Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung für das Sach- und Kollisionsrecht [1 ed.] 9783428485574, 9783428085576

Gegenstand der Arbeit sind Eigentums- und Besitzrechte an gestohlenen und illegal exportierten Kulturgütern. Kunstwerke

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Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung für das Sach- und Kollisionsrecht [1 ed.]
 9783428485574, 9783428085576

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ASTRID MÜLLER-KATZENBURG

Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung rur das Sach- und Kollisionsrecht

Schriften zum Internationalen Recht Band 72

Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung für das Sach- und Kollisionsrecht Von Astrid Müller-Katzenburg

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Müller-Katzenburg, Astrid:

Internationale Standards im Kulturgüterverkehr und ihre Bedeutung für das Sach- und Kollisionsrecht I von Astrid Müller-Katzenburg.- Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum Internationalen Recht ; Bd. 72) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08557-4 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-08557-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @>

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand überwiegend während meiner Teilnahme an dem Graduiertenkolleg ,,Internationalisierung des Privatrechts" der Universität Freiburg. Inhaltlich abgeschlossen wurde die Arbeit im Juni 1994 und als Dissertation von der Universität Freiburg angenommen im April 1995. Neuere Literatur, Rechtsprechung und Gesetzgebung konnten für die Drucklegung weitgehend noch bis Juli 1995 berücksichtigt werden. Meinem verehrten Doktorvater, Professor Dr. Hans Stoll, danke ich herzlich für die Betreuung der Arbeit. Ausdrücklich danken möchte ich außerdem Professor Dr. Kurt Siehr und Professor Dr. Patrick J. O'Keefe für die wertvollen Hinweise und großzügige Überlassung von Materialien, die m~ine Arbeit nachhaltig gefordert haben. Zahlreichen weiteren Personen und Institutionen bin ich für die bereitwillige Weitergabe von Informationen und Materialien ebenfalls sehr dankbar. Ohne die Unterstützung und Ermutigung durch meine Freunde und Familie hätte ich diese Arbeit nicht fertigstellen können. Mein ganz besonderer Dank gilt Karola und Christina für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts sowie Sabine und Georg für die vielen Stunden -letztlich erfolgreichengemeinsamen Ringens mit den Tücken des Computers. Gewidmet ist diese Arbeit meinen Eltern, die mir unendlich viel gegeben haben.

Hamburg, im Juli 1995

Astrid Müller-Katzenburg

Inhaltsübersicht A. EinfiihrUDg in das Thema ...................................................................................................... 25 I. Prob1eamtell\Dlg ........................................................................................................................... 25 II. Hiltorische Fntwicld\Dlg des Kuhurgiita-schut2red!.ts ................................................................ 30 ill. Aktuelle Situat.im im intematimalm. Kuhurgütcrhandel... ........................................................ 54

B. HauptteD ....................................................................................................................................... 60 1. Teil: GnmchOee der lntematiolllllen Rechtspralls im Kultureüterverkehr ........................... 61 I. Natimale Sendergesetze zm Regel\Dlg des Kulturgütecvukebrs............................................... 61 Il. Internatimale \Dld europaredJ.tliche Maßnahmen zm Regei\Dlg des Kuhurgiitecvukebrs ....... 90

m.

"Kulturgut" \Dld ,,natimales Kuhurgut" .................................................................................. 131

IV.

Herausga~ruch

des Eigentümers vm gestmlm.em Kuhurgut ........................................ 157

V. Herausgabeanspruch des Herkunftsstaats vm illegal exportiertem Kuhurgut ........................ 176 VI. Selb!Uufer1egte &werbsregeln der Museen \Dld des Kumthandels ........................................ 196

2. Teil: Ausleeune und Fortbildune des Sach- und Kollisionsrechts ..........................................220 I. Ausrichtung an den intematimalm. Standards im Kuhurgiitecvukd!r ................................... 220 Il. Neue Anlcnüpfimgsfonnm. in Fällen des gutgläubigen &werbs gestmimen Kuhurguts ...... 225 ill. Beachtung ausländischer Kuhurschut211onnm. in Fällen illegal exportierten Kuhurguts ...... 234 ill.1 AnukamlDlg der sachm.redJ.tlichm. Prägung vm Kuhurgut ................................................ 237 ill.2 Weitere Möglichkeiten zm Beachtung ausländischer Kuhurschut2regel\Dlgm. .................... 278 ill.3 Abwägung zwischen den lDlterschiedlichm. Lösun~egm. .................................................. 31 0 IV. Anforder\Dlgm. an die Gutgläubigkeit des &werbers ............................................................. 315 V. Vajähnmg \Dld Veawirkung vm Herausgabeansprüchen ...................................................... 333

C. Zusammenfassendes ErgebnJs............................................................................................349 I. .Bcfuod......................................................................................................................................349 II. Folgerungm. .............................................................................................................................350

Anhang ................................................................................................................................................ 355

Literaturverzeichnis ...................................................................................................................... 370 Register ...............................................................................................................................................378

Inhaltsverzeichnis A. Einfiihruog in das Thema ...................................................................................................... 25 I. Problarutell\mg ............................................................................................................................... 25

