Imperator und Pontifex: Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung 3402139944, 9783402139943

Der Band enthält 24 Beiträge zum komplexen Verhältnis zwischen Kaiser und Papst im konfessionellen Zeitalter. Die politi

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Imperator und Pontifex: Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung
 3402139944, 9783402139943

Table of contents :
Title
Vorwort der Reihenherausgeber
Inhalt
Vorwort
Einleitung
I. KAISER UND PAPST
1. Der Passauer Vertrag und die Kurie
2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I.
3. Die spanische Partei und die Nuntien am Hof Maximilians II. und Rudolfs II.
4. Ut infirma confirmaret, disrupta consolidaret, depravata converteret
5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien
6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Heiligen Stuhl
7. Reichsitalien als Thema in den Beziehungen zwischen Kaiser und Papst
8. Traiano Mario und seine Geheimmission nach Graz und Prag
9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch?
10. Papst, Kaiser und Reich am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges
11. Die römische Kurie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges
12. Quam bene pavit apes, tam male pavit oves
13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster
II. ROM UND DIE HABSBURGISCHEN ERBLÄNDER
1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien und kurialen Instruktionen
2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata
3. Circondato da turchi et heretici
4. Italienische Fratres nördlich der Alpen
III. DIE PÄPSTLICHEN NUNTIEN IM REICH
1. Prudenza, zelo e talento
2. Einige Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof
3. Bartolomeo Portia
4. Ottavio Santacroce
5. Vademecum für einen Nuntius
6. Nuntienalltag
7. Die Leichenrede des Jesuiten Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce
Siglen- und Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Publikationsnachweise
Register

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Imperator und Pontifex Koller

Der Band enthält 24 Beiträge zum komplexen Verhältnis zwischen Kaiser und Papst im konfessionellen Zeitalter. Die politische Entwicklung im Reich und in Europa zwischen dem Augsburger Religionsfrieden (1555) und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) führte zu starken Veränderungen nicht nur im Selbstverständnis der je eigenen Position von Kaiser und Papst, sondern auch zu neuen Formen des Umgangs miteinander. Etappen dieses Prozesses der Neuformierung der bilateralen Beziehungen zwischen Kaiserhof und römischer Kurie werden punktuell an signifikanten Beispielen aufgezeigt. Daneben werden auch die konfessionspolitischen Strategien Roms gegenüber den habsburgischen Erbländern behandelt. Grundlegende Bedeutung für die Umsetzung der römischen Politik hatten die päpstlichen Nuntien vor Ort. Bei der Analyse ihrer Aktivitäten werden neben politischen und konfessionellen auch mentalitäts- und sozialgeschichtliche Aspekte oder Fragen der politischen Symbolik und des Zeremoniells berücksichtigt auf der Grundlage zahlreicher einschlägiger Quellen, v. a. der offiziellen Nuntiaturkorrespondenz, die einen einzigartigen Quellenwert für die Konfessionalisierung von Kaisertum und Papsttum um 1600 besitzt.

GEK 13

ISBN 978-3-402-13994-3

Geschichte in der Epoche Karls V. Band 13 Alexander Koller

Imperator und Pontifex Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555–1648)

Koller Imperator und Pontifex

Alexander Koller

IMPERATOR UND PONTIFEX Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555–1648)

Geschichte in der Epoche Karls V. Herausgegeben von Martina Fuchs und Alfred Kohler Band 13

Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung in Wien.

© 2012 Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54 Abs. 2 UrhG werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen. Gesamtherstellung: Aschendorff Druckzentrum GmbH & Co. KG, Münster, 2012 Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier oo ISBN 978-3-402-13994-3

V

Vorwort der Reihenherausgeber Die in diesem Band versammelten Studien gruppieren sich in drei thematische Blöcke, nämlich Kaiser und Papst, Rom und die habsburgischen Erbländer sowie päpstliche Nuntien im Reich. Sie führen umfassend in die Welt der päpstlichen Diplomatie am Kaiserhof von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ein. Ausgangspunkt und Grundlage der vorliegenden Publikation sind die Editionen der Nuntiaturberichte, eines der großen Editionsprojekte, das seit dem 19. Jahrhundert betrieben wird. Durch die Auswertung dieses Quellencorpus vermag Alexander Koller beispielsweise die dem Kaiserhof gegenüber verfolgte Politik des Heiligen Stuhls instruktiv darzustellen und zu analysieren. In den päpstlichen Instruktionen für die Nuntien und der verpflichtenden Berichterstattung nach der Rückkehr derselben in die Ewige Stadt tritt vor allem die Sorge von Papst und Kurie um die Festigung des katholischen Glaubens in den Reichsgebieten hervor. So bemühte man sich besonders um Kaiserin Maria, Gattin Maximilians II. und Mutter Rudolfs II., die als Garantin für den „rechten“ Glauben im kaiserlichen Umfeld galt. Am anderen Ende der zeitlichen Skala der Untersuchungen demonstriert der Autor die Bedeutung der Vermittlungstätigkeit von Nuntius Fabio Chigi im Rahmen der Münsteraner Friedensverhandlungen; der Nuntius residierte ab 1644 in der westfälischen Stadt (und litt zuweilen unter den klimatischen Bedingungen). Nicht nur in diesem Zusammenhang gewähren die Ausführungen interessante Einblicke in die alltägliche Lebenswelt der päpstlichen Gesandten. Damit beweist dieser Band ferner, daß auch „offizielle“ Quellen – bei entsprechender „Befragung“ – Informationen zu unterschiedlichen Themen liefern können. Wurden Quellen bzw. Historiographiegeschichte der Diplomatie bis dato zumeist unter politischem Aspekt gesehen und ausgewertet, so erschließt der Autor diese Quellensorte nun auch für kultur- bzw. wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen. In geographischer Hinsicht reichen die Beiträge gelegentlich über das Gebiet des Alten Reiches hinaus, etwa wenn über Ungarn als Thema der Nuntienkorrespondenz reflektiert wird. Gerade für dieses Land, das in konfessioneller Hinsicht in Europa einen Sonderfall darstellte, gab es in der Frühen Neuzeit keine eigene Nuntiatur, sodaß die ungarischen Angelegenheiten gemeinhin vom jeweiligen Nuntius am Kaiserhof wahrgenommen wurden. Die Beiträge Alexander Kollers zeigen in vorzüglicher Weise die Bedeutung der päpstlichen Politik im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts gegenüber dem Heiligen Römischen Reich und bestätigen die Position des Papsttums neben dem Kaisertum als einer der wichtigsten Institutionen und Instanzen in der Gemeinschaft der christlichen Staaten Europas, wenngleich – wie der Verfasser überraschend konstatieren kann – politischer Einfluß und tatsächliche Macht der Nuntien selbst beschränkt waren. Zudem wird durch den vorliegenden Band einmal mehr deutlich, daß die seit 2002 erscheinende Reihe „Geschichte in der Epoche Karls V.“ – durch den Verlagsleiter des Aschendorff-Verlages, Dr. Dirk Paßmann, hervorragend betreut – nicht auf die Regierungszeit des namengebenden Habsburgers beschränkt ist. Wien, im Frühjahr 2012

Martina Fuchs und Alfred Kohler

VII

Inhalt Vorwort .........................................................................................................

IX

Einleitung .....................................................................................................

1

I. Kaiser und Papst ......................................................................................

17

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie ...................................................

18

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561). Neubeginn der päpstlichen Deutschlandpolitik nach dem Augsburger Religionsfrieden ..............................................................

34

3. Die spanische Partei und die Nuntien am Hof Maximilians II. und Rudolfs II. Maria von Österreich und die katholische Konfessionalisierung im Reich ...........................................................

48

4. Ut infirma confirmaret, disrupta consolidaret, depravata converteret. Grundlinien der Deutschlandpolitik Gregors XIII. ............................

61

5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien ........................................................................

72

6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Heiligen Stuhl ....................................................................................

88

7. Reichsitalien als Thema in den Beziehungen zwischen Kaiser und Papst. Der Fall Borgo Val di Taro: Ein Reichslehen für einen Papstsohn? ................................................................................

103

8. Traiano Mario und seine Geheimmission nach Graz und Prag. Der gescheiterte antiosmanische Liga-Plan Gregors XIII. von 1579 ...

121

9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch? Der Heilige Stuhl und die protestantischen „Häresien“ um 1600 .............................................................................................

139

10. Papst, Kaiser und Reich am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges (1612 – 1621). Die Sicherung der Sukzession Ferdinands von Innerösterreich ..........................................................

157

11. Die römische Kurie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Gregor XV., das Reich und der Aufstieg Bayerns ................................

174

12. Quam bene pavit apes, tam male pavit oves. Urban VIII. und die Kritik an seinem Pontifikat ..........................................................

185

13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster ........

195

VIII

Inhalt

II. Rom und die habsburgischen Erbländer ..................................................

211

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien und kurialen Instruktionen ................................................................

212

2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata. Die römische Kurie und die Lausitzen im 16. und 17. Jahrhundert ....

222

3. Circondato da turchi et heretici. Ungarn als Thema in der Korrespondenz der Kaiserhofnuntiatur im 16. Jahrhundert ...............

242

4. Italienische Fratres nördlich der Alpen. „Nationale“ Konflikte im bikonfessionellen Reich .................................................................

254

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich ..........................................................

271

1. Prudenza, zelo e talento. Zu Aufgaben und Profil eines nachtridentinischen Nuntius ..............................................................

272

2. Einige Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof (1559 – 1655) ...................................................

287

3. Bartolomeo Portia ..............................................................................

302

4. Ottavio Santacroce .............................................................................

335

5. Vademecum für einen Nuntius ..........................................................

350

6. Nuntienalltag. Überlegungen zur Lebenswelt eines kirchlichen Diplomatenhaushalts im 16. und 17. Jahrhundert ..............................

388

7. Die Leichenrede des Jesuiten Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce († 1581) .................................................

403

Siglen- und Abkürzungsverzeichnis ..............................................................

423

Quellen- und Literaturverzeichnis ................................................................

425

1. Archivalien .........................................................................................

425

2. Quelleneditionen und Quellensammlungen .......................................

427

3. Sekundärliteratur ...............................................................................

432

Publikationsnachweise ..................................................................................

454

Register .........................................................................................................

457

IX

Vorwort In den letzten Jahren beschäftigte ich mich intensiv mit den Beziehungen zwischen der römischen Kurie und dem Kaiser in den krisenhaften Jahrzehnten zwischen dem Augsburger Religionsfrieden und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Das Ergebnis dieser Studien wurde im Herbst 2010 von der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien als Habilitationsleistung anerkannt, worauf mir die Lehrbefugnis für das Fach „Neuere Geschichte“ an der Universität Wien erteilt wurde. An dieser Stelle möchte ich allen Mitgliedern der Habilitationskommission, die von Alfred Kohler und Werner Maleczek geleitet wurde, sowie den Gutachtern Irene Fosi (Pescara-Chieti) und Thomas Prügl (Wien) für ihre Bereitschaft danken, an diesem Verfahren mitzuwirken. Großen Dank schulde ich dem Deutschen Historischen Institut in Rom. Arnold Esch setzte großes Vertrauen in mich, als er mich 1993 an diese einzigartige Forschungseinrichtung berief. Im Rahmen der Edition der Nuntiaturberichte aus Deutschland kam ich hier zum ersten Mal näher in Berührung mit dem Thema der Beziehungen zwischen Kaiser und Papst in der Frühen Neuzeit. Gleichzeitig ergaben sich über viele Jahre an diesem Haus fruchtbringende Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen, die sich auf den Fortgang meiner Studien positiv ausgewirkt haben. Mein Dank schließt auch die Kollegen mit ein, die heute nicht mehr unter uns sind, wie Hermann Goldbrunner und Georg Lutz, von denen ich viele Hilfestellungen, Anregungen und Impulse erhalten konnte. Während meiner römischen Zeit ergaben sich auch enge, freundschaftliche Kontakte zum Österreichischen Historischen Institut, für die ich sehr dankbar bin. Mit Richard Bösel organisierte ich 2003 eine interdisziplinäre wissenschaftliche Tagung zum Thema „Kaiserhof – Papsthof (16.–18. Jahrhundert)“, an die ich gerne zurückdenke und die sich nachhaltig auf mein Forschungsthema auswirkte. Heinz Schilling und Reinhard Stauber danke ich für viele anregende Gespräche und ihre Bereitschaft, eine eventuelle Habilitation meinerseits in Berlin oder Klagenfurt zu unterstützen. Daß mir letztendlich die Venia legendi in Wien erteilt wurde, ist wohl kein Zufall, denn ich bin dieser Stadt, wo der eine der beiden Protagonisten dieses Buches vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zum Ende des Alten Reiches residierte, ebenso eng verbunden wie Rom, dem Sitz des anderen Protagonisten, wo ich seit vielen Jahren lebe und arbeite. Ein Lob Wiens und Roms, zweier Städte, die einen Historiker reich beschenken und stimulieren, sollte an dieser Stelle nicht fehlen. Von den zahlreichen Archiven und Bibliotheken, die ich im Zusammenhang meiner Studien aufgesucht habe, möchte ich namentlich das Archivio Segreto Vaticano, die Biblioteca Apostolica Vaticana und das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien erwähnen. Diese Institutionen mit ihrem je eigenen faszinierenden und stimulierenden genius loci verfügen nicht nur über die bedeutendsten Quellenbestände zum Thema der Beziehungen zwischen Rom und dem Kaiserhof, sondern bieten gleichzeitig ein einzigartiges Forum für das wissenschaftliche Gespräch mit Fachkollegen aus aller Welt. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

X

Vorwort

dieser Einrichtungen, deren Hilfsbereitschaft, Disponibilität und Sachverstand meine Arbeiten wesentlich gefördert haben. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung der Republik Österreich hat den Druck dieser Schrift finanziell gefördert. Allen Verantwortlichen in diesem Hause danke ich für eine in diesen Zeiten nicht selbstverständliche Unterstützung. Martina Fuchs und Alfred Kohler danke ich sehr für ihre Bereitschaft, diese Schrift in die Reihe ‚Geschichte in der Epoche Karls V.‘ aufzunehmen. Besonders erwähnen möchte ich auch dankbar Susanne Wesely und Johannes Kraus, die mich bei der Einrichtung des Textes für den Druck unterstützt haben. Mein abschließender Dank gilt meiner Familie und meinen Freunden, die mich in den letzten Jahren immer mit Interesse und Zuspruch bei meiner wissenschaftlichen Arbeit begleitet und auf vielfältige Weise unterstützt haben, allen voran Stefano Andretta, Elsa Asanger, Stefan Bauer, Elisabeth Garms-Cornides, Christian Gepp, Massimo Carlo Giannini, Silvano Giordano, Anna-Sophia und Thiadhild Goldbrunner, Pina Guarini, Klaus Jaitner, Susanne und Hans Leitner, Stefan Lenk, Bor-Wen Li, Lori Liebelt, Severin Matiasovits, Ulrike Outschar, Pierpaolo Piergentili, Olivier Poncet, Patrizia Porpora, Helga Schmidt, Winfried Schwab OSB, Andrea Sommer-Mathis, Alain Tallon, Carlo Taviani, François-Charles Uginet, Maria Antonietta Visceglia, Susanne und Heinz Zabehlicky. Dieser Band sei meiner Mutter gewidmet. Rom, im November 2012

