Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb: Rechtliche Möglichkeiten zur Abwehr von Wettbewerbsstörungen und ihre Grenzen [1 ed.] 9783428460625, 9783428060627

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Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb: Rechtliche Möglichkeiten zur Abwehr von Wettbewerbsstörungen und ihre Grenzen [1 ed.]
 9783428460625, 9783428060627

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KLAUS-GEORG MOOK

Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb

Schriften zum Internationalen Recht Band 36

Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb Rechtliehe Möglichkeiten zur Abwehr von Wettbewerbsstörungen und ihre Grenzen

Von

Dr. Klaus-Georg Mook

DUNCKER &

HUMBLOT I BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Mook, Klaus-Geor1: Internationale Rechtsunterschiede und nationaler Wettbewerb: rechtl. Möglichkeiten zur Abwehr von Wettbewerbsstörungen u. ihre Grenzen I von Klaus-Georg Mook. - Berlin: Duncker und Humblot, 1986. (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 36) ISBN 3-428-06062-8 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

@) 1888 Duncker & Humblot GmbH, Berltn 41

Gedruckt 1988 bei Werner Hlldebrand, Berlln 85 Prlnted ln Germany ISBN 3-t28-08062-l

Vorwort Mit dem Ausbau der internationalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen nimmt auch der grenzüberschreitende Wettbewerb der in den Nationalstaaten beheimateten Unternehmen ständig neue Formen an. Auf Grund der Unterschiede in den nationalen Rechtsordnungen ist den miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen dabei kein rechtlich einheitlicher Rahmen für ihre wirtschaftliche Tätigkeit gesetzt. Als Folge dieser unterschiedlichen Voraussetzungen ergeben sich wettbewerbliehe Vor- und Nachteile, die sich störend auf den nationalen Wettbewerb in den Einzelstaaten auswirken können. Veranlaßt insbesondere durch die sogenannte "Asbestimporte"-Entscheidung des BGH vom 9. 5. 1980 untersucht die vorliegende Arbeit, die im Sommersemester 1985 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen wurde, inwieweit solche störenden Einflüsse mit den Mitteln des internationalen Privatrechts, des internationalen Wirtschaftsrechts sowie des nationalen deutschen Wettbewerbsrechts abgewehrt werden können. Mein Dank gilt insbesondere meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Gerhard Hohloch, der diese Arbeit angeregt und stets gefördert hat. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet. Bochum, 1986

Klaus-Georg Mook

Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Darstellung

13

Erstes Kapitel Die Arten der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede in Praxis und Rechtsprechung

18

I. Die Ausnutzung internationaler Unterschiede bei wettbewerbsbezogenen

Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

2. Der Stand der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3. Die Entwicklung dieser Rechtsprechung hin zur Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" ...... . .... . ·. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Die Ausnutzung internationaler Unterschiede bei produktionsbezogenen Normen ... . ..... . . . ..... . . .... . ......... . ... . . ..... . . ... . .... . ..

25

1. Der wirtschaftliche Hintergrund der Ausnutzung solcher kostenbezogener

Rechtsunterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Der theoretische Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Die wirtschaftliche Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2. Die Ausnutzung kostenorientierter Vorteile in der bisherigen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Die Bedeutung dieser Rechtsprechung für die neue Ausnutzungsfallgruppe

34

111. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Zweites Kapitel Das internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs und seine Anwendung auf die Fälle werbemäßiger Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklung des internationalen Wettbewerbsrechts in der Recht-

39 39

sprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Die Ansicht des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Die frühe Rechtsprechung des BGH . .. . ... . .......... . . . .. . .... . 41

8

Inhaltsverzeichnis c) Dieneuere Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

d) Die Ausnahmen von der Anknüpfung an den Ort der Interessenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Die Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

a) Wettbewerbsrecht als Recht der Marktordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

b) Die Zielrichtung der Wettbewerbshandlung als maßgebliches Anknüpfungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

c) Die Wettbewerbshandlung als Eingriff in geschützte Interessenkreise

47

d) Der Ort der wettbewerbliehen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

e) Sachnormen für internationale Wettbewerbssachverhalte . . . . . . . . . .

49

f) Die Beachtung staatlichen Rechtsanwendungsinteresses . . . . . . . . . . . g) Das Auswirkungsprinzip als Kollisionsregel im internationalen Wettbewerbsrecht........ . . ............ . .. . . .. ........... . . . ... ..

50 51

h) Parteiautonomie im internationalen Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . 52 i) Fakultative Anwendung des Wettbewerbskollisionsrechts . . . . . . . . . . 53 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Die Ansichten zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Werbung in deutschen Druckwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Werbung in ausländischen Druckwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

c) Auslandswerbung mit Inlandswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Systematische Zusammenfassung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

3. Das Problem der Werbung in grenzüberschreitenden Werbeträgern Versuch einer Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Drittes Kapitel Die Ausnutzung produktionskostenbezogener Rechtsunterschiede und das Regelsystem des internationalen Wirtschaftsrechts

70

I. Der Begriff des internationalen Wirtschaft srechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

II. Die Ausnutzung kostenorientierter Rechtsunterschiede und ihre Einordnung in die Begriffswelt des internationalen Wirtschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . .

73

1. Der Tatbestand des "Dumping" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Der wirtschaftliche Dumpingbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Der rechtliche Dumpingbegriff. . . ... .. ... ..... ... .. . . . ......... 74 aa) Der Dumpingbegriff des GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Der Dumpingbegriff im Europäischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Inhaltsverzeichnis

9

c) Die Ausnutzung kostenbezogener Rechtsunterschiede und ihre Subsumtion unter den Dumpingbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Der Tatbestand der Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

a) Der Begriff der Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 aa) Der Subventionsbegriff im GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Der Subventionsbegriff im Europäischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 80 cc) Der Subventionsbegriff- Zusammenfassung.......... . . . . . . . 80 b) Die von den Subventionsvorschriften erfaßten Subventionsarten . . . .

82

c) Die Ausnutzung kostenbezogener Rechtsunterschiede und ihre Subsumtion unter den Subventionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Der Tatbestand der Marktstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Die eir,zelnen Möglichkeiten zur Abwehr von ausnutzungsbedingten Marktstörungen nach internationalem Wirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Verhinderung des "Vorteilstransfers" durch Ausgleichszölle . . . . . . . . . . .

87

a) Das Zollsystem des GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

b) Außenzölle in der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

2. Milderung der wettbewerbliehen Folgen internationaler Rechtsunterschiede durch mengenmäßige Beschränkungen (Kontingente) . . . . . . . . . . 89 a) Die Zulässigkeit mengenmäßiger Beschränkungen nach dem GATT. .

90

b) Die Zulässigkeit mengenmäßiger Beschränkungen nach EG-Recht . . .

90

3. Ausnahmeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

a) Die "escape clause" des Art. XIX GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Die Maßnahmen unter Art. XIX GATT. .. ... . ......... .... .. 94 b) Die Schutzklauseln in den Einfuhrverordnungen der EG . . . . . . . . . . .

95

c) Die Ausnahmegenehmigung (waiver) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 4. Importrestriktionen durch Selbstbeschränkung der Expor teure . . . . . . . .

97

5. Maßnahmen nach deutschem Außenwirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 IV. Die Beseitigung internationaler Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung 101 1. Die Angleichung ausnutzbarer Rechtsunterschiede nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft . . . ...... .. .. .. . . . . .. . . . .. ... . . . .... .. 101

a) Aufbau und Tatbestandsmerkmale des Art. 101 EWGV . . ... . . ... .. 103 aa) Die Begriffe Verfälschung und Verzerrung . ..... . . ... . . ... . . 103 bb) Die Auslegung der "Beseitigungsbedürftigkeit" . ... . . ... ... .. 106 b) Zusammenfassung zu Art. 101 EWGV . . ... .. .......... .. .. . .... . 107 2. Harmonisierung des Rechts durch internationale Verträge und internationale Organisationen . ..... .. . . . . .. . . . . .... . . ... . . . ... . . . ....... . . 107 V. Das Verhältnis zwischen internationalem Wirtschaftsrecht und nationalem Wettbewerbsrecht ..... . ... .. . .... . . . . .. . .. . . . . .. . ... .. . ... . . .. ... . 109

10

Inhaltsverzeichnis

Viertes Kapitel Der Einfluß internationaler Rechtsunterschiede auf den nationalen Wettbewerb und die Frage der Rechtsverletzung im Lichte des § 1 UWG

113

I. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Normverstößen bei rein nationakn Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Die Behandlung der Problematik durch das Reichsgericht ......... . ... 114

2. Die Entwicklung der Grundlagen durch die Rechtsprechung des BGH .. 115 3. Die einzelnen Fallgruppen der Rechtsprechung .. ...... .. . ... . . .. . .. . 116 a) Sittlich-fundierte Normen ............. . ............. . .. . ...... 116 b) Normen mit unmittelbar Wettbewerbliehern Charakter ............. 116 c) Wertneutrale Normen . . .. ....... . .... . . . .. . ....... .. . . .. . . . .. 117 4. Kritik des Schrifttums ... .. .. .. ..... . ... . . . .. . . . . . .. . ..... . ... . . 118 5. Eigene Stellungnahme ...... . .... . ....... . .................. . .... 120 6. Das zeitliche Verhältnis von Gesetzesverletzung und Wettbewerbshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 7. Das räumliche Verhältnis von Gesetzesverletzung und Wettbewerbshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. "Wettbewerbsverletzung durch Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung ................ . ................. . .......... . . . . . .. . .. 126 1. Der BGH und die "Asbestimporte"-Entscheidung ................ . .. 127

2. Die Vorfrage im IPR, der deutsche "ordre public" und das Tatbestandsmerkmal "Rechtsbruch" in§ 1 UWG ....... .. . . ........... . .. ... .. 129 a) Der Begriff der Vorfrage ... . . . ........... . .... . ............ .. . 129 b) Das auf die Vorfrage anwendbare Recht und der "ordre public" . .. .. 131 c) "Rechtsbruch i. S. d. § 1 UWG" -ein Problem der Vorfrage? .... . . .. 133 3. Ausländisches Recht als Tatbestandsmoment des § 1 UWG ........ . ... 133 a) Fremdes Recht als "datum" inländischer Sachnormen ........ . . . .. 133 b) Rechtsbruch durch Auslandshandlungen in den einzelnen Fallgruppen des § 1 UWG ........·. ................. . . .... . ......... ... . .. 137 aa) Auslandshandlung und der Verstoß gegen sittlich-fundierte Normen ...... ... ..... . . . . . . . ..... . .. .. .... . ... .. . . ... . . 137 bb) Auslandshandlung und Verstoß gegen wettbewerbsbezogene Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter ........ . . . 138 cc) Auslandshandlung und Verstoß gegen wertneutrale Normen .. . 139 4. Zusammenfassung . ... .. . . ... ... .. .. ..... .. . ... .... . . . .. . . . ... .. 142

111. "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" als spezielle Sachnorm für Auslandssachverhalte . . .. ......... . ... . . . . . ....... . .. . . .... . . . .. 142

Inhaltsverzeichnis

11

1. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede als neue Fallgruppe zu § 1 UWG ............. . .. .................. . ............ . ... . . . 143

2. Das Verhältnis von Sachnormen und Kollisionsrecht .......... . . . .... 143 a) Autolimitierte Sachnormen und die Ausnutzungsfallgruppe .. . . ... . 144 b) SpezielleSachnormen für internationale Sachverhalte ...... . . . ... . 146 c) Sachnormen für Auslandssachverhalte .. . . .. .............. . .. ... 147 3. Existenzberechtigung einerneuen Fallgruppe zu § 1 UWG ...... .. . . .. 148 4. Der Ausnutzungstatbestand als besondere Sachnorm und die Position des BGH in der "Asbestimporte"-Entscheidung . .. . . . . .. .. . . . . . . . .. . . . . . 149

Fünftes Kapitel Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

151

I. Ausgangspunkt ................... . ...... . . . . ............... . . ... . 151 II. "Ausnutzung von Rechtsunterschieden" und der Umgehungsgedanke . .... 151 III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe ....... . .... . .. 154 1. Der Sittenbegriff in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

2. Die guten Sitten als Ausdruck der Sittlichkeit ... . . .......... . ... . . .. 155 3. Die guten Sitten als Ausdruck von Konventionalnormen . ..... . .. .. .. . 156 4. Verstoß gegen die guten Sitten als Verletzung des Leistungswettbewerbs 156 5. Konkretisierung der Generalklausel durch Interessenahwägung und Folgenberücksichtigung ... .... .. . . ..... . ... . ..... . . .. .. ..... .. .. . . . 157 6. Funktionale Auslegung des § 1 UWG ... .... .. . . . . ... ...... ... .. . . . 157 7. Zusammenfassung ...... . ....... . . .. . . . .... . . ......... . . . ....... 166 IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe . . ............... . . ... . 167 1. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und sittlich-fundierte Normen ... . . .. ...... . . . . . . ... . . ... . . . . . .... .... .. . . .. .. . . . ... . 167

2. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und wettbewerbsbezogene Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter .. . . .... . ... . .... . 168 3. Die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und wertneutrale Normen ........ . ... . ..... . ............. . ................ . ... . . 169 a) Konkretisierung an Hand wirtschaftspolitischer Erwägungen . .... . . 170 b) Konkretisierung an Hand mittelstandspolitischer Erwägungen und dem Prinzip des Leistungswettbewer bs . .. . ... .. ... .. . . . .. . . ... .. 172 c) Berücksichtigung des Nachteilsausgleichs .... . .......... . . ... . .. 175 4. Zusammenfassung . .... . . . ..... .. . . . . .. . .... .. ..... . .. .. ... . . ... 176

12

Inhaltsverzeichnis

V. Die Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe auf produktionskostenbezogene Rechtsunterschiede und der Grundsatz der Außenhandelsfreiheit . .... . . . . 176 Zusammenfassung der Ergebnisse

179

Literaturverzeichnis

182

Bezüglich der verwendeten Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der deutschen Rechtssprache, 3. Aufl. Berlin 1983.

Einleitung Die wirtschaftliche Verflechtung der westlichen Industriestaaten hat in den letzten Jahren stark zugenommen und mittlerweile einen Grad erreicht, in dem neben den "klassischen Industriestaaten der westlichen Welt" auch die Ostblockstaaten und die Länder der Dritten Welt in die Zusammenhänge der internationalen Wirtschaft integriert sind. I Die wirtschaftlichen Interdependenzen der nationalen Volkswirtschaften haben sich damit erhöht. 2 Dieses Weltwirtschaftssystem beruht- mit Ausnahme der Beziehungen zu den Staatshandelsländern- auf den Grundsätzen des Freihandels, also auf dem Prinzip möglichst unbeschränkter Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Staaten. 3 Damit wird die Stellung der einzelnen Länder im System der Weltwirtschaft von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften mitbestimmt. 4 Teilnehmer am internationalen Wettbewerb sind dabei jedoch nicht die Volkswirtschaften als geschlossene Einheit, sondern die einzelnen Unternehmen eines Landes, die in Geschäftsbeziehung mit dem Ausland treten.5 Dementsprechend bleiben im System des Freihandels die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland möglichst weitgehend den beteiligten Unternehmen überlassen. 6 Nun setzt aber die dauerhafte Funktionsfähigkeit eines Wettbewerbs zwischen Volkswirtschaften - wie überhaupt eines jeden Wettbewerbs gewisse Spielregeln voraus, an die sich die einzelnen Konkurrenten halten müssen. Diese Spielregeln bestimmen einmal den Rahmen, in dem sich der Wettbewerb abspielt; zum anderen müssen sie aber auch die Voraussetzungen festlegen, unter denen der einzelne Wettbewerber zum Wettbewerb antritt. Dabei müssen diese Rahmenbedingungen und Startvoraussetzungen möglichst für jeden Konkurrenten gleichartig sein, denn nur unter vergleichbaI

Eike v . Hippel, Grundfragen der Weltwirtschaftsordnung, München 1980, S. 9.

Zusammenfassend hierzu aus volkswirtschaftlicher Sicht: Gröner I Jung I Sauer, Internationale Wirtschaftsordnung: Vorschläge zu ihrer Reform, in: Gröner I Schüller (Hrsg.}, Internationale Wirtschaftsordnung, Stuttgart 1978, S. 3f.; E. v. Hippel, a.a.O. 3 E. v. Hippel, a.a.O., S. 10. 4 Rittner, Wirtschaftsrecht, Heidelberg 1979, S. 9f. 5 Insoweit anders ist die Situation bei den Staatshandelsländern; L. Raiser, Der Ordnungsrahmen des internationalen Wirtschaftsrechts, in: Wirtschaftsordnung und Staatsverfassung, Festschrift für Franz Böhm, Tübingen 1975, S. 485, 488. 6 E. v. Hippel, a.a.O., S. 10. 2

14

Einleitung und Gang der Darstellung

renUmständen lassen sich Leistungsunterschiede der Wettbewerbsteilnehmer erkennen und entsprechend bewerten. Die Wettbewerber müssen also ihre miteinander konkurrierenden Leistungen unter den gleichen Bedingungen erbringen, das heißt: es muß eine "par conditio concurrentium" herrschen.7 Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, daß -vor allem auf Grund der Unterschiede im Tatsächlichen- eine völlige Chancengleichheit nicht zu erreichen ist; sie bleibt ein wirtschaftspolitisch utopisches Ziel. Dies kann jedoch dem Bestreben nicht entgegenstehen, solche Wettbewerbsverzerrungen, die auf rechtlich unterschiedlichen und damit- weil nicht von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Wettbewerbers abhängigen- künstlichen Startbedingungen beruhen, mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts zu verhindern. Dessen Aufgabe ist es, unerwünschte Störungen der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs möglichst zu beseitigen. Nur soweit dies erfolgt ist, kann von einer "par conditio concurrentium" als Voraussetzung eines funktionierenden Wettbewerbs gesprochen werden. In diesem Erfordernis gleicher Bedingungen liegt aber auch ein gewichtiges Problem des internationalen Wettbewerbs. So werden nämlich jene Bedingungen, die zur Schaffung eines unverfälschten Wettbewerbs möglichst identisch sein sollten, zu einem großen Teil durch rechtliche Vorschriften festgelegt oder beeinflußt. Fast jeder staatliche Eingriff in das Wirtschaftsleben beeinflußt in der einen oder anderen Weise auch den Wettbewerb.8 Mit solchen Eingriffen - die in einem Rechtsstaat nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen können- setzt der Nationalstaat also die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Tätigkeit seiner Unternehmer9 und bestimmt damit auch die Ausgangsposition, von der aus der einzelne Unternehmer in den Wettbewerb mit seinen ausländischen Konkurrenten eintritt. Ein Problem liegt nun in der Tatsache, daß jeder Staat diese rechtlichen Rahmenbedingungen auf Grund der nationalstaatliehen Gesetzgebungssouveränität selbständig setzt; die Teilnehmer am internationalen Wettbewerb unterliegen also, soweit sie in verschiedenen Staaten beheimatet sind, in ihrer wirtschaftlichen Betätigung unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen. Dies hat zur Konsequenz, daß im internationalen Wettbewerb die "par conditio concurrentium" nicht garantiert ist. Dieses Problem ist im 7 Vgl. hierzu für das nationale Wettbewerbsrecht: v. Harder, Der Einfluß der par condicio concurrentium auf die Bewertung im Wettbewerbsrecht, jur. Diss. Harnburg 1968. s H . Möller, Probleme einer einheitlichen Wettbewerbspolitik in der EWG, in: H. K. Schneider (Hrsg.), Grundlagen der Wettbewerbspolitik, Berlin 1968, S. 95, 96. 9 So ausdrücklich auch R. Knieper, Weltmarkt, Wirtschaftsrecht und Nationalstaat, Frankfurt 1976, S. 16.

Einleitung und Gang der Darstellung

15

nationalen Bereich von erheblich geringerer Bedeutung, da hier eine räumliche Identität zwischen Rechtsgebiet und Wirtschaftsgebiet besteht. 10 Dieses Fehlen einer "par conditio concurrentium" führt für die Unternehmen eines Landes mit ungünstigen Standortvoraussetzungen einmal zu einer Einbuße an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus aber kann sich die Situation auch unmittelbar auf den Wettbewerb auf dem nationalen Markt auswirken.1 1 Hierbei ist vor allem an den Fall zu denken, in dem ein Wettbewerber sich die Vergünstigungen einer ausländischen Rechtsordnung zunutze macht und- durch den so erlangten Vorteil begünstigt- in den Wettbewerb auf dem nationalen Markt eintritt. Der Betreffende entzieht sich so der auf dem nationalen Markt herrschenden "par conditio concurrentium", indem er das Fehlen einer solchen im internationalen Vergleich ausnutzt. Der Unternehmer weicht damit der staatlichen Regelung seiner Wirtschaftstätigkeit aus.' 2 Nun ist es im wirtschaftlichen Alltag schon seit geraumer Zeit ein durchaus übliches Gebaren, daß sich Unternehmer Vorteile, die ihnen eine ausländische Rechtsordnung bietet, auf die eine oder andere Art zunutze machen; 13 daß auf Grund dieser Tatsache unter Umständen auch der nationale Wettbewerb verzerrenden Einflüssen ausgesetzt wird, hat dagegen erst in neuerer Zeit wirtschaftliche Bedeutung und damit auch rechtliche Relevanz erlangt. Die Rechtsprechung hat diese Problematik traditionell unter dem Gesichtspunkt des internationalen Wettbewerbsrechts behandelt. 14 Allerdings ist in zwei neueren Entscheidungen des BGH, denen recht unterschiedliche Sachverhaltskonstellationen zugrunde lagen, als neuer rechtlicher Gesichtspunkt der Begriff der "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" aufgetaucht. 15 Damit scheint ein Weg eröffnet, der sich von der klassischen kollisionsrechtlichen Behandlung der Problematik löst. Die 1o Zum Verhältnis von Staatsraum und Wirtschaftsraum siehe die grundlegenden Bemerkungen von Predöhl, Außenwirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1971, S. 16ff. Danach werden die Probleme der Außenwirtschaft von den " . . . im Verhältnis von Staatsraum und Wirtschaftsraum zum Ausdruck kommenden Spannungen zwischen Politik und Wirtschaft bestimmt". Geht man von einer Identität von Staatsraum und Rechtsgebiet aus, so folgt hieraus, daß in diesen Spannungen auch die Problematik des Gegenstandes dieser Untersuchung begründet liegt. u H. Möller, a.a.O., S. 100. 12 N. Horn, Die Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts durch Verhaltensrichtlinien, RabelsZ 44 (1980), 423, 428. 13 Zu denken ist z.B. an die der Steuerersparnis dienenden "Briefkastenfirmen" in Liechtenstein; siehe hierzu auch Großfeld, Multinationale Unternehmen und nationale Souveränität, JuS 1978, 73, 76. 14 Vgl. hierzu die Fallbeispiele unten, S. 19ff. u. S . 31ff. 15 BGH NJW 1977, 2211 (Weltweit-Club) und BGH NJW 1980, 2018 (Asbestimporte) mit Anm. Knieper I Fromm = GRUR 1980, 858 mit Anm. Oppenhoff = IPRax 1981, 20 mit Anm. Katzenberger, IPRax 1981, 7 =JuS 1981, 691 Nr. 9.

Einleitung und Gang der Darstellung

16

Wahl des Begriffs "Rechtsgefälle" erscheint hierbei jedoch nicht recht geglückt, da er einen Niveauunterschied der beteiligten Rechtsordnungen impliziert. Von einem solchen kann aber zumindest nicht in allen Fällen ausgegangen werden. So ging der BGH zum Beispiel in seiner "WeltweitClub"-Entscheidung16 von einem "Rechtsgefälle" auf dem Gebiet des Rabattrechts aus. Angesichts der Tatsache, daß das deutsche Rabattgesetz gerade in jüngerer Zeit wieder sehr umstritten ist,l 7 erscheint es zumindest unglücklich, hier im wertenden Sinne von einem "Gefälle" zu sprechen. Der neutrale Begriff "Ausnutzung von internationalen Rechtsunterschieden" oder "Rechtsvorteilen" ist für Fälle der vorliegenden Art wohl geeigneter. Im folgenden soll nun der Versuch gemacht werden, die diversen Erscheinungsbilder der Ausnutzung solcher internationalen Rechtsunterschiede systematisch zu erfassen und die rechtlichen Möglichkeiten der Abwehr hierdurch hervorgerufener negativer Einflüsse auf den nationalen Binnenwettbewerb zu untersuchen. Ansätze für eine juristische Lösung dieser Problematik werden sich nicht für alle in Betracht kommenden Fälle in gleicher Weise finden lassen; vielmehr wird in jedem konkreten Fall berücksichtigt werden müssen, auf welchem Gebiet sich der rechtliche Unterschied, der ausgenutzt wird, zeigt und welcher Art die Vorteile sind, die er dem Ausnutzer bietet.

Gang der Darstellung

Wie dargelegt, bestimmen gesetzliche Vorschriften sowohl die Ausgangslage, von der aus ein Wettbewerber in den Konkurrenzkampf eintritt, als auch die Grenzen, in denen wettbewerbliebes Verhalten erlaubt ist. Im ersten Fall sind vornehmlich Bestimmungen maßgebend, die festlegen, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Art ein Wettbewerber seine Leistung erstellen darf, das heißt, es sind Vorschriften, die sich auf die Produktion von Gütern beziehen; im zweiten Fall handelt es sich dagegen um Regelungen, die die Art und Weise bestimmen, in der eine Leistung auf dem Markt angeboten wird, also um Normen mit einem mehr oder weniger starken wettbewerbliehen Bezug. Entsprechend dieser Differenzierung ist im folgenden zu unterscheiden zwischen internationalen Rechtsunterschieden bei produktionsbezogenen und bei sonstigen, auf das Wie des Angebots bezogenen Normen. BGH a.a.O. Vgl. nur Baumbach I Hefermehl, Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. 1983, Ubersicht zum RabattG Rdn. 9 m. w. N. 16 17

Einleitung und Gang der Darstellung

17

Für beide Fallgruppen sollen im folgenden erst einmal die wirtschaftlichen· Überlegungen, die hinter ihrer Ausnutzung stehen, aufgezeigt und ihre Behandlung in der bisherigen Rechtspraxis untersucht werden. Inwieweit die Ausnutzung solcher internationaler Rechtsunterschiede negative Einflüsse auf den Binnenwettbewerb haben kann und wie diese rechtlich abgewehrt werden können, wird im Anschluß daran gefragt. Beispielhaft soll dabei für die Gruppe der angebotsbezogenen Normen das Gebiet des Werberechts und für die Gruppe der produktionsbezogenen Normen das Gebiet des Umweltschutzrechts im weitesten Sinn untersucht werden. Soweit die Ausnutzung werberechtlicher Unterschiede zur Diskussion steht, wird der Problemkreis im zweiten Kapitel unter dem Gesichtspunkt des internationalen Wettbewerbsrechts erörtert und eine kollisionsrechtliche Lösung der anstehenden Fragen versucht. In bezug auf Unterschiede bei produktionsbezogenen Vorschriften ist dagegen zu beachten, daß hier eine Ausnutzungshandlung regelmäßig mit der Einfuhr der betreffenden Waren verbunden ist. Daher sind im dritten Kapitel die den Warenverkehr regelnden Bestimmungen des internationalen Wirtschaftsrechts sowie andere internationalrechtliche Lösungsmöglichkeiten der vorliegenden Problematik aufzuzeigen, und es ist ihr grundsätzliches Verhältnis zum nationalen Wettbewerbsrecht zu klären.

Auf dieser Grundlage kann im Anschluß dann untersucht werden, inwieweit die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede bei produktionsbezogenen Normen mit den Mitteln des nationalen Wettbewerbsrechts erfaßt werden kann. Dabei wird der traditionell kollisionsrechtlichen Behandlung der Problematik die Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" gegenübergestellt und nach ihrer Funktionsfähigkeit gefragt. Anschließend soll versucht werden, diese Ausnutzungsfallgruppe in den Rahmen des nationalen Wettbewerbsrechts einzuordnen, sie auf der Grundlage des Tatbestandes des § 1 UWG zu konkretisieren und ihr einen Inhalt zu geben, der auch bezüglich der konkreten Anwendungsergebnisse mit dem Prinzip der Außenhandelsfr~iheit in Einklang steht.

2 Mook

Erstes Kapitel

Die Arten der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede in Praxis und Rechtsprechung I. Die Ausnutzung internationaler Unterschiede bei wettbewerbsbezogenen Normen 1. Gmndlage

Unter wettbewerbsbezogenen Normen sollen hierallsolche Vorschriften wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Art verstanden werden, die zum Zwecke der Wirtschaftslenkung und Gefahrenabwehr den einzelnen Gewerbetreibenden in seinem Wettbewerbsverhalten oft in mehr oder minder starkem Maße einschränken. Es handelt sich hierbei um Reglementierungen der unterschiedlichsten Art. Neben Zulassungsvoraussetzungen zu einem Gewerbe stehen Regelungen der Berufsausübungl oder Vorschriften über Art und Weise der Preisgestaltung2 oder des Vertriebs. Soweit solche Vorschriften eine Belastung für den Gewerbetreibenden darstellen, lassen sie sich vielfach durch Ausnutzung einer anderen Rechtsordnung, die entsprechende Regelungen nicht kennt, umgehen. Damit bietet sich auch hier für den einzelnen die Möglichkeit, sich Wettbewerbsvorteile vor seinen Konkurrenten zu verschaffen. Solche im Ausland erlangten Vorteile können vor allem in den Binnenwettbewerb hineingetragen werden, da sie einer werbemäßigen Verwertung zugänglich sind. So kann die Möglichkeit, eine Ware im Ausland unter günstigen Bedingungen anbieten zu können, auch im Inland als zugkräftiges Werbemittel eingesetzt werden. Mehrfach relevant geworden sind hier vor allem Fälle, in denen Einzelhändler aus Nachbarländern unter werbemäßiger Ausnutzung der im Ausland günstigeren Ladenschlußregelunga oder erlaubten Rabattgewährung4 in grenznahen Gebieten um Kunden aus dem Z.B. das Ladenschlußgesetz oder das Werberecht. Z. B. das Rabattrecht a WRP 1977, 532 (ohne nähere Quellenangabe); ein anderes Beispiel für Arbeitszeitregelungen bildet das Nachtbackverbot. Zu den Klagen der Brotindustrie über den Konkurrenzdruck aus dem Ausland, in dem ein solches Verbot nicht besteht vgl. BVerfGE 41, 360, 364. 4 OLG Düsseldorf WRP 1970, 149 = NJW 1970, 1008 = GRUR int. 1970, 164; vgl. zu diesem Fall auch das Gutachten der "Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren 1

2

I. Ausnutzung int. Unterschiede bei wettbewerbsbezogenen Normen

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Inland geworben haben. Überhaupt bietet vor allem das Werberecht zahlreiche Möglichkeiten, international bestehende Rechtsunterschiede auszunutzen. s Ein umfassender Überblick hierüber soll jedoch erst später gegeben werden. Festzuhalten ist hier nur, daß diese Fälle bisher noch nicht zusammenfassend unter dem, ihnen allen gemeinsamen, Gesichtspunkt der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede erfaßt sind. Dies mag einmal durch die Verschiedenartigkeit der Rechtsgebiete, auf denen die Unterschiede bestehen, bedingt sein. Zum anderen wurden diese Fälle bisher nur unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts auf Fälle mit Auslandsberührung betrachtet.a Die Überlegung, in der Ausnutzung des fremden Rechts selbst eine Wettbewerbswidrigkeit zu sehen, ist dagegen neu.

2. Der Stand der Praxis

Der Gedanke der wettbewerbswidrigen "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" ist erstmalig in der "Weltweit-Club"-Entscheidung des BGH vom 13. 5. 1977 aufgekommen. 7 Dabei ging das Gericht über die bis dahin geübte Praxis, in Fällen dieser Art nur nach dem anwendbaren Recht zu fragen, hinaus. 8 Es stellte vielmehr noch die Frage nach der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der "Flucht unter ein fremdes Recht". In seiner kritischen Anmerkung zu dieser Entscheidung9 weist Schricker daher auch auf die Gefahr hin, mit der Erweiterung der internationalprivatrechtliehen Betrachtungsweise könne ein "Pseudo-Kollisionsrecht" geschaffen werden.1o Beispielhaft führt Schricker dann Verhaltensweisen an, die gegebenenfalls auch unter dem Gesichtspunkt der "Ausnutzung eines internationalen Wettbewerbs", in: Der Wettbewerb 1970, 19f.; weitere Gutachten der Zentrale zum gleichen Problem in: Der Wettbewerb 1958, 63 u. 94ff.; zur Ausnutzung fremden Rabattrechts durch ein inländisches Unternehmen vgl. BGH NJW 1977, 2211 (Weltweit-Club) mit ausführlicher Besprechung durch Schricker, GRUR 1977, 646. In dieser Entscheidung formulierte der BGH erstmalig den Gedanken der "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles". Anders dagegen noch die Vorinstanz LG Harnburg WRP 1975, 615. 5 Vgl. hierzu auch BGH GRUR 1971, 153 (Tampax) m.Anm. Droste. 6 Vgl. die zitierten Beispiele unten, S. 19ff. 7 BGH NJW 1977, 2211; zu den Einzelheiten vgl. auch bei Fn. 28. 8 So hatte in der Vorinstanz das LG Harnburg den Sachverhalt noch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des internationalen Wettbewerbsrechts beurteilt. 9 Schricker, Deutsches Rabattrecht- weltweit?, GRUR 1977, 646 ff. 1o Schricker, a .a.O., S. 648 .• 2'

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

Rechtsgefälles" zu beurteilen wären. 11 Dies ist allerdings in der zu diesen Beispielen vorliegenden Rechtspraxis bisher nicht geschehen. Im einzelnen bietet die Praxis zu diesen Fällen kein einheitliches Bild. In einem Beschluß vom 6. 2. 1970 entschied das OLG Düsseldorf über die Frage, ob die Werbung eines holländischen Einzelhändlers mit 10%igen Rabatten in einer im grenznahen Bereich erscheinenden deutschen Tageszeitung zulässig war.l2 Der Antragsteller, ein Verein zur Wahrung des lauteren Wettbewerbs, hatte beantragt, dem Antragsgegner sowohl die Ankündigung der Rabatte als auch deren Gewährung zu untersagen. Das Gericht prüfte hier die Anwendbarkeit des deutschen RabattG unter dem Gesichtspunkt des IPR der unerlaubten Handlungen. Danach ist auf unerlaubte Handlungen das Recht des Tatorts anwendbar.l 3 Tatort ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort.l4 Bezüglich der tatsächlichen Rabattgewährung lagen hier Handlungs- und Erfolgsort in den Niederlanden. Der Senat wandte demzufolge das deutsche Rabattrecht insoweit nicht an und wies den Antrag, die Rabattgewährung zu untersagen, ab. Bezüglich der Ankündigung des Rabattes legte der Senat den Handlungsort - die Anzeige erfolgte in einer deutschen Tageszeitung - ebenso wie den Erfolgsort-dieWerbung wirkte sich auf den Wettbewerb mit deutschen Einzelhändlern aus - ins Inland und kam so zur Anwendbarkeit des deutschen RabattG. Gemäß § 1"RabattG dürfen "Preisnachlässe nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften angekündigt ... werden." Da Preisnachlässe von 10% nach den §§ 2ff. RabattG unzulässig sind, untersagte das Gericht dem Antragsgegner die Ankündigung solcher Rabatte in deutschen Zeitungen. Daß sich der räumliche Geltungsbereich des RabattG und damit auch des Verbots 10%iger Preisnachlässe, auf welches das Ankündigungsverbot des § 1 RabattG Bezug nimmt, nur auf das Inland erstreckt,l5 hielt das Gericht für unerheblich, da der Antragsgegner mit seiner Werbemaßnahme in Konkurrenz zu deutschen Einzelhändlern getreten sei. Da das Gericht hier bereits über§ 1 RabattG zur Unzulässigkeit der Werbemaßnahme kam, stellte sich die Frage, ob - bei Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts-nicht in der Ausnutzung der Unterschiede der Rabatt11 Schricker, a.a.O. Die Beispiele gleichen den bei Fn. 3 u. 4 angeführten Fällen. Ausdrücklich nennt Schricker auch die Ausnutzung kostenorientierter Vorteile einer Produktion im Ausland. 12 WRP 1970, 149 = NJW 1970, 1008 = GRUR int. 1970, 164. 13 Firsching, Einführung in das IPR, S. 218. 14 Firsching, a.a.O., S. 219. 15 Vgl. Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl., Einl. RabattG Rein. 13.

I. Ausnutzung int. Unterschiede bei wettbewerbsbezogenen Normen

21

gesetzgebung zu Lasten der deutschen Mitbewerber eine Unlauterkeit zu sehen war, nicht. Nichtsdestoweniger hält es der Senat für unbillig, " ... wenn ein holländischer Kaufmann in einer Weise werben dürfte, die seinen deutschen Mitbewerbern nicht gestattet ist"l6. Insoweit verweist der Senat auch auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG, womit aber wohl der Grundsatz der gleichen Bedingungen im Wettbewerb ("par conditio concurrentium") gemeint ist. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz und das Denkmodell von der "par conditio concurrentium" drücken hier unterschiedliche systematische Prinzipien aus.l7 So beinhaltet der Art. 3 GG das Gebot gleicher Behandlung, während sich die wettbewerbsrechtliche Chancengleichheit auf die rechtlich gleiche Position aller Konkurrenten beziehtlB und das Gebot enthält, die im Interesse aller Mitbewerber gleichgerichteten rechtlichen Schranken einzuhalten; 19 der Grundsatz der "par conditio" gebietet insoweit, die in Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 GG "gesetzlich fixierte Position der Gleichheit" 20 zu wahren. Das Gericht hat sich damit inhaltlich dem Gutachten der "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" zu diesem Fall angeschlossen. 21 Zu genau dem gleichen Ergebnis kam die Zentrale in zwei Fällen schweizerischer Einzelhändler, die in deutschen Tageszeitungen Rabatte ankündigten.22 Auf einen ähnlich gelagerten Sachverhalt wird an anderer Stelle hingewiesen.23 Ein im Grenzgebiet in Belgien ansässiger Möbelhändler hatte in deutschen Zeitungen u. a. damit geworben, daß sein Geschäft in Belgien auch an Sonn- und FeierWRP 1970, 150. So auch die Kritik von Meyer-Cording amBegriff der "par conditio concurrentium", Der Gleichheitssatz im Privatrecht und das Wettbewerbsrecht, in: Festschr. für Nipperdey, 1965, S. 537, 546ff.; hiergegen Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, München 1970, S. 264f. 1s Schricker, Gesetzesverletzung . . . , S. 265. 19 Eugen Ulmer, Sinnzusammenhänge im modernen Wettbewerbsrecht, 1932, S . 22. 2o Schricker, Gesetzesverletzung . .. , S. 265. 21 Der Wettbewerb 1970, 19f.; auch dieses Gutachten geht von einem Verstoß gegen das Ankündigungsverbot des § 1 RabattG aus und zieht zur Begründung den Gedanken der Chancengleichheit heran, S. 20. 22 Der Wettbewerb 1958, 63, 94f.; im Verhältnis zur Schweiz treten solche Sachverhalte auf Grund der deutsch-schweizerischen Grenzhandelsvereinbarungen jedoch selten auf, vgl. Kreuzer, Wettbewerbsverstöße und Beeinträchtigung geschäftlicher Interessen, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, Tübingen 1983, S. 232, 251 und 291ff. 23 WRP 1977, 532leider ohne nähere Quellenangabe. 1s 17

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

tagen geöffnet sei. Eine solche Öffnungszeit ist im Inland durch das Ladenschlußgesetz verboten.

Der belgisehe Möbelhändler wurde in mehreren Ahmahnungen dazu aufgefordert, in deutschen Zeitungen jeglichen Hinweis auf die weniger strenge belgisehe Ladenschlußregelung zu unterlassen. Begründet wurde diese Aufforderung folgendermaßen:24 Da der Belgier in den Wettbewerb auf dem deutschen Markt eintrat, war auch deutsches Recht maßgebend. Ein Unterschied zu den "Rabattfällen" lag jedoch in der Tatsache, daß das LadenschlußG im Gegensatz zum RabattG keinen eigenen, die Ankündigung erfassenden Tatbestand enthält. Ein Verbot der beanstandeten Werbung des Belgiers war daher nur über§ 1 UWG zu erreichen, denn die Annahme, die Geschäftsöffnungszeit in Belgien verletze das deutsche Ladenschlußgesetz, ist auf Grund der Territorialität des deutschen Ladenschlußrechts unhaltbar.2s So wurde dann auch der Verstoß gegen§ 1 UWG darin gesehen, daß die Werbung des belgiseben Unternehmers mit seinen Öffnungszeiten zu einem Wettbewerbsnachteil der deutschen Konkurrenten geführt hätte. 26 Zur Untermauerung dieser Argumentation wurde auch hier wieder auf Art. 3 GG verwiesen.27 Im Ergebnis wurde damit in Ermangelung eines direkt anwendbaren "Ankündigungsverbots" die werbemäßige Ausnutzung eines günstigen Auslandsrechts für wettbewerbswidrig i. S. d. § 1 UWG erklärt. Zur Begründung wurde der Gleichheitssatz in der Ausprägung der "par conditio concurrentium" herangezogen.

Ein kompliziertes Beispiel für die Fallgruppe der werbemäßigen Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede bietet nun der Sachverhalt der "Weltweit-Club" -Entscheidung.2a Ein deutscher Zigarettenhersteller betrieb im Inland Sympathiewerbung für sein Produkt, indem er an interessierte Personen gegen ein Entgelt von DM 5,- einen "Club-Passport" verkaufte; Hotels, Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte in ausländischen Urlaubsgebieten (u.a. Spanien, Italien, Jugoslawien) gewährten gegen Vorlage dieses Passports durchschnittlich 5- 10%ige Rabatte auf ihre Leistungen. Gegen diese Form der Werbung klagte ein inländischer Konkurrent auf Unterlassung. .

Bei der Entscheidung dieser Frage bewegte sich das LG Harnburg noch völlig in den Bahnen der bisherigen Rechtsprechung. 29 Vgl. WRP 1977, 532. WRP 1977, 532 ist insoweit unrichtig, als auch ein Verstoß gegen deutsches Ladenschlußrecht angenommen wird. 26 WRP 1977, 532. 27 WRP 1977, 532. 28 Vgl. BGH NJW 1977, 2211 m. ausführlicher Besprechung von Schricker, GRUR 1977, 646; siehe auch die Vorinstanz LG Hamburg, WRP 1975, 615. 24 25

I. Ausnutzung int. Unterschiede bei wettbewerbsbezogenen Normen

23

Das Gericht kam über die Tatortregel zur Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts. In der Werbung mit dem Passport sah das Gericht dann die Ankündigung einer verbotenen Rabattgewährung nach § 1 RabattG, die sich auch auf den Wettbewerb zwischen den ausländischen Unternehmen und gleichartigen Betrieben in deutschen Urlaubsgebieten auswirkte. 3o Neben dem Verstoß gegen § 1 RabattG bejahte das Gericht daher auch eine Verletzung des § 1 UWG aus dem Gesichtspunkt des "Vorsprungs durch Rechtsbruch" .31 Indem der Beklagte nämlich einen Wettbewerb zwischen den ausländischen und den deutschen Unternehmen organisierte und dabei gegen § 1 RabattG verstieß, betrieb er gleichzeitig für sein Produkt eine Sympathiewerbung, die ihm einen Wettbewerbsvorsprung vor seinen Konkurrenten verschaffte. 32 In der Revision dieser Entscheidung des LG Harnburg nun stellte der BGH die "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" als neue Fallgruppe des § 1 UWG auf. Der Senat ging, wie auch das LG, von der Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts aus. Ob der Beklagte mit der Ausgabe der Passports unzulässigerweise Rabatte i. S. d. § 1 RabattG ankündigte, ließ der Senat jedoch ausdrücklich offen.33 Er stellte vielmehr darauf ab, daß der Beklagte seinen eigenen Wettbewerb förderte, indem er einen Wettbewerb zwischen deutschen und ausländischen Unternehmen organisierte, in dem die deutschen Hotels, Restaurants und Geschäfte auf Grund des strengen inländischen Rabattrechts nicht die gleichen Startchancen hatten. Hierin sah der Senat eine Förderung des eigenen Wettbewerbs durch "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" zu Lasten Dritter.34 Dieses Verhalten hielt das Gericht unabhängig vom Vorliegen eines direkten Rechtsbruchs für einen Verstoß gegen "das Anstandsgefühl des Kaufmanns"3 5 und damit für sittenwidrig i.S.d. § 1 UWG. Damit war eine neue Fallgruppe sittenwidrigen Verhaltens zu§ 1 UWG geschaffen. 36 Vgl. LG Harnburg WRP 1975, 615. Auf die dieses Wettbewerbsverhältnis begründenden Ausführungen verwandte das Gericht dabei besondere Sorgfalt. 31 Hierzu Baumbach I Hefermehl, Einl. UWG Rdn. 114. 32 LG Hamburg, a.a.O., S. 619. 33 Der nicht unumstrittenen Argumentation der Vorinstanz folgte der BGH damit nicht. 34 Vgl. zum Problem der Benachteiligung Dritter Schricker, a.a.O., S. 649. 35 BGH NJW 1977, 2212. 36 In diesem Fall wurde das Werbemittel im Wege der Ausnutzung eines Rechtsgefälles gewonnen. Das auch die Form der Werbung durch die Ausnutzung von ~echts­ vorteilen bestimmt sein kann, zeigt der Sachverhalt BGH GRUR 1971, 153 (Tampax) m. Anm. Droste. Daß es sich auch hier um die Ausnutzung von Rechtsunterschiedep handelte, hebt Joerges, Die klassische Konzeption des IPR und das Recht des unlauteren Wettbewerbs, RabelsZ 36 (1972), 421ff., 484, ausdrücklich hervor. 29

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

3. Die Entwicklung dieser Rechtsprechung hin zur Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede"

Den geschilderten Fällen lagen ausnahmslos Sachverhalte mit Auslandsberührung zugrunde. Da die wettbewerbliehen Interessen der Parteien jedoch auf dem inländischen Markt aufeinandertrafen, kam in allen Fällen deutsches Wettbewerbsrecht zur Anwendung.a7 Auch wenn die zitierten Entscheidungen nicht immer einheitlich in der Argumentation sind, so läßt sich doch eine Entwicklung nachweisen, die zu der Fallgruppe der "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" geführt hat. Am Beginn dieser Entwicklung stehen die Sachverhalte der Ankündigung einer im Inland verbotenen, im Ausland jedoch erlaubten Rabattgewährung. In diesen Fällen liegen die Argumentationen der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs,aa des OLG Düsseldorf39 sowie des LG Harnburg ("Weltweit-Club 1")40 auf einer Linie. Immer wurde die Rabattankündigung als Verstoß gegen das Ankündigungsverbot des§ 1 RabattG gewertet. Damit war bei von der Auslandsbeziehung isolierter Betrachtung41 ein Rechtsbruch gegeben, mit dem sich der Betreffende einen rechtswidrigen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten erworben hatte. Die damit auch gegebene Verletzung der wettbewerbliehen Chancengleichheit war nach§ 1 UWG i.S.d. Fallgruppe "Vorteil durch Rechtsbruch" sittenwidrig. Das Vorliegen eines internationalen Rechtsgefälles war bei dieser Argumentation unerheblich.

Schon im Fall der Werbung mit im Ausland möglichen langen Geschäftsöffnungszeiten42 ließ sich diese Argumentation nicht mehr durchhalten. Es fehlt hier im deutschen Ladenschlußgesetz an einem, dem § 1 RabattG entsprechenden, Ankündigungsverbot. Ein Verstoß gegen deutsches Ladenschlußrecht lag insoweit nicht vor, und die Fallgruppe des UWG "Vorteil durch Rechtsbruch" konnte nicht zur Anwendung kommen. Der Gedanke der Chancengleichheit mußte vielmehr direkt, d.h. ohne "Vermittlung" durch diese Fallgruppe des § 1 UWG, als tragende Säule der Argumentation herangezogen werden. 37 Vgl. zur Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts Baumbach I Hefermehl, Einl. UWG Rdn. 179, 182; Kegel, IPR, 5. Aufl. 1985, S. 403,410. 38 Der Wettbewerb 1958, 63, 94ff. ; 1970, 150. 39 OLG Düsseldorf WRP 1970, 149 = NJW 1970, 1008 = GRUR int. 1970, 164. 40 WRP 1975, 615 = IPRspr. 1977 Nr. 106a. 41 Auf diese isolierte Betrachtungsweise weist das OLG Düsseldorf ausdrücklich hin, WRP 1970, 150. 42 WRP 1977, 532 (ohne Quellenangabe).

11. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktionsbezogenen Nonnen

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Wettbewerbswidrig im Sinne des UWG war demnach die Verletzung der "par conditio concurrentiurn" _43 Das auf dem Gebiet des Ladenschlußrechts vorliegende Rechtsgefälle wurde auch hier nicht herangezogen. Dies geschah dann erstmals in der "Weltweit-Club"-Entscheidung des BGH.44 Indern der Senat die Frage, ob die Ankündigung der im Ausland erlaubten Rabattgewährung gegen § 1 RabattG verstieß, ausdrücklich offen ließ und damit nicht der Argumentation der Vorinstanz45 folgte, war auch hier die Anwendung der Fallgruppe "Vorteil durch Rechtsbruch" nicht möglich. Das Gericht argumentierte dann aber nicht undifferenziert mit einer Verletzung der wettbewerbliehen Chancengleichheit, sondern suchte vielmehr nach der Ursache für die entstandene Chancenungleichheit Diese lag in der Möglichkeit der Beklagten, sich ein internationales Rechtsgefälle zunutze machen zu können. Hierin aber sah der Senat einen Verstoß gegen§ 1 UWG. Hinter der verkürzten Formel "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" verbirgt sich also die Aussage, die Beklagte habe die wettbewerbliehe Chancengleichheit sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG verletzt, indem sie sich durch Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede einen Vorteil verschafft hat, den ihre Konkurrenten nicht wahrnehmen konnten. 46 Damit stellt sich die Fallgruppe der Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles als eine Ausprägung des Grundsatzes der "par conditio concurrentiurn" dar. U. Die Ausnutzung internationaler Unterschiede bei produktionsbezogenen Normen Zu den produktionsbezogenen Normen sollen hier alle diejenigen Vorschriften gerechnet werden, die bei der Herstellung von Waren zu beachten sind. 47 Internationale Unterschiede in diesem Normenbereich bieten dem einzelnen Unternehmer dann Vorteile, wenn sie ihm die Herstellung seiner Produkte in einer besseren Qualität oder zu geringeren Kosten ermöglichen. Vor allem internationale Produktionskostenunterschiede spielen in der wirtschaftlichen Praxis eine bedeutsame Rolle. WRP 1977, 532 (ohne Quellenangabe). BGH NJW 1977, 2211. 45 LG Harnburg WRP 1975, 615. 46 Schricker hingegen lehnt eine Berücksichtigung standortbedingter Vor- und Nachteile bei der Ermittlung der Chancengleichheit ab, GRUR 1977, 646, 649. 47 Wie der Beispielsfall der jugoslawischen Arbeitnehmer (vgl. unten bei Fn. 91) zeigt, treten ähnliche Probleme auch bei der Erbringung von Dienstleistungen auf. 43 44

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr. 1. Der wirtschaftliche Hintergrund der Ausnutzung solcher kostenbezogener Rechtsunterschiede

a) Der theoretische Hintergrund Bei der Ausnutzung kostenorientierter internationaler Rechtsvorteile handelt es sich um einen Teilaspekt des in der Volkswirtschaft seit langem bekannten Problems der Niedrigpreiseinfuhren. Der Grundsatz des Freihandels soll zu einer Optimierung der internationalen Arbeitsteilung, daß heißt zu einer optimalen Ausnutzung komparativer Kostenvorteile, führen. 48 Mit diesem Prinzip der Arbeitsteilung steht die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften bzw. ihrer Industrien in einem engen Funktionszusammenhang.49 Daraus folgt, daß sich die Veränderung komparativer Vorteile direkt auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Branche auswirkt. Für den durch diese Auswirkungen nachteilig betroffenen inländischen Industriezweig stellt sich nunmehr das Problem, die Nachteile durch entsprechende Unternehmerische Maßnahmen auszugleichen. Hierzu werden in der Praxis folgende zwei Wege unter anderen eingeschlagen:so - Die betreffenden Unternehmen wählen für ihre wirtschaftliche Betätigung einen Standort, der einen komparativen Vorteil bietet;51 für Produktionsbetriebe zum Beispiel bedeutet dies die Verlagerung von Produktionsstufen oder auch ganzen Produktionszweigen ins Ausland. 52 Eine Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit führt also zu einer Steigerung der Bereitschaft der Unternehmer, einen ausländischen Standort zu wählen.53 Direktinvestitionen im Ausland sind damit nicht mehr, wie bisher, nur absatzorientiert, d. h. sie dienen nicht mehr ausschließlich der besseren Belieferung des Auslandsmarktes; vielmehr werden Direktinvestitionen in letzter Zeit mehr und mehr kostenorientiert E. v, Hippel, a .a.O., S. 10. Hierzu ausführlich Eisbach, Der Einfluß der Konkurrenz auf die internationale Arbeitsteilung, Frankfurt 1981. 50 Andere Anpassungsmaßnahmen bleiben hier unberücksichtigt. 51 Dies wird ausdrücklich als Motiv für Direktinvestitionen anerkannt von Schneider, Direktinvestitionen und die Politik der Entwicklungsländer, S. 49, und von Baumann u.a., Außenhandel, Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft, S. 135ff. 52 H. Giersch I H. Peesel, Standortvorteil Ausland, DIHT-Schriftenreihe H. 134, Bonn 1973, S. 8f.; Adam, Neue Tendenzen in der internationalen Ökonomie: Industrieverlagerung und weltweite Produktion, in: Kreye (Hrsg.), Multinationale Unternehmen, München 1974, S . 130ff., 131, spricht von einer " ... dritten Welle von Direktinvestitionen ... ,um in den unterentwickelten Ländern für die Versorgung des Heimatmarktes zu produzieren'". 53 Giersch I Peesel, a.a.O., S. 10. 48 49

II. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktiopsbezogenen Normen

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vorgenommen, also mit dem Ziel, durch die Verlagerung der Produktion kostengünstiger herstellen zu können. 54 Zu einer Beeinflussung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt kommt es hierbei nun, wenn der im Ausland mit geringen Kosten produzierende inländische Unternehmer mit dieser Ware den inländischen Markt beliefert und dabei den erlangten Produktionskostenvorteil auf den Angebotspreis durchschlagen läßt. Die Folge hiervon sind Preise, mit denen die Konkurrenten, die im Inland herstellen, nicht in Wettbewerb treten können. 55 - Der zweite Weg, komparative Produktionskostennachteile auszugleichen, besteht in der Eigeneinfuhr durch die inländischen Hersteller. Anstattein Produkt selbst im Inland mit hohen Kosten herzustellen, kauft hier der inländische Unternehmer die entspr~chende Ware preisgünstig im Ausland ein, importiert sie und gliedert sie anschließend in sein Angebotsspektrum ein. Auch hier entstehen für die im Inland selbst produzierenden Konkurrenten des importierenden Unternehmers Wettbewerbsnachteile, wenn sich der günstige Importpreis auf den inländischen Angebotspreis niederschlägt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bietet sich die Methode der Eigeneinfuhr vor allem dann an, wenn der komparative Produktionskostennachteil nur bei einem Zuliefer- oder Halbfertigprodukt besteht, oder wenn er sich nur auf einen geringen Teil des Produktangebotes eines Unternehmens bezieht. Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn eine bestimmte Ware in verschiedenen Qualitäten auf dem Markt verlangt wird. Hier sind schlechtere Qualitäten oft preisgünstig aus dem Ausland zu beziehen, während die höhere Qualität weiterhin im Inland selbst produziert werden muß, da ihre Herstellung ein größeres Know-how verlangt. Durch die Kombination von Eigeneinfuhr und Selbstherstellung bietet sich somit dem Unternehmer die Möglichkeit, die kostenträchtige Produktion minderer Qualität abzusetzen und trotzdem ein komplettes Produktspektrum anzubieten. 54 Giersch I Peesel, a.a.O., S. 9; ebenso Mertens I Kirchner I Schanze, Wirtschaftsrecht, 1978, S. 288f.; Adam, a.a.O., S. 131f., 150. Eine besondere Position nehmen insoweit die multinationalen Unternehmen ein. Für sie bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, internationale Rechtsunterschiede auszunutzen. Vgl. L. Raiser, Festschr. f. Böhm, S. 490f. 55 Die Gefahren eines solchen "Importdrucks durch Auslandsproduktion" sind für einzelne Branchen durchaus anerkannt, teilweise aber als insgesamt noch gering erachtet; vgl. Schneider, a.a.O., S. 50; Baumann u.a., a.a.O., S. 168; a.A. Adam, a.a.O. Dem stehen ebenso die Klagen einzelner Industriezweige entgegen, vgl. unten bei Fn. 58, 60, 69. Auch steht zu befürchten, daß sich diese Situation im Zuge der zunehmenden Verschärfung des Umweltschutzrechts verändert, vgl. unten bei Fn. 69.

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

Auf lange Sicht gesehen steht der Weltwirtschaft eine Zeit bevor, in der sich komparative Vorteile in erheblichem Maße zwischen den Staaten verschieben werden.ss Dies gilt wohl um so mehr, als in den Industriestaaten eine zunehmende Gesetzgebungstätigkeit festzustellen ist, die zur Wahrung der Allgemeininteressen die Wirtschaft mit steigenden Beschränkungen und kostentreibenden Auflagen belastet, während in den Entwicklungsländern in unterschiedlichem Maße dem Wirtschaftswachstum vorrangige Bedeutung eingeräumt wird. 57 Diese Verschiebung erfordert entsprechende Anpassungsmaßnahmen der ins Hintertreffen geratenen Länder; hierzu gehören unter anderen auch die oben geschilderten Maßnahmen- vielfach werden kostenorientierte Direktinvestitionen ausdrücklich als Anpassungsmittel empfohlen.ss Zum großen Teil haben sich die Entwicklungsländer auf diese Industrieverlagerungen eingestellt und sie in das Konzept ihrer Wirtschaftsentwicklung eingeplant.59 In einigen Ländern sind "Export-Fabrikationszonen" ("export-processing zones") eingerichtet worden. Es handelt sich hierbei um Gewerbegebiete, in denen besondere Anreize für ausländische Direktinvestitionen geboten werden. Sie sind in der Hauptsache an der Versorgung der Heimatmärkte der Investoren orientiert. 60 Mag dies volkswirtschaftlich auch auf lange Sicht richtig und zutreffend sein, so darf doch nicht unbeachtet bleiben, daß sich- zumindest in Einzelfällen- erhebliche Funktionsstörungen des nationalen Wettbewerbsgefüges ergeben können. b) Die wirtschaftliche Praxis61 Soweit bisher ein Wettbewerbsdruck durch günstige ausländische Produktionsbedingungen augenfällig geworden ist, war dieser in fast allen Fällen nicht so sehr durch rechtliche, sondern mehr durch soziale Unterschiede bedingt. Vor allem die niedrigen Lohnkosten in manchen Ländern, besonders in der Dritten Welt, spielen hier eine bedeutsame Rolle. 56 Weltentwicklungsbericht der Weltbank (WE) 1978, S. 78; RIO-Bericht an den Club of Rome, Reshaping the International Order, Leitung: J. Tinbergen, A.126ff. 57 Als Beispiel hierfür kann die Gesetzgebung zum Schutz der Umwelt dienen, Petersmann, Die Dritte Welt und das Wirtschaftsvölkerrecht, in: ZaöRV 36 (1976), 492, 541f. 58 RIO-Bericht, S. 127; Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 1979/80, S. 186, Rdn. 495; eine Übersicht über sonstige Anpassungsmaßnahmen gibt WE 1979, S. 26ff. 59 Vgl. hierzu Adam, a.a.O., S. 136. 60 Hierzu ausführlich und mit zahlreichen Beispielen Adam, a .a.O., S. 138ff.; sowie Wall, Export Processing Zones, in: JWTL 10 (1976), 478. 61 Zahlreiche Beispiele für Fälle von In~ustrieverlagerung ins Ausland gibt Adam, Neue Tendenzen in der internationalen Okonomie: Industrieverlagerung und weltweite Produktion, in: Kreye (Hrsg.), Multinationale Unternehmen, München 1974, s. 130ff.

II. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktionsbezogenen Nonnen

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Demzufolge waren es auch die arbeitsintensiven Industriezweige, die zuerst mit den Problemen einer veränderten Wettbewerbssituation konfrontiert wurden. Stellvertretend für alle anderen kann hier die Textil- und Bekleidungsindustrie benannt werden. Auf diesem Sektor haben umfangreiche Einfuhren aus Niedrig-Lohn-Ländern zu einem erheblichen Wettbewerbsdruck auf dem Binnenmarkt geführt. 62 Auch hier hat jedoch die betroffene Industrie den Standortvorteil, den Länder mit niedrigen Lohnstrukturen bieten, erkannt und versucht, ihn mit den geschilderten Mitteln auszunutzen. Dies ist in erheblichem Maße durch Eigeneinfuhren geschehen. 63 Auch Fälle von Produktionsverlagerung ins Ausland zwecks Bedienung des eigenen Marktes hat es - vor allem im Bekleidungssektor- gegeben. 64 Insgesamt jedoch hat die Situation auf dem Textil- und Bekleidungssektor zur verstärkten Errichtung tarifärer und nicht-tarifärer Handelshemmnisse geführt,65 im Vordergrund steht dabei wohl das Welttextilabkommen. 66 Wie oben schon angedeutet, 67 kommen in jüngerer Zeit zu den Lohnunterschieden noch Kostenvorteile oder -nachteile hinzu, die ihre Ursache in unterschiedlichen rechtlichen Vorschriften haben.6 8 Eine bedeutsame Rolle spielt insoweit das jeweilige Umweltschutzrecht eines Staates. 69 So sind vor allem in den westlichen Industrieländern die Anforderungen, die an den Umweltschutz gestellt werden, unter dem Einfluß der öffentlichen Meinung gestiegen. Dies hat vielfach eine Verschärfung der Umweltschutzgesetze zur Konsequenz gehabt. So werden den Industrieunternehmen häufig Auflagen gemacht, deren Erfüllung zu hohen Investitionen zwingt und damit die Produktionskosten und den Preis einer Ware in die Höhe treibt. 62 F. Richter, Die Entwicklung des Textilmarktes aus der Sicht der heimischen Industrie, in: Außenhandelspolitik und Einzelhandel, Jubiläumsschrift zum 25jährigen Bestehen der AVE, S. 165ff. 63 Richter, a.a.O., S. 167. 64 Richter, a.a.O., S. 172; ders., Verlagerung der Textilindustrie in die Entwicklungsländer; sowie Unland, Verlagerung der Bekleidungsindustrie in die Entwicklungsländer, beide in Band- und Flechtindustrie 1978, H. 2, S. 83f. ; H. 3, S. 124f.; H. 4, S. 166ff. 65 WE 1979, S. 24f. 66 Näher hierzu: F. Richter, Das Welttextilabkommen, in: Textilwirtschaft 1978, H.14, S. 25. 67 Vgl. bei Fn. 53. 68 Daß kostenorientierte Direktinvestitionen außer auf günstigen Lohnkosten auch auf anderen Kostenvorteilen beruhen können, wird ausdrücklich betont von Baumann u. a., a.a.O., S. 136. 6 9 Aus der zahlreichen neueren Literatur zum Verhältnis von Umweltschutz und Wettbewerb siehe nur: R. Buhne, Die internationale Wettbewerbswirksamkeit nationaler Umweltschutzmaßnahmen, Göttingen 1981 ; H. Gutzler (Hrsg.), Umweltpolitik und Wettbewerb, Baden-Baden 1981.

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

Entgegen der Entwicklung in den Industriestaaten hat sich in den meisten Ländern der Dritten Welt ein solches Umweltrecht noch nicht in dieser Schärfe herausgebildet.7o Auf dem Gebiet des Umweltschutzes bestehen damit erhebliche Rechtsunterschiede zwischen den Staaten, 71 die für manche Staaten einen- zum Teil gewichtigen- komparativen Kostenvorteil darstellen72 und damit zu preisverzerrenden Effekten bezüglich einer Ware führen. 73 Daher erscheint es auch nicht verwunderlich, wenn bei der Wahl eines Produktionsstandortes im Ausland nicht nur geringe Lohnkosten, sondern mehr und mehr auch die Umgehung belastender Umweltschutzvorschriften für viele Unternehmen als Motiv in den Vordergrund rückt.?4 Auch für die Eigenimporte kann ein gering entwickeltes Umweltrecht im Ausland die Ursache sein.'5 Nicht umsonst wird daher mit dem Hinweis auf die "unvorhersehbaren Folgen unkoordinierter nationaler Aktionen " 76 ein weltweites Lenkungssystem' ' im Sinne eines internationalen Umweltmanagements7s gefordert. Solche gravierenden und unter Umständen auch wettbewerbsverzerrenden Unterschiede im Umweltschutzrecht bestehen aber nicht nur zwischen den Industriestaaten und der Dritten Welt- wenn sie hier auch am deutlichsten in Erscheinung treten-, sondern sie sind auch unter den Mitgliedsländern der EG anzutreffen.79 Inwieweit Verzerrungen des nationalen Wettbewerbs durch die Ausnutzung von Preisvorteilen auf Grund internationaler Rechtsunterschiede mit rechtlichen Mitteln verhindert oder ausgeglichen werden können, soll im folgenden am Beispiel des Umweltrechts erörtert werden.

