Industrieverbände: Organisation und Aufgaben, Probleme und neue Entwicklungen. Mit einem Geleitwort von Gustav Stein [1 ed.] 9783428429516, 9783428029518

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Industrieverbände: Organisation und Aufgaben, Probleme und neue Entwicklungen. Mit einem Geleitwort von Gustav Stein [1 ed.]
 9783428429516, 9783428029518

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Untersuchungen über Gruppen und Verbände Band 12

Industrieverbände Organisation und Aufgaben, Probleme und neue Entwicklungen

Von

Walter Huppert Mit einem Geleitwort von Gustav Stein

Duncker & Humblot · Berlin

Walter

Huppert / Industrieverbände

Untersuchungen ü b e r G r u p p e n und V e r b ä n d e Band 12

Industrieverbände Organisation und Aufgaben Probleme und neue Entwicklungen

Von

Dr. Walter Huppert

M i t einem Geleitwort von Prof. Gustav Stein

D U N C K E R & H U M B L O T / B E R L I N

Der Verfasser dieser Arbeit, Dr. Dr. W. Huppert, war von 1932 bis 1947 i n der Industrie und von 1956 bis 1971 i n der Geschäftsführung des Zentralverbandes der Elektrotechnischen Industrie tätig. Der Verfasser des Geleitwortes, Professor G. Stein, war langjährig Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und gehört noch dessen Präsidium an.

Alle Rechte vorbehalten © 1973 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1973 bei Buchdruckerei Bruno Lude, Berlin 65 Prlnted In Germany ISBN 3 428 02951 8

Zum Geleit I n einem bemerkenswerten Gegensatz zu dem Interesse, das die politisch interessierte Öffentlichkeit an den Verbänden und ihrem W i r ken nimmt, und unbeschadet einer umfangreichen verbandskritischen Publizistik fehlt es an eingehenderen wissenschaftlich fundierten Untersuchungen der Verbände. I n besonderem Maße gilt dies für die Industrieland Unternehmerverbände. Vor allem die tägliche Arbeit der Verbände ist weitgehend i n der Öffentlichkeit unbekannt und ist bisher kaum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen, öffentliches, wissenschaftliches und publizistisches Interesse konzentrieren sich vielmehr auf die nach außen gerichtete Wirksamkeit der Verbände, die indessen nur einen geringen Teil der gesamten Verbandstätigkeit ausmacht. Angesichts dieser Mängel, die auch zu Fehlurteilen führen, ist es zu begrüßen, daß Dr. Walter Huppert aufgrund eigener langjähriger Tätigkeit i m Verbandswesen und aufgrund umfangreicher empirischer Erhebungen einen wesentlichen Beitrag leistet zu einer Soziologie der Industrieverbände. Die Vielfalt des Verbandswesens, die historisch gewachsen, aber auch i n der differenzierten Aufgabenstellung begründet ist, läßt eine Typologie schwierig erscheinen. Auch wer, wie ich, lange Jahre hindurch i n Industrieverbänden tätig war, w i r d den Versuch einer Typologie, den der Autor unternimmt, deshalb dankbar begrüßen. Für die Präsidien und Vorstände der Verbände ebenso wie für die Geschäftsführungen w i r d hier ein Material wissenschaftlich aufgearbeitet, das für die Orientierung der eigenen Arbeit von Nutzen sein kann. Die vom Autor aufgezeigten Tendenzen und Möglichkeiten der weiteren Entwicklung des Verbandswesens sind geeignet, eine kritische Diskussion zu fördern. Darüber hinaus bleibt zu hoffen, daß auch die wissenschaftliche Diskussion wie die Publizistik über die Verbände von dieser Arbeit Anstöße erhalten. Eine morphologische Untersuchung kann nur i n begrenztem Maße auch den inneren Wandel der Verbandsarbeit erfassen, der sich i n den Jahren nach dem 2. Weltkrieg ergeben hat. Er gehört ebenso wie die Personalunionen und Kooperationsformen, die entwickelt wurden, zur ständigen Reform des Verbandswesens, das sich neuen Gegebenheiten anpassen muß. Die Notwendigkeit der stärkeren Fundierungf der wissenschaftlichen Arbeit w i r d vom Autor zu Recht hervorgehoben. Ohne sie

6

Z u m Geleit

wäre weder eine wirksame Interessenvertretung möglich, noch könnte die sachgerechte und objektive Beratung der Mitglieder und der staatlichen Organe gewährleistet werden, die von den Verbänden heute erwartet wird. Auch die zunehmende Übernahme betrieblicher Teilfunktionen durch die Verbände verdient hervorgehoben zu werden. Allgemeinere Beachtung hat die wachsende Aufgeschlossenheit der Verbände für Fragen der öffentlichkeits- und Bildungsarbeit gefunden. I n ihr schlägt sich die Erkenntnis nieder, daß Verbände zu einer demokratischen Gesellschaft gehören, so wie eine freiheitliche Wirtschaftsordnung zu den Voraussetzungen einer freiheitlichen Staatsordnung gehört. Dabei w i r d es immer die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit sein, ohne die eigene Interessenlage zu verwischen, die Ubereinstimmung des Verbandsinteresses mit dem Gesamtinteresse hervorzuheben. A n diesem Gesamtinteresse muß sich heute auch jede Verbandsarbeit orientieren, w i l l sie auf die Dauer erfolgreich sein. Dies ist jedenfalls meine Erfahrung aus langjähriger Tätigkeit i n unternehmerischen Verbänden wie i n der Politik. Ich freue mich, dieses Geleitwort dem Buche von Dr. Walter Huppert m i t auf den Weg geben zu können. Ohne seine langjährige Erfahrung i m Verbandswesen hätte dieses Buch nicht geschrieben werden können, das der Verbandsforschung ebenso einen Dienst erweist wie den i n den Verbänden verantwortlich Tätigen, die von i h m Anregungen für die eigene Arbeit und auch zum weiteren Nachdenken über die Rolle der Verbände i n der entwickelten Industriegesellschaft erhalten. Prof. Gustav Stein

Vorwort 1. I n der Öffentlichkeit sind die Industrieverbände wenig bekannt. Man liest zwar über ihre Berichte oder Stellungnahmen an die Regierungen und Behörden, Parlamente und Organe der Öffentlichkeitsarbeit, — i n diesem Zusammenhang diskutiert man auch gern über den Einfluß der Industrieverbände auf die Politik — was aber die Industrieverbände eigentlich sind und tun, entzieht sich der Öffentlichkeit, schon w e i l es sich u m private Organisationen handelt. Indessen besteht bei vielen Stellen, die m i t Industrieverbänden i n Berührung kommen, ein Interesse, entsprechende Einblicke zu gewinnen; so bei Verbänden und Organisationen anderer Wirtschaftsbereiche, Behörden und Politikern, Instituten und Wissenschaftlern, nicht zuletzt bei den Medien zur Information und Gestaltung der öffentlichen Meinung. Die folgende Untersuchung w i l l dazu beitragen, diese Informationslücke auszufüllen. 2. Das behandelte Thema ist soziologischer, nicht wirtschaftlicher A r t . Zwar vertreten die Industrieverbände wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder, aber es geht hier nicht u m diese wirtschaftlichen Anliegen, sondern u m die für sie geschaffene Organisation, ihre Gestalt und A u f gabenstellung, ihre Wirkungsbedingungen und Erfolgsmöglichkeiten. Eine solche Darstellung w i r d dadurch i n hohem Maße erschwert, daß die Industrieverbände wenig einheitlich sind. Ihre Verschiedenheit erk l ä r t sich aus — den fachlichen Unterschieden der einzelnen Industriegruppen — dem Fehlen allgemeingültiger Normen für die Aufgabenstellung und Organisation — der (infolgedessen) individuellen organisatorischen und Arbeitsweise.

Gestaltung

3. Die Zielsetzung (1.) wie die Verhältnisse (2.) nötigen zu einer überwiegend morphologischen Untersuchung, basierend auf empirischer Sozialforschung. Die beschränkte Allgemeingültigkeit der Ergebnisse setzt auch einer kritischen Beurteilung verhältnismäßig enge Grenzen. Immer wieder muß auf die Unterschiedlichkeit der verbandlichen Verhältnisse hingewiesen werden; denn kein Verband ist wie der andere — i m organisatorischen Aufbau wie i n der effektiven Arbeitsweise. U m trotzdem zu charakteristischen Erscheinungen und Merkmalen zu gelangen, muß die Beschreibung sich u m eine gewisse Typologie be-

8

Vorwort

mühen. U m ihr eine kritische Beurteilung anschließen zu können, müssen auch gewisse Vorstellungen über idealtypische Verhältnisse entwickelt werden, wenngleich diese nur bedingt und beschränkt Maßgeblichkeit beanspruchen können. Zum Methodischen bringt der Anhang 1, Teil B, weitere Ausführungen. 4. Diese Hinweise sollen auch der naheliegenden Kritik vorbeugen, daß hier zwar viele Einzelheiten behandelt würden, aber wenig A l l gemeingültiges aufgezeigt und keine klare Stellungnahme geboten würde. Die A r t des Themas und sein Gegenstand lassen nicht mehr (als 3.) zu. Da überdies die bestehenden Sachverhalte noch relativ wenig untersucht und bekannt sind, sollte hier nicht zu früh und zu stark abstrahiert und systematisiert werden. Sonst würde die Vielfalt der Erscheinungen unterdrückt werden und die Anschaulichkeit leiden. — Weiteres zur Methodik bringt der Anhang 1. 5. Mehr als aus der Literatur hat der Verfasser aus der Praxis geschöpft. Seine eigenen Eindrücke und Erfahrungen wurden erweitert und ergänzt durch umfassende Informationen und Unterlagen, die i h m von anderen Industrieverbänden und deren Geschäftsführern geboten worden sind. Hinzu kamen manche aufschlußreiche Gespräche. Für diese wertvolle Hilfe ist der Verfasser allen Beteiligten dankbar. Walter Huppert

Gliederung Inhaltsübersicht I. Einleitung I I . Begriff u n d Wesen der Industrieverbände

10 15 17

I I I . Historische E n t w i c k l u n g der Industrieverbände

22

I V . Organisation der Industrieverbände

26

V. Verbandsaufgaben V I . Spannungen u n d Konflikte V I I . K r i t i k u n d Reformmöglichkeiten

36 49 67

Anhänge 1. Schwierigkeiten wissenschaftlicher Erfassung u n d Behandlung . . .