1

Einleitung Religion und internationale Politik gelten als Leitkategorien historischer Prozesse par excellence. Dies triff t im besonderen Maße auf die Epoche der Konfessionalisierung und der frühmodernen Staatlichkeit zu, in der die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa durch die Folgen der Reformation einer radikalen Revision unterzogen wurden.1 Das bereits vorreformatorisch komplexe Verhältnis zwischen Kaiser und Papst, den ranghöchsten christlichen Herrschern des mittelalterlichen Abendlandes, erfuhr dabei starke Modifikationen. Beide Figuren wurden selbst dem Prozeß der Konfessionalisierung unterworfen, was zu einem neuen Selbstverständnis der je eigenen Position und zu neuen Formen des Umgangs miteinander führte vor dem Hintergrund der konfessionellen und politischen Entwicklung im Reich zwischen dem Augsburger Religionsfrieden und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Die vorliegenden insgesamt 24 Forschungsbeiträge kreisen sämtlich um das Thema des Verhältnisses zwischen Kaiserhof und römischer Kurie und um die Fragen der päpstlichen Reichspolitik zwischen der Mitte des 16. und der Mitte 17. Jahrhunderts. Sie sind drei thematischen Gruppen zugeordnet: I. Kaiser und Papst, II. Rom und die habsburgischen Erbländer, III. Die päpstlichen Nuntien im Reich. Die einzelnen Kapitel basieren weitgehend auf Vorträgen und Studien, die in den vergangenen Jahren in verschiedenen Fachpublikationen in unterschiedlichen Sprachen veröffentlicht wurden. Für die vorliegende Publikation wurden die Texte sprachlich vereinheitlicht, bibliographisch aktualisiert und gegebenenfalls inhaltlich leicht modifiziert. Dabei wurde darauf geachtet, thematische Wiederholungen zu vermeiden, was nicht an allen Stellen wegen des Argumentationsflusses möglich war. Schwer verständliche italienische Quellenzitate wurden v. a. im fortlaufenden Text ins Deutsche übertragen. Anfangs- und Endpunkt der hier behandelten Periode werden markiert durch den Augsburger Religionsfrieden (1555) und den Westfälischen Frieden (1648), den prominentesten Zäsuren bei der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kaiser und Papst in der Frühen Neuzeit. Ihnen ist jeweils ein eigener Beitrag gewidmet [I.1; I.13].

1

Heinz Schilling, Vorwort zu: Konfessioneller Fundamentalismus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600, hg. von Dems. unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner, München 2007 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 70), S. VII.

2

Einleitung

Der Reichsabschied von 1555 und die damit verbundene reichsrechtliche Anerkennung des Luthertums hatten im Zusammenhang mit der von Rom nicht akzeptierten Abdankung Karls V. zu einer Suspendierung der offiziellen Kontakte zwischen Papst Paul IV. und Kaiser Ferdinand I. geführt, die während des gesamten vierjährigen Carafa-Pontifikats andauerte. Erst mit Pius IV. wurde das Institut der ständigen Nuntiatur am Kaiserhof neu begründet. Die ambivalente konfessionelle Haltung des Erzherzogs und präsumtiven künftigen Kaisers Maximilians und die Notwendigkeit, sich mit dem Kaiserhof hinsichtlich der Beendigung des Konzils von Trient zu verständigen, hatten diesen Schritt unausweichlich gemacht [I.2]. Der skizzierte zeitliche Rahmen (1555 – 1648) wird lediglich in zwei Beiträgen ausgeweitet: Der Artikel zum Passauer Vertrag [I.1] versteht sich als eine Analyse der päpstlichen Politik gegenüber dem Reich im Vorfeld des Religionsfriedens von Augsburg (unter Einbeziehung des entscheidenden Reichstags von Augsburg 1555 selbst), ausgehend vom „Geharnischten“ Reichstag von 1547/48. Die in den Kapiteln zur Organisation und Haushaltsführung einer frühneuzeitlichen Nuntiatur [III.5 und III.6] angestellten Überlegungen nehmen hingegen auch die Situation des ausgehenden 17. Jahrhunderts während der Kaiserhofnuntiatur von Francesco Buonvisi mit in den Blick. Aus Sicht der römischen Kurie befand sich das Reich in den Jahrzehnten um 1600 im Zustand der Anarchie. Deutschland war das Land der Häresien schlechthin. Neben den großen antirömischen konfessionellen Bewegungen, dem Luthertum und dem Calvinismus, berichten die Vertreter des Papstes vor Ort, die Nuntien und Legaten, von zahlreichen lokalen Sektenbildungen.2 Nahezu alle Diözesen im Norden und Osten des Reichs waren der katholischen Kirche verloren gegangen, andere waren stark gefährdet.3 Auf Grund der Glaubensspaltung sah Rom die Gefahr einer inneren Auflösung des Reichs. Das Hauptproblem lag nach Ansicht aller kurialen Deutschlandexperten in der Schwäche des Kaisers, der wegen seiner überparteilichen Stellung und verschiedenster Sachzwänge Kompromisse gegenüber den Protestanten eingehen mußte. Um die Missstände im Reich zu beseitigen, formulierte die päpstliche Politik der Zeit als Hauptziel die Restaurierung der katholischen Religion als unabdingbares Fundament der Gesellschaft und damit die Revision des Augsburger Religionsfriedens von 1555.4 Hierzu waren der Verbleib der Kaiserwürde 2

3

4

Finalrelation von Giovanni Stefano Ferreri über seine Nuntiatur am Kaiserhof, Prag, 1607 XII, publiziert in: Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, hg. von Silvano Giordano, 3 Bde., Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 519 f. Vgl. die Übersicht in: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, hg. von Erwin Gatz (Hg.) unter Mitwirkung von Clemens Brotkorb, Berlin 1996, S. 783 – 847. Instruktion für Giovanni Stefano Ferreri, Rom, 1604 I 20, publiziert in: Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 708 – 724, hier S. 709 f.

Einleitung

3

im katholischen Lager und die Stärkung der kaiserlichen Autorität unverzichtbar.5 Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, mit welchem Einsatz die römische Kirche während des gesamten Zeitraums, v. a. während des bedrohlichen habsburgischen Bruderzwists die Sukzession im Reich zugunsten von Erzherzog Matthias6 und anschließend Erzherzog Ferdinand betrieben [I.10] bzw. die katholische Mehrheit im Kurkolleg verteidigt und ausgebaut hat. Nicht genug, dass der Kölner Krieg 1588 mit Waffengewalt zugunsten des katholischen Wittelsbacherprinzen Ernst entschieden worden war: Rom wollte auf Nummer sicher gehen, daß Köln (und auch die benachbarten geistlichen Kurfürstentümer Trier und Mainz) beim alten Glauben blieben und errichtete deshalb noch im Pontifikat Gregors XIII. eine ständige Nuntiatur in Köln als Kontrollinstanz [I.4]. Und 40 Jahre später, als Friedrich V. von der Pfalz nach der Schlacht am Weißen Berg dem Reichsbann verfallen war, ließ Rom keine Gelegenheit ungenutzt, um die pfälzische Kur auf einen katholischen Fürsten zu übertragen und dabei den Aufstieg Bayerns weiter zu fördern (2. Kur!) [I.11]. Alle Kapitel stehen in engem Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Projekt der Erschließung der Korrespondenz der Nuntiatur am Kaiserhof,7 welches das Deutsche Historische Institut in Rom im Bereich der Grundlagenforschung betreibt. Es handelt sich dabei um den diplomatischen Schriftwechsel zwischen den päpstlichen Nuntien und Legaten am Kaiserhof bzw. im Reich und dem römischen Sekretariat, das für die auswärtigen Beziehungen der Kurie zuständig war. Ich selbst habe mich seit Aufnahme meiner Tätigkeit am römischen Institut intensiv mit der Quellengattung der Nuntiaturberichte auseinandergesetzt, v. a. für den Pontifikat Gregors XIII. und die Frühphase der Regierung Rudolfs II. Ein erstes editorisches Ergebnis dieser Beschäftigung habe ich vor wenigen Jahren vorgelegt.8 Die Arbeiten am Folgeband sind abgeschlossen. Er wird in etwa zeitgleich mit dieser Schrift erscheinen.9 Als wichtige archivalische Ergänzung zur III. Abteilung der Nuntiaturberichte aus 5

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8

9

Instruktion für Carlo Carafa, Rom, 1621 IV 12, publiziert in: Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum) S. 602 – 642, hier S. 613 f. Jan Paul Niederkorn, Papst, Kaiser und Reich während der letzten Regierungsjahre Kaiser Rudolfs II. (1605 – 1612), in: Alexander Koller (Hg.), Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. Borghese (1605 – 1621), Tübingen 2007 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 115), S. 83 – 99. Jan Paul Niederkorn, Die Berichte der päpstlichen Nuntien und der Gesandten Spaniens und Venedigs am kaiserlichen Hof aus dem 16. und 17. Jahrhundert, in: Josef Pauser, Martin Scheutz, Thomas Winkelbauer (Hgg.), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16. – 18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, Wien-München 2004 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsbd. 44), S. 94 – 107. Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003. Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012.

4

Einleitung

Deutschland konnten in Band 80 der „Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken“ die Weisungen des päpstlichen Kurie an den Nuntius Portia für das Jahr 1577 veröffentlicht werden, welche weder im Vatikanischen Archiv als Konzepte noch im Archivio di Stato von Udine im Original, sondern lediglich durch einen Überlieferungszufall abschriftlich im Archiv des Deutschen Historischen Instituts erhalten sind.10 So wichtig die Bereitstellung von Quellen in wissenschaftlicher Methode (Textsicherung, Textkritik, Sachkommentar) an sich ist, so besteht doch gleichzeitig die Aufgabe und der Anspruch der historischen Wissenschaft, die zur Verfügung gestellten Dokumente im Kontext aktueller wissenschaftlicher Debatten auszuwerten und ihren Quellenwert zu bestimmen. Ich habe deshalb über die eigene editorische Beschäftigung mit den Archivalien hinaus immer wieder zu zeigen versucht, welche Fülle von Themen aus den unterschiedlichsten historischen Teildisziplinen mit dieser Quellengattung zu bearbeiten ist. Die in diesem Sammelband enthaltenen Beiträge beleuchten auf dieser Grundlage die wesentlichen Aspekte der Beziehungen zwischen Kaisertum und Papsttum im Jahrhundert zwischen Augsburg (1555) und Münster (1648). Das hochkomplexe Verhältnis zwischen Rom und dem Kaiserhof wurde dabei auf der einen Seite determiniert durch die politischen und religiösen Funktionen des päpstlichen Amtes,11 die nicht immer miteinander vereinbar waren [I.12], und auf der anderen Seite durch die verschiedenen Interessenslagen des Kaisers, bei dem als Reichsoberhaupt und Fürst eines bedeutenden Landeskomplexes Reichskompetenzen und territoriale Belange gebündelt waren, die durch dynastische und konfessionelle Komponenten zusätzlich beeinflußt wurden. Zu den bilateralen Beziehungen zwischen Kaiser und Papst vor dem Hintergrund der sich stark verändernden konfessionellen Verhältnisse im Reich und in Europa in der ersten Hälfte der Frühen Neuzeit wurden in jüngerer Zeit zahlreiche Arbeiten vorgelegt. Wichtige neue Forschungsansätze und -ergebnisse haben unseren Blick auf die Periode und die Fragestellung selbst erweitert und verdichtet. Im folgenden möchte ich kurz die wichtigsten Impulse charakterisieren, welche die Debatte in den letzten 50 Jahren erfahren hat und die gleichzeitig den Forschungskontext benennen, in welchem die vorgelegten Studien zu verorten sind. Heinrich Lutz und Konrad Repgen haben sich etwa zeitgleich während der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts in grundlegenden Studien, aber mit unterschiedlichen Ansätzen, zum Verhältnis von Kaiser und Papst und zur römischen Politik gegenüber dem Reich im 16. und 17. Jahrhundert geäußert.12 Lutz analysierte die durch die Re10

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Alexander Koller, Bartolomeo Porcias Kölner Mission 1577. Abschriften der Weisungen des Staatssekretärs Gallio im Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 80 (2000), S. 453 – 494. Paolo Prodi, Il sovrano pontefice. Un corpo e due anime: la monarchia papale nella prima età moderna, Bologna 1982 (Annali dell’Istituto italo-germanico, Monografia 3). Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552 – 1556), Göttingen 1964; Konrad Repgen, Die

Einleitung

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form Luthers veränderten politischen Rahmenbedingungen und die konfessionellen Konflikte der Zeit quasi „von vorn“ ausgehend von den konfessionellen und politischen Umbrüchen um die Mitte des 16. Jahrhunderts und unter starker Berücksichtigung des internationalen Kontextes (Antagonismus Habsburg – Valois). Repgen hingegen rollte den konfessionellen Antagonismus Rom – Reich aus der Perspektive von 1648 auf, also mit dem Westfälischen Frieden und dessen Ablehnung durch Rom im Mittelpunkt der Überlegungen und v. a. mit Fokussierung auf das Reich und die reichsrechtlichen Implikationen des Glaubenskampfes. Beide Monographien basierten in hohem Maße auf vatikanischen Quellen, allen voran auf Dokumenten aus dem Bereich der Nuntiaturen (Berichte, Memoranden, Instruktionen). Beide konnten somit vom Editionsunternehmen der Nuntiaturberichte aus Deutschland profitieren, dem ältesten Projekt des Deutschen Historischen Instituts in Rom im Bereich der Grundlagenforschung. Schon Leopold von Ranke hatte 1830 für seine Geschichte der Päpste Nuntiaturkorrespondenzen benutzt und zentrale Dokumente im Anhang seiner Darstellung veröffentlicht – soweit er in den römischen Adelsarchiven Material fand (das päpstliche Archiv war zu seiner Zeit für Forscher noch unzugänglich). Durch die Öffnung des Vatikanischen Archivs durch Leo XIII. 1881 und die Errichtung einer Königlich Preußischen Historischen Station (der Vorgängereinrichtung des Deutschen Historischen Instituts) im Jahr 1888 war schließlich der Weg frei für eine systematische Erforschung der deutschen Nuntiaturen der Frühen Neuzeit, an der sich auch österreichische und tschechische Historiker im institutionellen Rahmen ihrer eigenen römischen Forschungseinrichtungen beteiligten. Die im Vatikan überlieferten Nuntiaturakten bilden dank ihrer chronologischen Geschlossenheit nicht nur eine einzigartige Quellensammlung zur politischen und kirchlichen Entwicklung im deutschen Raum während des 16. und 17. Jahrhunderts, sie geben auch Aufschluß über die europäische Politik des Papsttums und über Geschichte sowie Eigenart des päpstlichen Gesandtschaftswesens.13 Sie bilden mithin (unter diesem Aspekt allenfalls vergleichbar mit den venezianischen Gesandtschaftsakten) den umfassendsten und geschlossensten Quellenkomplex, der Historikern für die Analyse der europäischen Politik und Konfession während der Frühen Neuzeit zur Verfügung steht. Ungeachtet nationaler Verengungen der Forschung im ausge-

13

Römische Kurie und der Westfälische Friede. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17. Jahrhundert, Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 1521 – 1644, 2 Teile (Darstellung; Analekten und Register) 5, Tübingen 1962 – 1965 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 24). Die wichtigsten Stellungnahmen zu diesem Unternehmen: Heinrich Lutz, Die Bedeutung der Nuntiaturberichte für die europäische Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 53 (1973), S. 152 – 167; Wolfgang Reinhard, Nuntiaturberichte für die deutsche Geschichtswissenschaft? Wert und Verwertung eines Editionsunternehmens, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 208 – 225.