II. Historisdl.e Fntwickbmg des Kuhurgütersdl.ut:zrechts .................................................................... 30 1. BeuteredJ.t im Krieg ..................................................................................................................... 30 a) Recht zur ZerstönmgiDld WC~l'lahme vcn Kurutwerken ....................................................... 30 b) Aufkeimender Wandel der AnsdlauiDlgcn ............................................................................. 32 c) Etablimmg des Kuhurgütersdl.utu-IDld Restituticnsgedankcns ............................................ 34 2. Kuhurgutverlagmmgen in Zeiten des Kolcmialismus................................................................. 36 3. FntwiddiDlggesdzlidJ.er Regeln desKuhurgütersdl.utzes ......................................................... 38 a) Gesdzlid!.e RegeliDlgen des 19. Jal:u:b.IDlderts: Sd!.utz vcn Kuhurgütan bei be..~"" ncten Kcnflikten ....................................................................................................................... 38 b) AusddmiDlg des Kuhurgütersdl.utzes auf Friedenszeiten: AnerkcnniDlg der territorialen Bindung vcn Kulturgütan ............................................................................................ 41 c) Diskrepanz zwisd!.en Theorie IDld Praxis: Kuhurgütersdl.utz im Ersten IDld Zweiten Weltkrieg ................................................................................................................................. 46 d) Jüngere IDldjünjyte RegeliDlgen auf dem Gebiet des Kuhurgütersdl.utzes .......................... .49 4. Zusammenfassende Bewertung. ................................................................................................... 53

ill. Aktuelle Situaticn im intanaticnalen Kuhurgütemandel... ............................................................ 54 1. Bedeutung des intanaticnalen Handels mit Kuhurgütcm .........,................................................ 54 2. Ausmaß des illegalen Kuhurgüterverkehrs ................................................................................. 56

B. Hauptteil ....................................................................................................................................... 60 1. Teil: Gnmdzii&e der internationalen Rechtspraxis im Kulfw'liiterverkehr ............................ 61 I. Naticnale Sendergesetze zur RegeliDlg des Kuhurgüterverkehrs.................................................... 61 I. "VerredJ.tlidJ.IDlg" desKuhurgüterverkehrs ................................................................................ 61 2. Gemeinsamkeiten IDld Untersdl.iedenaticnaler Kultursd!.utzgesetze ......................................... 62 a) Gemeinsamkeiten .................................................................................................................... 62 b) Untersdl.iede ............................................................................................................................ 62 aa) SadJ.lidJ.er Anwcndun~eid!. ......................................................................................... 63 bb) Regel1Dl~ang .......................................................,. ...................................................... 65 cc) Gesetzetedmik .................................................................................................................. 65 3. Regebmjyt::rpcn ............................................................................................................................ 66 a) Kulturgut als !taatlid!.es Eigentum ......................................................................................... 66 aa) .,Sd!.at:zfund" ...................................................................................................................... 66 bb) "Umbrella Statutes" .......................................................................................................... 68 cc) Fntmg der Verkdlrsf'ahigkeit öffentlid!.en Kuhureigentums............................................ 70 dd) Untersdl.iedlid!.e intcmaticnale Kcnsequ= vcn !taatlid!.an Eigentum IDld vakchrsfeindlid!.an Staus .............................................................................................. 72

12

Inhahsverzeidmis b) Privatrechtsbeschräokmde dingliche Belrut\mg vm Kuhurgut ............................................. 73 aa) Das .,dominio eminmte" im druadorianisc:hm Recht ...................................................... 73 bb) Die .,öffmtlich-rechtliche Dierutbarkeit" im deutschm Recht.. ....................................... 75 c) Aufsdliebmd bedingtes Eigmtumsrecht des Staates .............................................................. 79 aa) Maßgeblichkeil des automatischm Eigmtumsezwerbs kraft Gesdzes............................. 80 bb) Maßgeblichkeil des Verfallzeitpllllkt.s............................................................................... 81 cc) Kmsequmzm des ~anisc:hm Gesdzgebers ..................................................................... 84 d) Privatrechtsbeschräokmde Ausfuhrverbbould have discovered, facts \W.idl form the basis of a cause of actiw", ebd 869. 422 Der Supreme Cowt hatte zur näheren Sadlvedlaltsautklänmg und Beweiserhebung zuriickverwiesen und dabei die vom trial cowt in cmcreto :ru berücksidltigenden Kriterien vorweggenommen, O'Keefe v. Snyder(o. Fn.413, S.Ct.) 870. 423 Bator, 34 Stan.L.Rev. :275,353 Fn.139 (1982). 424 Cypros v. Goldberg, 717 F.Supp. 1374, 1389-1391 (S.D.Jnd 1989), afl'd 917 F.2d 278, 289f (7th Cir. 1990). 425 Cypros v. Goldberg (vorige Fn.) 1380. 426 Cypros v. Goldberg (o. Fn.424) 1386f, afl'd 288f.

IV. Herausgabeanspruch des Eigentümers vcn ge&chlenem Kulturgut

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halb konnte die im März 1989 eingereichte Klage Zyperns auf Herausgabe der unstreitig vor 1979 gestohlenen Apsismosaiken noch als rechtzeitig angesehen werden, denn nach dem Indiana Code verjähren Ansprüche auf Wiedererlangung des Besitzes an beweglichen Sachen in sechs Jahren seit Entstehung des 427 Klagegrundes .

