteinheit usw. erfassen. Einem Anbieter ist es nach § 6 Abs. 5 Satz 4 TDDSG außerdem gestattet, an- 32 deren Anbietern zum Zwecke von deren Marktforschung anonymisierte Nutzungsdaten zu bermitteln. Zu den anonymisierten Nutzungsdaten kçnnen z.B. auch die statistischen Zugriffszeiten und Hufigkeiten auf bestimmte Inhalte eines Anbieters zhlen, ohne dass diese nach einzelnen Nutzern aufgeschlsselt werden. d) Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch

Gemß § 6 Abs. 8 TDDSG darf der Diensteanbieter personenbezogene Daten 33 des Nutzers auch weiterverarbeiten, wenn schriftlich zu dokumentierende tatschliche Anhaltspunkte vorliegen, dass der Nutzer die Dienste in der AbSchmitz | 567

Kap. 13 Rz. 34

Datenschutz

sicht benutzt hat, die Entgelte zumindest nicht vollstndig zu bezahlen (Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch). Die Speicherung ist allerdings auf die Zwecke der Durchsetzung der Entgeltforderung beschrnkt. Damit kommt der Vorschrift eigentlich nur fr den Fall praktische und klarstellende Bedeutung zu, in dem ein Nutzer sich widerrechtlich Zugang zu einem entgeltpflichtigen Angebot verschafft und dieses (ohne Vertragsverhltnis) nutzt. In allen anderen Fllen ist der Anbieter selbstverstndlich bereits aus § 6 Abs. 4 TDDSG berechtigt, auch dann seinen vertraglichen Forderungsanspruch gegen den Kunden durchzusetzen, wenn dieser nicht zahlen mçchte. Entgegen der Ankndigung in den Gesetzesmaterialien erlaubt die Vorschrift damit keine wirksame Missbrauchsbekmpfung oder -vorbeugung im Sinne der Suche nach einem aufflligen Nutzungsverhalten, wie es im Bereich der Telekommunikation zulssig ist. Die Anbieter kçnnen nur „nachtrglich“ mit der Durchsetzung ihrer Forderung reagieren, so dass die Vorschrift wenig Sinn macht.

4. Einwilligung des Nutzers 34 Die Datenverarbeitung ist nach dem TDDSG auch ohne gesetzlichen Erlaubnistatbestand dann zulssig, wenn der Nutzer in diese eingewilligt hat. Dieser Einwilligungsmçglichkeit kommt im Bereich der Teledienste im Internet und bei elektronischen Marktpltzen erhebliche praktische Bedeutung zu. a) Form und Wirksamkeit

35 Die wirksame Erteilung der Einwilligung in elektronischer Form war bislang nach den Regelungen des TDDSG in der Fassung von 1997 an sehr strenge Voraussetzungen gebunden und die praktische Verwendung deshalb stark eingeschrnkt. Zudem bestanden aufgrund der unnçtigen Identifizierungspflicht des einwilligenden Nutzers verfassungsrechtliche Bedenken an der Geeignetheit und Verhltnismßigkeit der Regelung. Der Gesetzgeber hat diese Bedenken zumindest zum Teil aufgegriffen und hat die Voraussetzungen der elektronischen Einwilligung erleichtert und hat hierbei insbesondere das Erfordernis der Identifizierung des Urhebers der Erklrung nach § 3 Abs. 7 Nr. 3 (a.F.) fallen gelassen. Die Einwilligung kann gem. § 3 Abs. 3 TDDSG unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 TDDSG auch elektronisch eingeholt werden (siehe hierzu Rz. 75). Die Voraussetzungen der elektronischen Einwilligung hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 TDDSG systematisch neu gefasst und die Voraussetzungen erleichtert. In materieller Hinsicht muss die Einwilligungserklrung das Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG beachten und nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts wirksam sein. Bei vorformulierten Einwilligungserklrungen sind zudem die Wirksamkeitsvoraussetzungen fr AGB gem. §§ 305 ff. BGB zu beachten. Zu diesen Voraussetzungen der Einwilligung vgl. ausfhrlich Rz. 87. 568 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 38 Kap. 13

b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG)

Bei der Einholung einer Einwilligungserklrung hat der Anbieter insbeson- 36 dere das sog. Koppelungsverbot zu beachten, das nunmehr in § 3 Abs. 4 TDDSG geregelt ist. Inhaltlich haben sich keine Rnderungen zur bisherigen Fassung nach § 3 Abs. 3 TDDSG ergeben. Nach § 3 Abs. 4 TDDSG darf ein Telediensteanbieter „die Erbringung von Telediensten nicht von einer Einwilligung des Nutzers in eine Verarbeitung oder Nutzung seiner Daten fr andere Zwecke abhngig machen, wenn dem Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Telediensten nicht oder in nicht zumutbarer Weise mçglich ist“. Das Koppelungsverbot soll die freie und eigenstndige Willensbettigung des Nutzers bei der Einwilligung schtzen 52 und somit verhindern, dass aus dem Wunsch zur Nutzung eines Teledienstes ein Zwang resultiert, in weitere Verarbeitungszwecke einzuwilligen. Das Verbot, die Nutzung „von der Einwilligung abhngig zu machen“, beinhaltet, dass der Anbieter den Zugang auch dann anbieten oder gewhren muss, wenn der Nutzer nicht in zustzliche Zwecke einwilligt. 53 Soweit das Koppelungsverbot eingreift, muss der Anbieter deshalb einen Zugang sowohl mit als auch ohne Einwilligung in weitere Verarbeitungszwecke anbieten. 54 Diese Pflicht kann bereits bestehen, wenn der Anbieter z.B. eine Einwilligung einholen mçchte, um Bestandsdaten fr Zwecke der Werbung, Marktforschung oder das bedarfsgerechte Ausgestalten der Teledienste oder andere Formen der Werbung zu verarbeiten. Umfang und Inhalt des Koppelungsverbotes sind in der Literatur umstritten 37 gewesen. Die Einschrnkung des Koppelungsverbots auf den „Missbrauch einer Monopolstellung“ ergibt sich allerdings aus einer Auslegung der Vorschrift nach dem historischen Willen des Gesetzgebers sowie dem Sinn der Vorschrift. 55 Zur Wirksamkeit von Einwilligungserklrungen unter Beachtung des Koppelungsverbotes vgl. ausfhrlich Rz. 93.

III. Unterrichtungspflichten und technisch-organisatorische Pflichten Das TDDSG bestimmt zur Gewhrleistung des Datenschutzes zahlreiche 38 Pflichten des Diensteanbieters, die insbesondere Unterrichtungspflichten sowie technisch-organisatorische Pflichten betreffen, die den sog. Systemdatenschutz bewirken sollen. Diese Pflichten sind im Gesetz abstrakt fr alle Diensteanbieter definiert. Die folgende Darstellung bezieht sich neben der Darstellung der abstrakten Regelung auf typische Angebote von elektro52 BT-Drs. 13/7385, S. 22; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981,

2987. 53 Vgl. dazu Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2987. 54 So auch Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 54. 55 Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 1 TDDSG Rz. 34 ff.

Schmitz | 569

Kap. 13 Rz. 39

Datenschutz

nischen Marktpltzen. Selbstverstndlich ist immer der konkrete Einzelfall entscheidend, so dass nur eine typisierte Darstellung erfolgen kann.

1. Unterrichtungspflichten der Diensteanbieter 39 Das TDDSG normiert Unterrichtungspflichten des Diensteanbieters, damit der Nutzer ber den Inhalt, den Ort und den Umfang der Datenverarbeitung informiert ist. Diese Unterrichtung bewirkt somit die direkte Umsetzung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags, dass der Nutzer absehen kann, „wer was wann und bei welcher Gelegenheit ber ihn weiß“. 56 Die Unterrichtungspflicht kann durch Hinweise zum Datenschutz bzw. eine sog. „Datenschutz Policy“ erfllt werden, die den Nutzer entsprechend informieren. Die Hinweise kçnnen auch in den AGB des Anbieters enthalten sein, aus Grnden der Transparenz sollte sich aber in diesem Fall ein besonderer Hinweis auf die Fundstelle und die Bedeutung dieser AGB-Bestandteile auf der Web-Seite des Anbieters finden. Idealerweise findet sich ein direkter Link auf der Startseite sowie der Navigationsleiste des Web-Angebotes zu diesen Datenschutzhinweisen. Soweit eine Registrierung des Nutzers erfolgt, die ja Voraussetzung fr jedes aktive Handeln der Nutzer ist, sollten dem Nutzer von dem Anbieter aktiv (etwa durch ein Pop-Up-Fenster) die Hinweise zum Datenschutz zum Lesen angeboten werden. a) Allgemeine Unterrichtungspflicht (§ 4 Abs. 1 TDDSG)

40 § 4 Abs. 1 TDDSG verlangt, dass der Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs ber „Art, Umfang und Zwecke der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zu unterrichten“ ist. Die Unterrichtung ber den Ort der Datenverarbeitung ist entbehrlich, soweit die Datenverarbeitung innerhalb der EU erfolgt. Nach Ansicht des Gesetzgebers war eine solche Unterrichtung angesichts der Globalisierung der Netze und Mrkte nicht mehr praktikabel. 57 Allerdings ist der Kunde zu unterrichten, wenn die Verarbeitung seiner Daten an einem Ort außerhalb der EU erfolgt. Nach der Neufassung der Unterrichtungspflicht bildet nunmehr der Beginn des Nutzungsvorgangs und nicht mehr der Beginn der Datenerhebung (und damit der Zeitpunkt vor der Nutzung) 58 den maßgeblichen Zeitpunkt. Die konkrete Aufzhlung macht deutlich, dass eine konkrete und umfassende 59 Hinweispflicht besteht, welche die Details der Datenverarbeitung anhand der aufgefhrten Merkmale erkennen lsst. Die Datenverarbeitung wird auf diese Weise fr den Nutzer transparent, so dass er abschtzen kann, „wer was wann bei welcher Gelegenheit ber ihn weiß“ bzw. erfhrt. Die Anforderun56 57 58 59

BVerfGE 65, 1, 43 („Volkszhlungsurteil“). BT-Drs. 14/6098, S. 28. BT-Drs. 14/6098, S. 28. BT-Drs. 13/7385, S. 22.

570 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 42 Kap. 13

gen an die Unterrichtung sind somit hçher als jene nach § 4 Abs. 3 BDSG. Dieser Umfang der Unterrichtungspflicht ergibt sich nach der Gesetzesbegrndung „aus den besonderen Risiken der Datenverarbeitung in einem Netz“. 60 Die Unterrichtungspflicht bildet auch den Maßstab fr die Informationen, die ein Anbieter den Nutzern geben muss, wenn er die Einwilligung in zustzliche Verarbeitungszwecke einholt. b) Unterrichtungspflicht bei „automatisierten Verfahren“ („Cookies“)

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TDDSG ist der Nutzer bei automatisierten Verfahren, 41 die „eine sptere Identifizierung des Nutzers ermçglichen und eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten vorbereiten“, vor Beginn dieses Verfahrens zu unterrichten. Aus der Gesetzesbegrndung geht hervor, dass diese Bestimmung der Klarstellung dient, dass „sich die Unterrichtungspflicht auch auf automatisierte Verfahren bezieht, die eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung ermçglichen ... , bei denen der Personenbezug aber erst zu einem spteren Zeitpunkt festgestellt werden kann“. 61 Diese Vorschrift verpflichtet insbesondere zu einem vorherigen Hinweis bei der Ablage von sog. Cookies auf der Festplatte des Nutzers. In § 4 TDDSG sind nach der neuen Gesetzessystematik nur die organisatorischen Pflichten der Anbieter und insbesondere keine Erlaubnistatbestnde geregelt. Die Unterrichtungspflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TDDSG sagt damit noch nichts ber die Zulssigkeit der Verarbeitung von Cookies aus. Diese richtet sich vielmehr nach § 3 Abs. 1 TDDSG danach, ob eine Vorschrift des TDDSG oder eine andere Rechtsvorschrift die Verarbeitung erlauben oder der Nutzer eingewilligt hat. Aufgrund des Sachnhe und weil oftmals keine gesetzliche Verarbeitungserlaubnis eingreift, wird die Zulssigkeit dennoch nachfolgend in Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TDDSG dargestellt. Zu beachten ist hierbei, dass neben der datenschutzrechtlichen Beurteilung auch Fragen des Straf- und Zivilrechts eine Rolle spielen kçnnen.

2. Technisch-organisatorische Pflichten (§ 4 Abs. 4 TDDSG, § 3a BDSG) Das TDDSG und das BDSG normieren zahlreiche technische und organisa- 42 torische Pflichten der Diensteanbieter, die der Gewhrleistung von Datenschutz durch Technik dienen sollen.

60 BT-Drs. 13/7385, S. 22. 61 BT-Drs. 13/7385, S. 22.

Schmitz | 571

Kap. 13 Rz. 43

Datenschutz

a) Grundsatz der Datenvermeidung und Systemdatenschutz (§ 3a BDSG, § 4 Abs. 6 TDDSG)

43 Gem. § 3a Abs. 1 Satz 1 BDSG hat sich die „Gestaltung und Auswahl von technischen Einrichtungen an dem Ziel auszurichten, keine oder so wenige personenbezogene Daten wie mçglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen“. Dieses sog. Ziel der Datensparsamkeit und Datenvermeidung 62 wurde inhaltsgleich aus dem bisherigen § 3 Abs. 4 TDDSG (a.F.) allgemein verbindlich in das BDSG bernommen, so dass die spezielle Regelung im TDDSG entfallen konnte. Dieses Prinzip kann als Gebot des Systemdatenschutzes beschrieben werden. Es kann nach Ansicht des Gesetzgebers durch dateneinsparende Organisation der Jbermittlung, der Abrechnung und Bezahlung sowie der Abschottung von Verarbeitungsbereichen untersttzt werden. 63 Der Grundsatz des Systemdatenschutzes und der Datenvermeidung ist neben dem allgemeinen Ziel des § 3a BDSG in § 4 Abs. 6 TDDSG speziell ausgestaltet, indem der Anbieter anonyme oder pseudonyme Nutzungsmçglichkeiten bereitstellen muss. 64 Aufgrund dieser schrferen Spezialregelung im TDDSG hat die allgemeine Vorschrift des § 3a BDSG fr Anbieter, die dem TDDSG unterfallen, wenig eigenstndige Bedeutung. 65 44 Das BDSG gibt die „datensparsame“ Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen als „Ziel“ vor, das von den Mçglichkeiten abhngig ist („so weit wie mçglich“). Hieraus wird geschlossen, dass es sich um einen „Programmsatz“ handelt, aus dessen Nichtbeachtung keine Rechtswidrigkeit der gleichwohl verarbeiteten Daten folgt, sofern die in den jeweils einschlgigen Erlaubnistatbestnden genannten Voraussetzungen erfllt werden. 66 Nach anderer Ansicht handelt es sich um eine in einem „Korridor“ zu realisierende Rechtspflicht. 67 Fr die Einordnung als „Programmsatz“ spricht im Ergebnis, dass das Gesetz jedenfalls keine Sanktionen an die Nichterf llung des § 3a BDSG knpft und die Datenverarbeitung folglich auch nicht unzulssig wird, wenn § 3a BDSG nicht oder nicht optimal umgesetzt wird. Auch den Aufsichtbehçrden stehen insoweit nur beratende Einwirkungsmçglichkeiten zu. Zwangsmaßnahmen, wie sie in § 38 Abs. 5 BDSG bei mangelnder Datensicherung durch die Aufsichtsbehçrde festgesetzt werden kçnnen, sind im BDSG nicht vorgesehen, da sich das Gebot der Datenvermeidung nicht unter die Anforderungen des § 9 BDSG subsumieren lassen. 68

62 63 64 65 66 67 68

BT-Drs. 13/7385, S. 22. BT-Drs. 13/7385, S. 22. Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2987. Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 4 TDDSG Rz. 26. Vgl. Gola/Schomerus, § 3a BDSG Nr. 1.2. Roßnagel/Bizer, § 3 TDDSG Rz. 15. Vgl. Gola/Schomerus, § 3a BDSG Nr. 1.2; Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 4 TDDSG Rz. 29.

572 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 47 Kap. 13

Bei § 3a BDSG ist außerdem zu beachten, dass sich die Vorschrift dem Wort- 45 laut nach nur auf die „Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen“ bezieht und deshalb keine generelle Verpflichtung enthlt, nur „datensparsame“ Angebote zu realisieren. Teilweise ist zwar – jedenfalls fr die „Ursprungsfassung“ in § 3 Abs. 4 TDDSG (a.F.) – die Ansicht vertreten worden, dass eine Verpflichtung des Diensteanbieters bestehe, „das Angebot seiner Teledienste an dem Ziel“ der Datensparsamkeit auszurichten. 69 Eine solche weitgehende Pflicht ist zum einen nicht aus dem Wortlaut des § 3a BDSG zu begrnden, da dort nur von der „Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen“ und nicht von der Gestaltung von Angeboten oder Diensten die Rede ist. Eine solch weitgehende Pflicht wre im Jbrigen auch nicht mit Art. 12 GG (Berufsfreiheit) zu vereinen und wrde auch nicht den Interessen der Nutzer dienen. 70 Die Nutzer kçnnen durchaus ein Interesse an „datenintensiven“ Diensten haben. Allerdings sieht § 4 Abs. 6 TDDSG ein solches Gebot zur Datensparsamkeit 46 in der Form vor, dass dem Nutzer „die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermçglichen“ ist. Damit bezieht sich dieses Gebot mit dem Ziel der Datensparsamkeit ausdrcklich auf das Angebot und die Gestaltung der Dienste. Dieses Gebot steht allerdings unter dem Vorbehalt der technischen Mçglichkeit sowie der Zumutbarkeit. Aus diesem Grund folgt bei Angeboten zur Realisierung von elektronischen Marktpltzen i.d.R. keine Pflicht, eine anonyme Nutzung der Dienste zu ermçglichen, da die Nutzer bei der Abwicklung der Leistungen identifizierbar sein mssen. Der Nutzer kann blicherweise aber beim Anbieten und Bieten fr Dritte zunchst unter seinem Pseudonym auftreten. Bezogen auf den Anbieter des Marktplatzes handelt es sich hierbei allerdings nicht um eine pseudonyme Nutzung in Sinne des § 4 Abs. 6 TDDSG, da diesem der „Klarname“ des Nutzers jederzeit bekannt ist. 71 Zudem ist zu beachten, dass die vertragliche Einigung ber die Ausgestal- 47 tung des Vertrages und die Datenverarbeitung vorrangig vor dem Gebot zur Datensparsamkeit wirkt. Da die Nutzer sich mit dem Anbieter jeweils auf den bestimmten vertraglichen Datenverarbeitungsumfang einigen, liegt zumindest eine wirksame Einwilligung nach § 3 Abs. 2 TDDSG vor. Voraussetzung hierfr ist selbstverstndlich, dass der Nutzer vor bzw. bei Beginn der Nutzung ausreichend ber den Umfang der Datenverarbeitung informiert wurde. Die Anbieter von Online-Marktpltzen sind deshalb im Ergebnis bei Beachtung der Hinweispflichten und dem Einholen einer wirksamen Einwilligungserklrung in den Vertrag und den Umfang der Datenverarbeitung in der vertraglichen Ausgestaltung grundstzlich frei, ohne von vorn-

69 BT-Drs. 13/7934, S. 22; Roßnagel/Bizer, § 3 TDDSG Rz. 16. 70 Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 4 TDDSG Rz. 30. 71 Siehe zur anonymen und pseudonymen Nutzung ausfhrlich Rz. 48.

Schmitz | 573

Kap. 13 Rz. 48

Datenschutz

herein das Vertragsverhltnis auf besonders datensparsame Ausgestaltung beschneiden zu mssen. b) Mçglichkeit der Anonymisierung und Pseudonymisierung

48 Nach § 3a Satz 2 BDSG ist „von den Mçglichkeiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung Gebrauch zu machen, soweit dies mçglich ist und der Aufwand in einem angemessenen Verhltnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht“. Auch diese Verpflichtung zur Anonymisierung und Pseudonymisierung besteht, da sie sich durch das Wort „insbesondere“ auf Satz 1 bezieht, nicht hinsichtlich der Gestaltung von Diensten, sondern der Umsetzung der Datenverarbeitung hinsichtlich bestimmter Angebote oder Dienste. Der Anbieter muss deshalb versuchen, die personenbezogenen Daten, die er im Rahmen des Dienstes erheben muss, mçglichst zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren. Die vorgenannte Auslegung des § 3a BDSG findet im Umkehrschluss seine Besttigung im Wortlaut des § 4 Abs. 6 TDDSG. Hiernach hat der Diensteanbieter dem Nutzer „die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermçglichen, soweit dies technisch mçglich und zumutbar ist“. Sofern sich die Verpflichtung zur Datensparsamkeit also auch auf die Gestaltung und Auswahl der Dienste beziehen soll, ist dies im Gesetz auch so beschrieben. Damit hat der Streit um die Auslegung des § 3a BDSG fr Diensteanbieter, die dem TDDSG unterfallen, aufgrund der Spezialregelung des § 4 Abs. 6 TDDSG keine große Bedeutung. c) Sofortiger Abbruch (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 TDDSG)

49 Mit der dem Nutzer jederzeit zu gewhrenden Mçglichkeit zum sofortigen Abbruch (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 TDDSG) soll gewhrleistet werden, dass der Nutzer nicht entgegen seinem Willen an der Fortfhrung von Verarbeitungsvorgngen teilnehmen muss, in deren Rahmen ungewollt Informationen erhoben werden kçnnen. Aufgrund der Interaktivitt des Internet (TCP/IP-ProtokollSuite) bedarf es in der Regel keiner besonderen technischen Vorkehrungen zur Erfllung dieser Anforderung, da die Kommunikation jederzeit von beiden Seiten abgebrochen werden kann. d) Unmittelbare Lçschung (§ 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG)

50 § 4 Abs. 4 Nr. 2 TDDSG verlangt vom Anbieter sicherzustellen, dass die anfallenden personenbezogenen Daten „ber den Ablauf des Zugriffs oder der sonstigen Nutzung unmittelbar nach deren Beendigung gelçscht oder gesperrt“ werden. Die Vorschrift erfasst damit alle Arten der personenbezogenen Daten, die anfallen, insbesondere Nutzungs- und Bestandsdaten. Neu bercksichtigt wurde die in § 3 Abs. 4 Nr. 4 BDSG definierte Sperre von Daten. Dieser Hinweis auf die Sperre wurde erforderlich, da nach § 6 Abs. 4 574 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 51 Kap. 13

TDDSG eine Sperre von Nutzungsdaten nunmehr ausdrcklich zulssig ist, wenn diese zwar nicht mehr fr die Ermçglichung der Nutzung oder deren Abrechnung bençtigt werden, eine Sperre der Daten – anstelle der Lçschung – aber zur Erfllung „bestehender gesetzlicher, satzungsmßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsfristen“ erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegrndung gilt die Mçglichkeit zur Sperre auch fr Bestandsdaten, wenn entsprechende handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten nach § 257 HGB bestehen, obwohl dieser Verarbeitungszweck nicht ausdrcklich in der Vorschrift des § 5 zur Verarbeitung von Bestandsdaten genannt ist. 72 Den in der ursprnglichen Fassung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 TDDSG a.F. enthaltenen Hinweis, dass eine Lçschung unterbleiben kann, wenn die Nutzungsdaten noch zu Abrechnungszwecken bençtigt werden, hat der Gesetzgeber in der Neufassung gestrichen, da dies „Vermengung der Grundstze des Systemdatenschutzes mit einer Zweckbestimmung“ darstelle 73 und die konkrete Verarbeitung der Nutzungsdaten zu Abrechnungszwecken konkret ausschließlich in § 6 Abs. 4 TDDSG geregelt wird. Eine inhaltliche Rnderung hat sich damit nicht ergeben. e) Schutz der Vertraulichkeit (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 TDDSG)

§ 4 Abs. 4 Nr. 3 TDDSG schreibt (im Vergleich zur Ursprungsfassung in § 4 51 Abs. 2 Nr. 3 a.F. unverndert) vor, dass „der Nutzer Teledienste gegen Kenntnisnahme Dritter geschtzt in Anspruch nehmen kann“. Aufgrund des Anwendungsbereiches des TDDSG gem. § 2 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 TDG umfasst dieses Gebot nicht die Ebertragung der Informationen (Daten), die fr die Erbringung des Teledienstes notwendig sind. Die Jbertragung dieser Daten wird gem. § 2 Abs. 4 Nr. 1 TDG ausschließlich durch die telekommunikationsrechtlichen Bestimmungen erfasst (insoweit sind bei der Jbertragung die Schutzpflichten des § 87 TKG zu beachten). Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG kann deshalb nicht unmittelbar herangezogen werden, um die Pflicht zur Verschlsselung bei der Jbertragung in offenen Datennetzen zu begrnden. 74 Das Gebot, die Vertraulichkeit zu schtzen, bezieht sich bei Diensten im Internet vielmehr auf die internen Verarbeitungsvorgnge beim Telediensteanbieter. Dieser muss z.B. sicherstellen, dass Dritte nicht unbefugt davon Kenntnis erlangen kçnnen, welcher Nutzer welche Inhalte abruft. Das TDDSG enthlt keine konkreten Vorgaben, welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Diese lassen sich mangels einer anderen gesetzlichen Konkretisierung aufgrund der vergleichbaren Interessenlage entsprechend den Sicherheitsanforderungen zu § 109 TKG bestimmen. 75 72 73 74 75

BT-Drs. 14/6098, S. 28. BT-Drs. 14/6098, S. 28. A.A. M+nch, RDV 1997, 245, 246. Siehe zur Vorgngerfassung § 87 TKG a.F. Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Telekommunikation, Rz. 595 ff.; Beck‘scher-TKG-Kommentar/Ehmer, § 87 Rz. 11 ff.; fr eine offene Ausgestaltung M+nch, RDV 1997, 245.

Schmitz | 575

Kap. 13 Rz. 52

Datenschutz

52 Den Sicherheitsanforderungen ist bei elektronischen Marktpltzen mindestens durch die Vergabe von Benutzername und Zugangspasswçrtern zu gengen. Da die Kommunikation im Internet und damit die bertragenen Passwçrter und Benutzernamen abgehçrt werden kçnnen, sollte der Anbieter bereits auf der Anwendungsebene eine Verschlsselung ermçglichen bzw. zumindest alternativ vorsehen und den Dienst z.B. auf einem sog. sicheren Server nach dem https-Protokoll anbieten. Dieses Vorgehen erscheint zumindest dann angemessen zu sein, wenn ber den elektronischen Marktplatz Geschfte mit nicht nur ganz unerheblichen Summen abgewickelt werden kçnnen. Aus dieser Verpflichtung zum sicheren Angebot des Dienstes folgt somit mittelbar, dass auch die Jbertragung verschlsselt zu erfolgen hat. f) Pflicht zur informationellen Trennung (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 TDDSG)

53 In § 4 Abs. 4 Nr. 4 TDDSG wird (im Vergleich zur Ursprungsfassung in § 4 Abs. 2 Nr. 4 TDDSG a.F. ebenfalls unverndert) bestimmt, dass „die personenbezogenen Daten ber die Inanspruchnahme verschiedener Teledienste durch einen Nutzer getrennt verarbeitet werden“ mssen und eine Zusammenfhrung dieser Daten unzulssig ist, soweit dies nicht fr Abrechnungszwecke erforderlich ist. Dieses Gebot lsst sich als Pflicht zur informationellen Trennung bzw. „informationellen Gewaltenteilung“ bezeichnen. Da die Nutzungsdaten bereits gem. § 6 Abs. 1 TDDSG frhestmçglich, sptestens aber nach der Nutzung eines bestimmten Dienstes zu lçschen sind, erwchst aus dieser Vorschrift insofern keine zustzliche konkrete Verpflichtung, sofern nur zeitlich getrennt einzelne Dienste abgerufen werden. Bezglich der Speicherung von Abrechnungsdaten soll verhindert werden, dass diese zur Erstellung eines Profils ber einen einzelnen Nutzer verwendet werden. 76 Die Pflicht zur Trennung der (Nutzungs-)Daten ist deshalb auch Ausdruck des Verbots nach § 4 Abs. 4 TDDSG, Nutzungsprofile ohne die Verwendung von Pseudonymen zu erstellen. Insofern schrnkt § 4 Abs. 4 TDDSG allerdings auch das Trennungsgebot ein. Das Trennungsgebot lsst sich als Schutz vor der Erstellung eines umfassenden Persçnlichkeitsbildes des Nutzers verstehen. Eine Zusammenfhrung der einzelnen in Anspruch genommenen Dienste kçnnte bereits geeignet sein, die Interessen und Bedrfnisse des Nutzers offen zu legen. Es ist allerdings zweifelhaft, ob insbesondere die Anbieter von elektronischen Marktpltzen diesem Gebot gerecht werden kçnnen, wenn ein Nutzer beispielsweise mehrere Angebote bzw. Seiten des Angebotes gleichzeitig aufruft (Multitasking). In diesem Falle erfordert der Zweck der Vertragserfllung die quasi gleichzeitige und nicht getrennte Verarbeitung. Fordert der Nutzer gleichzeitig mehrere Dienste bzw. Angebote an, ist das Trennungsgebot folglich nicht zu erfllen.

76 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2987.

576 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 56 Kap. 13

g) Systemdatenschutz f r Abrechnungsdaten und Nutzungsprofile (§ 4 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6 TDDSG)

Der Gesetzgeber hat es fr erforderlich angesehen, nunmehr ausdrcklich 54 in § 4 Abs. 4 Nr. 5 TDDSG zu bestimmen, dass „Daten nach § 6 Abs. 2“ TDDSG (Abrechnungsdaten) nur fr Abrechnungszwecke verwendet werden drfen. Außerdem ist in § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDDSG bestimmt, dass „Nutzerprofile nach § 6 Abs. 3 TDDSG nicht mit Daten ber den Trger des Pseudonyms zusammengefhrt werden kçnnen“. Hiermit wird nach der Gesetzesbegrndung einer „Anregung der Europischen Kommission im Hinblick auf die Umsetzung von Artikel 17 der Richtlinie 95/46/EG“ gefolgt und zum Ausdruck gebracht, dass der Systemdatenschutz auch fr die in § 6 Abs. 2 TDDSG und § 6 Abs. 3 TDDSG geregelten Verarbeitungszwecke Abrechnung und Nutzungsprofile gilt. 77 „Danach muss der Diensteanbieter nunmehr auch durch technische und organisatorische Maßnahmen gewhrleisten, dass Nutzungsprofile nicht mit Daten ber den Trger des Pseudonyms zusammengefhrt und dass die Zusammenfhrung von getrennt zu verarbeitenden Daten nur fr Abrechnungszwecke erfolgen kann“. 78 Da diese inhaltliche Verpflichtung bereits frher normiert war, ergeben sich fr die Diensteanbieter insofern keine wirklichen Rnderungen, da die Verpflichtung schon immer durch entsprechende „technische und organisatorische Maßnahmen“ (Arbeitsanweisungen, Programme usw.) umzusetzen war. h) Anzeige der Weitervermittlung (§ 4 Abs. 5 TDDSG)

Gem. § 4 Abs. 5 TDDSG (inhaltsgleich zu § 4 Abs. 3 TDDSG a.F.) muss der 55 Anbieter dem Nutzer anzeigen, wenn er diesen zu einem anderen Diensteanbieter weitervermittelt. Diese Voraussetzung ist bei der Nutzung von Telediensten im Internet regelmßig erfllt, da die Browser in der Regel die Adresse (URL) des aufgesuchten Dokuments und damit auch die Adresse des Diensteanbieters anzeigen. Nur soweit in Ausnahmefllen, z.B. durch Verwendung von Unterdokumenten (Frames), der Nutzer nicht unmittelbar die Weiterleitung erkennen kann, ist ein gesonderter Hinweis erforderlich. i) Anonyme und pseudonymisierte Nutzung (§ 4 Abs. 6 TDDSG)

Gem. § 4 Abs. 6 TDDSG (inhaltsgleich § 4 Abs. 1 TDDSG a.F.) hat „der 56 Diensteanbieter“ dem Nutzer „die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermçglichen, soweit dies technisch mçglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist ber diese Mçglichkeit zu informieren.“ Die Vorschrift gestaltet das Prinzip der Datenvermeidung (ursprnglich gem. § 3 Abs. 4 TDDSG a.F., nunmehr § 3a BDSG) 77 BT-Drs. 14/6098, S. 28. 78 BT-Drs. 14/6098, S. 28.

Schmitz | 577

Kap. 13 Rz. 57

Datenschutz

konkret aus. 79 Eine anonyme Nutzungsmçglichkeit wird als perfekte Technik beschrieben, um einen umfassenden Datenschutz zu gewhrleisten 80 und wird in der Literatur zur Gewhrleistung des Grundrechts auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG begrßt. 81 Als Beispiel fr entsprechende anonyme Nutzungsmçglichkeiten wird die Einfhrung vorbezahlter Wertkarten genannt, wie sie z.B. als (Prepaid-)Telefonkarten im Bereich der Telekommunikation bekannt sind. 82 Die in § 4 Abs. 6 TDDSG vorgesehene Verpflichtung des Diensteanbieters, die Nutzung seiner Dienste auch anonym oder pseudonym zu ermçglichen, steht allerdings unter der Voraussetzung der Zumutbarkeit und technischen Mçglichkeit. 57 Der Diensteanbieter hat nur die anonyme oder pseudonyme Inanspruchnahme und ihre Bezahlung zu ermçglichen. Von dieser Pflicht ist nicht die Ermçglichung eines anonymen oder pseudonymen Vertragsverhltnisses umfasst. In § 6 Abs. 1 Nr. 1 TDDSG sind die erforderlichen Daten, um die „Inanspruchnahme von Telediensten“ zu ermçglichen, als „Nutzungsdaten“ und die erforderlichen Daten zur Ausgestaltung des Vertragsverhltnisses in § 5 Abs. 1 TDDSG als „Bestandsdaten“ definiert. 58 Die Vorschrift enthlt anders als die §§ 5 und 6 TDDSG keinen Erlaubnistatbestand, sondern ein organisatorisch-technisches Gebot zum Angebot der Dienste. Das Gesetz folgt damit der Systematik des BDSG, das ebenfalls neben der Bestimmung von Zulssigkeitsvoraussetzungen der Datenverarbeitung weitere Gebote zur Umsetzung technisch-organisatorischer Pflichten enthlt. 83 Es erscheint deshalb gerechtfertigt, das Gebot wie bei dem Gebot zur Datensparsamkeit nach § 3a BDSG als „Programmsatz“ aufzufassen, den der Diensteanbieter umzusetzen hat (vgl. Rz. 44). Der Auffassung zu § 3a BDSG folgend wird die Datenverarbeitung des Diensteanbieters, der ansonsten die Voraussetzungen der §§ 3, 4, 5 und 6 TDDSG beachtet, nicht rechtswidrig oder unzulssig, wenn er das Gebot aus § 4 Abs. 1 TDDSG durch das Angebot alternativer datensparsamer Dienste nicht oder nicht ausreichend umsetzt. 84 Dies folgt auch bereits schon daraus, dass sich Anbieter und Nutzer vertraglich auf einen bestimmten Umfang der Datenverarbeitung geeinigt haben, so dass insoweit eine wirksame Einwilligung nach § 3 Abs. 1 vorliegt, die zur Zulssigkeit der Datenverarbeitung fhrt. 59 Bestimmte technische Verfahren zur Erfllung der Verpflichtung sind im Hinblick auf die weitere technische Entwicklung nicht vorgeschrieben. Die Gesetzesbegrndung spricht nur davon, dass die Verfahren von einer „gene79 80 81 82 83 84

BT-Drs. 13/7385, S. 23. Fox/Bizer, DuD 1998, 616; Caronni, DuD 1998, 633. So Wimmer/Gerhard, S. 77. BT-Drs. 13/7385, S. 23; M+nch, RDV 1997, 245; Wimmer/Gerhard, S. 76. So auch Roßnagel/Schaar/Schulz, § 4 TDDSG Rz. 3. Vgl. Gola/Schomerus, § 3a BDSG Rz. 2; kritischer Roßnagel/Schaar/Schulz, § 4 TDDSG Rz. 3.

578 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 60 Kap. 13

rellen, objektiven Sichtweise“ abhngig sein sollen. 85 Hinsichtlich der Bezahlung kçnnen grundstzlich Prepaid- oder Pauschalmodelle denkbar sein, die den Anforderungen des Gesetzes gengen. Anbietern von Telediensten im Internet ist es allerdings selbst unmçglich, dem Nutzer auch eine vollstndig anonyme oder pseudonyme Nutzung der eigenen Dienste anzubieten. 86 Der Nutzer muss ber eine IP-Adresse kommunizieren, deren Zuordnung zum Nutzer zumindest dem Access-Provider bekannt ist. Selbst bei den bekannten „Anonymisierungsverfahren“ (wie z.B. AnOn) ist dem Anbieter des Anonymisierungsdienstes die Zuordnung der IP-Adresse zum Nutzer bekannt, die sog. „Anonymitt“ beruht nur darauf, dass diese Zuordnung gegenber Dritten verschleiert und vom „Anonymisierungsdienst“ unmittelbar nach der Nutzung gelçscht wird. Auf diesen Vorgang des Zugangs zu seinem Dienst hat der Marktplatzanbieter keinen Einfluss und kann den Zugang ebenfalls nicht anonym anbieten. Der Marktplatzbetreiber kann damit nicht bewirken, dass der Nutzer seine Dienste im Ergebnis vollstndig anonym oder pseudonym nutzen kann, da im Netz zumindest beim AccessProvider die Zuordnung zwischen der zur Nutzung erforderlichen IPAdresse und dem Nutzer bekannt sein muss. Der Marktplatzbetreiber kçnnte es dem Nutzer allenfalls gewhren, dass er dessen Dienste pseudonym oder anonym in Anspruch nimmt, ohne ihm oder Dritten seine Identitt preiszugeben. Es ist deshalb zu erçrtern, ob der Anbieter verpflichtet ist, dem Nutzer in diesem Sinne die anonyme oder pseudonyme Nutzung des Dienstes gegenber anderen Nutzern zu gewhren. Die Pflicht zum Angebot entsprechender Zugnge steht neben der tech- 60 nischen Mçglichkeit unter dem Vorbehalt, dass dies dem Diensteanbieter „zumutbar“ ist. Es handelt sich bei der „Zumutbarkeit“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff. 87 Mit dieser Einschrnkung ist vom Gesetzgeber beabsichtigt, die unterschiedliche Leistungsfhigkeit von Anbietern zu bercksichtigen, welche je nach Grçße stark variieren kann. 88 Der Diensteanbieter soll „nicht zu jedem technisch mçglichen Angebot verpflichtet sein“. 89 Andererseits soll der Begriff der Zumutbarkeit „weit auszulegen sein“. 90 Insofern wollte der Gesetzgeber einen gerechten Ausgleich zwischen Datenschutz- und Anbieterinteressen herbeifhren. 91 An eine Unzumutbarkeit ist zu denken, wenn der Dienst nach der Verkehrsauffassung seinem Inhalt nach die Identifizierbarkeit der Nutzer und die Offenlegung der Identitt voraussetzt. 85 BT-Drs. 13/7385, S. 23. 86 Vgl. hierzu auch TDDSG/Schmitz, S. 112 ff.; Bleich/Heidrich, CT 2002, Heft 19,

87 88 89 90 91

124 ff.; Brauch, CT 2002, Heft 19, S. 128, 130, Kçpsell/Kossel, CT 2002, Heft 19, 132, 135. Vgl. hierzu TDDSG/Schmitz, S. 118 ff. Vgl. Engel-Fechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2987. BT-Drs. 13/7385, S. 23. Siehe Engel-Flechsig, DuD 1997, 474, 475. BT-Drs. 13/7385, S. 16.

Schmitz | 579

Kap. 13 Rz. 61

Datenschutz

61 Eine anonyme Nutzung des Dienstes scheidet nach dem Vertragszweck aus, soweit der Nutzer als Anbieter oder Nachfrager von Gtern auf dem Marktplatz auftreten mçchte. Ein solches Handeln setzt dem Zweck des Handelns nach logisch zumindest eine pseudonyme Nutzung des Dienstes im Verhltnis zu anderen Nutzern voraus, da anderenfalls kein Vertragspartner feststellbar bzw. unterscheidbar wre. 62 Eine pseudonyme Nutzung im Verhltnis zu anderen Nutzern scheidet ebenfalls aus, soweit der Nutzer gewerblich handelt, da er in diesem Fall nach der Rechtsprechung bei seinen Angeboten nach § 6 TDG seinen Namen und seine Anschrift („Impressum“) angeben muss. Auch soweit ein Nutzer zu ausschließlich privaten Zwecken handelt, ist – jedenfalls soweit es zu Vertragsabschlssen kommt – ein pseudonymer Name durch die Identitt des Nutzers in aller Regel aufzudecken. Nur soweit der private Nutzer als Benutzername bzw. Benutzerkennung statt seines „Klarnamens“ einen frei erfundenen Decknamen whlt und zunchst nur als „Zuschauer“ handelt, ist er fr die anderen Nutzer zunchst nur unter Pseudonym erkennbar, weil den anderen Nutzern zunchst die Identitt nicht bekannt wird. Je nach der Ausgestaltung des Marktplatzes kçnnen die anderen Nutzer die Identitt aber ohne Restriktionen beim Marktplatzbetreiber erfahren. 63 Sptestens wenn es zu einem Vertragsabschluss kommt, ist die Identitt des (privaten) Nutzers gegenber seinem Vertragspartner offen zu legen. Es wre zwar grundstzlich eine pseudonyme Abwicklung des Geschftes denkbar, dies aber nur unter der Prmisse, dass der Marktplatzbetreiber als „vertrauenswrdiger Dritter“ das Geschft fr den pseudonymen Nutzer als Anbieter oder Nachfrager mit dem Vertragspartner vollstndig hinsichtlich Lieferung und Bezahlung abwickelt. Da dieses Angebot weit ber das bliche Betreiben eines elektronischen Marktplatzes hinausgeht, ist – sofern der Marktplatzbetreiber den Dienst nicht freiwillig anbieten mçchte – ein Zwang zu einem solchen Angebot unzumutbar, so dass eine Pflicht zu einem solchen pseudonymen Angebot ausscheidet. 64 Dem Marktplatzbetreiber selbst muss die Identitt des Nutzers nach dem Vertragszweck bekannt sein, jedenfalls soweit der Nutzer auf dem Marktplatz als Anbieter oder Nachfrager auftreten mçchte. In diesem Fall muss der Marktplatzanbieter den „Klarnamen“ (die wirkliche Identitt) des Nutzers zur Verhinderung von Missbrauch und zur Offenlegung gegenber den Vertragspartnern des Nutzers kennen. Der Anbieter hat deshalb gemß diesem Vertragszweck die Identitt der Nutzer bei der Registrierung (Vertragsschluss ber die Nutzung) festzustellen und kann dem Nutzer nicht die pseudonyme Nutzung des Dienstes anbieten.

580 | Schmitz

III. Unterrichtungs- und technisch-organisatorische Pflichten

Rz. 67 Kap. 13

j) Auskunftsanspruch des Nutzers (§ 4 Abs. 7 TDDSG)

Die Pflichten des Anbieters werden durch die nunmehr in § 4 Abs. 7 TDDSG 65 geregelte Auskunftspflicht ergnzt, die inhaltlich die Regelung in § 7 TDDSG a.F. bernimmt. Jeder Anbieter muss auf Verlangen einem Nutzer jederzeit unentgeltlich Einsicht in die zu dessen Person oder zu dessen Pseudonym gespeicherten Daten gewhren und diese Auskunft auch elektronisch erteilen. 92 Zur vertraglichen Auskunftspflicht vgl. auch Kap. 6 Rz. 52 ff. Soweit die Regelung auch zur Auskunft ber unter Pseudonym gespeicherte 66 Daten verpflichtet, fhrt sie die strikte Trennungsregelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TDDSG ad absurdum und ist deshalb wegen eines unangemessenen Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verfassungswidrig und unwirksam (vgl. auch Rz. 134 ff.). Bei dem Angebot von elektronischen Marktpltzen kommt es hierauf in aller Regel nicht an, da der Diensteanbieter wegen technischer Unmçglichkeit schon nicht die pseudonyme Nutzung des Dienstes im Sinne des Gesetzes als eine vollstndig pseudonyme Nutzung ermçglichen kann. Selbst soweit die Nutzung unter Pseudonym nicht im Verhltnis zum Anbieter und dem Access Provider, sondern zu den anderen Nutzern verstanden wird, hat der Marktplatzbetreiber das Pseudonym zumindest bei einem Vertragsschluss des Nutzers in aller Regel offen zu legen. Sowohl die Verpflichtung zur Ermçglichung des pseudonymen Handelns als auch das Zusammenfhrungsverbot bestehen damit nicht. Soweit der Marktplatzbetreiber jedoch im Sinne des Gesetzes der Pflicht zur 67 Trennung nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TDDSG sowie der Pflicht zur Ermçglichung des pseudonymen Handelns unterliegt, fhrt dies zu einem Widerspruch. Die Erfllung der Verpflichtung aus § 4 Satz 7 TDDSG, dem Nutzer ber die zu seiner Person oder zu seinem Pseudonym gespeicherten Daten beim Telediensteanbieter Auskunft zu geben, erfordert seitens des Anbieters, dass er die in dem Nutzungsprofil unter dem Pseudonym erfassten Daten mit dem Trger des Pseudonyms wieder zusammenfhrt. Damit liegt ein Verstoß gegen das Zusammenfhrungsverbot des § 6 Abs. 3 Satz 3 TDDSG vor, das auch aus den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundstzen zum Schutz des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung folgt. 93 Aus diesem Dilemma fhrt im Falle der pseudonymisierten Persçnlichkeitsprofile auch nicht der Weg heraus, dass der Nutzer unter dem Pseudonym anfragt und ihm die Auskunft unter dem Pseudonym erteilt wird. 94 Denn im Fall der von dem Anbieter erstellten Pseudonymisierung (z.B. Nutzungsprofile unter Pseudonym) hat der Nutzer keine Kenntnis von dem ihm zugeordneten Pseudonym, so dass die Zusammenfhrung durch den Diensteanbieter zu bewerkstelligen wre. Es kann auch nicht davon ausgegangen 92 Fr eine Beschrnkung auf Auskunftserteilung B+llesbach, DuD 1999, 263, 265. 93 BVerfGE 65, 1, 53 f.; vgl. hierzu TDDSG/Schmitz, S. 18 ff. 94 So der Vorschlag von Schaar, Rz. 508 zum Problem der nachtrglichen Aufdeckung

von Pseudonymen.

Schmitz | 581

Kap. 13 Rz. 68

Datenschutz

werden, dass mit der Anfrage ohne weiteres eine ausreichende Einwilligung des anfragenden Nutzers in die Zusammenfhrung seines Profils mit der Zuordnung seines Pseudonyms vorliegt, da sich der Nutzer in der Regel nicht der Konsequenzen bewusst sein wird. 68 Die „Schutz“-Regelung in § 4 Abs. 7 TDDSG erscheint deshalb ohne ausreichende Einwilligung und Aufklrung des Nutzers als untaugliche Eingriffsregelung und ist deshalb insoweit als nichtig anzusehen, wie sie den Diensteanbieter ohne weitere Voraussetzungen auch zur Auskunft ber die unter Pseudonym erstellten Nutzungsprofile verpflichtet. 95 Es ist widersinnig, zum Schutze des Nutzers zunchst die Verschleierung des Personenbezugs und dann dessen Aufdeckung „zum Schutz“ des Nutzers bei einer Auskunftsanfrage zu verlangen. Hier muss akzeptiert werden, dass sich die Schutzmechanismen von Pseudonymisierung und Auskunftsverlangen widersprechen. Anderes kann allenfalls nur dann gelten, wenn der Nutzer trotz Aufklrung ber die erforderliche Zusammenfhrung und „Reidentifizierung“ bei seinem Auskunftsverlangen bleibt und damit in wirksamer Weise mit seiner Reidentifizierung einverstanden ist.

3. Sanktionen bei Verstçßen 69 Die alte Fassung des TDDSG enthielt selbst keine Sanktionen, so dass zur alten Fassung des TDDSG umstritten war, ob die Straf- und Ordnungswidrigkeitsvorschriften des BDSG anwendbar sind. 96 In der Neufassung des TDDSG sind nunmehr ausdrcklich Bußgeldvorschriften in § 9 aufgenommen worden, die ein Bußgeld bis zu 50 000 Euro vorsehen.

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer 70 Die Datenverarbeitung ist nach dem TDDSG auch ohne gesetzlichen Erlaubnistatbestand dann zulssig, wenn der Nutzer in diese einwilligt. Dieser Einwilligungsmçglichkeit kommt im Bereich der Teledienste im Internet und bei elektronischen Marktpltzen erhebliche praktische Bedeutung zu. Auf diese Weise kann bei der Vertragsgestaltung eine Anpassung an die betrieblichen Erfordernisse vorgenommen werden. Bei der Einholung dieser Einwilligung sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen aus dem TDDSG und dem BDSG zu beachten. Zustzlich hat der Anbieter die zivilrechtlichen Vorschriften zu beachten, da die Einwilligungserklrungen Inhalt des Nutzungsvertrages werden sollen. Bei individuellen Vereinbarungen kann sich eine zivilrechtliche Unwirksamkeit der Einwilligung ins95 A.A. B)umler, DuD 1999, 258, 261, der eine Verbesserung in der Regelung sieht. 96 Vgl. hierzu Hoeren/Sieber/Sieber, Handbuch Multimediarecht, Teil 19, Rz. 545 ff.,

590 ff.

582 | Schmitz

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer

Rz. 72 Kap. 13

besondere dadurch ergeben, dass die Vereinbarung sittenwidrig ist (§ 138 BGB) oder gegen ein gesetzliches Verbot verstçßt (§ 134 BGB). Soweit entsprechende Einwilligungen standardmßig (vorformuliert) einge- 71 holt werden, handelt es sich um Allgemeine Geschftsbedingungen, so dass insbesondere die Schranken der §§ 305 ff. BGB zu beachten sind. 97 Bei der folgenden Darstellung wird unterstellt, dass es sich bei den Einwilligungserklrungen regelmßig um AGB handeln wird (vgl. auch Kap. 4 Rz. 116 ff.). 98 In diesem Fall ergeben sich aus dem Zusammenspiel der zivilrechtlichen und der datenschutzrechtlichen Regelungen die grundstzlichen Anforderungen an die wirksame Einbeziehung von AGB-Klauseln bzw. vorformulierten Einwilligungserklrungen. In formeller Hinsicht sind bei den Einwilligungsklauseln insbesondere die Form als schriftliche oder elektronische Erklrung sowie zahlreiche Unterrichtungspflichten zu beachten. In materieller Hinsicht ist die Angemessenheit der Einwilligungserklrung zu beachten. Sowohl bei Individualvereinbarungen als auch bei AGB-Klauseln ist zudem jede Vereinbarung unwirksam, die gegen ein gesetzliches Verbot verstçßt oder sittenwidrig ist. In diesem Sinne ist als gesetzliches Verbot das Koppelungsverbot zu beachten.

1. Formelle Voraussetzungen Bezglich der nach § 3 Abs. 1 3. Alt. TDDSG vorgesehenen Einwilligung des 72 Nutzers sind zum Inhalt die weiteren Grundstze fr die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 3 sowie die Pflichten nach § 4 TDDSG zu beachten. Zunchst ist der Nutzer nach § 4 Abs. 1 TDDSG bei seiner Einwilligung ber Art, Umfang und Zwecke der geplanten Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner personenbezogenen Daten hinzuweisen. Soll die Verarbeitung der personenbezogenen Daten außerhalb der EU erfolgen, ist der Nutzer nach § 4 Abs. 1 Satz 1 auch hierauf hinzuweisen. Hierbei muss die Einwilligung auf die konkret genannten Verarbeitungszwecke bestimmt sein (Bestimmtheitsgebot), da anderenfalls das Gebot der engen Zweckbindung nach § 3 Abs. 2 TDDSG umgangen wrde. 99 Der Nutzer ist zudem nach § 4 Abs. 4 TDDSG (vgl. § 3 Abs. 6 TDDSG a.F.) vor der Erklrung „auf sein Recht auf jederzeitigen Widerruf mit Wirkung fr die Zukunft“ hinzuweisen. Dieser Hinweis muss gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 3 TDDSG 100 jederzeit abrufbar sein. Aus dem Zusammenspiel zwischen Einwilligung und Zweckbindung sind die Telediensteanbieter somit 97 Vgl. hierzu ausfhrlich Kap. 4 Rz. 115 ff. 98 Vgl. hierzu die Rechtsprechung des BGH zur Einwilligung in die „Telefonwer-

bung“, BGH NJW 2000, 2677; vgl. auch Lettl, NJW 2001, 42; Schmitz, DuD 2001, 395 ff.; Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 18. 99 So wie auch Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Neue gesetzliche Rahmenbedingungen fr Multimedia, S. 24. 100 Vgl. § 3 Abs. 6 i.V.m. § 3 Abs. 5 Satz 3 (TDDSG a.F.).

Schmitz | 583

Kap. 13 Rz. 73

Datenschutz

verpflichtet, auf den konkreten Umfang und Zweck der Einwilligung in die Datenverarbeitung hinzuweisen. a) Schriftform der Einwilligungserklrung

73 Zur Form der Einwilligung ist § 4a Abs. 1 BDSG zu beachten, wonach die Einwilligung der Schriftform bedarf, soweit nicht wegen der besonderen Umstnde eine andere Form angemessen ist. Soll die Erklrung zusammen mit anderen Erklrungen schriftlich erteilt werden, ist sie (drucktechnisch) besonders hervorzuheben. Bei Telediensten wird in der Praxis die Schriftform nur selten gewhlt werden, weil diese Form einen Medienbruch voraussetzt und fr beide Parteien sehr aufwndig ist, weil unterschriebene Urkunden im Original ausgetauscht werden mssen. Sofern ein schriftlicher Vertrag ber die Nutzung des Teledienstes geschlossen wird, kommt die Schriftform allerdings auch in der Praxis vor. 74 Wegen der besonderen Umstnde des Vertragsschlusses und aufgrund der heutigen Jblichkeit von Faxschreiben drfte im Ergebnis blicherweise eine „Faxerklrung“ im Sinne des § 4a Abs. 1 BDSG ausreichend sein, da sie eine schnelle und dennoch nachhaltige Form der Erklrung bildet und gerade im „Internet-Geschft“ besonderes Augenmerk auf Geschwindigkeit des Erklrungsaustauschs gelegt wird. Gewisse Einschrnkungen des Beweisrisikos und der Beweiskraft von Faxerklrungen scheinen, soweit es jedenfalls nicht um hçchstpersçnliche Rechtsgeschfte bzw. Einwilligungen geht, hinnehmbar. Fr dieses Ergebnis spricht auch, dass es sich bei einer Erklrung per Telefax genau genommen um die elektronische Erklrung der Einwilligung handelt, da die Erklrung als „Bilddatei“ elektronisch bertragen wird. 101 Fr eine Einwilligungserklrung per Telefax gelten deshalb die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer elektronischen Einwilligungserklrung nach § 4 Abs. 2 TDDSG (siehe sogleich unten). b) Elektronische Form der Einwilligungserklrung

75 Die Voraussetzungen der elektronischen Einwilligung sind nunmehr in § 4 Abs. 2 TDDSG neu gefasst und erleichtert worden. Die elektronische Einwilligung setzt nunmehr nur noch voraus, dass – eine eindeutige und bewusste Erklrungshandlung vorliegt (Nr. 1), – die Einwilligung protokolliert wird (Nr. 2) und – die Erklrung vom Nutzer jederzeit wieder abgerufen werden kann (Nr. 3).

101 Vgl. allgemein zu dieser Einordnung Schuster/Schmitz, Vertragshandbuch Tele-

mediarecht, S. 96.

584 | Schmitz

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer

Rz. 79 Kap. 13

Die nach der frheren Fassung des § 3 Abs. 7 TDDSG zustzlichen Erforder- 76 nisse, dass die Erklrung nicht unerkennbar verndert werden kann und den Urheber erkennen lsst, hat der Gesetzgeber nunmehr fallen gelassen. Die Regelung zur elektronischen Einwilligung macht deren Wirksamkeit somit nicht mehr von einer besonderen Form abhngig. Whrend nach der alten Fassung im Ergebnis ein sicheres elektronisches Signaturverfahren erforderlich war, 102 dass die eindeutige Identifizierung des Nutzers ermçglichen musste, werden nunmehr nur die allgemeinen Prinzipien zur Abgabe einer Willenserklrung und deren Beweisbarkeit vorausgesetzt und mit der Verpflichtung zur jederzeitigen Abrufmçglichkeit der Erklrung kombiniert. Als Erklrungsformen der elektronischen Einwilligung kommen insbeson- 77 dere Telefaxnachricht, E-Mail und Web-Erklrung im WWW („Web-Formular“) in Betracht. 103 Auch die Telefaxnachricht muss zu den elektronischen Willenserklrungen gerechnet werden, da die Jbermittlung der Erklrung „als Bilddatei“ auf elektronischem Wege in Telekommunikationsnetzen erfolgt. Wird die Faxerklrung mittels eines Computers generiert („Computerfax“), ohne diese auf „Papier“ auszudrucken, liegt auch bereits von vornherein ausschließlich eine elektronische Erklrung ohne „Originalurkunde“ vor. (1) Neufassung

Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung das Erfordernis fallen gelassen, dass 78 der „Urheber erkannt werden kann“ und damit persçnlich bestimmbar ist. Es ist deshalb ausreichend, dass der Urheber der Erklrung erkennbar ist, um die Willenserklrung einem Absender zuordnen zu kçnnen. Die Erkennbarkeit verlangt keine eindeutige persçnliche Identifizierung des Nutzers. 104 Im Regelfall ist es fr die Einholung der Einwilligung ausreichend, dass der Anbieter den Nutzer als „aktuellen Nutzer“ anhand dessen IP-Adresse bzw. anhand eines pseudonymen oder anonymen Nutzernamens „identifizieren“ bzw. „ansprechen“ kann. (2) Eindeutige und bewusste Erklrungshandlung

Die Vorgabe, dass der Nutzer die Einwilligungserklrung nur durch eine ein- 79 deutige und bewusste Handlung abgeben kann, greift die allgemeinen Anforderungen einer rechtsgeschftlichen bzw. rechtsgeschftshnlichen Erklrung auf, wie sie im Zivilrecht allgemein herausgearbeitet worden ist. Bei der Abgabe einer Willenserklrung wird allgemein ein innerer Wille des Erklrenden (subjektiver Tatbestand) und die ußere Kundgabe dieses Willens (objektiver Tatbestand) vorausgesetzt. Der subjektive Tatbestand besteht aus dem das ußere Verhalten beherrschenden Handlungswillen (willent102 Vgl. M+nch, RDV 1997, 245; Grimm/Lçhndorf/Scholz, DuD 1999, 272, 275. 103 Vgl. hierzu Schuster/Schmitz, Vertragshandbuch Telemediarecht, S. 96 ff. 104 Vgl. auch Gola/Schomerus, § 4 BDSG Nr. 5.

Schmitz | 585

Kap. 13 Rz. 80

Datenschutz

lich gesteuerte Handlung), dem Erklrungsbewusstsein (Bewusstsein, eine rechtsgeschftliche oder rechtsgeschftshnliche Erklrung abzugeben) und dem Geschftswillen (die auf einen bestimmten rechtlichen Erfolg gerichtete Absicht). Fr den objektiven Erklrungstatbestand wird eine Rußerung vorausgesetzt, die den rechtsgeschftlichen Willen (subjektiven Tatbestand) nach außen (fr Dritte objektiv erkennbar) deutlich macht. 105 Die Voraussetzung des TDDSG, wonach sicherzustellen ist, dass die elektronische Einwilligung nur „durch eine eindeutige und bewusste Handlung des Nutzers erfolgen kann“, stellt damit im Ergebnis nur sicher, dass der einwilligende Nutzer ber den erforderlichen Erklrungswillen (subjektiver Tatbestand) verfgt und die Erklrung ausreichend deutlich als Einwilligung zu verstehen ist (objektiver Tatbestand seiner Willenserklrung). § 4 Abs. 2 bewirkt hinsichtlich des Erklrungstatbestandes und seiner Form damit keine Erhçhung der Anforderungen mehr gegenber den allgemeinen Voraussetzungen einer elektronischen Willenserklrung. Mit der Verpflichtung des Diensteanbieters, fr eine ausreichende Klarheit der Erklrung zu sorgen, wird aber fr beide Seiten eine erhçhte Rechtssicherheit erreicht, da nicht ausreichend klare Erklrungsformen, die zum Streit ber die Wirksamkeit der Erklrung fhren kçnnten, vermieden werden. Ganz offensichtlich wollte der Gesetzgeber den Nutzer auch davor sch tzen, dass Diensteanbieter durch eine unklare Gestaltung der Navigation oder Darstellung von Internetseiten versuchen kçnnen, dem Nutzer „Einwilligungserklrungen“ „unterzuschieben“. Fr diese Schutzfunktion spricht, dass der Gesetzgeber die Verletzung der Pflicht zur Sicherstellung eindeutiger und bewusster Erklrungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 TDDSG als Ordnungswidrigkeitstatbestand mit einem Bußgeld bis zu 50 000 Euro bewehrt hat. 80 Fr Diensteanbieter ist aufgrund dieser Bußgelddrohung deshalb die Sicherstellung der „eindeutigen und bewussten Handlung des Nutzers“ als Erklrungsform nach § 4 Abs. 2 TDDSG wesentlich. Leider lsst aber weder § 4 Abs. 2 TDDSG noch die Gesetzesbegrndung ein Konkretisierung der Anforderungen erkennen. Da § 4 Abs. 2 TDDSG im Ergebnis nur die Anforderungen wiederholt, die allgemein an rechtsgeschftshnliche Handlungen gestellt werden, ist es sachgerecht, auf die allgemeinen Grundstze zur Abgabe (elektronischer) Willenserklrungen und der Einholung vorformulierter Erklrungen (AGB) nach der Rechtsgeschftslehre des BGB zurckzugreifen. Eine eindeutige und bewusste Handlung bzw. Erklrungsform setzt demnach zunchst voraus, dass ein durchschnittlich verstndiger Nutzer erkennen muss bzw. erkennen kann, dass er rechtsverbindlich in die Verarbeitung seiner persçnlichen Daten zustimmt. Aufgrund des Gebotes der engen Zweckbindung (§ 3 Abs. 2 TDDSG) und der Verpflichtung zur Information (§ 4 Abs. 1 TDDSG) muss hierbei auch deutlich werden, auf welche personenbezogenen Daten sich die Einwilligung zu welchen konkret bestimmten Zwecken bezieht. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten und zur si105 Vgl. hierzu Schuster/Schmitz, Vertragshandbuch Telemediarecht, S. 91.

586 | Schmitz

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer

Rz. 82 Kap. 13

cheren Erfllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 2 sollte die Erklrung nach § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG und in Anlehnung an die Voraussetzungen zur Einfhrung vorformulierter Erklrungen (AGB) nach §§ 305 ff. BGB darstellungstechnisch hervorgehoben sein. Nach den Grundstzen zu sog. „berraschende Klauseln“ nach § 305c Abs. 1 BGB bei AGB und entsprechend der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB sollte die Einwilligungserklrung nicht berraschend gestaltet und verstndlich („transparent“) gefasst sein. Diese Anforderungen bewirken somit fr den rechtmßig handelnden Diens- 81 teanbieter im Ergebnis keine Neuerung oder Mehrbelastung, da er nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundstzen, die der privatrechtlichen Nutzung der Dienste zugrunde liegen („brgerlichrechtlicher Nutzungsvertrag“) ohnehin den dargestellten Anforderungen des BGB zur wirksamen Einfhrung vorformulierter Willenserklrungen (AGB) nach §§ 305 ff. BGB (n.F.) unterliegt. Es kommt auf diese Weise im Ergebnis zu einem Gleichklang der zivilrechtlichen Bestimmungen sowie der datenschutzrechtlichen Verpflichtung nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 TDDSG, die zu einer ausreichend deutlichen Gestaltung der Einwilligung verpflichten. Die wirkliche bzw. zustzliche Belastung des Diensteanbieters nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 TDDSG liegt damit im Wesentlichen darin, dass der Diensteanbieter bei der Nichterfllung nicht nur die Unwirksamkeit der Einwilligung, sondern auch ein Bußgeld nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 TDDSG in Hçhe von bis zu 50 000 Euro riskiert. (3) Protokollierung

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 TDDSG ist es erforderlich, dass der Diensteanbieter 82 die Einwilligung protokolliert. Eine Speicherfrist ist fr diese Protokollierung nicht genannt. Da es sich bei der Einwilligungserklrung grundstzlich um ein Bestandsdatum handelt, ist dieses nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TDDSG nur so lange zu speichern, wie es fr die Begrndung und inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages erforderlich ist. Diese Erforderlichkeit und damit die Speicherfrist endet grundstzlich mit der Beendigung des (privatrechtlichen) Nutzungsverhltnisses. Da der Diensteanbieter aber auch den handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten unterliegt, hat er die Daten je nach Inhalt und Bedeutung der Einwilligung gegebenenfalls um die nach § 257 HGB verlngerte Zeitspanne aufzubewahren. Eine lngere Speicherfrist wird auch nicht durch § 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG bestimmt, wonach der Inhalt der Einwilligung „jederzeit“ durch den Nutzer abgerufen kçnnen werden muss (siehe hierzu sogleich unten). Durch eine solche unbegrenzte Speicherung wrden zum einen die Interessen des Nutzers gefhrdet und in unverhltnismßiger Weise in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Zum anderen wre aber auch der Diensteanbieter „auf Ewigkeiten“ verpflichtet, Daten zu speichern und fr einen Abruf vorzuhalten. Das dies vom Gesetzgeber nicht gewollt war, zeigt die nach der Geset-

Schmitz | 587

Kap. 13 Rz. 83

Datenschutz

zesbegrndung erwnschte „praxisnahe Auslegung“ der Vorschrift mit dem Willen, die Diensteanbieter nicht zu berfordern. 106 c) Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 und Abruf nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG

83 Bei der Einholung der Einwilligungserklrung haben die Anbieter die Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 TDDSG zu beachten. Hiernach ist der Nutzer darauf hinzuweisen, dass er seine Einwilligungserklrung jederzeit mit Wirkung fr die Zukunft widerrufen kann. Die Unterrichtung ist nach Satz 5 zu protokollieren. Die bisherigen Regelungen in § 3 Abs. 5 Satz 4 bis 6 a.F. waren nach Ansicht des Gesetzgebers zur Erfllung der Unterrichtungspflichten des Anbieters und Gewhrleistung „optimaler Datenschutztransparenz“ entbehrlich. Es ist deshalb nicht mehr vorgesehen, dass der Nutzer auf die Unterrichtung verzichten kann und dies ebenfalls zu protokollieren ist, sowie die Einwilligung in den Verzicht nicht als Einwilligung in die Datenverarbeitung nach § 3 Abs. 1 TDDSG gilt. 107 Tatschlich drfte mit dem Wegfall der Regelungen keine Einschrnkung des Datenschutzes oder aber eine wesentliche Rnderung der Rechtslage verbunden sein. 84 Nach§ 4 Abs. 2 Nr. 3 TDDSG ist sicherzustellen, dass „der Inhalt der Einwilligung jederzeit vom Nutzer abgerufen werden kann“. Fr die Form der Anfrage und ihrer Beantwortung ist die elektronische Jbermittlung ausreichend, da keine besondere Form vorgeschrieben ist. Nach Ansicht des Gesetzgebers kommen hierfr insbesondere E-Mail-Verfahren in Betracht, 108 es bestehen aber keine Bedenken hinsichtlich der Vorhaltung anderer Verfahren, wie z.B. vorbereiterer Web-Formulare zur Automatisierung der Bearbeitung. Fr den Diensteanbieter stellt sich allerdings mçglicherweise das Problem, wie streng er die Berechtigung des Anfragenden nachprft. Hier ist auf den Maßstab abzustellen, der bei dem konkreten Vertragsverhltnis grundstzlich zur Authentifizierung gilt. Ist z.B. kein besonderer Zugangsschutz, wie z.B. Passwort o.R. vergeben, erscheint die korrekte Angabe der Nutzerkennung ausreichend zu sein. 85 Die Zeitdauer der Verpflichtung zum Vorhalten der Abrufmçglichkeit bestimmt das Gesetz mit „jederzeit“. Insofern ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Auskunftsdauer bzw. Speicherdauer keine abschließende Regelung in Bezug auf ein wçrtliches bzw. isoliertes Verstndnis von „jederzeit“ treffen wollte, sondern „jederzeit“ auf die Dauer des Vertragsverhltnisses bezog. Hierfr spricht zunchst, dass es sich auch bei der Information ber die Einwilligung um ein Bestandsdatum handelt, dass grundstzlich nach § 5 Abs. 1 nur so lange gespeichert werden darf, wie es fr die Vertragserfllung erforderlich ist. Wrde hinsichtlich der Einwilligungs106 Siehe BT-Drs. 12/6098, S. 28. 107 Siehe BT-Drs. 12/6098, S. 27. 108 Siehe BT-Drs. 12/6098, S. 28.

588 | Schmitz

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer

Rz. 87 Kap. 13

erklrung und der Auskunftspflicht hiervon eine Ausnahme gemacht, etwa weil die jederzeitige und unbegrenzte Auskunftserteilung als „erforderlich“ angesehen wrde, so wrde dies im Ergebnis dazu fhren, dass der Anbieter die gesamten Bestandsdaten fr einen „lckenlosen“ Nachweis unbegrenzt vorhalten msste. Ein solches Verstndnis widerspricht der Gesetzesbegrndung, wonach die Diensteanbieter nicht berfordert werden und ein praxisnahes Verstndnis bei der Auslegung der Vorschrift vorherrschen soll. 109 Mit einer von der Vertragsdauer losgelçsten und damit „ewigen Auskunftsund Speicherfrist“ wre der Diensteanbieter aber unverhltnismßig belastet. Zustzlich wrde aufgrund dieser unbeschrnkten und „ewigen“ Speicherung auch unverhltnismßig in das Recht des Nutzers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Wie bereits hinsichtlich der Speicherfrist der Protokollierung dargestellt, ist wegen des vom Gesetzgeber gewnschten „praxisnahen Verstndnisses der Vorschrift“ und einer verfassungskonformen Auslegung die Auskunftserteilung zeitlich auf die Zeit bis zum Vertragsende beschrnkt. Damit der Nutzer u.U. fr eine gewisse Zeit nach Vertragsbeendigung eine Rechtsverletzung berprfen bzw. der Diensteanbieter einem solchen Vorwurf begegnen kann und um einen Gleichklang mit den sonstigen Bestandsdaten zu erreichen, kann die Auskunftsdauer mit der Vertragsdauer zuzglich der mçglichen handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen nach § 257 HGB bestimmt werden.

2. Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen Die materielle Wirksamkeit der Einwilligung bestimmt sich in zivilrecht- 86 licher Hinsicht nach den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschftslehre des BGB sowie, sofern es sich um vorformulierte Einwilligungserklrungen in AGB handelt, nach den AGB-Regelungen der §§ 305 ff. BGB (vgl. hierzu ausfhrlich Kap. 4 Rz. 115 ff.). Die Einwilligungserklrung muss sich hierbei insbesondere als angemessen im Sinne des § 307 BGB erweisen. Wirksamkeitshindernisse nach dem allgemeinen Zivilrecht kçnnen sich neben der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB insbesondere aus einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB wie insbesondere das gesetzliche Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG ergeben. Diese Regel gilt selbstverstndlich unabhngig davon, ob die Einwilligungserklrung dem AGBRecht der §§ 305 ff. BGB unterfllt. a) Angemessenheit als materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen

Die wirksame Einbeziehung einer AGB-Einwilligung richtet sich insgesamt 87 nach §§ 305 ff. BGB. Die Wirksamkeit von Einwilligungserklrungen innerhalb von AGB ist damit insbesondere in materieller Hinsicht nach § 307 BGB davon abhngig, ob diese ihrem Inhalt nach angemessen ist oder der Nutzer 109 Siehe BT-Drs. 12/6098, S. 28.

Schmitz | 589

Kap. 13 Rz. 88

Datenschutz

abweichend vom gesetzlichen Leitbild unangemessen benachteiligt. Diese Frage wird somit entscheidend durch das Leitbild geprgt, dass das TDDSG bezglich der Einholung von Einwilligungserklrungen hat. Ergnzend kann sich die Unangemessenheit aus einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, wie z.B. das Koppelungsverbot nach § 3 Abs. 4 TDDSG, ergeben. Dieser Verstoß fhrt allerdings allgemein nach § 134 BGB auch bei Individualvertrgen zur Unwirksamkeit und wird deshalb gesondert bei der vorliegenden Darstellung beschrieben. 88 Beabsichtigt ein Anbieter, in seinen AGB oder durch Vorgabe vorformulierter Erklrungen Einwilligungen seiner Kunden einzuholen, so sind diese nach der Rechtsprechung nach § 307 BGB (§ 9 AGBG a.F.) unwirksam, wenn sie von dem gesetzlichen Leitbild unangemessen bzw. grob benachteiligend abweichen. Wie das sog. „Telefonwerbung-VI-Urteil“ des BGH 110 zur formularmßig erklrten Einwilligung in die Verwendung von Bestandsdaten bei Girokonten-Vertrgen zeigt, ist die Einholung von zustzlichen vorformulierten Einwilligungen selbst dann nicht ohne weiteres wirksam, wenn der Nutzer die Einverstndniserklrung gesondert unterschreibt. 111 Diese Rechtsprechung (zum AGB-Recht) berzeugt mit diesem zu strengen Ergebnis zwar nicht, weil das Selbstbestimmungsrecht der Nutzer in unzulssiger und „bevormundender“ Weise eingeschrnkt wird. 112 Selbst der Gesetzgeber des TDDSG geht davon aus, dass der Nutzer das Recht auf solche Einwilligungserklrungen hat und diese durchaus im Interesse des Nutzers liegen. 113 Der BGH hat nunmehr auch zur wettbewerbsrechtlichen Stçrung (§ 1 UWG a.F.) im Rahmen zur Einwilligung in die sog. „Werbetelefonie“ entschieden, dass die Einwilligung konkludent durch das Aufrechterhalten einer werbefinanzierten und damit unentgeltlichen Telefonverbindung erfolgen kann. 114 Insofern scheint der BGH angemessen die Interessen der Beteiligten zu bercksichtigen und die Anforderungen an die Form der Einwilligungserklrung anzupassen. 89 Bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Einwilligung bei Telediensten bzw. elektronischen Marktpltzen ist damit entscheidend, inwiefern diese dem Leitbild des TDDSG entspricht. Der Gesetzgeber ist grundstzlich davon ausgegangen, dass die Einholung von Einwilligungen generell vom TDDSG vorgesehen ist und damit dem Leitbild des TDDSG sowie dem Interesse des Nutzers an der Gestaltung der Dienste nach seinem persçnlichen Interesse entspricht. So hat der Gesetzgeber in der Neufassung des TDDSG zwar die bislang in § 5 Abs. 2 TDDSG (a.F.) vorgesehene Einwilligung in die 110 BGH NJW 2000, 2677; vgl. auch Lettl, NJW 2001, 42; Spindler/Schmitz/Geis/

Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 18. 111 BGH NJW 1999, 1864. 112 Schmitz, DuD 2001, 395, 397; Schmitz, in: Schuster, Vertragshandbuch Teleme-

dia, S. 157; Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 18. 113 Vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 29. 114 BGH, Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 227/99.

590 | Schmitz

IV. Vorformulierte Einwilligung der Nutzer

Rz. 91 Kap. 13

Verarbeitung von Bestandsdaten zu Zwecken der Werbung gestrichen. Dies ist nach der Aussage des Gesetzgebers aber nur deshalb erfolgt, weil er generell gem. § 3 Abs. 1 TDDSG davon ausgegangen ist und deutlich machen wollte, dass die Einholung von Einwilligungen generell sach- und interessengerecht ist und es deshalb zur Vermeidung von Irritationen keiner weiteren gesetzlichen Erlaubnis zur Einholung von Einwilligungen in den einzelnen Erlaubnistatbestnden bedarf (§§ 5, 6 ff. BDSG). Teilweise war nmlich aus diesen „Sonderregelungen“ zur Einwilligung geschlossen worden, dass diese abschließend seien. Dieser Auffassung wollte der Gesetzgeber durch die „Streichung“ dieser Sonderregelung eine Absage erteilen. Als Ergebnis ergibt sich deshalb, dass hinsichtlich der bislang im TDDSG 90 ausdrcklich vorgesehenen Einwilligungsoptionen keine unangemessene Benachteiligung und Abweichung vom gesetzlichen Leitbild zu sehen ist und diese Einwilligungen damit blicherweise zulssig sind, wenn sich keine besonderen Grnde fr eine Unangemessenheit zeigen. 115 Auch nach dem Wegfall der ausdrcklichen „Einwilligungsoptionen“ entspricht das Einholen dieser Einwilligung nach der ausdrcklichen Auffassung des Gesetzgebers dem gesetzlichen Leitbild des TDDSG, 116 so dass Einwilligungen auch im Falle einer Vorformulierung nach § 307 BGB zivilrechtlich wirksam eingeholt werden kçnnen, wenn sich nicht im Ausnahmefall aus ihrem besonderen Inhalt eine unangemessene Benachteiligung ergibt. Dies entspricht auch dem Grundverstndnis des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung, das ja gerade die Dispositionsbefugnis des Brgers (Nutzers) schtzen und nicht einengen mçchte. b) Koppelungsverbot (§ 3 Abs. 4 TDDSG)

Bei der Einholung einer Einwilligung des Kunden innerhalb von AGB- oder In- 91 dividualklauseln hat der Anbieter das nunmehr in § 3 Abs. 4 TDDSG geregelte Koppelungsverbot zu beachten. Inhaltlich haben sich keine Rnderungen zur bisherigen Fassung nach § 3 Abs. 3 TDDSG a.F. ergeben. Nach § 3 Abs. 4 TDDSG darf ein Telediensteanbieter „die Erbringung von Telediensten nicht von einer Einwilligung des Nutzers in eine Verarbeitung oder Nutzung seiner Daten fr andere Zwecke abhngig machen, wenn dem Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Telediensten nicht oder in nicht zumutbarer Weise mçglich ist“. Dieses Koppelungsverbot bestimmt nach seinem Wortlaut „der Diensteanbieter darf ... nicht“ ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB. 117 Ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot fhrt damit zivilrechtlich zur Unwirksamkeit der Einwilligungserklrung. Zustzlich stellt ein Verstoß gegen dieses Verbot eine Ordnungswidrigkeit nach § 9 Nr. 1 TDDSG dar. 115 Vgl. Schmitz, DuD 2001, 395, 397; Schmitz, in: Schuster, Vertragshandbuch Tele-

media, S. 157. 116 BT-Drs. 14/6098, S. 29. 117 Palandt/Heinrichs, § 134 BGB Rz. 6 ff.

Schmitz | 591

Kap. 13 Rz. 92

Datenschutz

92 Das Koppelungsverbot soll die freie und eigenstndige Willensbettigung des Nutzers bei der Einwilligung schtzen 118 und somit verhindern, dass aus dem Wunsch zur Nutzung eines Teledienstes ein Zwang resultiert, in weitere Verarbeitungszwecke einzuwilligen. Das Verbot, die Nutzung „von der Einwilligung abhngig zu machen“, beinhaltet, dass der Anbieter den Zugang auch dann anbieten oder gewhren muss, wenn der Nutzer nicht in zustzliche Zwecke einwilligt. 119 Soweit das Koppelungsverbot eingreift, muss der Anbieter deshalb einen Zugang sowohl mit als auch ohne Einwilligung in weitere Verarbeitungszwecke anbieten. 120 Diese Pflicht kann bereits bestehen, wenn der Anbieter z.B. nach § 5 Abs. 2 TDDSG eine Einwilligung einholen mçchte, um Bestandsdaten fr Zwecke der Werbung, Marktforschung oder das bedarfsgerechte Ausgestalten der Teledienste oder andere Formen der Werbung zu verarbeiten. 93 Inhalt und Reichweite des Koppelungsverbotes sind in der Literatur umstritten gewesen. Nach dem Wortlaut findet das Koppelungsverbot nur Anwendung, wenn dem Nutzer „ein anderer Zugang zu diesen Telediensten nicht oder in nicht zumutbarer Weise mçglich ist. Die weitergehende Einschrnkung des Koppelungsverbots auf den „Missbrauch einer Monopolstellung“ ergibt sich allerdings aus einer Auslegung der Vorschrift nach dem historischen Willen des Gesetzgebers sowie dem Sinn der Vorschrift. Dieses Verstndnis entspricht dem Grundgedanken des verfassungsrechtlich geschtzten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Aus diesem Recht erwchst die Befugnis, selbst ber die Preisgabe und Verwendung seiner Daten bestimmen zu kçnnen. Diese Selbstbestimmung setzt die „Entscheidungsfreiheit“ des Betroffenen ber die vorzunehmenden oder zu unterlassenden Handlungen voraus. 121 Das Koppelungsverbot ist deshalb nur erforderlich, wenn durch das Einwilligungsverlangen die Entscheidungsfreiheit des Betroffenen unzulssig beschrnkt wird. Diese Entscheidungsfreiheit erscheint nicht beeintrchtigt, soweit der Nutzer weitere Mçglichkeiten hat, entsprechende Dienste zu nutzen und somit nicht grundstzlich von einem einzigen Anbieter abhngig ist. Fr die Anwendbarkeit des Koppelungsverbotes ist darauf abzustellen, ob es eine andere Zugangsmçglichkeit zu der Gattung des fraglichen Dienstes gibt. Soweit hnliche Dienste der Gattung vom gleichen oder anderen Anbietern angeboten werden, ist ein anderer Zugang zu entsprechenden Diensten mçglich und zumutbar, so dass das Koppelungsverbot nicht eingreift. Im Ergebnis greift das Koppelungsverbot deshalb nur ein, wenn ein Anbieter fr eine Angebotsgattung eine Monopolstellung besitzt. 122 Zur Bestimmung eines sol118 BT-Drs. 13/7385, S. 22; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 119 120 121 122

2987. Vgl. dazu Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2987. So auch Roßnagel/Dix, § 5 TDDSG Rz. 54. BVerfGE 65, 1, 42. Vgl. dazu Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Neue gesetzliche Rahmenbedingungen fr Multimedia, 25; Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 3 TDDSG Rz. 39.