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Einleitung

henden 19. Jahrhundert14 und der großen Konjunktur sozialgeschichtlicher Fragestellungen im 20. Jahrhundert konnten sich die Nuntiaturberichte als Forschungsfeld fest etablieren.15 Seit einigen Jahren hat sich durch die Beschäftigung mit den päpstlichen Hauptinstruktionen – quasi als „Tochterunternehmen“ der Nuntiaturberichte – ein neuer Schwerpunkt der Aktivitäten des Deutschen Historischen Instituts ergeben. Die Idee, sich neben der Edition von Nuntiaturberichten in Zukunft verstärkt der Aufnahme und Bearbeitung der päpstlichen Hauptinstruktionen zuzuwenden, wurde Anfang der 70er Jahre geboren. Vor dem Hintergrund der Krise der historiographie événementielle und des damit verbundenen rückläufigen Interesses an diplomatischen Quellen diskutierten einige Spezialisten (Mitglieder der nationalen historischen Forschungseinrichtungen und Kirchenhistoriker) am Deutschen Historischen Institut 1971 im Rahmen eines Kolloquiums über die Zukunft der Edition von Nuntiaturberichten, die von diesem Trend stark betroffen war.16 Bei dieser Gelegenheit regte der französische Neuzeithistoriker Pierre Blet eine systematische Publikation der päpstlichen Instruktionen an.17 Er war überzeugt, daß die Beschäftigung mit dieser Quellengattung die Möglichkeit beinhalte, die großen Tendenzen und Inhalte der päpstlichen Politik in einer Kernphase der Frühen Neuzeit neu zu bestimmen.18 In der Tat mußte ein solches Unternehmen als Gegenstück und Ergänzung zu den venezianischen Finalrelationen, auf deren Quellenwert ebenfalls der bereits genannte Ranke hingewiesen hatte, reizvoll und nützlich erscheinen. Allerdings fallen die Unterschiede beider Quellengattungen sofort ins Auge. Während die venezianischen Finalrelationen die Mission n a c h Abschluß derselben resümieren und zwar aus der Perspektive der Diplomaten, definieren die Hauptinstruktionen die großen Linien der Gesandtschaft v o r Beginn aus Sicht der Zentrale (d. h. des für die Außenbeziehungen der Kurie verantwortlichen Staatssekretariats). Klaus Jaitner, der 1983 mit der Edition der Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. Aldobrandini (1592 – 1605) den Pilot-Band zu dieser neuen Serie der Instructiones Pontificum Romanorum vorgelegt hat,19 verließ die bisher in der Nuntiaturforschung 14

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Georg Lutz, Die Nuntiaturberichte und ihre Edition, in: Reinhard Elze, Arnold Esch (Hgg.), Das Deutsche Historische Institut 1888 – 1988, Tübingen 1990 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 70), S. 87 – 121, hier S. 98 – 101. Einen Überblick über einschlägigen Forschungen bietet der bibliographische Anhang des Tagungsbandes: Koller, Kurie und Politik, S. 413 – 493. Die Referate sind publiziert in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 53 (1973), S. 152 – 275 bzw. als Separatdruck: Nuntiaturberichte und Nuntiaturforschung. Kritische Bestandsaufnahme und neue Perspektiven, hg. vom Deutschen Historischen Institut, Roma 1976. Vgl. das Vorwort von Georg Lutz zu: Das Papsttum, die Christenheit und die Staaten Europas 1592 – 1605. Forschungen zu den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., hg. von Dems., Tübingen 1994 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts 66), S. X. Vgl. Georg Lutz, Le ricerche internazionali sulle nunziature e l’edizione delle istruzioni generali di Clemente VIII (1592 – 1605), in: Paolo Vian (Hg.), L’Archivio Segreto Vaticano e le ricerche storiche, Roma 1983, S. 167 – 180, hier S. 170. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII.

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übliche diachrone und zudem geographisch oder, anders ausgedrückt, „national“ begrenzte Perspektive und öffnete den Blick auf ganz Europa bzw. auf den gesamten orbis catholicus in einem synchronen Zugriff. Die umfassende Einleitung lieferte zudem umfangreiches prosopographisches Material zu den Nuntien.20 Die Ergebnisse dieser Studien waren 1985 Gegenstand eines internationalen Kolloquiums.21 1997 folgte die Publikation der Hauptinstruktionen Gregors XV. Ludovisi (1621 – 1623).22 Die Folge-Edition von Silvano Giordano23 schloß 2003 die Lücke zwischen den beiden von Jaitner bearbeiteten Pontifikaten und eröffnete die Möglichkeit, neben der Beschäftigung mit den 16 Jahren Regierung Pauls V. Borghese (1605 – 1621) die größeren Entwicklungslinien der päpstlichen und kurialen Politik um 1600 in den Blick zu nehmen, um so Kontinuitäten bzw. Diskontinuitäten kurialer Politik während der drei Dezennien zwischen dem Beginn der Regierung Clemens’ VIII. (1592) und der Urbans VIII. (1623) aufzuzeigen.24 Parallel zu der gezeigten Entwicklung auf dem Gebiet der Erschließung und Bearbeitung des Quellenmaterials haben prosopographische, behördengeschichtliche, mentalitäts- und alltagsgeschichtliche Ansätze in den letzten Jahren in die Forschungen zur päpstlichen Außenpolitik Eingang gefunden. Für die prosopographische Durchdringung des für die Außenbeziehungen entwickelten kurialen Apparats wurde bereits auf die einschlägigen Arbeiten von Jaitner und Giordano verwiesen. Wichtige Ergänzungen und Erweiterungen gingen von systematischen Untersuchungen zur inneren Organisation einzelner Nuntiaturen wie etwa von Michael F. Feldkamp25 und Urban Fink 26 bzw. zum Zeremoniell von Elisabeth GarmsCornides27 aus. 20 21 22 23 24

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Ergänzt durch: Klaus Jaitner, Der Hof Clemens’ VIII. Eine Prosopographie, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 84 (2004), S. 137 – 331. Lutz, Das Papsttum, die Christenheit. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V. Auch die Ergebnisse der Arbeiten Giordanos gaben den Anlaß zu einem wissenschaftlichen Symposion, dessen Beiträge mittlerweile vorliegen: Koller, Außenbeziehungen der römischen Kurie. Studien und Texte zur Geschichte der Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv. Eine behördengeschichtliche und quellenkundliche Untersuchung; Bd. 2: Dokumente und Materialien über Jurisdiktion, Nuntiatursprengel, Haushalt, Zeremoniell und Verwaltung der Kölner Nuntiatur (1584 – 1794); Bd. 3: Inventar des Fonds „Archivio della Nunziatura di Colonia“ im Vatikanischen Archiv; Bd. 4: Instruktionen und Finalrelationen der Kölner Nuntien (1651 – 1786), Città del Vaticano 1993 – 2008 (Collectanea Archivi Vaticani 30 – 33). Die Luzerner Nuntiatur 1586 – 1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz, Luzern-Stuttgart 1997 (Collectanea Archivi Vaticani 40, Luzerner Historische Veröffentlichungen 32). Elisabeth Garms-Cornides, Liturgie und Diplomatie. Zum Zeremoniell des Nuntius am Wiener Kaiserhof im 17. und 18. Jahrhundert, in: Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, hg. von Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller, Wien 2006 (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 125 – 146.

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Mittlerweile wurden auch Versuche unternommen, die Methoden der historischen Anthropologie mit Fragestellungen aus dem Bereich der politischen Geschichte und der internationalen Beziehungen zu verknüpfen.28 Für die päpstlichen Diplomaten, die Vertreter des Papstes in seiner Doppelfunktion als weltlicher Monarch und geistliches Oberhaupt der Kirche, stellte das Reich in der Frühen Neuzeit eine ganz besondere Herausforderung dar. Anders als bei den päpstlichen Vertretungen in den Staaten der Apenninhalbinsel (Neapel, Savoyen, Toskana, Venedig) und in den anderen romanischen Ländern (Frankreich, Spanien Portugal) hatten die im Reich aktiven Nuntien nicht nur die heikle Aufgabe, die Rechte und Interessen der römischen Kirche im Kernland der Reformation zu verteidigen. Der germanische Kulturraum trat den römischen Emissären bedingt durch Unterschiede bei den klimatischen Verhältnissen, den Lebensgewohnheiten oder der Sprache als nicht vertraute Gegenwelt gegenüber. Die bereits in der Vergangenheit bestehenden Differenzen zwischen den beiden Räumen war durch die Verbreitung der Lehre Luthers weiter verstärkt geworden. Gleichzeitig erfolgte im Zuge der Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert und der Wahl von ausnahmslos Italienern zu Päpsten ab 1523 die weitgehende Italienisierung des Papsthofes und der Kurie mit Rückwirkungen auf die Nuntien und deren Stellung, wechselseitige Wahrnehmung und Arbeitsabläufe (Verwendung des Italienischen als alleinige Sprache der Nuntiaturkorrespondenz durchgängig seit der Mitte des 16. Jahrhunderts!). Ausgehend von der intensiven eigenen Beschäftigung mit dem einschlägigen Nuntiaturmaterial, aber auch unter Bezugnahme auf andere Quellengattungen (Diarien, Reiseberichte, Testamente, Leichenpredigten) konnten wichtige Aspekte der päpstlichen Kaiserhofvertretung und ihrer Inhaber in Einzelstudien durchleuchtet werden: Profil und Aufgabenstellung [III.1], Nuntienkarriere [III.2], Haushaltsorganisation [III.5], Alltag, Lebenswelt und Differenzerfahrungen [III.6]. Am Beispiel einer jesuitischen Leichenpredigt konnte zum ersten Mal im Kontext der aktuellen Forschungen29 eine Trauerrede auf einen Nuntius analysiert und damit ein Beitrag zum bislang unbearbeiteten Thema der Nuntienpanegyrik geleistet werden [III.7]. Neben diesen neueren thematischen Ansätzen bleibt der biographische Zugriff bei diesem Forschungsfeld weiterhin wichtig und notwendig [III.3, III.4].30

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Peter Burschel, Das Eigene und das Fremde, in: Koller, Kurie und Politik, S. 260 – 271; Michael Rohrschneider, Arno Strohmeyer (Hgg.), Wahrnehmungen des Fremden, Differenzerfahrungen von Diplomaten im 16. und 17. Jahrhundert, Münster 2007 (Schriftenreihe zur Erforschung der Neueren Geschichte 31). U. a. Birgit Boge, Ralf Georg Bogner (Hgg.), Oratio funebris. Die katholische Leichenpredigt der frühen Neuzeit. Zwölf Studien, mit einem Katalog deutschsprachiger katholischer Leichenpredigten in Einzeldrucken 1576 – 1799 aus den Beständen der Stiftsbibliothek Klosterneuburg und der Universitätsbibliothek Eichstätt, Amsterdam 1999 (Chloe 30); Rudolf Lenz (Hg.), Leichenpredigten als Quelle historischer Wissenschaften, Bd. 4, Stuttgart 2004 (Marburger Personalschriften-Forschungen 39). Vgl. auch Alexander Koller, Art. Lippomano, Luigi und Minuccio Minucci, in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 65 bzw. 74, Roma 2005 bzw. 2010, S. 243 – 246 bzw. 710 – 714.