cc) Demand and refusal rule Die Beispiele zeigen, daß die Erfolgsaussichten einer Klage auf Herausgabe gestohlenen Kulturgutes nicht nur von der Dauer der Verjährungsfristen, sondern mindestens genauso davon abhängen, wann der Lauf der Verjährungsfrist beginnt. In den USA variiert die Dauer der Verjährungsfristen für Klagen auf Herausgabe von Mobilien je nach Bundesstaat zwischen zwei und zehn Jahren428. Dabei wird der Ve~ährungsbeginn in den wohl meisten Staaten ebenso wie in 0 'Keefe v. Snyder 29 und Cyprus v. Goldberg430 nach der discovery rule bestimmt431 . Eine -gerade im internationalen Kulturgüterverkehrwichtige Ausnahme bildet der Bundesstaat New York. Dort beginnt die (dreijährige432 ) Verjährungsfrist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich erst dann zu laufen, wenn der Kläger die Sache von dem Besitzer herausverlangt und dieser die Forderung zurückgewiesen hat (demand and refusal ru/e). (1) Die demand and refusa/ rule spielte in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, in denen New Yorker Gerichte über die Herausgabe von Kunstwerken zu befinden hatten, eine buchstäblich entscheidende Rolle. Das war bei dem Gemälde von Chagall so, das Erna Menzel noch mehr als zwanzig Jahre nach dem Verlust des Bildes von dem gutgläubigen Erwerber Albert List zurückverlangen konnte433 ; das war auch bei den 1945 verschwundenen Dürer427 lC. § 34-1-2-1 (Bums 1986), wiedergegeben in Cyprus v. Goldberg (o. Fn.424) 1385. 428 s. da:ru Knott 40 mNw.

429 O'Keefe v. Snyder, N.J. 416 A2d 8862 (S.Ct. 1980). 430 Cyprus v. Goldberg (o. Fn. 424). 431 Siehr, Symposium 49 Fn.40. -Diese Tatsache hätte in dem bekmmten Fall des ge&chlenen Quedlinbuger Domschatzes eine wichtige Rolle spielen körmen, wenn er nicht vcn der Bundesn:publik und der Kllltuntiftung der Länder vcn den Erben des Diebes für immedrin f~ $ 3 Millicnen :rurückgekauft, sendem vor den texanischen Gerichten herausgeklagl worden wäre. Auch in Texas gih nämlich die discovery rufe, vgl. State Bar Committee on Legal Aspects ofthe Arls, Tex. Bar J. 237, 238 (1992). 432 N.Y. Civil Pradice Law & Rules § 214 (3), McKinney 1990. 433 Menzel v. List (o. Fn.413).

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B. I. Teil: Gnmdzüge der intematimalen Rechtspraxis im Kuhurgüterverkdrr

Porträts von Hans und Felicitas Tueher so, die die Kunstsammlungen zu Weimar in dreizehnjährigem Rechtsstreit von dem Rechtsanwalt Elicofon herausforderten und 1982 schließlich zugesprochen bekamen434 . (2) Bei Monets Gemälde "Champ de Ble a Vetheuil" hing die erstmals 36 Jahre nach Abhandenkommen des Bildes erhobene Herausgabeklage der ursprünglichen Eigentürnenn DeWeerth gegen die fünfundzwanzigjährigen Besitz vorweisende Beklagte letztlich ebenfalls von der demand and refusa/ ru/e bzw. von der Frage ab, ob diese Verjährungsregel durch das Erfordernis der due di/igence zu ergänzen ist435 . Dieser Fall, obwohl bereits 1987 rechtskräftig entschieden, ist mittlerweile erneut aufgerollt worden436 . Nachdem die New Yorker Gerichte in der Sache Guggenheim v. Lubell erst jüngst wieder betont haben, daß die einzig relevanten Faktoren zur Bestimmu~ des Verjährungsbeginns die Zeitpunkte von demand and refusa/ seien43 , ist auf den Antrag von Frau DeWeerth das Verfahren um das Monet-Gemälde wieder aufgenommen worden. In dem ersten Prozeß, in dem wegen der unterschiedlichen Staatsrufehörigkeit der Parteien die Zuständigkeit der Bundesgerichte gegeben war43 , hatte nämlich der United States Court of Appeals for the Second Circuit die Meinung vertreten, "that the New York courts would impese a duty of reasonable diligence in attempting to locate stolen property, in addition to the undisputed duty to make a demand for return within a reasonable time after the current possessor is identified"439 . Aufgrund dieser Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon ( o. Fn.386). 435 DeWeerth v. Baldinger, 658 F.Supp. 688 (S.D.N.Y. 1987), rev'd 836 F.2d 103 (2d Cir. CA 1987), cert.den. 108 S.Ct. 2823 (1988). 436 DeWeerth v. Baldinger, 804 F.Supp. 539 (S.D.N.Y. 1992); rev'd 28 Fed Rules Serv 3d 1231, 24 F.3d 416 (2d Cir. CA 1994) \Dld dam Siehr, IPRax 1993, 339f. 437 Solomon R. Guggenheim Foundation v. Lube/1, 153 AD. 2d 143, 550 N.Y.S.2d 618 (App.Div. Ist Dcpt. 1990), leave to appeal granted 554 N.Y.S.2d 992, afl'd 77 N.Y. 2d 311, 567 N.Y.S. 2d 623, 569 N.E.2d 426 (N.Y. 1991) 427: "We agree with the Appellate Divisioo that the timing of the museum's dcmand for the gouadle and the appellant's refusal to ntum it are the mly relevant factors in assessin.g the merits of the Statute of Limitatims defense." 438 Wahlgeridltsstand bei diversity of citizenship der Prozeßbaeiligten (diese kämen zwischen der Zuständigkeit der ein.zelstaatlidlen \Dld der Bundesgeridlte wählen; anwendbar ist aber in jedem Fall nur das jeweilige ein.zelstaatlidle Recht). 439 DeWeerth v. Baldinger, 836 F.2d 103, 108 (2d Cir. CA 1987). -Ein Circuit Court of Appeals muß so entsdleiden, wie das oberste Geridlt des jeweiligen Bundesstaates entsdleiden würde. Jn cmcrao gab es zwar keinen New Yorker Präzedenzfall fUr die Entsdleidung des Secmd Circuit, so daß er "an estimate ofwhat the state'shigbest cowt wouldruleto be its law" madlte (aaO); kritisdl dam der New Yorker Court of Appeals (Vorlagcpflidlt wegen offener Rechtsfrage) in: Guggenheim v. Lube/1, 569 N.E.2d 426, 429f (N.Y. 1991). Zur inhaltlidlen Kritik an der "De Weerth rule" vgl. insbes. Drwn, 64 N.Y.Univ.L.Rev. 990-945 (1989). 434