592 | Schmitz

V. Wahlmçglichkeiten des Kunden

Rz. 97 Kap. 13

chen Missbrauchs kann sinngemß auf die einschlgigen Vorschriften des GWB zurckgegriffen werden. 123

V. Wahlmçglichkeiten des Kunden Das TDDSG gewhrt dem Kunden/Nutzer eine Wahlmçglichkeit hinsicht- 94 lich des Einzelnachweises bei Abrechnungsdaten sowie der anonymen oder pseudonymen Nutzung und Bezahlung der Dienste. Die Gewhrung dieser Wahlmçglichkeiten durch das Gesetz begrndet eine Pflicht des Anbieters, dem Kunden die entsprechenden Optionen zu erçffnen. Der Anbieter muss deshalb sein Angebot und sein System so ausrichten, dass er die Wahlmçglichkeit anbieten und abbilden kann.

1. Einzelnachweis Der Kunde kann nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 TDDSG einen Einzelnach- 95 weis hinsichtlich der Abrechnung whlen. Die Abrechnungsdaten kçnnen dann Anbieter, Zeitpunkt, Dauer, Art, Inhalt und Hufigkeit der vom Nutzer in Anspruch genommenen Inhalte erkennen lassen. Diese Daten drfen gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2 TDDSG nur innerhalb einer Frist von 80 Tagen ab Versendung des Einzelnachweises gespeichert werden. 124 Eine lngere Speicherung ist nur zulssig, wenn der Kunde die Entgeltforderung innerhalb dieser Frist bestreitet oder trotz Zahlungsaufforderung nicht begleicht (vgl. ausfhrlich Rz. 119 ff.). Wesentlich bei der Wahlmçglichkeit des Einzelnachweises ist, dass das Ge- 96 setz keine ausdrckliche Pflicht des Anbieters zur Erstellung eines solchen Nachweises vorsieht. Nach den Grundstzen des allgemeinen Zivilrechts wird der Nutzer allerdings aus Treu und Glauben einen entsprechenden Nachweis verlangen kçnnen.

2. Anonyme oder pseudonyme Bezahlung und Nutzung Nach § 4 Abs. 1 TDDSG hat der Diensteanbieter dem Nutzer die Bezahlung 97 der Dienste anonym oder unter Pseudonym zu ermçglichen, soweit dies technisch mçglich und zumutbar ist (vgl. Rz. 57). Soweit dies zumutbar ist, muss der Anbieter dem Kunden bei der Vertragsbegrndung zumindest auf Verlangen eine entsprechende Option bzw. Gestaltung einrumen. Die in § 4 Abs. 1 TDDSG ebenfalls vorgesehene Verpflichtung des Diensteanbieters, die Nutzung seiner Dienste auch anonym oder pseudonym zu ermçglichen, kann 123 Vgl. z.B. § 19 GWB. 124 Im Rnderungsentwurf ist eine Frist von 6 Monaten ab Versendung des Einzel-

nachweises geplant.

Schmitz | 593

Kap. 13 Rz. 98

Datenschutz

der Anbieter technisch nur in der Weise erfllen, dass er die anonyme oder pseudonyme Nutzung seiner Dienste durch den Kunden zulsst. Diese Verpflichtung steht allerdings unter der Voraussetzung der Zumutbarkeit. An der Zumutbarkeit fr die anonyme oder pseudonyme Nutzung fehlt es regelmßig bei elektronischen Marktpltzen, da der Geschftszweck der Teilnahme an einem elektronischen Marktplatz zur Gewhrung der Sicherheit aller Beteiligten in der Regel die Identifizierbarkeit der Nutzer erfordert, auch wenn der Marktplatzbetreiber die Identitt nicht selbst berprfen muss (vgl. Kap. 5 Rz. 91). Ohne Offenlegung der Identitt kçnnen die Vertragspartner sowie der Marktplatzbetreiber nicht effektiv ihre vertraglichen Rechte auf Leistung (Lieferung oder Bezahlung), Gewhrleistungsrechte oder Unterlassungs- bzw. Berichtigungsansprche bei den Kundenbeurteilungen durchsetzen (vgl. Rz. 110 ff.). Da eine isolierte anonyme oder pseudonyme Bezahlmçglichkeit (z.B. durch bar bezahlte Prepaidkarten, Zahlungsvermittlung durch Dritte usw.) keinen Sinn macht, wenn der Nutzer bereits bezglich der Nutzung identifizierbar ist, besteht regelmßig keine Verpflichtung, die anonyme oder pseudonyme Bezahlung anzubieten.

VI. Datenverarbeitung im Ausland 98 Elektronische Marktpltze werden oftmals mit einem grenzberschreitenden Angebot oder mittels einer Datenverarbeitung an mehreren Standorten im Ausland angeboten und betrieben. Sowohl die Datenverarbeitung des Marktplatzbetreibers als auch die der geschftsmßig handelnden Nutzer kann deshalb Auslandsber hrung aufweisen. Im ersten Fall ist die Datenverarbeitung im Ausland Gegenstand des Nutzungsvertrages und dient damit unmittelbar dem Vertragszweck. Im zweiten Fall ist die Datenverarbeitung im Ausland nicht unmittelbar vom Vertragszweck geboten, sondern hat in der Regel organisatorische Grnde, die intern den Anbieter des Marktplatzes betreffen. 99 Bei der Feststellung einer Auslandsberhrung und dem anwendbaren Recht ist vom Ort der Datenverarbeitung auszugehen, an dem die Datenverarbeitung durch die verantwortliche Stelle erfolgt. Zudem ist der Sitz der verantwortlichen Stelle entscheidend. Ist dieser Sitz in Deutschland begrndet oder erfolgt eine Verarbeitung der Daten in Deutschland, ist aus der Sicht des nationalen Deutschen Datenschutzrechtes der Anwendungsbereich nach § 1 TDDSG, § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG erçffnet und bedarf die Datenverarbeitung damit einer gesetzlichen Erlaubnis oder die Einwilligung des Nutzers. Ist der Sitz in einem anderen Land begrndet oder erfolgt dort eine Datenverarbeitung, ist die Datenverarbeitung entsprechend den nationalen Gesetzen dieses Staates zu beurteilen. Dies fhrt grundstzlich dazu, dass ein international operierender Anbieter oder Nutzer je nach seinem Sitz und dem Standort seiner Datenverarbeitung die nationalen Datenschutz594 | Schmitz

VI. Datenverarbeitung im Ausland

Rz. 102 Kap. 13

regelungen aller Lnder zu beachten hat, in denen er seinen Sitz hat oder er çrtlich eine Datenverarbeitung ausfhrt. Das Herkunftslandprinzip ist nach § 4 Abs. 3 Nr. 10 TDG fr den Bereich 100 des Datenschutzes ausgeschlossen. Auch soweit die Datenverarbeitung innerhalb der EU erfolgt, muss der Anbieter damit alle einzelnen nationalen Datenschutzregelungen der Lnder beachten, an denen er seinen Sitz hat oder Datenverarbeitungsvorgnge ausfhrt. Allerdings sind die Datenschutzregelungen innerhalb der EU harmonisiert. Nach der maßgeblichen EU-Datenschutzrichtlinie 125 (Richtlinie Nr. 95/46/EG v. 24.10.1995), die durch alle EU-Staaten umzusetzen war, ist nach dem jeweils anwendbaren Recht eines EU-Staates die Datenverarbeitung innerhalb der EU wie eine nationale Datenverarbeitung anzusehen und unterliegt damit keinen Zulssigkeitseinschrnkungen in Ansehung der Jbermittlung von Daten innerhalb der EU. Auch wenn die verarbeitende Stelle bei einer Verarbeitung in mehreren Lndern der EU damit formal der Geltung eines jeden EU-Landes unterworfen ist, sind die Regelungen im praktischen Ergebnis harmonisiert und ist die Datenverarbeitung nach dem jeweils anzuwendenden nationalen Recht hinsichtlich der Jbermittlung von Daten in anderen EU-Lndern keiner Einschrnkung unterworfen. Es wre deshalb denkbar und nahe liegend gewesen, dass der Datenschutz nicht vom Anwendungsbereich des § 4 TDG und damit vom Herkunftslandprinzip ausgenommen wird. Die nachfolgende Darstellung zur Zulssigkeit der Datenverarbeitung mit 101 Auslandsberhrung nimmt die Sicht ein, die sich nach deutschem Datenschutzrecht und damit aufgrund der Harmonisierung nach der EU-Datenschutzrichtlinie nach den jeweils maßgeblichen nationalen Datenschutzregelungen innerhalb der EU ergibt. Die Zulssigkeit dieser Datenbertragung wird durch § 4b und § 4c BDSG geregelt, der die hierzu durch die EU-Datenschutzrichtlinie getroffene Regelung umsetzt. Hiernach ist zwischen der Datenbertragung innerhalb von Mitgliedstaaten der EU und an sog. „Drittstaaten“ zu unterscheiden. Nach dem BDSG und der EU-Datenschutzrichtlinie bildet auch die vertragliche Selbstverpflichtung des Vertragspartners eine wesentliche Mçglichkeit, um die Zulssigkeit der Datenbermittlung in „unsichere“ Drittstaaten (Staaten ohne angemessenes Datenschutzniveau im Sinne des § 3 Abs. 2 BDSG) zu erreichen. Hierzu hat die Kommission sog. „Standardvertragsklauseln“ beschlossen, die ein ausreichendes Schutzniveau sicherstellen sollen. Daneben ist selbstverstndlich auch immer die (wirksame) Einwilligung des betroffenen Nutzers ausreichend. Im Eberblick lsst sich voranstellen, dass der Marktplatzbetreiber und die 102 Nutzer ihre Daten ohne besondere Schranken innerhalb der EU und innerhalb von sog. „sicheren Drittstaaten“ nach § 4b Abs. 2 BDSG austauschen kçnnen. Eine Jbermittlung außerhalb der EU und von sicheren Drittstaa125 Abl. EG Nr. L 281 v. 23.11.1995, 31 ff.

Schmitz | 595

Kap. 13 Rz. 103

Datenschutz

ten ist außerdem gem. § 4c Nr. 3 BDSG zulssig, soweit die Jbermittlung der Daten zur Vertragserfllung im Interesse des Nutzers erfolgt, um sein Angebot z.B. auch auf auslndischen Plattformen verfgbar zu machen. Erfolgt die Datenbermittlung in einen unsicheren Drittstaat ausschließlich im innerbetrieblichen Interesse des Jbermittlers (Marktplatzbetreibers oder Anbieters), kann er die Zulssigkeit insbesondere durch die Vereinbarung sog. Standardvertragsklauseln nach § 4c Abs. 2 BDSG herbeifhren. Er braucht in diesem Fall nicht die Einwilligung der Betroffenen (Kunden) einholen, die eine Zulssigkeit der Jbermittlung ebenfalls begrnden kann.

1. Verarbeitung innerhalb der EU 103 Soweit die Verarbeitung der EU-Datenschutzrichtlinie unterfllt, wovon bei dem Angebot von Telediensten und elektronischen Marktpltzen i.d.R. auszugehen ist, gilt § 4b Abs. 1 BDSG. Hiernach ist die Jbermittlung von personenbezogenen Daten in andere Mitgliedstaaten der Europischen Union, in andere Vertragsstaaten des Abkommens ber den Europischen Wirtschaftsraum oder der Organe und Einrichtungen der Europischen Gemeinschaften zulssig, soweit dies nach den (allgemeinen) Regeln fr die Verarbeitung durch çffentliche Stellen (§§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 BDSG) und fr nichtçffentliche Stellen (§§ 28 bis 30 BDSG) erlaubt ist. Die Zulssigkeit der Datenbermittlung ist im Anwendungsbereich der EU-Datenschutzrichtlinie somit ohne Einschrnkungen alleine an die fr die Jbermittlung im Inland geltenden Regelungen geknpft. Hierdurch soll ein ungehinderter Datenfluss innerhalb der EU erreicht werden. 126

2. Verarbeitung außerhalb der EU 104 Die Jbermittlung von Daten an Stellen in Drittstaaten richtet sich nach § 4b Abs. 2 Satz 1 BDSG und ist unzulssig, wenn der Betroffene (Nutzer) ein schutzwrdiges Interesse an dem Ausschluss der Jbermittlung hat, insbesondere, wenn bei dem Empfnger der Daten ein angemessenes Schutzniveau nicht gewhrleistet ist. Die Angemessenheit orientiert sich anhand der Kriterien des § 4b Abs. 3 BDSG. Die Regelung folgt damit der EU-Datenschutzrichtlinie. Ist kein hinreichender Datenschutz gewhrleistet und greift auch die weitere Ausnahmeregelung nach § 4c BDSG nicht ein, ist die Jbermittlung unzulssig. § 4c BDSG erlaubt als „Ausnahmen“ auch bei einem nicht angemessenen Schutzniveau die Jbermittlung insbesondere, wenn der Betroffene in die Datenbermittlung „zweifelsfrei“ eingewilligt hat oder diese zur Erfllung eines Vertrages mit dem Betroffenen erforderlich ist.

126 Vgl. auch Gola/Schomerus, § 4b BDSG Nr. 2.

596 | Schmitz

VI. Datenverarbeitung im Ausland

Rz. 107 Kap. 13

a) Sicherer Drittstaat

Nach Art. 26 Abs. 4 der EU-Datenschutzrichtlinie kann die Kommission 105 mit Untersttzung eines Ausschusses, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, Drittstaaten bestimmen, die aufgrund der dort geltenden Regelungen ber ein angemessenes Schutzniveau verfgen. Die Zulssigkeit der Datenbermittlung an Unternehmen in der Schweiz, Ungarn, Kanada sowie Unternehmen in den Vereinigten Staaten, die sich auf die Grundstze des „sicheren Hafens“ des US-Handelsministeriums „Save Harbor Principles“ verpflichtet haben (siehe IP/09/865), wurde festgestellt, so dass die Jbermittlung an Stellen (Unternehmen) in diesen Staaten nach den sonstigen Regelungen des TDDSG und § 4b Abs. 2 BDSG zulssig ist. b) Save-Harbour-Principles

Diese generelle Zulssigkeit gilt fr Unternehmen oder Stellen in den USA 106 nur, wenn sich das betreffende Unternehmen zur (freiwilligen) Einhaltung der sog. „Save Harbor Principles“ verpflichtet hat. Dieser Safe-Harbor-Mechanismus ist – basierend auf der Entscheidung der Europischen Kommission vom 26.7.2000 – nunmehr operativ. Damit kçnnen sich die Unternehmen, die sich den umfangreichen Selbstverpflichtungen nach dem Safe-Harbor-Modell unterziehen wollen, jetzt in die Liste auf der Website des US-Handelsministeriums eintragen. Die Teilnahme am „sicheren Hafen“ ist freiwillig, die Bestimmungen sind jedoch fr diejenigen US-Unternehmen, die beschließen, sich zu beteiligen, bindend. Die Einhaltung der Bestimmungen wird gewhrleistet, indem der Federal Trade Commission (FTC) bzw. (im Falle von Luftfahrtgesellschaften) dem US-Verkehrsministerium die Befugnis zu deren Durchsetzung bertragen wird. Als Rechtsfolge ergibt sich nach § 4 Abs. 2 BDSG, dass die Zulssigkeit von Datenbermittlungen an diese Unternehmen nicht mehr aus Grnden mangelnden Datenschutzes im Empfngerland scheitern kann. Sowohl die EU-Brger, deren Daten an amerikanische Firmen weitergegeben werden, als auch die bermittelnde Stelle gewinnen damit Rechtssicherheit, dass die Jbermittlung zulssig ist und die Daten vorschriftsmßig verwendet werden. 127 c) Lnder ohne angemessenes Schutzniveau

Soweit es sich um die Datenbertragung in Lnder handelt, fr die kein aus- 107 reichendes Schutzniveau festgestellt wurde, ist diese nur unter den besonderen Bedingungen des § 4c BDSG zulssig. Die Zulssigkeit kann sich entweder nach dem Zulssigkeitskatalog des § 4c Abs. 1 BDSG oder aber nach § 4c Abs. 2 BDSG ergeben, wenn entweder der Vertragspartner ausreichende Datenschutzgarantien abgibt und die zustndige Aufsichtsbehçrde die Eber127 Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 1 TDDSG Rz. 49.

Schmitz | 597

Kap. 13 Rz. 108

Datenschutz

mittlung genehmigt oder aber der Vertragspartner sich auf die von der EU verabschiedeten Standardvertragsklauseln verpflichtet. Nach § 4c Abs. 1 BDSG ist die Jbermittlung in Drittstaaten ohne angemessenes Schutzniveau zulssig, wenn – die betroffene Person ohne jeden Zweifel ihrer Einwilligung zu der geplanten Jbermittlung gegeben hat oder – die Jbermittlung fr die Erfllung eines Vertrags zwischen der betroffenen Person und dem fr die Verarbeitung Verantwortlichen oder zur Durchfhrung von vorvertraglichen Maßnahmen auf Antrag der betroffenen Person erforderlich ist oder – die Jbermittlung zum Abschluss oder zur Erfllung eines Vertrags erforderlich ist, der im Interesse der betroffenen Person vom fr die Verarbeitung Verantwortlichen mit einem Dritten geschlossen wurde oder geschlossen werden soll, oder – die Jbermittlung entweder fr die Wahrung eines wichtigen çffentlichen Interesses oder zur Geltendmachung, Ausbung oder Verteidigung von Rechtsansprchen vor Gericht erforderlich oder gesetzlich vorgeschrieben ist oder – die Jbermittlung fr die Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist oder – die Jbermittlung aus einem Register erfolgt, das gemß den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Information der Iffentlichkeit bestimmt ist und entweder der gesamten Iffentlichkeit oder allen Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen kçnnen, zur Einsichtnahme offen steht, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen fr die Einsichtnahme im Einzelfall gegeben sind. – Soweit die Jbermittlung der Daten in das Nicht-EU-Ausland im Interesse des Nutzers erfolgt, um sein Angebot auch auf auslndischen Plattformen verfgbar zu machen, ergibt sich die Zulssigkeit der Datenverarbeitung regelmßig gem. § 4c Nr. 3 BDSG aus dem Merkmal der Erf llung des Vertrages oder zur Vermittlung eines Vertrages im Interesse des Marktplatznutzers. Der Vertragszweck liegt regelmßig genau darin, dass ein Angebot des Nutzers als Anbieter einer Leistung auch auf Plattformen des Marktplatzbetreibers im Nicht-EU-Ausland verfgbar ist und entsprechende Vertragsabschlsse auch im Ausland vermittelt werden. d) Standardvertragsklausel

108 Nach § 4c Abs. 2 Satz 1 BDSG ist die Jbermittlung auch ohne die Erfllung der Zulssigkeitsvoraussetzungen nach § 4c Abs. 1 BDSG zulssig, wenn die dort datenverarbeitende Stelle „ausreichende Garantien“ hinsichtlich des 598 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 111 Kap. 13

Schutzes des Persçnlichkeitsrechts und der Ausbung der damit verbundenen Rechte vorweist und die zustndige Aufsichtsbehçrde die Jbermittlung genehmigt. Einer solchen Genehmigung bedarf es nach Art. 26 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 2 EU-Datenschutzrichtlinie nicht, wenn sich die datenverarbeitende Stelle auf sog. Standardvertragsklauseln verpflichtet. 128 Entsprechende Standardvertragsklauseln hat die Kommission mit ihrer Entscheidung vom 15.6.2002 festgelegt und im Amtsblatt Abl. L 181 v. 4.7.2002, S. 19 ff. verçffentlicht. Das betreffende Unternehmen muss sich insbesondere dazu verpflichten, die „verbindlichen Datenschutzgrundstze im Sinne von Klausel 5 Buchstabe b) Absatz 1 der Standardvertragsklauseln“ einzuhalten, die das angemessene Schutzniveau garantieren sollen. Praktisch gesehen ist die Vereinbarung von solchen Standardvertragsklau- 109 seln fr die Zulssigkeit der Datenbermittlung in das Nicht-EU-Ausland insbesondere fr Flle von Bedeutung, in denen die Jbermittlung nicht bereits nach § 4c Nr. 3 BDSG im Interesse des Nutzers und durch den Vertragszweck begrndet, sondern aus betrieblichen Gr nden des Marktplatzbetreibers oder Anbieters erfolgt.

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung des Vertragsverhltnisses und der Datenverarbeitung Die datenschutzgerechte Gestaltung von Vertrgen und insbesondere von 110 Allgemeinen Geschftsbedingungen hat mehrere Ziele zu verfolgen. Zum einem haben der Anbieter und der Nutzer selbstverstndlich ein Interesse daran, das Vertragsverhltnis nach ihren Wnschen anzupassen. Soweit hierbei Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild erfolgen, handelt es sich regelmßig aus zivilrechtlicher Sicht um AGB-Klauseln, die den Einbeziehungsund Wirksamkeitskontrollen der §§ 305 ff. BGB unterliegen (siehe ausfhrlich Kap. 4 Rz. 115 ff.). In datenschutzrechtlicher Hinsicht sind die Vorgaben aus TDDSG und BDSG ber die Einwilligung in zustzliche Zwecke der Datenverarbeitung zu beachten. Die datenschutzgerechte Gestaltung von Vertrgen und allgemeinen Geschftsbedingungen hat außerdem die Vorgaben des Datenschutzrechtes zur Ausgestaltung der Vertrge und den Wahlrechten der Nutzer hinsichtlich des Einzelnachweises und der anonymen oder pseudonymen Nutzung zu beachten (siehe hierzu bereits Rz. 56 ff.). Die Zulssigkeit der Datenverarbeitung ist von dem konkreten Angebot und 111 der vertraglichen Ausgestaltung abhngig. Die nachfolgende Darstellung beschreibt die Ausgestaltung des Vertragsverhltnisses und der Datenverarbeitung bei typischen elektronischen Marktpltzen, die keine Business-to-Business-Plattform bilden. Die Darstellung geht von einem Marktplatz aus, bei 128 Gola/Schomerus, § 4c BDSG Rz. 8.

Schmitz | 599

Kap. 13 Rz. 112

Datenschutz

dem gewerbliche oder private Anbieter vornehmlich private oder kleingewerbliche Kufer suchen. Die wesentlichen Kernpunkte der Nutzung und des Vertragsverhltnisses lassen sich wie folgt beschreiben (siehe ausfhrlich Kap. 1 Rz. 1, Kap. 4 Rz. 3 ff., Kap. 5). Die Nutzer mssen sich registrieren und jeweils mit einem Benutzernamen sowie Passwort anmelden, wenn sie auf dem Marktplatz handeln wollen. Die Anmeldung selbst ist kostenlos, das Einstellen von Angeboten wird mit einem jeweils einmaligen Entgelt berechnet. Jeder Nutzer kann nach einer Transaktion eine Bewertung ber seinen Vertragspartner abgegeben, die fr die anderen Nutzer einsehbar ist. Die Anzahl der bereits gettigten Transaktionen wird jeweils angezeigt. 112 Ausgehend von dieser Ausgestaltung der Anbieter- und Nutzungsverhltnisse ist zur bersichtlichen Darstellung der Datenverarbeitung zwischen den einzelnen Vertrags- und Nutzungsverhltnissen zu unterscheiden. Diese werden gebildet durch das Vertragsverhltnis zwischen dem Betreiber (z.B. die bekannten Auktionsplattformen) und dem Nutzer (als Anbieter oder Nachfrager) sowie zwischen den Nutzern untereinander sowie zwischen dem Marktplatzbetreiber und Dritten (z.B. Hersteller, Jberwachungsbehçrden) und den Nutzern und Dritten (z.B. Hersteller, Jberwachungsbehçrden). Die Einordnung eines Marktplatzanbieters, der nicht nur den Marktplatz, sondern auch die Angebote des Marktplatzes bereitstellt (z.B. die typischen „Online-Versandhuser“), ergibt sich aus einer Kombination als Anbieter der Online-Plattform nebst mçglicher Registrierung zur Nutzung sowie dem Angebot als Anbieter der Leistungen im Verhltnis zum Nutzer.

1. Typische Ausgestaltung der Datenverarbeitung Betreiber – Nutzer 113 Das typische Vertragsverhltnis zwischen dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes und dem Nutzer wird durch zwei Nutzungsmçglichkeiten bestimmt. Zum einen kann der Nutzer ohne Registrierung Angebote von Anbietern aufrufen und vergleichen. In diesem Fall sind keine Bestands- oder Abrechnungsdaten zu erheben. Als Nutzungsdaten drfen nur die fr die Nutzung zwingend erforderliche IP-Adresse des Nutzers sowie seine Anfragen whrend der Nutzungsdauer verarbeitet werden. Die Informationen ber die abgerufenen Inhalte drfen nicht gespeichert werden, die IPAdresse darf nicht ber das Ende der Nutzung hinaus gespeichert werden. Im Falle der Registrierung des Nutzers mit der Eingehung eines entsprechenden Vertragsverhltnisses gilt Folgendes: a) Erhebung der Bestandsdaten

114 Die datenschutzrechtliche Zulssigkeit der Verarbeitung von Bestandsdaten richtet sich gem. § 5 TDDSG nach der Erforderlichkeit fr das Vertragsverhltnis. Da bei elektronischen Marktpltzen die Nutzung auf das Angebot und die Abwicklung von Waren- und Dienstleistungstransaktio600 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 118 Kap. 13

nen gerichtet ist, muss der Betreiber des entgeltlichen Marktplatzes typischerweise den Nutzer mit Name und Anschrift sowie seiner Bankverbindung erheben. Zustzlich ist typischerweise eine Nutzerkennung sowie ein Passwort des Nutzers zu erheben und zu speichern. Darber hinaus kçnnen die Nutzer typischerweise weitere Standardeinstellungen fr die Angebote oder Transaktionen vorgeben, wie z.B. Zahlungsweise, Kreditkarteninformationen, Angaben zur Lieferadresse usw. b) Datenerhebung bei Nutzung

Nutzungsdaten betreffen gem. § 6 Abs. 1 TDDSG die Daten, die fr die Nut- 115 zung des Dienstes erforderlich sind. Typischerweise fallen als Nutzungsdaten whrend der Nutzung des elektronischen Marktplatzes die Registrierungsdaten des Nutzers an, die neben seiner Benutzerkennung und seinem Passwort auch die von ihm verwendete IP-Adresse umfasst. Als Nutzungsdaten fallen außerdem die Daten der Inhalte an, die der Nutzer abruft oder einstellt, einschließlich mçglicher Gebote, Eingaben ber Bewertungen anderer Nutzer usw. Diese Nutzungsdaten drfen gem. § 6 Abs. 1 TDDSG i.V.m. § 3 Abs. 1 116 TDDSG nur ber den Nutzungsvorgang und insbesondere das Ende der Verbindung hinaus gespeichert werden, wenn sie weiterhin zur Nutzung bzw. ber das Ende der Verbindung hinaus erforderlich sind oder andere Erlaubnistatbestnde des Gesetzes die Verarbeitung erlauben. Als Erlaubnis fr die weitere Speicherung der Nutzungsdaten ber das Ende der Verbindung hinaus kçnnen insbesondere die Einwilligung des Nutzers oder aber Abrechnungszwecke sowie die steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten dienen. Sobald der Nutzungsvorgang abgeschlossen ist und der Nutzer keine Einwil- 117 ligung in die weitere Speicherung seiner Nutzungsdaten gegeben hat, mssen die Nutzungsdaten damit gelçscht werden, sofern sie nicht fr Abrechnungszwecke oder zur Erfllung der steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten erforderlich sind. Da nach § 6 Abs. 6 TDDSG die Abrechnung die Inanspruchnahme der einzelnen Dienste und die Hufigkeit der Nutzung nicht ausweisen darf, sofern der Nutzer keinen Einzelnachweis gem. § 6 Abs. 7 TDDSG verlangt hat, sind damit die einzelnen Nutzungsdaten regelmßig nach Beendigung des Nutzungsvorgangs zu lçschen. Die steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten orientieren sich insofern an den zur Abrechnung erforderlichen Daten (siehe hierzu sogleich Rz. 119 ff.). Eine Speicherung der angebotenen oder gekauften Waren eines Nutzers 118 nach Ablauf der Auktionen bzw. Transaktionen ist damit in aller Regel nur zulssig, wenn der Kunde in diese weitere Speicherung eingewilligt hat. Da diese Speicherung zahlreiche Komfort- und Auswertungsmçglichkeiten fr Schmitz | 601

Kap. 13 Rz. 119

Datenschutz

den Nutzer bietet, wird in vielen Fllen eine solche Einwilligung eingeholt und durch die Nutzer erteilt. c) Abrechnung mit Forderungsnachweis und Sperre/Lçschung der Daten

119 Nach § 6 Abs. 4 TDDSG darf der Betreiber des elektronischen Marktplatzes Nutzungsdaten ber das Ende des Nutzungsvorgangs hinaus verarbeiten und nutzen, soweit sie fr Zwecke der Abrechnung mit dem Nutzer erforderlich sind. Die Erforderlichkeit richtet sich nach der Bestimmung des Vertragsverhltnisses und insbesondere danach, ob der Nutzer einen Einzelnachweis nach § 6 Abs. 6 TDDSG verlangt hat. Diese Wahl hat im Ergebnis auch entscheidende Konsequenzen fr die Frage der Entgeltnachweispflicht und der Prfung von Rechnungseinwendungen. Zur Erfllung bestehender gesetzlicher oder vertraglicher Aufbewahrungspflichten (z.B. aus HGB oder AO) darf der Anbieter die Daten auch nach dem Erlçschen des Abrechnungszweckes sperren und muss diese nicht lçschen. 129 120 Der Inhalt und Umfang der Abrechnungsdaten bestimmt sich grundlegend durch die Form der erforderlichen Abrechnung. Typischerweise wird die Nutzung des Marktplatzes vom Verkufer bzw. Anbieter in Form einer Pauschale evtl. auch einer Umsatzprovision gezahlt. Die fr diese Abrechnung erheblichen Daten sind zu erheben und drfen gem. § 6 Abs. 7 TDDSG zumindest fr den Zeitraum von 6 Monaten ab Rechnungsstellung gespeichert werden. Die Rechnungsstellung sowie die Speicherung der Abrechnungsdaten ist davon abhngig, ob der Nutzer die standardmßige Abrechnung ohne Einzelnachweis oder auf gesonderten Wunsch mit Einzelnachweis verlangt. Der Kunde hat gem. § 6 Abs. 6 TDDSG das Wahlrecht, einen Einzelnachweis zu verlangen, so dass der Anbieter sein Abrechnungssystem auf beide Mçglichkeiten ausrichten muss. – Sofern der Nutzer keinen Einzelnachweis gem. § 6 Abs. 6 TDDSG verlangt hat, darf die Abrechnung die einzelnen Nutzungsflle nicht einzeln ausweisen und auch die Hufigkeit der Nutzungen nicht erkennen lassen. Nach dieser Vorschrift ist das Entgelt somit nur in der Summe auszuweisen und darf die maßgebliche Berechnungsgrundlage nicht erkennen lassen. – Verlangt der Kunde den Einzelnachweis gem. § 6 Abs. 6 TDDSG, so sind die einzelnen entgeltrelevanten Tatsachen (z.B. die einzelnen Nutzungsflle, die entgeltrelevanten Umstze usw.) detailliert auszuweisen und innerhalb der Speicherfrist des § 6 Abs. 7 TDDSG zu speichern. 121 Die maximale Speicherfrist betrgt in beiden Fllen 6 Monate, falls der Kunde die Rechnung bezahlt. Zahlt er nicht oder erhebt Einwendungen, so drfen die Abrechnungsdaten aufbewahrt werden, bis die Einwendungen abschließend geklrt sind oder die Entgeltforderung beglichen ist. Jber diese 129 Vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 TDDSG.

602 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 123 Kap. 13

Speicherfrist hinaus kommt nach § 6 Abs. 4 TDDSG statt der Lçschung der Daten die Sperre der Daten zur Erfllung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften nach § 257 HGB und §§ 140, 147 AO in Betracht. Regelmßig wird hiernach zumindest die Rechnung gesperrt aufzubewahren sein, ein eventueller hiervon physikalisch separierter Einzelnachweis drfte regelmßig zu lçschen sein, da die Rechnung beglichen und damit nicht (mehr) bestritten ist. Es empfiehlt sich zur Vermeidung gravierender steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Nachteile die Frage der Nachweispflichten insbesondere mit der zustndigen Finanzbehçrde abzustimmen. Gegebenenfalls kann es in Ausnahmefllen dazu kommen, dass die Datenschutzaufsichtsbehçrde und die Finanzbehçrden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der Anbieter sollte in diesem Fall beide Behçrden auffordern, eine verbindliche Aussage abzustimmen. Da die datenschutzrechtliche Regel zur Sperrmçglichkeit der Daten auf die „gesetzmßigen Pflichten“ verweist, ist im Zweifel bei divergierenden Auffassungen von Datenschutzbehçrde und Finanzbehçrde auf die Vorgaben der Finanzbehçrde abzustellen, da diese den Umfang der materiellen Pflichten nach der Abgabenordnung als zustndige Stelle verbindlich zu beurteilen hat. Die Darlegungs- und Beweislast f r die Richtigkeit der Rechnung im Falle von 122 Rechnungseinwendungen des Nutzers ist weder im TDDSG noch im TDG oder an anderer Stelle spezialgesetzlich geregelt. Eine Sonderreglung wie in § 16 TKV fr Telekommunikationsdiensteanbieter fehlt damit. Nach den Regeln der ZPO hat grundstzlich der Anbieter als Forderungsinhaber, der sich auf seine Forderung und Abrechnung beruft, die Richtigkeit dieser Forderung mit allen entgeltrelevanten Tatsachen nachzuweisen. Soweit der Nutzer einen Einzelnachweis gem. § 6 Abs. 6 TDDSG verlangt hat, hat er damit zu beweisen, dass alle von ihm ermittelten und abgerechneten einzelnen Nutzungsflle tatschlich so stattgefunden haben und abzurechnen sind. Ohne einen Einzelnachweis muss der Anbieter die Richtigkeit des von ihm in der Summe ermittelten Entgeltes nicht darlegen und beweisen. Dieser Umfang und Inhalt der Nachweispflicht (Darlegungslast) bei Rech- 123 nungseinwendungen ergibt sich aus der vertraglich vereinbarten Abrechnungsweise sowie den datenschutzrechtlichen Lçschungspflichten. Ohne Einzelnachweis darf der Anbieter die einzelnen Nutzungsflle nicht erheben, so dass er diese im Rahmen eines Abrechnungsstreites weder darlegen muss noch darlegen kann. Es fehlt fr das Angebot von Telediensten zwar an einer entsprechenden ausdrcklichen Abrechnungsregel, wie sie § 16 Abs. 2 TKV fr die Abrechnung von Telekommunikationsdienste aufstellt. Da der Anbieter vertraglich aber nur die Summe des Entgeltes ausweisen und ermitteln muss, braucht er auch prozessual nur nachweisen, dass er diese Summe richtig ermittelt hat, da sich Anbieter und Nutzer auf diese Abrechnungsweise geeinigt haben. Es verstieße zudem gegen das Gebot von Treu und Glauben, wenn dem Anbieter ein Nachweis auferlegt werden wrde, den er nicht nur nicht erbringen kann, sondern auch gar nicht erbringen darf. DenSchmitz | 603

Kap. 13 Rz. 124

Datenschutz

noch wre es begrßenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber die Darlegungsund Beweislast auch bei den Telediensten klarstellend geregelt htte, wie es bei den Telekommunikationsdiensten der Fall ist. 124 Fr den Nutzer bedeutet diese Darlegungs- und Beweisregel, dass ihm ohne Einzelnachweis im Ergebnis substantiierte Rechnungseinwendungen abgeschnitten sind, da es auf die einzelnen Nutzungsflle nicht mehr ankommt. Im Bereich des Angebots von Telekommunikationsdiensten haben aus diesem Grund einige Gerichte 130 darauf geschlossen, dass der Anbieter bei Vertragsschluss nach Treu und Glauben bzw. aus vertraglicher Nebenpflicht eine Hinweispflicht auf diese fr den Kunden negative Rechtsfolge hat, falls dieser keinen Einzelnachweis beauftragt. Da bei der Abrechnung von Telediensten die Interessenlage vergleichbar ist, sollte der Anbieter den Nutzer vorsorglich auf diese Rechtsfolge hinweisen, auch wenn sich offenkundig schon aus dem Inhalt einer Abrechnung ohne Einzelnachweis ergibt, dass es auf den Nachweis der einzelnen Nutzungsflle nicht mehr ankommen soll. 125 Neben der Darlegungsregel ist die Beweislast zu beachten, wenn ein Nutzer die Abrechnung bestreitet und behauptet, dass die Dienste falsch abgerechnet worden sind. In diesem Fall trifft den Anbieter nach den allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Beweislast fr die Richtigkeit seiner Abrechnung einschließlich der Funktionsweise seiner Abrechnungssysteme. Zur Erleichterung dieser Darlegung und des Beweises empfiehlt es sich, dass der Anbieter sein Abrechnungssystem regelmßig durch einen Sachverstndigen pr fen lsst oder ein zertifiziertes Qualittsmanagement betreibt, dass das Abrechnungssystem mit umfasst. Eine vergleichbare Verpflichtung fr diese Nachweise, wie sie fr Telekommunikationsdiensteanbieter gem. § 5 TKV besteht, gibt es fr Telediensteanbieter zwar nicht. Der Anbieter steht aber ohne nachweisbare Sachverstndigenprfung oder Qualittssicherung im Falle von Abrechnungsstreitigkeiten vor dem Problem, dass er insbesondere bei einer Abrechnung ohne Einzelnachweis die Abrechnungsvorgnge aus der Vergangenheit und die korrekte Datenerfassung kaum mehr darlegen und beweisen kann, da diese Vorgnge nicht mehr rekonstruierbar sind. Der Anbieter kçnnte allenfalls beweisen, dass sich aus dem zum Zeitpunkt des Zivilprozesses noch vorhandenen Daten die von ihm geltend gemachte Forderung ergibt. Darber hinaus kçnnte dem Anbieter zugute kommen, dass Gerichte zumindest den Beweis des ersten Anscheins fr die Richtigkeit der Rechnung gelten lassen. Dies ist aber entgegen der vormaligen Praxis der Verwaltungsgerichte seit der Privatisierung der Telekommunikation im vergleichbaren Fall der Abrechnung von Telekommunikationsdiensten erfahrungsgemß nur noch in Ausnahmefllen der Fall.

130 Vgl. u.a. LG Ulm, DuD 2000, 50; LG Flensburg, DuD 2000, 51 f.

604 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 129 Kap. 13

d) Zahlungsvermittlung

Die Marktplatzbetreiber bieten oftmals eine Zahlungsvermittlung im Ver- 126 hltnis zwischen dem Anbieter und dem Nachfrager einer Leistung ber Kreditkarten und eigene Zahlungssysteme an. Diese Zahlungsvermittlung ist mit der Einwilligung dieser beiden Parteien unter Beachtung der allgemeinen Einwilligungsvoraussetzungen 131 zulssig. Die fr die Zahlungsvermittlung erforderlichen Daten drfen damit erhoben, gespeichert und verarbeitet werden. e) Pseudonymisierte Nutzungsprofile (§ 6 Abs. 3 TDDSG)

Der Marktplatzbetreiber oder die Anbieter von Waren kçnnen ein Interesse 127 daran haben, zu Zwecken der Marktforschung Profile zu erheben, die das Verhalten der Nutzer bzw. der Abnehmer der Leistungen aufzeigen. Diese Profile kçnnen somit das Verhalten bestimmter Nutzer erfassen und auswerten und lassen sich deshalb als Nutzerprofile bzw. Persçnlichkeitsprofile verstehen, da sie das Verhalten und die Gewohnheiten eines bestimmten Nutzers bei der Nutzung des Marktplatzes zeigen. Das Nutzungsprofil kann nicht nur eine Analyse der einzelnen Nutzungen (Momentprofil), sondern durch die umfassende Speicherung und Auswertung aller Nutzungen ber einen bestimmten Zeitraum auch eine Analyse des gesamten Nutzungsverhaltens eines bestimmten Nutzers bieten (Langzeitprofil). Das Nutzungsprofil kann Aufschluss geben ber Zeitpunkt und Dauer der Nutzungen, der besuchten Adressen im Internet bzw. der Kommunikationspartner, der abgerufenen Inhalte mit der jeweiligen Verweildauer sowie eine Aufstellung der mçglicherweise gesondert als „Download“ vom Nutzer gespeicherten Dateien. Hieraus lassen sich detaillierte Rckschlsse auf das Konsumverhalten, die Interessen und Aktivitten eines Nutzers ziehen. Bei der Nutzung eines E-Mail-Dienstes (z.B. die sog. „Web-Mail-Dienste“) kçnnen z.B. auch Informationen ber Absender, Adressat, Datum und Uhrzeit der Kommunikation erfasst und gespeichert und auf diese Weise ein umfassendes Kommunikationsprofil unter dem Pseudonym des Nutzers erstellt werden. 132 Fr die Erstellung solcher Profile bedarf es einer Erlaubnis, die nur in der Ein- 128 willigung des Betroffenen oder einer Erlaubnis nach dem TDDSG liegen kann. Das TDDSG erlaubt in § 6 Abs. 3 nur die Erstellung sog. pseudonymisierter Nutzungsprofile, die eigentlich als pseudonymisierte Nutzerprofile zu verstehen sind. Alle anderen Formen der Erstellung und Auswertung von Nutzerprofilen ist damit mangels gesetzlicher Erlaubnis ohne Einwilligung der Betroffenen nach § 3 Abs. 1 TDDSG unzulssig. Allerdings bestehen an der gesetzlichen Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 TDDSG 129 zur Erstellung der pseudonymisierten Nutzungsprofile verfassungsrecht131 Vgl. § 4a BDSG, § 3 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 TDDSG. 132 Vgl. ausf. Damker/Federrath/Schneider, DuD 1996, 286, 293.

Schmitz | 605

Kap. 13 Rz. 130

Datenschutz

liche Bedenken. Die Anbieter von elektronischen Marktpltzen und die Kunden kçnnen zwar ein berechtigtes Interesse an der Fhrung von pseudonymisierten Persçnlichkeitsprofilen haben, um insbesondere das Angebot und das Marketing im beiderseitigen Interesse zu optimieren. Eine aus Schutz des Datenschutzrechtes ideale und rechtssichere Lçsung erfordert aus den genannten verfassungsrechtlichen Grnden die Einholung einer ausdr cklichen Einwilligungserklrung des Nutzers, die die erforderlichen Unterrichtungspflichten sowie verbindliche Sicherungsmechanismen beachtet. In jedem Fall zulssig sind vollstndig anonyme Nutzungsprofile, die bereits vollstndig anonym erhoben werden (siehe dazu Rz. 139). (1) Gesetzliche Neuregelung

130 Die Zulssigkeit der Erstellung von Nutzungsprofilen ist in § 6 Abs. 3 sowie § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDDSG neu geregelt worden. Ursprnglich waren nach § 4 Abs. 4 TDDSG a.F. „Nutzungsprofile nur bei Verwendung von Pseudonymen zulssig“ und „durften unter einem Pseudonym erfasste Nutzungsprofile nicht mit Daten ber den Trger des Pseudonyms zusammengefhrt werden.“ Die Profile waren weder auf einen bestimmten Zweck beschrnkt, noch war ein Widerspruchsrecht des Nutzers vorgesehen. Die Regelung enthielt allerdings weder konkrete Vorgaben hinsichtlich der Pseudonymisierung noch weitere Vorgaben zur Verfahrensweise und war deshalb auf Kritik und verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen. 131 Diese Bedenken scheint der Gesetzgeber zumindest teilweise in der Neufassung des TDDSG aufgegriffen zu haben, hat die vorgenommenen Einschrnkungen allerdings mit den Vorgaben der Richtlinie 95/46/EG begrndet, 133 die allerdings schon damals bei der Erstfassung des TDDSG bekannt war. Nach der neuen Regelung in § 6 Abs. 3 TDDSG drfen Diensteanbieter Nutzungsprofile nur noch „fr Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Teledienste bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht“. Der Nutzer ist auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen. Nach wie vor ist die Verpflichtung bestimmt, dass die Nutzungsprofile nicht mit den Daten ber den Trger des Pseudonyms zusammengefhrt werden drfen. Diese Pflicht ist nach § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDDSG durch „technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen“, ohne dass diese Pflichten nher konkretisiert sind. Nach wie vor nicht eindeutig geklrt ist, wie sich das nunmehr in § 4 Abs. 7 TDDSG geregelte Recht der Nutzung zur Auskunft ber die zu seiner Person oder zu seinem Pseudonym gespeicherten Daten mit dem Verbot der Zusammenfhrung der Daten ber den Trger des Pseudonyms vertrgt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken an der Regelung konnten deshalb nicht ausgerumt werden und wurden anscheinend vom Gesetzgeber gar nicht aufgegriffen. 133 BT-Drs. 14/6098, S. 30.

606 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 133 Kap. 13

(2) Begrenzte Verarbeitungszwecke und Widerspruchsrecht

Der Diensteanbieter darf nunmehr einschrnkend zur Vorgngerregelung in 132 § 4 Abs. 4 TDDSG (a.F.) die pseudonymisierten Nutzungsprofile nur noch zu Zwecken der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Teledienste erstellen und nutzen. Diese Begriffe wurden bereits in der nun aufgehobenen Fassung des § 5 Abs. 2 TDDSG (a.F.) verwendet, wurden aber nicht nher definiert, so dass auf das allgemeine Verstndnis zu diesen Begriffen abzustellen ist. Bezglich der Weite der Verarbeitungszwecke ist jeweils der Grundsatz der engen Zweckbindung nach § 3 Abs. 2 TDDSG zu beachten. Als Anwendungsbeispiel fr die Nutzung eines anonymisierten Nutzungsprofils kann z.B. ein „Kurzzeitprofil“ des Nutzers erstellt werden, um ihm zu Zwecken der Werbung zielgerichtet Werbung oder weitere Informationen in Zusammenhang mit dem von ihm benutzten Diensten zu senden. Die fr die Adressierung der Werbung im Netz erforderliche (aktuelle) IP-Adresse des Nutzers kann aus den Nutzungsdaten gewonnen werden. Wesentliche Bedeutung drfte auch die Mçglichkeit zur bedarfsgerechten Gestaltung bzw. Marktforschung haben, um die angebotenen Dienste anhand des zu ermittelnden Nutzerinteresses optimieren zu kçnnen. Fr die Zulssigkeit von pseudonymisierten Nutzungsprofilen wurde nun- 133 mehr eine sog. „Opt-Out“-Lçsung verwirklicht. Dem Nutzer kommt jetzt anders als in der ursprnglichen Fassung des § 4 Abs. 4 TDDSG (a.F.) ein Widerspruchsrecht zu, auf welches der Nutzer im Rahmen der (allgemeinen) Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 TDDSG hinzuweisen ist. Fr die Zulssigkeit der Erstellung pseudonymisierter Nutzungsprofile ist es erforderlich, dass der Nutzer „zu Beginn des Nutzungsvorgangs“ allgemein ber „Art, Umfang und Zweck“ der Datenverarbeitung informiert und hierbei auch darauf hinweist, dass er sich die Erstellung pseudonymisierter Nutzungsprofile vorbehlt, falls der Kunde dem nicht widerspricht. Aufgrund des hohen Verfassungsranges des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung und des vom Bundesverfassungsgericht hieraus abgeleiteten grundstzlichen Verbots von Persçnlichkeitsprofilen 134 muss das Widerspruchsrecht des Nutzers verfassungskonform ausgelegt werden. Hieraus folgt, dass der Diensteanbieter dem Nutzer eine angemessene Mçglichkeit zum Widerspruch einrumen muss. Die Jbersendung einer E-Mail drfte hierzu bei einzelnen Nutzungsvorgngen im Internet, also außerhalb von Dauerschuldverhltnissen, nicht ausreichend sein, da es der interaktiven und schnellen Nutzungsform widerspricht, falls der Nutzer eine gesonderte E-Mail verfassen und senden muss, die zudem durch den Anbieter aufwndig ausgewertet werden msste. In der Praxis wird der Anbieter dem Nutzer deshalb eine Widerspruchsoption z.B. per „Button“ anbieten mssen. Bei Dauerschuldverhltnissen kann hingegen die Mçglichkeit der Jbersendung des Widerspruchs 134 Vgl. hierzu ausfhrlich Schmitz, S. 15 ff.

Schmitz | 607

Kap. 13 Rz. 134

Datenschutz

per E-Mail oder gar per Fax oder per Post ausreichend und angemessen sein. Nach teilweiser Ansicht ist es zulssig, den Widerspruch des Nutzers gegen die Erstellung eines Nutzungsprofils als sog. „Opt-out-Cookie“ auf der Festplatte des Nutzers zu speichern, sofern der Kunde ausreichend ber das Setzen des Cookies vorab informiert wird. 135 Aus Grnden der Datensparsamkeit und des geringstmçglichen Eingriffs beim Nutzer scheint die Speicherung seiner IP-Adresse in einer „Black-List“ fr die Nutzungsdauer jedenfalls außerhalb von Dauernutzungsverhltnissen die bessere Mçglichkeit zu sein. Bei Dauernutzungsverhltnissen kann sich das Setzen eines Cookies jedoch als fr beide Seiten einfache Mçglichkeit zur Verarbeitung und Einhaltung der Widerspruchs-Option darstellen. (3) Verbot der nachtrglichen Zusammenf hrung und Konflikt mit § 4 Abs. 7 TDDSG

134 Um sicherzustellen, dass der mit der Pseudonymisierung der Profile bezweckte Schutz der Nutzer nicht umgangen werden kann, sieht § 6 Abs. 3 Satz 3 TDDSG vor, dass die unter Pseudonym erfassten Nutzungsprofile nicht mit Daten ber den Trger des Pseudonyms zusammengef hrt werden drfen. Die Erfllung dieser Verpflichtung hat der Diensteanbieter nach § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDDSG durch die erforderlichen „technischen und organisatorischen Vorkehrungen“ sicherzustellen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass bei den einzelnen Nutzungsprofilen nachtrglich wieder ein Personenbezug hergestellt wird. Konkrete Vorgabe zur Sicherstellung dieses Verbots, wie z.B. die Einfhrung von sog. Chinese Walls, fehlen allerdings nach wie vor. 135 Das Verbot der nachtrglichen Zusammenfhrung wird durch das nunmehr in § 4 Abs. 7 TDDSG bestimmte Auskunftsrecht des Nutzers ad absurdum gefhrt. § 4 Abs. 7 TDDSG bestimmt das Recht des Nutzers, ber die zu seiner Person oder zu seinem Pseudonym gespeicherten Daten beim Telediensteanbieter Auskunft zu verlangen. Die Erfllung dieser Verpflichtung erfordert seitens des Anbieters, dass er die in dem Nutzungsprofil unter dem Pseudonym erfassten Daten mit dem Trger des Pseudonyms wieder zusammenfhrt. Aus diesem Dilemma fhrt im Falle der pseudonymisierten Persçnlichkeitsprofile auch nicht der Weg heraus, dass der Nutzer unter dem Pseudonym anfragt und ihm die Auskunft unter dem Pseudonym erteilt wird. 136 Denn in Fall der von dem Anbieter erstellten Pseudonymisierung hat der Nutzer keine Kenntnis von dem ihm zugeordneten Pseudonym, so dass die Zusammenfhrung durch den Diensteanbieter zu bewerkstelligen wre. 136 Die „Schutz“-Regelung in § 4 Abs. 7 TDDSG ist deshalb nach wie vor als untaugliche Eingriffsregelung als verfassungswidrig und nichtig anzusehen, 135 So Schaar, Rz. 718. 136 So der Vorschlag von Schaar, Rz. 508 zum Problem der nachtrglichen Auf-

deckung von Pseudonymen.

608 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 137 Kap. 13

soweit sie auch die Auskunft ber die unter Pseudonym erstellten Nutzungsprofile erfasst. 137 Es ist widersinnig, zum Schutze des Nutzers zunchst die Verschleierung des Personenbezugs und dann dessen Aufdeckung „zum Schutz“ des Nutzers bei einer Auskunftsanfrage zu verlangen. Hier gilt es einzusehen, dass sich die Schutzmechanismen von Pseudonymisierung und Auskunftsverlangen widersprechen. In der Auskunftsanfrage des Nutzers wird in der Regel auch keine ausreichende Einwilligung in diese Aufdeckung zu sehen sein, da er sich der bliche Nutzer ber diese Folgen seiner Anfrage gar nicht bewusst sein wird. (4) Bedenken an der Verfassungsmßigkeit

Aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG zur Zulssigkeit von Persçnlich- 137 keitsprofilen bestehen nicht unerhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmßigkeit der gesetzlichen Regelung zur Erstellung von pseudonymisierten Nutzungsprofilen. 138 Das Volkszhlungsurteil nennt insb. unter den Bedingungen der modernen elektronischen Datenverarbeitung die Erstellung von Persçnlichkeitsbildern als besondere Gefahr fr das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und bezeichnet entsprechende Profile grundstzlich als unzulssig. 139 Das Verbot, keine Persçnlichkeitsbilder von Menschen zu erstellen, ist auch in der Anonymitt statistischer Erhebung zu beachten 140 und gilt auch bei der zwangsweisen und heimlichen Erstellung von Persçnlichkeitsbildern im privaten Bereich. 141 Fr die Erstellung von (sicheren) anonymen oder pseudonymen Persçnlichkeitsprofilen ist Voraussetzung, dass der Gesetzgeber die notwendigen Sicherungsvorkehrungen trifft und dafr Sorge trgt, dass die hierfr notwendigen Verfahren getroffen und eingehalten werden. 142 Fr den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hlt das Bundesverfassungsgericht „das Gebot einer mçglichst frhzeitigen (faktischen) Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung“ fr unverzichtbar. 143 Das Bundesverfassungsgericht hatte betont, dass es in jedem Fall besonderer technischer Schutzvorkehrungen bedarf und den Gesetzgeber bei allen Regelungen eine Pflicht trifft, fr die notwendigen Sicherungsvorkehrungen Sorge zu tragen. 144 Dieser Maßstab, der fr eine statistische Erhebung im çffentlichen Interesse (Volkszhlung) aufgestellt wurde, verlangt wegen des erforderlichen Grundrechtsschutzes durch den Gesetzgeber auch Bercksichtigung beim TDDSG. 145 Da zumin137 A.A. B)umler, DuD 1999, 258, 261, der eine Verbesserung in der Regelung sieht. 138 Siehe ausfhrlich hierzu Schmitz, S. 15 ff. A.A. Memti-Kashani, Der Datenschutz 139 140 141 142 143 144 145

im E-Commerce, S. 85. BVerfGE 65, 1, 42, 53. BVerfGE 65, 1, 53. BVerfG NJW 1988, 3078. BVerfGE 65, 1, 59; Simitis, NJW 1984, 398, 404. BVerfGE 65, 1, 49; vgl. Schmitz, TDDSG, S. 20. BVerfGE 65, 1, LS Nr. 2; vgl. Schmitz, TDDSG, S. 11 f. Siehe Schmitz, TDDSG, S. 21 ff.

Schmitz | 609

Kap. 13 Rz. 138

Datenschutz

dest diese konkreten gesetzlichen Vorgaben fehlen, da die Pflichten nach § 4 Abs. 6 TDDSG nach wie vor unbestimmt sind, und das Auskunftsrecht nach § 4 Abs. 7 TDDSG selbst eine Verletzung der Pseudonymisierung vorsieht, bestehen zumindest erhebliche Bedenken an der Verfassungsgemßheit der Regelung. 138 Durch das neue Widerspruchsrecht des Nutzers haben sich die verfassungsrechtlichen Bedenken zwar grundstzlich vermindert, wren aber nur ausgerumt, wenn der Nutzer vorab ausdrcklich in die Erstellung der pseudonymisierten Nutzungsprofile einwilligt („Opt-In-Lçsung“) und ausreichende Sicherungsfunktionen verpflichtend umzusetzen sind. Bei der Opt-out-(Widerspruchs)lçsung kommt es hingegen z.B. bei einem Widerruf der Profiloption zwangslufig zu einer logisch zwingenden Zusammenfhrung von Pseudonym und Identitt des Nutzers und damit zu einer Verletzung des § 6 Abs. 4 Satz 3 TDDSG. Widerruft der Nutzer die Profiloption bei einem Dauerschuldverhltnis, muss der Anbieter das zugehçrige Profil suchen und die zuknftige Profilbildung fr die Zukunft unterbinden. Zudem bestehen nach wie vor Bedenken an der gesetzlichen Bestimmtheit der Sicherheitsanforderungen. Da anscheinend die Datenschutzbehçrden und der Gesetzgeber fr die Praxis von einer nunmehr ausreichenden Regelung ausgehen, 146 wurde fr die Diensteanbieter und die Praxis allerdings mehr Rechtssicherheit erzielt. f) Erstellung von anonymisierten Nutzungsprofilen

139 Diensteanbieter, die gleichwohl Bedenken haben oder ihren Kunden einen weitergehenden Schutz anbieten mçchten, kçnnen als Alternative vollstndig anonymisierte Nutzungsprofile erstellen. 147 Dies bietet sich auch fr den Fall an, dass die Zweckbeschrnkungen des § 6 Abs. 3 TDDSG zu eng erscheinen oder die Nutzer das Widerspruchsrecht ausgebt haben. Denn bereits ein erfolgter Widerspruch schließt es aus, dass sich der Diensteanbieter nach § 6 Abs. 3 TDDSG einen vollstndigen Jberblick ber die Nutzung und den Erfolg seiner Dienste verschaffen kann. Als einfache und sichere Mçglichkeit entsprechender statistischer Auswertungen bietet sich deshalb die Erstellung anonymisierter Nutzungsprofile an. Die statistische Auswertung erfolgt in diesem Fall nicht hinsichtlich bestimmter Nutzer, sondern hinsichtlich der angebotenen Teledienste. Dies wird letztendlich auch der gesetzlichen Formulierung „Nutzungsprofil“ (statt „Nutzerprofil“) gerecht. Um allen mçglichen Bedenken zu begegnen, sollte die Erhebung von vornherein anonym erfolgen, so dass eine Reanonymisierung wh146 Vgl. Schaar, Rz. 716 unter Berufung auf IWGDPT (International Working Group

on Data Protection in Telecommunications), Common Position regarding Online Profiles in the Internet, Mai 2000, http:///www.datenschutz-berlin.de/doc/ int/iwgdpt/pr_en.htm. 147 Hoeren/Sieber/Schmitz, Handbuch Telemediarecht, Teil 16.4., Rz. 173.

610 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 141 Kap. 13

rend des gesamten Verfahrens in jedem Fall ausgeschlossen ist. Die Zulssigkeit entsprechender anonymisierter Nutzungsprofile ergibt sich trotz des Erlaubnisvorbehalts nach § 3 Abs. 1 TDDSG aus dem Anwendungsbereich des TDDSG. 148 Bei der Erhebung rein anonymer Daten ist der Anwendungsbereich des TDDSG oder anderer Datenschutzvorschriften nach § 1 Abs. 1 nicht erçffnet, da es an einem Personenbezug fehlt. Entsprechend werden auch vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Erstellung von entsprechenden anonymen Nutzungsprofilen im Bereich der Telekommunikation als zulssig angesehen. 149 Die Zulssigkeit ergibt sich auch aus der Wertung des § 6 Abs. 5 Satz 4 TDDSG. Wenn bereits die Jbermittlung anonymisierter Nutzungsprofile an Dritte Anbieter im Falle der Zugangsvermittlung zulssig ist, muss dem Anbieter die Erstellung entsprechender Profile auch zu eigenen Zwecken mçglich sein. g) Bereitstellen der Nutzerbewertungen

Viele elektronische Marktpltze, die sich an Verbraucher als Kufer bzw. 140 Nachfrager von Leistungen richten, bieten ein System, bei dem sowohl Kufer als auch Anbieter nach einer abgeschlossenen Transaktion eine Bewertung ber das Verhalten des Vertragspartners abgeben kçnnen. 150 Bei der Bewertung wird der Nutzername des Bewerteten und des Verfassers der Bewertung angezeigt. Der Nutzername der Bewerter wird zusammen mit deren Bewertung angezeigt, so dass die Kommentare von Dritten eingeordnet werden kçnnen. Nimmt ein Nutzer an einer Transaktion als Bieter oder Nachfrager teil, kçnnen die anderen Teilnehmer die Bewertungen einsehen, aber erst nach einer Transaktion eine eigene Bewertung abgeben. Typischerweise verlangen die Marktplatzbetreiber die Einwilligung Ihrer registrierten Nutzer in die Erhebung und Verçffentlichung dieser Bewertungsprofile. Auf dieser typischen Basis ergibt sich folgende datenschutzrechtliche Bewertung: (1) Personenbezug trotz Pseudonymisierungsmçglichkeit

Entscheidend fr die datenschutzrechtliche Einordnung ist zunchst, wel- 141 che Art von Personenbezug die Nutzerbewertung aufweist. Bei einer laufenden Transaktion eines Anbieters kçnnen die anderen Nutzer die bislang zu diesem Nutzernamen eingegangenen Bewertungen sehen und sich die Kurzkommentare ansehen. Der Anbieter kann die Bewertungen der Nachfrager einsehen, die fr sein Angebot bieten. Ist als Nutzername der brgerliche Name angegeben, handelt es sich bei dem Nutzernamen und der Bewertung um ein personenbezogenes Datum im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG. Da der Nutzername von dem Nutzer blicherweise frei whlbar ist und oftmals 148 Hoeren/Sieber/Schmitz, Handbuch Telemediarecht, Teil 16.4., Rz. 174. 149 Vgl. Bemerkungen zu § 6 Abs. 2 TDSVE 99, nach denen sogar eine nachtrgliche

Anonymisierung als zulssig angesehen wird. 150 Vgl. auch Kap. 5 Rz. 137 ff.

Schmitz | 611

Kap. 13 Rz. 142

Datenschutz

nicht seinen brgerlichen Namen wiedergibt, handelt es in diesem Fall bei der Nutzerkennung fr die anderen Nutzer um ein Pseudonym im Sinne von § 3 Abs. 6a BDSG. Der Personenbezug ist durch das Pseudonym allerdings nur erschwert und nicht ausgeschlossen. Jedenfalls soweit die Transaktion mit dem betreffenden Nutzer abgewickelt wird, erfhrt der andere Vertragspartner die Identitt mit der Adresse des Nutzers, die seinem Nutzernamen zugeordnet ist. Diese Daten sind bei der Registrierung bzw. dem Vertragschluss mit dem Marktplatzbetreiber anzugeben. Sptestens mit der Durchfhrung der Transaktion ist das einem pseudonymen Nutzernamen zugewiesene Bewertungsprofil deshalb einer bestimmten Person zuzuordnen und weist einen uneingeschrnkten Personenbezug auf. Schon das einem pseudonymen Nutzernamen zugewiesene Bewertungsprofil gilt damit als personenbezogenes Datum im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG, da fr die anderen Nutzer zumindest bei Abschluss der Transaktion mit diesem Nutzer die Identitt ohne Einschrnkungen bekannt wird. (2) Einwilligung erforderlich

142 Das dem Nutzer zugewiesene Bewertungsprofil darf durch den Anbieter und die anderen Nutzer nur gem. § 3 Abs. 1 TDDSG verarbeitet werden, wenn das TDDSG dies erlaubt oder der betroffene Nutzer eingewilligt hat. Als gesetzliche Erlaubnis fr ein solches Bewertungsprofil kommt allenfalls § 6 Abs. 3 TDDSG in Betracht, wonach Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen zur Marktforschung oder dem bedarfsgerechten Gestalten der Dienste erstellt werden drfen, wenn der Nutzer dem nicht widerspricht. Dieser Erlaubnistatbestand scheidet jedoch aus, da zum einen mit der Zielrichtung der Nutzerbewertung fr andere Nutzer kein erlaubter Zweck vorliegt und zum anderen das Pseudonym nach dem erfolgten Zuschlag fr die Vertragspartner aufgehoben wird. Die Erhebung und Verçffentlichung der Nutzerbewertung ist damit nur bei einer wirksamen Einwilligung des betroffenen Nutzers zu dieser Form der Datenverarbeitung zulssig. Dieser Einwilligung hat eine Unterrichtung ber Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verçffentlichung des Nutzerprofils voranzugehen. 151 Der Marktplatzbetreiber muss deshalb insbesondere die Zwecke bestimmen, zu denen die Bewertung erhoben und insbesondere verçffentlicht und Dritten zugnglich gemacht wird. Dies wird durch die eingangs genannte Datenschutzerklrung grundstzlich bercksichtigt. 143 Die Einwilligung ist typischerweise vorformuliert und unterliegt damit der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. 152 Zudem ist das Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG in datenschutzrechtlicher Hinsicht zu beachten. Ein gesetzliches Leitbild fr elektronische Marktpltze fehlt. Es ist deshalb zu prfen, ob das Einholen einer Einwilligung in eine Nutzerbewertung von der Er151 Vgl. § 4 Abs. 1 TDDSG. 152 Vgl. hierzu zivilrechtlich ausfhrlich Kap. 4 Rz. 115 ff.

612 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 144 Kap. 13

wartungshaltung abweicht, die ein Nutzer nach der Bedeutung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung und der Verkehrssitte haben darf. Fr eine Angemessenheit spricht, dass sich bei den typischen Marktpltzen die Erhebung und Verçffentlichung der Nutzerbewertungen sich durchgesetzt zu haben scheinen. Gegen die Angemessenheit spricht allerdings die Wertung des BVerfG, dass die Erstellung von Persçnlichkeitsprofilen eine besondere Gefahr fr das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen und deren zwangsweise Erstellung einer unzulssige Verletzung der Menschenwrde darstellen kçnnen. 153 Diese Wertung gilt grundstzlich auch bei der Datenverarbeitung durch Private, da das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur vor direkten staatlichen Eingriffen schtzt, sondern als „objektive Norm seinen Rechtsgehalt auch im Privatrecht“ entfaltet. 154 Gegen die Angemessenheit spricht auch, dass es keinen zwingenden Grund fr die Nutzerbewertung gibt. Vielmehr gleicht die Nutzung von elektronischen Marktpltzen – wenigstens im Consumer-to-Consumer-Bereich – eher den herkçmmlichen Print-Anzeigenblttern, bei denen nur die Telefonnummer des Anbieters, weder aber dessen (pseudonyme) Identitt noch dessen Bewertung durch Dritte verçffentlicht wird. Allerdings wird bei diesen Print-Angeboten regelmßig vorausgesetzt, dass der Anbieter und der Interessent direkten telefonischen und ggf. persçnlichen Kontakt aufnehmen, um die Gte des Angebotes und des Geschftspartners einschtzen zu kçnnen. Im Ergebnis verhindert die Rechtsprechung des BVerfG zum Verbot der 144 zwangsweisen Erhebung von Persçnlichkeitsprofilen sowie das Koppelungsverbot nach § 3 Abs. 4 TDDSG, dass der Marktplatzbetreiber die Einwilligung der Nutzer zwangsweise, d.h. ohne Wahlmçglichkeit, wirksam einholen kann. Selbst außerhalb des Anwendungsbereiches des § 307 BGB ergibt sich die Unwirksamkeit der zwangsweise erhobenen Einwilligung aus § 134 BGB i.V.m. § 3 Abs. 4 TDDSG. Die Angemessenheit und Wirksamkeit einer Einwilligung in die Erhebung und Verçffentlichung des Bewertungsprofils liegt deshalb nur vor, wenn der Marktplatzbetreiber die Nutzung des Dienstes nicht von dieser Einwilligung abhngig macht und auf diese Weise das Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG beachtet. Die Angemessenheit der Einwilligung folgt in diesem Fall aus der Freiwilligkeit der Einwilligung im Sinne einer vollen Entscheidungsfreiheit des Einzelnen sowie der hierdurch mçglichen Anerkennung eines gewissen Nutzerinteresses an den Bewertungsprofilen und deren Verkehrsdurchsetzung. Trotz des Verbotes der zwangsweisen Erhebung von Nutzerprofilen betont das BVerfG nmlich gerade im Volkszhlungsurteil die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, „grundstzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenze Lebenssachverhalte offenbart werden“. 155 Ist diese Entscheidungs153 Vgl. BVerfGE 65, 1, 42 zu einer staatlichen Statistik („Volkszhlungsurteil“); so

jetzt auch § 12 Abs. 6 SchsDSG. 154 BVerfGE 84, 192, 194 f.; siehe auch Schmitz, TDDSG, S. 23. 155 BVerfGE 65, 1, 42.

Schmitz | 613

Kap. 13 Rz. 145

Datenschutz

freiheit gewahrt, besteht kein Anlass die Entscheidungsfreiheit der Nutzer entgegen deren Willen einzuschrnken. Die Nutzer werden im Falle ihrer Einwilligung zur Erhçhung ihrer Transaktionschancen ein Interesse haben, der Erhebung des Bewertungsprofils zuzustimmen. Ist dies nicht der Fall, bleibt dem Nutzer die Verweigerung seiner Einwilligung berlassen. Die anderen Nutzer kçnnen dann frei entscheiden, ob sie sich auf Transaktionen mit einem Nutzer einlassen wollen, der bewusst die Erhebung und Verçffentlichung seines Bewertungsprofils verhindert hat. (3) Berichtigungs-, Widerspruchs- und Lçschungsmçglichkeit

145 Die Bewertungsprofile enthalten wie dargestellt eine sehr sensible Bewertung ber das Verhalten eines Nutzers als Geschftspartner und sind damit geeignet, in erheblichem Maße in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einzugreifen. Das BVerfG hat es als besondere Gefahr gerade bei Persçnlichkeitsprofilen angesehen, wenn der Betroffene nicht dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. 156 Hieraus ergibt sich, dass dem Betroffenen eine effektive Kontroll- und Widerspruchsmçglichkeit gewhrt werden muss. 146 Die Kontrollmçglichkeit ist grundstzlich in der Weise zu erçffnen, dass der betroffene Nutzer jederzeit vollstndig alle Bewertungen einsehen und prfen kann. Da es um die verçffentlichte Bewertung seiner Person geht, muss dem Betroffenen auch eine Widerspruchs- bzw. Gußerungsmçglichkeit zukommen, die zumindest mit den Details der Bewertungen gleichberechtigt zu verçffentlichen sind. In diesem Fall kann hnlich wie bei einem Gegendarstellungsanspruch bei Pressediensten davon ausgegangen werden, dass dem Betroffenen zumindest eine annhernd gleichwertige Stellungnahme zur Wahrung seiner Persçnlichkeitsrechte mçglich ist. 147 Darber hinaus greift der allgemeine Rechtschutz gegen ehrverletzende und falsche Behauptungen ber die Person oder geschftliche Verhltnisse eines Betroffenen ein. Zur Wahrung des Persçnlichkeitsrechtes erscheint es außerdem erforderlich, dem Betroffenen im Falle von unrichtigen Tatsachenbehauptungen und –bewertungen einen Schadensersatz- bzw. Unterlassungsanspruch (Berichtigungsanspruch) zukommen zu lassen. 157 Diese Rechte kçnnen auch einer juristischen Person zukommen. Der Schadensersatzanspruch richtet sich zunchst nur gegen den Bewertenden, da dem Marktplatzbetreiber die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG als Anbieter einer fremden Information zugute kommt. Eine Haftung des Marktplatzbetreibers auf Schadensersatz kommt deshalb nur in Betracht, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Bewertung Kenntnis hat oder ihm Tatsachen bekannt sind, aus denen die Rechtswidrigkeit offensichtlich wird (siehe aus156 BVerfGE 65, 1, 42; siehe auch Schmitz, TDDSG, S. 16. 157 Siehe ausfhrlich Kap. 5 Rz. 138 sowie AG Erlangen NJW 2004, 3720 ff.

614 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 149 Kap. 13

fhrlich zur Verantwortlichkeit Kap. 6 Rz. 5 ff., Rz. 25). 158 Die Hinweise mssen deshalb zumindest so przise sein, dass dem Marktplatzbetreiber eine sichere Identifizierung der rechtswidrigen Inhalte schnell und ohne großen Aufwand mçglich ist. 159 Ein Unterlassungsanspruch richtet sich nach § 1004 BGB sowohl gegen den Bewertenden als Handlungsstçrer als auch gegen den Marktplatzbetreiber als Zustandsstçrer, da § 11 TDG eine Inanspruchnahme auf Sperre bzw. Unterlassung nach § 8 TDG nicht hindert. 160 Rechtsstreitigkeiten sind damit auf Dauer hçchst wahrscheinlich. Die Marktplatzbetreiber sehen deshalb in der Regel zumindest ein gtliches Verfahren vor, bei dem sich der Bewertende und der Bewerter auf eine Rcknahme oder Rnderung der Bewertung einigen kçnnen. (4) Speicherdauer

Die Einwilligung in eine unbegrenzte Speicherdauer der Bewertungsprofile 148 wrde mangels ausreichender Bestimmtheit einen unzulssigen Zweck darstellen. Die Einwilligung ist deshalb zeitlich konkret zu begrenzen. Es erscheint angemessen, die Speicherdauer auf die Dauer des Nutzungsverhltnisses zuz glich einer Sicherheitszeit zu begrenzen. Es besteht ein gewisses Sicherheitsinteresse, dass sich missbruchliche Nutzer bei schlechten Bewertungen nicht unmittelbar unter einem anderen neuen Nutzernamen anmelden. Hierfr ist es nicht ausreichend, diese Neuanmeldung zu unterbinden, da fr eine Neuanmeldung auch sachliche Grnde sprechen kçnnen. Ein Missbrauch lsst sich in diesen Fllen verhindern, in dem der Marktplatzbetreiber den „alten“ Nutzernamen und die „alte“ Bewertung fr eine Jbergangszeit ergnzt. Die Dauer dieser Jbergangszeit hngt von der Bedeutung des Marktplatzes und der blichen Transaktionen ab. Jbergangszeiten, die mehr als ein Jahr berschreiten, bedrfen in jedem Falle einer sorgfltig zu prfenden Rechtfertigung. (5) Typische Einwilligungsklausel

Eine typische Einwilligungsklausel in die Ergebung und Verçffentlichung ei- 149 nes Bewertungsprofils lautet: 161 „Ich willige ein, dass ANBIETER meinen Mitgliedsnamen und mein Bewertungsprofil sowie die von mir fr andere Mitglieder hinterlassenen Bewertungskommentare allen Besuchern auf allen ANBIETER-Websites grundstzlich zugnglich macht. Ich weiß, dass ich selbst bestimmen kann, ob meine erhaltenen Bewertungskommentare verçffentlicht werden.“ 158 Spindler/Schmitz/Geis/Spindler, § 11 TDG Rz. 10 ff.; Hçrnle, NJW 2002, 1008,

1012. 159 Die Voraussetzungen sind teils umstritten, vgl. u.a. Spindler/Schmitz/Geis/

Spindler, § 11 TDG Rz. 22. 160 Vgl. Kap. 6 Rz. 33 ff. 161 Vgl. die Erklrung bei E-Bay (Stand 18.12.2004).

Schmitz | 615

Kap. 13 Rz. 150

Datenschutz

h) Missbrauchserkennung

150 Mit der Neufassung des § 6 Abs. 8 TDDSG hat der Gesetzgeber eine Regelung eingefhrt, die den Diensteanbietern eine Missbrauchsverfolgung ermçglichen soll. Diese Erlaubnis hatte bislang im TDDSG gefehlt. Im Ergebnis ergibt sich nach dem Wortlaut jedoch keine Mçglichkeit zur Aufdeckung und Erkennung des Missbrauchs, sondern nur zur Forderungsverfolgung nach Entdeckung des Missbrauchs. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 8 TDDSG wird die Speicherung und Verarbeitung von Nutzungsdaten nur erlaubt, soweit dies zur „Durchsetzung seiner Ansprche gegen den Nutzer“ erforderlich ist. Diese Erlaubnis setzt somit voraus, dass der Missbrauch durch einen konkreten Nutzer bereits bekannt oder aufgrund von konkreten Anhaltspunkten wahrscheinlich ist. Eine Erlaubnis zur Verarbeitung der Nutzungsdaten zur Erkennung und Aufdeckung eines missbruchlichen Verhaltens, wie sie z.B. § 100 Abs. 3 TKG fr Telekommunikationsdiensteanbieter vorsieht, fehlt damit. 162 Auch der durch das TDDSG erlaubte Zweck umfasst nicht die Erkennung von Missbrauch, sondern nur die „Durchsetzung von Ansprchen“ und wurde vom Gesetzgeber bewusst eng gefasst. 163 Dennoch wird teilweise in der Literatur die Auffassung vertreten, dass § 6 Abs. 8 TDDSG eine Mçglichkeit zur Aufdeckung und Erkennung von Missbrauch bietet. 164 Aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage ist es den Marktplatzbetreibern zu empfehlen, eine ausdrckliche Einwilligung der Nutzer in die Verarbeitung der Bestands- und Nutzungsdaten zur Missbrauchsverfolgung einzuholen. Es liegt auf der Hand, dass sowohl der Betreiber als auch die seriçsen Nutzer ein Interesse an der Verhinderung von Missbrauch haben.

2. Rechtsverhltnis Betreiber – Dritte a) Auskunft ber Nutzer an Bedarfstrger

151 In der Praxis der Strafverfolgung und der Internetwirtschaft sind insbesondere Anfragen an die Marktplatzbetreiber von Bedeutung, wer sich hinter einer bestimmten Nutzerkennung verbirgt und welche Transaktionen diese Person gettigt hat. Als Straftatbestnde, die hierdurch aufgeklrt werden sollen, kommen insbesondere Betrug zulasten von Kufern oder Anbietern sowie Urheber- und Markenrechtsverletzungen in Betracht. Da ber die Marktpltze auch Waffen und Informationen sowie Nachrichten aller Art ausgetauscht werden kçnnen, kommen natrlich auch Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie Verfassungs- und Staatsschutzdelikte in Betracht. 152 Da das Betreiben der elektronischen Marktpltze Teledienste darstellt, richtet sich die Zulssigkeit der Auskunftserteilung nach dem TDDSG. 165 162 163 164 165

Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 6 TDDSG Rz. 77. BT-Drs. 14/9068, 30. Schaar, Datenschutz, Rz. 457; Schaar, DuD 2002, 196. Vgl. § 3 Abs. 1 TDDSG.