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Die ständige und effizient arbeitende Einrichtung der päpstlichen Vertretung am Kaiserhof, die im 16. Jahrhundert im Zuge des Aufbaus des modernen Nuntiatursystems entstand, hatte auf der kaiserlichen Seite keine Entsprechung. Für die Zeit zwischen 1555 und 1648 können verschiedene Formen der kaiserlichen Repräsentanz am römischen Hof festgestellt werden. Neben Ansätzen zu einer ständigen Vertretung lassen sich zahlreiche außerordentliche Missionen belegen, von denen die sogenannten Obödienzgesandtschaften eine besondere politisch-rechtliche und zeremonielle Relevanz besaßen, da sich in ihnen der gesamte päpstliche Anspruch auf Konfirmation der Kaiserwahl widerspiegelte, der sich umso stärker manifestierte, da nach 1530 eine Kaiserkrönung durch den Papst faktisch entfiel [I.6]. Daneben griff der Kaiser immer wieder auf die Praxis zurück, Italiener bzw. Römer mit der Vertretung seiner Interessen zu beauftragen. Wichtige Agenten der kaiserlichen Repräsentanz in Rom waren zudem die spanischen Botschafter, die vom Kaiser nominierten Rotarichter31 und die Kardinalprotektoren für das Reich und die habsburgischen Erbländer.32 Dasselbe Ungleichgewicht, das sich für die beiden Institutionen selbst festmachen läßt, hat auch für die historiographische Bearbeitung dieser bedeutenden diplomatischen Vertretungen zu gelten. Während mit den veröffentlichten Korrespondenzen und Hauptinstruktionen für die wissenschaftliche Beschäftigung der Nuntiaturen mittlerweile eine breite und solide Quellengrundlage besteht, gibt es für die kaiserliche Gesandtschaft in Rom keine vergleichbaren Publikationen. Eine umfassende monographische Darstellung der kaiserlichen Diplomatie im Rom der Frühen Neuzeit, wie sie kürzlich für Bayern erarbeitet werden konnte,33 ist weiterhin ein Desiderat der Forschung. Wichtige Einzelbeiträge wurden von Irene Fosi,34 Gerhard Rill35 und Elisabeth Springer 36 vorgelegt, die unserer Kenntnis über die Inhalte und Methoden der kaiserlichen Politik am römischen Hof erweitert haben. Insgesamt aber muß die kaiserliche Repräsentanz in Rom während der ersten Hälfte der Frühen Neuzeit als nicht so gut erforscht gelten wie umgekehrt die päpstliche Diplomatie am Kaiserhof für denselben Zeitraum. 31 32

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Richard Blaas, Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11 (1958), S. 37 – 152. Neben der älteren Studie von Josef Wodka, Zur Geschichte der nationalen Protektorate der Kardinäle an der römischen Kurie, Innsbruck 1938 (Publikationen des Österreichischen Historischen Instituts in Rom 4), hierzu jetzt: Martin Faber, Scipione Borghese als Kardinalprotektor. Studien zur römischen Mikropolitik in der Frühen Neuzeit, Mainz 2005 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 204, Abt. Abendländische Religionsgeschichte), S. 207 – 256. Bettina Scherbaum, Die bayerische Gesandtschaft in Rom in der frühen Neuzeit, Tübingen 2008 (Biblitohek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 116). Irene Fosi, La famiglia Savelli e la rappresentanza imperiale a Roma nella prima metà del Seicento, in: Kaiserhof – Papsthof, S. 67 – 76. Gerhard Rill, Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Heiligen Stuhl 1560 – 1572, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13 (1960), S. 1 – 106. Elisabeth Springer, Die Brüder Ridolfi in Rom. Habsburgische Agenten im Schatten des Bruderzwistes, in: Dies., Leopold Kammerhofer (Hgg.), Archiv und Forschung. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in seiner Bedeutung für die Geschichte Österreichs und Europas, München 1993 (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 20), S. 78 – 95.

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Von allen neueren Forschungsdebatten und -diskursen kommt dem Konfessionalisierungsparadigma mit seinen verschiedenen Entwicklungsstufen in unserem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Basierend auf einem Aufsatz von Ernst Walter Zeeden in der „Historischen Zeitschrift“ von 195837 haben Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling die Theorie Ende der 70er Jahre unabhängig voneinander parallel entwickelt.38 Im Kern betont das Konfessionalisierungsmodell die Parallelität in der Entwicklung des katholischen, lutherischen und reformierten Bekenntnisses mit ihren sozialdisziplinierenden Auswirkungen auf weite Teile der Gesellschaft. Darüber hinaus würdigt sie die Rolle der Konfessionalisierung bei der Ausbildung der modernen Staaten und bei der Ausformung des neuzeitlichen internationalen politischen Systems. Der Prozeß der Konfessionalisierung hatte zwangsläufig auch gravierende Auswirkungen auf die Figur des Kaisers und des Papstes. Durch die veränderten politischen und konfessionellen Verhältnisse nach dem Augsburger Religionsfrieden war der Kaiser zum Oberhaupt eines bikonfessionellen Reichs geworden war. Dieser Umstand konditionierte das künftige Handeln der Kaiser schon allein im Hinblick auf die Sicherung der Sukzession der kaiserlichen Regierung für das eigene Haus. Selbst Rudolf II., der sich in der Frühphase seiner Herrschaft am eigenen Hof dezidiert katholisch gab [I.5] und sich von der liberalen, mit Zugeständnissen an die protestantischen Stände operierenden Religionspolitik seines Vaters Maximilian in den Erblanden abwendete, verfolgte als Kaiser einen überkonfessionellen Kurs. Dies läßt sich besonders signifikant an der kaiserlichen Obödienzgesandtschaft von 1577 ablesen [I.6], wo sich Rudolf weder als Kaiser noch als König von Böhmen und Ungarn oder als Territorialherr der österreichischen Erbländer dazu verstand, seinen Gehorsam gegenüber Papst und Kirche zu erklären, sondern lediglich als Privatperson. Gleichzeitig, spätestens aber mit der Beendigung des Konzils von Trient (1563), vollzog sich die Konfessionalisierung der Kurie mit entsprechenden Auswirkungen auf die Außenbeziehungen der Päpste. In dem für die Beziehungen zum Reich bedeutsamen Pontifikat Gregors XIII. kam es zu einer signifikanten Modifizierung der Beziehungen zum Kaiserhof, indem die bisher allein für das Reich zuständige päpstliche Vertretung in Prag bzw. Wien aus konfessionspolitischen Erwägungen eine Ergänzung durch die Einrichtung neuer Nuntiaturen im deutschen Raum (Bayern, Innerösterreich, Köln) erfuhr. Von diesen in den 1570er Jahren aufgenommenen bilateralen Beziehungen zwischen der Kurie 37 38

Ernst Walter Zeeden, Grundlagen und Wege der Konfessionsbildung im Zeitalter der Glaubenskämpfe, in: Historische Zeitschrift 185 (1958), S. 249 – 299. Vgl. die grundlegenden Studien von Wolfgang Reinhard, Konfession und Konfessionalisierung in Europa, in: Ders. (Hg.), Bekenntnis und Geschichte. Die Confessio Augustana im historischen Zusammenhang, München 1981, S. 165 – 189 und Heinz Schilling, Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland zwischen 1555 und 1620, in: Historische Zeitschrift 246 (1988), S. 1 – 45; zusammenfassend: Heinz Schilling, Die Konfessionalisierung von Kirche, Staat und Gesellschaft – Profil, Leistung, Defizite und Perspektiven eines geschichtswissenschaftliches Paradigmas, in: Ders., Wolfgang Reinhard (Hgg.), Die katholische Konfessionalisierung, Münster 1995 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 135), S. 1 – 49.

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und einigen katholischen Reichsfürsten profitierten beide Seiten: Rom konnte mit Hilfe der Landesherren in den jeweiligen Territorien das tridentinische Reformprogramm umsetzen, die Landesfürsten ihrerseits und ihre Höfe erfuhren eine protokollarische Aufwertung durch die Anwesenheit eines päpstlichen Gesandten, der sonst nur an den großen politischen Zentren Europas anzutreffen war. Gleichzeitig relativierte sich die Bedeutung der Kaiserhofnuntiatur in konfessioneller Hinsicht [I.4]. Im Gegenzug erhöhte sich der erbländische Anteil der Agenda der Nuntiaturen am Kaiserhof. Ein Blick auf die päpstlichen Hauptinstruktionen für den Kaiserhof um 1600 zeigt, daß die Aufträge für Böhmen, Ungarn und die österreichischen Erbländer einen eigenen Stellenwert besaßen.39 Die für diese Territorien formulierte päpstliche Politik war stark konfessionell, d. h. auf die katholische Reform und die Verteidigung der Interessen der römischen Kirche abgestellt. Im Rahmen der hier vorgelegten Schriften konnten die konfessionspolitischen Strategien der römischen Kurie und ihrer Vertreter am Kaiserhof in jener Zeit im Hinblick auf Böhmen [II.1] und das Teilterritorium der Lausitzen [II.2] sowie für Ungarn [II.3] nachgezeichnet werden. Ein weiterer Beitrag behandelt das besondere Problem der Präsenz italienischer Ordensleute in österreichischen Konventen in jener Periode, die auf Grund der angespannten allgemeinen konfessionellen Lage und unterschiedlicher Mentalitäten und Wahrnehmungsmuster zu „protonationalen“ Konflikten führte [II.4]. Der Begriff der Reformnuntiaturen,40 der in jüngerer Zeit in Zusammenhang mit der Entwicklung der päpstlichen Nuntiaturen gegen Ende des 17. Jahrhunderts in der Forschung begegnet, beschreibt allerdings nicht die ganze Dimension des Systems der nachtridentinischen päpstlichen Außenpolitik, da nach wie vor neben konfessionellen und kirchlichen Themen politische Fragen auf der Agenda der Nuntien verblieben – entsprechend der Doppelnatur des päpstlichen Amtes. Trotzdem kann von einer weitgehenden Konfessionalisierung der Nuntiaturen gesprochen werden, denn der fortschreitende Reformprozeß bewirkte bei der Aufgabenstellung eine Verschiebung der Gewichte zugunsten konfessioneller Fragen und führte zu einer Klerikalisierung der Nuntiaturen. Mit anderen Worten, die Nuntien wurden jetzt auch zu auswärtigen Agenten der Päpste für das tridentinische Reformprogramm, ohne daß freilich der politische Aspekt der Missionen aufgegeben wurde. Das päpstliche Nuntiaturwesen im Reich, wie es uns vollständig gegen Ende des 16. Jahrhunderts vor Augen tritt, war jedenfalls eine direkte Antwort Roms auf die protestantische Reform und die reichsrechtliche Anerkennung der Confessio Augustana von 1555 [III.1]. Durch die fortschreitende dogmatische Verengung der Kurie verloren die Nuntien jedoch über die Konfessionensgrenzen hinaus stark an politischem Gewicht, wie 39

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Vgl. beispielsweise die Instruktion für Ottavio Santacroce von 1581 (ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 116r – 121r, 123r – 126v), Cesare Speciano von 1592 oder Giovanni Battista Salvago 1610, publiziert bei Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 53 – 79 bzw. Giordano Istruzioni generali di Paolo V, S. 668 – 688. Michael F. Feldkamp, Die europäischen Nuntiaturen in der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der Luzerner Nuntiatur, in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte /Revue d’histoire ecclésiastique suisse 88 (1994), S. 43 mit Anm. 72.

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sich sehr gut an den zahlreichen päpstlichen Mediationen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts,41 v. a. bei den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück, belegen läßt, wo Venedig und der Papst als Vermittler auftraten, die venezianische Gesandtschaft sich allerdings als überlegener und flexibler erwies, da der Botschafter der Seerepublik Alvise Contarini direkt mit protestantischen Kollegen verhandeln konnte. Der Nuntius Fabio Chigi hingegen konnte – wenn überhaupt – den Kontakt nur über Dritte suchen. Bei der Umsetzung der kurialen Friedensziele scheiterte Chigi völlig. Papst Innozenz X. lehnte den erreichten Frieden demonstrativ ab.42 Es wäre allerdings verfehlt, wie oft in der älteren Fachliteratur behauptet wird, von einem definitiven Abgang des Papsttums als Hauptakteur von der europäischen politischen Bühne zu sprechen und im Jahr 1648 die Zäsur anzusetzen, die den dauerhaften politischen Bedeutungsverlust der römischen Kurie markierte. Vielmehr handelte es sich um eine momentane Schwäche der päpstlichen Diplomatie, die allmählich durch die Weiterentwicklung von Elementen und Aspekten des päpstlichen Selbstverständnisses (Stichwort: padre comune-Topos) überwunden werden konnte,43 die bereits in der Zeit vor 1648 in Ansätzen erkennbar war [I.13]. Trotz der starken Ausrichtung der Politik der römischen Kurie nach konfessionellen Kriterien können den Päpsten dieser Zeit keine konfessionsfundamentalistischen Tendenzen unterstellt werden. Der Terminus des Konfessionsfundamentalismus ist vor kurzem durch Heinz Schilling in die Debatte eingeführt worden.44 Der Berliner Historiker hatte vorgeschlagen, diese Bezeichnung auf die Zeit um 1600 an41

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Vgl. Bernard Barbiche, Ségolène de Dainville-Barbiche, La diplomatie pontificale de la paix de Vervins aux traités de Westphalie (1598 – 1648). Permanences et ruptures, in: Lucien Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, Paris 2000, S. 555 – 566; Bernard Barbiche, Les instructions de deux papes florentins aux légats et aux nonces: Des témoignages privilégiés sur l’évolution de la diplomatie pontificale du traité de Vervins à la Paix de Westphalie, in: Christoph Kampmann Maximilian Lanzinner, Guido Braun, Michael Rohrschneider (Hgg.), L’art de la paix. Kongreßwesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens, Münster 2011 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. 34), S. 517 – 528. Konrad Repgen, Die Proteste Chigis und der päpstliche Protest gegen den Westfälischen Frieden (1648/50). Vier Kapitel über das Breve „Zelus Domus Die“, in: Ders., Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, hg. von Franz Bosbach und Christoph Kampmann, Paderborn 1998, S. 539 – 561; Ders., Drei Korollarien zum Breve Zelo domus Dei (26. November 1648): Editionstechnik, Nachdruckgeschichte, Vorgeschichte, ebd. S. 621 – 642. Vgl. auch Stefano Andretta, L’arte della prudenza. Teorie e prassi della diplomazia nell’Italia del XVI e XVII secolo, Roma 2006, hier v. a. das Kapitel 5: Diplomazia pontificia e cerimoniale tra Cinquecento e Seicento: metamorfosi e continuità; Johannes Burkhardt, Abschied vom Religionskrieg. Der Siebenjährige Krieg und die päpstliche Diplomatie, Tübingen 1985 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 61). Auch Sven Externbrink hat sich bei der im März 2009 in Bonn stattgefundenen internationalen Tagung in diesem Sinne geäußert. Vgl. seinen Beitrag im jetzt erschienenen Tagungsband: Vom Frieden zum Krieg. Die päpstliche Diplomatie, Ludwig XIV. und das europäische Staatensystem zwischen dem Friedenskongress von Nimwegen und dem Ausbruch des Neunjährigen Krieges (ca. 1674 – 1689), in: Kampmann, Lanzinner, Braun, Rohrschneider, L’art de la paix, S. 527 – 553. Schilling, Vorwort zu: Konfessioneller Fundamentalismus.