IV. Herausgabeanspruch des Eigentümers voo gestohlenem Kulturgut

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Einschätzung des maßgeblichen New Yorker Rechts war der Second Circuit zu dem Ergebnis gelangt, daß die Herausgabeklage verjährt und deshalb abzuweisen sei. Die Klägerin, deren ,,Monet" gegen oder kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland abhandengekommen und 1981 von ihrem Neffen Peter von der Heydt in einem 1974 erschienen Werksverzeichnis von Monet wiederentdeckt worden war, habe nicht sorgfältig genug nach ihrem Gemälde gesucht. (3) Mit dem gleichen Argument versuchten Mrs. Lubell und das Metropolitan Museum of Art die gegen sie gerichteten Herausgabeansprüche hinsichtlich einer in den sechziger Jahren aus dem Guggenheim-Museum gestohlenen Gouache von Mare Chagall und eines illegal aus der Türkei exportierten lydischen Schatzes abzuwehren. Die 1912 entstandene Vorstudie für Chagalls Ölgemälde ,,Der Viehhändler" (Wert ca. $ 200 000) war 1985, also gut zwanzig Jahre nach dem Diebstahl, von einer Sotheby's-Angestellten, die vormals im Guggenheim-Museum beschäftigt gewesen und der eine Abbildung der Gouache zu Schätzzwecken gezeigt worden war, als das gestohlene Bild wiedererkannt worden. Die daraufhin auf Herausgabe des Bildes verklagte Besitzerin konnte geltend machen, daß das Guggenheim-Museum weder andere Museen, Galerien und Künstlerverbände noch die Polizei, das FBI oder Interpol über den Diebstahl des "Chagalls" informiert hatte. Nach Angaben des Museums war das aus "taktischen Erwägungen" nicht geschehen, weil das Publikmachen des Diebstahls das Bild noch weiter in den Untergrund geführt und die Wahrscheinlichkeit seines Wiederauftauchens verringert hätte440. Das erstinstanzliehe New Yorker Gericht sah DeWeerth v. Baidinger als Leitentscheidung an und gab dem Antrag auf Klagabweisung im abgekürzten Verfahren durch ein summary judgement statt441 . Demgegenüber vertraten die Appellale Division und der Court of Appeals jeweils einstimmig die Ansicht, daß mangelnde Sorgfalt des Eigentümers bei der Suche nach seiner Sache keinen Einfluß auf den Verjährungsbeginn des Herausgabeanspruchs habe, sondern allenfalls als Verwirkungseinwand (defense of laches) berücksichtigt werden könne. Dazu müsse der beklagte Erwerber jedoch beweisen, daß der Kläger nicht sorgfältig genug nach seinem Eigentum gesucht und deshalb die Anspruchserhebung ungebührlich verzögert habe und er gerade

440 Guggenheim v. Lubell, 569 N.E.2d 426,428 (N.Y. 1991). 441 Das Urteil i& nicht veröffentlicht. Sein Inhalt ergibt sich aber aus der Begnmdung des zweitirutan.zl.i.chen Urteils: Guggenheim v. Lubell, 550 N.Y.S.2d 618, 619 (App.Div. 1990).

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B.

1. Teil: Gnmdzüge der intematiooalen Redltspraxis im Kulturgüterverkd!r

dadurch geschädigt (prejudiced) sei. Das könne aber nicht im abgekürzten Verfahren, sondern nur in einemjury trialgeschehen442 . (4) Diese Entscheidung, die die bundesgerichtliche Auslegung und Anwendung des New Yorker Rechts in der Sache DeWeerth v. Baidinger als unrichtig widerlegt hat, gab Frau DeWeerth Anlaß und gemäß den Federal Ru/es of Civil Procedure auch das Recht, Antrag auf Wiederaufnahme des bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahrens um ihren ,,Monet" zu stellen443 . Auf ihren Antrag hin ist das frühere erstinstanzliehe Urteil, in dem die Verjährung ihres Herausgabeanspruchs verneint und dem Anspruch stattgegeben worden war, wiederhergestellt worden. In dem Urteil hat der United States District Court for the Southern District of New York außerdem entschieden, daß die defense of lach es nicht greife, da nicht bewiesen sei, daß die beklagte Besitzerin gerade durch die Säumnis der Klägerin geschädigt worden sei444 . (5) Dasselbe Bundesgericht war zwischenzeitlich bereits in der oben erwähnten Sache Republic of Turkey v. Metropalifan Museum in Abkehr der Entscheidung des Second Circuit der Argumentation der New Yorker Gerichte in Guggenheim v. Lubell gefolgt. Deshalb hat es in dieser Sache den auf den Einwand der Verjährung und die Entscheidung in DeWeerth v. Baidinger gestützten Antrag des Museums, die Herausgabeklage der Türkei in einem summary judgement zu bescheiden, abgelehnt. Vielmehr sei eine etwaige Verspätung der Türkei, die angeblich bereits 1973 von dem Verbleib des lydischen Schatzes wußte, nur im Rahmen des Verwirkungseinwandes zu berücksichtigen und dazu zunächst festzustellen, ob das beklagte Metropolitan Museum durch die verzögerte Klageerhebung überhaupt einen Nachteil erlitten habe445_