616 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 154 Kap. 13

Nach § 5 Satz 2 TDDSG darf der Anbieter Auskunft ber Bestandsdaten und nach § 6 Abs. 5 Satz 5 TDDSG Auskunft ber die Nutzungsdaten (nur) an die Strafverfolgungsbehçrden und Gerichte „nach Maßgabe der hierfr geltenden Bestimmungen“ geben. § 5 Satz 2 und § 6 Abs. 5 Satz 5 TDDSG bilden keine eigene Ermchtigungsgrundlage zur Herausgabe dieser Daten, sondern setzen eine gesonderte Ermchtigung der anfragenden Behçrden voraus. Die Zulssigkeit der Auskunftserteilung zu den Bestands- und Nutzungsdaten richtet sich somit nicht nach dem TDDSG selbst, sondern nach den „hierfr geltenden Vorschriften“ der StPO, des Außenwirtschaftsgesetzes, des G-10-Gesetzes sowie der im Rahmen des „Terrorismusbekmpfungsgesetzes“. 166 Aus der StPO ergibt sich aber allenfalls nur sehr eingeschrnkt die Erlaubnis zur Anfrage nach den Bestands- und Nutzungsdaten bei Telediensten. So sind die Regelungen der §§ 100a, b StPO nur auf die „Jberwachung der Telekommunikation“ (Inhalte) und §§ 100g, 100h StPO nur fr die „Auskunft ber Telekommunikationsverbindungsdaten“ anwendbar. 167 Auch § 39 Außenwirtschaftsgesetz bezieht sich nur auf die Jberwachung der „Telekommunikation“. Ebenso sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Artikel 10-Gesetz nur Anbieter von „Telekommunikationsdiensten“ zur Auskunft verpflichtet. Eine Erlaubnis zu einer Anfrage nach Bestandsoder Nutzungsdaten wird teilweise aus § 98a StPO abgeleitet, gilt dann aber nur fr die erfassten „Katalogstraftaten“ von „erheblicher Bedeutung“. 168 Die Verg tung der Beantwortung einer solchen Anfrage richtet sich nach § 17a ZSEG und ist wie im Falle des § 89 Abs. 6 TKG zu bejahen. 169 Eine Ermchtigung der Strafverfolgungsbehçrden zur Anfrage nach den Be- 153 stands- und Nutzungsdaten eines bestimmten Nutzers beim Betreiber der Plattform und die Rechtfertigung einer entsprechenden Auskunftserteilung ergibt sich damit allenfalls zur Aufklrung schwerer Katalogstraftaten nach § 98a StPO oder im Rahmen des Art. 10-Gesetzes. Der „einfache“ Betrug eines Kufers oder Anbieters wird hiervon nicht erfasst, so dass im Sinne einer effektiven Strafverfolgung eine gravierende Regelungslcke besteht. Jblicherweise lassen sich die Anbieter von den Nutzern eine Einwilligung in die Auskunftserteilung an die Strafverfolgungsbehçrden sowie bei berechtigten Anfragen Dritter erteilen (siehe zur Wirksamkeit gleich unten). b) Auskunft ber Nutzer an Dritte

Der Marktplatzbetreiber darf wegen des Erlaubnisvorbehalts des § 3 Abs. 1 154 TDDSG ohne die Einwilligung des Nutzers nur in den sehr engen Grenzen 166 Zu den Einzelheiten der Auskunftserteilung sowie zu den Bestandsdaten siehe

ausfhrlich Spindler/Schmitz/Geis/Schmitz, § 5 TDDSG Rz. 9 ff.und zu den Nutzungsdaten § 6 TDDSG Rz. 48 ff. 167 Vgl. hierzu B)r, MMR 2002, 358 ff.; Eckhardt, DuD 2002, 199 (Fn. 35). 168 Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 98a Rz. 9. 169 Vgl. hierzu Beck’scher-TKG-Kommentar/B+chner, § 89 Rz. 46.

Schmitz | 617

Kap. 13 Rz. 155

Datenschutz

des § 6 Abs. 5 sowie des § 5 TDDSG Daten ber die Nutzer an Dritte bermitteln. Dies betrifft zum einen im Wesentlichen die Jbermittlung von zur Abrechnung erforderlichen Daten oder anonymisierte Nutzungsdaten zum Zwecke der Marktforschung sowie die Auskunftserteilung an Strafverfolgungsbehçrden. Da der Betreiber in aller Regel unmittelbar mit dem Nutzer abrechnet, scheidet eine Jbermittlung der Abrechnungsdaten an Dritte regelmßig aus. Gegebenenfalls nimmt der Nutzer aber eine Bezahlungsmçglichkeit ber seine Bank in Form einer Einzugsermchtigung oder Jberweisung oder die Bezahlung per Kreditkarte vor. In diesem Fall erteilt er mit der Bekanntgabe der hierzu erforderlichen Daten im Regelfall seine wirksame Einwilligung zur entsprechenden Verwendung seiner Daten. Die Erlaubnis des § 6 Abs. 5 Satz 1 TDDSG betrifft nur die Abrechnung und das Inkasso selbst und nicht die Bewirkung der Bezahlung durch Erfllungsgehilfen des Nutzers. Die Jbermittlung der anonymisierten Daten an andere Diensteanbieter kommt außerdem nach § 5 Abs. 5 Satz 4 TDDSG fr Zwecke der Marktforschung in Betracht. 155 In der Praxis von wesentlicher Bedeutung sind Anfragen von Herstellern oder Inhabern von gewerblichen Schutzrechten zur Identitt von bestimmten nur unter einem Pseudonym bekannten Nutzern. Diese Dritten sehen sich oftmals durch Angebote oder die Nachfrage dieser Angebote durch die Nutzer des Marktplatzes geschdigt, kennen aber nur den pseudonymen Namen des Nutzers, unter dem dieser nach außen erkennbar den Marktplatz nutzt. Die Identitt ist typischerweise nur dem Marktplatzbetreiber bekannt, der diese nur dem jeweiligen Transaktionspartner des Nutzers bekannt gibt. Fr eine solche Auskunftserteilung an Dritte fehlt es an einer gesetzlichen Erlaubnis des TDDSG, so dass diese Auskunft an Dritte nur mit der Einwilligung des betroffenen Nutzers zulssig ist. 170 Diese Einwilligung wird von den Marktplatzbetreibern typischerweise bei Vertragsschluss mit der Registrierung eingeholt. 156 Diese Einwilligungserklrung ist in materieller Hinsicht sowohl an § 134 BGB i.V.m. dem Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG als auch an der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu messen, da es sich um eine AGB-Einwilligung handelt. Nach der hier vertretenen Ansicht liegt kein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor, weil es typischerweise an einer Monopolstellung des Marktplatzbetreibers fehlt und der Nutzer damit im Sinne des 3 Abs. 4 TDDSG ein anderer Zugang zu diesen Diensten mçglich ist. Soweit alle Anbieter in einem vom Wettbewerb gekennzeichneten Markt entsprechende Einwilligungsklauseln verlangen, spricht dies gerade fr die Zulssigkeit und die Angemessenheit einer solchen Klausel. Nach a.A. ist der Marktplatzbetreiber nach § 3 Abs. 4 TDDSG verpflichtet, den Zugang zu seinem Dienst auch ohne die Einwilligung anzubieten, da die alternative Zugangsmçglichkeit dieser Vorschrift nur auf das konkrete Diensteangebot des kon170 Vgl. hierzu auch Kap. 6 Rz. 52 ff.

618 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 157 Kap. 13

kreten Anbieters abstelle. 171 172 Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 TDDSG ist allerdings nach zutreffender Ansicht einschrnkend verfassungskonform auszulegen, weil dem Anbieter sonst eine gegen seine Berufsfreiheit nach Art. 12 GG verstoßende unangemessene Angebotsverpflichtung auferlegt wrde (siehe zur Auslegung ausfhrlich Rz. 93). Es ist offensichtlich, dass ein anerkennenswertes Interesse besteht, dass die Identitt rechtswidrig handelnder Nutzer in begrndeten Fllen an geschdigte Dritte sowie Strafverfolgungsbehçrden offen gelegt werden kann. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es in den typischen Fllen außerhalb der Schwerstkriminalitt an einer materiellen gesetzlichen Auskunftsberechtigung und -verpflichtung der Plattformbetreiber nach §§ 5, 6 Abs. 5 Satz 5 TDDSG fehlt (siehe hierzu Rz. 151 ff.), da das TDDSG keine eigene Ermchtigungsgrundlage zur Auskunftserteilung an die Strafverfolgungsbehçrden bildet. Die Einwilligungsklausel ist allerdings nur angemessen, wenn die Auskunftserteilung auf Flle begrenzt ist, in denen die Anfragenden ein berwiegend berechtigtes Interesse durch den durch Tatsachen zu belegenden rechtswidrigen Missbrauch der Dienste belegen kçnnen (vgl. Kap. 6 Rz. 53). Aus den vorgenannten Grnden ergibt sich auch die inhaltliche Angemessenheit einer Einwilligung. Das Leitbild des TDDSG geht von den Einwilligungsmçglichkeiten der Nutzer zur angemessenen Vertragsgestaltung aus, so dass enge Rechtsprechung des BGH zur „Telefonwerbung“ nicht anwendbar ist (vgl. hierzu Rz. 88 ff.). Fr die Angemessenheit spricht ergnzend, dass der Gesetzgeber des TDDSG in §§ 5 und 6 Abs. 5 Satz 4 TDDSG offenbar von einer Auskunftsmçglichkeit an Strafverfolgungsbehçrden ausgegangen ist, ohne zu bedenken, dass diese materiell nur in den Fllen von Schwerstkriminalitt oder Terrorismus materiell geregelt ist. Ohne die Anerkennung einer Einwilligungsmçglichkeit wre sowohl den Strafverfolgungsbehçrden als auch den geschdigten Dritten eine Rechtsverfolgung praktisch unmçglich oder jedenfalls wesentlich erschwert. Die Geschdigten kçnnten auch nicht auf die Einschaltung der Strafverfolgungsbehçrden verwiesen werden, weil diesen ebenfalls weitgehend die Hnde gebunden wre.

3. Typische AGB-Einwilligungserklrungen Betreiber – Nutzer In der Praxis lassen sich einige typische Einwilligungsklauseln feststellen. 157 Die Ausgestaltung und deren Wirksamkeit ist immer vom konkreten Einzelfall abhngig und lsst sich nur mit Vorbehalt unbeschrnkt verallgemeinern.

171 Vgl. auch Kap. 6 Rz. 53. 172 Bizer, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 3 TDDSG Rz. 204.

Schmitz | 619

Kap. 13 Rz. 158

Datenschutz

a) Bestandsdaten f r Werbung, Beratung, Marktforschung

158 Die Datenverarbeitung von Bestandsdaten ist nach der allgemeinen Regel des § 3 Abs. 1 TDDSG außerdem zulssig, soweit der Nutzer in weitere Zwecke eingewilligt hat. Diese Erlaubnis aufgrund einer erteilten Einwilligung ist damit nicht generell auf bestimmte Verarbeitungszwecke begrenzt, sondern kann jeden vom Nutzer gewnschten Zweck umfassen. Der Gesetzgeber hat deshalb aus systematischen Grnden die bislang in § 5 Abs. 2 a.F. ausdrcklich vorgesehene Mçglichkeit, dass die Anbieter die Einwilligung der Kunden zur Verarbeitung der Bestandsdaten fr (weitere) Zwecke der Beratung, der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Teledienste einholen kçnnen, in der Neufassung des Gesetzes ersatzlos gestrichen. Der Gesetzgeber hat hierzu in der Gesetzesbegrndung deutlich gemacht, dass trotz dieser Streichung die Einholung einer Einwilligung zu einer Verarbeitung der Bestandsdaten zu Zwecken der Beratung, Werbung und Marktforschung ohne weiteres zulssig bleiben soll. Aus der Begrndung lsst sich entnehmen, dass die Streichung nur deshalb erfolgt ist, weil eine solche ausdrckliche „Erlaubnis“ zur Einholung von bestimmten Einwilligungen bei anderen Verarbeitungstatbestnden nicht vorgesehen gewesen sei, und deshalb die Einholung solcher weiteren – nicht ausdrcklich vorgesehenen Einwilligungen – teilweise als unzulssig angesehen worden sei. Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, sei die spezielle Erlaubnis zur Einholung der Einwilligung fr Werbung u.R. gestrichen worden. Eine Einwilligungsklausel sollte sich vorsorglich an den Wortlaut von § 5 Abs. 2 TDDSG a.F. orientieren: Der Kunde willigt darin ein, dass seine Bestandsdaten auch fr Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Teledienste verwendet werden drfen.

b) Einzugsermchtigung

159 Soweit der Plattformbetreiber oder der Anbieter von Leistungen eine Einzugsermchtigung mit dem Nutzer (Kufer) vereinbaren wollen, lautet eine bliche Klausel: „Ich bin damit einverstanden, dass die flligen Betrge von meinem Konto XY, BLZ XYeinzieht und versichere, ber das Konto verfgungsbefugt zu sein.

c) Cookies

160 Das Verwenden von sog. Cookies setzt die Unterrichtung des Nutzers nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TDDSG und seine Einwilligung nach § 3 Abs. 1 TDDSG als Erlaubnistatbestand zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung der mittels des Cookies erhobenen Informationen voraus (siehe Rz. 11). Eine Verwendung und Auswertung der Cookies ohne Einwilligung wre nur zulssig, wenn dies zur Erbringung des Dienstes erforderlich ist. Auch in diesem 620 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 164 Kap. 13

Fall muss der Anbieter den Nutzer ber die Verarbeitung und die Bedeutung von Cookies informieren, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 TDDSG. Eine typische Unterrichtungs- und Einwilligungsklausel, mit welcher der Kunde bei Vertragschluss sein Einverstndnis erklrt, lautet: 173 Automatische Informationen: Sobald Sie mit uns Kontakt aufnehmen, erhalten und speichern wir bestimmte Informationen. Unter anderem verwenden wir – wie viele andere Websites auch – so genannte „Cookies“ und erhalten bestimmte Informationen, sobald Ihr Webbrowser die Amazon.de-Website çffnet. Klicken Sie hier, um Beispiele derjenigen Informationen sehen zu kçnnen, die wir erhalten. Verschiedene Unternehmen bieten Software an, die es Ihnen ermçglicht, Websites anonym zu besuchen. Obwohl wir nicht mehr in der Lage sind, Ihnen ein persçnliches Einkaufserlebnis zu bieten, sobald wir Sie nicht mehr erkennen, mçchten wir, dass Sie wissen, dass es diese Werkzeuge gibt.

d) Nutzungsprofile

Sowohl der Betreiber des Marktplatzes als auch der Anbieter von Gtern kann 161 ein Interesse daran haben, Nutzungsprofile ber das Verhalten der Nachfrager bzw. Anbieter sowie dem Erfolg der Geschftsttigkeit zu erheben. Nach der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 4 TDDSG sind pseudonymisierte Nutzungsprofile fr Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung zulssig, wenn der Anbieter den Nutzer auf sein Widerspruchsrecht im Rahmen der Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 TDDSG hinweist. Die Erstellung von pseudonymisierten Nutzungsprofilen (eigentlichen Nutzerprofilen) ist deshalb nach der sog. Opt-Out-Regelung zulssig. Fr andere Zwecke sind pseudonymisierte Nutzungsprofile sowie alle ande- 162 ren Arten von personenbezogenen Profilen nur mit einer wirksamen Einwilligung des Nutzers zulssig. Da nach der Rechtsprechung des BVerfG ein hçchst schwerwiegender Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Nutzers bei der Erstellung von Persçnlichkeitsabbildern verbunden ist, erscheint jede zwangsweise („gekoppelte“) Einwilligung als unangemessen und damit unwirksam nach § 307 BGB. Im Ergebnis greift in diesem Fall somit ein unbeschrnktes „Koppelungsverbot“. Auch ohne gesonderte gesetzliche Erlaubnis oder Einwilligung des betroffe- 163 nen Nutzers ist allerdings die Erhebung von anonymisierten Nutzungsprofilen, die von vornherein bereits bei der Erhebung der Daten einen Personenbezug ausschließen (vgl. hierzu Rz. 139). e) Nutzerbewertung

Die Einstellung und Verçffentlichung von der Bewertung des Nutzers durch 164 andere Nutzer ist nur mit der Einwilligung des Nutzers zulssig (siehe oben Rz. 142). Die Bewertung durch andere Nutzer wird bei den typischen elektro173 Datenschutzerklrung von Amazon (http://www.amazon.de: Stand 18.12.2004).

Schmitz | 621

Kap. 13 Rz. 165

Datenschutz

nischen Marktpltzen als wichtiges Instrument zur Qualittssicherung bei den Angeboten und den Transaktionen angesehen und dient insbesondere auch dem Schutz der Nutzer vor unseriçsen Anbietern oder Nachfragern. Es besteht deshalb ein Bedrfnis des Marktplatzbetreibers, dass er von allen teilnehmenden Nutzern die Einwilligung verlangt, dass die anderen Nutzer nach Abschluss einer Transaktion eine Bewertung ber das Verhalten des Nutzers abgeben kçnnen. Diese Einwilligung wird damit in der Regel standardmßig bei der Registrierung des Nutzers erhoben. Diese Einwilligung ist damit vom Betreiber vorformuliert und muss zur Wirksamkeit nach § 307 BGB damit angemessen sein. Die Angemessenheit ergibt sich aus dem o.g. Bedrfnis der Nutzer an Qualittssicherung und Kontrolle sowie aus der Verkehrssitte. f) Kontrolle der Datensicherheit und Schutz vor Missbrauch

165 Das TDDSG sieht anders als das TKG keine effektive Erlaubnis zur Datenverarbeitung bei Missbrauch oder technischen Stçrungen vor. § 6 Abs. 8 TDDSG ist hierzu ungeeignet, da keine Erlaubnis zur Aufdeckung und Erkennung von Missbrauch erteilt wird. Die entsprechende Aufklrung ist allerdings sowohl im Interesse des Anbieters als auch des Nutzers, da nur auf diese Weise die ordnungsgemße Funktion des Dienstes sowie der Schutz vor Missbrauch sichergestellt werden kçnnen. Es empfiehlt sich deshalb, eine an § 89 Abs. 2 Nr. 1 lit. e) TKG orientierte Einwilligungserklrung einzuholen. Zur betrieblichen Abwicklung des Dienstes willigt der Nutzer darin ein, dass seine Daten auch erhoben, verarbeitet und genutzt werden drfen, soweit dies fr das Aufklren sowie Unterbinden von Leistungserschleichungen und sonstiger rechtswidriger Inanspruchnahme der Dienste und seiner Einrichtungen notwendig ist und sofern tatschliche Anhaltspunkte fr einen entsprechenden Missbrauch vorliegen. Der Nutzer erklrt auch sein Einverstndnis, dass seine Daten verarbeitet werden, soweit dies zum Erkennen und Beseitigen von Stçrungen des Dienstes erforderlich ist.

g) SCHUFA-Klausel

166 Die Einholung einer Schufa-Klausel ist bei Online-Marktpltzen eher un blich. Der Marktplatzbetreiber hat bei hohen Umstzen andere Mçglichkeiten, da es sich i.d.R. um Geschftskunden und große Shop-Anbieter handelt. Bei geringen Umstzen lohnt die Einholung wegen der allenfalls minimalen Einzelbetrge i.d.R. nicht. 174

4. Rechtsverhltnis Anbieter – Nachfrager 167 Das Rechtsverhltnis zwischen dem Anbieter der Dienstleistungen auf dem elektronischen Marktplatz und dem Nachfrager ist bei den typischen Marktoder Auktionspltzen, bei denen der Marktplatzbetreiber nicht selbst der 174 Zur Klausel vgl. u.a. Schmitz, in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 159 f.

622 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 170 Kap. 13

Anbieter ist, davon geprgt, dass beide Nutzer des Marktplatzes sind. Beide Nutzer kçnnen damit i.d.R. die vertraglichen Datenverarbeitungsbedingungen und die Nutzungsbedingungen nicht vorgeben, sondern mssen diese so akzeptieren, wie sie von dem Marktplatzbetreiber ausgestaltet werden oder sich auf der gesetzlichen Grundlage darstellen. Gleichwohl gilt insbesondere der Anbieter von Leistungen auf dem Marktplatz als Telediensteanbieter, da er seine Waren mittels des durch ihn gestalteten Angebots im Sinne eines Informations- und Kommunikationsdienstes anbietet. Das OnlineAngebot sowie der Online-Vertragsschluss einschließlich der Online-Kommunikation auf Basis der Angebotsplattform sind hierbei als Teledienst im Sinne des § 1 Abs. 1 TDDSG zu verstehen. Im Verhltnis zum Nutzer befindet er sich deshalb in der Rolle des Telediensteanbieters, obwohl er im Verhltnis des Plattformbetreibers selbst Nutzer dessen Teledienstes ist (vgl. Rz. 8 sowie Kap. 6 Rz. 53). Insbesondere fr den Anbieter der Leistungen gilt damit das TDDSG sowie ergnzend das BDSG. a) Erhebung der Bestandsdaten

Der Anbieter schließt mit dem Nachfrager seiner Leistungen online einen 168 Kauf-, Dienst- oder Werkvertrag („Leistungsvertrag“) mit Hilfe seines Teledienstes (Angebot), das durch den Marktplatzbetreiber realisiert wird. Die Bestandsdaten dieses Leistungsvertrages sind damit zugleich die erforderlichen Bestandsdaten des Bestelldienstes (Teledienstes). Die Erforderlichkeit richtet sich damit letztendlich nach den Anforderungen der „Bestellung“ bzw. des „Bestellvorgangs“ und umfasst klassischerweise neben der Nutzerkennung des Vertragspartners dessen E-Mail-Adresse sowie dessen Name und Adresse sowie ggf. die Bankverbindung oder Angaben ber die Zahlungsweise sowie Zahlungsinformationen (Kreditkarteninformationen). Die meisten dieser Daten erhebt der Anbieter nicht selbst, sondern erhlt 169 diese aus Grnden der Vereinfachung von dem Plattformbetreiber. Der Nutzer erklrt hierzu typischerweise mit seiner Registrierung die Einwilligung, dass der Plattformbetreiber diese Daten im Falle des Vertragsschlusses ber eine Leistung (Angebot) an den Anbieter bermitteln darf. Eine entsprechende Einwilligungserklrung erscheint angemessen und zur Vereinfachung im Interesse aller Parteien. Hierbei gilt, dass mit dem Abschluss des Leistungsvertrages diesen Vertragspartnern die jeweilige Identitt der Gegenseite aus Grnden der Sicherheit und Leistungsabwicklung offen zu legen ist (vgl. Rz. 114). Insofern besteht mangels Zumutbarkeit keine Verpflichtung, den Dienst vollstndig anonym oder pseudonym anzubieten. b) Erhebung der Nutzungsdaten

Die Erhebung der Bestellung mit den Bestandsdaten des Vertragspartners so- 170 wie dem Inhalt und den Lieferbedingungen der Bestellung lsst sich außerSchmitz | 623

Kap. 13 Rz. 171

Datenschutz

dem als Nutzungsdatum im Sinne des § 6 Abs. 1 TDDSG verstehen. Auch nach dieser Einordnung ist die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung zulssig, um die Bestellung aufzunehmen. c) Verarbeitung der Inhaltsdaten zur Leistungserbringung

171 Die entscheidende Frage ist allerdings, nach welchen Regelungen sich die Ausfhrung (Erfllung) der Bestellung (des Leistungsvertrages) richtet (vgl. hierzu ausfhrlich Rz. 20 ff.). Nach der wohl h.M. findet auf diese Abwicklung im Ergebnis nur das TDDSG Anwendung, wenn die gesamte Leistungserbringung elektronisch „online“ abgewickelt wird, weil sich die bei der Leistungserbringung anfallenden Daten als „Nutzungsdaten“ verstehen lassen, die durch die „Nutzung des Teledienstes“ im Sinne von §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 TDDSG anfallen. Soweit die Leistungserbringung des durch das Online-Angebot (Teledienst) vermittelten Vertrages (Kaufvertrag) offline erfolgt, etwa durch den Versand per Postdienst oder Spedition), wird berwiegend die Anwendbarkeit des BDSG fr die Warenwirtschaft (Warenbereitstellung und Auslieferung) angenommen. Klassische Anbieter, die per Post oder Spedition versenden, unterliegen somit nur hinsichtlich des OnlineAngebotes und dem Bestellvorgang dem TDDSG, whrend fr die Leistungserbringung das BDSG gilt. Da das TDDSG allerdings fr den Bereich der Teledienstenutzung spezielle Vorschriften enthlt, sind die speziellen Pflichten des TDDSG hinsichtlich der weiteren Verwendung der Daten vorrangig zu beachten. Dies schrnkt insbesondere die weitere Verwendung der Daten nach §§ 28 ff. BDSG hinsichtlich der Weitergabe an Dritte sowie die Verwendung der Daten fr interne Zwecke des Anbieters ein. Anderenfalls wrden die strengen bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften des TDDSG auf der Ebene der Leistungserbringung nach dem BDSG umgangen und wren im praktischen Ergebnis aufgehoben (vgl. hierzu ausfhrlich Rz. 24). 172 Auf Basis der vorliegenden Auffassung ergibt sich die folgende konkrete Einordnung. Bei elektronischen Marktpltzen, die nur das Geschft und ggf. die Zahlung vermitteln (z.B. Auktionsplattformen, Agenturen usw.), nicht aber die Lieferung oder Leistung erbringen, liegt typischerweise im Angebot des Marktplatzbetreibers insgesamt ein Teledienst vor. Auf den Streit um die Behandlung der Inhaltsdaten kommt es deshalb zumeist zumindest fr den Betreiber des elektronischen Marktplatzes nicht an. Regelmßig findet damit nur das TDDSG Anwendung und die bei der Abwicklung des elektronischen Marktplatzes anfallenden Daten gelten insgesamt als Bestands- oder Nutzungsdaten, soweit sie fr den Dienst erforderlich sind. 173 Der Anbieter von Waren- und Dienstleistungen auf einem elektronischen Marktplatz gilt ebenfalls hinsichtlich dieses Angebots nach dem Gesetz und der Rechtsprechung als Telediensteanbieter, da dieses einen elektronischen Informations- und Kommunikationsdienst im Sinne des § 1 TDDSG bildet. 624 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 175 Kap. 13

Dies gilt sowohl fr den Marktplatzbetreiber, der selbst Waren oder Dienstleistungen anbietet (z.B. die bekannten „Online-Versandhuser“), als auch fr die Nutzer von Marktpltzen, die durch Vermittlung des Marktplatzes ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten, etwa auf den bekannten Auktionsplattformen). Fr die Leistungserbringung ist zwischen der Online- und der Offline-Erfllung zu unterscheiden. Wird der durch den Teledienst vermittelte Vertrag online erf llt, liegt insgesamt ein Teledienst unter dem Anwendungsbereich des TDDSG vor, da die zur Vertragserfllung online bermittelten Daten als Nutzungsdaten nach §§ 1, 6 Abs. 1 TDDSG gelten. Sofern dieser Anbieter mit dem Nachfrager (Kufer) seiner Leistung einen Vertrag schließt, der die Auslieferung der Ware auf kçrperliche Weise durch einen Spediteur vorsieht (z.B. Versendung per Post- oder Paketdienst oder den eigenen Transport), bildet zwar das Angebot der Ware einen Teledienst. Der durch den Teledienst vermittelte bzw. zu Stande gekommene Vertrag bildet aber selbst keinen Teledienst, da ein kçrperlich zu erfllender Kaufvertrag, Dienstvertrag oder Werklieferungsvertrag vorliegt, der nicht durch Datenkommunikation erfllt werden kann. Fr diese Vertragserfllung findet deshalb das BDSG Anwendung. d) Abrechnung des Teledienstes

Soweit die Leistungserbringung online auf elektronischer Basis erfolgt, liegt 174 gemß der vorstehenden Ausfhrungen auch hinsichtlich dieser Leistungserbringung ein Teledienst vor. Die Abrechnung der Leistung inklusive der „Bestellung“ (z.B. Klingeltçne, Musikdateien usw.) richtet sich deshalb nach § 6 Abs. 6 und 7 TDDSG. Nach § 6 Abs. 6 TDDSG darf diese Abrechnung standardmßig den Anbieter, den Zeitpunkt, die Dauer, Art, den Inhalt und die Hufigkeit der Teledienste nicht erkennen lassen, falls der Nutzer keinen Einzelnachweis verlangt. Diese Bestimmung ist erkennbar nicht auf die Abrechnung von Leistungen bei Lieferungen ausgerichtet, die nach den allgemeinen zivilrechtlichen und handelsrechtlichen Regelungen einen Nachweis der Leistung verlangt. Aufgrund der gesetzlichen Regelung ist die Vorschrift des § 6 Abs. 6 TDDSG dennoch zu beachten, auch wenn dies nicht zu angemessenen Ergebnissen in der Praxis fhrt. Anbieter und Nutzer sind fr die Prffhigkeit der Abrechnung deshalb gut beraten, einen Einzelnachweis zu vereinbaren. Nur mit hohen datenschutzrechtlichen Bedenken lsst sich vertreten, dass ein Nutzer mit seiner Bestellung konkludent seine Einwilligung in eine Einzelabrechnung erteilt, weil dies der gesetzlichen Wertung des TDDSG widerspricht. Die Speicherdauer richtet sich nach § 6 Abs. 7 TDDSG. Die maximale Spei- 175 cherfrist betrgt in beiden Fllen 6 Monate, falls der Kunde die Rechnung bezahlt. Zahlt er nicht oder erhebt Einwendungen, so drfen die Abrechnungsdaten aufbewahrt werden, bis die Einwendungen abschließend geklrt sind oder die Entgeltforderung beglichen ist. Jber diese Speicherfrist hinaus kommt nach § 6 Abs. 4 TDDSG statt der Lçschung der Daten die Sperre der Schmitz | 625

Kap. 13 Rz. 176

Datenschutz

Daten zur Erfllung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften nach § 257 HGB und §§ 140, 147 AO in Betracht. Regelmßig wird hiernach zumindest die Rechnung gesperrt aufzubewahren sein, ein eventueller hiervon physikalisch separierter Einzelnachweis drfte regelmßig zu lçschen sein, da die Rechnung beglichen und damit nicht (mehr) bestritten ist. Es empfiehlt sich zur Vermeidung gravierender steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Nachteile die Frage der Nachweispflichten insbesondere mit der zustndigen Finanzbehçrde abzustimmen. Gegebenenfalls kann es in Ausnahmefllen dazu kommen, dass die Datenschutzaufsichtsbehçrde und die Finanzbehçrden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der Anbieter sollte in diesem Fall beide Behçrden auffordern, eine verbindliche Aussage abzustimmen. Da die datenschutzrechtliche Regel zur Sperrmçglichkeit der Daten auf die „gesetzmßigen Pflichten“ verweist, ist im Zweifel bei divergierenden Auffassungen von Datenschutzbehçrde und Finanzbehçrde auf die Vorgaben der Finanzbehçrde abzustellen, da diese den Umfang der materiellen Pflichten nach der Abgabenordnung als zustndige Stelle verbindlich zu beurteilen hat. 176 Die Darlegungs- und Beweislast f r die Richtigkeit der Rechnung im Falle von Rechnungseinwendungen des Nutzers ist weder im TDDSG noch im TDG oder an anderer Stelle spezialgesetzlich geregelt. Eine Sonderreglung wie in § 16 TKV fr Telekommunikationsdiensteanbieter fehlt damit. Nach den Regeln der ZPO hat grundstzlich der Anbieter als Forderungsinhaber, der sich auf seine Forderung und Abrechnung beruft, die Richtigkeit dieser Forderung mit allen entgeltrelevanten Tatsachen nachzuweisen. Soweit der Nutzer einen Einzelnachweis gem. § 6 Abs. 6 TDDSG verlangt hat, hat er damit zu beweisen, dass alle von ihm ermittelten und abgerechneten einzelnen Nutzungsflle tatschlich so stattgefunden haben und abzurechnen sind. Ohne einen Einzelnachweis muss der Anbieter die Richtigkeit des von ihm in der Summe ermittelten Entgeltes nicht darlegen und beweisen. 177 Fr den Nutzer bedeutet diese Darlegungs- und Beweisregel, dass ihm ohne Einzelnachweis im Ergebnis substantiierte Rechnungseinwendungen abgeschnitten sind, da es auf die einzelnen Nutzungsflle nicht mehr ankommt. Im Bereich des Angebots von Telekommunikationsdiensten haben aus diesem Grund einige Gerichte 175 darauf geschlossen, dass der Anbieter bei Vertragsschluss nach Treu und Glauben bzw. aus vertraglicher Nebenpflicht eine Hinweispflicht auf diese fr den Kunden negative Rechtsfolge hat, falls dieser keinen Einzelnachweis beauftragt. Da bei der Abrechnung von Telediensten die Interessenlage vergleichbar ist, sollte der Anbieter den Nutzer vorsorglich auf diese Rechtsfolge hinweisen, auch wenn sich offenkundig schon aus dem Inhalt einer Abrechnung ohne Einzelnachweis ergibt, dass

175 Vgl. u.a. LG Ulm, DuD 2000, 50; LG Flensburg, DuD 2000, 51 f.

626 | Schmitz

VII. Datenschutzgerechte Ausgestaltung

Rz. 179 Kap. 13

es auf den Nachweis der einzelnen Nutzungsflle nicht mehr ankommen soll. Der Hinweis kçnnte z.B. lauten: „Der Kunde wird darauf hingewiesen, dass eine vollstndige Prfung der Rechnung nur mçglich ist, wenn der Kunde einen Einzelnachweis verlangt. Ohne den Einzelnachweis darf der Anbieter nach § 6 Abs. 6 TDDSG die einzelnen Nutzungsflle weder speichern noch in der Rechnung ausweisen und wird deshalb auch von einer Nachweispflicht fr die einzelnen Nutzungsflle frei.“

e) Verarbeitung der Nutzungsdaten zu anderen Zwecken

Eine Verarbeitung der Nutzungs- bzw. Inhaltsdaten zu anderen Zwecken als 178 der Leistungserbringung kommt deshalb nicht nach den relativ weiten Verarbeitungsmçglichkeiten der §§ 27 ff. BDSG, sondern nur unter den engeren Voraussetzungen des TDDSG in Betracht, weil diese Daten unter der spezifischen Gefhrdungslage und unter der bereichsspezifischen Geltung des TDDSG erhoben wurden. Anderenfalls wrde diese bereichsspezifische Regelung im Ergebnis vollstndig umgangen und der Wortlaut des § 1 Abs.1 TDDSG verletzt (siehe ausfhrlich Rz. 24). Insbesondere die Weitergabe der Daten an Dritte, die Nutzung fr die Bera- 179 tung, Werbung und Marktforschung, die Erstellung von personenbezogenen Nutzungsprofilen richten sich deshalb nach dem TDDSG. Auf die Ausfhrungen zur Datenverarbeitung im Verhltnis zwischen Marktplatzbetreiber und Nutzer ist entsprechend zu verweisen (vgl. oben Rz. 113 ff.).

Schmitz | 627

628 | Schmitz

Kapitel 14 Jugendschutz

I. Einf hrung . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsrang des Jugendschutzes . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsrechtliche Grenzen des Jugendschutzes . . . . . . 3. Medienwirkung und Einschtzungsprrogative . . . . . . . II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spezielle Haftungskonstellationen bei Online-Versteigerungen 2. Pornografie (§ 184 StGB) . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Schutzrichtungen der strafrechtlichen Pornografieverbote . . . . . . . . . . . . . c) Begriff der Pornografie . . . d) Zugnglichmachen pornografischer Inhalte . . . . . . 3. Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Schutzrichtungen . . . . . b) „Darbietungen“ in Rundfunk, Medien- oder Telediensten . . . . . . . . . . . c) Gewaltverherrlichung, Gewaltverharmlosung und Menschenwrde . . . . . . aa) Schilderung grausamer oder sonst unmenschlicher Gewaltttigkeiten gegen Menschen . . . . bb) Ausdruck der Verherrlichung oder Verharmlosung der Gewaltttigkeiten . cc) Darstellung der Gewaltttigkeiten in einer die Menschenwrde verletzenden Weise . . . . . . 4. Volksverhetzung (§ 130 StGB) a) Schutzrichtungen . . . . . b) Verbreitung volksverhetzender Schriften (Abs. 2 Nr. 1) . c) Leugnen des Holocaust (Abs. 3) . . . . . . . . . . . .

1 1 2 6 9 10 12 12 15 18 21 27 27 28 29

30 32

34 36 36 37 40

III. Spezialgesetzlicher Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . 1. JMStV und JuSchG . . . . . . 2. Abgrenzung Telemedien – Trgermedien . . . . . . . . . . . IV. Regelungen im Bereich des JMStV . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verantwortlichkeit der Anbieter von Telemedien (§ 2 Abs. 3 JMStV) . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulssige Angebote (§ 4 JMStV) . . . . . . . . . . . a) Absolut unzulssige Angebote (§ 4 Abs. 1 JMStV) . . . aa) Verbote aus dem Bereich des Kernstrafrechts . . . bb) Sonstige Verbote . . . . (1) Kriegsverherrlichung (2) Verstoß gegen die Menschenwrde . . (3) Posendarstellungen Minderjhriger . . . (4) In Listenteile B und D aufgenommene Werke . . . . . . . . b) In geschlossenen Benutzergruppen zulssige Angebote (§ 4 Abs. 2 JMStV) . . . . . . 3. Entwicklungsbeeintrchtigende Angebote (§ 5 JMStV) . . . . . . . . . . . 4. Werbung und Teleshopping (§ 6 JMStV) . . . . . . . . . . . 5. Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten (§ 7 JMStV) . . . . . . . . . . . 6. Kennzeichnungspflicht (§ 12 JMStV) . . . . . . . . . . 7. Kooperationsstelle „jugendschutz.net“ (§ 18 JMStV) . . . 8. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen und Beurteilungsspielraum (§ 20 JMStV) . . . . . . . 9. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 23, 24 JMStV) . . . . . . .

43 43 46 53 53 54 55 55 59 59 60 61 64 65 68 78 87 95 97 102 109

Erdemir | 629

Kap. 14 V. Regelungen im Bereich des JuSchG . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Allgemeine Verbreitungsbeschrnkungen fr Bildtrger mit Filmen oder Spielen (§ 12 JuSchG) . . . . . . . . . . . . 112

Jugendschutz

2. Spezielle Verbreitungs- und Werbebeschrnkungen fr jugendgefhrdende Trgermedien (§ 15 JuSchG) . . . . . . . 116 3. Veranstaltung von Online-Gewinnspielen (§ 6 Abs. 2 JuSchG) 118 4. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 27, 28 JuSchG) . . . . . . . 121

Literatur: Beisel, Die Strafbarkeit der Auschwitzlge, NJW 1995, 997; Beisel, Die Kunstfreiheitsgarantie des Grundgesetzes und ihre strafrechtlichen Grenzen, Heidelberg 1997; Berger, Jugendschutz im Internet: „Geschlossene Benutzergruppen“ nach § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV – Am Beispiel personalausweiskennziffergesttzter Altersverifikationssysteme, MMR 2003, 773; Bornemann, Ordnungswidrigkeiten in Rundfunk und Mediendiensten, Heidelberg 2001; Bornemann, Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Lnder, NJW 2003, 787; Brockhorst-Reetz, Repressive Maßnahmen zum Schutze der Jugend im Bereich der Medien Film, Video und Fernsehen, Mnchen 1989; Dçring/G+nter, Jugendmedienschutz: Alterskontrollierte geschlossene Benutzergruppen im Internet gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV, MMR 2004, 231; Duttge/Hçrnle/Renzikowski, Das Gesetz zur Rnderung der Vorschriften ber die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, NJW 2004, 1065; Engels, Kinder- und Jugendschutz in der Verfassung, AçR 1997, 212; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot – Eine Untersuchung zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die strafrechtliche Filmkontrolle im Erwachsenenbereich, Marburg 2000; Erdemir, Gewaltverherrlichung, Gewaltverharmlosung und Menschenwrde, ZUM 2000, 699; Erdemir, Neue Paradigmen der Pornografie? – Ein unbestimmter Rechtsbegriff auf dem Prfstand, MMR 2003, 628; Erdemir, Jugendschutz in Telemedien, MMR aktuell 2/2004, V; Erdemir, Anm. zu OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, MMR 2004, 409; Gehrhardt, Gewaltdarstellungsverbot und Grundgesetz – Eine Untersuchung zur Problematik des § 131 Strafgesetzbuch, Frankfurt am Main 1974; Gercke, Anm. zu OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, CR 2004, 456; Gercke, Analyse des Umsetzungsbedarfs der Cybercrime Konvention, MMR 2004, 728; Gercke/Liesching, Anm. zu LG Dsseldorf, Urteil v. 31.1.2003 – XXXI 34/02, CR 2003, 456; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, Berlin 2000; Gernert/Stoffers, Das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Iffentlichkeit, Kommentar, 2. Aufl., Dsseldorf 1993; Grapentin, Neuer Jugendschutz in den Onlinemedien – Pflichten fr Onlineanbieter nach dem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, CR 2003, 458; Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Loseblatt-Kommentar, Mnchen und Berlin, Stand: Oktober 2003; Hoeren, Recht der Access Provider, Mnchen 2004; Huster, Das Verbot der „Auschwitzlge“, die Meinungsfreiheit und das Bundesverfassungsgericht, NJW 1996, 487; Kassebohm, Grenzen schockierender Werbung, Berlin 1995; Kreile/Diesbach, Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – was ndert sich fr den Rundfunk?, ZUM 2002, 849; Ladeur, „Regulierte Selbstregulierung“ im Jugendmedienschutzrecht – Zugleich Anmerkung zum Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zum Fall „Der Soldat James Ryan“, ZUM 2002, 859; Langenfeld, Die Neuordnung des Jugendschutzes im Internet, MMR 2003, 303; Liesching, Jugendmedienschutz in Deutschland und Europa, Regensburg 2002; Liesching, Jugendschutz bei Online-Versandbestellung von Bildtrgern und bei Online-Gewinnspielen, JMS-Report 6/2003, 2; Liesching, Hinreichender Jugendschutz durch bloße Personalausweisnummer-Kontrolle?, MMR aktuell 2/2004, VII; Liesching, Anm. zu KG Berlin, Urteil v. 26.4.2004 – (5) 1 Ss 436/03 (4/04), MMR 2004, 478; Liesching, Anforderungen des Erwachsenenversandhandels nach dem Jugendschutzgesetz, NJW 2004, 3303; Mahrenholz, Brauchen wir einen neuen Pornografie-Begriff? – Zur Aus-

630 | Erdemir

I. Einfhrung

Rz. 1 Kap. 14

legung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 RStV, ZUM 1998, 525; Meirowitz, Gewaltdarstellungen auf Videokassetten – Grundrechtliche Freiheiten und gesetzliche Einschrnkungen zum Jugend- und Erwachsenenschutz, Berlin 1993; M+ller, „jugendschutz.net“ – Die gemeinsame Stelle aller Bundeslnder fr Jugendschutz in Mediendiensten, JMS-Report 2/1998, 52; Neumann, Anm. zu OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, JMS-Report 2/2004, 9; Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, Jugendschutzrecht, Kommentar zum Jugendschutzgesetz (JuSchG) und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) mit Erluterungen zur Systematik und Praxis des Jugendschutzes, Mnchen/ Unterschleißheim 2003; Raue, Literarischer Jugendschutz, Berlin 1970; Sack, Neue Werbeformen im Fernsehen – rundfunk- und wettbewerbsrechtliche Grenzen, AfP 1991, 704; Scholz/Liesching, Jugendschutz, Kommentar, 4. Aufl., Mnchen 2004; Schraut, Jugendschutz und Medien: Zur Verfassungsmßigkeit des Jugendschutzes im Rundfunk und bei den brigen audiovisuellen Medien, Baden-Baden 1993; Schreibauer, Das Pornografieverbot des § 184 StGB: Grundlagen, Tatbestandsprobleme, Reformvorschlge, Regensburg 1999; Schulz/Korte, Jugendschutz bei non-fiktionalen Fernsehformaten, ZUM 2002, 719; Sieber, Mindeststandards fr ein globales Pornografiestrafrecht – Eine rechtsvergleichende Analyse, ZUM 2000, 89; Spindler, Anm. zu OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, MMR 2004, 330; Spoerr/Sellmann, Informations- und Kommunikationsfreiheiten im Internet, K&R 2004, 367; Stegbauer, Der Straftatbestand gegen die Auschwitzleugnung – eine Zwischenbilanz, NStZ 2000, 281; Stettner, Der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – Eine Problemsicht, ZUM 2003, 425; Ukrow, Jugendschutzrecht, Mnchen 2004; Ulich, Der Pornografiebegriff und die EGFernsehrichtlinie, Baden-Baden 2000; Waldenberger, Darf’s noch ein bisschen mehr sein? – Deutscher Jugendschutz in globalen Kommunikationsnetzen, Editorial zu MMR 7/2002; Weigend, Strafrechtliche Pornografieverbote in Europa, ZUM 1994, 133.

I. Einf hrung 1. Verfassungsrang des Jugendschutzes Der Verfassungsrang der ungestçrten Persçnlichkeitsentwicklung von Kin- 1 dern und Jugendlichen – welchem praktizierter Jugendschutz seine gesamte Aufmerksamkeit schuldet – folgt aus dem in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Persçnlichkeitsrecht. 1 Wie das BVerfG in stndiger Rechtsprechung betont, ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen nach einer vom Grundgesetz selbst getroffenen Wertung ein Ziel von bedeutsamem Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen. 2 In der Konsequenz ergibt sich aus dem allgemeinen Persçnlichkeitsrecht in objektivrechtlicher Hinsicht auch ein verfassungsrechtlicher Auftrag an den Staat, Kinder und Jugendliche so zu schtzen, dass sie sich zu eigenstndigen, sozialverantwortlichen Persçnlichkeiten entwickeln kçnnen. 3 Bei genauer Betrachtung genießt damit nicht der Jugendschutz selbst Verfassungsrang, son1 Ausfhrlich dazu Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, Einl.

zum GjSM Rz. 24 f., welcher eine Herleitung des Verfassungsrangs des Jugendschutzes aus Art. 5 Abs. 2 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG mit berzeugenden Argumenten widerlegt. 2 BVerfGE 30, 336, 337 f.; 77, 346, 356; 83, 130, 139 ff. 3 Engels, AçR 1997, 212, 228.

Erdemir | 631

Kap. 14 Rz. 2

Jugendschutz

dern vielmehr das Rechtsgut, das geschtzt werden soll: das Recht auf „Personwerden“ der Kinder und Jugendlichen. 4

2. Verfassungsrechtliche Grenzen des Jugendschutzes 2 Die Zielvorgabe eines mçglichst effektiven Jugendschutzes im Bereich der Medien (im Folgenden Jugendmedienschutz genannt) birgt immer die Gefahr, insbesondere gegenlufige Grundrechte freier Kommunikation und freier knstlerischer oder personaler Selbstentfaltung zu minimalisieren. So reicht allein die Feststellung, dass eine bestimmte Maßnahme dem Schutze der Jugend dient, zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Freiheitsrechte der Online-Akteure nicht aus. Vielmehr bedarf es in jedem konkreten Einzelfall einer materiellen Wertung, die dem Stellenwert der Kommunikationsgrundrechte (Art. 5 Abs. 1 GG) wie auch der schrankenlos gewhrleisteten Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) hinreichend Rechnung trgt. Entsprechendes gilt fr die im Bereich der elektronischen Marktpltze nicht minder relevante Berufsfreiheit (Art. 12 GG). 3 Eine an der Verfassung orientierte Ausgestaltung des Jugendmedienschutzes darf jedoch nicht allein den Grundrechtskatalog des Art. 5 GG sowie die in Art. 12 GG verankerte Berufsfreiheit im Blick haben. Vielmehr garantiert die Verfassung ausdrcklich auch das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte elterliche Erziehungsrecht. Selbiges begrndet fr die Eltern gleichermaßen das Recht wie die Pflicht zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Dieses Elternrecht, das insoweit treffender als Elternverantwortung bezeichnet werden sollte, 5 erweist sich damit als ein Grundrecht im Interesse des Kindes und folglich als vollwertige Schranke fr staatlichen Jugendschutz. So darf sich Jugendschutz nicht als Bevormundungsinstrument fr Eltern erweisen. 6 Allerdings hat staatlicher Jugendschutz immer auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es familire Bindungen gibt, in denen erzieherisches Handeln nicht oder nur unzureichend stattfindet. Gleichzeitig findet das Erziehungsrecht seine Grenze in der auch von den Eltern zu respektierenden Persçnlichkeit des Jugendlichen. 4 Das in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG verankerte Zensurverbot schließlich setzt staatlich verordnetem und praktiziertem Jugendschutz eine absolute Grenze. Denn bei dem Zensurverbot handelt es sich um ein reines Mittelverbot, das selbst dann nicht durchbrochen werden darf, wenn es um Jugendschutz

4 Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, Einl. zum GjSM Rz. 21; s.

auch Langenfeld, MMR 2003, 303, 305 sowie Erdemir, MMR aktuell 2/2004, V, VI. 5 BVerfG, Urteil v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, NJW 2001, 957, 959 f.; Pieroth, in: Jarass/

Pieroth, Art. 6 Rz. 31. 6 So ausdrcklich auch Langenfeld, MMR 2003, 303, 305.

632 | Erdemir

I. Einfhrung

Rz. 5 Kap. 14

geht. 7 So mag der Staat des legitime Ziel verfolgen, kommunikative Bettigung zum Zwecke des Jugendschutzes zu unterdrcken bzw. zu beschrnken. Das Zensurverbot verwehrt ihm aber, das Mittel der Vorzensur zu gebrauchen. Hierbei gilt es ausdrcklich festzuhalten, dass auch Maßnahmen im Bereich 5 des Internets allein an dem Verbot der Vorzensur zu messen sind. Zwar muss ein Internet-Sachverhalt im Unterschied insbesondere zum Rundfunk einen entsprechend grçßeren Zeitraum verfgbar sein, um einen deutlichen Grad an Weiterverbreitung zu erfahren. 8 Gleichwohl besteht fr jeden Inhalt, sobald er im Netz verçffentlicht ist, eine realistische Wirkungschance, und zwar sowohl hinsichtlich seiner publizistischen als auch seiner ggf. gefhrlichen Wirkungen. 9 Denn im Zeitalter zunehmender Konvergenz und der Mçglichkeiten des Einsatzes hocheffizienter Suchmaschinen wie auch der sekundenschnellen Weiterverbreitung per Mausklick kann fr die Verbreitung eines Geisteswerks via Internet nichts grundstzlich anderes gelten als bspw. fr die Verbreitung eines Buches oder einer DVD. Fr eine konsequente Beschrnkung des Zensurverbots allein auf die Vorzensur sprechen jedoch auch grundrechtsdogmatische Erwgungen. Ist ein Geisteswerk erst einmal an die Iffentlichkeit gelangt und vermag es damit Wirkung auszuben, so kommen die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zum Zuge, in deren Rahmen volle straf- und zivilrechtliche Verantwortung besteht. Wrde das Zensurverbot als Verbot jeglicher beschrnkender Maßnahmen, also auch solcher Kontroll- und Repressivmaßnahmen, welche erst nach der Verçffentlichung eines Geisteswerks einsetzen, verstanden, so wren die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG dagegen weitgehend obsolet. 10 Staatliche Stellen wren dann generell an einer nachtrglichen Prfung von jugendschutzrelevanten Inhalten gehindert. 11 Wer also im Bereich des Internets fr eine Ausdehnung des Zensurverbots auf die Nachzensur pldiert, 12 kann hierbei nur die partielle Ausdehnung meinen und wird daher auch die Frage beantworten mssen, wie viel Karenzzeit dem Anbieter nach der Einstellung eines ggf. rechtswidrigen Inhalts ins Netz einzurumen ist, bis der Staat seinen Schutzpflichten auf verfassungsmßiger Grundlage nachgehen kann. 7 Vgl. Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 179; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 5

8 9

10

11 12

Rz. 63; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 5 Abs. 1, 2 Rz. 159; Wendt, in: von Mnch/Kunig, Art. 5 Rz. 66; das Verbot der Vorzensur fr den Bereich des Jugendschutzes dagegen restriktiver interpretierend Stettner, ZUM 2003, 425, 435. In diese Richtung argumentiert Engel, MMR-Beilage 4/2003, 1, 12 und pldiert daher fr eine Ausweitung des Zensurverbots auf die Nachzensur. Etwas anderes kçnnte allenfalls dann gelten, wrde der Staat die Dauer der Verçffentlichung systematisch auf eine „logische Sekunde“ beschrnken. Die Maßnahme wrde dann faktisch wie eine verfassungswidrige Vorzensur wirken. S. hierzu Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 44. Darauf beruft sich vor allem auch BVerfGE 33, 52, 72 – „Der lachende Mann“; vgl. insoweit auch Herzog, in: Maunz/Drig, Art. 5 Abs. 1, 2 Rz. 298; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 5 Abs. 1, 2 Rz. 158; Bethge, in: Sachs, Art. 5 Rz. 132. Eingehend hierzu auch Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 42 ff. So Engel, MMR-Beilage 4/2003, 1, 12.

Erdemir | 633

Kap. 14 Rz. 6

Jugendschutz

3. Medienwirkung und Einschtzungsprrogative 6 Mit dem Jugendschutz ist zwangslufig auch die Frage nach der Medienwirkung angesprochen. Gesicherte Erkenntnisse der Wirkungsforschung darber, ob die Wahrnehmung bestimmter gedanklicher Inhalte bei Kindern und Jugendlichen zu Fehlentwicklungen fhren kann, fehlen bis heute und sind wohl auch in absehbarer Zeit kaum zu erwarten. Denn whrend Laborversuche als Experimente an Jugendlichen generell unzulssig sein drften, sind auch im Rahmen von Feldstudien eindeutige Aussagen ber die mittelbzw. langfristigen Auswirkungen des Konsums von Gewaltdarstellungen oder Pornografie auf die Persçnlichkeitsentwicklung nicht mçglich. Unterschiedliche Variablen, wie bspw. das soziale Umfeld oder die konkrete Rezeptionssituation, vermçgen das jeweilige Ergebnis maßgeblich zu beeinflussen. Insoweit verbietet sich die Annahme eines eindimensionalen, monokausalen Wirkungszusammenhangs. 13 7 In einer wissenschaftlich ungeklrten Situation, in der – wie vorliegend – die Mçglichkeit einer Gefahr fr bedeutsame Rechtsgter nicht ausgeschlossen werden kann, ist dem Gesetzgeber eine Einschtzungsprrogative einzurumen. 14 Ein wissenschaftlicher Beweis des Wirkungszusammenhangs zwischen insbesondere gewaltbehafteten oder pornografischen Inhalten und Fehlentwicklungen bei Jugendlichen ist danach gerade nicht notwendig. 15 Vielmehr steht dem Gesetzgeber ein nur begrenzt gerichtlich nachprfbarer Beurteilungsspielraum bei der Einschtzung der Gefahrenlage und der Notwendigkeit eines Einschreitens zu. Zur Bekrftigung der staatlichen Einschtzungsprrogative lsst sich als gewissermaßen „wissenschaftlicher Konsens“ der Wirkungsforschung folgende Risikohypothese formulieren: Da es sich bis heute nicht hat beweisen lassen, dass zwischen Gewalt- bzw. Pornografiekonsum und Persçnlichkeitsentwicklung kein Zusammenhang besteht, ist zumindest von einem Wirkungsrisiko auszugehen. 16 Solange diese Risikohypothese nicht wirksam widerlegt wird, drfen Zweifel nicht zu Lasten der grundgesetzlich geschtzten Persçnlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen gehen. 8 Gleichermaßen gilt es jedoch zu beachten, dass dem Gesetzgeber mit der Einschtzungsprrogative keine Blankovollmacht f r jugendschutzrelevante 13 Nher hierzu Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, Einl. zum

GjSM Rz. 39. 14 Ausfhrlich zum Zugestndnis einer Einschtzungsprrogative an den Gesetz-

geber BVerfGE 83, 130, 140 ff. – Josefine Mutzenbacher; s. hierzu auch Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, Einl. zum GjSM Rz. 42 f.; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 116 ff.; Schulz/Korte, ZUM 2002, 719, 720. 15 So aber Berger, MMR 2003, 773, 775 f.; dagegen Dçring/G+nter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR aktuell 2/2004, V, VI und Liesching, MMR aktuell 2/2004, VII, VIII. 16 Zur Risikohypothese im Bereich der Gewaltforschung s. auch Erdemir, ZUM 2000, 699, 701.

634 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 10 Kap. 14

Maßnahmen erteilt wird. Denn ein (nur) unter Berufung auf die Einschtzungsprrogative legitimiertes Gesetz muss sich erhçhten Anforderungen im Hinblick auf seine verfassungsrechtliche Verhltnismßigkeit stellen. Schließlich wre bereits die Geeignetheit gesetzlichen Jugendmedienschutzes zu verneinen, wenn von Medien keine oder allenfalls zu vernachlssigende Wirkungen auf Kinder und Jugendliche ausgingen. Medienbeschrnkungen und -verbote zum Zwecke des Jugend- und ggf. auch Erwachsenenschutzes nehmen die verfassungsrechtliche Hrde der Geeignetheit folglich nur unter Berufung auf einen – wenn auch nahe liegenden – Gefahrenverdacht. Dieser Umstand darf bei der Prfung der Angemessenheit (Verhltnismßigkeit i.e.S.) einer jugendschutzrelevanten Maßnahme nicht unbercksichtigt bleiben. Hierbei sind das Gewicht und die Dringlichkeit der den Eingriff rechtfertigenden Grnde dem Gewicht und der Bedeutung des durch den Eingriff beeintrchtigten Grundrechts gegenberzustellen. 17 Geht die Gterabwgung unentschieden aus, so wird das „Gewicht“ einer ggf. in Anspruch genommenen Einschtzungsprrogative fr die grundrechtlich verbrgten Freiheitsrechte (Art. 5, 12 GG) in die Waagschale zu werfen sein.

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz Das StGB beinhaltet im Wesentlichen zwei Verbreitungsdelikte, bei wel- 9 chen (auch) Jugendschutzbelange als Norm- bzw. Schutzzweck weitgehend anerkannt sind. Zum einen handelt es sich hierbei um das relative Pornografieverbot des § 184 StGB, zum anderen um das absolute Gewaltdarstellungsverbot des § 131 StGB. Darber hinaus ist im Hinblick auf eine mçgliche Gefhrdung von Kindern und Jugendlichen als weiteres Medienverbreitungsdelikt der in § 130 StGB verankerte Tatbestand der sog. Volksverhetzung zu nennen. Die Auswirkungen der vorgenannten Verbote beschrnken sich nicht auf das Strafrecht als solches. Vielmehr nimmt der materielle Gehalt der §§ 130, 131 und 184 StGB – wie die vorliegende Abhandlung noch zeigen wird – durch zahlreiche Verweisungen und Inhaltsangleichungen in außerhalb des StGB angesiedelten Bestimmungen zur Medienaufsicht im Bereich des Jugendschutzes (JMStV und JuSchG) einen ganz erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Freiheitsrume in elektronischen Marktpltzen.

1. Spezielle Haftungskonstellationen bei Online-Versteigerungen Werden innerhalb virtueller Auktionen in einer Art Forum Waren Dritter an- 10 geboten (sog. Fremdversteigerungen), so kçnnen die Auktionatoren fr das Bereithalten jugendschutzrelevanter Inhalte unmittelbar ber das StGB oder das JuSchG zur Verantwortung gezogen werden. Entsprechendes gilt fr das Auktionshaus, wenn es – was allerdings eher selten der Fall ist – im 17 Vgl. BVerfGE 67, 157, 173; 83, 1, 9.

Erdemir | 635

Kap. 14 Rz. 11

Jugendschutz

Wege sog. Eigenversteigerungen eigene Waren bereithlt. Doch auch Plattformbetreiber fr eigenverantwortlich durchgefhrte Online-Auktionen Dritter kçnnen die Haftungsrisiken aus mittelbarer Rechtsgutsverletzung treffen, wenn sie als sog. Host-Service-Provider die in § 11 TDG verankerte Verantwortlichkeitsprivilegierung 18 nicht fr sich in Anspruch nehmen kçnnen (s. hierzu fr den Bereich des Strafrechts Vassilaki, Kap. 15 Rz. 19 ff.; allgemein zur außervertraglichen Haftung der Plattformbetreiber Spindler, Kap. 6). So ist der Marktplatzbetreiber zwar weder ber die Anwendung des § 11 TDG noch im Rahmen der allgemeinen Stçrerhaftung zur Kontrolle eingehender Angebote verpflichtet. Wenn er aber positive Kenntnis ber das Bereithalten eines volksverhetzenden, gewaltverherrlichenden oder pornografischen Inhaltes hat und den inkriminierten Inhalt nach Kenntniserlangung nicht unverzglich entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt, berschreitet er die Grenzen des erlaubten Risikos (s. hierzu Vassilaki, Kap. 15 Rz. 22). Hinsichtlich des vorgenannten, in haftungsrechtlicher Hinsicht zentralen Aspektes der Kenntniserlangung kommt wiederum der dem JMStV immanenten Idee der sog. regulierten Selbstregulierung – hier insbesondere in Gestalt der Beratungspflicht des Jugendschutzbeauftragten und der Hinweispflicht der Kooperationsstelle „jugendschutz.net“ (dazu eingehend unter Rz. 97 ff.) – ggf. zentrale Bedeutung zu. Selbstverstndlich kann aber auch die Aufsichtsbehçrde selbst dem jeweiligen Host-Service-Provider Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Einzelangebots verschaffen. 11 Die Bewertungsgrundlage bei jugendschutzrelevanten Inhalten ist – im Unterschied etwa zu zivilrechtlichen Konstellationen wie bspw. bei Urheberrechtsverstçßen – in aller Regel allein die Information als solche. Wer also entsprechende Kenntnisse ber den materiellen Gehalt der zentralen Begriffe der §§ 130, 131 und 184 StGB hat bzw. solche Kenntnisse erwirbt, wird in die Lage versetzt, ggf. eine eigene Bewertung vorzunehmen.

2. Pornografie (§ 184 StGB) a) Allgemeines

12 Der Strafgesetzgeber pçnalisiert in § 184 Abs. 1 StGB bestimmte Formen des Verbreitens und Zugnglichmachens pornografischer Schriften. Insbesondere wird das Anbieten, Jberlassen oder Zugnglichmachen einer pornografischen Schrift an eine Person unter 18 Jahren unter Strafe gestellt. Nach der Gleichstellungsklausel des § 11 Abs. 3 StGB stehen Schriften i.S.v. § 184 StGB Tonund Bildtrger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen gleich. Unter das Regelungsregime des § 184 StGB fallen damit nicht nur Printme18 Zu den Voraussetzungen einer Verantwortlichkeitsprivilegierung nach § 11 TDG

am Beispiel des Internet-Auktionshauses eBay s. OLG Brandenburg, Urteil v. 16.12.2003 – 6 U 161/02, MMR 2004, 330 m. z. T. krit. Anm. Spindler im Hinblick auf die allgemeine Anwendung der §§ 9–11 TDG auf die Stçrerhaftung.

636 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 14 Kap. 14

dien, sondern – was bspw. gefilmte Pornografie anbelangt – neben dem klassischen Kinofilm auf Zelluloid insbesondere auch die Videokassette und die DVD. Vom Katalog des § 184 Abs. 1 StGB – insbesondere von Nr. 2 – erfasst wird schließlich das Verbreiten bzw. Zugnglichmachen pornografischer Schriften ber elektronische Online-Medien wie Fernsehen und Internet. Eine umfangreiche Neugestaltung des Pornografiestrafrechts hat das am 13 1.4.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Rnderung der Vorschriften ber die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Rnderung anderer Vorschriften vom 27.12.2003 19 mit sich gebracht. Whrend § 184 Abs. 1 StGB unverndert geblieben ist, hat der Gesetzgeber mit § 184c StGB n.F. einen neuen bzw. eigenen Tatbestand gestaltet, welcher nach seiner Jberschrift ausdrcklich eine spezielle Regelung fr die Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste darstellt. Hierbei wurde das ehemals in § 184 Abs. 2 StGB a.F. enthaltene Verbot der Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Rundfunk um ein entsprechendes Verbot in Medien- und Telediensten ergnzt. Allerdings wird die Verbreitung von Pornografie in Medien- und Telediensten nicht bestraft, „wenn durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass die pornografische Darbietung Personen unter 18 Jahren nicht zugnglich ist“. Auf den ersten Blick kçnnte es sich bei § 184c StGB n.F. um die speziell fr Online-Medien einschlgige Norm im Bereich des Pornografiestrafrechts handeln. Bei nherer Betrachtung drfte der Anwendungsbereich des § 184c StGB n.F. allerdings sehr begrenzt sein. Denn entgegen einer in der Strafrechtswissenschaft zunehmend verbreiteten Auffassung 20 vermochte bereits § 184 Abs. 2 StGB a.F. nur fr Live-Darbietungen („Echtzeit bertragungen“) Gltigkeit zu beanspruchen. Ein Blick in die Gesetzesmaterialien scheint die Vermutung zu besttigen, dass mit § 184c StGB n.F. die wenig berzeugende Spruchpraxis zu § 184 Abs. 2 StGB a.F. ihre Fortsetzung finden wird. 21 Insoweit drfte im Bereich des Kernstrafrechts nach wie vor nur fr Live-Darbietungen im Rundfunk ein absolutes Pornografieverbot bestehen. Die fr die Praxis weitaus bedeutsamere Frage, ob und inwieweit aufgezeichnete bzw. auf Datentrger gespeicherte Pornografie ber Online-Medien angeboten und zugnglich gemacht werden darf, ist folglich nach wie vor anhand von § 184 Abs. 1 StGB zu beantworten. Gnzlich neu strukturiert wurden die Strafnormen, die sog. harte Pornografie 14 betreffen. Selbige ist ber das Merkmal der Pornografie hinaus durch Gewaltttigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder durch sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren gekennzeichnet. 22 Im Zuge der Neugestal19 BGBl. I S. 3700. 20 Vgl. hierzu die Nachw. bei Erdemir, MMR 2003, 628, 629 Fn. 6. 21 BT-Drs. 15/350, S. 21; s. auch die hierzu bereits vorliegende Kommentierung zu

§ 184c StGB n.F. bei Trçndle/Fischer, § 184 Rz. 3. 22 Ausfhrlich zu den Tatbestnden der harten Pornografie Erdemir, Filmzensur und

Filmverbot, S. 135 ff.

Erdemir | 637

Kap. 14 Rz. 15

Jugendschutz

tung wurden die in § 184 Abs. 3–5 StGB a.F. enthaltenen Regelungen auf die §§ 184a und b StGB n.F. aufgeteilt. Fr diese Darstellungen gelten im Unterschied zu den Distributionsbeschrnkungen einfacher Pornografie nach wie vor absolute Herstellungs- und Verbreitungsverbote. Whrend fr den Bereich der Gewalt- und Tierpornografie keine inhaltlichen Abweichungen zur alten Rechtslage feststellbar sind, beinhaltet das neue Pornografiestrafrecht in § 184b StGB n.F. deutliche Strafschrfungen auf dem Feld der Kinderpornografie. Die wichtigste betrifft die Flle der sog. Besitzverschaffung. So wurde der Strafrahmen bei der Besitzverschaffung fr einen Dritten an den Strafrahmen fr die Verbreitung von Kinderpornografie angepasst. Wer sich selbst den Besitz einer kinderpornografischen Schrift verschafft, wird nach § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB n.F. mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (bisher bis zu einem Jahr) oder mit Geldstrafe bestraft. Die Strafverschrfungen sind grundstzlich zu begrßen. Denn ein aktives Marktgeschehen bringt neue Angebote hervor, so dass der Sammler von Kinderpornografie mittelbar Verantwortung fr den zuknftigen Kindesmissbrauch trgt. Ob allerdings bereits der Download in den Arbeitsspeicher oder aber die (automatische) Abspeicherung im Cache-Speicher den Tatbestand des Sich-Verschaffens erfllt, darf unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bezweifelt werden. 23 b) Schutzrichtungen der strafrechtlichen Pornografieverbote

15 Ausgehend von der Annahme, dass Kinder und Jugendliche durch pornografische Darstellungen in ihrer sexuellen Entwicklung gestçrt werden kçnnen, dienen die in § 184 Abs. 1 StGB enthaltenen Distributionsverbote zunchst einmal unstreitig dem Jugendschutz. 24 Ein weiteres, auch Erwachsene mit einbeziehendes Schutzgut der pornografiebezogenen Verbreitungsbeschrnkungen betrifft den Schutz vor ungewollter Konfrontation mit Pornografie. 25 Hierbei geht es um das Recht, selbst zu entscheiden, ob man Pornografie rezipieren will oder nicht. Diese zweite Zielrichtung, zuweilen auch als Erwachsenenschutz 26 bezeichnet, wird verfassungsrechtlich ebenfalls durch das allgemeine Persçnlichkeitsrecht – hier in Gestalt des sexuellen Selbstbestimmungsrechts – abgesichert. 27 23 Rhnlich Trçndle/Fischer, § 184b Rz. 20; das lediglich temporre Speichern kinder-

24 25

26 27

pornografischer Inhalte ausdrcklich fr straffrei erachtend Lackner/K+hl, § 184b Rz. 8. Weigend, ZUM 1994, 133, macht den Jugendschutz hierbei als gemeineuropischen Kern des Pornografieverbots aus. Vgl. Trçndle/Fischer, § 184 Rz. 7b; Lackner/K+hl, § 184 Rz. 1; Lenckner/Perron, in: Schçnke/Schrçder, § 184 Rz. 3; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 136 f.; Hoeren, Recht der Access Provider, Rz. 746; Sieber, ZUM 2000, 89, 91. Vgl. Liesching, Jugendmedienschutz, S. 72; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 153. Kritisch zum Konfrontationsschutz Liesching, Jugendmedienschutz, S. 72 f. sowie Schreibauer, Pornografieverbot, S. 76 ff., 86, 265 ff., die allerdings unbercksichtigt lassen, dass bereits die flchtige Konfrontation mit Pornografie berech-

638 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 18 Kap. 14

Im Katalog des § 184 Abs. 1 StGB werden die verschiedenen Schutzrichtun- 16 gen gesetzestechnisch nicht sauber getrennt. 28 Primr den Schutz Erwachsener vor ungewollter Konfrontation bezweckt § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB; 29 in diese Richtung tendiert mindestens auch § 184 Abs. 1 Nr. 7 StGB. 30 Im Bereich der elektronischen Marktpltze sind dagegen vor allem die dem Jugendschutz verpflichteten Tatbestnde des § 184 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StGB ins Auge zu fassen. Bercksichtigt man, dass sadistische, pdophile und sodomitische Pornografie grundstzlich eine kriminogene und sozial desintegrierende Wirkung auch auf Erwachsene haben kann, 31 so erschçpft sich auch der Zweck des absoluten Verbots harter Pornografie nicht allein in dem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Geschtzte Rechtsgter sind vielmehr auch der çffentliche Frieden und, soweit im Bereich der Kinderpornografie ein tatschliches Geschehen wiedergegeben wird, vor allem auch die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern als Teil des in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Persçnlichkeitsrechts. 32 Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Pornografiekonsum und der 17 Persçnlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen wird zumindest von einem Wirkungsrisiko auszugehen sein. Insoweit darf der Strafgesetzgeber die bereits angesprochene Einschtzungsprrogative fr sich in Anspruch nehmen (s. oben Rz. 7 f.). c) Begriff der Pornografie

Das Strafgesetzbuch enthlt keine Legaldefinition von Pornografie. Viel- 18 mehr hat der Gesetzgeber die Ausfllung des normativen Begriffes der Pornografie bewusst der Rechtsprechung berlassen. Diese knpft im Wesentlichen an die Kriterien und Grundstze an, die der BGH in seiner sog. FannyHill-Entscheidung 33 zum Begriff der „unzchtigen Schriften“ i.S.d. § 184 StGB a.F. entwickelt hat. In jngerer Zeit besttigt wurde der in langjhriger Rechtsprechung des BGH geformte und weiterentwickelte Pornografiebegriff vom BVerwG. Danach sind sexuelle Darstellungen als pornografisch anzusehen, „wenn sie unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezge sexuelle Vorgnge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vor-

28 29 30

31 32 33

tigte oder zumindest verstndliche Empfindungen von Menschen grob verletzen kann. Kritisch auch Sieber, ZUM 2000, 89, 92. Vgl. Lackner/K+hl, § 184 Rz. 1; Lenckner/Perron, in: Schçnke/Schrçder, § 184 Rz. 3; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 136. Lenckner/Perron, in: Schçnke/Schrçder, § 184 Rz. 3; der Konfrontationsschutz spielt darber hinaus auch in 184 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 und 8 eine – wenn auch untergeordnete – Rolle, vgl. Lackner/K+hl, § 184 Rz. 1. Vgl. Lackner/K+hl, § 184b Rz. 1. Vgl. Beisel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 324 ff.; Schraut, Jugendschutz, S. 71. BGHSt 32, 40; vgl. hierzu auch Trçndle/Fischer, § 184 Rz. 7 m.w.N.

Erdemir | 639

Kap. 14 Rz. 19

Jugendschutz

dergrund rcken und ausschließlich oder berwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielen“. 34 19 Auch die Rechtsprechung fhrt folglich den Begriff der Pornografie keiner festen Begriffsbestimmung zu. Vielmehr werden abstrakte Kriterien f r Pornografie angegeben, die mit einer jeweils erforderlichen Einzelfallbetrachtung (Kasuistik) verbunden werden mssen. 35 Eine pornografische Darstellung im strafrechtlichen Sinne muss im Wesentlichen die folgenden, kumulativ zur Anwendung gelangenden Kriterien erfllen: Die Darstellung muss (1.) zunchst einmal in ihrer objektiven Gesamttendenz ausschließlich oder berwiegend auf die Aufreizung des Sexualtriebs abzielen (sog. Reizwirkungs- bzw. Stimulierungstendenz). Das Vorliegen von Pornografie setzt weiterhin voraus, dass (2.) die Sexualitt verabsolutiert dargestellt wird, also weitgehend losgelçst von sonstigen zwischenmenschlichen Bezgen, wobei dem Menschen lediglich die Rolle eines austauschbaren Sexualobjekts zukommt (sog. Apersonalitt der Geschlechtspartner). In der Tendenz zur Verabsolutierung von Sexualitt, in ihrer Jberbewertung und Loslçsung von anderen Lebensußerungen liegt schließlich die besondere Gefahr, die von entsprechenden Darstellungen insbesondere auf noch in ihrer sexuellen Entwicklung begriffene Kinder und Jugendliche ausgeht. So kann bspw. im Bereich gefilmter sexueller Interaktion der Pornografievorwurf nicht durch eine aufgesetzte, dnne Rahmenhandlung beseitigt werden, sofern diese lediglich als Vorwand fr die Zusammenstellung sexueller Praktiken dient. Schließlich mssen (3.) die sexuellen Aktivitten grob aufdringlich bzw. anreißerisch dargestellt werden. Hierbei ist zu bercksichtigen, dass in gleichem Maße, wie allein das detaillierte Sichtbarmachen von Geschlechtsorganen nicht zur Annahme einer pornografischen Darstellung berechtigt, umgekehrt zu ihrer Bejahung nicht in jedem Falle betont hervorgehobene Geschlechtsorgane als wesentlicher Bildinhalt verlangt werden kçnnen. Ausschlaggebend ist vielmehr die – Sexualitt auf das physische reduzierende – Gesamttendenz der Darstellung. 36 Insoweit reicht es im Bereich fotografierter Darstellungen nicht zwangslufig aus, wenn bei der Abbildung sexueller Spielarten im Internet der Genitalbereich sprlich gepixelt oder etwa mit einem schwarzen Herzchen notdrftig bedeckt wird, um jeden Pornografieverdacht von vornherein wirksam zu entkrften. 20 Die vorgenannten Begriffsmerkmale lassen Raum fr eine Anpassung des Pornografiebegriffs an vernderte gesellschaftliche Wertvorstellungen, welchen die im Einzelfall vorzunehmende Bewertung, ob Pornografie vorliegt oder nicht, stets Rechnung zu tragen hat. Das Kriterium der gesellschaftlichen Wertvorstellungen stellt sich insoweit als Korrektiv im Sinne eines ne34 BVerwG, Urteil v. 20.2.2002 – 6 C 13/01, NJW 2002, 2966, 2969; s. auch VG Mn-

chen, Urteil v. 19.9.2002 – M 17 K 99.3449, MMR 2003, 292 ff. m. Anm. Palzer. 35 Vgl. Hertel, in: Hahn/Vesting, § 3 RStV Rz. 43. 36 Ausfhrlich zu den maßgeblichen Kriterien fr Pornografie Erdemir, MMR 2003,

628, 630 ff.; s. auch Hoeren, Recht der Access Provider, Rz. 746.

640 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 22 Kap. 14

gativen Abgrenzungsmerkmals zur Pornografie dar. So vermochte die in den vergangenen Jahren vollzogene Liberalisierung in der Sicht auf die Nacktheit und die Sexualitt sprbaren Einfluss auf die Grenzziehung zur Pornografie zu nehmen. 37 Das Auslegungsmodell der Menschenwrdeverletzung, auf welches in der Literatur 38 gelegentlich zurckgegriffen wird, darf dagegen schon mit Blick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot fr die Annahme des Pornografiecharakters von Medieninhalten keine maßgebliche Rolle spielen. 39 d) Zugnglichmachen pornografischer Inhalte

Die in § 184 Abs. 1 Nrn. 1–9 StGB unter Strafe gestellten Tathandlungen be- 21 ziehen sich stets auf ein In-Verkehr-Bringen einfachpornografischer Schriften unter besonderen Voraussetzungen. In den vorliegend besonders relevanten Nrn. 1 und 2 umfasst der Oberbegriff des Zugnglichmachens an Minderjhrige die weiteren genannten Modalitten des Anbietens, Jberlassens, Ausstellens, Anschlagens und Vorfhrens. Von grçßter praktischer Bedeutung ist allerdings der Tatbestand des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Denn whrend § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB voraussetzt, dass die pornografische Schrift dem Minderjhrigen tatschlich zugnglich geworden ist, gengt es fr den Tatbestand der Nr. 2, dass sie in seinen potenziellen Wahrnehmungsbereich gelangt. Fr das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „Zugnglichmachen“ i.S.d. Nr. 2 reicht folglich die bloße abstrakte Mçglichkeit der Kenntnisnahme aus. 40 Bei der Tathandlung nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB muss der Minderjhrige dagegen individualisiert sein, da sonst eine kaum nachvollziehbare Jberschneidung insbesondere mit Abs. 1 Nr. 2 bestehen wrde. 41 Ein Zugnglichmachen ist grundstzlich bereits im Falle des Bereitstellens 22 von Dateien (auch Dritter) auf einem Server im Internet oder auch bei der bloßen Zugangsvermittlung gegeben. 42 Hierbei sind allerdings die verantwortlichkeitsbegrenzenden Bestimmungen der §§ 8–11 TDG bzw. §§ 6–9 MDStV zu beachten (eingehend hierzu Vassilaki, Kap. 15, Rz. 19 ff.; s. auch oben Rz. 10). So schließt § 11 TDG die Zurechnung eines tatbestandsmßigen Erfolgs aus, wenn der Host-Service-Provider keine Kenntnis hinsichtlich der

37 Zum Paradigmenwechsel in der Pornografie s. Erdemir, MMR 2003, 628 ff. 38 Vgl. Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, § 3 RStV Rz. 39; Mahrenholz, ZUM

1998, 525, 527 f.; Ulich, Pornografiebegriff, S. 82 ff. 39 S. dazu Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 141 f.; beipflichtend Liesching, Ju-

gendmedienschutz, S. 82; kritisch zur Verbindung von Pornografie und Menschenwrdeverletzung auch Lackner/K+hl, § 184 Rz. 2 m.w.N. 40 BVerwG, Urteil v. 20.2.2002 – 6 C 13/01, NJW 2002, 2966, 2968; s. auch Lenckner/ Perron, in: Schçnke/Schrçder, § 184 Rz. 10. 41 OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, MMR 2004, 409 ff.; s. auch Trçndle/Fischer, § 184 Rz. 10. 42 Sieber, JZ 1996, 494.

Erdemir | 641

Kap. 14 Rz. 23

Jugendschutz

Rechtswidrigkeit der von ihm gespeicherten Informationen hat und wenn er, sobald er Kenntnis davon erlangt, die Information entfernt oder sperrt. 43 23 Die mit dem Tatbestandmerkmal „Zugnglichmachen“ korrelierende Frage nach den Anforderungen an entsprechende Altersverifikationssysteme wird gegenwrtig besonders kontrovers diskutiert. Whrend die sog. Adult-Branche allein personalausweiskennziffergesttzte Altersverifikationssysteme gelten lassen will, 44 hat die Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM), welche ber die Einhaltung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) wacht, hierfr folgende Eckwerte formuliert: Alterskontrolle durch persçnlichen Kontakt (sog. Face-to-Face-Kontrolle) sowie Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang 45 (s. dazu unten Rz. 66). 24 Bekanntlich hat sich neben dem BGH 46 auch das BVerwG 47 in einem jngeren Urteil bereits mit der Frage verlsslicher Altersverifikationssysteme auseinander gesetzt. Hierzu hat das BVerwG ausgefhrt, dass das Ausstrahlen pornografischer Filme im Pay-TV grundstzlich als Zugnglichmachen i.S.d. § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen sei, soweit nicht Vorkehrungen getroffen wrden, die den visuellen Zugang Minderjhriger zu dem pornografischen Inhalt regelmßig verhinderten. Erforderlich sei demnach eine „effektive Barriere“, welche ber die allgemeine Codierung der Filme hinausgehe. Eine zuverlssige Alterskontrolle sei bspw. dann anzunehmen, „wenn vor oder whrend des Vertragsschlusses ein persçnlicher Kontakt mit dem spteren Kunden stattfindet und in diesem Zusammenhang eine zuverlssige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher und mit Lichtbild versehener Dokumente ... vorgenommen wird“. Zustzlich msse „zumindest eine weitere im System angelegte effektive Vorkehrung“ getroffen werden, die die Weitergabe der bei der Nutzerverifikation bermittelten Zugangsdaten wesentlich erschwere. 48 Das beschriebene Anforderungsprofil kann ber den Rundfunk hinaus uneingeschrnkt auch fr solche Abrufdienste zur Anwendung gelangen, in welchen der Kunde pornografische Filme gegen Einzelentgelt abrufen und auf dem heimischen (TV-)Bildschirm rezipieren kann. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zunehmenden Konvergenz elektronischer Medien vermag zumindest die Zielvorgabe als solche („effektive Barriere“) auch fr die Frage einer geeigneten Altersverifikation im Internet Gltigkeit zu beanspruchen. Zudem stellt bereits § 184 Abs. 1 StGB das Zugnglichmachen pornogra43 Zur strafrechtlichen Haftung nach §§ 8 ff. TDG s. Vassilaki, MMR 2002, 659 ff.;

44 45 46 47 48

instruktiv zu den haftungsrechtlichen Grundproblemen des Internets – wenn auch auf Basis der alten Rechtslage – Spindler, NJW 1997, 3193 ff. Ebenso Berger, MMR 2003, 773 ff.; dagegen Erdemir, MMR aktuell 2/2004, V ff.; Liesching, MMR aktuell 2/2004, VII f. und Dçring/G+nter, MMR 2004, 231 ff. Vgl. die Pressemitteilung der KJM 2/2003 v. 24.6.2003, abrufbar unter http://www. alm.de. BGH, Urteil v. 22.5.2003 – 1 StR 70/03, MMR 2003, 582 ff. m. Anm. Liesching. BVerwG, Urteil v. 20.2.2002 – 6 C 13/01, NJW 2002, 2966 ff. BVerwG, Urteil v. 20.2.2002 – 6 C 13/01, NJW 2002, 2966, 2968.