82

2. Z u m Begriff der Industrie

85

3. Z u r Geschichte des Verbandswesens

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4. Mitgliedsverbände des B D I

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5. Muster einer Verbandsorganisation (VDP)

92

6. Möglichkeiten politischer Einflußnahme

94

7. Beispiele f ü r interne Verbandsarbeiten

96

8. Zwangsmitgliedschaft u n d Aufnahmezwang

104

9. Die drei Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft

107

Literaturverzeichnis

113

Stichwortverzeichnis

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Inhaltsübersicht I. Einleitung (1) Die Industrieverbände bieten der Öffentlichkeit ein schillerndes Bild. (2) Es fällt schwer, v o n außen die nötigen Einblicke zu gewinnen. (3) H i e r f ü r gibt es mannigfache Gründe. (4) Erforderlich sind Insider-Informationen.

II. Begriff und Wesen der Industrieverbände A.

Definitionen

(1) Die Verbandsdefinition von Wex Weber (2) ist durch Organisationsfreiheit (3) u n d Interessenvertretung zu ergänzen. (4) Wirtschaftsverbände sollen den Interessen von privaten Unternehmen dienen. (5) Sie lassen sich näher definieren. (6) Industrieverbände sind Wirtschaftsverbände f ü r den Bereich Industrie. B. Zur öffentlichen

Bedeutung

der

Interessenverbände

(7) Die gesellschaftspolitische Position u n d F u n k t i o n der Interessenverbände (8) ist i n der B R D ungenügend gesichert. (9) V o n Behörden sind Industrieverbände charakteristisch verschieden.

III. Historische Entwicklung der Industrieverbände (1) Branchenverbände der Industrie gab es von frühauf, ab 1876. A. Verstaatlichung

Spitzenverbände

nach 1933

(2) A b 1934 w u r d e n die Industrieverbände verstaatlicht. (3) I h r e U m w a n d l u n g i n Organe der Wirtschaftslenkung durchlief mehrere Phasen. (4) Sie gerieten damit i n Gegensatz zu ihrer angeborenen Interessenvertretung, (5) gaben aber ihren ursprünglichen Charakter nie ganz auf. B. Renaissance nach 1945 (6) Der Auflösung der alten Verbände (7) folgte bald eine Welle von Neugründungen. (8) Sie knüpfte an die Verbandsverhältnisse v o r 1933 an. (9) Das Gewicht der Verbände untereinander hat sich jedoch wesentlich verschoben.

IV. Organisation der Industrieverbände A. Aufbau

der

Organisation

(1) Die Industrieverbände sind „eingetragene Vereine" (2) m i t Mitgliederversammlung oder Delegiertenversammlung u n d Vorstand nebst Präsidium. (3) Dazu k o m m t die Geschäftsführung. (4) Die Mitglieder arbeiten i n v i e l f ä l t i gen Gremien m i t . (5) Insgesamt zeigt die Organisation ein vielgestaltiges Bild.

Inhaltsübersicht B. Kompliziertheit

11

der Organisation

(6) Die Verbandsorganisation w i r k t kompliziert, (7) hat sich jedoch überall eingeführt. (8) Die Kompliziertheit beruht auf dem Dualismus zwischen M i t gliedern u n d Geschäftsführung (9) sowie auf der eingehenden fachlichen Gliederung. C. Geschäftsführung (10) Die Z a h l der Angestellten variiert stark. (11) Große Bedeutung haben die zahlreichen Fachverbände (12) u n d i h r Verhältnis zur zentralen Geschäftsführung. (13) Die Geschäftsführung ist mehr als ein ausführendes Organ, (14) bleibt aber auf enge K o n t a k t e zu den Mitgliedern angewiesen. D. Spitzenverbände (15) Spitzenverbände sind Verbände v o n fachlichen Mitgliedsverbänden. (16) Sie sollen für überfachliche Fragen zuständig sein, (17) müssen aber m i t gegensätzlichen Gruppeninteressen rechnen. E. Verbandsetat (18) Die Finanzierungsweise ist — entsprechend den organisatorischen V e r hältnissen — verschieden. F.

Organisationsgrad

(19) Der A n t e i l der erfaßten Unternehmen ist recht verschieden, (20) sollte aber nicht überbewertet werden.

V. Verbandsaufgaben A. Ansätze für ihre

Feststellung

(1) Die Satzungen besagen wenig, (2) Tätigkeitsberichte sind nicht v i e l ergiebiger, (3) ebenso Organisationspläne. (4) Maßgebend ist, was die Verbandsf ü h r u n g jeweils f ü r w i c h t i g u n d nützlich hält. (5) Das ist eine Folge der Verbandsautonomie. B. Vertretung

nach außen

(6) Die Verbandsauf gaben gehen i n zwei Richtungen: nach außen u n d nach innen. (7) Nach außen handelt es sich u m Interessenvertretung u n d I n f o r mation. (8) Früher traten die Industrieverbände entschiedener auf. (9) Heute ist das Bedürfnis größer, (10) aber die politische Situation ungünstiger. (11) Auch Vertreter der „sozialen Marktwirtschaft" kritisieren die Industrieverbände, (12) obwohl diese m i t der Interessenvertretung eine wichtige F u n k t i o n erfüllen. (13) Die K r i t i k übertreibt auch den politischen Einfluß der Industrieverbände. (s. Schelsky: F A Z v. 20.1. 73) C. Interne

Verbandsarbeiten

(14) Sie beanspruchen den größten T e i l der Verbandstätigkeit. (15) H a u p t sächlich geht es u m Informationen, (16) ergänzt durch Auskünfte. (17) Stark gestiegen ist der Informationsbedarf für Technik u n d Forschung. (18) Die Informationen drohen jedoch übermäßig anzuschwellen (19) u n d von mehreren Seiten zu kommen. (20) Große Bedeutung haben die Ausschußarbeiten. D. Sachliche

Aufgaben

(21) Die Materien der Verbandsarbeit sind sehr vielfältig. (22) Sie haben bei

12

Inhaltsübersicht

den Verbänden verschiedenes Gewicht. (23) Vieles ist fachlich bedingt oder v o n wechselnder Bedeutung. (24) Wirtschaftspolitische Aufgaben haben a l l gemein Bedeutung. E. Fachliche und überfachliche

Verbandsauf

gaben

(25) Fachliche Probleme sind großenteils m i t überfachlichen verquickt. (26) Außerdem sollen die Fachverbände auch an überfachlichen Fragen m i t w i r k e n . (27) Trotz fachlich divergierender Interessen muß eine gemeinsame L i n i e angestrebt werden. (28) Das nötigt zu wechselseitiger Zusammenarbeit. F. Neue

Aufgaben

(29) Die gesamtwirtschaftlichen Aufgaben haben zugenommen. (30) Die letzten Jahre haben wichtige neue Themen gebracht.

VI. Spannungen und Konflikte A. Einstellung

der Mitgliedsfirmen

zum

Verband.

(I) Die Industrieverbände basieren auf freiwilliger Mitgliedschaft. (2) Die Mitglieder vergleichen die Belastungen (3) m i t den Vorteilen der M i t g l i e d schaft. (4) Die generelle H a l t u n g der Mitglieder zum Verband ist verschieden, (5) desgleichen die persönliche Einstellung der Firmenvertreter i m Verband. B.

Verbandsstrukturen

1. Große u n d kleine Verbände (6) Die Größe der Verbände entspricht der (statistischen) Größe ihrer I n dustriezweige. (7) M i t der Annäherung an den Endverbrauch werden die Industriezweige u n d Verbände kleiner. 2. Verbände m i t vielen u n d wenigen Mitgliedern (8) Die Z a h l der Verbandsmitglieder hängt wesentlich v o n der S t r u k t u r der Industriegruppen ab. (9) Die Mitgliederzahl beeinflußt die Führungsfähigkeit eines Verbandes. 3. Probleme der Größenstrukturen (10) Die verschiedenen Größenstrukturen führen zu typischen Friktionen. C. Verbandsorgane

der

Mitglieder

( I I ) Die Zusammenarbeit der Verbandsorgane stößt auf manche Schwierigkeiten. (12) Vielfach fällt es auch nicht leicht, geeignete Vertreter der M i t gliedsflrmen zu gewinnen. D. Geschäftsführer (13) Die Verbandsgeschäftsführer sind an keine bestimmte V o r b i l d u n g gebunden. (14) Sie müssen aber vielfältige Kenntnisse besitzen (15) u n d die Sprache der Unternehmer verstehen. (16) Die Stellung u n d Bedeutung der Geschäftsführer ist wesentlich v o n der S t r u k t u r der Verbände abhängig. (17) Hervorragende Bedeutung haben die Hauptgeschäftsführer (18) die zum geschäftsführenden Präsidialmitglied werden können. E. Demokratische

Verbandsführung

(19) Die unmittelbare Demokratie muß sich auf die Rechte der Mitgliederversammlung beschränken, (20) aber auch die Mitgliederversammlungen entsprechen nicht der parlamentarischen Demokratie. (21) Die Gleichberechtigung aller Mitglieder schließt ein Übergewicht der großen Unternehmen nicht aus.