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zuwenden und seine Valenz für die christlichen Konfessionen auszuloten. Daraus ist ein interessanter interdisziplinärer Diskurs entstanden. Schilling ging es v. a. darum, „das Zusammenspiel von Religion und Macht“ zu durchleuchten und „die Rolle der Religion in ihrer frühneuzeitlichen Konkretisierung als Konfession einerseits sowie die frühmoderne Staatenbildung in ihrer innen- wie außenpolitischen Dimension andererseits“ zu bestimmen.45 Was allerdings Papst und Kurie anlangt (andere katholische Institutionen wie etwa die Jesuiten wurden nicht untersucht), konnte gezeigt werden, daß die Konfession keineswegs die alleinige Richtschnur war, an der die päpstliche Politik der Zeit sich ausrichtete. Vielmehr war bei den Päpsten – je nach Pontifikat unterschiedlich ausgeprägt – das machtpolitische und nepotistische Kalkül vorrangig [I.9, I.12], wie jüngere Forschungen zu den internationalen Beziehungen und zur Familienpolitik der Päpste belegt haben. Mit dem Namen Wolfgang Reinhard verbunden sind die Forschungsfelder Mikropolitik und Netzwerkanalyse. Wohl an keinem europäischen Ort, so konstatierte der Freiburger Historiker, lassen sich Themen wie Familie und Klientel, Patronage und Mäzenatentum sowie die Pflege informeller Kontakte exemplarischer aufzeigen als am päpstlichen Hof und der römischen Kurie des 16. und 17. Jahrhunderts mit ihren rasch wechselnden Eliteszenarien und ihren spezifischen Machtstrategien wegen des auf dem Prinzip der Wahlmonarchie beruhenden Herrschaftssystems. Die Erforschung der römischen Mikropolitik wurde von Wolfgang Reinhard vor ca. 40 Jahren aufgenommen, als sich der damalige Stipendiat der Görres-Gesellschaft intensiv mit dem Nepotismus allgemein und im besonderen unter Paul V. beschäftigte. Im Zusammenhang mit diesen Studien erschienen mehrere grundlegende Publikationen zum sozialen Aufstieg der Familie Borghese und zur Papstfinanz, welche die zentrale Rolle des Nepoten im römischen Netzwerk der informellen Beziehungen deutlich machten. Die von Wolfgang Reinhard durchgeführten Untersuchungen zur römischen Politik im beginnenden 17. Jahrhundert unter mikropolitischen Gesichtspunkten lassen sich in ihrem theoretischen Kern zurückführen auf die Methode der Verflechtungsanalyse, die ursprünglich im Bereich der Sozialanthropologie entwickelt und von Reinhard auf die Geschichtswissenschaft angewandt wurde. Knapp umrissen bedeutet Mikropolitik die Schaff ung und (Aus-)Nutzung von persönlichen Loyalitäten, die durch die vier Beziehungstypen Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und klienteläre Bindungen gestiftet werden.46 Die Forschungen zur Mikropolitik in der Frühen Neuzeit haben gezeigt, daß nicht nur im innerstaatlichen Bereich Patronage- und Klientelbeziehungen als Mittel der Politik genutzt wurden. Auch im zwischenstaatlichen Bereich konnte die Förderung von Freunden und „Kreaturen“ sowie die geschickte (Aus-) Nutzung von persönlichen Loyalitäten zur Umsetzung politischer Ziele eingesetzt werden. Wolfgang 45 46

Ebd. S. VII. Wolfgang Reinhard, Amici e creature. Politische Mikrogeschichte der römischen Kurie im 17. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 76 (1996), S. 308 – 334, hier S. 312.

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Reinhard und seine Schüler konnten zeigen, daß während des Pontifikats Pauls V. von der römischen Kurie ein funktionierendes Netzwerk personaler Verflechtungen für das gesamte katholische Europa unterhalten wurde.47 Reinhard selbst stellte jedoch zuletzt fest, daß die mikropolitischen Beziehungen zum Reich auffallend gering entwickelt waren. Er vermutete, daß beide Seiten (konkret Rom und der Kaiserhof, aber auch andere Zentren im Reich) wenig zu bieten hatten, um eine dauerhafte mikropolitische Vernetzung lohnend erscheinen zu lassen. Dies mag für den Pontifikat Pauls V. Borghese gelten. Für die Zeit Pius’ V. und Gregors XIII. ergibt sich jedoch ein anderer Befund. In diesen Pontifikaten förderte die Kurie systematisch zahlreiche Personen am Kaiserhof und versorgte sie mit Einkünften, Posten, Ehrungen, Gnaden und auch Personal (Entsendung von Jesuiten), um eine katholische Konfessionalisierung des Kaiserhofes dauerhaft sicherzustellen, wie am Beispiel der spanischen Partei in Wien und Prag mit Kaiserin Maria an der Spitze und deren engstem Umfeld erhellt werden konnte [I.3, I.5]. Eine starke Konjunktur erlebte in den letzten Jahren auch die Höfe- und Residenzenforschung. Sowohl für Rom48 als auch für den Kaiserhof49 liegen mittlerweile gewichtige Einzelstudien vor. 2003 beschäftigte sich eine historische Fachtagung in Rom mit den Eigenheiten der Höfe von Rom und Prag/ Wien und ihrem Verhältnis zueinander unter Einbeziehung benachbarter Disziplinen (Kunstgeschichte, Musik- und Theaterwissenschaft).50 Als zentrale prosopographische Hilfsmittel können in diesem Zusammenhang Ämterverzeichnisse genannt werden.51 Allerdings ist es angebracht, diese seriellen, eine historische Situation in einer Momentaufnahme festhaltenden Quellen anhand der narrativen, in dichter chronologischer Folge verfaßten Dokumente der Nuntiaturkorrespondenzen gegenzulesen, um zu einem differenzierten Bild zu gelangen [I.5; III.5]. In jüngster Zeit hat sich die historische Forschung – gerade im Zusammenhang mit der Beschreibung der Eigenheiten der frühneuzeitlichen Fürstenhöfe – verstärkt 47

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Vgl. u. a. die Arbeiten von Hillard von Thiessen, Guido Metzler, Julia Zunckel und JanChristoph Kitzler in: Wolfgang Reinhard (Hg.), Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605 – 1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua, Tübingen 2004 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 107). Neben den prosopographischen Studien Jaitners im Zusammenhang der Hauptinstruktionen (vgl. oben) ist v. a. zu verweisen auf: Markus Völkel, Römische Kardinalshaushalte des 17. Jahrhunderts. Borghese – Barberini – Chigi, Tübingen 1993 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 74). Mark Hengerer, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne, Konstanz 2004 (Historische Kulturwissenschaft 3). Kaiserhof – Papsthof. Vgl. in diesem Zusammenhang die weiteren Forschungsaktivitäten des Arbeitskreises zu den Höfen des Hauses Österreich an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie des Instituto Universitario „La Corte en Europa“ der Universidad Autónoma de Madrid. Jaroslava Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576 – 1612, Prag 2002 (Fontes Historiae Artium IX).

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Problemen der politischen Symbolik und des Zeremoniells zugewandt und deren Funktion im politischen sowie sozialen Kontext unterstrichen (für Rom v. a. Maria Antonietta Visceglia).52 In diesem Zusammenhang kommt den in der Frühen Neuzeit ständig wiederkehrenden Präzedenzkonflikten zentrale Bedeutung zu. Durch sie wurden Rang und Prestige der an den Höfen agierenden Personen definiert. Gerade die neuere Forschung konnte deutlich machen, daß es sich bei diesen Zeremonialstreitigkeiten keineswegs um protokollarische Petitessen handelte, sondern um Vorgänge mit nachhaltigen politischen Implikationen. So führte etwa der Zeremonialkonflikt zwischen Kardinal Klesl und den Kurfürsten und Erzherzögen zu erheblichen Verzögerungen bei der Behandlung der Sukzessionen im Reich sowie in Böhmen und Ungarn und brachte letztendlich auch die römische Kurie ungewollt in einen unlösbaren Gegensatz zu Kardinal Klesl [I.10]. Nachdem seit den 60er Jahren verstärkt sozial-, mentalitäts- und wirtschaftshistorische Fragestellungen die geschichtliche Forschung bestimmt hatten, zeichnete sich in den vergangenen Jahre eine Tendenz ab, der historischen Analyse zwischenstaatlicher Beziehungen nicht nur unter politischen Aspekten, sondern auch mit ihren wirtschaftlichen, kulturellen und konfessionellen Konnotationen wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Stellvertretend für die vielen einschlägigen Publikationen sei das von Heinz Duchhardt und Franz Knipping 1997 begründete Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen genannt. Für den uns interessierenden Zeitraum erschienen vor kurzem die von Alfred Kohler53 und Heinz Schilling54 bearbeiteten Bände. Was die politischen Beziehungen der italienischen Staatenwelt des Ancien Régime anlangt, sei u. a. auf den von Daniela Frigo herausgegebenen Sammelband verwiesen.55

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Vgl. u. a. allg.: Gerd Althoff (Hg.), Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800 – 1800, Magdeburg 2009; für den römischen Hof: Maria Antonietta Visceglia, La città rituale. Roma e le sue cerimonie in età moderna, Roma 2002 (La corte dei papi 8) und die Tagungsbände: Dies., Catherine Brice (Hgg.), Cérémonial et rituel à Rome (XVIe – XIXe siècle), Rome 1997 (Collection de l’École Française de Rome 231); Gianvittorio Signorotto, Maria Antonietta Visceglia (Hgg.), La Corte di Roma tra Cinque e Seicento. „Teatro“ della politica europea, Roma 1998 („Europa della Corti“, Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinquecento 84). In Deutschland widmet sich an der Universität Münster der Sonderforschungsbereich 496 (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution) dieser Problematik. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven, in: Zeitschrift für historische Forschung 31 (2004), S. 489 – 527; Dies., Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008. Expansion und Hegemonie. Internationale Beziehungen 1450 – 1559, Paderborn u. a. 2007 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen 1). Konfessionalisierung und Staatsinteressen 1559 – 1660, Paderborn u. a. 2007 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen 2). Politics and Diplomacy in Early Modern Italy. The Structure of Diplomatic Practice, 1450 – 1800, Cambridge 2000 (Cambridge Studies in Italian History and Culture).

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Einleitung

Wie eng international verflochten die päpstlich-kaiserlichen Beziehungen in der Epoche der Konfessionalisierung waren, belegen vier Kapitel dieser Publikation. Während die große Auseinandersetzung des christlichen Westens mit den Türken um 1600 monographisch aufgearbeitet ist,56 konnte die Türkenpolitik Rudolfs II. in der Frühphase seiner Regierung hier im Fall eines in der Forschung bislang unbekannten päpstlichen Bündnisplans gegen das Osmanische Reich aufgezeigt werden [I.8]. Drei Artikel widmen sich der komplexen Reichs- und Kaiserhofpolitik und den Friedensinitiativen der Päpste Gregor XV., Urban VIII. und Innozenz X. [I.11 – 13]. Eine besondere internationale Verdichtung erfuhren die Beziehungen zwischen Kaiser und Papst während des Dreißigjährigen Kriegs. Am Beispiel der päpstlichen Friedensvermittlung von Münster läßt sich auch ablesen, wie stark die aktuelle Forschung zu den internationalen Beziehungen von rezenten Untersuchungen zu Völkerrecht und zum Institut der Friedensvermittlung profitieren kann.57 Einen letzten wichtigen Teilaspekt der päpstlich-kaiserlichen Beziehungen bildet Reichsitalien, ein Thema, das in jüngerer Zeit neuerlich wissenschaftlich beleuchtet wurde,58 nachdem Karl Otmar von Aretin59 die grundlegenden Vorarbeiten v. a. für die zweite Hälfte der Frühen Neuzeit geleistet hatte. Was den reichsitalienischen Aspekt in den Beziehungen zwischen Kaiser und Papst anlangt, so hatte Gerhard Rill auf wesentliche Dissenspunkte im Rahmen seiner umfassenden Studie zu Prospero d’Arco hingewiesen (Reichslehen Pitigliano; Konflikt um die Rangerhöhung Toskanas).60 Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeiten konnten am Beispiel des Reichslehens Borgo di Val di Taro die gegensätzlichen Rechtstandpunkte von Kurie und Kaiserhof aufgezeigt werden, wobei die lehensrechtliche Problematik hier durch einen pikanten Fall päpstlicher Familienförderung angereichert wurde. So hat die jüngste Auswertung der Nuntiaturberichte ergeben, daß sich der bis jetzt in der Forschung als nepotistisch eher unauffällig charakterisierte Gregor XIII. über mehrere Jahre bemühte, das mittelitalienische Reichslehen für seinen Sohn Giacomo zu erwerben [I.7]. 56 57 58

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Jan Paul Niederkorn, Die europäischen Mächte und der „Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs II. (1593 – 1606), Wien 1993 (Archiv für Österreichische Geschichte 135). Vgl. Alexander Koller, Art. Mediation, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 8, Stuttgart-Weimar 2008, S. 213 – 219. Matthias Schnettger, Das Alte Reich und Italien. Ein institutionengeschichtlicher Überblick, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 79 (1999), S. 344 – 420; Ders., „Principe sovrano“ oder „Civitas imperialis“? Die Republik Genua und das Alte Reich in der Frühen Neuzeit (1556 – 1797), Mainz 2006 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 209, Abteilung Universalgeschichte); Ders., Marcello Verga (Hgg.), Das Reich und Italien in der Frühen Neuzeit, Bologna 2006 (Jb. des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient, Beiträge 17). Reichsitalien von Karl V. bis zum Ende des Alten Reiches. Die Lehensordnungen in Italien und ihre Auswirkungen auf die europäische Politik, in: Karl Otmar von Aretin (Hg.), Das Reich. Friedensgarantie und europäisches Gleichgewicht 1648 – 1806, Stuttgart 1986, S. 76 – 163. Rill, Prosper Graf von Arco.