642 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 26 Kap. 14

fischer Schriften an Minderjhrige generell unter Strafe, und zwar unabhngig davon, ob dies im Wege des Rundfunks oder aber ber das Internet geschieht. Dem Vorgenannten zufolge ist auch im Internet erforderlich, dass zwischen 25 der pornografischen Darstellung und dem Minderjhrigen eine „effektive Barriere“ besteht, die er berwinden muss, um die Darstellung wahrnehmen zu kçnnen. So sah es auch das OLG Dsseldorf, welches in seinem viel beachteten Revisionsurteil vom 17.2.2004 allein kennziffergesttzten Altersverifikationssystemen auch in Verbindung mit der Kostenpflichtigkeit der Einwahl ber sog. Dialer eine deutliche Absage erteilt hat. 49 Dass die anonyme Schl ssigkeitspr fung der eingegebenen Personalausweis- oder Kreditkartennummer kein effektives Zugangshindernis fr Minderjhrige darstellen kann, liegt auf der Hand. Denn ungeachtet der immer gegebenen Mçglichkeit einer Beschaffung der Personalausweiskennziffer von Erwachsenen (z.B. den Eltern) wird mittlerweile wohl niemand ernsthaft bestreiten kçnnen, dass sich Kennziffern ber entsprechende Programmroutinen berechnen und Screenshots von gltigen Personalausweisen im Internet ohne weiteres finden lassen. 50 So lag bspw. der Entscheidung des 4. Strafsenats des KG Berlin vom 13.9.2004 ein Fall zugrunde, in dem ein ermittelnder Kriminalbeamter die Sperre einer pornografischen Website allein dadurch berwunden hatte, dass er die Personalausweisnummer der Schauspielerin Uschi Glas eingab. Deren Ausweis war zuvor in einer Illustrierten deutlich lesbar abgedruckt gewesen. 51 Die Kostenpflichtigkeit eines Angebotes wiederum mag im Einzelfall zwar die Motivation von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf die Anwahl derartiger Seiten beeinflussen. Erwgungen dahin gehend, die Kostenpflichtigkeit wrde Minderjhrige grundstzlich wirksam von der Nutzung ausschließen, bewegen sich aber im Bereich unzulssiger Spekulation. 52 Entscheidend ist allein, dass bei einer Kostenpflichtigkeit der Einwahl ber sog. Dialer der Zugang zu pornografischen Inhalten keine technische Beschrnkung erfhrt, sondern vielmehr weiterhin mit einem Mausklick zu erlangen ist. 53 Selbstverstndlich sind auf der anderen Seite auch dem Postulat an ein mçg- 26 lichst undurchlssiges Altersverifikationssystem Grenzen gesetzt. Zum einen mssen Umgehungsmçglichkeiten noch dem Sorgfaltspflichtenbereich des Anbieters zuzurechnen sein. Von einer entsprechenden Zurechenbarkeit ist insbesondere dann auszugehen, wenn einfache und nahe liegende Umge49 OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, MMR 2004, 409 ff. m.

50 51 52 53

zust. Anm. Erdemir = CR 2004, 456 ff. m. zust. Anm. Gercke = JMS-Report 2/2004, 9 ff. m. zust. Anm. Neumann; s. auch KG Berlin, Urteil v. 26.4.2004 – (5) 1 Ss 436/03 (4/04), MMR 2004, 478 ff. m. zust. Anm. Liesching sowie KG Berlin, Beschluss v. 13.9.2004 – (4) 1 Ss 295/04 (113/04). Eingehend hierzu Dçring/G+nter, MMR 2004, 231, 233. S. hierzu die Pressemitteilung des KG Berlin 47/2004 v. 25.10.2004, abrufbar unter http://www.berlin.de/senjust/gerichte/kg/presse/archiv/22906/index.html. So sah es aber die Vorinstanz, s. LG Dsseldorf, Urteil v. 31.1.2003 – XXXI 34/02, MMR 2003, 418 m. Anm. Feser. Vgl. hierzu auch Gercke/Liesching, CR 2003, 456, 457.

Erdemir | 643

Kap. 14 Rz. 27

Jugendschutz

hungsmçglichkeiten bestehen. 54 Zum anderen werden Jugendschutzbarrieren mit Blick insbesondere auf die Informationsfreiheit des erwachsenen Konsumenten und die Berufsfreiheit der Adult-Webmaster dann an die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulssigen stoßen, wenn sie auch Erwachsenen den Zugang zu pornografischen Inhalten unzumutbar erschweren und damit faktisch wie ein absolutes Pornografieverbot wirken. Auch schuldet der Anbieter nicht den 100%igen Erfolg des Ausschlusses Kinder und Jugendlicher. Denn bis zur Einfhrung und Serienreife biometrischer Identifikations- und Zugangskontrollverfahren lsst sich ein absolut zuverlssiger Alters- bzw. Jugendschutz wohl nur mit einem Totalverbot erreichen.

3. Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB) a) Schutzrichtungen

27 Der Strafgesetzgeber pçnalisiert in § 131 StGB bestimmte Formen medialer Gewaltdarstellungen. Ausgehend von der Jberlegung, dass zwischen Mediengewalt und aggressivem Verhalten ein Zusammenhang besteht, versucht der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung sozialschdliche, weil Gewaltbereitschaft fçrdernde Darstellungen zu unterbinden. 55 Vorrangig geschtztes Rechtsgut ist damit der çffentliche Frieden, dh. der Zustand allgemeiner Rechtssicherheit wie auch das Bewusstsein der Bevçlkerung, in Ruhe und Frieden zu leben. 56 Indem der Einzelne vor der Fehlentwicklung zu einer aggressiven Haltung bewahrt werden soll, tritt der Gedanke des Jugendschutzes als Nebenzweck hinzu. 57 Hierbei hat sich der Gesetzgeber bei der Regelung des § 131 StGB erkennbar von einem lerntheoretischen, dh. von einem von einer aggressionsauslçsenden bzw. aggressionssteigernden Wirkung des Konsums medialer Gewaltdarstellungen ausgehenden Ansatz leiten lassen. 58 Gesicherte Erkenntnisse der Wirkungsforschung im Hinblick auf einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen realer Gewalt und medialem Gewaltkonsum braucht der Gesetzgeber im Hinblick auf die oben dargelegte Einschtzungsprrogative (Rz. 6 ff.) hierbei nicht abzuwarten. b) „Darbietungen“ in Rundfunk, Medien- oder Telediensten

28 § 131 Abs. 2 StGB stellt der Schriftenverbreitung nach Abs. 1 Darbietungen im Rundfunk sowie in Medien- und Telediensten gleich. Hier gilt das zu § 184c StGB Ausgefhrte (vgl. oben Rz. 13), so dass davon auszugehen ist, Vgl. hierzu Dçring/G+nter, MMR 2004, 231, 234. BT-Drs. VI/3521, S. 6. Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 1; Erdemir, ZUM 2000, 699, 700 f. Vgl. Liesching, Jugendmedienschutz, S. 92; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 113 f.; den Aspekt des Jugendschutzes dagegen von vornherein ausklammernd Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 1. 58 Schraut, Jugendschutz und Medien, S. 63. 54 55 56 57

644 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 30 Kap. 14

dass unter Fortfhrung der bisherigen Spruchpraxis auch § 131 Abs. 2 StGB nur fr Live-Darbietungen („Echtzeitbertragungen“) Gltigkeit zu beanspruchen vermag. Fr die Anbieter elektronischer Marktpltze und Versteigerungsplattformen wird daher in aller Regel § 131 Abs. 1 StGB einschlgig sein. c) Gewaltverherrlichung, Gewaltverharmlosung und Menschenw rde

Der Tatbestand des § 131 Abs. 1 StGB gliedert sich – grob unterteilt – in zwei 29 Alternativen. Erfasst wird die grausame oder sonst unmenschliche Schilderung von Gewaltttigkeiten gegen Menschen oder menschenhnliche Wesen in einer Art, die (1.) eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewaltttigkeiten ausdrckt oder (2.) das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwrde verletzenden Weise darstellt. Hierbei bereiten Auslegung und Anwendung der Kernbegriffe des Gewaltdarstellungsverbotes, namentlich die Gewaltverherrlichung, die Gewaltverharmlosung und die Menschenwrde, seit jeher unbersehbare Schwierigkeiten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen daher insbesondere im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz. 59 aa) Schilderung grausamer oder sonst unmenschlicher Gewaltttigkeiten gegen Menschen

Zunchst einmal muss eine Schilderung grausamer oder sonst unmensch- 30 licher Gewaltttigkeiten gegen Menschen vorliegen, womit Vandalismus und Tierqulerei ausscheidet. Wegen des verfassungsrechtlichen Verbotes einer Strafbegrndung durch Analogie nicht erfasst waren in der Vergangenheit darber hinaus Gewaltttigkeiten, die an Fantasiewesen mit mehr oder weniger menschenhnlichen Zgen (Außerirdische, Vampire, Zombies etc.) ausgebt werden. 60 Mit In-Kraft-Treten des oben bereits erwhnten (Rz. 13) Strafrechtsnderungsgesetzes am 1.4.2004 sind nunmehr ausdrcklich auch Gewaltdarstellungen von § 131 StGB erfasst, die „menschenhnliche Wesen“ als Opfer von Gewaltttigkeiten zeigen. Damit sollen fiktive Wesen erfasst sein, die nach objektiven Maßstben ihrer ußeren Gestalt nach Rhnlichkeit mit Menschen aufweisen, weiterhin comichaft gezeichnete oder durch elektronische Spezialeffekte dargestellte (virtuelle) Menschen. 61 Angesichts des Schutzzwecks der Strafnorm in Gestalt der Verhinderung negati59 Zur Verfassungswidrigkeit der „Gewaltverharmlosungs“- und der „Menschen-

wrde“-Alternative wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG s. Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 109 ff.; Erdemir, ZUM 2000, 699, 703 ff.; s. auch Gehrhardt, Gewaltdarstellungsverbot und Grundgesetz, S. 49 ff.; Schraut, Jugendschutz und Medien, S. 57; kritisch auch Lenckner, in: Schçnke/ Schrçder, § 131 Rz. 2 sowie Lackner/K+hl, § 131 Rz. 1. 60 BVerfGE 87, 209, 225 – Tanz der Teufel; s. auch Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 73 f. m.w.N. 61 BT-Drs. 15/1311, 22.

Erdemir | 645

Kap. 14 Rz. 31

Jugendschutz

ver Einflsse auf die Einstellung anflliger Jugendlicher und Erwachsener erscheint die Tatbestandserweiterung zunchst einmal begrßenswert. Bei nherer Betrachtung stimmt die Erweiterung mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz jedoch bedenklich. Denn das Gesetz lsst offen, wann der strafrechtsrelevante Bereich der „Menschenhnlichkeit“ erreicht ist. Nimmt man die Tatbestandserweiterung beim Wort, so wre wohl ein nicht unerheblicher Teil der im phantastischen Genre angesiedelten, einem erwachsenen Publikum vorbehaltenen Filme vom Markt zu nehmen. 62 Auch gilt es zu bercksichtigen, dass gegenwrtig in einem breiten Spektrum von (gesellschaftlich tolerierten) Zeichentrickfilmen zum Teil sehr gewaltttig agiert wird. Schließlich drfte das Tatbestandsmerkmal „in einer die Menschenwrde verletzenden Weise“ (s. dazu unten Rz. 34 ff.) in der Kombination mit „menschenhnlichen Wesen“ im Einzelfall kaum noch rational lçsbare Interpretationsfragen aufwerfen. 63 Das Tatbestandsmerkmal „menschenhnliche Wesen“ drfte daher im Wege verfassungskonformer restriktiver Auslegung in der Praxis nahezu leer laufen, womit sich seine Existenz allein in der plakativen Missbilligung entsprechender Darstellungen rechtfertigen lsst. 31 Grausam ist ein Handeln, wenn es unter Zufgung besonderer Schmerzen oder Qualen kçrperlicher oder seelischer Art ausgefhrt wird und darber hinaus eine brutale, unbarmherzige Haltung desjenigen erkennen lsst, der sie begeht. Unmenschlich sind Gewaltttigkeiten, sofern mit einer Menschen verachtenden und rcksichtslosen Gesinnung gehandelt wird. 64 Eine Schilderung i.S.d. Gewaltdarstellungsverbots liegt vor, wenn unter Zuhilfenahme des verwendeten Mediums die Vorstellung von grausamen oder sonst unmenschlichen Gewaltttigkeiten gegen Menschen vermittelt wird, gleichgltig, ob dies auf optischem oder akustischem Wege geschieht. Hierbei ist nicht zwingend erforderlich, dass die Gewalteinwirkung auf das Opfer lckenlos dargeboten oder die Gewaltttigkeiten realistisch oder wie auch immer verfremdet beschrieben werden. 65

62 Ein (in der Sache ungerechtfertigtes) totales Verbreitungsverbot drfte – soweit im

Einzelfall auf der Rechtfertigungsebene nicht die Kunstfreiheit zur Anwendung gelangen kann – die Alien-Parodie „Bad Taste“, das Erstlingswerk des Herr-der-Ringe-Regisseurs Peter Jackson, ereilen. Entsprechendes gilt bspw. auch fr Zack Snyders „Dawn of the Dead“, fr Ryuhei Kitamuras „Versus“ sowie fr Brian Yuznas aktuellen „Beyond Re-Animator“. Aber auch ber das Schicksal zahlreicher, im Vampirgenre angesiedelter Filme wie Stephen Norringtons „Blade“ oder John Carpenters „Vampire“ msste ggf. neu verhandelt werden. 63 So ausdrcklich Duttge/Hçrnle/Renzikowski, NJW 2004, 1065, 1070. 64 Vgl. jeweils Trçndle/Fischer, § 131 Rz. 7; Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 7. 65 Ausfhrlich dazu Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 75 ff.

646 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 34 Kap. 14

bb) Ausdruck der Verherrlichung oder Verharmlosung der Gewaltttigkeiten

Die Gewaltdarstellung ist zum einen dann strafbar nach § 131 StGB, wenn 32 sich in ihr „eine Verherrlichung oder Verharmlosung ... ausdrckt“. Eine Gewaltverherrlichung liegt hierbei dann vor, wenn eine unverhohlene, direkte Glorifizierung der einschlgigen Gewaltttigkeiten vorliegt, die erkennbar ber den Grad hinausgeht, der bestimmten Filmtypen allein schon genrebedingt immanent ist. 66 Dabei reicht es nicht aus, wenn die fraglichen Gewalthandlungen als reizvolles Abenteuer oder als Kennzeichen fr Heldentum und kraftvolle Mnnlichkeit dargestellt werden. Vielmehr muss die betreffende Darstellung aufgrund ihres grausamen oder unmenschlichen Inhalts und des Kontextes, in dem sie erfolgt, eindeutig und fr jedermann erkennbar fr die konkret ausgebte Gewaltttigkeit – gerade auch in ihrer Grausamkeit oder sonstigen Unmenschlichkeit – werben. 67 Unter Gewaltverharmlosung wird in der Kommentarliteratur zu § 131 StGB 33 grundstzlich eine Darstellung verstanden, die diese Gewaltttigkeiten als eine im menschlichen Zusammenleben bliche bzw. relativ alltgliche Verhaltensform oder mindestens als nicht verwerfliches Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen oder zur Lçsung von Konflikten bagatellisiert. 68 Schon die Begriffsbestimmung verdeutlicht, dass dem Tatbestand der Gewaltverharmlosung eine gewisse Tendenz zur Uferlosigkeit anhaftet. 69 Denn bei seiner konsequenten Anwendung wre – angefangen bei James Bond und Indiana Jones – ein nicht unerheblicher Teil des aktuellen Unterhaltungskinos umgehend vom Markt zu nehmen. In Kombination mit „menschenhnlichen Wesen“ nimmt der vorgenannte Definitionsversuch darber hinaus nahezu groteske Zge an. Denn wie bspw. mit einem Zombie oder mit einem Vampir „zwischenmenschliche“ Konflikte in adquater Form zu lçsen wren, ist nicht erkennbar. cc) Darstellung der Gewaltttigkeiten in einer die Menschenw rde verletzenden Weise

Nach der zweiten Alternative des § 131 Abs. 1 StGB sind Schilderungen von 34 grausamen oder unmenschlichen Gewaltttigkeiten gegen Menschen oder menschenhnliche Wesen dann strafbar, wenn sie „das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenw rde verletzenden Weise“ darstellen. Prfstein dieser Tatbestandsalternative ist alleinig ein abstrahierter, objektiver Begriff der Menschenwrdeverletzung. Die Verletzung 66 Erdemir, ZUM 2000, 699, 702 f. 67 Ausfhrlich zum Tatbestand der Gewaltverherrlichung Erdemir, ZUM 2000, 699,

702 f. 68 Vgl. Lackner/K+hl, § 131 Rz. 6 i.V.m. § 130 Rz. 8; Trçndle/Fischer, § 131 Rz. 10;

Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 9. 69 Rhnlich krit. schon Gehrhardt, Gewaltdarstellungsverbot und Grundgesetz, S. 52.

Erdemir | 647

Kap. 14 Rz. 35

Jugendschutz

der Menschenwrde ist dagegen nicht am Opfer der geschilderten Gewalt, erst recht nicht am Zuschauer zu messen. 70 35 Nachdem sowohl in der Literatur 71 als auch in der Rechtsprechung 72 Tendenzen unbersehbar wurden, wonach das Kriterium der „Selbstzweckhaftigkeit“ einer Gewaltdarstellung ausschlaggebender Maßstab einer Menschenwrdeverletzung sein sollte, hat das BVerfG selbigem in seinem vielbeachteten „Tanz der Teufel“-Beschluss v. 20.10.1992 73 eine deutliche Absage erteilt. Denn allein die aufdringliche und anreißerische Darstellung von Gewaltttigkeiten zu dem Zweck, um dem Zuschauer Action und Spannung zu bieten und insoweit sein – wenn auch fragwrdiges – Unterhaltungsbedrfnis zu stillen, kann fr die Annahme einer unzulssigen Gewaltdarstellung nicht ausreichen. Anderenfalls wrde auch dieser Tatbestand ausufern. Zudem muss aus dem (zwischenzeitlich fest etablierten) Stilmittel der detailgenauen Simplifizierung zur Erzeugung von Reiz, Nervenkitzel und innerlichem Aufgewhltsein des Publikums nahezu zwangslufig der Vorwurf der Selbstzweckhaftigkeit erwachsen. 74 Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine Gewaltdarstellung in einer die Menschenwrde verletzenden Weise deshalb nur dann vor, wenn die entsprechende Schilderung darauf angelegt ist, „beim Betrachter eine Einstellung zu erzeugen oder zu verstrken, die den fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen zukommt“. Erforderlich ist damit eine Anregung des Betrachters zur bejahenden Anteilnahme an den Schreckensszenen. 75

70 Vgl. Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 11; Lackner/K+hl, § 131 Rz. 7;

71 72

73 74 75

Trçndle/Fischer § 131 Rz. 13; Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 92 f.; Erdemir, ZUM 2000, 699, 704; a.A. Brockhorst-Reetz, Repressive Maßnahmen zum Schutze der Jugend, S. 41 f., die den Tatbestand des § 131 StGB mit einer verfassungsrechtlichen Prfung des Schutzbereichs der Menschenwrde belastet und eine Verletzung selbiger allein am Umgang der Akteure miteinander bzw. am Opfer der dargestellten Gewalt misst. Vgl. z.B. Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 131 Rz. 11; Meirowitz, Gewaltdarstellungen, S. 333; Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, § 3 RStV Rz. 32. Vgl. z.B. LG Frankfurt, BPS-Report 3/1990, 33 f. – Freitag der 13. – Das letzte Kapitel; AG Mnchen, BPS-Report 2/1991, 45 f. – Zombie 2 – Das letzte Kapitel; AG Mnchen, BPS-Report 4/1991, 43 – Das Bçse. BVerfGE 87, 209 ff. – Tanz der Teufel = NJW 1993, 1457 ff. = EuGRZ 1992, 614 ff. Vgl. hierzu Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 94 ff.; Erdemir, ZUM 2000, 699, 705; beipflichtend Liesching, Jugendmedienschutz, S. 101 f. BVerfGE 87, 209, 228 ff. – Tanz der Teufel.

648 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 38 Kap. 14

4. Volksverhetzung (§ 130 StGB) a) Schutzrichtungen

Geschtztes Rechtsgut des § 130 StGB ist in erster Linie der çffentliche Frie- 36 den. 76 Darber hinaus kommen als geschtzte Rechtsgter die Menschenw rde und – dies zeigt bereits ein Blick in § 130 Abs. 2 Nr. 1c StGB – der Jugendschutz in Betracht. Fr einen zumindest mittelbaren Normzweck in Gestalt des Jugendschutzes spricht der Umstand, dass insbesondere Minderjhrige die vielfach unterschwellige, schleichende Fremdenfeindlichkeit, Rassenhetze oder Bagatellisierung des Holocaust in Medien schwer durchschauen drften. 77 Durch den Siegeszug des Internets, welcher die Vernetzung und Bndelung (auch) rechtsextremer Bestrebungen wesentlich erleichtert hat, haben vor allem die Abs. 2 und 3 des § 130 StGB erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen. b) Verbreitung volksverhetzender Schriften (Abs. 2 Nr. 1)

Die auch als allgemeiner „Anti-Diskriminierungstatbestand“ bezeichnete 37 Bestimmung des § 130 Abs. 2 StGB ist durch das Verbrechensbekmpfungsgesetz (VerbrBekG) vom 28.10.1994 78 unter Einbeziehung des bereits in § 131 StGB a.F. pçnalisierten Aufstachelns zum Rassenhass neu in § 130 StGB eingefgt worden. Sie hat in Nr. 1 Schriften zum Gegenstand, welche zum Hass gegen Teile der Bevçlkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiçse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewaltoder Willkrmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwrde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevçlkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, bçswillig verchtlich gemacht oder verleumdet werden. Geschtzt sind neben den (inlndischen) Teilen der Bevçlkerung auch die in § 220a StGB a.F. genannten nationalen, rassischen, religiçsen oder durch ihr Volkstum bestimmten Gruppen im In- oder Ausland. 79 Aufstacheln zum Hass i.S.d. 1. Tatbestandsalternative bedeutet nachhaltig 38 auf Sinne und Gefhle anderer mit dem Ziel einwirken, ber bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende Feindschaft bzw. feindselige Haltungen wegen der Zugehçrigkeit zu einem Bevçlkerungsteil oder einer Gruppe zu erzeugen oder zu steigern. 80 Dies kann bspw. bereits bei der Rußerung „Rassenmischung ist Vçlkermord“ der Fall sein. 81 Eine Aufforderung bedeutet ein ber bloßes Befrworten hinausgehendes, ausdrckliches oder kon76 OLG Mnchen, Beschluss v. 25.3.1985 – 2 Ws 242/85, NJW 1985, 2430 zu § 130

a.F.; OLG Celle, JR 1998, 79 m. Anm. Popp. 77 Vgl. Scholz/Liesching, § 130 StGB Rz. 1; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 328; je78 79 80 81

weils Bezug nehmend auf BVerfGE 30, 336, 347 ff. BGBl. I S. 3186. Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 4 und 15; Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 13. Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 8; Lackner/K+hl, § 130 Rz. 4. OLG Zweibrcken, NStZ 1994, 490 f.

Erdemir | 649

Kap. 14 Rz. 39

Jugendschutz

kludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel, in ihnen den Entschluss zu bestimmten Handlungen hervorzurufen. 82 Mit Gewalt- oder Willk rmaßnahmen sind im Unterschied zu § 234a StGB auch Privataktionen ohne staatliche Beteiligung (z.B. Pogrome) gemeint. 83 Kennzeichnend fr Gewalt- und Willkrmaßnahmen ist, dass mit dem Opfer nach den Zwecken und den Vorstellungen Dritter verfahren wird, ohne dass sich diese an die Grundstze der Gerechtigkeit und Menschlichkeit halten. 84 39 In seiner 2. Alternative hat § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB einen Angriff auf die Menschenw rde zur Voraussetzung. Der Angriff muss sich hierbei gegen den ihre menschliche Wrde ausmachenden Kern der Persçnlichkeit richten, wobei der angegriffenen Person ihr ungeschmlertes Lebensrecht als gleichwertige Persçnlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft bestritten und sie als minderwertiges Wesen behandelt wird. 85 Verleumden meint in Anlehnung an § 187 StGB das Aufstellen oder Verbreiten unwahrer Tatsachenbehauptungen, die das Ansehen des Bevçlkerungsteils oder der Gruppe wider besseres Wissen des Tters herabsetzen. 86 Beschimpfen ist eine nach Form oder Inhalt besonders herabsetzende Kundgabe der Missachtung; bçswilliges Verchtlichmachen ist die aus verwerflichen Beweggrnden erfolgende Hinstellung anderer als verachtenswert, minderwertig oder unwrdig. 87 c) Leugnen des Holocaust (Abs. 3)

40 Nach dem ebenfalls durch das VerbrBekG vom 28.10.1994 88 in die Vorschrift des § 130 StGB eingefgten Abs. 3 wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Vçlkerstrafgesetzbuches (VStGB) bezeichneten Art 89 in einer Weise, die geeignet ist, den çffentlichen Frieden zu stçren, çffentlich oder in einer Ver82 83 84 85 86 87 88 89

Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 5b. Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 5b. So bereits BGHSt 1, 392. BGHSt 21, 371; 40, 97, 100; s. auch Lackner/K+hl, § 130 Rz. 3 sowie Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 331. Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 11. BGHSt 3, 346; 7, 111; s. auch Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 5d sowie Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 11. BGBl. I S. 3186. § 6 Abs. 1 VStGB lautet: „(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiçse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstçren, 1. ein Mitglied der Gruppe tçtet, 2. einem Mitglied der Gruppe schwere kçrperliche oder seelische Schden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufgt, 3. die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre kçrperliche Zerstçrung ganz oder teilweise herbeizufhren, 4. Maßregeln verhngt, die Geburten innerhalb der Gruppen verhindern sollen, 5. ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe berfhrt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.“

650 | Erdemir

II. Strafrechtlicher Jugendmedienschutz

Rz. 42 Kap. 14

sammlung billigt, leugnet oder verharmlost. Hierbei wird das in Abs. 2 Nr. 1 enthaltene Schriftenverbreitungsverbot ber Abs. 4 auf den vorgenannten Tatbestand erweitert. Seit Einfhrung des Abs. 3 fllt auch die sog. einfache Auschwitz-L ge – also das schlichte Leugnen des Holocaust – unter den Tatbestand der Volksverhetzung, was die bis dahin erforderliche Abgrenzung zwischen der „einfachen“ und der „qualifizierten Auschwitz-Lge“ entbehrlich machte. 90 Voraussetzung einer strafbaren Handlung ist das Billigen, Leugnen oder Ver- 41 harmlosen einer NS-Vçlkermordhandlung. Ein Billigen des Holocaust i.S.d. Abs. 3 ist anzunehmen, wenn dieser ausdrcklich oder konkludent gut geheißen wird. 91 Unter Leugnen wird das Bestreiten, In-Abrede-Stellen oder Verneinen des als offenkundige geschichtliche Tatsache Anerkannten verstanden. 92 Besonders problematisch ist die strafrechtliche Einordnung des in zahlreichen Online-Angeboten auftauchenden bloßen In-Frage-Stellens des Holocaust. Zwar ist Leugnen begrifflich mehr als ein In-Frage-Stellen, so dass die Wortlautgrenze des Abs. 3 insoweit berschritten wre. 93 Bei nherer Betrachtung drfte das bloße In-Frage-Stellen des Holocaust aber nur eine semantische Umgehung des Tatbestands darstellen. Denn in der Sache drfte das Zweifeln oder Hinterfragen eines als offenkundige geschichtliche Tatsache anerkannten Sachverhalts einem In-Abrede-Stellen gleichkommen. 94 Ist damit das bloße In-Frage-Stellen des Holocaust nicht von vornherein straflos, so gebietet das strafrechtliche Analogieverbot gleichwohl eine besonders restriktive Einzelfallbetrachtung. 95 Verharmlosen i.S.d. Abs. 3 ist sowohl das Herunterspielen des Holocaust in tatschlicher Hinsicht als auch das Bagatellisieren oder Relativieren in seinem Unwertgehalt. 96 § 130 StGB enthlt abstrakte Gefhrdungstatbestnde, 97 so dass bei Vorlie- 42 gen der beschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen die Rechtsgutsbeeintrchtigung „prognostiziert“ und damit der zum Tatbestand gehçrende Erfolg festgestellt werden kann. Damit kann deutsches Strafrecht ber die – auf der Ubiquittstheorie basierenden – Vorschrift des § 9 StGB auch dann zur Anwendung gelangen, wenn der Anbieter eines elektronischen Marktplatzes bzw. einer entsprechenden Versteigerungsplattform vom Ausland aus agiert (eingehend dazu Vassilaki, Kap. 15 Rz. 1 ff.). Entsprechendes gilt 90 Vgl. zum Ganzen Huster, NJW 1996, 487 ff.; Stegbauer, NStZ 2000, 281 ff. 91 BGHSt 22, 282; Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 18; Lackner/K+hl,

§ 130 Rz. 8. 92 BGHSt 40, 99; Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 30; Lenckner, in: Schçnke/Schrçder,

§ 130 Rz. 19. 93 Vgl. Beisel, NJW 1995, 997, 1000; Lackner/K+hl, § 130 Rz. 8; Lenckner, in: Schçn-

ke/Schrçder, § 130 Rz. 19. 94 So auch Scholz/Liesching, § 130 StGB Rz. 7; Stegbauer, NStZ 2000, 281, 284. 95 Zur Problematik des „Leugnungs“-Vorsatzes bei sog. Unbelehrbaren s. Lenckner,

in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 20. 96 Lenckner, in: Schçnke/Schrçder, § 130 Rz. 21; Lackner/K+hl, § 130 Rz. 8. 97 Trçndle/Fischer, § 130 Rz. 2.

Erdemir | 651

Kap. 14 Rz. 43

Jugendschutz

fr die oben (Rz. 12 ff.) dargestellten abstrakten Gefhrdungsdelikte der §§ 131 und 184 StGB.

III. Spezialgesetzlicher Jugendmedienschutz 1. JMStV und JuSchG 43 Mit In-Kraft-Treten des Staatsvertrags ber den Schutz der Menschenwrde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (JugendmedienschutzStaatsvertrag – JMStV) zum 1.4.2003 haben vor allem die Distributionswege Fernsehen und Internet eine aktuelle medienrechtliche Regelung erfahren. Hierbei wurden die rechtlichen Anforderungen an den Jugendschutz im Rundfunk, in Medien- und in Telediensten erstmalig in einem Gesetzeswerk zusammengefasst und mit der Einfhrung des Konzepts der „regulierten Selbstregulierung“ die Selbstkontrolle explizit gestrkt. 98 44 Der JMStV beabsichtigt ausweislich seines § 1 („Zweck dieses Staatsvertrages“) die Schaffung eines einheitlichen Jugendschutzstandards in allen elektronischen Online-Medien. Hierzu wurde fr den Jugendschutz auch die im geltenden Recht vorgenommene, im Einzelfall nur schwer auszumachende Unterscheidung zwischen Tele- und Mediendiensten aufgegeben. Der JMStV gilt daher neben dem Rundfunk gleichermaßen fr Teledienste nach dem TDG und Mediendienste nach dem MDStV, fr welche die neue Kategorie der „Telemedien“ gebildet wurde (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV). In materieller Hinsicht wurden die Jugendschutzbestimmungen aus dem Staatsvertrag ber den Rundfunk im vereinten Deutschland (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) und dem MDStV ausgegliedert und unter gleichzeitiger Erstreckung auf Teledienste im neuen JMStV zusammengefasst. Namentlich enthielten sowohl § 3 RStVals auch § 12 MDStVeigenstndige Jugendschutzregelungen, die sich nunmehr insbesondere in den §§ 4 und 5 JMStV wiederfinden. Das TDG dagegen enthielt auch in der Vergangenheit keine jugendschutzrelevanten Sachverhalte. Vielmehr war der Teledienste betreffende Jugendschutz im (ehemaligen) Gesetz ber die Verbreitung jugendgefhrdender Schriften und Medieninhalte (GjSM) enthalten. 45 Der JMStV wird ergnzt durch das Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23.7.2002, 99 welches zusammen mit dem Staatsvertrag am 1.4.2003 in Kraft getreten ist. Gleichzeitig ist das GjSM außer Kraft getreten. Das JuSchG ist in erster Linie dem Jugendschutz im Bereich der Trgermedien i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 JuSchG (Druckschrift, Filmrolle, Video- oder Audiokassette, DVD, CD-ROM etc.) verpflichtet. Hierbei regelt das Gesetz allerdings auch das 98 Vgl. hierzu Bornemann, NJW 2003, 787 ff.; Langenfeld, MMR 2003, 303 ff. sowie

Stettner, ZUM 2003, 425 ff. 99 BGBl. I S. 2730.

652 | Erdemir

III. Spezialgesetzlicher Jugendmedienschutz

Rz. 48 Kap. 14

sog. Indizierungsverfahren bei der Bundesprfstelle fr jugendgefhrdende Medien (BPjM) fr die Telemedien neu. So ist die BPjM nunmehr nicht nur fr die Indizierung von Telediensten, sondern vielmehr auch fr die Indizierung von Mediendiensten zustndig. 100 Regelungen ber das Verbreiten von Telemedien finden sich darber hinaus etwa in § 12 Abs. 2 Satz 3 JuSchG. 101

2. Abgrenzung Telemedien – Trgermedien Ungeachtet der angestrebten Konvergenz elektronischer Online-Medien 46 kommt der Rechtsanwender um Abgrenzungsfragen nicht umhin. Zum einen differenziert der JMStV intern nach Regelungen fr Rundfunk und solchen fr Telemedien: Abschnitt II enthlt die fr den Rundfunk, Abschnitt III die fr Telemedien geltenden Vorschriften. Darber hinaus unterscheidet auch der erste – Rundfunk wie Telemedien gleichermaßen einschließende – Abschnitt an einer zentralen Stelle zwischen Rundfunk und Telemedien. Whrend das Distributionsverbot von Pornografie im Rundfunk absolut ist, werden in § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV Ausnahmen fr Telemedien in sog. geschlossenen Benutzergruppen zugelassen (s. dazu bereits oben Rz. 23 ff. sowie unten Rz. 65 ff.). Zum anderen ist bereits eine problemlose Abgrenzung des JMStV zum Gel- 47 tungsbereich des JuSchG keineswegs gewhrleistet. Zwar liegt dem JMStV im Verhltnis zum JuSchG prinzipiell die Grenze zwischen Online- und Offline-Bereich zugrunde. Diese wird aber nicht stringent eingehalten. So beinhaltet das JuSchG nicht allein Regelungen fr die Indizierung und das Verbreiten von Telemedien. Vielmehr bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 2 JuSchG darber hinaus, dass dem gegenstndlichen Verbreiten, Jberlassen, Anbieten oder Zugnglichmachen von Trgermedien das elektronische Verbreiten, Jberlassen, Anbieten oder Zugnglichmachen gleichsteht; hiervon ausgenommen sind lediglich Rundfunkangebote. Schon hierdurch wird der in § 1 Abs. 2 Satz 1 JuSchG legal definierte Begriff der Trgermedien in seinen auf Kçrperlichkeit bezogenen Konturen („Medien ... auf gegenstndlichen Trgern“) sprbar aufgeweicht. Gerade auch im Anwendungsbereich der elektronischen Marktpltze ge- 48 b hrt in Zweifelsfllen dem JMStV der Vorrang. Denn der Gesetzgeber ist erkennbar davon ausgegangen, mit Hilfe des JMStV einen einheitlichen Jugendschutzstandard in allen elektronischen Online-Medien zu schaffen. Das JuSchG ist demgegenber vor allem dem Jugendschutz im Bereich der gegenstndlichen, zur Weitergabe geeigneten Medientrger verpflichtet. Im Sinne eines mçglichst effizienten Jugendschutzes erscheint es wenig ratsam, diese jedenfalls vom Ansatz her relativ klare Trennlinie aufzugeben. 100 Vgl. §§ 17 ff. JuSchG. 101 Eine Jbersicht der Vorschriften ber Telemedien im JuSchG findet sich bei Stett-

ner, ZUM 2003, 425, 428.

Erdemir | 653

Kap. 14 Rz. 49

Jugendschutz

Zunchst ist daher immer zu prfen, ob das in Rede stehende Angebot als Tele- oder Mediendienst und mithin als Telemedium i.S.d. JMStV qualifiziert werden kann. Gelingt dies nicht, so ist der jeweils zugrunde liegende Datenspeicher den Trgermedien zuzuordnen, womit eine Anwendbarkeit des JuSchG erçffnet ist (negative Abgrenzungsformel). 102 Im Jbrigen kann in Zweifelsfllen zur Abgrenzung auch der objektivierte, nach außen erkennbare Wille desjenigen ergnzend herangezogen werden, der den jugendschutzrelevanten Inhalt zur Verfgung stellt. 103 49 Dem Vorgenannten zufolge fallen unter den Begriff der Telemedien insbesondere: Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind; Angebote zur Nutzung anderer Netze (z.B. Intranet, sonstige Benutzergruppen); Angebote im Bereich der Individualkommunikation (Telebanking, E-Mail-Datenaustausch); Angebote von Waren und Dienstleistungen in Abrufdiensten (sog. Teleshopping, vgl. hierzu auch § 6 JMStV) oder in elektronisch abrufbaren Datenbanken (z.B. Video-on-demand und Videostreaming); ferner Angebote zur Nutzung von Telespielen (z.B. Internetdownload von Computerspielen) und Verteildienste (z.B. Videotext). 104 Werden daher, wie bspw. im Bereich von Video-on-demand, auf Trgermedien gespeicherte Filme zu einem neuen Angebot im Wege des elektronischen Einzelabrufs konzipiert, so sind die Vorschriften des JMStV und nicht etwa diejenigen des JuSchG einschlgig. Auch fr die derzeit stark boomenden elektronischen Tauschbçrsen 105 fr Audio- und insbesondere Videofiles werden die Bestimmungen des JMStV zur Anwendung gebracht. 106 Wird der elektronische Versandhandel daher nahezu ausnahmslos unter den Oberbegriff der Telemedien subsumiert, so luft der Begriff in der Anwendungspraxis des JuSchG (vgl. §§ 12 Abs. 3 Nr. 2, 15 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG, jeweils i.V.m. § 1 Abs. 4 JuSchG) weitgehend ins Leere. 107

102 Rhnlich Scholz/Liesching, § 1 JuSchG Rz. 8 u. 12. 103 So Stettner, ZUM 2003, 425, 429; vgl. zum Ganzen auch Hartstein/Ring/Kreile/

Dçrr/Stettner, § 3 JMStV Rz. 4. 104 Vgl. Scholz/Liesching, § 1 JuSchG Rz. 16; Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 3 JMStV

Rz. 2 f.; eingehend zu Mediendiensten Meier, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 2 MDStV Rz. 49 ff.; eingehend zu Telediensten Spindler, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 2 TDG Rz. 54 ff. 105 Der Begriff „Tauschbçrse“ ist insoweit irrefhrend, als es sich bei den einschlgigen P2P-Netzen in tatschlicher Hinsicht regelmßig um Kopiernetzwerke handelt. Der Anbieter behlt seine Datei, der Nutzer auf der anderen Seite erhlt eine Kopie. Es wird also nicht wie beim Tausch etwas weggegeben, um eine andere Sache zu bekommen. 106 So ausdrcklich Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 3 JMStV Rz. 4; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 110. 107 Ebenso deutlich Scholz/Liesching, § 1 JuSchG Rz. 20; s. hierzu auch Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 376: „Aufgrund des dem Versand immanenten kçrperlichen Entußerns eines Trgermediums kommt die ‚push’- bzw. ‚pull’-Jbermittlung von Daten via Internet (fr die Verwirklichung der §§ 12 und 15 JuSchG) nicht in Betracht“.

654 | Erdemir

III. Spezialgesetzlicher Jugendmedienschutz

Rz. 52 Kap. 14

Der praktischen Anwendung der Bestimmungen des JMStV auf elektro- 50 nische Tauschbçrsen drften allerdings enge Grenzen gesetzt sein. Whrend bei zentralen Filesharing-Systemen ber P2P-Netze der Austausch ber einen Zentralrechner gesteuert wird, auf welchem sich auch die Listen mit den gegenseitig angeschlossenen Teilnehmern und den angebotenen Inhalten befinden, wird bei den – in jngerer Zeit immer hufiger anzutreffenden – dezentral organisierten Filesharing-Systemen wie bspw. KaZaA oder Gnutella die Suchanfrage unmittelbar an alle Rechner weitergeleitet, die zum selben Zeitpunkt online sind. So bezeichnet bspw. das Modell Gnutella streng genommen nur ein Kommunikationsprotokoll, dh. eine Software, die das Gnutella-Protokoll verwendet, kann mit einer anderen GnutellaSoftware kommunizieren. Solche dezentralen P2P-Systeme drften sich einer effektiven Kontrolle weitgehend entziehen. Auch wird es aufgrund der dezentralen Struktur und in Ermangelung eines „klassischen“ Anbieters praktisch unmçglich sein, ein Gnutella-Netzwerk auf herkçmmliche Weise zu „sperren“. Vielmehr leben dezentral organisierte Filesharing-Systeme solange weiter, wie es auf der Erde mindestens zwei Rechner gibt, die sich auf der Basis des jeweiligen Protokolls verstndigen. Vom elektronischen Versandhandel zu unterscheiden ist der boomende In- 51 ternethandel mit Ton- und Bildtrgern. Angesichts der großen Anonymittsrisiken beim postalischen Versand unterfallen neben dem herkçmmlichen Katalogversandhandel auch das Onlineshopping einschließlich der Internet-Auktionen sowie allgemein der Versand per Bestellung im Internet dem in den §§ 12 und 15 JuSchG verankerten Verbot des Versandhandels in Bezug auf indizierte oder nicht gekennzeichnete Medien (s. dazu unten Rz. 111 ff.). Wer also bspw. auf einer entsprechenden Plattform als insoweit eigen- bzw. unmittelbar verantwortlicher Onlineauktionator in Erscheinung tritt und seine Bild- und Tontrger zur Versteigerung anbietet, hat neben den einschlgigen Bestimmungen des StGB insbesondere diejenigen des JuSchG zu beachten. Anbieter elektronischer Marktpltze und Versteigerungsplattformen sehen sich insoweit den Haftungsrisiken aus mittelbarer Rechtsgutsverletzung ausgesetzt (s. dazu bereits oben Rz. 10). Im Hinblick auf die vorgenannten Ausfhrungen wird man konstatieren 52 mssen, dass die vorliegenden Abgrenzungskriterien eines deutlichen Feinschliffs bedrfen. So fragt man sich, wo die differentia specifica aufzufinden ist, die Trger- und Telemedien unzweideutig unterscheidet und tatbestandliche Sicherheit bei der Anwendung von JMStV und JuSchG garantiert. 108 Jberhaupt bedarf es noch grçßerer Anstrengungen, um Betreiber und Nutzer elektronischer Marktpltze von der Sinnhaftigkeit der Grenzziehung zwischen Online- und Offline-Medien zu berzeugen. Als Paradebeispiel sind hier Computerspiele zu nennen, bei welchen die „Basisversion“ in der Regel auf CD bezogen wird, die jeweiligen „Updates“ dagegen aber hufig 108 So ausdrcklich Stettner, ZUM 2003, 425, 429.

Erdemir | 655

Kap. 14 Rz. 53

Jugendschutz

aus dem Internet heruntergeladen werden. 109 Sowohl der Praxis als auch der Wissenschaft wird hierbei die Aufgabe zukommen, die notwendigen Details zu klren und ggf. weitere Reformanstçße 110 zu liefern.

IV. Regelungen im Bereich des JMStV 1. Verantwortlichkeit der Anbieter von Telemedien (§ 2 Abs. 3 JMStV) 53 Besondere Bedeutung kommt hier § 2 Abs. 3 JMStV in seiner Funktion als Verweisnorm zu. Indem er ausdrcklich auf den MDStV und das TDG verweist, bernimmt er die dogmatischen und haftungsrechtlichen Strukturen der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach den §§ 6–9 MDStV und 8–11 TDG fr den Bereich des Jugend- und Erwachsenenschutzes nach dem JMStV. Dies fhrt dazu, dass die vorgenannten Haftungsregelungen Grundlage fr haftungsrechtliche, strafrechtliche und nunmehr auch ausdrcklich f r jugendschutzrechtliche Sanktionen sind 111 (eingehend zu den Haftungsregelungen fr Plattformbetreiber Spindler, Kap. 6). Entsprechendes gilt fr die aufsichtsrechtlichen Befugnisse in § 22 Abs. 2–4 MDStV, welche ber § 20 Abs. 4 JMStV fr Medien- und Teledienste gleichermaßen fr anwendbar erklrt und von der jeweils zustndigen Landesmedienanstalt durch die Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM) wahrgenommen werden.

2. Unzulssige Angebote (§ 4 JMStV) 54 Der zentrale Verbotskatalog des § 4 JMStV greift – neben indizierten und offensichtlich schwer jugendgefhrdenden Angeboten – vor allem in seinem Abs. 1 Verbotsbestimmungen des StGB wie Volksverhetzung, einschlgige Gewaltdarstellungen und Pornografie auf. Damit wurde im Unterschied zu den bisherigen §§ 3 RStV und 12 MDStVals den ehemals zentralen Normen des Jugend- und Erwachsenenschutzes im Rundfunk und in den Mediendiensten auf einen pauschalen Verweis auf das StGB verzichtet. Stattdessen werden einzelne unzulssige Angebote „unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit“ aufgelistet. Dies hat zur Folge, dass die Verbreitung entsprechender Angebote im Rundfunk und in den Telemedien auch ohne Vorliegen subjektiver oder weiterer spezifisch strafrechtlicher objektiver Tat109 Bsp. bei Waldenberger, Editorial zu MMR 7/2002. 110 Weitere gesetzgeberische Reformen hin zu einer Vereinheitlichung des Jugend-

schutzes in smtlichen Medien bedingen jedoch eine umfassende Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Lndern. Hierzu msste der Bund ggf. dazu bereit sein, ber den Bereich der Teledienste hinaus weiteres von ihm besetztes „Jugendschutz-Terrain“ an die Lnder abzutreten. 111 Nher hierzu Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 2 JMStV Rz. 6, § 3 JMStV Rz. 6 ff.

656 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 57 Kap. 14

bestandsvoraussetzungen unzulssig ist. 112 Vor allem im gemß § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStVausnahmslos von Pornografie freizuhaltenden Rundfunksektor hngt das medienrechtliche Prfergebnis damit allein von der (richtigen) Anwendung des Pornografiebegriffs ab. a) Absolut unzulssige Angebote (§ 4 Abs. 1 JMStV) aa) Verbote aus dem Bereich des Kernstrafrechts

§ 4 Abs. 1 JMStV greift insbesondere die im Bereich des Jugend- und Erwachse- 55 nenschutzes relevanten Bestimmungen des StGB wie Volksverhetzung, einschlgige Gewaltdarstellungen und harte Pornografie auf. § 4 Abs. 1 Nr. 3 JMStV betrifft hierbei den oben (Rz. 36 ff.) bereits dargelegten Tatbestand der Volksverhetzung und bezieht sich insoweit auf den materiellen Gehalt des allgemeinen „Anti-Diskriminierungstatbestands“ in § 130 Abs. 2 StGB. Das in § 4 Abs. 1 Nr. 4 JMStV verankerte Verbot ist zum Teil deckungsgleich mit § 130 Abs. 3 StGB. Allerdings sind nicht nur Angebote untersagt, die eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung des Vçlkermordes i.S.d. § 6 Abs. 1 VStGB in einer Weise, die geeignet ist, den çffentlichen Frieden zu stçren, leugnen oder verharmlosen, sondern vielmehr auch solche Angebote, bei denen sich das Leugnen oder Verharmlosen auf ein unter der NS-Herrschaft begangenes Verbrechen gegen die Menschlichkeit i.S.d. § 7 Abs. 1 VStGB bezieht. Im Unterschied zu § 130 Abs. 3 StGB wird das Billigen der vorgenannten Taten in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 JMStV nicht erwhnt. Zwar drfte diese Lcke auf einem Versehen des Staatsvertragsgebers beruhen. Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts ist sie derzeit aber geltendes Recht. In § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV wiederum findet der gesamte materielle Gehalt des 56 in § 131 StGB verankerten Gewaltdarstellungsverbots (s. dazu oben Rz. 27 ff.) seine nahezu wçrtliche Entsprechung. Daher ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die wenig glckliche Tatbestandserweiterung des § 131 StGB auf „menschenhnliche Wesen“ (s. dazu oben Rz. 30) auch im JMStV Eingang finden wird. Weiterhin stellt die Nr. 5 in ihrem zweiten Halbsatz ausdrcklich klar, dass der Tatbestand der unzulssigen Gewaltdarstellung auch dadurch verwirklicht werden kann, dass entsprechende Gewaltttigkeiten virtuell, dh. durch elektronische Simulation, dargestellt werden. Die qualifizierte bzw. harte Pornografie (Kinderpornografie, Gewaltporno- 57 grafie und Sodomie) wiederum, fr welche im Bereich des Kernstrafrechts im Unterschied zur einfachen Pornografie absolute Herstellungs- und Verbreitungsverbote gelten, wird von der Nr. 10 des in § 4 Abs. 1 JMStV verankerten Katalogs unzulssiger Angebote erfasst. Auch hier macht es keinen Unterschied, ob es sich um tatschliche oder aber um virtuelle Darstel112 S. hierzu auch Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 4 JMStV Rz. 15.

Erdemir | 657

Kap. 14 Rz. 58

Jugendschutz

lungen handelt. Allerdings geht § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 JMStV, indem dort auch solche Darstellungen erfasst werden, die den sexuellen Missbrauch von Jugendlichen zum Gegenstand haben, deutlich ber den Straftatbestand der Kinderpornografie (§ 184b StGB) hinaus. Whrend das Strafrecht auf den in § 176 Abs. 1 StGB legal definierten Begriff des Kindes (Person unter 14 Jahren) Bezug nimmt, verwendet der JMStV den in § 3 Abs. 1 legal definierten Begriff des Jugendlichen (Person unter 18 Jahren). Strafgesetz- und Staatsvertragsgeber wren hier gut beraten, den Wortlaut der §§ 184b Abs. 1 StGB und 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 JMStV bereinstimmend so zu fassen, dass in Anlehnung an § 182 StGB (sexueller Missbrauch von Jugendlichen) als dargestellte Opfer jeweils Jugendliche unter 16 Jahren in Betracht kommen. Allein mit einer entsprechenden Anhebung der Altersgrenze in § 184b StGB wrde auch den Vorgaben des Art. 9 der sog. Cyber Crime Konvention des Europarats hinreichend Rechnung getragen. 113 58 Zu den inhaltlichen Anforderungen an die ebenfalls aus dem StGB inkorporierten Nrn. 1 (§ 86 StGB – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), 2 (§ 86a StGB – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und 6 (§ 130a StGB – Anleitung zu Straftaten) des § 4 Abs. 1 JMStV wird auf die einschlgige Kommentarliteratur zum StGB verwiesen. bb) Sonstige Verbote (1) Kriegsverherrlichung

59 Absolut unzulssig sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 JMStVAngebote, die den Krieg verherrlichen. Der Begriff der Kriegsverherrlichung entspricht dem des § 15 Abs. 2 Nr. 2 JuSchG. Er ist weit auszulegen und umfasst nach der Rechtsprechung des BVerwG auch kriegsverharmlosende Darstellungen. 114 Sachlich-nchterne Darstellungen von Kriegsereignissen insbesondere im Rahmen der Berichterstattung werden von dem Verbotstatbestand dagegen nicht erfasst. Auch stellt das bloße Darstellen von Kriegshandlungen ohne jeden Realittsbezug, namentlich ohne jeden politischen oder ideologischen Hintergrund, keine schwere Jugendgefhrdung dar. 115 Anderenfalls wren smtliche Computerspiele sowie eine Vielzahl an Unterhaltungsfilmen, die (auch) Kriegshandlungen zum Inhalt haben, von dem Totalverbot erfasst. Im Bereich der Telemedien kommen insbesondere rechtsextremistische oder religiçs fundamentalistische Angebote in Betracht, welche kriegerische Mittel zur Durchsetzung ideologischer oder religiçser Weltanschauungen derart propagieren, dass sie als „heilig“, helden- oder tugendhaft erscheinen. 116 113 Nher hierzu Gercke, MMR 2004, 728, 733. 114 Vgl. BVerwGE 23, 112, 115; BVerwG, Urteil v. 3.3.1987 – 1 C 17.86, ZUM 1988,

258, 260. 115 Vgl. Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 357. 116 Scholz/Liesching, § 4 JMStV Rz. 10.

658 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 61 Kap. 14

(2) Verstoß gegen die Menschenw rde

Generell unzulssig sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 JMStV ferner Angebote, 60 die gegen die Menschenwrde verstoßen. Dies gilt insbesondere fr einen Verstoß gegen die Menschenwrde durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren kçrperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatschliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne dass ein berechtigtes Interesse gerade fr diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt. Diese gesetzgeberische Formulierung indiziert einen Abwgungsvorgang zwischen den Interessen des Betroffenen einerseits und der Berichterstattungs- und Informationsfreiheit andererseits. Ein berwiegendes berechtigtes Interesse gerade an einer bestimmten Form der Darstellung drfte insbesondere dann anzunehmen sein, wenn Geschehnisse im Hinblick auf deren Hintergrnde und menschliche Auswirkungen dem Zuschauer verdeutlicht, ggf. dadurch auch drastisch vor Augen gefhrt werden und hierdurch der Bagatellisierung menschlichen Leids vorgebeugt wird. 117 Denn das nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 JMStV geforderte „berechtigte Interesse“ kann nur ein Kriterium dafr sein, ob eine Menschenwrdeverletzung vorliegt oder nicht. Keinesfalls handelt es sich hierbei um einen Rechtfertigungsgrund, da eine Verletzung der Menschenwrde als hçchstrangigem Verfassungsgut in jedem Falle unzulssig ist. 118 Die Regelung berhrt den gesamten Berichterstattungs- und Informationsbereich, so dass sich gerade in jngster Vergangenheit bspw. auch Kriegsbilder und -reportagen ber Opfer in der Zivilbevçlkerung an ihr messen mssen. Die Grenze des Zulssigen berschritten wird hierbei zum einen dann, wenn offensichtlich nur ein voyeuristisches Unterhaltungsinteresse des Zuschauers bzw. Nutzers befriedigt werden soll. Zum anderen sind auch hier letzte Grenzen zu beachten, die den Kern der Menschenwrde tangieren (bspw. detaillierte Darstellungen von Hinrichtungen). (3) Posendarstellungen Minderjhriger

Nicht bereits vom Bereich des Kernstrafrechts erfasst wird dagegen § 4 Abs. 1 61 Satz 1 Nr. 9 JMStV. Hiernach sind Angebote unzulssig, wenn sie Minderjhrige in unnat rlich geschlechtsbetonter Kçrperhaltung darstellen (sog. Posendarstellungen). Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der in § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG enthaltenen Regelung fr Trgermedien, wobei dort – im Unterschied zum JMStV – virtuelle Darstellungen keine ausdrckliche Erwhnung finden. Ausweislich der Amtlichen Begrndung zum JMStV sollen mit der Vorschrift erotische Angebote unterhalb der Schwelle der nach § 184 StGB pçnalisierten Pornografie erfasst werden. Eine geschlechtsbetonte Kçrperhaltung i.S.d. Nr. 9 drfte daher bereits dann vorliegen, wenn die sexuelle Anmu117 Hertel, in: Hahn/Vesting, § 3 RStV Rz. 67 ff. 118 Ebenso deutlich bereits Bornemann, Ordnungswidrigkeiten in Rundfunk und

Mediendiensten, S. 56 f. (dort zu § 3 Abs. 1 Nr. 4 RStV a.F.); s. hierzu auch Altenhain, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Kap. 20, Rz. 235.

Erdemir | 659

Kap. 14 Rz. 62

Jugendschutz

tung der Person in den Vordergrund gerckt wird, ohne dass die Darstellung zugleich pornografischen Charakter haben muss. Entsprechend der Systematik des JMStV gilt dieses in Abs. 1 verankerte Verbot absolut, so dass entsprechende Darstellungen auch in sog. geschlossenen Benutzergruppen im Internet unzulssig sind (s. dazu unten Rz. 65 ff.). 62 Mit Blick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot 119 spielt fr die jeweils erforderliche Einzelfallbetrachtung die objektivierte, nach außen erkennbare Zielsetzung der Darstellung eine maßgebliche Rolle. Von der Vorschrift nicht erfasst werden daher in der Regel typische, auch geschlechtsbetonte Darstellungen des Alltags (Werbebotschaften, Modefotos, Kosmetikanzeigen o.R.). 120 Entscheidend ist, dass durch die Darstellung beim Betrachter offenkundig der Eindruck eines sexuell anbietenden Verhaltens in altersunangemessener Weise erweckt werden soll. Fr die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „Kinder oder Jugendliche“ ist auf den Gesamteindruck der Darstellung abzustellen. Im Bereich realer Darstellungen ist deshalb nicht das tatschliche Alter, sondern vielmehr das durch die Darstellung vermittelte Alter der abgebildeten Person maßgeblich. Schließlich ist das Verbot der Posendarstellungen nicht allein dem Schutz der dargestellten Minderjhrigen verpflichtet. Vielmehr soll hierdurch berhaupt der Einstieg in die Kinderpornografie verhindert werden. Dass der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV nicht das tatschliche Alter der dargestellten Personen zum Maßstab nimmt, ergibt sich zudem aus der ausdrcklichen Einbeziehung virtueller Darstellungen. Denn soweit sich der Begriff „virtuelle Darstellungen“ auf das Tatbestandsmerkmal „Kinder oder Jugendliche“ bezieht, kann fr die Erfllung des Tatbestandes von vornherein nicht auf ein „tatschliches Alter“ abgestellt werden. Entscheidend ist allein, ob und inwieweit das virtuell dargestellte Wesen aus der Sicht eines objektiven Betrachters physisch sowohl als Mensch als auch als minderjhrig erscheint. Man wrde hier zu beraus kuriosen Ergebnissen gelangen, wollte man lediglich die virtuelle Posendarstellung Minderjhriger, nicht jedoch die reale Posendarstellung zwar Volljhriger, aber als minderjhrig beschriebener und auf den Betrachter ebenso wirkender Personen unter den Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV fassen. Da Tragweite und Anwendungsbereich des nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. i JMStV bußgeldbewehrten Tatbestands bei verstndiger Wrdigung noch erkennbar sind, ist ein Konflikt mit dem Bestimmtheitsgebot nicht zwangslufig vorgezeichnet. Gleichwohl sind die Staatsvertragsparteien zu einer Przisierung des Wortlauts angehalten. Mit Blick darauf, dass ltere Jugendliche ab 16 Jahren im sexuellen Bereich in aller Regel eigenverantwortlich zu handeln in der Lage sind, sollte der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV seinem Schutzzweck entsprechend 119 Art. 103 Abs. 2 GG erfasst neben dem Strafrecht auch das Ordnungswidrigkeiten-

recht. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV kann als Ordnungswidrigkeit nach § 24 Abs. 1 lit. i JMStV geahndet werden. 120 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 4 JMStV Rz. 45.

660 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 64 Kap. 14

zudem ausdrcklich auf solche Posendarstellungen beschrnkt werden, die Personen unter 16 Jahren zum Gegenstand haben (s. dazu auch oben Rz. 57). Eine Rechtfertigung durch Kunst scheidet dagegen von vornherein aus. Hier 63 kann nichts anderes gelten als fr den Bereich klassischer Kinderpornografie. 121 Zwar bedingt bei Posendarstellungen das Abbild noch nicht den Missbrauch. Hinsichtlich des von solchen Darstellungen ausgehenden Gefahrenpotentials lassen sie sich aber durchaus mit klassischer Kinderpornografie vergleichen. Denn Posendarstellungen sind gleichermaßen dazu geeignet, dem tatschlichen Kindesmissbrauch das Feld zu bereiten. Indem sie in ihrer objektiven Gesamttendenz auf die Aufreizung des Sexualtriebs abzielen, sind sie ohne weiteres dazu geeignet, der Fçrderung des tatschlichen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen jedenfalls mittelbar Vorschub zu leisten. Auch werden Posendarstellungen, soweit sie Natrlichkeit und Harmlosigkeit suggerieren, hufig dazu benutzt, Kinder und Jugendliche „einzustimmen“ und fr den beabsichtigten Missbrauch gefgig zu machen. Angesichts der Realitten des sexuellen Kindesmissbrauchs in unserer Gesellschaft erscheint es daher verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn mit dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV verankerten Distributionsverbot fr Posendarstellungen in den Wirkbereich der Kunst eingegriffen wird. 122 Dies unabhngig davon, ob die Darstellung ein tatschliches Geschehen wiedergibt oder aber virtueller Natur ist. (4) In Listenteile B und D aufgenommene Werke

Absolut unzulssig sind schließlich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 JMStV auch 64 solche Angebote, die in den Teilen B und D der Liste jugendgefhrdender Medien aufgenommen sind (= indizierte Angebote) oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind. In Teil B der Liste (çffentliche Liste der Trgermedien mit absolutem Verbreitungsverbot) werden nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 JuSchG nur Trgermedien aufgenommen, die nach Einschtzung der Bundesprfstelle fr jugendgefhrdende Medien (BPjM) einen nach den §§ 86, 130, 130a, 131 und 184a und b StGB bezeichneten Inhalt haben und deren Listenaufnahme nach § 24 Abs. 3 Satz 1 JuSchG bekannt gemacht wird. In Teil D der Liste (nicht çffentliche Liste der Medien mit absolutem Verbreitungsverbot) werden nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG zum einen strafrechtsrelevante Trgermedien aufgenommen, bei denen von einer Listenaufnahme nach § 24 Abs. 3 Satz 2 JuSchG abzusehen ist, zum an121 So schließen sich zwar Kunst und Pornografie nicht von vornherein aus, vgl.

BVerfGE 83, 130, 138 – Josefine Mutzenbacher sowie BGHSt 37, 55 – Opus Pistorum. Ein ggf. den Weg der Pdophilie hochfahrender „Kunst-Radikalismus“ vermag angesichts der Realitt des sexuellen Kindesmissbrauchs aber niemals durch Art. 5 Abs. 3 GG zu rechtfertigen sein, vgl. hierzu Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 160; s. auch Lackner/K+hl, § 184 Rz. 3; a.A. Beisel, Kunstfreiheitsgarantie, S. 325, 330. 122 A.A. wohl Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 4 JMStV Rz. 45.

Erdemir | 661

Kap. 14 Rz. 65

Jugendschutz

deren Telemedien, die nach Einschtzung der BPjM einen nach den §§ 86, 130, 130a, 131 und 184a und b StGB bezeichneten Inhalt haben, deren Listenaufnahme aber grundstzlich nicht bekannt gemacht wird. Diese Regelung ist in Zusammenhang mit § 16 JuSchG zu sehen. Hiernach bleiben die Rechtsfolgen fr Telemedien im Geltungsbereich der Lnder. b) In geschlossenen Benutzergruppen zulssige Angebote (§ 4 Abs. 2 JMStV)

65 Jugendgefhrdende Angebote, wie z.B. die einfache Pornografie (s. zum Pornografiebegriff oben Rz. 18 ff.), sind nach § 4 Abs. 2 JMStV im Rundfunk generell unzulssig und drfen auch nur im Ausnahmefall in Telemedien angeboten werden. So ist nach der Ausnahmenorm des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV die Verbreitung einfachpornografischer, nach § 18 Abs. 1 JuSchG wegen Jugendgefhrdung indizierter oder offensichtlich schwer jugendgefhrdender Angebote in Telemedien – also insbesondere auch im Internet – allein in sog. geschlossenen Benutzergruppen zulssig. Hierbei muss von Seiten des Anbieters allerdings sichergestellt sein, dass die Angebote nur Erwachsenen zugnglich sind. 66 Da die von § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfassten pornografischen Schriften auch unter die Verbotsnorm des § 4 Abs. 2 JMStV zu subsumieren sind, erscheint eine einheitliche Auslegung beider Normen systemimmanent. In der Konsequenz gilt es unter Zugrundelegung des richtungweisenden Revisionsurteils des OLG Dsseldorf vom 17.2.2004 123 festzuhalten, dass personalausweis- oder kreditkartenkennziffergesttzte Altersverifikationssysteme auch in Verbindung mit der Kostenpflichtigkeit der Einwahl ber sog. Dialer die nach dem JMStV zu stellenden Anforderungen an einen hinreichenden Jugendschutz nicht erfllen (s. dazu oben Rz. 23). Gleichzeitig darf auch der Begriff „sicherstellen“ nicht in der Weise interpretiert werden, dass der Anbieter den 100%igen Erfolg des Ausschlusses Kinder und Jugendlicher schuldet. Das OLG Dsseldorf war in seiner Entscheidung freilich nicht dazu angehalten, die genauen Anforderungen an ein effektives Zugangshindernis fr Minderjhrige positiv festzuschreiben. Fr den Bereich des JMStV hat die KJM in ihrem vielbeachteten Beschluss vom 18.6.2003 dagegen Anforderungen festgelegt, die gewhrleisten sollen, dass nur Erwachsene Zugriff auf pornografische Angebote in einer geschlossenen Benutzergruppe haben. Demnach ist der Zugangsschutz durch zwei Schritte sicherzustellen: 1. durch eine zumindest einmalige zuverlssige Alterspr fung bzw. Identifizierung durch persçnlichen Kontakt (sog. Face-to-Face-Kontrolle) mit Vergleich von amtlichen Ausweisdaten (Personalausweis, Reisepass) sowie 123 OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03 – 50/03 I, MMR 2004, 409 ff.

m. zust. Anm. Erdemir = CR 2004, 456 ff. m. zust. Anm. Gercke = JMS-Report 2/2004, 9 ff. m. zust. Anm. Neumann; ebenso KG Berlin, Urteil v. 26.4.2004 – (5) 1 Ss 436/03 (4/04), MMR 2004, 478 ff. m. zust. Anm. Liesching; s. auch Lackner/K+hl, § 184 Rz. 5.

662 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 67 Kap. 14

2. durch eine sichere Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang, um das Risiko der Multiplikation, der Weitergabe oder des sonstigen Missbrauchs von Zugangsdaten durch unautorisierte Dritte zu minimieren. Ungeachtet der umstrittenen Rechtsnatur von Stellungnahmen der KJM 124 stellt der vorgenannte, im Wege der Pressemitteilung çffentlich gemachte KJM-Beschluss 125 zumindest eine Art Selbstverpflichtung dar, gegen Angebote, die mit einem akzeptierten Altersverifikationssystem im vorgenannten Sinne geschtzt sind, keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach dem JMStV einzuleiten. 126 Eine einzelfallbezogene verbindliche Anerkennung vorgelegter Altersverifikationssysteme zur Umsetzung der geschlossenen Benutzergruppe i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV durch die KJM ist im Staatsvertrag nicht vorgesehen. Dem steht jedoch nicht entgegen, dass Telemedienanbieter sowie Hersteller ihre Altersverifikationssysteme aus Grnden der Rechts- und Planungssicherheit zur Umsetzung der geschlossenen Benutzergruppe von der KJM bewerten lassen. In der Praxis hat die durch den JMStV eingetretene neue Rechtslage im Be- 67 reich der Distribution pornografischer Inhalte geradezu eine „Flucht in den Mediendienst“ ausgelçst. Entsprechend angestiegen ist die Zahl der bei der jeweils zustndigen Landesmedienanstalt gestellten Antrge auf rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit nach § 20 Abs. 2 Satz 3 RStV. 127 Um der in Zeiten zunehmender Konvergenz in den elektronischen Medien besonders evidenten Abgrenzungsproblematik zwischen Rundfunk und Mediendiensten wirksam entgegenzutreten, hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) in ihrer Sitzung am 6.11.2003 128 das „Dritte Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“ 129 beschlossen. Hierbei wird Rundfunk nicht als abstrakte, feststehende Grçße, sondern vielmehr als Typus verstanden, der durch sog. offene Typenmerkmale zu definieren ist. Danach ist ein Angebot umso rundfunktypischer – je hçher die Wirkungsintensitt bzw. Meinungsbildungsrelevanz der verbreiteten Inhalte als solche ist, – je strker die redaktionelle Gestaltung der Inhalte ist, – je realittsnher die Inhalte prsentiert werden, 124 S. hierzu Spoerr/Sellmann, K&R 2004, 367, 369 ff. 125 Vgl. die Pressemitteilung der KJM 2/2003 v. 24.6.2003, abrufbar unter http://

www.alm.de. 126 So ausdrcklich auch Dçring/G+nter, MMR 2004, 231, 232 Fn. 7. 127 „Rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit“ meint hierbei die Feststellung, dass es

sich bei dem jeweils in Frage stehenden Angebot gerade nicht um Rundfunk handelt. 128 Vgl. die Pressemitteilung der DLM 12/2003 v. 6.11.2003, abrufbar unter http:// www.alm.de. 129 Abrufbar unter http://www.alm.de.

Erdemir | 663

Kap. 14 Rz. 68

Jugendschutz

– je grçßer die Reichweite und seine gleichzeitige Rezeptionsmçglichkeit/ tatschliche Nutzung sind und – je weniger Interaktivitt des Nutzers den Rezeptionsvorgang bestimmt (Passivitt des Nutzungsverhaltens und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgertes). Nach dem derzeitigen Meinungsstand der DLM kann es fr die medienrechtliche Einordnung eines Angebots also nicht maßgeblich auf technische Zuflligkeiten ankommen.

3. Entwicklungsbeeintrchtigende Angebote (§ 5 JMStV) 68 Eine erhebliche Zahl von Medieninhalten erfllt zwar nicht die strengen Verbotsvoraussetzungen des § 4 JMStV, vermag aber gleichwohl die Entwicklung von Minderjhrigen eines bestimmten Alters zu beeintrchtigen. Hierunter fallen bspw. Darstellungen mit Gewaltinhalten, die noch nicht den Verbotstatbestand der Gewaltdarstellungen im strafrechtlichen Sinne (§ 131 StGB) erfllen sowie sexualthematische Angebote unterhalb der Schwelle zur Pornografie (§ 184 StGB). Entsprechende entwicklungsbeeintrchtigende Angebote drfen nach § 5 JMStV nur unter Einschrnkungen verbreitet oder zugnglich gemacht werden. Dabei wird von den Anbietern gefordert, dafr Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersgruppe solche Inhalte blicherweise nicht wahrnehmen (Abs. 1). Die nheren Bestimmungen fr solche Angebote finden sich in § 5 Abs. 2–5 JMStV. 69 Der Begriff der Entwicklungs- bzw. Jugendbeeintrchtigung nach § 5 Abs. 1 JMStV entspricht dem des § 14 Abs. 1 JuSchG. Zur Konkretisierung des Begriffs wird berwiegend auf § 18 Abs. 2 der FSK-Grundstze in der Fassung vom 1.4.2003 zurckgegriffen. 130 Unter Beeintrchtigungen sind damit zunchst einmal Hemmungen, Stçrungen oder Schdigungen zu verstehen. Eine Beeintrchtigung der Entwicklung kçnnen hierbei insbesondere solche Angebote verursachen, welche die Nerven berreizen, bermßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie ber Gebhr erregen oder die Erziehung zu verantwortungsbewussten Menschen in der Gesellschaft hindern. Soweit nach den FSK-Grundstzen darber hinaus auch solche Beeintrchtigungen erfasst werden, welche „zu falschen oder abtrglichen Lebenserwartungen fhren oder die charakterliche, sittliche (einschließlich religiçse) oder geistige Erziehung hemmen, stçren oder schdigen“, so ist von diesen Kriterien maßvoll Gebrauch zu machen. Denn fokussiert der Staat in Ausbung des Jugendschutzes zu sehr auf die vorgenannten Begrifflichkeiten, so ist ein Konflikt mit dem Gebot zur weltanschaulichen Neutralitt 131 vorgezeichnet. 130 Abrufbar unter http://www.spio.de/DLFILES/grundsae.pdf. 131 S. dazu auch Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 168 ff.; hnlich Altenhain,

in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, Einl. zum GjSM Rz. 33 f.

664 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 72 Kap. 14

Hilfreich scheint hier eine Differenzierung nach kçrperlichem und geisti- 70 gem Wohl. So drfte bspw. die Eignung eines Filmes zur Beeintrchtigung des kçrperlichen Wohls insbesondere dann vorliegen, wenn Lnge und optische/akustische Gestaltungselemente (Lautstrke usw.) das kçrperliche Wohlbefinden stçren kçnnen. Die Mçglichkeit einer Beeintrchtigung des geistigen Wohls drfte insbesondere dann vorliegen, wenn ein Film in Inhalt und Form von einem durchschnittlichen Kind oder Jugendlichen kognitiv nicht verarbeitet werden kann. Als Maßstab fr die Beurteilung eines Medieninhalts hinsichtlich seiner Tauglichkeit zur Beeintrchtigung des seelischen Kindes- und Jugendwohls kann die Mçglichkeit der emotionalen Bewltigung dienen. 132 Die vorgenannten Auslegungshilfen prsentieren sich – im Unterschied zu den hufig zitierten Passagen der FSK-Grundstze – als im Großen und Ganzen wertneutral. Zwar wird und muss Jugendschutz in gewisser Weise auch erzieherischer Jugendschutz sein. Im Unterschied zu elterlichem Jugendschutz muss bei staatlichem Jugendschutz jedoch der Schutz einer mçglichst unbelasteten Entwicklung der Persçnlichkeit von jungen Menschen im Vordergrund stehen. Es geht hierbei also – wie bereits im Wortlaut des § 5 Abs. 1 JMStV angelegt – um die Fçrderung der Eigenverantwortlichkeit und Gemeinschaftsfhigkeit junger Menschen, nicht dagegen um deren Erziehung zu „anstndiger Gesinnung“. 133 In § 5 Abs. 2 JMStV findet sich die gesetzliche Vermutung einer Eignung zur 71 Entwicklungsbeeintrchtigung auf der Grundlage der Altersfreigaben nach § 14 JuSchG. Danach wird die Eignung zur Beeintrchtigung der Entwicklung i.S.v. § 5 Abs.1 JMStV vermutet, wenn das Angebot nach dem JuSchG fr Kinder oder Jugendliche der jeweiligen Altersstufe nicht freigegeben ist. Ist bspw. ein Kino- oder Videofilm von der FSK erst ab 16 Jahren freigegeben worden, so ist aufgrund der gesetzlichen Bestimmung zu vermuten, dass seine Weiterverbreitung als Telemedium (Video-on-demand) Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren in ihrer Entwicklung gemß § 5 Abs. 1 JMStV zu beeintrchtigen geeignet ist. 134 Die Vermutungsregelung gilt entsprechend fr Angebote, die mit dem bewerteten Angebot im Wesentlichen inhaltsgleich sind. 135 Umgekehrt kann allerdings bereits der Schnitt einer kleinen Szene bzw. eine geringfgige Rnderung des Angebotes eine entwicklungsbeeintrchtigende Wirkung beseitigen, wenn die Erstbewertung (hohe Altersfreigabe) gerade durch die Einzelszene oder durch einen besonderen Teil des Angebots ausgelçst wurde. Der Anbieter von Telemedien kann seiner in § 5 Abs. 1 JMStV verankerten 72 Pflicht, entwicklungsbeeintrchtigende Angebote von Kindern und Jugendlichen der betroffenen Altersgruppen fern zu halten, nach Abs. 3 entweder 132 Vgl. hierzu Gernert/Stoffers, S. 105. 133 So ausdrcklich bereits Raue, Literarischer Jugendschutz, S. 73. 134 S. zu § 3 Abs. 2 RStV a.F. auch OVG Berlin, Beschluss v. 23.12.2002 – 8 S 362/02,

NJW 2003, 840 f. – „Der Soldat James Ryan“. 135 Zur Frage der Inhaltsgleichheit s. Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 318 ff.

Erdemir | 665

Kap. 14 Rz. 73

Jugendschutz

durch insbesondere technische Mittel (Abs. 3 Nr. 1) oder aber durch die Begrenzung der Verbreitungszeit (Abs. 3 Nr. 2) nachkommen. Die erstgenannte Option besteht darin, die Wahrnehmung entwicklungsbeeintrchtigender Angebote durch Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe durch entsprechende technische oder sonstige Mittel (Zugangssperren durch Software bzw. Jugendschutzprogramme) unmçglich zu machen oder wesentlich zu erschweren. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es mithin nicht erforderlich, dass der Zugang Minderjhrigen des in Rede stehenden Alters gnzlich unmçglich gemacht wird. Dass die Anforderungen nach § 5 JMStV damit geringer sind als die Anforderungen an eine geschlossene Benutzergruppe mit Altersverifikationssystem nach § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV, folgt darber hinaus bereits aus der Generalklausel des § 5 Abs. 1 JMStV. Denn dort bezieht sich die Pflicht des Anbieters jugendbeeintrchtigender Inhalte auf die Beschrnkung seines Angebotes in der Weise, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen dieses Angebot „blicherweise nicht wahrnehmen“. Damit gengt in jedem Falle eine wesentliche Zugangserschwerung. 136 73 Der Anbieter von Telemedien kann den technischen Anforderungen nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV gemß § 11 Abs. 1 JMStV auch dadurch gengen, dass Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu beeintrchtigen, fr ein als geeignet anerkanntes Jugendschutzprogramm programmiert werden oder dass es ihnen vorgeschaltet wird. Mit Jugendschutzprogrammen sind Filter-, Abblock- und Bewertungssysteme gemeint, mit denen man versucht, jugendproblematische Inhalte aus dem Netz herauszufiltern, den Zugriff auf sie zu blockieren oder nur nach Maßgabe einer von Anbieter- oder Nutzerseite vorzunehmenden Bewertung und altersmßigen Zuordnung mçglich zu machen. Hierbei kçnnen die Programme grundstzlich anbieterseitig als auch nutzerseitig ausgestaltet werden. 137 Jber die Eignung eines Jugendschutzprogramms entscheidet nach § 11 Abs. 2 JMStV die zustndige Landesmedienanstalt durch die KJM. § 11 Abs. 3 JMStV beinhaltet hierbei einen Rechtsanspruch auf Anerkennung eines Jugendschutzprogramms („ ... ist ... zu erteilen“), wenn dieses einen nach Altersstufen differenzierten Zugang ermçglicht oder vergleichbar geeignet ist. Mit Blick auf das verfassungsrechtliche Verhltnismßigkeitsprinzip und das Zensurverbot hat die KJM besonders darauf zu achten, dass nicht Programme als geeignet anerkannt werden, die mehr blockieren, als ein wirksamer Jugendschutz fordert. 138 Neben der Wirksamkeit von Jugendschutzprogrammen in technischer Hinsicht steht auch ihre Akzeptanz in der Bevçlkerung (insbesondere bei den Eltern) auf dem Prfstand. Hierbei bildet die Benutzerfreundlichkeit (sog. usability) ein nicht zu unterschtzendes Kriteri136 Vgl. Scholz/Liesching, § 5 JMStV Rz. 8; Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 5 JMStV

Rz. 9. 137 Eingehend zu den Jugendschutzprogrammen Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stett-

ner, § 11 JMStV Rz. 4 ff. 138 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 11 JMStV Rz. 14.