Inhaltsübersicht (22) Formale demokratische Sicherungen sind i n den nicht üblich.

13 Industrieverbänden

F. Psychologische Erfordernisse (23) Die Industrieverbände sind auf ihre Überzeugungskraft angewiesen. (24) Dabei differiert die psychologische Situation der Leiter des Verbandes v o n der seiner Geschäftsführer. (25) Die Geschäftsführer sollten sich u m „mittelmäßige" A k t i v i t ä t bemühen. (26) Vor allem die Interessenvertretung nach außen verlangt ausgeprägtes psychologisches Geschick.

VII. Kritik und Reformmöglichkeiten (1) K r i t i k an den Industrieverbänden ist leicht u n d häufig. (2) Konstruktive K r i t i k sollte v o n den Beteiligten ausgehen. (3) Die meisen Mängel sind Folgen der Organisationsfreiheit. A. Vielzahl

der Verbände

(4) Eine Zusammenfassung von Verbänden empfiehlt sich f ü r überfachliche Aufgaben. (5) Die regionale Gliederung enthält n u r geringe Vereinfachungsmöglichkeiten. B. Fachliche

Gliederung

(6) Die bestehende Verbandsgliederung nach der Industriestatistik ist teilweise unbefriedigend. (7) Die statistische Gliederung (8) bedient sich dreier wesentlich verschiedener Merkmale. (9) Zuordnungskonflikte entstehen vor allem bei neuartigen Erzeugnissen. (10) Die Statistik verursacht auch starke Größenunterschiede der Verbände. (11) Absatzfragen können andere Gliederungen als Produktionsfragen erfordern. (12) Das k a n n Zerlegungen oder Zusammenlegungen von Verbänden bedingen (13) m i t verschiedenen Mitgliedschaften der einzelnen Unternehmen. (14) Die technische Entwicklung f ü h r t zu neuen Produktions- u n d Absatzzusammenhängen. (15) Das drängt zu wechselnden Kombinationen der Mitgliedschaften. C. Sachliche

Zuständigkeitsordnung

(16) Auch die Verteilung der sachlichen Aufgaben zeigt Mängel. (17) Der Abgrenzung u n d Vereinheitlichung sind aber relativ enge Grenzen gesetzt, (18) zumal sich fachliche u n d überfachliche Aufgaben schwer trennen lassen. D. Tendenzen zur Konzentration (19) Vieles spricht f ü r eine Konzentration der Verbandsarbeit. (20) Die V e r bände können sich i h r nicht entziehen. E. Zentrifugale Tendenzen (21) Die Verbände müssen anderseits der Tendenz zur industriellen Diversifizierung folgen, (22) obwohl sie die Gefahr der Zersplitterung m i t sich bringt. (23) Die Einstellung der Firmen hierzu ist verschieden. F. Reformaussichten (24) Reformen müssen grundsätzlich der Selbstordnung durch die Verbände überlassen werden. (25) Das beschränkt die Reformaussichten. (26) Die geltende Autonomie der Verbände bedingt die Reformbereitschaft aller zugleich. (27) Reformen stoßen auch auf psychologische Schwierigkeiten. G. Gewandelte

Einstellung

zur

Allgemeinheit

(28) Den Industrieverbänden sind neue Aufgaben zugewachsen. (29) Sie sind gegenüber der Öffentlichkeit aufgeschlossener geworden. (30) Die Mitglieder

14

Inhaltsübersicht

der Verbände sind positiver eingestellt. (31) Die Gegensätze zwischen den Interessen der Unternehmen u n d der Allgemeinheit haben sich abgeschwächt. (32) Die Interessenvertretung der Verbände sollte einerseits relativiert, anderseits a k t i v i e r t werden. H. Vergleich

mit dem

Ausland

(33) Die deutschen Industrieverbände sind besser als die anderer europäischer Länder entwickelt.

I. Einleitung Für ein besseres Verständnis in der Öffentlichkeit (1) Man könnte vom „Glanz und Elend " der Industrieverbände sprechen. Groß und bedeutend, anerkannt und geschätzt erscheinen sie vor der Öffentlichkeit, wenn sie Tagungen m i t vielen Teilnehmern i n führenden Großstädten oder Badeorten abhalten; m i t zahlreichen und bedeutenden Gästen von allen Seiten, mit Kundgebungen und Reden, die i n weiten Kreisen beachtet und kommentiert werden; eingerahmt von großen gesellschaftlichen Veranstaltungen. Weit weniger bedeutend erscheinen sie jedoch, wenn sie an ihrem tatsächlichen Einfluß oder an der Größe ihres organisatorischen Apparates und ihrer finanziellen M i t t e l gemessen werden. Vor allem besitzen sie keine gesetzlich anerkannten Kompetenzen, so daß sie ständig u m Anerkennung, ja u m ihre Existenzberechtigung ringen müssen. Wenn die Geschäftsführung auch m i t größtem Einsatz und besten Argumenten bei Regierung und Öffentlichkeit nichts auszurichten vermag und selbst die Mitgliedsfirmen sich ihr weitgehend versagen, so sind Resignation und Elendsgefühle naheliegend. (2) Bedauerlich ist die weitgehende Unkenntnis der Öffentlichkeit über das Wesen und die Bedeutung, die Berechtigung und die Wirkungsmöglichkeiten der Industrieverbände. Als Repräsentanten der mächtigen Industrie werden sie meist erheblich überschätzt. Manchmal w i r d ihre Bedeutung auch bewußt übertrieben, u m sie als gefährlich hinstellen zu können. Aber auch wer sich ein objektives B i l d vom Verbandswesen verschaffen w i l l , hat es damit nicht leicht. Es liegt nämlich i n der Natur und Tradition der (deutschen) Industrieverbände, auf eine Selbstdarstellung i n der Öffentlichkeit grundsätzlich zu verzichten. Ihren Mitgliedsfirmen ist i n erster Linie an interner Verbandsarbeit gelegen. Nach außen wünschen sie eher Zurückhaltung, um nicht i n die politische Schußlinie zu geraten. (3) Die offenbaren Schwierigkeiten der Industrieverbände, sich nach außen bekannt und verständlich zu machen, haben mannigfache Gründe. a) Die Medien zur Informierung der Öffentlichkeit zeigen sich an den Industrieverbänden wenig interessiert. Diese sind keine politisch wichtigen Organisationen wie etwa die Gewerkschaften oder die Vertreter großer Wählergruppen. Von der Materie her mögen die Industriever-

16

I. Einleitung

bände wichtig sein, aber was sie zu sagen haben, ist u m so weniger für den Mann auf der Straße verständlich, je mehr die Informationen sachgerecht formuliert und ausführlich begründet werden. Außerdem gelten die Industrieverbände so sehr als einseitig und interessengebunden, daß ihre Äußerungen selbst dann von weiten Kreisen von vornherein zurückgewiesen oder ignoriert werden, wenn sie sachlich voll belegt oder nachprüfbar sind. b) Als Organisation, die von einem bestimmten Firmenkreis geschaffen, geführt und finanziert wird, hat ein Industrieverband primär seinen Auftraggebern zu dienen. Der weitaus größte Teil seiner Arbeiten ist daher nach innen gerichtet. Worum es dabei geht, interessiert Außenstehende ebensowenig wie etwa innere Angelegenheiten eines Industriebetriebes. c) Die Verständnis- und Verständigungsschwierigkeiten werden dadurch vergrößert, daß die Individualität der Verbände keine einheitlichen und allgemeingültigen Vorstellungen über das Verbandswesen zuläßt. Diese Verschiedenartigkeit ist sowohl durch die Branchenverhältnisse bedingt als auch durch die jeweilige Struktur der Mitgliedschaft und deren Einstellung zum Verbandswesen; aber auch durch Tradition, maßgebende Persönlichkeiten und sonstige Umstände, die sich kaum klassifizieren lassen. Je mehr aber diese Individualität bewußt wird, desto weniger w i r d der Außenstehende sich berechtigt fühlen, Urteile über „die" Industrieverbände abzugeben. (4) Dennoch versuchen die Verbände, Einblicke i n ihre Organisation und Arbeit zu geben. Jeder Verband pflegt jährlich wie zu besonderen Anlässen umfangreiche Tätigkeitsberichte herauszugeben. Das gehört zur Rechenschaftspflicht gegenüber allen beteiligten oder interessierten Kreisen sowie zur Publizitätspflicht gegenüber den Mitgliedern. Indessen ist schwer zu erkennen, was hinter den berichteten Vorgängen steht. Das kann eigentlich nur jemand genügend ermessen und beurteilen, der selbst i m Getriebe des Verbandswesens steht oder gestanden hat. Nur aus solcher Kenntnis läßt sich hinreichend verstehen, womit sich der Verband beschäftigt, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Mitgliedern i n der Praxis gestaltet, welche Bedeutung und welches Gewicht die verschiedenen Verbandsorgane haben, auf welche Weise und auf welchen Wegen die internen Informationen laufen, wie der Verband seine Interessen nach außen vertritt u. a. m. Das Verständnis hierfür zu heben, ist der wesentliche Zweck dieser Darstellung.