70 Petersmann, ZaöRV 36 (1976), 492, 521 u. 541f. spricht sogar von einer offenen Ablehnung wirtschaftsbelastender Umweltschutzmaßnahmen durch die Entwicklungsländer. 71 H. Siebert, Umwelt und Außenhandel, in: H. Giersch I H.-D. Haas, Probleme der weltwirtschaftliehen Arbeitsteilung, Berlin 1974, S. 116, 128. 72 R. Buhnl!, a.a.O., S. 5. 73 R. Buhne, a.a.O., S. 6; siehe hierzu auch die von Nauser für die schweizerische Papierindustrie geführte Klage, in: Horn I v. Walterskirchen I Wolff (Hrsg.), Umweltpolitik in Europa, S. 281 u. 284ff. 74 RIO-Bericht, S. 127; die Verlagerung umweltbelastender Industrien in die Entwicklungsländer betont auch Adam, a.a.O., S. 152; vgl. hierzu auch den Beitrag "Verschmutzung wird exportiert" (o. Verf.), in: Wirtschaftswoche 1976, H. 41, S. 56ff. 75 So wohl im Fall der "Asbestimporte"-Entscheidung, BGH NJW 1980, 2018. 76 RIO-Bericht, S. 202. n E. v. Hippel, a.a.O., S. 29. 78 RIO-Bericht, S. 182. 79 Z.B. unterschiedliche Umweltschutzanforderungen für deutsche und französische Kalibergwerke, vgl. hierzu die schriftliche Anfrage an die EG-Kommission Nr. 360180, ABI EG C 28311 (1980).

II. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktionsbezogenen Normen

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2. Die Ausnutzung kostenorientierter Vorteile in der bisherigen Rechtsprechung

Wie aufgezeigt, werden kostenorientierte Vorteile vornehmlich im Wege der Produktionsverlagerung oder der Eigeneinfuhr durch inländische Hersteller ausgenutzt. Mit einem Fall von kostengünstiger Eigeneinfuhr auf Grund internationaler Rechtsunterschiede hatte sich der BGH jetzt erstmals zu befassen.so Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte war, ebenso wie die Klägerin, Herstellerin von Asbestwaren, insbesondere von Halbfertigwaren und Garnen. Einen Teil der von ihr vertriebenen Ware importierte die Beklagte aus Südkorea. Da es sich bei Asbest um einen gesundheitsgefährdenden Stoff handelt -er ruft die Berufskrankheit Asbestose hervor und gilt als krebserregend - dürfen Asbestwaren im Inland nur unter sehr strengen und damit kostenintensiven Sicherheitsvorkehrungen hergestellt werden. Solche Sicherheitsbestimmungen existieren dagegen in Südkorea nicht. Daher konnte die Beklagte die Importware günstig einkaufen und im Inland zu einem Preis anbieten, der für die inländische Konkurrenz nicht einmal kostendeckend war. Die Klägerin beantragte, der Beklagten den Handel mit unter diesen Bedingungen hergestellten Asbestwaren zu verbieten; hilfsweise, den Handel mit diesen Waren ohne Hinweis auf die schlechten Arbeitsbedingungen in Südkorea zu verbieten.81

Unzweifelhaft lag hier ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter im Inland vor. Somit war deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar. Eine Preisunterbietung an sich ist nach deutschem Recht nicht wettbewerbswidrig.a2 Der Senat prüfte deshalb, ob das Verhalten der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des "Vorsprungs durch Rechtsbruch" zu erfassen war. 83 Ein relevanter Rechtsbruch hätte hier nur in einem Verstoß gegen deutsche Arbeitsschutzbestimmungen gesehen werden können. Unter Hinweis auf die auf das Inland beschränkte Geltung des deutschen Arbeitsschutzrechts lehnt der BGH einen solchen Verstoß jedoch ab. Daher greift das Urteil wieder den Gedanken der wettbewerbswidrigen "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" auf. Auch wenn hier jedoch ein solches "Gefälle" zwischen den Arbeitsschutzvorschriften der Bundesrepublik und Südkoreas besteht, so lehnt der Senat im Ergebnis doch eine wettbewerbswidrige Ausnutzung ab. Den Grund hierfür sieht er 80 BGH vom 9. 5. 1980, NJW 1980, 2018 m. Anm. Knieper I Fromm = IPRax 1981, 20m. Bespr. Katzenberger, S. 7 ff. = GRUR 1980, 858 m. Anm. Oppenhoff = JuS 1981, 691 Nr. 9. 81 GRUR 1980, 859; in den Parallelfundstellen ist der Klagantrag nicht exakt wiedergegeben. 82 Vgl. Baumbach I Hefermehl, § 1 UWG Rdn. 203ff. 83 Vgl. hierzu Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 222.

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

in der Tatsache, daß die im Ausland ordnungsgemäß hergestellte Ware legal ins Inland eingeführt wurde. 84 Die Einfuhrbestimmungen präkludieren insoweit eine Beurteilung des Handels mit der eingeführten Ware nach deutschem Wettbewerbsrecht. Diese Aussage schränkt das Gericht anschließend wieder ein. Eine Sittenwidrigkeit i. S. d. § 1 UWG kommt nach Auffassung des Senats dann in Betracht, wenn die Herstellung der betreffenden Waren im Ausland sittliche Grundanforderungen in so starkem Maße verletzt, daß auch der Handel mit solchen Waren die guten kaufmännischen Sitten verletzt. Einen solchen Verstoß gegen sittliche Grundanforderungen sah der Senat aber auch bei den in Südkorea herrschenden Produktionsbedindungen nicht als gegeben an. Er verwies insofern auf die sozio-kulturelle und gesamtwirtschaftliche Bedingtheit des Arbeitsschutzes. Den hilfsweise geltendgemachten Anspruch aus § 3 UWG wies der Senat mit der Begründung zurück, die Arbeitsbedingungen, unter denen die Ware hergestellt wurde, seien kein für den Geschäftsverkehr wesentlicher Umstand. 85 Wenn auch ohne jede Auslandsberührung, so ist der Sachverhalt, über den der BGH am 27. 10. 1959 zu entscheiden hatte,B6 in seiner Problematik der "Asbestimporte"-Entscheidung teilweise gleichgelagert. Auch hier handelte es sich um die Frage nach der Zulässigkeit der Ausnutzung günstiger fremder Produktionsvorschriften. Der Beklagte, ein in Bayern ansässiger Bierverleger, beabsichtigte, ein unter Verwendung von Zucker außerhalb Bayerns ordnungsgemäß hergestelltes .,Süßbier" in Bayern in den Verkehr zu bringen. Auf Grund des strengen bayerischen Reinheitsgebotes war es bayerischen Brauereien verboten, ein solches Getränk herzustellen und zu vertreiben. Sie klagten daher, vertreten durch einen lnteressenverband, auf Unterlassen des Handels mit dem importierten Getränk in Bayern.

Wie schon ausgeführt, handelt es sich hierbei nicht um einen Sachverhalt mit Auslandsberührung. Ein Rechtsgefälle lag hier vielmehr bezüglich der Bierherstellungsvorschriften zwischen Bayern und dem übrigen Bundesgebiet vor. Die Problematik der Ausnutzung eines solchen "interlokalen Rechtsgefälles" ist aber der eines .,internationalen Rechtsgefälles" zumindest in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ähnlich. &7 BGH GRUR 1980, 860 (sub II 3). A.A. Knieper I Fromm, NJW 1980, 2020. 86 BGH GRUR 1960, 240 (Süßbier II) m. Anm. v. Falck; vgl. hierzu auch die Vorinstanz LG München I WRP 1958, 219. 87 Auf die Ähnlichkeit der Rechtsprobleme von interlokalem und internationalem Handel weisen ausdrücklich hin Mertens I Kirchner I Schanze, Wirtschaftsrecht, S. 275; außerdem wird die Problematik der "Süßbier"-Entscheidung wieder aktuell, wenn der EuGH eines Tages das Reinheitsgebot als gemeinschaftswidrig erklären sollte; vgl. Mutke, Nochmals: Zum Reinheitsgebot für deutsches Bier, in: AWD 1984, 206, 207. 84

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II. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktionsbezogenen Nonnen

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In der ersten Instanz hatte das LG München88 einen Verstoß des Beklagten gegen Iebensmittel- und biersteuerrechtliche Vorschriften angenommen und der Klage daher auch nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des "Vorsprungs durch Rechtsbruch" stattgegeben. Der BGH89 lehnte demgegenüber einen Verstoß gegen das BierStG und das LebensmitteiG ab. Mit der Begründung des LG konnte daher auch ein Verstoß gegen§ 1 UWG nicht mehr angenommen werden- es fehlte am Tatbestandsmerkmal des Rechtsbruchs. Der Senat prüft dann jedoch den § 1 UWG unter einem anderen, sehr interessanten Gesichtspunkt. Ausgehend von der Tatsache, daß der Beklagte das außerhalb Bayerns ordnungsgemäß hergestellte "Süßbier" nach Bayern importieren und dort in den Verkehr bringen durfte, untersucht der Senat, ob hierein nicht eine formale Rechtsposition zu sehen ist, die der Beklagte zur Schädigung eines Mitbewerbers mißbraucht. In einem solchen Mißbrauch läge dann ein wettbewerbswidriges Verhalten i.S.d. § 1 UWG.9° Einen solchen sittenwidrigen Mißbrauch lehnt der Senat aber im Ergebnis auf Grund einer Interessenahwägung ab. Das bayerische Reinheitsgebot nämlich gewährt den bayerischen Brauereien insoweit auch einen wettbewerbsbezogenen Vorteil, als es gegenüber dem Verbraucher die hohe Qualität des bayerischen Bieres gesetzlich garantiert. Mit diesem Vorteil ist dann aber auch der Nachteil verbunden, der Konkurrenz durch ein legal eingeführtes außerbayerisches "Süßbier" nicht mit demselben Produkt entgegentreten zu können. Der BGH wies die Klage daher letztendlich ab. Abschließend sei noch auf einen Sachverhalt hingewiesen, in dem ein Rechtsgefälle auf besondere Art wettbewerblieh relevant geworden ist. Ein Berliner Bauunternehmer ließ die übernommenen Bauaufträge durch jugoslawische Subunternehmer ausführen. Diese Subunternehmer hatten mit ihren nach Berlin entsandten Arbeitnehmern jugoslawisches Arbeitsrecht vereinbart. In dem nun vom BAG zu entscheidenden Streit ging es um die Frage, ob die jugoslawischen Subunternehmer bzw. der deutsche Hauptunternehmer verpflichtet waren, die in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des deutschen Baugewerbes vorgesehenen Beiträge zu den Sozialkassen zu entrichten. 91

Da die Parteien der Arbeitsverträge nach den Grundsätzen des IPR zulässigerweise jugoslawisches Arbeitsrecht vereinbart hatten, waren die Bestimmungen des Tarifvertrages daher grundsätzlich nicht anwendbar.92 LG München I, a.a.O. BGH GRUR 1960, 240. 9o BGH GRUR 1960, 243 (sub 4). 91 BAG v. 4. 5. 1977, NJW 1977, 2039. 92 Auch allgemeinverbindliche Tarifverträge sind Bestandteil des Privatrechts, vgl. Hueck I Nipperdey, Arbeitsrecht II, 7. Aufl., S. 339 m. w.N.; Zöllner, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 1979, S . 244. 88 89

3 Mook

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

Demnach hätte eine Beitragspflicht zu den Sozialkassen nicht bestanden. Hier prüft der Senat nun die Anwendbarkeit des "ordre public" (Art. 30 EGBGB). Nachdem der Senat einen direkten Verstoß der Bestimmungen des jugoslawischen Arbeitsrechts gegen den deutschen o. p. abgelehnt hatte, warf er die Frage auf, ob nicht die durch die Ersparnis der Sozialbeiträge anderen deutschen Unternehmern gegenüber entstandenen Wettbewerbsvorteile eine Korrektur über den "ordre public" erfordern.93 Der Senat ging dabei davon aus, daß die Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages unter anderem auch den Zweck verfolgt, die Wettbewerbsgleichheit im Baugewerbe zu gewährleisten. Der Senat lehnt jedoch einen zu großen Wettbewerbsvorteil ab, da die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Inland durch ausländische Arbeitgeber einer behördlichen Genehmigung bedarf, bei deren Erteilung die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Konkurrenz bereits Berücksichtigung findet. 94 Im Rahmen des "ordre public" konnte dieser Gesichtspunkt daher nicht ein zweites Mal Beachtung finden. Im Ergebnis verneinte der Senat deshalb die Beitragspflicht. Zwar handelt es sich bei diesem Fall nicht um eine Wettbewerbsklage, jedoch zeigen die Ausführungen zu Art. 30 EGBGB, daß auch hier die wettbewerbliehen Folgen der Ausnutzung eines günstigen Auslandsrechts eine Rolle gespielt haben. Insofern gewinnt die Argumentation des BAG auch Bedeutung für die Überlegungen zu einer neuen Fallgruppe "Ausnutzung von internationalem Rechtsgefälle" im Rahmen des§ 1 UWG.95 3. Die Bedeutung dieser Rechtsprechung für die neue Ausnutzungsfallgruppe

Die in der "Weltweit-Club"-Entscheidung zu § 1 UWG neu entwickelte Fallgruppe wurde in der "Asbestimporte"-Entscheidung96 einer ersten Bewährungsprobe unterzogen, die mit einer Einschränkung ihrer Anwendbarkeit endete. Das Gericht erkannte, daß in Fällen der Ausnutzung produktionskostenorientierter Rechtsunterschiede die uneingeschränkte Anwendung der neuen Fallgruppe zu weit führen würde. Da die Ausnutzung solcher Rechtsunterschiede ihre wettbewerbliehe Relevanz für den Binnenmarkt erst durch die Einfuhr der im Ausland günstig hergestellten Ware erhält,97 setzte der Senat die die Wareneinfuhr regelnden Bestimmungen der wettbewerbsBAG, a.a.O., S. 2040. BAG, a.a.O., S. 2040. 95 Darüber hinaus zeigt der Sachverhalt, daß, auch wenn auf Grund der Immobilität der Arbeitsstätte (hier: Bauplatz) eine Verlagerung nicht möglich ist, die Ausnutzung eines Rechtsgefälles u. U. mit den Mitteln des IPR (hier: Rechtswahl) erfolgen kann. 96 BGH GRUR 1980, 858. 97 Vgl. oben nach Fn. 46. 93

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li. Ausnutzung int. Unterschiede bei produktionsbezogenen Normen

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rechtlichen Beurteilung der Ausnutzung eines Rechtsgefälles voran und maß ihnen präkludierende Wirkung bei. 98 Diese Entscheidung zugunsten eines Vorranges des Einfuhrrechts erscheint in der "Asbestimporte"-Entscheidung aus folgendem Grund auch angemessen: der Klageantrag ging dahin, der Beklagten die Einfuhr bzw. den Handel mit der importierten Ware zu verbieten. 99 Die eigentlich wettbewerblich relevante Ausnutzung lag aber in der Preisgestaltung, da die Beklagte den im Ausland erzielten Produktionskostenvorteil auf ihre inländischen Angebotspreise durchschlagen ließ. Ob aber die ordnungsgemäße Einfuhr auch eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung dieser Preisgestaltung präkludiert, konnte auf Grund des Antrags nicht geprüft werden. Hinzu kommt, daß in diesem Fall die Ausnutzung des Rechtsgefälles im Wege der Eigeneinfuhr stattfand. Bei dieser Art der Vorteilsverschaffung ist die Verursachung der Wettbewerbsverzerrung durch den Importeur nicht so augenfällig wie im Falle der Produktionsverlagerung. Ob die Einschränkung der Ausnutzungsfallgruppe auch auf Produktionsverlagerungen in dieser Form Anwendung gefunden hätte, erscheint daher fraglich. 100 Allerdings gilt nach Ansicht des BGH der Vorrang des Einfuhrrechts nicht absolut. Die Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles soll auf jeden Fall dann wettbewerbswidrig i. S. d. § 1 UWG sein, wenn das ausgenutzte Rechtsgefälle im Ausland zu einer Situation führt, die sittlichen Grundanforderungen widerspricht. Das Gericht geht hier augenscheinlich davon aus, daß in den Bestimmungen über die Wareneinfuhr wirtschafts- und wettbewerbspolitische Entscheidungen zum Ausdruck kommen. Diese dürfen nicht durch das Wettbewerbsrecht mit einer Fallgruppe "Ausnutzung von Rechtsgefälle" korrigiert werden. Die Auswirkungen der Einhaltung oder Nichteinhaltung sittlicher Grundanforderungen durch das Ausland werden dagegen im Einfuhrrecht nicht berücksichtigt. Hier ist daher Raum für eine Beurteilung im Rahmen desUWG. Tatsächlich findet sich ein ähnlicher Gedanke auch in den Ausführungen des BAG zu Art. 30 EGBGB im Fall der "jugoslawischen Arbeiter" .101 Das Gericht lehnte es hier ab, die durch die Einsparung der Sozialkosten bedingte Wettbewerbsverzerrung im Rahmen des "ordre public" zu beach98 So ist wohl der Hinweis auf die" ... nicht in den Anwendungsbereich des UWG fallende wirtschaftspolitische Aufgabe ... " zu verstehen, BGH GRUR 1980, 860 (sub li 1). 99 Insoweit ist der genaue Klagantrag nur in GRUR 1980, 858 wiedergegeben. 100 Tendenziell für eine Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe auf Fälle von Produktionsverlagerungen ins Ausland und anschließendem Reimport Oppenhoff, GRUR 1980, 862. 101 BAG NJW 1977, 2039.

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

ten, da der wettbewerbspolitische Gesichtspunkt bereits bei der dem öffentlichen Recht unterliegenden Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für die ausländischen Arbeiter Berücksichtigung gefunden hatte. Damit wurde auch hier der Vorrang eines öffentlichen internationalen Wirtschaftsrechts - die Frage der Beschäftigungserlaubnis soll hierzu gezählt werden - vor dem nationalen Wettbewerbsrecht betont. Ein weiterer, auch für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles beachtenswerter Gedanke kommt in der "Süßbier II"-Entscheidung des BGH102 zum Ausdruck. Auch hier hatte die Vorinstanzraa noch mit der Fallgruppe "Vorsprung durch Rechtsbruch" gearbeitet. Da der BGH einen Rechtsbruch aber verneinte, mußte er die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit unter einem anderen Gesichtspunkt prüfen. Der Senat fragte, ob der Beklagte eine formale Rechtsstellung im wettbewerbsrechtlichen Sinn mißbräuchlich ausgenutzt hatte. Die formale Rechtsstellung war dabei in der Möglichkeit, ein interlokales Rechtsgefälle a.J.lSzunutzen, zu sehen. Der Senat findet die Antwort im Wege einer Interessenabwägung. Er fragt, ob der Nachteil, den das strengere Recht dem Konkurrenten des Ausnutzers auferlegt, nicht auf der anderen Seite auch einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann. Ein ähnlicher Gedanke mag auch dem in der "Asbestimporte"-Entscheidung gestellten Hilfsantrag zugrunde liegen. Indem die Klägerin zu erreichen versuchte, daß die Beklagte die importierten Waren nur unter Hinweis auf die schlechten koreanischen Arbeitsbedingungen in den Handel bringen durfte, versuchte sie auch, die besseren deutschen Produktionsbedingungen werbemäßig für sich auszunutzen. Liegt ein solcher kompensierender Wettbewerbsvorteil vor, so muß auch die Ausnutzung des Rechtsgefälles, die dann ja nicht ausschließlich vorteilhaft sein kann, unter dem Aspekt der wettbewerbliehen Chancengleichheit geduldet werden. Demnach ist die Ausnutzung eines Rechtsgefälles dann nicht wettbewerbswidrig, wenn die Chancengleichheit auf Grund einer "Vorteilsausgleichung" in der Gesamtschau als nicht beeinträchtigt erscheint.

m. Zusammenfassung Die in der geschilderten Rechtspraxis angesprochenen und für die Ausbildung einer Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" zu § 1 UWG bedeutsamen Gesichtspunkte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 1o2 1o3

BGH GRUR 1960, 240 mit zustimmender Anmerkung von v. Falck. LG München I WRP 1958, 219.

111. Zusammenfassung

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1. Eine Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" dient

dem Schutz der "par conditio concurrentium". Sie ist nur dort erforderlich. wo eirrVorteil durch Rechtsbruch nicht vorliegt.t04

2. Die Ausnutzung produktionskostenorientierter Rechtsvorteile wird oft erst durch Handlungen im internationalen Wirtschaftsverkehr ermöglicht.tos Dies führt zur Frage der Konkurrenz zwischen internationalem Wirtschaftsrecht und nationalem Wettbewerbsrecht.1°6 In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, inwieweit beide Rechtsgebiete dieselben wettbewerbliehen Rechtsgüter schützen. 3. Zu klären ist, inwieweit die Nichtbeachtung sittlicher Grundwerte durch das "schwächere" ausländische Recht dieses Konkurrenzverhältnis beeinflußt und ob sie im Rahmen des § 1 UWG berücksichtigt werden kann. Problematisch erscheint dabei auch die Konkretisierung der sittlichen Grundanforderungen. 4·. Zu klären ist weiterhin, inwieweit die Verzerrung der wettbewerbliehen

Chancengleichheit durch die Ausnutzung von Rechtsunterschieden im Weg der Vorteilsausgleichung kompensiert werden kann.l0 7

Im Hintergrund all dieser Überlegungen steht die Frage, ob eventuelle Störungen des nationalen Wettbewerbsgefüges durch die Auswirkungen einer fremden Rechtsordnung- und die im Ausland gewonnenen Vorteile sind solche Auswirkungen - geduldet werden müssen. Der Untersuchung des von der dargestellten Rechtsprechung entwickelten Lösungsansatzes über das nationale Wettbewerbsrecht ist jedoch eine andere Frage vorgeschaltet Als Bestandteil des deutschen Rechts kann die hier in Rede stehende Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" auf Sachverhalte mit Auslandsberührung nur zur Anwendung kommen, wenn nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts das nationale Recht überhaupt zur Sachentscheidung berufen ist. 104 A.A. Katzenberger, Inländischer Wettbewerb, ordre public und ausländisches Arbeitsschutzrecht, IPRax 1981, 7ff., der das Problem des Rechtsbruchs international-privatrechtlich als Vorfrage behandeln will. 105 So ist nach Knieper I Fromm, NJW 1980, 2020, die Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles eine Folge der immer enger werdenden Verflechtung der internationalen Wirtschaft und letztendlich der Bildung eines einheitlichen Weltmarktes. 106 So wohl auch Schricker, GRUR 1977, 646, 648, wenn er betont, eine neue Fallgruppe "Ausnutzung internationalen Rechtsgefälles" widerspräche den Gedanken der Niederlassungsfreiheit und des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Ein solches Konkurrenzverhältnis wird von Knieper I Fromm, a.a.O., jedoch abgelehnt. Sie sehen im UWG ein geeignetes Instruntent zu" .. . notwendiger juristischer Korrektur und Ordnung der international verflochtenen nationalen Wirtschaft . . . ". 107 Zustimmend zu einer solchen Interessenahwägung v. Falck, GRUR 1960, 243.

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1. Kap.: Ausnutzung int. Rechtsunterschiede in Praxis und Rspr.

Diese kollisonsrechtliche Fragestellung ist vor allem in den Fällen der Ausnutzung wettbewerbsbezogener Rechtsunterschiede bedeutsam und soll dementsprechend auch an dieser Stelle erörtert werden. Die Problematik des internationalen Wirtschaftsrechts tritt dagegen nur bei der Ausnutzung produktionsorientierter Rechtsunterschiede auf und wird daher erst in diesem Zusammenhang dargestellt.

Zweites Kapitel

Das internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs und seine Anwendung auf die Fälle werbemäßiger Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede Am Anfang der folgenden Überlegungen muß also die Frage stehen, inwieweit das nationale deutsche Wettbewerbsrecht überhaupt auf die wettbewerbliehe Ausnutzung der gewonnenen Vorteile Anwendung finden kann. Dies ist die Frage nach dem internationalen Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs.

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts Grundsätzlich ist der räumliche Geltungsbereich des nationalen Wettbewerbsrechts auf das Inland beschränkt.! Dies beruht auf dem Territorialitätsprinzip, nach dem staatliche Hoheitsakte nur auf dem Gebiet des Staates, der sie erlassen hat, Wirkung entfalten. Damit ist jedoch nicht entschieden, auf welche Sachverhalte das UWG Anwendung findet. Diese Frage richtet sich darauf, welche Anknüpfungspunkte in einem konkreten Fall mit Auslandsbeziehung die Anwendbarkeit des deutschen Rechts rechtfertigen.2 Dies ist ein Problem des Kollisionsrechts, hier speziell des internationalen Wettbewerbsrechts. Während die Rechtsprechung mittlerweile zu einer einheitlichen Lösung gefunden hat, werden in der Literatur zum Teil noch recht unterschiedliche Ansätze vertreten. 1. Die Entwicklung des internationalen Wettbewerbsrechts in der Rechtsprechung

a) Die Ansicht des Reichsgerichts Vom Reichsgericht wurden Wettbewerbsverletzungen etwa seit 1930 in ständiger Rechtsprechung den unerlaubten Handlungen zugerechnet.a 1 Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. 1983, Einl. UWG Rein. 168; Neumann, Der Anwendungsbereich des deutschen UWG im internationalen Wettbe-

werb, in: lnt. Wb. 1959, 13. 2 Ebd.; v. Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. 1981, Einf. A Rein. 32.

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Das auf unerlaubte Handlungen anwendbare Recht ergibt sich aus der lex loci delicti commissi. Zwar ist eine entsprechende Kollisionsregel nicht ausdrücklich im deutschen IPR nonniert, sie wird jedoch in Art. 12 EGBGB stillschweigend vorausgesetzt und kann auch sonst als zumindest im Grundsatz allgemein anerkannt gelten.4 War damit auch für das internationale Wettbewerbsrecht der Begehungsort als kollisionsrechtlicher Anknüpfungspunkt vorgegeben, so ist doch die Rechtsprechung des RG hier nicht einheitlich. So hat das Gericht in einer frühen Entscheidung nicht auf den Begehungsort abgestellt, sondern es ging von einer "Rückwirkung" des im Ausland begangenen Wettbewerbsverstoßes aus. 5 Obwohl sich diese Rückwirkung auf den Betrieb eines auf dem Auslandsmarkt tätigen Konkurrenten, der allerdings eine inländische Niederlassung hatte, bezog, behandelte das RG die Wettbewerbsverletzung so, als sei sie im Inland erfolgt und kam zur Anwendung deutschen Rechts. Mit dieser Argumentation wurde der Begehungsort, d.h. der Ort, an dem die Verletzung stattfand, mit dem Ort gleichgesetzt, an dem sich der Schaden eines Mitbewerbers realisiert hatte. 6 Diese Gleichsetzung muß allerdings, da der Schadenseintritt kein Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsverletzung ist, als systemwidrig abgelehnt werden.7 Das Gericht ist daher auch von dieser- vielfach angegriffenen8 - Anknüpfung in einer späteren Entscheidung wieder abgerückt.9 Zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den Wettbewerb deutscher Unternehmen im Ausland kam diese Entscheidung nunmehr unter Zugrundelegung der von Nussbaum geprägten Regello, nach der deutsche Gewerbetreibende auch im Ausland dem deutschen Wettbewerbsrecht schlechthin unterliegen. Diese "Nussbaumsche Regel" ist in der Folgezeit vom RG in mehreren Entscheidungen in Bezug genommen worden.l 1 Zum Teil wurde darüber hinaus auch zusätzlich auf den kollisionsrechtlichen Grundsatz der lex loci delicti commissi abgestellt. 12 Dabei hat das RG entsprechend der schon 3 RGZ 140, 25, 29 (Mundharmonika); RG JW 1936, 923 ; für die Zeit vor 1930, in der das RG von einem räumlich unbegrenzten subjektiven Recht ausging, vgl. die ausführliche Darstellung bei Wirner, Wettbewerbsrecht und internationales Privatrecht, München 1960, S. 42 ff. 4 Vgl. nur Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., S. 403ff.; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 171. 5 RGZ 55, 199, 200; 88, 183, 184. s Ebenso Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 170. 7 So das RG selbst in RGZ 140, 25, 29. a Vgl. nur Baumbach, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., S. 81ff. 9 RGZ 140, 25, 29. IO Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht, 1932, S. 339ff. u RG GRUR 1933, 653 (Demokrat-Club); 1940, 564, 568 (Lodix).

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

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damals im internationalen Deliktsrecht vorherrschenden Ansichtl 3 den Begehungsort sowohl am Handlungs- als auch am Erfolgsort lokalisiert und entsprechend weit ausgelegt. So wurde bereits das Absenden eines Vertragsangebots im Inland, 14 die Versendung einer im Ausland hergestellten Ware vom Inland ins Ausland15 oder die im Inland erfolgte Ausstattung einer im Ausland vertriebenen Ware mit einem fremden Warenzeichen16 als Teil der Wettbewerbshandlung gesehen und als Anknüpfungspunkt für die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts für ausreichend erachtet. Das RG kam damit in allen wettbewerbsrechtlichen Fällen, an denen Gewerbetreibende mit inländischem Geschäftssitz beteiligt waren, zur Anwendung des deutschen Wettbewerbsrechts.I 7 Im Ergebnis hatte sich damit das Reichsgericht von der Beurteilung der Rechtsanwendungsfrage nach der lex loci entfernt und maßgeblich auf das Heimatrecht der streitenden Wettbewerber abgestellt. 18 So findet sich denn auch in einigen Entscheidungen der Satz, daß sich der Wettbewerb deutscher Unternehmen im Ausland nach deutschem Wettbewerbsrecht beurteilt.19 Der Begehungsort als maßgeblicher Anknüpfungspunkt war damit aufgegeben. b) Die frühe Rechtsprechung des BGH

Auch der BGH hat in seiner Rechtsprechung den Trend zum deutschen Recht vollzogen. Er hat sich dabei allerdings weniger auf die "Nussbaumsehe Regel" berufen; vielmehr erreichte er dieses Ergebnis durch eine sehr weite Auslegung des Begehungsortes.20 Ebenso wie schon das RG sah er in der im Inland erfolgten Ausstattung einer für das Ausland bestimmten Ware mit einem fremden Zeichen einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für die Anwendung deutschen Rechts.21 Die Beauftragung eines ausländischen 12 So hat das RG z. T. noch ergänzend darauf abgestellt, ob ein Teil der Wettbewerbshandlung im Inland begangen wurde, z.B. RGZ 150, 265, 271; ebenso Steindorff, Sachnormen im Internationalen Privatrecht, Frankfurt 1958, S. 142. 13 Vgl. nur zum Streitstand damals Frankenstein, Internationales Privatrecht, Bd. II 1929, S. 366ff. 14 RG GRUR 1924, 85 (Saccharin). 1s RGSt 21, 207. 1s RG GRUR 1939, 925 (Rasierklingen). 17 Ein solcher "homeward trend" in der deutschen Rechtsprechung zum internationalen Wettbewerbsrecht wird von Steindorff, a.a.O., S. 143, bestritten. 1s In der auf die Nussbaumsehe Regel abstellenden Rechtsprechung des RG sieht auch Wirner, a.a.O., S. 55, eine Durchbrechung des Deliktsstatuts. 19 RG GRUR 1933, 653 (Demokrat-Club); RG GRUR 1940, 564, 568 (Lodix). 20 BGH GRUR 1955, 150 (Farina Belgien); ebenso Gloede, Der deutsche Außenhandel und seine wettbewerbsrechtliche Beurteilung nach deutschem internationalen Privatrecht, in: GRUR 1960, 464, 466. 21 BGH GRUR 1955, 411 (Zahl 55).

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Rechtsanwalts vom Inland aus 22 wurde ebenso wie die bloße Durchfuhr von Exportlieferungen23 als inländischer Teil einer Wettbewerbshandlung im Ausland qualifiziert und führte so zur Annahme eines deutschen Begehungsortes. Diese weite Ausdehnung des Begehungsortes begründete auch in der Rechtsprechung des BGH in fast allen Fällen die Anwendung des deutschen Wettbewerbsrechts. Da dieses aber häufig erheblich strenger ist als entsprechende ausländische Regelungen, kam es in vielen Fällen zu einer Benachteiligung deutscher Wettbewerber auf Auslandsmärkten; sie waren im Wettbewerb strengeren Beschränkungen unterworfen als ihre ausländischen Konkurrenten.24 Um diese Folgen seiner Rechtsprechung abzumildern, hat der BGH- allerdings immer im Rahmen des deutschen Rechts- bei Auslandssachverha,lten die Anschauungen des jeweiligen ausländischen Rechts mitberücksichtigt.25 Vor allem bei geringfügigen Verstößen oder bei schwacher Inlandsberührung konnten bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit die ausländischen Verkehrsauffassungen mit herangezogen werden. 26 Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine Korrektur, mit deren Hilfe die sittliche Beurteilung den Umwelt- und Verkehrsanschauungen am Handlungsort angepaßt werden soll. Die Qualität eines Tatbestandsmerkmals, etwa im Sinne eines "local datum" ,27 kommt dieser Berücksichtigung von Auslandsrecht jedoch nicht zu. Auch konnte sie nur im Rahmen der einer Interessenahwägung offenen Generalklauseln der§§ 1 und 3 UWG vorgenommen werden. 28 Das Problem der Benachteiligung deutscher Wettbewerber im Ausland konnte daher auf diesem Wege letztendlich nicht befriedigend gelöst werden.

c) Dieneuere Rechtsprechung des BGH Nachdem auch trotz der vom BGH vorgenommenen Berücksichtigung ausländischer Rechtsanschauungen eine wettbewerbliehe ChancengleichBGH GRUR 1955, 150. BGHZ 23, 100; GRUR 1957, 232, 352 (Taeschner 1111). 24 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 174; Spätgens, Zur Frage der Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts oder des Ortsrechts bei Wettbewerb zwischen Inländern auf Auslandsmärkten, in: GRUR 1980, 473, 477ff.; Wengler, Die Gesetze über unlauteren Wettbewerb und das Internationale Privatrecht, in: RabelsZ 19 (1954), 401, 413f.; Weber, Zum Anwendungsbereich des deutschen UWG beim Auslandswettbewerb zwischen Inländern, in: GRUR int. 1983, 26. 25 BGHZ 22, 162; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 174; Lichtenstein, Der gewerbliche Rechtsschutz im internationalen Privatrecht, in: NJW 1964, 1208, 1212; BGHZ 35, 329, 332 (Kindersaugflaschen). 26 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 174. 27 Ausführlich hierzu Viertes Kapitel II. 3. a). 28 Baumbach I Hefermehl, a.a.O.; BGHZ 35, 329, 332 (Kindersaugflaschen). 22

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I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

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heit deutscher und ausländischer Konkurrenten auf ausländischen Märkten nicht erreicht werden konnte, sah das Gericht seine fast ausnahmslos zur Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts führende Rechtsprechung zunehmend der Kritik der Literatur ausgesetzt. 29 In einem Urteil vom 30. 6. 1961 30 fand dann der Umschwung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung statt. Zwar wird auch weiterhin der unlautere Wettbewerb dem Recht der unerlaubten Handlungen zugeordnet, so daß der Begehungsort der maßgebliche Anknüpfungspunkt }?leibt, jedoch reicht fortan nicht mehr jeder Teilakt einer Wettbewerbshandlung zur Begründung eines Begehungsortes aus.31 Der BGH erachtet nunmehr den Ort, an dem die streitenden Konkurrenten miteinander im Wettbewerb stehen, als maßgeblich für die Festlegung des Begehungsortes. 32 Das Gericht folgt damit der von Kamen Troller 33 entwickelten Ansicht, nach der im internationalen Wettbewerb das Recht des Ortes der wettbewerbliehen Interessenkollision zur Anwendung kommt.3 4 Entscheidend ist damit der Ort, an dem sich die Konkurrenten um dieselben Abnehmer bemühen; es kommt also nur auf den Markt an, auf dem beide Wettbewerber tätig sind. Diese neue Auffassung vom Begehungsort einer Wettbewerbshandlung hat der BGH seither in ständiger Rechtsprechung bestätigt.35 In der Entscheidung vom 20. 12. 196436 hat der BGH dann hervorgehoben, daß dieser Begehungsort auch dann maßgebend ist, wenn der Wettbewerb zwischen Inländern auf einem Auslandsmarkt zur Beurteilung ansteht. Die frühere Rechtsprechung, die in fast allen Fällen das deutsche UWG zur Anwendung brachte, war damit - zumindest im Grundsatz - überholt.

d) Die Ausnahmen von der Anknüpfung an den Ort der Interessenkollision Ist die Bestimmung des Begehungsortes durch den Ort der wettbewerbliehen Interessenkollision inzwischen auch herrschende Rechtsprechung, so 29 Neben den in Fn. 24 Genannten auch Neumann, Der Anwendungsbereich des deutschen UWG im internationalen Wettbewerb, in: lnt. Wb. 1959, 13, 15; Binder, Zur Auflockerung des Deliktsstatuts, in: RabelsZ 20 (1955), 401, 494 m. w.N. 30 BGHZ 35, 329, 334 (Kindersaugflaschen). 3! Einen Überblick über die Entwicklung gibt auch Baumbach I Flefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 179f. 32 BGHZ 35, 329, 334 (Kindersaugflaschen). 33 Kamen Troller, Das Internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, 1962. 34 Troller, a.a.O., S. 128, zur Begründung siehe unten bei Fn. 68. 35 BGHZ 40, 391, 395 (Stahlexport); BGH GRUR 1971, 153 (Tampax); BGH GRUR 1977, 672 (Weltweit-Club); BGH GRUR 1980, 858 (Asbestimporte); BGH IPRax 1983, 118 (Domgarten-Brand). 36 BGHZ 40, 391 (Stahlexporte).

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

ist sie doch nicht die einzige Kollisionsregel des internationalen Wettbewerbsrechts.37 Vielmehr soll in zwei Fällen ausnahmsweise noch immer das gemeinsame Heimatrecht der Konkurrenten maßgeblich sein; nämlich einmal, wenn sich die Wettbewerbshandlung ausschließlich oder überwiegend gegen einen inländischen Wettbewerber richtet,3a und zum anderen, wenn sich der Wettbewerb auf dem Auslandsmarkt ausschließlich unter inländischen Wettbewerbern abspielt.3 9 Bei der Ausnahme der ersten Art geht die Rechtsprechung davon aus, daß durch "die unmittelbare Richtung der Wettbewerbshandlung gegen einen Inländer" eine besondere Inlandsbeziehung gegeben ist, die die Anwendung des gemeinsamen Heimatrechts rechtfertigt.40 Insoweit muß jedoch hervorgehoben werden, daß in dem dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Sachverhalt eine Wettbewerbshandlung zur Beurteilung stand, die Wirkung ausschließlich zwischen den Streitbeteiligten entfaltete.41 Der Senat hob daher ausdrücklich hervor, daß die Anwendung deutschen Rechts bei dieser Fallgestaltung für keine Partei eih'e Ungleichbehandlung gegenüber ausländischen Wettbewerbern auf d~m Auslandsmarkt zur Folge haben könne.42 Ähnliche Überlegungen liegen wohl auch der zweiten Ausnahme zugrunde. Spielt sich nämlich der Wettbewerb auf dem Auslandsmarkt ausschließlich unter inländischen Unternehmen ab, so kann durch die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts auch keine Benachteiligung gegenüber nicht vorhandenen ausländischen Konkurrenten eintreten.43 Dies ist m.E. aber letztendlich nur dann zutreffend, wenn man bei der Beurteilung der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Auslandsmarkt nicht nur die aktuellen, sondern auch jedweden potentiellen Wettbewerber berücksichtigt.44 Nur so kann gewährleistet werden, daß ein bisher nur potentiell vorhandener ausländischer Wettbewerber nicht durch ein gegen den deutschen Konkurrenten nach deutschem Recht erlassenes Verbot einer Wettbewerbshandlung zum Eintritt in den aktiven Wettbewerb veranlaßt wird.45 37 Vgl. Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 180; v. Gamm, a.a.O., Einf. A Rdn. 42; ausführlich Spätgens, GRUR 1980, 473, 476. 38 BGHZ 40, 397; Baumbach I Hefermehl, a.a.O.; v. Gamm, a .a.O. 39 Ebd.; a.A. Wengler, JZ 1964, 372, wo er darauf hinweist, daß das Urteil sich zu Unrecht auf seinen Aufsatz in RabelsZ beruft. Abgelehnt werden diese Ausnahmen auch von Beitzke, Auslandswettbewerb unter Inländern, in: JuS 1966, 139; einschränkend auch OLG Karlsruhe WRP 1985, 104, 105. 40 BGHZ 40, 397. 41 BGHZ 40, 398f. 42 BGHZ 40, 399. 43 Raape, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., S. 579; Wengler, RabelsZ 19 (1954), 413; Binder, RabelsZ 20 (1955), 494, 498. 44 Der Begriff des potentiellen Wettbewerbers ist hier auf den relevanten Produktmarkt zu beziehen. Ebenso Beitzke, JuS 1966, 139, 143f.; ähnlich auch Weber, GRUR int. 1983, 29. 45 Beitzke, a .a.O.

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

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Ein so verstandener Wettbewerb ausschließlich unter Inländern wird auf einem Auslandsmarkt in der Praxis nicht anzutreffen sein. Dieser zweiten Ausnahme dürfte daher keine praktische Bedeutung mehr zufallen.46 In beiden Ausnahmefällen will der BGH die Wertung der ausländischen Rechtsordnung jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen.47 Sie soll einmal über die in den Generalklauseln des UWG enthaltenen Bewertungsspielräume Berücksichtigung finden; 48 zum anderen soll das ausländische Recht dann zum Tragen kommen, wenn die verletzte deutsche Vorschrift ihrem Zweck nach nur für den inländischen Wettbewerb Geltung beansprucht49 oder wenn nicht unerhebliche Allgemeininteressen auf dem ausländischen Absatzmarkt betroffen sind. 5o

2. Die Ansichten in der Literatur

Wie oben erwähnt, 51 war es vor allem die Kritik des Schrifttums, die zur Abkehr von der weiten Auslegung des Begehungsortes führte und damit die Zeit fast ausnahmsloser Anwendung des deutschen Wettbewerbsrechts beendete. So einmütig die Kritik an dem alten Rechtszustand auch war, so unterschiedlich sind zum Teil die Vorschläge, die bezüglich einer neuen, geeigneteren Anknüpfungsregel vorliegen. 52 Die wichtigsten sollen im folgenden kurz vorgestellt werden.

a) Wettbewerbsrecht als Recht der Marktordnung Ausgehend von dem Gedanken, daß das Recht des unlauteren Wettbewerbs nicht nur die Konkurrenten, sondern vor allem auch die Abnehmer schützt, qualifiziert Wengler das Wettbewerbsrecht als Recht der Marktordnung.53 Von diesem Ansatz her ergibt sich die entsprechende Kollisionsregel 4& So auch Immenga in Münchener Kommentar, IPR Bd. 7, 1983, nach Art. 12 EGBGB Anh. IV Rdn. 100; ebenso schon Neumann, Int. Wb. 1959, 13, 14; Weber, a.a.O. 47 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 180; v. Gamm, a .a.O., Rdn. 42. 48 BGHZ 40, 399f. 49 BGHZ 40, 400. 5o BGH GRUR 1982, 495, 497 (Domgarten-Brand); Baumbach I Hefermehl, Einl. UWG Rdn. 180. 51 Siehe oben bei Fn. 29. 52 Zusammenfassungen bei Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 178 und bei Kreuzer, Wettbewerbsverstöße und Beeinträchtigung geschäftlicher Interessen, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, Tübingen 1983, S. 232, 241 ff. 53 Wengler, RabelsZ 19 (1954), 414ff.; ders., JZ 1964, 372f.

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

dann zwangsläufig. In Anlehnung an das internationale Kartellrecht bestimmt Wengler das maßgebliche Recht nach dem Absatzmarkt, auf den sich die Wettbewerbshandlung auswirkt oder auswirken kann. 54 Abgesehen von der Frage, ob das Recht des unlauteren Wettbewerbs tatsächlich als Marktordnungsrecht betrachtet werden kann, 55 spricht ein zweiter Gesichtspunkt gegen die Zweckmäßigkeit dieser KollisionsregeL Indem Wengler auf die Auswirkung der Wettbewerbshandlung abstellt, führt er den in der früheren RG-Rechtsprechung enthaltenen Gesichtspunkt des Ortes des Schadenseintritts wieder in die Diskussion ein.56 Die schädlichen Auswirkungen sind aber zum einen nicht Tatbestandsmerkmal einer Wettbewerbsverletzung, zum anderen ist ihre Feststellung- vor allem in den Fällen, in denen es nicht zu einem tatsächlichen Schaden kommt und deshalb nur nach der Eignung der Wettbewerbshandlung zu schädlichen Auswirkungen gefragt werden kann - mit vielen Unsicherheitsfaktoren belastet. 57 b) Die Zielrichtung der Wettbewerbshandlung als maßgebliches Anknüpfungskriterium

Der Frage nach dem Charakter des Wettbewerbsrechts verwandt ist der differenzierende Ansatz von Deutsch 58 und Wirner 59 • Ausgehend davon, daß wettbewerbliehe Handlungen nicht nur die Marktordnung, sondern darüber hinaus auch unterschiedliche Kollektiv- und Individualinteressen beein- · trächtigen können, knüpfen sie die Bestimmung des anwendbaren Rechts an die Zielrichtung der Wettbewerbshandlung im konkreten Fall. Es ergibt sich damit folgende differenzierte Kollisionsregel: 60 (1) Richtet sich ein Wettbewerbsverhalten gegen Abnehmer, wie z. B. irreführende Werbung, so ist deren Marktzugehörigkeit maßgebend für das anwendbare Wettbewerbsrecht. 5 4 Wengler, RabelsZ 19 (1954),~ 417; für abnehmerbezogene Wettbewerbshandlungen ebenso Gloede, GRUR 1960, 473 ; MünchKomm.- Immenga, a.a.O., nach Art. 12 EGBGB Anh. IV, Rdn. 80f., stellt zwar im Ergebnis noch auf den Ort der wettbewerb,. liehen Interessenkollision ab, sieht in dieser Anknüpfung aber auch eine Berücksichtigung staatlicher Marktordnungsinteressen und eine "Annäherung an das Auswirkungsprinzip des Kartellrechts". 5 5 Dies verneinen Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 178; MünchKomm. Immenga, a .a .O., Rdn. 77 m . w . N. 5 6 Vgl. hierzu oben bei Fn. 6 und 7; ablehnend ebenfalls MünchKomm. - Immenga, a.a.O., Rdn. 81. 57 Ebenso Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 178. 56 Deutsch, Wettbewerbstatbestände mit Auslandsbeziehung, 1962, S . 43ff. 59 Wirner, Wettbewerbsrecht und internationales Privatrecht, München 1960, s. 83ff., 141. 60 Deutsch, a.a.O., S. 67ff.; Wirner, a.a.O., S. 108ff.

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

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(2) Sind dagegen die Kollektivinteressen der Gesamtheit aller Konkurren-

ten betroffen, so entscheidet das Recht des Marktes, auf dem der Wettbewerb stattfindet.

(3) Ist die Wettbewerbshandlung gezielt auf einen bestimmten Wettbewerber gerichtet, so ist das Recht des gemeinsamen Niederlassungsstaates anwendbar; in Ermangelung eines solchen entscheidet die besondere Wettbewerbslage. Diese am Schutzzweck der einzelnen Wettbewerbsnorm ausgerichtete Anknüpfungsi wirkt auf den ersten Blick bestechend. Ihr großer Nachteil besteht jedoch darin, daß die Zielrichtung einer Wettbewerbshandlung und z. T. auch der Schutzzweck einer Wettbewerbsnorm oftmals nicht eindeutig zu bestimmen sind. 62 So ordnet Deutsch z.B. Zugabe und Rabattgewährung eindeutig den gegen die Gesamtheit der Mitbewerber gerichteten Wettbewerbshandlungen zu, 63 während anderenorts der Sinn dieser Normen gerade im Verbraucherschutz gesehen wird.64 Als alleiniges Anknüpfungskriterium ist die Zielrichtung der Wettbewerbshandlung wohl ungeeignet;65 sie kann und muß jedoch herangezogen werden zur Konkretisierung des Ortes der wettbewerbliehen lnteressenkollision.es So wird sich eine Wettbewerbshandlung regelmäßig nur auf solchen Märkten gegen die Interessen von Verbrauchern oder Mitbewerbern richten, auf denen der Handelnde einem Wettbewerb ausgesetzt ist. c) Die Wettbewerbshandlung als Eingriff in geschützte Interessenkreise

Qualifiziert man Wettbewerbsverletzungen als unerlaubte Handlungen, so stellt sich die Frage nach dem geschützten Rechtsgut. Im "normalen" Deliktsrecht sind dies absolute Rechte, wie Leben, Gesundheit, Eigentum etc. Das Wettbewerbsrecht hingegen schützt Interessenkreise der Teilnehmer am Wettbewerb.67 Die solchermaßen geschützten Interessen der Wettbewerbsbeteiligten sind jedoch- anders als absolute Rechte- ortsgebunden, d.h. wettbewerbliehe Interessen bestehen nur dort und nur insoweit, als ein Diese Ausrichtung betont Deutsch, a.a.O., S. 68. Für den Schutzzweck der Wettbewerbsnormen wird dies von Wirner selbst zugegeben, a.a.O., S. 108f.; ausführlich zu dieser Kritik Weber, GRUR int. 1983, 28ff.; Kreuzer, a.a.O., S. 273. 63 Deutsch, a .a.O., S. 68. 64 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Übersicht zur ZugabeVO Rdn. 5 und Übersicht zum RabattG Rdn. 8. 85 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 178. 88 So MünchKomrn.- Immenga, a.a.O., nach Art. 12 EGBGB Anh. IV, Rdn. 82ff. 67 Burmann, Werbung und Wettbewerb deutscher Unternehmen im Ausland, in: DB 1964, 1801, 1804. 81 82

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

zumindest potentieller Wettbewerb besteht. Hiervon ausgehend knüpft Kamen Troller die Frage nach dem anwendbaren Wettbewerbsrecht an den Ort, an dem in geschützte Interessen eingegriffen wird. 68 Dies kann nur dort der Fall sein, wo Konkurrenten miteinander im Wettbewerb stehen, d. h. wo ihre Interessen kollidieren. Maßgeblich für das anwendbare Wettbewerbsrecht ist damit das Recht des Ortes, an dem die Parteien einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit miteinander konkurrieren, an dem also ihre wettbewerbliehen Interessen aufeinandertreffen. 69 Dieser Anknüpfung ist auch der BGH letztendlich gefolgt;7o sie entspricht der heute herrschenden Meinung.n Ihr Vorteilliegt darin, daß sie den Charakter des Wettbewerbsrechts als Verhaltensordnung anerkennt. 72 Welchen Schutz wettbewerbliehe Interessen genießen, bestimmt damit die Rechtsordnung des Ortes, an dem die entsprechenden Interessen auch existieren. Diese Anknüpfung weist Ähnlichkeit mit der Ansicht Wenglers 7 3 auf und wird in vielen Fällen zu gleichen Ergebnissen führen. Der Unterschied liegt jedoch darin, daß Troller nicht auf die Auswirkungen einer Wettbewerbshandlung, sondern auf das durch diese angegriffene Interesse abstellt. Dies deckt sich insoweit mit den von Deutsch 74 und Wirner 75 für die Fallgruppe der gegen Mitbewerber gerichteten Wettbewerbshandlungen gemachten Vorschlägen. 76

d) Der Ort der wettbewerbliehen Betätigung Ausgehend von der Kollision wettbewerblieber Interessen entwickelt Kreuzer seinen Lösungsvorschlag. 77 Da manche Wettbewerbshandlung die Interessen von Mitbewerbern kaum berühren, und es somit an einem Anknüpfungspunkt fehle, hält er das Absa

Troller, Das internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, 1962,

s. 127ff.

Troller, a .a.O.; ebenso Burmann, a.a.O. BGHZ 35, 329, 333f. (Kindersaugflaschen) unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß sonst eine Benachteiligung deutscher Unternehmen auf Auslandsmärkten eintreten könne, S. 332; vgl. auch BGHZ 40, 391, 395 (Stahlexport). 71 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 181; MünchKomm. - Immenga, a.a.O., nach Art. 12 EGBGB Anh. IV, Rdn. 79; Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, 1981, S. 12; Nordemann, Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. 1981, Rdn. 50; Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1982, S. 28f.; Spätgens, GRUR 1980, 476. 72 MünchKomm.- Immenga, a .a .O., Rdn. 81; Kreuzer, a.a.O. (Fn. 52), S. 274. 73 Sie~ oben Fn. 53. 74 Siehe oben Fn. 58. 75 Siehe oben Fn. 59. 76 Ebenso Emmerich, a.a.O., S. 29. 77 Kreuzer, Wettbewerbsverstöße und Beeinträchtigung geschäftlicher Interessen, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, Tübingen 1983, S. 274ff. 69

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I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

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stellen auf den Ort der Interessenkollision jedoch für zu eng. Nach Kreuzer soll das anwendbare Recht vielmehr an Hand des Ortes der wettbewerbliehen Betätigung bestimmt werden. Maßgeblich wird damit der "Wettbewerbshandlungs-Ort", d. h. der Ort, an dem der Wettbewerber durch den Einsatz "von Wettbewerbsmitteln (,Aktionsparametern')" nach außen tätig wird. 7B Diese Anknüpfung trägt dem staatlichen Rechtsanwendungsinteresse genauso Rechnung, wie sie die Gleichbehandlung der Mitbewerber garantiert. Allerdings ist es auch nach der h. M. der Handlungsart, der durch die Interessenkollision lokalisiert wird. 79 Erachtet man auch die mittelbare Betroffenheit fremder Interessen, z.B. über die Beeinflussung von Abnehmern, als ausreichend für die Anknüpfung an den Ort der Interessenkollision,80 so sind Wettbewerbshandlungen, die nicht zumindest in diesem mittelbaren Sinne auch Mitkonkurrenten betreffen, kaum vorstellbar. Das von Kreuzer angeführte Beispiel des Kundenfangssl jedenfalls ist dann für die Mitbewerber des Handelnden nicht ohne Belang. So wird die Anknüpfung an den Ort der Wettbewerbshandlung- wie Kreuzer selbst einräumt82 - in der Regel zu den gleichen Ergebnissen führen wie die von der h.M. vertretene Anknüpfung an den Ort der Interessenkollision.

e) Sacknormen für internationale Wettbewerbssachverhalte Von der traditionellen kollisionsrechtlichen Anknüpfung löst sich der Vorschlag Steindorffs, für internationale Sachverhalte besondere Sachnormen zu entwickeln, die einen Interessenausgleich aller beteiligten Rechtsordnungen erlauben.S3 Vor allem die Generalklauseln der§§ 1 und 3 UWG eignen sich auf Grund des Ermessensspielraums, den sie mit ihrer Ausfüllungsbedürftigkeit bieten, für einen solchen Interessenausgleich; 84 sie stellen sich damit als besondere Sachnormen für internationale Wettbewerbssachverhalte im Steindorfischen Sinne dar. Andere Normen, die nur auf nationale Sachverhalte angewendet werden wollen, kommen dagegen nicht zum Tragen.S5 Auf die mit dieser Ansicht verbundenen Fragen wird unten noch ausführlich eingegangen. 78 79 80

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187. 84

85

Kreuzer, a .a.O., S. 276. Baumbach I Hefermehl, Einl. UWG Rdn. 179. So z.B. Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 183. Kreuzer, a.a.O., S. 274. Kreuzer, a.a.O., S. 276. Steindorff, Sachnormen im Internationalen Privatrecht, 1958, S. 127 ff. , 172 ff., Steindorff, a.a.O., S. 187f. Steindorff, a.a.O., S. 187f.

4 Mook

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Nicht in der Begründung, aber wohl im Ergebnis zeigen sich hier Parallelen zu der oben geschilderten Phase der Rechtsprechung, 86 in welcher die Anschauungen einer fremden Rechtsordnung im Rahmen der Generalklauseln berücksichtigt wurden. Eine zweite Möglichkeit, zu internationalen Sachnormen zu kommen, sieht Steindorff in der Anwendung derjenigen Regelung, die in der Mehrzahl der im konkreten Fall betroffenen Rechtsordnungen vorgesehen ist. 87 An diesem zweiten Lösungsvorschlag lassen sich jedoch vornehmlich zwei Punkte kritisieren: 88 Zum einen führt er zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, zum anderen dürften sich nur sehr schwer international einheitliche Maßstäbe für wettbewerbliehe Verhaltensweisen finden lassen. f) Die Beachtung staatlichen Rechtsanwendungsinteresses

Ebenso wie Steindorff entfernt sich auch Joerges von den klassischen Vorstellungen des IPR.89 Joerges versucht, das maßgebliche Recht anhand der staatlichen Gemeininteressen an der Anwendung des eigenen Rechts zu bestimmen9° und unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen echten und scheinbaren Kollisionen. 91 Es ist damit in jedem Fall zu fragen, welches Interesse die beteiligten Staaten an der Anwendung ihres eigenen Wettbewerbsrechts haben. Nur wenn sich hierbei ein Interessenkonflikt herausstellt, liegt eine echte Kollision vor. Auf der Grundlage der comitas ist dann die Rechtsanwendungsfrage unter Abwägung der beteiligten Interessen zu entscheiden. 92 Bedeutsame Kriterien für die Abwägung sollen dabei vor allem staatliche Ziel- und Zwecksetzungen im Bereich der Wirtschaftspolitik sein.93 Joerges hebt in diesem Zusammenhang hervor, daß der so zu suchende Ausgleich der "eigenen public policy" verpflichtet ist.94 Eine nur an staatlichen Interessen orientierte Anknüpfung öffnet jedoch politischen Zweckmäßigkeitserwägungen Tür und Tor und führt somit zu einer Rechtsunsicherheit. 95 Daher scheint auch eine solche Kollisionsregel Vgl. oben bei Fn. 28. Steindorff, a.a .O., S. 186. 88 Vgl. hierzu MünchKomm. - Immenga, a.a.O., nach Art. 12 EGBGB Anh. IV, Rdn. 76; Deutsch, a.a.O. (Fn. 58), S. 40f.; Wirner, a.a.O. (Fn. 59), S. 104f. 89 Joerges, Die klassische Konzeption des Internationalen Privatrechts und das Recht des unlauteren Wettbewerbs, in: RabelsZ 36 (1972), 421. go Joerges, a.a.O., S. 472. 91 Joerges, a.a.O., S. 470f. m.N. 92 Joerges, a.a .O., S. 472. 93 Joerges, a.a.O., S. 472. 94 Ebd. 95 MünchKomm. - Immenga, a.a.O., Rdn. 76. 86

87

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

51

als alleinige Lösungsmöglichkeit für die Probleme des internationalen Wettbewerbsrechts bedenklich.

g) Das Auswirkungsprinzip als Kollisionsregel im internationalen Wettbewerbsrecht An Hand des internationalen Konzernrechts hat vor allem Luchterhandt 96 versucht, das Auswirkungsprinzip, wie es in § 98 II GWB zum Ausdruck kommt, zur umfassenden Kollisionsregel für ein internationales Wirtschaftsrecht97 -hierzu wird auch das UWG gerechnet- auszubauen. Luchterhandt weist dem Wirtschaftsrecht die Aufgabe der Koordination der Wirtschaftsabläufe auf einem Markt zu. 98 Daher besteht ein Bedürfnis, alle Sachverhalte, die sich auf diesen Markt auswirken, dem Recht des Marktortes zu unterwerfen, um unerwünschte Rückwirkungen auf den "Ordnungswert der Gesamtordnung" zu vermeiden.99 Als einseitige Kollisionsregel formuliert Luchterhandt daher, "daß die wirtschaftsrechtlichen Normen eines Staates jeden Sachverhalt ergreifen, der sich auf das Wirtschaftsgebiet des die Norm aufstellenden Staates auswirkt" 100. Die h.M. ist diesem Anknüpfungsvorschlag jedoch nicht gefolgt;lOl zum Teil wurde ihm sogar heftige Kritik entgegengebracht.1o2 Für das IPR des unlauteren Wettbewerbs erscheint das Auswirkungsprinzip vor allem aus zwei Gründen niCht geeignet: zum einen unterscheidet es nicht zwischen direkten und indirekten Auswirkungen, zum anderen - und dies ist wohl gewichtiger - fördert es eine scharfe räumliche und wirtschaftliche Grenzziehung zwischen den nationalen Märkten, anstatt zu ihrem Zusammenwachsen beizutragen. 96 Luchterhandt, Deutsches Konzernrecht bei grenzüberschreitenden Konzernverbindungen, Stuttgart 1971, S. 76ff. 97 Dieses Internationale Wirtschaftsrecht soll dabei ein selbständiges Rechtsgebiet neben dem IPR und dem Internationalen Verwaltungsrecht darstellen, Luchterhandt, a.a.O., S. SOff. 98 Luchterhandt, a.a.O., S. 76. 99 Luchterhandt, a .a.O., S. 77 u. 82; insoweit besteht Ähnlichkeit mit den Vorschlägen von Wengier und Joerges. 1oo Luchterhandt, a.a.O., S. 76 (Hervorhebung im Original). Dieser Anknüpfung folgt auch Habscheid, Territoriale Grenzen der staatlichen Rechtssetzung, Referat zur 12. Tagung der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht vom 14. - 16. Juni 1971, Berichte der dt. Ges. f. Völkerrecht, Heft 11 (1973), S . 47, 69ff., der das Auswirkungsprinzip jedoch zu einer zweiseitigen Kollisionsnorm ausbaut. 101 Vgl. Staudinger I Grossfeld, BGB, 12. Aufl., EGBGB lnt. Gesellschaftsrecht, 1980, Rdn. 395. 1o2 Mann, Bemerkungen zum Internationalen Privatrecht der Aktiengesellschaft und des Konzerns, in: Festschr. für Barz, 1974, S. 219, 223, spricht von einer "abenteuerlichen These" ; vgl. auch ders., Eingriffsgesetze und internationales Privatrecht, in: Rechtswissenschaft und Gesetzgebung, Festschr. für Eduard Wahl, Heidelberg 1973, S. 139 ff.

4'

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2. Kap. : IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Darüber hinaus darf nicht verkannt werden, daß durch die Anknüpfung an den Ort der wettbewerbliehen Interessenkollision in den meisten Fällen im Ergebnis das Recht des Staates zur Anwendung kommt, auf dessen Markt sich die Wettbewerbshandlung auswirkt.

h) Parteiautonomie im internationalen Wettbewerbsrecht Nach anfänglicher Zurückhaltung der Lehre hat in letzter Zeit auch der Gedanke der Rechtswahl mehr und mehr Eingang in die Diskussion um das internationale Deliktsrecht gefunden. 103 Das Recht der unerlaubten Handlungen gewährleistet in der Hauptsache den Ausgleich von Schädigungen nach den Wertvorstellungen einer bestimmten Rechtsordnung. Ob und in welchem Umfang ein individuell Geschädigter von solchen Ausgleichsmöglichkeiten Gebrauch macht, kann grundsätzlich seinem autonomen Willen überlassen werden.lo4 Angeregt durch die Entwicklung des neuen Österreichischen !PR-Gesetzes ist die Möglichkeit der Rechtswahl auch für das IPR des unlauteren Wettbewerbs diskutiert worden.l05 So ist in §51 II des Entwurfs des Bundesministeriums für Justiz106 die Einführung der Parteiautonomie in das Wettbewerbskollisionsrecht vorgeschlagen worden. Das Gesetz107 ist dem in § 48 II zwar nicht gefolgt, jedoch soll diese Kollisionsregel einer allgemeinen Rechtswahlvereinbarung weichen.l 08 Zwar werden auch die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb dem Recht der unerlaubten Handlungen zugerechnet, jedoch ist hierbei die besondere Eigenart des Wettbewerbsrechts zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum sonstigen Deliktsrecht betrifft das Wettbewerbsrecht keine rein individuellen Interessenkonflikte. Vielmehr sind regelmäßig sowohl Interessen Dritter, etwa der Gesamtheit der Konkurrenten oder der Verbraucher, als auch Belange der Allgemeinheit, z. B. Ordnung des Marktgeschehens, beteiligt.l09 103 Vgl. hierzu Lorenz, Die allgemeine Grundregel betreffend das auf die außervertragliche Schadenshaftung anzuwendende Recht, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, Tübingen 1983, S. 97, 129ff. 104 Ebenso Lorenz, a.a.O., S. 131. 105 Vgl. hierzu Reichert-Facilides, Parteiautonomie im internationalen Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, Festschr. für Hartmann, 1976, S. 205f. 106 BMfJ GZ. 20. 150/23 -I 12175; abgedruckt bei Mänhardt, Die Kodifikation des Österreichischen IPR, Schwerpunktanalyse einer bemerkenswerten Gesetzesinitiative, 1978. 107 Bundesgesetz vom 15. 6. 1978 über das internationale Privatrecht (!PR-Gesetz), BGBL 1978 Nr. 304, abgedruckt in RabelsZ 43 (1979), 375. 1oa Vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 784 der Beilage zu den Sten. Prot. des Nationalrats, XIV. Gesetzgebungsperiode, S. 64. 109 Reichert-Facilides, a.a.O., S. 210f.