666 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 75 Kap. 14

um. § 11 Abs. 6 JMStVermçglicht der KJM die Zulassung eines zeitlich befristeten Modellversuchs, um so auf schnellerem und effizienterem Wege Erkenntnisse ber die Wirksamkeit von Jugendschutzprogrammen gewinnen zu kçnnen. Hiervon hat die KJM in ihrer Sitzung am 23.11.2004 in Erfurt Gebrauch gemacht und sowohl das System „ICRAdeutschland“ des „Konsortiums von Wirtschaftsunternehmen und -verbnden“ als auch das System „jugendschutzprogramm.de“ des Vereins Jus Prog e.V. fr einen befristeten Modellversuch fr die Dauer von jeweils 18 Monaten zugelassen. 139 Als Alternative sieht § 5 Abs. 3 Nr. 2 JMStV vor, dass Anbieter aufgrund ei- 74 ner zeitlichen Begrenzung der Verbreitung des Angebotes Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersgruppe von der Wahrnehmung „blicherweise“ ausschließen. Diese aus § 3 Abs. 2 RStVa.F. bernommene Zeitgrenzenoption gilt nunmehr auch fr Telemedien. 140 Als Zeitpunkt des Verbreitens oder Zugnglichmachens ist bei Telemedien in Form von Abrufdiensten die Bereitstellung von Angeboten zum Abruf anzusehen. Entscheidet sich der Anbieter fr die Zeitgrenzenoption, so findet er in § 5 75 Abs. 4 JMStV Vorgaben, wann er den Anforderungen in jedem Falle gengt. Hierbei handelt es sich um unwiderlegbare Vermutungstatbestnde. So stellt der Gesetzgeber fr die entsprechend den Altersstufen des § 14 Abs. 2 JuSchG festgesetzten zulssigen Verbreitungszeitrume in den Abend- und Nachtstunden die unwiderlegbare Vermutung auf, dass Kinder und Jugendliche des entsprechenden Alters blicherweise nicht mehr fernsehen bzw. Telemedien abrufen. 141 Entgegen dem Wortlaut („Sendezeit“) ist hierbei auch § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV auf Telemedien anwendbar. Denn es widerspricht dem Sinn und Zweck des Abs. 4, wollte man das Zugnglichmachen von FSK-12-Filmen ber das Internet (insbesondere im Wege des Video-on-demand) aus dessen Anwendungsbereich herausnehmen. 142 Ein nicht nach dem JuSchG gekennzeichnetes Angebot unterliegt dagegen nicht von vornherein der engen zeitlichen Begrenzung auf die Nachtstunden zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr. Hier ist es vielmehr Sache des Anbieters, die Verbreitungszeit unter Zugrundelegung der fr die Beurteilung einer Jugendbeeintrchtigung maßgeblichen Kriterien eigenverantwortlich – idealerweise durch den Jugendschutzbeauftragten (s. dazu unten Rz. 87 ff.) oder eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle (s. dazu unten Rz. 105) – festzulegen. 143 139 S. hierzu die Pressemitteilung der KJM 12/2004 v. 1.12.2004, abrufbar unter

http://www.alm.de. 140 Nach der Amtl. Begrndung habe sich gezeigt, „dass mit entsprechender Soft-

ware das zeitzonenbergreifende Angebot fr einzelne Zeitzonen gesperrt und damit ber den Zeitraum eines Tages unterschiedlich ausgestaltet werden kann“, abgedruckt in Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 5 JMStV. 141 Ausfhrlich zu den Anforderungen an die Sendezeitbegrenzung nach § 5 Abs. 4 JMStV Scholz/Liesching, § 5 JMStV Rz. 11 ff. 142 So ausdrcklich auch Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 5 JMStV Rz. 11. 143 Vgl. hierzu Scholz/Liesching, § 5 JMStV Rz. 12.

Erdemir | 667

Kap. 14 Rz. 76

Jugendschutz

76 Ist bei Angeboten in Telemedien eine entwicklungsbeeintrchtigende Wirkung i.S.v. § 5 Abs. 1 JMStV nur auf Kinder zu befrchten, erfllt der Anbieter gemß § 5 Abs. 5 JMStV seine Schutzverpflichtung, wenn das Angebot getrennt von fr Kinder bestimmten Angeboten verbreitet wird oder abrufbar ist. Mit diesem Trennungsgebot sollen geschtzte Rume fr spezielle Kinderangebote im Internet geschaffen werden, die nicht zu beeintrchtigenden Angeboten weiterfhren. Insoweit ist bei zeitlich unbeschrnkt verbreiteten Internetangeboten erforderlich, dass die an Kinder gerichteten Inhalte auf einer eigenstndigen Website (Unterseite des Angebotes) angeboten werden, ohne dass durch entsprechende Verlinkung unmittelbar auf fr Kinder entwicklungsbeeintrchtigende weitere Inhalte verwiesen wird. 144 Bemerkenswert ist, dass der Staatsvertragsgeber mit der Beschrnkung des Regelungscharakters auf Kinder bei genauer Betrachtung eine neue Altersstufe in das herkçmmliche, starre Altersstufensystem eingefhrt hat (hier: 14 Jahre, vgl. Legaldefinition in § 3 Abs. 1 JMStV). 145 77 § 5 Abs. 6 JMStVenthlt eine Ausnahme von den Verbreitungsbeschrnkungen des Abs. 1 f r Nachrichtensendungen, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen im Rundfunk und vergleichbaren Angeboten in Telemedien. Die jeweils erforderliche Einzelfallprfung luft unter dem Aspekt „des berechtigten Interesses“ auf eine Rechtsgterabwgung, hier auf die Abwgung zwischen Berichterstattungsinteresse einerseits und Kinder- bzw. Jugendbeeintrchtigung andererseits, hinaus. 146 Die Ausnahmevorschrift besitzt deutliche Parallelen zu § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV (die Menschenwrde verletzende Darstellungen; s. dazu oben Rz. 60). Auch hier kann fr anreißerische Darstellungsformen, welche in erster Linie den Voyeurismus des Nutzers bedienen wollen, kein beachtenswertes Informationsbedrfnis der Iffentlichkeit bestehen.

4. Werbung und Teleshopping (§ 6 JMStV) 78 § 6 JMStV enthlt ber die allgemeinen, fr alle Angebote geltenden Beschrnkungen der §§ 4 und 5 JMStV hinaus weiter gehende Bestimmungen ber den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Werbung und im Teleshopping. Da der JMStV keine eigenen Definitionen dieser Begriffe enthlt, ist – auch fr den Bereich der Telemedien – auf die im Rundfunk geltenden Grundstze zurckzugreifen. Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 RStV, der mit Art. 1c der EG-Fernsehrichtlinie in Einklang steht, ist Werbung „jede Rußerung bei der Ausbung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die entweder gegen Entgelt oder eine hn144 Vgl. Scholz/Liesching, § 5 JMStV Rz. 17; s. auch Grapentin, CR 2003, 458, 460. 145 Zur Frage, ob die Verortung von Entwicklungsbesonderheiten insgesamt mittels

starrer, nur grob altersabgestufter Filmfreigabe problemangemessen ist, s. Gernert/Stoffers, S. 106 ff. 146 So ausdrcklich auch Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 5 JMStV Rz. 23 f.

668 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 81 Kap. 14

liche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fçrdern“. 147 Auch Werbung i.S.d. Jugendmedienschutzrechts ist mithin Wirtschaftswerbung. Unter Teleshopping wird gemß der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV 79 „die Sendung direkter Angebote an die Iffentlichkeit fr den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt“ verstanden. Die fr Werbung in § 6 Abs. 1–5 JMStV vorgesehenen und nachfolgend dargestellten Beschrnkungen gelten hierbei nach dessen Abs. 6 Satz 1 fr Teleshopping entsprechend. § 6 Abs. 1 JMStV betrifft indizierte Medien und korrespondiert mit den §§ 15 80 und 18 JuSchG. Nach Abs. 1 Satz 1 gelten bei der Werbung fr indizierte Angebote dieselben Beschrnkungen, die fr das Angebot selbst aufgrund seiner Listenaufnahme durch die BPjM Anwendung finden. Hieraus folgt, dass fr Angebote, die wegen ihres strafbaren Inhalts in die Listenteile B oder D aufgenommen worden sind, berhaupt nicht geworben werden darf (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 11 JMStV). Dagegen ist fr Angebote, die wegen Jugendgefhrdung in die Listenteile A und C aufgenommen worden sind, bei Telemedien die Werbung in geschlossenen Benutzergruppen zulssig (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 JMStV). Nach dem mit § 15 Abs. 4 JuSchG korrespondierenden Satz 2 darf die Liste der jugendgefhrdenden Medien i.S.d. § 18 JuSchG nicht zum Zwecke der Werbung verbreitet oder zugnglich gemacht werden. Dadurch soll verhindert werden, dass mit der Indizierung selbst Werbung fr Angebote gemacht wird, die Kindern und Jugendlichen nicht zugnglich gemacht werden drfen. Schließlich darf gemß § 6 Abs. 1 Satz 3 JMStV – der Parallelregelung zu § 15 Abs. 5 JuSchG – bei Werbung nicht darauf hingewiesen werden, dass ein Verfahren zur Aufnahme eines Angebotes oder eines inhaltsgleichen Trgermediums in die Liste nach § 18 JuSchG anhngig ist oder gewesen ist. Auch dieser Bestimmung liegt der oben (Rz. 78) bereits dargestellte rundfunkrechtliche, dh. auf geschftliche Werbung begrenzte Werbebegriff zugrunde. 148 Nicht erfasst werden daher „private“ Internetangebote ohne kommerziellen Charakter, die bspw. indizierte Horrorfilme innerhalb einer Fangemeinde werbend rezensieren. § 6 Abs. 2–5 JMStV enthlt besondere Verbote der Werbegestaltung. Hierbei 81 entsprechen die Bestimmungen der Abs. 2 und 5 im Wesentlichen den Art. 15 147 S. hierzu auch Kassebohm, Grenzen schockierender Werbung, S. 8 ff.; Sack, AfP

1991, 704 ff. 148 Ebenso ausdrcklich auch Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 462; a.A. Nikles/Roll/

Sp+rck/Umbach, § 6 JMStV Rz. 9.

Erdemir | 669

Kap. 14 Rz. 82

Jugendschutz

und 16 der EG-Fernsehrichtlinie. 149 Ihr Anwendungsbereich wurde vom Staatsvertragsgeber aus Konvergenzgrnden auf Telemedien ausgedehnt. 82 Nach § 6 Abs. 2 JMStV darf Werbung Kindern und Jugendlichen weder kçrperlichen noch seelischen Schaden zufgen. Hierbei kann es nicht auf den Schaden ankommen, den der Minderjhrige bei Konsumierung des beworbenen Produkts erleidet. Maßgeblich ist vielmehr ein unmittelbar durch die Werbung veranlasster Schaden (z.B. Werbung fr „super gefederte“ Sportschuhe, die berzeichnend dazu anregt, mit ihnen von einem Hausdach zu springen 150). Selbstndig neben dem allgemeinen Verbot der kçrperlichen bzw. seelischen Schdigung stehen die im zweiten Halbsatz des Abs. 2 genannten Fallgruppen 1–4 („darber hinaus“). 151 Hierbei darf Werbung nicht (1.) direkte Kaufappelle an Kinder oder Jugendliche enthalten, die deren Unerfahrenheit und Leichtglubigkeit ausnutzen, (2.) Kinder und Jugendliche unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu bewegen, (3.) das besondere Vertrauen ausnutzen, das Kinder oder Jugendliche zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, oder (4.) Kinder oder Jugendliche 152 ohne berechtigten Grund in gefhrlichen Situationen zeigen. 153 83 § 6 Abs. 3 JMStV statuiert ein Trennungsgebot f r entwicklungsbeeintrchtigende Werbung gegenber Angeboten, die Kinder oder Jugendliche ansprechen. Die Bestimmung korrespondiert mit dem allgemeinen Trennungsgebot des § 5 Abs. 5 JMStV fr Telemedien. Hierbei muss der Anbieter sicherstellen, dass im Umfeld seines ansonsten auf Kinder oder Jugendliche ausgerichteten Angebots keine entwicklungsbeeintrchtigende Werbung verbreitet wird. 84 Nach § 6 Abs. 4 JMStV darf Werbung, die sich auch an Kinder oder Jugendliche richtet oder bei der Kinder oder Jugendliche als Darsteller eingesetzt werden, nicht ihren Interessen schaden oder ihre Unerfahrenheit ausnutzen. Diese Generalklausel soll gewhrleisten, dass ber die Abs. 1 und 2 hinaus auch sonstige Gefhrdungen und Beeintrchtigungen im Rundfunk und bei Telemedien nicht erfolgen kçnnen. Der Auffangtatbestand entspricht den Vorgngerregelungen der §§ 7 Abs. 1 Satz 2 RStV, 13 Abs. 1 MDStV. Zu ihrer Auslegung kçnnen insbesondere die Verhaltensregeln des 149 Richtlinie (89/552/EWG) des Rates vom 3.10.1989 zur Koordinierung bestimm-

150 151 152 153

ter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten ber die Ausbung der Fernsehttigkeit, ABl. 1989 Nr. L298/23. Beispiel bei Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 6 JMStV Rz. 10; vgl. hierzu auch Scholz/Liesching, § 6 JMStV Rz. 6. Vgl. Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 6 JMStV Rz. 11; a.A. Bornemann, NJW 2003, 787, 790 („Regelbeispiele“). Die im Staatsvertrag verwandte Formulierung „Kinder oder Minderjhrige“ drfte dagegen auf einem Redaktionsversehen beruhen. Eingehend zum Verbotskatalog des § 6 Abs. 2 Nrn. 1–4 JMStV Hartstein/Ring/ Kreile/Dçrr/Stettner, § 6 JMStV Rz. 8 ff.

670 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 87 Kap. 14

Deutschen Werberates fr die Werbung mit und vor Kindern in der Fassung von 1998 – ihrerseits Ausdruck der privaten Selbstregulierung – herangezogen werden. 154 Diese sehen bspw. in Ziff. 1 vor, dass Werbung mit und fr Kinder keinen Vortrag von Kindern ber besondere Vorteile und Eigenarten des Produktes enthalten soll, der nicht den natrlichen Lebensußerungen des Kindes gemß ist. § 6 Abs. 5 JMStV enthlt besondere, an der Schnittstelle zwischen Jugend- 85 und Gesundheitsschutz angesiedelte Beschrnkungen fr Alkohol- und Tabakwerbung. So darf sich Werbung fr alkoholische Getrnke nach Satz 1 weder an Kinder oder Jugendliche richten noch durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen oder diese beim Alkoholgenuss darstellen. 155 Die Bestimmung setzt Art. 15 der EG-Fernsehrichtlinie um und erstreckt sich auf smtliche Angebote von Rundfunk und Telemedien. Nach Satz 2 finden die fr Alkoholwerbung geltenden Beschrnkungen des Satz 1 auf die Werbung fr Tabak in Telemedien entsprechende Anwendung. Diese Bestimmung ergnzt die Umsetzung von Art. 13 der EG-Fernsehrichtlinie in § 22 Abs. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstndegesetzes (LMBG), welcher ein Werbeverbot fr Tabakerzeugnisse in Hçrfunk- und Fernsehen statuiert. Nach § 6 Abs. 6 JMStV sind – wie oben unter Rz. 79 bereits erwhnt – die 86 Abs. 1–5 fr Teleshopping entsprechend anwendbar. Teleshopping darf darber hinaus vor dem Hintergrund seiner Bedeutung als direktes Verkaufsinstrument Kinder und Jugendliche nach Satz 2 nicht dazu anhalten, Kaufoder Miet- bzw. Pachtvertrge fr Waren oder Dienstleistungen zu schließen. Diese Regelung entspricht Art. 16 Abs. 2 der EG-Fernsehrichtlinie.

5. Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten (§ 7 JMStV) Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV haben geschftsmßige Anbieter von all- 87 gemein zugnglichen Telemedien (gemeint sind hierbei auch Host-ServiceProvider 156) sowie Anbieter von Suchmaschinen einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Diese Pflicht war fr den Bereich der Mediendienste zuvor in § 12 Abs. 5 MDStV geregelt; fr den Bereich der Teledienste war die Bestellung des Jugendschutzbeauftragten in § 7a GjSM vorgesehen. Whrend nach alter Rechtslage die gesetzliche Pflicht zur Bestellung eines Ju154 Ein Auszug der (wesentlichen) Verhaltensregeln des Deutschen Werberates ist ab-

rufbar unter http://www.learn-line.nrw.de/angebote/juverbraucher/medio/werbung2.htm. 155 Vgl. hierzu auch die Verhaltensregeln des Deutschen Werberates ber die Werbung und das Teleshopping fr alkoholische Getrnke in der Fassung von 1998, abrufbar unter http://www.brauer-bund.de/presse/verhalten.html. 156 Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7 JMStV Rz. 7; Hoeren, Recht der Access Provider, Rz. 818, 825, nimmt darber hinaus auch die Zugangsvermittler in die Pflicht.

Erdemir | 671

Kap. 14 Rz. 88

Jugendschutz

gendschutzbeauftragten bereits dann bestand, wenn lediglich die Mçglichkeit einer Entwicklungsbeeintrchtigung vorlag, trifft eine entsprechende Verpflichtung nach dem JMStV Anbieter von Telemedien nur dann, wenn in deren Angeboten entwicklungsbeeintrchtigende oder jugendgefhrdende Inhalte tatschlich enthalten sind. 157 Nach aktueller Rechtslage haben folglich nur solche Anbieter einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, deren angebotene Inhalte Themenbereiche abdecken, die regelmßig auch jugendgefhrdend oder zumindest fr bestimmte Altersgruppen entwicklungsbeeintrchtigend sind (Erotikangebote, sog. 3-D-Shooter, entsprechende Forenthemen etc.). Anbieter von Video-on-demand unterliegen hierbei generell der Bestellpflicht. 88 Aber auch Anbieter elektronischer Marktpltze und Versteigerungsplattformen kommen selbst dann als Regelungsadressaten des § 7 JMStV in Betracht, wenn sie lediglich Trgermedien Dritter bereithalten. Zum einen handelt es sich auch bei ihnen um geschftsmßige Anbieter von allgemein zugnglichen Telemedien, hier in Gestalt von Telediensten i.S.d. TDG (vgl. Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV). Zum anderen kçnnen diese Telemedien bereits selbst entwicklungsbeeintrchtigende oder jugendgefhrdende Inhalte enthalten. Dies ist bspw. bei Versteigerungsplattformen dann der Fall, wenn die Auktionatoren ihre Horrorfilm-Angebote mit Bild- und Textmaterial (vor- und rckseitige Abbildungen der DVD-Cover, Szenenfotos usw.) versehen. Damit bestehen selbst bei entsprechend enger Wortlautinterpretation des § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV an der grundstzlichen Bestellpflicht eines Jugendschutzbeauftragten auch f r Betreiber von Versteigerungsplattformen keine durchgreifenden Bedenken. Im Jbrigen wird auch durch die ausdrckliche Erstreckung der Bestellpflicht auf Anbieter von Suchmaschinen deutlich, dass mit § 7 JMStV fr smtliche geschftsmßige Anbieter (dazu sogleich unter Rz. 91) von allgemein zugnglichen Telemedien die selbstregulative Instanz eines Jugendschutzbeauftragten gesetzlich etabliert werden soll. Dies unabhngig davon, ob sie fr das Zugnglichmachen entwicklungsbeeintrchtigender oder jugendgefhrdender Inhalte an Minderjhrige unmittelbar oder – wie im Bereich der elektronischen Marktpltze eher die Regel – allenfalls mittelbar zur Verantwortung gezogen werden kçnnen. Mithin stehen smtliche geschftsmßige Diensteanbieter, sofern sie den Zugang Minderjhriger zu jugendschutzrelevanten Inhalten regelmßig befçrdern, innerhalb des jeweils Zumutbaren (dazu sogleich unter Rz. 92) gleichermaßen in der (Bestell-)Pflicht. 89 Mit der Etablierung einer weitgehend unabhngigen Selbstregulierungsinstanz in Gestalt des Jugendschutzbeauftragten korrespondiert eine nicht unbedeutende Enthaftungsfunktion: So kçnnen insbesondere die Haftungsrisi157 Vgl. Scholz/Liesching, § 7 JMStV Rz. 5; Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 7

JMStV Rz. 7; s. aber auch Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7 JMStV Rz. 4 (Eignung zur Entwicklungsbeeintrchtigung reicht aus).

672 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 90 Kap. 14

ken in Bezug auf die Verwirklichung der einschlgigen Verbreitungsverbote des Strafgesetzbuchs (§§ 130, 131 und 184 StGB) sowie der einschlgigen materiellrechtlichen Bestimmungen des JMStV und des JuSchG minimiert werden. Jber die Beratung des Anbieters in Fragen des Jugendschutzes hinaus steht der Jugendschutzbeauftragte im Außenverhltnis den (potenziellen) Nutzern des Angebotes als Ansprechpartner zur Verfgung. Diese ebenfalls in § 7 Abs. 3 Satz 1 JMStV verankerte Ombudsfunktion des Jugendschutzbeauftragten als Ansprechpartner fr den Nutzer umfasst sowohl die Beratung von Erziehungsberechtigten im Hinblick auf bestehende technische Sicherungsmçglichkeiten als auch die Entgegennahme von Beschwerden und Anfragen von Nutzern im Hinblick auf jugendgefhrdende Inhalte. 158 Zur Sicherstellung der Ombudsfunktion erscheint es geboten, dass Name und Kontaktdaten des Jugendschutzbeauftragten dem Angebot ohne weiteres – bspw. abrufbar ber das Impressum – entnommen werden kçnnen. Die vorgenannte Beratungsfunktion des Jugendschutzbeauftragten kann 90 bei Host-Service-Providern allerdings auch zu einem Haftungsrisiko werden. Schließlich kommt es fr die Haftung des Anbieters auf seine positive Kenntnis vom inkriminierten Inhalt an. Das In-Kenntnis-Setzen (auch) ber bereits ins Netz gestellte rechtswidrige Inhalte ist wiederum ein essentieller Bestandteil der Beratungspflicht des Jugendschutzbeauftragten. Hat der Diensteanbieter also Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung bzw. Information erlangt, so muss er nach § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG unverzglich ttig werden. Aber auch die Unkenntnis des Anbieters infolge der Nicht-Weitergabe entsprechender Informationen durch den (internen) Jugendschutzbeauftragten kçnnte zu einem Wegfall der Verantwortlichkeitsprivilegierung des § 11 TDG fhren. Denn es gehçrt in seinen Aufgabenbereich, durch eine ordnungsgemße Organisation fr eine Nutzbarmachung der Kenntnis des Jugendschutzbeauftragten zu sorgen. 159 Hierbei begrndet die fahrlssige Nichtkenntnis fremder jugendschutzrelevanter Inhalte im Sinne eines „Kennenmssens“ nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 TDG fr sich genommen zwar noch keine Haftung. Auch sind insbesondere im Bereich des Kernstrafrechts (§§ 130, 131 und 184 StGB) einer Zurechnung der Kenntnis Dritter wegen des im Rechtsstaatsprinzip begrndeten Schuldgrundsatzes enge Grenzen gesetzt. Es besteht aber keine Veranlassung zur Privilegierung einer Vogel-Strauß-Politik. Wer offenkundig die Augen verschließt, indem er sich „seinem“ Jugendschutzbeauftragten gegenber als beratungsresistent erweist oder aber schon das Beratungs- bzw. Informationsgesprch als solches in Ermangelung einer ordnungsgemßen Organisation regelmßig nicht ermçglicht, den kçnnen auch die Haftungsrisiken aus mittelbarer

158 Vgl. OLG Dsseldorf, Urteil v. 11.2.2003 – 20 U 7/03, MMR 2003, 336; LG Dssel-

dorf, Urteil v. 18.9.2002 – 12 O 334/02, MMR 2002, 831, 832; Hartstein/Ring/ Kreile/Dçrr/Stettner, § 7 JMStV Rz. 8. 159 S. hierzu auch Spindler, NJW 1997, 3193, 3197.

Erdemir | 673

Kap. 14 Rz. 91

Jugendschutz

Rechtsgutsverletzung treffen. Der Einwand der fehlenden Kenntnis wre hier rechtsmissbruchlich. 91 Die Bestellpflicht trifft nur geschftsmßige Anbieter. Zwar wird der Begriff „geschftsmßig“ weder legal definiert noch in den gesetzlichen Materialien erlutert. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Begriff sein gesetzliches Vorbild in § 6 TDG hat („geschftsmßiger Teledienst“). Hiernach kommt es auf eine Gewinnerzielungsabsicht des Anbieters nicht an. 160 Folglich kann es auch fr die Anwendbarkeit des § 7 JMStV nicht auf die Gewinnerzielungsabsicht des Anbieters ankommen. Er muss sein Angebot nicht gewerbsmßig bereithalten. 161 Das Angebot muss allerdings allgemein zugnglich sein. Dies ist der Fall, wenn es von einen unbestimmten Personenkreis abgerufen werden kann. Zwar handelt es sich auch bei einer geschlossenen Benutzergruppe i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV um einen solchen unbestimmten Personenkreis. Der zentrale Sinn und Zweck des § 7 JMStV, Angebote bereits vor ihrer Verbreitung unter Jugendschutzgesichtspunkten einer Prfung zu unterziehen, luft aber dann leer, wenn das Telemedium von vornherein nur Volljhrigen zugnglich ist. Entspricht ein Altersverifikationssystem fr Angebote in Telemedien daher den strengen Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV, so ist die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten obsolet. 162 92 § 7 Abs. 2 JMStVenthlt als Ausnahmetatbestand zu Abs. 1 aus Grnden der Verhltnismßigkeit eine Privilegierung fr bestimmte (kleinere) Anbieter von Telemedien. Diesem Anbieterkreis wird die Mçglichkeit eingerumt, die Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten auf eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle zu delegieren. Hierzu muss entweder die Gesamtzahl der Arbeitnehmer ihres Unternehmens weniger als 50 betragen oder auf deren Angebote im Monatsdurchschnitt eines Jahres nachweislich weniger als 10 Mio. Zugriffe erfolgen. Abzustellen ist insoweit auf die Hufigkeit des Abrufens der Angebotsinhalte (sog. visits). Um die Privilegierung in Anspruch nehmen zu kçnnen, hat der Anbieter seine Eigentumsverhltnisse und Rechtsbeziehungen zu mit ihm verbundenen Unternehmen nach §§ 15 ff. AktG offen zu legen. Denn nur durch eine entsprechende Gesamtbetrachtung des Unternehmens kann eine Umgehung mittels Auslagerung von Zugriffsdiensten wirksam unterbunden werden. 163 93 Nach der Amtlichen Begrndung zum JMStV muss die Selbstkontrolleinrichtung, auf welche die Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten delegiert 160 Brçnneke, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 6 TDG Rz. 35 ff. 161 So auch Scholz/Liesching, § 7 JMStV Rz. 4; Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7

JMStV Rz. 3; a.A. Hartstein/Ring/Kreile/ Dçrr/Stettner, § 7 JMStV Rz. 7. 162 Ebenso Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7 JMStV Rz. 3; s. auch Germann, Gefah-

renabwehr, S. 342 (zu § 7a Satz 1 GjS, § 8 Abs. 4 Satz 1 MDStV a.F.); a.A. Scholz/ Liesching, § 7 JMStV Rz. 3. 163 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 7 JMStV Rz. 7.

674 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 94 Kap. 14

werden, nicht von der KJM unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 JMStV anerkannt sein. 164 Allerdings muss der Anbieter der Selbstkontrollorganisation im erforderlichen Umfang die Aufgaben eines Jugendschutzbeauftragten sowie dessen Beteiligungs- und Informationsrechte i.S.d. Abs. 3 bertragen. Folglich muss es sich bei der Einrichtung um einen Zusammenschluss von Unternehmen bzw. Personen handeln, die ein Mindestmaß an Sachverstand und Zuverlssigkeit gewhrleisten, um Angebote als neutrales Organ im Hinblick auf jugendschutzrelevante Inhalte zu kontrollieren und die Anbieter in ihrer Angebotszusammenstellung zu beraten. 165 Im Bereich der Multimedia haben sich unter der Dachorganisation „Arbeitsgemeinschaft Selbstkontrolle Multimedia“ verschiedene Selbstkontrolleinrichtungen zusammengeschlossen, von denen insbesondere die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V.“ (FSM) zu nennen ist. Hierbei werden die Anbieter von Telemedien durch den Anschluss an die FSM von der Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten befreit. 166 Jberdies wurde die FSM von der KJM in ihrer Sitzung am 23.11.2004 in Erfurt als Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle im Bereich der Telemedien unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 JMStV anerkannt. 167 Der Jugendschutzbeauftragte bt zwar regelmßig keine Rechtsbesorgung 94 i.S.d. § 1 Rechtsberatungsgesetz aus. 168 Gleichwohl muss er, um die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 JMStV erforderliche Fachkunde zur Erfllung seiner Aufgaben zu besitzen, auch ein gewisses Maß an juristischen Kenntnissen vorweisen kçnnen. So sollte der Jugendschutzbeauftragte aufgrund seiner fachlichen Voraussetzung in der Lage sein, neben den Bestimmungen des JMStV auch die Bestimmungen des StGB und ggf. des JuSchG fachgerecht anwenden zu kçnnen. Darber hinaus sind Kenntnisse in der Medienforschung und in der Pdagogik von Vorteil. 169

A.A. offenbar Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7 JMStV Rz. 8. LG Dsseldorf, Urteil v. 18.9.2002 – 12 O 334/02, MMR 2002, 831, 832. So ausdrcklich auch Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 19 JMStV Rz. 4. Die Anerkennung wurde unter der Bedingung ausgesprochen, dass die FSM sich insbesondere zur Dokumentation ihrer Prfungen verpflichtet und sicherstellt, dass die KJM ber laufende Verfahren und Maßnahmen informiert wird. S. hierzu die Pressemitteilung der KJM 12/2004 v. 1.12.2004, abrufbar unter http://www.alm.de. 168 Vgl. OLG Dsseldorf, Urteil v. 11.2.2003 – 20 U 7/03, MMR 2003, 336, 337 f.; LG Dsseldorf, Urteil v. 18.9.2002 – 12 O 334/02, MMR 2002, 831,832; Hartstein/ Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 7 JMStV Rz. 10; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 597; die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes zumindest bei externen Jugendschutzbeauftragten befrworten dagegen Scholz/Liesching, § 7 JMStV Rz. 24; Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 7 JMStV Rz. 16; Strçmer, in: K&R 2002, 643, 644 f. 169 S. hierzu Hertel, in: Hahn/Vesting, § 4 RStV Rz. 10 („ausreichendes Querschnittswissen“); s. auch Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 7 JMStV Rz. 11. 164 165 166 167

Erdemir | 675

Kap. 14 Rz. 95

Jugendschutz

6. Kennzeichnungspflicht (§ 12 JMStV) 95 Anbieter von Telemedien, die ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind mit bespielten Videokassetten und mit anderen zur Weitergabe geeigneten, fr die Wiedergabe auf oder das Spiel an Bildschirmgerten mit Filmen oder Spielen programmierten Datentrgern (Bildtrgern), die nach § 12 JuSchG gekennzeichnet oder fr die jeweilige Altersstufe freigegeben sind, mssen auf eine vorhandene Kennzeichnung in ihrem Angebot deutlich hinweisen. Ungeachtet der Jbertitelung („Kennzeichnungspflicht“) handelt es sich damit weniger um eine Kennzeichnungs- als vielmehr um eine Hinweispflicht. Selbige umfasst smtliche Altersfreigaben nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 und 6 JuSchG, also auch die Kennzeichnung „Keine Jugendfreigabe“. Die Vorschrift ist ein deutlicher Beleg fr die Wechselseitigkeit von JMStV und JuSchG. Denn auch das JuSchG legt in § 12 Abs. 2 Satz 3 eine entsprechende Hinweispflicht fr Anbieter von Telemedien fest. Whrend allerdings die Regelung des JuSchG insbesondere den Internetversandhandel mit Bildtrgern im Sinne der Legaldefinition des § 12 Abs. 1 Satz 1 JuSchG erfasst, bezieht sich die in § 12 JMStV verankerte Hinweispflicht auf Film- und Spielangebote, die – wie bspw. im Falle von Video-on-demand – selbst Telemedien darstellen. Im Unterschied zu § 12 JuSchG umfasst die Regelung des § 12 JMStV auch Film- und Spielinhalte, welche mit gekennzeichneten Bildtrgern lediglich „im Wesentlichen inhaltsgleich“ sind. 96 § 12 JMStV verlangt zwar einen deutlichen Hinweis auf eine vorhandene Kennzeichnung. Offen bleibt aber, ob hierfr die besonderen Zeichen i.S.v. § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 JuSchG verwendet werden mssen oder ob vielmehr ein formloser Hinweis auf die entsprechende Kennzeichnung des Bildtrgers gengt. Whrend die Literatur berwiegend dazu neigt, entsprechend der Anbringung der Alterskennzeichnung auf Bildtrgern auch bei Telemedien nur die Verwendung der besonderen Zeichen nach § 12 Abs. 2 JuSchG ausreichen zu lassen, reicht es nach der Amtlichen Begrndung zu § 12 JMStV aus, wenn „die jeweilige Kennzeichnung ohne weitere Zugriffsschritte auf Anhieb erkennbar“ ist. Erscheint eine einheitliche Kennzeichnung von Trger- und Telemedien unter dem Gesichtspunkt der Konvergenz und Transparenz auch sinnvoll, so vertrgt sich eine entsprechende Interpretation des § 12 JMStV wohl kaum mit dem in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Bestimmtheitsgebot. Schließlich erçffnet ein Verstoß gegen § 12 JMStV das Ordnungswidrigkeitenverfahren (§ 24 Abs. 1 Nr. 13 JMStV). Bis zu einer entsprechenden Nachbesserung des Wortlauts des § 12 JMStV durch die Staatsvertragsparteien muss es daher ausreichen, wenn die Anbieter von Telemedien auf eine vorhandene Kennzeichnung formlos hinweisen.

676 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 99 Kap. 14

7. Kooperationsstelle „jugendschutz.net“ (§ 18 JMStV) Bekanntermaßen ist die Dynamik des Internets einer Regulierung nur schwer 97 zugnglich. Folglich kann effektiver Jugendschutz hier von vornherein nur funktionieren, wenn er auch auf die Kooperation mit Nutzern und Anbietern ausgelegt ist. Diesem Erfordernis versuchte der Staat bereits im Oktober 1997 durch die Grndung der Gemeinsamen Stelle „jugendschutz.net“ mit Sitz in Mainz auf der Grundlage einer Vereinbarung der Jugendministerien der Bundeslnder Rechnung zu tragen. Die Jugendministerkonferenz der Lnder formulierte die Aufgaben von „jugendschutz.net“ dahin gehend, „jugendschutzrelevante Inhalte im Internet und anderen Mediendiensten aufzuspren und ggf. das nach dem Mediendienste-Staatsvertrag zustndige Land zu informieren, die entsprechenden Anbieter zu bewegen, diese Inhalte zu ndern und aus dem Internet bzw. anderen Mediendiensten herauszunehmen“. 170 Damit wurde der Auftrag der lnderbergreifenden Stelle „jugendschutz.net“ entsprechend den praktischen Voraussetzungen fr einen effektiven Jugendschutz vor allem auf eine frhzeitige Kooperation mit den Anbietern ausgerichtet. § 18 Abs. 1 Satz 1 JMStV legt nun fest, dass „jugendschutz.net“ organisato- 98 risch an die KJM „angebunden“ ist. Organisatorische Anbindung meint hierbei technische bzw. verwaltungsmßige Anbindung von „jugendschutz.net“ an die KJM in Gestalt der Abstimmung von Verfahrensablufen. Hierzu wurde das Personal von „jugendschutz.net“ zur Landeszentrale fr private Rundfunkanbieter Rheinland-Pfalz (LPR) bergeleitet. Die Personalgewalt hat damit die Landesmedienanstalt bernommen, in deren çrtlichem Zustndigkeitsbereich „jugendschutz.net“ seinen Sitz hat. Die organisatorische Anbindung begrndet jedoch kein fachliches Weisungsrecht der KJM gegenber „jugendschutz.net“. Denn bei „jugendschutz.net“ handelt es sich nach wie vor um eine durch die obersten Landesjugendbehçrden (nicht: durch die Landesmedienanstalten bzw. die KJM) eingerichtete Gemeinsame Stelle. Gleichwohl hat „jugendschutz.net“ im Sinne einer grçßtmçglichen Effizienz des Jugendschutzes insbesondere die Inhalte der Arbeitsfelder mit der KJM abzustimmen. Nach § 18 Abs. 2 JMStV unterst tzt „jugendschutz.net“ die KJM und die 99 Obersten Landesjugendbehçrden bei deren Aufgaben. Hierbei ist „jugendschutz.net“ entsprechend ihrer bisherigen Ttigkeit allein fr die Jberprfung der Einhaltung der Bestimmungen des JMStV bei Angeboten in Telemedien zustndig. Dies insbesondere im Hinblick auf eine mçgliche Entwicklungsgefhrdung oder Entwicklungsbeeintrchtigung von Kindern und Jugendlichen i.S.d. §§ 4 und 5 JMStV. „Jberprfung“ meint allein die laufende und anlassunabhngige Beobachtung und Vorprfung. Selbstverstndlich besteht auch hier keine exklusive Zustndigkeit von „jugendschutz.net“. Viel170 Zitiert nach M+ller, JMS-Report 2/1998, S. 52 f.

Erdemir | 677

Kap. 14 Rz. 100

Jugendschutz

mehr bleibt es den Landesmedienanstalten unbenommen, jederzeit beobachtend und vorprfend ttig zu werden. Die (umfassende) Prfung und abschließende Entscheidung obliegt dagegen stets der KJM. Denn allein dieser ist als funktional zustndigem Willensbildungsorgan 171 der Landesmedienanstalten gem. § 16 Abs. 1 JMStV die abschließende Beurteilung von Angeboten nach diesem Staatsvertrag zugewiesen. Hierbei haben die KJM bzw. die Landesmedienanstalten, soweit Anhaltspunkte fr eine Straftat vorhanden sind, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Wenn eine Ahndung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht erfolgt, bleibt der KJM bzw. den Landesmedienanstalten ggf. die Mçglichkeit, die Angelegenheit als Ordnungswidrigkeit nach § 24 JMStV zu ahnden. 100 Der neben der Informationspflicht gegenber der KJM ebenfalls in § 18 Abs. 4 JMStV vorgesehene Hinweis durch „jugendschutz.net“ an Anbieter entspricht dem Interesse einer „netzwerkgerechten“ Selbst- und Fremdregulierung des Internets. Hierbei hat sich das von „jugendschutz.net“ bereits vor In-Kraft-Treten des JMStV praktizierte sog. notice-and-take-downVerfahren als durchaus effektiv erwiesen. 172 Neben den Content-Providern sind gerade auch Host-Service-Provider in ihrer Mehrzahl durchaus dankbar fr Hinweise ber Verstçße gegen jugendschutzrelevante Bestimmungen. So werden nach Angaben von „jugendschutz.net“ in ber 70% der Flle die angemahnten Inhalte entweder unmittelbar aus dem Netz genommen oder aber mit einer Zugangsbarriere versehen. 173 Gleichzeitig kçnnen sich die Anbieter mit Blick auf die in §§ 8 ff. TDG bzw. §§ 6 ff. MDStV normierten Haftungsprivilegierungen bei fremden Inhalten vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung an nicht lnger auf ihre „Gutglubigkeit“ berufen und haften daher ggf. fr die fortgesetzte Verbreitung (zur Kenntniserlangung durch Abmahnungen s. auch Spindler, Kap. 6 Rz. 30 f.). Auch dies hat in der großen Mehrzahl der Flle das sofortige Entfernen der jugendschutzrelevanten bzw. unzulssigen Inhalte zur Folge. 101 Festzuhalten bleibt damit, dass die KJM mit „jugendschutz.net“ ber eine Art „task force“ mit informationstechnologischer Kompetenz verfgt, welche bereits vor In-Kraft-Treten des JMStV einschlgige Erfahrungen im Bereich der Internetaufsicht sammeln konnte. Dieses Know-how kann „jugendschutz.net“ nun unmittelbar in die Aufsicht ber Telemedien nach dem JMStV einbringen. Indem ihre Arbeit vor allem auf eine frhzeitige Kooperation mit den Anbietern ausgerichtet ist, leistet die Stelle auch einen nicht zu unterschtzenden Beitrag, um die dem JMStV immanente Idee der „regulierten Selbstregulierung“ Wirklichkeit werden zu lassen. 171 Begriff bei Bornemann, NJW 2003, 787, 790. 172 S. zum sog. notice-and-take-down-Verfahren auch Sieber, Verantwortlichkeit im

Internet, S. 101. 173 S. hierzu den Erfahrungsbericht 2003 von „jugendschutz.net“, abrufbar unter

http://www.jugendschutz.net/pdf/bericht2003.pdf.

678 | Erdemir

IV. Regelungen im Bereich des JMStV

Rz. 104 Kap. 14

8. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen und Beurteilungsspielraum (§ 20 JMStV) Stellt die zustndige Landesmedienanstalt fest, dass ein Anbieter von Tele- 102 medien gegen die Bestimmungen des JMStV verstoßen hat, so trifft sie gemß § 20 Abs. 1 JMStV die erforderlichen Maßnahmen gegenber dem Anbieter. Hierbei trifft die nach § 20 Abs. 6 JMStV (çrtlich) zustndige Landesmedienanstalt gemß § 20 Abs. 4 JMStV durch die KJM die jeweilige Entscheidung. Mithin handelt die KJM fr die jeweils çrtlich zustndige Landesmedienanstalt als funktionell zustndiges Willensbildungsorgan (s. auch oben Rz. 99). Nach außen treten dagegen bei der Durchsetzung von Aufsichtsmaßnahmen die Landesmedienanstalten in Erscheinung. Welche Aufsichtsmaßnahmen gegen Anbieter von Telemedien zulssig 103 sind, richtet sich nach § 22 Abs. 2–4 MDStV. Diese, in § 20 Abs. 4 JMStV verankerte Rechtsverweisung ist konsequenterweise nicht nur auf Medien-, sondern vielmehr auch auf Teledienste zur Anwendung zu bringen. 174 Hierbei ist die Norm sowohl hinsichtlich der Art der Maßnahme als auch hinsichtlich der Bestimmung des Adressatenkreises heranzuziehen. Neben der Untersagung und Sperrung kommt als weniger einschneidende Maßnahme gegenber Anbietern von Telemedien insbesondere die formelle Beanstandung eines rechtswidrigen Angebotes, ggf. verbunden mit einer Androhung der Untersagung, in Betracht. Vorrangige Adressaten etwaiger Aufsichtsmaßnahmen sind solche Anbieter, die eigene Inhalte zur Nutzung bereithalten (Content-Provider). Besondere Bedeutung erlangt fr Anbieter von Telemedien die in § 20 Abs. 5 104 JMStV formulierte Haftungsprivilegierung. Gehçrt ein Anbieter von Telemedien einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle i.S.d. JMStV an oder unterwirft er sich ihren Statuten, bernimmt mithin ihre Entscheidungen, z.B. die Beurteilung bestimmter Seiten als jugendgefhrdend, so gilt folgende Privilegierung: Bei behaupteten Verstçßen gegen den Jugendschutz durch die KJM ist zunchst die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle mit der Angelegenheit zu befassen. Maßnahmen nach § 20 Abs. 1 JMStV gegen den Anbieter durch die KJM sind hierbei nur dann zulssig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums berschreitet. Dem Konzept regulierter Selbstkontrolle folgend, soll mithin zunchst die Selbstkontrolle eine Bewertung abgeben kçnnen. Die Privilegierung belohnt hierbei die Bereitschaft der Anbieter, sich einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und sich deren Entscheidungen und ggf. Sanktionen uneingeschrnkt zu unterwerfen. Eine Privilegierung 174 Vgl. nur Scholz/Liesching, § 20 JMStV Rz. 16; Ukrow, Jugendschutzrecht,

Rz. 648.

Erdemir | 679

Kap. 14 Rz. 105

Jugendschutz

fr Verstçße gegen den in § 4 Abs. 1 JMStV verankerten Verbotskatalog ist dagegen nach § 20 Abs. 5 Satz 1 JMStV ausgeschlossen. 105 Die Voraussetzungen der Anerkennung einer Einrichtung als Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle i.S.d. JMStV sind in § 19 Abs. 3 JMStV geregelt. 175 Als erste Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle wurde unter dem 18.6.2003 die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) durch die KJM anerkannt. 176 Zwischenzeitlich hat auch die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) ihre Anerkennung nach § 19 JMStV erfahren (s. auch oben Rz. 93). 106 Der Umfang des Beurteilungsspielraums ergibt sich aus den Bestimmungen des JMStV und den dazu erlassenen Satzungen und Richtlinien nach den §§ 8, 9 und 15 Abs. 2 JMStV. Hierbei erlangen die normkonkretisierenden Satzungen und Richtlinien der Landesmedienanstalten nach § 15 Abs. 2 JMStV besondere Bedeutung. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Selbstkontrolle durch die Bindung an Satzungen und Richtlinien nicht vollstndig an der Entwicklung eigener Beurteilungsmaßstbe gehindert werden darf. Folglich ist eine zu detaillierte Richtlinienvorgabe unzulssig, wenn hierdurch der anerkannten Selbstkontrolleinrichtung kein Spielraum bei der Beurteilung unbestimmter Rechtsbegriffe des JMStV verbleibt. Selbstverstndlich drfen die untergesetzlichen Regelungen auch nicht durch strengere Formulierungen ber den Normgehalt des JMStV hinausgehen. 177 107 Zur Bestimmung der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums sind die von der Rechtsprechung zur Frage der beschrnkten Kontrolldichte bei Beurteilungsspielrumen herausgearbeiteten Grundstze heranzuziehen. Diese sind auf die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle als sachkundig zusammengesetztes, unabhngiges Entscheidungsgremium bertragbar. Der Beurteilungsspielraum kann hierbei insbesondere bei entscheidungsrelevanten Verfahrensfehlern, bei der Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhaltes, bei Verkennung anzuwendenden Rechts sowie bei der Verletzung allgemein gltiger Wertungsmaßstbe bei der Rechtsanwendung berschritten sein. In der Konsequenz wird die (nachtrgliche) Kontrolle durch die Landesmedienanstalten bzw. durch die KJM durch die vorliegende Privilegierung auf eine bloße Missbrauchs- oder Vertretbarkeitsaufsicht reduziert. Denn nur bei einer groben Fehleinschtzung durch die Selbstkontrolle sind Aufsichtsmaßnahmen der KJM zulssig. 108 Der durch den JMStV eingerumte Beurteilungsspielraum fungiert als Verfahrenshindernis fr verwaltungsrechtliche Aufsichtsmaßnahmen (Beanstandung, Untersagung, Sperrung) sowie fr die Ahndung und Verfolgung ei175 Eingehend zu den Anerkennungsvoraussetzungen Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/

Stettner, § 19 JMStV Rz. 11 ff. 176 Vgl. die Pressemitteilung der KJM v. 24.6.2003, abrufbar unter http:/www.alm.de. 177 Kreile/Diesbach, ZUM 2002, 849, 855; s. auch Ladeur, ZUM 2002, 859, 867 f.

680 | Erdemir

V. Regelungen im Bereich des JuSchG

Rz. 111 Kap. 14

nes Verstoßes gegen den JMStV als Ordnungswidrigkeit. Der Beurteilungsspielraum begrndet dagegen kein Verfahrenshindernis fr die Ahndung als Straftat nach dem StGB oder nach § 23 JMStV. 178 Sollten Angebote von Telemedien ggf. bereits vor Einstellung in das Netz einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt worden sein, kann jedoch ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum i.S.d. § 16 Abs. 1 StGB in Betracht kommen.

9. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 23, 24 JMStV) Die im Ordnungswidrigkeitenkatalog des § 24 Abs. 1 JMStVenumerativ auf- 109 gefhrten Tatbestnde entsprechen im Einzelnen den materiellen Verbotsund Gebotsbestimmungen des JMStV. Nicht aufgefhrt sind dagegen die Werbeverbote des § 6 Abs. 2–5 JMStV, so dass sich die zustndige Landesmedienanstalt bzw. die KJM hier auf die Mçglichkeit einer fçrmlichen Beanstandung zu beschrnken hat. Gemß § 23 JMStV wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geld- 110 strafe bestraft, wer entgegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 JMStV Angebote verbreitet oder zugnglich macht, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfhigen Persçnlichkeit unter Bercksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefhrden. Diese Strafbestimmung orientiert sich an § 49a RStV a.F., der mit dem vierten Rundfunknderungsstaatsvertrag eingefgt worden war, um mçgliche Strafbarkeitslcken zu schließen. Bei den weiteren in § 4 Abs. 2 Satz 1 JMStV aufgelisteten unzulssigen Angeboten – wie insbesondere bei der einfachen Pornografie – kann davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Straftatbestnde des StGB greifen.

V. Regelungen im Bereich des JuSchG Wie oben unter Rz. 43 ff. bereits ausgefhrt, war es das Ziel des Gesetzgebers, 111 mit Hilfe des JMStV einen einheitlichen Jugendschutzstandard in allen elektronischen Onlinemedien zu schaffen. Anbieter elektronischer Marktpltze und Versteigerungsplattformen haben neben den einschlgigen Bestimmungen des StGB (hierbei vor allem in Gestalt der §§ 130, 131 und 184 StGB) auch die Vorschriften des JMStV zu beachten. Das JuSchG ist demgegenber vor allem dem Jugendschutz im Bereich der gegenstndlichen, zur Weitergabe geeigneten Medientrger verpflichtet. Daher ist bspw. fr die Nutzer von Versteigerungsplattformen, die insoweit regelmßig als eigenverantwortliche Online-Auktionatoren in Erscheinung treten und ihre Ton- und Bildtrger 178 Ausfhrlich dazu Hartstein/Ring/Kreile/Dçrr/Stettner, § 20 JMStV Rz. 17 ff., 39.

Erdemir | 681

Kap. 14 Rz. 112

Jugendschutz

anbieten, neben dem StGB insbesondere das JuSchG einschlgig. Im Falle einer sog. Eigenversteigerung, dh. soweit das Auktionshaus im eigenen Namen Ton- und Bildtrger zur Versteigerung anbietet, sind auch hier neben den einschlgigen StGB-Normen die Bestimmungen des JuSchG unmittelbar zur Anwendung zu bringen. Bei sog. Fremdversteigerungen wiederum sind die dogmatischen und haftungsrechtlichen Strukturen der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach § 11 TDG Grundlage fr strafrechtliche Sanktionen nach dem StGB wie auch fr jugendschutzrechtliche Sanktionen nach dem JuSchG (zur Zurechenbarkeit von Handlungen Dritter im Bereich des Strafrechts s. auch Vassilaki, Kap. 15 Rz. 19 ff.). Zu beachten sind im Bereich der elektronischen Marktpltze insbesondere die in den §§ 12 und 15 JuSchG verankerten Distributionsbeschrnkungen und -verbote.

1. Allgemeine Verbreitungsbeschrnkungen f r Bildtrger mit Filmen oder Spielen (§ 12 JuSchG) 112 Gemß § 12 Abs. 1 JuSchG drfen Bildtrger (Druckschrift, Filmrolle, Video- oder Audiokassette, DVD, CD-ROM etc.) mit Filmen oder Spielen Minderjhrigen in der Iffentlichkeit nicht zugnglich gemacht werden, soweit die Programme von einer obersten Landesjugendbehçrde oder einer Organisation der Freiwilligen Selbstkontrolle im Rahmen des Verfahrens nach § 14 Abs. 6 JuSchG fr ihre Altersstufe nicht freigegeben und gekennzeichnet worden sind. Der Begriff des „Zugnglichmachens“ umfasst im Hinblick auf das anvisierte Ziel eines wirksamen Jugendschutzes jedes Verhalten, durch das die Kenntnisnahme des Bildtrgerinhalts ermçglicht wird. 179 Wird daher ein Bildtrgerinhalt bspw. im Wege von Online-Auktionen oder im Wege der Versandbestellung ber das Internet unbeschrnkt zum Verkauf angeboten, ohne dass vor Versand des Bildtrgers eine Alterskontrolle des Kunden erfolgt, so liegt ein Zugnglichmachen an Minderjhrige in der Iffentlichkeit i.S.d. § 12 JuSchG vor. Denn „Kffentlichkeit“ im Sinne der Vorschrift besteht, wenn der Bildtrger fr eine Mehrzahl von Personen, die nicht durch persçnliche Beziehungen untereinander oder mit dem Anbieter verbunden sind, zugnglich ist. 180 Der Begriff der Iffentlichkeit lsst sich mithin nicht auf den non-virtuellen Raum begrenzen. 113 Im Bereich der Online-Versandbestellung stellt sich die Frage, welche Anforderungen an die Alterspr fung des Bestellkunden – insbesondere bei FSK/ USK-16-Bildtrgern – zu stellen sind. Mit den Belangen des Jugendschutzes schwer in Einklang zu bringen ist der Vorschlag, wonach unter Berufung auf die in § 2 Abs. 2 JuSchG verankerten Prfungs- und Nachweispflichten bei Offline-Medien (auch) beim Bereithalten von FSK/USK-16-Bildtrgern im In179 Vgl. Scholz/Liesching, § 12 JuSchG Rz. 4; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 210. 180 Vgl. Scholz/Liesching, § 12 JuSchG Rz. 4 sowie Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 211,

jeweils unter Bezugnahme auf Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 172 m.w.N.

682 | Erdemir

V. Regelungen im Bereich des JuSchG

Rz. 114 Kap. 14

ternet eine lediglich punktuelle, sporadische Kontrolle hinreichend sein soll. 181 Zwar haben nach § 2 Abs. 2 JuSchG Veranstalter und Gewerbetreibende lediglich in „Zweifelsfllen“ das Lebensalter zu berprfen. Ein Zweifelsfall im Sinne dieser Bestimmung kann aber nur bei persçnlichem Kontakt bestehen. So muss der Veranstalter oder Gewerbetreibende Zweifel an dem Alter einer Person haben, wenn sich aus dem ußeren Erscheinungsbild oder durch das Verhalten oder durch Rußerungen Anhaltspunkte ergeben, dass die jeweils maßgebliche Altersgrenze noch nicht erreicht sein kçnnte. 182 Damit sind fr die Frage nach einer wirksamen Alterskontrolle im Internet eigene, nicht auf § 2 Abs. 2 JuSchG rekurrierende Maßstbe zu entwickeln. Ob insoweit die (allein) anonyme Schlssigkeitsprfung der eingegebenen Personalausweisnummer als Altersverifikationssystem ausreicht, erscheint zumindest fraglich. Ihr Einsatz lsst sich jedenfalls nicht allein dadurch rechtfertigen, dass „ab 16 Jahren“ freigabebeschrnkte Versandartikel trotz ihres unbestreitbaren Gefhrdungspotentials fr Kinder und Jugendliche hinter dem Schweregrad der in § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV in Bezug genommenen Inhalte (einfache Pornografie, indizierte oder offensichtlich schwer jugendgefhrdende Inhalte) zurckbleiben. 183 Denn ein aus heutiger Sicht erkennbar ineffizientes, weil nahezu spielerisch leicht zu umgehendes Altersverifikationssystem (s. dazu oben Rz. 25) wird nicht dadurch zum geeigneten Mittel, dass es Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren „nur“ von entwicklungsbeeintrchtigenden Inhalten fern halten soll. Hier kommt auf Wissenschaft und Praxis die Aufgabe zu, unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Verhltnismßigkeitsprinzips ernsthafte Anforderungen an die Altersprfung (auch) bei jugendbeeintrchtigenden Inhalten festzulegen. Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 JuSchG mssen Anbieter von Telemedien, die Filme, 114 Film- und Spielangebote verbreiten, in ihrem Angebot auf eine vorhandene Kennzeichnung deutlich hinweisen. Die Vorschrift korreliert mit der weiter oben (Rz. 95 ff.) bereits dargestellten Hinweispflicht nach § 12 JMStV. Whrend sich die in § 12 JMStV verankerte Hinweispflicht allerdings auf Filmund Spielangebote bezieht, die – wie bspw. beim Video-on-demand oder dem Herunterladen von Computerspielen aus dem Internet – selbst Telemedien darstellen, erfasst § 12 Abs. 2 Satz 3 JuSchG mit Blick auf die Legaldefinition des § 12 Abs. 1 Satz 1 JuSchG (Bildtrger) insbesondere den Internetversandhandel mit Bildtrgern einschließlich entsprechender Online-Auktionsangebote. 184 Ungeachtet des missverstndlichen Wortlauts („Anbieter von Telemedien“) kommen die Betreiber von Fremdversteigerungsplattformen als unmittelbare Regelungsadressaten dieser Bestimmung nicht in Betracht. Denn es sind die Auktionatoren, die im Internet ihre Bildtrger zur 181 So aber Liesching, JMS-Report 6/2003, 2, 3. 182 OLG Karlsruhe, NStZ 1987, 284. 183 In diese Richtung argumentiert jedoch Liesching, JMS-Report 6/2003, 2, 3, wel-

cher in der Konsequenz die anonyme Jberprfung einer Personalausweiskennziffer auf syntaktische Richtigkeit und Geburtsdatum ausreichen lassen will. 184 Vgl. Scholz/Liesching, § 12 JuSchG Rz. 8.

Erdemir | 683

Kap. 14 Rz. 115

Jugendschutz

Versteigerung bereithalten. Den Plattformbetreiber kçnnen jedoch mit Blick auf § 11 TDG auch hier die Haftungsrisiken aus mittelbarer Rechtsgutsverletzung treffen. Schon deshalb erscheint ein standardisierter Hinweis an (potentielle) Auktionatoren auf die ihrerseits bestehende Hinweispflicht auf eine vorhandene Kennzeichnung der zur Versteigerung vorgesehenen Bildtrger obligatorisch. 115 Bildtrger, die keine Jugendfreigabe erhalten oder keine entsprechende Prfung durchlaufen haben, werden in § 12 Abs. 3 Nr. 1 JuSchG generellen Zugangsbeschrnkungen gegenber Minderjhrigen unterworfen. Dies bedeutet, dass Kindern oder Jugendlichen der Inhalt des Bildtrgers nicht gezeigt werden darf. Die vorbezeichneten Bildtrger drfen ferner gemß § 12 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG auch nicht im Versandhandel angeboten oder berlassen werden. Versandhandel i.S.d. JuSchG ist nach dessen § 1 Abs. 4 jedes entgeltliche Geschft, dass im Wege der Bestellung und Jbersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persçnlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt, vollzogen wird. Zwar fllt auch die direkte elektronische Onlinebermittlung von Film- oder Spielinhalten in Gestalt des Video-ondemand grundstzlich unter den Begriff des elektronischen Versands (s. dazu auch oben Rz. 49). Das in § 12 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG enthaltene Verbot des Versandhandels erfasst aber nur Bildtrger i.S.d. § 12 Abs. 1 JuSchG. F r Telemedien findet dagegen § 5 JMStV Anwendung. 185 Auch liegt nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 JuSchG schon begrifflich kein Versandhandel vor, wenn das Onlineangebot in Folge eines wirksamen Altersverifikationssystems nur von erwachsenen Personen wahrgenommen und genutzt werden kann. Hierbei entsprechen die technischen Anforderungen an die Sicherstellung des ausschließlichen Erwachsenenversandes hinsichtlich der Altersverifikation beim Bestellkunden denen der geschlossenen Benutzergruppe i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV 186 (s. dazu oben Rz. 65 ff.). Nach einem jngst ergangenen Urteil des OLG Mnchen vom 29.7.2004 bedarf es dagegen ber die wirksame Altersverifikation beim Bestellvorgang hinaus weiterer Kontrollmaßnahmen im Rahmen des am Bestellerhaushalt erfolgenden Zustellakts. Denn nach Ansicht des OLG Mnchen ist eine Vorkehrung zur Sicherstellung des ausschließlichen Erwachsenenversands nach § 1 Abs. 4 JuSchG nur dann gegeben, wenn die Art und Weise der Jbersendung gewhrleistet, dass die Warensendung dem volljhrigen Kunden, an den sie adressiert ist, persçnlich ausgehndigt wird. 187

185 Vgl. Scholz/Liesching, § 12 JuSchG Rz. 14; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rz. 376. 186 So ausdrcklich auch Scholz/Liesching, § 1 JuSchG Rz. 22. 187 OLG Mnchen, Urteil v. 29.7.2004 – 29 U 2745/04, NJW 2004, 3344 ff.; dagegen

zu Recht kritisch Liesching, NJW 2004, 3303 f.

684 | Erdemir

V. Regelungen im Bereich des JuSchG

Rz. 117 Kap. 14

2. Spezielle Verbreitungs- und Werbebeschrnkungen f r jugendgefhrdende Trgermedien (§ 15 JuSchG) Die in § 15 JuSchG enthaltenen Verbreitungs-, Abgabe- und Werbeverbote fr 116 jugendgefhrdende Trgermedien sollen der Konfrontation Minderjhriger mit entsprechenden Medieninhalten entgegenwirken. So unterliegen Trgermedien, deren Indizierung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 JuSchG bekannt gemacht ist, nach § 15 Abs. 1 JuSchG einer Vielzahl von Distributions- und Werbeverboten. Diese entsprechen den im Wesentlichen inhaltsgleichen Tathandlungen des § 184 Abs. 1 Nrn. 1–5 und 8 StGB. Den Beschrnkungen nach Abs. 1 unterliegen, ohne dass es auf eine Indizierung bzw. deren Bekanntmachung ankommt, nach § 15 Abs. 2 JuSchG schwer jugendgefhrdende Trgermedien. Hierbei handelt es sich um solche Trgermedien, die hinsichtlich ihrer Eignung zur Gefhrdung von Minderjhrigen einen gegenber Trgermedien nach § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG deutlich gesteigerten Schweregrad aufweisen. So erfasst § 15 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG die in den §§ 86, 130, 130a, 131 und 184 StGB bezeichneten Inhalte (zu den §§ 130, 131 und 184 StGB s. oben Rz. 12 ff.). Die in § 15 Abs. 2 Nrn. 2–5 enthaltenen Regelungen wiederum entsprechen im Wesentlichen den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 7, 8 und 9 sowie § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JMStV (s. dazu oben Rz. 59 ff.). Besonders zu erwhnen ist auch hier der Tatbestand der Darstellung Minderjhriger in unnatrlicher, geschlechtsbetonter Kçrperhaltung. Er ist im Wesentlichen deckungsgleich mit dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV verankerten Unzulssigkeitstatbestand und kann als Reaktion auf in der Praxis hufige Umgehungen des Kinderpornografieverbots verstanden werden (s. dazu oben Rz. 61 ff.). 188 Schließlich bestehen die Distributions- und Werbeverbote des § 15 Abs. 1 JuSchG gemß Abs. 3 ohne zustzliches Indizierungserfordernis auch fr Trgermedien, die mit einem Trgermedium, dessen Indizierung bekannt gemacht ist, ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind. Einem generellen Verbot unterliegt nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG der Ver- 117 trieb indizierter und schwer jugendgefhrdender Trgermedien im Wege des Versandhandels, wobei jedoch auch hier der elektronische Versandhandel i.d.R. nicht erfasst wird (s. dazu oben Rz. 115). Besonders zu erwhnen ist dagegen § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG, welcher ein Werbeverbot fr solche Werbeformen enthlt, die wegen ihrer Breitenwirkung vom Gesetzgeber als besonders jugendgefhrdend angesehen werden. Die Vorschrift untersagt hierbei insbesondere jedwede çffentliche Werbung fr schwer jugendgefhrdende und indizierte Trgermedien, soweit sie an Orten erfolgt, die Kindern oder Jugendlichen zugnglich sind oder von ihnen eingesehen werden kçnnen. Damit kommt es bspw. bei Internet-Auktionen nicht darauf an, dass das angebotene indizierte oder schwer jugendgefhrdende Trgermedium 188 S. zur Inkompatibilitt des einheitlich zur Anwendung gebrachten Pornografie-

begriffs mit einschlgigen, auf die Aufreizung des Sexualtriebs abzielenden Posendarstellungen Minderjhriger bereits Erdemir, Filmzensur und Filmverbot, S. 148 ff., 155, 198 f.

Erdemir | 685

Kap. 14 Rz. 118

Jugendschutz

tatschlich nur an Erwachsene abgegeben und dies bereits in dem Angebot erkennbar gemacht wird. Vielmehr soll durch das Werbeverbot verhindert werden, dass Kinder und Jugendliche fr entsprechende Erzeugnisse berhaupt interessiert werden. 189 Da sich das Werbeverbot nur auf solche Orte erstreckt, die Minderjhrigen zugnglich sind, sind entsprechende InternetWerbeangebote dann zulssig, wenn Vorkehrungen getroffen sind, die den Zugang Minderjhriger zu entsprechenden Inhalten regelmßig verhindern. Erforderlich ist daher – wie auch bei den bereits erwhnten Verbreitungsund Abgabeverboten des § 15 JuSchG – ein Altersverifikationssystem, das ber die anonyme Schlssigkeitsprfung der eingegebenen Personalausweisnummer hinaus geht (s. dazu oben Rz. 23, 66).

3. Veranstaltung von Online-Gewinnspielen (§ 6 Abs. 2 JuSchG) 118 Gemß § 6 Abs. 2 JuSchG darf Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an Spielen mit Gewinnmçglichkeit in der Iffentlichkeit nur auf Volksfesten, Schtzenfesten, Jahrmrkten, Spezialmrkten oder hnlichen Veranstaltungen und nur unter der Voraussetzung gestattet werden, dass der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht. Das Verbot weist eine Reihe von tatbestandlichen Anknpfungspunkten an die Gewerbeordnung (GewO) auf. So sind als Spiele mit Gewinnmçglichkeit i.S.d. § 6 Abs. 2 JuSchG zum einen Spiele an „Spielgerten mit Gewinnmçglichkeit“ i.S.v. § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO und zum anderen „andere Spiele mit Gewinnmçglichkeit“ i.S.v. § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO einzustufen. Die Gewinnmçglichkeit besteht hierbei in der Chance, einen objektiven materiellen Wert zu erlangen, der nicht unbedingt in Geld bestehen muss. Als „gering“ wird ein Warenwert in Anlehnung an § 248a StGB einzuordnen sein, wenn er nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unerheblich sowohl fr den Gewinn als auch fr den Verlust angesehen und behandelt wird. 190 Fr den Bereich des JuSchG kann dies bei Gegenstnden im Wert von bis zu 10 Euro angenommen werden. 191 Von dem Begriff „Gewinnspiele“ werden neben sog. Geschicklichkeitsspielen, bei denen die Entscheidung ber Gewinn und Verlust von den Fhigkeiten und Kenntnissen und vom Grad der Aufmerksamkeit der Spieler bestimmt ist, insbesondere auch sog. Glcksspiele erfasst, bei denen die Entscheidung ber Gewinn oder Verlust allein vom Zufall abhngt. Bei Glcksspielen sind indes vordringlich die Strafbestimmungen der §§ 284 ff. StGB zu beachten (Nheres zur Strafbarkeit von Online-Glcksspielen nach § 284 StGB bei Vassilaki, Kap. 15 Rz. 56 ff.). 119 Angesichts des offenen Wortlauts des § 6 Abs. 2 JuSchG bestehen keine durchgreifenden Bedenken, das Verbot der Teilnahme von Minderjhrigen 189 S. hierzu auch Lenckner/Perron, in: Schçnke/Schrçder, § 184 Rz. 30. 190 Eser, in: Schçnke/Schrçder, § 248a Rz. 8. 191 Vgl. Nikles/Roll/Sp+rck/Umbach, § 6 JuSchG Rz. 12; Ukrow, Jugendschutz-

recht, Rz. 154; zu weit Scholz/Liesching, § 6 JuSchG Rz. 8 (bis zu 30 Euro).

686 | Erdemir

V. Regelungen im Bereich des JuSchG

Rz. 121 Kap. 14

an çffentlichen Gewinnspielen auch bei Online-Gewinnspielen zur Anwendung zu bringen. 192 Schließlich umfasst der Begriff der Kffentlichkeit – wie bereits oben (Rz. 112) gesehen – auch den virtuellen Raum. Hierbei verleiht § 6 Abs. 2 JuSchG dem gesetzgeberischen Willen Ausdruck, die von Spielen mit Gewinnmçglichkeit ausgehenden Gefahren im Spektrum des Iffentlichen von Kindern und Jugendlichen fern zu halten. 193 Dem Vorgenannten zufolge besteht nach § 6 Abs. 2 JuSchG ein absolutes 120 Verbot der Teilnahme von Minderjhrigen an Online-Gewinnspielen. Der Forderung, fr eine wirksame Alterskontrolle allein die anonyme Schlssigkeitsprfung der eingegebenen Personalausweisnummer ausreichen zu lassen, ist nicht nachzugeben. Insbesondere erscheint ein wirksamer prventiver Schutz vor den Gefahren der Spielsucht in heutiger Zeit nicht weniger dringlich als der Schutz vor (mçglicher) sexueller Desorientierung durch den Konsum einfacher Pornografie. 194 Hinsichtlich der Anforderungen an die Sicherstellung der ausschließlichen Erwachsenenteilnahme kann daher auch hier auf die obigen Ausfhrungen zu Altersverifikationssystemen bei pornografischen Inhalten im Internet verwiesen werden (Rz. 23 ff., 65 ff.).

4. Bußgeld- und Strafvorschriften (§§ 27, 28 JuSchG) Verstçße gegen die in § 12 JuSchG verankerten allgemeinen Verbreitungs- 121 beschrnkungen fr Bildtrger sind nach § 28 JuSchG bußgeldbewehrt. Wer gegen die dargestellten Verbreitungs-, Abgabe- und Werbeverbote des § 15 JuSchG verstçßt, kann darber hinaus gemß § 27 JuSchG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die Vorschrift stellt einen Widerspruch zum JMStV dar, da die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 7–9 JMStV als Totalverbot ausgestalteten Tatbestnde (Kriegsverherrlichung, Menschenwrdeverletzung sowie unnatrlich geschlechtsbetonte Darstellung Minderjhriger) bei Zuwiderhandlungen lediglich als Ordnungswidrigkeit gemß § 24 JMStV geahndet werden kçnnen, die entsprechenden Verbote in § 15 Abs. 2 Nrn. 2–4 JuSchG hingegen strafbedroht sind.

192 So ausdrcklich bereits Liesching, in: Erbs/Kohlhaas, § 6 JuSchG Rz. 10. 193 Vgl. hierzu Liesching, JMS-Report 6/2003, 2, 4, dort auch zu den (im Ergebnis nicht

durchgreifenden) Bedenken wegen der grundstzlichen Zuweisung des Regelungsbereichs des Jugendschutzes bei Telemedien in die Kompetenz der Lnder. 194 Dies verkennt Liesching, in: Erbs/Kohlhaas, § 2 JuSchG Rz. 9.

Erdemir | 687

688 | Erdemir

Kapitel 15 Strafrechtliche Fragen

I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts . . . . . . . . . . . . II.Strafbarkeit der Plattformbetreiber 1. Strafbarkeit fr eigene Handlungen . . . . . . . . . . . . . 2. Strafbarkeit fr Handlungen der Marktbetreiber und Nachfrager III. Strafbarkeit der Marktanbieter . 1. Anbieten von Leistungen . . a) Allgemeine Handlungen . . aa) Strafbare Werbung (§ 16 Abs. 1 UWG) . . . bb) Betrug (§ 263 StGB) . . .

1 15 15 19 24 25 25 26 39

b) Spezielle Dienstleistungen aa) Arbeitsmarktpltze . . bb) Online-Spiele . . . . . . cc) P2P-Dienstleistungen . 2. Anbieten von Produkten . . . a) Allgemeine Handlungen . . aa) Betrug . . . . . . . . . . bb) Hehlerei . . . . . . . . . cc) Strafbare Werbung . . . b) Spezielle Produkte . . . . . aa) Geflschte Produkte . . bb) Manipulierte Produkte IV. Strafbarkeit der Nachfrager . . .

41 42 56 62 70 70 70 73 80 81 82 86 92

Literatur: J+rgen Baumann, Versteigerungsunsitten im Kunsthandel und § 263 StGB, NJW 1971, 23–25; Lothar Bergmann, Der Begehungsort im internationalen Strafrecht Deutschlands, Englands und der Vereinigten Staaten von Amerika, Kçln 1966; Gerhard Gribkowsky, Strafbare Werbung (I4 UWG), Pfaffenweiler 1989; Michael Hegmanns, Musiktauschbçrsen im Internet aus strafrechtlicher Sicht, MMR 2004, 14; Bernd Heinrich, Die Strafbarkeit der unbefugten Vervielfltigung und Verbreitung von Standardsoftware, 1992; HBctor HernMndez, Strafrechtlicher Vermçgensschutz vor irrefhrenden Werbung – § 4 UWG, Heidelberg 1999; Ulrich Hildebrandt, Die Strafvorschriften des Urheberrechts, 2001; Hans Jecht, „Jberhçhte“ Preisforderung und Betrugtatbestand, GA 1963, 41; Michael Kienle, Internationales Strafrecht und Straftaten im Internet. Zum Erfordernis der Einschrnkung des Ubiquittsprinzips des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB, Konstanz 1998; J+rgen Detlef W. Klangel/Andreas Heckler, CR 2001, 243; Andreas Leupold/Peter Bachmann/Christian Pelz, Russisches Roulett im Internet?, MMR 2002, 648; Horst Locher, Das Recht der bildenden Kunst, Mnchen 1970; Horst Locher/Jçrg Blind, Die strafrechtliche Beurteilung von Scheingeboten und Scheinzuschlgen in der Kunstversteigerung, NJW 1971, 2290; Laslo Miklos, Versteigerungsunsitten im Kunsthandel und § 263 StGB, NJW 1971, 650; Christian M+ller-Gugenberger (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl., Mnster 1992; Dietrich Oehler, Internationales Strafrecht, 2. Aufl. Kçln 1983; Harro Otto, Die strafrechtliche Bekmpfung unlauterer Einflußnahmen auf çffentliche Versteigerungen durch Scheingebote, NJW 1979, 681; Irini Vassilaki, Strafrechtliche Haftung nach §§ 8 ff. TDG; Neuer Anwendungsbereich der objektiven Zurechnungslehre? In MMR 2002, 659; Irini Vassilaki/Silke Martens, Computer- und Internetstrafrecht, 2003.

I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts Da auf den elektronischen Marktpltzen Plattformbetreiber, Marktanbieter 1 und Nachfrager aus unterschiedlichen Lndern ihre Aktivitten abwickeln Vassilaki | 689

Kap. 15 Rz. 2

Strafrechtliche Fragen

kçnnen, stellt sich die Frage, wann das deutsche Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Anwendung findet, wenn eine oder mehrere dieser Personen straf- bzw. ordnungswidrig nach deutschem Recht handeln. 2 Nach dem Territorialittsprinzip, das seine Verankerung in § 3 StGB hat, darf ein Staat seiner Strafgewalt alle Handlungen unterwerfen, die auf dem eigenen Staatsgebiet begangen werden, auch wenn der Tter Auslnder ist. Rhnlich bestimmt § 5 OWiG, dass nur solche Ordnungswidrigkeiten geahndet werden kçnnen, die im rumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen werden. Demzufolge ist fr die Frage der Anwendbarkeit des deutschen Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts die Feststellung des Begehungsortes einer Straftat maßgeblich. § 9 StGB und § 7 OWiG betrachten als Begehungsort sowohl den Ort der Handlung als auch den Ort des tatbestandsmßigen Erfolges. Diese Vorschriften, die als Grundlage die Ubiquittstheorie haben, 1 berufen sich auf die Gleichwertigkeit von Handlung und Erfolg fr den kriminellen Gehalt der Tat und auf das Erfordernis der Lckenlosigkeit bei der Anwendung des Territorialittsprinzips. 2 3 Wenn fr den Tatort an das Merkmal der Handlung angeknpft wird, wird dieser bei den reinen Ttigkeitsdelikten – wie etwa Meineid – durch die tatbestandsmßige Handlung bestimmt, von der aber nur ein Teil im Inland begangen zu sein braucht. 3 Bei den Erfolgsdelikten reicht es aus, wenn die tatbestandsmßige Handlung im Inland vorgenommen wird, der Erfolg aber im Ausland eintritt. 4 Demnach kann das deutsche Strafrecht angewendet werden, auch wenn der Plattformanbieter im Ausland seinen Sitz hat und dort seine Plattform anbietet, whrend ein Marktanbieter z.B. eine hehlereitaugliche Ware aus Deutschland versteigert, die weiterhin von einem Bieter, der sich in einem dritten Staat befindet, ersteigert wird. 4 Die Feststellung des Erfolgseintrittsortes ist fr die sog. Distanzdelikte von besonderer Bedeutung, in denen der Handlungs- und Erfolgsort auseinander fallen. Als tatbestandsmßiger Erfolg ist der Erfolg anzusehen, durch den die Beendigung der Tat herbeigefhrt wird, etwa der Eintritt des Vermçgensschadens beim Betrug. Nach dem Wortlaut der §§ 9 StGB, 7 OWiG ist die Tat eines Erfolgsdeliktes nach deutschem Recht abzuurteilen, auch wenn die Handlung im Ausland durchgefhrt wurde und der Erfolg zufllig in Deutschland verwirklicht worden ist. 5 1 Die Begrndung der Ubiquittstheorie s. in: Binding, Handbuch des Strafrechts I,

1885, 416. 2 S. Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 18 IV 1; Oehler, Internationales Strafrecht,

Rz. 252. 3 RGSt, 39, 258 (263); BGHSt 20, 45 (52). 4 BGH, NJW 1975, 1610. 5 Jber die Strafbarkeit der Distanzdelikte im Internet ausfhrlich etwa Breuer,

MMR 1998, 141 ff.; Collardin, CR 1995, 618 ff.; Cornils, JZ 1999, 394 ff.; Hilgendorf, NJW 1997, 1873 ff.; Kienle, Internationales Strafrecht und Straftaten im Internet, 1998; Sieber, NJW 1999, 2065 ff.

690 | Vassilaki

I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts

Rz. 8 Kap. 15

Um eine konturlose Auslegung der §§ 9 StGB, 7 OWiG zu vermeiden, 6 ist 5 die Feststellung des Erfolgseintritts in enger Beziehung zum Straftatbestand zu sehen. In diesem Sinne wird bei jeder Fallgestaltung der in Frage kommende Tatbestand herangezogen und – unabhngig davon, ob dieser ein Erfolgs- oder Gefhrdungsdelikt darstellt – untersucht, ob der zum konkreten Straftatbestand gehçrende Erfolg eingetreten ist. Es wird auf die Auslegung des konkreten Tatbestandes abgestellt und berprft, ob durch die Tathandlung der im einschlgigen Tatbestand enthaltene Taterfolg eingetreten ist. Auf diese Weise wird die Frage nach der Feststellung des Erfolgsortes von der Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Gefhrdungsdelikten losgelçst, so dass der Erfolgsbegriff i.S.v. §§ 9 StGB, 6 OWiG eigenstndig definiert wird. Zugleich wird sie jedoch mit einer Untersuchung der tatschlichen Wirkung der Tathandlung verbunden, so dass die Ermittlung des Erfolgsortes eingegrenzt werden kann. Dies bedeutet, dass ermittelt werden muss, ob das durch den einschlgigen 6 Tatbestand geschtzte Rechtsgut beeintrchtigt, d.h. durch die Tathandlung entweder verletzt oder gefhrdet worden ist. Bei den Erfolgsdelikten wird somit die Rechtsgutbeeintrchtigung „festgestellt“, whrend bei den Gefhrdungsdelikten eine solche „prognostiziert“ wird. Fr die „Prognose“ einer Rechtsgutbeeintrchtigung ist freilich eine „Prognoseentscheidung“ erforderlich, die die Frage betrifft, ob der konkrete Geschehensablauf im ungestçrten Fortgang zur Rechtsgutbeeintrchtigung fhren wird. Im Zuge der Untersuchung von Straftaten im Bereich der Gefhrdungsdelikte 7 ist demzufolge der Schwerpunkt auf das inkriminierte Verhalten zu legen und zu fragen, ob dieses Verhalten geeignet ist, zu einer Beeintrchtigung des geschtzten Rechtsgutes zu fhren. Wenn diese Frage positiv beantwortet werden kann, liegt eine Gefhrdung des Rechtsgutes vor und der zum Tatbestand gehçrende, aber in diesem nicht beschriebene Erfolg ist eingetreten. So ist beispielsweise zu prfen, ob ein Marktbetreiber, der einer Person unter 18 Jahren via Internet pornographische Schriften anbietet, strafbar nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist. Wird dieses festgestellt, so wurde das geschtzte Rechtsgut – die ungestçrte sexuelle Entwicklung von Minderjhrigen – gefhrdet, so dass der zum Tatbestand gehçrende Erfolg i.w.S. eingetreten ist. Rhnlich hat der BGH in seinem Beschluss v. 12.12.2000, in dem die Aus- 8 legung von § 130 Abs. 1 und 3 StGB behandelt wurde, festgestellt, dass es fr die Tatbestandsverwirklichung der Volksverhetzung ausreicht, dass die Handlung des Tters konkret geeignet ist, den çffentlichen Frieden zu stçren. Das Gericht sah den Tatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB, die sog. qualifizierte Auschwitzlge, als erfllt und hat fr die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts § 9 StGB i.V.m. dem konkreten Straftat6 Ausfhrlich ber die unterschiedlichen Auslegungsanstze: Vassilaki/Martens,

Computer-und Internet-Strafrecht, S. 9 ff.