I I . Begriff und Wesen der Industrie verbände A. Definitionen Als eine spezielle Form der Verbände sollen die Industrieverbände von den allgemeinen Merkmalen der Verbände her schrittweise näher definiert werden. 1. Verbände 1

(1) Max Weber , der für formale soziologische Kategorien auch heute noch führend ist, hat eine Verbandsdefinition gegeben, die sehr allgemein und abstrakt gefaßt ist. Merkmale eines Verbandes sollen sein — eine nach außen beschränkte oder geschlossene Beziehung (sprich: Abgrenzung des potentiellen Mitgliederkreises), — ein Leiter oder Verwaltungsstab für das Handeln des Verbandes (sprich: eine feste Organisation als Träger des Verbandsgeschehens), — ein spezifisch an der Verbandsordnung orientiertes Handeln des Verbandes (sprich: festgelegte Verbandsauf gaben und Arbeitsweise). (2) Bei Organisationsfreiheit

kommt hinzu

— freiwillige Mitgliedschaft — demokratische innere Ordnung — Finanzierung aus Mitgliederbeiträgen (3) Grundlage für den Zusammenschluß bilden — gemeinsame Interessen der Mitglieder und — deren zusammengefaßte Vertretung

als Verbandszweck.

2. Wirtschaftsverbände (4) Sie sind Verbände i m Bereich der Wirtschaft m i t Unternehmen als Mitgliedern und deren wirtschaftlichen Interessen als Gegenstand der Verbandstätigkeit. I n wissenschaftlicher Weise hat Edwin Buch1 Max Weber: Wirtschaft u n d Gesellschaft, i n : Grundriß der Sozialökonom i k , B a n d I I I , Tübingen 1922, S. 27/28.

2 Huppert

18

I I . Begriff u n d Wesen der Industrieverbände

holz 2 einen „Beitrag zu einer Theorie der Wirtschaftsverbände" geliefert. Aus i h m w i r d freilich die große Schwierigkeit ersichtlich, angesichts der Vielgestaltigkeit der bestehenden Wirtschaftsverbände eine allgemeingültige Erklärung und Abgrenzung zu finden. Schließlich w i r d folgende Definition gegeben: „Wirtschaftsverbände sind freiwillige Zusammenschlüsse von Einzelwirtschaftern oder Einzelwirtschaften (Elementarverbände) bzw. von deren Verbänden (Verbände höherer Ordnung) aus dem Wirtschaftsbereich; es sind Verbände privaten Rechts m i t wirtschaftlichen Hauptaufgaben — aber ohne eigenen Geschäftsbetrieb —, u m den Mitgliedern durch größtmögliche Selbsthilfe und umfassende Interessenvertretung gegenüber Dritten die Verbesserung oder Sicherung bestimmter ökonomischer, sozialer oder gesellschaftlicher Bedingungen zu gewährleisten" (S. 38). (5) Hiernach läßt sich — m i t einigen Abwandlungen und Ergänzungen — folgende nähere Erklärung für Wirtschaftsverbände geben: a) Entsprechend dem Verbandsbegriff sind sie — freiwillige Zusammenschlüsse, die üblicherweise die Form von eingetragenen Vereinen haben — m i t demokratischer Struktur auf privatrechtlicher Grundlage — mit zeitlich unbegrenzter Dauer und einer festen Organisation (Leitung und Geschäftsführung) b) Der Kreis ihrer Mitglieder und die Aufgaben des Verbandes werden bestimmt und abgegrenzt durch — die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Wirtschaftsbereich (z. B. Zweigen der Industrie, des Handwerks oder des Handels) — die damit gegebene Ubereinstimmung und Gemeinsamkeit der Interessen der Mitglieder — die Absicht, diese Interessen intern wie extern durch den Verband gemeinsam vertreten zu lassen c) Zur Abgrenzung gegenüber anderen Verbänden läßt sich hervorheben: — Mitglieder sind nicht einzelne Personen (wie z. B. bei Berufsverbänden), sondern Unternehmen. — Der Zusammenschluß ist nicht auf aktuelle Anlässe beschränkt (wie z. B. bei gemeinsamem Vorgehen gegen Steuerreformen), sondern auf Dauer angelegt. 2 Edwin Buchholz: Tübingen 1969.

Die Wirtschaftsverbände i n der Wirtschaftsgesellschaft,

B. Z u r öffentlichen Bedeutung der Interessenverbände

19

— Es geht nicht u m ständische oder berufliche, sondern u m unternehmerische Interessen. — Es geht u m wirtschaftliche, nicht sozialpolitische oder andere Interessen. — Der Verband betreibt keine eigenen Geschäfte, sondern begnügt sich m i t Dienstleistungen für seine Mitglieder oder die Allgemeinheit, die durch Beiträge und Umlagen finanziert werden. — Der Staat leistet keine organisatorische oder finanzielle Hilfe (Zwangsmitgliedschaft und finanzielle Zuschüsse), sondern der Verband bleibt auf sich selbst gestellt. 3. Industrieverbände (6) Sie haben die Merkmale der Verbände und der Wirtschaftsverbände, sind aber des näheren charakterisiert durch — Unternehmen der Industrie

als Mitglieder

— Vertretung von deren Interessen als Verbandsaufgabe. Zum Begriff der Industrie sei auf den Anhang 2 verwiesen. Der Begriff der Vertretung ist i n einem weitgefaßten Sinne zu verstehen: als gemeinsame Wahrnehmung durch den Verband nach außen und als Förderung der Mitglieder untereinander nach innen. B. Zur öffentlichen Bedeutung der Interessenverbände (7) Die gesellschaftspolitische Position und Funktion der Interessenverbände, zu denen die Industrieverbände gehören, w i r d treffend durch die Abhandlung über „Interessenverbände i n der Bundesrepublik Deutschland" gekennzeichnet, die als Heft 145 aus Juni 1971 der „Informationen zur politischen Bildung" der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, erschienen ist. a) Als Verbände gehören sie zu den intermediären Gruppen, die Bindeglieder zwischen den isolierten Individuen und dem Staat darstellen. Sie entsprechen ebenso wie Parteien der pluralistischen Struktur einer demokratischen Ordnung. Das w i r d durch den historisch-politischen Ursprung des deutschen Verbandswesens bestätigt. b) Die wirtschaftlichen Interessenverbände gliedern sich nach Wirtschaftsbereichen. Wie vielfältig die Zusammensetzung ist, zeigt der „Gemeinschaftsausschuß der Deutschen Gewerblichen W i r t schaft" (GDGW), der Verbände von nicht weniger als 15 W i r t schaftsbereichen umfaßt, darunter den BDI, den D I H T und die 2*

20

I I . Begriff u n d Wesen der Industrieverbände

BDA. Diese Spitzenverbände sind sowohl fachlich als auch regional gegliedert. c) Verbandsfunktionen

i m demokratischen Regierungssstem sind:

— Sachberatung und Informationsvermittlung bei der Gesetzgebung — M i t w i r k u n g an laufenden demokratischen Kompromissen — Information und Beratung der Mitgleider. Der (mögliche) Einfluß eines Verbandes hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, insbesondere dem Organisationsgrad, der Leistungsfähigkeit seiner Organisation, der Qualität seiner Führung und seiner Finanzkraft. Adressaten der Verbandstätigkeit nach außen sind die öffentliche Meinung, Parteien und Parlament, Regierung und Verwaltung. (8) U m den Verbandseinfluß auf die parlamentarischen und staatlichen Institutionen zu regulieren und zu kontrollieren, andererseits aber auch zu sichern, gibt es verschiedene Wege, insbesondere die A n hörung bei Gesetzesentwürfen und i n Parlamentsausschüssen sowie die M i t w i r k u n g i n Beiräten und Kommissionen. Solche Verfahren haben sich zwar i n manchen ausländischen Demokratien gut eingeführt und bewährt, sind jedoch i n der BRD höchstens i n Ansätzen vorhanden. Hier herrscht noch die Befürchtung illegaler E i n w i r k u n gen und korrumpierender Methoden vor; dazu eine verbreitete Geringschätzung von Organisationen, die sich offen zur Vertretung von Einzelinteressen bekennen. Das kann sie zu der Tarnung veranlassen, sie wollten nur dem Gemeinwohl dienen. (9) Z u r Charakterisierung und Profilierung von Industrieverbänden trägt der Unterschied von Behörden bei. Gleich ihnen haben die Verbände Dienstleistungsfunktionen für einen bestimmten Kreis von Beteiligten. Behörden m i t demokratisch organisierter Selbstverwaltung (wie z. B. i n der Kommunalverwaltung) haben auch ähnliche Organe wie Verbände. Indessen sind die Unterschiede größer als die Gemeinsamkeiten. Entscheidend ist vor allem: a) Behörden nehmen öffentliche Aufgaben wahr, Verbände dienen privaten Interessen; jene sollen dem Gemeinwohl, diese dem Nutzen der Mitglieder dienen. b) Die Stellung und die Rechte der Behörden sind durch Gesetz festgelegt. Damit sind hoheitliche Kompetenzen verbunden, die m i t staatlichem Zwang durchgesetzt werden können. Verbände setzen sich ihre Aufgaben selbst; gegenüber ihren Mitgliedern sind sie auf freiwillige Mitarbeit angewiesen; nach außen und gegenüber

B. Z u r öffentlichen Bedeutung der Interessenverbände

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Behörden verfügen sie über keine Rechte, sondern können sie sich nur durch Uberzeugung zur Geltung bringen. c) Die behördlichen Aufgaben sind i n rechtlich bindender Weise vorgeschrieben. Verbände können dagegen ihre jeweiligen Aufgaben selbst bestimmen und wechseln; auch i n ihrer Arbeitsweise sind sie nicht gebunden. Die behördliche Gebundenheit kann bei sich ändernden Verhältnissen zu Starrheit und Leerlauf führen, während die Verbände elastischer sind und unter dem Zwang zu rationeller, kostensparender Arbeitsweise stehen. Wenn institutionell vorgesehene Verbandsorgane infolge veränderter Verhältnisse und Aufgaben zu wenig oder zuviel beansprucht werden, können sie relativ leicht umgestaltet oder abgeschafft oder stillgelegt werden.