I. Die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts

53

So sind es besonders die allen Konkurrenten eines sich unlauter verhaltenden Wettbewerbers zustehenden Unterlassungsansprüche, die den im konkreten Einzelfall klagenden Wettbewerber auch gleichsam in die Rolle eines "Sachwalters" aller anderen Betroffenen, seien es Konkurrenten, Verbraucher oder die Allgemeinheit, drängen. Eine Rechtswahl im IPR des Wettbewerbsrechts würde diese Drittinteressen an der Rechtswahlvereinbarung zwangsläufig nicht beteiligen und könnte ihnen so zum Nachteil gereichen. Dies ist nur in solchen Fällen nicht zu befürchten, in denen die Wirkung des zur Beurteilung stehenden Wettbewerbsverhaltens- wie etwa bei der Abwerbung von Mitarbeitern oder bei der Verwertung fremder Betriebsgeheimnisse- auf das "Innenverhältnis" ·der am Streit beteiligten Konkurrenten beschränkt bleibt. In allen übrigen Fällen geht die Funktion der in Betracht kommenden wettbewerbsrechtlichen Tatbestände über einen individuellen Schadensausgleich zwischen den Beteiligten hinaus auch auf die Wahrung von Interessen, die nicht zur Disposition der Streitbeteiligten stehen. Zumindest insoweit ist eine parteiautonome Rechtswahl im IPR des unlauteren Wettbewerbs daher abzulehnen_llO

i) Fakultative Anwendung des Wettbewerbskollisionsrechts Der parteiautonomen Rechtswahl Sehr ähnlich ist im Ergebnis der jüngst geäußerte Gedanke eines fakultativen Kollisionsrechts im Wettbewerbsrecht.111 Danach soll ausländisches Wettbewerbsrecht nur dann anwendbar sein, wenn es durch die Kollisionsnorm berufen ist und seine Anwendung zusätzlich von zumindest einer Partei beantragt wird. Dieser von Flessner allgemein für das internationale Privatrecht entwikkelten Theorie liegt der Gedanke einer im Parteiinteresse liegenden "justitiellen Qualität" zugrunde. 112 Danach ist die Qualität nach fremdem Recht ergehender Entscheidungen inländischer Gerichte nicht immer in dem Maße gewährleistet, wie es das Interesse der Parteien verlangt. Diesen soll daher die Möglichkeit gegeben werden, die Beurteilung des Sachverhaltes auch nach kollisionsrechtlichen Gesichtspttnkten selbst herbeizuführen oder zu vermeiden. Im Ergebnis bedeutet dies die Möglit:hkeit einer einseitigen, auf die Alternativen der lex fori oder des durch die Kollisionsnorm berufenen Rechts beschränkten RechtswahL Im Ergebnis ebenso Reichert-Facilides, a.a.O., S. 211 und Kreuzer, a.a.O. s. 267, 279f. m Müller-Graf!, Fakultatives Kollisionsrecht im internationalen Wettbewerbsrecht?, in: RabelsZ 48 (1984), S. 289. 112 Flessner, Fakultatives Kollisionsrecht, in: RabelsZ 34 (1970), S. 547, 554. 110

(Fn. 77),

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Ihr stehen daher auch dieselben Gründe entgegen, die gegen eine unbeschränkte Rechtswahl im internationalen Wettbewerbsrecht sprechen. Wenn Müller-Graf! es für nicht zwingend hält, daß auf Grund des auch allgemeinen Interessen dienenden Zwecks bestimmter wettbewerbsrechtlicher Normen auch dassachzugeordnete Kollisionsrecht der Privatautonomie entzogen ist,m kann dem- zumindest für die vorliegende Problematik -nicht gefolgt werden.

Müller-Graftwill insoweit die durch Anrufung "realisierte internationale Zuständigkeit des inländischen Gerichts selbst als Nähekriterium des in Streit befindlichen Rechtsverhältnisses zur lex fori"anerkennen und vor die Anknüpfungspunkte des traditionellen IPR stellen.l14 Dieses Argument zieht m.E. für das internationale Wettbewerbsrecht nicht, da hier den Bezügen des Wettbewerbsverhältnisses zu dem nach traditionellem IPR berufenen Recht gegenüber der prozessualen Anknüpfung an die internationale Zuständigkeit ein höheres Gewicht zukommt. Die fakultative Anwendung des internationalen Wettbewerbsrechts könnte vor allem in dem- zugegebenermaßen seltenen- Fall, in dem ausländisches Wettbewerbsrecht strenger ist als das deutsche Recht, zu Problemen führen.l 15 Tatsächliche Wettbewerbsverzerrungen sind hier nicht auszuschließen.m M.E. sollte daher ein fakultatives Kollisionsrecht im selben Maße wie die Parteiautonomie aus dem internationalen Wettbewerbsrecht ferngehalten werden. 3. Zusammenfassung

Anhand der Entwicklung in der Rechtsprechung wurde gezeigt, daß sich der Trend von der verstärkten Anwendung des Heimatrechts entfernt hat und die Frage nach der im konkreten Wettbewerbsverhältnis sachgerechten Anknüpfung in den Vordergrund getreten ist. Maßgebend für diesen Umschwung war die Erkenntnis, daß die grundsätzliche Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts auf Auslandssachverhalte für die deutschen Unternehmer zu Wettbewerbsnachteilen auf dem Auslandsmarkt führen konnte.11 7 Dieser Erwägung versuchen auch die unterschiedlichen Ansichten des Schrifttums Rechnung zu tragen. Das Interesse der Wettbewerber, auf einem nationalen Markt möglichst den gleichen Wettbewerbsregeln unterworfen zu sein wie die Konkurrenten, hat so entscheidende Bedeutung Müller-Graf!, a.a.O., S. 303. Müller-Graf!, a.a.O., S. 309f. (Hervorhebung im Original). m So auch Müller-Graf!, a.a.O., S. 311f. 116 Müller-Graf[, a.a.O., S . 314. 117 So a usdrücklich Weber, GRUR int. 1983, 26. 113

114

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

55

auch für die Rechtsanwendungsfrage erlangt. Eine gerechte Lösung der kollisionsrechtlichen Problematik im Sinne der Anwendung des allgemein am besten geeigneten Rechts muß auch diesem Interesse an der Geltung desselben Wettbewerbsrechts für alle auf einem Markt tätigen Wettbewerber Rechnung tragen; der Grundsatz der "par conditio concurrentium" ist damit zu einem Kriterium für die international-privatrechtliche Gerechtigkeit im Wettbewerbskollisionsrecht geworden.ma Vor allem dieser Gesichtspunkt soll hier festgehalten werden, denn auch bei der kollisionsrechtlichen Beurteilung der wettbewerbliehen Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede wird der Gedanke der wettbewerbliehen Chancengleichheit angemessene Beachtung finden müssen.1 18

ll. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts Für die Problematik der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede ist die Frage nach dem anwendbaren Wettbewerbsrecht vor allem in den Fällen, in denen ausländische Rechtsvorteile als Werbemittel benutzt werden und sich so auf den inländischen Wettbewerb auswirken, von besonderer Bedeutung. Dieser Fragenkreis soll hier unter dem Stichwort der "grenzüberschreitenden Werbung" untersucht werden.119 1. Die Ansichten zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts

a) Werbung in deutschen Druckwerken In der Übersicht zur Rechtsprechung wurden oben einige Fälle zur grenzüberschreitenden Werbung geschildert. Es waren dies Sachverhalte, in denen ausländische Händler - meist in Grenznähe ansässig - in deutschen Zeitungen unter Hinweis auf die bei ihnen herrschenden Vertriebsbedingungen (Rabatte, Öffnungszeiten etc.) geworben hatten,120 117a Zur Bedeutung des Interesses an der Anwendung des am besten geeigneten Rechts für die international-privatrechtliche Gerechtigkeit vgl. allgemein Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. München 1985, S. 71ff. 11s Die Bedeutung der "par conditio concurrentium" für das Wettbewerbskollisionsrecht hebt auch Kreuzer, a.a.O. (Fn. 77), S. 265, 266, 275 hervor. 119 Vgl. zu diesem Problem auch Hoth, Ausländische Werbung mit Inlandswirkung, in: GRUR int. 1972, 449 sowie Sasse, Grenzüberschreitende Werbung, jur. Diss. Kiel 1974. 12o Siehe oben das Erste Kapitel I. 1.

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Die grundsätzliche Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts war in alldiesen Fällen nicht zweifelhaft. Die in deutschen Zeitungen erscheinenden Werbeanzeigen waren auf den deutschen Leserkreis ausgerichtet, d.h. sie dienten ausschließlich der Kundenwerbung im Inland. Die werbenden Ausländer traten so auf dem deutschen Markt bewußt in Konkurrenz mit deutschen Wettbewerbem. Der Ort der fraglichen Wettbewerbshandlung, also der Ort der wettbewerbliehen Interessenkollision, lag damit im Inland und rechtfertigte die Anwendung des UWG.121 Damit ist freilich noch keine Aussage darüber getroffen, ob die fragliche Werbung gegen das deutsche Wettbewerbsrecht verstößt. Diese Frage verlangt vor allem in den Fällen, in denen mit im Ausland erlaubten Maßnahmen geworben wird, ohne daß die Werbung selbst gegen spezifisch wettbewerbs-und werberechtliche Vorschriften des Inlandes verstößt, noch einer näheren Untersuchung.122

b) Werbung in ausländischen Druckwerken Wesentlich komplizierter ist die Frage nach dem anwendbaren Recht bereits zu beantworten, wenn der ausländische Wettbewerber ~uch nur in ausländischen Zeitungen wirbt, diese aber auch im Inland gelesen werden.123 Bei dieser Fallgestaltung liegt die Problematik in der Tatsache, daß ein und dieselbe Wettbewerbsmaßnahme auf zwei Märkten mit unterschiedlichen Wettbewerbsrechtsordnungen Wirkung entfalten kann. Bei der Frage, welches Wettbewerbsrecht auf diese Werbung anwendbar ist, handelt es sich insoweit um die Problematik einer echten Kollision zweier Rechtsordnungen.124 Sachverhalte mit dieser Art grenzüberschreitender Werbung haben der Rechtsprechung schon mehrfach zur Entscheidung vorgelegen .•Grundsätzlich ist das einschlägige Recht nach den oben dargelegten Kollisionsregeln gesucht worden. Das RG war mit dieser Problematik erstmalig in einer Entscheidung vom 10. 1. 1936 befaßt_125 121 Ebd., bei Fn. 15.

122 Vgl. hierzu unten die Erörterungen zur Fallgruppe "Vorteil durch Recht-sbruch", Viertes Kapitel I. u. II. 123 Ausführlich hierzu Hoth, Ausländische Werbung mit Inlandswirkung, in: GRUR int. 1972, 449, 452ff. sowie Sasse, Grenzüberschreitende Werbung, jur. Diss. Kiel1974, durchgehend. 124 In der Unterscheidung von echten und scheinbaren Kollisionen ebenso Joerges, RabelsZ 36 (1972), 421, 470f. 12s RG GRUR 1936, 670ff. (Primeros).

Il. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

57

Ein in Prag ansässiger Hersteller von Hygieneartikeln, der seine Ware nur in der Tschechei vertrieb, hatte in deutschsprachigen tschechischen Zeitschriften in nach deutschem Wettbewerbsrecht unlauterer Weise geworben. Als diese Zeitschriften teilweise nach Deutschland gelangten, klagte ein deutscher Produzent vergleichbarer Artikel auf Unterlassen.

Auch in dieser Entscheidung bestimmte das Reichsgericht das anwendbare Wettbewerbsrecht nach der Tatortregel.1 26 Den Begehungsort nahm es dort an, wo der Inhalt der Werbeanzeige bestimmungsgemäß Dritten zur Kenntnis gebracht wurde. Dies geschieht am Verbreitungsort einer Zeitschrift, d. h. überall dort, wo die Zeitschrift bei regelmäßigem Geschäftsgang vertrieben wird.12 7 Das Gericht kam so zur Anwendbarkeit deutschen Rechts. In bezugauf die subjektiven Vorstellungen des Beklagten hob das Gericht hervor, wer Werbung treibt, müsse immer damit rechnen, daß die Werbeträger in allen Nachbarländern, in denen sie sprachlich verstanden werden können, Verbreitung finden.12s Das eigentliche Problem bestand jedoch in der Frage nach einem Wettbewerbsverhältnis zwischen Kläger und Beklagtem. Das Gericht konstruierte ein solches, indem es auf in die Tschechoslowakei reisende deutsche Touristen hinwies. Der BGH ist dieser Auslegung des Begehungsortes bei Fällen grenzüberschreitender Werbung gefolgt.t29 In der zitierten "Tampax"-Entscheidung und in einem weiteren Urteil vom 3. 5. 1977130 hat das Gericht einen deutschen Begehungsort mit der Begründung angenommen, daß die betreffenden Zeitschriften im regelmäßigen Geschäftsgang nach Deutschland gelangten.t31 Auf der gleichen Linie liegt auch die instanzgerichtliche Rechtsprechung, die nicht nur zum Problemkreis des internationalen Wettbewerbsrechts, 132 sondern auch im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsregelung der§§ 24 UWG, 32 ZPO zum gleichen Fragenkreis ergangen ist_133 RG GRUR 1936, 676. Ebd. 12s RG GRUR 1936, 676. 129 Vor allem in: BGH GRUR 1971, 153 (Tampax). 130 BGH GRUR 1978, 194 (profil). 131 BGH GRUR"1978, 195;· den Verbreitüngsort einer Zeitschrift nur dort zu sehen, wo sie im regelmäßigen Geschäftsverkehr vertrieben wird, lehnt Sasse, a.a.O., S. 81ff., ausdrücklich ab. Er nimmt einen Begehungsort überall dort an, wohin nur ein einziges Exemplar der Druckschrift gelangt, S. 84. Diese Ansicht ist jedoch zu weitgehend und hat auch, soweit ersichtlich, keine Zustimmung gefunden. 132 OLG Köln GRUR 1953, 396 (Jean Marie Farina). 133 OLG Stuttgart GRUR 1954, 131; OLG Celle NJW 1963, 2131; OLG Düsseldorf GRUR 1973, 324. 12s 127

58

2. Kap.: !PR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Jüngst hat auch das OLG Düsseldorf1 34 in diesem Rahmen seine bisher sehr weitgehende Auffassung, es komme für den Begehungsort nicht auf den qualitativen und quantitativen Umfang der Verbreitung an,m aufgegeben u.nd die Kriterien für den Begehungsort einer Werbung in Zeitschriften auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung präzisiert.l36 Der Begehungsort der Wettbewerbshandlung richtet sich danach nach dem Ort, an dem die jeweilige Zeitschrift in wettbewerblieh relevanter Weise verbreitet ist. Eine solche Verbreitung liegt nur vor: 137 (1) wo die Zeitschrift im regelmäßigen Geschäftsgang an potentielle Werbe-

adressaten gesandt wird13B und

(2) wo die Werbung konkret geeignet ist, den Wettbewerb zugunsten des Werbenden zu beeinflussenl39 und (3) wenn der Werbende bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt den

Versand der Zeitschrift an diesen Ort vorhersehen konnte.

Zwar erging diese Entscheidung zur Frage der örtlichen Zuständigkeit nationaler Gerichte, jedoch sind die angeführten drei Kriterien in gleicher Weise maßgeblich, wenn nach dem auf Anzeigenwerbung in grenzüberschreitenden Zeitschriften anwendbaren Recht gefragt wird.l 4 0 Bezüglich des unter Punkt (3) genannten Kriteriums der Vorhersehbarkeit führt das OLG Düsseldorf aus, die Verbreitung der Zeitschrift in einem Gebiet, in dem der Werbende nicht mit der Verbreitung rechnen konnte, könne ihm" ... nicht als seine Handlung zugerechnet werden" 141 • Diese Argumentation begegnet insoweit jedoch Bedenken, als die Vorhersehbarkeit des Verbreitungsgebiets die Zurechenbarkeit der Werbeanzeige nicht berührt.l 42 Vielmehr ist die Vorhersehbarkeit des Vertriebsgebiets m. E. für die Frage von Bedeutung, an welchem Ort der Inserent "zu Zwecken des Wettbewerbs" handelt. Rechnete 134

557f.

OLG Düsseldorf BB 1981, 387; dem folgend OLG Karlsruhe GRUR 1985, 556,

So noch in GRUR 1973, 324. Vgl. hierzu auch die kritische Besprechung durch v. Maltzahn, Zum sogenannten fliegenden Gerichtsstand bei Wettbewerbsverstößen durch Zeitungsinserate, in: GRUR 1983, 711. 137 GRUR 1973., 324. 138 A.A. Sasse, vgl. oben Fn. 131. 139 Schon besonders hervorgehoben wurde dieses Erfordernis der Wettbewerbswirksamkeit vom OLG Celle NJW 1963, 2131 ; ebenso jetzt OLG Karlsruhe GRUR 1985, 556, 557f.; a.A. OLG Hamburg, WRP 1982, 40; die erforderliche Eignung hängt natürlich auch in erheblichem Maße von der sprachlichen Verständlichkeit der Werbung ab. Zu der Frage, unter welchen Umständen fremdsprachige Werbung von welchen Adressaten verstanden wird, siehe erschöpfend Sasse, a.a.O., S. 135ff. 14 0 Daß nationale Zuständigkeit und die kollisionsrechtliche Frage nach dem Begehungsort nach vergleichbaren Kriterien zu beurteilen sind, betont auch v . Maltzahn, a.a.O., S. 716. 141 OLG Düsseldorf, a.a.O., S. 388. 142 Ebenso v . Maltzahn, a.a .O., S. 717. 135

136

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

59

der Werbende nicht mit der Verbreitung der Anzeige an einem bestimmten Ort, so fehlt ihm bezüglich dieses Begehungsortes die Wettbewerbsabsicht. Er kann diese allerdings nachträglich in seinen Handlungswillen mit aufnehmen, wenn er nach Kenntniserlangung von dem tatsächlichen Vertriebsgebiet- z. B. durch eine Ahmahnung- die Werbemaßnahme nicht abändert. Darüber hinaus ist die Vorhersehbarkeit des Vertriebsgebietes noch im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs für die Verschuldeosfrage von Bedeutung. c) Auslandswerbung mit Inlandswirkung Noch in einer dritten Fallgestaltung kann sich ausländische Werbung auf den inländischen Wettbewerb auswirken. Es ist dies der Fall, wenn inländische Wettbewerber im Ausland Werbung treiben und diese Werbung dort Adressaten erreicht, die potentiell als Kunden auf dem deutschen Markt in Erscheinung treten.143 Zu denken ist hier vornehmlich an deutsche Touristen im Ausland und umgekehrt an ausländische Deutschlandtouristen. Unter Bezug auf die FAZ vom 15. 2. 1972 führt Hoth hier folgendes Beispiel an: 144 Deramerikanische Hotelkonzern Hilton wirbt in amerikanischen Zeitschriften in nach deutschem Recht unlauterer Weise für seine in Deutschland gelegenen Hotels. Der konkrete Werbetext bestand in Äußerungen, die deutsche Hotels allgemein herabsetzten.

Als weiteres Beispiel dient Hoth eine nach deutschem Recht unlautere Spirituosenwerbung in Urlaubsgebieten, die vornehmlich von deutschen Urlaubern besucht werden,145 Von der Rechtsprechung ist, soweit ersichtlich, über eine solche Auslandswerbung mit Inlandswirkung bisher nicht entschieden worden. Tatsächlich ist in diesen Fällen die Antwort auf die Frage nach dem Ort der wettbewerbliehen Interessenkollision nicht ganz unproblematisch, wie gerade das Beispiel der Hotelwerbung zeigt. Auf der einen Seite bieten die Hotels ihre Dienstleistung im Inland an, sie konkurrieren also auf dem deutschen Markt mit anderen Beherbergungsbetrieben, auf der anderen Seite fällt die wettbewerbliehe Entscheidung der umworbenen Kunden noch im Ausland. Letzteres wird besonders deutlich, wenn die amerikanischen Tou-, risten ihre Hotelbuchungen bereits in den USA fest vornehmen. Ein Kon~ kurrenzkampf im Sinne von "Werben um die Gunst des Kunden" findet Ausführlich hierzu Hoth, GRUR int. 1972, 449, 450ff. Hoth, a.a.O., S. 452; gleiches Beispiel bei Sasse, a .a .O. (Fn. 123), S. 1 und durchgehend. 145 Hoth, a.a.O., S. 452; gleiches Beispiel bei Sasse, a.a.O., S. 1 und durchgehend. 143

144

60

2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

dann auf dem deutschen Markt nicht mehr statt. Hoth begründet daher für diesen Fall die Anwendbarkeit des deutschen Rechts auch nicht mit der Tatortregel; vielmehr greift er auf eine der vom BGH statuierten Ausnahmen146 zurück, indem er die in Deutschland gelegenen Hilton-Hotels als Unternehmen mit deutscher Niederlassung betrachtet. 147 Die Werbung in den USA stellt sich dann als Wettbewerbshandlung eines inländischen Gewerbetreibenden dar, die sich ausschließlich gegen einen anderen Inländer richtet. Dieses begründet dann aber die Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts. Auch in dem Beispiel der Spirituosenwerbung in ausländischen Urlaubsgebieten befürwortet Hoth die Maßgeblichkeit deutschen Rechts.148 Zur Begründung weist er darauf hin, inländische Unternehmen dürften dem strengen deutschen Wettbewerbsrecht nicht dadurch entgehen, daß sie ihr Inlandsangebot den deutschen Touristen im Ausland anpreisen.149 Letztendlich will Hoth diese Grundsätze sogar dann gelten lassen, wenn sich ausländische Werbung an künftige Gastarbeiter richtet.l 50 M.E. kann aber schon hier gesagt werden, daß zumindest das Kriterium "künftige Gastarbeiter" zu undifferenziert ist, um die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf ausländische Werbeaktionen zu begründen.

2. Systematische Zusammenfassung und Kritik

Im internationalen Wettbewerbsrecht läßt sich nach dem Gesagten die Ausnutzung werberechtlicher Unterschiede in drei Sachverhaltsgruppen einteilen: (1) Ausländische Gewerbetreibende werben in inländischen Zeitschriften

für ihr Angebot

(2) Deutsche oder ausländische Gewerbetreibende werben für ihr Angebot in ausländischen Zeitschriften, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb ins Inland gelangen.151 Vgl. oben bei Fn. 40. Hoth, a .a .O., S. 451 f. u a Hoth, a .a.O., S. 452. 149 Ebd. 1so Ebd. 151 Dieser Fallgruppe stellt Hoth den Fall einer deutschsprachigen Werbesendung in einem ausländischen Rundfunk- oder Fernsehsender, der im Inland empfangen werden kann, gleich, a.a.O., S. 454. Fragwürdig ist diese Ausdehnung m.E. vor allem in bezugauf solche Sender, die in einem deutschsprachigen Land (z.B. Schweiz, Österreich) liegen. Hoth zieht jedoch insoweit ausdrücklich die Parallele zum Sachverhalt der "Tampax"-Entscheidung des BGH. · 146 147

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

61

(3) Deutsche oder ausländische Gewerbetreibende werben für ihr zumin-

dest auch im Inland erfolgendes Angebot im Ausland um inländische Marktteilnehmer.

Praktisch relevant wird die kollisionsrechtliche Frage in diesen Fallgruppen immer dann, wenn die Art und Weise der konkreten Werbung im Ausland erlaubt, im Inland aber unlauter ist. Nach den dargelegten Grundsätzen zum internationalen Wettbewerbsrecht sind kollisionsrechtlich unproblematisch nur die Sachverhalte der ersten Gruppe. Durch die gezielt auf den deutschen Markt gerichtete Werbung tritt der Werbende in den inländischen Wettbewerb ein; damit kommt aber auch deutsches Recht zur Anwendung. Auch in der zweiten Fallgruppe wird sich der Begehungsort der Werbehandlung, wie aufgezeigt, an dem Ort festlegen lassen, an dem die Zeitschriften vertrieben werden. Diese grundsätzliche Kollisionsregel bedarf m. E. jedoch in bestimmten Fällen einer Einschränkung. Die strikte Anknüpfung an den Vertriebsort wird einer Fallkonstellation, in welcher der Werbende mit seinem Produkt sowohl im Vertriebsland als auch im Erscheinungsland der jeweiligen Zeitschrift am Wettbewerb teilnimmt, nicht immer gerecht.1 52 Steht er nämlich auf beiden Märkten Konkurrenten gegenüber, die selbst nur in jeweils einem Land tätig sind, so lassen sich gleiche Wettbewerbschancen auf beiden Märkten nur aufrechterhalten, wenn die fragliche Werbemaßnahme in den beteiligten Ländern differenziert gestaltet werden kann. Ist dies aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, z. B. weil alle im Land A erscheinenden bedeutenden Zeitschriften auch im Land B vertrieben werden, 153 so ergibt sich für den auf beiden Märkten tätigen Unternehmer folgende Konfliktsituation: Wirbt er in der in A erlaubten, in B aber verbotenen Art und Weise, so verstößt er gegen das Wettbewerbsrecht in B; unterwirft er sich aber dem strengeren Recht von B, so ist er auf dem Markt in A benachteiligt, da seine dortigen Konkurrenten auf Grund der ihnen in B fehlenden Wettbewerbsinteressen nur dem Werberecht von A unterliegen und daher wesentlich effektiver werben können.1 54 Die "par conditio concurrentium" ist daher entweder auf dem Markt des Landes A oder auf dem des Landes B verletzt. Dies geschieht, indem auf jeden Fall das Wettbewerbsrecht des einen Landes in den anderen Staat 152

422.

Ähnliche Bedenken kommen zum Ausdruck bei Wengler, RabelsZ 19 (1954), 401,

153 Eine vergleichbare Situation zeigt sich bei international gelesenen Fachzeitschriften, vgl. insoweit BGE v. 15. 11. 1966, GRUR int. 1967, 364 (Sihl/ Silbond), hierzu später. 154 Als deutliches Beispiel mag die "Tampax"-Entscheidung dienen. Obwohl die Beklagte selbst auf dem deutschen Markt nicht tätig war, konnte sie in schweizerischen Zeitschriften nicht mehr in einer Art und Weise werben, die ihren rein schweizerischen Konkurrenten noch erlaubt war.

62

2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

hineingetragen wird.l5 5 Wendet also das Land B auf Grund eines rigorosen Vertriebsortprinzips immer sein eigenes Wettbewerbsrecht an, so wird das werbende Unternehmen im Erscheinungsland des Werbeträgers unter Umständen schwer benachteiligt. 156 Da oben aber der Gedanke der wettbewerbliehen Chancengleichheit als wesentliches Kriterium internationalprivatrechtlicher Gerechtigkeit hervorgehoben wurde, erscheint diese Konsequenz als nicht immer gerechtfertigt. Es muß daher in diesen Fällen nach einer sachgerechten Verteilung der durch die Anwendung des strengeren Rechts bedingten Belastung gesucht werden.1s1 Noch deutlicher tritt dieser Konflikt in der dritten Sachverhaltsgruppe hervor, wenn der Werbende sowohl in dem Land, in dem er wirbt, als auch im Inland mit seinem Angebot auf dem Markt ist- und dies wird häufig der Fall sein. Der Unterschied zur Fallgruppe der Werbung in Zeitschriften besteht darin, daß nicht mehr die Werbung auf den Inlandsmarkt gerät; vielmehr dehnt sich der Inlandsmarkt durch ins Ausland reisende Kunden in den Wirkungsbereich der fremden Werbung hinein aus.l 58 Die eigentliche Wettbewerbshandlung des Werbenden findet dabei regelmäßig nur im Ausland statt. In solchen Fällen mit Hilfe des Tourismus einen inländischen Begehungsort, d. h. eine wettbewerbliehe Interessenkollision auf dem deutschen Markt zu begründen,159 ist m.E. zu weitgehend.l 6 Kollisionsrechtlich bedenklich ist hier vor allem die Tatsache, daß es in dieser Sachverhaltsgestaltung an einer auch nur teilweise im Inland vorgenommenen Handlung in der Regel fehlt. Vielmehr fördert der Werbende mit seiner im Ausland stattfindenden Werbemaßnahme seine an diesem Ort liegenden Wettbewerbsinteressen. Es sind damit starke unmittelbare Bezüge zum örtlichen Markt gegeben, während die Bezüge zum deutschen Markt nur mittelbar durch Auslandstouristen hergestellt werden und damit als Anknüpfungspunkte für die Rechtsanwendungsfrage zu schwach sind.

°

Deutsches Wettbewerbsrecht kann allenfalls dann zur Anwendung kommen, wenn das Produkt oder die Dienstleistung, für die geworben wird, aus15 5 Wengler, RabelsZ 19 (1954), 420; ·einen "Export" des eigenen Wettbewerbsrechts hält Hoth unter dem Gesichtspunkt der Abwehr von Einflüssen einer fremden Rechtsordnung für gerechtfertigt, a.a.O., S. 454. In diesem Abwehrgedanken sieht Joerges, a.a.O., S. 459, die Grundlage für die "Primeros"-Entscheidung des RG. 156 Auf diese Konfliktlage für den Werbenden weist auch Sasse, a.a.O., S. 134f., hin. 15 7 Sasse, a.a.O., S. 134f., löst dieses Problem ebenfalls durch eine lnteressenabwägung. Diese soll allerdings nicht im Rahmen der kollisionsrechtlichen Fragestellung, sondern erst bei der materiell-rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts nach deutschem Wettbewerbsrecht stattfinden. m Hoth spricht insoweit von einer "Wirkung auf inländische Angebote", a.a.O., s. 450ff. 159 Ebenso argumentierte das RG in der "Primeros"-Entscheidung, RG GRUR 1936,670ff. 160 Zweifelnd ebenfalls Sasse, a.a.O. (Fn. 123), S. 70.

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

63

schließlich im Inland tatsächlich angeboten wird. Die kollisionsrechtliche Problematik ist hier der Fragestellung bei der Gesetzesumgehung ähnlich.l61 In diesem Fall nämlich nutzt der Werbende das ausländische Recht für seine inländischen Wettbewerbsinteressen aus. An eine solche Fallgestaltung ist zum Beispiel bei der Werbung des amerikanischen Hilton-Konzerns, von der oben berichtet wurde, 162 zu denken. Da auch in diesen Fällen die Werbehandlung vollständig im Ausland vorgenommen wird, ist die kollisionsrechtliche Rechtfertigung für die Anwendung deutschen Rechts zu untersuchen. Die Lösung kann hier nicht, wie z. T. für die Gesetzesumgehung vertreten wird, im ordre public gefunden werden.l 63 Die Anwendung der Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB setzt nämlich voraus, daß erst einmal eine fremde Sachnorm zur Entscheidung einer Rechtsfrage berufen ist; beim ordre public handelt es sich um ein Korrekturinstrument zur Wahrung der materiell-privatrechtliehen Gerechtigkeit. 164 Im konkreten Fall bedeutet dies, daß der ordre public erst herangezogen werden kann, wenn grundsätzlich ausländisches Wettbewerbsrecht für die Beurteilung der in Rede stehenden Werbemaßnahme maßgeblich ist. Vorliegend handelt es sich jedoch um die dem Eingreifen des ordre public vorgelagerte Rechtsanwendungsfrage. Es geht nicht um die materiell-, sondern um die international-privatrechtliche Gerechtigkeit. In den Fällen der Auslandswerbung mit Inlandswirkung wird häufig eine Wettbewerbshandlung vorliegen, die sich günstig für eine inländische Niederlassung des Werbenden auswirkt und zu Lasten inländischer Konkurrenz geht. Ob dies allein aber bereits die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts rechtfertigt,l 65 ist m.E. zweifelhaft. Vielmehr ist, wie auch in Fällen der Gesetzesumgehung, zu fragen, ob nach dem Sinn und Zweck der Kollisionsnorm eine für die Anwendung fremden Rechts ausreichende Auslandsbeziehung vorliegt;l66 zu untersuchen ist der konkrete Sachverhalt danach im Licht der hinter der Kollisionsnorm stehenden international-privatrechtliehen Interessen.l6 7 Diese sprechen auch in Fällen einer Werbung im Ausland dann für die Anwendbarkeit des deutschen Rechts, wenn die Werbung ausschließlich wegen ihrer Inlandswirkung vorgenommen wird. Hier dient die Werbehandlung nur der Förderung der im Zur Problematik der Gesetzesumgehung ausführlicher unten Fünftes Kapitel II. Siehe oben bei Fn. 144. 163 Hierzu Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 1985, S. 285f. 164 Kegel, a.a.O., S. 286. 165 So Hoth für den Fall des Hilton-Konzerns, a.a.O., S. 451f.; vgl. auch oben bei Fn. 147. 166 Firsching, Einführung in das internationale Privatrecht, 2. Aufl. 1981, S. 63. 167 Kegel, a.a.O., S. 283. 161

162

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

Inland gelegenen Wettbewerbsinteressen des Werbenden. Dann ist es aber auch unter dem Gesichtspunkt international-privatrechtlicher Gerechtigkeit angemessen, auf die Werbemaßnahme deutsches Wettbewerbsrecht anzuwenden. Nur wenn das Mittel der Auslandswerbung ohne Bezug zum jeweiligen nationalen Markt eingesetzt wird, um das Verhalten heimkehrender deut.~cher Touristen auf dem Inlandsmarkt zu beeinflussen, kann von der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede gesprochen werden. Diese Ausnutzung kann jedoch abgewehrt werden, indem das deutsche Recht der international-privatrechtliehen Interessenlage entsprechend die künstlich hergestellten Anknüpfungspunkte an das fremde Recht nicht beachtet. In allen anderen Fallgestaltungen dieser Art, so z. B. auch bei der von Hoth erwähnten Spirituosenwerbung auf Mallorca,168 ist die Anwendung deutschen Rechts m.E. nicht gerechtfertigt. Die Wettbewerbshandlung soll hier- und das wird vor allem an Hand solcher Verbrauchsgüter wie Spirituosen deutlich - den Absatz auf dem jeweiligen Auslandsmarkt fördern. Die Werbung dient insoweit nicht zu Wettbewerbszwecken auf dem Inlandsmarkt; soweit sie über die zurückkehrenden Touristen auch Auswirkungen auf diesen hat, handelt es sich um einen bloßen Reflex, der nicht zur Maßgeblichkeit deutschen Rechts für ausländische Werbung führen kann.1 69 3. Das Problem der Werbung in grenzüberschreitenden Werbeträgem - Versuch einer Lösung -

Oben wurde versucht, aufzuzeigen, daß die kollisionsrechtliche Frage hauptsächlich in den Fällen grenzüberschreitender Werbeträger problematisch ist.l 70 Die Schwierigkeiten beruhen hier auf der Tatsache, daß je nachdem, welches Wettbewerbsrecht zur Anwendung kommt, die Wettbewerbssituation auf dem jeweils anderen Markt verfälscht ist. Die Rechtsprechung hat bei diesem Problem bisher unter Heranziehung der "üblichen" Kollisionsregel auf die Anwendung deutschen Rechts erkannt.m Zum gleichen Ergebnis kommt insoweit Wengler auf Grund einer Gegenüberstellung der beteiligten Interessen.17 2 Die Anwendung des strengen 168

Hoth, a .a .O., S. 452.

Ebenso Sasse, a.a.O., S. 70, der das deutsche Recht in solchen Fällen nicht für das räumlich beste hält. 110 Siehe oben bei Fn. 136. 171 Vgl. wiederum BGH GRUR 1971, 153 (Tampax) und BGH GRUR 1978, 194 (profil). 172 Wengler, RabelsZ 19 (1954), 401, 422; für eine solche Interessenahwägung ebenfalls Joerges, RabelsZ 36 (1972), 421, 467ff. durchgehend. 169

II. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

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deutschen Rechts schützt die Wettbewerbsgleichheit auf dem deutschen Markt und benachteiligt nur das betroffene Unternehmen auf dem fremden Markt; demgegenüber erhält bei Maßgeblichkeit des Auslandsrechts das betreffende Unternehmen auf dem Inlandsmarkt einen Vorteil vor seinen Konkurrenten, d.h. letztere sind benachteiligt. Wengler gibt hier den Interessen des Forum-Staates den Vorrang und befürwortet die Maßgeblichkeit der Iex fori 173 - in Fällen der hier vorliegenden Art bedeutet das die Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts. Da die unvermeidliche Benachteiligung in diesem Fall nur ein Unternehmen betrifft, bei einer anderen Lösung aber die Gesamtheit aller inländischen Wettbewerber betroffen wäre, erscheint diese Interessenahwägung grundsätzlich auch sachgerecht. Sie darf m. E. jedoch nicht absolut gelten; vielmehr müssen Kriterien entwickelt werden, nach denen sich die Sachverhalte bestimmen lassen, die eine abweichende Beurteilung verlangen.174 Es ist also zu fragen, unter welchen Umständen der Schutz des betroffenen Unternehmens die Interessen der benachteiligten inländischen Konkurrenten überwiegt. Soweit ersichtlich, hat die deutsche Rechtsprechung zu dieser Problematik nicht auf die beteiligten Interessen abgestellt. Die Frage wurde unter Heranziehung der lex loci-Regel streng nach kollisionsrechtlichen Grundsätzen entschieden und kaum unter dem Gesichtspunkt der beteiligten Wettbewerbsinteressen und ihrer Abwägung gesehen. 175 Eine solche Berücksichtigung der Belange des Werbenden findet sich jedoch - allerdings versteckt - in der Entscheidung eines schweizerischen Gerichts. So entschied das schweizerische Bundesgericht am 15. 11. 1966 über folgenden Sachverhalt:176 Die Beklagte war eine deutsche Vertriebsgesellschaft für Papierwaren. Sie warb in einer in Deutschland erscheinenden international verbreiteten Fachzeitschrift mit einer Werbebeilage für ihr Produkt "Silbond". Die Fachzeitschrift wurde mit ca. 350 Exemplaren auch in der Schweiz vertrieben. Die Klägerin, eine schweizerische Papierherstellerin, die verschiedene Marken mit dem Zusatz "Sihl" führte, klagte auf Unterlassen. Obwohl die Beklagte ihr Produkt "Silbond" in der Schweiz unter einem anderen Namen vertrieb, gab das Gericht der Klage statt.

Da ein Verstoß gegen Markenrecht abgelehnt werden mußte, prüfte das Gericht den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des unlauteren WettWengler, a .a.O. Für den Fall, daß eine Rechtsordnung ausdrücklich ein subjektives Recht auf die Vornahme einer Handlung gewährt, während die andere Rechtsordnung die Handlung gerade verbietet, hält auch Wengler, a.a.O., die unbedingte Anwendung der lex fori für nicht unbedenklich; Joerges, a.a.O., S. 459, weist darauf hin, daß Handlungsrechte von Ausländern in ihrem Heimatstaat beeinträchtigt werden. 17 5 In der "Tampax"-Entscheidung klingt allerdings die Berücksichtigung der beteiligten Interessen an, BGH GRUR 1971, 153, 154. 176 BG Urt. v. 15. 11. 1966, GRUR int. 1967, 364 (Sihl I Silbond). 173

174

5 Mook

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2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

bewerbs.l77 Die Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts wurde dabei als unproblematisch behandelt, da der Erfolg der Werbehandlung in der Schweiz eingetreten war.1 78 Die schweizerischen Gerichte ziehen insoweit im internationalen Wettbewerbsrecht auch die lex loci delicti commissi heran und geben dem Geschädigten das Recht, den Schädiger wahlweise nach dem Recht des Handlungs- oder des Erfolgsortes zu belangen.179 Letzterer liegt im Falle der Werbung in grenzüberschreitenden Zeitschriften immer auch dort, wo die Zeitschrift im Verkehr ist. 180 Auf das Kriterium der wettbewerbliehen Interessenkollision wird insoweit, wenn überhaupt, nur hilfsweise zurückgegriffen.1a1 Das eigentlich Bemerkenswerte an der "Sihl"/"Silbond"-Entscheidung des Bundesgerichts sind dann auch die Ausführungen, die in bezug auf das vorinstanzliehe Urteil gemacht werden_182 Das Handelsgericht Zürich hatte nämlich die Interessen des Werbenden gegen diejenigen seiner schweizerischen Mitkonkurrenten abgewogen und dabei einen Verstoß gegen das schweizerische UWG mit folgender Argumentation verneint: 183 Die betroffene deutsche Fachzeitschrift, d.h. der vom Beklagten benutzte Werbeträger, erschien in der Schweiz und in Deutschland nur in einer Ausgabe. Ein Verbot der Werbung für das Produkt "Silbond" in der Schweiz hätte daher der Beklagten die Werbung de facto auch in allen anderen Staaten, in denen die Fachzeitschrift erschien, unmöglich gemacht. Die Beklagte wäre in diesem Fall auch auf ausländischen Märkten schwer benachteiligt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß das Produkt "Silbond" in der Schweiz unter einem anderen Namen gehandelt würde und damit die Wettbewerbswirkung der zu beurteilenden Werbung nur eine indirekte sei, müßten die Interessen der Konkurrenten an einem Verbot der Werbung hinter die Belange der Beklagten zurücktreten.184 Das Instanzgericht hatte damit die Chancengleichheit der Beklagten auf ausländischen Märkten im konkreten Fall höher bewertet als die Wettbewerbsgleichheit auf dem schweizerischen Markt. Das Bundesgericht ist dieser Argumentation jedoch nicht gefolgt, sondern hat eine Interessenahwägung ausdrücklich abgelehnt.185 Eingriffe in die wettbewerbliehen Belange der Konkurrenten könnten höchstens unter dem Gesichtspunkt des Notstandes gerechtfertigt sein; ein solcher liegt jedoch 177 178 179

IBO 181

1a2 183 184 185

GRUR int. 1967, 366 (sub II1 1). Ebd. Vgl. auchBGE 91 II 117ff.; BGE 82 II 159ff. BGE 87 II 113ff. BGE 91 II 117, 124; ebenso Vischer, Internationales Privatrecht, 1969, S. 695 f. BG GRUR int. 1967, 367. Vgl. die Bezugnahmen in den Entscheidungsgründen des BG. Siehe vorige Fn. Ebd.

11. Grenzüberschreitende Werbung und die Anwendbarkeit dt. Rechts

67

bei Werbemaßnahmen, die ja nur wirtschaftlichen Interessen dienen, nicht vor. Darüber hinaus verweist das Gericht auf die Tatsache, daß es im konkreten Fall ein leichtes gewesen wäre, die Werbebeilage aus den in die Schweiz verschickten Zeitschriften herauszunehmen. Ob eine gleiche Entscheidung im Falle einer Werbung durch Rundfunk oder Fernsehwellen angebracht gewesen wäre, läßt das Gericht ausdrücklich offen.Is6 Durch diese Offenlassung gewinnt das Argument der technisch möglichen räumlichen Differenzierung der Werbehandlung m.E. auch besondere Bedeutung für die Entscheidung, da das Gericht insoweit seine eigene ablehnende Haltung einer Interessenahwägung gegenüber relativiert.IB7 Diese vom Instanzgericht vorgenommene Interessenahwägung ist grundsätzlich zu begrüßen. Dem Bundesgericht ist allerdings insoweit zuzustimmen, als es an die Frage, ob im konkreten Fall die betreffende Werbung nicht von Land zu Land unterschiedlich gestaltet werden konnte, strenge Maßstäbe anlegt. So ist z. B. zu beachten, ob eine Zeitschrift in unterschiedlichen nationalen Ausgaben erscheint oder ob eine Werbung aus dem für das Ausland bestimmten Teil einer Auflage entfernt werden kann. In allden Fällen, in denen eine solche räumliche Aufspaltung der Werbemaßnahme nicht möglich ist, müssen jedoch die dem Werbenden im Falle eines Verbots auf anderen Märkten entstehenden Nachteile Berücksichtigung finden. Dabei sind diese Interessen allerdings nicht erst im Zusammenhang mit dem nationalen Wettbewerbsrecht, sondern bereits im Rahmen der kollisionsrechtlichen Fragestellung zu beachten.l 88 Für die kollisionsrechtliche Problematik der Werbung in grenzüberschreitenden Zeitschriften ergibt sich damit folgender Lösungsvorschlag: Der Begehungsort der Wettbewerbshandlung liegt grundsätzlich an dem Ort, an dem die betreffenden Zeitschriften im regelmäßigen Geschäftsverkehr vertrieben werden. Voraussetzung ist allerdings weiter, daß der Werbende diesen Vertriebsort vorhersehen konnte oder später von ihm Kenntnis erlangt hat,IB9 und daß sich die Werbung zur Beeinflussung des Wettbewerbs an diesem Ort eignet.l 90 Das strenge Wettbewerbsrecht dieses Begehungsortes ist ausnahmsweise jedoch dann nicht anzuwenden, wenn der Werbende durch das Verbot der Werbung auf einem fremden Markt, auf dem die Werbung erlaubt ist, einen solchen wettbewerbliehen Nachteil erleiden würde, hinter dem bei sachgerechter Abwägung die Interessen der Konkurrenten am Begehungsort zurücktreten müssen. Diese Ausnahme greift jedoch dann 186 187 188 189 19o

5'

Ebd. sub 111 4 e. Vgl. hierzu auch oben Fn. 153. Ebenso Joerges, RabelsZ 36 (1972), 421, 459. Vgl. hierzu oben bei Fn. 141, 142. Vgl. oben bei Fn. 139.

68

2. Kap.: IPR und werbemäßige Ausnutzung int. Rechtsunterschiede

nicht, wenn dem Werbenden eine räumlich differenzierte Werbung technisch möglich und wirtschaftlich zurnutbar ist. Mit dieser differenzierten Kollisionsregel wird auch bei der Frage nach dem auf grenzüberschreitende Werbung anwendbaren Recht der Grundsatz der "par conditio concurrentium" als Kriterium international-privatrechtlieber Gerechtigkeit berücksichtigt,191 Die gefundene Anknüpfungsregel rechtfertigt sich auch aus der Überlegung, daß im Falle eines echten Konflikts immer das Recht des Staates zur Entscheidung berufen ist, dessen nationaler Wettbewerb unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit am stärksten beeinträchtigt ist.

m. Zusammenfassung der Ergebnisse Nach dem in diesem Abschnitt Gesagten läßt sich die Frage nach dem internationalen Wettbewerbskollisionsrecht folgendermaßen beantworten: Wettbewerbsverstöße sind unerlaubte Handlungen; das auf sie anwendbare Recht ist daher grundsätzlich die lex loci delicti commissi. Der Begehungsort bestimmt sich dabei nach dem Ort, an dem die wettbewerbliehen Interessen der Konkurrenten kollidieren. In werberechtliehen Sachverhalten mit Auslandsberührung bedeutet dies:

Werbung in deutschen Werbeträgern (Zeitschriften etc.) mit Wirkung auf dem inländischen Markt richtet sich nach deutschem Wettbewerbsrecht. Werbung in ausländischen Werbeträgern muß sich dann am deutschen Recht messen lassen, wenn sie geeignet ist, den inländischen Wettbewerb zu beeinflussen, wenn der Werbeträger im regelmäßigen Geschäftsverkehr an inländische Werbeadressaten gelangt und dies für den Werbenden vorhersehbar war. Steht der Werbende auf mehreren Märkten im Wettbewerb, so sind seine Belange auf diesen Märkten im Rahmen einer Interessenahwägung unter dem Gesichtspunkt der "par conditio concurrentium" zu berücksichtigen. Werbung im Ausland für den dortigen Markt schließlich beurteilt sich auch dann nach dem Recht des Auslandes, wenn sie über deutsche Ferntouristen reflexartige Auswirkungen auf den Inlandsmarkt hat. Deutsches Recht ist hier nur dann anwendbar, wenn die Werbung im Ausland ausschließlich auf den Inlandswettbewerb abzielt. Die Inlandswirkung stellt sich dann nicht mehr als Reflex, sondern als Primärziel der Werbung dar. Die international-privatrechtliche Interessenlage rechtfertigt es in diesem Fall, den ausländischen Ort der Werbung als kollisionsrechtlichen Anknüp191

Vgl. oben bei Fn. 117, 118.

III. Zusammenfassung der Ergebnisse

69

fungspunkt außer acht zu lassen. 192 Ausschlaggebend sind vielmehr die starken Inlandsbezüge, die auf Grund der Zielrichtung der Werbung bestehen und so eine Interessenkollision im Inland als maßgeblichen Anknüpfungspunkt begründen. § 1 UWG verlangt insoweit auch ein Handeln zu Zwecken des inländischen Wettbewerbs. Ein solches liegt wohl nur vor, wenn die fragliche Werbung ausschließlich auf den inländischen Wettbewerb ausgerichtet ist; bei nur reflexartigen Auswirkungen dagegen fehlt es. Damit hat die im internationalen Deliktsrecht grundsätzlich gültige Anknüpfung an den Begehungsort für die Fallgruppe der grenzüberschreitenden Werbung eine Modifikation erfahren. Dies trägt der Erkenntnis Rechnung, daß die Vielzahl der Begehungsmöglichkeiten und die Verschiedenartigkeit der Wirkungen von Wettbewerbsverstößen eine Lokalisierung der berührten Interessen an einem Handlungsoder Erfolgsort nicht immer zulassen,193 Eine diesen Interessen gerecht werdende Kollisionsregel muß vielmehr auf die typischen Fallgestaltungen, in denen Wettbewerbsdelikte auftreten, abgestimmt sein. 194 Eine solche Abstimmung ist hier für die im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Werbung typischen Sachverhaltskonstellationen erfolgt, indem die lex lociRegel zum einen dahingehend differenziert wurde, daß sich der Begehungsort zwar grundsätzlich nach dem Erscheinungsort des Werbeträgers und der Eignung der Werbung zur Marktbeeinflussung richtet, daß diese Anknüpfung auf der anderen Seite aber durch die auf wettbewerbliehe Chancengleichheit gerichteten Interessen der Betroffenen relativiert wird.l95 Darüber hinaus wird die grundsätzliche Geltung der Tatortregel auch für solche Sachverhaltsgestaltungen durchbrochen, in denen die besondere Zielrichtung der Auslandswerbung eine enge Beziehung zum inländischen Wettbewerb und damit zum inländischen Recht bewirkt,196 Mit dieser aufgelockerten Tatortanknüpfung kann der werbemäßigen Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede begegnet werden; sie führt in den Fällen, in denen es ein unverfälschter und damit funktionsfähiger Wettbewerb erfordert, zur Anwendbarkeit des inländischen Wettbewerbsrechts und verwehrt so dem Werbenden die Umgehung der strengen deutschen Vorschriften. Vgl. oben bei Fn. 166, 167. Lorenz, Die allgemeine Grundregel betreffend das auf die außervertragliche Schadenshaftung anzuwendende Recht, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, Tübingen 1983, S. 112 u. 124. 19 4 So allgemein für das internationale Deliktsrecht Hohloch, Das Deliktsstatut, Frankfurt a.M. 1984, S. 256. 195 Zum Verhältnis von Differenzierung und Relativierung der Tatortregel vgl. Hohloch, a.a.O., S. 194ff. 196 Eine Durchbrechung der Tatortregel für Sachverhalte, die eine enge Beziehung zu einem anderen Recht aufweisen, wird auch von Beitzke, Les obligations delictuelles en droit international prive, RdC. 1965 II 65, 100ff., gefordert. 192 193

Drittes Kapitel

Die Ausnutzung produktionskostenbezogener Rechtsunterschiede und das Regelsystem des internationalen Wirtschaftsrechts Die im vorigen Kapitel entwickelte Lösung der Ausnutzungsproblematik mit Hilfe kollisionsrechtlicher Regeln ist jedoch in dieser Form nur in den Fällen möglich, in denen die fragliche Wettbewerbshandlung bereits selbst ohne weiteres gegen inländisches Wettbewerbsrecht verstößt. Ergibt sich dagegen die Sittenwidrigkeit der betreffenden Handlung erst aus einer Verbindung der Generalklausel des § 1 UWG mit einem Verstoß gegen eine andere, u . U . sogar nicht wettbewerbsrechtliche, Norm, so kann ein unverfälschter Wettbewerb mit den Mitteln des Kollisionsrechts allein nicht mehr gesichert werden. Insoweit lassen sich vor allem solche Unterschiede in nichtwettbewerbsrechtlichen Regelungsbereichen ausnutzen und bieten dabei dem "Ausnutzer" unter Umständen erhebliche Konkurrenzvorteile. Hier ist- wie der Sachverhalt der "Asbestimporte"-Entscheidung zeigt - besonders an günstige Produktionskosten im Ausland zu denken. Bevor jedoch untersucht werden kann, ob und inwieweit auch die wettbewerbliche Verwertung solcher auf internationalen Rechtsunterschieden beruhender Produktionskostenvorteile unter einen wettbewerbsrechtlichen Ausnutzungstatbestand fallen kann, ist in diesem Kapitel eine Frage zu erörtern, die der Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts auf die Fälle der Ausnutzung produktionskostenorientierter Rechtsunterschiede vorangestellt ist. Bereits in der "Asbestimporte"-Entscheidung hat der BGH die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis die wettbewerbs-und kollisionsrechtliche Behandlung der Ausnutzungsproblematik zu den Vorschriften des internationalen Wirtschaftsrechts steht. Soweit nämlich das Wettbewerbsrecht auf solche Rechtsunterschiede, die sich auf Produktionskosten auswirken, angewendet werden soll, ist zu bedenken, daß für die wettbewerbliehe Verwertung solcher Vorteile die Einfuhr der betreffenden Waren erforderlich ist. Die Ausnutzung produktionskostenorientierter Rechtsunterschiede berührt damit die Problematik der Niedrigpreis-Einfuhren. Dieser Fragenkreis hat aber in wesentlichen Teilen eine Regelung durch die die Wareneinfuhr betreffenden Vorschriften des internationalen Wirtschaftsrechts erfahren. Insofern ist besonders auch der Grundsatz der Außenwirtschaftsfreiheit,

I. Der Begriff des int. Wirtschaftsrechts

71

wie er in § 1 AWG festgelegt ist, zu beachten. Zwischen diesem und einem wettbewerbsrechtlichen Ausnutzungstatbestand sind denn auch Konflikte, wie sie in der "Asbestimporte"-Entscheidung aufgetreten und im Sinne einer Vorrangigkeit des Außenwirtschaftsrechts gelöst worden sind, denkbar. Im folgenden bedürfen daher das internationale Wirtschaftsrecht und vor allem die für die vorliegende Problematik maßgeblichen Bestimmungen einer näheren Darlegung. Vor diesem Hintergrund kann dann auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen diesen Vorschriften und dem nationalen Wettbewerbsrecht beantwortet werden. I. Der Begriff des internationalen Wirtschaftsrechts Es muß hier erst einmal hervorgehoben werden, daß sich ein einheitlicher, fest umrissener Begriff des internationalen Wirtschaftsrechts bis heute nicht gebildet hat.l Einigkeit besteht jedoch darüber, daß die internationalen Verflechtungen des modernen Wirtschaftsverkehrs eine isolierte nationale Betrachtungsweise auch in rechtlicher Hinsicht nicht mehr zulassen und der "Funktionszusammenhang der Volkswirtschaften" vielmehr einen systematisch konzipierten, rechtlichen Ordnungsrahmen verlangt. 2 Daß dabei auch die wettbewerbliehen Auswirkungen internationaler Wirtschaftsbeziehungen Berücksichtigung finden müssen, zeigt die vorliegenden Problematik. Während ein solches systematisches Konzept jedoch nur im Zusammenhang mit Überlegungen bezüglich einer Neuordnung des Weltwirtschaftssyste~s erörtert wird,3 stellt sich das internationale Wirtschaftsrecht gegenwärtig - und damit auch in Bezug auf die hier interessierenden wettbewerbsrechtlichen Fragen - als "schwer bestimmbares Konglomerat von Normenkomplexen" dar, die sehr unterschiedlichen Rechtsdisziplinen entstammen.4 Für die Problematik der wettbewerbliehen Auswirkungen international unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handeins ist es dabei unerheblich, ob man das internationale Wirtschaftsrecht 1 Ch. Joerges, Vorüberlegungen zu einer Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts, RabelsZ 43 (1979), 6, 7. 2 L. Raiser, Der Ordnungsrahmen des internationalen Wirtschaftsrechts, in: Wirtschaftsordnung und Staatsverfassung, Festschr. für Franz Böhm, Tübingen 1975, s. 485,486. 3 Vgl. hierzu: Peter Fischer, Das internationale Wirtschaftsrecht, Jb. IntR 19 (1976), 143ff.; VerLoren van Themaat, Die Aufgabe der Rechtswissenschaft in der Diskussion um eine neue Weltwirtschaftsordnung, RabelsZ 43 (1979), 632ff. ; Petersmann, Internationales Recht und neue internationale Wirtschaftsordnung, in: Arch. d. Völkerrechts 18 (1978/80), 17 ff.; sowie Raiser, a .a.O. 4 Joerges, a.a.O., S. 8.

72

3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

rein funktionsbezogen auffaßt und als Gesamtheitall derjenigen nationalen und internationalen Normen versteht, die die Regelung zwischenstaatlicher Wirtschaftsbeziehungen als einheitlichen Lebenssachverhalt zum Ziel haben, 5 oder ob man das internationale Wirtschaftsrecht an Hand der internationalen Provenienz seiner Rechtsquellen definiert und ihm damit nur internationale öffentlichrechtliche Normen zurechnet, welche direkt oder indirekt auf vökerrechtlichen Verträgen basieren und sich auf grenzüberschreitende weltwirtschaftliche Verhältnisse beziehen.s Vorschriften des nationalen Rechts, die die Ausgangspositionen der am zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehr beteiligten Unternehmen bestimmen, sind aus der Sicht des internationalen Wirtschaftsrechts nämlich als bloße Tatsachen oder Daten zu verstehen, die mit ihren faktischen Auswirkungen Berücksichtigung finden müssen. 7 Nationales Wirtschaftsrecht und nationale Wirtschaftsordnung sind damit Unterbau oder Grundlage eines internationalen Wirtschaftsrechts.S Diesem fällt so unter anderem die Aufgabe zu, nationale Unterschiede und deren Folgen auf der Basis einer übergeordneten einheitlichen Ebene auszugleichen. Nationales Außenwirtschaftsrecht übt dabei - unabhängig von der Frage seiner dogmatischen Zuordnung zum internationalen Wirtschaftsrecht - eine Schutzfunktion zugunsten der eigenen Volkswirtschaft aus. 9 Für die vorliegende Problematik stellt sich damit die Frage, inwieweit die externen Effekte nationaler Normen mit den Mitteln des internationalen Wirtschaftsrechts-unter Einschluß des nationalen Außenwirtschaftsrechts -bewältigt werden könnenlo und ob daneben noch Raum für die Anwendung eines wettbewerbsrechtlichen Tatbestandes nationalen Ursprungs bleibt.

5 Diese Auffassung wird vertreten von Georg Erler, Grundprobleme des internationalen Wirtschaftsrechts, Göttingen 1956; ders., Stichwort Internationales Wirtschaftsrecht, in: Strupp I Schlochauer: Wörterbuch des Völkerrechts, 2. Aufl. 1962, Bd. 3; G. Dahm, Völkerrecht, Bd. 2, S. 583; Fischer, a.a.O. s So G. Schwarzenberger, The Principles and Standards of International Economic Law, RdC 1966 I, S. 5ff.; ders., The Province and Standards of International Economic Law, in: ICLQ 25 (1948), 402ff.; Raiser, a.a.O.; VerLoren van Themaat, a .a .O., und wohl auch U. Scheuner, Die völkerrechtlichen Grundlagen der Weltwirtschaft in der Gegenwart, Verh. d. 40. DJT, Bd. II 1954, A 19, A 21. 7 VerLoren van Themaat, a.a.O., S. 636; ebenso Mertens I Kirchner I Schanze, Wirtschaftsrecht, Harnburg 1978, S. 278; Raiser, a.a.O., S. 488. e VerLoren van Themaat, a.a.O., S. 635 u. 743. 9 Raiser, a.a.O., S. 487 u . 491. to Die Bewältigung dieser Effekte hält VerLoren van Themaat für ein Kernproblem des internationalen Wirtschaftsrechts, a.a.O., S. 637.

II. Kostenorientierte Unterschiede und int. Rechtsbegriffe

73

ß. Die Ausnutzung kostenorientierter Rechtsunterschiede und ihre Einordnung in die Begriffswelt des internationalen Wirtschaftsrechts

Wie aufgezeigt, ist dem Inlandsverkauf von im Ausland kostengünstig hergestellten Waren mit der Einfuhr ein in den Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts fallender Vorgang vorangestellt. Im Hinblick auf mit solchen Einfuhren verbundene Wettbewerbsbeeinflussungen hält das internationale Wirtschaftsrecht einige einschlägige Tatbestände bereit. Zu untersuchen ist nunmehr, ob und inwieweit diese Tatbestände auch Billig-Einfuhren auf Grund internationaler Rechtsunterschiede erfassen. 1. Der Tatbestand des "Dumping"

In Wirtschaftskreisen werden solche Niedrigpreiseinfuhren häufig mit dem Vorwurf des "Dumping" belegt. Immer wieder werden daher Abwehrmaßnahmen nach den Regelungen der Antidumpingvorschriften auch in den Fällen gefordert, in denen sich die niedrigen Einfuhrpreise als Auswirkung internationaler Rechtsunterschiede darstellen.l 1

Bevor die vorliegende Problematik unter die Antidumpingregelungen subsumiert werden kann, ist daher erst einmal die Klärung des in der Wirtschaftswissenschaft und in den Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts verwandten Dumpingbegriffes erforderlich. a) Der wirtschaftliche Dumpingbegriff Dem Begriff des "Dumping" wurden in der älteren volkswirtschaftlichen Literatur vielfältige und zum Teil auch recht unterschiedliche Inhalte gegeben.l2 Einigkeit bestand nur insofern, als unter Dumping eine Preisunterbietung verstanden wurde, die Unternehmer eines Landes gegenüber denen eines anderen Landes vornehmen.l3 Welche weiteren Merkmale hierüber hinaus noch erforderlich sind, war sehr umstritten. 14 u Als Beispiel kann die bekannt gewordene Umfrage der US-Tarif-Commission von 1919 herangezogen werden. Dabei wurden 146 Beschwerden aus Wirtschaftskreisen bezüglich ausländischen Dumpings überprüft. Nur 23 behaupteten einen Export unter Inlandspreis, 97 betrafen einfach besonders scharfe Konkurrenz, 26 bezogen sich auf betrügerischen Gebrauch von Handelsmarken, Patentfälschungen usw. (zitiert nach G. Haberler, Der internationale Handel, Berlin 1933, S. 220). 12 Jens Jessen, in: Wörterbuch der Volkswirtschaft, Stichwort "Dumping"; Döblin, Theorie des Dumping, Jena 1931, S. 1; Pesl, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Stichwort "Dumping"; ders., Das Dumping, 1921, S . 23, wo er nicht weniger als 28 verschiedene Ansichten zur Charakterisierung des Dumping aufzählt. ta Pesl, Handwörterbuch ... , a.a.O.; Döblin, a.a.O., S. 2. 14 Hierzu Stenz, Dumping als Betriebsproblem, S . 6.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Im Ergebnis setzte sich dann die Definition durch, die Dumping als den Verkauf in das Ausland zu billigeren Preisen als im Inland verstand. Obwohl nicht den Interessen der Wirtschaft entsprechend, wurde diese Begriffsbestimmung doch von der Mehrzahl der Autoren akzeptiert. 15 Ein Fall von Dumping lag danach vor, wenn ein Unternehmen seine Waren zu einem günstigeren Preis ins Ausland exportierte, als es sie im Inland anbot. Je mehr sich jedoch dieser Dumpingbegriff durchsetzte, desto weniger verblieb von dem ursprünglichen Sinn, durch ein Zusatzmerkmal die "Unlauterkeit" der Preisunterbietung zu begründen. Zusammenfassend wird Dumping in der Wirtschaftswissenschaft heute als Verkauf nach dem Ausland unter dem vergleichbaren Inlandspreis betrachtet.l6 Insoweit handelt es sich beim Dumping um nichts anderes als um einen Sonderfall regionaler Preisdifferenzierung.l7 Die Besonderheit liegt darin, daß die Räume, in denen eine unterschiedliche Preisgestaltung stattfindet, durch Staatsgrenzen bestimmt sind. Auf günstigerem Produktionskostenniveau beruhende Niedrigpreiseinfuhren sind jedoch gerade nicht das Ergebnis einer solchen räumlichen Differenzierung des Angebotspreises 18 und daher zumindest mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Dumpingbegriff nicht zu erfassen.

b) Der rechtliche Dumpingbegriff Der rechtliche Dumpingbegriff ist nicht so sehr von der Rechtslehre als vielmehr von der Antidumpinggesetzgebung bestimmt. Dies mag darauf beruhen, daß sich aufgrund der Interdependenzen zwischen Recht und Wirtschaft auf diesem Gebiet der Gesetzgeber mehr an dem wirtschaftswissenschaftlichen Begriff orientiert hat. Demzufolge sind auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Ausprägungen, die der Dumpingtatbestand in den verschiedenen Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts gefunden hat, nur gering. Dennoch muß im folgenden untersucht werden, ob und in welcher Ausprägung das wirtschaftswissenschaftliche Tatbestandsmerkmal der nach Ländern differenzierten Angebotspreise auch den Antidumpingregelungen dieser Rechtsquellen zugrunde liegt. 15 Pesl, Handwörterbuch ... , a .a.O.; ders., Das Dumping, S. 130; Döblin, a.a.O., S. 6ff.; Stenz, a.a.O., S. 9. 16 A. Predöhl, Außenwirtschaft, S. 177; Glasstetter, Außenwirtschaftspolitik, Köln 1979, S. 375; zu den Problemen bei der Ermittlung einer angemessenen Vergleichsgrundlage siehe auch G. Haberler, Der internationale Handel, S. 219 und Widmer, Dumping und dumpingähnliche Tatbestände im Außenhandel, S. 24f. 17 Predöhl, a.a.O.; Pütz, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften , Stichwort "Dumping". 1B Kruse, Außenwirtschaft, 2. Aufl. Berlin 1965, S. 549.