I. KAISER UND PAPST

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1. Der Passauer Vertrag und die Kurie Die Position der römischen Kurie gegenüber dem Passauer Vertragswerk von 1552 scheint auf den ersten Blick keiner großen Darstellung zu bedürfen. Rom, so ließe sich knapp und zugleich umfassend sagen, hatte keinen Anteil an den Verhandlungen und deren Ergebnis. Trotz dieser lapidaren Feststellung erweist sich das Thema selbst bei näherer Betrachtung als sehr komplex, denn die Beziehungen zwischen Papst, Kaiser1 und Reich waren vielschichtig, gerade in den Jahren um 1550.2 Wenn man einen Gegenstand aus dem Bereich der Beziehungen zwischen deutschem Reich und römischer Kurie im 16. Jahrhundert behandeln und dabei auf die reichhaltigen vatikanischen Bestände zurückgreifen möchte, so bietet nach wie vor das klassische Findmittel des Archivio Segreto Vaticano einen ersten möglichen Zugriff: Es handelt sich um das sog. Schedario Garampi, benannt nach dem Archivpräfekten und späteren Nuntius am Kaiserhof und Kardinal, Giuseppe Garampi.3 Dieser hatte in der Zeit, als er das päpstliche Archiv leitete, also von 1751 bis 1772, eine lose Sammlung von über 800 000 Zetteln mit Notizen wichtiger Dokumente erstellt und sie nach bestimmten Kategorien (u. a. Benefizien, Bischöfe) geordnet.4 Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese Schede in 125 Foliobände eingeklebt, und in dieser Form bilden sie noch heute für die Forschung eine bedeutende Fundgrube. Zum Passauer Vertrag finden sich im chronologischen Verzeichnis etwas mehr als 20 Einträge, meist Abschriften des Vertragstextes (der Acta recessus Pataviensis bzw. Articuli concordiae Pataviensis) bzw. weiterer Schriftstücke (Reden von Gesandten, der Propositio des sächsischen Kurfürsten vom 3. Juni, des Briefes Karls V. an den Passauer Konvent vom 31. Juni 1552 aus Villach usw.). Auffälligerweise finden sich mit einer einzigen Ausnahme keine genuin römischen Gutachten oder Stellungnahmen zu Passau, geschweige denn ein päpstlicher Protest. Das einzige bei Garampi verzeichnete Schriftstück von kurialer Seite ist eine Denkschrift des Nuntius Zacca1

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Zu Karl V. vgl. u. a. neben der klassischen Biographie von Karl Brandi, Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches, 2 Bde., München 1937 – 1941, die anlässlich der 500. Wiederkehr der Geburt Karls V. im Jahr 2000 erschienenen Werke von Alfred Kohler, Karl V. 1500 – 1558. Eine Biographie, München 1999, und Ernst Schulin, Kaiser Karl V. Geschichte eines übergroßen Wirkungsbereiches, Stuttgart 1999. Vgl. allgemein Konrad Repgen, Die Römische Kurie und der Westfälische Friede. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17. Jahrhundert, Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 1521 – 1644, 2 Teile (Darstellung; Analekten und Register), Tübingen 1962 – 1965 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 24/25), sowie Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552 – 1556), Göttingen 1964. Vgl. Josef Metzler, Art. Garampi, Giuseppe, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 4, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1995, Sp. 291. Vgl. auch Karl August Fink, Das Vatikanische Archiv. Einführung in die Bestände und ihre Erforschung, 2. Aufl., Rom 1951 [1943], S. 28 – 30, bzw. Germano Gualdo (Hg.), Sussidi per la consultazione dell’Archivio Vaticano. Lo Schedario Garampi – i registri vaticani – i registri lateranensi – le „rationes camerae“ – l’Archivio concistoriale, Città del Vaticano 1989 (Collectanea Archivi Vaticani 17).

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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ria Delfino für den Kardinalnepoten Carlo Carafa, in welcher der Passauer Vertrag eine zentrale Rolle spielt. Auf sie wird noch zurückzukommen sein. Darüber hinaus wird verwiesen auf ein Memorandum von Johann Gropper5 für den Kölner Erzbischof Adolf von Schauenburg über die Möglichkeiten einer Beilegung der Religionsstreitigkeiten in Deutschland (De modo conciliandi dissensiones religionis in Germania).6 Es handelt sich um eine Abschrift, die sich bei den Unterlagen seines Bruders, des Rotaauditors und Kölner Nuntius Kaspar Gropper,7 findet. Johann Gropper vertritt in seinem Gutachten die Ansicht, dass zur Lösung der Religionsfrage Theologengespräche untauglich seien, weil die andere Seite gestärkt werde und sowohl eine gemeinsame Basis für die Disputation wie auch kompetente Richter fehlten. Letzteres treffe auch für die Reichstage zu. Ebenso hätten Nationalkonzilien nur beschränkten Wert. Das Interim findet zudem nach Gropper keine Anerkennung. Nur ein allgemeines Konzil könne weiterhelfen. Zuvor müsste allerdings der Friede zwischen Frankreich und dem Reich hergestellt werden. Allerdings handelt es sich bei dieser Stellungnahme des Beraters von Adolf von Schauenburg nicht um ein kuriales Papier,8 weshalb das zuvor genannte DelfinoGutachten als einzige überlieferte römische Verlautbarung zu Passau zu werten ist. Sollte also Hubert Jedin recht behalten, der in seiner Geschichte des Konzils von Trient schreibt: „Es scheint, dass man in Rom die Tragweite des Passauer Vertrages nicht erfasst hat“.9 Wenn dem so ist, wird man weiter fragen müssen, warum sich dies so verhält. Um diese Fragen zu klären, muss v. a. die Rolle der päpstlichen Vertreter im Reich, also der Nuntien und Legaten, untersucht werden, die die Aufgabe hatten, einerseits gleichsam als Sprachrohr des Papstes die römischen Interessen zu vertreten, andererseits Rom mit möglichst vielen und zuverlässigen Informationen zu versorgen. Die punktuelle Anfrage an das Schedario Garampi kann nun abgeschlossen werden. Für das weitere Vorgehen bietet es sich an, die einschlägigen Bestände auszuwerten, d. h. 5

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Zu ihm vgl. Walter Lipgens, Kardinal Johannes Gropper 1503 – 1559 und die Anfänge der katholischen Reform in Deutschland, Münster 1951 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 75), bzw. Ders., Art. Gropper, Johannes, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 7, Berlin 1966, S. 133 – 136. ASV, Segreteria di Stato, Germania 84, fol. 199r – 200v; Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Cod. H 108 inf., fol. 154r – 159v; Druck: Wilhelm Eberhard Schwarz, Römische Beiträge zu Joh. Groppers Leben und Wirken, in: Historisches Jb. 7 (1886), S. 408 – 412; vgl. auch Heinrich Lutz, Reformatio Germaniae. Drei Denkschriften Johann Groppers (1546, 1558), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 37 (1957), S. 222 – 310. Zu ihm vgl. Christian Grebner, Kaspar Gropper (1514 bis 1594) und Nikolaus Elgard (ca. 1538 bis 1587). Biographie und Reformtätigkeit. Ein Beitrag zur Kirchenreform in Franken und im Rheinland in den Jahren 1573 bis 1576. Münster 1982 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 121). Die Datierung des Gutachtens ist umstritten. Während Lipgens, Kardinal Johannes Gropper, S. 215 und 229, es in das Jahr 1552 datiert, rückt es Lutz, Reformatio, S. 241, Anm. 69, zeitlich näher an den Augsburger Reichstag von 1555 heran. Hubert Jedin, Geschichte des Konzils von Trient, Bd. IV/1, Freiburg i. Br.-Basel-Wien 1975, S. 2.

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I. Kaiser und Papst

in unserem Fall in erster Linie den Fondo Nunziatura di Germania des Staatssekretariats zu verwenden, der die Berichte der ins Reich entsandten Nuntien und die an sie gerichteten Weisungen enthält. Die meisten Stücke liegen bereits gedruckt vor in der I. Abteilung der vom ehemaligen Preußischen, jetzt Deutschen Historischen Institut in Rom herausgegebenen Reihe der Nuntiaturberichte aus Deutschland. Für die Außenvertretung der Kurie waren seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts verstärkt die Nuntien zuständig. Das System der päpstlichen Nuntiaturen wurde im Verlauf dieses von der Glaubenspaltung geprägten Jahrhunderts sukzessive ausgebaut und erreichte mit dem Pontifikat Clemens’ VIII. (1592 – 1605) seine endgültige Ausprägung. Der Einfluss der konfessionellen Frage auf diese Entwicklung kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. So bestimmte die von Deutschland ausgehende Krise u. a. die Einsatzorte, aber auch die Auswahl der Nuntien. Es ist kein Zufall, dass Laien völlig aus dem päpstlichen diplomatischen Dienst verschwanden und nur noch ausgewiesene Theologen mit den Nuntiaturen betraut wurden, ab der Jahrhundertmitte verstärkt im Bischofsrang, oftmals Prälaten, die aktiv am Konzil von Trient teilgenommen hatten. Tendenziell lief alles auf eine Höherbewertung des geistlichen Aspekts gegenüber dem weltlichen bei den Gesandten des Papstes hinaus.10 Im Reich bildete sich zudem in der Zeit zwischen 1521 und 1556 eine Sonderform der päpstlichen Vertretung aus, denn hier kam es zeitweise – bedingt durch die Abwesenheit Karls V. – zu einer Verdoppelung der ständigen deutschen Nuntiatur. Während die Nuntiatur beim Kaiser weiter fortbestand, entschloss sich die Kurie, auf Grund der politischen Gegebenheiten, einen eigenen Vertreter zum Erzherzog bzw. ab 1531 zum römischen König Ferdinand zu entsenden.11 Hinzu kamen außerordentliche Nuntiaturen und sog. Legationen, also päpstliche Gesandtschaften, die von einem Legaten, einem Kurienvertreter im Kardinalsrang in bestimmten Situationen ausgeführt wurden (v. a. im Zusammenhang mit Reichstagen). Doch nun konkret zur Situation der Jahre um 1550, also der Periode, in der in Deutschland auf verschiedenen Reichsversammlungen um die Glaubensfrage gerungen und mehrere vertragliche Abmachungen getroffen wurden, bis schließlich 1555 die Glaubenspaltung reichsrechtlich festgeschrieben wurde. Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Kurie zur Verfügung standen, um diesen Prozess zu begleiten. Oder konkreter formuliert: Waren die päpstlichen Vertreter bei den Verhandlungen anwesend? Wenn ja, welche Rolle spielten sie? Waren sie reine Beobachter oder 10 11

Vgl. Henry Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1), S. 21. Vgl. ebd. S. 101 f. Eine ähnliche Konstellation ergab sich dann wieder Anfang des 17. Jahrhunderts, als Kaiser Rudolf II. im Verlauf des Konflikts mit seinem Bruder Matthias nach und nach an Macht verlor. Die Kurie reagierte umgehend und trug 1608 den veränderten Kräfteverhältnissen in den habsburgischen Erbländern und im Reich mit der Entsendung eines eigenen Nuntius nach Wien zum ungarischen König Matthias Rechnung (unter Beibehaltung der ständigen Nuntiatur am Prager Kaiserhof), vgl. Silvano Giordano (Bearb.), Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, 3 Bde., Tübingen 2002 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 71 f., 173, 586 f.

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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konnten sie auch Einfluss nehmen? Waren sie in der Lage, das Geschehen in ihren ganzen politischen wie rechtlichen Dimensionen zu erfassen? Erhoben sie Protest? Eines dürfte sicher sein: Die Rahmenbedingungen für die Missionen der Nuntien und Legaten war nicht ideal. Eine einheitliche päpstliche Politik ist für diese Periode nicht festzustellen. In die zwischen dem Interim und dem Religionsfrieden von Augsburg liegenden sieben Jahre fallen nicht weniger als vier Pontifikate mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung gegenüber dem Reich: Auf Paul III. (Pontifikatsbeginn: 1534), der gerade in der Schlussphase seiner Regierung wegen seiner Annäherung an Frankreich und seiner offensiven Hauspolitik durch Förderung der Nepoten im Dissens mit Karl V. stand, folgte 1550 der dem Kaiser wohlwollende Julius III., der 1555 von Paul IV. (er regierte bis 1559), einem entschiedenen Gegner Habsburgs, abgelöst wurde.12 Der nur drei Wochen dauernde Pontifikat Marcellus’ II. spielte zwar keine Rolle, führte aber 1555 zu einer zweiten Sedisvakanz und zu einem entsprechenden Machtvakuum gerade während des Augsburger Reichstags. Bevor nun die kuriale Position im Jahr des Passauer Vertrages genauer umrissen wird, sollte zunächst kurz auf das Augsburger Interim von 154813 eingegangen werden. Gleichzeitig zu dem in Deutschland geführten Religionsdialog versuchte die Kurie in jenen Jahren, das Problem der Glaubensspaltung selbst in den Griff zu bekommen. 1545 war nach langwierigen Vorbereitungen schließlich das Konzil von Trient eröffnet worden. Freilich kamen die Arbeiten nur zögernd voran, nicht zuletzt weil Paul III. die Förderung des Reformkonzils seinen politischen Zielen als Souverän des Kirchenstaats und Oberhaupt der Familie Farnese unterordnete.14 Noch vor der Schlacht bei Mühlberg hatte der argwöhnische Paul III. dem Kaiser seine militä12

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Das Verhältnis Karls V. zu den Päpsten seiner Zeit war von Anfang an höchst ambivalent. Eine erste Enttäuschung musste Karl erfahren, als Leo X. (1513 – 1521) die habsburgische Kandidatur bei der Kaiserwahl des Jahres 1519 hintertrieb (Absprachen mit Frankreich und England). Als Kandidat wurde zunächst Franz I. von Frankreich, dann Kurfürst Friedrich „der Weise“ von Sachsen ins Auge gefasst, der pikanterweise Landesherr Martin Luthers war, vgl. Brandi, Kaiser Karl V., Bd. 1, S. 93 – 95; Schulin, Kaiser Karl V., S. 88, und Götz-Rüdiger Tewes, Die Medici und Frankreich im Pontifikat Leos X. Ursachen, Formen und Folgen einer Europa polarisierenden Allianz, in: Ders., Michael Rohlmann (Hgg.), Der Medici-Papst Leo X. und Frankreich. Politik, Kultur und Familiengeschäfte in der europäischen Renaissance. Tübingen 2002 (Spätmittelalter und Renaissance, Neue Reihe 19), S. 11 – 116, besonders S. 102 – 115. Auf Leo X. folgte Adrian von Utrecht, der Erzieher Karls V., als Hadrian VI. (1522 – 1523). Der Pontifikat dauerte nur zwei Jahre, war jedoch geprägt von weitgehendem Konsens zwischen Kaiserhof und Kurie. Während der darauf folgenden Regierung Clemens’ VII. (1523 – 1534) war das Verhältnis zwischen Papst und Kaiser wieder starken Schwankungen unterworfen. Besonders fatal sollte sich das Bündnis zwischen Clemens VII. und Franz I. von 1526 (Liga von Cognac) auswirken, welches im darauffolgenden Jahr zur Katastrophe des Sacco di Roma führte. Vgl. allgemein Horst Rabe, Reichsbund und Interim. Die Verfassungs- und Religionspolitik Karls V. und der Reichstag von Augsburg 1547/1548, Köln-Wien 1971. Vgl. Adriano Prosperi, Il Concilio di Trento e la Controriforma, Trento 1999, S. 31 f.