I I I . Historische Entwicklung der Industrieverbände (1) Schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, kurz nach Beginn der Industrialisierung, entstanden Verbände für einzelne Branchen und deutsche Länder oder Provinzen. I m Jahre 1876 bildete sich erstmals ein Spitzenverband der Industrie unter dem Namen „Zentralverband Deutscher Industrieller". Daneben kam 1895 ein „Bund der Industriellen" auf, der von der Mittel- und Kleinindustrie getragen wurde. Beide vereinigten sich i m Februar 1919 zum „Reichsverband der Deutschen Industrie", der 1934 i n die „Reichsgruppe Industrie" umgewandelt wurde. Alle diese Verbände verfolgten ausgesprochen wirtschaftspolitische Zwecke. — Näheres zur Geschichte bringt der Anhang 3. A. Verstaatlichung nach 1933 (2) Die Wendung von der privaten zur staatlichen Verbandsorganisation wurde durch das „Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft" vom 27. Februar 1934 eingeleitet. Es ermächtigte den Reichswirtschaftsminister, Wirtschaftsverbände als alleinige Vertreter ihres Wirtschaftszweiges anzuerkennen, Wirtschaftsverbände zu errichten, aufzulösen oder miteinander zu vereinigen sowie Unternehmer und Unternehmungen an Wirtschaftsverbände anzuschließen. Z u Verbänden wurden alle Organisationen deklariert, welche die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange von Unternehmen betrieben. — Aufgrund dieses Gesetzes erging am 27.11.1934 eine erste Durchführungsverordnung, welche die bestehenden Wirtschaftsverbände i n „Wirtschaftsgruppen" umwandelte, ihnen die Stellung von rechtsfähigen Vereinen gab und Zwangsmitgliedschaft anordnete. Organisatorisch wurden die Wirtschaftsgruppen unter das sogenannte Führerprinzip gestellt. Sie erhielten gegenüber den Mitgliedern Weisungsrechte m i t der Befugnis zu Ordnungsstrafen. (3) Die damit eingeleitete Wandlung i m Verbandswesen verstärkte sich i n den folgenden Jahren anhaltend. Es lohnt sich, ihr hier etwas nachzugehen, w e i l dabei die Unterschiede zwischen einer privaten und einer staatlichen Wirtschaftsorganisation i n charakteristischer Weise hervortreten 3 . 3 Für Einzelheiten sei vor allem auf die gut informierte Darstellung von Professor Dr. Ingeborg Esenwein-Rothe: Die Wirtschaftsverbände von 1933 bis 1945, B e r l i n 1965, verwiesen, die i m Rahmen der Untersuchung des „Verein für Sozialpolitik — Gesellschaft f ü r Wirtschafts- u n d Sozialwissenschaften" durchgeführt worden ist.

A . Verstaatlichung nach 1933

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Für die Uberleitung der privaten Wirtschaftsverbände i n den Bereich der Partei und des Staates spielten i n der ersten Phase — i n den Jahren 1933 bis 1935 — ideologische Vorstellungen über eine ständische Ordnung der gesamten Wirtschaft eine Rolle, oder sie lieferten wenigstens einen Vorwand. Sie erstreckten sich von der Landwirtschaft („Nährstand", dem auch die Nahrungs- und Genußmittelindustrie zugeordnet wurde) bis zu den Industrieverbänden, bezogen aber auch die sozialpolitischen Verbände ein; darunter die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als Nachfolgeorganisation der Gewerkschaften. Als zweite Phase folgten die Jahre 1936 bis 1938. Nach der Verkündung des „4-JahresPlan" (1936) wurde i m gewerblichen Sektor wie i m Reichsnährstand die Ein- und Umschaltung der Verbände auf die politischen und m i l i tärischen Ziele und Planungen eingeleitet und durchgeführt. Sie gewannen immer mehr den Charakter einer staatlichen Auftragsverwaltung m i t den Prinzipien der Pflichtmitgliedschaft und ausschließlichen Vertretung, des Führerprinzips und der Weisungsgebundenheit. I n der 1939 beginnenden Kriegswirtschaft wurden die Verbände zunehmend für kriegswirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen, insbesondere für die Rohstoffbewirtschaftung, eingesetzt. Während der zweiten Hälfte des Krieges war von dem ursprünglichen Verbandscharakter kaum noch etwas zu verspüren. Neben den alten Industrieverbänden (Reichsgruppe Industrie nebst fachlichen Wirtschaftsgruppen) wurde für die rüstungswirtschaftlich wichtigen Industriezweige vom „Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion" eine Reihe von „Ausschüssen" (rohstoffnah) und „Ringen" (verarbeitungsnah) gegründet, die i n staatlichem Auftrag den zugehörigen Unternehmen direkte Produktions- und Lieferanweisungen gaben. Diese „Selbstverwaltung" erwies sich als sehr produktiv, hatte aber nichts mehr m i t dem traditionellen Verbandswesen zu tun. (4) Gewiß wuchs den Verbänden durch die staatliche Beauftragung und Ermächtigung, durch die Sicherung und Stärkung ihrer Stellung und durch ihre auch wirtschaftlich einschneidenden Kompetenzen eine Bedeutung zu, welche sie früher nicht besaßen. Indessen stand die Einsetzung der Verbände für politische Ziele zum ursprünglichen Wesen der Verbände i n einem kaum überbrückbaren Gegensatz. Als Interessenvertretung, auf den eigenen Wirtschafts- und Fachbereich gerichtet, konnten sie sich nicht dem „Gemeinwohl" opfern. Daher blieb i n den ganzen 12 Jahren ein anhaltender und hinhaltender Widerstand der Verbände gegenüber den politisch-staatlichen Ansprüchen wirksam; die Verbände versuchten, sich nicht i n die Rolle eines bloßen Beauftragten des Staates drängen zu lassen, sondern die eigene Entscheidungsfreiheit und Interessenvertretung möglichst beizubehalten. Sie hatten dabei auch ansehnliche Möglichkeiten zur Sicherung und Stärkung der Position

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I I I . Historische E n t w i c k l u n g der Industrieverbände

ihres Industriezweiges bei der Verteilung von Rohstoffen, Energie und Arbeitskräften. Auch die Zwangskartellierung und -syndicierung m i t Hilfe des Staates sollte zwar aus staatlicher Sicht die Preis- und Verteilungskontrolle erleichtern, diente aber ebenso den unternehmerischen Interessen. (5) Das wirtschaftspolitische Ziel, die Verbände zu bloßen staatlichen Ausführungsorganen umzufunktionieren, wurde m i t alledem nur zum Teil erreicht. Äußerlich paßten sich die Verbände hinreichend an. So fügten sie sich der Forderung, daß der Vorsitzende ein anerkanntes, wenn möglich prominentes Mitglied der Parteiorganisation sein und der Geschäftsführer wenigstens Parteimitglied sein sollte. I m inneren Verbandsgetriebe blieb jedoch der parteipolitische und staatliche Einfluß relativ gering. Die Verbände suchten — auch noch während des Krieges — das zu bleiben, was sie früher geworden und gewesen waren. B. Renaissance nach 1945 (6) M i t Kriegsende zerfielen die bestehenden Verbände ins Nichts. Durch Verfügung des Kontrollrates der Besatzungsmächte wurden die früheren Verbände aufgelöst und wurde die Bildung neuer Verbände verboten, später genehmigungspflichtig gemacht. Die Auflösung wurde m i t den Funktionen der staatlichen Wirtschaftslenkung begründet, welche die Verbände ausgeübt hatten. Das Verbot von Verbandsgründungen kam aus der Auffassung, daß die alten Verbände kartellartige Funktionen ausgeübt und damit die deutsche Wirtschaftskraft erfieblich gestärkt hätten. (7) Das strikte Kartellverbot blieb auch bestehen, als — etwa 1946 beginnend — sich wieder neue Industrieverbände bildeten; zunächst auf regionaler Ebene, dann allmählich auf das ganze „Vereinigte W i r t schaftsgebiet" übergreifend. Die Neuorganisation entwickelte sich m i t großer Rührigkeit und erstaunlichem Erfolg. I h r kam das große Bedürfnis der Unternehmen entgegen, sich i n den völlig neuen Verhältnissen, deren Weiterentwicklung noch kaum abzusehen war, zu informieren und miteinander Fühlung zu nehmen. Aber auch die alte deutsche Freude am Organisieren und am Verbandswesen spielte mit. (8) Wie man überall auf die Verhältnisse vor 1933 zurückgriff, so knüpfte man auch bei den neuen Industrieverbänden an die fachliche Abgrenzung, die Aufgabenstellung und den organisatorischen Charakter der Verbände von früher an. Freilich wurde damit die Chance, m i t dem Neubeginn alles einmal grundsätzlich zu durchdenken und manches anders zu machen, verpaßt. Man sah lediglich darauf, daß es „demokratischer" als i m Dritten Reich zuging. Z u dem restaurativen Charakter der neuen Verbandsbildung t r u g die personelle Zusammensetzung bei.