Vassilaki | 691

Kap. 15 Rz. 9

Strafrechtliche Fragen

bestand herangezogen. Der BGH hat einen „vçlkerrechtlich legitimierten Anknpfungspunkt“ bejaht, weil die Verbreitung dieser Informationen ein gewichtiges inlndisches Rechtsgut betraf, das zudem objektiv einen besonderen Bezug zu dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufweist. Zudem sah der Senat diese Verbreitung im konkreten Fall als geeignet an, den çffentlichen Frieden, nmlich das geschtzte Rechtsgut, zu stçren. 7 9 Damit wird auch von der Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Frage der Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 3. Alt. StGB diese Norm eigenstndig ausgelegt werden kann. Der in dieser Vorschrift erwhnte „Erfolg“ erfasst den „Tathandlungserfolg“, der bei den Fllen der Straftaten, die in Verbindung mit dem Umgang mit elektronischen Marktpltzen begangen werden, entweder festgestellt wird, wenn der erfllte Tatbestand ein Erfolgsdelikt ist oder prognostiziert wird, wenn die Straftat ein abstraktes Gefhrdungsdelikt darstellt. Diese Lçsung kann eine sachgerechte Entscheidung hinsichtlich der Anwendung des deutschen Strafrechts bei der grenzberschreitenden Internet-Kriminalitt liefern, die vçlkerrechtlich akzeptiert werden kann und dem Willen des historischen Gesetzgebers hinsichtlich der „Wirkung des deliktischen Handelns“ 8 entspricht. 9 10 Das deutsche Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht findet auch Anwendung auf Taten, deren Tatbestandsverwirklichung, wie etwa bei der Hehlerei, eine Vortat voraussetzt, die nach deutschem Recht eine selbstndige Straftat darstellt, diese aber im Ausland begangen worden ist. Bedingung dafr ist freilich, dass die Vortat nach dem Recht des Tatortes unter Strafe gestellt sein muss, denn andernfalls liegt fr das deutsche Strafrecht keine strafbare Vortat vor. 10 Weil darber hinaus solche Anschlussdelikte selbstndige Straftatbestnde darstellen, ist fr ihre Verwirklichung ohne Bedeutung, in welchem Ort sich das verletzte Rechtsgut befindet. Demnach ist der Hehler, der in Deutschland eine hehlertaugliche Sache online zur Versteigerung anbietet, gem. § 259 StGB zu bestrafen, unabhngig davon, ob der vorangegangene Diebstahl im Ausland – etwa in Italien – begangen worden ist.

7 S. BGH v.12.12.2000 – 1 StR 184/00, und Kritik des Beschlusses von Vassilaki, CR

2001 262 ff.; dazu auch die Anmerkung von Clauß, MMR 2001, 232 ff. und den Beitrag von Klengel/Heckler, CR 2001, 243 ff.; dazu s. auch Sieber, ZRP 2001, 100 ff.; etwas enger als hier B)r in: Leible/Sosnitza (Hrsg.), Versteigerungen im Internet (2004), Rz. 1395. 8 S. dazu Kleinwein, in: Niederschriften ber die Sitzung der Großen Strafrechtskommission IV, AT 38. bis 52 Sitzung 1958, 20. 9 Es trifft zwar zu, dass, wie Bremer in: Strafbare Internet-Inhalte in internationaler Hinsicht, 113, hervorhebt, dem Gesetzgeber das Problem der multimedialen Kriminalitt zurzeit des Erlasses von § 9 Abs. 1 StGB nicht bekannt war. Diese Tatsache hindert allerdings nicht den Versuch, eine Auslegung dieser Norm vorzunehmen, die mit seinem Willen bereinstimmt. 10 Oehler, Internationales Strafrecht, Rz. 216.

692 | Vassilaki

I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts

Rz. 12 Kap. 15

Fr die Teilnahmehandlung im Ausland, ist nach § 9 Abs. Abs. 2 Satz 1 StGB 11 das deutsche Strafrecht anwendbar, wenn der Begehungsort der Haupttat in Deutschland liegt oder nach der Vorstellung des Teilnehmers die Haupttat in Deutschland begangen werden sollte. Damit ist etwa der Online-Auktionator, der aus dem Ausland seine Foren vorstzlich fr die Versteigerung von geflschten Gemlden zur Verfgung stellt, gem. §§ 263, 27 StGB zu bestrafen, wenn der Ersteigerer sich in Deutschland befindet. Das deutsche Recht ist aber auch dann anwendbar, wenn der Online-Auktionator seine Versteigerung an ein deutsches Publikum richtet und damit rechnet, dass das Betrugsopfer aus Deutschland kommt, auch wenn der Zuschlag dann einem Bieter aus einem anderen Land erteilt wird. Es ist allerdings auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, die der Beweis dieses subjektiven Bezugspunktes mit sich bringt; diese kçnnen freilich nur durch eine Einzelfallentscheidung bewertet und gegebenenfalls beseitigt werden. 11 Als Anhaltspunkt, dass sich die Online-Versteigerung an ein deutsches Publikum richtet, ist etwa die Sprache heranzuziehen. Gleichwohl bilden solche Anhaltspunkte keine eigenstndigen bzw. dogmatischen Kriterien, die zur Feststellung der Anwendung des deutschen Strafrechts verhelfen kçnnen. Daher wird die Beurteilung der entsprechenden Frage letztendlich eine Entscheidung bleiben, die auf den Umstnden des konkreten Falles beruht. Der Teilnehmer einer Auslandstat, der im Inland gehandelt hat, wird gem. 12 § 9 Abs. 2 Satz 2 StGB nach deutschem Strafrecht bestraft, auch wenn die Tat am Tatort nicht mit Strafe bedroht ist. Diese Regelung, die die Ansicht der Rechtsprechung 12 und eines Teiles der Literatur 13 bernimmt, beseitigt das im Strafrecht geltende Akzessoriettsprinzip und verselbstndigt die Strafbarkeit des Teilnehmers, der demzufolge unabhngig von der Bewertung der Tterschaft beurteilt wird. Daher kann ein deutscher Marktanbieter, der seine Foren fr den Ankauf von Munitionen amerikanischen Bietern und amerikanischen Anbietern zur Verfgung stellt, gem. §§ 53 Abs. 1 Satz 1a WaffG, 27 StGB zur Rechenschaft gezogen werden, auch wenn der Kauf bzw. Verkauf solcher Munitionen in den USA nicht unter Strafe steht. Um strafrechtsdogmatischen und rechtspolitischen Widersprchen zu entgehen, sieht § 153c Abs. 1 Satz 1 StPO die Mçglichkeit des Absehens von der Straftatenverfolgung vor, wenn der Teilnehmer in Deutschland gehandelt hat, die Haupttat aber im Ausland begangen worden ist.

11 Dazu s. die Kritik von Oehler, Internationales Strafrecht, Rz. 359. 12 S. RGSt 9, 10, 13; BGHSt 4, 333, 335. 13 Bergmann, Der Begehungsort im internationalen Strafrecht Deutschlands, Eng-

lands und der Vereinigten Staaten von Amerika, 1966, 43 ff.; Jescheck, IRuD 1956, 75, 94; gegen diese Ansicht s. die Kritik von Oehler, Internationales Strafrecht, Rz. 360 ff.; Jung, JZ 1979, 327, 331 f.

Vassilaki | 693

Kap. 15 Rz. 13

Strafrechtliche Fragen

13 Die Frage der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ist von der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie nicht beeinflusst worden. 14 Die Richtlinie nimmt in ihrem Anwendungsbereich das Strafrecht, wie etwa das Steuerwesen oder die kartellrechtlichen Vereinbarungen, nicht aus. 15 Im Erwgungsgrund Nr. 8 ist zwar zu lesen, dass die Richtlinie keine Harmonisierung des Strafrechts erzielt, sondern dass sie die Sicherstellung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten schaffen will. Damit ist wohl nur der Schwerpunkt der Richtlinie festgelegt. Der Text will lediglich darauf hinweisen, dass die Richtlinie das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes intendiert. Wenn dieses Ziel auch durch die Harmonisierung des Strafrechts erreicht wird, wird diese Tatsache eine mittelbare Nebenwirkung darstellen, die willkommen sein wird, denn sie wird zur Vereinfachung des elektronischen Geschftsverkehrs beitragen. 14 Weil der zentrale Grundsatz der Richtlinie das in Art. 3 verankerte Herkunftslandprinzip ist, 16 nmlich dass die Rechtsordnung desjenigen EUMitgliedsstaates angewendet wird, in dem der Dienstanbieter seine Niederlassung i.S.v. Art. 2 c) hat, liegt es auf der Hand, dass die Richtlinie primr fr das internationale Strafrecht signifikant ist. Dies bedeutet, dass die Umsetzung der Richtlinie eine Ausnahme von § 9 StGB bzw. § 7 OWiG beinhaltet, die entgegen dem Ubiquittsprinzip als Begehungsort einer Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fllt, lediglich den Handlungsort vorsieht. 17 Fr das an dieser Stelle behandelte Thema bedeutet diese Vernderung, dass nach der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie innerhalb der EU-Lnder anwendbares Recht fr Strafbzw. Ordnungswidrigkeiten, die die Online-Auktionen betreffen, das Strafbzw. Ordnungswidrigkeitenrecht desjenigen Mitgliedstaates sein wird, wo der Marktbetreiber seinen Sitz hat.

II. Strafbarkeit der Plattformbetreiber 1. Strafbarkeit f r eigene Handlungen 15 Indem die Betreiber elektronischer Marktpltze den organisatorischen Rahmen fr das elektronische Handeln anbieten, werden sich Handlungen, die gegebenenfalls strafbar sein kçnnen, auf diese Funktionen beschrnken. In diesem Sinne kommen folgende dreierlei Aktivitten in Betracht: 14 Den Text der Richtlinie s. unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/

media/elecomm/index.htm. 15 S. Art. 1 Abs. 51, b; Erwgungsgrnde 12, 13. 16 Dazu s. nur Spindler, MMR-Beilage 7/2000, 4, 7 ff.; Tettenborn, K&R 2000, 59, 61 f. 17 Ob diese Ausnahme als Ergnzung des § 9 StGB bzw. § 7 OWiG oder als selbstn-

dige Norm innerhalb des StGB bzw. OWiG folgen wird, wird mehr eine rechtspolitische als rechtsdogmatische Entscheidung sein.

694 | Vassilaki

II. Strafbarkeit der Plattformbetreiber

Rz. 19 Kap. 15

Handlungen, die die Strukturen, Wartung oder die Abrechnung des elektro- 16 nischen Marktes betreffen. Der Plattformbetreiber stellt etwa weniger Speicherplatz zur Verfgung als vorgesehen oder bietet weniger Dienstleistungen, etwa Wartung oder Informationsangebote, als zugesagt. Abrechnungsmanipulationen begeht der Plattformbetreiber, wenn er dem Marktanbieter oder Nachfrage-Endnutzer Dienstleistungen oder Zeiteinheiten berechnet, die nicht abgewickelt wurden. Abrechnungsmanipulationen kçnnen insbesondere leicht begangen werden, wenn der Plattformbetreiber mit „Provision“ arbeitet. Bei solchen Fllen erfolgt eine Auftragsannahme etwa fr den Kauf eines Produkts, das durch den konkreten elektronischen Markt angeboten wird, durch den Marktplatz, der die erhaltenen Bestellungen sofort an den Anbieter weiterleitet, damit dieser die Auslieferung bernehmen kann. Die Zahlung geht an den Marktplatz. Der Marktplatz leitet die Zahlung an den Anbieter weiter und ist durch ein Provisionsmodell beteiligt. In solchen Fllen ist es fr den kriminellen Plattformbetreiber nicht schwierig, bestimmte Zahlungen fr sich zu behalten. Es reicht aus, dass er den Marktbetreiber ber den Zahlungseingang benachrichtigt, so dass dieser die Produktlieferung veranlasst, ohne dass er ihm seinen Anteil berweist. Solche Handlungen werden vom Strafrecht erfasst. Sie stellen typische Flle 17 dar, die nach § 263 StGB als Betrug bestraft werden. Denn die Struktur-, Wartungs-, oder Abrechnungsmanipulationen bilden falsche Tatsachen, die zur Selbstschdigung und zum Vermçgensschaden der anderen Mitwirkenden der elektronischen Plattformen, nmlich Marktbetreiber oder Nachfrager, fhren. Wenn der Plattformbetreiber mit dem „Provisionsmodell“ abrechnet und 18 dort Manipulationen durchfhrt, begeht er eine nach § 266 StGB strafbare Untreue. Denn der Plattformbetreiber missbraucht die ihm eingerumte Befugnis, die Vermçgensinteressen des Marktbetreibers zu betreuen und fgt ihm einen Nachteil zu. In diesem Sinne formen die rechtswidrigen Aktivitten des Plattformbetreibers keine Neuigkeit fr das Strafrecht.

2. Strafbarkeit f r Handlungen der Marktbetreiber und Nachfrager Es gibt nicht selten Flle – an dieser Stelle sei lediglich die Auseinanderset- 19 zung Rolex v. Ricardo erwhnt (vgl. Kap. 6 Rz. 1 ff.) –, in denen die Plattformbetreiber zur Verantwortung fr strafbare Handlungen der anderen Mitwirkenden des elektronischen Handelns, nmlich Marktbetreiber und Nachfrager, herangezogen werden. Weil es sich freilich im Strafrecht um mehr als um Geld bzw. Schadensersatz dreht, ist das Thema der Haftung von Plattformbetreibern fr Handlungen der Marktbetreiber und Nachfrager brisant. Fr die Untersuchung dieser Frage ist – hnlich wie bei den zivilrechtlichen Aspekte der Haftung der Plattformbetreiber – die Anwendung des TDG von besonderer Bedeutung. Vassilaki | 695

Kap. 15 Rz. 20

Strafrechtliche Fragen

20 Zunchst soll klargestellt werden, wie die Vorschriften des TDG strafrechtlich einzuordnen sind. Es ist davon auszugehen, dass sie unter der Erfllung von bestimmten Voraussetzungen eine Haftungseinschrnkung der Informationsvermittlung bewirken und damit die Informationsvermittlung als solche als ein generell positiv akzeptiertes Verhalten prsentieren, das keinen Delikts- und Unrechtstyp verkçrpert. Das bedeutet, dass es sich bei der Informationsvermittlung ber Internet um ein rechtlich relevantes und erlaubtes Risiko handelt, das als solches nicht tatbestandsmßig oder zumindest rechtswidrig sein kann. Voraussetzung dafr ist allerdings die Beachtung der in §§ 9 ff. TDG gesetzten Prmissen. 21 Wenn diese Prmissen erfllt werden, agiert der Informationsvermittler sozialadquat und haftet fr die Verbreitung von rechtswidrigen Informationen oder fr die Begehung von Straftatbestnden, deren Verwirklichung durch seine Vermittlung ermçglicht oder untersttzt wird, nicht. Denn die Haftungsbegrndung fr die Verbreitung von rechtswidrigen Informationen als Erfolg eines Verletzungsdelikts setzt voraus, dass der Erfolg sich als die Verwirklichung eines vom Tter geschaffenen allgemein unerlaubten Risikos darstellt. Aus strafrechtlicher Hinsicht hat dies zur Folge, dass dem die TDGNormen betreffenden Informationsvermittler das strafrechtliche Verhalten eines Dritten nicht zugerechnet wird, so dass er zur strafrechtlichen Verantwortung nicht herangezogen wird. Die Einfhrung von §§ 8 ff. TDG bildet damit keine Haftungsprivilegierung der Informationsvermittler, sondern einen Zurechnungsausschlussgrund im Fall des Eintritts eines tatbestandsmßigen Erfolges. Dieser Zurechnungsausschlussgrund ist hnlich wie die Versuchsbestimmungen des StGB als Vorprfungselement einzuordnen. Die TDG-Vorschriften werden demzufolge als Kriterien betrachtet, die bei der Prfung der objektiven Zurechnung eines tatbestandsmßigen Erfolges herangezogen werden. 18 22 Im vorliegenden Fall, weil das Angebot des Plattformbetreibers eine „HostTtigkeit“ darstellt (vgl. Kap. 6 Rz. 7), ist fr die Frage, ob ihm strafbare Handlungen Dritter zugerechnet werden kçnnen, § 11 TDG einschlgig. Diese Norm schließt die Zurechnung eines tatbestandsmßigen Erfolges eines Plattformbetreibers aus, wenn dieser keine Kenntnis hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der von ihm gespeicherten Informationen hat und wenn er, sobald er Kenntnis davon erlangt, die Information entfernt oder sperrt. Werden diese Voraussetzungen, die zivil- und strafrechtlich gleich auszulegen sind, 19 nicht erfllt, dann entfllt der Grund des Zurechnungsausschlusses. Denn die Handlung des Plattformbetreibers widerluft dem Zweck der Privilegierung, den die Einfhrung des § 11 TDG erreichen soll, nmlich die Gewhrleistung seiner Handlungsfreiheit. Wenn der Plattformbetreiber Informationen spei18 Jber das TDG als Grund, der die Zurechnung ausschließt siehe Vassilaki, MMR

2002, 660 ff. 19 Jber die Auslegung der Voraussetzungen des § 11 TDG s.o. Kap. 6 Rz. 11 ff.

696 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 24 Kap. 15

chert, obwohl er positive Kenntnis von ihrer Rechtswidrigkeit hat, oder diese nicht entfernt oder sperrt, berschreitet er die Grenzen des erlaubten Risikos, die seine Handlungsfreiheit gewhren sollen. Damit geht sein Verhalten ber den Schutzzweck der das erlaubte Risiko begrndenden Norm hinaus. 20 Die Einfhrung des § 11 Satz 2 TDG bedeutet, dass der Grund fr den Zurech- 23 nungsausschluss ausfllt, wenn der Nutzer, fr den der Plattformbetreiber Informationen speichert, in einem Dienst- oder Angestelltenverhltnis zum ihm steht. Es soll vermieden werden, dass der Plattformbetreiber das Unterordnungsverhltnis des Nutzers ihm gegenber missbraucht und sich auf diese Weise der strafrechtlichen Verantwortung seiner Ttigkeit entzieht. Die Norm geht damit davon aus, dass die Verantwortung des Hosting demjenigen obliegt, der als Jbergeordneter die Befugnisse fr die Entscheidung hat, welche Informationen gespeichert werden mssen.

III. Strafbarkeit der Marktanbieter Obwohl einem Bericht der Europischen Kommission zufolge zurzeit nur 24 12% der Unternehmen online ihre Dienstleistungen und Produkte anbieten, ist eine rasche Entwicklung in diesem Bereich zu erwarten. Nach Schtzungen ist der Umsatz der B2B-Internetwirtschaft von 10 Milliarden Euro im Jahre 2000 auf 70 Milliarden Euro im Jahre 2003 gestiegen. Darber hinaus sollen 54% der Internetnutzer bis 2006 online einkaufen. 21 In Deutschland nahm nach Angaben des Prsidenten des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels der Umsatz beim Online-Versandhandel um 34% auf 3,6 Milliarden im Jahr 2003 zu. Er soll inzwischen einen Anteil von 17% am gesamten Versandhandel haben. 22 Andererseits legt der britische „National Hi-Tech Crime Unit“ (NHTCU) dar, dass durch strafbare Handlungen, die mit Internetnutzung und Internetwirtschaft verbunden sind, im Jahr 2002 den Unternehmen Millionen Pfund Schaden entstanden sind. 23 Solche Zahlen leiten freilich auf die Frage ber, fr welches strafbare Verhalten die Marktanbieter in einem elektronischen Marktplatz zur Verantwortung herangezogen werden.

20 Jber die Problematik des Schutzzwecks der Sorgfaltsnorm, die das erlaubte Risiko

begrenzt s. ausfhrlich, Frisch, Tatbestandsmßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolgs, 1988, 80 ff. 21 S. Report from the Commission to the European Parliament, the Council and the European Economic and Social Committee, v. 21.11.2003, S. 5. 22 http://www.heise.de/newsticker/meldung/45333. 23 NHTCU , Hi-Tech Crime, The Impact on UK business, S. 3.

Vassilaki | 697

Kap. 15 Rz. 25

Strafrechtliche Fragen

1. Anbieten von Leistungen a) Allgemeine Handlungen

25 Der Marktanbieter eines elektronischen Marktplatzes kann – unabhngig von der Leistung, die er online anbietet – eine nach dem UWG strafbare irrefhrende Werbung oder einen strafbaren Betrug gem. § 263 StGB begehen. aa) Strafbare Werbung (§ 16 Abs. 1 UWG)

26 Indem der Marktanbieter eine Leistung, z.B. Nachrichten, Freizeitangebote, Finanzdienstleistungen per elektronischen Markt anbietet, kann er strafbare Werbung gem. § 16 Abs. 1 UWG begehen. Dabei soll das Anbieten der Dienstleistung das Merkmal der „çffentlichen Bekanntmachung und Mitteilung, die fr einen grçßeren Personenkreis bestimmt sind“ erfllen. Weil unter çffentlicher Bekanntmachung schriftliche oder mndliche Mitteilungen zu verstehen sind, die sich an einen unbegrenzten Personenkreis wenden, 24 ist das Online-Angebot einer Dienstleistung als çffentliche Bekanntmachung zu sehen, zumal dieses von jedermann gelesen werden kann, der auf die entsprechenden Marktpltze zugreift. 27 Um strafbare Werbung zu begehen, muss der Marktanbieter Angaben ber die geschftlichen Verhltnisse der angebotenen Dienstleistung machen, die unwahr und zur Irrefhrung geeignet sind. Angaben sind nachprfbare Aussagen ber Tatsachen, d.h. ber konkrete ußere oder innere Geschehnisse oder Zustnde der Vergangenheit oder Gegenwart. Darunter fallen auch Werturteile, Bewertungen oder Prognosen, soweit diese auf eine Tatsachengrundlage verweisen oder einen nachprfbaren tatschlichen Kern besitzen. 25 Als Angaben sind somit die Daten, die die Dienstleistung betreffen, zu sehen, etwa Aktualitt einer Online-Zeitung, die durch den Anbieter anzugeben ist. 28 Diese Angaben mssen darber hinaus unwahr und zur Irref hrung geeignet sein. Die Unwahrheit der Angaben ist nach einer Ansicht aus der Sicht der von der Werbung angesprochenen Kunden und ihrem Verstndnis zu beurteilen. „Unwahr“ bedeutet fast berall im Recht dasselbe wie „irrefhrend“, weil um das Problem der objektiven Wahrheit im Recht nur selten, um das Problem der subjektiven Irrefhrung dagegen umso hufiger gerungen wird. Außerdem ist es die „Divergenz zwischen der Bedeutungsvorstellung und der Wirklichkeit“, die den Verstoß gegen das Wahrheitsgebot in der Werbung begrndet. Nach dieser Ansicht ist fr die Annahme von unwah24 RGSt 63, 107, 110; Baumbach/Hefermehl/Bornkamp, § 6 UWG, Rz. 13 ff.; Erbs/

Kohlhaas/Fuhrmann, § 4 UWG Rz. 57; Otto, in: UWG-Großkommentar, § 4 Rz. 83; M+ller-Gugenberger/Niemeyer, § 49 Rz. 6. 25 Erbs/Kohlhaas/Fuhrmann, § 4 UWG Rz. 8; Otto, in: UWG-Großkommentar, § 4 Rz. 16; M+ller-Gugenberger/Niemeyer, § 49 Rz. 11; Pfeiffer, in: FS fr Lieberknecht 1997, S. 209.

698 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 31 Kap. 15

ren Angaben entscheidendes Kriterium die Durchschnittsauffassung der Adressaten, fr die die Angabe bestimmt ist, was zur Folge hat, dass die Merkmale „unwahr“ und „zur Irrefhrung geeignet“ sinnidentisch zu interpretieren sind. 26 Demnach wre jede „unwahre“ Angabe z.B. ber die Eigenschaften einer Ware, die zur Online-Versteigerung angeboten wird, zugleich geeignet, den Bieter eines Angebots irrezufhren. Diese Auffassung berzeugt nicht. Im Strafrecht wird den Begriffen „falsch“ 29 und „unrichtig“ vornehmlich objektive Bedeutung beigemessen. 27 Darber hinaus spricht fr die Objektivierung des Merkmals „unwahr“ in § 16 Abs. 1 UWG seine Gegenberstellung mit § 5 UWG, wo die Verletzung des Verbots „irrefhrend zu werben“ zivilrechtliche Konsequenzen hat. Wenn nunmehr das Merkmal „unwahr“ subjektiv i.S. der „Irrefhrung“ ausgelegt wird, ist es nicht zu erkennen, warum in § 16 Abs. 1 UWG beide Merkmale – nmlich sowohl „unwahr“ als auch „zur Irrefhrung geeignet“ – zur Umschreibung des strafrechtlichen Verhaltens verwendet worden sind. Die wohl zutreffende Erklrung ist, dass dem Unwahrheitsmerkmal eigenstndige und objektivierende Bedeutung zugeteilt wird. Hinzu kommt, dass das Heranziehen der durchschnittlichen Auffassung des Publikums kein sicheres Kriterium fr die inhaltliche Ausfllung des Merkmals „unwahr“ ist. 28 In diesem Sinne ist in jedem Fall gesondert zu prfen, ob die „unwahren“ Angaben, die z.B. die Eigenschaften einer Ware betreffen, die zur Online-Versteigerung angeboten wird, geeignet sind, den Bieter eines Angebots irrezufhren. Damit ist der objektiven Auslegung der h.M. zuzustimmen, nach der die An- 30 gaben „unwahr“ sind, wenn sie mit der objektiven Wahrheit nicht bereinstimmen und zwar unabhngig davon, wie der Empfnger sie erfasst; 29 z.B. wenn ein Teppich als persisch angeboten wird, whrend dieser in Pakistan hergestellt worden ist. Die Angabe wahrer Daten beim Anbieten einer Ware zur Online-Versteigerung ist demzufolge nicht strafbar, auch wenn sie mçglicherweise dazu geeignet sind, eine Verkehrsgruppe irrezufhren. In solchen Fllen kommt lediglich die Anwendung von § 5 UWG in Betracht. 31

einstweilen frei 26 Jber das „subjektive“ Verstndnis des Merkmals „unwahr“ s. Achenbach/Wanne-

macher/Ebert-Weidenfeller, § 29 Rz. 13 f.; Baumbach/Hefermehl/Bornkamp, § 16 UWG Rz. 10; Otto, in: UWG-Großkommentar, § 4 Rz. 32 ff.; Lampe, in: FS fr Lange 1976, S. 460; Otto, GRUR 1982, 274, 280; Tiedemann, ZStW 86 (1974), 990, 1022. 27 S. etwa „Verwendung unrichtiger Daten“ in § 263a StGB, „unrichtige Angaben machen“ in § 264 StGB, „falsche Angabe machen“ in § 400 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AktG. 28 S. dazu HernMndez, Strafrechtlicher Vermçgensschutz vor irrefhrender Werbung, 181 ff.; Gribkowsky, Strafbare Werbung, 47 f. 29 BGH, BB 1954, 299; Erbs/Kohlhaas/F+hrmann, § 4 UWG Rz. 12; M+ller-Gugenberger/Niemeyer, § 49 Rz. 12; HernMndez, Strafrechtlicher Vermçgensschutz vor irrefhrender Werbung, 181 f.; Gribkowsky, Strafbare Werbung, 47 f.; Meyer/Mçhrenschlager, WiVerw 1982, 21, 24; Pfeiffer, in: FS fr Lieberknecht 1997, S. 210.

Vassilaki | 699

Kap. 15 Rz. 32

Strafrechtliche Fragen

32 § 16 Abs. 1 UWG verlangt nicht wie § 4 Abs. 1 UWG a.F., dass die irrefhrenden Angaben „geschftliche Verhltnisse“ betreffen mssen. Die Begrndung des Entwurfs bietet keine Erklrung dafr, aus welchem Grund die Norm erweitert formuliert wurde. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dadurch eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift erzielt. Indem er die Norm hnlich wie die Vorschrift des Betruges verfasst, 30 ausgenommen freilich des Vermçgensschadens, will er einen großen Umfang von gefhrlichen Verhaltensweisen unter Strafe stellen, die nicht unbedingt mit den geschftlichen Verhltnissen eines Angebots verbunden sind. Dadurch entsteht die Entbndelung der irrefhrenden Angaben mit einem bestimmten Bezug, so dass jegliche irrefhrende Angabe betreffend Dienstleistungen, die ber elektronische Marktpltze angeboten werden, strafbar gem. § 16 Abs. 1 UWG sein kçnnen. 33 Unwahre Angaben kçnnen auch durch Unterlassen gemacht werden, indem der Anbieter wesentliche Mngel oder Eigenschaften der angebotenen Dienstleistung verschweigt; z.B. wenn er bei der Beschreibung des angebotenen Nachrichtentickers nicht angibt, dass keine Sport- oder Kulturnachrichten berarbeitet werden. Denn den Anbieter trifft eine Garantenstellung, die aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitet wird. Diese verpflichtet ihn rechtlich, keine wesentlichen Umstnde des angebotenen Artikels wegzulassen, die den tatbestandlichen Erfolg der Irrefhrung nach § 16 Abs. 1 UWG herbeifhren wrden. 31 34 Die unwahren Angaben mssen darber hinaus zur Irrefhrung geeignet sein. Die Eignung zur Irrefhrung wird nach einhelliger Meinung der Rspr. und Lit. 32 nach der Auffassung eines nicht ganz unbeachtlichen Teils der angesprochenen Verbraucher bestimmt. Es ist zu ermitteln, ob im Hinblick auf die jeweilige Verbrauchervorstellung auf Grund der Unrichtigkeit der Angaben der Eindruck eines besonders gnstigen Angebots gewonnen wird. Bei Online-Angeboten kann als Kriterium fr die Feststellung der Irrefhrung das Anfangsgebot des Anbieters behilflich sein, denn dadurch setzt der Anbieter fest, welchen Preis er fr die von ihm angebotene Dienstleistung fr angemessen hlt. Wenn nunmehr das Anfangsgebot auf falschen Angaben beruht, kann dem Nachfrager der Eindruck entstehen, dass dieses eine gnstige Aufforderung zum Erwerb der angebotenen Dienstleistung ist.

30 S. Entwurf eines Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb, S. 56 f. 31 S. dazu Baumbach/Hefermehl, § 4 UWG Rz. 8; Tiedemann, ZStW 86 (1974), 990,

1023. 32 RGSt 36, 377, 378; BGH, BB 1954, 299, 300; BayObLGSt 1967, 127, 130; OLG Stutt-

gart, GRUR 1981, 750; Erbs/Kohlhaas/F+hrmann, § 4 UWG Rz. 17 ff; Baumbach/ Hefermehl, § 4 UWG Rz. 8; M+ller-Gugenberger/Niemeyer, § 49 Rz. 24; Meyer/ Mçhrenschlager, WiVerw 1982, 21, 24; Pfeiffer, in: FS fr Lieberknecht 1997, S. 210 f.

700 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 37 Kap. 15

Die unwahren Angaben mssen in der Absicht gemacht worden sein, den 35 Anschein eines besonders g nstigen Angebotes hervorzurufen. Damit wird direkter Vorsatz vorausgesetzt; es wird nmlich verlangt, dass der Tter durch die unwahren und zur Irrefhrung geeigneten Angaben bezglich irgendwelcher Vorteile des Angebotes dieses in den Augen des Publikums besonders in Erscheinung treten lassen will, um so das Publikum zum Kauf zu bewegen. 33 Unwichtig ist, worin das Gnstige des Angebots liegt – etwa im Preis oder im Umfang der Dienstleistung. 34 Als gnstig wird auch angesehen, wenn die Annahme der Dienstleistung die geistigen oder ideellen Bedrfnisse des Nachfragers zu befriedigen verspricht, z.B. dass durch den Bezug der Dienstleistung behinderte Menschen gefçrdert werden. 35 Demzufolge kann der Anschein eines besonders gnstigen Angebotes einer Dienstleistung, die in elektronischen Marktpltzen dargeboten wird, nicht nur bei ihrem Preis liegen, sondern auch aus dem gesamten Anbieten der Dienstleistung, etwa Umfang oder Wartung, abgeleitet werden. Der Anschein, den der Tter hervorrufen will, braucht indes nicht falsch zu sein. Vielmehr reicht es, wenn die Vorteile, auf die der Tter hinweist, mit den unlauteren Mitteln der unwahren Angaben, die zur Irrefhrung geeignet sind, aufmerksam gemacht werden. 36 Weil § 16 Abs. 1 UWG nicht verlangt, dass der Erfolg, nmlich die Erreichung 36 des Anscheins, dass es sich um ein besonders gnstiges Angebot handelt, eintritt, gengt es, dass der Tter diesen mit seinem Verhalten anstrebt. 37 Verwendet der Anbieter einer Ware demzufolge zur Online-Versteigerung die in § 6 Abs. 1 UWG eingefhrten unlauteren Mitteln, um sein Angebot attraktiver zu machen, erfllt er den Straftatbestand, wenn er seine Ware in die Auktion setzt. Die Abgabe des Anfangsgebotes oder Ersteigerung des Artikels ist nicht erforderlich. § 16 Abs. 2 UWG bestraft die progressive Kundenwerbung. Fr den Marktan- 37 bieter hat dies zur Folge, dass jede Handlung, die als Ziel hat, Abnehmer seiner Dienstleistungen zu finden, indem er ihnen Vermçgensvorteile verspricht, wenn sie ihrerseits neue Kunden gewinnen, die wiederum mit entsprechenden Versprechungen weitere Kunden anlocken sollen, strafbar ist. Solche Schneeball- bzw. Pyramidensysteme verursachen bei den Verbrauchern große finanzielle Schden und erschttern das Vertrauen in die rechtmßige Funktion der elektronischen Plattformen.

33 RGSt 47, 280; BGH, GRUR 1964, 33, 36; KG, JR 1973, 428, 429. 34 BGH, GRUR 1959, 39, 40; BGH, GRUR 1964, 33, 36; BGH, GRUR 1980, 563. 35 BGHSt 4, 44, 45; 36, 389, 392 ff.; BayObLG, NStZ 1990, 132 f.; M+ller-Gugenber-

ger/Niemeyer, § 49 Rz. 37; Otto, in: UWG-Großkommentar, § 4 Rz. 97. 36 RGSt 35, 235, 236; 39, 169, 171; BGH, NJW 1987, 78, 79; KG, JR 1973, 428, 429; M+l-

ler-Gugenberger/Niemeyer, § 49 Rz. 36; fr § 16 Abs. 1 UWG s. Entwurf eines Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb, S. 57. 37 RGSt 38, 369, 372; BGH, LRE 1, 19, 20.

Vassilaki | 701

Kap. 15 Rz. 38

Strafrechtliche Fragen

38 Die Normen bestrafen die „Unternehmung“ der entsprechenden Handlungen, so dass es nicht notwendig ist, dass tatschlich Kunden vom Marktbetreiber durch diesen Vertriebsweg gewonnen wurden. Es werden nmlich der Versuch und die Vollendung dieses Delikts gleichgestellt und damit beide bestraft. bb) Betrug (§ 263 StGB)

39 Falsche Angaben hinsichtlich der Eigenschaften oder Berechnung der angebotenen Dienstleistungen werden dem Marktanbieter als Betrug angelastet. Solche falschen Angaben, etwa ber den Umfang oder die Aktualisierung einer Dienstleistung, verursachen einen Irrtum bei dem Nachfrager, weil er sich eine falsche Vorstellung von der Dienstleistung gemacht hat. 38 Dieser verfgt, indem er die Dienstleistung annimmt, ber sein Vermçgen, da er eine rechtsgeschftliche Disposition vornimmt. 39 Der Nachfrager erleidet damit einen Vermçgensschaden, weil es zum tatschlichen Leistungsaustausch nicht kommt, da die geschuldete und von ihm bestellte Dienstleistung minderwertiger ist, als die im Angebot vorgestellte. 40 Weil der Vermçgensschaden in dem Abschluss des ungnstigen Vertrages zwischen Marktanbieter und Nachfrager liegt, ist der objektive Tatbestand des Eingehungsbetruges erfllt. 41 40 Gleichwohl ist fr die Bestrafung des Marktanbieters nach § 263 StGB nicht erforderlich, dass die falsch angegebene Dienstleistung tatschlich in Anspruch genommen wird. Weil gem. § 263 Abs. 2 StGB der versuchte Betrug strafbar ist, reicht es, wenn der Marktanbieter beim Anbieten der Dienstleistung falsche Angaben macht. Indem der Marktanbieter die falschen bzw. unvollstndigen Eigenschaften der Dienstleistung auf einem elektronischen Marktplatz anbietet, setzt er unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes gem. § 22 StGB an. Denn seine Handlung soll beim ungestçrten Fortgang unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugstatbestands, nmlich zur Abnahme der Dienstleistung von Interessenten, fhren. 42 b) Spezielle Dienstleistungen

41 Da in den elektronischen Marktpltzen eine Vielfalt von Dienstleistungen angeboten werden, ist die Frage ber die Strafbarkeit der Leistungsanbieter 38 LK/Lackner, § 263 StGB Rz. 78; Rengier, Strafrecht BT 1, § 13 Rz. 16 f.; Wessels/

Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 508. 39 Schçnke/Schrçder/Cramer, § 263 StGB Rz. 55; SK/G+nther, § 263 StGB Rz. 66. 40 Schçnke/Schrçder/Cramer, § 263 StGB Rz. 128; Lenckner, JZ 1971, 320, 322; Wes-

sels/Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 539. 41 RGSt 68, 379, 380; BGHSt 15, 24, 25; 23, 300, 302; Lackner/K+hl, § 263 StGB

Rz. 83; Krey, Strafrecht BT 2, Rz. 447. 42 BGHSt 31, 178, 182; Joecks, StGB, § 263 Rz. 102; Mitsch, Strafrecht BT 2, Rz. 110;

Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rz. 598 ff.

702 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 44 Kap. 15

eng mit dem Typus der Leistungen verbunden. Im Folgenden ist es freilich nicht mçglich, alle Dienstleistungen darzustellen. Deswegen wird eine Auswahl von Dienstleistungen dargestellt, die nach Berechnungen am hufigsten in Anspruch genommen werden. aa) Arbeitsmarktpltze

Nach Angaben des Sprechers der vier großen Online-Stellenmrkte macht 42 die Branche einen Umsatz von 100 Millionen Euro jhrlich. 43 Dabei werden von den Betreibern, wie Jobscout24, Jobpilot, Monster Deutschland, Stepstone oder BA, elektronische Plattformen zur Verfgung gestellt, wo Arbeitsuchende an Arbeitgeber vermittelt werden kçnnen. Arbeitgeber oder – am hufigsten – Personalvermittlungsfirmen melden sich und machen den Arbeitsuchenden Jobangebote. Die Leichtigkeit der Internetnutzung und die angespannte Arbeitsmarktlage bieten dubiosen Firmen den Raum, die Jobsuchenden fr ihre strafbaren Machenschaften zu missbrauchen. Die strafbaren Handlungen, die mit den elektronischen Arbeitsmarktpltzen verbunden sind, lassen sich in zwei Hauptgruppen teilen: Arbeitnehmer kooperieren mit privaten Jobvermittlern und bieten Online-Ar- 43 beitsangebote bzw. Arbeitsverhltnisse an, um Vermittlungsgutscheine von der Agentur fr Arbeit ausbezahlt zu bekommen. Das Geschft lohnt sich, denn der private Vermittler bekommt zu Beginn eines mindestens dreimonatigen Arbeitsverhltnisses 1 000 Euro Erfolgsprovision, nach sechs Monaten Arbeit noch mal 500 bis 1 500 Euro. So wird in Erfurt gegen einen Unternehmer ermittelt, der bundesweit Arbeitslose nur eingestellt haben soll, um die Provisionen zu kassieren, die er sich mit einem privaten Vermittler geteilt habe. In einem anderen Fall ermittelt die Potsdamer Staatsanwaltschaft gegen eine Personalvermittlung, die mit Unternehmen kooperiert haben soll, die neue Mitarbeiter zwangen, einen Vertrag ber ein scheinbar erfolgreiches Maklergeschft mit der Vermittlungsagentur zu unterzeichnen. Wer sich weigerte, den Gutschein vorzulegen, wurde dadurch unter Druck gesetzt, dass er die Gebhr fr die angebliche Vermittlung aus eigener Tasche zu zahlen habe. 44 Solche Handlungen stellen eindeutig einen strafbaren Betrug gem. § 263 StGB 44 dar. Das Jobangebot bildet das Vorspiegeln falscher Tatsachen, die den Irrtum erregen sollen, es seien echte Arbeitspltze vorhanden. Hierdurch wird ein Vermçgensschaden verursacht, nmlich die Auszahlung von Prmien von der Agentur fr Arbeit, das die Vermçgensverfgung veranlasst. Weil darber hinaus diese Handlungen wiederholt begangen werden, aus denen eine nicht nur vorbergehende Einnahmequelle von einigem Umfang geschaffen wird, 45 werden sie auch als gewerbsmßiger Betrug gem. § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB bestraft. 43 http://www.heise.de/newsticker/data/anw-17.11.03-007. 44 http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,290483,00.html. 45 BGHSt 1, 383; BGH, NStZ 95, 85.

Vassilaki | 703

Kap. 15 Rz. 45

Strafrechtliche Fragen

45 Fr den Arbeitsuchenden kann diese Handlung Erpressung gem. § 253 StGB bedeuten. 46 Die Drohung des Arbeitgebers bzw. -vermittlers, dass der Arbeitsuchende die Vermittlungsgebhr aus eigenen Mitteln bezahlen msse, wenn er den vom Arbeitsamt ausgestellten Gutschein nicht vorlegt, fllt unter die Tatvariante „Drohung mit einem empfindlichen Jbel“. Diese Drohung hat zur Folge, dass der Arbeitsuchende zu einer Handlung bzw. Verfgung, nmlich zur Vorlage des Gutscheins gençtigt wird, die ihrerseits zu einem Vermçgensnachteil der Agentur fr Arbeit fhrt. Der durch die Prmienauszahlung erlangte Vermçgensvorteil der Tter ist rechtswidrig, weil sie in Wirklichkeit keine Arbeit anbieten und deshalb keinen Anspruch auf das einzuzahlende Geld haben 47 Die zweite Gruppe von „Online-Arbeitsmarktbetrug“ bilden die Flle, in denen den Arbeitsuchenden dubiose Geschftsmodelle vorgestellt werden, wie etwa „Schneeballsysteme“ oder der Verkauf von Wunderwasser. Eine beliebte Methode ist auch die „Ausbildung“ der Arbeitsuchenden gegen „Gebhr“ oder „Eintrittsgeld“. So versprach etwa eine Immobilienfirma Festanstellung fr Menschen, „die sich gerne Wohnungen ansehen und vermitteln“. Die Firma sollte eine Vielzahl von Wohnungen und Wohnungsinteressenten haben, die zusammengefhrt werden mssten. Bevor es aber zu einer Festanstellung kam, sollten die Bewerber eine so genannte „Kaution“ in Hçhe von 598 Euro fr ein sechsstndiges Seminar bezahlen, in dem sie „zum Immobilienmakler ausgebildet“ werden sollten. Das Ergebnis der Veranstaltung war die Einreichung von veralteten Listen von Wohnangeboten und Wohnungssuchenden, die die Firma offenbar zuvor aus der Zeitung ausgeschnitten hatte. 46 48 Auch in solchen Fllen greift § 263 StGB. Durch die Vortuschung des Angebots von Arbeitspltzen wurden die Arbeitsuchenden zur Zahlung von „Gebhren“, „Kautionen“ oder „Ausbildungsbeitrgen“ veranlasst, so dass ihnen hierdurch ein Vermçgensschaden entstanden ist. Die wiederholte Begehung dieser Handlungen seitens der „Arbeitsanbieter“ ermçglicht die Anwendung des besonders schweren Falles des gewerbsmßigen Betruges nach § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB. 49 An dieser Stelle ist zu fragen, ob den Anbietern, die ihre Plattformen zur Arbeitsvermittlung zur Verfgung stellen, die Manipulationen bei der Arbeitsvermittlung zugerechnet werden kçnnen. Die privaten Plattformbetreiber, die elektronische Marktpltze fr die Arbeitsvermittlung anbieten, legen in ihren Geschftsbedingungen fest, dass sie nach TDG keine Verantwortung fr die Richtigkeit der Angaben in den Arbeitsangeboten bernehmen. Dem ist zuzustimmen. Fr die privaten Plattformbetreiber sind die Regelungen des § 11 TDG anwendbar. Wie schon oben (Rz. 19 ff.) ausgefhrt wurde, stel46 Ausfhrlich dazu im Bericht von Spiegel, 2/2004, S. 76 f.

704 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 52 Kap. 15

len sie „Hostprovider“ dar, die fr die Informationen, die in ihren Plattformen gespeichert sind, grundstzlich nicht verantwortlich sind, soweit sie keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Information oder der Handlung, die mit ihr verbunden sind, haben. Darber hinaus wird vorausgesetzt, dass sie die rechtswidrigen Informationen sperren, sobald sie Kenntnis ber die Manipulationen der Arbeitsvermittelnden oder Arbeitgeber erlangt haben. Fraglich ist allerdings, ob diese Grundstze auch fr die Bundesarbeitsagen- 50 tur (BA) als Plattformbetreiber des „Virtuellen Arbeitsmarkts (VA)“ gelten. In den Regeln zur Nutzung des „VA“ wird zwar deklariert, dass die ausschließliche Verantwortung fr die dort eingestellten Angaben derjenige Nutzer trgt, der sie eingestellt hat. Darber hinaus lehnt die BA jede Haftung hinsichtlich der Richtigkeit, Vollstndigkeit, Rechtmßigkeit oder Zulssigkeit von Angaben, die durch registrierte Nutzer selbst oder mit Untersttzung durch Mitarbeiter der BA in das Portal „arbeitsagentur.de“ eingestellt werden, ab. Als Grundlage fr die Haftungseinschrnkung zieht sie §§ 8, 11 TDG heran. 47 § 8 TDG, der nach den Angaben der BA anwendbar sein soll, beinhaltet hin- 51 sichtlich der Verantwortlichkeit der BA fr Manipulationen im Bereich der Online-Arbeitsvermittlung etwas anderes. Zwar setzt § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG nicht voraus, die gespeicherten oder bermittelten Informationen zu berwachen, sieht aber ausdrcklich vor, dass Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen unberhrt bleiben. Aus diesem Grund ist zu untersuchen, ob Rechtsgrundlagen vorhanden sind, die solche Verpflichtungen begrnden. Die BA ist, wie auch in der Rubrik „Organisatorischer Aufbau“ deklariert 52 wird, eine Kçrperschaft der çffentlichen Verwaltung, die – unter anderem – nach § 35 Abs. 1 SGB III als Aufgabe die Vermittlung in Ausbildungs- und Arbeitsstellen hat. Die Vermittlung umfasst nach der gesetzlichen Formulierung alle Ttigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begrndung eines Beschftigungsverhltnisses zusammenzufhren. Unter diesem Gesichtspunkt unterliegen der Aufbau und die Unterhaltung der Plattform „VA“ den Pflichten der BA. Die BA darf allerdings gem. § 36 Abs. 1 SGB III nicht vermitteln, wenn ein Arbeitsverhltnis begrndet werden soll, dass gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstçßt. Aus dieser Vorschrift lsst sich eindeutig ableiten, dass der BA eine Verpflichtung auferlegt wird, das Arbeitsangebot, das sie vermittelt, in Bezug auf seine Rechtmßigkeit zu prfen. Damit bildet die im SGB III verankerte Verpflichtung eine in § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG festgelegte Bindung an die allgemeinen Gesetze, die die Befreiung des Diensteanbieters von der Jberwachungsverpflichtung aufhebt. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass die BA – wegen

47 S. §§ 2 Abs. 1, 6, Abs. 1 der Regeln zur Nutzung des Portals „arbeitsagentur.de“.

Vassilaki | 705

Kap. 15 Rz. 53

Strafrechtliche Fragen

des besonderen Aufgabenumfangs – verpflichtet ist, jedes Arbeitsangebot vor seiner Einstellung in die Arbeitsvermittlungsplattform zu berprfen. 53 Kommt die BA dieser Prfung nicht nach, dann kommt die Erfllung des Betrugs- bzw. Erpressungsbestandes durch Unterlassen in Betracht. Denn diese besondere Schutzpflicht, die auf den Rechtsstzen des SGB III beruht, begrndet zugleich eine Garantenstellung der BA, die somit rechtlich dafr einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg des Betrugs- oder Erpressungsdelikts nicht eintritt. Da darber hinaus die BA ber çffentliche Gelder verfgt, kann sie bzw. ihre Geschftsfhrung im Fall einer unterlassenen Prfung von Fllen, die zum Arbeitsprovisionsbetrug fhren, wegen Untreue durch Unterlassen gem. §§ 266, 13 StGB in strafrechtliche Verantwortung gezogen werden. 54 Es liegt auf der Hand, zu argumentieren, dass die Prfung aller Arbeitsangebote der BA vor ihrer Einstellung in die Plattform unzumutbar sei. Dadurch wre zwar eine Garantenstellung zu bejahen, die Schuld allerdings und damit die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Geschftsfhrung der BA zu verneinen. Fr die Entscheidung ber die Frage der Zumutbarkeit des normgemßen Verhaltens, deren Verneinung als Entschuldigungsgrund die Strafbarkeit ausschließen wrde, ist gleichwohl das Verhalten des Tters vor der Tat zu bercksichtigen. Wer etwa freiwillig und in Kenntnis der berauschenden Wirkung grçßere Mengen Alkohol konsumiert, kann nicht zu seinen Gunsten argumentieren, dass seine Fhigkeit zur Normbefolgung gemindert sei. 48 So auch die BA, die sich selbst in eine schuldhafte Situation versetzt, weil sie eine große Zahl von Arbeitsangeboten auf ihrer Plattform anbietet, die sie nicht berprft. Aufgrund dieses Verhaltens scheidet demzufolge die Anwendung der Unzumutbarkeitsklausel aus, wie z.B. auch die Erfllung des Tatbestandes des Vollrausches gem. § 323a StGB das Privileg der Schuldunfhigkeit ausschließt. 55 Wenn nunmehr die BA sich selbst – etwa aus organisatorischen oder finanziellen Grnden – in die Lage versetzt, die Handlungen, nmlich die Arbeitsangebote, die sie vermittelt, nicht berprfen zu kçnnen, obwohl sie nach dem SGB III dazu verpflichtet ist, dann darf sie die Unzumutbarkeit als Entschuldigungsgrund nicht heranziehen. Um diesen Verpflichtungen nachzukommen, htte sie statt einer eigenen Plattform bzw. einem elektronischen Marktplatz eine Linksammlung anbieten kçnnen, in der sie auf die Angebote der privaten Arbeitsvermittler htte hinweisen kçnnen. Dadurch wre sie ihren gesetzlich festgelegten Pflichten nachgekommen. Dies bedeutet, dass die BA fr die Unterlassung der Prfung jedes Arbeitsangebots strafrechtlich einstehen muss.

48 Die einschlgigen Ausfhrungen und Beispiele s. in: Jakobs, Strafrecht, Allgemei-

ner Teil, Abs. 17 Rz. 54 ff.

706 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 58 Kap. 15

bb) Online-Spiele

Die Zunahme von Online-Spielen und die Gefahren, die damit verbunden 56 sind, werden von Studien belegt, in denen Psychologen und Suchtberater angeben, dass immer hufiger Frauen, Minderjhrige und Arbeitslose Opfer dieser Sucht werden, die sich eine schlagartige Befreiung von allen Geldsorgen erhoffen und dann insbesondere durch die Online-Spiele das Gegenteil davon erleben. 49 Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts W3B setzt ein Viertel der deutschsprachigen Internetnutzer das World Wide Web heute zum Spielen ein. Jber 50% der Online-Spieler spielen Online-Spiele, bei denen es etwas zu gewinnen gibt, wie etwa Preisausschreiben, Quiz- und Gewinnspiele. Andere 50% spielen Unterhaltungsspiele, wie Action- oder Jump&Run-Spiele. 50 Um die Schtigen vor Kriminellen zu schtzen, die diese psychische Stçrung ausntzen, wird von jedem Glcksspielanbieter eine Konzession nach deutschem Recht verlangt. Veranstaltet ein OnlineAnbieter ein Glcksspiel ohne die entsprechende Erlaubnis, macht er sich nach § 284 StGB strafbar. Die Anwendung des § 284 StGB ist in solchen Fllen an sich unproblematisch. 57 Die Vorschrift erfasst Online-Glcksspiele, etwa Internet-Kasinos oder Lotto-Spiele, bei denen die Entscheidung ber Gewinn und Verlust allein oder hauptschlich vom Zufall abhngt. Das Anbieten solcher Online-Glcksspiele per elektronische Plattformen bildet eine çffentliche Veranstaltung, denn es gibt einem nicht geschlossenen Personenkreis die Gelegenheit zur Beteiligung. Weil darber hinaus die Norm ein abstraktes Gefhrdungsdelikt darstellt, reicht fr die Vollendung der Tat bereits das Anbieten der Teilnahmemçglichkeit am Online-Glcksspiel aus. Ein tatschlicher Spielvorgang ist nicht erforderlich. 51 Unklarheiten kçnnen die Flle verursachen, in denen die Online-Spiele im 58 Ausland ins Netz gestellt werden. Dabei stellt sich die Frage, ob die Marktbetreiber von Online-Glcksspielen sich nach § 248 StGB strafbar machen, weil sie ein Glcksspiel anbieten, ohne die dafr erforderliche behçrdliche Erlaubnis zu haben. Dabei wird vorausgesetzt, dass das deutsche Strafrecht in solchen Fallkonstellationen Anwendung findet. Es ist schon oben dargestellt worden (Rz. 7 ff.), dass fr die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts der Erfolgsbegriff i.S.v. § 9 StGB eigenstndig und unabhngig von der Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Gefhrdungsdelikten ausgelegt werden muss. Dabei soll berprft werden, ob eine konkrete Handlung geeignet ist, das vom Tatbestand geschtzte Rechtsgut zu gefhrden bzw. zu verletzen. Wenn diese Frage positiv beantwortet werden kann, dann ist der Weg fr die Prfung des § 284 StGB erçffnet. Anstze fr eine positive Antwort bieten etwa die Feststellung, ob der Marktbetreiber eine deutsche Ver49 S. dazu etwa in der Zeitung: Der Standard, vom 27.1.2004. 50 S. http://www.w3b.de, Ergebnisse der 14.W3B Umfrage. 51 Dazu s. nur Leupold/Bachmann/Pelz, MMR 2000, 654 f.

Vassilaki | 707

Kap. 15 Rz. 59

Strafrechtliche Fragen

sion des Glcksspiels anbietet, einen deutschen Domain-Name-Server verwendet oder ob der Abrechnungspartner sich in Deutschland befindet. Solche Fakten weisen darauf hin, dass das Online-Glcksspiel sich auch an deutsches Publikum richtet, so dass der Anbieter verpflichtet ist, eine deutsche Konzession dafr zu haben. 52 59 Ein besonderes Problem stellen die Konstellationen dar, in denen der Betreiber eines Online-Glcksspiels dieses ber eine elektronische Plattform anbietet und keine deutsche behçrdliche Erlaubnis, sondern eine Konzession von einem EU-Staat hat. Die Rechtsprechung hat dieses Verhalten immer als strafbar beurteilt und das Erlangen der Erlaubnis von einer deutschen Behçrde als erforderlich betrachtet. 53 In diesem Zusammenhang hat der EuGH in einem Urteil vom 6.11.2003 festgestellt, dass eine nationale Regelung, die die Annahme von Wetten unter Strafe stellt, obwohl der Wettanbieter eine Glcksspiel-Lizenz von einem EU-Land besitzt, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr beschrnkt. Deswegen fordert der EuGH das vorlegende Gericht auf, zu prfen, „ob die nationale Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitten tatschlich den Zielen Rechnung trgt, die sie rechtfertigen kçnnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschrnkungen nicht außer Verhltnis zu diesen Zielen stehen.“ 54 60 Diese Entscheidung besttigt die Rechtsprechung der deutschen Gerichte. Weil der Grund der Erteilung der Konzessionen an Anbieter von Glcksspielen die staatliche Kontrolle 55 der natrlichen Spielleidenschaft sichern soll, 56 und damit die einschlgigen Vorschriften zu dem Recht zur Wahrung der çffentlichen Sicherheit und Ordnung gehçrt, 57 bleibt dem nationalen Gesetzgeber berlassen, mit welchen Mitteln er die Konsumenten von OnlineGlcksspielen schtzen will. Rhnlich wie andere Dienstleister – etwa Rrzte oder Rechtsanwlte, die sich in unterschiedlichen europischen Lndern niederlassen drfen – darf jeder EU-Mitgliedstaat die Voraussetzungen festlegen, nach denen eine Dienstleistung angeboten werden darf. Indem der deutsche Gesetzgeber das çffentliche Anbieten von Glcksspielen grundstzlich als strafbar betrachtet und nur dann erlaubt, wenn ein Tatbestandsmerkmal – nmlich das Vorhandensein einer deutschen Konzession – erfllt ist, stellt er fest, was fr eine wichtige Aufgabe die Eindmmung der Spielsucht fr den deutschen Rechtsstaat ist. Zugleich erlaubt er das Anbieten der Glcks52 S. allerdings Klengel/Heckler, CR 2001, 248 f.; Leupold/Bachmann/Pelz, MMR

53 54 55 56

57

2000, 654 f. die die Meinung vertreten, dass ein nur im Ausland handelnder Glcksspielanbieter auf Grund des fehlenden Erfolgsortes nach deutschem Recht nicht strafbar ist. Dazu s. nur BGH, NJW 2002, 2175; OLG Hamburg MMR 2002, 471 m. Anm. Bahr. EuGH, MMR 2004, 94. Dazu s. nur BGH 11, 209. S. dazu allerdings den abwegigen Beschluss des LG Mnchen, MMR 204 109, der fiskalische Gesichtspunkte fr die Normen, die die Wetten regeln, als entscheidend fr diese Regelungen betrachtet. S. BVerfGE 28, 119 ff., 146, 148; Hmb.VerfG, MMR 2004, 170.

708 | Vassilaki

Rz. 63 Kap. 15

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

spiele, wenn konkrete Voraussetzungen erfllt werden, so dass das Recht der Dienstleistungsfreiheit, nmlich das Anbieten von grenzberschreitenden Online-Glcksspielen, gewhrt wird. Damit beeinflusst die aktuelle EuGHEntscheidung die entsprechende Rechtslage nicht. 58 Diesbezglich ist die Thematik der Werbung fr Online-Glcksspiele ohne 61 behçrdliche Erlaubnis zu erwhnen, die auch gem. § 284 Abs. 4 StGB strafbar ist. Die Strafbarkeit dieser Handlung ist durch das 6. StrRG vom 26.1.1998 eingefgt und sollte Flle erfassen, nach denen der Veranstalter im Ausland ttig ist. 59 Fr die Strafbarkeit des Werbenden ist es nicht erforderlich, dass ein Spiel zustande gekommen ist. Als strafbare Werbungshandlung ist etwa der Aufbau von Bannern, die auf Internetseiten auf Glcksspiele hinweisen, von Hyperlinks, die direkt den Zugang zu Internetseiten mit Glcksspielmçglichkeit erçffnen, die Aufnahme von Hinweisen ber z.B. die „besten Online-Kasinos“ usw. zu sehen. 60 cc) P2P-Dienstleistungen

Die jngst durchgefhrte Razzia des BKA gegen Raubkopierer, bei der 800 62 Wohnungen, Firmenrume und Rechenzentren durchsucht wurden, 61 die Klagewelle der amerikanischen RIAA gegen Nutzer von P2P-Bçrsen, 62 der Entwurf eines Mahnschreibens des Justizministers von Kalifornien an Betreiber verschiedener in Amerika ansssiger P2P-Bçrsen, 63 aber auch die vom Europischen Parlament verabschiedete umstrittene Richtlinie ber den Schutz geistigen Eigentums, die – unter anderem – die nicht kommerziellen Nutzer von P2P-Bçrsen zur Verantwortung zieht, 64 weist auf die Brisanz der strafrechtlichen Problematik hin, die mit dem Angebot von P2P-Dienstleistungen verbunden ist. Durch die Bereitstellung von urheberrechtlich geschtzten Werken in ei- 63 nem File-Sharing-Ordner zum Download werden sie gem. § 15 Abs. 2 Nr. 2 UrhG zugnglich gemacht. Das Zugnglichmachen ist gem. § 15 Abs. 3 UrhG çffentlich, denn es ist fr eine Mehrzahl von Personen bestimmt, die sich nicht in einem Raum befinden, die gleichzeitig Zugriff darauf haben kçnnen und nicht persçnlich verbunden sind. 65

58 S. allerdings Bahr, MMR 2004, 94 f., der durch das EuGH-Urteil eine grundlegende 59 60 61 62 63 64 65

Rnderung der Rechtslage in diesem Bereich sieht. S. BT-Drs. 13/9064, S. 20 f.; SK/Hoyer, § 284 Rz. 27. Dazu s. auch Leupold/Bachmann/Pelz, MMR 2000, S. 655. http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,291234,00.html. http://www.heise.de/newsticker/meldung/45946. http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,290798,00.html. http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,289875,00.html. S. dazu etwa Lehmann, CR 2003, 556.

Vassilaki | 709

Kap. 15 Rz. 64

Strafrechtliche Fragen

64 Weil das Recht der çffentlichen Wiedergabe ausschließlich dem Urheber gewhrt wird, verletzt jeder, der urheberrechtlich geschtzte Werke in einem File-Share-Ordner speichert, § 106 Abs. 1 3. Alt. UrhG und macht sich wegen unerlaubter çffentlicher Wiedergabe strafbar. 66 65 Jber die urheberrechtliche Problematik hinaus, kçnnen die Peers Werke austauschen, die etwa pornographischen oder rechtsradikalen Inhalt haben. Bei solchen Fallgestaltungen erfllt der Peer die Tathandlung der „Verbreitung“ bzw. „Zugnglichmachung“ der einschlgigen Straftatbestnde, etwa §§ 130a oder 184 StGB, denn er erçffnet die konkrete Mçglichkeit unmittelbarer Kenntnisnahme von den rechtswidrigen Inhalten fr kurze oder lngere Zeit. 67 66 Hinzu kommt freilich die Frage ber die Strafbarkeit der Betreiber von P2PNetzen. Es liegt nahe, eine Strafbarkeit bzw. Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung zu bejahen, indem man feststellt, dass die P2P-Netzbetreiber die technischen Voraussetzungen fr das çffentliche Zugnglichmachen von urheberrechtlich geschtzten Werken anbieten. Damit ermçglichen bzw. fçrdern sie die Verletzung des § 106 Abs. 1 3. Alt. UrhG. Hinsichtlich des Beihilfevorsatzes kçnnte man argumentieren, dass zumindest bedingter Vorsatz vorliegt. Denn es ist zweifellos bekannt, dass nur ein geringer Teil der in Austauschbçrsen offerierten urheberrechtlich geschtzten Werke keinen Urheberrechtsschutz genießt. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit drohender Haupttaten, nmlich der Urheberrechtsverletzungen, handelt es sich um keinen Fall unrechtsneutraler Alltagshandlung, die grundstzlich gesellschaftlich erwnscht und nur unter besonderen Voraussetzungen als Beihilfe strafbar ist. 68 67 Gleichwohl ist dieser Ansicht, deren Folge ist, dass das Anbieten von P2PDienstleistungen als solches strafbar wre, nicht zuzustimmen. Vielmehr fallen solche Leistungen unter § 9 TDG. P2P-Betreiber stellen nmlich nur die Zugangsvermittlung an Internetnutzer zur Verfgung, so dass sie keine Verantwortung dafr tragen, ob die Informationen bzw. urheberrechtlich geschtzten Werke, die durch ihre Leitungen bermittelt werden, rechtmßig oder rechtswidrig verbreitet werden. Die Suche nach bestimmten Titeln findet automatisch statt, so dass der P2P-Betreiber keinen Einfluss auf den Suchvorgang hat. 69 Außerdem widerspricht die verallgemeinernde Bejahung des Beihilfevorsatzes den Anforderungen des § 27 Abs. 1 StGB. Der Gehilfenvorsatz muss sich auf die Vollendung einer bestimmten, nicht notwendig schon in allen Einzelheiten konkretisierten Haupttat richten. 70 66 So auch Hegmanns, MMR 2004, 15. 67 S. dazu RGSt 14, 398; NJW 76, 1984; SK/Horn, § 184 Rz. 19; Rçmer, Verbreitungs-

und Rußerungsdelikte im Internet, 93; Vassilaki/Martens, S. 33 m.w.N. 68 So ausdrcklich Hegmanns, MMR 2004, 17. 69 Anders aber Hegmanns, MMR 2004, 17. 70 Dazu etwa BGH, GA 1967, 115; BGH, Wistra 2000, 382.

710 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 70 Kap. 15

Gerade diese Voraussetzung erfllt der P2P-Betreiber im Allgemeinen aller- 68 dings nicht. Es wurde schon ausgefhrt, dass in Tauschbçrsen urheberrechtswidrig Musik aber auch pornographische Filme oder auch rechtsradikale Lieder angeboten und verbreitet werden. Die Unterstellung, dass die P2P-Betreiber bedingten Vorsatz hinsichtlich all dieser Verbreitungshandlungen haben, widerspricht den Anforderungen der Rechtsprechung, die verlangt, dass das Vorstellungsbild des Gehilfen den wesentlichen Unrechtsgehalt der Haupttat erfassen muss. 71 Diese Annahme geht demzufolge ber den Wortlaut des § 27 Abs. 1 StGB hinaus und ist abzulehnen. In einer Zeit, in der die Musikindustrie Internet-Musikplattformen, Inter- 69 netprovider Filme online anbieten wollen oder Popsnger ihre eigenen Lieder frei per Internet darbieten, ist vielmehr das Anbieten von P2P-Netzen als eine neutrale Handlung zu bewerten. Diese darf, weil sie sich im Rahmen des erlaubten Risikos bewegt, eine Strafbarkeit der P2P-Betreiber nicht nach sich ziehen.

2. Anbieten von Produkten a) Allgemeine Handlungen aa) Betrug

Bietet der Marktbetreiber ein Produkt – etwa mittels einer Online-Versteige- 70 rung – an und macht falsche Angaben, die dieses Produkt betreffen, kann er Betrug gem. § 263 StGB begehen. Wenn ein solches Produkt gekauft wird, kommt ein vollendeter Betrug zu Lasten des Nachfragers in Betracht, denn der Marktanbieter tuscht durch die falschen bzw. unvollstndigen Angaben ber die Eigenschaften der angebotenen Ware. 72 Er verursacht dadurch einen Irrtum des Nachfragers, weil dieser sich eine falsche Vorstellung von der Ware gemacht hat. 73 Dieser verfgt, indem er eine Bestellung abgibt, ber sein Vermçgen, da er eine rechtsgeschftliche Disposition vornimmt. 74 Der Nachfrager erleidet einen Vermçgensschaden, da es zum tatschlichen Leistungsaustausch nicht kommt, weil die geschuldete Leistung, nmlich die bestellte bzw. gekaufte Ware, minderwertiger als die im Angebot vorgestellte ist und als die, die der Nachfrager letztlich erworben hat. 75 Weil der Vermçgensscha71 BGHSt 42, 135 m. Anm. Roxin, JZ 97, 210; Kindh)user, NStZ 97, 273; Loos, JR 97,

297. 72 RGSt 56, 227, 231; BGHSt 3, 69, 71; 29, 165, 167; 39, 392, 398; SK/G+nther, § 263

StGB Rz. 7; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 494. 73 LK/Lackner, § 263 StGB Rz. 78; Rengier, Strafrecht BT 1, § 13 Rz. 16 f.; Wessels/

Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 508. 74 Schçnke/Schrçder/Cramer, § 263 StGB Rz. 55; SK/G+nther, § 263 StGB, Rz. 66. 75 Schçnke/Schrçder/Cramer, § 263 StGB Rz. 128; Lenckner, JZ 1971, 320, 322; Wes-

sels/Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 5 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, Rz. 539.

Vassilaki | 711

Kap. 15 Rz. 71

Strafrechtliche Fragen

den in dem Abschluss des ungnstigen Vertrages zwischen Anbieter und Bieter liegt, ist der objektive Tatbestand des Eingehungsbetruges erfllt. 76 71 Rhnlich wie beim Anbieten von Dienstleistungen ist fr die Bestrafung des Marktanbieters nach § 263 StGB nicht erforderlich, dass ein Nachfrager das falsch angegebene Produkt kauft. Da gem. § 263 Abs. 2 StGB der versuchte Betrug strafbar ist, reicht es aus, wenn der Marktanbieter beim Anbieter der Ware falsche Angaben angibt. Da seine Handlung beim ungestçrten Fortgang unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugstatbestands, nmlich zum Kauf des Produkts fhren soll, 77 setzt er unmittelbar zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes gem. § 22 StGB an. 72 Gibt der Marktanbieter richtige Angaben bei der Anmeldung des Produkts an, das demzufolge ersteigert wird, liefert er aber dem Kufer ein anderes, minderwertiges Produkt, begeht der Marktanbieter einen Erf llungsbetrug. Denn nicht der Abschluss des Geschfts durch die Erteilung des Zuschlags an den Bieter, sondern erst die Erfllung der daraus resultierenden Verpflichtungen, nmlich die Lieferung des gekauften Produkts, verursacht den Vermçgensschaden. 78 bb) Hehlerei

73 Elektronische Plattformen kçnnen ein weites Feld fr Hehler bieten. Voraussetzung dafr ist, dass eine „Sache“, also ein kçrperlicher Gegenstand, versteigert wird. Damit fllt das Anbieten von geistigen Erzeugnissen, etwa raubkopierten Videobnden oder Computersoftware, nicht unter den Anwendungsbereich von § 259 Abs. 1 StGB. 79 Dasselbe gilt fr die Versteigerung von Forderungen oder anderen Rechten. Papiere dagegen, die Rechte oder Ansprche verkçrpern, wie etwa Fahrkarten oder Eintrittskarten zu einem Konzert, weisen Sachqualitt auf und sind damit hehlereitaugliche Objekte. 80 74 Der Marktanbieter muss die Sache von einem Dritten-Vortter bekommen haben, der diese durch einen Diebstahl oder ein sonstiges Vermçgensdelikt erlangt hatte. Es soll nmlich eine illegale Herrschaftsbeziehung zwischen dem Vortter und der Sache, die zur Versteigerung angeboten wird, bestehen. Dieses bedeutet zwar, dass die Vortat vor Beginn der Hehlereihandlung vollendet sein muss, nicht aber, dass sich die Sache im Zeitpunkt der Hehlerei 76 RGSt 68, 379, 380; BGHSt 15, 24, 25; 23, 300, 302; Lackner/K+hl, § 263 StGB

Rz. 83; Krey, Strafrecht BT 2, Rz. 447. 77 BGHSt 31, 178, 182; Joecks, StGB, § 263 Rz. 102; Mitsch, Strafrecht BT 2, Rz. 110;

Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rz. 598 ff. 78 BGHSt 8, 46, 49; Schçnke/Schrçder/Cramer, § 263 StGB Rz. 135; Lackner/K+hl,

§ 263 StGB Rz. 53; K+per, Strafrecht, BT Definitionen, Vermçgensschaden, IV. 79 KG, NStZ 1983, 561, 562; Heinrich, JZ 1994, 938, 943. 80 OLG Dsseldorf, NJW 1990, 1492, 1493; Schçnke/Schrçder/Stree, § 259 StGB

Rz. 5; SK/Samson, § 259 StGB Rz. 4; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, Rz. 828.

712 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 77 Kap. 15

noch im Besitz des ersten Vortters befinden msste. Denn die Sache kann seit der Vortat durch mehrere Hnde gegangen sein, bevor sie beim Anbieter bzw. Hehler ankommt. 81 Als Hehlereihandlung kommt das Absetzen der Sache mittels Anbieten in ei- 75 ner elektronischen Plattform in Betracht. Absetzen ist die selbstndige wirtschaftliche Verwertung der Sache durch deren entgeltliche Verußerung an Dritte. Da diese im Interesse des Vortters stattfinden soll, ist das Verschenken der Sache kein Absetzen, denn es fehlt an seinem wirtschaftlichen Nutzen. Darber hinaus soll die Verußerung von seinem Einverstndnis gedeckt sein. 82 Damit stellt etwa die erfolgreiche Online-Versteigerung einer „bemakelten“ Sache die Tathandlung „Absetzen“ gem. § 259 Abs. 1 StGB dar. Umstritten ist aber, ob zur Vollendung der Hehlerei der Eintritt eines „Ab- 76 satzerfolges“ notwendig ist oder ob die Absatzttigkeit des Hehlers gengt. Fr das Anbieten mittels elektronischer Plattformen ist diese Differenzierung von besonderer Bedeutung, denn von dieser hngt die Frage ab, ob die Hehlerei schon beim Anbieten der bemakelten Sache oder nur bei ihrem Kauf vollendet ist, so dass es sich beim Anbieten allenfalls um einen Hehlereiversuch gem. § 259 Abs. 3 StGB handeln kann. Whrend die h.L. unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut bzw. den „We- 77 sensgehalt der Hehlerei“ einen Absatzerfolg verlangt, 83 gengt fr die Rechtsprechung und einen Teil der Literatur eine vom Absatzwillen getragene vorbereitende Ttigkeit. Als Hauptargument wird dabei der Gesetzeswille herangezogen, dass nmlich, wie aus der Gesetzesbegrndung hervorgeht, die Neufassung der Vorschrift vom 1.1.1975 das alte Recht nicht ndern wollte, welches schon das „Mitwirken beim Absatz“ als strafbare Handlung bezeichnete. 84 Eine vermittelnde Ansicht verlangt nur beim Absetzen einen Absatzerfolg, dagegen beim „Absetzenhelfen“ nicht. Dabei wird argumentiert, dass vom Wortsinn her „Absetzen“ Verußern der Sache, whrend „Absetzenhelfen“ bloßes Anbahnen der Verußerung bedeutet. Der Grund fr die differenzierte Auslegung wird in der Selbstndigkeit der Handlungsalternative „Absatzhilfe“ gesehen, die nach eigenen Kriterien zu bestimmen ist. 85

81 BGHSt 13, 403, 405; 15, 53, 57; LK/Ruß, § 259 StGB Rz. 11; SK/Samson, § 259 StGB

Rz. 13; Trçndle/Fischer, § 259 StGB Rz. 10. 82 BGHSt, 27, 45, 46; BGH, NJW 1970, 1950; Lackner/K+hl, § 259 StGB Rz. 14; LK/

Ruß, § 259 StGB Rz. 27; Schçnke/Schrçder/Stree, § 259 StGB Rz. 32; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, Rz. 868. 83 Lackner/K+hl, § 259 StGB Rz. 13; LK/Ruß, § 259 StGB Rz. 26; SK/Samson, § 259 StGB Rz. 31; Schçnke/Schrçder/Stree, § 259 Rz. 32; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht, BT 1, § 39 Rz. 34; K+per, JuS 1975, 633, 635. 84 BGHSt 26, 358, 360; 27, 45, 49; ebenso Trçndle/Fischer, § 259 StGB Rz. 18; Gçssel, Strafrecht BT II, § 27 Rz. 542; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, Rz. 866. 85 Bockelmann, Strafrecht BT 1, § 22 II 3b; Mitsch, Strafrecht, BT 2, § 10 Rz. 52.

Vassilaki | 713

Kap. 15 Rz. 78

Strafrechtliche Fragen

78 Es ist der h.L. zuzustimmen insoweit, das die Begriffe „Absetzen“ und „Absetzenhelfen“ eng auszulegen sind. Der Verzicht auf die Erfolgskomponente fhrt zu einer wortlautwidrigen Analogie und damit zu der Verletzung des Art. 103 Abs. 2 GG. Darber hinaus wrde die weite Auslegung die Vorverlagerung des Vollendungspunktes bedeuten, die die Tatbestandsausuferung bis an die Absatzvorbereitungshandlungen mit sich bringen kçnnte. Weil aber auch der Hehlereiversuch gem. § 259 Abs. 2 StGB ausdrcklich unter Strafe gestellt wird, sollte die Strafbarkeitsvorverlagerung nicht weiter verstrkt werden. 79 Diese Feststellung hat zur Folge, dass das Anbieten von bemakelten Sachen in elektronischen Plattformen nicht als Absetzen i.S.v. § 259 Abs. 1 StGB, sondern als Hehlereiversuch i.S.d. § 259 Abs. 3 StGB anzusehen ist. Vollendetes Absetzen kommt nur in Betracht, wenn die Sache gekauft wird. cc) Strafbare Werbung

80 Rhnlich wie beim Anbieten von Dienstleistungen kann das Anbieten von Produkten in elektronischen Plattformen eine wettbewerbswidrige strafbare Werbung gem. § 16 Abs. 1 UWG darstellen. 86 b) Spezielle Produkte

81 Je nachdem was fr Produkte ein Marktbetreiber anbietet, ist die Begehung von entsprechenden Straftaten mçglich. aa) Geflschte Produkte

82 Sind die Produkte, die ein Marktbetreiber anbietet, Flschungen, etwa geflschte Kleidung, Bilder, Software oder Computerspiele, macht er sich wegen Urheberrechtsverletzungen gem. §§ 106 ff. UrhG strafbar. Voraussetzung dafr ist freilich, dass die Produkte, die der Marktbetreiber anbietet, urheberrechtlich geschtzte Werke gem. §§ 2 bis 4 UrhG darstellen, was in den meisten Fllen, etwa Musik-CDs oder Videofilmen, zu bejahen ist. 83 Indem der Marktbetreiber urheberrechtlich geschtzte Werke ohne die Einwilligung des Urhebers in elektronischen Plattformen anbietet, verletzt er dessen durch § 17 Abs. 1 UrhG gewhrleistetes Verbreitungsrecht. Er bietet nmlich damit ein Werk der Iffentlichkeit an, was gem. § 106 Abs. 1 UrhG bestraft wird. Der Begriff der Kffentlichkeit ist entsprechend § 15 Abs. 3 UrhG zu bestimmen. Damit ist kein çffentliches Anbieten gegenber einer Mehrheit von Personen, etwa durch ein „elektronisches Inserat“, erforderlich. Vielmehr gengt fr die Tatbestandserfllung ein Einzelangebot an ei86 Jber die Voraussetzungen der Strafbarkeit s.o. Rz. 26 ff.

714 | Vassilaki

III. Strafbarkeit der Marktanbieter

Rz. 86 Kap. 15

nen der Iffentlichkeit angehçrenden Dritten, zu dem keine persçnlichen Bindungen bestehen. 87 Fr das Angebot an die Iffentlichkeit ist es nicht notwendig, dass das Werk 84 bereits hergestellt ist; es gengt, wenn der Marktanbieter die alsbaldige Herstellung und Lieferung anbietet. 88 Damit ist die Konkretisierung des Werkstcks bzw. Tatobjekts nicht erforderlich. 89 Unerheblich ist auch, ob das Angebot angenommen wurde oder erfolglos geblieben ist. 90 Bietet der Marktbetreiber die Flschungen gewerbsmßig an, dann begeht er 85 den Qualifikationstatbestand des § 108a UrhG, so dass eine Freiheitsstrafe bis zu fnf Jahren oder eine Geldstrafe fr ihn in Betracht kommen. Gewerbsmßig handelt der Marktbetreiber, wenn er die Tatbestnde der §§ 106 bis 108 UrhG in der Absicht verwirklicht, sich durch derartige wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. 91 Die Urheberrechtsverletzung braucht nicht die Haupteinnahmequelle zu sein. Es ist auch nicht notwendig, dass der Marktbetreiber aus dem Anbieten von Flschungen per Internet ein „kriminelles Gewerbe“ macht. Ein – nicht geringes („einiger Umfang“) – Nebeneinkommen reicht aus. 92 bb) Manipulierte Produkte

Oft werden Flle gemeldet, wo in elektronischen Plattformen nicht nur 86 geflschte, sondern auch manipulierte Produkte angeboten werden. In originalen Verpackungen werden etwa geflschte Lederwaren geliefert, oder geflschte Computerspiele werden mit echten Handbchern oder Gebrauchsanleitungen versehen. Fr den Hndler bedeutet die Verußerung von einzelnen Produktkomponenten oder in Kombination mit geflschten Teilen einen Gewinn von 300 bis 400% im Vergleich zum rechtmßigen Verkauf. 93 Solche Handlungen sind nicht nur nach dem Urheber-, sondern auch nach dem Markenrecht strafbar. 87 S. dazu BGHZ 113, 159; Schricker/Hass/Vassilaki, § 106 Rz. 17. 88 BGH, GRUR 1980, 227, 230; Flechsig, in: Loewenheim (Hrsg.), Handbuch des Ur-

heberrechts, § 90 Rz. 16. 89 S. allerdings KG, NStZ 1983, 561, wo die Konkretisierung des Tatobjekts fr die Er-

fllung von § 106 UrhG verlangt wird. 90 So Schricker/Hass/Vassilaki, § 106 Rz. 17. 91 BGHSt 1, 383; BGH, GA 55, 212; Schricker/Hass/Vassilaki, § 108a Rz. 2; Heinrich,

288; Hildebrandt, 233 f. 92 BT-Drs. 11/4792, 24; BGH bei Dallinger, MDR 1975, 725; Schricker/Hass/Vassila-

ki, § 108a Rz. 2; Hildebrandt, 232 f. 93 Jber Produktmanipulationen in Softwareindustrie s. Gçrling/Urek, Die Bekmp-

fung der gewerbsmßigen Softwarepiraterie aus Sicht eines geschdigten Unternehmens, in: Aktuelle Herausforderungen bei der Bekmpfung der Wirtschaftskriminalitt, Schriftreihe der Polizei-Fhrungs Akademie, 3/2003, S. 143 f.