1994 ist in den USA keine weitere Entsdleidung in der Sache veröffentlicht worden. Maßgeblich ist insofern die Generalklausel in Rule 60 (b) (6), wooach "any ~er reasoo justifying relit'f from the qJeratioo of the judgement" die Wiederaufuahme eines Zivilprozesses geronttt. -Näher dazu Siehr, IPRax 1993, 339, 340. 444 DeWee11h v. Ba/dinger, 804 F.Supp. 539, 553f (S.D.N.Y. 1992). Diese Entsdleidung ist jedoch aus proussualen Gründen vom US Court of Appeals for the Secood Circuit wieder aufgehoben worden: 28 Fed Rules Serv 3d, 24 F.3d 416 (2nd Cir. C.A 1994). 44S Republic ofTurkey v. Metropoliran Museum ofArt, 762 F.Supp. 44,46 (S.D.N.Y. 1990). -In einem atillergerichtlichen Vergleich hat sich das MMA mittlerweile dazu VeqJflichttt, die herausverlangten Objekte, ca. 200 kleinformatige Gold- Wld Silberfunde aus der Zeit voo Kärig Krösus, an die Türkei Zll!Üdaugebben, vgl. Presseerklänmg des MMA vom 22.9.1993. Über den Erwerb dieses lydischen Schatzes durch das MMA berichttt bereitsMeyer 88ff. 442 Bis Juli 443

IV. Herausgab~rudl des Eigentümers vm gestohlenem Kuhurgut

175

(6) Mittlerweile hatte auch der Second Circuit erneut Anlaß, zu der Verjährung von Ansprüchen auf Herausgabe abhandengekonunener Kunstwerke Stellung zu nehmen: In einem Prozeß zwischen dem Restaurator mehrerer abgenonunener Wandmalereien und dem Eigentümer des Gebäudes hat er die Gelegenheit genutzt, um von seiner Entscheidung in DeWeerth v. Baidinger abzurücken und sich dem anzuschließen, was die New Yorker Gerichte als New Yorker Recht befunden haben, ,,namely, that there is no due diligence requirement affecting running of statute of limitations in actions for repossession of lost or stolen art"446 .

dd) "The better rule gives the owner relatively greater protection" Zusanunenfassend läßt sich feststellen, daß die amerikanischen Rechte dem Eigentümerschutz eine hohe Stellung einräumen. Das zeigt sich bereits an dem Grundsatz des Conunon Law, wonach der Gutglaubenserwerb an einer gestohlenen Sache grundsätzlich ausgeschlossen ist (nemo dat-Regel). Obwohl die Verjährungsfristen fiir Herausgabeklagen relativ kurz sind, haben die Gerichte mit ihrer Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn dafiir gesorgt, daß die Eigentümer von Kunstwerken in den USA regelmäßig länger geschützt sind als sie es aufgrundder Ersitzungs- und Verjährungsfristen in den kantinentaleuropäischen Rechten sind. Vor allem in New York, das als bedeutendstes Zentrum des internationalen Kunsthandels seinen Gerichten besonders viele Rechtsstreitigkeiten aus diesem Bereich beschert, wird dem Eigentümerschutz bei Kunstge~enständen bewußt der Vorrang vor dem des gutgläubigen Besitzers gegeben4 7 . Insofern machen die Gerichte auch keinen Hehl daraus, daß der Verjährungsbeginn entsprechend der demand and refusal rule zu bestinunen ist, eben weil diese Regel einen umfassenden Eigentümerschutz ge446 Hoelzer v. City of Stamford, Connecticut, 933 F.2d 1131 (2d Cir. 1991), affirming 722 F.Supp.1106 (S.D.N.Y. 1989). -In diesem Fall ging es wn die Eigentumsredlte an mehreren großformatigen Wandmalereien, die Mitte der dreißiger Jahre im Rahmen des Works Progress Administratim ("W.P.A") Programms vm dem Kürutler James Daugberty fi1r die Stamford High Sd10ol angefertigt wurden. 447 s. da:lll die mmmehrige Einschätzung der policy der New Y orker Gerichte durch den Secmd Circuit in Hoelzer v. City ofStamford (vorige Fn.) 1138: "Because art work can be both extremely valuable and higbly marketable to an IDlderground clientele, the difficuhies original owners face in recovering missing art aboiDld Recogpizing this dilemma, the New York Court of Appeals adq>ted a policy tailoced to alleviate that burden." Zur Bevor:lllgung des Eigentümers gestohlener- oder Solitan Museum of Art) und da2ll Knou 144; die AphroditenStatue (J. Paul Getty Museum) und da211 Bohn-Spector, PAN 7/1990, 36, 45; den lydischen Schatz (Metrq>olitan Museum ofArt) und da211 o. Fn.445; das Poussin-Gemälde "Die heilige Familie auf den Stufen" und da211 o. Fn.497; weitere ~iele beiMeyer SOff.

VI. Selbstauferlegte Elwerbsregeln der Musem lDld des Kunsthandels

197

Museumsverbände haben hierauf mit dem Erlaß von selbstauferlegten Erwerbsregeln reagiert. Darüberhinaus haben die Verbände ihren Mitgliedern empfohlen, eigene Verhaltensregeln zu verfassen529 . Dieser Empfehlung sind mittlerweile sehr viele Institutionen nachgekommen, vor allem Museen in den USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Südafrika. Ihre Kodiftkationen nennen sich Code of Ethics, Acquisition Guidelines, Policy on Museum Acquisitions, Policy Regarding Acquisition ofCultural Property, Statement of Principles and Policies on Ethics and Conduct und ähnlich. Dem Trend zur Selbstregulierung konnten sich auch die Kunst- und Antiquitätenhändler sowie die großen Auktionshäuser nicht entziehen, zumal sich die Mehrzahl der Prozesse im internationalen Kulturgüterverkehr gegen einen von ihnen richtet. Die nationalen und internationalen Berufsverbände des Kunst- und Antiquitätenhandels sind dem Beispiel der Museen gefolgt. ,,Angesichts der weltweiten Besorgnis über den Handelsverkehr mit gestohlenen Antiquitäten und Kunstwerken und der illegalen Ausfuhr solcher Objekte" haben sie Verhaltensnormen aufgestellt, die den weltweiten Handel mit Kul.. turgutern regeIn soIIen530 .