B. Renaissance nach 1945

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Auch i m Verbandswesen waren großenteils die früheren Verbands-Geschäftsführer und Verbands-Vorsitzenden die treibenden und bestimmenden Elemente. So kam es zu einer Renaissance, bei der nichts Früheres vergessen, aber auch kaum neue Ansätze oder Verbesserungen gesucht und gefunden wurden. Lediglich i n einem, allerdings wesentlichen Punkt trat eine Änderung ein: Durch das uneingeschränkte, auch von der Bundesregierung übernommene Kartellverbot blieb dieses Feld der Verbandstätigkeit nahezu verschlossen. (9) Die fachliche Gliederung der Industrieverbände blieb über alle Jahrzehnte hinweg nahezu unverändert. Die großen technischen und wirtschaftlichen Veränderungen kamen nur darin zum Ausdruck, daß sich das Gewicht der einzelnen Industriegruppen wesentlich verschob. Früher bildeten Kohle und Stahl den (vor allem wirtschaftspolitisch führenden) Kern der Industrie. Bereits i n den 20er Jahren gewann aber auch die (stark konzentrierte) Chemie bedeutendes Gewicht. M i t der Rüstung rückte die metallverarbeitende Industrie (Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugbau, EBM-Industrie, Stahlbau) i n den Vordergrund, und i n den Nachkriegsjahren wuchs sie m i t der (wirtschaftlich wie technisch bedingten) Investitionswelle bis auf zwei Fünftel des gesamten industriellen Volumens an. Auch die Bauindustrie nahm überproportional zu. Dagegen hat die Textilindustrie und Schuhindustrie ganz erheblich verloren; nicht zuletzt durch die Umkehr der Außenhandelssituation. Beachtlich gewachsen ist i m Verbrauchsgüterbereich die Bedeutung der Bekleidungsindustrie. Auch die Nahrungs- und Genußmittel-Industrie hat durch Technisierung und wachsende Nachfrage i n vielen Zweigen kräftig expandiert. — I m Zuge dieser Entwicklung haben sich i m B D I die Anteile der einzelnen Industriegruppen stark verschoben. Indessen hat sich die Bedeutung und der Einfluß der Verbände nicht i n gleichem Maße verändert. Durch Tradition, Organisation und Konzentration haben die alten, großen Verbände auch dort noch großes Gewicht behalten, wo ihre Industriegruppen zurückgefallen sind (z. B. bei Kohle, Stahl und Textil). Die heutigen Mitgliedsverbände des B D I und ihre Struktur zeigt der Anhang 4.

I V . Organisation der Industrieverbände A. Aufbau der Organisation (1) Die Industrieverbände haben die Rechtsform eines „eingetragenen Vereins" (e. V.). Demgemäß — beruhen sie auf ihren Mitgliedern — ist ihr Bestand unabhängig vom Wechsel der Mitglieder — bestehen ihre Organe (mindestens) aus der Mitgliederversammlung und dem Vorstand. Diese organisatorische Struktur gehört zu den Merkmalen jedes Verbandes (s. II, 1—3). Juristische Person ist der Verband, u m rechtsgeschäftlich auftreten und Vermögen haben zu können. (2) I n Verbänden m i t vielen hundert bis zu mehreren tausend M i t gliedern hat es sich als nötig oder zweckmäßig erwiesen, die Mitgliederversammlung durch eine Delegiertenversammlung zu ersetzen. Für diese werden die Delegierten von den Mitgliedern der Fachverbände und Bezirksverbände gewählt. — Der Vorstand wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. I n großen Verbänden m i t einem relativ großen Vorstand (20—50 Mitglieder) wählt dieser ein Präsidium (3—8 Mitglieder), an dessen Spitze der Präsident des Verbandes steht. Delegiertenversammlung wie Präsidium sind gesetzliche Vereinsorgane; sie stellen die M i t gliederversammlung und den Vorstand i m Sinne des BGB dar. (3) Nicht i m Vereinsrecht vorgesehen, aber von größter Bedeutung ist die (hauptberufliche) „GeschäftsführungSie ist ausführendes Organ der Mitglieder und w i r d gewöhnlich vom Vorstand bestellt, angewiesen und überwacht, Personell besteht die Geschäftsführung aus den Geschäftsführern (lt. Satzung) und den Angestellten der Geschäftsführung, die unter der Leitung der Geschäftsführer stehen. (4) U m die Geschäftsführung mit den Mitgliedern zu verbinden und deren Mitarbeit zu sichern, gibt es eine Reihe von Gremien, die aus Vertretern der Mitgliedsfirmen gebildet werden. Zumeist sind es ständige Organe, manchmal werden sie auch nur für vorübergehende A n lässe und Zwecke gebildet. Ihre Bezeichnung ist verschieden: Ausschüsse, Beiräte, Arbeitskreise, Kommissionen, Beraterkreise u. a. m. Sie sind keine Führungsorgane, haben aber doch i n gewissem Grade Uberwachungs- und Leitungsfunktionen gegenüber der Geschäftsführung.

B. Kompliziertheit der Organisation

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Ihre wesentliche Aufgabe liegt indessen i n der sachverständigen Beratung der Geschäftsführung, i n der Aktivierung des Sachverstandes aus dem Fachbereich für die Interessen seiner Mitglieder. (5) Die laufenden Geschäfte des Verbandes werden i m wesentlichen von drei Pfeilern getragen und bestimmt: — Geschäftsführung als Arbeitsorgan — Vorstand und Präsidium als Führungsorgan — Ausschüsse als Beratungsorgane Dieses einfach und übersichtlich wirkende Grundschema differenziert sich aber ganz erheblich i n der Praxis. Das ist bedingt durch — die vielfältige Ausgestaltung der Organe nach Aufgaben und Arbeitsgebieten — ihre notwendige funktionelle Verknüpfung miteinander — ihre personelle Verbindung zur Sicherung der Einheitlichkeit. Infolgedessen bietet die Organisation eines Industrieverbandes ein so vielgestaltiges Bild, daß es für Außenstehende nicht leicht übersehbar und verständlich ist. U m hiervon eine gewisse Vorstellung zu geben, ist i m Anhang 5 am Beispiel des „Verbandes deutscher Papierfabriken" ein typisches Organisationsmuster vorgeführt. Dieser Wirtschaftszweig verfügt über eine straffe Verbandsorganisation und rührige Verbandstätigkeit, die seit rd. 100 Jahren besteht und sich bewährt hat. I n anderen Verbänden liegen die organisatorischen Verhältnisse ganz ähnlich. Die Bezeichnung der Organe und i h r Gewicht weichen teilweise, jedoch nur unwesentlich ab. Je nach der Größe der Verbände wechselt die Zahl und Einteilung der Gremien, nach den technischen und wirtschaftlichen Besonderheiten auch die Bedeutung der fachlichen Organe. Indessen sind das nur graduelle Unterschiede. B. Kompliziertheit der Organisation (6) Es fragt sich, ob die übliche Verbandsorganisation nicht unnötig kompliziert ist, also einfacher und damit vielleicht auch effizienter gehalten werden könnte. Die Vielzahl der Instanzen könnte den Geschäftsablauf erschweren und zu übertriebenem Arbeitsaufwand führen. Hierzu kann der Eindruck beitragen, daß sich i n den Mitgliederlisten der einzelnen Organe und Gliederungen häufig die gleichen Firmen wie die gleichen Personen finden, ebenso dieselben Mitglieder der Geschäftsführung. (7) Gegen die (denkbare) Vermutung einer Uberorganisation spricht schon die weitgehende Gleichartigkeit und Übereinstimmung des organisatorischen Aufbaus i n allen Verbänden. Es scheint, daß er

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r n s n

der Industrieverbände

— durch die Natur und die Aufgaben der Industrieverbände bedingt und erfordert wird, — vorhanden sein muß, damit der Verband für alle auftretenden Probleme und Aufgaben gerüstet ist, — i n seinem Arbeitsablauf genügend effizient ist, denn überflüssige oder behindernde Einrichtungen würden sich gegenüber der k r i tischen Einstellung vieler Verbandsmitglieder auf die Dauer nicht halten können. (8) Die relativ komplizierte Organisation ist hauptsächlich damit zu erklären, daß einerseits die Mitglieder maßgebend sein sollen, andererseits die eigentliche Arbeit doch durch die Geschäftsführung geleistet werden muß. a) U m das demokratische Prinzip zu wahren, bedarf es einer Vielzahl von Gremien und Abstufungen. Sie sollen die Mitarbeit der Firmen und deren Führung des Verbandes ermöglichen. Nicht zuletzt soll dadurch der Verband den vielfach angesprochenen Sachverstand der F i r men aktivieren und nach außen repräsentieren können. I m übrigen ist die Demokratie immer eine mühsame und umständliche Aufgabe, die einen erheblichen organisatorischen Aufwand verursacht. Das zeigt sich i n jedem Verein wie überall i n der Politik. Bei einem Industrieverband kann es nicht anders sein. b) Die Geschäftsführung gilt zwar (nur) als ausführendes Organ, hat aber weitgehend selbständige Bedeutung. Wer die Arbeit macht, hat auch entsprechenden Einfluß, und die Arbeit liegt nun einmal zum entscheidenden Teil bei der hauptamtlichen Geschäftsführung. Sie soll auf alles aufpassen, was wichtig ist oder werden kann; sie soll alles untersuchen, Ausarbeitungen und Vorschläge machen, eigene Initiativen entwickeln. Andererseits soll sie nicht zu selbständig werden, denn die M i t glieder wollen die Verbandsführung i n der Hand behalten. U m beides miteinander verbinden zu können, geht es aber nicht ohne eine relativ umständliche Organisation, die eine enge Verzahnung m i t ständigem Wechselspiel zwischen Mitgliedsorganen und Geschäftsführung sichern soll. (9) Eine zweite wesentliche Ursache für den großen organisatorischen Aufwand liegt i n der eingehenden fachlichen Gliederung. Sie ist erforderlich, w e i l das Interesse jedes Mitgliedes sich zunächst auf den fachlichen Sektor konzentriert, i n dem es selbst tätig ist. Jede Firma erwartet und verlangt, daß ihr hierfür Entsprechendes geboten w i r d ; sie w i l l auch einen organisatorischen Rahmen finden, der hierauf zugeschnitten ist und i n dem sie auf die gleichgelagerten anderen Firmen trifft. Eine solche Diversifikation kann technisch und absatzmäßig fast unbegrenzt weit gehen. Hierbei das organisatorische Optimum einzu-