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I. Kaiser und Papst

rische Hilfe entzogen und das Konzil vom Reichsboden weg in den Kirchenstaat, nämlich nach Bologna verlegt. Während der Kaiser dem Papst dringend nahe legte, diese Entscheidung zurückzunehmen, bat er gleichzeitig um die Entsendung eines päpstlichen Beauftragten, um an der Vereinbarung einer einstweiligen Ordnung der Religionsangelegenheit für Deutschland teilzunehmen.15 Der Kurie war der Gedanke zunächst gar nicht unwillkommen, man hielt es in Rom sogar für möglich, dass dieses Vorgehen die Fortführung des ohnehin ungeliebten Konzils überflüssig machen könnte. Allerdings sollte damit aus Sicht der Kurie kein Macht- und Prestigezuwachs für Karl verbunden sein.16 Als Ort für die Beilegung der konfessionellen Streitsache konnte in dieser Situation für den Kaiser nur der Reichstag fungieren und ein solcher fand 1547 – 48 in Augsburg statt. Auf Grund des Auftretens des Kaisers und seiner aktuellen Machtstellung ging die Versammlung als „Geharnischter Reichstag“ in die Geschichte ein. Das religionspolitische Ergebnis dieses Treffens, das Augsburger Interim, also, wie der Name sagt, eine provisorische Regelung der konfessionellen Frage, war im Auftrag des Kaisers von einer Kommission katholischer und protestantischer Theologen erarbeitet, von Karls engsten Beratern redigiert und schließlich auch noch von spanischen Theologen approbiert worden.17 Der Kaiser sah im Interim einen Religionsfrieden in dem Sinne, dass es eine Vermittlung im Glaubensstreit leistete und in der Zeit, in der das von ihm weiterhin gewünschte Konzil noch nicht funktionsfähig war, einer weiteren Vertiefung der Glaubensspaltung Einhalt gebot.18 Für ihn war wichtig, den Konflikt v. a. dort zu entschärfen, wo seine Machtbasis lag, nämlich im Reich. Nicht beteiligt war hingegen der am Kaiserhof anwesende Legat Francesco Sfondrato,19 ein aus Cremona stammender Jurist, der zunächst in mailändischen, piemontesischen und kaiserlichen Diensten gestanden und dann als Witwer20 die kirchliche Laufbahn einschlagen hatte. 1543 hatte ihn Paul III. zum Bischof von Sarno ernannt, 1544 folgte die Kreierung zum Kardinal.21 Für die Wahl Sfondratos zum Legaten am Kaiserhof sprachen offensichtlich seine guten Kontakte zu Karl V., v. a. seine Tätigkeit als kaiserlicher Kommissar in Siena (1541). Für die zu behandelnden kirchlichen Fragen fehlte dem Diplomaten jedoch eine fundierte theologische Ausbildung. 15

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Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 10: Legation des Kardinals Sfrondrato 1547 – 1548, bearb. von Walter Friedensburg, Berlin 1907, S. XL. Vgl. ebd. S. XLIV. Vgl. Heinz Schilling, Karl V. und die Religion, in: Wim Blockmans (Hg.), Karl V. 1500 – 1558, Köln 2000, S. 354. Vgl. ebd. S. 345. Zu ihm vgl. Friedensburg, NBD, Bd. I/10, S. XXI f. Aus seiner Ehe mit Anna Visconti waren sechs Kinder hervorgegangen, von denen eines, Niccolò, später Papst werden sollte: Gregor XIV., vgl. Agostino Borromeo, Art. Gregorio XIV, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 230 – 240. Vgl. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg, Monasterii 1923, S. 29.

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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Nur nach und nach erhielt Kardinal Sfondrato Kenntnis von einigen Details der Verhandlungen am Augsburger Reichstag.22 Am 27. April 1548 beklagt der Legat, dass bei den zwei wesentlichen Punkten (Kommunion sub utraque spetie und Priesterehe) im Text nicht festgehalten sei, dass eine Entscheidung in diesen Angelegenheiten alleinige Kompetenz des Heiligen Stuhls sei.23 Er hoff te jedoch, dass eine entsprechende Präzisierung hinsichtlich der päpstlichen Prärogativen noch erfolgen werde und gab im übrigen zu verstehen, dass er nur über begrenzte Informationen verfüge. Gegen Ende des Reichstags erhielt Sfrondato Unterstützung durch den neuen Nuntius bei König Ferdinand, Prospero Santacroce.24 Bezeichnend für die Haltung des Kaisers war, dass er Sfondrato und den neu hinzugekommenen Santacroce erst n a c h der entscheidenden Sitzung des Reichstags vom 15. Mai 1548, in welcher das Interim von den protestantischen Ständen angenommen wurde, empfing, was von den päpstlichen Emissären sofort als taktisches Manöver durchschaut wurde.25 Erst am 25. Mai lag Sfondrato der definitive Text des Interims vor; Kritik, nicht vorher unterrichtet worden zu sein, übt der Legat nicht. In völliger Verkennung der Lage, berichtet er beschwichtigend nach Rom, dass es den Protestanten an Respekt gegenüber dem Papst nicht mangele.26 Auch die am 14. Juni im Zusammenhang mit dem 22

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Eine Abschrift der vorgesehenen Übereinkunft (una forma di questo Interim molto longa in scritto di più de 40 carte) war ihm erst Anfang April 1548 übergeben worden, vgl. Friedensburg, NBD, Bd. I/10, S. 295. [...] et quanto alli punti devianti, cioè della comunione sub utraque spetie et coniugio de sacerdoti et diminutione de ieiunii et simili, dove vedano esser necessaria l’authorità della sede apostolica, o che non gli porranno nel decreto o che gli metteranno con qualche risolutione [e] riservatione iustificatoria (ebd. S. 304). Prospero Santacroce entstammte einer römischen Patrizierfamilie. Er hatte wie sein Kollege Sfondrato offensichtlich Jurisprudenz studiert. Denn im Lauf seiner steilen kurialen Karriere, die er 1565 mit dem Kardinalat krönen konnte, erlangte er u. a. das Amt eines Referendars beider Signaturen, welches ein juristisches Doktorat zur Voraussetzung hatte. Santacroce führte für die Kurie zahlreiche Nuntiaturen durch, wobei festgehalten werden sollte, dass Santacroce der einzige Nuntius des 16. Jahrhunderts war, welcher mit einer ständigen Nuntiatur sowohl in Deutschland wie auch in Frankreich betraut wurde (neben einer weiteren ständigen Nuntiatur in Portugal und außerordentlichen Missionen beim Kaiser und in Spanien). In der Regel wurden päpstliche Diplomaten, die in Deutschland zum Einsatz kamen, später nicht nach Frankreich entsandt und umgekehrt. Zu seiner Person vgl. Bernard Barbiche, La nonciature de France aux XVIe et XVIIe siècles: les nonces, leur entourage et leur cadre de vie, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 87. Alain Tallon beabsichtigt, eine Edition zur französischen Nuntiatur von Prospero Santacroce (1561 – 1565) in der von École Française de Rome und Università Pontificia Gregoriana herausgegebenen Reihe der Acta Nuntiaturae Gallicae vorzulegen. [...] finalmente cerca l’audientia di monsignor Prospero mi disse che doppoi le cinque hore saria stato il tempo. nel che si era compreso assai che haveano disegnato di darla doppoi espedito l’atto dell’Interim (Friedensburg, NBD, Bd. I/10, S. 329). [...] et perchè non manco d’ogni diligentia per intendere gli disegni et intentioni di questi di qua, io comprendo che quelli si mostrano più rispettivi alla sede apostolica. presupongano che non si sia posto mano oltra quello conviene alli bisogni de tempi, pretendendo che il detto Interim contenga l’oppinione a chi consentano in parte questi Protestanti, et che Sua Maestà non ha proposto perchè l’approvi, ma, sicome appare per il proemio già mandato, ricerca che li Catholici per niuno modo si

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I. Kaiser und Papst

Interim erlassene Formula reformationis war nicht zuvor mit Rom bzw. den Nuntien abgestimmt worden.27 Von Seiten des Papstes wurde das Interim weder gebilligt (er wurde auch gar nicht darum ersucht), noch durch einen klaren Protest abgelehnt.28 Als Fazit bleibt festzuhalten: Die Rolle der päpstlichen Vertreter am Reichstag in Augsburg 1547/48 war marginal. Sie erhielten nur sukzessiv Informationen über den Inhalt der Vereinbarung. Offensichtlich war auch Sfrondato überfordert. Zu keinem Moment jedenfalls war für die Gesandten aus Rom die Möglichkeit einer Einflussnahme gegeben. Das Ergebnis der Beratungen wurde ihnen als fait accompli präsentiert. Dies waren keine guten Voraussetzungen für eine effiziente kuriale Politik im Jahr 1552, als in Passau ein Vertrag mit weitreichenden Folgen für die konfessionelle Frage im Reich zustande kam. Seit dem Interim waren vier Jahre vergangen, in denen sich die Bedingungen für die päpstliche Deutschlandpolitik grundlegend verändert hatten. Auf Paul III. war, wie bereits erwähnt, zwischenzeitlich Julius III. (1550 – 1555) gefolgt, ein Papst, der der kaiserlichen Politik wohlwollend gegenüberstand. Bei Karl V. andererseits zeichnete sich bereits der definitive Rückzug aus der Reichspolitik ab. Hinzu kam die Bedrohung durch die wiedererstarkten Protestanten nach dem Parteiwechsel des sächsischen Kurfürsten. Das Konzil war inzwischen am ursprünglich vorgesehenen Tagungsort Trient wiedereröffnet worden (zweite Session),29 es sollte sich aber für die Lösung der Glaubensfrage als unpraktikabel erweisen (nicht zuletzt wegen des geringen Echos; v. a. die Abwesenheit der französischen Prälaten war spürbar).30 Im übrigen führten die kriegerischen Ereignisse im Reich im Frühjahr 1552 zu einer erneuten Suspension der Kirchenversammlung.31 Um dies gleich vorauszuschicken: In Passau, wo neuerlich über die Religionsfrage verhandelt und ein folgenreiches Ergebnis erzielt wurde, war kein päpstlicher Vertreter anwesend, und dies obwohl sich zeitweise drei Nuntien im Sommer 1552 auf Reichsgebiet aufhielten. Es handelt sich um Pietro Camaiani und Girolamo Martinengo, akkreditiert beim Kaiser bzw. beim römischen König, und den im Juli 1552 zu Karl V. entsandten außerordentlichen Nuntius Achille de Grassi.

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discostino dalla antica religione, et persuade a quelli ch’ hanno deviato, che ritornino alla medema, et non volendo ridursi, che almeno non trapassino la forma del detto Interim sino alla diffinitione del concilio (ebd. S. 347). Vgl. Repgen, Römische Kurie, Teil 1, S. 68. Am 7. Juni schreibt Sfondrato non ho inteso la substantia di tal reformatione (Friedensburg, NBD, Bd. I/10, S. 366). Vgl. auch ebd. S. 374 und 382 f. Repgen, Römische Kurie, Teil 1, S. 68. Vgl. Gerhard Müller, Art. Tridentinum, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 34, BerlinNew York 2002, S. 62 – 74, hier S. 68 f. Vgl. Alain Tallon, La France et le concile de Trente (1518 – 1563), Rome 1997 (Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome 295), S. 219 – 247; 491 – 516. Vgl. Prosperi, Concilio, S. 33.

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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Wenden wir uns zunächst Pietro Camaiani32 zu, der den Kaiser im Mai 1552 auf seiner Flucht vor den protestantischen Truppen nach Villach begleitete und auch dort an seiner Seite blieb. Camaiani entstammte einer aretinischen Patrizierfamilie und war wie Francesco Sfondrato zunächst in weltlichen Diensten gestanden, d. h. in denen des Herzogs der Toskana, Cosimo de’ Medici. Über seine Studien ist wenig bekannt, doch dürfte er über eine einschlägige juristische Ausbildung verfügt haben. Die Urteile über ihn sind zwiespältig. Der ferraresische Gesandte am Kaiserhof, Ercole Rangoni, bezeichnet ihn huomo senza lettere et poco pratico de’ negotii („ungebildeter und diplomatisch unerfahrenener Mann“),33 während der neapolitanische Gesandte bei Karl V., Girolamo Seripando, ein glänzendes Urteil über ihn fällt.34 Jedenfalls wurde er bei einer Gelegenheit vom Kaiser öffentlich kritisiert, worauf der Nuntius sofort um seine Abberufung bat. Julius III. beließ jedoch Camaiani auf seinem Posten. Erschwert wurde die Lage für Camaiani während der ersten Phase seiner außerordentlichen Nuntiatur am Kaiserhof dadurch, dass er nur als einfacher Prälat auftreten konnte (die Ernennung zum Bischof von Fiesole erfolgte erst im Februar 1552). Auf jeden Fall muss bei einer Beurteilung der Rolle Camaianis im Zusammenhang mit dem Passauer Vertrag festgehalten werden, dass die religiöse Frage zunächst nicht auf der Agenda der Mission des aus der Toskana stammenden Diplomaten stand. Sie trat erst im Verlauf der außerordentlichen Nuntiatur in den Gesichtskreis des päpstlichen Vertreters. Seine Aufgabenstellung war von Beginn an rein politischer Natur, wie die Instruktion35 ausweist: Camaiani hatte nämlich den Auftrag, im Konflikt zwischen Karl V. und Heinrich II. von Frankreich (im Bündnis mit Ottavio Farnese) in der Parmafrage zu vermitteln. Ganz fremd war ihm jedoch die theologische Debatte der Zeit nicht, war er doch einer der ersten Nuntien, die das Konzil von Trient aus nächster Nähe mitverfolgt hatten, wenn auch als Laie, denn Camaiani hielt sich in Trient als Agent Cosimos de’ Medici auf. Dort lernte er den Konzilspräsidenten Giovanni Maria Del Monte kennen, der ihn als Julius III. dann in päpstliche Dienste übernahm. Bei der Ankunft am Zufluchtsort in Kärnten Ende Mai 1552 – Ferdinand war wenige Tage zuvor nach Passau abgereist – war die Lage für Camaiani völlig undurchschaubar; so wusste der Nuntius nicht zu sagen, ob es überhaupt in Passau zu Verhandlungen kommen würde, wie er an den Staatssekretär und Kardinalnepoten,

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Zu ihm vgl. Gerhard Rill, Art. Pietro Camaiani, in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 17, Roma 1974, S. 72 – 76. Zitiert nach Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 12: Nuntiaturen des Pietro Bertano und Pietro Camaiani 1550 – 1552, bearb. von Georg Kupke, Berlin 1901, S. XXXII. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 13: Nuntiaturen des Pietro Camaiani und Achille de Grassi, Legation des Girolamo Dandino (1552 – 1553), bearb. von Heinrich Lutz, Tübingen 1959, S. XI, Anm. 2. Anton Pieper, Die päpstlichen Legaten und Nuntien in Deutschland, Frankreich und Spanien seit der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, I. Theil: Die Legaten und Nuntien Julius’ III., Marcellus’ II., und Paul’s IV. (1550 – 1559) und ihre Instruktionen, Münster 1897, S. 150 – 154.