II. Kostenorientierte Unterschiede und int. Rechtsbegriffe

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aa) Der Dumpingbegriff des GATT Nach vielen natio~alen Antidumpinggesetzen19 hat zum erstenmal das GATT,2o aufbauend auf der Havanna-Charta (Art. 34), eine Regelung des Antidumpingrechts geschaffen, die auf einer breiten internationalen Basis stand und daher allgemein anerkannt wurde. In Art. VI hat sich das GATT in der Sache der wirtschaftswissenschaftlich anerkannten Definition angeschlossen. Es baut die Begriffsbestimmungen aus rechtstechnischen Gründen allerdings zweistufig auf.21 Dumping liegt danach vor, wenn Waren von einem Land auf den Markt eines anderen Landes unter ihrem "normalen" Wert22 gebracht werden. In einem zweiten Definitionsschritt legt Art. VI dann fest, was unter "normalem" Wert zu verstehen ist. In erster Linie gilt eine Ware danach als unter ihrem "normalen" Wert auf den Markt eines anderen Landes gebracht, wenn ihr Preis (a) niedriger ist als der vergleichbare Preis einer gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr, die zur Verwendung im Ausfuhrland bestimmt ist. (b) für den Fall, daß ein solcher vergleichbarer Inlandspreis fehlt, hält das GATT hUfsweise zwei andere Vergleichswerte bereit. Eine Einfuhr unter Normalwert liegt danach auch dann vor, wenn der Preis niedriger ist als (i) der höchste vergleichbare Preis einer im normalen Handelsverkehr zur Ausfuhr nach einem dritten Land bestimmten Ware oder (ii) die Herstellungskosten dieser Ware im Ursprungsland zuzüglich einer angemessenen Spanne für Veräußerungskosten und Gewinn. Mit den ersten beiden Normaldefinitionen (a) und (b(i)) hat das GATT zumindest die volkswirtschaftliche Definition übernommen. 23 Inwieweit auch der dritte, auf die Selbstkosten abstellende Vergleichsmaßstab im Lichte des gefundenen Dumpingbegriffs haltbar ist, wird weiter unten noch zu prüfen sein. Bedeutsam erscheint diese Frage, da die HUfstatbestände (b(i)) und (b(ii)) zueinander nicht in einem Stufenverhältnis stehen, sondern von den Behörden wahlweise angewandt werden können. 24 19 Vgl. z.B.: Australian Preservation Act, Dec. 16.1921, S. 4; Kanadischer Zolltarif 1907, Statutes of Canada, 1907, 6- 7. 2o Maßgeblich sind der englische und französische Text. Deutsche Übersetzung in: Deutsches Handelsarchiv vom 3. 11. 1959. 21 Beseler, Die Abwehr von Dumping und Subventionen durch die EG, BadenBaden 1980, S . 41. 22 Orig. "normal value". 23 Jaenicke, Archiv des Völkerrechts 7 (1958/59), 387; Widmer, Dumping und dumpingähnliche Tatbestände im Außenhandel, Zürich 1961, S. 27.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Dem Problem der Vergleichbarkeit der Exportpreise mit den Inlandspreisen trägt Art. VI Rechnung, indem er die Berücksichtigung aller die Vergleichbarkeit beeinflussenden Umstände fordert. Diese sind zu unterscheiden von solchen Umständen, die sich auf den Preis selbst und nicht nur auf die Vergleichbarkeit auswirken. 25 Im Rahmen des zur Feststellung eines Dumping erforderlichen Preisvergleichs ist damit die Berücksichtigung eines international unterschiedlichen Produktionskostenniveaus als Ursache des geringen Preises der Importware ausgeschlossen. 26 Zwar ist das so an Hand eines Preisvergleichs definierte Dumping nach Art. VI des GATT nur zu verurteilen, wenn es eine bedeutende Schädigung eines Wirtschaftszweiges verursacht oder zu verursachen droht, oder wenn es die Errichtung eines neuen Wirtschaftszweiges erheblich verzögert. Nach der Grundtendenz des Art. VI, eine möglichst wertfreie Definition des Dumping zu finden,2 7 ist diese Schadensverursachung jedoch nicht Bestandteil des Dumpingbegriffs, sandem nur kumulative Voraussetzung für Antidumpingmaßnahmen.28 Dies geht aus dem Wortlaut von Art. VI 1 u. 6a hervor.29 bb) Der Dumpingbegriff im Europäischen Recht Auch soweit der Dumpingbegriff in den Quellen des Europäischen WirtschaftsrechtsVerwendung findet, stellt sich die Frage, ob hier die Differenzierung zwischen Inlandspreis und Ausfuhrpreis Tatbestandsmerkmal der Antidumpingvorschriften ist. (1) Die Abwehr von Dumpingpraktiken im Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten der EG

24 So jedenfalls Müller-Thuns I Beseler, Das Antidumpingrecht der EWG, S. 26; Sohl, Die Harmonisierung des Antidumpingrechts unter besonderer Berücksichtigung von Art. 6 GATI' und der amerikanischen Bestimmungen, jur. Diss. Köln 1966, S. 93f.; Langen, Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht, TZ 70f., hält die wahlweise Anwendung mit der Maßgabe für zulässig, daß der dem Sinn des Art. VI am ehesten entsprechende Vergleichspreis zu wählen ist; a.A. wohl Börner, Festschr. für Hallstein, S. 39f., der ein Stufenverhältnis annimmt. 25 Langen, Studien . . ., TZ 70b. 2s Langen, a.a.O. 27 Widmer, a.a.O., S. 26. Diese neutrale Tendenz wird von Standke, Der Handel mit dem Osten, Baden-Baden 1972, verkannt, wenn er annimmt, der Dumpingbegriff des Art. VI GATI' unterstelle eine Schädigungsabsicht als Motiv für die Preisunterbietung, S. 129. 28 Ebenso Beseler, a.a.O., S. 91; a .A. Ellenberger, Die Antidumpingbestimmungen der EWG- Der VO-Vorschlag der EWG-Kommission, in: DAWR 1966, 181, 182. 29 Mißverständlich ist insoweit, daß Art. VI 2 den Anschein erweckt, auf jede Ware, die Gegenstand eines Dumping ist, könne ein Antidumpingzoll erhoben werden. Dadurch wird die Schädigung zum Tatbestandsmerkmal des Dumping erklärt; wie hier Sohl, a.a .O., S. 6 m.w.N.; Pütz, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Stichwort "Dumping".

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Echtes Dumping kommt zwischen den Mitgliedstaaten der EG heute praktisch nicht mehr vor. Mit den innereuropäischen Zollschranken ist auch eine Grundvoraussetzung des Dumping, nämlich die Abschottung des Marktes, die ein Zurückfließen der gerlumpten Ware auf den Markt des duropenden Landes verhindert, entfallen. 3o Bis zur Verwirklichung des gemeinsamen Marktes durch den Wegfall der Zollschranken traf Art. 91 Abs. 1 EWG-Vertrag eine Regelung der Antidumpinggesetzgebung für die Übergangszeit. Allerdings gibt der EWG-Vertrag selbst keine Definition des Dumping. Da jedoch die Mitgliedstaaten der EWG sämtlich auch Mitglieder des GATI' sind, war bei der Auslegung des Art. 91 I EWG-Vertrag der Dumpingbegriff des Art. VI GATI' zugrunde zu legen. 31 Die Feststellung eines Dumping ist daher nach beiden Vorschriften von den gleichen Tatbestandsmerkmalen abhängig. (2) Die Abwehr von Dumpingpraktiken aus Nichtmitgliedstaaten der EG

Die Abwehr von Dumping aus Nichtmitgliedstaaten ist im EWG-Vertrag nicht gesondert geregelt; sie ist jedoch Bestandteil der gemeinsamen Handelspolitik. Gestützt auf den Art. 113 des Vertrages hat der Rat die Verordnung Nr. 301717932 erlassen, die am 1. 1. 1980 die alte Antidumpingverordnung Nr. 459/683 3 abgelöst hat. Durch diese VO werden die Ergebnisse der Tokio-Runde, die sich im GATI'-Antidumpingcodex 1979 niedergeschlagen haben, auch in das Recht der EG übernommen. Hierbei wurde auch die Dumpingdefinition des Art. 2 der VO dem Dumpingbegriff des GATI' angeglichen. 34 Damit ist auch hier der Dumpingbegriff des GATT maßgeblich. (3) Dumpingabwehr nach dem EKGS-Vertrag

Nach Art. 74 des EKGS-Vertrages ist die Kommission ermächtigt, im Falle gedumpter Kohle- und Stahleinfuhren Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten. In der Empfehlung Nr. 301817935 wird in Art. 2 die Dumpingdefinition der EG-Verordnung und damit die des GATT übernommen.

30 Everling, Die Regelung des EWG-Vertrages zur Abwehr von Dumpingpraktiken im Warenverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten, in: DB 1960, 999, 1000; Beseler, a.a.O., S. 31. 31 So Everling, a.a.O.; Widmer, a.a.O., S. 31. 32 ABI EG Nr. L 339 (1979). 33 ABI EG Nr. L 93 (1968), zuletzt geändert durch VO Nr. 1681179, ABI EG Nr. L 196 (1979). 34 Vgl. hierzu Dielmann, Das neue EG-Recht betreffend die Abwehr von Dumpingimporten, in: AG 1980, 299; Beseler, a.a.O., S. 26 u . 41. 35 ABI EG Nr. L 339 (1979).

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

c) Die Ausnutzung kostenbezogener Rechtsunterschiede und ihre Subsumtion unter den Dumpingbegriff Vor dem Hintergrund der so gefundenen Definition des Dumping kann nun festgehalten werden, daß der vorliegende Untersuchungsgegenstand der Import im Ausland kostengünstig hergestellter Waren und deren Verkauf im Inland unter den Selbstkosten der inländischen Konkurrenz -nicht unter den Dumpingbegriff fällt. Das Charakteristikum des Dumping, unterschiedliche Preise auf unterschiedlichen nationalen Märkten, liegt nämlich in diesem Fall nicht vor. Die Preisunterbindung der inländischen Konkurrenz wird nicht durch eine Differenzierung zwischen Binnenmarktpreis im Ausfuhrland und Ausfuhrpreis ermöglicht, sondern durch die Ausnutzung eines günstigen ausländischen Produktionskostenniveaus.36 Es handelt sich damit um die Wahrnehmung eines komparativen Kostenvorteils,37 wie sie im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung üblich und grundsätzlich auch erwünscht ist.38 Obwohl es sich hierbei auf Grund der fehlenden Preisdifferenzierung also nicht um ein Dumping im strengen Sinne handelt, 39 ist gerade dieses Phänomen in der Praxis oft zu Unrecht mit dem Dumpingbegriff belegt worden. 40 Der Grund für diesen irreführenden Gebrauch des Dumpingbegriffs ist in den Wirkungen zu sehen, die eine Wareneinfuhr zu Preisen, mit denen die Industrie des Einfuhrlandes nicht konkurrieren kann, auf dem nationalen Markt des Importlandes entfaltet. Diese Wirkungen im Einfuhrland sind ·nämlich mit denen eines tatsächlichen Dumping identisch. 41 In der Literatur werden diese Billig-Importe oft als "unechtes"42 oder "pseudo-Dumping" 43 bzw. einfach nur als Niedrigpreiseinfuhren44 bezeichnet. Häufigste Ursachen solcher Niedrigpreiseinfuhren sind in der Praxis geringere soziale Kosten, vor allem geringere Lohnkosten, im Herstellungsland. Man spricht hier von einem "Sozialdumping" oder - spezieller "Lohndumping"45. Dies ist aber mit dem "unechten" Dumping nicht Kruse, Außenwirtschaft, 2. Aufl. Berlin 1965, S. 549. Pütz, a.a.O. ; Kramer, Wettbewerb als Schutzobjekt des Antidurnpingrechts, in: AWD 1975, 1.21, 122. 38 Kramer, a .a.O.; Predöhl, a.a.O., S. 178. 39 Haberler, a.a.O. (Fn. 16), S . 220; Börner, a.a.O. (Fn. 24), S. 40; Sohl, a.a.O., S. 146; Everling, DB 1960, 999; Langen, Studien . .. , TZ 49. 40 Predöhl, Außenwirtschaft, S. 177. 41 Müller-Thuns I Beseler, a .a .O., S . 31; Beseler, a .a .O., S . 61; Kramer, Wettbewerb als Schutzobjekt des Antidumpingrechts, in: AWD 1975, 121, 122. 42 Sohl, a.a.O., S. 15. 43 Langen, Studien ... , TZ 49; Kruse, a.a.O., S. 549. 44 Müller-Thuns I Beseler, a.a.O., S. 31; Beseler, a.a.O., S. 61; Everling, DB 1960, 999; Kramer, a.a.O., S. 122. 45 Vgl. hierzu: P. Baer, Das soziale Dumping, Halberstadt 1928; E. Runge, Zur Theorie des sozialen Dumping; Widmer, a.a.O., S. 89ff. 36 37

li. Kostenorientierte Unterschiede und int. Rechtsbegriffe

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schlichtweg gleichzusetzen; es handelt sich vielmehr um eine - wenn auch sehr bedeutsame- Untergruppe desselben.4 6 Neben dem sozialen Kostenvorteil können auch andere Faktoren die Ursache für Niedrigpreiseinfuhren bilden. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei in neuerer Zeit dem Umweltschutzrecht zu, wie schon der Sachverhalt der "Asbestimporte"Entscheidung47 des BGH zeigt.4B Da diese Erscheinungen - so bedeutsam sie für eine nationale Wirtschaft auch sein mögen- mit den zum internationalen Wirtschaftsrecht gehörenden Antidumpingtatbeständen nicht abgewehrt werden können, muß hier erst einmal festgehalten werden, daß insoweit ein Bedürfnis nach einer anderen - und gegebenenfalls auch wettbewerbsrechtlichen - Lösung der Problematik weiterhin besteht. 2. Der Tatbestand der Subvention

Als weitere Möglichkeit zur Abwehr eines von importierten Waren ausgehenden Preisdrucks kommen hier die in den Quellen des internationalen Wirtschaftsrechts enthaltenen Subventionstatbestände in Betracht. Zur Beantwortung der Frage, inwieweit durch Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles ermöglichte Billig-Importe mit Subventionsausgleichsmaßnahmen zu bekämpfen sind, muß geklärt werden, ob der Vorteil, den das "ausgenutzte" fremde Recht bietet, als Subvention angesehen werden kann. Hierzu ist zuerst eine genauere Untersuchung des in den einschlägigen Subventionsvorschriften verwandten Subventionsbegriffs und seines Allwendungsbereiches erforderlich.

a) Der Begriff der Subvention Anders als beim Dumping ist der Subventionsbegriff im internationalen Wirtschaftsrecht keinen schlagwortartigen Verfälschungen durch die Praxis ausgesetzt gewesen. 49 Trotzdem gibt es - zumindest im internationalen Wirtschaftsrecht - bis heute keine allgemein anerkannte Definition der 46 So auch Beseler, a.a.O., S. 61 ; Kruse, a.a.O., S . 549; Sohl, a.a.O., S. 146 ff. ; Widmer, a.a.O., S. 92 Fn. 10. 47 BGH GRUR 1980, 858. 48 Vgl. hierzu auch Gronych, Allokationseffekte und Außenhandelswirkungen der Umweltpolitik; H. Siebert, Umwelt und Außenhandel, in: H. Giersch I H .-D. Haas (Hrsg.), Probleme der weltwirtschaftliehen Arbeitsteilung; R. Buhne, Die internationale Wettbewerbswirksamkeit nationaler Umweltschutzmaßnahmen, Göttingen 1981. 49 Widmer, a.a .O., S. 105f.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Subvention. 50 In den meisten der internationalen Rechtsquellen spielt der Begriff Subvention, Beihilfe oder Prämie jedoch eine bedeutsame Rolle. aa) Der Subventionsbegriff im GATT Art. VI GATT spricht von "Prämien oder Subventionen, die im Ursprungs- oder Ausfuhrland mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, Gewinnung oder Ausfuhr einer Ware gewährt werden, einschließlich jeder besonderen, für die Beförderung einer Ware gewährten Subvention". Ebensowenig findet sich in Art. XVI GATT (Notifizierungspflicht) oder im Subventionscodex5 1 eine klare Begriffsbestimmung der Subvention. 52 bb) Der Subventionsbegriff im Europäischen Recht Art. 92 EWGV vermeidet den Begriff Subvention und spricht statt dessen von Beihilfen gleich welcher Art, die staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden und durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Der Wortlaut des Art. 3 der EGVO 3017/79 lehnt sich für die Subvention eng an den Art. VI des GATT an und trägt somit der in der Tokio-Runde vereinbarten Implementierung der GATT-Codices Rechnung. 53 Hiermit stimmt auch die EKGS-Empfehlung der Kommission Nr. 3018179 überein. cc) Der Subventionsbegriff- Zusammenfassung Aus dem Gebrauch des Subventionsbegriffs in den verschiedenen Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts lassen sich folgende Tatbestandsmerkmale der Subvention herauskristallisieren:54 - Eine Subvention setzt eine Zuwendung, Bevorteilung oder Vergünstigung voraus. Diese kann durch finanzielle Zuschüsse, Verlustübernahme, Freistellung von Abgaben oder ähnliche Maßnahmen erfolgen. - Die Zuwendung kann mittel- oder unmittelbar erfolgen. Mittelbar sind solche Zuwendungen, die dem zu begünstigenden Produktionszweig nur indirekt zugute kommen, indem z.B. die Nachfrage nach der betroffenen Ware gefördert wird. so Beseler, a.a.O., S. 75; Langen, Studien .. ., TZ 81. 51 52 53 54

Abgedruckt in: Deutsches Handelsarchiv 1980, Heft 1, S. 25ff. So auch Beseler, a.a.O., S. 75. Beseler, a.a.O., S. 75; Dielmann, AG 1980, 299, 304. Vgl. zum folgenden Beseler, a.a.O., S. 75.

II. Kostenorientierte Unterschiede und int. Rechtsbegriffe

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- Die Zuwendung muß staatlich oder aus staatlichen Mitteln erfolgen. Dieses in Art. 92 EWGV ausdrücklich genannte Tatbestandsmerkmal wird im europäischen Recht allgemein als wesentlich für das Vorliegen einer Subvention erachtet. 55 Da das amerikanische Recht hier anderer Auffassung ist, 56 wird dieses Merkmal vom GATT und damit auch von der Ratsverordnung 3017/79 und der Empfehlung 3018179 nicht ausdrücklich vorausgesetzt. Hier soll jedoch die Herkunft der Zuwendungen aus Mitteln der öffentlichen Hand als Tatbestandsmerkmal der Subvention beibehalten werden.S 7 - Die Zuwendung muß für die Ausfuhr, Herstellung, Erzeugung oder Beförderung einer bestimmten Ware gewährt werden. - Ob eine Wettbewerbsverfälschung Folge der Zuwendungen sein muß, ist nicht eindeutig geklärt. Während der Wortlaut des Art. 92 EWGV dies zu bejahen scheint, schweigen die anderen Rechtsquellen dazu. Beseler läßt diese Frage daJ:!er ausdrücklich offen. 58 In dem Bestreben, auch für die Beihilfe eine wertneutrale Definition zu finden, verzichtetWidmerauf dieses Merkmal.59 Dieser Ansicht wird hier gefolgt; die Wettbewerbsverfälschung gehört wie die Schädigung zu den weiteren Voraussetzungen, deren Vorliegen erst die Erhebung von Ausgleichszöllen erlaubt. Unter Berufung auf den Sinn des GATT, den freien Wettbewerb zu fördern, will Langen die Wettbewerbsverfälschung dagegen zum Tatbestandsmerkmal der Subvention erheben. 60 Diesem Sinn des GATT wird aber ebenso entsprochen, wenn die Verfälschung nur eine Voraussetzung für Abwehrmaßnahmen ist. Zusammenfassend soll dieser Untersuchung ein Subventionsbegriff zugrunde gelegt werden, wonach unter Subventionen solche staatlichen Zuwendungen zu verstehen sind, die mittelbar oder unmittelbar im Ausfuhr- oder Ursprungsland aus irgendeinem Rechtsgrund für die Erzeugung, Herstellung, Ausfuhr oder Beförderung einer Ware in der Absicht der Begünstigung gewährt werden. 61

55

BeseleT, a.a.O., S. 77.

ss Vgl. Trade Act 1975 und Trade Agreements Act 1979. 57 Ebenso: Langen, Studien . .. , TZ 86; Sohl, a.a.O. (Fn. 24), S. 147; WidmeT, a.a.O.,

s. 106.

BeseleT, a .a.O., S. 79. WidmeT, a.a.O., S. 106 Fn. 5. so Langen, Studien ... , TZ 87. 61 Ebenso: Sohl, a.a.O., S. 146f.; NerreteT, Import und Export, S. 53. 58

59

6 Mook

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

b) Die von den Subventionsvorschriften erfaßten Subventionsarten Da diese Definition staatliche Zuwendungen jeglicher Art erfaßt, muß andererseits der Anwendungsbereich der Subventionstatbestände auf Zuwendungen mit wettbewerbsverfälschender Wirkung beschränkt werden. Insoweit ist zwischen allgemeinen Beihilfen und direkten Exportsubventionen zu unterscheiden. 62 Unter allgemeinen Subventionen sind staatliche Beihilfen zu verstehen, die aus rational-wirtschaftlichen Gründen (z.B. Förderung wirtschaftlich schwacher Regionen; Förderung technischer Entwicklungen) unabhängig davon gegeben werden, ob das subventionierte Produkt für den Export bestimmt ist oder auf dem Binnenmarkt verbleibt. Während der GATT-Subventionskodex solche Beihilfen als durchaus wünschenswert anerkennt und in Art. 11 nur feststellt, daß sie durch die künstlich niedrig gehaltenen Preise zu schädlichen Auswirkungen auf die Handelspartner - wie sie auch durch die Ausnutzung von Rechtsunterschieden entstehen - führen können, 63 werden sie vom europäischen Subventionsrecht erfaßt. 64 Bei der direkten Exportsubvention handelt es sich dagegen um eine gezielte Unterstützung des Außenhandels, also um eine Beihilfe, die nur auf solche Waren gewährt wird, die zur Ausfuhr bestimmt sind. Regelmäßig rechtfertigen solche direkten Exportbeihilfen Abwehrmaßnahmen im Rahmen der Subventionstatbestände; ausnahmsweise sind sie jedoch erwünscht, wenn sie besondere, den Wettbewerb verfälschende Faktoren der Preiskalkulation- wie z.B. indirekte Verbrauchssteuern oder auf importierte Rohstoffe gezahlte Zölle - kompensieren. Solche kompensatorischen Exportsubventionen können schon auf Grund dieser Ausgleichsfunktion nicht zu ausnutzbaren Produktionskostenvorteilen führen.

c) Die Ausnutzung kostenbezogener Rechtsunterschiede und ihre Subsumtion unter den Subventionsbegriff Zur Beantwortung der Frage, ob die auf internationalen Rechtsunterschieden beruhenden Produktionskostenvorteile Subventionen i. S. d. dargelegten Tatbestandsvoraussetzungen der Subventionsvorschriften darstellen, kann hier nur auf den Begriff der allgemeinen Beihilfen abgestellt werden; reine Ausfuhrprämien- deren Sinn es ist, die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Industrie im Ausland zu fördern - können in der Praxis nur in Form von gezielten Förderungsmaßnahmen gewährt werden; ein ausnutz62

Vgl. hierzu Widmer, a.a.O., S . 107f.; Sohl, a .a.O., S. 147.

sa Vgl. Kruse, Außenwirtschaft, S. 435. 64 Art. 3 I VO Nr. 3017179 und Empf. Nr. 3018179 EKGS.

II. Kostenorientierte Unterschiede und int. Rechtsbegriffe

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bares, allgemeines Rechtsgefälle zwischen exportierendem und importierendem Staat kann hierdurch nicht entstehen. Die eigentliche Frage ist, ob der durch das Rechtsgefälle entstandene Vorteil den Charakter einer Zuwendung, wie sie der Subventionsbegriff voraussetzt, erfüllt. Wesentlich für den Zuwendungsbegriff der Subvention ist das Vorliegen einer staatlichen Gewährung, die für den konkreten Empfänger einen wirtschaftlichen Wert hat.ss Es kann sich hierbei um eine finanzielle Zahlung oder Erleichterung, um einen Erlaß o. ä. handeln66 -auf jeden Fall aber muß die Gewährung selbst unmittelbar einen Vorteil für das Vermögen des Empfängers bieten. 67 Gerade dies aber ist bei den Vorteilen eines Rechtsgefälles nicht der Fall. Vielmehr wird hier durch das Recht eine Situation geschaffen, die sich nur indirekt in wirtschaftlichen Vorteilen auswirkt. Es fehlt damit an dem Merkmal eines unmittelbaren Vermögensvorteils, wie ihn der Subventionsbegriff erfordert. Dementsprechend verlangt Stern eine " ... besondere, aufgrund der finanziellen Zuwendung geschaffene Rechtsbeziehung zwischen dem Subventionsempfänger und der Subventionsverwaltung ... ". In dem " ... unmittelbaren Anwendungsfall eines gesetzlichen Tatbestandes ... " ist daher keine Subvention zu sehen. ss Für den Spezialfall eines schwach ausgebildeten Umweltschutzrechts verneint auch v. Wallenberg den Charakter einer Beihilfe i. S. d. Art. 92 EWGV. 69 Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß den betroffenen Unternehmen mangels einer bestehenden Belastung durch ein mildes Umweltrecht auch keine Befreiung erteilt werden kann.7o Dies soll nach v. Wallenberg auch dann zutreffen, wenn sich ein Staat grundsätzlich für die Geltung des Verursacherprinzips entschieden hat. Dieser Argumentation liegt wohl die auch hier vertretene Ansicht zugrunde, nach der es bei der Ausnutzung günstiger Produktionsvorschriften am Merkmal einer unmittelbar vermögenswerten Zuwendung fehlt. 65 Bleckmann, Subventionsrecht, 1978, S. 12ff.; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1980, Rdn. 1169; OVG Berlin NJW 1975, 1938. 66 Ob unter Subventionen nur solche öffentlichen Leistungen zu verstehen sind, die die Ausgabenseite des Etats betreffen, oder ob auch der Verzicht auf Einnahmen als Subventionen anzusehen ist, war für das nationale Recht früher umstritten, Welter, Subventionen als Rechtsbegriff, in: BB 1962, 493. An dem Erfordernis, daß eine geldwerte finanzielle Sonderunterstützung vorliegen mußte, änderte dies jedoch nichts, Welter, a.a.O., S. 494f. 67 So schon für das nationale Recht OVG des Saarlandes DÖV 1959, 707; Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, in: DVB11956, 461, 462; Stern, Rechtsfragen der öffentlichen Subventionierung Privater, in: JZ 1960, 518, 521. 68 Stern, a.a.O., S. 521. 69 v . Wallenberg, Umweltschutz und Wettbewerb, München 1980, S . 87 bei Fn. 3. 70 Die Befreiung von einer bestehenden Belastung wird ebenfalls als wesentliches Merkmal für eine Umweltschutzsubvention angesehen von Behrens, Umweltschutzsubventionen, Verursacherprinzip und Europäisches Gemeinschaftsrecht, in: EuR 1977, 240, 243f.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Unter dem Primat des Verursacherprinzips hält allerdings Strauch auch ein anderes Ergebnis für vertretbar. In dem Verzicht des Staates, soziale Kosten, die durch Umweltbelastungen entstehen, beim Verursacher geltend zu machen, sieht er bereits eine Beihilfe.n

Strauch übersieht hierbei, daß diese Überlegung von der allgemeinen Anerkennung und Geltung eines absoluten Verursacherprinzips- und einer damit für alle Unternehmen bestehenden Belastung - ausgeht. Eine solche gibt es jedoch nicht. Der Gedanke des Verursacherprinzips bedarf vielmehr der ausprägenden Gestaltung und Konkretisierung durch den jeweiligen Gesetzgeber. Er entscheidet; in welchem Umfang er Umweltbelastungen und die damit verbundenen Kosten dem Verursacherauferlegen will. In der Entscheidung für eine relativ schwache Ausprägung des Verursacherprinzips kann dann aber keine vermögenswerte Zuwendung im Sinne einer Beihilfe gesehen werden; vielmehr handelt es sich um die umweltpolitische Grundentscheidung eines souveränen nationalen Gesetzgebers. Eine andere Beurteilung wäre u. U. in den Fällen eines Dispens von bestehenden Umweltschutzvorschriften denkbar.72 Allerdings erscheint auch hier Skepsis angebracht, da i. d. R. die Voraussetzungen für die Dispenserteilung gesetzlich festgelegt sein werden und somit Bestandteil der vom Gesetzgeber gewählten Ausgestaltung des Verursacherprinzips sind. Ausführlicher braucht hier auf dieses Problem jedoch nicht eingegangen zu werden, da es sich bei einem Dispens immer um die Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall handelt. Bei der Problematik der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede spielen solche Ausnahmen aber keine wesentliche Rolle. Unter dem Tatbestand der Wettbewerbsverfälschung durch Subventionen ist die Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles also nicht zu erfassen. Dabei darf freilich auch hier, wie beim Dumping, nicht verkannt werden, daß der wettbewerbsverfälschende Effekt der Subventionierung dem Effekt der Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles ähnlich sein kann. Bevor jedoch der Weg zu einer wettbewerbsrechtlichen Betrachtung dieser Auswirkungen offen ist, sind auch die übrigen Steuerungsinstrumente des internationalen Wirtschaftsrechts bezüglich der vorliegenden Problematik auf ihren Regelungsgehalt hin zu untersuchen.

71 V. Strauch, Nationale Umweltschutzsubventionen als wettbewerbspolitische Störpotentiale, in: H. Gutzler (Hrsg.), Umweltpolitik und Wettbewerb, Baden-Baden 1981, s. 125, 130. 72 Vgl. Strauch, a.a.O.

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3. Der Tatbestand der Marktstörung

Neben Dumping und Subvention hat sich im internationalen Wirtschaftsrecht eine weitere Kategorie von den Wettbewerb beeinflussenden Tatbeständen herausgebildet. In der Literatur findet sich dafür der Begriff Marktstörung oder Marktzerrüttung. 73 Hiermit werden all die Erscheinungsformen bezeichnet, die eine unerwünschte Marktbeeinflussung bewirken, ohne Dumping oder Subvention zu sein. 74 Aufgrund seines umfassenden Charakters ist der Begriff der Marktstörung bis heute sehr unklar geblieben. 75 In einem Bericht und Beschluß des GATT,76 der sich mit dem Problem der Marktstörung auseinandersetzt, werden folgende vier Merkmale als für eine Marktstörung wesentlich bezeichnet: (a) Eine scharfe, wesentliche und bedeutende Erhöhung oder mögliche Erhöhung der Importe für bestimmte Produkte aus bestimmter Herkunft; (b) Angebotspreise für diese Produkte, die erheblich unter den überwiegenden Preisen für vergleichbare Produkte am Markt des einführenden Landes liegen; (c) Erwiesener oder drohender erheblicher Schaden für die einheimische Produktion; (d) Die unter (b) erwähnten Preisunterschiede dürfen nicht von einer staatlichen Intervention herrühren, die Festsetzung oder Bildung von Preisen oder Dumpingpraktiken betrifft. Ohne den Tatbestand der Marktstörung abschließend zu umschreiben, 77 geben diese Merkmale doch ein Gerüst, in welches einzelne Erscheinungsformen von Billig-Importen und deren Wirkung eingeordnet werden können. Eine nähere Betrachtung dieser vier Kriterien ergibt jedoch eine Unklarheit, wie sie ähnlich schon beim Dumping aufgetreten ist. 78 Für eine wertneutrale Begriffsdefinition nämlich wären an sich schon die Merkmale (b) und (d) ausreichend; insoweit wird in (b) das Phänomen des niedrigen Angebotspreises der importierten Ware beschrieben, während in (d) die Abgren73 Langen, Studien ... , TZ 49ff. (S. 53ff.); vgl. auch Gröner, Wandlungen in der Handelspolitik, in: Gröner I Schüller (Hrsg.), Internationale Wirtschaftsordnung, s. 35ff. 74 Ehle, Schutzklauseln der EWG-Marktordnungsgesetze, in: AWD 1964, 311. 7 ~ So auch Langen, a.a.O., TZ 49. 76 BISD 8. Suppl., S. 22, 9. Suppl., S. 26 u. 106ff.; The Activities of GATT 1960/61,

s. 2~ff. 77 78

Vgl. Langen, Studien ... , TZ 55 (S. 61). Vgl. nur oben bei Fn. 27 - 29; hierzu auch Gröner, a .a .O., S. 37 m. w. N.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

zung zum Dumping und zur Subvention, d. h. zu zwei Tatbeständen, die gleiche Phänomene als Folge haben können, stattfindet. Mit der Marktstörung ist eine Erscheinung als eigenständiger wirtschaftlicher Tatbestand definiert, die daneben auch als Folgewirkung anderer Tatbestände auftreten kann. Die Merkmale (a) und (c) haben daneben keine eigentlich definierende Wirkung mehr; sie treffen vielmehr quantitative Aussagen, indem sie regeln, wann die Störung genügend wirtschaftliche Relevanz hat, um rechtliche Reaktionen erforderlich zu machen. Der objektive Tatbestand der Marktstörung ist daher allein durch die unter (b) und (d) aufgeführten Kriterien umschrieben. So wird ein geschlossenes System an wertneutralen Tatbeständen für internationale Marktstörungen im weiteren Sinne erreicht, das sich in Dumping, Subvention und Marktstörung im engeren Sinne untergliedert. 79 Hierin obliegt dem Subventionstatbestand die Kontrolle der den Exportpreis bildenden Faktoren, während das Dumping die Gestaltung des Ausfuhrpreises selbst betrifft. Der Tatbestand der Marktstörung im engeren Sinn dagegen betrifft den Angebotspreis im Einfuhrland; seine Kontrollfunktion kann daher erst einsetzen, wenn die Ware im Importland auf den Markt gelangt ist - sie folgt damit der Dumping- und Subventionskontrolle zeitlich nach und ist diesen gegenüber subsidiär. Für die Marktstörung im engeren Sinne sind demnach wesentlich: - Angebotspreise für Importwaren, die unter den Preisen vergleichbarer Waren auf dem Markt des Importlandes liegen, - diese Niedrigpreise dürfen nicht auf Dumping oder Subvention beruhen. Die Folgen einer wettbewerbliehen Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede- und damit auch die bisher als "Sozial"- oder "Pseudo-Dumping" bezeichneten Tatbestände der Billig-Einfuhren- stellen danach solche Marktstörungen im engeren Sinne dar. so Wirksame Schutzmaßnahmen hiergegen müssen auf die Angleichung der Angebotspreise der Importware an das Preisniveau der im Inland hergestellten Güter oder auf eine Reduzierung solcher Niedrigpreiseinfuhren gerichtet sein. Hierfür ist ein Ausnutzungstatbestand des nationalen Wettbewerbsrechts als Grundlage nur erforderlich, wenn die im internationalen Wirtschaftsrecht de lege lata vorhandenen Möglichkeiten zur Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nicht ausreichen oder ungeeignet sind. 79 So auch Ehle, AWD 1964, 311; unklar Langen, Studien ... , wenn er einmal zwischen Dumping, Subvention und Marktstörung unterscheidet, TZ 49 (S. 53), und ein anderes Mal Dumping und Subvention als grobe Fälle einer Marktstörung bezeichnet, TZ 56 (S. 61). so Vgl. Langen, Studien . . ., TZ 49.

111. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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m. Die einzelnen Möglichkeiten zur Abwehr von ausnutzungsbedingten Marktstörungen nach internationalem Wirtschaftsrecht Da produktionskostenbezogene internationale Rechtsunterschiede für den nationalen Wettbewerb in relevanter Weise nur ausgenutzt werden können, wenn sich die entsprechenden Vorteile auf den Binnenmarkt übertragen lassen- und dies geschieht auf dem Wege der Wareneinfuhr-kann hier eine Abwehr durch solche Grenzmaßnahmen erfolgen, die diesen "Vorteilstransfer" verhindern oder wenigstens abmildern. Neben einem totalen Einfuhrverbot kommen hier in erster Linie Zölle und mengenmäßige Kontingente in Betracht. Solche Maßnahmen laufen allerdings den grundsätzlichen Bestrebungen im Hinblick auf eine Liberalisierung des Welthandels zuwider. Anhand der Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts ist daher ihre Zulässigkeit zu untersuchen. 1. Verhinderung des "Vorteilstransfers" durch Ausgleichszölle

Soweit sich der unter einer fremden Rechtsordnung gewonnene Vorteil in günstigen Produktionskosten auswirkt, kann das Durchschlagen dieses Vorteils auf den Binnenwettbewerb durch die Erhebung von Schutzzöllen verhindert werden. Dabei kann der Zollsatz so bemessen werden, daß der gewonnene Kostenvorteil wieder ausgeglichen wird; er kann aber auch über oder unter diesem Ausgleichswert liegen und hätte dann Wirkungen, die der Aufgabe, die durch Rechtsunterschiede gewonnenen Vorteile auszugleichen, nicht mehr entsprächen. Neben Kostenvorteilen können auch durch Produktionsvorschriften bedingte Qualitätsvorteile am Wege der Zollerhebung ausgeglichen werden, da im Anbieterwettbewerb die Parameter Preis und Qualität in einer Wechselwirkung zueinander stehen.

a) Das Zollsystem des GATT Als Mitglied des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT)81 ist auch die Bundesrepublik im Rahmen des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) nach Art. 113 EWGV82 nicht frei in der Festsetzung solcher Zölle. Vielmehr unterliegen auch solche Zölle, die dem Ausgleich internationaler Rechtsunterschiede dienen, dem Erfordernis der GATT-Konformität. 81 Die Bundesrepublik trat dem GATT mit Wirkung vom 1. 10. 1951 bei, BGBl. 1951 II, 173ff. 82 Zur Funktion des GZT vgl. nur Nicolaysen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 101ff. m.w.N.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Mit dem Ziel, sämtliche Handelsschranken zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen,83 sind im Rahmen des GAIT Verhandlungsrunden durchgeführt worden. Das GAIT geht dabei davon aus, daß der Schutz heimischer Industrien ausschließlich durch Zölle erfolgen soll. 84 Um diese Zölle möglichst niedrig zu halten, waren hauptsächlich Zollsenkungen Gegenstand der GAIT-Verhandlungen.a5 Die Basis für das Zollsystem des GAIT bildet der Grundsatz der unbedingten Meistbegünstigung nach Art. I 1 GAIT. Danach ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet, alle Vorteile und Vergünstigungen, die er Waren aus einem Staat gewährt, 86 sofort und bedingungslos auch allen anderen Vertragsstaaten einzuräumen. Demnach ist es den Mitgliedstaaten verboten, die Waren anderer Vertragsparteien bei der Einfuhr diskriminierend zu behandeln. Die Gleichbehandlung von importierter Ware und im Inland hergestellter Ware wird durch die Meistbegünstigungsklausel jedoch nicht gewährleistet. Einschlägig ist hier der Art. III des GATT. Zollsätze aber sind im Rahmen des GAIT kein geeignetes Mittel, die wettbewerbliehen Folgen internationaler Rechtsunterschiede abzuwehren; zum einen sind die Zölle in den Zollisten gebunden, zum anderen verbietet das Meistbegünstigungsprinzip den gezielten Einsatz der Zölle gegen das Land, zu dem der Rechtsunterschied besteht. b) Außenzölle in der EG

Da es sich bei der Gemeinschaft nicht nur um eine Freihandelszone, sondern um einen Gemeinsamen Markt und damit um eine Zollunion handelt, 87 waren spätestens mit Ende der Übergangszeit die nationalen Zölle auch gegenüber Drittländern zugunsten eines gemeinsamen Außenzolltarifs aufzugeben (Art. 9 I EWGV). Dies ist auch geschehen88 und der GZT wurde Köpernik, Internationale Wirtschaftsorganisationen, JuS 1976, 779, 782. Ebd.; Dam, The GATT Law and International Economic Organization, Chicago 1970, s. 19. 85 Seit der Tokio-Runde sind Verschiebungen der Verhandlungsschwerpunkte eingetreten. 86 Der zuerst begünstigte Staat braucht nicht Mitglied des GATT zu sein, vgl. Jackson, World Trade and the Law of GATT, Indianapolis- Kansas-City- New York 1969, S. 257f.; Jaenicke, Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, in: Arch. d. VR 7 (1958/59), 371, 380; Bratschi, Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT), Zürich 1973, S . 23; zumindest unklar insoweit Liebich, Das GATT als Zentrum der internationalen Handelspolitik, Baden-Baden 1971, S. 20, wenn er ausführt, Art. I 1 verpflichte " . . . die Vertragsstaaten, alle Vorteile . .. , die für Waren einer Vertragspartei gewährt werden, . . . für alle gleichartigen Waren zu gewähren, die aus dem Gebiet anderer Vertragsparteien stammen". 87 Dies betont noch einmal lpsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Tübingen 1972, s. 569. 83

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III. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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durch die- inzwischen vielfach geänderte- Verordnung Nr. 950/68 vom 28. 6. 1968 (ABI EG L 172) eingeführt. Zollpolitik wird damit nicht mehr von den Mitgliedstaaten, sondern von den Gemeinschaftsorganen betrieben. Zwar ist die EWG selbst nicht Mitglied des GATT, jedoch haben alle Mitgliedstaaten das GATT unterzeichnet. Nach Art. 116 EWGV nimmt die Gemeinschaft somit die Rechte und Pflichten der Einzelstaaten gegenüber dem GATT wahr.s9 Konkrete Vorschriften, z.B. über die Höhe des GZT, enthält der EWGVmit Ausnahme der Vorschriften zur Vereinheitlichung des Zollrechts nicht. Der GZT kann insoweit frei festgesetzt werden.9o Rechtsunterschiede innerhalb der EG-Staaten können daher durch Zölle nicht ausgeglichen werden; Unterschiede zwischen EG-Staaten und Mitgliedsländerndes GATT sind zollmäßigen Gegenmaßnahmen nur im Rahmen der GATT-Bestimmungen zugänglich. Nur gegenüber den wenigen dann noch verbleibenden Staaten können Zölle - soweit keine besonderen Handelsverträge entgegenstehen - als Ausgleichsmaßnahmen eingesetzt werden. Aber auch soweit dieses möglich ist, können Zölle als traditionelles Instrument zur Steuerung des zwischenstaatlichen Handels gegen eine punktuelle Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede durch Einzelne nur in beschränktem Maße und - da sie gesamtwirtschaftlich wirken - auch kaum sachgerecht eingesetzt werden. Die wettbewerbliehen Folgen solcher Ausnutzungshandlungen betreffen weniger die Frage der Marktzugänglichkeit als diejenige nach dem auf einem nationalen Markt erlaubten Verhalten. Hierüber aber entscheidet grundsätzlich das nationale Wettbewerbsrecht; dessen Anwendbarkeit ist damit durch die eingeschränkte Möglichkeit der zollrechtliehen Regelung der Problematik nicht ausgeschlossen. 2. Milderung der wettbewerbliehen Folgen interuationaler Rechtsunterschiede durch mengenmäßige Beschränkungen (Kontingente)

Während Zölle den "Transfer" eines Produktionskostenvorteils auf den Binnenmarkt verhindern können, ist ein solcher Abwehreffekt durch mengenmäßige Beschränkungen nicht zu erreichen. Kontingente bewirken jedoch auf dem Wege einer mengenmäßigen Reduktion der Einfuhren eine 88 Den Anforderungen des Art. XXIV GATI' wurde Genüge getan, indem das arithmetische Mittel aus den Zollsätzen der Einzelstaaten als Grundlage des GZT herangezogen wurde (Art. 18ff. EWGV), vgl. Ipsen, a.a.O., S. 577; zu den in diesem Zusammenhang aufgetretenen Problemen vgl. Jaenicke, a.a.O., S. 401 ff. 89 Zum Verhältnis der EWG zum GATI' vgl. auch Jaeger, GATI', EWG und EFTA. Die Vereinbarkeit von EWG- und EFTA-Recht mit dem GATI-Statut, 1970. 90 Zu Auslegungsfragen siehe grundsätzlich Kalbe, Grundsatzfragen zur Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs, in: AWD 1971, 374.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Abmilderung der unerwünschten Wettbewerbseffekte und gehören insoweit zu den traditionellen Mitteln einer protektionistischen Außenhandelspolitik. 91 Bei entsprechend geringen Kontingenten verblaßt die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede damit zu gesamtwirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit. a) Die Zulässigkeit mengenmäßiger Beschränkungen nach dem GATT9 2 Nach den Prinzipien des GAIT soll die staatliche Lenkung des Außenhandels grundsätzlich nur durch fiskalische Maßnahmen erfolgen.93 Mengenmäßige Beschränkungen sind für Waren aus anderen Vertragsparteien deshalb in Art. XI 1 GATT ausdrücklich untersagt.9'1 Soweit Art. XI 2 GAIT Ausnahmen von diesem Verbot zuläßt, beziehen sich diese entweder auf landwirtschaftliche Erzeugnisse oder sie dienen der Anwendung und Durchsetzung inländischer Normen über Qualitätsbezeichnungen oder ähnlichem.95 Quantitative Einfuhrrestriktionen zur Milderung der durch Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede entstandenen Wettbewerbseffekte werden von diesen Ausnahmen nicht erfaßt. Sie bleiben damit grundsätzlich verboten und dürfen zum Schutz des Binnenwettbewerbs nicht ergriffen werden. b) Die Zulässigkeit mengenmäßiger Beschränkungen nach EG-Recht Auch innerhalb der Mitgliedstaaten der EG sind mengenmäßige Beschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung nach den Art. 30ff. EWGV verboten. 96 Die Ausnahmen des Art. 36 sind für die vorliegende Problematik nicht relevant. Drittstaaten gegenüber ist die EG im Rahmen ihrer gemeinsamen Handelspolitik wiederum an die Bestimmungen des GATT gebunden. 97 Insoweit Vgl. Köpemik, JuS 1977, 11. Ausführlich Jackson, a.a.O., S. 305. 93 Jaenicke, a.a.O., S. 383. 94 Ob sich aus Art. XI 1 GATI' auch ein Verbot anderer nicht-tarifärer Handelshemmnisse ableiten läßt, ist umstritten; bejahend Bratschi, a.a.O., S. 48; ablehnend Dam, a.a.O., S. 151. 95 Siehe Jackson, a.a.O., S. 314ff. 96 Vgl. allgemein Nicolaysen, a.a.O., S. 94ff. mit zahlreichen Nachweisen. Zu den Maßnahmen gleicher Wirkung siehe nur Veelken, Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen, in: EuR 1977, 311. 97 Winkel, Die Grundsätze des freien Warenverkehrs im Verhältnis zu Drittländern, in: NJW 1977, 1992, 1993. Zu den in diesem Zusammenhang aufgetretenen Problemen siehe Jaenicke, a.a.O., S. 405ff. 91

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III. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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geht das gemeinsame Außenwirtschaftsrecht in seiner die Einfuhr aus westlichen Ländern betreffenden Verordnung Nr. 926179 vom 8. 5. 1979 (ABI EG L 131/15 v. 29. 5. 1979) grundsätzlich von einem sehr hohen Liberalisierungsgrad und damit von einer mengenmäßig nicht beschränkten Wareneinfuhr aus. 98 Quantitative Restriktionen als Abwehrmaßnahmen gegen die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede finden daher auch im EGRecht grundsätzlich keine rechtliche Basis. 3. Ausnahmeregelungen

Nach dem bisher Gesagten kommen Zölle und mengenmäßige Beschränkungen als Schutzmaßnahmen gegen die unerwünschten wettbewerbsmäßigen Auswirkungen internationaler Rechtsunterschiede auf Grund der Bestimmungen des GATT und des EG-Rechts zumindest gegenüber den Mitgliedsländerndieser Verträge grundsätzlich nicht in Betracht. Abweichungen hiervon könnten sich jedoch ergeben, sofern die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede die Voraussetzungen von Schutzklauseln oder Ausnahmetatbeständen erfüllen. Dies soll im folgenden untersucht werden. a) Die "escape clause" des Art. XIX GATT99 Nach Art. XIX können Verpflichtungen und Zugeständnisse einer Vertragspartei zurückgenommen werden, wenn Waren in das Gebiet dieses Staates unter solchen Voraussetzungen eingeführt werden, daß dadurch den inländischen Herstellern gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Waren ein ernsthafter Schaden entsteht oder droht.too aa) Subsumtion Im einzelnen sind die Voraussetzungen, unter denen eine Notstandsmaßnahme nach Art. XIX GATT getroffen werden kann, vielfältig und zum Teil umstritten. Ob der Art. XIX tatsächlich zulässige und sinnvolle Gegenmaßnahmen gegen die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede ermög98 Zum alten Gemeinsamen Außenwirtschaftsrecht ebenso Kuschel, Das Außenwirtschaftsrecht der EWG, Fachkommentar für die Praxis, Köln 1971, S. 10f.; Schmidt, Das neue Einfuhrkapitel des gemeinschaftlichen Außenwirtschaftsrechts der EG, in: ZHR 1975, 105, 108; Winkel, a.a.O.; eingeschränkt ist dieser Grundsatz nur gegenüber den Staatshandelsländern. 99 Das GATI enthält hierüber hinaus noch weitere - hier nicht einschlägige Schutzklauseln. 1oo Während Art. XIX früher von relativ geringer Bedeutung war, vgl. Dam, a.a.O., S. 99 und Jaenicke, Arch. d. VR 7 (1958/59), 371, 382, sind die Fälle seiner Anwendung in letzter Zeit erheblich gestiegen, vgl. Merciai, Safeguard Measures in GATT, in: JWTL 15 (1981), 47.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

licht, ist daher genauer zu untersuchen. So bindet der hier einschlägige Art. XIX 1 a Schutzmaßnahmen an folgende Voraussetzungen: tot (1) Importe in erhöhten Mengen und unter besonderen Bedingungen

(2) Diese Importzunahme muß die Folge sein von

- unvorhergesehenen Entwicklungen - und eingegangenen GATT-Verpflichtungen. Diese beiden Ursachen müssen kumulativ vorliegen.

(3) Auf Grund der Importzunahme muß inländischen Erzeugern ein erheb-

licher Schaden zugefügt werden oder drohen.

Ob die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede regelmäßig zu einer spürbaren Zunahme der Importmenge führt, erscheint bereits ungewiß. So sind durchaus Fälle denkbar, in denen sich auf Grund eines entstandenen Rechtsunterschiedes nur die Bedingungen der Einfuhr verändern. Solche geänderten Bedingungen- das GATT versteht hierunter z.B. den Preis oder die Qualität einer Ware102 - sind allerdings regelmäßig die Folge von Rechtsunterschieden. Sofern diese Folge im Binnenwettbewerb Relevanz für einen ganzen Wirtschaftszweig hat- und nur auf solche Fälle ist Art. XIX anwendbar - ist aber auf lange Sicht zumindest eine relative Zunahme der Importmenge nicht auszuschließen. Ein erheblicher Schaden für einen ganzen Wirtschaftszweig ist anders nicht denkbar. Da eine solche relative Zunahme der Importe, d. h . eine Erhöhung des Anteils der Importwaren am Gesamtverbrauch, aber für die Anwendung des Art. XIX ausrei• chend ist, 103 kann die unter (1) angeführte Voraussetzung des Art. XIX in den Fällen der Ausnutzung von Rechtsunterschieden durchaus erfüllt sein. Darüber hinaus müssen die Erhöhung der Importmenge und die besonderen Importbedingungen sowohl von einer unvorhergesehenen Entwicklung als auch von eingegangenen GATT-Verpflichtungen verursacht sein. Diese beiden Ursachen müssen zwar kumulativ erfüllt sein; sie stehen jedoch selbst in keinem Ursächlichkeitsverhältnis zueinander.l04 Vgl. Bratschi, a.a.O., S. 76; Jackson, a.a.O., S. 557. Dam, a.a.O., S. 102; Köpemik, JuS 1977, 14; a.A. wohl Merciai, a .a.O., S. 44, wenn er betont, daß Art. XIX keinen Preisunterschied zwischen Import- und Inlandsware fordert. Es ist dann allerdings unklar, welche Bedeutung dem Merkmal " ... under such conditions ... " in Art. XIX zukommt. 103 Jackson, a.a.O., S. 557ff. m. w.N., der dies jedoch nicht zu Unrecht als gefährliches Protektionsinstrument bezeichnet; Dam, a.a.O., S. 102. Ob dies auch gilt, wenn die Importzunahme durch steigenden Verbrauch abgedeckt wird und die inländische Produktion unberührt bleibt, erscheint jedoch fraglich. In diesen Fällen wird allerdings regelmäßig ein Schaden entfallen. 104 Auch nach dem englischen Originaltext müssen sich die Importerhöhungen darstellen als " .. . a result of unforeseen developments and of the effect of the obligations incurred by the contracting party . .. " (Hervorhebung vom Verf.); ebenso Jackson, a .a.O., S . 557; Dam, a .a.O., S. 101; anders wohl Bratschi, a.a.O., S. 76, wenn er von der "unvorhergesehene(n) Folge einer eingegangenen GATT-Verpflichtung ... " spricht. 101

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Ill. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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Internationale Rechtsunterschiede können nur dann eine unvorhergesehene Entwicklung i. S. d. Art. XIX darstellen, wenn sie zeitlich nach der Übernahme der GATT-Verpflichtung entstanden sind. 105 Angesichts der Tatsache, daß sich erst in letzter Zeit die Anforderungen auf den Gebieten des Umwelt- und Arbeitsschutzrechts verschärft haben und damit auch die relevanten Rechtsunterschiede jüngeren Datums sind, dürfte dieses Erfordernis der zeitlichen Reihenfolge zumindest in vielen Fällen wohl erfüllt sein. Ob die Entwicklung solcher Rechtsunterschiede allerdings als unvorhergesehen bezeichnet werden kann, erscheint schon zweifelhaft. Tatsächlich wird man davon ausgehen müssen, daß eine ungleichmäßige Entwicklung auf den Gebieten des Sozial-, Umwelt- und Arbeitsschutzrechts gerade im Verhältnis zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern den natürlichen Gegebenheiten entspricht und insoweit auch vorhersehbar gewesen ist. 106 Allerdings haben die GATT-Parteien festgestellt, 107 daß eine unvorhergesehene Entwicklung i. S. d. Art. XIX auch dann vorliegt, wenn zwar die Entwicklung selbst, jedoch nicht ihr Ausmaß und ihre Stärke vorhergesehen werden konnten.1oa Daß sich Rechtsunterschiede aber in graduell nicht vorhersehbarem Maße entwickelt haben, mag sich durchaus in dem einen oder anderen Fall begründen lassen.lo9 Auch kann in den Fällen internationaler Rechtsunterschiede das von Art. XIX geforderte Kausalverhältnis zwischen einer Erhöhung der Importmenge und einer eingegangenen GATT-Verpflichtung gegeben sein, da insoweit der Wegfall früherer Handelsschranken oder die Schwierigkeit, solche unter der Geltung der GATT-Vorschriften zu errichten, ausreicht.1 10 Das Erfordernis eines drohenden oder tatsächlichen erheblichen Schadens inländischer Produzenten kann- auch wenn Abgrenzung und Nachweis im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten111 - in den Fällen internationalen Rechtsgefälles im Prinzip erfüllt sein. Zu beachten ist hier allerdings, daß Art. XIX - anders als z. B. Art. VII - einen Tatbestand mit 1os Dies wurde bereitsanläßlich eines der ersten Fälle zu Art. XIX ("Hatters' Fur Case") von den GATT-Mitgliedern festgestellt. Siehe Report on the Withdrawal by the United States of a Tariff Concession Under Art. XIX of the GATT, Genf November 1951 (Sales-No. 1951-3), dort S. 10. 106 Z.B. wäre das beschleunigte Voranschreiten der Rechtsentwicklung auf diesen Gebieten in den Industriestaaten für diese ein Hinweis gewesen. 107 Siehe Report on the Withdrawal ... (oben Fn. 105) S. 12. 10a Vgl. auch Jackson, a.a.O., S. 560f.; sowie Dam, a.a.O., S. 101f. 109 Auf die Frage, ob die Erhöhung der Importmenge selbst eine unvorhergesehene Entwicklung darstellen kann, soll daher nicht näher eingegangen werden. Im Ergebnis ist eine solch weite Interpretation wohl abzulehnen, vgl. Jackson, a .a .O., S. 561. uo Jackson, a .a.O., S. 559 f. m Jackson, a.a.O., S. 561. Die Praxis hilft sich hier durch eine entsprechende Beweislastverteilung, vgl. Dam, a.a.O., S. 102f.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

nur sektoraler Schutzwirkung darstellt, d. h. er kommt zur Anwendung, wenn einzelnen Wirtschaftszweigen ein Schaden droht.ll2 Werden durch die Ausnutzung von Rechtsunterschieden dagegen nur einzelne Unternehmen gefährdet, kann Art. XIX GATT keine Anwendung finden. Dies widerspräche auch dem Sinn der "escape clause", die nur für einen erforderlichen Anpassungszeitraum Schutz gewähren soll.m Festzuhalten ist also, daß in den Fällen, in denen internationale Rechtsunterschiede zu einer Benachteiligung ganzer Branchen im Binnenwettbewerb führen, prinzipiell die Voraussetzungen der "escape clause" des GATT erfüllt sein können. bb) Die Maßnahmen unter Art. XIX GATT Auch wenn Art. XIX unter bestimmten Umständen auf die Ausnutzung von Rechtsunterschieden Anwendung finden kann, fragt es sich, ob die Maßnahmen, die unter der "escape clause" ergriffen werden können, in diesen Fällen sinnvoll sind. Unter Art. XIX können Zollzugeständnisse zurückgenommen oder mengenmäßige Beschränkungen eingeführt werden. 114 Daß dies grundsätzlich geeignete Abwehrmaßnahmen sein können, wurde dargelegt. Unter Art. XIX ergibt sich allerdings die Besonderheit, daß die Schutzmaßnahmen selbst dem Meistbegünstigungsgebot und dem Diskriminierungsverbot unterliegen.u s Dies folgt u.a. auch aus dem dem Art. XIX zugrundeliegenden Art. 40 der Havanna-Charta, dessen insoweit eindeutiger Gehalt im GATT beibehalten worden ist. 11 6 Die ergriffene Schutzmaßnahme muß demnach gleichmäßig gegen alle Handelspartner eingesetzt werden.ll 7 Da es gerade in den Fällen internationaler Rechtsunterschiede nicht so sehr die Mengen der Importware an sich, sondern vielmehr die Folgen der So Merciai, a.a.O., S. 41. Merciai, a.a.O., S. 41; Krämer, Schutz heimischer Industrie im internationalen Wettbewerb, in: EA 1975, 419, 420ff., 422ff. 114 Köpernik, JuS 1977, 14. 115 H.M., vgl. Jackson, a.a.O., S . 564f.; Dam, a.a.O., S. 105; Bratschi, a.a.O., S. 156; Merciai, a.a.O., S. 45; siehe in diesem Zusammenhang auch das zur ähnlichen Problematik bei Art. XXVIII GATT ergangene Urteil des US Court of Customs and Patent Appeals vom 22. 6. 1972 US v. Star Industries, Inc. (in Auszügen übersetzt in AWD 1973,43 m. Anm. Ullrich). 118 Dam, a.a.O., S. 105. m Das Verbot der selektiven Anwendung der Schutzmaßnahmen ist allerdings in die Diskussion geraten, vgl. Merciai, a.a.O., S. 47 u. 51 f .; N. N., Der Stand der GATTHandelsverhandlungen, in: ZfZVSt 1976, 9, 13; Tumlir, A Revised Safeguard Clause for GATT, in: JWTL 7 (1973), 404, 408ff. ; Bratschi, GATT: Targets for Reform, in: JWTL 7 (1973), 393, 397; Sarna, Safeguar ds against Market Disruption- The Canadian View, in: JWTL 10 (1976), 355, 357; vgl. auch die ablehnende Anmerkung von Ullrich zu dem Urteil des US-Court of Customs, AWD 1973, 44. 112 113

111. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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durch das unterschiedliche Recht gesetzten Produktionsbedingungen sind, die abgewehrt werden sollen, erscheint es hier wenig sinnvoll, die Abwehrmaßnahmen gleichermaßen gegen alle Handelspartner zu richten. Es würde ausreichen, sie nur gegen diejenigen zu ergreifen, zu denen der fragliche Rechtsunterschied besteht. Auf Grund des Veröots der selektiven Anwendung der Schutzmaßnahmen ist der Art. XIX GATT für die Fälle der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede somit bedeutungslos. b) Die Schutzklauseln in den Einfuhrverordnungen der EGliB

Auch die Einfuhrvorschriften der EG enthalten Schutzklauseln gegen Marktstörungen. Es sind.dies die Art. 7ff. der VO 3286/80 (Staatshandelsländer) und die Art. 12 ff. der VO 926/79 (sonstige Drittländer). Während die entsprechenden Vorschriften der Ost-Verordnung keine genaue Regelung der Voraussetzung von Schutzmaßnahmen treffen,m trägt die West-Verordnung der Tatsache Rechnung, daß von ihr das Verhältnis fast der Gesamtheit aller GATT-Mitgliedsländer zur EG betroffen wird.J20 Sie stellt deshalb im wesentlichen gleiche Voraussetzungen aufwie Art. XIX GATT;121 die Abweichungen sind nur gering. So ist nach Art. 12 der VO 926/ 79 das Vorliegen erhöhter Einfuhrmengen und besonderer Einfuhrbedingungen ausdrücklich nur alternativ erforderlich.I22 Der Hauptunterschied besteht allerdings in dem Verzicht auf ein Kausalitätserfordernis. Daher bedarf es nach Art. 12 der West-VO weder der Ursächlichkeit einer Liberalisierungsmaßnahme noch der einer unvorhergesehenen Entwicklung.123 Auch wenn damit die Einfuhrverordnungen der EG geringere Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Schutzmaßnahmen fordern, darf nicht übersehen werden, daß gegenüber den GATT-Staaten weiterhin der Art. XIX des GATT beachtet werden muß_124 118 Ausführlich hierzu auch Schmidt, Schutzmaßnahmen des Außenwirtschaftsrechts der EG, in: DÖV 1974, 50. Die Literatur hierzu behandelt fast ausnahmslos noch die älteren, inzwischen geänderten Verordnungen. Wesentliche Neuerungen bezüglich der Schutzmaßnahmen sind jedoch nicht eingetreten. 119 Bijok, Deutsches und europäisches Außenhandelsrecht, AWD 1974, 19, 21; Kuschel, Das Außenwirtschaftsrecht der EWG, Köln 1971, S. 17. 12° Bomchil, Das Außenhandelsrecht der EWG. Praxis und Rechtsfragen, jur. Diss. München 1976, S. 25ff.; Kuschel, a.a.O., S. 9f. 121 Kuschel, a.a.O., S. 13ff.; Beseler, Neufassung der allgemeinen EWG-Einfuhrregelung, in: AWD 1974, 442, 447ff. 122 Durch die Formulierung" ... und/oder ... " stellt die VO unterschiedliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Schutzmaßnahmen gegenüber GATT-Mitgliedern und sonstigen Staaten auf, vgl. Beseler, a.a .O., S . 448. 123 Kuschel, a.a.O., S. 14f. Die anderen Tatbestandsmerkmale werden entsprechend den jeweiligen Merkmalen im Art. XIX GATT ausgelegt. 124 Beseler, a.a.O., S. 448. Die Vorschriften des GATT gelten allerdings nicht unmittelbar, sondern bedürfen des Vollzugs, vgl. Linde, Außenwirtschaftsgesetz und zwischenstaatliche Vereinbarungen, Göttingen 1970, S . 41 ff.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Da es sich bei den im Zusammenhang mit der Problematik internationaler Rechtsunterschiede interessierenden Staaten in der Regel um GATT-Länder handelt, bringt auch das Einfuhrrecht der EG keine wesentlichen Änderungen gegenüber der Rechtslage nach dem GATT-Vertrag mit sich.

c) Die Ausnahmegenehmigung (waiver) Nach Art. XXV 5 GATT können die Vertragsparteien einem Mitgliedsland Befreiung von den GATT-Verpflichtungen erteilen (sog. waiver). 125 Dies ist mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen, die zugleich die einfache Mehrheit aller Vertragsparteien umfassen muß, möglich. Einzelne materielle Voraussetzungen stellt Art. XXV 5 hierfür nicht auf, 126 so daß er grundsätzlich auch auf die Ausnutzungsproblematik Anwendung finden kann. Ob sich die dafür erforderlichen Mehrheiten allerdings im Falle von Wettbewerbsstörungen infolge der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede finden ließen, erscheint zweifelhaft, da die Vertragsparteien die Ausnahmegenehmigung nach Art. XXV 5 bisher vornehmlich nicht in Fällen von Marktstörungen, sondern bei allgemeinen nationalökonomischen Schwierigkeiten und bei der Bildung regionaler Zusammenschlüsse erteilt haben. 127

d) Zusammenfassung Als Schutzmaßnahmen gegen Marktstörungen können Einfuhrrestriktionen und Zölle im Rahmen der GATT-Bestimmungen grundsätzlich nur über die Schutzklausel oder nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ergriffen werden. Wie aufgezeigt ist dieser Weg jedoch im Falle von auf der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede beruhenden Wettbewerbsstörungen entweder nicht zulässig oder aber nicht geeignet. Daher können auch diese Regelungen die Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts auf die Ausnutzungsproblematik nicht im Grundsatz ausschließen, indem sie das wettbewerbliehe Bedürfnis nach einer sachgerechten Problemlösung befriedigen:

12s Ausführlich hierzu Jackson, World Trade and the Law of GATI', S. 541; Jaenicke, Arch. d. VR 7 (1958/59), 387. 126 Allerdings haben die Vertragsparteien einige formale Erfordernisse aufgestellt, GATT BISD 5th Suppl. S. 25; vgl. auch Bratschi, Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen, S. 89f. 127 Vgl. die Übersicht bei Jackson, a.a.O., S. 549ff.

111. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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4. Importrestriktionen durch Selbstbeschränkung der Exporteure

Mit der Zunahme von Marktstörungen haben zwar auch die Fälle der Anwendung des Art. XIX GATT verstärkt an Bedeutung gewonnen;l2B jedoch haben die aufgezeigten Problemkreise - und hier vor allem das Gebot, Notstandsmaßnahmen an der Meistbegünstigungsklausel auszurichten - auch zu einer Suche nach alternativen Formen des Schutzes vor Marktstörungen geführt.l29 Einen Weg vor allem zur selektiven Anwendung von Schutzmaßnahmen eröffnen diverse Arten der Selbstbeschränkung der Exporteure.l 3D Bisher dienen diese vor allem dazu, den Import arbeitsintensiver Güter, wie z.B. Textilwaren, aus Niedriglohnländern zu reduzieren. Ihre importbeschränkende Wirkung kann jedoch in gleicher Weise auch gegen die Folgen der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede eingesetzt werden. Im Kern handelt es sich bei der Selbstbeschränkung um internationale Abkommen oder Vereinbarungen, in denen sich der Exporteur einer bestimmten Ware mehr oder weniger freiwillig verpflichtet, das betreffende Produkt nur in bes.timmten Mengen oder zu einem bestimmten Mindestpreis in das andere Land zu exportieren.1s1 Solche Vereinbarungen können zwischen den beteiligten Regierungen132 oder den betroffenen Industrien getroffen werden. Im ersten Fall trifft die Regierung des Exportstaates dann die erforderlichen administrativen Maßnahmen, um die vereinbarte Beschränkung durchzusetzen.1ss

Aus rechtlicher Sicht allerdings sind solche Selbstbeschränkungsabkommen nicht ganz unproblematisch. Insbesondere steht ihre kartellrechtliche Zulässigkeit134 und ihre GATT-Konformität135 in Frage. Siehe oben Fn. 100. Murray I Schmidt I Walter, Alternative Fonns of Protection against Market Disruption, in: Kyklos 31 (1978), 624ff. uo Krenzler, Exportselbstbeschränkungen -ein aktuelles Problem der Handelspolitik der Europäischen Gemeinschaft, in: EuR 1977, 177f.; ebenso Merciai, JWTL 15 (1981), 47ff.; Tumlir, a.a.O., S. 407; Sarna, a.a.O., S. 358ff,; hierzu auch mlrich, Außenhandelssteuerung durch private Selbstbeschränkung, in: AWD 1974, 357; Immenga, Internationale Selbstbeschränkungsabkommen zwischen staatlicher Handelspolitik und privater Wettbewerbsbeschränkung, in: RabelsZ 49 (1985), 303ff. 13 1 Vgl. den ohne Verfasser veröffentlichten Bericht: "orderly marketing" und Kartellrecht, in: WRP 1973, 16. 132 Merciai, a.a.O., S. 47 f., spricht nur bei dieser Art von "orderly marketing arrangements". 133 Krenzler, a.a.O., S. 178. 13 4 Hierzu Wienholt in: Müller I Giessler I Scholz, Kommentar zum GWB, § 8 Rdn. 25; Gleiß I Hirsch, Kommentar zum EWG-Kartellrecht, 3. Aufl. 1978, Art. 85 Rdn. 126; ausführlich Immenga, RabelsZ 49 (1985), 303ff. 13 5 Letztere wird bejaht von Krenzler, a.a.O., S. 178; Richter, Exportselbstbeschränkung und Weltbaumwollwarenabkommen, in: AWD 1969,403, 404; ablehnend 128 129

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Soweit jedoch staatlich vereinbarte Exportselbstbeschränkung als Abwehrm.ittel gegen die Folgen internationaler Rechtsunterschiede zulässigerweise eingesetzt werden können, ist zu berücksichtigen, daß immer die Zustimmung des Exportlandes erforderlich ist, und daß auf der anderen Seite nicht alle schutzbedürftigen Industriezweige genügend politische Macht haben, um ihre Regierungen zum Abschluß solcher Abkommen zu bewegen. Daher scheint diese Schutzmöglichkeit in vielen Fällen wenig praktikabel. Auch die nationalökonomischen Bedenken, die gegen solche Selbstbeschränkungsabkommen vorgebracht werden, lassen es nicht geraten erscheinen, zu diesem Protektionsmittel verstärkt Zuflucht zu nehmen.l36 Der Anwendbarkeit des nationalen Wettbewerbsrechts können Selbstbeschränkungsabkommen schon auf Grund ihres Vertragscharakters nicht entgegenstehen. 5. Maßnahmen nach deutschem Außenwirtschaftsrecht

. Neben GATT und EWGV enthält auch das nationale Außenwirtschaftsrecht als weitere Rechtsquelle des internationalen Wirtschaftsrechts ausführliche Regelungen über den Warenverkehr zwischen den Staaten. Ob diese jedoch die Abwehr von unerwünschten wettbewerbliehen Folgen der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede ermöglichen, hängt zuerst einmal von dem durch das gemeinsame Außenwirtschaftsrecht der EG erheblich eingeschränkten Anwendungsbereich des AWG ab. So wird teilweise vertreten, spätestens mit Ablauf der Übergangszeit und verbunden damit mit Einführung einer gemeinsamen Handelspolitik der EG-Staaten sei das AWG außer Kraft getreten.l37 Dieser Ansicht ist die herrschende Meinung allerdings- zum Teil vehement- entgegengetreten .l38 Sie geht von einem grundsätzlichen Nebeneinander von nationalem und europäischem Außenwirtschaftsrecht aus, wobei dagegen Zimmer, Zur Problematik von Exportselbstbeschränkungen, in: AWD 1969, · 297, 299; zweifelnd auch Immenga, a.a.O., S. 324ff. 136 Siehe hierzu nur Gröner, Probleme nichttarifärer Handelshemmnisse, in: Wirtschaftspolitische Chronik, Bd. 23 (1974), Heft 2, S. 29, 40ff.; ders., Nichttarifäre Handelshemmnisse, in: WiSt 1977, 312, 317; zweifelnd auch Merciai, a.a.O., S. 48f. 13 7 So immer wieder Gerold Schmidt, z. B. in: Sind Zahlungen der EG "Kapital aus dem Ausland"?, Z. f. d. ges. Kreditwesen 1974, 93, 94f.; ders., in: ZHR 1974, 402ff. und ZHR 1975, 105, 107f.; zweifelnd auch Bijok, Deutsches und Europäisches Außenhandelsrecht, in: AWD 1974, 19f. und Hocke I Berwald I Maurer, Außenwirtschaftsrecht, Loseblattkommentar, Anm. zu § 1 AWG. 138 Vgl. Schulz, Deutsches Außenwirtschaftsrecht und EG-Recht, in: Z. f. d. ges. Kreditwesen 1974, 40lff.; Laumann, Europäische Integration und Außenwirtschaftsrecht, in: ZfZVSt 1976, 124f.; ders., Das Außenwirtschaftsgesetz, in: Außenwirtschaftsrecht 1981, Frankfurt 1981, S. 9, 11; Gehrig, Die Wareneinfuhr im gewerblichen Sektor nach deutschem und nach Gemeinschaftsrecht, in: Außenwirtschaftsrecht 1981, S. 31, 38ff.

III. Abwehr ausnutzungsbedingter Marktstörungen nach int. Recht

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die Rangfolge in Konfliktfällen durch das AWG selbst in § 1 Abs. 2 geregelt wird.l 39 Nach dieser Vorschrift stehen die Bestimmungen des AWG subsidiär hinter dem gemeinsamen Außenwirtschaftsrecht der EG. Der Anwendungsbereich des nationalen Außenwirtschaftsrechts ist damit im Ergebnis auf die Gebiete beschränkt, die das gemeinsame Außenwirtschaftsrecht noch nicht oder nur unvollständig geregelt hat.l 40 Dieser Bereich ist, soweit es die Wareneinfuhr betrifft, insbesondere nach Erlaß der VO Nr. 3286/80 vom 4. 12. 1980 (ABI EG L 353 v. 29. 12. 1980) über die Einfuhr aus Staatshandelsländern und der VO Nr. 926179 vom 8. 5. 1979 (ABI EG L 131115 v. 29. 5. 1979) über die Einfuhr aus Drittländern jedoch recht klein geworden.l 41 Ob das AWG auf solche Güter, die in den Warenlisten der Verordnungen nicht aufgeführt sind, noch angewandt werden kann, ist umstritten;14 2 für den hier interessierenden Bereich der im Ausland kostengünstig hergestellten Güter ist der durch das gemeinsame Außenwirtschaftsrecht der EG nicht erfaßte Warenbereich so gering geworden, daß diese Frage insoweit kaum von Bedeutung ist. Im Rahmen des danach noch verbleibenden Anwendungsbereichs des AWG sind die einschlägigen Vorschriften für die vorliegende Problematik die§§ 10 IV, 6 I Nr. 1 u. 2 AWG. · Nach § 10 III, IV AWG sind Beschränkungen der Wareneinfuhr zulässig, wenn Importe in erhöhten Mengen und zu besonderen Bedingungen stattfinden und der inländischen Erzeugung vergleichbarer Waren ein erheblicher Schaden droht. 143 Diese Voraussetzungen stimmen mit denen der "escape clause" des Art. XIX GATT überein.l 44 Des weiteren verlangt § 10 AWG noch, daß die Abwendung des Schadens im Interesse der Allgemeinheit liegt. Maßgebend ist damit nicht allein das Schutzbedürfnis der direkt betroffenen Wirtschaftszweige; vielmehr muß darüber hinaus gefragt werden, ob Belange der Allgemeinheit dieses Schutzbedürfnis rechtfertigen. Zu berücksichtigen sind dabei z. B. die Aspekte der Versorgungssicherung und der Beschäftigungspolitik Dadurch soll " . .. ein Ausgleich der widerstrei139 Hierauf stellt ausdrücklich ab Linde, Außenwirtschaftsgesetz und zwischenstaatliche Vereinbarungen, Göttingen 1970, S. 40 Fn. 126. · 140 Gehrig, a.a.O., S. 38ff.; Bijok, a.a.O., S. 19f.; Schulz, a.a.O., S. 404. Insoweit stehen die§§ 6 und 10 AWG unter dem Vorbehalt des EWGV, vgl. Begründung zum Entwurf des AWG (BT-Drucks. 1285, 3. Legislaturperiode) Nr . 2 zu§ 6 und Nr. 1 zu§ 10. 141 Gehrig, a .a.O.; Laumann, ZfZVSt 1976, 125; Schmidt, ZHR 1975, 107ff. 142 Bejahend Beseler, Neufassung der allgemeinen EWG-Einfuhrregelung, in: AWD 1974, 442, 445; Bomchil, Die Außenhandelspolitik der EWG. Praxis und Rechtsfragen, jur. Diss. München 1976, S. 27 u. 34; ablehnend dagegen Hocke I Berwald I Maurer, Kommentar zum AWG, Anm. zu§ 10; so ausdrücklich auch Schmidt, ZHR 1975, 105 125f., der davon ausgeht, daß das Gemeinsame Außenwirtschaftsrecht auch durch die Nichtaufnahme einzelner Waren in die Warenlisten eine negative Regelung trifft. 143 Hierzu statt aller Hocke I Berwald I Maurer, a.a.O., Anm. zu§ 10 AWG, S. 3. 144 Siehe oben unter 3 a.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

tenden Interessen unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten " gewährleistet werden.14 5 Schutzinteressen der inländischen Industrie und die Vorteile der Liberalisierung des internationalen Handels werden so einander gegenübergestellt. 146 Beschränkungen der Wareneinfuhr sind danach nur möglich, wenn die Schutzinteressen diese Vorteile überwiegen. Auch in den Fällen wettbewerbsrelevanter Ausnutzung von Rechtsunterschieden sind Abwehrmaßnahmen nach§ 10 AWG also nur unter der Voraussetzung möglich, daß das Interesse der Allgemeinheit sie erfordert. Dies wird aber nur in den wenigsten Fällen erfüllt sein. In der Regel werden die Ausnutzungssachverhalte nicht zu einer solchen Gefährdung ganzer Industriezweige führen, daß ihre Beseitigung im Allgemeininteresse erforderlich wird; vielmehr wird die wettbewerbliehe Verwertung internationaler Rechtsunterschiede häufig nur einzelne Konkurrenten des "Ausnutzers" mit der von§ 10 AWG geforderten Intensität betreffen. Damit zeigt sich auch hier, daß- wie oben schon bezüglich der Zölle dargelegt147- die auf eine gesamtwirtschaftliche Wirkung ausgelegten Normen des Außenwirtschaftsrechts als Schutzinstrumente gegen ausnutzungsbedingte Marktstörungen nicht sachgerecht eingesetzt werden können. Die wettbewerbliehen Folgen internationaler Rechtsunterschiede müssen vielmehr an Hand der das Wettbewerbsverhalten auf einem Binnenmarkt regelnden Normen beurteilt werden. Als Grundlage zur Beschränkung der Wareneinfuhr kommt für die Ausnutzungsproblematik weiterhin noch § 6 I Nr. 1 u. 2 in Betracht. Auch nach dieser Vorschrift sind zumindest drohende Schäden für die inländische Wirtschaft erforderlich. Weiter müssen diese aber noch auf außenhandelspolitischen Maßnahmen in fremden Wirtschaftsgebieten beruhen. Solche Maßnahmen sind Eingriffe, die unmittelbar in den normalen Ablauf des internationalen Warenverkehrs einwirken. Die rechtlichen Verhältnisse in einem fremden Staat fallen nicht unter diesen Maßnahmebegriff und rechtfertigen daher keine Einfuhrbeschränkungen.us Ihre Auswirkungen auf den Warenaustausch sind vielmehr reflexartiger Natur. Den binnenwettbewerbliehen Folgen .der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede kann dann im Rahmen des § 6 AWG nicht begegnet werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Maßnahmen nach §§ 6 und 10 AWG- soweit sie überhaupt in Betracht kommen- unter dem Vor145 Sieg I Fahning I Kölling, Kommentar zum Außenwirtschaftsgesetz, Berlin Frankfurt 1963, § 10 Arun. 25; ebenso Hocke I Berwald I Maurer, a.a.O., Arun. zu§ 10 AWG,S. 3. 146 Hocke I Berwald I Maurer, a .a.O., Anm. zu § 10 AWG, S. 3. 147 Vgl. oben 111 1 b am Ende. us Sieg I Fahning I Kölling, a.a.O., § 6 Anm. 7; Strauch, Außenwirtschaftsgesetz, Der Wirtschaftskommentator, Teil C VII 2, Frankfurt a.M. 1969, § 6 Anm. 4.

IV. Beseitigung int. Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung

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behalt der GATT-Konformität stehenJ49 Einer befriedigenden, die Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts hindernden Lösung kann die Ausnutzungsproblematik damit auch im Rahmen des nationalen Außenwirtschaftsrechts nicht zugeführt werden. IV. Die Beseitigung internationaler Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung Die bisher im Rahmen der Regelung der Wareneinfuhr untersuchten Maßnahmen dienten zur Abwehr oder zum Ausgleich von Folgen der Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede. Insofern werden mit diesen Mitteln nur die Symptome der Ausnutzungshandlungen bekämpft. Die eigentliche Ursache des Problems sind jedoch die Rechtsunterschiede selbst. Sie lassen sich nur durch eine Harmonisierung von Rechtsnormen beseitigen.tso Gerade unter dem Aspekt der wettbewerbliehen Auswirkungen von Rechtsunterschieden hat die Rechtsvereinheitlichung bisher nur im Rahmen internationaler Verträge, insbesondere des EWG-Vertrages, Beachtung gefunden. Die insoweit einschlägigen Regelungen sollen im folgenden kurz untersucht werden. Zum einen können sie exemplarisch für eine Lösung der vorliegenden Problematik im Rahmen des internationalen Rechts stehen, zum anderen kann ihr Regelungsgehalt auch Hinweise für die Ausgestaltung eines wettbewerbsrechtlichen Ausnutzungstatbestandes geben. 1. Die Angleichung ausnutzbarer Rechtsunterschiede nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft

Unerwünschte Wettbewerbseffekte durch international unterschiedliches Recht sind im Vertrag über die Gründung der EWG erstmalig expressis verbis als Problem erkannt worden. Der Grund hierfür ist wohl in der Tatsache zu sehen, daß der Vertrag nicht nur eine Zollunion, sondern darüber hinaus einen gemeinsamen Markt schaffen sollte.l51 Damit tauchten zwangsläufig auch die Problematiken auf, die sich aus der fehlenden Kongruenz von Wirtschaftsraum und Staatsraum ergeben. 152 Aufgrund dieser fehlenden räumlichen Identität stellte sich daher auch die Frage, wie sich die Geltung mehrerer- unterschiedlicher- Rechtsordnungen in einem einheitlichen Wirt149 So für § 6 AWG ausdrücklich Hocke I Berwald I Maurer, a.a.O., Anm. ·zu § 6 AWG, S. l. 150 So auch Schricker, GRUR 1977, 646, 647 Fn. 5. 151 Art. 2 EWGV. Die Präambel des EWGV spricht insoweit von dem Bestreben, die Volkswirtschaften zu einigen. 152 Zu den Zusammenhängen von Wirtschaftsraum und Staatsraum vgl. Predöhl, Außenwirtschaft, 2. Aufl. Göttingen 1971, S. 160ff.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

schaftsgebiet auf das wirtschaftliche Gesamtgefüge und speziell auf den Wettbewerb auswirkt. Als Möglichkeit zur Abwehr negativer Auswirkungen bot sich das Mittel der Nivellierung der betreffenden Rechtsunterschiede an. 153 In dem Teil "Politik der Gemeinschaft" sieht der Vertrag daher unter dem Titel "gemeinsame Regeln" in den Art. 100- 102 Mittel und Wege einer Rechtsangleichung vor, die über die Spezialvorschriften hinausreichen_154 Diese Rechtsangleichung wird in Art. 3 lit. h EWGV insoweit zu den Tätigkeitsbereichen der Gemeinschaft gezählt, als sie für das" . . . ordnungsmäßige Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist". Rechtsangleichung nach Art. 3lit. h ist mithin immer dann geboten, wenn das System eines unverfälschten Wettbewerbs durch Rechtsunterschiede nachteilig betroffen ist.1ss Sie ist immer dann zulässig, wenn sie zum Funktionieren des Gemeinsamen Marktes "nützlich" und "erforderlich" ist.l 56 An ihre Grenze stößt die Angleichung daher nur bei solchen Vorschriften, die mit dem Gemeinsamen Markt und seinen Wesensmerkmalen in keinem Zusammenhang stehen.l 57 Für die im Rahmen dieser Arbeit interessierende Thematik stellt sich der Rechtsangleichung die Aufgabe, die durch Rechtsunterschiede hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen und Produktionsverlagerungen zu beseitigen und zu verhindern.1 58 Nach Pipkorn entspricht dies dem " ... klassischen Verständnis der Rechtsangleichung als einem Instrument zur Schaffung von wettbewerbsgerechten Rahmenbedingungen ... ".159 Ein solches Instrument hat der Vertrag in Art. 101 EWGV geschaffen. Diese Vorschrift ist dann auch für die hier interessierenden Fragen einschlägig.16o !53 Predöhl, a.a.O., S. 181, hebt dieses auch hervor. Er spricht insoweit von "Harmonisierung"; ausführlich auch Eiden, Die Rechtsangleichung gemäß Art. 100 des EWG-Vertrages, Berlin 1984, S. 36ff. 15 4 Aubin, Zwn Aufbau des Tatbestandes in Art. 101 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in: Festschr. für Otto Riese, Karlsruhe 1964, S. 245. m Pipkorn, in: Beutler I Bieber I Pipkom I Streil, Die Europäische Gemeinschaft -Rechtsordnung und Politik-, Baden-Baden 1979, S. 311f.; ders., in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing I Ehlermann, Kommentar zum EWGV, 3. Auf!. Baden-Baden 1983, Art. 101 Rdn. lff. ' 156 H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Tübingen 1972, S . 690; ebenso Pipkorn, a.a .O., S. 314f. m Ipsen, a.a.O., S. 690. Eine Angleichung soll demnach nur bei wirtschaftsbezogenen Normen zulässig sein, vgl. Nicolaysen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1979, S. 165. Hierin sieht auch Zweigert, Grundsatzfragen der Europäischen Rechtsangleichung, in: Festschr. für Dölle Bd. 2, Tübingen 1963, S . 406, die äußerste Grenze der Rechtsangleichung. !58 Pipkorn, a.a .O., S. 308, führt hier ausdrücklich den Gesichtspunkt der Standortverlagerung an. !59 Pipkorn, a.a.O., S. 308; ebenso Eiden, a.a.O., S. 36ff.

IV. Beseitigung int. Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung

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Soweit aufgrundvon unterschiedlichen Normen wettbewerbsverzerrende Effekte auftreten, kann eine Angleichung der unterschiedlichen Vorschriften nach dem vereinfachten Verfahren des Art. 101 EWGV erfolgen.1s1

a) Aufbau und Tatbestandsmerkmale des Art. 101 EWGV Art. 101 EWGV ermöglicht die Rechtsangleichung, wenn vorhandene Rechtsunterschiede in den Mitgliedstaaten" ... die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, ... ". aa) Die Begriffe Verfälschung und Verzerrung Ausgehend von dem sogenannten Spaak-Bericht162 unterscheidet die überwiegende Meinung zwischen den Begriffen Verfälschung und Verzerrung.lsJ Als Verfälschung des Wettbewerbs werden dabei allgemeine Unterschiede in den Rechtsvorschriften bezeichnet.J 64 Verzerrungen des Wettbewerbs werden dagegen entweder als Verfälschungen mit besonders nachhaltiger Wirkung165 - also als graduell stärkere Unterart der Verfälschungoder als mögliche Folge einer Verfälschungl66 angesehen.l67 Während damit nicht jede Verfälschung eine Verzerrung bewirkt, ist doch jeder Verzerrung eine Verfälschung vorausgegangen.1ss Die Verzerrungen werden getrennt in spezifische und generelle Verzerrungen. Auch diese Unterscheidung geht auf den Spaak-Bericht zurück. 1so A. A. wohl Bleckmann, Europarecht, 3. Aufl. 1980, S. 402, der für die hier vorliegende Fallgestaltung auf die Generalklausel des Art. 100 EWGV abstellt; ebenso Riegel, Für eine umfassende Kompetenz der Gemeinschaftsorgane auf dem Gebiet des Umweltschutzrechts, in: EuR 1977, 74, 78, der dies allerdings mit den praktischen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Art. 101 EWGV begründet. 161 Schwartz, Zur Konzeption der Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in: Festschr. für Hallstein, Frankfurt a. M., S. 481 f. 162 Von der Messina-Konferenz eingesetzter Regierungsausschuß - Bericht der Delegationsleiter an die Außenminister, Brüssel21. 4. 1956. 163 Sprung, Die Bestimmungen über die Beseitigung von Verzerrungen des Wettbewerbs im Vertrag über die EWG, in: Finanzarchiv, Bd. 20 (n. F.) (1959160), 201, 202; Schwartz, a.a.O., S. 490; Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, München 1974, S. 55; Mesenberg, Zur Frage des Abbaues von Wettbewerbsverfälschungen und -Verzerrungen in den EWG-Staaten, in: BB 1961, 141; Regul, in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing, Kommentar zum EWGV, 2. Aufl., S. 1301; a.A. Aubin, a.a.O., S.256ff. 164 Mesenberg, a.a.O., S. 142; ebenso wohl auch Mestmäcker, a.a.O., S. 55, und Regul, a.a.O., S. 1300. u~ Regul, a .a.O., S. 1301; Mestmäcker, a .a .O., S. 56; Bleckmann, a.a.O., S. 404. 166 So Mesenberg, a.a.O., S. 142f. 167 Insoweit nicht eindeutig Sprung, a.a.O., S. 202f., der Verfälschung und Verzerrung wohl als voneinander isolierte Begriffe sieht. 1as Sprung, a.a.O., S. 202; Mesenberg, a.a.O., S. 143.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

Eine generelle Verzerrung ist gegeben, wenn allen in einem Land produzierten Gütern eine allgemein gleiche Belastung auferlegt ist, die alle in einem anderen Land hergestellten Güter nicht tragen müssen.169 Eine spezielle Verzerrung liegt demgegenüber dann vor, wenn den unterschiedlich hohen Belastungen der in einem Land erzeugten Güter nicht gleich unterschiedliche Belastungen derselben in einem oder allen anderen Ländern erzeugten Güter gegenüberstehen.l70 Art. 101 EWGV bezieht sich nur auf spezielle Verzerrungen. Der SpaakBericht und ihm folgend die h. M. gehen davon aus, daß die durch generelle Verzerrungen hervorgerufenen Wettbewerbseffekte als Angelegenheit der allgemeinen Außenwirtschaftspolitik durch den Wechselkurs ausgeglichen werden können. 171 Auch wenn in neueren Tendenzen diese Rolle des Wechselkurses angezweifelt wird, 172 wendet die EG-Kommission doch nach wie vor den Art. 101 EWGV nur bei speziellen Verzerrungen an.m Offen ist damit noch die Frage, welche Unterschiede in der Belastung bestimmter Güter zu spezifischen Verzerrungen führen. Die h. M. gibt den Begriffen Verfälschung und Verzerrung einen ökonomischen Inhalt und legt sie daher anband der Theorie der komparativen l{osten eng aus.I 74 Zu Verfälschungen der Wettbewerbsbedingungen führen danach nur solche Rechtsunterschiede, die sich kostenmäßig auswirken und damit zu unterschiedlichen finanziellen Belastungen führen.1 75 Die Abschaffung solSpaak-Bericht, S. 64; Sprung, a.a.O., S. 201; Schwartz, a.a.O., S. 490f. Everling, in: Everling I Wohlfarth I Glaesner I Sprung, Kommentar zum EWGVertrag, Vorb. 1 vor Art. 100; Sprung, a.a.O., S. 203 Fn. 1; Scheuer, Die Rechtsangleichung im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in: Justizblatt des Saarlandes 5 (1961), 201, 209; zum Teil wird auch anstatt auf die relative auf die Durchschnittsbelastung aller Güter abgestellt, vgl. Pipkorn, in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing I Ehlermann, Art. 101, Rdn. 8f.; Spaak-Bericht, S. 66; v. d. Groeben, Zur Politik der Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in: ZfRV 1967, 129, 134; Schwartz, a.a.O., S. 490; Regul, a.a.O., S. 1300. 17 1 Spaak-Bericht, S. 64; Ipsen, a.a.O., S. 687f.; Bleckmann, a.a.O., S. 404; Pipkorn, a.a.O., S. 316. 172 Everling, Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsangleichung in der Europäischen Gemeinschaft, in: Festschr. für Reimer Schmidt, 1976, S. 165, 168. 173 Vgl. nur die Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 360/80, in: ABI EG v. 3. 11. 1980 Nr. C 283, S. lf.; tendenziell anders jetzt Pipkorn, in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing I Ehlermann, Art. 101, Rdn. 10ff. 174 Mesenberg, a.a.O., S. 142; Spaak-Bericht, S. 64f.; Mestmäcker, a.a.O., S. 55; Regul, a.a.O., S. 1300; prägnant Bauer, Zum Begriff der Wettbewerbsverzerrungen, in: WuW 1968, 728, wenn er die "Voraussetzungen ökonomischer Leistungserstellung" als Grundlage des Verzerrungsbegriffs bezeichnet. m Everling, in: Everling I Wohlfarth I Glaesner I Sprung, Vorb. 1 vor Art. 100; lrfesenberg, a.a.O., S. 142; Sprung, a.a.O., S. 202f.; gegen diese Beschränkung Zweigert, Festschr. für Dölle, Bd. 2, S. 401, 408ff. 169 170

IV. Beseitigung int. Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung

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eher Unterschiede in den finanziellen Belastungen würden zwar idealiter dem Prinzip der Gemeinschaft am ehesten entsprechen, jedoch würde der Gemeinsame Markt dadurch ökonomisch uninteressant.176 Es muß daher noch ein weiteres Kriterium hinzukommen, nach dem zu beurteilen ist, ob die unterschiedliche Belastung zu Verzerrungen führt oder nicht. Wiederum von der volkswirtschaftlichen Theorie der komparativen Kosten ausgehend unterscheidet die h.M. hier zwischen natürlichen und künstlichen Kostenunterschieden.1 77 Der maßgebende Grund für diese Unterteilung liegt wohl darin, daß die Außenwirtschaftstheorie die internationale Arbeitsteilung und industrielle Standortwahl am ökonomischen Optimum ausrichten will, während künstliche Kostenunterschiede zu einer ökopomisch nicht optimalen Standortwahl führen.178 Welche Kostenunterschiede dabei als natürlich und welche als künstlich anzusehen sind, ist in vielen Fällen ungeklärt.l7 9 Unstreitig sind Kostenunterschiede, die auf verschiedenen klimatischen Verhältnissen oder Unterschieden in der Bodenbeschaffenheit beruhen, als natürlich zu bezeichnen, während ausschließlich auf direkter staatlicher Festsetzung beruhende Unterschiede (z.B. Steuern, Zölle, Subventionen) als künstlich anzusehen sind.1ao Zwischen diesen Extremen liegt aber eine weite "Grauzone" von Kostenbestandteilen, bei denen die Einordnung als natürlich oder künstlich zweifelhaft sein kann. So wird der besonders wettbewerbsrelevante Bereich des Umweltschutzrechts für eine natürliche Wettbewerbsbedingung gehalten von Siebert161 176 Zweigert, a.a.O., S. 403f.; ebenso wohl schon Strauß, Fragen der Rechtsangleichung im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften, Frankfurt 1959, S. 13. Die Tatsache, daß Art. 100ff. EWGV zu keiner "integrationsideologischen" Angleichung führen dürfen, betonen auch Nicolaysen, a.a.O., S. 166 und VerLoren van Themaat, Probleme der Rechtsangleichung im Gemeinsamen Markt, in: BB 1962, 1131. 177 So Sprung, a.a.O., S. 203ff.; Mesenberg, a.a.O., S. 142; ausführlich hierzu Bauer, a.a.O., S. 729ff.; Zeitler, Wettbewerbsverfälschung - ein Spezialfall der Wettbewerbsbeschränkung, in: WuW 1963, 477, 480, ordnet diese Unterscheidung dem Verfälschungsbegriff zu. 178 So Mesenberg, a.a.O., S. 142; Sprung, a.a.O., S. 206; Schwartz, a.a.O., S. 479f.; Pipkorn, a.a.O., S. 312, formuliert diesen Gedanken folgendermaßen: "Auf der anderen Seite muß die Rechtsangleichung verhindern, daß die ... Internationalisierung der Wirtschaftsabläufe nicht durch reale Wirtschaftsdaten, sondern durch ein Gefälle der belastenden Rechtsvorschriften determiniert wird." Ähnlich Seidel, Ziele und Ausmaß der Rechtsangleichung in der EWG - Zur britischen Auffassung -, in: EuR 1979, 171, 180, der den Zweck der Rechtsangleichung u.a. in der Beseitigung ungerechtfertigter gesetzlicher und politischer Standortvorteile bzw. Produktionsnachteile sieht. Hinter dem Ausdruck "ungerechtfertigt" steht dabei wohl die Unterscheidung von natürlichen und künstlichen Bedingungen. 179 Sprung, a.a.O., S. 203f. 180 Sprung, a.a.O.; ebenso auch Bauer, a.a.O., S . 729ff., der als entscheidendes Kriterium das Maß der staatlichen Intervention ansieht (S. 731 f.) und gleichzeitig die Unterscheidung nach beeinflußbaren (= künstlichen) und nicht beeinflußbaren (= natürlichen) Kosten ablehnt. 181 Siebert, Analyse der Instrumente der Umweltpolitik, Göttingen 1976, S. 121.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

und Seidel 182 , während BleckmanniB3, Pipkorn1B4 und auch das GATTSekretariatl85 von künstlichen Wettbewerbsvoraussetzungen ausgehen. Im Ergebnis läßt sich diese Frage nur im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Assimilationsfähigkeit der betroffenen Umwelt beantworten;Is6 nur wenn die Schutzintensität des jeweiligen Umweltrechts der natürlichen Belastbarkeit der Umweltl 87 entspricht, kann es auch als natürliche Wettbewerbsbedingung angesehen werden. bb) Die Auslegung der "Beseitigungsbedürftigkeit" Nach Art. 101 EWGV kann eine Rechtsangleichung nur erfolgen, wenn die hervorgerufene Verzerrung " ... zu beseitigen ist, . .. ". Dies wird allgemein als quantitativ einschränkendes Merkmal dahingehend verstanden, daß nur solche Verzerrungen beseitigt werden sollen, die besonders schwer sind oder "beträchtliche effektive Auswirkungen" 188 haben.IB9 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die negativen Auswirkungen eines Rechtsunterschiedes nicht durch positive Effekte desselben oder eines anderen Unterschiedes ausgeglichen werden; d.h. wenn keine Kompensation von Vor- und Nachteilen besteht.l90 Daß beim Vorliegen einer solchen Kompensation die Wettbewerbsbedingungen in der Gesamtsicht nicht mehr unterschiedlich sind, kann in der Tat nicht bestritten werden. In diesem "Kompensationsgedanken" findet sich in leicht veränderter Form die oben dargelegte Argumentation des BGH in der "Süßbier 11"-Entscheidung wieder.I9I Das Merkmal der Beseitigungsbedürftigkeit muß damit zutreffend an der quantitativen Auswirkung der Rechtsunterschiede auf die Wettbewerbsbedingungen ausgelegt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß sich der Seidel, a .a .O., S. 182. Bleckmann, a.a.O., S. 402. 184 Pipkorn, a.a.O., S. 312f.; ders., in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing I Ehlermann, Art. 101, Rdn. 12. m GATT, Industrial Pollution Control and International Trade, Genf 1971, S. 16. 186 Ebenso wohl VerLoren van Themaat, Die Rechtsangleichung als Integrationsinstrument, in: Festschr. für Ophüls, S. 250, wenn er betont, daß unterschiedliches Umweltschutzrecht nicht immer auf natürlichen Standortvorteilen beruht. (Hervorhebung vom Verf. d. Arb.) 187 Neben rein biologischen Maßstäben können hier auch in begrenztem Umfang soziologische Kriterien berücksichtigt werden. 188 Spaak-Bericht, S. 67. 189 Schwartz, a.a.O., S. 491; Zweigert, a.a.O., S. 410; Mesenberg, a .a.O., S. 143; Aubin, a.a.O., S. 248, 256m. w.N., der Beseitigungsbedürftigkeit und Verzerrungsbegriff allerdings zu einem einzigen Tatbestandsmerkmal zusammenzieht; Regul, a.a.O., s. 1301. 190 Spaak-Bericht, S. 66; Aubin, a.a.O., S. 255; Regul, a.a.O., S. 1302. 191 BGH GRUR 1960, 240 mit zustimmender Anmerkung v. Falck. 182 183

IV. Beseitigung int. Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung

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Begriff des Wettbewerbs immer auf den Kampf um die Gunst der Marktgegenseite bezieht; die Beseitigungsbedürftigkeit eines Unterschiedes in den Wettbewerbsbedingungen darf daher nicht an seinen Auswirkungen auf die Produktion (z.B. Gestehungskosten) gemessen werden. Bestimmend ist vielmehr der Effekt auf die Anbietersituation des benachteiligten Unternehmens.192 Insoweit spielt es eine bedeutsame Rolle, ob der konkrete Nachteil durch die Gewinnspanne oder durch andere wettbewerbskonforme Maßnahmen aufgefangen werden kann.

b) Zusammenfassung zu Art. 101 EWGV193 Die von Art.lOl EWGV aufgestellten Voraussetzungen für Rechtsangleichungsmaßnahmen lassen sich danach wie folgt zusammenfassen: (1) Internationale Rechtsunterschiede müssen die Produktionsbedingungen

für ein Unternehmen oder einen Industriezweig in einem Staat gegenüber einem vergleichbaren Unternehmen oder Industriezweig in einem anderen Staat verschlechtern.

(2) Es müssen "künstliche Produktionsbedingungen" betroffen sein.

(3) Die Benachteiligung muß sich negativ auf die Anbietersituation des

betreffenden Unternehmens oder Industriezweiges auswirken, d .h. seine Absatzchancen auf dem Markt müssen (erheblich) beeinträchtigt sein.

Damit ist für den Bereich der EG ein umfassendes Instrumentarium geschaffen, mit dessen Hilfe auf einem einheitlichen Markt auch einheitliche rechtliche Bedingungen gesetzt werden können, soweit die Funktionsfähigkeit des Binnenwettbewerbs dies erfordert. Wettbewerblieh ausnutzbare Rechtsunterschiede können damit den Erfordernissen eines gemeinsamen Wirtschaftsgebiets entsprechend weitgehend beseitigt werden. 2. Harmonisierung des Rechts durch internationale Verträge und internationale Organisationen

Zwar ist nur in den Verträgen über die EG eine Kompetenz zur Rechtsangleichung und die hierzu erforderliche Organisationsstruktur enthalten, jedoch wird zum Teil auch in internationalen Abkommen versucht, zumindest eine Harmonisierung des Rechts zu erreichen. 192 Aubin, a.a.O., S. 256. Dies entspricht in der Tendenz auch den Ausführungen von Bauer, Zum System der Wettbewerbsverzerrungen, in: WuW 1970, 204ff. 193 Die Fragen des Verfahrens, der Mittel und Methoden der Rechtsangleichung sollen hier außer acht gelassen werden. Vgl. hierzu Seidl-Hohenveldern, in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971), 170ff.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

So enthalten internationale Waren- und Rohstoffabkommen oftmals Klauseln, in denen sich die Vertragsparteien verpflichten, in ihren Industrien für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen ("Fair Labour Standards").l94 .Enthalten sind solche Klauseln vor allem im Zinn-, Zucker-, Kakao- und Kautschukabkommen.l95 Zwar dienen diese Klauseln in erster Linie der Verbesserung der Arbeitsund Sozialbedingungen in den betreffenden Ländern, sie wirken sich darüber hinaus aber auch auf die Wettbewerbsbedingungen im Welthandel aus. So sagt Art. 42 des Zinnabkommens ausdrücklich, daß die fairen Arbeitsbedingungen eingeführt werden sollen, um die Einführung unfairer Wettbewerbsbedingungen in den Welthandel zu vermeiden.l96 Kullmann hält diese Klauseln für den "Ausbund des Protektionismus" (" ... outcome of protectionism ... "),da sie einzig den Sinn hätten, komparative Produktionskostenvorteile der Entwicklungsländer zu vernichten.l97 Nach Kullmann sind in den Entwicklungsländern schlechte Arbeitsbedingungen immer noch einer Arbeitslosigkeit auf Grund fehlender internationaler Wettbewerbsfähigkeit vorzuziehen.l98 In der Verurteilung dieser Klauseln geht Kullmann m. E. jedoch zu weit. Er übersieht, daß nicht eine Anpassung an die Arbeitsbedingungen in hochtechnisierten Industriestaaten erfolgen soll, sondern daß eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen nur unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsgrades der betreffenden Länder erfolgen kann_199 Der geeignetere Ort für solche Bestrebungen ist allerdings die ILO als Spezialorganisation der Vereinten Nationen.2oo Die bereits 1919 gegründete Internationale Arbeitsorganisation (IL0)20l dient in erster Linie der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozialen Gerechtigkeit in der Welt. 202 Sie erkennt jedoch in ihrer Verfassung2o3 auch ausdrücklil;h an, daß 19 4 Hierzu jetzt Kullmann, "Fair Labour Standards" in International Commodity Agreements, in: JWTL 14 (1980), 527. 195 Bezüglich des Wortlauts dieser Klauseln vgl. Kullmann, a.a.O., S. 527 - 531. 19 6 " .•. in order to avoid ... the introduction of unfair competitive conditions in world trade ... " 197 A.a.O., S. 534f. 198 Ebd.; insoweit findet sich hier die Argumentation des BGH aus der "Asbestimporte"-Entscheidung wieder; BGH GRUR 1980, 858, 861; siehe hierzu auch die Bemerkungen zum Koreanischen Arbeitsrecht bei Chin Kim I Rogier, Internationale Trade and Investment Law in the Republic of Korea, in: JWTL 10 (1976), 462, 473f. 199 So ausdrücklich Art. 64 des Kakao-Abkommens. 200 Kullmann, a.a.O., S. 535. 20 1 Zu Geschichte sowie Aufbau und Verfahren der ILO siehe Johnston, The International Labour Organization, London 1970; Morse, The Origin and Evolution of the ILO and lts Role in the World Community, New York 1969. 2o2 Söllner, Arbeitsrecht, 7. Aufi. 1980, S. 35f.; Präambel der ILO-Verfassung. 203 Der englische Wortlaut der Verfassung findet sich mit deutscher Übersetzung und ausführlicher Einleitung bei Meissner, Die Internationale Arbeitsorganisation,

V. Int. Wirtschaftsrecht und nationales Wettbewerbsrecht

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die der Verwirklichung dieses Zieles dienenden Maßnahmen auch einer zwischenstaatlichen Koordination bedürfen, da sonst eine Störung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einzelner Staaten zu befürchten ist.204 Damit wird noch einmal festgestellt, daß internationale Unterschiede im Arbeitsschutzrecht zu unerwünschten Einflüssen auf das Wettbewerbsgefüge führen können.2os Ein Mittel zur Verwirklichung der Ziele der ILO und somit auch zur Abwehr dieser Einflüsse stellt daher die Rechtsvereinheitlichung dar.206 Letztendlich sind aber auch die Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Arbeitsschutzrechts im Rahmen der ILO nur in begrenztem Maße geeignet, zur Beseitigung wettbewerblieh relevanter Rechtsunterschiede beizutragen; zu häufig werden die Länder, zu denen das Rechtsgefälle an deutlichsten ist, nicht Mitglieder der ILO sein oder die entsprechenden Übereinkommen nicht ratifiziert haben.207 Der Grundsatz der Universalität der IL02os unterliegt insoweit erheblichen faktischen Einschränkungen. Durch internationale Abkommen und durch die Tätigkeit internationaler Organisationen läßt sich eine Rechtsvereinheitlichung und damit eine Beseitigung internationaler Rechtsunterschiede nur in beschränktem Maße und nur in bezug auf bestimmte Sachgebiete durchführen. Eine umfassende Beseitigung wettbewerbsrelevanter Rechtsunterschiede ist nicht zu erreichen. Hierzu fehlt es vor allem an einer effektiven Kompetenz, die einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der Einzelstaaten verbindlich treffen kann. V. Das Verhältnis zwischen internationalem Wirtschaftsrecht und nationalen~ Wettbewerbsrecht In den vorhergehenden Ausführungen wurde gezeigt, daß die Gewinnung von Vorteilen durch Ausnutzung fremden Rechts nur durch eine umfassende - und damit weitgehend utopische - Rechtsharmonisierung zu verhindern ist. Ebenso sind die Möglichkeiten, die Übertragung der gewonnenen Vorteile auf den Binnenmarkt durch einfuhrregelnde Maßnahmen zu vermeiDokumente Heft VII (hrsg. von der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg), Frankfurt a.M. 1952. 204 Präambel 3. Absatz; Fried; Rechtsvereinheitlichung im internationalen Arbeitsrecht, Frankfurt- Berlin 1965, S. 17f.; so auch der Bericht über verfassungsmäßige Fragen der Arbeitskonferenz von 1946, zitiert nach Johnston, a.a.O., S. 94f. 205 Die ILO sieht hierin allerdings hauptsächlich einen Punkt, der Staaten von der Einführung besserer Arbeitsbedingungen abhalten könnte. 2os Söllner, a.a.O.; Fried, a.a.O., S. 19. 207 Aus diesem Grunde hat der BGH in der "Asbestimporte"-Entscheidung das Übereinkommen Nr. 139 nicht heranziehen können. 2os Zum Universalitätsprinzip vgl. Johnston, a.a.O., S. 16f.

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

den, sehr eingeschränkt. Dies liegt hauptsächlich darin begründet, daß die einschlägigen Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts dem Grundsatz eines möglichst freien und ungehinderten Welthandels verpflichtet sind. Maßnahmen, die die Wareneinfuhr beschränken, bilden daher in diesen Quellen die Ausnahme und sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Grundsätzlich können damit die unter einer ausländischen Rechtsordnung herrschenden Bedingungen für d.en Wettbewerb auf dem Inlandsmarkt nutzbar gemacht werden. Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob und inwieweit diese "Nutzbarmachung" dem nationalen Wettbewerbsrecht entspricht. Letztendlich steht die Frage im Hintergrund, ob eventuelle Störungen des nationalen Wettbewerbsgefüges durch die Auswirkung einer fremden Rechtsordnung- und die gewonnenen Vorteile sind solche Auswirkungenvom deutschen Wettbewerbsrecht geduldet werden müssen. Eine solche Duldungspflicht könnte sich aus der Grundentscheidung für einen freien Warenverkehr, wie sie das interna~ionale Wirtschaftsrecht getroffen hat, ergeben. Wie schon mehrfach hervorgehoben, hat der BGH den Schutz der heimischen Industrie vor Billigimporten als nicht in den Anwendungsbereich des UWG fallende wirtschaftspolitische Aufgabe bezeichnet und die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede dann für nicht wettbewerbswidrig gehalten, wenn eine im Ausland ordnungsgemäß hergestellte Ware offiziell in das Inland eingeführt und hier als Importware vertrieben wird.2o9 Auf der anderen Seite muß aber auch die im Grundsatz zutreffende Entscheidung für den Vorrang der Außenwirtschaftsfreiheit durch das Verbot des Rechtsmißbrauchs eingeschränkt werden. Die Möglichkeit der ungehinderten Wareneinfuhr stellt sich insoweit als freiheitliche Rechtsposition dar, die vom einzelnen nicht sinn- und zweckwidrig ausgenutzt werden darf.210 Insoweit unterliegt die Einfuhr neben den Beschränkungen des internationalen Wirtschaftsrechts noch " . .. den allgemeinen Einschränkungen, die sich aus dem Grundsatz von Freiheit und Verantwortung im Zusammenhang mit den§§ 826 BGB, 1 UWG ergeben" 211 . Es stellt sich dann die Frage, unter welchen Umständen ein Mißbrauch der außenwirtschaftliehen Freiheit vorliegt. BGH GRUR 1980, 858 sub II 3 der Gründe. Der Gedanke der mißbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ist vom BGH auch in der "Süßbier !!''-Entscheidung herangezogen worden, BGH GRUR 1960, 240. 211 Langen, Kommentar zum AWG, Loseblattslg., München 1968, § 10 AWG Rdn. 9 (Hervorhebung im Original). 209

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V. Int. Wirtschaftsrecht und nationales Wettbewerbsrecht

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RegelUngsbereich des internationalen Wirtschaftsrechts ist dabei der auf komparativen Kostenvorteilen und internationaler Arbeitsteilung beruhende Güteraustausch zwischen den Volkswirtschaften. Dieser Regelungsbereich ist aber dann verlassen, wenn sich eine Handlungsweise bei Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr als Leistungsaustausch zwischen selbständigen Volkswirtschaften darstellt, sondern nur darauf gerichtet ist, unter Ausnutzung der außenwirtschaftliehen Freiheit die eigene Position im nationalen Wettbewerb zu beeinflussen. Dies kann z.B. im Fall der Produktionsverlagerung zwecks ausschließlicher Versorgung des Heimatmarktes vorliegen. Hier findet kein zwischenstaatlicher Leistungsaustausch statt; sofern durch die Produktionsverlagerung internationale Rechtsvorteile ausgenutzt werden sollen, dient diese Handlungsweise vielmehr der Umgehung der den nationalen Wettbewerb bestimmenden "par conditio concurrentium". Daß es sich hierbei nicht um einen typischerweise in den Regelungsbereich des internationalen Wirtschaftsrechts fallenden Vorgang handelt, wird auch durch folgende Überlegung gestützt: Wie gezeigt, stellen die für die Abwehr von Marktstörungen einschlägigen Vorschriften des internationalen Wirtschaftsrechts unter anderem darauf ab, ob die zu beurteilende Wareneinfuhr zu besonderen Bedingungen stattfindet. Zu diesen besonderen Bedingungen zählt in allen Fällen auch der Einfuhrpreis der Ware, das ist der Preis, der beim Grenzübertritt gezahlt werden muß.2 12 In den Fällen der Produktionsverlagerung aber sind Ausführer und Einführer identisch, so daß sich ein marktmäßiger Importpreis oft nicht feststellen lassen wird. In diesen Fällen kauft der Importeur die Güter ja nicht im Ausland, sondern er verbringt nur seine eigenen, von ihm selbst im Ausland hergestellten Produkte ins Inland. Ein außenwirtschaftliches Verkehrsgeschäft wird dabei nicht vorgenommen und ein entsprechender Einfuhrpreis kann sich nicht bilden. Auch hieran zeigt sich, daß die einfuhrregelnden Vorschriften des internationalen Wirtschaftsrechts auf den Fall der Versorgung des Heimatmarktes durch eigene Auslandsproduktion nicht recht passen. Hier ist daher auch Raum für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Vorganges im Rahmen des§ 1 UWG.m Ziel dieser wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist der Schutz des nationalen Wettbewerbsgefüges vor unerwünschten Funktionsstörungen. Schutzobjekt des § 1 UWG ist damit nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der heimischen Industrie, son'dern die Lauterkeit des Wettbewerbs. Daher setzt das nationale Wettbewerbsrecht auch nicht wie die MarktstörungstatbesUinde des internationalen Wirtschaftsrechts voraus, daß ganze Wirtschaftszweige betroffen sind. Vielmehr kann eine unlautere WettVgl. die Ausführungen unter III im Dritten Kapitel. So Oppenhoff, GRUR 1980, 861, 862 und Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. München 1983, § 1 UWG, Rdn. 178. 212

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3. Kap.: Kostenbezogene Unterschiede und int. Wirtschaftsrecht

bewerbshandlung auch in einem räumlich begrenzten Gebiet stattfinden, wenn sich der Konkurrenzkampf in diesem Gebiet im wesentlichen zwischen regional tätigen Unternehmen abspielt. Im Gegensatz zum internationalen Wirtschaftsrecht verlangt der Ausnutzungstatbestand insoweit keine gesamtwirtschaftliche Beurteilung. Haben internationales Wirtschaftsrecht und nationales Wettbewerbsrecht somit verschiedene Regelungsbereiche und passen die Vorschriften des internationalen Wirtschaftsrechts nicht auf alle in Verbindung mit Billigimporten auftretenden Fragen, so wird die Beurteilung der Ausnutzung von Rechtsunterschieden an Hand des nationalen Wettbewerbsrechts auch nicht grundsätzlich durch das Prinzip der Außenwirtschaftsfreiheit ausgeschlossen.

Viertes Kapitel

Der Einfluß internationaler Rechtsunterschiede auf den nationalen Wettbewerb und die Frage der Rechtsverletzung im Lichte des § 1 UWG Im Rahmen der Rechtsanwendungsfrage läßt sich das Problem der Auswirkungen internationaler Rechtsunterschiede-wie im 2. Kapitel gezeigtnur dann befriedigend lösen, wenn eine schon an sich sittenwidrige Wettbewerbshandlung zur Beurteilung ansteht. Anders stellt sich dagegen die Problematik dar, wenn eine an sich wettbewerbskonforme Handlung durch eine vorausgehende Normverletzung hervorgerufen oder sonstwie beeinflußt wird. Bevor die Auswirkungen internationaler Rechtsunterschiede auf diesen Fragenkreis untersucht werden können, sind erst einmal die hierzu entwikkelten Grundsätze des nationalen Wettbewerbsrechts darzustellen. Auf dieser Basis kann dann auch nach einer Lösung der international-privatrechtlichen Implikation gesucht werden. I. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Normverstößen bei rein nationalen Sachverhalten

Die Frage, wie ein Verstoß gegen nicht-wettbewerbsrechtliche Nonnen aus der Sicht des Wettbewerbsrechts-insbesondere im Lichte der Generalklausel des § 1 UWG- zu beurteilen ist, stellt für die wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung und das Schrifttum kein neues Problem dar. Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen wurde dabei, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, nicht grundsätzlich jeder Verstoß gegen ein Gesetz als per se sittenwidrig erachtet; vielmehr haben Rechtsprechung und Lehre in Deutschland immer eine differenzierende Beurteilung vorgenommen. I Ausgangspunkt dieser Unterscheidung war dabei jeweils die konkret verletzte Nonn.

I Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, München 1982, S. 219; RGZ 77, 217, 220; 115,319, 325f.; BGHZ 23,184, 186 (Spalttabletten).

8 Mook

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG 1. Die Behandlung der Problematik durch das Reichsgericht

Anfänglich hatte das RG betont, nicht jeder Normverstoß sei per se sittenwidrig.2 Es stellte dabei auf den Schutzzweck der verletzten Vorschrift und seine Bewertung durch das "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" ab. Dieses empfinde- so das RG- einen Verstoß gegen gewerbepolizeiliche Vorschriften nicht als sittenwidrig. Anderes sollte danach nur dann gelten, wenn die fortgesetzte vorsätzliche Normverletzung mit dem Vorsatz der Benachteiligung Dritter erfolgte. 3 Diesen letzten Gedanken hat das Gericht später dahingehend erläutert, daß der gesetzwidrig Handelnde durch seine Handlung einen "durch nichts zu rechtfertigenden Vorsprung vor den redlichen Mitbewerbern" erlangt und damit eine Benachteiligung des Konkurrenten bewirkt. 4 Hierin sah das Gericht das sittlich Anstößige der zu beurteilenden Handlungsweise. Den Vorsprungsgedanken endgültig zum Durchbruch brachte die Entscheidung vom 12. 4. 1927:5 Beklagt war ein privater Bewachungsunternehmer, Klägerin ein gleichartiges Unternehmen. Der Beklagte bezahlte seinen Mitarbeitern einen Lohn, der unter den in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag festgesetzten Tarifen lag. Dadurch war es ihm möglich, seine Dienstleistungen auf dem Markt erheblich billiger anzubieten als seine Konkurrenten. Der Beklagte wurde u. a. dazu verurteilt, die Unterbietung der tariftreuen Konkurrenz zu unterlassen.

In der Begründung hob der Senat hervor, daß der Beklagte einen durch Rechtsbruch erlangten gewerblichen Vorteil im Wettbewerb verwertet und so einen Vorsprung vor den rechtstreuen Konkurrenten erzielt habe. 6 Die sittenwidrige Handlung sah das Gericht folglich nicht schon in dem Verstoß gegen den Tarifvertrag, sondern erst in der wettbewerbliehen Ausnutzung dieses Rechtsbruchs, d. h . in der konkreten Gestaltung des Angebotspreises durch den Beklagten. Ausschließlich diese Preisgestaltung wurde dem Beklagten dann auch auf Grund des § 1 UWG verboten. 7 Damit war erstmalig die Leitidee für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Verletzung nicht wettbewerbsrechtlicher Normen festgelegt. Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG war eine Wettbewerbshandlung dann, wenn sie sich als Verwertung eines durch Rechtsbruch erzielten Vorsprungs vor der Konkurrenz darstellte.8 RGZ 77,217,220. RGZ 77,217, 220; 115,319, 325f. 4 RGZ 88, 9, 11. s RGZ 117, 16. s RGZ 117, 16, 22. 7 RGZ 117,16, 22f. 8 Dem folgte auch die Rspr. der Instanzgerichte, OLG Oldenburg JW 1934, 1129 m. Anm. Hersehe!; OLG Stuttgart JW 1933, 2294 = HRR 1933, 1683, hier wird aus2

3

I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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Dieser Leitgedanke ist vom RG auch später wieder aufgenommen und weiterentwickelt worden. 9 Nunmehr nahm das Gericht auch eine Differenzierung nach der Art der verletzten Norm vor.to Soweit eine Vorschrift selbst sittlichen Auffassungen Ausdruck verleiht, wurde ihre Verletzung schon per se für sittenwidrig erklärt; wo die verletzte Norm dagegen nur Zweckmäßigkeitserwägungen dient, sei der Sittenverstoß nur mit Hilfe des Vorsprungsgedankens festzustellen. Er begründet nämlich erst die wettbewerbliehe Relevanz des Normverstoßes. 11 Die Verwertung dieses Vorsprungs erweist sich als wettbewerbswidrig, weil sie gegenüber der gesetzestreuen Konkurrenz die Chancengleichheit verletzt. 2. Die Entwicklung der Grundlagen durch die Rechtsprechung des BGH

Der BGH ist der Auffassung des RG in ständiger Rechtsprechung gefolgt und hat vor allem die differenzierende Betrachtung der verletzten Norm weiterentwickelt.l2 Neben die bisher anerkannten Gruppen der·sittlich-fundierten und der wertneutralen Normen stellte der BGH noch eine weitere Normengruppe. Da der Bereich der sittlich-fundierten Normen bedingt durch die enge Auslegung dieses Begriffs sehr klein ist- hierunter werden hauptsächlich strafrechtliche Verbote erfaßt - reicht er für die wettbewerbliehe Beurteilung von Gesetzesverletzungen nicht aus. 13 Als dritte Normgruppe erkannte der BGH daher solche Vorschriften, die dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen und unmittelbar wettbewerbsregelnden Charakter haben.l4 Es handelt sich hier um Normen, die zwar selbst nicht unmittelbar einem sittlichen GebotAusdruck geben, deren Einhaltung aber wegen ihrer Schutzrichtung sittlich geboten erscheint.l5 Der Verstoß gegen ein solches Gesetz ist damit per se sittenwidrig und in dem Fall, daß der konkrete Regelungsinhalt wettbewerbliehe Bezüge aufweist, daher auch eine Verletzung des§ 1 UWG. Auch bei dieser Normgruppe kommt es also auf einen Vorsprung im Wettbewerb nicht an.

drücklieh hervorgehoben, daß nur die Gestaltung des Angebotspreises gegen § 1 UWG verstößt. Zustimmend auch E. mmer, Urteilsanmerkung, in: JW 1929, 3094, 3095. 9 RGZ 166, 315; zurückhaltend bei Vertragsbruch RGZ 120, 47, 51. 1o RGZ 166, 315, 319. u Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. München 1983, § 1 UWG Rdn. 537 a. E. 12 Emmerich, a.a.O., S. 219. 13 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 538; Emmerich, a.a.O., S. 220. 14 BGHZ 22, 167, 180; 44, 208, 209; Emmerich, a.a.O., S. 220. 1s Baumbach I Hefermehl, a .a .O., § 1 UWG Rdn. 538.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG 3. Die einzelnen Fallgruppen der Rechtsprechung

a) Sittlich-fundierte Normen Verletzt eine Wettbewerbshandlung eine Vorschrift, die Ausdruck eines sittlichen Gebotes ist, so liegt per se ein Verstoß gegen § 1 UWG vor. Wie schon gesagt, ist die Gruppe dieser sittlich-fundierten Normen allerdings im wesentlichen auf die strafrechtlichen Verbote beschränkt. Sittenwidrig i.S. des§ 1 UWG handelt z.B., wer Ehre und Würde anderer Personen verletzt16 oder sonst zu Wettbewerbszwecken eine strafbare Handlung begeht.17 In all diesen Fällen wäre die zur Beurteilung anstehende Handlung auch dann als sittenwidrig zu bewerten, wenn sie keinen wettbewerbliehen Bezug hätte; die Erzielung eines Vorsprunges ist hier unerheblich.

b) Normen mit unmittelbar wettbewerblichem Charakter Auch der Verstoß gegen wettbewerbsregelnde Normen begründet für sich allein genommen noch keine Sittenwidrigkeit. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich nur dann, wenn der Normzweck der verletzten Vorschrift ihre Befolgung aus sittlichen Erwägungen fordert. 18 Dies ist immer dann der Fall, wenn überragend wichtige Gemeinschaftsgüter geschützt werden sollen. Zu nennen sind hier in erster Linie die Gesetze zum Schutz der Volksgesundheit und der Rechtspflege.1 9 So werden Verstöße gegen das HeilmittelWerbegesetz (HWG)20 und das Arzneimittelgesetz (AMG)21 sowie gegen das Heilpraktikergesetz (HPG) 22 von der Praxis regelmäßig zugleich als sittenwidrig i.S. des § 1 UWG erachtet. Auch für lebensmittelrechtliche Vorschriften wurde von der Rechtsprechung ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut als geschütztes Rechtsgut anerkannt. 23 Ebenso gehören in diese Kategorie die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes, soweit sie den 16 BGH NJW 1970, 1457 = GRUR 1970, 557 = LM § 1 UWG Nr. 216 (Erotik in der Ehe). 17 In Betracht kommen hier vor allem auch schwere steuerrechtliche Verfehlungen, vgl. Terstegen, Unlauterer Wettbewerb durch Steuerhinterziehung, Hannover 1958, s. 14ff. 18 So Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 538; Hanseat. OLG Harnburg WRP 1985, 351. 19 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 540; Emmerich, a.a.O., S. 221. 20 BGH GRUR 1970, 558 (Sanatorium); 1972, 561 (Kavaform); 1963, 536 (Iris); BGH WRP 1983, 393 = NJW 1983, 2634 (Novodigalltemagin); BGHZ 89, 78 (Heilpraktikerwerbung); BGH WRP 1984, 262, 263 (THX-Krebsvorsorge); zuletzt BGH WRP 1985, 150, 151. 21 BGHZ 22, 167, 180 (Arzneifertigwaren); 44, 208 (Novo-Petrin). 22 BGH GRUR 1957, 606 (Heilmittelvertrieb) m. Anm. Bußmann; BGH NJW 1981, 2008. 23 BGH GRUR 1958; 86 (Ei-fein); BGHZ 46, 305 (Spezialsalz); BGH GRUR 1967, 495 (Käse-Verordnung).