2. Beschreibung der Codes Die Erwerbsregeln der Museen und der Kunst- und Antiquitätenhändler sind neueren Datums. Zwar veröffentlichte die American Association of Museums bereits 1925 einen Code ofEthics531 . Die meisten offiziellen Erklärungen zur Selbstregulierung des Kulturgüterverkehrs stammen jedoch aus den

S29 s. zB. AAM, Museum Ethics (1978) 10; Associatim of Art Museum Diredors (USA), Professimal Practices in Art Museums (1981 ), Ziff. 9-13; Museums Associatim of Australia, Museum Ethics & Practice (1982), Ziff. 3.2; ICOM, Code of Professimal Ethics (1986), PräambellDld Ziff. 3.1. SJO Vgl. BDKA, Verhahmskodex fur dm intematimalen Handel mit Kumtwaken, Präambel, abgedr. im Anhang I; ebenso bereits Cmfederatim Internatimale des Negociants en Oeuvres d'Art, Code de Demtologie Applicable au Commerce Jntematimal des Oeuvres d'Art (1987), Ziff 1; Code of Practice of UK Fine Art and Antiques Trade Mcmbers, Code of Practice for the Cmtrol of Jnternatimal Trading in W orks of Art, Ziff. 1, abgedr. in Jnt. Sales I, Annexes 677; Associazime Antiquari d'Italia, Regolamento per l'uso del marebio associativo (1992); Jntematimal Associatim of Dealers in Ancient Art (IADAA), Art. 12 Rules of IADAA: Code of Ethics and Practice (1994) lDld dazu Tessmar, Antiken-Ethik- Der Kodex der IADAA, FAZ vom 11.2.1995, 8.35. SJl Vgl. Prott & O'Keefe Rz254. Später veröffentlid!.te die AAM revidierte Fassungen, s. "Museum Ethics" (1978), "The AAM Code ofEthics for Museums" (1991) lDld dazu DuBoffii 312(

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B. 1. Teil: Gnmdziige der intematirnalen Redl.~raxis im Kulturgiiterverkdu'

siebziger, achtziger und neunziger Jahren532 . Sie können bei den einzelnen Museen und Verbänden eingesehen oder angefordert werden. In allgemein erhältlichen Zeitschriften werden dagegen in der Regel nur die Codes des Internationalen Museumsrates (ICOM) sowie der nationalen Museums- und Kunsthandelsverbände veröffentlicht533 . Da es auch ansonsten -zumindest im deutschsprachigen Raum- an Literatur zu den Codes weitgehend fehlt534, enthält die folgende Darstellung der selbstauferlegten Erwerbsregeln der Hauptakteure im Kulturgüterverkehr zahlreiche Textbeispiele. a) Regelungsumfang Der Umfang und die Regelungsdichte der Codes ist sehr unterschiedlich. Die der Kunst- und Antiquitätenverbände enthalten nur fiinf bis zehn Punkte, die meist auf eine Din A 4-Seite passen. Manche Museen fassen sich ähnlich kurz. In der Regel sind die von ihnen aufgestellten Verhaltensnormen jedoch ausführlicher und erheblich umfangreicher. Zum Beispiel hat das Royal Ontario Museum ein Statement of Princip/es and Policies on Ethics and Conduct veröffentlicht, das mehr als einhundert Seiten umfaßt535 . Üblich ist ein Umfang von drei bis vierzig Seiten. Außer Erwerbsregeln, die sich auf den käuflichen Erwerb, Schenkung, Tausch und Erbschaft beziehen, behandeln die Codes der Museen oft auch 532 Vgl. die im Folgenden Wld bei DuBoffl, Appendix 559-594 abgedr. Textbeispiele sowie die AufzählWlg bei Pro« & O'Keefe Rz254. 533 s. zB. ICOM, Reoommendatirns rn Standards of Museum Acquisitirns (1970), Museum News, 4/1972; AAM, Museum Ethics ( 1978), Museum News, 3-4/1978; Museums Associatirn (GB), Code of Pradi.ce for Museum Authorities (1977), Museums Yearbook 1986, 6-8 Wld Code of Crndud for Museum Curators (1985), Museums Yearbook 1986, 9-14; s. aber audJ. die Veröffentlid!.Wlg der Museum.Codes der Universi.ty of Califom.ia, Berltember 1973, Wld der Antiquities Acquisitirn Policy (1987) des J. Paul Getty Museum in Pinkerton, 22 J.Int'l L. 26f (1990). 534 s. aber jiinw;t Siehr, Intl Art Trade 177-182 Wld aus dem intematirnalen Sdnifttum: Lewis 557-565; Bator, 34 Stan.L.Rev. 357-362 (1982); Pro« & O'Keefe Rz252-284; DuBoffl, Kapitel 8 (mit Beiträgen vrn Hamilton, Amory, Naftiger, Griffin WldElsen) mit Textbsp. im Anhang 559-595; DuBoff li 300f Wld 312f; Naftiger, Regulatirn By The Intematirnal COWlcil Of Museums: An Example of The RoJe of Nrn-Govemmental Organi.zßti.rns in The Transnatirnal Legal Proccss, 2 J.Int'l Law and Policy 231-253 (1972). -Zu Ve.thaltensridJ.tlinien in der intematirnalen WirtsdJ.aft s. Horn, RabelsZ 44 (1980) 424-454 Wld allgemein :rur redJ.tlidJ.en Bedeutung freiwilliger Ve.thaltensregeln der PraxisFerguson, 12 J.Bus. L. 12-19 (1988). 535 The Royal Ontario Museum (Kanada), Statement of Principles and Policies rn Ethics and Crndud, prq>ared by the Committee rn Ethics and Crndud (1982).