C. Geschäftsführung

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halten, stellt die Verbandsführung vor schwierige Aufgaben. Sie soll zwar die Firmen nicht enttäuschen und ihr Interesse am Verband wach halten, aber sie soll auch Zersplitterung und unnötigen Aufwand vermeiden. C. Geschäftsführung Die große praktische Bedeutung der Geschäftsführung rechtfertigt es, sich m i t i h r etwas näher zu beschäftigen. (10) Die Zahl der Angestellten i n der Geschäftsführung variiert stark, je nach der Größe der Verbände, dem Ausmaß ihrer Tätigkeit und den verfügbaren finanziellen Mitteln. Außer branchenbedingten Unterschieden spielt auch die Tradition mit. a) A n sich muß zwischen der zentralen Geschäftsführung und selbständigen Fachverbänden oder sonstigen fachlichen Gliederungen getrennt werden. Da jedoch die Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Zentrale und Fachbereichen unterschiedlich verteilt sind, müssen die Beschäftigten beider Bereiche zusammengerechnet werden. Daraus ergeben sich für die großen Verbände beträchtliche Zahlen, so z. B. für V D M A etwa 450, Z V E I etwa 180 und EBM-Verband 170 Angestellte. b) Auch mittlere bis kleinere Verbände m i t intensiver Tätigkeit verfügen über relativ zahlreiche Mitarbeiter, so der Gießereiverband über 60 (zuzüglich 90 i n drei angegliederten Organisationen), Stahlverformung 70, Kautschukindustrie 30, Zigarettenindustrie 18. c) Dagegen weisen die fachlichen Spitzenverbände nur wenige A n gestellte auf: Gesamttextil 42, Glasindustrie 7, Papier- und Pappe-Verarbeitung 6, Ernährungsindustrie 5, Steine und Erden 4. (11) Fast alle Industrieverbände verfügen über Untergliederungen i n Gestalt von Fachverbänden. Bei großen Bundesverbänden sind diese manchmal größer als kleine Bundesverbände insgesamt. Die Zahl ihrer Angestellten und der Grad ihrer Selbständigkeit w i r d außer von der Größe der Fachbereiche und der Mitgliederzahl durch die Ausgeprägtheit fachlicher Besonderheiten bedingt. Geht die Selbständigkeit so weit, daß der Bundesverband nur einen Spitzenverband von Fachverbänden bildet, so fällt die Geschäftsführung der Fachverbände entsprechend umfangreich, die des Spitzenverbandes relativ klein aus. Haben dagegen die fachlichen Gliederungen mehr den Charakter von Abteilungen des Bundesverbandes, so liegt auch personalmäßig das Schwergewicht bei der zentralen Geschäftsführung. Manche Fachverbände verfügen auch über angegliederte, rechtlich oder organisatorisch selbständige Arbeitsgruppen (Außenstellen), die besondere statistische, technische, absatzmäßige oder handelspolitische Aufgaben haben und bei viel Kleinarbeit

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der Industrieverbände

ein sehr zahlreiches Personal (bis 50 Angestellte und noch mehr) haben können. (12) Für das Verhältnis zwischen zentraler Geschäftsführung und Fachverbänden gibt es keine festen Regeln. I m Grundsatz soll alles, was nicht ausgesprochen fachlichen Charakter hat, von der Zentrale bearbeitet werden. Aber vieles ist nur teilweise fachbedingt und «abhängig. Außerdem gehören viele Mitglieder nur einem Fachverband an, so daß sie i n ihrem Fachverband den ganzen Verband repräsentiert sehen. Jedenfalls pflegt der Kontakt zwischen den Mitgliedern: und ihren Fachverbänden enger als von jenen zur zentralen Geschäftsführung zu sein. Das gibt den Fachverbänden entsprechendes Gewicht. A n sich besitzt jedoch die zentrale Geschäftsführung die übergeordnete Kompetenz. Das erfordert auch die notwendige Einheitlichkeit der Geschäftsführung, die ein gewisses Weisungsrecht bedingt. (13) Entsprechend der demokratischen Struktur der Verbände soll die Geschäftsführung nur das ausführende Organ des Verbandes sein, während die Entscheidungs- und Weisungsbefugnis den Mitglieder-Gremien vorbehalten ist. Die tatsächliche Bedeutung der Geschäftsführung ist aber — wie schon unter IV, 8 gesagt wurde — weit größer. Sie beginnt damit, daß die Geschäftsführung jeweils zu erkunden hat, wo und wie der Verband tätig werden sollte. Demokratische Entscheidungen können außerdem nur getroffen werden, wenn ihnen vorgearbeitet worden ist und bestimmte Vorschläge gemacht werden. Infolge der großen Zahl von Mitgliedern lassen sich diese nur i n beschränktem Maße aktivieren. I n der Hauptsache muß das Präsidium, obwohl es selbst nur ein beauftragtes Organ des Vorstandes ist, die Geschäftsführung maßgebend beeinflussen. (14) Andererseits hat die Geschäftsführung von sich aus ein Interesse an guter Zusammenarbeit m i t den Mitgliedern. Sie möchte deren Bedürfnissen und Wünschen entsprechen und bedarf vielfach auch zur Vertretung der Verbandsinteressen nach außen der M i t w i r k u n g von Beauftragten ihrer Mitglieder. Der Erfolg des Verbandes nach außen hängt wesentlich von einer sachkundigen Begründung der fachlichen Interessen ab. Darin liegt der eigentliche Zweck und die Aufgabe der zahlreichen Ausschüsse, Arbeitskreise und ähnlichen Gremien, die innerhalb eines Verbandes m i t den anstehenden Aufgaben befaßt werden. A u f sie ist die Geschäftsführung i n hohem Maße angewiesen. Auch wichtige Erklärungen des Verbandes lassen sich vorteilhafter durch maßgebende Firmenvertreter statt allein durch die Geschäftsführung abgeben und begründen. Demnach sieht sich die Geschäftsführung aus gewichtigen Gründen veranlaßt, nicht zu selbständig und eigenwillig zu verfahren, sondern i n engem Kontakt m i t den Mitgliedern zu bleiben.

D. Spitzenverbände

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D. Spitzenverbände (15) Von den i m Anhang 4 angeführten Industrieverbänden sind die meisten Mitgliedsverbände, d. h. m i t unmittelbarer Mitgliedschaft von Unternehmen, andere dagegen Spitzenverbände, d. h. Verbände von (rechtlich selbständigen) Mitgliedsverbänden. Oberhalb der fachlichen Industrieverbände ( = Industriegruppen) ist der B D I der maßgebende Spitzenverband. Unter den fachlichen Verbänden kommen Spitzenverbände vor allem dort vor, wo die Fachzweige bedeutende Eigenarten aufweisen und deren Verbände von früh an starke Selbständigkeit besitzen. Das gilt insbesondere für die großen Bereiche der Halbzeugindustrie, der Textilindustrie und der Ernährungsindustrie. Die Unterscheidung zwischen Spitzen- u n d Fachverbänden läßt sich i n gewisser Weise auch auf manche große Mitgliedsverbände ausdehnen, die zahlreiche fachlich geprägte Wirtschaftszweige i n der F o r m von Fachverbänden umfassen. Die prinzipiellen Unterschiede zwischen Spitzenverbänden u n d Einzelverbänden treten auch hier hervor, wenngleich nicht so ausgeprägt.

(16) Die V e r t e i l u n g der Aufgaben

u n d Zuständigkeiten

zwischen Spit-

zenverbänden (Gesamtverbänden) und Mitgliedsverbänden (Einzelverbänden) folgt dem Prinzip, daß alle Angelegenheiten m i t fachlichem Einschlag zu den Fachverbänden gehören, dagegen überfachliche Dinge zum Spitzenverband. Praktisch läßt sich diese Trennung jedoch schwer durchführen, denn die meisten Probleme haben nicht nur eine fachliche, sondern auch eine allgemeine (überfachliche) Seite. Deshalb muß eine tendenzielle Unterscheidung genügen. Hierzu läßt sich sagen: a) Je umfassender ein Spitzenverband ist, desto mehr t r i t t der fachliche Einschlag zurück und gewinnt die überfachliche Seite i n Gestalt des gesamtwirtschaftlichen Zusammenhangs an Bedeutung. Andererseits erhält die gesamtwirtschaftliche Mitsprache auch eines Spitzenverbandes gerade dadurch Bedeutung, daß sie besondere Verhältnisse aus ihrem Wirtschaftsbereich zur Geltung bringt. Selbst der Bereich der Industrie ist nicht fest abgegrenzt, sondern zeigt i n der statistischen w i e organisatorischen Erfassung verschiedene Abstufungen. International übereinstimmend ist der Begriff der Verarbeitenden Industrie (wobei i n anderen Ländern — abweichend von der BRD — v i e l fach keine Trennung v o m produzierenden Handwerk durchgeführt wird). H i n z u k o m m t der Bergbau. Auch die Bauwirtschaft bildet vielfach einen selbständigen Wirtschaftsbereich, der Industrie und Handwerk i m Rohbau u n d Ausbau umfaßt. Weiter k a n n die Energiewirtschaft i n verschiedenem Grade zur Industrie gerechnet werden. Das geschieht für die B R D m i t dem Kohlenbergbau, der Mineralölgewinnung u n d -Verarbeitung sowie der Gaswirtschaft, nicht aber m i t der Elektrizitätserzeugung, von der die Energieversorgungsunternehmen i n der Vereinigung Deutscher Elektrizitätsweke (VDEW) organisiert sind, die außerhalb des B D I steht.