Vassilaki | 715

Kap. 15 Rz. 87

Strafrechtliche Fragen

87 Voraussetzung fr die Strafbarkeit ist freilich, dass das vom Marktbetreiber angebotene manipulierte Produkt ein nach dem MarkenG geschtztes Kennzeichen i.S.v. § 1 Nr. 1 bis 3 darstellt, das dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht gem. § 14 MarkenG gewhrt. Wesentliche Verletzungen dieses Schutzinhalts werden nach § 143 Abs. 2 MarkenG als „Strafbare Kennzeichenverletzung“ mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. 88 Indem nun der Marktbetreiber geflschte Produkte zusammen mit Originalproduktteilen zur Verußerung per Internet anbietet, benutzt er im geschftlichen Verkehr widerrechtlich ein Zeichen entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG. 94 89 Fr die Tatbestandserfllung der strafbaren Markenverletzung nach § 143 MarkenG ist die Verußerung des Produkts nicht erforderlich. Damit reicht fr die Strafbarkeit der Handlung das Anbieten der geschtzten Marke vom Betreiber der elektronischen Plattform aus. 90 Rhnlich wie im UrhG stellt die gewerbsmßige Begehung der strafbaren Markenverletzung einen Qualifikationstatbestand dar, der gem. § 143 Abs. 2 MarkenG eine Strafbarkeit von bis zu fnf Jahren oder einer Geldstrafe mit sich zieht. 95 Fr die Feststellung der Gewerbsmßigkeit gelten dieselben Grundstze wie im Urheberrecht. 91 Nicht zuletzt ist die Problematik des Verkaufs von nicht autorisierten „reimportierten“ oder „parallelimportierten“ Produkten per elektronischer Plattformen zu erwhnen. Dabei handelt es sich um den Weitervertrieb von Originalprodukten bzw. Markenwaren ohne die Zustimmung des Markenrechtsinhabers. Dies kann der Fall sein, wenn der Lizenzinhaber, der berechtigt ist, Waren lediglich im Land A zu verkaufen, durch die elektronischen Plattformen dieselbe Ware im Land B oder C in Verkehr bringt. Solche Handlungen sind nach der Rechtsprechung des BGH und EuGH rechtswidrig und verletzen § 14 Abs. 2 MarkenG. 96 Weil aber § 143 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG die Nutzung einer Marke entgegen § 14 Abs. 2 MarkenG unter Strafe stellt, macht sich der Anbieter von Originalwaren bzw. Marken ohne die Zustimmung des Markeninhabers wegen Kennzeichenverletzung strafbar.

94 Dazu etwa Gçrling/Urek, Die Bekmpfung der gewerbsmßigen Softwarepiraterie

aus Sicht eines geschdigten Unternehmens, in: Aktuelle Herausforderungen bei der Bekmpfung der Wirtschaftskriminalitt, Schriftreihe der Polizei-Fhrungs Akademie, 3/2003, S. 149 f. 95 Fezer, MarkenG, § 143 Rz. 28 f. 96 Dazu s. nur BGH, NJW 1999, 994 ff. m. Anm. Beckmann, NJW 1999, 1688 ff.; EuGH, GRUR 2002, 147 ff.

716 | Vassilaki

IV. Strafbarkeit der Nachfrager

Rz. 97 Kap. 15

IV. Strafbarkeit der Nachfrager Es wre freilich verfehlt, den Nachfrager immer als Opfer der kriminellen Ge- 92 schfte zu sehen, die mittels elektronischer Plattformen gettigt werden. Vielmehr nehmen sie in vielen Fllen aktiv an einer solchen strafbaren Handlungen teil. Gibt etwa ein Bieter bei Internet-Auktionen ein Angebot ab, obwohl er nicht 93 beabsichtigt, die Ware zu ersteigern, weil etwa sein Konto nicht gedeckt ist, kçnnte er sich, falls er den Zuschlag erhlt, wegen Betrugs strafbar gemacht haben. Seine Handlung tuscht zwar den Anbieter der Ware ber seine Zahlungsbereitschaft, verursacht aber den Irrtum nicht bei einem Menschen, sondern bei dem Computer, der die Angebote annimmt und den Zuschlag erteilt. Weil indes der „Irrtum“ nach § 263 StGB die unrichtige Vorstellung einer Person ber Tatsachen voraussetzt, 97 scheidet die Anwendung von § 263 StGB aus. Gleichwohl kommt Computerbetrug gem. § 263a 2. Alt. StGB in Betracht, 94 denn der Bieter verwendet durch die Angabe seines Gebots unrichtige Daten und beeinflusst das Ergebnis des Computers, der die Zuschlge erteilt. Damit wird das Vermçgen des Anbieters der Ware beschdigt, da das Betriebsprogramm den Zuschlag dem zahlungsunwilligen Bieter gibt und damit automatisch ein Vertrag zwischen ihm und dem Anbieter abgeschlossen wird. Bestellt dagegen der Bieter eine Ware oder Dienstleistung ber eine elektro- 95 nische Plattform und hat er nicht vor, die Gegenleistung bzw. den Preis dafr zu bezahlen, begeht der Nachfrager einen Eingehungsbetrug. Denn es kommt nicht zum tatschlichen Leistungssaustausch, da die geschuldete Gegenleistung seitens des Nachfragers nicht beglichen wird. Neben den eigenen Handlungen macht sich der Nachfrager wegen fremder 96 Handlungen bzw. Handlungen des Marktanbieters strafbar, wenn er etwa bewusst geflschte Produkte, z.B. Kleidung oder Software in elektronischen Plattformen ersteigert oder bestellt. In solchen Fllen fçrdert er die Haupttat – etwa die Urheberrechtsverletzung – des Marktbetreibers und macht sich etwa wegen Beihilfe zu einer unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschtzter Werke gem. §§ 106, 108 UrhG, § 27 StGB strafbar. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Strafbarkeit der Internetnutzer zu 97 bewerten, die ber P2P-Dienste urheberrechtlich geschtzte Werke aus dem Internet herunterladen. Gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist die Vervielfltigung eines urheberrechtlich geschtzten Werks zum privaten Gebrach zulssig, sofern nicht dafr eine „offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage verwendet wird“. Damit ist gemeint, dass der bloße Umstand, dass eine Datei in einem P2P-Netz zum Download angeboten wird, nicht gengt, um die 97 K+per, Strafrecht, BT Definitionen, Irrtum; Rengier, Strafrecht BT 1, § 13 Rz. 17.

Vassilaki | 717

Kap. 15 Rz. 98

Strafrechtliche Fragen

„Rechtswidrigkeit“ der Vorlage zu begrnden. Die Bereitstellung der Datei ist demzufolge eine rechtlich „neutrale“ Handlung, die keinen Hinweis fr die Rechtsmßig- oder Rechtswidrigkeit der Erstellung der Vorlage bietet. Vielmehr sind andere Umstnde erforderlich, die darauf hinweisen, dass die Datei, aus der der Download durchgefhrt wird, rechtswidrig entstanden ist. 98 Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Datei Abschnitte aus einem „Live-Konzert“ enthlt, die in der Iffentlichkeit nicht angeboten worden sind. 98 Nicht zuletzt ist die Strafbarkeit der Teilnahme an Online-Glcksspielen zu erwhnen. Spielt der Nutzer einer elektronischen Plattform etwa im Online-Kasino, das keine deutsche Konzession hat, macht er sich wegen Beteiligung am unerlaubten Gl cksspiel nach § 285 StGB strafbar. 99 Die Beteiligung liegt vor, wenn das Spiel begonnen hat. Weiß der Online-Spieler nicht, dass seine Handlung verboten ist oder dass fr solche Spiele eine behçrdliche Erlaubnis vorliegen soll, liegt ein Verbotsirrtum vor, der nach den Anforderungen des § 17 StGB beurteilt wird. 100

98 So auch Hegmanns, MMR 2004, 15. 99 Fr die Anwendung des deutschen Strafrechts s.o. Rz. 5 ff. 100 S. dazu Schçnke/Schrçder/Eser/Heine, § 284 Rz. 23; SK/Hoyer, § 284 Rz. 23.

718 | Vassilaki

Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis Fett gedruckte Ziffern verweisen auf das Kapitel, in Normalschrift gedruckte Ziffern auf die entsprechende Randziffer. Akzessoriettsprinzip 15 12 Abrechnungsdaten – anonyme und pseudonyme Bezahlung und Nutzung 13 97 – Darlegungs- und Beweislast 13 122 ff., 176 f. – Einzelnachweis 13 95 f., 117, 120, 122 ff., 174 ff. – Grundlagen 13 19 – Lçschungspflicht 13 117, 123 – Pflichten- und Risikoverteilungsklauseln 5 31 ff. – Speicherfrist 13 121, 175 – Systemdatenschutz 13 54 – Jbermittlung an Dritte 13 154 – Weitergabe an Dritte 13 29 AGB-Recht – Abschlussklauseln 4 141 ff. – Alleinvertretungsklausel 5 131, 134 f.; 8 65 ff. – Ausschluss der Bonittsprfung 5 103 – Ausschluss der Identittsprfung 5 99 f. – Ausschluss der Missbrauchshaftung 4 68 – Ausschluss der Verlngerung der Handelszeit 5 41, 45 – Ausschluss von Marktberwachungspflichten 5 75 – Business-to-Business, widersprechende AGB 4 140; 5 162 – Datenschutzerklrung 6 53 – datenschutzgerechte Ausgestaltung von AGB 13 110 ff. – Einbeziehung bei Business-to-Business-Vertrgen 4 119 – Einbeziehung von Drittbedingungen, Fiktion 4 118 – Einbeziehungsangebot einer Vertragspartei 4 117 – Einkaufsbedingungen 5 163 – Einsatz von Sniper-Software 5 65 ff. – Einwilligungserklrung, vorformulierte 13 71, 86 ff., 143, 156, 159 ff. – Einwilligungsklauseln, typische 13 159 ff. – Exklusivittsklausel 5 131, 134 f.; 8 65 ff.

– Erstattung von Aufwendungen, erfolgsunabhngige 4 10 – Falschbewertungen 5 137 – formularmßiger Haftungsausschluss 5 5, 56, 59, 103, 107 – Freistellungsklauseln 5 140 – Geheimhaltungspflichtklausel 5 127 – Geltung fr den Transaktionsvertrag 4 114 – Gerichtsstandsklauseln 11 80; 12 18 ff., 53 f. – Geschftsfhigkeitsklausel 5 124 – Gtesiegel 5 77 – Haftung fr benachteiligende AGBKlauseln im Marktverhltnis 5 88 – Haftungssausschluss 5 4, 6 f., 24, 27, 54, 56, 73, 100, 117 – Inhaltskontrolle von Abschlussklauseln 4 141 ff. – Internationales Privatrecht 11 48 f., 51 ff. – kontrollfreie Leistungsbeschreibungen 5 33 – Kundendatenmitteilungspflicht 5 121 – Kndigungsklauseln 5 153 – Leistungsnderungsvorbehalt 5 38 – Leistungsbeschreibungen 5 33 – Lieferbedingungen 5 163 – Marktplatzbetreiber 4 115 – Online-Auktionen 4 115 – Pflichten- und Risikoverteilung 5 31 ff. – qualifizierter Alleinauftrag 5 132 – Rahmenvertragslçsung 4 128 ff. – Rechtswahlklauseln s. dort – Ricardo (E) 4 125 – Schiedsklauseln 12 3 ff. – SCHUFA-Klausel 13 166 – Sperrklauseln 5 141; 6 32 – Suchmaschinenklauseln 5 139c – Systemausfallklausel 5 49 – Systemzeitklausel 5 70 f. – Treuhandservice 5 112 – Untersagung der Verwendung von Gtesiegeln 5 77 – Urheberklauseln 5 139c – Verhltnis Plattform-AGB/Teilnehmer-AGB 4 137 ff.; 11 57 f.

719

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – –

Verkaufsbedingungen 5 163 Verkehrsfhigkeit der Ware 5 104, 107 Vertragabwicklungsklauseln 4 137 ff. Vertragsschlussregelungen 4 122 ff. Verweis durch Hyperlink 4 120; 5 96 Verwender 4 116 ff., 136 Vorleistungsklauseln 5 7 vorvertragliche Klauseln 4 122 Wahrung der Netzintegritt 5 139a f. Wartungsklauseln 5 41 ff. widersprechende AGB 4 139 f. Zahlungs- und Provisionsklauseln 5 139 s. auch Einbeziehung von AGB ... Agenten, elektronische 4 38 ff. – Bindungswirkung 4 38 – Funktionsweise 4 38 – Identifizierung 4 66 – Zugang der Willenserklrungen 4 40 – Zurechnung zum Nutzer 4 39 Allgemeine Geschftsbedingungen, Recht der s. AGB-Recht Allgemeines Persçnlichkeitsrecht (APR) – Haftung fr Verletzungen 6 1, 29, 64 – Jugendschutz 14 1 Alterspr fung – bei Online-Gewinnspielen 14 120 – bei Online-Versandbestellung 14 113 – bei pornografischen Angeboten 14 23 ff. Altersverifikationssysteme – Anforderungsprofil 14 23 f. – Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang 14 66 – „Effektive Barriere“ 14 24 f. – Face-to-Face-Kontrolle 14 23, 66 – fr geschlossene Benutzergruppen 14 66, 115 – Grenzen des Anforderungsprofils 14 26 – Jugendschutzbeauftragter 14 91 – KJM, Beschluss der 14 66 – und Kostenpflichtigkeit des Angebotes 14 24 f. – personalausweiskennziffergesttzte 14 23, 25, 113, 117, 120 Anbieter, geschftsmßiger – Begriff 14 91 – Jugendschutzbeauftragter, Bestellpflicht 14 87 ff. Ancillary-restraints-Bekanntmachung 8 62 Anfechtung 4 70 ff. – Abgrenzung Erklrungs-/Jbermittlungsirrtum 4 75

720

– Datenmaterial, fehlerhaftes 4 70 – Eingabefehler 4 70 – Erklrungsirrtum 4 70 – Frist 4 70 – durch Gebotsrcknahme 4 163 – Hard- und Softwarefehler 4 70 – Inhaltsirrtum 4 71 – Tuschung 4 77 – Jbertragungsirrtum 4 72 Angebot – ad incertas personas 4 30, 55, 77 – bei besonderen Auktionstypen 4 42 – invitatio 4 41, 122 – Vertragsabschlussklauseln in AGB 4 122 Angebotsabgabe im Vergabeverfahren 9 84 ff. – defekte Empfangsvorrichtungen des Auftraggebers 9 116 – digitale 9 84, 86, 114 – Einheitlichkeit 9 153 – Entgegennahmepflicht fr digitale Angebote 9 84 – Experimentierklausel 9 84 – kein Ausschluss der Papierform 9 86 – Mantelbogenverfahren 9 86 – Modi 9 86 – Online-Abgabe, Sicherheitsvorkehrungen 9 86 – Rckzug von Angeboten 9 90 – Splitting von elektronischen und schriftlichen Angaben 9 153 ff. – unvollstndige 9 115 – versehentliche Abgabe 9 117 – VOL/A 9 85 Anonymisierungsdienste 13 59 Anscheinsbeweis – Erschtterung 4 60 – Missbrauchsrisiken 4 61 – Online-Auktion 4 59 ff. – Phishing 4 61 – Signatur, elektronische 4 62 – Unternehmereigenschaft 4 82 Anwendbarkeit deutschen Kartellrechts im Internet 8 6 ff. – Ausnahmebereich Internet, Nichtexistenz 8 6 – Auswirkungsprinzip 8 9 – Multistate-Beschrnkungen 8 9 – çkonomische Besonderheiten 8 6 – WTO 8 9 – zurckhaltende Stimmen 8 6; 8 8 – Zusammenarbeit, bilaterale 8 10

Stichwortverzeichnis Anwendbarkeit deutschen Strafrechts – Akzessoriettsprinzip 15 12 – bei Anschlussdelikten 15 10 – E-Commerce-Richtlinie 15 13 – bei Erfolgsdelikten 15 6 – bei Gefhrdungsdelikten 15 7 ff. – Herkunftslandprinzip 15 14 – bei Online-Auktionen aus dem Ausland 15 11 – bei Online-Spielen 15 58 – bei Teilnahmehandlungen im Ausland 15 11 – fr Teilnehmer von Auslandstaten 15 12 Application Service Providing – Funktionsweise 7 26 – Steuerpflichtigkeit 7 26 Architektenwettbewerb (E) 6 41, 43 Aufhebung des Vergabeverfahrens 9 144 Auftrag – zwischen Einlieferer und Auktionshaus 4 4 – zwischen Makler und Auftraggeber 5 15 f., 20 Auftraggeber, çffentlicher – als Regelungsadressat der VOL/A 9 28 – Wahl des Vergabeverfahrens 9 51 Auftragsvergabe, çffentliche s. Vergaberecht Auktionen s. Online-Auktionen Auktionen, vergaberechtliche 9 222 – Ablauf 9 228 – Beendigung 9 228 f. – Bekanntmachungspflichten 9 228 – Chancen 9 231 – Definition 9 235 – Diskriminierungsverbot 9 238 – EU-Vergaberecht 9 235 ff. – Informationspflichten 9 228 – als inverse Auktionen 9 222 – Kartellbildungsgefahr 9 232 – Kosteneinsparung 9 231 – Notwendigkeit hinreichender Bedarfsspezifikation 9 233 – Risiken 9 232 – Varianten, zugelassene 9 237 – Wettbewerbsprinzip 9 232, 238 – Zuschlagserteilung 9 229 Auskunftsanspr che 6 52 ff. – akzessorischer Hilfsanspruch 6 58 – allgemeine 6 55, 58 – Bestandsdaten 6 61

– Bundesdatenschutzgesetz 6 60 – Datenschutz 6 53, 60 f. – Datenschutzerklrung 6 53 – an Dritte 6 53, 56, 60 – und einstweilige Verfgung 6 57 ff. – Fernmeldegeheimnis 6 60 – gewohnheitsrechtliche 6 58 – Industrie- und Handelskammern 6 59 – Koppelungsverbot 6 53 f. – markenrechtliche 6 56 – Nennung der Abnehmer 6 57 – Offenlegung der Vertriebswege 6 57 – Produktpirateriegesetz 6 56, 58 – an Strafverfolgungsbehçrden 6 53 – Unterlassungsklagegesetz 6 59 – urheberrechtliche 6 56 – Verbraucherverbnde 6 59 Ausschließlichkeitsbindungen s. Nutzungszwang Ausschreibung – beschrnkte 9 50, 92 – europaweite 9 69, 184 – freie Vergabe 9 50 – Hierarchie der Vergabeverfahren 9 51 – Internationales Privatrecht 11 3, 71 ff., 98 – çffentliche 9 50, 92 – Online-Auktion 4 41 ff. – Pflicht europaweiter 9 184 – SIMAP 9 69 – Teilnahmewettbewerb 9 53 ff. – Vertragsschlussort 11 71 – unzulssige 9 55 f. Auswirkungsprinzip 8 9 Bagatellbekanntmachung 8 48 Bangemann-Bericht 9 11, 18 Bannerwerbung 3 6 ff. Bedarfsb ndelung 9 205 Bedarfsmarktkonzept 8 12 – funktionale Austauschbarkeit 8 12 – Produktmrkte im Internet 8 20 Begehungsort 15 2 – der Haupttat bei Teilnahmehandlung im Ausland 15 11 Bekanntmachung – Absendetermin 9 48 – Amt fr amtliche Verçffentlichungen der EG 9 72 – Definition, vergaberechtliche 9 69 – freiwillige 9 48 – internetbasierte 9 69 – çffentliche 15 26

721

Stichwortverzeichnis – Pflichten bei vergaberechtlichen Auktionen 9 228 – SIMAP 9 69 – vergaberechtliche 9 47 ff., 69 ff. – VOL/A 9 48 Beobachtungsvorbehalt, kartellrechtlicher 8 2 Berufsfreiheit – als Grenze des Jugendschutzes 14 2 – der sog. Adult-Webmaster 14 26 Beschaffung, elektronische 9 9 ff. – Begriff 9 21 – dynamische Systeme 9 203 s. auch dort – elektronische Vergabe als Teilbereich 9 22 Beschaffungsmanagement 9 202 ff. – ausgegliederte zentrale Beschaffungsstelle 9 208 – Bedarfsbndelung 9 205, 216 – Beschaffungsstellen, zentrale 9 203, 211 – Bundesbeschaffungs-GmbH 9 209 – Chancen 9 213 ff. – Einsatz elektronischer Vergabeplattformen 9 213 – Grnbuch der EG 9 202 – In-House-Beschaffungsstellen 9 207 – kartellrechtliche Zulssigkeit 9 217 – Kaufhaus des Bundes 9 210 – Koordinierungsrichtlinie 9 202 – Pooling 9 205 – Risiken 9 215 ff. Beschrnkte Steuerpflicht nach § 49 EStG 7 24 ff. – Application Service Providing 7 26 – Betriebssttte als Voraussetzung 7 24 – Einknfte aus Nutzung beweglicher Sachen 7 26 – bei Einrumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte 7 25 Besttigungsschreiben, kaufmnnisches 4 138 Besteuerung s. Steuerrecht Betrieb elektronischer Plattformen – kartellrechtliche Problemfelder 8 42 ff. – Nachfragebndelung 8 43 ff. Betriebssttte 7 14 ff. – Begriff 7 14 – Checkliste zur Server-Betriebssttte 7 16 – Geschftsleitungsbetriebssttten 7 72 – Gewinnabgrenzung bei Server-Betriebssttten 7 20

722

– Internetserver 7 15 – Verfgungsmacht des Betreibers als Kriterium 7 19 – als Vorraussetzung beschrnkter Steuerpflicht nach § 49 EStG 7 24 Betrug – Anbieten von Produkten 15 70 ff. – auf Arbeitsmarktpltzen 15 42 ff. – Bundesagentur fr Arbeit 15 53 – Computerbetrug 15 94 – durch den Marktanbieter 15 39 f. – durch den Marktplatzbetreiber 15 17 – durch Nachfrager 15 93 – Eingehungsbetrug 15 39, 70, 95 – Erfllungsbetrug 15 72 – Falschangaben 15 39, 70 – gewerbsmßiger 15 44, 48 – Provisionen 15 43 – Versuch 15 40, 71 – Vermittlungsgutscheine der Agentur fr Arbeit 15 42 ff. Beurteilungsspielraum 14 7 – von Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle 14 106 f. – rechtliche Grenzen 14 104, 107 – Umfang 14 106 – als Verfahrenshindernis fr aufsichtsrechtliche Maßnahmen 14 108 Beweis 4 57 ff. – Anscheinsbeweis s. dort – Online-Auktion 4 58 ff. – Signatur, elektronische 4 58 ff. – Unternehmereigenschaft 4 81 – Zurechnung, materiellrechtliche 4 63 ff. Bewertungen – Ausschluss der Wiederherstellung von Bewertungsprofilen 5 151 f. – Berichtigungsmçglichkeit des Nutzers 5 138c; 13 145 ff. – Bewertungssysteme 1 13; 5 74 – Datenschutz 13 111, 140 ff. – ehrverletzende und falsche Behauptungen 5 78, 138 ff.; 13 147 – Gtesiegel des Plattformbetreibers 5 76 f. – Haftungsprivilegierung des Plattformbetreibers 3 79; 6 63; 13 147 – Manipulation 5 60 f., 137 – Schadensersatzanspruch 5 138 ff.; 13 147 – Speicherdauer 13 148 – Sperre aufgrund negativer ~

Stichwortverzeichnis – Jberwachungspflichten 5 75 – Unterlassungsanspruch 13 147 Bietagenten 4 38 ff. s. auch Agenten Bçrsen s. Online-Bçrsen Br ckenseite s. Doorwaypages Bundesagentur f r Arbeit – strafrechtliche Verantwortlichkeit als Marktplatzanbieter 15 50 ff. – Jberwachungspflicht 15 52 – Unzumutbarkeit der Jberwachung 15 54 Bundesbeschaffungs-GmbH 9 209 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) – Abgrenzung zum TDDSG 13 1, 8, 20 ff., 171 ff. – anonymisierte Nutzungsmçglichkeit 13 48 – Auskunftsansprche 6 60 – Datenschutzerklrung 6 53 – datenschutzgerechte Vertragsausgestaltung 13 110 ff. – Datenverarbeitung im Ausland 13 101 – Datenvermeidung, Grundsatz der 13 43 ff., 56 – Erlaubnisvorbehalt 13 11 – Einwilligung, vorformulierte 13 70 ff. – Faxerklrung 13 74 – Informationsfreiheit 13 56 – personenbezogene Daten, Begriff der 13 9, 141 – pseudonymisierte Nutzungsmçglichkeit 13 48, 141 – Sperre von Daten 13 50 – Standardvertragsklauseln 13 101, 107 ff. – technisch-organisatorische Pflichten 13 43 ff. – und Vertragserfllung 13 8 s. auch Datenschutzrecht u. Teledienstedatenschutzgesetz Bundeskartellamt 8 2, 20 – Bagatellbekanntmachung 8 48 – Beobachtungsvorbehalt 8 2 – CC-Market (E) 8 20, 39 – Covisint (E) 8 4, 10, 21, 24 – Freistellung vom Kartellverbot 8 50 – Produktmrkte im Internet 8 20 – RubberNetwork (E) 8 43 – Transaktionsleistungen 8 21 – Zusammenarbeit mit FTC 8 10 Bundespr fstelle f r jugendgefhrdende Medien – Indizierungsverfahren 14 64, 80

BundOnline 2005 9 12, 27, 202 Business Community 1 2 Caching 11 130 Cheapest cost avoider 4 68; 5 88 Checkliste – Vergabesoftware 9 46 ff. – zur Server-Betriebssttte 7 16 CISG, UN-Kaufrecht – Ausschluss 11 14, 66 ff. – Ausschreibungen 11 73 – Eindruck, nach außen erweckter 11 21 – Erfllungsort 12 36 – opting out 11 69 – persçnlicher Anwendungsbereich 11 68 – Versteigerungsbegriff 11 66 – Warenbegriff 11 12 click wrap agreement 11 29, 48 Community-Shopping s. Co-Shopping Competition Compliance-Programme 8 60 Computerbetrug 15 94 Computer-Output-Mikrofilm 7 53 Cookies 13 41, 133, 160 Co-Shopping – aleatorische Reize 3 62 ff. – Alleinstellungswerbung 3 76 – Alternativ-Modelle 4 47 – bester Preis 1 24 f.; 3 75 ff. – Fantasiepreisempfehlung 3 79 f. – fester Preis 1 28 – Genehmigungspflicht 2 47 – Gewerberecht, Anwendbarkteit auf 2 19, 47 – Grundlagen 1 21 ff. – Haftung des Veranstalters 5 155 ff. – Informationspflichten 4 99 – Internationales Privatrecht 11 3, 17, 74 f. – Irrefhrung 3 73, 77 f. – Laienwerbung 3 67 f. – Marktpreis, aktueller 4 46 – Mondpreis 3 51, 80; 5 159 – Nichteinstellen von Angeboten 5 24 – preisangabenrechtliche Zulssigkeit 3 74 – Preisstufen 1 27 – Preiswahlrecht des Kunden 1 24 ff.; 4 45 – Produkthaftung 6 62 – Prf- und Kontrollpflichten 5 157, 159 – Rabattrechtliche Zulssigkeit 3 61, 70, 74, 79

723

Stichwortverzeichnis – Sonderveranstaltung, Verbot der 3 72 – bertriebenes Anlocken 3 69 ff. – Veranstalter als technischer Dienstleister 5 158 – Veranstalter als Vermittler 5 157 – Veranstalter als Vertragspartner 4 48; 5 156 – vertragliche Pflichten des Veranstalters 5 155 ff. – Vertragspartner 11 75 – Vertragsschluss 4 44 ff. – Vertragsverletzungen 5 24 – Werbung mit dem besten Preis 3 75 ff. – Wettbewerbsrecht 3 62 ff. – Widerrufsrecht 4 99 – Willenserklrung, Auslegung 4 45 ff. Covisint (E) 8 3, 10, 21, 24 – keine Entstehung eines Nachfragekartells 8 43 Darlehensvertrag – Finanzdienstleistungsrichtlinie 4 114 – Schriftformerfordernis 4 113 – Verbraucherschutz 4 113 Datenbank – Auktionsangebote 10 11 – Auswertung, normale 10 25 – Datenbankherstellerrecht s. dort – Datenbankrichtlinie 10 3, 41 – Datenbankwerk s. dort – Einzelzugnglichkeit der Elemente 10 7 – gesonderte Verwertbarkeit der Elemente 10 5 – Produktkataloge 10 10 – Sammlung unabhngiger Elemente 10 4 – systematische oder methodische Anordnung 10 8 – unwesentliche Teile, Verwertung 10 24 – als urheberrechtliches Werk 10 12 – Voraussetzungen 10 3 ff. – Webseiten 10 6 – Webshops 10 9 – wesentliche Teile, Verwertung 10 23 – wettbewerbliche Eigenart 10 43 – wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz 10 40 ff. Datenbankherstellerrecht 10 18 ff. – Auftragserstellung von Werken 10 21 – Ausschlusswirkung gegenber Wettbewerbsrecht 10 42 – Auswertung, normale 10 25

724

– Deep-Links 10 30 – Einzelzugnglichkeit der Elemente 10 7 – Frames 10 39 – gesonderte Verwertbarkeit der Elemente 10 5 – Herstellereigenschaft 10 20 – Hyperlinks 10 28 ff. – Investitionen, wesentliche 10 18 f. – Konkurrenzprodukte 10 25 – Mehrwertprodukte 10 25 – Mithersteller 10 21 – Paperboy (E) 10 31 ff. – Produktkataloge 10 26 – Schutzumfang 10 23 ff. – Substitutionsfunktion 10 36 – als Sui-generis-Recht 10 3, 18 – systematische oder methodische Anordnung 10 8 – Verhltnis zum Wettbewerbsrecht 10 41 ff. – Verletzungshandlungen 10 27 ff. – Verwertung 10 23 ff. – Webseiten, einzelne 10 6 – Webshops 10 26 – Werbeeinahmen 10 25 Datenbankwerk – individuell-schçpferische Auswahl 10 12 – Produktkataloge 10 13 – Telefonverzeichnis 10 12 – Voraussetzungen 10 12 – Webshops 10 13 Datenschutzrecht – Ausland, Datenverarbeitung im 13 98 ff. s. auch Datenverarbeitung im Ausland – Datenschutzerklrung 6 53 – Datenschutzrichtlinie der EU 13 100 f., 103 ff., 108, 131 – Datenverarbeitung, datenschutzgerechte 13 110 ff. – Datenverarbeitung im Ausland s. dort – Einwilligung des Nutzers 6 53, 60; 13 34 ff., 70 ff., 101, 110, 116 f., 128, 142 ff., 150, 154 f., 160, 162 ff., 169 – Erlaubnisvorbehalt 13 11 – gesetzliche Ausgestaltung 13 5 ff. – gesetzliche Regelungsprinzipien 13 10 ff. – informationelle Selbstbestimmung, Recht auf 13 1, 3 f., 66, 93, 133, 137, 143 f.

Stichwortverzeichnis – IP-Adresse 13 14, 18, 59, 78, 113 – Nutzungsprofile 13 17 f., 30 f., 53 f., 127 ff. – Verstoß gegen 3 16 – verfassungsrechtliche Grundlagen 13 2 – Vertragsverhltnis, datenschutzgerechte Ausgestaltung 13 110 ff. – Volkszhlungsurteil (E) 13 2 ff., 137, 143 f. – Ziel 13 1 s. auch Bundesdatenschutzgesetz u. Teledienstedatenschutzgesetz Datenverarbeitung im Ausland 13 98 ff. – angemessenes Schutzniveau 13 104 – Drittstaaten 13 101, 104 – EU-Datenschutzrichtlinie 13 100 f., 103 ff., 108 – Herkunftslandprinzip 13 100 – Ort der Datenverarbeitung 13 99 – safe harbor principles 13 106 – Sitz der verantwortlichen Stelle 13 99 – Standardvertragsklauseln 13 101, 107 ff. Datenzugriff der Finanzverwaltung 7 45 ff. – archivierte Daten 7 52 – Ausschluss der Fernabfrage 7 48 – Computer-Output-Mikrofilm 7 53 – Mithilfe des Steuerpflichtigen 7 49 – Nur-Lese-Zugriff 7 48 – Wahlrecht 7 46 – Wechsel des Hard- und Software-Systems 7 53 – Zugriffsobjekte 7 47 Deliktische Haftung des Marktplatzbetreibers 6 1 ff. – Angebotsregistrierung als Kenntnis 6 20 f. – Auskunftsansprche 6 52 ff. – Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte 6 64 – fr Bewertungen 6 62 – Darlegungs- und Beweislast 6 48 ff. – fr fremde Inhalte 6 11 ff. – Haftungsprivilegierungen des TDG/ MDStV 6 4 ff. – Kenntnis 6 15 ff., 39 – Kenntniserlangung durch Abmahnung 6 30 f. – Matching 6 6 – mittelbare 6 2 – Online-Kataloge 6 6

– – – –

Produkthaftung 6 62 Produktpirateriegesetz 6 56, 58 Schadensersatzansprche 6 25 ff. tatschliche versus rechtsgeschftliche Kenntnis 6 22 ff. Deliktische Haftung des Teilnehmers – Auskunftsansprche 6 58 ff. – Datenschutz 6 53, 60 – Markenrechtsverletzungen 6 52, 56 – Produktpirateriegesetz 6 56, 58 – Schadensersatzansprche 6 52, 56, 58 – Urheberrechtsverletzungen 6 52, 56 Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 56 f. – Fernunterrichtsvertrge 12 57 – Haustrgeschfte 12 56 – Zurechnung von Webseiten 12 56 Dienstleistung – Erbringungsort 12 29 – gemeinschaftsrechtliche Definition 12 30 – Treuhandservice 5 111 ff., 154 – Vermutungsregel 12 32 Dienstvertrag – zwischen Auktionshaus und Einlieferer 4 4 – Datenschutz 13 26, 173 – Einstellung von Produkten in Kataloge 48 – Internationales Privatrecht 11 13 – Maklerdienstvertrag 4 7, 9 ff.; 5 15 ff., 20, 33 f., 154; 6 21 – Online-Shop-Funktionalitt 4 8 Diskriminierungsverbot – Angebotsabgabe bei çffentlichen Vergabeverfahren 9 40 – Auktionen, vergaberechtliche 9 238 – Bevorzugung digitaler Angebote, Vergaberecht 9 160 f. – Vergaberecht 9 40, 160 f. – Zeitgleichheit einer Ausschreibung im Inland und der EU 9 74 Digitalisierung – vergaberechtliche Vorinformationsphase 9 47 Disclaimer – Internationales Privatrecht 11 32 ff. – protestatio facto contraria 11 33 – geographische Beschrnkung 11 85 Domain-Namen, irref hrende 3 10 ff. Doorwaypages 3 9 Doppelbesteuerungsabkommen 7 12 Doppelkontrolle 8 32

725

Stichwortverzeichnis Download – Vergabeunterlagen 9 75 Dynamische Beschaffungssysteme 9 219 ff. – Befristung 9 221 – Definition 9 221 – europarechtliche Regelung 9 221 – Wettbewerbsgrundsatz 9 221 eBay-Geschftsmodell 7 4 E-Business – Definition 9 25 – elektronische Vergabe als Teilbereich 9 25 s. auch E-Commerce E-Commerce – Besteuerung 7 1 ff. – Definition 9 25 – Disintermediation 7 8 – Erbringungsort 12 29 – Effizienzsteigerung 7 1 – Einsatzfelder 7 11 – elektronische Vergabe als Teilbereich 9 25 – Kostensenkung 7 1 – Medikamentenversand 7 7 – Online-Banking 7 6 – Online-Versandhandel s. elektronischer Versandhandel – Qualifikation der Einknfte, steuerrechtliche 7 24 ff. – Schiedsklauseln 12 3 ff. – Standortbestimmung 7 1 – Tourismus 7 7; 8 15 – typische Geschftsmodelle 7 2, 11 – verfahrensbezogene Pflichten 4 101 ff. s. auch dort E-Commerce-Richtlinie – Anwendungsbereich 15 13 – Strafrecht 15 13 – Darlegungs- und Beweislast 6 48 – Haftungsprivilegierungen 6 8, 11, 16, 19, 26, 28 f., 35 f., 43b f., 48 – Herkunftslandanknpfung 11 130, 135 – Herkunftslandprinzip 11 123, 125 f., 130, 135 – und Internationales Privatrecht 11 3, 123 ff., 135 – Niederlassungsprinzip 11 130 Effizienzgewinne, kooperative 8 1 eGovernment 9 5 – Beschaffung, elektronische 9 9 ff. s. auch dort

726

– – – – –

BundOnline 2005 9 12, 202 Definition 8 25 Einbeziehung des Vergaberechts 9 7 Erwartungshaltung 9 16 ff. E-Vergabe – Iffentlicher Eink@uf online 9 11 – Government Procurement Agreement 9 10 – Initiativen in den Bundeslndern 9 13 – als Markt fr private Unternehmen 9 15 – Media@Komm 9 14 – Projektcharakter der Initiativen 9 202 Einbeziehung von AGB 4 120 ff. – Auslegungslçsung 4 124 ff. – bei Business-to-Business-Vertrgen 4 119 – Drittbedingungen, Fiktion 4 118 – Einbeziehungsangebot einer Vertragspartei 4 117 – Einwilligung, datenschutzrechtliche 13 87 ff. – Hinweis auf AGB 4 120 – Internationales Privatrecht 11 48 f., 51 ff. – Kenntnisnahmemçglichkeit 4 120 – Rahmenvertrag 4 128 ff. – Reflexwirkung der Einbeziehung im Teilnahmevertrag 4 127 – Ricardo (E) 4 125 – Vertragsschlussregelungen 4 121 – Vertrag zugunsten Dritter 4 134 ff. – Verweis durch Hyperlink 4 120; 5 50 – vorvertragliche Klauseln 4 121 ff. Eink nfte, steuerrechtliche Qualifikation 7 24 ff. – laut OECD Musterkommentar 7 30 ff. Einschtzungsprrogative 14 7 f., 17, 27 Einstellen von Auktionsangeboten 10 55 ff. – Katalogbildfreiheit 10 55 Einwilligung in Datenverarbeitung 13 34 ff., 70 ff. – Abruffrist 13 85 – AGB-Einwilligung 13 87 ff. – Angemessenheit 13 87 ff. – Bestimmtheitsgebot 13 72 – darstellungstechnische Hervorhebung 13 73, 80 – elektronische Form 13 74 ff. – E-Mail 13 77, 84 – Erkennbarkeit des Urhebers 13 78

Stichwortverzeichnis – Erklrungsform 13 77 – Erklrungshandlung, eindeutige und bewusste 13 79 ff. – Faxschreiben 13 74, 77 – Hinweispflicht 13 72, 83 ff. – jederzeitige Abrufmçglichkeit 13 84 f. – Koppelungsverbot 6 53 f.; 13 36 f., 86, 91 ff. – materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen 13 86 ff. – Ordnungswidrigkeiten 13 79 ff., 91 – Protokollierung 13 82 – Schriftform 13 73 f. – Speicherfrist 13 82 – Telefonwerbung-VI-Urteil (E) 13 88 – Web-Formular 13 77, 84 – Widerrufsrecht 11 72, 83 – Zweck 13 72 Einwilligung in Hyperlinksetzung 10 33 E-Learning 9 26 – Vermittlung von Anwendungswissen 9 26 Elektronischer Marktplatz s. Marktplatz, elektronischer Elektronische Signatur s. Signatur, elektronische Elektronische Tauschbçrse s. Tauschbçrse Elektronischer Versandhandel 7 6; 13 112; 14 49, 115, 117 – Video on demand 14 115 – Umfang, Statistiken 15 24 Elektronische Vergabe s. Vergabe Elterliches Erziehungsrecht – als Grenze des Jugendschutzes 14 3 Elternverantwortung 14 3 E-Mail – Ausknfte im Vergabeverfahren 9 76 – Bekanntmachung, vergaberechtliche 9 48 – Datenaustausch 14 49 – Einwilligung in Datenverarbeitung 13 77, 133 – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 13, 15 – Internationales Privatrecht 11 22, 122 – Textform 4 91 – Versand von Vergabeunterlagen 9 75, 193 Entwicklungsbeeintrchtigende Angebote 14 68 ff. – Ausnahme der Verbreitungsbeschrnkungen 14 77

– Begrenzung der Verbreitungszeit 14 72, 74 f. – Begriff der Entwicklungsbeeintrchtigung 14 69 – Differenzierung nach kçrperlichem und geistigem Wohl 14 70 – gesetzliche Vermutung fr Entwicklungsbeeintrchtigung 14 71 – Trennungsgebot 14 76 – Jberprfung durch „jugendschutz.net“ 14 99 – Jberprfung durch Landesmedienanstalten 14 99 – Zugangssperren und Zugangserschwerung 14 72 E-Procurement – Begriff 9 23 Erfolgsort 15 4 – Auseinanderfallen mit Handlungsort 15 4 – Distanzdelikte 15 4 Erf llungsort – besonderer Gerichtsstand 12 26 ff. – Definition 12 28 – Erbringungsort 12 29 – Erfllungsortsvereinbarungen 12 38 – konkret streitbefangene Primrverpflichtung 12 35 – Online-Auktionen 12 37 – prozessualer Erfllungsortbegriff 12 27 – Sachrechtsabhngigkeit 12 36 – Tessili-Rechtsprechung 12 33 – Verhltnis zum tatschlichen Lieferungsort 12 28 – Versteigerungen, klassische 12 37 Erf llungsortsvereinbarungen – abstrakte 12 38 – leistungsbezogene 12 38 Erklrungsirrtum 4 70 Erlaubnispflichtigkeit 2 20 ff. Erçffnungstermin (Vergaberecht) – abwesende Bieter 9 199 – funktionelle Rquivalenz 9 196 ff. – Niederschrift 9 105 ff. – Nutzung von Beamern 9 199 – Iffnung der Angebote 9 100 ff. – Verlesung 9 199 – virtueller 9 196 ff. Erschçpfungsgrundsatz – Markenrecht 10 61 – Nichtgeltung im Online-Umfeld 7 24 Erwachsenenschutz 14 15

727

Stichwortverzeichnis Essential-facilities-Lehre 8 71 – als Regelbeispiel im deutschen Recht 8 72 E-Tendering 9 24 EuGVE – Abgrenzung zur E-Commerce-Richtlinie 11 123 f. – allgemeiner Gerichtsstand 12 23, 25 – besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes 12 31, 33, 35 f., 38 – elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen 12 13 ff. – Gerichtsstandsvereinbarung durch AGB 12 18 – Gerichtsstandsvereinbarungen im B2B-Bereich 12 12 ff. – Internationale Zustndigkeit bei Immaterialgterrechtsverletzungen 12 69 – Internationale Zustndigkeit im C2C-Bereich 12 58 – Internationale Zustndigkeit im Verbraucherprozessrecht 12 42 ff., 46, 51 ff. – Internationale Zustndigkeit in Wettbewerbssachen 12 59, 61, 63, 65, 67 f. – Niederlassungsbegriff 11 64 – Niederlassungsgerichtsstand 12 39, 41 – Schiedsklauseln im B2C-Bereich 12 7 – Verbrauchervertragsrecht 11 18 EuGVVO – Abgrenzung zur E-Commerce-Richtlinie 11 123 f. – allgemeiner Gerichtsstand 12 23 ff. – besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes 12 26 f., 31 ff., 38 – elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen 12 13 ff. – Gerichtsstandsvereinbarung durch AGB 12 18 – Gerichtsstandsvereinbarungen im B2B-Bereich 12 12 ff. – Internationale Zustndigkeit bei Immaterialgterrechtsverletzungen 12 69 – Internationale Zustndigkeit im C2C-Bereich 12 58 – Internationale Zustndigkeit im Verbraucherprozessrecht 12 42 ff., 46 f., 50 ff. – Internationale Zustndigkeit in Wettbewerbssachen 12 59, 61, 63, 65, 67 f. – Niederlassungsbegriff 11 64 – Niederlassungsgerichtsstand 12 41

728

– Schiedsklauseln im B2C-Bereich 12 7, 12 Europische Fusionskontrollverordung (FKVO) 8 26 ff. – Begrndung oder Verstrkung marktbeherrschender Stellung 8 34 – Eingreifkriterien 8 33 ff. – erhebliche Behinderung 8 34 – gemeinschaftsweite Bedeutung 8 28 – Grndung von Gemeinschaftsunternehmen 8 26 – Kontrollerwerb 8 27 – Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen 8 28 – vertikale Zusammenschlsse 8 37 – Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen 8 26 – Zusammenschluss 8 26 ff. Europische Kommission – Covisint (E) 8 24 – Einzelfreistellung 8 45 – Fusionskontrollverfahren – Internationales Verbraucherprozessrecht 12 48 ff. – kartellrechtliche Zustndigkeit 8 30 – Kooperationsleitlinien zur Standardisierung 8 75 – MyAircraft.com (E) 8 3, 64 – Nachfragebndelung, Richtlinien 8 44 – Online Reisegeschft 8 15 – SIMAP 9 69 – Volbroker-Plattform, Genehmigung 8 55 Europisches Patentamt 10 62 Europisches Ebereinkommen ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968 s. EuGVJ E-Vergabe – Kffentlicher Eink@uf online 9 11 – durchgefhrte Ausschreibungen 9 12 s. auch Vergabe, elektronische ... EVE 11 103 – Abgrenzung zur E-Commerce-Richtlinie 11 123 f. – Anknpfung der Rechts- und Geschftsfhigkeit 11 118, 120 – besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes 12 31 – Internationale Zustndigkeit im Verbraucherprozessrecht 12 42 ff., 46

Stichwortverzeichnis – Maßgeblichkeit des nach außen erweckten Eindrucks 11 21 – Rechtswahl durch Nicht-Verbrauchereigenschaft des Kunden 11 81 – Jbersicht 11 2 – Verbrauchervertragsrecht 11 18 EWG-Ebereinkommen ber das auf vertragliche Schuldverhltnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 s. EVJ Face-to-Face-Kontrolle 14 23, 66 Factoring 11 93 Flschungen – Gewhrleistungsausschluss 5 5 – Haftung des Marktplatzbetreibers 6 29, 34 – markenrechtliche Behandlung 10 61 Fanny Hill (E) 14 18 Fantasiepreisempfehlungen 3 79 f. Federal Trade Commission (FTC) – Datenverarbeitung im Ausland 13 106 – Zusammenarbeit mit Bundeskartellamt 8 10 Fernabsatzrecht 4 80 ff. – Ausnahmen 4 84 – dauerhafte Datentrger 12 14 – Empfangsbesttigung 4 107 – Informationspflichten 4 85 ff.; 5 119 ff. – Internationales Privatrecht 11 105 – Finanzdienstleistungsrichtlinie 4 114 – persçnlicher Anwendungsbereich 4 81 – Rcksendungskosten 4 96 – sachlicher Anwendungsbereich 4 83 – Teilzahlungsgeschfte 4 113 – Unternehmereigenschaft 4 81 – Versandhausprivileg 4 113 – Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, ausschließliche 4 83 – Widerrufsbelehrung 4 95 – Widerrufsrecht 4 94 ff.; 5 119 s. auch dort Fernmeldegeheimnis 6 60 Fernunterrichtsvertrge 12 57 Filesharing-Systeme s. Tauschbçrsen Finanzdienstleistungsrichtlinie 4 114 – Widerrufsrecht 4 114 Finanzverwaltung – Datenzugriff 7 45 ff. – Wahlrecht bzgl. Art des Datenzugriffs 7 46 forum shopping – kartellbehçrdliches 8 30

Freistellung vom Kartellverbot nach § 4 Abs. 2 GWB – Anwendungspraxis des Bundeskartellamtes 8 50 – Ausschluss von Großunternehmen 8 50 – Beschaffungssysteme, zentrale 9 217 Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) 14 105 Freiwillige Selbstkontrolle MultimediaDiensteanbieter e.V. (FSM) 14 105 Fremdvergleichsgrundsatz 7 56 ff. – Dokumentation der Geschftsvorflle 7 63 – Dokumentationspflichten 7 64 – Fragmentierung 7 59 – gewinnorientierte Methoden 7 56 – Mangel an beobachtbaren Vergleichfllen 7 60 – Standardmethoden 7 56 Funktionelle Gquivalenz – Begriff 9 43 – Erçffnungstermin 9 197 – Sicherheitsbeitrag elektronische Signaturen 9 189 ff. – im Vergabeverfahren 9 43 – Verschlsselung von Angeboten 9 95 Fusionskontrolle 8 3, 4 – Covisint (E) 8 4, 24 – deutsches Fusionskontrollrecht s. Zusammenschlusskontrolle – Doppelprfung 8 24 – Eingreifkriterien 8 33 ff. – Europische Fusionskontrollverordnung (FKVO) s. dort – Geheimwettbewerb 8 38 f. – Gemeinschaftsunternehmen 8 25 – Grndung von Marktpltzen 8 23 – bei horizontalen Zusammenschlssen 8 38 ff. – Kontrollerwerb 8 24, 27 – Konzentrationsprivileg 8 25 – Lehre von der Doppelkontrolle 8 32 – MyAircraft.com (E) 8 3 – Schaffung effizienter Strukturen 8 22 – bei vertikalen Zusammenschlssen 8 36 f. – Zusammenschluss 8 27 Gambelli (E) 15 59 f. Garantie – Factoring 11 93 – und Internationales Privatrecht 11 92 ff. – warranties services 11 94

729

Stichwortverzeichnis Gateway-Pages s. Doorwaypages Gebot der weltanschaulichen Neutralitt 14 69 Gefahrenverdacht 14 8 Gemeinschaftsunternehmen 8 25 ff. – Fusionskontrollrecht, deutsches s. Zusammenschlusskontrolle – Fusionskontrollrecht, europisches 8 25 ff. – gemeinschaftsweite Bedeutung 8 28 – Kartellverbot 8 25, 29 – Kontrollerwerb 8 27 – kooperatives 8 29, 32 – konzentratives 8 29, 32 – Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen 8 31 f. – Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen 8 26, 32 – Zusammenschluss 8 27 Gerichtsstandsklauseln – Internationales Privatrecht 11 80, 88 f. Gerichtsstandsvereinbarungen – C2C-Vertrge 12 58 – dauerhafter Datentrger 12 14 – elektronische 12 12 ff. – E-Mail-Kommunikation 12 14 – Erfllungsortsvereinbarungen 12 38 – als Gepflogenheit 11 15 – Internationale Zustndigkeit 12 11 ff. – Internationales Verbraucherprozessrecht 12 53 – Internationales Wettbewerbsrecht 12 68 – Internationales Zivilprozessrecht 12 16 f. – UNJ 12 13 – in Verbrauchersachen 12 53 Geschlossene Benutzergruppen 14 65 ff. – Altersverifikationssysteme fr 14 66 – Anforderungsprofil 14 66 – Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang 14 66 – „Flucht in den Mediendienst“ 14 67 – Volljhrigkeitsprfung durch persçnlichen Kontakt 14 66 Geschftsmethoden – Patentierbarkeit 10 63 ff. – State Street Bank (E) 10 64 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb s. UWG Gesundheitskarte 9 178 Gewaltdarstellung 14 27 ff.

730

– in einer die Menschenwrde verletzenden Weise 14 29, 37 Gewaltdarstellungsverbot 14 9, 27 ff., 54 – und Bestimmtheitsgrundsatz 14 30 – Gewaltttigkeiten gegen Menschen 14 30 – Gewaltverharmlosung 14 29, 33 – Gewaltverherrlichung 14 29, 32 – Gewaltttigkeiten gegen „menschenhnliche Wesen“ 14 30 – grausames Handeln 14 31 – Kriterium der „Selbstzweckhaftigkeit“ 14 35 – und Menschenwrde 14 29, 34 – Schilderung von Gewaltttigkeiten 14 30 f. Gewaltpornografie 14 14, 57 Gewaltverharmlosung 14 33 Gewaltverherrlichung 14 32 Gewerberecht – Anzeigepflicht 2 42 – Anwendbarkeit auf Online-Auktionen 2 1 ff.; 11 127 – Bußgeldpflichtigkeit bei Verstoß 2 7 – Erlaubnispflicht 2 20 ff., 45 ; 3 34 f.; 11 127, 129 – Genehmigungspflicht s. Gewerberecht, Erlaubnispflicht – Gewerbeuntersagung 2 44 – Internationales Privatrecht 11 3, 127 ff. – Kauf gegen Hçchstgebot 2 13 f. – Neuwarenversteigerung, Verbot der 3 36 – Organisationsgewalt 2 16 ff. – Plattformcharakter 2 17 f. – Preisangaben 3 29 ff. – Rechtsfolgen bei Verstoß 2 27 f. – Sperrungsverfgung 2 44 – Jbergebot, Mçglichkeit von 2 12 – Jberwachung 2 43 – Verstçße gegen 3 33 ff. – wechselseitiges Jberbieten 2 13 ff. Gewinnabgrenzung – bei Server-Betriebssttten 7 20 – Bewertung immaterieller Wirtschaftsgter 7 58 – Geschftschancen 7 58 – zwischen Stammhaus und Betriebssttte 7 22 – zwischen verbundenen Unternehmen 7 57 Gleichbehandlungsgebot – vergaberechtliches 9 76, 80

Stichwortverzeichnis Gl cksspiel, unerlaubtes 15 56 ff. – auslndische Angebote 15 58 f. – Gambelli (E) 15 59 f. – Strafbarkeit der Teilnehmer 15 98 – Verbotsirrtum 15 98 – Werbung 15 61 Government Procurement Agreement 9 10, 172 Grundrechte – Allgemeines Persçnlichkeitsrecht 13 3; 14 1 – Berufsfreiheit 13 156; 14 2, 26 – Fernmeldegeheimnis 6 60 – informationelle Selbstbestimmung, Recht auf 13 1, 3 f., 66, 93, 133, 137, 143 f. – Informationsfreiheit 13 56 – Kunstfreiheit 14 2 – Menschenwrde, Schutz der 13 3; 14 60 Gr ndung elektronischer Marktpltze 8 23 ff. – Covisint (E) 8 24 – Europische Fusionskontrollverordnung 8 26 – als Gemeinschaftsunternehmen 8 25 ff. – Kartellverbot 8 41 – Mega-Plattformen 8 40 – Nutzungszwangklauseln 8 61 Gruppenfreistellungsverordnung ber Vertikalvereinbarungen 8 63, 67, 86 ff. – aktiver Verkauf 8 87 f. – exklusiver Vertrieb 8 87 ff. – Marktmachtkriterium 8 86 – schwarze Liste 8 86 – selektiver Vertrieb 8 91 ff. – Vertriebsbindungen 8 86 ff. Haftung 5 1 ff. – Auskunftsansprche 6 52 ff. – deliktische ~ s. dort – des Marktplatzbetreibers s. dort – der Marktteilnehmer s. dort – Schadensberechnung 5 24a – Schadensnachweis 5 28 – Stçrerhaftung 5 33 s. auch dort Haftung des Marktplatzbetreibers – Access-Providing 5 26, 33, 47 – Angebotsverlngerung bei Systemausfall 5 51, 54 – Ausfall der Suchfunktionen 5 29

– fr benachteiligende AGB-Klauseln im Marktverhltnis 5 88 – Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte 6 64 – Beweislast 5 81 f. – fr Bewertungen 6 63 – Business-to-Business-Geschfte 5 162 ff. – Co-Shopping 5 155 ff. – deliktische ~ s. dort – fr eigene Einwahlknoten 5 47 – eigenverantwortlich durchgefhrte Auktionen 5 154 – Einkaufsplattformen 5 162 ff. – Fixschuld 5 26, 51 – formularmßiger Haftungsausschluss 55 – Garantiehaftung 5 6 – Gewhrleistungsausschluss 5 4 ff., 24 – Gewhrleistungsrisiken des MarktVertrages 5 85 ff. – fr Gtesiegel 5 109 f. – Gutschrift bei Systemausfall 5 51 ff. – Haftungsprivilegierungen des TDG 5 57, 79, 107; 6 5 ff. – fr Identittsprfung des Teilnehmers 5 109; 6 64 – bei Kenntnis von Sachmngeln 5 87 – Leistungsnderungsvorbehalt 5 38 – Netzstçrungen 5 46 – Nichteinstellen des Angebotes in den Online-Katalog 5 24 – Online-Katalog 5 6; 6 6 – Online-Shops 5 26, 160 f. – Organisationsverschulden 5 45 – Pflichten- und Risikoverteilungsklauseln 5 31 ff. – private Auktionen 5 154 – Produkthaftung 6 62 – fr Risiken des Vertrags zwischen den Marktteilnehmern 5 83 ff. – rufschdigende Rußerungen in Bewertungen 5 78 – Schadensberechnung 5 24a – Schadensersatzansprche des Nutzers 5 44, 51, 88, 100 – Schadensnachweis 5 28 – Stand der Technik 5 35 – Systemausfall 5 25 ff., 48 ff., 81 – Systemintegritt 5 38, 44 – technische Stçrungen 5 36 – Transport 5 118 – Treuhandmodelle 5 111 ff., 154

731

Stichwortverzeichnis – unternehmerischer Verkehr 5 40 – Verflschung des Auktionsablaufes 5 24, 58 f., 82 – Verfgbarkeitswerte 5 37 – Verkaufsplattformen 5 162 ff. – Wartungsarbeiten 5 41 ff. – Wertgutachten 5 118 – fr Zertifikate „geprfte Mitglieder“ und „Power-Seller“ 5 109 f. – Zusicherung von Eigenschaften 5 6 s. auch Vertragliche Pflichten des Marktplatzbetreibers ... Haftung der Teilnehmer – fr Falschbewertungen 5 138 ff. – Manipulationen des Handelsgeschehens 5 143 – negative Bewertungen 5 144 ff. – Sanktionen 5 141 ff. Haftungsprivilegierungen des TDG – Angebotsregistrierung als rechtsgeschftliche Erklrung 6 20 f. – Angestelltenverhltnisse 15 23 – Arbeitsmarktplatzbetreiber 15 49 – Aufsicht des Anbieters 6 51 – bei Bewertungssystemen 5 79, 138c; 13 147 – Bezugspunkt der Kenntnis 6 18 f. – Bundesagentur fr Arbeit 15 50 – Caching 6 7 – Darlegungs- und Beweislast 6 48 ff. – dogmatische Verortung im Strafrecht 15 20 ff. – dolus eventualis 6 16, 23 – E-Commerce-Richtlinie 6 8, 11, 16, 19, 26, 28 f., 35 f., 43b f. – bei Eingriffen Dritter in die Systemintegritt 5 57 – Filterprogramme 6 43c – fremde Inhalte 6 11 ff., 63 f. – und gewerberechtliche Erlaubnispflichtigkeit 2 23 f. – Hosting 6 5; 15 22, 49 – Informationsbegriff 6 9 – Jugendmedienschutz 14 10, 22, 90, 104 – Kenntnis 6 15 ff., 39 – Kenntniserlangung durch Abmahnung 6 30 f. – positive Kenntnis 6 16 f. – und pseudonyme Nutzung 6 14 – Prfpflicht auf Rechtswidrigkeit 6 44 ff. – Prfungs- Kontrollpflichten 6 10, 19, 37 f., 40, 42, 43 ff.

732

– Schadensersatzansprche 6 25 ff., 36, 43c – „Sich-zu-Eigen-machen“ 6 11 ff. – Stçrerhaftung 6 33 ff. – Strafrecht 15 20 ff. – tatschliche versus rechtsgeschftliche Kenntnis 6 22 ff. – Tauschbçrsen 15 67 – Unterordnungsverhltnisse 15 23 – Urheberrecht 6 8 – Verbot allgemeiner Jberwachungspflichten 6 29, 32, 37 ff., 43a – Vermittlung von Inhalten 6 7 – Zumutbarkeit der Sperrung des Zugangs 6 32, 43c, 43e – als Zurechnungsausschluss 15 21 Handlungsort 15 3 – Auseinanderfallen mit Erfolgsort 15 4 – Distanzdelikte 15 4 – Erfolgsdelikte 15 3 – Ttigkeitsdelikte 15 3 Harte Pornografie – absolutes Verbot 14 14, 55, 57 – Gewaltpornografie 14 14, 57 – Kinderpornografie 14 14, 57 – Tierpornografie 14 14, 57 Haust rgeschfte 12 56 Hehlerei 15 73 ff. – Absetzen 15 75 – Absatzerfolg 15 76 ff. – Tatobjekt Sache 15 73 – Vollendung bei Angebot in elektronischer Plattform 15 76 ff. – Vortat 15 74 Herkunftslandprinzip – Datenschutz 13 100 – E-Commerce-Richtline 11 123, 125 f., 130, 135 – Internationales Privatrecht 11 123, 125 f., 130, 135 – Strafrecht 15 14 Herkunftstuschung – Hyperlinks 10 52 – Suchmaschinen 10 52 – Jbernahme von Webshops und Produktkatalogen 10 51 Hersteller – bei Auftragserstellung von Datenbanken 10 21 – Datenbanken 10 20 – Mithersteller 10 21 – relevantes Risiko 10 21

Stichwortverzeichnis Hinweispflichten s. Informationspflichten Hollndische Auktion 5 108; 11 66 Hyperlinks – Allgemeininteresse 10 35 – auf AGB 4 120 – Datenbankherstellerrecht 10 28 ff. – Deep-Links, Zulssigkeit 10 30 ff. – direkte Rechtsverletzung 10 32 – Einwilligung 10 33 – Framing 3 7; 10 39 – Herkunftstuschung 10 52 – Inline-Links 10 38 – Frames 10 39 – Paperboy (E) 10 31 ff. – Rufausbeutung 10 54 – Wettbewerbsrecht 3 6 ff. – Wiedergabe, çffentliche 10 32 – Zugnglichmachung, çffentliche 10 32 Immaterialg terrecht – Internationale Zustndigkeit 12 69 – Internationales Privatrecht 11 3, 139 ff. – Steuerrecht 7 21 – und Wettbewerbsrecht 10 41 f. IMS Health (E) 8 80 Indizierte Angebote 14 64 Informationelle Selbstbestimmung, Recht auf 13 1, 3 f., 66, 93, 133, 137, 143 f. Informationsallokation und –distribution 9 7 Informationsaustausch – chinesische Mauern 8 55 – Geheimwettbewerb 8 53 – identifizierende Marktinformationsverfahren 8 53 – kartellrechtliche Beurteilung 8 52 ff. – Marktinformationssysteme 8 53 ff. – Preisbersichten und Versteigerungsmodalitten 8 57 ff. Informationsfreiheit 13 56 Informationspflichten – der Anbieter 4 92 – des Auktionsplattformbetreibers 4 7; 5 43, 55, 83, 89 ff. – der Auktionsteilnehmer 5 121 f.; 11 86 – ber besondere Auktionsformen 5 108 – Co-Shopping 4 99 – datenschutzrechtliche 13 38 ff., 72, 83 ff., 124, 131, 133, 160 – Fernabsatzrecht 4 85 ff.; 5 119 f.

– Form des Hinweises 4 89 – Haftung fr fehlerhafte Aufklrung 5 100 – des Maklers 5 88 – nachtrgliche 9 149 f. – nachvertragliche 4 89 – Pflichtangaben 4 86 – Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung 9 137 – auf Risiken und Vorteile der OnlineAuktion 5 96 – Systemausflle 5 55 – Teilnahmevertrge 4 99 – Transparenzgebot 4 86 – vergaberechtliche 9 2, 137 – vorvertragliche 4 88 – bei Wartungsarbeiten 5 43 – Widerrufsbelehrung 4 95; 13 72, 131, 133 – Zeitpunkt 4 90 – Zuschlag 9 137 Informationsrechte 9 2 Informationssammlungen – Akquisitionsttigkeit 10 46 – wettbewerbsrechtlicher Schutz 10 44 – Informationsdienst (E) 10 44 Informationssteuerung – durch Vergaberecht 9 2 Inhaltskontrolle – Abweichung vom gesetzlichen Leitbild 4 146 ff. – Auktionszeitraum, Vernderungen 4 164 – Erklrungsfiktion 4 144 – Glcksspiel 4 158 – Kontrollfreiheit von Abschlussklauseln 4 141 – Rahmenbedingungen, technisch-organisatorische 4 151 – Transparenzgebot 4 142 – Umdeutungsklausel 4 145 – Vertragabschlussklauseln 4 141 ff. – Widerrufsvorbehalt 4 163 – Zurckweisung von Angeboten 4 165 In-House-Beschaffungsstellen 9 207 International Competition Network (ICN) 8 10 Internationale Zustndigkeit – allgemeiner Gerichtsstand 12 23 ff. – B2B-Vertrge 12 11 ff. – B2C-Vertge 12 6 ff., 42 ff. – C2C-Vertrge 12 58 – Deliktsgerichtsstand 12 61 f.

733

Stichwortverzeichnis – – – –

effektiver Verwaltungssitz 12 25 Eilverfahren 12 2 Erbringungsort 12 29 Erfllungsortsgerichtsstand 12 26 ff., 33 ff. – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 11 ff. – Immaterialgterstreitigkeiten 12 69 – Lieferungsort 12 28 – Niederlassungsgerichtsstand 12 39 f., 60 – prozessualer Erfllungsortbegriff 12 27 – Schiedsklauseln s. dort – Sitzbegriff 12 25 – Tessili-Rechtsprechung 12 33 ff. – Jbersicht 12 1 ff. – UNCITRAL Model Law 12 5 – UNJ 12 4 f., 7, 13 – Verbraucherprozessrecht 12 42 ff. – Vermçgensgerichtsstand 12 41 – Webseite 12 47 ff. – Wettbewerbsstreitigkeiten 12 59 ff. – Wohnsitzbestimmung 12 23, 51 Internationales Immaterialg terrecht 11 139 ff.; 12 69 – Deliktsgerichtsstand 12 69 – Erfolgsort 12 69 – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 69 – Handlungsort 12 69 – Internationale Zustndigkeit 12 69 – Qualifikation 11 142 – Schiedsvereinbarungen 12 69 – Schutzlandprinzip 11 139, 141 – Universalittsprinzip 11 140 – Zustndigkeit staatlicher Gerichte 12 69 Internationales Privatrecht (IPR) – Abschlussort 11 6, 71, 108 – AGB, Einbeziehenskontrolle von 11 48, 51 ff. – akzessorische Anknpfung 11 77, 94, 100, 141 – Ansssigkeit der Vertragsparteien 11 6 f. – Ausschreibungen 11 3, 71 ff., 98 – berufliche Ttigkeit 11 60, 82 – Caching 11 130 – charakteristische Leistung 11 59, 90 – CISG 11 12, 14, 21, 66 ff., 73 – click wrap agreement 11 29, 48 – Co-Shopping 11 3, 17, 74 f. – Dienstleistungsbegriff 11 13, 78

734

– Disclaimer 11 32 ff., 37 f., 85 – E-Commerce-Richtlinie 11 3, 123 ff., 130, 135 – Eigentumsbergang 11 76 – Eigenversteigerung 11 42, 50, 65, 127 – Eindruck, ußerlich erweckter 11 21 ff. – Eingriffsrecht 11 49 – E-Mail-Adresse 11 22, 122 – Empfangsvollmacht 11 116 f. – EuGVJ 11 18, 64, 123 f. – EuGVVO 11 64, 123, 123 f. – EVJ 11 2, 18, 21, 82, 103, 120, 123 f. – Factoring 11 93 – Ferienaufenthalte im Hotel 11 15 – Fernabsatzrecht 11 105 – Formanknpfung 11 106 ff. – Fremdversteigerung 11 43, 51 ff., 59 ff., 78 ff. – Fremdtreuhnder 11 99 – Garantien 11 92 ff. – geographische Beschrnkung der Teilnahmeberechtigung 11 85 f. – Gerichtsstandsklauseln 11 80, 88 f. – Gesamtverweisung 11 119 – geschlossenes System 11 95 – Gewerberecht 11 3, 127 ff. – gewerbliche Ttigkeit 11 60, 82 – gewçhnlicher Aufenthalt 11 45 – Gnstigkeitsvergleich 11 46, 49, 78, 107 – Handelsunternehmen 11 61 – Herkunftslandprinzip 11 123, 125 f., 130, 135 – hollndische Auktion 5 108; 11 66 – Idealverein 11 61 – Inhaltskontrolle der Rechtswahlvereinbarung 11 49 – Internationale Zustndigkeit s. dort – Internationales Deliktsrecht 11 131 f., 141 – Internationales Immaterialgterrecht 11 3, 139 ff. – Internationales Schuldvertragsrecht 11 2 ff., 115, 125, 128 – Internationales Verbraucherprozessrecht 12 42 ff. – Internationales Wettbewerbsrecht 11 28, 131 f. – Kaufmannseigenschaft 11 81 – Kollision von Rechtswahlklauseln 11 57 – Kommissionsauftrge 11 91, 97

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

LugJ 11 64, 124 Mailbox 11 42 Marktortanknpfung 11 131 ff. Mitteilungspflichten des Kunden 11 86 Multistate-Wettbewerb 11 131 neutrales Recht 11 47 Niederlassung 11 35, 59, 62, 64 f., 71, 90, 99, 112 f., 117, 126, 130, 135 Niederlassungsprinzip 11 130 objektive Anknpfung 11 59 ff., 65 ff., 72 objektive Auslandsbeziehung 11 5 offenes System 11 96 çffentliche Versteigerung 11 63 Parteivereinbarungen 11 4 Preisangabenverordnung 11 137 private Ttigkeit 11 61 privater Endkunde 11 16 Privaterwerb 11 20 Rechtsanwendungsrisiko des Unternehmers 11 28 f., 34 Rechts- und Geschftsfhigkeit 11 3, 118 ff. Rechtswahlbeschrnkung 11 44 ff. Rechtswahlfreiheit 11 5, 47, 87, 98 Rechtswahlklauseln 11 1, 5, 44 ff., 50 ff., 78 ff., 87 ff., 101, 114 f. Reichweitenvorteile des Internet 11 28, 31 Restpltze auf Flugzeugen 11 15 Rom I-VO 11 123 Serverstandort 11 8, 90, 130 situative Anwendungsvoraussetzungen 11 25, 78, 80, 82 f., 97, 102 Software 11 12 Sprachrisiko 11 48 Stellvertretung 11 9, 39, 109, 111 stillschweigende Rechtswahl 11 53 ff., 88 ff., 115 Treuhandauftrge 11 99 ff. Jbersicht 11 1 ff. Umweltrecht 11 83 Unternehmer 11 18, 41 f., 56 Verbraucherschutzrichtlinien 11 16, 105 Verbrauchervertrge 11 3, 11 f., 14, 17 ff., 21, 24, 31, 40 ff., 44, 82, 86, 104, 107 Versteigerungsbegriff 11 66 Versteigerungsort 11 63, 71, 129 f. VerstV 11 106, 127 Vertragsabschlussmarkt 11 25, 28, 112

– Vertragserklrung des Verbrauchers 11 40 – Vertragsklauseln 11 5 – Vertragspartnerermittlung 11 24 – Verweisung, materiellrechtliche 11 5 – Vickrey-Auktion 11 66 – warranties services 11 94 – Webseite 11 27, 90, 97, 103, 133 – Werbung 11 26 ff., 135 – Wettbewerbsrecht 11 131 ff. – Zurechnung von Webseiten 11 35 ff. – Zwangsversteigerung 11 63 Internationales Schuldvertragsrecht 11 2 ff., 115, 125, 128 Internationales Verbraucherprozessrecht 12 42 ff. – Abgrenzungskriterium 12 54 – Beklagtengerichtsstand 12 52 – Deutsches ~ 12 56 f. – Hotelleistungen im Ausland 12 46 – Internet-Shopping 12 45 – Klgergerichtsstand 12 51 – Niederlassung 12 53 – Online-Auktionen 12 45 f. – Pauschalreisen 12 46 – Ratenzahlungsgeschfte 12 46 – situative Voraussetzungen 12 47 ff. – Sprachkurse im Ausland 12 46 – Suchmaschinen 12 49 – Unterschiede zum IPR 12 43 ff. – Vertragserklrung des Verbrauchers 12 44 – Webseite 12 47 ff. – Wohnsitzbegriff 12 51 Internationales Wettbewerbsrecht 11 131 ff. – E-Commerce-Richtlinie 11 135 – einstweiliger Rechtsschutz 12 67 f. – Erfolgsort 12 64 – exorbitanter Gerichtsstand 12 67 – Folgeschden 12 64 – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 68 – Handlungsort 12 63 – Herkunftslandanknpfung 11 135 – Herkunftslandprinzip 11 135 – kçrperlicher Aufenthalt 12 60 – Marktortanknpfung 11 131 ff.; 12 52, 62, 65 f. – Marktsteuerung 11 136 – Mosaikprinzip 12 64 – Niederlassungsort 12 60 – çffentlich-rechtliche Erfordernisse 11 138

735

Stichwortverzeichnis – – – – – – – –

Online-Auktionshuser 12 63 Online-Werbung Preisangabenverordnung 11 137 Sprbarkeitskriterium 11 133; 12 66 Ubiquittsprinzip 12 62 Unterlassungsansprche 12 59 Vermçgensschden 12 64 Webseite, objektive Ausrichtung 11 133; 12 66 – Wettbewerbsprozessrecht 12 59 ff. – Wohnsitzanknpfung 12 59 Internationales Zivilprozessrecht 12 16 f. Internet-Auktionen s. Online-Auktionen Internethandel mit Ton- und Bildtrgern 14 51 Internet-Server s. Server Inverse Auktionen – aleatorischer Reiz 3 51 ff. – Ausschreibungen 1 16 ff.; 3 50 – Bezeichnung als Versteigerung 3 59 – Charakteristika 9 222 ff. – Definition 9 235 – Genehmigungspflicht 2 46 – Gewerberecht, Anwendbarkeit auf 2 15, 19, 46 – Grundlagen 1 4, 15 ff. – als Instrument dynamischer Preisfindung 9 225 – Kartellbildungsgefahr 9 232 – Lizitation 9 226 – Preissenkungen, angekndigte lineare 1 20; 3 51 ff. – preisangabenrechtliche Zulssigkeit 3 56 – Rabattgesetz 3 50 f. – als Teil des Vergabeverfahrens 9 227 ff. – Unterschied zu reverse auction 9 224 – Versteigerung, Bezeichnung als 3 59 – Wettbewerbsverstçße 3 57 ff. – Vergaberecht 9 222 – Zeitfaktor 3 54 Investitionen – Allerweltsinvestitionen, Ausschluss 10 19 – Umfang 10 19 – wesentliche, Datenbankherstellerrecht 10 18 IP-Adresse 4 65; 8 17; 13 14, 18, 59, 78, 113, 131 Irref hrende Werbung 3 77 ff.; 6 5; 15 26 ff.