I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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Schutz der Allgemeinheit vor Rechtsberatung durch sachunkundige Personen zum Ziel haben.24 Allerdings sind die Verstöße gegen diese Vorschriften dann nicht wettbewerbswidrig, wenn sie schlechterdings keinen Einfluß auf den Wettbewerb haben können.25 Im Ergebnis wird damit auch in dieser Fallgruppe die Rechtsverletzung schon per se für sittenwidrig erachtet. Diese muß allerdings- und insoweit sind die Voraussetzungen enger als bei einem Verstoß gegen sittlich-fundierte Normen- zur Beeinflussung des Wettbewerbs in irgendeiner Form geeignet sein. Abschließend ist jedoch zuzugeben, daß die Abgrenzung zwischen der Gruppe der wettbewerbsregelnden Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und der Gruppe der wertneutralen Normen oftmals schwer vorzunehmen ist.2s Die Praxis hat daher z. T. auch bei Verstößen gegen solche Schutznormen hilfsweise auf den Vorsprungsgedanken zurückgegriffen. 27

c) Wertneutrale Normen Verstößt eine Wettbewerbshandlung gegen eine Vorschrift, die weder von ihrem Inhalt noch von ihrer Schutzrichtung her als Ausdruck einer besonderen sittlichen Wertung gesehen werden kann, so ist diese Handlung zwar gesetz- aber nicht per se sittenwidrig. Dies liegt darin begründet, daß die fraglichen wer~neutralen Normen keinen sittlichen Bezug aufweisen, sondern Ausdruck ordnender Zweckmäßigkeit sind.2a Die Anzahl der in diesen Bereich gehörenden Vorschriften ist ausgesprochen groß. Neben Vorschriften, die eine gewerberechtliche Anzeige- und Erlaubnispflicht statuieren,29 sind hier vor allem zu nennen die PreisangabenV0,30 das Ladenschlußgesetz,31 das Rabatt- und Zugaberecht, 32 tarifliche Regelungen33 und Kenn24 BGHZ 48, 12; BGH NJW 1974, 557 u. 1244; 1981, 873; BGHZ 79, 390, 399 = NJW 1981, 2519. 25 Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, S. 221; BGH GRUR 1974, 402. 26 Baumbach I Hefermehl, a.a .O., § 1 UWG Rdn. 540. 27 BGH GRUR 1957, 606 (Heilmittelvertrieb); 1967, 495 (Käse-VO); 1967, 362, 366 = BGHZ 46, 305 (Spezialsalz); BGH GRUR 1973, 212 (Mini-Car); ebenso Schricker, Unlauterer Wettbewerb durch Verletzung straf- und verwaltungsrechtlicher Vorschriften, in: JurA 1970, 69, 76. 28 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 545. 29 BGH GRUR 1963, 578, 583 (Sammelbesteller); BGH GRUR 1974, 34. 30 BGH GRUR 1973, 655 (Möbelauszeichnung); 1979, 553 (Luxus-Ferienhäuser). 31 BGH GRUR 1966, 323 (Ratio); 1974, 31; 1976, 438 (Tag der offenen Tür); BGH GewArch 1984, 136; OLG Hamm WRP 1985, 353, 354. 32 Z. B. LG Harnburg WRP 1975, 615. 33 BGH GRUR 1960, 193 (Frachtenrückvergütung); OLG Köln WRP 1980, 353 (IATA-Tarife); siehe auch RGZ 117, 16.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

zeichnungsvorschriften. 3 4 Verletzungen dieser Vorschriften sind nur dann sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG, wenn noch weitere Umstände zu dem Rechtsbruch hinzutreten. Dieses weitere, die Sittenwidrigkeit begründende Moment ist nun in dem ungerechtfertigten Vorsprung zu sehen, den sich der Wettbewerber vor seinen Konkurrenten verschafft. Er nutzt dabei die Gesetzestreue der Konkurrenten aus und verletzt die "par conditio concurrentium", die durch die für alle Wettbewerber geltende Gesetzesvorschrift geschaffen wurde. 35 Der betreffende Vorsprung wird dabei typischerweise in einer günstigeren Preisgestaltung oder in besserer Produktqualität bestehen. Auf Fälle einer solchen Angebotsverbesserung ist der Vorsprungsgedanke jedoch nicht beschränkt; 36 mitberücksichtigt wird auch jeder sonstige Vorteil im Kampf um den Kunden, wie z.B. längere Geschäftszeiten, aggressivere Werbemethoden und wirkungsvollere Vertriebssysteme. 37 Vorteile, die keine Außenwirkung haben (z.B. bloße Steigerung von Gewinnen), können dagegen im Rahmen der Vorsprungsargumentation nicht in Rechnung gestellt werden.3 8 Wettbewerbswidrig sind damit weder der Rechtsbruch noch der Wettbe. werbsvorteil an sich; entscheidend ist vielmehr das zwischen ihnen bestehende Kausalitätsverhältnis.39 Es ist damit also die Störung der wettbewerbliehen Chancengleichheit durch Rechtsbruch, die zu einem Verstoß gegen § 1 UWG führt.4o Eine sittenwidrige Handlung ist daher auch nur gegenüber solchen Mitbewerbern, für die die verletzte Vorschrift überhaupt gilt und die sich auch nach ihr richten, gegeben.41 4. Kritik des Schrifttums

Auch wenn die h::L." diesen von der Rechtsprechung entwickelten Prinzipien im wesentlichen gefolgt ist,•2 so ist doch auch starke Kritik laut geworBGH GRUR 1980, 302. Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 548; BGH WRP 1985, 332, 335; OLG Düsseldorf WRP 1985, 78, 81. aa Vgl. Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, S. 220. 37 BGH LM zu § 1 UWG Nr. 127 = JuS 1964, 38 Nr. 5; OLG Frankfurt BB 1961, 1030; hierzu Höfter, BB 1971, 732. 38 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 554f.; Eichmann, Der Vorsprung durch eigenen Rechtsbruch, in: GRUR 1967, 564, 568; offengelassen von Emmerich, a.a.O. 3 9 Ebenso Ulmer I Reimer, Unlauterer Wettbewerb, Bd. III, Deutschland, TZ 85; v . Hader, Der Einfluß der par condicio auf die Bewertung im Wettbewerbsrecht,.jur. Diss. Harnburg 1968, S. 11 u. 22. 40 Im Ergebnis ebenso Meyer-Cording, Der Gleichheitssatz im Privatrecht und das Wettbewerbsrecht, in: Festschr. für Nipperdey, München 1965, S. 537, 546, 550f., der in der Begründung den Rückgriff auf den Gleichheitssatz allerdings ablehnt. 41 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 549. 34 35

I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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den. Diese richtet sich vor allem gegen die Unterscheidung von sittlich-fundierten und wettneutralen Normen. 43 So wird hier vor allem auf die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen diesen Normgruppen hingewiesen und der Rechtsprechung insoweit- vielleicht nicht ganz zu Unrecht- Inkonsequenz bei der konkreten Unterscheidung vorgeworfen.44 Der m. E. wesentliche Kritikpunkt richtet sich jedoch gegen den Begriff der sittlich-fundierten Norm. Die Wettbewerbswidrigkeit eines Verstoßes gegen eine solche Vorschrift soll sich nach der h. M. aus einer Verletzung der "guten Sitten" i.S.d. § 1 UWG ergeben. Der eigentlich einleuchtende Satz, die Verletzung einer "sittlich-fundierten Norm"sei gleichzeitig eine Sittenwidrigkeit i. S. d. § 1 UWG ist aber nur dann· richtig, wenn in beiden Fällen ein identischer Sittenbegriff zugrunde gelegt wird. 45 Gerade in diesem Punkt aber setzt die Kritik ein. Nach ihr verbirgt sich hinter den "guten Sitten" in § 1 UWG keine rein ethisch-moralische, sondern eine spezifisch wettbewerbsbezogene Wertung.46 Der Sittenbegriff in § 1 UWG verweist vielmehr auf den "guten kaufmännischen Standesbrauch"47 • Die h.M., so wird argumentiert, beruhe damit auf der irrigen Auffassung, der Maßstab der guten Sitten in§ 1 UWG erfordere eine rein ethische Wertung. 48 In ihren eigenen Lösungsvorschlägen verzichten diese Kritiker dann auch vollständig auf das Kriterium einer "sittlichen Fundierung"49. Als allein entscheidend für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einer Gesetzesverletzung bezeichnet v. Harder vielmehr den Vorsprungsgedanken. 50 Darüber hinaus stellt v. Schall-Riaucour auf die Wettbewerbsnähe der verletz4 2 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 535ff.; v. Godin, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 1974, § 1 UWG TZ 169ff.; v . Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. 1981, § 1 UWG Rdn. 40ff.; Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, Heidelberg- Karlsruhe 1981, S. 33ff.; mmer I Reimer, a.a.O., TZ 79ff.; Spengler I Weber, Wettbewerb - Recht und Schranken, 2. Aufl. Stuttgart- Wiesbaden 1972, S. 242ff.; Eichmann, GRUR 1967, 564ff. 43 Emmerich, a.a.O., S. 224; Nordemann, Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. Bonn 1981, Rdn. 484ff.; v. Harder, a.a.O., S. 38ff.; v. Schall-Riaucour, Wettbewerbsverstöße durch Verletzung außerwettbewerbsrechtlicher Normen, jur. Diss. München 1968, S. 64ff.; Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, München 1970, S. 239ff.; ders., in: JurA 1970, 69, SOff.; Sack, Die lückenfüllende Funktion der Sittenwidrigkeitsklauseln, in: WRP 1985, 1, 10. 44 Von den in der vorigen Fußnote Genannten heben dies besonders hervor v. Schall-Riaucour, a.a.O., S. 65ff.; Schricker, Gesetzesverletzung . . ., S. 240f. und JurA 1970, 81; sowie Sack, a.a.O., S. 10. 45 v . Harder,a.a.O., S. 38ff.; Schricker, Gesetzesverletzung .. ., S. 240; ders., JurA 1970, 81. 46 Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 247; ders., JurA 1970, 81; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 536. 47 So v. Schall-Riaucour, a .a.O., S. 84. 48 v. Schall-Riaucour, a .a.O., S . 71; Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 275. 49 v . Harder, a.a.O., S. 58; Emmerich, a.a.O., S. 224. so v. Harder, a.a.O., S. 58.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und § 1 UWG

ten Norm als weiteres Kriterium ab. 51 Sie sei notwendig, um die Beziehung zwischen verletzter Norm und Wettbewerb herzustellen. Den Charakter der verletzten Norm für maßgebend erachtet auch Schrikker. Nach seiner Ansicht kommt es allerdings nicht auf das sittliche Moment, sondern allein auf die Schutzrichtung der in Rede stehenden Vorschrift an. 5 2 Deckt sich diese mit dem Schutzzweck des Wettbewerbsrechts, so liegt schon per se ein Verstoß gegen§ 1 UWG vor; 53 sind die Schutzrichtungen dagegen nicht kongruent, so läßt sich ein Eingriff in den Schutzbereich des § 1 UWG nur mit Hilfe des Vorsprungsgedankens herstellen. 54 Schrickers Lösting besteht demnach in einer Kombination aus Schutznormtheorie und Vorsprungsgedanken. Auf die Schutzrichtung der verletzten Vorschrift stellt neuerdings auch Sack ab. 54a Im Gegensatz zu Schricker zieht er den Normzweckgedanken allerdings nicht schon für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit, sondern erst bei der Feststellung des Schutzzweckzusammenhanges zwischen der verletzten Norm und der durch das UWG vorgegebenen Sanktion heran. Damit stellt nach Sack bereits jede Gesetzesverletzung auch einen Sittenverstoß dar. 55 5. Eigene Stellungnahme

Den gegenüber der h. M. kritischen Stimmen ist in ihrem Ansatzpunkt zuzustimmen. Der Sittenbegriff in § 1 UWG muß in bezug zu Ziel und Zweck des Wettbewerbsrechts gesehen werden und ist insoweit nicht mit allgemeinen ethisch-moralischen Grundsätzen identisch. 55a Daher kann auch nicht gesagt werden, daß der Verstoß gegen eine "sittlich-fundierte Norm" bereits mit einer Verletzung des § 1 UWG gleichzusetzen ist.ss Eine solche Gleichsetzung wird aber auch von der h. M. nicht behauptet. Die Kritik übersieht insoweit das in § 1 UWG enthaltene Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbshandlung oder mißt ihm nicht genügend Gewicht bei.57 Die Verletzung der sittlich-fundierten Norm unterliegt also nur dann der Beurv. Schall-Riaucour, a.a.O., S. 76ff. Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 275f.; ders., JurA 1970, 82. 53 Ebd. 54 Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 275f.; ders., JurA 1970, 82. 54a Sack, WRP 1985, 1, 10ff. 55 So ausdrücklich ebd., S. 10 (sub lli 2 b). 55a Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 244. 56 Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 240; ebenso Kraft; Interessenahwägung und gute Sitten im Wettbewerbsrecht, München 1963, S. 136. 57 Nach Schricker, Gesetzesverletzung . .. , S. 243, stellt dieses Tatbestandsmerkmal nur eine äußere Beziehung zum Wettbewerb her, die allein nicht zur Ausfüllung des Sittenbegriffs ausreicht. Nach Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 535, dagegen bildet dieses Merkmal gerade die innerliche Verknüpfung von Gesetzesverletzung und Sittenverstoß. 51

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I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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teilungdurch § 1 UWG, wenn sie im Rahmen einer Wettbewerbshandlung und zu Wettbewerbszwecken erfolgt. Diese Voraussetzung ist immer dann als erfüllt anzusehen, wenn der Gesetzesverstoß-objektiv zur Förderung des Wettbewerbs geeignet ist. Durch das Erfordernis einer Handlung " ... zu Zwecken des Wettbewerbs ... " in § 1 UWG fließt damit der Vorsprungsgedanke in jede wettbewerbsrechtliche Beurteilung mit ein. 5B Es ist daher auch nicht der Normverstoß selbst, sondern dessen wettbewerbsbezogener "Einsatz", der die Sanktion des § 1 UWG auslöst. Dabei ist es aber durchaus denkbar, daß der Normverstoß bereits eine so schwere ethisch-moralische Verfehlung beinhaltet, daß sein "Einsatz" im Wettbewerb auch ohne das Hinzutreten weiterer Kriterien schon als sittenwidrig im wettbewerbliehen Sinne bezeichnet werden kann. Voraussetzung ist hierbei allerdings im konkreten Fall eine- zumindest teilweise - Kongruenz des ethisch-moralischen und des wettbewerbliehen Sittenbegriffs.59 Diese Kongruenz ist- wie Schricker zutreffend ausführt6o - erst Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Prüfung und nicht ihr Ausgangspunkt. Sie kann m.E. aber bei der Verletzung einiger bestimmter Normen mit besonderem sittlichen Gehalt vermutet werden, so daß eine Prüfung im Einzelfall unterbleiben kann. Der Verstoß gegen eine sittlichfundierte Norm dient dann als Beweisanzeichen dafür, daß diese Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit einer Wettbewerbshandlung auch gegen die guten Sitten i. S. d. § 1 UWG verstößt. 61 Dabei muß allerdings gesichert sein, daß der Kreis jener "sittlich-fundierten" Normen, die eine solche Vermutungswirkung auslösen, eng begrenzt bleibt. 62 Unter diesen Voraussetzungen erscheint es jedoch richtig, eine Fallgruppe mit der Rechtsfolge automatischer Sittenwidrigkeit i. S. d. § 1 UWG bei Verstößen gegen sittlich-fundierte Normen anzuerkennen.sa In bezug auf die zweite Fallgruppe, also die der Normen mit unmittelbar wettbewerbsregelndem Charakter zum Schutz wichtiger Allgemeingüter, ss Ebenso Kraft, a.a.O., S. 136. 59 Daß in den Bereichen, in denen sich die Sittenbegriffe überschneiden, die Gesetzesverletzung auch ein Verstoß gegen § 1 UWG nach sich zieht, wird auch von den Kritikern der h.M. zugegeben, vgl. v. Harder, a.a.O., S. 38ff.; Schricker, Gesetzesverletzung .. ., S . 242. 60 Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 242. 61 Auch Eichmann, GRUR 1967, 564, 565, mißt dem Verstoß gegen eine sittlich-fundierte Norm einen solchen Beweiswert für den sittenwidrigen Gehalt der Wettbewerbshandlung zu. 62 Daß der Kreis der hier in Betracht kommenden Nonnen sehr klein ist, geben auch Baumbach I Hefermehl, a .a .O., Rdn. 538, zu. 63 Nach Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn.538, liegt es auch im Rahmen des Schutzzwecks des§ 1 UWG, zu verhindern" ... , daß durch Wettbewerbshandlungen gewichtige Interessen der Allgemeinheit verletzt werden, deren Mißachtung gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt, ohne daß es noch auf die Verschaffung eines Wettbewerbsvorsprunges ankommt, . . . " (Hervorhebung im Original).

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

gilt ähnliches. Allerdings genügt der auf wichtige Allgemeingüter gerichtete Schutzzweck dieser Normen allein nicht, um auch die Wettbewerbswidrigkeit eines Normverstoßes zu indizieren. Dies folgt daraus, daß der Schutz bedeutender Gemeinschaftsgüter nicht in jedem Fall auch im Schutzbereich des UWG liegt. 64 Auch der Zusammenhang der Gesetzesverletzung mit einer Wettbewerbshandlung genügt hier alleine nicht, um eine übereinstimmende Beurteilung des Sachverhalts nach allgemein-sittlichen Vorstellungen und nach dem wettbewerbliehen Sittenmaßstab des § 1 UWG herzustellen. Als zusätzliches Kriterium ist hier noch erforderlich, daß die verletzte Norm unmittelbar wettbewerbsregelnden Charakter hat, d. h. daß sie das wichtige Gemeinschaftsgut gerade gegen solche Angriffe schützen will, die durch einen verschärften Wettbewerb hervorgerufen werden oder auf ihm beruhen. Es sind damit die Schutzrichtung der verletzten Vorschrift tind ihr wettbewerbsbezogener Charakter, die das Sittenwidrigkeitsurteil i. S. d. § 1 UWG über eine gesetzesverletzende Wettbewerbshandlung begründen. In der dritten Fallgruppe der Normen ordnender Zweckmäßigkeit gibt die verletzte Vorschrift weder in ihrem Handlungsgebot noch in ihrem Schutzzweck einer besonderen Wertvorstellung Ausdruck. Der Verstoß gegen eine solche Norm kann daher allein auch die guten Sitten im wettbewerbliehen Sinn nicht tangieren. 65 Der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zugänglich ist allerdings der "Einsatz" der Folgen des Normverstoßes, d. h. die Vorteilsverschaffung. Diese wird hier als sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG zu werten sein, da sie auf einem Vorgang beruht, den die gesetzestreuen Konkurrenten nicht nachvollziehen können. 66 Gegen § 1 UWG verstößt also nicht die Gesetzesverletzung als solche, sondern die mit ihr verbundene bzw. durch sie ermöglichte Wettbewerbshandlung. Daher geht wohl auch der Einwand v. Harders, die Befolgung von Normen ordnender Zweckmäßigkeit müsse der Staat überwachen und den Konkurrenten dürfe über § 1 UWG keine quasi polizeiliche Funktion gegeben werden, 67 an der eigentlichen.Zielrichtung der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung vorbei. Die Mitbewerber können mit§ 1 UWG nicht den Normverstoß, sondern nur dessen Auswertung für den Wettbewerb verhindern. Zusammenfassend stellen sich damit für die drei Fallgruppen des § 1 UWG zwei Kriterien als maßgeblich heraus, die in einer gegenseitigen Wechselbeziehung zueinander stehen: die Wertbezogenheit der verletzten Norm und ihres Schutzzweckes und der wettbewerbliehe Bezug der Verletzungshandlung. Das Sittenwidrigkeitsurteil nach § 1 UWG setzt sich aus v. Harder, a .a.O. (Fn. 39), S . 41. Schricker, JurA 1970, 82. 66 Ebd. 67 v. Harder, a.a.O., S. 23, unter Hinweis auf Kohler, Der unlautere Wettbewerb, Berlin I Leipzig 1914. 64 65

I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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einer Kombination beider Kriterien zusammen. Je deutlicher dabei der Sittenbezug der verletztem Norm ist, desto geringere Anforderungen sind an den wettbewerbliehen Bezug der Verletzung zu stellen und umgekehrt. Jedoch ist dieser Unterschied nicht nur graduell, sondern zumindest in bezug auf die Struktur der Norm auch qualitativ. In den Fallgruppen 1 und 2 ist es der Verstoß gegen die Norm selbst, der das Urteil der Sittenwidrigkeit begründet; das Schutzgut der verletzten Norm spielt damit eine erhebliche Rolle bei der Bewertung der Wettbewerbshandlung im Lichte des § 1 UWG. In der dritten Gruppe dagegen manifestiert sich in dem Merkmal Rechtsbruch nur der Verstoß gegen für alle Konkurrenten gültige Ausgangsbedingungen. Die Schutzrichtung der verletzten Norm ist hier für die Beurteilung nach§ 1 UWG unerheblich; es' genügt vielmehr, das sich der Wettbewerber einer beliebigen rechtlichen Bindung, der er und seine Konkurrenten unterworfen sind, widersetzt hat. Da diese Fallgruppe neben dem Rechtsbruch noch weitere Erfordernisse aufstellt - neben dem wettbewerbliehen Vorteil wird auf der subjektiven Seite ein bewußtes und planmäßiges Handeln verlangt- handelt es sich hier nicht um eine echte Blankettnorm. 68 Eine "blankettnormartige" Struktur kann dieser Fallgruppe gleichwohl aber nicht abgesprochen werden. Die durch den Rechtsbruch verletzte Vorschrift füllt dabei den blankettartigen Teil der Fallgruppe aus. ssa 6. Das zeitliche Verhältnis von Gesetzesverletzung und Wettbewerbshandlung

Diese soweit entwickelten Grundsätze beziehen sich vornehmlich auf den Fall, in dem die Gesetzesverletzung und die für § 1 UWG erforderliche Wettbewerbshandlung zeitlich zusammenfallen bzw. durch einen einheitlichen Vorgang erfüllt werden. Jedoch hat schon die Entscheidung des RG vom 12. 4. 1927 (Preisunterbietung durch untertarifliche Bezahlung)69 gezeigt, daß auch Normverstöße, die der Wettbewerbshandlung vorausgehen, relevanten Eiiifluß auf die Konkurrenzsituation haben können. Im Schrifttum hat sich vor allem Kohler gegen die Berücksichtigung solcher Gesetzesverletzungen in der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ausgesprochen.70 Nach seiner Ansicht sind Wettbewerbshandlungen "ohne Vorund Rückschau" zu bewerten; es ginge zu weit, dem Gewerbetreibenden zu 68 6Ba

69 70

Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 547. Ebenso Sack, WRP 1985, 1, 10. RGZ117,16. Kohler, Der unlautere Wettbewerb, Berlin I Leipzig 1914, S. 30 ff.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

gestatten, ,. ... das Geschäft des Gegners ... zu durchstöbern und in alle Winkel hineinzuleuchten. "71 Es wurde aber schon bald erkannt, daß nicht nur die wettbewerbliehe Leistung, d. h. in der Regel das Angebot, sondern auch deren Grundlagen nach den Maßstäben des Wettbewerbsrechts beurteilt werden müssen.72 Eugen Ulmer sah hierin einen Einbruch des Gemeinschaftsgedankens in das Wettbewerbsrecht. n Es ist jedoch auch in diesen Fällen nicht der Rechtsbruch selbst, sondern seine Verwertung in einer Wettbewerbshandlung, die den Verstoß gegen§ 1 UWG begründet. 74 Sittenwidrig ist der in der Wettbewerbshandlung ausgenutzte Vorteil, der durch unredliche, d.h. rechtswidrige Gestaltung der Leistungsgrundlage ermöglicht wird. 75 Um jedoch eine uferlose Anwendung dieser Fallgruppe zu verhindern, sind gewisse Einschränkungen nötig. 76 Zu fordern ist daher, daß die verletzte Norm typischerweise geeignet ist, auf die Gestaltung der Angebotsgrundlage einzuwirken.77 Ist diese Voraussetzung jedoch erfüllt, so gelten auch für vorausgehende Gesetzesverstöße prinzipiell die dargelegten Grundsätze. 78 In der Praxis werden diese Sachverhalte allerdings weniger problematisch sein. Zu einer Verwertung des vorausgehenden Normverstoßes im Wettbewerb wird es immer nur dann kommen, wenn mit ihr auch ein Vorteil verbunden ist. 71 Kohler, a.a.O., S. 31; tendenziell ebenso jetzt wieder Heymann, Verstöße gegen objektives Recht als Verletzung des§ 1 UWG, jur. Diss. Frankfurt a.M. 1971, S. 172, wenn er ausführt, es gelte die" ... Gefahr einer Wühltätigkeit der Konkurrenten insbesondere im privaten Bereich des Wettbewerbs ... " zu verhindern. 72 E. Ulmer, Wandlungen undAufgaben im Wettbewerbsrecht, in: GRUR 1937,769, 771 . n Ulmer, a.a.O., 769, 771. 74 mmer I Reimer, Unlauterer Wettbewerb, Bd. 111, Deutschland, TZ 88, stellen darauf ab, daß" ... der vorausgehende Gesetzesverstoß auf die Wettbewerbshandlung derart unmittelbar einwirken (muß), daß diese als unlautere Beeinträchtigung der Konkurrenz erscheint". 75 E. Ulmer, a.a.O., S. 771. 76 Eine solche Einschränkung fordert auch Heyinann, a.a.O., S. 166ff. Er verlangt daher, daß die verletzten Normen " . .. in objektiver und subjektiver Hinsicht eine zumindest allgemeine Wettbewerbsbezogenheit aufweisen". Auch Eichmann, GRUR 1967, 567 f., hält eine solche Einschränkung für erforderlich. Bei der vorausgehenden Verletzung von Vorschriften, die nur einen "mittelbaren Konnex" zum Wettbewerbsleben haben, stellt er auf die typische Betriebsbezogenheit der Regelung ab. 77 Diese Formulierung erscheint mir präziser und funktionsgerechter als das Kriterium der "zumindest allgemeinen Wettbewerbsbezogenheit". Das von Heymann, a.a.O., S. 172f., angeführte Beispiel" Geldbeschaffung durch außereheliche Beziehungen" würde auch bei der hier bevorzugten Formulierung von dem Kriterium nicht erlaßt. Davon abgesehen ist die bloße Beschaffung von Finanzmitteln noch keine Wettbewerbshandlung, da die finanzielle Ausstattung eines Unternehmens keinen Einfluß auf das Angebot haben muß. 78 Vgl. Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 559; mmer I Reimer, a.a.O., TZ 88; v . Schall-Riaucour, a.a.O., S. 84.

I. Normverstöße bei rein nationalen Sachverhalten

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Daher wird bei vorausgehenden .Gesetzesverstößen immer auch der Vorteilsgedanke durchgreifen. 79 Einen der Hauptfälle solcher Normverstöße bildet dabei die Verletzung arbeitsrechtlicher Bestimmungen. 80 Dies ergibt sich beinahe zwangsläufig aus der Tatsache, daß solche Vorschriften einen großen Teil der betrieblichen Kosten eines Unternehmens verursachen. v. Schall-Riaucour spricht insoweit von einem "Spannungszustand zwischen Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht", der jedoch von der konjunkturellen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abhängig ist.a1 Die besondere Bedeutung der arbeitsrechtlichen Vorschriften für das Wettbewerbsrecht kommt auch in Art.l II lit. h des schweizerischen UWG zum Ausdruck. 82 Diese Vorschrift nennt den Verstoß gegen Arbeitsbedingungen als typischen Fall wettbewerbswidriger Vorteilserlangung. 83 Aufgrund der in letzter Zeit z. T. drastisch verschärften Bestimmungen über den Umweltschutz und in Anbetracht der Tatsache, daß entsprechende Schutzmaßnahmen oft sehr kostenintensiv sind, steht zu erwarten, daß sich hier ein weiterer Normbereich für wettbewerbsrelevante Verletzungen anbietet. Bezeichnend ist insoweit auch, daß sich Arbeitsschutz und Umweltschutz in Teilbereichen überschneidenB4 und daher in diesem Zusammenhang gleiche Probleme aufwerfen können. 7. Das räumliche Verhältnis von Gesetzesverletzung und Wettbewerbshandlung

Oben wurde dargelegt, daß die Gesetzesverletzung und die nach § 1 UWG zu beurteilende Wettbewerbshandlung zeitlich auseinanderfallen können. Ist dies einmal erkannt, so drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob nicht eine weitere Aufspaltung dieser zwei Elemente der Fallgruppe "Wettbewerbsverstoß durch Gesetzesverletzung" in räumlicher Hinsicht möglich ist und wie sie sich auf die rechtliche Beurteilung auswirkt. Räumt man die Möglichkeit einer wettbewerbsrelevanten Gesetzesverletzung durch Verstoß gegen Arbeits- und l.Jmweltschut~recht, also gegen auf den Produktionsvorgang bezogene Rechtsnormen, ein und sieht man die erforderliche Wettbewerbshandlung im Angebot des entsprechenden Produktes, so wird die Möglichkeit einer räumlichen Trennung dieser Vorgänge sofort deutlich. Ebenso Eichmann, GRUR 1967, 567. v. Schall-Riaucour, a.a.O., S. 45 ff.; Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 34. 81 v. Schall-Riaucour, a.a.O., S . 45. 82 Hierzu aus der deutschen Literatur Schricker, Gesetzesverletzung .. ., S. llOff. 83 Schricker, Gesetzesverletzung ... , S. 113m. w.N. 84 Als Beispiel mag der Sachverhalt der "Asbestimporte"-Entscheidung dienen. 79

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Solange dabei Herstellung und Vertrit:!b ein und derselben Rechtsordnung unterworfen sind, ergeben sich keine Schwierigkeiten. Die Grundsätze über den "Wettbewerbsverstoß durch Gesetzesverletzung" kommen ohne weiteres zur Anwendung. Zu Problemen führt es jedoch, wenn für beide Elemente der Fallgruppe unterschiedliches Recht gilt. Dies wird besonders häufig in den Fällen einer Produktionsverlagerung ins Ausland vorkonimen.85 Der einheitliche, einer wettbewerbsrechtlichen Gesamtschau unterworfene Vorgang86 wird dann von zwei unterschiedlichen Rechten beherrscht. Nach Lösungen für die damit verbundene internationalrechtliche Problematik soll im folgenden gesucht werden. ß. "Wettbewerbsverletzung durch Rechtsbruch"

bei Fällen mit Auslandsberührung

Unter welchen Voraussetzungen eine Wettbewerbshandlung der Beurteilung durch das deutsche Recht unterliegt, wurde oben bereits dargelegt. Hier sollen nur noch die Sachverhalte untersucht werden, in denen die fragliche Wettbewerbshandlung zwar im Inland stattfindet, während eine diese beeinflussende Handlung, die im Inland eine Gesetzesverletzung darstellen würde,. von ihr räumlich getrennt und ins ·Ausland verlegt wird, wo sie erlaubt ist. Als typisches Beispiel soll dazu die Preisunterbietung im Inland herangezogen werden, die durch günstigeres Arbeits- und Umweltschutzrecht im Ausland ermöglicht wurde.s7 Der zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung anstehende Vorgang ist dabei nur die Preisgestaltung im Inland und nicht etwa die evtl. eine Gesetzesverletzung darstellende Handlung. 88 Das Angebot zum niedrigen Preis aber findet im Inland statt u~d bezieht sich auf den inländischen Wettbewerb mit den ebenfalls inländischen Konkurrenten. Nach den Grundsätzen des internationalen Wettbewerbsrechts ist daher in der Sache deutsches Wettbewerbsrecht berufen. Es kommt damit die Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Normverstoß" zur Anwendung. Fraglich ist dabei, wie sich die Tatsache, daß die den möglichen Normverstoß darstellende Handlung im Ausland vorgenommen wird und dort ss Vgl oben Erstes Kapitel II. 1. a).

So Baumbach I Hefermehl, a .a .O., § 1 UWG Rdn. 559. Auf die wirtschaftliche Bedeutung dieser Sachverhaltsgestaltung weisen auch hin Katzenberger, Inländischer Wettbewerb, ordre public und ausländisches Arbeitsschutzrecht, in: IPRax 1981, 7, 8 und Oppenhoff, Anm. zur "Asbestimporte"-Entscheidung, in: GRUR 1980, 861. 68 Vgl. noch einmal oben Fn. 8. 86

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II. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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erlaubt ist, auf die Beurteilung des Gesamtsachverhalts nach deutschem Recht auswirkt. 1. Der BGH und die "Asbestimporte"-Entscheidung

In einen oben als typisch bezeichneten Sachverhalt gekleidet lag dem BGH das Problem in der "Asbestimporte"-Entscheidungs9 zur Beurteilung vor. Ohne ausdrücklich auf die Fallgruppe "Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch" einzugehen, führte das Gericht aus, ein Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen liege nicht vor, da die deutschen Gesetze in Südkorea nicht gelten und entsprechende südkoreanische Vorschriften nicht existieren.90 In seiner Besprechung der Entscheidung versucht Katzenberger,91 diese knappe Aussage i. S. eines international-privatrechtliehen Lösungsansatzes zu systematisieren und auszubauen. Die Frage, ob die im Ausland erfolgte Handlung einen Rechtsbruch i. S. d. entsprechenden Fallgruppe des § 1 UWG darstellt, ordnet Katzenberger als international-privatrechtliche Vonrage ein.92 bie hypothetische Rechtsverletzung knüpft Katzenberger dann entweder nach der Tatortregel oder nach den Regeln des internationalen Straf- oder Verwaltungsrechts an9 3 und kommt damit in concreto zur Anwendung südkoreanischen Rechts.94 Verallgemeinert bedeutet dies, daß sich das Vorliegen einer Rechtsverletzung in Sachverhalten der hier interessierenden Art immer nach dem Recht des Auslandes beurteilt. Von diesem Ausgangspunkt entwickelt Katzenberger sein Konzept dann fort und überprüft das koreanische Recht am Maßstab des ordre public (Art. 30 EGBGB).95 Daß die entsprechenden Arbeitsschutzbestimmungen im koreanischen Recht völlig fehlen, steht dem nicht entgegen; das Nichtvorhandensein der Regelung wird dabei mit der ausdrücklichen Zulasssung der entsprechenden Produktionsweise gleichgesetzt.96 Das Fehlen von entsprechenden Arbeitsschutzbestimmungen wird damit im Ergebnis am Maßstab von "Gerechtigkeitsvorstellungen des Inlandes" 89 BGH NJW 1980, 2018 = GRUR 1980, 858 = IPRax 1981, 20; zum Sachverhalt siehe oben die Übersicht zur Rspr. 90 BGH GRUR 1980, 860. 91 Katzenberger, IPRax 1981, 7. 92 Katzenberger, IPRax 1981, 8. 93 Katzenberger, a.a.O., bei Fn. 9; mißverständlich ist allerdings, daß Katzenberger hier von "Qualifikation der hypothetischen Rechtsverletzung" spricht. 94 Das Problem der selbständigen und unselbständigen Anknüpfung der Vorfrage taucht hier nicht auf, da bei Sachverhalten der vorliegenden Art immer das deutsche Wettbewerbsrecht anwendbar ist. Vgl. Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, 1. Aufl. Tübingen 1962, S. 238. 95 Katzenberger, a.a.O., bei Fn. 11. 96 Katzenberger, a.a.O., bei Fn. 11; ähnlich für das Fehlen des Differenzeinwandes im New Yorker Recht BGH JZ 1978, 802, dazu auch Wengler, JZ 1979, 175.

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4. Kap.: lnt. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

beurteilt.97 In diesem Rahmen wurden allerdings die örtlichen Verhältnisse in Südkorea mitberücksichtigt. Katzenberger selbst räumt allerdings ein, daß der BGH diesen dogmatischen Weg über IPR-Vorfrage und ordre public nicht einschlägt. 98 Ausgehend von der unstreitigen Anwendbarkeit des deutschen Wettbewerbsrechts behandelte der Senat die Frage, ob das Tabestandsmerkmal des Rechtsbruchs durch die Auslandshandlung erfüllt sei, als Auslegungsproblem. 99

Ohne auf die damit angedeutete Kontroverse- Tatbestandswirkung ausländischen Rechts als Auslegungsproblem oder als international-privatrechtliche Vorfrage-näher einzugehen, kommen Knieper I Fromm in ihrer kritischen Anmerkung zur "Asbestimporte"-Entscheidungtoo zu einem abweichenden Ergebnis. Nach ihrer Ansicht hätte es "die enge Verknüpfung zum Inlandsmarkt ... ohne weiteres (zugelassen), den Begehungsort (§ 24 UWG) im Inland zu sehen"1°1. Knieper I Fromm wollen auf die südkoreanische Asbestproduktion deutsches Arbeitsschutzrecht anwenden. Worin sie die diesen Schritt rechtfertigende enge Verknüpfung zum Inlandsmarkt sehen, wird deutlich, wenn sie ausführen: "Die Produktion orientiert sich vollständig auf die entwickelten Industrienationen, die Berührungspunkte zu Südkorea selbst sind eher locker" 102. Zum Anknüpfungsmoment für die Frage, nach welcher Rechtsordnung sich das Vorliegen eines Rechtsbruches beim Produktionsvorgang richtet, wird damit der Markt, für den die betreffenden Güter hergestellt werden.toa Die Gegensätzlichkeit dieser Ansichten zeigt bereits, welche Bedeutung die "Anknüpfung des Rechtsbruches" für Sachverhalte der vorliegenden Art hat. Es ~rscheint daher angebracht, auf die einzelnen Möglichkeiten vertieft einzugehen und ihre Anwendbarkeit auf die Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" detailliert zu untersuchen.

Katzenberger, a .a.O., bei Fn. 12. Katzenberger, a.a.O., S. 10. 99 Vgl. hierzu Ferid, Im Ausland erfüllte Tatbestandsmerkmale inländischer Sachnormen, in: GRUR int. 1973, 472, sowie Stoll, Deliktsstatut und Tatbestandswirkung ausländischen Rechts, in: Festschr. für Lipstein, 1980, S. 259. 100 Knieper I Fromm, NJW 1980, 2020. 101 Ebd., re. Sp. 102 Ebd. 103 Dies wird besonders deutlich, wenn die Autoren ausführen: "Dort (Südkorea) wird mit ,westlicher' Technologie für den ,westlichen' Markt bei möglicherweise sogar Engagement ,westlichen' Kapitals produziert ... ", a.a.O., re. Sp. 97

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Il. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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·2. Die Vorfrage im IPR, der deutsche "ordre public" 11nd da~ Tatbestands~erkm.al "Rechtsbruch" in§ 1 UWG

a) Der Begriff der Vorfrage Bei einem Sachverhalt mit Auslandsberühr_ung enden die internationalrechtlichen Probleme nicht, wenn mit Hilfe des IPR das anwendbare Sachrecht gefunden ist. Vielmehr ist es möglich, daß die einschlägige Sachnorm in ihren Tatbestandsvoraussetzungen selbst wieder eine Rechtsfolge nennt,l04 d.h. die maßgebliche materielle Vorschrift setzt die Merkmale einer anderen selbständigen Rechtsfigur voraus.l 05 Die Frage nach dem Vorliegen dieser Rechtsfigur wird allgemein als die Vorfrage bezeichneuoa Bei der Vorfrage handelt es sich also um Rechtsverhältnisse, die im Tatbestand einer Sachnorm auftreten. 107 Hauptsächlich tritt die Vorfrage im Bereich des Familien- und Erbrechts auf, wenn eine Sachnorm z.B. eine bestehende Ehe voraussetzt. tos Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Vorfrage treten bei der Suche nach demjenigen Recht auf, nach dem sich die Vorfrage beurteilt. Es fragt sich nämlich, ob hierfür grundsätzlich das IPR der lex fori oder das IPR der Rechtsordnung, der die ursprüngliche Sachnorm angehört, maßgebend ist. Im ersten Fall spricht man von selbständiger, im zweiten Fall von unselbständiger Anknüpfung. Welcher dieser Anknüpfungsregeln der Vorzug zu geben ist, ist bis heute umstritten. Die wohl herrschende Meinung knüpft die Vorfrage selbständig an und gibt damit der inneren Entscheidungsharmonie des Forumstaates den Vorrang.l 09 Die Gegenmeinung vertritt die unselbständige Anknüpfung und betont damit die äußere Entscheidungsharmonie no Eine dritte Ansicht legt sich nicht grundsätzlich fest; sie 104 Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. München 1985, S. 209 f.; Firsching, Einführung in das internationale Privatrecht, 2. Aufl. München 1981, S. 71. 105 Serick, Die Sonderanknüpfung von Teilfragen im internationalen Privatrecht, in: RabelsZ 18 (1953), 633, 642. 106 Selbständige Rechtsfiguren können auch im Tatbestand einer Kollisionsnorm auftreten. Z. T. wird auch in diesem Fall von einer Vorfrage gesprochen, Kegel, a.a.O., S. 211. Dann ist zwischen Sachnormenvorfrage und Kollisionsnormenvorfrage zu unterscheiden. 107 Raape I Sturm, Internationales Privatrecht, Bd. I, 6. Aufl. München 1977, S . 286 (Hervorhebung v. Verf.). 108 Vgl. die Beispiele bei Kegel, a .a.O., 209 ff.; Firsching, a.a.O.; Raape I Sturm, a .a.O. 109 Statt aller Kegel, a.a .O., S. 213 f.; Raape I Sturm, a.a.O., S . 290; Palandt I Heldrich, Vorb. v. Art. 7 EGBGB Anm. 6c; Erman I Arndt, Vorb. 3 vor Art. 7 EGBGB; IPG 1967168 Nr. 58 (Freiburg); 1970 Nr. 22 u. 25 (Köln); 1979 Nr. 24 u. 26 (Heidelberg); 1972 Nr. 17 (München). uo Wolf!, Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl. Berlin I Göttingen I Heidelberg 1954, S . 79; Neuhaus, Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, 1. Aufl. 1962, S. 238; Wengler, Die Ehelichkeit der Kinder aus hinkenden Ehen griechischer Staatsangehöriger in Deutschland, in: JR 1963, 41; ders., Gutachten II Nr. 80, 81,84,86,87,88, 89,91, 121.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

gibt je nachdem, wie stark oder schwach die Inlandsbeziehung des fraglichen Sachverhalts ist, bald der inneren, bald der äußeren Entscheidungsharmonie den Vorzug.llt Indes ist, auch wenn man die Frage, nach welchem Recht sich das Tatbestandsmerkmal Rechtsbruch in § 1 UWG richtet, als Vorfrage auffaßt, der geschilderte Meinungsstreit hier nicht relevant. Da es um den Einfluß internationaler Rechtsunterschiede auf den Binnenwettbewerb geht, treffen in diesen Fällen die beteiligten Interessen immer auf dem Inlandsmarkt zusammen und lex causa ist in den in Rede stehenden Sachverhalten immer das deutsche Wettbewerbsrecht. Selbständige wie unselbständige Anknüpfung führen in den hier interessierenden Fällen daher immer zum selben Ergebnis. 112 Sieht man das Problem des auf das Tatbestandsmerkmal "Rechtsbruch" anwendbaren Rechts als Vorfrage im international-privatrechtliehen Sinn, so bleibt jedoch festzuhalten, daß in diesem Fall konsequenterweise nach einem entsprechenden Anknüpfungsmerkmal zu suchen ist. Dieses kann insoweit ist Katzenberger zuzustimmen - nur der Begehungsort der möglichen Rechtsverletzung sein.ttJ Nach der Tatortregel bzw. nach den Grundsätzen des internationalen Verwaltungsrechts beurteilt sich die Frage nach dem Rechtsbruch dann nach dem fremden Recht. Die von Knieper I Fromm befürwortete Anknüpfung an· den Markt, für den die Güter bestimmt sind,11 4 führt unter Umstanden ~li einer ~rheblichen Rechtsunsicherheit. So fragt sich, welches Recht gelten soll, wenn das betroffene Unternehmen seine Produkte in mehreren Ländern und darüber hinaus gar noch in dem Land, in dem es seine Produktionsstätte hat, vertreibt. Soll in diesem Fall der jeweilige Marktanteil entscheiden, oder sind die in Betracht kommenden Rechte zu kumulieren? Auch würde diese Anknüpfung für den betroffenen Betrieb ein schweres Expansionshemmnis bedeuten, da bei der Erschließung neuer Absatzmärkte auch immer besondere Folgen für den Produktionsvorgang zu befürchten wären. Die Unternehmen wären damit an einer flexiblen Absatzmarktpolitik gehindert. Aber auch mit der Anknüpfurig an das Recht des Produktionsortes sind noch nicht alle .Fragen geklärt. Vielmehr ist das so gefundene materielle Recht an Hand der Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB zu überprüfen. 115

Ferid, Internationales Privatrecht, Nr. 4-62; Firsching, a.a.O., S. 71. Z. T. wird daher von einer Vorfrage immer nur dann gesprochen, wenn in der Hauptsache ausländisches Recht anzuwenden ist; vgl. Neuhaus, a .a.O., S . 238. 113 Vgl. oben bei Fn. 94. 114 Vgl. oben bei Fn. 103. 115 Katzenberger, IPRax 1981, 8. 111

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li. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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b) Das auf die Vorfrage anwendbare Recht und der "ordre public" Problematisch ist diese Überprüfung vor ailem, wennes-wie z.B. in der "Asbestimporte"-Entscheidung - am Produktionsort an einer rechtlichen Regelung der fraglichen Produktionsbedingungen gänzlich fehlt. Hier bietet es sich unter Umständen an, die Lösungen, die für die Problematik der Nichtermittelbarkeit des Inhalts einer fremden Rechtsordnung diskutiert werden, 116 entsprechend auf die vorliegende Frage zu übertragen. Ist der Inhalt eines zur Entscheidling berufenen Sachrechts nicht feststellbar, so ist nach einem angemessenen Ersatzrecht zu suchen. Der Weg, auf dem dieses Ersatzrecht zu gewinnen ist, ist allerdings umstritten. So greift die Rechtsprechung überwiegend auf die lex fori zurück. 117 Daneben werden aber auch das nächstverwandte Reclit118 oder das wahrscheinlich geltende Recht119 herangezogen. Gelegentlich werden auch im Wege der Rechtsvergleichung allgemein geltende Grundsätze ermittelt.12o Diesem letzten Vorschlag ähnlich ist ein Lösungsvorschlag von Kreuzer,121 demzufolge als Ersatzrecht ein Einheitsrecht aus multilateralen Konventionen und supranationalen Rechtssetzungsakten herzuleiten ist, das seine Legitimation aus dem internationalen Konsens über die zugrundeliegenden Regelungen gewinnt. In erster Linie sollen dabei Konventionen mit universal geplantem Anwendungsbereich- wie z.B: di~ Übereinkommen der ILO- in Betracht kommen, da von ihnen eine besonders starke "persuasive authority" ausgeht. Problematisch ist dabei vor allem die Frage, ob und inwieweit diese zugrundeliegenden Konventionen von den beteiligten Staaten ratifiziert bzw. in nationales Recht umgesetzt sein müsssen. Gerade weil es an der Ratifikation durch Südkorea fehlte, hatte der BGH in der "Asbestimporte"Entscheidung auch das ILO-Übereinkommen Nr. 139 nicht angewandt,l22 Allerdings erscheint es schon im Grundsatz fraglich, inwieweit die für den Fall der Nichtfeststellbarkeit fremden Sachrechts vorgeschlagenen Lösungsansätze auf die vorliegende Fragestellung übertragbar sind. Der Rechtsgrund für die Anwendung von Ersatzrecht ist dort das verfassungsrechtliche Verbot der Rechtsverweigerung.l23 Diese Notwendigkeit, ein Ersatzrecht zu suchen, besteht aber in dem Fall nicht, in dem das für eine 116 Einen Überblick hierzu gibt Kreuzer, Einheitsrecht als Ersatzrecht, in: NJW 1983, 1943. 117 BGHZ 69, 387, 393ff.; BGH NJW 1982, 1215; BGH StAZ 1978, 124, 126. 11a OLG Harnburg IPRspr. 1929 Nr. 63; offengelassen in BGH NJW 1961, 410. 11 9 OLG Köln NJW 1980, 2646, 2648 m. Anm. Kropholler. 12o BayOblGZ 1970, 77, 82ff. 121 Kreuzer, a.a .O., S . 1946ff. 122 BGH GRUR 1980, 858. 12a Kreuzer, a.a.O., S. 1945.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

eventuelle Normverletzung einschlägige Rechtsgebiet noch keine Regelung erfahren hat; die Gefahr einer Rechtsverweigerung ist hier nicht gegeben. Darüber hinaus bleibt auch die Übertragung der einzelnen Lösungen auf die hier interessierende Problematik nicht ohne Bedenken. Die Beurteilung des Rechtsbruchs nach der lex fori, d. h. in Fällen der vorliegenden Art nach deutschem Recht, läßt die Gegebenheiten am jeweiligen Produktionsort außer acht. Die anderen Vorschläge trifft wieder in mehr oder minder starkem Maße der Vorwurf der Rechtsunsicherheit Insbesondere der hohe finanzielle Aufwand, mit dem die Errichtung einer Produktionsstätte im Ausland regelmäßig verbunden ist, macht es erforderlich, daß der Unternehmer schon im voraus genau weiß, an welchen rechtlichen Erfordernissen er seine Planung ausrichten muß. In einer bestimmten Fallkonstellation ist allerdings auch für das internationale Wettbewerbsrecht die Anwendbarkeit eines nach allgemeinen Grundsätzen zu bildenden Ersatzrechts erörtert worden. So sollen auf den Wettbewerb zwischen westlichen Unternehmen in Ostblockländern, die auf Grund ihrer Wirtschaftsordnung keinen freien Wettbewerb und damit auch kein Wettbewerbsrecht kennen, die "gemeinsamen Grundsätze der westlichen Staaten über unlauteren Wettbewerb" zur Anwendung kommen.I2 4 Jedoch ist wohl auch dieses Beispiel mit der vorliegenden Problematik nicht vergleichbar; bei der Frage, welchem Recht die Produktionsbedingungen in einer ausländischen Produktionsstätte unterliegen, fehlt es an einer ausreichend starken Inlandsbeziehung für die Suche nach einem Ersatzrecht. Da der Produktionsvorgang i.d.R. durch Normen mit zumindest öffentlichrechtlichem Einschlag geregelt wird- z. B. Arbeits- und Umweltschutzrecht - liegt in der Anwendung eines aus allgemeinen Grundsätzen entwickelten Ersatzrechts auch ein deutlicher Eingriff in die Souveränität des Staates, in dem sich die Produktionsstätte befindet. Fehlt es in der Rechtsordnung dieses Staates an einer entsprechenden Regelung, so sollte dieses Fehlen daher- der Ansicht Katzenbergers folgend -wie die ausdrückliche Zulassung einer insoweit uneingeschränkt erlaubten Produktionsweise behandelt werden.1 25 Dies erscheint um so mehr gerechtfertigt, wenn eine entsprechende Regelung von dem ausländischen Gesetzgeber bewußt nicht getroffen worden ist. Insoweit fehlt es dann auch an einer "Lücke", die durch die Heranziehung eines Ersatzrechts geschlossen werden müßte. Jedoch ist, verfolgt man den Ansatz Katzenhergers weiter, auch das für die international-privatrechtliche Vorfrage nach dem Rechtsbruch maßgeb124 Wengler, Anm. zur "Stahlexport"-Entscheidung, in: JZ 1964, 372, 373 (Hervorhebung im Original); in die gleiche Richtung weist auch Hoyer, Unlauterer Wettbewerb österreichischer Unternehmen auf Auslandsmärkten, in: ZffiV 1975, 114, 121. 125 Vgl. oben bei Fn. 96.

11. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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liehe Recht dem Vorbehalt des Art. 30 EGBGB unterworfen, sofern nur die Inlandsbeziehung stark genug ist.t2s

c) "Rechtsbruch i. S. d. § 1 UWG" -ein Problem der Vorfrage? Fraglich ist m.E. jedoch, ob die angedeuteten Schwierigkeiten tatsächlich dem Bereich der Vorfragenproblematik zuzuordnen sind. Bei der Vorfrage handelt es sich um die Anknüpfung von selbständigen Rechtsfiguren, d. h. von Rechtsverhältnissen oder Rechtsfolgen, die Tatbestandsmerkmale einer Sachnorm bilden. 127 Das Vorliegen eines Normverstoßes scheint jedoch keine solche selbständige, d. h. in sich abgeschlossene Rechtsfigur zu sein; vielmehr handelt es sich um die Frage, wie eine Wettbewerbshandlung oder ein Teil einer solchen durch die in der Hauptfrage zuständige inländische Rechtsordnung bewertet wird. Das Merkmal Rechtsbruch ist damit nicht Ergebnis oder Folge eines abgeschlossenen Rechtsvorganges, sondern Ausdruck der komplexen rechtlichen Bewertung eines Vorganges durch eine Rechtsordnung. Bezieht sich diese Bewertung nur auf einen Ausschnitt einer Gesamthandlung, so kann sie doch nur durch die Rechtsordnung erfolgen, nach der sich auch der Gesamtsachverhalt beurteilt. Die Frage, welche Bedeutung der Auslandshandlung für die tatbestandliehe Erfüllung einer inländischen Sachnorm zukommt, sollte im Lichte von Sinn und Zweck dieser Sachnorm geprüft und beantwortet werden.12s Die ausländischen Bestimmungen werden dann im Rahmen dieser Prüfung nicht als verbindliche Rechtsordnung, sondern als Rechtstatsache oder "data" berücksichtigt.t29 3. Ausländisches Recht als Tatbestandsmoment des § 1 UWG

a) Fremdes Recht als "datum" inländischer Sacknormen Die Grundzüge der Berücksichtigung ausländischen Rechts als Rechtstatsache werden wohl am deutlichsten, wenn man von den Fällen, in denen die Sachnorm der kollisionsrechtlich berufenen Rechtsordnung auf die VerletKatzenberger, IPRax 1981, 8. Vgl. die Nachweise bei Fn. 105- 108. 128 StolZ, Festschr. für Lipstein, S. 259, 260; hiervon zu trennen ist die Frage, ob die inländische Sachnorm "Wettbewerbswidrigkeit durch Gesetzesverletzung" überhaupt einen Sachverhalt ergreifen will, bei dem die mögliche Verletzungshandlung im Ausland stattgefunden hat. Es handelt sich dabei um die Problematik der "Sachnorm mit abgrenzendem Tatbestandsmerkmal", vgl. hierzu F. A. Mann, Kollisionsnorm und Sachnormen mit abgrenzendem Tatbestandsmerkmal, in: Festschr. für Ludwig Raiser, Tübingen 1974, S. 499ff. m. w .N., sowie Jayme, Ausländische Rechtsregeln und Tatbestand inländischer Sachnormen, in: Gedächtnisschr. für A. A. Ehrenzweig, Karlsruhe I Heidelberg 1976, S. 35, 43. 129 StolZ, a.a.O., S. 260. 12s 121

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

zung von Verhaltensnormen abstellt, ausgeht. Dabei werden unter den Verhaltensnormen, deren Verletzung Tatbestandsmerkmal der Sachnorm ist, grundsätzlich auch nur diejenigen Vorschriften verstanden, die derselben Rechtsordnung angehören wie die Sachnorm.I 3 0 Findet die zur Beurteilung anstehende Handlung nun im Ausland statt, so dürfen die inländischen Verhaltensnormen auf-den Auslandssachverhalt nur insoweit angewendet werden, als sie angemessen sind; auf der anderen Seite können die Verhaltensregeln des Auslandes nur insoweit an die Stelle der inländischen Vorschriften treten, als es dem Sinn und Zweck der Sachnorm entspricht. 13 1 Die Frage, wonach sich ein Verstoß gegen Verhaltensnormen bemißt, ist also letztlich durch Auslegung der Sachnorm, die diesen Verstoß ja auch als Tatbestandsmerkmal erfordert, zu beantworten. Daß es sich um eine Auslegungsfrage handelt, betont auch Ferid, 132 der die Frage im Kern allerdings etwas anders stellt: danach ist zu entscheiden, ob das fragliche Tatbestandsmerkmal überhaupt durch eine Handlung im Ausland erfüllt werden kann, mit anderen Worten, ob die Sachnorm auf Sachverhalte mit entsprechender Auslandsberührung überhaupt angewendet werden will.I 33 In bezug auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand führt diese Problemstellung jedoch nicht wesentlich weiter. Das Tatbestandsmerkmal "Rechtsbruch" verlangt nämlich keine bestimmte konkret umschriebene Handlungsweise, sondern eine bestimmte rechtliche Bewertung einer beliebigen Handlungsweise. Es handelt sich insoweit um ein "normatives" und nicht um ein "deskriptives" Tatbestandsmerkmal. Dementsprechend ist auch der von Ferid gewählte Lösungsansatz für das Tatbestandsmerkmal "Rechtsbruch" kaum nutzbar zu machen. Ferid stellt auf die "in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen für eine Rechtsfolge erforderten, unterschiedlichen juristischen Tatsachen" ab.I3 4 Diese "juristischen Tatsachen" werden dann unterteilt in Naturereignisse, in Handlungen von Behörden und in Handlungen von Privaten; letztere trennen sich wiederum in verfahrensunabhängige und verfahrensgebundene Akte.l 35 Das Tatbestandsmerkmal "Rechtsbruch" erfordert aber gerade- wie aufgezeigt- in diesem Sinn keine konkreten Tatsachen; es besteht vielmehr selbst in einer rechtlichen Bewertung. Die Frage, welche Rechtsordnung diese Bewertung bei einer Auslandshandlung treffen soll, wird in der Problemstellung, wie Stall sie setzt, Jas präSo schon Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht, S. 286 Fn. 2. Stoll, a.a.O., S. 264. 132 Ferid, GRUR int. 1973, 472, 473. 133 Ferid, a .a.O., S. 474; dies entspricht in etwa der in Fn. 128 aufgezeigten Problematik. 134 Ferid, a .a .O., S. 474 (Hervorhebung im Original). 135 Ferid, a.a.O., S. 474ff. 136 Stoll, a.a.O., S. 264. 130 131

II. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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ziser getroffen.l 37 Ob der Tatbestand der deutschen wettbewerbsrechtlichen Norm auch dann erfüllt ist, wenn er auf eine außerwettbewerbsrechtliche Vorschrift verweist, die selbst aufgrund territorialer Geltung nicht zur Anwendung kommt, ist demnach durch Auslegung des verweisenden Gesetzes zu ermitteln. Für das deutsche Deliktsrecht geht Stall bei der Entwicklung entsprechender Auslegungskriterien von der Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aus (§ 276 BGB).1 38 Dieser Pflicht kann nur durch die Befolgung all jener Regeln, auf deren Einhaltung die Umwelt nach den örtlichen Gegebenheiten vertrauen ~urfte, Genüge getan werden. Einen solchen Vertrauensschutz genießenalldiejenigen Verhaltensregeln und Sicherheitsvorschriften, die im Verhältnis des einzelnen zu seiner Umgebung Wirkung entfalten.l 39 Dies sind in jedem Staat aber regelmäßig nur die Vorschriften der eigenen Rechtsordnung. Nur bei Beachtung dieser Vorschriften ist demnach dem Gebot des§ 276 BGB Folge geleistet. Auf der anderen Seite steht dies der Forderung nicht entgegen, auch im Ausland diejenigen Verhaltensnormen zu befolgen, die sich mit den örtlichen Vorschriften vertragen. Insoweit läßt das Ortsrecht durchaus Raum für die Anwendung strengerer inländischer Vorschriften auf die Auslandshandlung. Ho So hat es nach Stall bei Anwendbarkeit des deutschen Deliktsrechts durchaus Sinn, von einem deutschen Autofahrer die Beachtung der "0,8 Promille-Grenze" im Ausland auch dann zu verlangen, wenn das Ortsrecht in diesem Punkt großzügiger ist.l41 Diese Auslegungskriterien sind für das "normale" Deliktsrecht sicherlich praktikabel. So erscheint es durchaus richtig, z.B. im Rahmen des§ 823 Abs. 2 BGB, bei der Prüfung, ob eine Auslandshandlung ein Schutzgesetz verletzt, die erforderlichen Auslegungskriterien vom Ausgangspunkt der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt her zu entwickeln. 137 Eigentlich betreffen die beiden Problemstellungen sogar unterschiedliche Prüfungsgegenstände und sind schon daher voneinander zu trennen. So handelt es sich einmal um die Frage, ob die inländische Norm überhaupt einschlägig ist, wenn ein Tatbestandsmerkmal im Ausland erfüllt worden ist (so bei Ferid). Erst wenn dies bejaht ist, kann mit Stall gefragt werden, ob bei der Beurteilung des Auslandssachverhalts ausländische Rechtsregeln als Datum berücksichtigt werden können. Vgl. Jayme, Gedächtnisschr. für Ehrenzweig, S. 35, 43. 138 A.a.O., S . 264. 139 Deutlichstes Beispiel für solche Vorschriften sind wohl die Regeln des Straßenverkehrs. Stall, a.a.O., S. 265, betont allerdings, daß es auf die Rechtsnatur der Verhaltensregeln in diesem Zusammenhang nicht ankommt. uo Stall, a.a.O., S. 266. 141 Ebd.; in bezugauf einen Verkehrsunfall in Österreich hat es der BGH auf der anderen Seite bei der Beurteilung eines Regreßanspruchs nach § 640 RVO abgelehnt, für den Fahrlässigkeitsmaßstab auf die damals strengeren Regeln des Österreichischen Rechts, nach denen bereits bei einer BAK von O,Bo/oo die absolute Fahruntüchtigkeit als erwiesen galt, abzustellen. Die haftungsrechtliche Bewertung der Verkehrsverletzung sollte vielmehr nach deutschem Recht erfolgen, BGH VersR 1978, 541.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Den Besonderheiten des Rechts des unlauteren Wettbewerbs wird dieser Ansatz allerdings nicht gerecht. Der wirtschaftliche Wettbewerb ist seiner Natur nach auf die Erlangung von Vorteilen gerichtet. Erfolge können hier in der Regel nur auf Kosten der Konkurrenten erlangt werden. Dieser Konkurrenzkampf kann dabei legalerweise bis zur Existenzvernichtung gehen_142 Ein Gebot, eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu üben, paßt auf diese Verhältnisse nicht- von einem Vertrauen in die Einhaltung allgemeiner Verhaltensregeln kann hier keine Rede sein. Auch enthält die vorliegende Problematik insoweit eine Besonderheit, als die mögliche Rechtsverletzung und die zur Beurteilung anstehende Wettbewerbshandlung voneinander räumlich getrennt sind und Unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. Die Umwelt, die auf die Einhaltung von Verhaltensregeln vertrauen könnte, wird von der Wettbewerbshandlung nicht berührt; diejenigen jedoch, die von der Handlung betroffen sind, können nicht auf die Einhaltung der für sie geltenden Verhaltensregeln durch den im Ausland tätigen Konkurrenten vertrauen. Darüber hinaus ist es nicht in allen Varianten der Fallgruppe "Wettbe'werbswidrigkeit durch Rechtsbruch" der Eingriff in den Schutzbereich der verletzten Verhaltensnorm, der die wettbewerbliehe Relevanz der Tat ausmacht. Soweit ein Verstoß gegen sittlich fundierte Normen oder gegen Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter in Rede steht, ist die Verletzung der Regelungsinteressen der betreffenden Norm auch für die sittliche Bewertung der Wettbewerbshandlung von Bedeutung. Beim Verstoß gegen wertneutrale Normen dagegen ist die Verletzung der Regelungsinteressen der Vorschrift von keiner wettbewerbsrechtlichen Relevanz; diese kommt vielmehr nur solchen wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetzesverletzung zu, die sich in einer separaten Wettbewerbshandlung ausnutzen lassen.l43 Für die vorliegende Problematik bedeutet dies, daß das Merkmal des Rechtsbruchs im Rahmen der Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer Wettbewerbshandlung nach § 1 UWG einmal als sittliches Kriterium und ein anderes Mal als rechtliches Faktum- Verstoß gegen die für alle Konkurrenten gleichen Rahmenbedingungen- herangezogen wird. Die Frage nach dem auf den Rechtsbruch anwendbaren Recht ist daher bei den zwei ersten Fallgruppen eine Frage nach einem "moral datum", bei der dritten Gruppe dagegen eine Frage nach einem "local datum " 144• Diese Doppelnatur des 14 2 Eine Übersicht zum wirtschaftlichen Wettbewerb bieten Baumbach I Hefermehl, Allg. Grundlagen, Rdn. 2ff., 21, 22. 143 Vgl. oben vor Fn. 68. 144 Die Datum-Theorie entstammt der US-amerikanischen Kollisionslehre. Sie wurde von Brainerd Currie und vor allem von Albert A. Ehrenzweig entwickelt. Nach Ehrenzweig sind wertausfüllungsbedürftige Tatbestandsmerkmale, die "moral data", nach der lex fori zu bestimmen, während für die "local data", das sind z.B. Verkehrs-

II. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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Merkmales "Rechtsbruch" in§ 1 UWG macht die vorliegende Problematik so kompliziert. In den Fällen der Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch steht jedoch nicht der Verstoß gegen eine außerwettbewerbsrechtliche Verhaltensnorm zur Beurteilung an, sondern eine davon zu trennende Wettbewerbshandlung wird anhand speziell wettbewerbsrechtlicher Normen bewertet. Primär handelt es sich also um eine wettbewerbsrechtliche Frage. Die für das Merkmal "Rechtsbruch" maßgebliche Rechtsordnung ist bei Auslandssachverhalten also durch Auslegung der wettbewerbsrechtlichen Norm des § 1 UWG zu ermitteln. Als Kriterium sind dabei die unterschiedlichen Funktionen heranzuziehen, die der Normverstoß in den Fallgruppen des § 1 UWG hat, je nachdem, ob es sich um sittlich fundierte Normen, wertneutrale Normen oder solche mit Wettbewerbliehern Charakter handelt.

b) Rechtsbruch durch Auslandshandlungen in den einzelnen Fallgruppen des § 1 UWG Nach dem oben Gesagten muß also für jede der Fallgruppen des§ 1 UWG im Wege der Auslegung gesondert ermittelt werden, nach welchem Recht sich das Merkmal des Rechtsbruchs bestimmt. aa) Auslandshandlung und der Verstoß gegen sittlich-fundierte Normen Oben wurde ausgeführt, daß der Verstoß einer Wettbewerbshandlung gegen eine sittlich-fundierte Norm auch eine Vermutung für die Sittenwidrigkeit der Handlung i.S.d. § 1 UWG begründet.l45 Diese Aussage gilt allerdings nur in dem Bereich, in dem sich der ethisch-moralische Sittenbegriff mit dem wettbewerbsspezifischen Sittenbegriff überschneidet.1 46 Hinter der Aussage, die Verletzung einer sittlich-fundierten Norm führe per se zu einem Verstoß gegen§ 1 UWG, steht damit das Urteil, ein solcher Normverstoß sei- wenn zu Wettbewerbszwecken begangen- auch eine Verletzung des wettbewerbsrechtlichen Sittenbegriffs, ohne daß dies noch einer besonderen Prüfung bedürfe. Die Tatsache des Rechtsbruches wird also als Vorschriften, regelmäßig Ortsrecht zuständig ist. Vgl. Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws, 1963, S. 67ff.; Ehrenzweig, Private International Law, 3. Aufl. 1974, General Part, S. 82ff.; ders., Local and Moral Data in the Conflict of Laws: Terra lncognita, in: Buffalo Law Review 16 (1966), 55; ders., The Lex Aequitatis Fori: The Moral Datum, Akrothinia Vallindas (Sonderdruck 1966), S. 135ff.; in deutscher Sprache vgl. zur Lehre Ehrenzweigs: Jayme, Gedächtnisschr. für Ehrenzweig, S. 39ff. und Siehr, Ehrenzweigs Lex Fori-Theorie und ihre Bedeutung für das amerikanischeund deutsche Kollisionsrecht, in: RabelsZ 34 (1970), 585ff., 605f., 620f. 145 Vgl. oben bei Fn. 61. 146 Vgl. oben bei Fn. 59, 60 und die Nachweise dort.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Bewertungsfaktor für ein Sittenwidrigkeitsurteil im Rahmen einer inländischen Sachnorm herangezogen. Die Sittenwidrigkeit als normatives Tatbestandsmerkmal einer inländischen Norm muß auch mit Hilfe inländischen Rechts festgestellt werden.l 47 Soweit die Frage, ob eine Auslandshandlung gegen eine sittlich-fundierte Norm verstößt, Relevanz auch für die Bewertung der Wettbewerbshandlung nach § 1 UWG hat, muß sie folglich nach deutschem Recht entschieden werden. Dabei ist nicht so sehr erheblich, ob die Auslandshandlung gegen Rechtsvorschriften verstößt; wesentlich ist vielmehr ihre Bewertung nach dem Sittenbegriff des deutschen Rechts, hier des § 1 UWG. Dies bringt der BGH auch in der "Asbestimporte"-Entscheidung zum Ausdruck, wenn er einen Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Normen in concreto zwar unter Heranziehung des fremden Rechts verneint, gleichwohl aber eine sittliche Bewertung der Auslandshandlung nach deutschem Recht vornimmt.l48 Hier kommt deutlich zum Ausdruck, daß in der Fallgruppe "Verstoß gegen sittlich-fundierte Normen" der Rechtsbruch selbst nur Beweisanzeichen für die wettbewerbliehe Sittenwidrigkeit ist. Kann der Rechtsbruch selbst, da eine Auslandshandlung vorliegt, nicht ohne weiteres angenommen werden, so ist die Bewertung der Handlung doch nach dem Sittenbegriff des deutschen Wettbewerbsrechts vorzunehmen. Sofern auch ein Verstoß gegen ausländische Normen vorliegt, kann dieser natürlich als Beweisanzeichen herangezogen werden - die Frage der sittlichen Fundierung ist dabei allerdings wieder nach nationalem Recht zu beurteilen.l49 bb) Auslandshandlung und Verstoß gegen wettbewerbsbezogene Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter In dieser Fallgruppe beruht die Sittenwidrigkeit auf der Verletzung solcher Normen, die wichtige Gemeinschaftsgüter gegen wettbewerbstypische Angriffe schützen sollen.1so Als Fallgruppe einer inländischen Vorschrift meint diese Regelung auch inländische Gemeinschaftsgüter. 151 Dieser Schutzbereich des§ 1 UWG wird 147 In bezug auf §§ 138, 826 BGB, Art. 30 EGBGB ist anerkannt, daß für die guten Sitten die deutschen Anschauungen maßgebend sind. M. Wolf!, Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl. Berlin I Göttingen I Heidelberg 1954, S. 67; Kegel, Internationales Privatrecht, S . 303. 14B BGH GRUR 1980, 860 (sub. II. 4.). 149 Ähnlich hat das RG die Sittenwidrigkeit eines Verstoßes gegen ausländisches Recht nach § 138 BGB beurteilt. "Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein ausländisches Verbotsgesetz verstößt, kann nach deutschem Recht gern. § 138 BGB wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein, wenn das ausländische Verbot . . . durch die deutschen Anschauungen über die guten Sitten . . . gerechtfertigt wird." RGZ 161, 296,299ff. tso Vgl. oben nach Fn. 64.

II. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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allerdings insoweit begrenzt, als das jeweilige Gemeinschaftsgut von einer inländischen wettbewerbsbezogenen Norm anerkannt sein muß.l52 Für die hier behandelte Problematik bedeutet das, daß sich das Merkmal des "Rechtsbruchs" nur nach deutschem Recht richten kann, wenn die Auslandshandlungein solchermaßen anerkanntes inländisches Gemeinschaftsgut verletzt. Nur in. solchen Fällen bestünde ein gerechtfertigtes Interesse, den Rechtsbruch nach deutschem Recht zu beurteilen. Verletzt eine Auslandshandlung wichtige, vom deutschen Recht anerkannte inländische Gemeinschaftsgüter, so ist diese Handlung - sofern sie zu Wettbewerbszwecken erfolgt- auch sittenwidrig nach§ 1 UWG. Tatsächlich erscheinen Sachverhalte, in denen diese Voraussetzungen gegeben sind, schwer vorstellbar. Wie angesprochen, wird diese Fallgruppe hauptsächlich von Verstößen gegen das HWG und das AMG geprägt.l53 Ist nach internatio'nalem Wettbewerbsrecht auf Handlungen, die mit diesen Gesetzen in Zusammenhang stehen, das deutsche UWG anwendbar, so wird der mögliche Rechtsbruch regelmäßig auch durch eine Inlandshandlung erfolgeJl. Ein zeitliches oder räumliches Auseinanderfallen von Wettbewerbshandlung und Rechtsbruch wird bei dieser Fallgruppe der "Sittenwidrigkeit durch Rechtsbruch" praktisch nicht vorkommen. cc) Auslandshandlung und Verstoß gegen wertneutrale Normen Wie schon das Beispiel der "Asbestimporte"-Entscheidung zeigt, ist in dieser Fallgruppe die zeitliche und räumliche Trennung von Wettbewerbshandlung und möglichem Normverstoß besonders deutlich. Auf dieser Fallgruppe liegt der Schwerpunkt der zu untersuchenden Problematik, und sie wirft die meisten rechtlichen und praktischen Fragen auf.l54 Dieser dritten Fallgruppe zu § 1 UWG wurde oben eine blankettnormartige Struktur zugemessen.1ss Im internationalen Privatrecht ist die Frage, welches Recht für die Ausfüllung eines solchen Blanketts maßgeblich ist, soweit ersichtlich, bisher nur vereinzelt behandelt und im Sinne der "Datum-Theorie" beantwortet worden.1sa 151 Inwieweit inländische Vorschriften auch dem Schutz ausländischer Gemeinschaftsgüterdienen können, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Voraussetzung wäre insoweit zumindest, daß auch das fremde Recht das jeweilige Gemeinschaftsgut schützen will. Das ist bei der hier behandelten Problematik aber gerade nicht der Fall. 15 2 Wichtige Gemeinschaftsgüter fallen insoweit nicht prinzipiell in den Schutzbereich des UWG, vgl. den Nachweis bei Fn. 64. !53 Siehe oben bei Fn. 20- 22; Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, s. 221. 154 Vgl. die wirtschaftliche Grundlegung oben, Erstes Kapitel II. 155 Vgl. oben bei Fn. 68. 156 Vgl. oben bei Fn. 129ff. und Stall, Festschr. für Lipstein, S. 259, 260.

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Eine der hier vorliegenden Problematik ähnliche Fragestellung ist allerdings bei § 134 BGB diskutiert worden, nämlich ob die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB auch bei Verstößen gegen ausländische Verbotsnormen eintritt. Die h.M. geht wohl dahin, daߧ 134 BGB sich nur auf inländische Verbotsnormen bezieht.l57 Anderes gilt allerdings, wenn das fremde Recht das allgemeine Vertragsstatut bildet.l58 Die vorliegende Wettbewerbsproblematik liegt jedoch anders. Bei deutschem Deliktsstatut fragt sich hier nämlich, welches Recht darüber entscheidet, ob das Blankett durch eine Auslandshandlung ausgefüllt worden ist. Grundsätzlich könnte eine Lösung auch darin bestehen, es den zur Ausfüllung in Betracht kommenden Normen selbst zu überlassen, ob sie Anwendung finden wollen oder nicht. In bezugauf inländische Normen wäre dann zu fragen, ob sie auch für Auslandshandlungen Geltung beanspruchen;l 59 in bezugauf fremde Normen wäre zu fragen, ob sie ihre Verbotswirkung auch außerhalb ihres Heimatterritoriums entfalten wollen.1so Ohne auf diese Lösungsmöglichkeit näher einzugehen, kann jedoch gesagt werden, daß sie für die vorliegende Problematik des § 1 UWG nicht paßt. Die Fallgruppe "Vorteil durch Rechtsbruch" setzt gerade nicht voraus, daß die Blankettnorm und die ausfüllende Norm eine parallele Schutzrichtung aufweisen.1s1 So dient die verletzte Norm regelmäßig nicht wettbewerbliehen Zwecken, und § 1 UWG dient umgekehrt nicht der Durchsetzung der verletzten Norm.1s2 Der Anwendungsbereich einer Norm bestimmt sich aber nach ihrem Schutzzweck. Mangels paralleler Schutzrichtungen darf es daher im Rahmen der Blankettnorm des§ 1 UWG nicht auf den "Willen" der ausfüllenden Norm ankommen.1sa Die Entscheidung, ob sich bei einer Auslandshandlung das Merkmal Rechtsbruch nach deutschem oder nach ausländischem Recht richtet, muß vielmehr wiederum durch Auslegung des§ 1 UWG, also der Blankettnorm selbst, getroffen werden. Maßgeblich ist dabei wieder die Funktion, die das Merkmal "Rechtsbruch" in dieser Fallgruppe hat. 157 Jauernig, BGB, 3. Auß. 1984, § 134 Anm. 3 a; Palandt I Heinrichs, BGB, 45. Auß. 1986, § 134 Anm. 1a; BGHZ 59, 82, 85. 158 Staudinger I Dilcher, BGB, 12. Aufl. 1980, § 134 Rdn. 35; Palandt I Heldrich, Vorbem. v. Art. 12 EGBGB Anm. 4 b bb. 15 9 Es müßte sich um eine sogenannte Sachnorm mit abgrenzendem Tatbestandsmerkmal handeln, hierzu Mann, Festschr. für Raiser (1974), S. 499ff. I60 Staudinger I Dilcher, a.a.O. 161 Eine solche Parallelität der Schutzrichtungen liegt z.B. vor bei den§§ 38 GWB (Blankettnorm) und § 1 GWB (ausfüllende Norm). 162 Siehe oben vor Fn. 68. 163 Darauf, daß es in so einem Fall auf den Zweck der verweisenden Blankettnorm ankommt, ist in anderem Zusammenhang bereits von Neumeyer hingewiesen worden, Das Kollisionsrecht der Sozialnorm, in: Zeitschrift für öffentliches Recht 11 (1931), 34, 60.

Il. "Rechtsbruch" bei Fällen mit Auslandsberührung

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Eine Wettbewerbshandlung wird hier als sittenwidrig i.S.d. § 1 UWG betrachtet, wenn der Handelnde einen Vorteil verwertet, den seine gesetzestreuen Konkurrenten nicht nutzen können.164 In dem Merkmal "Rechtsbruch" manifestiert sich damit die Mißachtung der für alle Wettbewerber geltenden wettbewerbliehen Rahmenbedingungen, d.h. die Verletzung der "par conditio concurrentium" . In dieser Funktion ist das Merkmal Rechtsbruch für das Sittenwidrigkeitsurteil nach § 1 UWG unverzichtbar; es handelt sich nicht, wie bei der ersten Fallgruppe um ein Beweisanzeichen, sondern um ein echtes TatbestandsmerkmaL Die "par conditio concurrentium" nun wird durch eine Vielzahl von nicht wettbewerbsbezogenen Gesetzen gebildet. Diese Vorschriften sind Ausdruck der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Verhältnisse eines Landes. Für die vorliegende Problematik bedeutet das, daß die fragliche Auslandshandlungfür sich genommen nur den von dieser Normengesamtheit geschaffenen Bindungen unterliegt. Es sind also im weitesten Sinne wirtschaftliche Verhaltensnormen, die die wettbewerbliehen Rahmenbedingungen setzen. Folglich setzt das Merkmal Rechtsbruch auch einen Verstoß gegen solche Verhaltensregeln voraus. Diese Vorschriften bilden einen einheitlichen Normenkomplex, in dem sowohl zahlreiche Interdependenzen als auch starke Bezüge zu den Entwicklungsstandards des jeweiligen Landes bestehen. Kommen über § 1 UWG deutsche Gesetze auf einzelne Auslandshandlungen zur Anwendung, so können punktuelle Störungen dieser Regelungseinheitdie Folge sein.1ss Auch soweit es für§ 1 UWG erforderlich ist, erscheint es daher nicht gerechtfertigt, in bezugauf eine Auslandshandlung die maßgeblichen Verhaltensnormen dem deutschen Recht zu entnehmen.1 66 Bei der Entscheidung, ob die Auslandshandlung einen Rechtsbruch darstellt, ist also das fremde Ortsrecht maßgebend. In bezug auf die Beurteilung des Normverstoßes nimmt es an der Subsumtion des Gesamtsachverhalts unter§ 1 UWG als "local datum" teil. Ob der ausländische Teil einer Wettbewerbshandlung wertneutrale Normen i.S.d. § 1 UWG verletzt, ist also nach dem jeweiligen Ortsrecht zu beurteilen.

Vgl. oben bei Fn. 66. Eine solche Störung zieht auch der BGH in der "Asbestimporte"-Entscheidung in Erwägung, wenn er zwischen schlechten Arbeitsbedingungen und Arbeitslosigkeit abwägt. 166 Zum selben Ergebnis kommt auch StolZ mit seinem auf das allgemeine Zivilrecht bezogenen Ansatz, vgl. oben bei Fn. 139. 164 165

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG 4. Zusammenfassung

Ist auf Sachverhalte mit Auslandsberührung deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar, so stellt sich die weitere Frage, nach welchem Recht das Vorliegen eines Rechtsbruches beurteilt wird. Diese grundsätzliche Frage nach der Tatbestandswirkung ausländischen Rechts ist durch Auslegung der inländischen Sachnorm zu lösen. Für die vorliegende Problematik führt dies zu folgendem Ergebnis: Soweit durch den Verstoß gegen sittlich-fundierte Normen oder gegen wettbewerbsbezogene Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter per se ein Sittenverstoß begründet wird, ist der Rechtsbruch das sittliche Kriterium ("moral datum") der Subsumtion unter§ 1 UWG. Über sein Vorliegen entscheidet deutsches Recht. Soll die Sittenwidrigkeit dagegen durch einen Verstoß gegen wertneutrale Normen begründet werden, so sind weitere Merkmale erforderlich. Die Rechtsverletzung ist hier echtes normatives Tatbestandsmerkmal und richtet sich nach dem maßgeblichen Ortsrecht. Dieses nimmt als "local datum" an der Subsumtion unter § 1 UWG teil. In Sachverhalten der hier interessierenden Art wäre eine Wettbewerbswidrigkeit damit nur in den beiden ersten Fallgruppen anzunehmen. Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, daß Sachverhalte mit Auslandsberührung in Zusammenhang mit der Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" erhebliche Komplikationen aufwerfen. Es fragt sich daher, ob sich nicht eine Vereinfachung durch Schaffung einer neuen, speziell auf Auslandssachverhalte zugeschnittenen Fallgruppe zu § 1 UWG erreichen läßt. Ein Ansatz hierzu könnte in den Ausführungen des BGH zur "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" gesehen werden. lll. "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" als spezielle Sachnorm für Auslandssachverhalte

Soll im Zusammenhang mit der Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" die bei Sachverhalten mit Auslandsberührung auftretende Problematik vereinfacht und von den international-privatrechtliehen Komplikationen entlastet werden, so bietet sich hierfür die Schaffung einer speziell den Auslandssachverhalt regelnden weiteren Fallgruppe zu § 1 UWGan.

III. "Ausnutzung" als spez. Sachnorm für Auslandssachverhalte

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1. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede als neue Fallgruppe zu § 1 UWG

Wie oben erkannt, 167 hat der BGH die Ausnutzungsfallgruppe in der "Weltweit-Club"-Entscheidung168 erstmalig herangezogen, weil er die inländische Ankündigung einer im Ausland erfolgten Rabattgewährung entgegen der bis dahin ständigen Rechtsprechung nicht mehr unter das Verbot des § 1 RabattG subsumiert hatte. Da somit ein für den Verstoß gegen § 1 UWG erforderlicher "Rechtsbruch" nicht vorlag, stellte das Gericht auf die Ausnutzung des Rechtsgefälles ab. Damit wurde -und hierin liegt wohl die Besonderheit dieser neuen Fallgruppe - das für jeden Sachverhalt erneut festzustellende Merkmal "Rechtsbruch" durch das allgemeine Erfordernis eines bestehenden internationalen Rechtsunterschieds ersetzt. Der in dem "Rechtsbruch" enthaltene subjektive Tatvorwurf wird dabei völlig auf das Merkmal Ausnutzung verlagert. Diese neue Ausnutzungsfallgruppe enthält damit ein spezifisch auslandsbezogenes TatbestandsmerkmaL Das fremde Recht hat dabei aber gerade nicht die Aufgabe, eine den konkreten Sachverhalt beurteilende rechtliche Wertung zu treffen- vielmehr wird die allgemeine Regelung einer bestimmten Frage im fremden Recht zum Factum im Tatbestand der deutschen Norm gemacht. Bei einer solchen neuen Fallgruppe handelt es sich damit um eine besondere Norm für Sachverhalte mit Auslandsbezug. Die Schaffung einer solchen Norm führt jedoch zu Fragestellungen, die das grundsätzliche Verhältnis von Kollisions- und Sachrecht betreffen. Einzelne Aspekte aus diesem Fragenkreis haben vor allem in jüngerer Zeit wieder das Interesse des Schrifttums gefunden.l69 Um die systematische Einordnung der ins Auge gefaßten wettbewerbsrechtlichen Sachnorm zu verdeutlichen, soll im folgenden ein kurzer Überblick über das Problemgebiet gegeben werden. 2. Das Verhältnis von Sachnormen und Kollisionsrecht

Im Zusammenhang mit der Ausnutzungsfallgruppe zu § 1 UWG sind es vor allem zwei Fragenbereiche, die das Verhältnis von Sachnorm und Kollisionsrecht betreffen. Es sind dies die Problemkreise der autolimitierten Vgl. oben Erstes Kapitel I. 3. BGH NJW 1977, 2211. 169 Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, Berlin 1981, besprochen von Siehr, in: RabelsZ 46 (1982), 612; Siehr, Wechselwirkungen zwischen Kollisionsrecht und Sachrecht, in: RabelsZ 37 (1973), 466. 167

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Sachnormenl 70 und der speziellen Sachnormen für internationale Sachverhalte.l71 In den Bereich dieser Fragen gehört auch die neue Ausnutzungsfallgruppe; eine präzisere Einordnung ist jedoch erforderlich.

a) Autolimitierte Sacknormen und die Ausnutzungsfallgruppe Unter autolimitierten Sachnormen- gelegentlich wird auch von selbstgerechten Sachnormen172 oder Sachnormen mit abgrenzendem Tatbestandsmerkmall73 gesprochenl 74 - versteht man, vereinfacht dargestellt, Vorschriften, die ihren Anwendungsbereich selbst abgrenzen. Dies geschieht, indem die Norm Tatbestandsmerkmale enthält, die nur bei einem bestimmten nationalen oder internationalen Bezug des Sachverhalts erfüllt sind_175 Für das deutsche Recht sind als Beispiel oft§ 92c HGB176 und§ 244 BGB177 genannt worden. Die Frage bei dieser Art von Vorschriften ist, ob sie sich "den ,normalen' Kollisionsnormen entziehen"l 7B, d .h. ob sie anwendbar sind, ohne vom hergebrachten Kollisionsrecht berufen zu sein, oder ob es sich um Vorschriften handelt, die nur eine bestimmte räumliche Voraussetzung für den Eintritt ihrer materiellen Rechtsfolge setzen.l79 Zu klären ist mit anderen Worten, ob es sich um Normen mit verweisungsrechtlichem Gehalt und damit um echtes 170 Hierzu Siehr, Normen mit eigener Bestimmung ihres räumlich-persönlichen Anwendungsbereichs im Kollisionsrecht der Bundesrepublik Deutschland, in: RabelsZ 46 (1982), 357; Mann, Kollisionsnorm und Sachnorm mit abgrenzendem Tatbestandsmerkmal, in: Festschr. für Raiser, 1974, S. 499; Kegel, Die selbstgerechte Sachnorm, in: Gedächtnisschr. für Ehrenzweig, 1976, S. 51. 171 Grundlegend Steindorff, Sachnormen im Internationalen Privatrecht, Frankfurt a. M. 1958; Beitzke, Nationales Recht für internationale Sachverhalte, in: Österreichische Akademie der Wissenschaften. Anzeigen der phil. hist. Klasse 111 (1974), 277 . 172 Kegel, a.a.O. ' 173 Mann, a.a.O. . 174 Überhaupt ist die sprachliche Benennung dieser Normen sehr unterschiedlich. Ohne die im deutschen Recht gebräuchlichen Ausdrücke gibt Lipstein, Inherent Limitations in Statutes and the Conflict of Laws, in: ICLQ 26 (1977}, 884, 885, mehr als zehn verschiedene Termini an. 175 Die Problematik solcher "räumlichen Tatbestandselemente" wird schon von Nussbaum, Grundzüge des internationalen Privatrechts, München I Berlin 1952, S. 68ff., hervorgehoben. 176 Siehr, RabelsZ 46 (1982), 363, 370; Mann, Festschr. für Raiser, S . 503; Kegel, Gedächtnisschr. für Ehrenzweig, S. 59; vgl. hierzu die Entscheidung BGH NJW 1961, 1061 = IPRspr. 1960161, 132 Nr. 39b, in der die Vorschrift, wie Mann und Kegel, a.a.O., zu Recht betonen, als reine Sachnorm behandelt wurde. 177 Martin Wolf!, Das Internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl. Berlin I Göttingen I Heidelberg 1954, S. 156; Mann, a .a.O., S. 504; ausführlich Birk, Die Umrechnungsbefugnis bei Fremdwährungsforderungen im Internationalen Privatrecht, in: AWD 1973,425, 430ff., 436ff., der der Vorschrift einen kollisionsrechtlichen Gehalt beimißt; a.A. Mann, a .a.O., m. w.N. 178 Schurig, a.a.O., S. 38m. w.N. 179 Mann, a .a .O., S . 501 ; Siehr, a .a.O., S. 363.

III. "Ausnutzung" als spez. Sachnorm für Auslandssachverhalte

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Kollisionsrecht oder ob es sich um rein sachentscheidende Regelungen, also um Sachrecht handelt.1so Zwar kann die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs einer Norm niemals Bestandteil der Sachentscheidung sein181 - eine Vermischung von Kollisionsrecht und Sachrecht ist insoweit nicht möglich182 - jedoch können die autolimitierten Sachnormen durchaus in einen Verweisungsteil und einen sachentscheidenden Teil aufgespalten werden. Die Zusammenfassung von Kollisionsrecht und Sachrecht in einer Norm ist sprachlich wie inhaltlich möglich,1sa die Behandlung solcher Vorschriften bereitet dogmatisch keine Schwierigkeiten.1B4 In bezugauf die einzelne Norm ist es aber oft schwierig zu entscheiden, ob die· betreffende Regelung eine kollisionsrechtliche Verweisung oder ein sachrechtliebes Tatbestandsmerkmal beinhaltet. Zu ermitteln ist dies durch Auslegung anhand von Sinn und Zweck der Norm.185 Hier hat Siehr den Versuch unternommen, Kategorien für die Normen mit eigener Bestimmung ihres Anwendungsbereichs herauszubilden und damit Kriterien für die Unterteilung in Sach- und Kollisionsrecht zu gewinnen.1sa Er teilt hier die autolimitierten Vorschriften in sechs Hauptgruppen ein. Diese sind: (1) Unvollkommene Verweisungsnormen, (2) Spezielle Sachnormen ratione personae, (3) SpezielleSachnormen ratione spatii, (4) SpezielleSachnormen ratione materiae, (5) SpezielleSachnormen ratione ordinis publici, (6) Sachnormen mit "local data". Von diesen Kategorien kommen für die Ausnutzungsfallgruppe nur die Gruppen (4) und (6) in Betracht. Zu den Sachnormen ratione materiae rechnet Siehr auch die speziellen Vorschriften für internationale Sachverhalte.l87 Neben den auf internationale Staatsverträge zurückgehenden Normen versteht Siehr hierunter Vorschriften, die einer "als allgemeingültig empfundenen Rechtsidee" oder einem "Bedürfnis, auf Notwendigkeiten des internationalen Rechtsverkehrs Rücksicht zu nehmen" entstammen. las Dies trifft aber auf die Ausnutzungsfallgruppe nicht zu. Daß sie einem allgemeinen Rechtsempfinden entspringt, kann wohl kaum behauptet werden. Siehr, a.a.O., S. 374. Kegel, a.a.O., S. 77f. 182 Mann, a .a .O., S. 501. 183 Kegel, a.a.O., S. 69 und 75ff. 184 Kegel, a .a.O., S. 70, drückt dies folgendermaßen aus: "Gibt demnach ,dogmatisch' die selbstgerechte Sachnorm nichts her, weil sie in einen materiellrechtlichen und einen kollisionsrechtlichen Bestandteil zerlegt werden kann ... " (Hervorhebung im Original); ebenso Schurig, a.a.O., S. 248. 18s Kegel, a.a .O., S. 69; Mann, a.a.O., S . 503f.; Siehr, a .a .O., S. 374; ders., RabelsZ 37 (1973), 469. 186 Siehr, RabelsZ 46 (1982), 363ff. 187 Siehr, a.a.O., S. 371. 188 Ebd. 180 181

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4. Kap.: lnt. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Auch nimmt sie keine Rücksicht auf den internationlen Rechtsverkehr, sondern sie dient vielmehr rein nationalen, binnenwettbewerbliehen Interessen. Als Tatbestandsmerkmal verlangt die Ausnutzungsfallgruppe dabei, daß eine.im Ausland vot'genommene Handlung dort erlaubt war, im Inland aber verboten gewesen wäre. Es handelt sich damit um eine Norm für spezielle Auslandssachverhalte, bei der fremdes Recht als Tatsache oder "local datum" heranzuziehen ist. Auch bei der Frage nach einem "Rechtsbruch" wurde oben das fremde Recht als "local datum" behandelt. Im Gegensatz zu dort wird jetzt aber die zur Beurteilung stehende Wettbewerbshandlung nicht mehr unter das fremde Recht subsumiert, sondern der allgemeine Inhalt der fremden Regelung wird als Tatsache herangezogen. Die Ausnutzungsfallgruppe gehört damit in die Kategorie der Sachnormen mit "local data". Sachnormen, die in diese Kategorie fallen, enthalten keine kollisionsrechtlichen Bestandteile. 189 Die räumlichen Tatbestandsmerkmale kommen hier erst zum Trag!'!n, wenn die Sachnorm selbst durch das allgemeine internationale Privairecht zur Anwendung auf den konkreten Fall berufen ist. Eine neue Fallgruppe "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" zu § 1 UWG kann somit ihren internationalen Anwendungsbereich nicht selbst bestimmen. Sie unterfällt vielmehr dem Deliktsstatut, wie es durch das internationale Wettbewerbsrecht allgemein festgestellt ist. Ihre Anwendbarkeit ist damit davon abhängig, ob im Inland wettbewerbliehe Interessen aufeinandertreffen. Zum gleichen Ergebnis kommt man auch unter Heranziehung des von Schurig vorgeschlagenen "Alternativen Tests"l90; liegt das von der Ausnutzungsfallgruppe geforderte Rechtsgefälle nicht vor, so ist nicht etwa eine fremde Rechtsordnung anwendbar, sondern die Handlungsweise ist wettbewerbsrechtlich als erlaubt anzusehen.

b) Spezielle Sacknormen für internationale Sachverhalte Im Zusammenhang mit dem Verhältnis von Sachrecht und Kollisionsrecht wird sehr oft von Sachnormen für internationale Sachverhalte gesprochen.191 Dabei wird diesem Begriff von den einzelnen Autoren oft sehr unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Einige klärende Ausführungen erscheinen daher auch hier erforderlich. Wie von Siehr 192 , so werden auch in der sonstigen Literatur die in internationalen Staatsverträgen enthaltenen privatrechtsbezogenen Regelungen als Siehr, RabelsZ 46 (1982), 375. uo Schurig, a.a.O., S. 247. 191 Ein kurzer Überblick findet sich bei Schurig, a.a.O., S. 42ff. 192 Siehr, a .a.O., S. 371. 189

III. .,Ausnutzung" als spez. Sachnorm für Auslandssachverhalte

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Spezialnormen für inter~ationale Sachverhalte angesehen.l9 3 Solche Regelungen werden vornehmlich im Zuge einer internationalen Rechtsvereinheitlichung geschaffen.l94 Als "Kompromisse auf dem Wege zur Rechtsvereinheitlichung" verlangen sie von den Einzelstaaten keine völlige Preisgabe ihres eigenen Rechts, sondern erfordern eine solche nur auf dem besonderen Gebiet zwischenstaatlicher Rechtsbeziehungen.l95 Unabhängig von Staatsverträgen und staatlicher Rechtsetzung ist dagegen eine andere Art von Normen für internationale Rechtsbeziehungen. Von einer unter den Parteien zwischenstaatlicher Rechtsverhältnisse anerkannten und geübten Praxis ausgehend, wird von einigen Autorenl96 ein neues einheitliches Welthandelsrecht diskutiert und unter dem Begriff "lex mercatoria" anerkannt.l97 Ebenfalls vom Begriff des internationalen Sachverhalts geht Steindorf/198 aus. Er unterscheidet hier noch einmal zwischen internationalen Sachverhalten im engeren Sinne und solchen im weiteren Sinne.l99 Erstere sind Sachverhalte, die Kontakte zu mehreren Rechtsordnungen aufweisen und daher durch die Anwendung nur eines dieser Rechte nicht entsprechend gelöst werden können. Für diese Fälle schlägt Steindorff die Schaffung neuer spezifischer Sachnormen vor. Als international im weiteren Sinne bezeichnet er solche Sachverhalte, die primär einer nationalen Rechtsordnung unterstehen, darüber hinaus jedoch auch Kontakte zu anderen Rechtsordnungen aufweisen. Hier ist nur die Tauglichkeit der primär einschlägigen Vorschriften für die Sachverhaltsbehandlung zu überprüfen. c) Sacknormen für Auslandssachverhalte

Von den internationalen Sachverhalten werden regelmäßig die Auslandssachverhalte unterschieden. Zu verstehen sind hierunter Sachverhalte; die in bestimmten Punkten das Ausland berühren, ohne daß dadurch die Kegel, a .a.O., S. 63; Beitzke, Anzeigen der phil. hist. Klasse 111 (1974), 280ff. Ausführlich hierzu Lemhöfer, Die Beschränkung der Rechtsvereinheitlichung auf internationale Sachverhalte, in: RabelsZ 25 (1960), 401. 195 Dies wird hervorgehoben von Kegel, a .a .O., und Beitzke, a.a.O., S. 282. 196 So vor allem Schmitthoff, International Trade Law and Private International Law, in: Festschr. für Dölle, Bd. 2, Tübingen 1963, S. 254; ders., Das neue Recht des Welthandels, in: RabelsZ 28 (1964), 47; Langen, Vom internationalen Privatrecht zum transnationalen Handelsrecht, in: NJW 1969, 358; ders., Transnationales Handelsrecht, in: NJW 1969, 2229; ders., Transnational Commercial Law, Leiden 1973; ders., Transnationales Recht, Heidelberg 1982; zu diesem Problemkreis auch Bonell, Das autonome Recht des Welthandels- Rechtsdogmatische und rechtspolitische Aspekte, in: RabelsZ 42 (1978), 485. 197 Zu Recht bezeichnet allerdings Beitzke, a.a.O., S. 284, dieses Welthandelsrecht nur als einen anderen Weg der Rechtsvereinheitlichung. 198 Sachnormen im Internationalen Privatrecht, Frankfurt a.M. 1958. 199 Steindorff, a.a.O., S. 273f. 193

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4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

Anwendung einer fremden Rechtsordnung gerechtfertigt wäre.2° 0 Um jedoch eine sachgerechte Lösung zu ermöglichen, in welcher auch die Beriihrungspunkte mit dem Ausland beriicksichtigt werden, ist hier die Schaffung besonderer Sachnormen des inländischen Rechts möglich und gelegentlich auch erforderlich.

Kegel bezeichnet diese Sachnormen für Auslandssachverhalte als "Nachbarfälle" der autolimitierten Normen.2°1 Eine enge Verwandtschaft besteht m.E. auch zu den Vorschriften, die auf einen internationalen Sachverhalt im weiteren Sinne, wie Steindorffihn versteht,202 Anwendung finden können. Die neue Fallgruppe zu§ 1 UWG betrifft einen Vorgang, der primär dem nationalen Wettbewerbsrecht unterliegt, der jedoch durch das "ausgenutzte" Rechtsgefälle auch Kontakte zu einer anderen Rechtsordnung aufweist. Für diesen Auslandssachverhalt trifft nun die Ausnutzungsfallgruppe eine besondere Regelung; es handelt sich daher bei ihr um eine inländische spezielle Sachnorm für einen Auslandssachverhalt. 3. Existenzberechtigung einer neuen Fallgruppe zu § 1 UWG

Durch den sachrechtliehen Ausnutzungstatbestand wird die international-privatrechtliche Frage, nach welchem Recht sich das Merkmal des Rechtsbruchs richtet, umgangen und durch die Feststellung eines objektiven Rechtsgefälles ersetzt. Es könnte daher der Vorwurf erhoben werden, bei der Schaffung der Ausnutzungsfallgruppe handele es sich um einen bloßen "Taschenspielertrick", um eine- unter Umständen unzulässige- Vereinfachung, die in der Sache selbst keine Fortschritte bringt.2oa Es ist damit die Frage nach der Existenzberechtigung der neuen Fallgruppe gestellt. War es bei dem als blankettähnlich bezeichneten Rechtsbruchstatbestand die Ausfüllung des Blanketts, die im Zusammenhang mit Auslandssachverhalten zu international-privatrechtlich schwierigen Auslegungsfragen geführt hat, so entfällt in der Ausnutzungsfallgruppe der blankettartige Charakter der Norm und damit auch die kollisionsrechtliche Ausfüllungsproblematik. Es handelt sich bei der Ausnutzungsfallgruppe also nicht nur um eine Norm mit anderen Tatbestandsmerkmalen, sondern um eine Vorschrift mit verändertem Charakter. Diese Änderung des Normcharakters wird m.E. auch den praktischen Anforderungen, wie sie die vorliegenden Sachverhaltskonstellationen stelKegel, Gedächtnisschr. für Ehrenzweig, S. 63. Ebd. 202 Vgl. oben bei Fn. 199. 203 In diese Richtung geht die Kritik Schrickers, Deutsches Rabattrecht- weltweit?, in: GRUR 1977, 646, 648, wenn er die Ausnutzungsfallgruppe als "Pseudokollisionsrecht" ansieht. 200 201

111. "Ausnutzung" als spez. Sachnorrn für Auslandssachverhalte

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len, in besonderem Maße gerecht. Die binnenwettbewerbliehe Relevanz internationaler Rechtsunterschiede besteht in den meisten Fällen wohl in dem Vorsprung, den sich ein Wettbewerber durch deren geschickte Ausnutzung verschaffen kann. Der Sinn hiergegen gerichteter Maßnahmen liegt damit letztendlich in der Wahrung und Gewährleistung einer "par conditio concurrentium". 204 Ist es bei rein nationalen Sachverhalten die Gesetzesverletzung, die den Vorsprung ermöglicht, so sind dies bei Auslandssachverhalten die Auswirkungen der in einem fremden Rechts- und Wirtschaftsgebiet herrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist bei Auslandssachverhalten also eigentlich nicht eine Auslandshandlung, sondern die Auswirkung der abweichenden Regelung des fremden Rechts.205 Auf diesen binnenwettbewerbliehen Effekt international unterschiedlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen hat bereits Steindorffhingewiesen und gefordert, das Wettbewerbsrecht müsse ihm Rechnung tragen. 2os Wird nun die Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" auf Auslandssachverhalte angewandt, so verlagert die komplizierte international-privatrechtliche Frage nach dem für den Rechtsbruch maßgeblichen Recht den Schwerpunkt der juristischen Bewertung auf die Auslandshandlung und verstellt den Blick auf die eigentliche Auswirkungsproblematik. Gerade diese wird dägegen von der Ausnutzungsfallgruppe in den Vordergrund gestellt und zum Gegenstand der rechtlichen Bewertung gemacht. Die "Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede" als spezielle Sachnorm für Auslandssachverhalte ist damit grundsätzlich geeignet, Fallkonstellationen der hier in Rede stehenden Art wettbewerbsrechtlich zu regeln. Mit ihrer Anerkennung wäre die von Steindorff aufgestellte Forderung207 erfüllt, ohne daß der Boden des traditionellen IPR verlassen zu werden braucht, da die Ausnutzungstallgruppe insoweit ihren Charakter als reine Sachnorm beibehält. 4. Der Ausnutzungstatbestand als besondere Sachnorm und die Position des BGH in der "Asbestimporte"-Entscheidung

Bezüglich der Untersuchung der "Ausnutzung eines internationalen Rechtsgefälles" hat es der BGH- nachdem er zuvor die Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf die Auslandsproduktion abgelehnt hatte - mit dem kurzen Hinweis auf die ordnungsgemäße Herstellung der Ware im Ausland Vgl. schon oben Erstes Kapitel 111. Dies übersieht Schricker, a .a.O.; die Ausnutzungsfallgruppe entscheidet eben nicht über die Anwendbarkeit einer fremden Rechtsnorm, sondern sie regelt Voraussetzungen, unter denen inländisches Ausnutzungsverhalten sittenwidrig ist. 2os Steindorff, a.a.O., S. 268. 207 Ebd. 204 205

150

4. Kap.: Int. Rechtsunterschiede, Rechtsverletzung und§ 1 UWG

bewenden lassen; jedoch läuft die anschließende Argumentation des Senats im Ergebnis ebenfalls auf die Prüfung einer besonderen Sachnorm für Auslandssachverhalte hinaus. Indem er entscheidend darauf abstellt, ob" ... bei der Herstellung ... in Südkorea sittliche Grundanforderungen, ... , in so starkem Maße verletzt werden, daß auch der Handel mit derartigen Produkten guten kaufmännischen Sitten widerspricht"20a, knüpft er die Zulässigkeit des Handels mit Importware an das Vorliegen bestimmter "Daten" im Ausland und macht so die im Ausland herrschenden Produktionsbedingungen im Rahmen der Anwendung des nationalen Rechts zum Tatbestandsmerkmal. In der Sache ist das Gericht damit von dem hier vertretenen Weg der Schaffung einer die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede erfassenden Fallgruppe zu § 1 UWG nicht weit entfernt. Der konkrete Inhalt dieser Fallgruppe soll nunmehr im folgenden detailliert erörtert werden.

2oa

BGH GRUR 1980, 858, 860.

Fünftes Kapitel

Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe I. Ausgangspunkt Die inhaltliche Ausgestaltung einer Norm muß sich an der Aufgabe, die der fraglichen Vorschrift im Rahmen der Rechtsordnung zugewiesen ist, ausrichten. Maßgebliche Kriterien sind also das Rechtsgut bzw. der Schutzzweck der konkreten Regelung. Demzufolge muß sich auch die detaillierte Ausformung der Ausnutzungsfallgruppe an dem wettbewerbliehen Zweck dieser Norm orientieren. Schutzzweck der Ausnutzungsfallgruppe ist, wie mehrfach hervorgehoben, die Wahrung der wettbewerbliehen Chancengleichheit, wie sie durch die vom nationalen Recht gesetzten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen festgelegt ist. Im Rahmen dieser "par conditio concurrentium" müssen diejenigen Faktoren gewonnen werden, die die einzelnen wettbewerbliehen Parameter, wie Preis, Qualität usw. bilden oder beeinflussen; unter die "par conditio concurrentium" fallen mit anderen Worten all diejenigen Faktoren, die sich zulässigerweise auf das Angebot eines Konkurrenten auswirken. Ein Verstoß gegen die "par conditio concurrentium" liegt demzufolge immer dann vor, wenn ein Wettbewerber sein Angebot durch in unzulässiger Weise gewonnene Vorteile attraktiver gestaltet. In bezug auf rein nationale Sachverhalte legt die Fallgruppe "Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" fest, daß unter gewisssenUmständen die Beeinflussung der Wettbewerbsparameter mittels einer Gesetzesverletzung gegen § 1 UWG verstößt. Da die Ausnutzungsfallgruppe im Zusammenhang mit Auslandssachverhalten eine ähnliche Problematik erfaßt, sollte sich ihre Ausformung an den zum Rechtsbruchstatbestand gefundenen Wertungen orientieren.

ß. "Ausnutzung von Rechtsunterschieden" und der Umgehungsgedanke In der Ausnutzungsfallgruppe wird die für alle Wettbewerber bestehende Bindung an gesetzliche Vorschriften nicht durch den Verstoß gegen diese Vorschriften, sondern durch ihre Umgehung durchbrachen; d.h. der Rechts-

152

5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungstallgruppe

bruch wird vermieden, indem die Anwendbarkeit der verletzten Norm durch die Wahl einer anderen kollisionsrechtlichen Anknüpfung ausgeschlossen wird. Eine solche Situation wird allgemein unter dem Stichwort der Gesetzesumgehung behandelt. Insoweit ist einmal zwischen der materiellrechtlichenI und der kollisionsrechtlichen Gesetzesumgehung2 zu unterscheiden. Bei ersterer wird die Erfüllung von Tatbestandsmerkmalen inländischer Nonnen vermieden, ohne daß die kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der betreffenden Norm davon berührt wird. Bei der kollisionsrechtlichen Umgehung hingegen wird die Anwendbarkeit einer ganzen Norm oder eines ganzen Nonnenkomplexes durch Manipulation3 der international-privatrechtliehen Anknüpfung verhindert. 4 Im Gegensatz zur materiellen führt die kollisionsrechtliche Umgehung damit aus dem Kreis der vorgegebenen Rechtsordnung heraus.5 Die hier vorliegende Problematik weist Verbindungen zu beiden Arten von Gesetzesumgehung auf. So wird hier nicht die auf die in Rede stehende Wettbewerbshandlung anwendbare Norm des § 1 UWG umgangen; vielmehr wird nur die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "Rechtsbruch" vermieden. Dies allerdings geschieht kollisionsrechtlich durch Schaffung einer besonderen, aus dem Kreis der primär maßgeblichen Rechtsordnung herausführenden Anknüpfung für das fragliche TatbestandsmerkmaL Als Ansatzpunkt für die Problemlösung kann damit einmal die grundsätzliche Behandlung der kollisionsrechtlichen Gesetzesumgehung dienen. Eine allgemeingültige Definition der kollisionsrechtlichen Gesetzesumgehung ist bis jetzt noch nicht gefunden. 6 In der Sache besteht allerdings wohl Übereinstimmung, daß es sich um die Verwirklichung eines Anknüpfungstatbestandes zwecks Umgehung einer Sachnonn7 handelt und daß dieses Ergebnis dem Sinn der Kollisionsnorm entsprechend für den konkreten Sachverhalt nicht angemessen ist.8 Hierzu ausführlich Teichmann, Die Gesetzesumgehung, Göttingen 1962. Einen Überblick geben dieDarstellungen in den Lehrbüchern zum IPR, z.B.: Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufi. München 1985, S. 279ff.; Raape I Sturm, Internationales Privatrecht, Bd. I, 6. Aufi. München 1977, S. 325ff.; allem. w.N. 3 Von Manipulation sprechen Raape I Sturm, a.a.O., S. 331 und Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechts, Wien I New York 1975, S. 93. 4 Der Unterschied zwischen materiellrechtlicher und kollisionsrechtlicher Umgehung wird behandelt bei Raape I Sturm, a.a.O., S. 326f. 5 Ebd. 6 Schurig, a .a.O., S. 241, der eine solche Definition allerdings auch nicht für erforderlich hält, S. 246. 7 Umstritten ist z. T. allerdings, ob die Sachnorm oder die Kollisionsnorm umgangen wird. Wie hier: Raape I Sturm, a .a.O., S. 327; Dölle, Internationales Privatrecht, 2. Aufi. Karlsruhe 1972, S. 69 u. 72; Firsching, Einführung in das internationale Privatrecht, 2. Aufi. München 1981, S. 63; Schurig, a.a.O., S . 243 hält beide Normen für umgangen; a.A. Soergell Kegel, EGBGB vor Art. 7, Rdn. 55. 1

2

II. "Ausnutzung von Rechtsunterschieden" und Rechtsumgehung

153

Für die vorliegende Problematik kann von einer solchen Unangemessenheit aber keine Rede sein. Vielmehr ist die Bewertung der im Ausland vorgenommenen Handlung nach dem Ortsrecht aus materiell- wie kollisionsrechtlicher Sicht sachgerecht. 9 Die Tatsache, daß diese Bewertung plötzlich zum Tatbestandsmerkmal einer anderen Sachnorm- der Rechtsbruchfallgruppe - wird, kann nicht zur Unangemessenheit dieser Anknüpfung führen. Die für Fälle der kollisionsrechtlichen Umgehung übliche Lösung, die Nichtbeachtung der manipulierten Anknüpfung, 10 bringt damit keine hier verwendbaren Ergebnisse. Noch nicht geklärt ist damit aber, ob sich nicht aus den Bezügen, die die vorliegende Problematik zur materiellrechtlichen Gesetzesumgehung aufweist, verwertbare Erkenntnisse gewinnen lassen.

Teichmann sieht die materielle Gesetzesumgehung nicht als eigenes Rechtsinstitut, sondern als Problem der Rechtsgeltung, hinter dem sich die Frage verbirgt, auf welche Sachverhalte eine Norm noch angewandt werden kann.l 1 Die Antwort auf diese Frage gibt Teichmann mit Hilfe der Gesetzesauslegung und der Analogie. Fällt der konkrete Sachverhalt noch in den "Ähnlichkeitskreis" der umgangenen Norm, ist er also den von der Vorschrift ursprünglich ins Auge gefaßten Situationen vergleichbar, so wird er von der Norm entweder direkt oder analog betroffen. Fehlt es dagegen an der erforderlichen Ähnlichkeit, so wird der Sachverhalt von rechtlichen Beschränkungen nicht erfaßt.I2 Dieser Gedankengang läßt sich m. E. auch für die vorliegende Problematik fruchtbar machen- geht es doch eigentlich um die Frage, ob § 1 UWG auch anwendbar ist, wenn internationale Rechtsunterschiede im nationalen Wettbewerb verwertet werden. Da es sich bei§ 1 UWG um eine ausfüllungsbedürftige Generalklausel handelt, kann ihr "Ähnlichkeitskreis" jedoch nicht, wie Teichmann fordert, im Wege der Analogie festgelegt werden; vielmehr sind typische Fallgruppen zu bilden, die in gleicher Weise von Sinn und Zweck der Generalklausel erfaßt werden. Es ist also nach einer weiteren Fallgruppe zu § 1 UWG zu suchen, die die vorliegende Sachverhaltskonstellation erfaßt. Dies ist mit der Schaffung des 8 Schurig, a.a.O., S. 246; Firsching, a.a.O., S. 63; so wohl auch Kegel, IPR, S. 283, wenn er ausführt: "Es geht darum, ob die internationalprivatrechtliehen Interessen, auf denen die Wahl der Anknüpfungsmomente beruht, auch den Umgehungsfall dekken oder nicht." (Hervorhebung im Original.) 9 Zu einem anderen Ergebnis kommen für den Sachverhalt der "Asbestimporte"Entscheidung Knieper I Fromm in ihrer Urteilsanmerkung, NJW 1980, 2020, wenn sie anstattauf das Recht des Produktionsortes auf das Recht des Marktes, für den produziert wird, abstellen. Io Raape I Sturm, a.a.O., S. 331; Schurig, a.a.O., S. 224. 11 Teichmann, Die Gesetzesumgehung, S. 105. 12 Teichmann, a.a.O., S. 106.

154

5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

"Ausnutzungstatbestandes" geschehen. Für die Frage, ob und in welcher Ausprägung dieser dem Zweck der Generalklausel entspricht, kann, wie schon erwähnt, auf die Wertmaßstäbe zurückgegriffen werden, die der verwandten "Rechtsbruchsfallgruppe" zugrunde liegen. Maßgebend ist insoweit, ob ein Verstoß gegen sittlich-fundierte, wichtige Gemeingüter schützende oder wertneutrale Normen durch die Ausnutzung der internationalen Rechtsunterschiede vermieden werden soll.

111. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe Als Fallgruppe zu § 1 UWG muß sich auch die Ausnutzungsfallgruppe an dem Merkmal der Sittenwidrigkeit ausrichten. Es stellt sich damit die Frage, unter welchen Voraussetzungen die durch Ausnutzung eines Rechtsgefälles bewirkte Gesetzesumgehung Relevanz für den Sittenbegriff des§ 1 UWG aufweist. Dazu ist erst einmal der Inhalt der "guten Sitten" i. S. d. § 1 UWG zu klären. Das Problem der Konkretisierung des Sittenbegriffs ist bis heute nicht abschließend geklärt, 13 und das Schrifttum zu dieser Frage ist kaum noch überschaubar. 14 Es soll hier jedoch nicht von neuemindie Diskussion eingestiegen werden - da diese nur für eine geringe Zahl besonderer Grenzfälle praktische Bedeutung hat, 15 erscheint dies auch nicht notwendig. Ein knapper Überblick über die wesentlichen Ansichten und über die Lösungsansätze, die für die vorliegende Problematik von Bedeutung sein können, soll vielmehr ausreichen. 1. Der Sittenbegriff in der Rechtsprechung

Ausgehend von der Generalklausel des § 826 BGB als Vorläufer des § 1 UWG hatte das RG in seiner Rechtsprechung nach lnkrafttreten des § 1 UWG die zum Bürgerlichen Recht entwickelte Formel vom "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" auch auf das Wettbewerbsrecht übertragen.16 Der BGH hat sich hiervon aber letztlich gelöst und dem Sittenbegriff in§ 1 UWG einen spezifisch wettbewerbsrechtlichen Gehalt gegeben.17 So wurde die Anstandsformel dahingehend für das Wettbewerbsrecht kon13 Vogt I Vogt, Die Entwicklung des Wettbewerbsrechts in der Zeit von 1975 bis 1979, in: NJW 1981, 12. 14 Verwiesen sei nur auf die einführende Literaturübersicht bei Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl. 1983, Einl. UWG vor Rdn. 63. 15 So Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, S. 45, der betont, daß die unterschiedlichen Ansichten die meisten Wettbewerbsverstöße umfassen. 1s RGZ 48, 114, 124; 80, 219, 221; 150, 1, 5 (GS); 166, 315, 318f. 17 Erstmalig BGHZ 15, 356, 364f.; bis dahin war auch der BGH noch dem RG gefolgt; vgl. BGHZ 10, 228, 232 und noch einmal17, 327, 330f.

III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

155

kretisiert, daß für § 1 UWG das "Anstandsgefühl des verständigen und anständigen Durchschnittsgewerbetreibenden" maßgeblich ist.Ia Daneben hat der BGH zum Teil noch darauf abgestellt, ob die Wettbewerbshandlung "von der Allgemeinheit mißbilligt und für untragbar angesehen wird"I9. Diese Rechtsprechung nun ist in der Literatur nur insoweit ohne Kritik geblieben, als heute Übereinstimmung darin besteht, daß bürgerlich-rechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Sittenbegriff nicht identisch sind.2o 2. Die guten Sitten als Ausdruck der Sittlichkeit

Eine verbreitete Ansicht im Schrifttum ist der Rechtsprechung im Grundsätzlichen gefolgt und interpretiert den Sittenbegriff anhand spezifisch wettbewerbsrechtlicher Vorstellungen von Ethik und Moral.2 1 § 1 UWG verweist danach auf die "Rechtsethik des Wettbewerbslebens" 22 , der Begriff der guten Sitten ist auf den Wettbewerb im Wirtschaftsverkehr bezogen.23 Während sich der Sittenbegriff des Bürgerlichen Rechts auf die allgemeine Sozialmoral bezieht, hat er im Wettbewerbsrecht auch eine spezifische Sozialmoral des geschäftlichen Wettbewerbs im Auge. Diesem Unterschied trägt aber auch die wettbewerbsrechtliche Konkretisierung der "Anstandsformel" durch den BGH Rechnung.24 Diese Gleichstellung von guten Sitten und Sittlichkeit ist von Teilen der Literatur ebenso angegriffen worden wie die Anstandsformel der Rechtsprechung.25 In der Hauptsache wird dabei das Argument der Praktikabilität angeführt. Der Versuch, den Begriff der guten Sitten von ethischen Sittlichkeitsvorstellungen zu lösen, 26 hat dabei zu einer Vielfalt anderer Vorschläge geführt. 18 BGHZ 56, 18, 19 (Grabsteinwerbung); 54, 188, 190 (Fernsprechwerbung); 19, 392, 396f.; GRUR 1970, 240, 246 (Spritzgußengel); 1975, 555, 556 (Speiseeis). 19 BGHZ 56, 18, 19; 54, 188, 190. 20 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 67 ; Vogt I Vogt, NJW 1981, 12; A. Vogt, Bedeutungsgehalt und Funktion der guten Sitten im Wettbewerbsrecht, in: NJW 1976, 729, 736. 21 v. Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl. 1981, § 1 UWG Rdn. 30; Meyer-Cording, Gute Sitten und ethischer Gehalt des Wettbewerbsrechts, in: JZ 1964, 273, 277f.; Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, Heidelberg I Karlsruhe 1981, S . 15. 22 Ulmer I Reimer, Unlauterer Wettbewerb, Bd. III, Deutschland, TZ 50. 23 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 67. 24 Rittner, a.a.O., S. 15. 25 Vgl. für die Kritik am Schrifttum Emmerich, a.a.O., S. 37 f.; Kraft, Interessenabwägungund Gute Sitten im Wettbewerbsrecht, S. 115f., beide m. w . N.; für die Kritik an der Rspr. Emmerich, a.a.O., S. 34ff.; Nordemann, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. Bonn 1981, Rdn. 33ff., beide m.w.N. 26 Gegen eine solche Trennung Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 66; Meyer-Cording, JZ 1964, 273, 277 ; Sack, Das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und die Moral als Bestimmungsfaktoren der guten Sitten, in: NJW 1985, 761, 767.

156

5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe 3. Die guten Sitten als Ausdruck von Konventionalnormen

Ausgehend von der Trennung von Sitten und Sittlichkeit werden die Sitten als Oberbegriff der in der Gesellschaft anerkannten Regeln für das äußere Verhalten der Menschen verstanden. Ausprägung finden diese Regeln dann in den sogenannten Konventionalnormen des Wettbewerbs. 27 Soweit es sich hierbei um "gute" Konventionen handelt- und "gut" müssen diese sein, da Unsitten, die im Geschäftsleben eingerissen sind, nicht durch das UWG sanktioniert werden können- führt ihre Verletzung zum Urteil der Sittenwidrigkeit.28 Als "Angelpunkt aller zu den guten Sitten zu zählenden Konventionen" wird dabei der Begriff des Leistungswettbewerbs angesehen.29 4. Verstoß gegen die guten Sitten als Verletzung des Leistungswettbewerbs

Auch unabhängig von seiner Eigenschaft als Konventionalnorm wird der Leistungswettbewerb von einigen Autoren als Schutzgut des UWG bezeichnet und als Auslegungskriterium für die Generalklausel herangezogen. 3o Die Wettbewerbsfreiheit soll demnach dort ihre Grenzen finden, wo die fragliche Maßnahme gegen Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs verstößt.31 Die Unterscheidung zwischen Leistungswettbewerb und Nichtleistungswettbewerb hat auch Eingang in die Rechtsprechung gefunden32 und stellt damit einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Konkretisierung des § 1 UWG dar. 33 Auch die Tatbestandsgruppe "Vorteil durch Rechtsbruch" gründet sich insoweit auf dem Begriff des Leistungswettbewerbs.34 27 Hierzu Emmerich, a.a.O., S . 38f.; diese Ansicht geht wohl zurück auf Kirchberger, Unlauterer, sittenwidriger und unerlaubter Wettbewerb, 1931, S. 41 u. 50; H. v . Godin, Wettbewerbsr echt, 2. Aufl. 1974, § 1 UWG Rdn. 67; Vogt, NJW 1976, 729, 73lf. 28 Zu Recht wird hier allerdings eingewandt, daß die Frage, wann eine solche Konventionalnorm "gut" sei, wiederum eine ethische Wertung erfordere, vgl. Emmerich, a.a.O., S. 39 m.w. N.; Kraft, a.a.O., S.114. 29 So ausdrücklich v. Godin, a.a.O., Rdn. 67; ders., Über den Verstoß gegen die wettbewerbsrechtlichen guten Sitten, in: GRUR 1966, 127, 131f. 30 Nordemann, a.a.O., Rdn. 38ff.; v. Gamm, a.a.O., Rdn. 30ff.; Baumbach I Hefermehl, a.a.Q., Einl. UWG Rdn. 92ff.; ausführlich P. Ulmer, Der Begriff "Leistungswettbewerb" und seine Bedeutung für die Anwendung von GWB- und UWG-Tatbeständen, in: GRUR 1977, 565; Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, 4. Aufl. München 1981, S. 273; Merkel, Zum Schutz des Leistungswettbewerbs durch die Gerichte, in: BB 1977, 705, 707. 31 Allerdings hält Kraft, UWG-Reform zwischen Mitbewerber-, Verbraucher- und Wettbewerbsschutz, in: ZRP 1979, 161, 165, den Richter für überfordert, wenn er diese Grenzen festsetzen soll. 32 Erstmalig wohl schon in dem bekannten Benrather Tankstellenfall, RGZ 134, 342; BGHZ 15, 356, 365; 51, 236, 242. 33 Auf Grund der Unbestimmtheit der Frage, wann eine Wettbewerbshandlung noch auf Leistung beruht und wann nicht, ist auch gegen dieses Kriterium Kritik laut

III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

157

5. Konkretisiemng der Generalklausel durch Interessenahwägung und Folgenberücksichtigung

Zum Teil wird vorgeschlagen, die Generalklausel des§ 1 UWG in bezug auf den jeweiligen Einzelfall zu konkretisieren. Als Verfahren hierzu bietet sich eine Abwägung der beteiligten Interessen35 und eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Folgen der Lösungsaltemativen36 an. Die Analysen beteiligter Interessen und möglicher Entscheidungsfolgen stellen unbestreitbar wichtige Gesichtspunkte für die Anwendung des Sittenbegriffs im Einzelfall dar; die Frage nach dem Maßstab, nach dem bestimmte Interessen und Folgen zu bewerten sind, bleibt jedoch offen. 37 Interessen- und Folgenahwägung liegen damit im Vorfeld der rechtlichen Bewertung und leisten hier gute Dienste; 3B als Auslegungskriterien für den Sittenbegriff können sie jedoch nicht herangezogen werden. 39 Die Bewertung der beteiligten Interessen muß letztendlich wieder dem "allgemeinen sittlichen Bewußtsein" entnommen werden.4o 6. Funktionale Auslegung des § 1 UWG

Ähnlichkeit mit der Ansicht, die den Leistungswettbewerb als Schutzgut des § 1 UWG ansieht, weisen diejenigen Autoren auf, die die Aufgabe des UWG in der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs als Institution sehen. 41 Aus dieser Ansicht folgt ein funktionales Verständnis der Generalklausel, wie es im neueren Schrifttum verstärkt vertreten wird.42,43 Maßstab für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einer Handgeworden, vgl. Emmerich, a.a.O., S. 43 m. w.N.; Rittner, a.a.O., S. 16f. empfiehlt daher eine äußerst vorsichtige Anwendung des Begriffs des Leistungswettbewerbs. 34 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 99; Hubmann, a.a.O., S. 273f. 35 Insbesondere Kraft, Interessenahwägung und Gute Sitten im Wettbewerbsrecht, S. 118ff., 217ff. u. 278; Hubmann, a .a.O., S. 274f.; ders., Grundsätze der Interessenabwägung, in: AcP 155 (1956), 85; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 80. 36 Insbesondere Sambuc, Folgenerwägungen im Richterrecht, Berlin 1977, S. 91 und durchgehend. 37 Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, S. 41; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 80. ' 38 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 80; Emmerich, a.a.O., betont daher, daß die Interessenahwägung immer nur eine Methode für das Verfahren sein kann; Rittner, a .a,O., S. 16. 39 Baumbach I Hefermehl, a .a ,O., Rdn, 80. 40 Hubmann, a.a.O., S. 274f.; Ulmer I Reimer, Bd. III, TZ 60; Meyer-Cording, JZ 1964, 273, 277; a.A. Kraft, a.a.O., S. 128. 41 Diese Auffassung geht zurück auf Franz Böhm, Wettbewerb und Monopolkampf, Berlin 1933, S. 273f.; hierzu auch Lindacher, Grundfragen des Wettbewerbsrechts, in: BB 1975, 1311. 42 Emmerich, a.a.O., S. 44ff. m . w .N.; Baudenbacher, Zurfunktionalen Anwendung von§ 1 des deutschen und Art. 1 des schweizerischen UWG, in: ZHR 144 (1980), 145; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, Bielefeld 1978, S. 137 ff. , 161f.; so schon

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

lung ist danach das System des freien und fairen Wettbewerbs in der Ausprägung, die es durch die geltende Rechts- und Wirtschaftsordnung erhalten hat.44 § 1 UWG ist damit selbst keine das Wettbewerbssystem prägende Norm; als Generalklausel verleiht er vielmehr den Gesetzmäßigkeitendes Wettbewerbs normativen Rang. Wirtschaftspolitische Grundentscheidungen des Gesetzgebers werden so entscheidendes Kriterium für die Frage nach dem Handlungsunwert einer Wettbewerbshandlung. 45 Allerdings darf nicht darüber hinweggetäuscht werden, daß auch dieser funktionale Ansatz den Sittenbegriff des § 1 UWG nicht zu einem konkret umrissenen Tatbestandsmerkmal macht. Wenn Emmerich " ... das System hinreichend freien und fairen Wettbewerbs in der konkreten Ausprägung, die es durch die deutsche Rechts- und Wirtschaftsordnung erfahren hat" zum Referenzsystem des§ 1 UWG erklärt46 und "Nur unsere Vorstellungen von den Funktionsbedingungen und der Funktionsweise eines Systems fairen Wettbewerbs . .. " über die Qualifikation einer Handlung als unlauter entscheiden lassen will,47 so stellt sich die Frage, wann der Wettbewerb denn hinreichend frei und fair ist, wessen Vorstellungen entscheidend sein sollen und wie sie zu gewinnen sind. 48 Letztendlich ist auch hier eine Wertung erforderlich, die - zumindest im Kern- auch von sittlichen Erwägungen beeinflußt ist. 49 Zum Konkretisierungsprozeß des§ 1 UWG trägt diese Auffassung allerdings insoweit Wesentliches bei, als sie bedeutsame Entscheidungskriterien aufzeigt. So kann im konkreten Fall die wettbewerbsrechtliche Beurteilung erst erfolgen, nachdem eine umfassende Analyse des Sachverhalts vorgenommen und das fragliche Verhalten unter Berücksichtigung seiner Einfrüher Burmann, Wettbewerb als sinnvariabler Rechts- und Wirtschaftsbegriff, in: WRP 1967, 240, 245, 247; ders., Marktbezogene Unlauterkeit als eigenständiger Tatbestand, in: WRP 1967, 385, 388; ders., Wettbewer bsrecht und gewerblicher Rechtsschutz, in: WRP 1968, 258, 262; M. Lehmann, Wirtschaftspolitische Kriterien in § 1 UWG, in: Mitarbeiterfestschr. für Eugen Ulmer 1973, S. 321 ff. 43 Auf die Beziehungen zwischen funktionalem Verständnis des§ 1 UWG und dem Begriff des Leistungswettbewerbs weisen besonders hin: Sack, Lauterer und leistungsgerechter Wettbewerb durch Wettbewerbsregeln, in: GRUR 1975, 297, 302; Rebe, a.a.O., S. 137; Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 145, 155m. w .N. 44 Emmerich, a .a.O., S. 43ff.; Rebe, a.a.O., S. 144!. u. 151f. 45 Sack, GRUR 1975, 297, 301; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 73. 46 A.a.O., S . 44 und durchgehend. 47 A.a.O., S. 45. 48 Emmerich, a.a.O., S. 48, räumt allerdings selbst ein, daß diese Formulierungen größere "Rationalität und Konkretheit" vortäuschen als ihnen tatsächlich zukommt. 49 Ebenso L . Raiser, Marktbezogene Unlauterkeit, in: GRUR int. 1973, 443, 445f. ; Sack, § 1 UWG und Wirtschaftspolitik, in: WRP 1974, 247, 249, unter besonderer Betonung des sozialethischen Gehalts wirtschaftspolitischer Verhaltensnormen; ders., NJW 1985, 761, 767f.; ebenso M. Lehmann, Mitarbeiterfestschr. für E. Ulmer, s. 321,326.

III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

159

flüsseauf die Funktionsfähigkeit des durch den freien Wettbewerb gesteuerten Wirtschaftssystems beurteilt wurde. 50 Wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse und wirtschaftspolitische Erwägungen spielen in diesem Prozeß der Entscheidungsfindung eine erhebliche Rolle. 51 Die eigentliche Bedeutung des funktionsorientierten Verständnisses des Sittenbegriffs liegt allerdings woanders. Hier wird nämlich der Auffassung von der wirtschaftspolitischen Neutralität des UWG entgegengetreten. 52 Dieses ,.Neutralitätsaxiom" wird dabei in gegensätzlicher Weise verstanden.53 So wird einmal gesagt, es sei nicht Aufgabe des UWG, Bestand und Funktion des Wettbewerbs zu schützen; maßgeblich hierfür sei vielmehr das GWB, während Schutzgut des UWG einzig und allein die Lauterkeit des wettbewerbliehen Verhaltens der Konkurrenten sei.54 Das UWG ist demnach in dem Sinne wirtschaftspolitisch neutral, als es selbst nicht Mittel zur wirtschaftspolitischen Beeinflussung des Marktgeschehens sein darf. 55 Auf der anderen Seite wird der Neutralitätsbegriff auf die Frage bezogen, ob und inwieweit bei der Anwendung des UWG, und insbesondere bei der Ausfüllung der Generalklausel des§ 1 UWG, auf wirtschaftspolitische Wertungen zurückgegriffen werden kann. 56 Diese Frage ist eng mit der Problematik der richterlichen Rechtsfortbildung verknüpft 57 - so wird denn auch immer wieder der Einwand erhoben, es sei nicht Aufgabe des Richters, über§ 1 UWG Wirtschaftspolitik zu betreiben. 58 50

Emmerich, a.a.O., S. 46f.; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 73; Rebe, a.a.O.,

s. 152.

51 Emmerich, a.a.O., S. 46; Baudenbacher, a.a.O., S. 152; zur Bedeutung der Wirtschaftswissenschaften für die Rechtswissenschaft ausführlich Ulf Lehmann, Wirtschaftliche Erkenntnis und rechtliche Entscheidung, jur. Diss. Bochum 1980. 52 Raiser, GRUR int. 1973, 443, 445. 53 Sack, WRP 1974, 247f.; Rittner, Einführung .. ., S . 11; Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 73. 54 Koenigs, Wechselwirkungen zwischen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Recht des unlauteren Wettbewebs, in: NJW 1961, 1041, 1042; v. Harder, Zum Unwerturteil der Werbungsübersteigerung, in: GRUR 1962, 439, 44lf.; Döll, Die Berücksichtigung der Nachahmungsgefahr bei Wettbewerbsverstößen, in: BB 1965, 173, 176; Meydam, Sozialrechtliche Tatbestände und Wettbewerbsrecht, in: GRUR 1970, 399, 402f. 55 Schricker, Entwicklungstendenzen im Recht des unlauteren Wettbewerbs, in: GRUR 1974, 579, 582f. 56 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 73; Sack, GRUR 1975, 297, 301; Baudenbacher, a.a.O., S. 153 Fn. 36. Allerdings räumen auch die Autoren, die die Aufgabe des UWG nur im Lauterkeitsschutz sehen, den wirtschaftspolitischen Grundentscheidungen eine gewisse Bedeutung für den Sittenmaßstab ein, v. Harder, GRUR 1962, 439, 442; Koenigs, NJW 1961, 1041, 1042; a.A. aber wohl v. Gamm, Dieneuere Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht, in: GRUR 1979, 680. 57 Rittner, a.a.O., S. 11; ausführlich Sack, WRP 1974, 274, 250ff.; Merkel, BB 1077, 705, 706f.; Rebe, a.a.O., S. 144f. u . 158ff. 58 So insbesondere Kraft, Die Berücksichtigung Wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Belange im Rahmen des § 1 UWG, in: Festschr. für Bartholomeyczik 1973, s. 223, 234f.

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

In diesem Vorwurf offenbart sich m.E. das Kernproblem dieser Diskussion. Ob dieser Einwand trifft, hängt nämlich im Ergebnis davon ab, was unter dem Begriff "Wilischaftspolitik betreiben" verstanden wird. So wird man es dem Richter wohl verwehren müssen, mit Hilfe des Wettbewerbsrechts formend und prägend in den Wirtschaftsablauf einzugreifen; die Rolle eines "Gestalters des Wirtschaftssystems" bleibt dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber vorbehalten.59 Auf der anderen Seite kann der "rechtsethische" Gehalt wettbewerbsrechtlicher Verhaltensnormen, und damit vor allem der Generalklausel, nicht unbeeinflußt bleiben von getroffenen wirtschaftspolitischen Grundentscheidungen60 und herrschenden wirtschaftlichen Zielvorstellungen. 61 Solche Wertungen werden daher bei der Anwendung der Generalklausel des § 1 UWG Berücksichtigung finden müssen. 62 Entsprechende Ansätze sind in wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen denn auch seit jeher zu finden.s3 Bereits im "Benrather Tankstellenfal1"64 hatte das RG die Folgen der Preisunterbietung in Vernichtungsabsicht unter Heranziehung wirtschaftspolitischer Erwägungen bewertet. Dieser Tendenz ist der BGH in den Entscheidungen gefolgt, in denen die massenweise Gratisverteilung von Waren zu beurteilen war.ss Der BGH befürchtete in diesen Fällen vor allem im Hinblick auf eine mögliche Nachahmung durch Konkurrenten66 eine "Marktverstopfung" und sah dadurch den "Bestand des 59 So vor allem Kraft, a.a.O.; Meyer-Cording, JZ 1964, 273, 276; ebenso Wiedemann, Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, in: ZGR 1980, 147, 168f.; M. Lehmann, Mitarbeiterfestschr. für E. Ulmer, S. 321, 328f. 60 Der Einfluß wirtschaftspolitischer Grundentscheidungen ist weitgehend anerkannt, vgl. neben den in Fn. 56 Genannten, Rittner, a.a.O., S. 11; Emmerich, a.a.O., S. 44f.; Rebe, a.a.O., S. 144f. 61 Ob Zielvorstellungen die Auslegung der Generalklauseln beeinflussen dürfen, ist umstritten. Ausdrücklich befürworten dies: Rebe, a .a .O., S. 145; Ott, Systemwandel im Wettbewerbsrecht, in: Festschr. für L. Raiser, Tübingen 1974, S. 403, 419f.; Steindorf!, Politik des Gesetzes als Auslegungsmaßstab im Wirtschaftsrecht, in: Festschr. für Lorenz, München 1973, S. 217, 235f.; Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 145, 157f.; L. Raiser, GRUR int. 1973, 443, 445; Lindacher, BB 1975, 1311, 1312; Schluep, Vom lauteren zum freien Wettbewerb, in: GRUR int. 1973, 446, 452; a.A. Rittner, a.a.O., S.11. 62 Ebenso M. Lehmann, a.a.O., S. 328f. 63 Sack, WRP 1974, 247 ; Baudenbacher, a.a.O., S. 153 und 162ff.; einschränkend auch Rebe, a .a.O., S. 145ff., der nur sporadische Ansätze erkennt; gegen diese Einschränkung E. Rehbinder, Besprechung der Arbeit von Rebe, in: ZHR 143 (1979), 349, 350. 64 RGZ 134, 342. 65 BGH GRUR 1957, 365 (Suwa); 1957, 363 (Sunil); BGHZ 43, 278 (Kleenex); BGH GRUR 1969, 295 (Goldener Oktober); ebenso schon vorher das RG, vgl. RG GRUR 1936, 810 (Diamantine); 1938, 207 (Persil); 1939, 862 (Lockenwickler). 66 Dieser Rückgriff auf die Nachahmungsgefahr ist nicht ohne Widerspruch geblieben, vgl. Döll, BB 1965, 173; ebenfalls auf die Möglichkeit und Gefährlichkeit der Nachahmung stellt ab Vogt, NJW 1976, 729, 735, wenn er ausführt: "Wo eine Sittenverletzung zur Nachahmung herausfordert ... , kann das Geschehen nicht hingenommen werden ."