VI. Selbstauferlegte Erwerbsregeln der Museen tmd des Kunsthandels

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Dokumentations- und Konservierungspflichten, Ausstellungs-, Veräußerungsund Finanzierungsgrundsätze, Sammlungsschwerpunkte, gutachterliehe Tätigkeiten und weitere Fragen der Museumsaktivitäten und -Organisation. Sie enthalten dabei sowohl generelle Erklärungen zur Funktion der Museen und zum Schutz des Kulturerbes der Menschheit als auch konkrete Handlungsanweisungen und Verbote. b) Erkundigungspflichten und Erwerbsverbote Insbesondere enthalten die Codes Erkundigungspflichten und Erwerbsverbote für Objekte zweifelhafter Herkunft. (1) So heißt es etwa in dem Code of Professional Ethics des Internationalen Museumsrates: "The illicit trade in objects destined for public and private collectirns encourages the destrucrim ofhistoric sites, local ethnic cuhures, theft at both natirnal and intematirnallevels, places at risk endangered species of flora and fatma, and crntravenes the spirit of natirnal and intematirnal patrimrny. Museums should recüj!pi.ze the relatirn&Up bc:tween the marketplace and the initial and oftm destrucrive taking of an object for the commercial marktet, and mu.st recüj!pi.ze that it is hii!):Uy tmdhical for a museum to support in any way, whdher directly or indirectly, that illicit marktet. A museum should not acquire, whdher by purd:lase, gift, beque& or exd:lange, any object unless the goveming body and resprnsible officer are satisfied that the museum can acquire a valid title to the specimen or object in que&irn and that in particular it has not been acquired in, or exported from, its cotmtry of origin and/or any intermediate cotmtry in whid:l it may have been legally owned (including themuseums's own cotmtry), in violatim ofthat cowtry's laws."536

Diese Formulierung des Internationalen Museumsrates ist von mehreren nationalen Museumsverbänden aufgegriffen und genauso oder in leicht modifi...~ . Form m . 1.hre Codes rrutaw.genommen z1erter worden537 . Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Codes der einzelnen Museen~i3 8 . Außer dem Verbot, gestohlene oder illegal exportierte Kulturgüter zu erwer536 ICOM Code of Professirnal Ethics (1986), Ziff. 3.2, in: ICOM, Statutes/ Code of Professirnal Ethics, Paris 1990, 23-35. 537 s. zB. Museums Associatirn (GB) Code ofPracrice for Museilm Authorities (1977), Ziff. 4.5; AAM, Museum Ethics (1978) 12; Southem African Museums Associatirn, Code of Ethics of the Southem African Museums Associatirn (1979), Ziff. 4.4, 4.6; Museums Associatirn of Au.stralia, MuseumEthics & Pracrice (1982), Ziff. 4.4, 4.6. 538 Z.T. i5t die Formuliertmg fast identisd:l Zll der der Museumsverbände, s. Durban Museums Policy Manual (1988), Part III: Ethics, Procedures, Rules and Guidelines, Ziff.l.2 (2): "The Durban Museumshall not knowingly acquire, whdher by purd:lase, gift, beque& or exd:lange, any specimen or

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B. 1. Teil: Gnmdziige da- intematimalen Redltspraxis im Kulturgüterverkehr

ben, enthalten auch sie regelmäßig entsprechende Erkundigungs- und Untersuchungspflichten. Als Beispiele seien hier die Policy for Acquisitions des J. Paul Getty Museum und die Acquisition Guidelines des Art Institute of Chicago angeführt. Das Getty Museum erklärt: "(Ill. Cmditims)

1. ... 2. No object will be approved for acquisitim if it is ~ected of being illegally exported from it co\Dltry of origin or imported into the Uilited States. 3. No object will be approved for acquisitim without assurance that valid and legal title can be transferred to the Museum. 4. The J. Paul Getty Museum will abide by all Uilited States and intematimal law cmceming transfer of OIWersbip and transpartatim across bOIDldaries.

5. Every cffort will bemade by the Museum to inquire into theprovenance ofthe acquisitim. To accompli:D this, statf manbers will cmsult as is necessary and reasmable with their colleagues and Museum counsel". 539

Folgende Regelung hat das Art Institute of Chicago getroffen: (1) The Art Jrutitute of Chicago will take reasmable precautims to assure itself that any object it aoquires througll purd!.ase, gift, or bequ~ has nct, withiD a reoent time, \Jeen exported from its 00\Dltry of origin (and/or the 00\Dltry where it was la&t legally OIWed) in violatim ofthat 00\Dltry' slaws. (2) The Art Jnsitute of Chicago will take reasmable precautims to assure that it can have valid title to an object. 540