736

– Anbieten von Produkten 15 80 – Angaben ber geschftliche Verhltnisse 15 27 – Anschein eines besonders gnstigen Angebots 15 35 f. – Bekanntmachung, çffentliche 15 26 – bester Preis 3 77 f. – Domain-Namen 3 10 f. – Fantasiepreisempfehlungen 3 79 – Garantenstellung 15 33 – geschftliche Verhltnisse 15 31 f. – Irrefhrung, Geeignetheit zur 15 28 ff., 34 – Mondpreisempfehlung 3 80 – Unterlassen 15 33 – Unwahrheit 15 28 ff. Irrtum – Abgrenzung Erklrungs-/Jbermittlungsirrtum 4 75 – Eingabefehler 4 70 – Erklrungsirrtum 4 70 – Identittsirrtum 4 77 – Inhaltsirrtum 4 71 – Jbertragungsirrtum 4 72 s. auch Anfechtung ... Jobcard 9 178 joint ventures 8 25 ff. s. auch Gemeinschaftsunternehmen ... Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) – Abgrenzung zum JuSchG 14 47 – Beurteilungsspielraum der Freiwilligen Selbstkontrolle 14 104 – Bußgeld- und Strafvorschriften 14 109 f. – Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle 14 104 – entwicklungsbeeintrchtigende Angebote 14 68 ff. – Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) 14 105 – Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) 14 93 – Gewaltdarstellungsverbot 14 54 ff. – geschlossene Benutzergruppen 14 46, 65 ff. – Hinweispflicht 14 114 – indizierte Angebote 14 64 – Jugendschutzbeauftragter 14 87 ff. – „jugendschutz.net“ 14 97 ff. – Jugendschutzprogramme 14 73

Stichwortverzeichnis – Kennzeichnungspflicht bei Telemedien 14 95 ff. – Kinderpornografie 14 57 – Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM) 14 23, 53, 66 – Kriegsverherrlichung 14 59 – Landesmedienanstalt(en) 14 53, 67, 73, 98 f., 102, 106 f., 109 – Menschenwrdeverletzung 14 60 – Ordnungswidrigkeiten 14 109 f. – Posendarstellungen Minderjhriger 14 61 – regulierte Selbstregulierung 14 10, 43 – Rundfunk 14 43 f., 46 f., 54, 65, 67, 77, 78, 98 – Strafvorschriften 14 109 f. – Tauschbçrsen 14 49 f. – Telemedien 14 44 – Teleshopping 14 49, 78 ff. – Trennungsgebot 14 76, 83 – unzulssige Angebote 14 54 ff. – Verantwortlichkeit der Anbieter nach dem JMStV 14 53 ff. – Volksverhetzung 14 36 ff., 55 – Werbung 14 78 ff. Jugendschutz – Allgemeines Persçnlichkeitsrecht 14 1 – Aufsichtsmaßnahmen 14 102 ff. – bei Telemedien 14 44 – bei Trgermedien 14 45 – Einschtzungsprrogative 14 7 f., 17, 27 – und Elternverantwortung 14 3 – Gewaltdarstellungsverbot 14 9, 27 – Grenzen, verfassungsrechtliche 14 2 – Medienwirkung 14 6 – Pornografieverbot 14 9 – Recht auf „Personwerden“ 14 1 – Risikohypothese 14 7 – strafrechtlicher 14 9 ff. – Verfassungsrang 14 1 – verfassungsrechtlicher Auftrag an den Staat 14 1 – Volksverhetzung 14 36 Jugendschutzbeauftragter 14 87 ff. – Bestellpflicht 14 10, 87 f. – Delegation auf Selbstkontrolleinrichtung 14 92 – Enthaftungsfunktion 14 89 – Fachkunde, erforderliche 14 94 – Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. 14 93

– Haftungsrisiko fr Host-Service-Provider 14 90 – Ombudsfunktion 14 89 – Privilegierung fr Anbieter von Telemedien 14 90 Jugendschutzgesetz (JuSchG) 14 45, 111 ff. – Abgrenzung zum JMStV 14 47 – Begriff der „Iffentlichkeit“ 14 112, 119 – Bundesprfstelle 14 45, 64 – Bußgeld- und Strafvorschriften 14 121 – Distributionsbeschrnkungen und –verbote 14 11 – Kennzeichnungspflicht bei Trgermedien 14 115 – Kinderpornografie 14 116 – Internethandel mit Ton- und Bildtrgern 14 51, 111 – Online-Gewinnspiele 14 118 ff. – Online-Versandbestellung 14 112 – Posendarstellungen Minderjhriger 14 116 – Trgermedien 14 111, 116 „jugendschutz.net“ 14 10, 97 ff. – Kooperation mit Nutzern und Anbietern 14 97 – Notice-and-take-down-Verfahren 14 100 – organisatorische Anbindung an KJM 14 98 – positive Kenntnis durch Abmahnung 14 100 Jugendschutzprogramme 14 73 – Akzeptanz in der Bevçlkerung 14 73 – Anerkennung durch die KJM 14 73 – Filter-, Abblock- und Bewertungssysteme 14 73 – Usability 14 73 Kartellrecht 8 1 ff. – Ancillary-restraints-Bekanntmachung 8 62 – Anwendbarkeit auf Internetsachverhalte 8 5 ff., 9 ff. s. auch dort – Bedarfsmarktkonzept 8 12, 20 – Beobachtungsvorbehalt 8 2 – Beschaffungssysteme, zentrale 9 217 – Betrieb elektronischer Marktpltze 8 42 ff. – Bundeskartellamt s. dort – Competition Compliance-Programme 8 60

737

Stichwortverzeichnis – deutsche Zusammenschlusskontrolle 8 31 – Essential-facilities-Lehre 8 71 – Europische Fusionskontrollverordnung 8 26 ff. s. auch dort – forum shopping 8 30 – Fusionskontrollverfahren 8 3, 4 – Gemeinschaftsunternehmen 8 25 – Grndung elektronischer Marktpltze s. dort – Gruppenfreistellungsverordnung ber Vertikalvereinbarungen 8 63, 67, 86 – Informationsaustausch 8 52 ff. s. auch dort – International Competition Network (ICN) 8 10 – Kartellverbot 8 23 f. s. auch dort – Koppelungsverbot 6 54; 13 93 – Lehre von der Doppelkontrolle 8 32 – Marktabgrenzung s. dort – marktbeherrschende Stellung s. dort – Marktinformationssysteme 8 53 ff. – Marktzutrittsschranken s. dort – Mega-Plattformen 8 40 – Mitarbeiterschulung 8 60 – Monopol, natrliches 8 7 – Monopolstellung, Missbrauch einer 13 93 – Nachfragebndelung 8 43 ff. – Nutzungszwang 8 61 ff. s. auch dort – çkonomische Besonderheiten im Internet 8 6 s. auch dort – Offenlegungspflichten, Voraussetzungen 8 81 – Preismissbrauch 8 7 – Preispublizitt 8 58 – Preisbersichten und Versteigerungsmodalitten 8 57 ff. – Standardisierung 8 74 ff. – Verhltnis von europischem und deutschem 8 2 – Vertriebsbindungen 8 83 ff. s. auch dort – WTO 8 9 – Zugang zum Marktplatz 8 68 ff. – Zusammenschluss 8 24, 27 – Zustndigkeit 8 9 ff. s. auch dort – Zutrittsschranken 8 3 Kartellverbot – 15-Prozent-Schwelle 8 45 ff., 85 – Ad-hoc-Bndelung 8 47 f. – Ausnahmen 8 45, 76 – Bagatellbekanntmachung des Bundeskartellamtes 8 48

738

– bei Grndung elektronischer Marktpltze 8 41 – deutsches 8 48 ff. – Doppelkontrolle 8 29 – europisches 8 29, 44 ff. – Freistellung 8 49 s. auch dort – im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens 8 29 – Konzentrationsprivileg 8 25 – Kooperationsleitlinien der Europischen Kommission 8 75 – Lehre von der Doppelkontrolle 8 32 – Lockerung 8 45 – Nachfragebndelung 8 44 – Sprbarkeit der Beschrnkung 8 48 – Standardisierung 8 75 ff. – Verstoß, Rechtsfolgen 8 69 – Vertriebsbindungen 8 85 ff. – Voraussetzung der sprbaren Wettbewerbsbeschrnkung 8 25 – Zugangsauschluss 8 69 Katalogbildfreiheit – Einstellen von Auktionsangeboten 10 55 Kataloge, elektronische – Einstellen von Produkten 4 8 – Multilieferantenkataloge 4 2 – Vertragsschluss 4 49 ff. Kaufhaus des Bundes 9 210 Kaufvertrag – Kauf gegen Hçchstgebot 4 25 – Sofortkauf 4 25 Kennzeichnungspflicht 14 95 ff. – Anforderungen an 14 96 – als Hinweispflicht 14 95 – bei Telemedien 14 96 – bei Trgermedien 14 96 – Verstoß gegen 3 15; 14 96 – Wechselseitigkeit von JMStV und JuSchG 14 95 Keyword-Advertising 3 21 Keyword-Buying 3 8 Keyword-Stuffing 3 20 Kinderpornografie – Besitzverschaffung fr einen Dritten 14 14 – Kunstvorbehalt 14 63 – Sich-Verschaffung 14 14 Kommission f r Jugendmedienschutz (KJM) 14 23, 53, 66, 98 f. – Aufgabe bei aufsichtsrechtlichen Maßnahmen 14 102 Kommissionsvertrag

Stichwortverzeichnis – Auktionshaus 4 12 – Internationales Privatrecht 11 91, 97 Kommunikationsgrundrechte – als Grenze des Jugendschutzes 14 2 Konfrontationsschutz 14 15 Konvergenz (der Medien) – und Jugendschutz 14 5, 24, 46 Konzentrationsprivileg 8 25 Korruptionsbekmpfung – Kontrollinstrumente, klassische 9 201 – Vergaberecht 9 200 ff. Kriegsverherrlichung 14 59 K ndigung des Teilnehmers 5 153; 6 21 K ndigungsfrist 5 153 Kunstfreiheit – als Grenze des Jugendschutzes 14 2 Landesmedienanstalt(en) 14 53, 67, 73, 98 f., 102, 106 f., 109 – Durchsetzung von Aufsichtsmaßnahmen 14 102 – Handeln ber die KJM 14 102 – Personalgewalt ber „jugendschutz.net“ 14 98 – Vorprfung entwicklungsbeeintrchtigender Angebote 14 99 Lehre von der Doppelkontrolle 8 32 Leistungsort – und Umsatzsteuer 7 37 ff. Live-Darbietungen – „Echtzeitbertragungen“ 14 28 Luganer Ebereinkommen ber die gerichtliche Zustndigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1968 s. LugJ LugE – Abgrenzung zur E-Commerce-Richtlinie 11 124 – allgemeiner Gerichtsstand 12 23, 25 – besonderer Gerichtsstand des Erfllungsortes 12 31, 33, 35 f., 38 – elektronische Gerichtsstandsvereinbarungen 12 13 ff. – Gerichtsstandsvereinbarung durch AGB 12 18 – Gerichtsstandsvereinbarungen im B2B-Bereich 12 12 ff. – Internationale Zustndigkeit bei Immaterialgterrechtsverletzungen 12 69 – Internationale Zustndigkeit im C2C-Bereich 12 58

– Internationale Zustndigkeit im Verbraucherprozessrecht 12 42 ff., 46, 51 ff. – Internationale Zustndigkeit in Wettbewerbssachen 12 59, 61, 63, 65, 67 f. – Niederlassungsbegriff 11 64 – Niederlassungsgerichtsstand 12 39, 41 – Schiedsklauseln im B2C-Bereich 12 7 Magill (E) 8 80 Mailbox 11 42; 12 14 Maklervertrag – Abschlussfreiheit, eingeschrnkte 4 9 – Aufklrungs- und Treuepflichten 5 88 f., 96, 101 f., 106 – Aufwendungserstattung, erfolgsunabhngige 4 10 – Dauerschuldcharakter 4 7; 5 15 – Dokumentationspflichten 5 80 – einfacher Alleinauftrag 5 132 – Handelsmaklervertrag 4 6; 5 20, 89 – Leitbild, gesetzliches 4 156; 5 17, 33 – Maklerdienstvertrag 4 7, 9 ff.; 5 15 ff., 20, 33 f., 154; 6 21 – Pauschalierungen, Aufwendungen 4 10 – Prfpflicht auf Rechtswidrigkeit 6 44 – Prfungs- und Kontrollpflichten 6 10, 19, 37 f., 40 f., 43 ff. – qualifizierter Alleinauftrag 5 132 – Teilnahmevertrag bei Online-Auktionen 4 7; 5 15 f., 33 – Zivilmaklervertrag 4 6 – Zusatzleistungen, vertragsrechtliche Behandlung 4 11 Mantelbogenverfahren 9 86 Markenrecht – Auskunftsanspruch 6 56 – Flschungen 10 61 – Einstellen von Auktionsangeboten 10 58 ff. – Erschçpfungsgrundsatz 6 43c; 10 61 – Haftungsprivilegierungen des TDG 6 8, 17 f., 29 – Handeln im geschftlichen Verkehr 10 59 – Internationale Zustndigkeit 12 69 – Keyword-Advertising 3 21 – Keyword-Stuffing 3 20 – Meta-Tags 3 19 – Nutzung fremder Markennamen 3 17 f.; 6 64 – Schutzumfang 10 59

739

Stichwortverzeichnis – Sperrung bei Verstçßen 5 148 – Stçrerhaftung 6 41, 43c, 43e, 45; 10 58 – Verletzungshandlungen 10 60 – Verstçße 3 17 ff. – Verwechslungsgefahr 10 59 Marktanbieter – Strafbarkeit s. dort Marktabgrenzung 8 11 ff. – Abgrenzung traditioneller von Internet-Mrkten 8 14 – Austauschbarkeit als Kriterium 8 21 – Bedarfsmarktkonzept 8 12, 20 – genuine Internet-Mrkte 8 16 f. – Handelshemmnisse 8 19 – Hauptabsatzgebiet 8 12 – Infrastruktur-Mrkte 8 16 – im Internet 8 13 ff. – Internet-Plattformen 8 18 ff. – Konsolidierungsprozesse 8 22, 40 – Produktmarkt 8 19 – rumliche 8 12, 19 – sachliche 8 12, 20 – staatliche Regulierung 8 19 – Transaktionsleistungen 8 21 – Transportkosten 8 19 Marktbeherrschende Stellung – Begrndung oder Verstrkung 8 34, 36 – Covisint (E) 8 4 – Essential-facilities-Lehre 8 71, 81 – Europische Fusionskontrollverordnung 8 34 – Geheimwettbewerb 8 38 f. – Herstellung einer wettbewerblichen Einheit 8 38 – IMS-Health (E) 8 80 – Konsolidierungsprozesse 8 22, 40 – leveraging 8 7 – Magill (E) 8 80 – Mega-Plattformen – Microsoft (E) 8 80 – Missbrauch 8 7, 70, 78 – Missbrauch von De-facto-Standards 8 78 ff. – Missbrauchsvoraussetzungen bei Standards 8 80 – Offenlegungspflichten, Voraussetzungen 8 80 f. – bei vertikalen Zusammenschlssen 8 36 – Zugangbeschrnkungen bei Marktpltzen 8 70

740

Marktinformationssysteme 8 53 ff. – chinesische Mauern 8 55 – identifizierende 8 53 – nichtidentifizierende 8 54 – Volbroker-Plattform 8 55 Marktortankn pfung 11 131 ff. Marktplatz, elektronischer – Anspruch auf Zugang 8 68 ff. – Auskunftsansprche 6 52 ff. – B2B (Business to Business) 5 162 ff.; 8 1, 3, 6 – B2C (Business to Consumer) 5 12 ff.; 8 1 – Benutzung durch vom Nutzer ermchtigte Dritte 5 128 – branchenspezifischer 8 4 – branchenbergreifender 8 4 – Datenschutzrecht 13 6 f., 111 ff. – Definition 1 1; 13 6 – als Dienstleistungsmarkt 8 18 – Einkaufsplattformen 5 162 ff. – geschlossener 1 2 – Grundlagen 1 1 ff. – Grndung 8 23 ff. s. auch dort – horizontaler 1 2; 8 4 – als immaterielles Wirtschaftsgut 7 18 – Infrastruktur 8 18 – kartellrechtliche Unbedenklichkeit 82 – Konsolidierungsprozesse 8 22, 40 – Kndigung von Teilnehmern 5 153 – Lçschung von falschen Bewertungen 5 138c – Marktabgrenzung 8 18 ff. – als Mediendienst 13 7 – Mega-Plattformen 8 40 – offener 1 2 – Online-Shops 5 160 f. – Preispublizitt 8 58 – sachliche Zugangsbeschrnkungen 8 68 – Sicherheitsanforderungen, datenschutzrechtliche 13 52 – Sperrung von Teilnehmern 5 141 ff. – Stçrerbegriff 6 46 – als Teledienst 6 4, 53, 59; 13 7, 25 f. – Transaktionsvertrag 4 17 ff. s. auch dort – Verbraucherschutz 4 1 ff. – Verkaufsplattformen 5 162 ff. – vertikaler 1 2; 8 4 – Vertragsschluss 4 1 ff. – Vertrag zwischen Teilnehmern s. Transaktionsvertrag

Stichwortverzeichnis – Zugang, kartellrechtliche Problemfelder 8 68 ff. – Zulassungsrestriktionen gegenber Marktteilnehmern 8 68 ff. Marktplatzbetreiber – Abrechnung 15 16 – Abwicklung fr anonyme Nutzer 13 63 – AGB 11 51 ff.; 4 115 – als Anbieter iSd. Urheberrechts 10 56 – anonymisierte und pseudonymisierte Nutzung 13 59 – Arbeitsmarktpltze 15 49 – Auskunftsansprche 6 52 ff. – Beziehungen zu den Teilnehmern 5 11 – Bundesagentur fr Arbeit 15 50 – als cheapest cost avoider 4 68 – Datenverarbeitung im Ausland 13 98, 107, 109 – fremde Inhalte 6 11 ff., 63 f. – Haftung s. Haftung des Marktplatzbetreibers – Identittsfeststellung des Nutzers 6 64; 13 64 – Informationspflichten 4 7; 5 83, 89 ff., 119 f. – Internationales Immaterialgterrecht 11 139 ff. – Internationales Privatrecht 11 9, 28 f. – Missbrauchsrisiko, Zurechnung 4 68 – Nebenpflichten, vertragliche 4 78 ff.; 5 8, 89 ff. – Online-Shops 5 26, 160 f. – Online-Spiele 15 56 ff. – Organisationspflichten 4 7 – Produkthaftung 6 62 – Provisionsmodell 15 16, 18 – Prfpflicht auf Rechtswidrigkeit 6 44 ff. – Prfungs- Kontrollpflichten 6 10, 19, 37 f., 40 f., 43 ff. – Stellvertretung 11 9, 39 – Stçrerbegriff 6 46 – Stçrerhaftung 6 42; 10 56 f. – Strafbarkeit s. dort – TDG 5 57, 79, 138c; 6 4 ff.; 15 20 ff. – als Telediensteabieter 6 4, 53, 59; 13 7, 26 – als Treuhnder 5 111 ff. – umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistung 7 42 ff. – Verfgungsmacht ber Server 7 19 – vertragliche Pflichten 4 7; 5 12 ff., s. auch dort

– Vertragsbeziehungen zu den Teilnehmern 4 3 ff. – Wartung 15 16 – Zurechnung der Webseite 11 35 ff. – Zusatzleistungen 5 111 ff. s. auch E-Commerce ... Markttransparenz 5 29; 9 2 Marktvertrag – abweichende AGB im Teilnahmevertrag 4 139 – AGB des Marktplatzbetreibers 4 115 ff. – Einbeziehung von AGB ber Teilnahmevertrag 4 123 ff. – erfolgsunabhngige Vergtung 5 17 ff. – Fernabsatzrecht 5 119 – als gemischter Vertrag 5 22 – Gewhrleistung 5 8 ff. – als Kaufvertrag 4 17 – Leistungsstçrungen 5 8 ff. – Minderjhrigenschutz 5 125 – Nebenpflichten des Marktplatzbetreibers 5 8, 89 ff. – verfahrensbezogene Pflichten des Auktionshauses 4 110 – als Versteigerung 4 18 ff. – Vertragsabwicklungsklauseln in den Plattform-AGB, Wirkung 4 137 ff. – Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht 5 119 Marktzutrittsschranken 8 7 Matching-Systeme s. Online-Bçrsen Media@Komm 9 14 Medienwirkung 14 6 – Einschtzungsprrogative 14 7, 17 – Risikohypothese 14 7 – Wirkungsforschung 14 6, 27 – Wirkungsrisiko 14 7, 17 Menschenw rde, Schutz der 13 3; 14 60 Menschenw rdeverletzung – Darstellungen von Hinrichtungen 14 60 – Kriegsbilder 14 60 – Wiedergabe eines tatschlichen Geschehens 14 60 Meta-Tags 3 19 Microsoft (E) 8 80 Missbrauch – des Accounts bei Online-Auktionen 4 67 – Missbrauchserkennung 13 150, 165 – Risiko 4 68

741

Stichwortverzeichnis Mitteilungspflichten – des Auktionsteilnehmers 5 123 f.; 11 86 Mondpreis 3 51, 80 Monopol – natrliches 8 7 – Verhinderung durch Vergaberecht 9 2 Multistate-Beschrnkungen 8 9 My Aircraft.com (E) 8 64 Nachfrageb ndelung 8 43 ff. – 15-Prozent-Schwelle 8 45 ff. – Ad-hoc-Bndelung 8 43, 47 – Bagatellbekanntmachung 8 48 – fr branchenspezifische Produkte 8 47 – deutsches Recht 8 48 ff. – fr direkte Vorprodukte 8 47 – europisches Recht 8 44 ff. – Freistellung vom Kartellverbot 8 49 – Kartellverbot 8 44 ff. Nebenpflichten – des Marktplatzbetreibers 4 78 ff. New Yorker Ebereinkommen ber die Anerkennung und Vollstreckung auslndischer Schiedsspr che vom 10.6.1958 s. UNJ Niederlassung – Begriff 11 64; 12 39 f. – funktionelle Unterordnung 12 40 – Herkunftslandanknpfung 11 130, 135 – Internationale Zustndigkeit 12 24, 39 f., 53, 60 – Internationales Privatrecht 11 35, 59, 62, 64 f., 71, 90, 99, 112 f., 117, 126, 130, 135 – Niederlassungsprinzip 11 130 – Online-Auktionshaus 12 40 – Tochtergesellschaft 12 40 – Webseite als 11 90 Niederlassungsgerichtsstand 12 39 f. Nutzungsrechtseinrumung – Bereitstellung technisch-organisatorischer Rahmenbedingungen 4 79 – Einstellen von Auktionsangeboten 10 55 Nutzungszwang 8 61 ff. – AGB-Kontrolle 8 67 – Ancillary-restraints-Bekanntmachung 8 62 – Erforderlichkeit von Einzel- oder Gruppenfreistellungen 8 61

742

– Exklusivittsklauseln von OnlineAuktionshusern 5 131, 134 f.; 8 65 ff. – Gruppenfreistellungsverordnung ber Vertikalvereinbarungen 8 63 – My Aircraft.com (E) 8 64 – Provisionsschneiderei 8 66 – zeitlich unbeschrnkter, Unzulssigkeit 8 66 OECD-Musterabkommen 7 12, 14 – Behandlung der Einrumung von Teilrechten 7 29 – Geschftsleitungsbetriebssttten 7 72 – Kommentarergnzung durch Fiskalausschuss 7 16 – Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung 7 66 – Qualifikation von Einknften aus E-Commerce 7 24 ff., 30 – Tiebreaker-Regel 7 69 – Trennung zwischen geistigen Rechten und Werkstck 7 27 Kffentliche Hand – Grundrechtsverpflichtung 9 1 s. auch Vergaberecht ... Kffentlichkeit – im Sinne des JuSchG 14 112, 119 Kkonomische Besonderheiten der Internetwirtschaft 8 6 ff. – Auswirkungen auf die Kartellrechtsanwendung 8 7 – Grçßen- und Verbundvorteile 8 6 f. – Innovationstempo 8 6 – Marktzutrittsschranken 8 7 – Netzwerk-Effekt 8 6 f., 22 – Standardisierung 8 6, 74 – Technologie-Effekt 8 6 f. – Transaktionskosten-Senkung 8 6 Offenlegungspflichten, kartellrechtliche 8 81 Online-Auktionator – Doppelstellung 4 14 – Gewerberecht 2 16 – Informationspflichten 4 92 – Sachwalterttigkeit 5 86 – Selbstkontrahieren, Gestattung 4 14 – Strafbarkeit 15 11 – als Treuhnder 5 111 ff. – Zuschlagsfreiheit, fehlende 4 26 Online-Auktionen – absatzfçrdernde Aktivitten Dritter 11 35 – Abschlussphase 4 1 ff.

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Agenten, elektronische 4 38 ff. Anscheinsbeweis 4 59 ff. Anzeigeerfordernis 2 38, 42 Auktionszeitraum, Vernderungen 4 164 Auskunftsansprche 6 52 ff. Ausschreibungsmodell 4 41 ff. Bargebot 2 41 Bekanntmachungsgebot 2 39 Beschaffungsmanagement im Vergaberecht 9 202 Beschwerde- oder Ratingseiten 5 102 Besichtigung des Versteigerungsguts 2 34 ff. Beweisfragen 4 58 ff. Bewertungssysteme 1 13 blickfangmßiges Herausstellen von Mindestgeboten 3 25 f. Business-to-Business-Geschfte 5 162 ff. charakteristische Leistung 11 90 Datenbankhersteller 10 22 Datenbankschutz 10 3 ff., 11 Datenbankwerk 10 12 ff. Disclaimer 11 37 f., 85 Durchfhrung 1 11 ff. Eigengebote 5 58 f. eigenverantwortlich durchgefhrte Auktionen 5 154 Eigenversteigerung 1 10, 21; 11 42, 50, 65, 127 Eingabefehler 4 70 Einordnung 2 8 ff. Einstellen von Angeboten s. dort E-Mail-Gebote 2 10 Empfangsbesttigung 4 107 Erkennbarkeit konkurrierender Gebote 4 23 Erfllungsort 12 37 Erlaubnispflichtigkeit nach GewO 2 1, 20 ff., 45 Erlçschen des Gebotes 4 160 Ersetzung der Moderationsfunktion durch Angebotszeitraum 4 26 Exklusivittsklauseln 5 131, 134 f.; 8 65 ff. Flschungen, Markenrecht 6 29, 34; 10 61 fehlende çrtliche Begrenztheit 4 23 Fremdtreuhnder 11 99 Fremdversteigerung 1 10; 11 43, 51 ff. 59 ff., 78 ff. Funktionsweise 7 41

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Garantien 11 92 ff. Gebote von Mitarbeitern 5 62 ff. Gebotsrcknahme 4 163 „geprfte“ Teilnehmer 5 97 Gerichtsstandsvereinbarung 12 15 geographische Beschrnkung der Teilnahmeberechtigung 11 85 f. gesetzliches Leitbild, Abweichungen 4 146 ff. Gewhrleistungsausschluss 5 4 f. Gewerberecht, Anwendbarkeit des 2 1 ff. Gewerberecht, Verstçße gegen 3 33 ff. Glcksspiel 4 158 Grundlagen 1 5 ff. Hotelleistungen im Ausland 12 46 Inhaltsirrtum 4 71 Internationales Privatrecht 11 1 ff., 9 f. Internationales Verbraucherprozessrecht 12 45 inverse s. Inverse Auktionen Jugendmedienschutz, strafrechtlicher 14 10 f. Jugendschutzgesetz 14 111 Katalogbildfreiheit 3 40 ff. Leistungsstçrungen 5 4 ff. Markenrechtsverletzungen 10 58 ff.; 12 69 Minderjhrigenschutz 5 125 Missbrauch des Accounts 4 67 Mitsteigern, Verbot des 2 26; 3 37 Online-Kataloge 3 39 ff.; 5 6; 12 69 Organisationsgewalt 2 16 ff. çrtliche Begrenzung 2 8 ff. Pauschalreisen 12 46 Patentrecht 10 62 ff. Phishing 5 98 Plattformcharakter 2 17 f. Preisangaben 3 29 ff. Preispublizitt 8 58 private Auktionen 5 154 Provisionsanspruch des Veranstalters, Hçhe des 1 9 Punktessysteme s. Bewertungssysteme Rahmenvertrag 4 54, 128 ff., 135, 145; 5 103, 138; 6 21 Ratenzahlungsgeschfte 12 46 reverse auctions 1 4; 4 42; 9 224; 10 64 Rechtsschutz s. dort Rechtsverletzung bei Angebotseinstellung 10 55 ff. Ricardo (E) 4 125

743

Stichwortverzeichnis – rckwrtsgerichtete s. Inverse Auktionen – Schtzung und Begutachtung 2 40 – Schiedsklauseln 12 6 – Schriftform des Versteigerungsvertrages 2 33 – Sniper-Software 3 46 ff.; 5 65 ff. – Sofortkauf 4 25 – Sonn- und Feiertagsverbot 2 37 – Sprachkurse im Ausland 12 46 – Stellvertretung 11 9, 39, 109, 111 – Teilnahmevertrag s. dort – Treuhandauftrge 11 101 – Treuhandmodell 5 111 ff., 154 – Jbergebot, Mçglichkeit von 2 12 – Jbergebot, unwirksames 4 160 – Jbertragungsrisiken 4 22 – umgekehrte s. Inverse Auktionen – Umsatzsteuer 7 41 ff. – Undercover-Auktionen 1 14 – Urheberrechtsverstçße 3 39 ff. – Verbot der Neuwarenversteigerung 2 21, 25; 3 36 – Verbraucherschutz 4 1 ff. – verdeckte 1 14 – Versteigerung 4 18 ff., 24 – Versteigerungsbegriff 2 4 ff.; 3 29 ff. – VerstV, Anwendbarkeit der 2 1, 3, 29 ff. – VerstV, Verstoß gegen 3 38 – Vertragsbeziehungen 4 3 ff. – Vertragsschluss 4 1 ff. – Vertragsverhltnisse zwischen Teilnehmern s. Transaktionsvertrag – virtueller Raum 2 9 – Warenangebot 1 6 ff. – Werbung 11 26 ff. – Wettbewerbsrecht 3 1 ff. – Wettbewerbsverstçße 3 3 ff. – Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht 5 119 – Willenserklrung, Wirksamkeit 4 30 ff. – Wirksamkeit des Gebots 4 160 – zeitliche Begrenzung 2 11 ff. – Zulssigkeit, wettbewerbsrechtliche 3 22 ff. – Zurechnung der Webseite 11 35 ff. – Zurckweisung von Angeboten 4 165 – Zuschlagszeitpunkt 1 12 – Zusatzleistungen 5 111 ff. s. auch Online-Auktionshaus Online-Auktionshaus – als AGB-Verwender 4 136 – als Anbieter 4 13

744

– charakteristische Leistung 11 90 – Deliktsgerichtsstand 12 63 – Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 56 – Fehler bei Angebotsbereitstellung 4 76 – fremde Inhalte 6 11 ff., 63 f. – Fremdtreuhnder 11 99 – Gerichtsstandsklauseln 11 80, 88 f.; 12 18 ff. – Gewhrleistungsausschluss 5 4 f. – Internationales Immaterialgterrecht 11 139 ff. – Internationales Wettbewerbsprozessrecht 12 63 – Kommissionsvertrag 4 12; 5 4 – Leistungsstçrungen 5 4 ff. – als Niederlassung 12 40 – Produkthaftung 6 62 – Stellvertretung 4 13; 11 9, 39 – als Telediensteanbieter 4 104; 6 4, 53, 59 – Transparenzrichtlinien 5 62 – Treuhandauftrge 5 3; 11 99 ff. – als Verpflichteter nach § 312e BGB 4 110 ff. Online-Auktionsvertrag s. Marktvertrag Online-Banking 5 31, 36; 7 6 Online-Bçrsen – Funktionsweise 4 2 – IBIS 4 53 – vertragliche Pflichten 5 14, 21, 88, 131, 133 – Vertragsschluss 4 53 ff. – Xetra 4 53 – Zustimmungsmodell 4 54 Online-Kataloge – Haftungsprivilegierungen 6 6 – Urheberrechtsverstçße 3 39 ff. – Nichteinstellen von Angeboten 5 24 – Zusicherung von Eigenschaften 5 6 Online-Reisegeschft – als eigenstndiger Produktmarkt 8 15 Online-Shop – Bereitstellen eines 4 8 – als Datenbank 10 9 – Empfangsbesttigung 4 107 – Erreichbarkeit 5 26, 161 – Haftung des Marktplatzbetreibers 5 160 f. – Herkunftstuschung 10 51 – invitatio ad offerendum 4 49 – als urheberrechtliches Werk 10 13

Stichwortverzeichnis – Vertragsschluss 4 49 ff. – Warenkorb, virtueller 4 51 Online-Spiele – Altersprfung 14 120 – Anwendbarkeit des § 284 StGB 15 57 – aus dem Ausland 15 58 – Glcksspiel, unerlaubtes 15 56 ff. s. auch dort – Strafbarkeit der Teilnehmer 15 98 Online-Versteigerungen s. Online-Auktionen Open Source Software – Bevorzugung bei IT-Vergabe 9 159 Ordnungswidrigkeiten – Anwendbarkeit deutschen Rechts 15 2 – Begehungsort 15 2 – Erfolgsbegriff, eigenstndiger 15 5 – Erfolgsort 15 4 – Ubiquittstheorie 15 2 Paperboy (E) 10 31 ff. Parallelimporte 15 91 Patentrecht – Auktionsverfahren 10 63 – Ausnahmetatbestand fr Geschftsmethoden 10 66 – Europisches Patentamt 10 62 – geschftliche Anwendungen 10 63 ff. – Reverse Auction 10 64 f. – Richtlinienvorschlag zu Softwarepatenten 10 67 – Software, Patentierbarkeit 10 62 – State Street Bank (E) 10 64 – Technikerfordernis 10 62, 68 f. Peer-to-Peer-Netzwerke s. Tauschbçrsen Personalausweis, digitaler 9 178 Personenbezogene Daten 13 9 Phishing 4 61; 5 98 Plattformbetreiber s. Marktplatzbetreiber Pooling – Vergaberecht 9 205 ff. Pornografie 14 12 ff. – abstrakte Pornografiekriterien 14 19 – Begriff 14 18 ff. – Erwachsenenschutz 14 15 – und gesellschaftliche Wertvorstellungen 14 20 – in geschlossenen Benutzergruppen 14 61, 65 – harte s. Harte Pornografie – im Internet 14 13 – Liberalisierung 14 20

– im Rundfunk 14 13 – und sexuelles Selbstbestimmungsrecht 14 13, 15 – in Telemedien 14 13 – Verabsolutierung von Sexualitt 14 19 – Zugnglichmachen an Minderjhrige 14 12, 21 ff. Pornografieverbot 14 9 – absolutes Verbot im Rundfunk 14 13, 54 – Gleichbehandlungsklausel 14 12 – relatives Verbot in Telemedien 14 13 – Schutzrichtungen 14 15 ff. Posendarstellungen Minderjhriger 14 61 ff. – Bestimmtheitsgebot 14 62 – geschlechtsbetonte Darstellungen des Alltags 14 62 – Rechtfertigung durch Kunst 14 63 – in Telemedien 14 61 – auf Trgermedien 14 116 – unnatrlich geschlechtsbetonte Kçrperhaltung 14 61, 116 Powershopping s. Co-Shopping Preisangabenverordnung 3 27 ff. – Endpreis 3 27 f. – Internationales Privatrecht 11 137 – Inverse Auktionen 3 56, 74 – Online-Auktionen 3 29 ff. – Wettbewerbsbezug 3 32 – Zweck 11 137 Preismissbrauch 8 7 Preis bersichten und Versteigerungsmodalitten – Durchschnittspreisbersichten, Zulssigkeit 8 57 – identifizierende Meldungen 8 57 – kartellrechtliche Beurteilung 8 57 ff. – Preispublizitt 8 58 – Submissionskartelle, Fçrderung von 8 58 Prinzip der begrenzten Einzelermchtigung – Vergaberecht 9 183 Privatrecht, Internationales s. Internationales Privatrecht Produktkataloge – als Datenbanken 10 10 – Datenbankhersteller 10 22 – als Datenbankwerk 10 13 – Empfangsbesttigung 4 107 – Herkunftstuschung 10 51 – Vertragssschluss 4 49 ff. s. auch Kataloge, elektronische ...

745

Stichwortverzeichnis Produkthaftung 6 62 Produktpirateriegesetz 6 56, 58 Provisionsschneiderei 8 66 Pseudonyme 4 64 Quellensteuer 7 28 Rabattgesetz – Co-Shopping 3 61, 70, 74, 79 – Inverse Auktionen 3 50 f. Rechts- und Geschftsfhigkeit – besonderer Verkehrsschutz 11 120 – Internationales Privatrecht 11 3, 118 ff. – Online-Abschluss per E-Mail 11 122 Rechtsschutz von Auktionsangeboten 10 1 ff. – Datenbankherstellerrecht 10 18 ff. – Datenbankschutz 10 3 ff. – Datenbankwerk 10 12 ff. – Gebote, Datenbankschutz 10 11 – Markenrechtsverletzungen 10 58 ff. – Patentrecht 10 62 ff. – Schutz als Software 10 62 – wettbewerbliche Eigenart 10 43 – wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz 10 40 ff. Rechtswahlklauseln – Internationales Privatrecht 11 1, 5, 44 ff., 50 ff., 78, 87 ff., 101, 114 – Kollision von 11 57 – Rechtswahlbeschrnkung 11 44 ff. – Rechtswahlfreiheit 11 5, 47, 87, 98 – stillschweigende Rechtswahl 11 53 ff., 88 ff., 115 Regulierte Selbstregulierung 14 10, 43, 101, 104 Reimporte 15 91 Ricardo (E) 4 125 Rolex (E) 15 19 RubberNetwork (E) 8 43 R ckabwicklungsschuldverhltnis – nach Widerruf 4 94 Rufausbeutung 10 53 ff. – Hyperlinks 10 54 – Imagetransfer 10 54 – Nachahmung eines Webangebots 10 53 – Suchmaschinen 10 54 Schiedsklauseln – amerikanischer Provenienz 12 10 – B2C-Vertrge 12 6 ff. – Grundstzliches 12 3 ff.

746

– Internationales Immaterialgterrecht 12 69 – Schriftformerfordernis 12 4 – Signatur, elektronische 12 7 – Telefax 12 4 – UNCITRAL Model Law 12 5 – UNJ 12 4 f., 7 f. Schçner Wetten (E) 6 43 Schutzlandprinzip 11 139, 141 Schwellenwerte, Vergaberecht 9 46, 137, 145, 162, 181 – Ermittlung der Hçhe 9 183 – Herabsetzung 9 186 – Rechtfertigung bei digitalisierten Vergabeverfahren 9 183 ff. Server – als Betriebssttte 7 15 ff. – Checkliste gem. OECD-MK zu OECD-MA 7 16 – dedizierter 7 16 – Reserve-Server 5 25 – Standort 11 8, 90, 130 – Verfgungsmacht des Marktplatzbetreibers 7 19 Signatur, elektronische – Anschaffung von Signaturkarten 9 187 ff. – Anscheinsbeweis 4 62 – Aufhebung des Vergabeverfahrens 9 144 – Authentizittsfunktion 4 57 – Beweiserleichterungen 4 58 ff. – bei digitaler Angebotsabgabe im Vergabeverfahren 9 85 – Einheitsstandard 9 178 – Einwilligung in Datenverarbeitung 13 76 – Ersatz der gesetzlichen Schriftform 4 57 – Festlegung des Verfahrens im Vergabeverfahren 9 175 – funktionelle Rquivalenz 9 43, 189 ff. – Identifikationsfunktion 4 57; 5 94; 6 64 – im Vergabeverfahren 9 80, 118 – Internationale Zustndigkeit 12 7, 14 – Kompatibilitt der Verfahren 9 174 ff. – Signaturbndnis der Bundesregierung 9 178 – Verbreitung 4 58 – Vertragsrecht 4 57 ff. – Verflschung des Auktionsablaufes 5 59 – Zertifizierungsdiensteanbieter 9 174

Stichwortverzeichnis – Zivilprozess 9 177 – Zuschlag 9 136 f. SIMAP 9 69 Sniper-Software 3 46 ff.; 5 65 ff. Sodomie s. Harte Pornografie Sofortkauf 4 25 Software – Patentierbarkeit 10 62 – Vergabe-Software 9 27 ff. s. auch dort – und Warenbegriff 11 12 – Widerrufsrecht, Bereichsausnahme 4 97 Sonderveranstaltung, Verbot der 3 72 Sprachrisiko 11 48 Sperrung von Teilnehmern 5 141 ff. – Anforderungen 5 142 ff. – Ausschluss der Wiederherstellung von Bewertungsprofilen 5 151 f. – Grnde 5 143 ff. – Sperrklausel 5 141 – Umfang 5 148 – Verdachtssperren 5 149 – Verhltnis zu Zahlungspflichten 5 150 – vorherige Abmahnung 5 144, 148 – Zumutbarkeit 6 32 Standardisierung 8 74 ff. – IMS Health (E) 8 80 – Intensittsstufen 8 75 – Kartellverbot 8 75 ff. – Kooperationsleitlinien der Europischen Kommission 8 75 – Magill (E) 8 80 – marktbeherrschende Stellung 8 78 ff. – Microsoft (E) 8 80 – Missbrauch von De-facto-Standards 8 78 ff. – Offenheit der Standards 8 77 ff. – Offenlegung von Schnittstellen 8 80 – Offenlegungspflichten, Voraussetzungen 8 81 – Technizitt 10 68 f. State Street Bank (E) 10 64 Stellvertretung – auslndischer Mittler 11 9 – Empfangsvollmacht 11 116 f. – Internationales Privatrecht 11 9, 39, 109, 111 Steuerrecht 7 1 ff. – Application Service Providing 7 26 – Belastungsunterschiede 7 39 – beschrnkte Steuerpflicht nach § 49 EStG 7 24 f. s. auch dort – Betriebssttte 7 14 s. auch dort

– Checkliste zur Server-Betriebssttte 7 16 – Datenzugriff der Finanzverwaltung 7 45 ff. s. auch dort – Dealing-at-arms-length-Prinzip 7 21, 56 – Doppelbesteuerungsabkommen 7 12 – Einordnung von Unternehmensgewinnen 7 33 – Entmaterialisierung steuerlicher Tatbestandsmerkmale 7 11 – Festsetzung des Verrechnungspreises fr konzerninterne Lieferungen 7 55 – Fremdvergleichsgrundsatz 7 56 s. auch dort – Gewinnabgrenzung bei Server-Betriebssttten 7 20 – Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebssttte 7 22 – Geschftschancen 7 58 – Leistungsort bei Online-Lieferung 7 37 ff. – Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung 7 66 – OECD-Fiskalausschuss 7 16 – OECD Musterabkommen 7 12, 14, 27 – Ortsunabhngigkeit steuerlicher Tatbestandsmerkmale 7 11 – Qualifikation der Einknfte 7 24 ff. – Quellensteuer 7 28 – Technical Advisory Groups (TAG) 7 11 – Umsatzsteuer 7 34 s. auch dort – Ursprungsprinzip 7 12 – Verfahren der Steuererhebung, Wahlrecht 7 40 – Wohnsitzprinzip 7 12 Steuerpflicht, beschrnkte s. beschrnkte Steuerpflicht Stçrerhaftung – allgemeine ~ 6 40 ff. – Auskunftsansprche 6 56, 59 – Benutzung fremder Identitten durch unbefugte Dritte 6 64 – Bewertungen 6 63 – Deep-Links 10 30 ff. – E-Commerce-Richtlinie 6 35 – Filterprogramme 6 43c – Grenzen 6 43 – Hyperlinks 10 29 – Markenrechtsverletzungen 10 58 – Marktplatzbetreiber 10 56 – Paperboy (E) 10 31 ff. – Privilegierung nach TDG 6 34 ff.

747

Stichwortverzeichnis – Prfpflicht auf Rechtswidrigkeit 6 44 ff. – Prfungs- und Kontrollpflichten 6 10, 19, 37 f., 40 f., 43 ff., 64 – Schçner Wetten (E) 6 43 – Stçrerbegriff 6 40, 46 – Unterlassungstiteltenorierung 6 34, 43e – Verhltnis zum Verbot allgemeiner Jberwachungspflichten 6 37 ff. Strafbarkeit der Marktanbieter 15 24 ff. – Arbeitsmarktpltze 15 42 ff., 47 ff. – Betrug 15 39 ff. s. auch dort – Erpressung 15 45 f. – Flschungen 15 82 ff. – Gewerbsmßigkeit 15 85, 90 – Hehlerei 15 73 ff. s. auch dort – irrefhrende Werbung 15 26 ff. s. auch dort – Kennzeichenverletzung 15 87 – Kundenwerbung, progressive 15 37 – manipulierte Produkte 15 86 ff. – Markenrechtsverletzungen 15 86 ff. – Parallelimporte 15 91 – Reimporte 15 91 – Tauschbçrsen 15 63 ff. – Unterlassen 15 33 – Urheberrechtsverletzungen 15 84 f. – Vorsatz 15 35 Strafbarkeit der Marktplatzbetreiber 15 15 ff. – Abrechnungsmanipulationen 15 16 – Anbieten von Produkten 15 70 – Arbeitsmarktpltze 15 49 ff. – Betrug 15 17 s. auch dort – Bundesagentur fr Arbeit 15 50 – fr eigene Handlungen 15 15 ff. – fr Handlungen der Marktbetreiber und Nachfrager 15 19 ff. – hinsichtlich der geschuldeten Leistung 15 16 – Hosting 15 22 – Online-Spiele 15 56 ff. – Provisionsmodell 15 16, 18 – Rolex (E) 15 19 – sozialadquates Verhalten 15 21 – Strukturen 15 16 – Tauschbçrsen 15 66 ff. – TDG 15 20 ff. – Unterlassen 15 53 – Untreue 15 53 – Wartung 15 16 – Zurechnungsausschluss durch TDG 15 21

748

Strafbarkeit der Nachfrager 15 92 ff. – Beihilfe 15 96 – Betrug 15 93 – Computerbetrug 15 94 – Eingehungsbetrug 15 95 – Tauschbçrsen 15 97 – Teilnahme an Online-Glcksspielen 15 98 – Verbotsirrtum 15 98 Strafrecht – Akzessoriettsprinzip 15 12 – Anbieten von Produkten 15 70 ff. – Anwendbarkeit des deutschen Rechts 15 1 ff., 58 s. auch dort – Auskunft an Strafverfolgungsbehçrden 6 53; 13 151 ff. – Begehungsort 15 2 – Distanzdelikte 15 4 – E-Commerce-Richtlinie 15 13 – Erfolgsbegriff, eigenstndiger 15 5 – Erfolgsort 15 4 – Handlungsort 15 3 – Herkunftslandprinzip 15 14 – Jugendmedienschutz 14 7 ff. – Korruptionsbekmpfung 9 201 – Rechtsgutsbeeintrchtigung 15 6 – Tauschbçrsen 15 62 ff. – Territorialittsprinzip 15 2 – Ubiquittstheorie 15 2 – Unterlassen 15 33, 53 – Verbotsirrtum 15 98 Strukturpapier der Landesmedienanstalten – offene Typenmerkmale des Rundfunks 14 67 – Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten 14 67 Subsidiarittsprinzip – Vergaberecht 9 183 Suchmaschinen – Datenbankherstellerrecht 10 34 – Herkunftstuschung 10 52 – Internationales Verbraucherprozessrecht 12 49 – als Konkurrenzangebot 10 34 – Meta-Suchmaschinen 10 36 – Rufausbeutung 10 54 – Stçrerhaftung 6 41 – Substitutionswirkung 10 36 – Vervielfltigungsverbot 5 139c Tanz der Teufel (E) 14 35 Tauschbçrsen

Stichwortverzeichnis – – – – – –

Anbieten von Dateien 15 63 Jugendschutz 14 49 f. pornografische Inhalte 15 65 Privilegierungen des TDG 15 67 rechtsradikale Inhalte 15 65 Strafbarkeit der Marktplatzanbieter 15 66 ff. – Strafbarkeit der Nachfrager 15 97 – Strafbarkeit der Nutzung 15 62 ff. Technical Advisory Groups (TAG) 7 11 – Income Tax TAG 7 30 Teilnahmevertrag – abweichende AGB des Marktvertrages 4 139 – Allgemeine Geschftsbedingungen 4 116 ff., 123 – als Vertrag zugunsten Dritter 4 134 – Aufwendungserstattung, erfolgsunabhngige 4 10 – Drittrichtung 4 112 – Einbeziehung von AGB 4 123 – Fernabsatzrecht 5 119 f. – Garantien 4 11 – geschuldete Leistung 4 7 – Online-Auktion 4 4 ff. – Rahmenvertrag, Verhltnis zum 4 128 ff. – Rechtsfolgen von Verstçßen 5 73 – Schadensberechnung 5 73 – Schutzwirkung zugunsten Dritter 5 73 – Teilnahmegebhr 4 19 – verfahrensbezogene Pflichten 4 102, 112 – Verhltnis Plattform-AGB/Teilnehmer-AGB 4 137 ff. – Widerrufsrecht 4 99 – Zusatzleistungen 4 11 Teilnahmewettbewerb 9 53 f., 130 ff. – Absendung 9 134 – Bekanntmachung 9 131 – Teilnahmeantrag 9 132 – Vertraulichkeit 9 133 Telebanking 14 49 Teledienst – Definition 4 103; 13 6 – Online-Auktionshaus 4 104; 6 4, 53, 59 – verfahrensbezogene Informationspflichten 4 101 ff. Teledienstegesetz – Haftungsprivilegierungen s. dort – Herkunftslandprinzip s. dort – Impressumspflicht 13 62 Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG)

– Abbruchsmçglichkeit, sofortige 13 49 – Abgrenzung zum BDSG 13 8, 20 ff., 171 ff. – Abrechnungsdaten 13 19, 29, 54, 94 ff., 117 ff., 154, 174 ff. – anonymisierte Nutzungsdaten 13 31, 139, 154 – anonymisierte Nutzungsmçglichkeit 13 48, 56 ff., 97, 110 – anonymisierte Nutzungsprofile 13 139 – Auskunft ber Nutzer 6 53; 13 151 ff. – Auskunftsanspruch des Nutzers 13 65 ff., 135 f. – Ausland, Datenverarbeitung im 13 98 ff. – automatisiertes Verfahren 13 41 – Berichtigungsmçglichkeit des Nutzers 13 145 ff. – Bestandsdaten 6 59 ff.; 13 14, 88 f., 92, 114, 150, 152, 158, 168 f. – Bestimmtheitsgebot 13 72 – Bewertungsprofile 13 142, 164 – Bußgeldvorschriften 13 69 – Cookies 13 41, 133, 160 – datenschutzgerechte Vertragsausgestaltung 13 110 ff. – Datenbermittlung an Dritte 13 154 ff., 179 – Datenvermeidung, Grundsatz der 13 43 ff., 56 – Einwilligung des Nutzers 6 53, 60; 13 34 ff., 70 ff., 101, 110, 116 f., 128, 142 ff., 150, 154 f., 160, 162 ff., 169 – Einwilligung, elektronische 13 35, 71, 74 ff. – Einwilligung, vorformulierte 13 70 ff., 88 ff., 143 – Einzelnachweise 13 94 ff., 111, 117, 119 ff., 174 f., 177 – elektronischer Marktplatz 13 6 – Erforderlichkeitsvorbehalt 13 15 f. – Erlaubnistatbestnde, gesetzliche 13 12 – Erlaubnisvorbehalt 13 11 – erlaubte Verarbeitungszwecke 13 17 f. – Forderungsdurchsetzung bei Missbrauch 13 33 – Herkunftslandprinzip 13 100 – Hinweispflicht 13 72, 83 ff., 124, 131, 133 – Impressumspflicht 13 62 – Inhaltsdaten 13 17, 20 ff.

749

Stichwortverzeichnis – IP-Adresse 13 14, 18, 59, 78, 113, 132 – Koppelungsverbot 6 53 f.; 13 36 f., 91 ff., 143 f., 156 – Leitbild 13 89, 143, 156 – Lçschungspflicht 13 15 f., 23, 123 , 175 – Missbrauchserkennung 13 150, 165 – Nachweispflicht bei Rechnungseinwendung 13 122 ff., 176 f. – Nutzerbewertungen 13 140 ff. – Nutzungsdaten 6 53; 13 15 ff., 113, 115 ff., 150, 152, 170 – Nutzungsprofile 13 17 f., 30 f., 53 f., 67 f., 127 ff., 161 – Ordnungswidrigkeiten 13 79 ff., 91 – personenbezogene Daten 13 9 – persçnlicher Anwendungsbereich 13 8 – pseudonymisierte Nutzungsmçglichkeit 6 14; 13 48, 56 ff., 66 f., 97, 110 – pseudonymisierte Nutzungsprofile 13 30, 17, 127 ff., 134 ff., 161 ff. – Sanktionen 13 69 – SCHUFA-Klausel 13 166 – Sicherheitsanforderungen bei elektronischen Marktpltzen 13 52 – Systemdatenschutz 13 54 – technisch-organisatorische Pflichten 13 42 ff. – Telefonwerbung-VI-Urteil (E) 13 88, 156 – Terrorismusbekmpfungsgesetz 13 152 – Trennung, Pflicht zur informationellen 13 53, 66 f. – unmittelbare Lçschung 13 50 – Unterrichtungspflichten 13 38 ff., 83 ff., 124, 131, 133, 160 – und Vertragserfllung 13 8, 20 ff. – Vertraulichkeit, Schutz der 13 51 – Weitervermittlung, Anzeige der 13 55 – Widerrufsrecht, jederzeitiges 13 72, 131, 133, 138 – Zahlungsvermittlung 13 126 – Ziel 13 1 – Zweckbindung, Gebot der engen 13 11, 23, 72, 132 s. auch Bundesdatenschutzgesetz u. Datenschutzrecht Telefonwerbung-VI-Urteil (E) 13 88 Telemedien – Abgrenzung zu Trgermedien 14 46 ff. – Begriff 14 49 – elektronische Tauschbçrsen 14 49 f.

750

– elektronischer Versandhandel 14 49, 115 – E-Mail-Datenaustausch 14 49 – Telebanking 14 49 – Teleshopping 14 49 – Verantwortlichkeit der Anbieter 14 53 – Video-on-demand 14 49 – Videostreaming 14 49 Teleshopping – Begriff 14 79 – Jugendmedienschutz 14 49, 78 ff., 86 Territorialittsprinzip 15 2 Terrorismusbekmpfungsgesetz 13 152 Tesseli-Rechtsprechung 12 33 ff. Textform 4 91 – Angebot zum Download 4 91 – E-Mail 4 91 – PDF-Format 4 91 – Teilzahlungsgeschfte im Fernabsatz 4 113 – Verbraucherdarlehensvertrag 4 113 – Versandhausprivileg 4 113 Tierpornografie s. Harte Pornografie Trgermedien – Abgrenzung zu Telemedien 14 46 ff. – Einschlgigkeit des JuSchG 14 111, 116 – Internethandel mit Ton- und Bildtrgern 14 51 – Eigenversteigerung 14 51, 111 – Fremdversteigerung 14 51, 88, 111 – und Online-Versandbestellung 14 49, 112 Transaktionskosten, Senkung 8 6 Transaktionsleistungen 8 21 Transaktionsvertrag s. Marktvertrag Treuhandservice 5 3, 111 ff., 154; 11 99 ff. Trustcenter s. Zertifizierungsdiensteanbieter Ubiquittstheorie – Internationale Zustndigkeit 12 62, 65 – Ordnungswidrigkeitsrecht 15 2 – Strafrecht 15 2 – UWG 12 62, 65 – Volksverhetzungstatbestand 14 9, 36 ff., 55 Umsatzsteuer 7 34 ff. – Abgrenzung zwischen Offline- und Online-Umstzen 7 35 – Belastungsunterschiede 7 39 – Leistungsort bei Online-Lieferung 7 37 ff. – Online-Auktionen 7 41 ff.

Stichwortverzeichnis – Ort der Besteuerung 7 34 ff. – Verfahren der Steuererhebung, Wahlrecht 7 40 Umweltrecht 11 83 UN-Kaufrecht s. CISG Unbeschrnkte Steuerpflicht – fr inlndische Kapitalgesellschaften 7 66 – Lokalisierung des Ortes der Geschftsleitung 7 66 – virtuelle Unternehmen 7 67 – Tiebreaker-Regel 7 69 Universalittsprinzip 11 140 UNE – elektronische Gerichtsstandsvereinbarung 12 13 – Schiedsklauseln 12 4 f. – Verhltnis zur ZPO 12 7 f. Unzulssige Angebote – harte Pornografie 14 14, 55, 57 – indizierte Angebote 14 64 – JMStV 14 54 ff. – Kriegsverherrlichung 14 59 – Menschenwrdeverletzung 14 34 f., 60 – Posendarstellungen Minderjhriger 14 61 – unzulssige Gewaltdarstellungen 14 27 ff., 55 f. – Verhltnis zum wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz 10 41 – Volksverhetzung 14 9, 36 ff., 55 Urheberrecht – Architektenwettbewerb (E) 6 41, 43 – Auskunftsanspruch 6 56 – Ausschlusswirkung gegenber Wettbewerbsrecht 10 42 – Datenbankherstellerrecht 10 18 ff. – Datenbankschutz von Online-Auktionen 10 12 ff. – Datenbankwerk, Voraussetzung 10 12 ff. – Deep-Links 10 30 ff. – Einstellen von Auktionsangeboten 10 55 ff. s. auch dort – Erschçpfungsgrundsatz 7 24 – Folgerecht 3 41 – Frames 10 39 – Geltendmachen von Verstçßen 3 45 – Haftungsprivilegierungen des TDG 6 8, 17 f. – Hyperlinks 10 28 ff. – Inline-Links 10 38 – Internationale Zustndigkeit 12 69

– Katalogbildfreiheit 10 55 – Marktplatzbetreiber als Anbieter 10 56 – Nutzungsrechtseinrumung s. dort – Online-Kataloge 3 39 ff. – Paperboy (E) 10 31 ff. – Recht der çffentlichen Zugnglichmachung 3 43; 10 33 – Sammelwerk 10 15 – Stçrerhaftung 6 41, 46; 10 29, 56 – Teilrechte, steuerrechtliche Behandlung 7 29 – Verbreitungsrecht 6 56 – Vervielfltigungsverbot 5 139c – Zweckbertragungsgrundsatz 10 55 UWG – aleatorischer Reiz 3 51 ff., 62 ff. – Alleinstellung 3 76 – Angaben ber geschftliche Verhltnisse 15 27 – Auskunftsansprche 6 56 – Bannerwerbung 3 6 ff. – Bekanntmachung, çffentliche 15 26 – blickfangmßiges Herausstellen von Mindestgeboten 3 25 f. – Co-Shopping 3 60 ff. – Datenschutzrecht, Verstoß gegen 3 16 – Deliktsgerichtsstand 12 61 ff. – Domain-Namen, irrefhrende 3 10 ff. – Doorwaypages 3 9 – einstweiliger Rechtsschutz 12 67 f. – E-Mail, unverlangte 3 4 f. – Erfolgsort 12 64 ff. – Fantasiepreisempfehlungen 3 79 f. – fliegender Gerichtsstand 12 65 – Folgeschden 12 64 – Fçrderung fremden Wettbewerbs 11 134 – Frames 3 7; 10 39 – Gattungsnamen 3 10 – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 68 – geschtztes Rechtsgut 12 64 – Gewerberecht, Verstçße gegen 2 27; 3 33 ff. – Handeln im geschftlichen Verkehr 10 40 – Handlungsort 12 63, 65 – Herkunftstuschung 10 42, 49, 51 f. – Hyperlinks 3 6 ff. – Internationale Zustndigkeit 12 59 ff. – Internationales Privatrecht 11 131 ff. – Internationales Wettbewerbsrecht 11 131 ff.; 12 59 ff.

751

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

inverse Auktionen 3 57 ff. Irrefhrung 3 77 f. Irrefhrungsbegriff 3 2 irrefhrende Domain-Namen 3 10 f. irrefhrende Werbung 3 2; 6 5; 15 26 ff. Kenntniserlangung, unredliche 10 49 Katalogbildfreiheit 3 40 ff. Kennzeichnungspflichten, Verstoß gegen 3 15 Keyword-Buying 3 8 kçrperlicher Aufenthalt 12 60 Laienwerbung 3 67 f. Leistungsbernahme, unmittelbare 10 49 Marktortanknpfung 11 131 ff.; 12 62, 65 Mondpreis 3 51, 80 Mosaikprinzip 12 64 Multistate-Wettbewerb 11 131 Niederlassungsbegriff 12 60 Preissenkungen, angekndigte lineare 1 20; 3 51 ff. Online-Auktionen, Zulssigkeit 3 22 ff. preisangabenrechtliche Zulssigkeit 3 27, 56, 74 Produktpirateriegesetz 6 56, 58 Prfpflicht auf Rechtswidrigkeit 6 44 Rufausbeutung 10 42, 49, 53 ff. Schutzzweck 3 14 Sniper-Software 3 46 ff. Sonderveranstaltung, Verbot der 3 72 Sprbarkeitskriterium 11 133 Stçrerhaftung 6 41 bertriebenes Anlocken 3 69 ff. Ubiquittsprinzip 12 62, 65 Unterlassungsanspruch 6 59 Urheberrechtsverstçße 3 39 ff. Verbraucherleitbild 10 52 Verhltnis zum Immaterialgterrecht 10 41 ff. Verkehrskreise 3 2 Vermçgensschden 12 64 Verstoß gegen Gewerberecht 2 27; 3 33 ff. Vertrauensbruch 10 42 Vorsprung durch Rechtsbruch 3 13 f.; 11 138 Werbetelefonie 13 88 wettbewerbliche Eigenart 10 43 Wettbewerbsbezug 3 32 Wettbewerbsfçrderungsabsicht 6 41

752

– Wettbewerbsverbot 5 135 – Wettbewerbsverhltnis 10 40 – Wettbewerbsverstçße von Plattformanbietern 3 3 ff. Verbraucher – Abgabe der eigenen Vertragserklrung 11 40 – Internationales Privatrecht 11 16 ff., 28 – Leitbild des BGH 10 52 Verbraucherschutz – Darlehensvertrag 4 113 – Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 56 f. – EG-Richtlinien 11 16, 105 – Einbeziehung von Dritt-AGB 4 118 – Europisches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 42 ff. – Fernabsatzrecht 4 80 ff. s. auch dort – Marktpltze, elektronische 4 1 ff. – Online-Auktionen 4 1 ff. – und Schiedsklauseln 12 7, 9 – Vertragsschluss 4 78 ff. Verbrauchervertrge – Abgabe der Vertragserklrung 11 40 – Fernunterrichtsvertrge 12 57 – Gnstigkeitsvergleich 11 46 – Haustrgeschft 12 56 – Internationale Zustndigkeit 12 42 ff. – Internationales Privatrecht 11 3, 11 ff., 14, 17 ff., 21, 24, 31, 40 ff., 44, 82, 86, 104 – Maßgeblichkeit des nach außen erweckten Eindrucks 11 21 ff. – Rechtsanwendungsrisiko des Unternehmers 11 28 f., 34 – Rechtswahlbeschrnkung 11 44 ff. – Rechtswahlklauseln 11 1, 5, 44 ff. – Vertragserklrung des Verbrauchers 11 40 – Zugang der Vertragserklrung 11 41 ff. Verfahrensbezogene Pflichten, E-Commerce – Auktionshaus als Verpflichteter 4 110 – Individualkommunikation, Ausschluss 4 108 – Inhalt 4 105 ff. – persçnlicher Anwendungsbereich 4 102 – sachlicher Anwendungsbereich 4 101 – Teilnahmevertrag 4 102 – Verletzung, Rechtsfolgen 4 109 Verfahrens-Workflow 9 27

Stichwortverzeichnis Vergabe, elektronische – Anforderungen 9 32 ff. – Angebotsabgabe 9 83 ff. – Angebotserçffnung 9 196 – Angebotsfrist 9 98 f. – Anschaffung von Signaturkarten 9 187 ff. – als antizipiertes Verwaltungsverfahren 9 36 – Auktionen, vergaberechtliche s. dort – Auswahl der Vergabeart 9 50 ff. – Bangemann-Bericht 9 10, 18 – Begriff 9 22 – Beschaffungssysteme, dynamische 9 219 ff. s. auch dort – BundOnline 2005 9 12, 27 – Digitalisierungsgrad 9 36 – eGovernment 9 7 s. auch dort – E-Learning 9 27 – E-Procurement 9 23 – Erwartungshaltung 9 16 ff. – E-Tendering 9 24 – E-Vergabe – Iffentlicher Eink@uf online 9 11 – formelle Einheitlichkeit des Angebots 9 153 ff. – Formstrenge des Vergaberechts 9 42 – funktionelle Rquivalenz 9 43, 95, 189 ff., 197 ff. – Initiativen in den Bundeslndern 9 13 – Korruptionsbekmpfung 9 200 ff. – Kosteneinsparungen 9 17 – Mantelbogenverfahren 9 86 – als Markt fr private Unternehmen 9 15 – Nachbildung des klassischen Vergabeverfahrens 9 28 – Plattformlçsungen 9 8 – Realisierung, rechtsichere und praxisgerechte 9 7 – Rechtssicherheit 9 32 – Signaturverfahren, Kompatibilitt 9 174 ff. – Software, Vergaberechtskonformitt 9 27 ff. – teilelektronische 9 36 ff. – Verfahrensherrschaft der Behçrde 9 40 – Vergabemanagementsysteme 9 8 – Verlesung 9 199 – Versand der Vergabeunterlagen 9 75 – Verschlsselung der Angebote 9 95 – Zuschlag 9 135 ff.

Vergaberecht 9 1 ff. – Aufgaben 9 3 – Auktionen s. dort – Ausschreibung 9 50 ff. s. auch dort – Beschaffung, elektronische 9 9 ff. s. auch dort – Bevorzugung digitaler Angebote 9 158 ff. – Digitalisierung des Vergabewesens 9 19 – Diskriminierungsverbot 9 40 – eGovernment 9 5 s. auch dort – EG-Vergaberichtlinie 9 179 – Europarechtskonformitt des deutschen Rechts 9 163 f. – Formstrenge 9 42 – funktionelle Rquivalenz 9 43, 95, 189 ff., 197 ff. – Gleichbehandlungsgebot 9 76, 80 – Grnbuch der EG 9 202 – Grundlagen 9 1 ff. – Hierarchie der Vergabeverfahren 9 51 – Internetbedrftigkeit 9 6 – Internetfhigkeit 9 7 – Komplexitt 9 4 – Koordinationsrichtlinien 9 161, 202 – Markttransparenz 9 2 – Open Source Software 9 159 – Schwellenwerte 9 46 , 137, 145, 162, 181, 183 ff. – als System der Informationssteuerung 9 2, 7 – Verfahrensherrschaft der Behçrde 9 40 – vergabefremde Aspekte 9 158 ff., 162 ff. – Vergabephasen nach VOL/A 9 46 – Vergabe-Software 9 27 ff., s. auch dort – Wettbewerbsgedanke 9 2, 161, 180, 221, 232 – Zweiteilung, Legitimation 9 183 Vergabe-Software – Angebotsfrist 9 88, 98 f. – Anschreiben 9 64 – Aufhebung des Vergabeverfahrens 9 145 ff. – Auktionen, vergaberechtliche 9 230 – Ausschluss von der Wertung 9 124 f. – Auswahl der Vergabeart 9 50 ff. – Bekanntmachungsfunktionalitten 9 48 f., 69 ff. – Benachrichtigung bei Nichtbercksichtigung 9 139 – Bewertungskriterien, rechtliche 9 30 ff.

753

Stichwortverzeichnis – Checkliste 9 46 ff., 51 – Digitalisierungsgrad 9 36 – Dokumentation und Protokollierung 9 28 – Download der Vergabeunterlagen 9 78 – Eignungsprfung 9 126 – Einbeziehung in den Erçffnungstermin 9 195 ff. – E-Mail-Versand der Vergabeunterlagen 9 77 – Erstellung der Vergabeunterlagen 9 57 – Formstrenge des Vergaberechts 9 42 – funktionelle Rquivalenz 9 43, 96, 197 ff. – Kennzeichnung der Angebote, elektronische 9 104, 198 – Komfort 9 33 f. – Komplettlçsungen 9 38 – Korruptionsvermeidung 9 201 – Prfung der Angebote 9 118 – Qualittssicherung 9 27, 30 – Rahmenanwendungen 9 40 f. – Rechtssicherheit 9 32 – Rckzug von Angeboten 9 90 – Teilnahmewettbewerb 9 53 f., 130 ff. – Verfahrenskomfort 9 34 f. – verfahrensvorbereitende 9 39 – Verfahrens-Workflow 9 27 – Vergaberechtskonformitt 9 27 – Vergabeverfahren, Vorfeldentscheidung 9 51 – Vergabevermerk 9 152 – Verschlsselung von Angeboten 9 97 – Vertragsbedingungen, Implementation 9 63 – VOL/A-Konformitt 9 27 ff. – Zuschlagskriterien 9 62 Vergabeunterlagen – Anforderungen der VOL/A 9 57 ff. – Anschreiben 9 64 – Authentizitt 9 193 – Download 9 75 – Erstellung 9 57 ff. – Integritt 9 193 – Leistungsbeschreibung 9 60 – Signaturkarten, Anschaffung 9 188 – Verdingungsunterlagen 9 57, 188 – Vergabe-Software 9 57 – Vertragsbedingungen 9 63 Vergabeverfahren – Angebotsabgabe 9 83 ff. s. auch dort – Angebotsaufbewahrung 9 92 ff. – Aufforderung zur Angebotsabgabe 9 75

754

– – – – –

Aufhebung 9 144 Ausknfte 9 76 Auswahl der Vergabeart 9 50 ff. Beendigung 9 135 ff. Bekanntmachung 9 69 ff., s. auch dort – Bevorzugung digitaler Angebote 9 158 ff. – Eignungsprfung 9 123 – Erçffnungstermin 9 92 ff., 197 ff. – Erstellung der Vergabeunterlagen 9 57 ff. – europaweites außerhalb des Sektorenbereiches 9 47 – Informationspflichten, nachtrgliche 9 149 f. – Losen 9 59 – Iffnung der Angebote 9 100 ff. – Projektion ber Beamer, Verlesung 9 199 – Prfung der Angebote 9 113 ff. – Teilnahmewettbewerb 9 130 ff. – Jbermittlung der Vergabeunterlagen 9 75 ff. – Vergabevermerk 9 151 f. – Verlesung 9 199 – Vorinformationsphase 9 47 ff. – Wertung der Angebote 9 123 ff. – Zuschlag 9 135 ff. Verg tung – Auktions-Einlieferer 4 5 – Erfolgsabhngigkeit 4 5 – Online-Shop-Funktionalitt 4 8 Vermittlungsvertrag – Handelsmaklervertrag 4 6 – Zivilmaklervertrag 4 6 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 ber die internationale Zustndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen s. EuGVVO Verordnung ber gewerbsmßige Versteigerungen s. VerstV Versandhausprivileg 4 113 Verschl sselung – von Angeboten im Vergabeverfahren 9 95 Versteigerungen im Internet s. OnlineAuktionen Versteigerung, klassische – Abbruch 4 150 – Anzeigeerfordernis 2 38

Stichwortverzeichnis – – – – –

Ausschluss schriftlicher Gebote 4 19 Bargebot 2 41 Begriff der 2 5 Bekanntmachungsgebot 2 39 Besichtigung des Versteigerungsgutes 2 34 ff. – Erfllungsort 12 37 – Fernauktionen, geweberechtliche Behandlung 4 20 – hollndische 11 66 – Katalogbildfreiheit 3 40 ff. – Leitbild, gesetzliches 4 146 ff. – Merkmale 4 19 – çffentliche 11 63 – Online-Auktionen als Versteigerung 2 3 f., 8 ff.; 4 24 ff., 29 – çrtliche Begrenztheit 4 23 – reverse auctions 4 42 – Sachwalterttigkeit 5 86 – Schtzung und Begutachtung 2 40 – Sofortkauf 4 25 – Sonn- und Feiertagsverbot 2 37 – Verbot der Neuwarenversteigerung 2 21, 25; 3 36 – Verbot des Mitsteigerns 2 26; 3 37 – Versteigerungsbegriff 2 4; 11 66 – Versteigerungsvertrag, Schriftform des 2 33 – Vertrauensstellung des Versteigerers 4 78 – Widerrufsrecht, Fernabsatzvertrge 4 29, 98; 5 119 – Willenserklrung, Modifikationen 4 18 – Zugang, Willenserklrung 4 34 – Zuschlag 4 18 – Zwangsversteigerung 11 63 Versteigerungsort 11 63, 71, 129 f. VerstV 2 1, 3 – Anzeigeerfordernis 2 38 – Bargebot 2 41 – Bekanntmachungsgebot 2 39 – Besichtigung des Versteigerungsguts 2 34 ff. – Grundlagen 2 30 ff. – Internationales Privatrecht 11 106, 127 – Schtzung und Begutachtung 2 40 – Schriftform des Versteigerungsvertrages 2 33; 5 94; 11 106 – Schutzzweck 11 127 – Sonn- und Feiertagsverbot 2 37 – Verstçße gegen 3 38

Vertragliche Pflichten des Marktplatzbetreibers – Angebotsverlngerung bei Systemausfall 5 51, 54 – Aufklrungspflichten 5 83, 89 ff. – Ausschluss von Teilnehmern bei schlechtem Rating 5 102 – Bestimmung der Hauptleistungspflichten 5 22 – Beweislast 5 81 f. – Bewertungen 5 74 ff. – Bietergemeinschaften 5 64 – Bonittsprfung 5 101 ff., 114 – Business-to-Business-Geschfte 5 162 ff. – Charakterisierung der geschuldeten Leistungen 4 7; 5 12 ff. – Co-Shopping 5 155 ff. – Dokumentationspflichten 5 80 – eigenverantwortlich durchgefhrte Auktionen 5 154 – Einhaltung der Systemzeit 5 69 ff. – Einkaufsplattformen 5 162 ff. – Einschrnkung der Systemerreichbarkeit 5 31 ff. – Erreichbarkeit des Systems 5 23 – Funktionsfhigkeit des Systems 5 25 ff. – Gebote von Mitarbeitern 5 62 f. – Geschftfhigkeitsprfung 5 123 ff. – Gutschrift bei Systemausfall 5 51 – Hinweis auf Risiken und Vorteile der Online-Auktion 5 96 – Identittsprfung 5 91 ff., 109; 6 64 – Information ber Systemausfall 5 55 – Informationspflichten 5 83, 89 ff. – Jugendschutz 14 1 ff. – Konkretisierung 5 23 ff. – Lçschung von falschen Bewertungen 5 138c – Marktberwachungspflichten 5 75 – Matching 5 14, 21, 88, 131, 133 – Online-Shops 5 26, 160 f. – ordnungsgemße Weiterverarbeitung von Angeboten u. Geboten 5 23 – private Auktionen 5 154 – Rating 5 74 ff. – Sicherheit vor missbruchlicher Benutzung 5 23 – Stand der Technik 5 35 – Systemintegritt 5 38, 44, 48 – Treuepflichten 5 86, 89, 106, 110, 127, 144 – Treuhandservice 5 111 ff., 154

755

Stichwortverzeichnis – Unterbindung von Verflschungen der Auktionen 5 23, 59 – unternehmerischer Verkehr 5 40 – Verfgungsbefugnis des Einlieferers 5 104 – Verkaufsplattformen 5 162 ff. – Verkehrsfhigkeit der Ware 5 104 ff. – Warenprfpflicht 5 84 – Zugang zum elektronischen Handel 5 15 – Zusatzleistungen 5 111 ff. s. auch Haftung des Marktplatzbetreibers ... Vertragliche Pflichten des Teilnehmers – Abziehen von Bietern 5 131 – Angebotsbeschreibung 5 129; 6 21 – Benutzung durch vom Nutzer ermchtigte Dritte 5 128 – Bewertungen 5 137 ff., 144 – Einsatz von Sniper-Software 5 65 ff. – Exklusivitt 5 131 ff. – Freistellung 5 140 – Geheimhaltungspflichten 5 126 ff. – Geschftsfhigkeit 5 123 ff. – Manipulation von Geboten 5 136 – Mitteilungspflichten ber Kundendaten 5 121 f. – Preisangaben 5 129 – Provisionszahlung 5 139 – Rechtsfolgen von Verstçßen 5 73 – Rgeobliegenheiten im B2B-Geschft 5 164 – Schadensberechnung 5 73 – Urheberrecht 5 139c – Wahrung der Netzintegritt 5 139a f. Vertragsabschlussmarkt 11 25, 28, 112 Vertragsabwicklung – Erfllungsrisiko 5 3 – Leistungsverweigerungsrecht 5 7 – Treuhandmodelle 5 3, 111 ff., 154 Vertragsschluss – Bçrsen- und Matching-Systeme 4 53 ff. – Fernabsatzrecht 4 80 ff. – Identitt des Vertragspartners 13 63 – Online-Shop 4 49 – Produktkataloge und Online-Shops 4 49 ff. – Verbraucherschutz 4 78 ff. – Zustimmungsmodell 4 54 Vertragsschluss, Online-Auktionen – Agenten, elektronische 3 48 – Annahme, antizipierte 4 27 – Automatenverkauf, Parallelen 4 28

756

– – – – – – – – –

Bedingung 4 31, 55 bei besonderen Auktionstypen 4 41 ff. Bçrsen- und Matching-Systeme 4 53 ff. Co-Shopping 4 44 Englische Auktionen 4 21 ff. Ladenverkauf, Parallelen 4 29 Marktpltze, elektronische 4 1 ff. Online-Auktionen 4 1 ff. Verbindlichkeit des Angebots des Anbieters 4 27 – Verbraucherschutz 4 78 ff. – verfahrensbezogene Pflichten 4 101 ff. s. auch dort – Versteigerung, klassische 4 19 ff. – Warenkorb, virtueller 4 51 f. – Willenserklrung, Wirksamkeit 4 30 ff. – Zugang 4 34 Vertrag zugunsten Dritter – belastende Regelungen, Zustimmung 4 134 – Einbeziehung von AGB 4 134 ff. Vertrauenshaftung 4 57 ff. – Zurechnung, materiellrechtliche 4 63 ff. Vertrauensschaden – Pseudonyme 4 64 – bei versehentlicher Angebotsabgabe 9 117 Vertriebsbindungen 8 83 ff. – aktiver Verkauf 8 87 f. – Ausnahmen nach Gruppenfreistellungsverordnung 8 86 – deutsches Kartellrecht 8 84 – europisches Kartellrecht 8 85 ff. – exklusiver Vertrieb 8 87 ff. – Marktmachtkriterium 8 86 – selektiver Vertrieb 8 91 ff. – schwarze Liste 8 86 Vickrey-Auktion 2 15; 4 42; 5 108; 11 66 Video-on-demand 14 49, 87, 95 – als elektronischer Versandhandel 14 115 Videostreaming 14 49 VOB/A – elektronische Angebotserçffnung 9 196 VOL/A – Angebotsabgabe, digitale 9 85 – Angebotsaufbewahrung bis zum Erçffnungstermin 9 92 ff. – Anschreiben 9 64 – Ausschreibung 9 50 ff. s. auch dort – Auswahl der Vergabeart 9 50 ff.

Stichwortverzeichnis – – – –

Bekanntmachung 9 48, 69 ff. Checkliste fr Vergabesoftware 9 46 ff. Hierarchie der Vergabeverfahren 9 51 als Maßstab fr Vergabesoftware 9 27 ff. – Phasen 9 46 – Regelungsadressat 9 28 – Signatur, elektronische 9 80, 85 – Vergabe nach Losen 9 59 – Vergabeunterlagen 9 57 ff., 75 – Vertragsbedingungen 9 63 – Vertraulichkeit 9 81 – Vorinformationsphase 9 47 ff. – Zuschlagskriterien 9 62 Volbroker-Plattform 8 55 Volksverhetzung 14 9, 36 ff. – Angriff auf die Menschenwrde 14 39 – „Antidiskriminierungstatbestand“ 14 37, 55 – Anwendbarkeit des deutschen Rechts 15 8 – Aufstacheln zum Hass 14 38 – Auschwitz-Lge 14 40 f. – Gewalt- und Willkrmaßnahmen 14 38 – Schutzrichtungen 14 37 – Stçrung des çffentlichen Friedens 15 8 – Ubiquittstheorie 14 42 Volkszhlungsurteil (E) 13 2 ff., 137, 143 f. Warenkorb, virtueller 4 51 f. – Funktionsweise 4 51 – Willenerklrung 4 52 warranties services 11 94 Webseiten – aktive 12 48 – Beschwerde- oder Ratingseiten 5 102 – als Datenbanken 10 6 – Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 57 – Gerichtsstandsvereinbarungen 12 14 – Internationale Zustndigkeit 12 47 ff. – Internationales Immaterialgterrecht 12 69 – Internationales Privatrecht 11 27, 90, 97, 103, 133 – Internationales Wettbewerbsprozessrecht 12 66 – als Marketinginstrument 11 97 – als Niederlassung 11 90 – passive 11 103; 12 48 f. – als Werbung 11 27, 103, 133 – Zurechnung 11 35 ff.

Webshop – Bereitstellen eines 4 8 – als Datenbank 10 9 – Datenbankhersteller 10 22 – Empfangsbesttigung 4 107 – Erreichbarkeit 5 26, 161 – Haftung des Marktplatzbetreibers 5 160 f. – Herkunftstuschung 10 51 – invitatio ad offerendum 4 49 – als urheberrechtliches Werk. 10 13 – Vertragsschluss 4 49 ff. – Warenkorb, virtueller 4 51 Werbung – absatzfçrdernde Aktivitten Dritter 11 35 – Alkoholwerbung 14 85 – Bannerwerbung 7 5 – Begriff 14 78 – Deutsches Internationales Verbraucherprozessrecht 12 56 – Einnahmen, Datenbankherstellerrecht 10 25 – irrefhrende 15 26 ff. s. auch dort – jugendmedienschutzrechtliche Generalklausel 14 84 – Nutzzungsprofile 13 131 f – Online-Glcksspiele 15 61 – Tabakwerbung 14 85 – Trennungsgebot 14 83 – und Verbreitungsrecht 6 56 – Werbetelefonie 13 88 – Wirtschaftswerbung 14 78 – Zurechnung 11 35 ff. Werkvertrag – Online-Auktionen 4 6; 5 20 f. Wettbewerbsrecht s. UWG Widerruf 4 94 ff. – Bereichsausnahmen 4 97 – Co-Shopping 4 99 – Datenverarbeitung 13 72, 131, 133, 138 – Erlçschen 4 100 – Finanzdienstleistungen 4 114 – Form 4 95 – Frist 4 95 – bei Online-Auktionen 5 119 – Rcksendungskosten 4 96 – Teilnahmevertrge 4 99 Wiedergabe, çffentliche – Hyperlinks 10 32 Willenserklrung, elektronische – Abgrenzung verkçrpert/unverkçrpert 4 35

757

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Abrufbereich 4 36 Agenten, elektronische 4 38 ff. Anfechtung 4 70 ff. Angebot ad incertas personas 4 30 Ausschreibungen 4 41 Bedingungen 4 31, 55 Bestimmtheit des Vertragspartners 4 30 Bestimmungsrecht 4 55 Bçrsen- und Matching-Systeme 4 53 ff. Co-Shopping 4 44 Geschft fr den, den es angeht 4 64 invitatio ad offerendum 4 41, 49 Online-Auktionen 4 30 ff. Produktkataloge 4 49 ff. Rechtsscheinhaftung 4 67 reverse auctions 4 42 Warenkorb, virtueller 4 51 f. Webshops 4 49 ff. Wirksamkeit bei Online-Auktionen 4 30 ff. – Zugang bei Online-Auktion 14 34; 4 40 WTO 8 9 – Government Procurement Agreement 9 10, 172 Xetra – Auftrge, limitierte und unlimitierte 4 56 – Automatisierungsgrad 4 56 – Willenserklrungen 4 56 Zensurverbot – als Grenze des Jugendschutzes 14 4 f. – Verbot der Vorzensur 14 5 Zertifizierungsdiensteanbieter 9 174 – Bestimmung im Vergabeverfahren 9 175 Zugnglichmachung, çffentliche – Hyperlinks 10 32 – Inline-Links 10 38 – Paperboy (E) 10 38 Zugang zum Marktplatz – Anspruch auf 8 68 ff. – Essential-facilities-Lehre 8 71 f. – kartellrechtliche Problemfelder 8 68 ff. – Kartellverbot 8 69 – Missbrauch marktbeherrschender Stellung 8 70

758

– sachliche Beschrnkungen 8 68 Zusammenschluss – bestimmender Einfluss 8 27 – gemeinsame Kontrolle 8 27 – horizontaler 8 36, 38 ff. – im Sinne der Europischen Fusionskontrollverordnung 8 26 – kartellrechtliche Definition 8 24, 27 – Konzentrationsprivileg 8 25 – Vetorecht 8 27 – vertikaler 8 36 ff. Zusammenschlusskontrolle nach deutschem Recht – Anwendbarkeit auf Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen 8 31 – Eingreifkriterien 8 33 ff. – horizontale Zusammenschlsse 8 36, 38 ff. – Lehre von der Doppelkontrolle 8 32 – Marktbeherrschungskriterium 8 34 – Verhltnis zur europischen Zusammenschlusskontrolle 8 31 Zuschlag, Vergabeverfahren – Auktionen, vergaberechtliche 9 229 – Bevorzugung digitaler Angebote 9 165 ff. – Informationspflicht 9 137 f. – bei berschrittenem Schwellenwert 9 137 ff. – unterhalb der Schwellenwerte 9 138 – vergabefremde Aspekte 9 158 ff. – Wartefrist 9 141 Zuschlag, Versteigerung – Rechtswirkung 4 18 Zustndigkeit, kartellrechtliche 8 9 ff. – bilaterale Zusammenarbeit 8 10 – Covisint (E) 8 10 – International Competition Network 8 10 – multinationaler Informationsaustausch 8 10 – WTO 8 9 Zweck bertragungsgrundsatz – Einstellen von Auktionsangeboten 10 55 – Spezifizierung der Rechte und Zwecke 10 55