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der Industrieverbände

b) Das Fehlen von Firmenmitgliedern gibt den Spitzenverbänden größere Unabhängigkeit, bringt aber auch erhebliche Schwächen mit sich. Die Stärke und der Nährboden der fachlichen Industrieverbände liegt i n der unmittelbaren Verbindung m i t der Praxis, welche die Firmenmitglieder bieten. Die Spitzenverbände bemühen sich deshalb manchmal u m unmittelbare Kontakte zu großen Unternehmen. Die Fachverbände sehen das natürlich nicht gern, denn sie fürchten, dadurch überspielt zu werden. Die vom Spitzenverband angesprochenen großen Unternehmen und Konzerne versprechen sich davon jedoch stärkere eigene Wirkung, denn der Spitzenverband erreicht eher die maßgebenden wirtschaftspolitischen Instanzen und findet auch sonst vielfach leichter Gehör als ein Fachverband. (17) Bei der Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Fachverbände kann es nicht ausbleiben, daß die einzelnen Gruppen verschiedenartige und sogar widerstreitende Interessen haben. Nicht allein, daß Grundstoff-, Investitionsgüter- und Verbrauchsgüterindustrie verschieden gelagert sind; häufig stehen sie durch ihre vertikalen Verbindungen auch i m Gegensatz zueinander. Was der Stahlindustrie zusagt, braucht der metallverarbeitenden Industrie nicht zu passen; was die Investitionstätigkeit fördert, braucht der Verbrauchsgüterindustrie nicht günstig zu sein. Kartellierungsbestrebungen der Grundstoffindustrien können von den Industriezweigen, die ihre Abnehmer sind, abgelehnt werden. Andere Divergenzen bestehen z. B. zwischen stark exportorientierten Industriezweigen und rohstoffmäßig stark importabhängigen Industriezweigen. Unterschiedliche Interessenlagen zeigen sich auch i n der Einstellung zur Konzentrationspolitik und zur Mittelstandspolitik, die von der Mitgliederstruktur der Fachverbände bestimmt wird. Infolgedessen fällt es den Spitzenverbänden häufig sehr schwer, eine Linie zu finden, auf die sich alle zugehörigen Fachverbände einigen können. Da eine solche Einigung nie restlos möglich ist, besteht für die Spitzenverbände die Gefahr, daß sie sehr zurückhaltend taktieren oder sich i n allzu unbestimmter Form äußern. Wenn sie entschiedener und damit einseitiger auftreten würden, könnte das einzelne Fachverbände veranlassen, m i t ihrer abweichenden Auffassung offen hervorzutreten. Andererseits ist die ausgleichende Funktion und Haltung der Spitzenverbände auch für die Fachverbände nützlich, w e i l diese ihren Standpunkt leicht überziehen und damit nach außen keineswegs die erwartete Wirkung erzielen. E. Verbandsetat (18) I n einer Umfrage des Verfassers bei den bedeutendsten Industrieverbänden war auch nach der Höhe des Jahresetats gefragt worden,

E. Verbandsetat

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also dem Gesamtvolumen der Einnahmen und Ausgaben. Hierzu haben die befragten Verbände jedoch keine einheitlichen und demgemäß keine vergleichbaren und summierbaren Angaben gemacht. Gewiß war auch eine Zurückhaltung i n der Auskunftsbereitschaft spürbar, aber entscheidend war die Unterschiedlichkeit der Verhältnisse, auf die von den Verbänden selbst hingewiesen wurde. Sie betrifft die Struktur wie die Finanzierungsweise der Verbände. Folgendes trat hervor: a) Ausgehend von der Mitgliedschaft zum BDI, stellen nicht wenige Verbände nur Spitzenverbände dar. Beiträge bei Unternehmen werden von ihren Fachverbänden erhoben, die daraus sich selbst wie den Spitzenverband finanzieren. Da der organisatorische „Apparat" des Spitzenverbandes klein ist, braucht dieser nur einen kleinen Etat. Würde man für den Fachbereich nur diesen Etat berücksichtigen, so blieben die weit größeren Etats der Fachverbände außer Ansatz. I n den meisten Fällen w i r d jedoch von der Geschäftsführung des Spitzenverbandes (Bundesverband) i n Personalunion auch ein erheblicher Teil der Geschäftsführung der Fach- und Landesverbände übernommen. Das ergibt einen größeren finanziellen Aufwand für den Spitzenverband. b) Bei unmittelbarer Firmenmitgliedschaft werden die Beiträge gewöhnlich vom Gesamtverband erhoben; aus ihnen werden auch die zugehörigen Fachverbände finanziert. Daneben können jedoch die Fachverbände auch eigene, direkte Beiträge von ihren Mitgliedern erheben. Das geschieht vor allem bei Fachverbänden m i t überdurchschnittlich intensiver und aufwendiger Verbandstätigkeit. I m Etat des Gesamtverbandes erscheinen diese Sonderbeiträge nicht. c) Manche Verbandsaufgaben erfordern einen so großen Arbeitsaufwand, daß sie organisatorisch ausgegliedert und formal selbständigen Instanzen übertragen werden. Beispiele hierfür bilden statistische Meldestellen, Institute für Marketing oder betriebswirtschaftliche Untersuchungen, Fachgemeinschaften für technische Normungsarbeiten, Forschungsgemeinschaften für den Auslandsabsatz. Da hierbei nicht alle Mitglieder i n gleichem Maße interessiert sind und mitmachen, die Kosten aber ganz erheblich sein können, werden von den beteiligten Firmen eigene Beiträge oder Umlagen erhoben, die außerhalb des Verbandsetats bleiben. Andererseits kann sich der Verband auch durch einen pauschalen Zuschuß an der Finanzierung beteiligen. Je nach dieser Finanzierungsweise werden also die Etats der Verbände gar nicht, wenig oder erheblich berührt. d) E i n bedeutender Teil aller Verbandseinnahmen und -ausgaben hat durchlaufenden Charakter. Das gilt vor allem für die Beiträge an den BDI. Bemessungsgrundlage sind die Umsätze und Beschäftigten der Mitgliedsverbände. Auch technische Vereinigungen, Forschungsinstitute 3 Huppert

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I .

r n s n

der Industrieverbände

und andere der Branche nahestehenden Organisationen erhalten von den Industrieverbänden erhebliche Zuwendungen. Sie reichen von sechsstelligen Förderbeiträgen bis zu kleinen Mitgliedsbeiträgen für Organisationen, die dem Verband relativ fernstehen. M i t solchen Beiträgen und Spenden sieht es bei den Industrieverbänden ähnlich aus wie bei größeren Unternehmen. Mitunter veranlassen diese den Verband zu entsprechender Mitgliedschaft, u m sich selbst davon zu entlasten. e) Aus der Fülle der Finanzierungsmodalitäten seien noch zwei weitere Punkte hervorgehoben: — Neben dem ordentlichen gibt es einen außerordentlichen Verbandsetat. Ersterer enthält die laufenden Ausgaben und w i r d durch Beiträge, Kapitalerträge und sonstige regelmäßige Einnahmen finanziert. Der außerordentliche Etat enthält einmalige, besondere Aufwendungen (z. B. für den Bau eines Verbandshauses) und finanziert sich aus Umlagen, Spenden oder einmaligen Kapitalzuflüssen. Der Umfang des ao. Etats ändert sich verständlicherweise sprunghaft von Jahr zu Jahr. — Es führt natürlich zu großen Mehrausgaben, wenn ein Verband auch tarifpolitische und sonstige Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt. Da aber alle Ausgaben aus einem Etat bestritten werden, läßt sich nicht sagen, wieviel davon zum einen und anderen Verbandssektor gehören. Insgesamt ergibt sich daraus ein denkbar buntes B i l d der Finanzierungsverhältnisse. Daraus den Gesamtaufwand zu ermitteln, i h n von Mehrfachzählungen zu bereinigen und dann nach Quellen und Verwendungszwecken zuzurechnen, ist praktisch unmöglich. Allenfalls läßt sich eine ganz grobe Schätzung anstellen. Berücksichtigt man die reinen Beitragseinnahmen (einschließlich regelmäßiger Umlagen), so kann für 1971 eine Summe von etwas über 200 Mio. D M angenommen werden. Indessen hat diese Zahl keinen verbindlichen Charakter. F. Organisationsgrad (19) Für die Beurteilung des Vertretungsanspruchs} der Verbände nach außen und des Nutzens ihrer internen Arbeiten w i r d immer wieder nach dem Grad ihrer Repräsentation gefragt, d. h. des Anteils ihrer Mitglieder an der Gesamtheit der Unternehmen, die der betreffenden Industriegruppe angehören. Dieser Repräsentationsgrad w i r d an dem Prozentsatz gemessen, den die Mitgliedsfirmen vom Produktionsvolumen oder -wert, vom Umsatz und/oder von den Beschäftigten des betreffenden Fachbereichs ausmachen. Dieser Prozentsatz liegt bei den einzelnen Verbänden sehr verschieden hoch. Er beträgt i m allgemeinen zwischen 70

F. Organisationsgrad

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und 85