(2) Einige Museen schreiben außerdem ausdrücklich vor, daß bei zweifelhaften Kulturgütern ausländischen Ursprungs die zuständigen ausländischen Stellen zu konsultieren sind. Das ist beispielsweise in der Policy of Museum Acquisitions der Smithsonian Institution vorgesehen: "In the case of a subSalltial prq~osed acquisitim of foreign provenance whose 30Cq)tability is in cmtad the competent authorities or correspmding natimal museums

qu~m. the Jmtitutim will

object IDlless the goveming body or respmsible officer, as apprq~riate, is satisfied that the Museum can aoquire a valid title to the objed in qu~m and that in particular it has nct been aoquired in, or exported from, its 00\Dltry of origin (and/or any intermediate 00\Dltry in whid!. it may have been legally OIWed) in violatim ofthe COIDltry's laws relating to the export of its cuhural treasures. "; fa&t wörtlidJ. ebenso Queensland Museum, Code ofEthics (Australien-1982), Ziff.2.2. ~3 9 The J. Paul Getty Museum, Policy for Acquisitims ("approved by the Board of Trwtees m .June 26, 1980; amendedFebruary 24, 1984; revised September 12, 1986"). 540 The Art Irutitute of Chicago, Acquisitim Guidelines (1981); s. audJ. Harvard Univ. Art Museums, Statement ofPolicy (1978), Appendix 1, Ziff.l-5, abgedr. im Anhang II.

VI. Selbstauferlegte &werbsregeln der Museen tmd des KIIIllithandels

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ofthe probable COIDltries of origin, or the COIDltries whose laws may be affeded by the transactioo,

in order to detamine whether the latter can advise the Jnstituticn as to the status of the object....54 1

Das Getty Museum hat sich darüberhinaus in seiner neuen Antiquities Acquisition Policy dazu verpflichtet, vor jedem Erwerb eines bedeutenden Objektes den zuständigen Behörden des mutmaßlichen Herkunftslandes Fotografien zu schicken, um sicherzustellen, daß keine Einwände oder Klagen in Bezug auf diesen Gegenstand zu erwarten sind. Außerdem sollen weitere Fotografien der International Foundation for Art Research (IF AR) geschickt werden, um mit deren aktueller Liste gestohlen oder vermißt gemeldeter Objekte verglichen zu werden542 . Eine ausdrückliche Erkundigungspflicht beim Art Loss Register, dessen New Yorker Büro von der IFAR geführt wird, sieht auch das Metropolitan Museum of Art in seiner jüngst verabschiedeten Acquisition Policy für alle Neuerwerbungen ab$ 35 000 vor543 .

c) Sachlicher Anwendungsbereich (1) Die Technik bei der Festlegung der Gegenstände, auf deren Erwerb ein Museum gemäß seinem Erwerbskodex ausdrücklich verzichtet, variiert. Sehr verbreitet ist die Aufzählung der unerwünschten Gegenstände, wobei neben gestohlenen und illegal exportierten oft auch solche Kulturgüter genannt werden, die bei unerlaubten Grabungen gefunden wurden. In dieser Weise verfahren etwa die Museen der Berkeley-Universität, die in ihrem Policy Statement on the Ethics ofAcquisition ofArt and Antiquities bestimmen: "The Lowie Museum of Anthrq~ology and the Uiriversity Art Museum, the Uiriversity of California, Berkeley will use their best efforts to cnsure that any objeds to be acoessiwed to their respective collectiws has nrt becn (l) Excavated without pmnit, where sudl pmnits are required, whether in the United States or abroad;

(2) Stolm from a private collecticn, a dealer in art andlor antiquities, a museum, or a natiwally desigoated mwummt; or

!54l Smithsonian Jnstitutioo, Policy m Museum Acquisitiws (1973), Ziff. 3(b) S.l, abgedr. bei DuBoffi, Appmdix 593-.595; s. audl ICOM Code of Professiooal Ethics (1986), Ziff. 8.5: "Where

there is reasm to believe or susped illicit or illegal transfer, import or export, the competent authorities mould be nctifi.ed."

!54l The J. Paul Gdty Museum, Antiquities Acquisitim Policy (1987), Ziff. 2, abgedr. bei Pinkerlon, 22 J.Jnt'l L. 26f (1990). !54l Das Metr~olitan Museum hat seine neue Policy im Februar 1994 verabsdJ.iedet, Jnt'l Art & Antique Loss Reg. -1993/94 Ann.Rev., 26. -Näher zum ALR tmtm 2. Teil IV.3.

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B. I . Teil: Gnmdzilge der intematiooaltn Rechtspraxis im Kuhurgüte.rverkdrr

(3) Exported from its COWltry of origin in violatim ofthe laws ofthat COWltry and/or the coWltry \Were it was legally owned. " 544

(2) Andere Museen zählen die unerwünschten Gegenstände nicht einzeln auf, sondern erklären von vornherein nur solches Kulturgut für erwerbsfähig, das unter Beachtung aller einschlägigen Gesetze des Herkunftslandes gesammelt, erworben und ausgeführt wurde. In diesem Sinne formuliert das New Yorker Museum ofthe American Indian- Heye Foundation: "Specimms ~all be acquired wly \Wtn the MAI-HF has determined tothebest of its ability that they have becn collected, exported, and imported in fu11 compliance with the laws and regulatioos of the COWltry or COWltries of origin, of the federal govemment of.the United States, and of individual States within the United States"545.

d) Rückgabe regelungswidrig erworbenen Kulturguts (1) Eine explizite Regelung für den Fall, daß ein Museum trotz seiner Grundsätze in den Besitz eines illegal gehandelten Kulturgutes gelangt, ist zwar nicht in allen Codes enthalten. Die meisten sehen jedoch die Rückgabe an den rechtmäßigen Besitzer bzw. an das jeweilige Herkunftsland vor. Zum Beispiel ,,garantiert" das Royal Ontario Museum, " ... to r~ect at all times the cultural heritage of its own COWltry and that of