III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

161

Wettbewerbs" gefährdet. Mit dieser Argumentation begründete das Gericht unter anderem hier einen Verstoß gegen § 1 UWG. Ähnliche Erwägungen finden sich auch in den Entscheidungen, die die kostenlose Verteilung von Anzeigenblättern betreffen. 67 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat vor allem Burmann in mehreren Aufsätzen versucht, einen Tatbestand der "marktbezogenen Unlauterkeit" zu§ 1 UWG zu entwickeln. 58 Letztendlich wird man der funktionalen Auslegung des § 1 UWG folgen müssen. Die moralisch-ethischen Vorstellungen im Geschäftsverkehr auf der einen Seite und wirtschaftspolitische Grundentscheidungen und Zielsetzungen andererseits sind keine Gegensätze mehr, sondern zwei interdependente Faktoren, die auf Grund der gegenseitigen Beeinflussung auch zeitlichen Veränderungen unterliegen. 59 Die Frage kann daher heute nicht mehr lauten, ob bei der Ausfüllung des Sittenbegriffs auf wirtschaftspolitische Erwägungen zurückgegriffen werden darf, sondern nur, welche Erwägungen dies sind und in welchem Umfang sie herangezogen werden können.70 Selbstverständlich ist insoweit wohl, daß der Wettbewerbsrichter nicht willkürlich seinen persönlichen wirtschaftspolitischen Vorstellungen Geltung verschaffen kann; seine privaten "likes und dislikes" sind unmaßgeblich.n So wollen denn auch die meisten jener Autoren, die ein funktionales Verständnis des§ 1 UWG vertreten, die Vorschrift in bezugauf die Prägung, die der Wettbewerb durch die konkrete rechtliche Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung erfahren hat, auslegen. 72 Eine solche Interpretation der 67 BGHZ 19, 392 (Freiburger Wochenbericht); 51, 236 (Stuttgarter Wochenblatt I); GRUR 1971, 477 (Stuttgarter Wochenblatt II); allerdings sind die Entscheidungen bei diesen Sachverhalten auch in erheblichem Maße durch verfassungsrechtliche Erwägungen zu Art. 5 GG beeinflußt; dagegen Kraft, Festschr. für Bartholomeyczik, S. 223, 232 f.; kritisch zu diesem Problemkreis auch Schricker, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Gratisverteilung von Fachzeitschriften, in: GRUR 1980, 194ff. 68 WRP 1967, 240ff., 385; 1968, 258 (Nachweise oben Fn. 42); und: Zum Problem der Sittenwidrigkeit im Wettbewerb, in: WRP 1972, 511. 69 Ott, a.a.O., S. 419; L. Raiser, GRUR int. 1973, 443, 445f.; M. Lehmann, a.a.O., S. 326; ausführlich zum Verhältnis von Freiheitsschutz und Lauterkeitsschutz Schluep, GRUR int. 1973, 446ff. Eine Beeinflussung des Sittenbegriffs des § 1 UWG durch die Grundsätze der Wirtschaftsfreiheit, wie sie im GWB festgeschrieben sind, hat bereits Mestmäcker erkannt, Über das Verhältnis des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen zum Privatrecht, in: AcP 168 (1968), 235, 253ff. 70 Sack, WRP 1974, 247, 254; im Grundsatz ebenso wohl Rittner, Einführung . . ., S. 11; auf sittliche Kriterien bei der Auslegung des § 1 UWG soll damit allerdings nicht verzichtet werden; sie behalten vielmehr ihren Platz neben den wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten, vgl. Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 145, 156; Raiser, GRUR int. 1973, 445f.; a.A. wohl Schluep, a.a.O., S. 447, der von einer "Entsittlichung des Rechts" spricht. n Ott, a.a.O., S. 419. 72 Emmerich, a.a.O., S. 44 passim; Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 151f.; Baudenbacher, a.a.O., S. 154; M. Lehmann, Mitarbeiterfestschr. für E. Ulmer, S. 328ff.

11 Mook

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

Generalklausel befürwortet letztendlich auch Merkel; er hält sie jedoch erst nach Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigung durch Änderung des § 1 UWG für praktisch möglich.73 Eben eine solche besondere Ermächtigung wird von einigen Stimmen im Schrifttum mit dem Hinweis, die Generalklausel des § 1 UWG beinhalte gerade einen Auftrag an den Richter zur Rechtsfortbildung, für nicht erforderlich gehalten. 74 Tatsächlich ist wohl die Ausfüllungsbedürftigkeit der Generaklausel Ermächtigung genug, um die Berücksichtigung wirtschaftspolitischer Wertungen und Zielsetzungen bei der Anwendung des § 1 UWG zu ermöglichen. Nur so ist die Anpassung dieser Vorschrift an ein modernes Wirtschaftsund Wettbewerbsverständnis gewährleistet. Die Generalklausel muß ausgerichtet werden " ... auf die positiven Ereignisse, die von einer Wettbewerbsordnung zu erwarten sind" 75. Konkret sind damit die positiven Zielsetzungen der bestehenden Wettbewerbsordnung gemeint; welche diese sind, muß unter Heranziehung der Wettbewerbstheorie ermittelt werden. 76 Konsequent ist dieser Ansatz von Baudenbacher zu Ende geführt worden. Vor dem Hintergrund der Theorie des funktionsfähigen Wettbewerbs geht er von einer Verteilungs-, Lenkungs-, Steuerungs-, Ordnungs-, Antriebs- und Leistungssteigerungsfunktion des Wettbewerbs aus. Ist der Bestand oder eine dieser Funktionen des Wettbewerbs gefährdet, so habe eine Wettbewerbshandlung aus funktionaler Sicht als unlauter zu gelten.77 Die Frage, welche Erwägungen dabei im einzelnen zu berücksichtigen sind, beantwortet Baudenbacher anband der wirtschaftspolitischen Lehre. 78 Er unterscheidet zwischen Ordnungs-, Struktur- und Ablaufpolitik und kommt zu dem Ergebnis, daß ordnungspolitische Erwägungen grundsätzlich79 und ablaufoder konjunkturpolitische Erwägungenaufgrund ihrer Kurzfristigkeit niemals eine Rolle spielen können. Problematisch ist vor allem die Strukturpolitik im Hinblick auf die Frage, ob -und wenn ja, in welchem Umfangim Rahmen des UWG Mittelstandsschutz betrieben werden kann. In der Rechtsprechung ist diese Frage nicht immer einheitlich behandelt worden. Während der BGH in der "Suwa"- und in der "Sunil"-Entscheidung noch ausdrücklich den Schutz von mittleren und kleineren WettbeBB 1977, 705, 708. Vor allem Sack, WRP 1974, 251ff.; Ott, a.a.O., S. 420; Steindorft, Die guten Sitten als Freiheitsbeschränkung, in: summum ius summa iniuria, Tübingen 1963, S. 58, 63f.; etwas zurückhaltender Lindacher, BB 1975, 1311, 1313f. 75 Baudenbacher, a.a.O., S. 154; ebenso Schluep, GRUR int. 1973, 452. 76 Baudenbacher, a.a.O., S. 154; ablehnend Kraft, Gemeinschaftsschädliche Wirtschaftsstörung als unlauterer Wettbewerb, in: GRUR 1980, 966, 969. 77 Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 145, 154. 78 Ausführlich a.a .O., S. 157ff. 79 Ebenso Lindacher, BB 1975, 1311, 1312; ob die anderen von Baudenbacher zitierten Formulierungen "offenbar nichts anderes meinen" als ordnungspolitische Überlegungen, mag dahinstehen. 73

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III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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werbern als Entscheidungskriterium herangezogen hatte,80 hat er sich in den Urteilen "Kleenex" und "Goldener Oktober" hiervon zumindest verbal wieder distanziert. 81 Anläßlich der Beurteilung von Aufmerksamkeitswerbung durch Geldgewinnspiele82 hat das Gericht dann aber die frühere Rechtsprechung wieder aufgenommen. Wenn die Entscheidung anführt, " ... ,daß die Umlenkung des Käuferstromes den Zweck vernünftigen Konsumverhaltens verfehlt, der allein unter dem Gesichtspunkt des Leistungswettbewerbs die an sich bedenkliche Wertreklame legitimieren könnte" 83 und dabei in Betracht zieht " ... , daß kleinere Mitbewerber einer solchen allein auf Kapitaleinsatz beruhenden Werbung kaum wirksam begegnen können, obwohl sie dazu unter Umständen mit ihrer gewerblichen Leistung und im Rahmen üblicher Werbemethoden durchaus in der Lage sein könnten"84, so wird mit dieser Argumentation sowohl auf die Funktion des Wettbewerbs als auch auf den Schutz des Mittelstandes entscheidend abgestellt. Von der Ablehnung einer mittelstandsschützenden Anwendung des § 1 UWG durch den BGH kann daher heute wohl nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden. as Richtet man daneben den Sittenbegriff, wie er hier vertreten wird, auch an den Zielvorstellungen eines freien Wettbewerbs, wie sie im GWB Ausprägung gefunden haben, aus, 86 so bietet sich der Hinweis auf§ 37 a III GWB an. In dieser 1980 in das Gesetz genommenen Vorschrift haben mittelstandsschützende Überlegungen in besonderem Maße Ausdruck gefunden. 8 7 Daher muß auch dieser normgewordenen Wertung des Gesetzgebers ein Einfluß auf die Anwendung des § 1 UWG zugebilligt werden. Ob dies so weit gehen kann, bei einem Verstoß gegen§ 37 a III GWB zugleich auch immer eine Verletzung der guten Sitten i. S. d. § 1 UWG anzunehmen,aa erscheint mir allerdings zweifelhaft. Die Vorschrift des § 37 a III GWB spricht nämlich selbst kein Verbot aus, sondern es handelt sich tim eine Ermächtigungsnorm, die BGH GRUR 1957,365,367 (Suwa); 1957,363, 364 (Sunil). BGH GRUR 1965, 489 (Kleenex) mit Anm. Lehmpfuhl, GRUR 1965, 493, der auf S. 494 die verbale Distanzierung in der Sache anzweifelt; BGH GRUR 1969, 295, 296 (Goldener Oktober) mit zustimmender Anm. Droste. a2 BGH WRP 1974, 21 (Geldgewinnspiel). 83 BGH WRP 1974, 21, 23. 84 BGH WRP 1974, 21, 23. 85 So auch Sack, Der Verkauf unter Selbstkosten im Einzelhandel, in: WRP 1983, 62, 68 m. w.N. aus der instanzgerichtlichen Rspr. 86 So statt aller Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, S . 49ff. ; Sack, WRP 1974, 247; ders., WRP 1983, 62, 67f.; Hirtz, Die Relevanz der Marktmacht bei der Anwendung des UWG, in: GRUR 1980, 93, 94; Mestmäcker, AcP 168 (1968), 235, 253ff.; a.A. Kraft, Festschr. für Bartholomeyczik, S. 237f. unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Ansicht. 87 Vgl. Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des GWB 1980, BT-Drucksache 8/3690, S. 28ff. 88 So Emmerich, a.a.O., S. 62f.; Sack, WRP 1983, 67 u . 68; K.-H. Schneider, Die Preisstellung unter Einstandspreis im Einzelhandel, jur. Diss. Berlin 1982, S. 216f. 8o

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

der Kartellbehörde zwar die Grundlage für eine Untersagungsverfügung gibt, ihr im konkreten Fall aber doch einen Ermessensspielraum gewährt. 89 Als unmittelbar sittenwidrig wird man daher nur den Verstoß gegen die Untersagungsverfügung unter der Fallgruppe "Vorsprung durch Rechtsbruch" erfassen können. 90 Soweit in der Literatur die Heranziehung mittelstandspolitischer Erwägungen bei der Anwendung des§ 1 UWG überhaupt bejaht wird,91 werden vornehmlich zwei Arten oder- treffender- zwei Intensitätsstufen bezüglich der Maßgeblichkeit solcher Überlegungen diskutiert. So hat insbesondere M. Lehmann den § 1 UWG zwar nicht zur Generalklausel des Mittelstandsschutzes erhoben, er hat jedoch einen Weg aufgezeigt, " ... dem UWG mittelstandsschützende Wirkung beizumessen, ... , ohne das UWG zu einem spezifischen Mittelstandsschutzgesetz, . . . werden zu lassen"92. Danach kann eine strengere Beurteilung und Untersagung moderner Erscheinungsformen des Behinderungswettbewerbs jene Verhaltensweisen aussondern, die aus praktischen Gründen nur von marktstarken Unternehmen eingesetzt werden und zu Lasten mittelständischer Betriebe gehen. Es werden dabei den größeren Unternehmen Handlungsweisen untersagt, die die "Kleinen" schon aus tatsächlichen Gründen sowieso nicht vornehmen können. Durch ein solches Verbot werden die wettbewerbliehen Rahmenbedingungen geprägt; es wird mit anderen Worten die "par conditio concurrentium" i.S.d. wettbewerblieh gleichen Ausgangslage bestimmt. Eine so verstandene mittelstandsschützende Funktion des § 1 UWG ist inzwischen mehrfach in der Literatur vertreten worden, wobei allerdings hervorgehoben wird, daß es nur ein leistungsfähiger Mittelstand ist, der Schutz vor leistungsfremden Maßnahmen beanspruchen darf.93 89 Vgl. nur Emmerich, in: Immenga I Mestmäcker, Kommentar zum GWB, § 37 a Rdn. 8. 9° A.A. Sack, WRP 1983, 67, der einen relevanten Rechtsbruch bereits auch dann für gegeben hält, wenn eine Verfügung der Behörde noch nicht vorliegt. 91 Ablehnend stehen der Berücksichtigung mittelstandspolitischer Überlegungen gegenüber: Schricker, GRUR 1974, 579, 581; ders., Wettbewerbsrechtliche Aspekte des Verbraucherschutzes, in: RabelsZ 40 (1976), 535, 540f.; Th. Marx, Wettbewerbsrecht, Berlin 1978, S. 235f.; Bernd Hirtz, Die Werbung mit dem Angebot branchenfremder Artikel, in: BB 1979, 450, 453; Kraft, Festschr. für Bartholomeyczik, S. 231ff.; ders., ZRP 1979, 161, 164; ders., GRUR 1980, 966, 967; M. Lehmann, Kostenlose Anzeigenblätter und unlauterer Wettbewerb, in: GRUR 1977, 21, 28; ders., Wettbewerbsrecht, Strukturpolitik und Mittelstandsschutz, in: GRUR 1977, 580ff., 633ff., 642, der§ 1 UWG nicht zu einer "Generalklausel zum Schutz des Mittelstandes" werden lassen will; ders., Schutz des Leistungswettbewerbs und Verkauf unter Einstandspreis, in: GRUR 1979, 368, 373; Ott, Festschr. für L. Raiser, S. 403, 427. 92 M. Lehmann, GRUR 1977, 580ff., 633ff., 640ff. 93 So vor Lehmarm schon Sack, Zur Zulässigkeit von Vorspannangeboten, in: WRP 1975, 69, 72f.; ders., Wettbewerbsverzerrungen durch "Anzapfen", in: WRP 1975, 261, 262ff.; Merkel, BB 1977, 705, 708 und dort auch Fn. 15; Kroitzsch, Wirtschaftspolitische Entscheidungen durch Wettbewerbsregeln oder durch die UWG-Rechtsprechung?, in: BB 1977, 220, 224.

III. Kriterien zur Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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Einen Schritt über diese Ansicht hinaus geht P. Ulmer, wenn er die "Herstellung materieller Chancengleichheit" durch Anwendung des UWG fordert.94 Dadurch sollen solche Ungleichheiten, die allein auf unterschiedlicher Marktmacht beruhen, nivelliert werden. Ulmer plädiert damit für eine differenzierte Anwendung der Generalklausel je nach wirtschaftlicher Stärke der beteiligten Wettbewerber. 95 Eine solche flexible Einzelfallbetrachtung ist schon früher auch von Kübler I Simitis vertreten worden. 96 Zum gleichen Ergebnis kommt auch Baudenbacher,97 der dabei allerdings weniger auf den Mittelstandsschutz abhebt,9a sondern - getreu seinem Gesamtkonzept-dieFunktionsfähigkeit des Wettbewerbs in den Vordergrund stellt. Danach ist eine Wettbewerbshandlung dann unlauter, wenn sie das Funktionieren des Wettbewerbs stört.99 Eine nach der wirtschaftlichen Größe der jeweiligen Wettbewerber differenzierte Anwendung des§ 1 UWG ergibt sich dabei zwangsläufig aus der Tatsache, daß nur der "Große" über die erforderlichen Mittel verfügt, um eine spürbare Wettbewerbsstörung zu verursachen. Die gleiche Handlung eines "Kleinen" ist aufgrundfehlender Marktrelevanz nicht unlauter. Diese Auffassung führt in de1 Konsequenz allerdings - ebenso wie Ulmers Forderung nach materieller Chancengleichheit- zur Aufgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes.1oo Diese Folge einer differenzierenden Anwendung des § 1 UWG erscheint jedoch nicht gerechtfertigt.lol Aufgabe des § 1 UWG ist die Wahrung und Gestaltung der "par conditio concurrentium" im Sinne von gleichen wettbewerbliehen Rahmenbedingungen. Mittelstandsschutz kann dabei berücksichtigt werden, indem der Rahmen nur den Raum läßt, der von "Großen" und "Kleinen" gleichermaßen ausgefüllt werden kann. Größenbedingte Vorteile können zumindest partiell ausgeglichen werden. Eine Ungleichbehandlung aber läßt die Vorstellung vom Wettbewerb als dem fairen Kampf um den Kunden nicht zu. Gilt für die Wettbewerber unterschiedliches Recht, so wird im Ergebnis auch die Entscheidung der Marktgegenseite von den differierenden Aktionsmöglichkeiten der einzelnen Wettbewerber beeinflußt. Eine sachgerechte Auslesefunktion könnte die Entscheidung der Marktgegenseite nicht mehr ausüben. P. Ulmer, GRUR 1977, 565, 579f. Ablehnend Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, S . 11. 96 Kübler I Simitis, Presse und Wettbewerb, in: JZ 1969, 445, 452. 97 Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 145; ders., Machtbedingte Wettbewerbsstörungen als Unlauterkeitstatbestände, in: GRUR 1981, 19. 96 Mittelstandsschutz wird nur mittelbar, d.h. als Reflex bewirkt, Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 161; ders., GRUR 1981, 28. 99 Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 167f. 10o Baudenbacher, ZHR 144 (1980), 168f. 101 Gegen die Aufgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch Kraft, Festschr. für Bartholomeyczik, S. 231. 94

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

Dies spricht jedoch nicht grundsätzlich gegen die funktionale Auslegung des § 1 UWG. Vielmehr ermöglicht die Berücksichtigung wirtschaftswissenschaftlicher und wettbewerbstheoretischer Kriterien durchaus eine sachgerechte Konkretisierung der Generalklausel und damit eine Anpassung des Lauterkeitsschutzes an neue Anforderungen des modernen Wirtschafts- und Wettbewerbslebens. Wirtschaftspolitische Grundentscheidungen und Zielvorstellungen mögen zwar an sich nicht sittlich-moralisch fundiert sein; sie haben aber insoweit einen sittlich-ethischen Inhalt, als sie das Zusammenspiel der wirtschaftlichen Kräfte ordnen und den einzelnen auf diese Ordnung verpflichten.l02 So verstanden bedeutet die funktionale Auslegung des § 1 UWG allerdings, daß nur solche wirtschaftspolitischen Wertungen Beachtung finden können, die in der geltenden Rechts- und Wirtschaftsordnung zum Ausdruck kommen. Auch die Kriterien der funktionsbezogenen Auslegung sind damit "der Norm gewordenen politischen Wertung des Gesetzgebers" zu entnehmen.l03 Hieraus abzuleiten, der Gesetzgeber müsse bereits zu konkreten Verhaltensweisen Stellung bezogen haben, 104 erscheint mir jedoch zu eng. Dies schon aus dem Grunde, weil die gesetzgebensehe Reaktion auf neue Erscheinungen im Wettbewerb oftmals zu lange auf sich warten läßt. Vielmehr muß es zulässig sein, wirtschaftspolitische Kriterien durch Auslegung der bestehenden Rechts- und Wirtschaftsordnung zu ermitteln und sie bei der Konkretisierung der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel heranzuziehen. 7. Zusammenfassung

Von den aufgezeigten Ansätzen und Möglichkeiten zur Konkretisierung der Generalklausel sollen hier noch einmal folgende Gesichtspunkte hervorgehoben werden: in einem Kernbereich können wettbewerbliehe Handlungsweisen weiterhin unter sittlich-ethischen Kriterien beurteilt werden. Ein völliger Verzicht auf dieses Merkmal erscheint nicht gerechtfertigt. In dem Bereich, in dem Wettbewerbshandlungen einer eindeutigen sittlichen Wertung nicht zugänglich sind, müssen zur Konkretisierung der Generalklausel des § 1 UWG weitere Gesichtspunkte herangezogen werden. Das Hauptgewicht liegt insoweit auf dem Prinzip des Leistungswettbewerbs und auf einer an den wirtschaftlichen Funktionen des freien Wettbewerbs ausgerichteten Auslegung des § 1 UWG.tos 102 Zum sittlich-moralischen Gehalt wirtschaftspolitischer Entscheidungen und Zielvorstellungen vgl. Sack, WRP 1974, 248ff. 103 Kraft, a .a .O., S. 234. 104 So Kraft, a.a.O., S . 235.

IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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Bei all diesen Konkretisierungsmöglichkeiten ist jedoch der Grundsatz der "par conditio concurrentium" im Sinne von gleicher Ausgangslage und von Gleichbehandlung zu beachten. IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe Anhand der aufgezeigten Auslegungskriterien zu § 1 UWG soll im folgenden dargelegt werden, unter welchen Umständen konkret ein Verstoß gegen die Ausnutzungsfallgruppe angenommen werden kann. 1. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und sittlich-fundierte Normen

In bezugauf rein nationale Sachverhalte wurde eine Wettbewerbshandlung dann als sittenwidrig erachtet, wenn die mit der Verletzung einer sittlich-fundierten Norm in Verbindung steht. 106 Für die Ausnutzungsfangruppe stellt sich jetzt die Frage, ob diese wettbewerbsrechtliche Beurteilung aufrechtzuerhalten ist, wenn der Normverstoß durch die Ausnutzung eines Rechtsunterschiedes vermieden wird. Dies ist m.E. unter der Voraussetzung zu bejahen, daß die Auslandshandlung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände den gleichen sittlichen Unwert aufweist, wie der Verstoß gegen die entsprechend inländische Norm. Faßt man, wie es hier vertreten wird, den Verstoß gegen eine sittlich-fundierte Norm als Beweisanzeichen dafür auf, daß eine mit dem Normverstoß in Zusammenhang stehende Wettbewerbshandlung die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verletzt, so kann es bei der Ausnutzungsfallgruppe nicht darauf ankommen, ob es am Ort der Handlung eine entsprechende gesetzliche Bestimmung gibt. Das sittlich-moralische Urteil über die fragliche Handlung, das unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen gesetzlicher Vorschriften nach deutschen Vorstellungen - allerdings unter Berücksichtigung der am Handlungsort herrschenden Umstände - gefällt wird, zieht auch die Bewertung der Wettbewerbshandlung nach sich. Eine ähnliche Ansicht kommt auch in der "Asbestimporte"-Entscheidung des BGH zum Ausdruck, wenn der Senat ausführt, daß ein Verstoß gegen§ 1 UWG dann in Betracht kommt, wenn durch die Auslandshandlung "sittliche Grundanforderungen, die an jede menschliche und staatliche Ordnung 105 Für die Auslegung des § 1 UWG an Hand aller in der Lehre und Rspr. herausgearbeiteten Kriterien auch M. Lehmann, Mitarbeiterfestschr. für E. Ulmer, S. 330; auch Ott, Festschr. für Raiser, S . 409, betont, daß in der Lehre die guten Sitten oft durch ein Begriffsbündel definiert werden. 1os Siehe oben Viertes Kapitel I. 5.

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

zu richten sind", in besonderem Maße verletzt werden.107 Eine solche schwerwiegende Verletzung sah das Gericht aus tatsächlichen Gründen zwar nicht als gegeben an; die Erwägung zeigt jedoch, daß § 1 UWG nicht "gänzlich ,blind' gegenüber abweichenden rechtlichen Rahmenbedingungen" sein soll.IOB Die Umgehung sittlich-fundierter Normen durch Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede kann daher unter den aufgezeigten Voraussetzungen auch auf die sittliche Bewertung einer inländischen Wettbewerbshandlung ausstrahlen. 2. Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und wettbewerbsbezogene Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter

Wie oben ausgeführt, 109 ist es der Schutz wichtiger inländischer Gemeinschaftsgüter, dessen Mißachtung im Zusammenhang mit einer Wettbewerbshandlung den Verstoß gegen§ 1 UWG begründet. Auch die Ausnutzungsfallgruppe sollte, soweit es um den Bereich solcher Schutznormen geht, dieser für rein nationale Sachverhalte getroffenen Wertung entsprechen. Die Ausnutzung eines auf diesem Gebiet bestehenden Rechtsunterschiedes wäre demnach dann als sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG zu beurteilen, wenn sie zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung wichtiger inländischer Gemeinschaftsgüter führt. Solche Sachverhaltskonstellationen sind aber in der Praxis äußerst selten. Bei den regelmäßig als Schutznormen wichtiger Gemeinschaftsgüter qualifizierten Gesetzen (HWG, AMG) kommen sie nicht vor,llO Denkbar wären solche Fälle vielleicht im Bereich des Umweltschutzes. Weicht ein Unternehmer mit seiner umweltbelastenden Produktionsmethode in ein Nachbarland aus, wirken sich die Umweltbelastungen jedoch auch im Inland aus, so ist tatsächlich eine Beeinträchtigung wichtiger inländischer Gemeinschaftsgüter denkbar. Ob es sich bei den insoweit in Betracht kommenden Umweltschutzgesetzen um Normen mit wettbewerbliebem Bezug handelt, erscheint mir zweifelhaft. Wettbewerbliehe Relevanz erlangt das Umweltschutzrecht insoweit wohl nur über den Vorsprungsgedanken, d.h. als Bestandteil der "par conditio concurrentium". Ein Verstoß gegen Umweltschutzbestimmungen und die damit verbundene Gefährdung von Gemeinschaftsgütern kann daher auch nicht als per se wettbewerbswidrig angesehen werden. In bezug auf die Ausnutzungsfallgruppe ist diese Sachverhaltskonstellation erst im Zusammenhang mit dem Vorsprungsge107

BGH GRUR 1980, 858, 860; vgl. auch oben Viertes Kapitel II. 3. b) aa) und III. 4.

1oa So Hohlach in dem Rechtsprechungsbericht, JuS 1981, 691, Nr. 9. 109 Siehe oben Viertes Kapitel I. 5. no Viertes Kapitel li. 3. b) bb).

IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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danken zu erörtern. Im Bereich der Normen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüterspielt damit auch die Ausnutzungsfallgruppe keine wesentliche Rolle. 3. Die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede und wertneutrale Normen

Bei rein nationalen Sachverhalten ergibt sich die Wettbewerbswidrigkeit einer Verletzung wertneutraler Normen aus dem Vorsprungsgedanken, d.h. aus der Verletzung der "par conditio concurrentium". Nun ist, wie dargestellt, 111 die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede ein durchaus häufig praktiziertes Mittel für den einzelnen Unternehmer, um sich der Bindung an allgemeingültige wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu entziehen. Hier wird daher auch in der Praxis das Hauptanwendungsgebiet der Ausnutzungsfallgruppe liegen. Allerdings wirft auch ihre Konkretisierung hier die meisten Probleme auf. Es stellt sich nämlich die Frage, unter welchen Umständen ein durch Ausnutzung von Rechtsunterschieden gewonnener Vorteil einem durch Rechtsbruch erlangten Vorsprung in der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung gleichsteht. Die Tatsache, daß in beiden Fällen rechtliche Bindungen, die im Inland für alle Konkurrenten gelten, nicht eingehalten werden, reicht sicherlich für eine Gleichstellung nicht aus, denn der internationale Warenaustausch lebt von zwischenstaatlichen Unterschieden und ist als solcher volkswirtschaftlich auch durchaus erwünscht.ll2 Auf der anderen Seite bestimmt das nationale Recht, aus welchen Faktoren die Parameter für den nationalen Wettbewerb gebildet werden können; eine Umgehung dieser Bestimmung durch Ausnutzung von Auslandsrecht muß insoweit verhindert werden.m Bei der Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe muß zwischen diesen beiden Positionen ein Ausgleich gefunden werden. Hierzu können die herausgearbeiteten Kriterien und dabei vor allem wirtschaftspolitische Gesichtspunkte herangezogen werden, denn gerade mit Hilfe des Vorsprungsgedankens lassen sich wirtschaftspolitische Erwägungen in das Wettbewerbsrecht transferieren.ll4 Vgl. oben die wirtschaftliche Grundlegung. So erklärt sich auch die von Schricker, GRUR 1977, 646, 648f. an der Ausnutzungsfallgruppe geübte Kritik; auch die weiteren ablehnenden Stimmen beruhen wohl auf dieser Überlegung, vgl. Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rdn. 536a; v . Gamm, UWG, Einf. A Rdn. 41. 113 In dieser Forderung kommen allerdings protektionistische Tendenzen zum Ausdruck. 114 Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG, Rdn. 73. 111

11 2

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

a) Konkretisierung an Hand wirtschaftspolitischer Erwägungen Im Bereich wertneutraler Normen findet die Ausnutzung von Rechtsunterschieden hauptsächlich als Wahrnehmung von Produktionskostenvorteilen statt. Binnenwettbewerbliehe Relevanz erlangt diese Ausnutzung, indem die Ware auf dem Inlandsmarkt gehandelt und der Kostenvorteil auf den Angebotspreis umgelegt wird.' 15 Zu den wirtschaftspolitischen Erwägungen, die mit diesem Vorgang in Zusammenhang stehen, gehören neben der Wettbewerbstheorie auch Außenhandelspolitik und Überlegungen zur internationalen Konkurrenzfähigkeit. Die für die Konkretisierung der Generalklausel maßgeblichen wirtschaftspolitischen Kriterien sind daher vornehmlich diesen Gebieten zu entnehmen. Die Frage, inwieweit wirtschaftliche Rahmenbedingungen des Auslands bei der Bildung der Parameter für den Inlandswettbewerb als Faktoren herangezogen werden dürfen, wird in einem marktwirtschaftlich orientierten System an Hand der Außenwirtschaftstheorie beantwortet werden müssen. So haben denn auch im selben Sachzusammenhang solche wirtschaftlichen Überlegungen an anderer Stelle bereits rechtlichen Ausdruck gefunden. Gemeint sind damit die Vorschriften über die Rechtsangleichung im EWGV und hier vor allem der Art.lOl, der der Vermeidung von durch internationale Rechtsunterschiede hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen dient. Die einzelnen wirtschaftspolitischen Grundlagen dieser Vorschrift wurden oben dargestellt. 116 Für die Ausnutzungsfallgruppe sind hiervon nur zwei Gesichtspunkte von Bedeutung, nämlich die Unterscheidung zwischen künstlichen und natürlichen Kostenvorteilen11 7 und diejenige zwischen spezifischen und allgemeinen Verzerrungen.'l8 Auf der Basis der die Außenwirtschaftstheorie beherrschenden Lehre von den komparativen Kosten gelten natürliche Produktionskostenunterschiede als erwünscht; sie bewirken eine Ausrichtung der industriellen Standortwahl am ökonomischen Optimum, und durch die darin bedingte Lenkungsfunktion optimieren sie die internationalen Handelsströme. Demgegenüber verhindern künstliche Kostenunterschiede die Allokationsfunktion des internationalen Wettbewerbs und üben damit einen negativen Einfluß auf die internationalen Warenströme aus. Vgl. oben die wirtschaftspolitische Grundlegung. us Vgl. oben Drittes Kapitel IV. 117 Vgl. hierzu oben Drittes Kapitel IV. 1. a) aa). 118 Eine allgemeine Verzerrung liegt vor, wenn die Unterschiede zwischen zwei Ländern alle produzierten Güter gleichermaßen betreffen. Bei einer spezifischen Verzerrung sind dagegen bestimmte Waren innerhalb eines Landes nicht gleich unterschiedlich behandelt, wie die gleichen Waren innerhalb eines anderen Landes, vgl. im einzelnen Drittes Kapitel IV. 1. a) aa). 115

IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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Diese wirtschaftspolitischen Überlegungen finden ihren Ausdruck in der Rechtsnorm des Art.lOl EWGV; sie sind insoweit "N.:orm gewordene" wirtschaftspolitische Wertung, die auf Grund der Rechtsnatur des EWGV auch die nationalen Vorstellungen bindend zum Ausdruck bringen. Rechtsgültigkeitkann diese Wertung zwar nur für den Bereich der EG beanspruchen; in einem System, das einem möglichst optimierten Außenhandel verpflichtet ist, muß diese Wertung aber auch zur allgemeinen außenwirtschaftliehen Zielvorstellung werden. Es erscheint daher als durchaus zulässig, die Ausnutzungsfallgruppe auch an diesen Überlegungen auszurichten_119 Im einzelnen bedeutet dies, daß die Ausnutzung von solchen Rechtsunterschieden, die künstliche Vorteile zur Folge haben, der Funktion des internationalen Wettbewerbs zuwiderläuft, während die Rechtsunterschiede, die Ausdruck natürlicher Vorteile sind, ausgenutzt werden können und sogar sollen. Wendet man die Ausnutzungsfallgruppe in diesem Sinne funktionsbezogen an, so löst sich auch das von Schricker in der Besprechung der "Weltweit-Club"-Entscheidung des BGH angeführte Argument,l20 wonach eine konsequente Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe dazu führen müsse, beispielsweise auch die Werbung eines deutschen Reisebüros mit südlichem Sonnenwetter als wettbewerbswidrigen Vorteil zu qualifizieren. Abgesehen davon, daß Klimaunterschiede nicht rechtlicher Natur sind, ist gegen diese - sicherlich bewußt überspitzte- Argumentation einzuwenden, daß sie nicht zwischen natürlichen und künstlichen Vorteilen differenziert und damit wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse außer acht läßt. Es muß hier allerdings betont werden, daß die Abgrenzung von natürlichen und künstlichen Vorteilen umstritten und im Einzelfall oftmals sehr schwierig sein kann. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit ist daher große Vorsicht bei der Annahme künstlicher Vorteile zu fordern. In concreto wird zu untersuchen sein, ob in dem Rechtsunterschied auch tatsächliche Unterschiede zwischen den beteiligten Ländern, seien sie soziologischer, kultureller oder ökologischer Art, zum Ausdruck kommen. Demgemäß sind Unterschiede im Lohnniveau z.B. nicht als künstlich zu bezeichnen; das Gleiche muß auch für Arbeitsschutzbedingungen gelten, soweit sie der tatsächlichen soziologischen Entwicklungsstufe des jeweiligen Landes entsprechen. 119 Künstliche Vor- bzw. Nachteile im internationalen Wettbewerb, die auf Rechtsunterschieden beruhen, bewirken ein berechtigtes Schutzbedürfnis der heimischen Industrie, BGH NJW 1966, 877, 879 (Knäckebrot) (allerdings in anderem Zusammenhang); so betont Pipkorn, in: v. d. Groeben I Boeckh I Thiesing I Ehlermann, Kommentar zum EWGV, 3. Aufl. Baden-Baden 1983, daß die in Rechtsvorschriften konkretisierten inländischen umweltschutzrechtlichen Wertvorstellungen durch eine Produktionsverlagerung in Frage gestellt werden, Art. 101 Rdn. 12. 12o Schricker, GRUR 1977, 649.

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

Erscheint damit die Ausnutzung künstlicher Rechtsunterschiede als Störung der Funktion des internationalen Wettbewerbs und kommt schon aus diesem Grunde eine Bewertung als wettbewerbswidrig in Betracht, so kann dagegen die Ausnutzung natürlicher Unterschiede nur dann einen Verstoß gegen§ 1 UWG darstellen, wenn sittlich-fundierte Normen betroffen sind. Darüber hinaus sollten nur solche Unterschiede Berücksichtigung finden, die spezifischer Natur sind. 121 Allgemeine- und hier vor allem steuerrechtliehe Unterschiede - sollten über andere, z. B. steuerrechtliche, Regelungen ausgeglichen werden.I22

b) Konkretisierung an Hand mittelstandspolitischer Erwägungen und dem Prinzip des Leistungswettbewerbs Im wesentlichen wurde in dieser Arbeit von der Konkretisierung der Generalklausel des § 1 UWG an Hand der "par conditio concurrentium" i. S. gleicher Startbedingungen ausgegangen. Wendet man diesen Gedanken auf die Ausnutzungsfallgruppe an, so stellt sich die Frage, ob durch die Ausnutzung von Rechtsunterschieden tatsächlich die Chancengleichheit der Wettbewerber in relevanter Weise verletzt wird. Schricker hat dieses eindeutig verneint.I23 Soweit nämlich eine allgemeine Niederlassungsfreiheit besteht, hat jedes Unternehmen rechtlich die Möglichkeit, entsprechende Ausnutzungshandlungen vorzunehmen; faktische Hindernisse, wie fehlende Finanzkraft sind wettbewerbsrechtlich unbeachtlich. So führt Schricker denn auch aus, daß die vom BGH aufgestellte Ausnutzungsfallgruppe " ... auf einer Verkennung des Wesens der rechtlichen Vorbedingungen unternehmerischer Tätigkeit (beruht): rechtliche Umstände gehören wie faktische zu der "par conditio concurrentium", von der jeder Wettbewerber ausgehen muß und auf die er sich einzustellen hat" 124. Dagegen ist jedoch einerseits darauf hinzuweisen, daß die von Schricker vorausgesetzte Niederlassungsfreiheit nur innerhalb der Europäischen Gemeinschaft rechtlich gewährleistet ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß Schricker jeglichen mittelstandsschützenden Charakter des§ 1 UWG verneint.I25 12 1 Vgl. die Ausführungen zum Begriff der Wettbewerbsverzerrung oben Drittes Kapitel IV. l.a} aa). 122 Zu denken ist z.B. an das Außensteuergesetz. 123 Schricker, GRUR 1977, 649; zustimmend Katzenberger, IPRax 1981, 7, 9. 124 Schricker, a.a.O.; anders wohl BGH NJW 1966, 877, 879, wonach die Tatsache, daß im Inland Rohstoffpreise durch rechtliche Bestimmungen künstlich hochgehalten werden, den Staat verpflichten kann, durch geeignete Maßnahmen "eine Gleichheit in der Ausgangslage" zwischen inländischer und ausländischer Industrie herzustellen. 12s Vgl. oben Fn. 91.

IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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Hier wurde jedoch davon ausgegangen, daß über § 1 UWG insoweit Mittelstandsschutz ausgeübt werden kann, als Handlungsweisen in Rede stehen, die von kleineren Unternehmen sowieso nicht ausgeübt werden können und die sich, von Großunternehmen vorgenommen, nicht als Erscheinung des Leistungswettbewerbs darstellen.12s Dabei ist von den möglichen Erscheinungsformen der Ausnutzung hier vor allem die Produktionsverlagerung relevant. Geht man davon aus, daß eine solche Ausnutzung von Rechtsunterschieden i. d. R. nur größeren Unternehmen möglich ist127 immerhin verlangt die Verlegung der Produktion ins Ausland und anschließender Re-Import der Ware erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand - so erscheint es unter mittelstandspolitischen Erwägungen durchaus möglich, die wettbewerbliehe Verwertung so gewonnener künstlicher Produktionskostenvorteile unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu verhindern. Da alle Konkurrenten unabhängig von ihrer Größe hiervon betroffen wären, handelt es sich hier um eine Ausformung der "par conditio concurrentium" unter dem Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes. Erforderlich ist darüber hinaus allerdings, daß sich der durch Ausnutzung von Rechtsunterschieden gewonnene Vorteil nicht als Folge des Leistungswettbewerbs darstellt.l 28 Allerdings ist der Begriff des Leistungswettbewerbs und seine Bedeutung für§ 1 UWG nicht unbestritten. 129 Mit Baumbach I Hefermehl wird man Leistungswettbewerb als denjenigen positiven Wettbewerb bezeichnen können," ... der in der Förderung der Absatztätigkeit des eigenen Unternehmens mit den Mitteln der eigenen Leistung besteht" 130. Dabei ist für den hier interessierenden Zusammenhang zu klären, was noch zu den Mitteln der eigenen Leistung gehört, und was nicht mehr Ausdruck eigener Leistungsfähigkeit ist. Insoweit wird einmal hervorgehoben, daß das Ergebnis der Leistungsfähigkeit maßgebend ist; wie es zustande kommt, ist solange unerheblich, als die für alle Wettbewerber geltenden äußeren Schranken eingehalten werden.131 Auf der anderen Seite wird der Einsatz machtbedingter Vorteile als Widerspruch zum Leistungswettbewerb empfunden.132 Dies kommt besonders in einem Beschluß des Bayerischen Landeskartellamtes zum Ausdruck, in dem günstige Einkaufskonditionen, die einem marktstarken Unternehmen gewährt werden, als leistungswidrig bezeichnet und bei der Berechnung des Einkaufspreises nicht Vgl. oben nach Fn. 101. Allgemein für Direktinvestitionen im Ausland wird dies hervorgehoben von Caves, International Corporations: TheIndustrial Economics of Foreign Investment, in: Economica Vol. 38 (1971), 1, 14. 12e Vgl. oben bei Fn. 93. 129 Vgl. Emmerich, Recht des unlauteren Wettbewerbs, München 1982, S. 42f. 130 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 92 (Hervorhebung im Original). 131 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 93. 132 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Rdn. 100. 12s 127

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

berücksichtigt wurden.1aa In bezug auf Einkaufskonditionen, die ohne besondere Gegenleistung eingeräumt werden, führte die LKartB aus, daß " ... ihr Einsatz im Wettbewerb durch entsprechend niedrige Verkaufspreise seinerseits eine unbillige Behinderung im Sinne des § 37 a Abs. 3 GWB darstellt(e)"134. Diese- sehr weitgehende- Auffassung erscheint allerdings nicht unbedenklich. Immerhin können auch günstige Einkaufsbedingungen in der einen oder anderen Form Ausdruck von Leistung -und sei es nur von guter Verhandlungsführung- sein. 135 Deutlich wird jedoch, daß auch die Faktoren, aus denen sich ein Angebotspreis zusammensetzt, an Hand des wettbewerbliehen Leistungsbegriffs beurteilt werden können. Ist die Umgehung von im Inland allgemeingültigen Schranken ein solcher Faktor, so kommt in dem auf seinem Einsatz beruhenden Angebotspreis nicht eine besondere Leistungsfähigkeit des Anbieters zum Ausdruck; dieser macht sich vielmehr den Umstand zunutze, daß seine Konkurrenten im Inland aus rechtlichen Gründen gehindert sind, vergleichbare Maßnahmen zu ergreifen. Der Hinweis auf die allen Beteiligten rechtlich offenstehenden Umgehungsmöglichkeiten135a kann hier nicht helfen, wenn die Konkurrenten, die aus faktischen Gründen zu der Umgehungshandlung (z.B. Produktionsverlagerung ins Ausland) nicht in der Lage sind, sich im übrigen als durchaus leistungsfähig darstellen)36 Der Leistungskampf im Inlandswettbewerb soll sich insoweit im Rahmen der im Inland gesetzten Schranken abspielen. 136• Auch unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten erscheint es damit als durchaus möglich, die Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede dann als wettbewerbswidrig zu qualifizieren, wenn ein im übrigen leistungsfähiger Mittelstand in Bedrängnis zu geraten droht.137 Dies muß um so mehr gelten, wenn die ausgenutzten Vorteile künstlicher Art sind und damit der erwünschten Funktion des internationalen Wettbewerbs zuwiderlaufen. 133 BayKartB, WuW/E LKartB 223ff., 229 (Kaufmarkt); hierzu Kramm, Verlustpreisunterbietung durch Verkauf unter Einkaufspreis, in: Markenartikel1983, 46 und Scholz, Verkauf unter den Selbstkosten oder zurück zur Verordnung über Wettbewerb von 1934?, in: WRP 1983, 373. 134 BayKartB, WuW/E LKartB 223ff., 229. 135 Ebenfalls kritisch Scholz, a .a.O., S. 374 bei Fn. 10. 135a Ein solcher Hinweis findet sich bei BGH WRP 1985, 406, 407 (Cocktails For

Two).

136 Der Sachverhalt der Entscheidung BGH WRP 1985, 406 gab keinen Anlaß zu solchen Erwägungen. 136a Baumbach I Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 92. m Anders wohl der BGH, wenn er in der "Asbestimporte"-Entscheidung ausführt, der Schutz der inländischen Industrie vor unerwünschten Fehlentwicklungen im Zusammenhang mit Billigeinfuhren sei eine" .. . nicht in den Anwendungsbereich des UWG fallende wirtschaftspolitische Aufgabe ... ", BGH GRUR 1980, 858 (sub 11.1 der Gründe); zustimmend Katzenberger, IPRax 1981, 7, 9; ob das Gericht dabei auch spezifisch mittelständische Interessen mitberücksichtigt hat, wird nicht deutlich.

IV. Die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe

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c) Berücksichtigung des Nachteilsausgleichs Sieht man das wesentliche Merkmal der Ausnutzungsfallgruppe in einer Verletzung der "par conditio concurrentium", so wird deutlich, daß ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil ein Tatbestandsmerkmal der Ausnutzungsfallgruppe sein muß. Es ist demnach erforderlich, daß der durch die Ausnutzung der Rechtsunterschiede gewonnene Vorteil in ein besonders günstiges Angebot auf dem Binnenmarkt umgesetzt wird.l 38 Nur dieses, durch die Umgehung der "par conditio" zustande gekommene Angebot bildet die Grundlage der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung.l39 Wird daher z.B. der durch die Ausnutzung erlangte Vorteil nicht auf das inländische Angebot umgelegt, sondern bewirkt er nur eine größere Gewinnspanne, so greift die Ausnutzungsfallgruppe nicht ein. Es fehlt insoweit an einem rechtlich relevanten wettbewerbliehen Vorteil. Bleibt der gewonnene Vorteil betriebsintern, so spielt er im Rahmen des § 1 UWG keine RolleJ40 Darüber hinaus fragt sich jedoch, ob die Ausnutzungsfallgruppe auch dann eingreift, wenn die durch die Ausnutzung der Rechtsunterschiede benachteiligten Konkurrenten diesen Nachteil kompensieren können. Eine solche Kompensation ist zum Beispiel denkbar, wenn eine durch die Wahrnehmung internationaler Rechtsunterschiede ermöglichte kostengünstige Produktionsmethode zu einer schlechteren Produktionsqualität führt oder ein schlechteres Produktimage bedingt. Letzteres ist vor allem dann möglich, wenn die im Ausland geübte Herstellungsmethode von den inländischen Verbraucherkreisen mißbilligt wird und die im Inland produzierende Konkurrenz diese Mißbilligung werbemäßig verwerten kann. Dies kommt wohl vor allem in bezug auf umweltbelastende Produktionsmethoden in Betracht. Um hier allerdings einen kostenmäßigen Nachteil werbemäßig zu kompensieren, bedarf es noch einer erheblichen Steigerung des allgemeinen Umweltbewußtseins. Grundsätzlich aber muß eine solche Kompensationsmöglichkeit als rechtlich relevant anerkannt werden.l41 Besteht sie nämlich, so kann von einer 138 Andere Vorteile, wie z.B. ein wirkungsvolles Vertriebssystem, sind zwar auch wettbewerblieh relevant, vgl. BGH LM zu§ 1 UWG Nr. 127 (Sammelbesteller), jedoch können solche Vorteile nicht vom Rechtsbruch getrennt werden. Rechtlich bedingte intemationale Wettbewerbsunterschiede betrachtet der BGH auch in anderem Zusammenhang nur als bedeutsam, wenn sie sich auf den Angebotspreis auswirken, BGH NJW 1966, 877, 878f. 139 Baumbach I Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 537; vgl. auch oben Viertes Kapitel bei Fn. 164. 140 Baumbach I Hefermehl, a.a .O., § 1 UWG Rdn. 555; Eichmann, GRUR 1967, 564, 568; offengelassen bei Emmerich, a .a .O., S. 220; OLG Frankfurt BB 1961, 1030; zustimmend Becker, Ist der Versandhandel über sogenannte Sammelbesteller nach Wettbewerbsrecht zulässig?, in: BB 1961, 197, 200; a.A. Max Höfter, Zum Versandhandel über sogenannte Sammelbesteller, in: BB 1961, 732. 141 Vgl. noch einmal oben die Begründung zur "Süßbier II''-Entscheidung.

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

Verletzung der "par conditio concurrentium" durch die Ausnutzungshandlung nicht mehr ausgegangen werden. 4. Zusammenfassung

Nach dem oben Gesagten lassen sich folgende Kriterien als maßgeblich für die Konkretisierung der Ausnutzungsfallgruppe zusammenfassen: Besteht das Rechtsgefälle in einem Bereich, der im Inland durch sittlichfundierte Normen geregelt ist, so ist der Einsatz eines durch Ausnutzung dieses Gefälles gewonnenen Vorteils als wettbewerbswidrig zu betrachten. Wird die Verletzung einer sittlich-fundierten Norm durch Verlagerung des Handlungsortes vermieden, so ist dabei allerdings zu fragen, ob die Handlung unter Berücksichtigung der am Handlungsort herrschenden Umstände die gleiche sittliche Beurteilung verdient, wie der entsprechende Normverstoß im Inland. Unterschiede im Bereich wertneutraler Bestimmungen sind dagegen für die Ausnutzungsfallgruppe nur dann relevant, wenn sie künstliche Wettbewerbsvorteile begründen. Der binnenwettbewerbliehe Einsatz von durch Ausnutzung solcher Unterschiede gewonnenen Vorteilen kann allerdings nur dann als wettbewerbswidrig angesehen werden, wenn er die Institution des Wettbewerbs in ihrem Bestand oder ihrer Funktion gefährdet. Eine solche Gefährdung kann beispielsweise vorliegen, wenn kleine oder mittelständische Konkurrenten des "Ausnutzers", die aus faktischen Gründen nicht zu einer vergleichbaren Ausnutzungshandlung in der Lage sind, in Bedrängnis geraten und dadurch die Angebotsstruktur auf dem Markt nachteilig beeinflußt wird. Da die Ausnutzungsfallgruppe den Wettbewerb letztendlich vor Gefahren schützen soll, die durch Verletzung der "par conditio concurrentium" hervorgerufen sind, greift sie nicht durch, wenn die Chancengleichheit auf Grund einer möglichen Kompensation des Wettbewerbsnachteils tatsächlich nicht verletzt ist. V. Die Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe auf produktionskostenbezogene Rechtsunterschiede und der Grundsatz der Außenhandelsfreiheit Zwar schließen sich, wie oben142 dargelegt, internationales Wirtschaftsrecht und nationales Wettbewerbsrecht auch in bezug auf die vorliegende Problematik grundsätzlich nicht gegenseitig aus, jedoch ist auch die praktische Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe nach den dargelegten Grund142

Vgl. oben Drittes Kapitel V.

V. Anwendung der Ausnutzungsfallgruppe und int. Wirtschaftsrecht

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zügen noch auf ihre Übereinstimmung mit dem Prinzip der Außenhandelsfreiheit hin zu untersuchen. Wie ausgeführt, können nämlich bei der funktionalen Auslegung des § 1 UWG wirtschaftspolitische Erwägungen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in gesetzgeberischen Grundentscheidungen zum Ausdruck gekommen sind. Auf der anderen Seite darf die funktionale Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel dann aber auch nicht im Widerspruch zu einer solchen Grundentscheidung stehen. Jedoch findet auch bei der konkreten Anwendung der Ausnutzungsfangruppe der Grundsatz der außenwirtschaftliehen Freiheit noch auf zweierlei Art Berücksichtigung. Dies geschieht einmal, indem im Rahmen der funktionalen Auslegung des § 1 UWG nur die Ausnutzung solcher Rechtsunterschiede beachtlich ist, die künstliche Wettbewerbsvorteile zur Folge haben. Die Verwertung solcher künstlichen Vorteile ist auch volkswirtschaftlich nicht erwünscht.143 Auf dieser Grundlage hervorgerufene Störungen der Wettbewerbsfunktion brauchen auch wettbewerbsrechtlich nicht hingenommen zu werden. Natürliche Vorteile dagegen dürfen auch durch den Grundsatz der wettbewerbliehen Chancengleichheit nicht nivelliert werden- ihre Einflüsse auf die Funktion des Wettbewerbs müssen systemgemäß als erwünscht angesehen werden. Zum anderen steht auch die Rechtsfolgeseite des Ausnutzungstatbestandes nicht im direkten Widerspruch zum internationalen Wirtschaftsrecht. Durch die Ausnutzungsfallgruppe kann nämlich nur verhindert werden, daß die gewonnenen Vorteile im nationalen Wettbewerb verwertet werden. Die Ausnutzungshandlung selbst wird von dem wettbewerbsrechtlichen Tatbestand nicht betroffen.l4 4 Während das internationale Wirtschaftsrecht nur Eingriffsmöglichkeiten kennt, die sich auf die Zugangsbedingungen ausländischer Güter zum Inlandsmarkt beziehen, bestimmt die Ausnutzungsfallgruppe, in welchen wettbewerbsrechtlichen Grenzen sich der Konkurrenzkampf auf dem Binnenmarkt abspielt. Die wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen greifen damit nicht direkt in den Regelungsbereich des Einfuhrrechts ein; ihre Auswirkungen auf den internationalen Warenverkehr stellen insoweit bloße Reflexe dar. Allerdings findet sich auch ein Verbot solcher indirekten Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel in Art. 30 EWGV. Danach sind alle Maßnahmen, die die gleiche Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen haben, zwischen den Mitgliedstaaten der EG verboten. Unter diesem Gesichtspunkt hat der EuGH in seinem Urteil vom 24. 1. 1978 (RS 82/88) 145 die Festsetzung von Mindestpreisen dann für unzulässig 143 144 145

Vgl. hierzu oben Drittes Kapitel IV. 1. a) aa). Dies wurde schon oben mehrfach hervorgehoben, vgl. Viertes Kapitel I. 4. u. 5. EuGHE 1978, 25.

12 Mook

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5. Kap.: Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnutzungsfallgruppe

erklärt, wenn sie verhindert, daß sich niedrige Gestehungskosten einer Importware auf den Angebotspreis im Inland auswirken. 146 Als entscheidend wurde dabei herausgestellt, daß solche Mindestpreise die gleiche Wirkung wie Preisabsprachen hätten und den Wettbewerb zwischen Importware und Inlandsware beschränken würden.t47 Auch wenn die Ausnutzungsfallgruppe nicht die Festsetzung von Mindestpreisen zur Folge hat, so erscheint ihre Anwendbarkeit auf produktionskostenbezogene Rechtsunterschiede vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH doch zweifelhaft. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Ausnutzungsfallgruppe aufgrund einer Umgehung von sittlich-fundierten Normen zur Anwendung kommt. Hier greift der Vorbehalt des Art. 36 EWGV ein, der entsprechende Maßnahmen im Interesse der Sittlichkeit zuläßt. Allerdings werden relevante Rechtsunterschiede im hier interessierenden Zusammenhang hauptsächlich zu den Entwicklungsländern und Schwellenländern bestehen. Gegenüber diesen Ländern entfaltet der Art. 30 EWGV allerdings weder direkte noch indirekte Wirkung. Es fehlt insoweit an einer Rechtsgrundlage für seine Geltung.l 48 Grundsätze des internationalen Wirtschaftsrechts stehen der Anwendbarkeit der Ausnutzungsfallgruppe hier nicht entgegen.

Ebd., S . 39f. So vor allem der Schlußantrag des Generalanwalts Capotorti, ebd., S. 50f. 148 Winkel, NJW 1977, 1992, 1993; EuGH NJW 1976, 1579 = EuGHE 1976, 811; ebenso der Europäische Rat Abl EG 1977 C 11/1. 146 147

Zusammenfasssong der Ergebnisse Im ersten Kapitel wurde gezeigt, daß internationale Unterschiede bei wirtschaftsrechtlichen Vorschriften zum Teil unerwünschte Auswirkungen auf den nationalen Wettbewerb haben können, indem eine Rechtsordnung ausnutzbare Vorteile gewährt, die sich in einer anderen nicht bieten. Zwei Sachverhaltskonstellationen sind hierbei zu unterscheiden: Zum einen können sich die in Rede stehenden Rechtsunterschiede auf Normen beziehen, die selbst wettbewerblieber Natur sind. Auswirkungen auf den Binnenwettbewerb haben solche Unterschiede, wenn eine in den Regelungsbereich solcher inländischer Normen fallende Wettbewerbshandlung im Ausland stattfindet, ihre Wirkung aber gleichwohl auch unmittelbar auf den Inlandsmarkt getragen wird. Diese Problematik taucht, wie auch der Überblick über die einschlägige Rechtsprechung gezeigt hat, vornehmlich im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen auf; sie ist hier unter dem Begriff "grenzüberschreitende Werbung" zusammengeiaßt worden. Hierdurch hervorgerufene negative binnenwettbewerbliehe Effekte lassen sich in der Regel im Rahmen der Rechtsanwendungsfrage verhindern. Dies geschieht, indem auf die die Inlandswirkung begründende Handlung regelmäßig deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar ist. Auch im konkreten Einzelfall ist bei der kollisionsrechtlichen Entscheidung allerdings der Grunsatz der wettbewerbliehen Chancengleichheit zu berücksichtigen. Eine sehr geringfügige Beeinflussung des inländischen Wettbewerbs kann insoweit eine schwerwiegende Benachteiligung des Betroffenen auf anderen Märkten nicht rechtfertigen. Ist das betroffene Unternehmen im Einzelfall auf unterschiedlichen Märkten tätig und ist eine räumliche Aufspaltung der fraglichen Werbemaßnahme nicht möglich, so ist insoweit eine Abwägung der beteiligten Interessen erforderlich. Die zweite Sachverhaltsgestaltung, in der internationale Rechtsunterschiede wettbewerbliehe Relevanz erlangen, ist durch Normen geprägt, die selbst nicht unmittelbar wettbewerbsrechtlicher Natur sind. In rein nationalen Sachverhalten führt die Verletzung einer solchen Vorschrift nur zur Wettbewerbswidrigkeit, wenn die Norm selbst sittlich-fundiert ist, oder wenn der "Verletzer" einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil vor seinen Konkurrenten erlangt. An Hand dieser Wertung ist auch die Fallkonstellation zu beurteilen, bei der zwar der Verstoß gegen eine solche Vorschrift mittels einer Auslands12•

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Zusammenfassung der Ergebnisse

handlungvermieden wird, die Auswirkungen auf den nationalen Wettbewerb aber dieselben sind wie bei einer Verletzung der entsprechenden Vorschrift im Inland. Eine Lösung dieser Problematik im Rahmen des klassischen Kollisionsrechts führt zu der sehr schwierigen Auslegungsfrage, nach welchem Recht das Merkmal der Rechtsverletzung in der zu § 1 UWG entwickelten Fallgruppe" Wettbewerbswidrigkeit durch Rechtsbruch" zu beurteilen ist. Durch die vom BGH zu § 1 UWG geschaffenen Ausnutzungsfallgruppe wird diese von Fall zu Fall immer neu zu entscheidende Fragestellung umgangen; es ist damit eine spezielle nationale Sachnorm für Auslandssachverhalte geschaffen. Dabei wird das Tatbestandsmerkmal einer tatsächlich vorliegenden Rechtsverletzung ersetzt durch das Erfordernis eines allgemein bestehenden Rechtsunterschiedes. Auf den Einzelfall bezogen, braucht dann nur gefragt zu werden, ob der Betreffende einen solchen Unterschied für den nationalen Wettbewerb ausgenutzt hat. Eine solche Ausnutzung internationaler Rechtsunterschiede stellt sich in zwei Fällen als wettbewerbswidrig dar: - nämlich einmal, wenn der Unterschied auf einem durch sittlich-fundierte Normen geregelten Bereich besteht. Wettbewerbswidrigkeit liegt hier vor, wenn die Auslandshandlung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ein vergleichbares Unwerturteil rechtfertigt, wie der Verstoß gegen die entsprechende inländische Norm. Ob dies der Fall ist, muß dabei allerdings weiterhin einer Würdigung des Einzelfalles überlassen bleiben. - zum anderen, wenn der "Ausnutzer" einen künstlichen Wettbewerbsvorteil erlangt und diesen in einer die Funktion des Wettbewerbs störenden Weise im Konkurrenzkampf auf dem heimischen Markt einsetzt. Künstlich sind solche Vorteile unter anderem dann, wenn sie den örtlichen Gegebenheiten widersprechen. Solche künstlichen Vorteile verletzen die "par conditio concurrentium"; durch sie bedingte Wettbewerbsstörungen brauchen nicht hingenommen zu werden. Diese zweite Alternative wettbewerbswidriger Ausnutzung von Rechts'unterschieden gewinnt besondere Bedeutung im Fall rechtlich bedingter internationaler Produktionskostenunterschiede. Hier gilt es zu verhindern, daß die Ausnutzungsfallgruppe zu einem Protektionsmittel gegen BilligEinfuhren wird und damit dem Gedanken eines möglichst freien Welthandels zuwiderläuft. Die Rechtsquellen des internationalen Wirtschaftsrechts stellen insoweit ein begrenztes Instrumentarium zu Abwehr von Marktstörungen zur Verfügung. Dieses ist auch ausschließlich zum Schutz heimischer Industrien vor

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Marktstörungen berufen. Einfuhren, die nach diesem Regelwerk erlaubt sind, können sich danach grundsätzlich nicht als wettbewerbswidrige Ausnutzung von Rechtsunterschieden darstellen. Etwas anderes gilt nur für solche Sachverhalte, auf die die Regelungen des internationalen Wirtschaftsrechts nicht richtig "passen". Dies kann vor allem der Fall sein, wenn inländische Hersteller ihre für den heimischen Markt bestimmten Produkte im Ausland kostengünstig herstellen. Hier ist der Umgehungscharakter- und damit der Verstoß gegen die "par conditio concurrentium" - besonders augenfällig, da das Motiv des Handelnden darin liegt, sich den für ihn geltenden rechtlichen Bindungen zu entziehen. Es muß allerdings noch einmal betont werden, daß auch in diesen Fällen nicht die Ausnutzungshandlung selbst, sondern nur die wettbewerbliehe Verwertung des erlangten Vorteils Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist. Erst diese Verwertung ist nämlich geeignet, das Angebot des Ausnutzers zu fördern und damit seine Wettbewerbslage im Vergleich zu seinen Konkurrenten zu verbessern; sie stellt damit auch das eigentliche Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs i. S. d. § 1 UWG dar. Damit widerspricht die Ausnutzungsfallgruppe weder in ihrer konkreten Ausprägung dem Prinzip der Außenwirtschaftsfreiheit, noch ist ihre Anwendbarkeit durch dieses grundsätzlich ausgeschlossen. Letztendlich bleibt die Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts auf diesen Problemkreis aber unbefriedigend. Die Probleme, die dadurch entstehen, daß in einem mehr und mehr zusammenwachsenden Wirtschaftsraum die wirtschaftliche Tätigkeit unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt, werden hier nur in ihren Symptomen behandelt. Die Ursache dieser Probleme, die wettbewerblieh relevanten Rechtsunterschiede, können nur im Wege einer umfassenden Rechtsangleichung beseitigt werden. Welche Überlegungen bei einer solchen Rechtsangleichung berücksichtigt werden müssen, zeigt das Beispiel der Art. lOOff. EWGV. Auch in anderen internationalen Verträgen und Abkommen sind entsprechende Ansätze vorhanden. Eine umfassende Beseitigung wettbewerblieber Auswirkungen internationaler Rechtsunterschiede durch Rechtsangleichung erscheint insbesondere im Verhältnis zu Ländern der Dritten Welt jedoch noch als utopisch. Die erwähnten "Export Processing Zones" geben hier ein deutliches Bild. Insofern wird man sich vorläufig mit einer Regelung der Problematik durch das internationale Wirtschaftsrecht und - zurückhaltender - durch das nationale Wettbewerbsrecht zufriedengeben müssen.

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