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I. Kaiser und Papst

Innocenzo Del Monte, schreibt.36 Im übrigen galt das Hauptaugenmerk Camaianis in jenen Tagen weniger den Vorgängen im fernen Passau als den Anstrengungen des Kaisers, schlagkräftige Truppen für eine Revanche gegen die Protestanten zu formieren.37 Anfang Juni hatte der Nuntius Kenntnis über den Waffenstillstand und den Disput über die Zulassung des französischen Gesandten in Passau. Über die Verhandlungen werde am Hof strengste Geheimhaltung gewahrt, schreibt er am 13. Juni. Darüber hinaus gibt er Einschätzungen über die Haltung einiger Reichsstände (Braunschweig-Wolfenbüttel; Württemberg; Salzburg; Bayern). Immerhin gab Camaiani am 26. Juni an, drei Hauptpunkte des Vertrags zu kennen,38 von denen der dritte besagt, in der Religionsfrage alle Beteiligten a lor modo („nach ihrer Art“) leben zu lassen bis zur abschließenden Klärung durch ein allgemeines Konzil, was keinesfalls dem Verhandlungsstand entsprach. Am nächsten Tag bereits folgte das Dementi.39 Als Gewährsmann für den Nuntius könnte Mons. d’Arras (Antoine Perrenot de Granvelle) in Frage kommen, auf den sich der Nuntius auch an anderer Stelle beruft.40 Jedenfalls war sich Camaiani bewusst, dass es um die Religionsfrage schlecht stand, auch wenn oder g e r a d e w e i l er weder den Inhalt des Passauer Entwurfs vom 22. noch die Stellungnahme Karls vom 30. Juni kannte, da beide Texte (vor ihm) streng geheim gehalten wurden.41 Am 8. Juli kam Ferdinand selbst nach Villach, um sich über das weitere Vorgehen bei den Passauer Verhandlungen mit Karl zu verständigen.42 Zu keinem Zeitpunkt des Dialogs zwischen den beiden Brüdern wurde der Nuntius in die Meinungsbildung miteinbezogen. Dass der Kaiser in jenen Tagen mit seinem Gewissen rang, wissen wir aus dem Schreiben Karls an seine Schwester Maria vom 17. Juli. Es ist dies die berühmte Stelle, wo Karl schreibt, dass sein Bruder es mit seinem Gewissen vereinbaren könne – nämlich einen immerwährenden (nicht mehr zeitlich begrenzten!) Religionsfrieden mit den Protestanten zu schließen – während ihm sein Gewissen das Gegenteil sage.43 In den Berichten des Nuntius findet sich kein Wort davon. Auch wurde Camaiani nach Beendigung des Treffens mit Ferdinand nicht offiziell unterrichtet, sondern musste sich über am Hof zirkulierende Abschriften des Passauer Vertragsentwurfs informieren. Da diese sich zum Teil widersprachen, verzichtete der Nuntius auf einen Versand von Ab36

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Villach, 1552 V 28: Il re de Romani [...] si spartì quattro giorni sono da S. M.tà par che [...] si sia inviato al detto Possau per rispetto della detta dieta, la quale se si habbia da fare o no et quel che la possa o debbia partorire, io non lo saprei giudicare, confessando ingenuamente di non intendere se questi siano aggiramenti o no et s’una parte cerchi d’ ingannar l’altra (Lutz, NBD, Bd. I/13, S. 2). Ebd. S. 5. Ebd. S. 15 f. [...] ho inteso [...] che la dimandita nella dieta circa alla religione è, che l’ imperatore cosentisse che ciascuno potesse assolutamente et per sempre vivere a suo modo, senza far’ altra mentione di concilio (ebd. S. 17). Ebd. S. 11. Ebd. S. 19. Vgl. Lutz, Christianitas, S. 88. [...] afin de luy donner moyen de s’appoincter avec eulx [...], puisque il me disoit treuver en sa conscience qu’ il povait faire, me jugeant la myenne le contraire (August von Druffel [Hg.], Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus. 2. Bd.: Beiträge zur Reichsgeschichte 1552, München 1880, S. 684).

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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schriften und schickte Staatssekretär Del Monte dagegen eine Zusammenfassung der wichigsten Punkte.44 Camaiani wusste, dass Karl auf Modifikationen gedrungen hatte (Ausschluss von protestantischen Assessoren beim Reichskammergericht; Einberufung eines Reichstags zur weiteren Behandlung der Glaubensfrage), kannte aber nicht deren genaue Formulierung.45 Auch die nächsten Wochen brachten Camaiani keine Klarheit über den Verhandlungsstand. Und selbst als der Hof wieder nach Innsbruck zurückgekehrt war, konnte der Nuntius nichts melden, was über die bloße Tatsache der Ratifikation hinausging.46 Nicht besser stand es um die Kenntnisse von Nuntius Martinengo,47 der sich bei Ferdinand aufhielt. Immerhin konnte er in Linz aus nächster Nähe die Vorverhandlungen zwischen dem römischen König und Moritz von Sachsen mitverfolgen. Allerdings wurde auch ihm gegenüber molta secretezza geübt.48 Nach Passau wurde er schließlich nicht mitgenommen, sondern nach Wien zurückgeschickt. Darüber war es zum Konflikt gekommen, denn Martinengo verwies hartnäckig auf seine Instruktion, nicht von der Seite Ferdinands zu weichen, was von diesem mit unzweideutigen Worten zurückgewiesen wurde. In seinem Bericht an Del Monte zitiert der Nuntius Ferdinand in direkter Rede (allerdings chiffriert!). Danach sagte der König: „Nuntius, ich sage es Euch klar und deutlich, es wäre gut, wenn Ihr Euch nicht unter Leute begebt, bei denen Ihr nicht gut angeschrieben seid und die Euch hassen, Ihr kennt selbst die Art dieser Leute sehr gut“.49 Martinengo musste sich schließlich fügen. Eine Parallele hierzu ist der Fall von Zaccaria Delfino, dem Ferdinand 1556 nahe legte, dem Regensburger Reichstag fernzubleiben.50 Delfino hielt sich an diese Empfehlung (entgegen dem ausdrücklichen Wunsch von Kardinal Otto Truchsess)51 und ging kurze Zeit später nach Rom zurück. Und ein ähnlicher Fall ergab sich Anfang des 17. Jahrhunderts, als Rudolf II. dem Nuntius Antonio Caetani zu verstehen gab, dass er dessen Teilnahme am Reichstag von Regensburg 1608 nicht wünsche. Auch 44 45 46 47

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Lutz, NBD, Bd. I/13, S. 29 f. In che parti et in che modi S. M.tà habbia emendati et moderati li detti capituli, io non l’ ho possuto saper con verità (ebd. S. 30). [...] ma non si allega già con che conditioni nè con quali particulari, il che alcuni interpretano sinistramente (ebd. S. 75 f.). Girolamo Martinengo entstammte einer alten lombardischen Patrizierfamilie. Er hatte sich zwar nicht auf dem Konzil von Trient aufgehalten, konnte jedoch auf ein theologisches Studium (neben einem Studium der Rechtswissenschaften) zurückblicken, das er in Padua absolviert hatte. Vor seinem Aufenthalt bei Ferdinand war Martinengo 1548 als außerordentlicher Nuntius nach Polen entsandt worden. Zu seiner Person vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 16: Nuntiatur des Girolamo Martinengo (1550 – 1554), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1965, S. VII – XXII. Ebd. S. 136. Nuncio, io ve’ l dirò pure, non è buono che veniate tra gente, da che sete mal visto et che vi odia; voi conoscete gl’ humori molto bene (ebd. S. 151). Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 17: Nuntiatur Delfinos. Legation Morones. Sendung Lippomanos (1554 – 1556), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1970, S. 280: S. M.tà [...] rispose che per adesso gli pareva ch’ io potessi far di manco, tanto più che andarei a mettere in troppo gran sospetto gli desviati. Ebd. S. 299 f.

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I. Kaiser und Papst

hier musste der Nuntius nachgeben, es gelang ihm aber, einen mit Instruktionen versehenen Stellvertreter nach Regensburg zu schicken,52 was Martinengo 1552 und Delfino 1556 nicht möglich war. In Wien war der Nuntius Martinengo zunächst völlig von Nachrichten aus dem Reich abgeschnitten, da nach der Flucht Karls V. aus Innsbruck eine Sperre sowohl für eingehende wie auslaufende Briefe verhängt worden war.53 Aber auch als der Postverkehr wieder regulär lief, konnte Martinengo nicht viel über Passau berichten.54 Im Juli 1552 war schließlich der Rotaauditor und Bischof von Montefiascone, Achille de Grassi,55 als außerordentlicher Nuntius zu Karl V. geschickt worden, der inzwischen wieder nach Tirol zurückgekehrt war. Grassi traf Ende Juli auf den in seiner Autorität geschwächten Kaiser in Brixen und überbrachte ihm eine Solidaritätsadresse Julius’ III. Er gab ihm dabei im Namen des Papstes den Rat, sich mit Moritz zu verständigen, allerdings unter Vermeidung von Zugeständnissen in der Religionsfrage.56 Über die Verhandlungen in Passau selbst konnte auch Grassi keine präzisen Informationen an die Kurie weitergeben.57 Sie spielten auch keine Rolle in den Gesprächen mit dem Kaiser, von denen der Nuntius am 28. Juli ausführlich berichtet.58 Unmittelbar danach endete die nur wenige Tage dauernde Mission Grassis bei Karl V. Als Fazit bleibt für Passau festzuhalten: Die Nuntien waren weder am Verhandlungsort in Passau anwesend (die päpstliche Position hatte sich in diesem Punkt also eindeutig gegenüber dem Augsburger Reichstag von 1547/48 verschlechtert), noch konnten sie Einfluss auf die Meinungsbildung Karls V. und dessen Bruders Ferdinand ausüben. Darüber hinaus verfügten sie nicht über Informationen aus erster Hand. Damit erledigte sich auch die Frage eines Protestes, denn weder die Kurie noch ihre Vertreter vor Ort waren in der Lage, in einer solchen Form auf den Passauer Vertrag zu reagieren. Dieses Ergebnis ließ nichts Gutes erwarten für den Augsburger Reichstag von 1555, auf den die Entwicklung nach Passau geradlinig zulief. Noch vor dem Eintreffen eines Gesandten aus Rom wirkte Kardinal Otto Truchsess von Waldburg59 in dreifacher Funktion auf dem Reichstag in Augsburg, der ver52 53

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Vgl. Giordano, Le istruzioni generali, S. 67 f. und 1217 – 1222 (Instruktion für Felice Milensio). Noi stiamo molto all’oscuro delle cose di Germania, chè, per quanto m’accorgo, doppo la retirata dell’ imperatore d’Ispruch per la perdita del passo della Chiusa, non ci lasciano venire nè uscire lettere nissune (Goetz, NBD, Bd. I/16, S. 155). Allerdings war die Kurie an Informationen über die Vorgänge in Passau interessiert, vgl. Monte an Martinengo, Rom, 1552 V 21 (ebd. S. 152). Achille de Grassi hatte an der berühmten juristischen Fakultät seiner Vaterstadt Bologna studiert und wirkte ab 1545 als Konsistorialadvokat an der Kurie. Vor seiner Ernennung zum Rotaauditor (1547) hatte er an der 1. Session des Konzils von Trient teilgenommen. Er war also mit den aktuellen theologischen Fragen der Zeit vertraut. Zu ihm vgl. Lutz, NBD, Bd. I/13, S. XII f. Ebd. S. 56. Vgl. seinen Bericht vom 26. Juli, ebd. S. 47 f. Ebd. S. 58 – 63. Vgl. zu ihm Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648: ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 707 – 710.

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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einbarungsgemäß nach dem Provisorium von Passau einen tragfähigen Kompromiss für die Religionsfrage im Reich durch die Stände erzielen sollte: Otto war zum einen als Mitglied des Kardinalskollegiums Vertreter der römischen Kurie, dann als Bischof von Augsburg Reichsfürst und überdies Kommissar Karls V. Am 23. März 1555 protestierte der Kardinal gegen eine reichsrechtliche Bestätigung des Passauer Vertrags und erklärte, dass in der konfessionellen Frage keine Zugeständnisse gemacht werden könnten.60 Dieser Standpunkt wurde in der Folge von Rom nicht weiter vertreten.61 Überhaupt entschloss sich Julius III. erst spät, einen offiziellen Legaten abzuschicken. Der Papst wollte sich offenbar nicht aktiv in diese Frage einmischen,62 und auch der schließlich entsandte Kardinal Giovanni Morone63 meinte in seinem ersten Bericht aus Augsburg, angesichts der verfahrenen Situation sei es das Beste, sich passiv zu verhalten, um die Lage nicht zu verschlimmern.64 Wie dem auch sei, in der entscheidenden Schlussphase des Reichstags treffen wir keinen päpstlichen Vertreter in Augsburg an. Bereits Ende März 1555 waren Morone und Truchsess von Waldburg auf die Nachricht vom Tod Julius III. hin nach Rom aufgebrochen, um am Konklave teilzunehmen. Sie kehrten von dort nicht mehr an den Reichstag zurück. Dort verblieb lediglich der Nuntius Zaccaria Delfino, bevor ihn Paul IV. abberief und zunächst nicht ersetzte. Auch entschloss sich der neue Papst nicht zur Entsendung eines neuen Legaten. Lediglich der nach Polen beorderte Nuntius Luigi Lippomano65 sollte für einige Zeit in Augsburg Station einlegen. In der Instruktion vom 3. Juli 1555 wurde er angewiesen, eine Auflösung des Reichstags ohne Rezess oder einen Abschluss ohne 60 61 62 63

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Goetz, NBD, Bd. I/17, S. 326 f.; vgl. auch ebd. S. 54. Repgen, Römische Kurie, S. 75. Ebd. S. 76. Der gebürtige Mailänder studierte die Rechte in Padua und war bereits im Alter von 20 Jahren in den Besitz des Bistums Modena gelangt. Er absolvierte in der Zeit zwischen 1536 (seit 1542 als Kardinal) und 1576 (zuletzt als Dekan des Kardinalskollegiums) zahlreiche diplomatische Missionen im Reich für verschiedene Päpste. Morone zählt zu den besten Deutschlandkennern der Kurie im 16. Jahrhundert. Das Beispiel Morones lehrt überdies, dass eine Nuntiatur in Deutschland sich nicht zwangsläufig karrierefördernd auswirkte, sondern auch gewisse Risiken in sich barg, denn der ehemalige Legat wurde der Häresie verdächtigt (wie vor ihm Gasparo Contarini) und von Paul IV. von 1557 bis 1559 in der Engelsburg gefangengehalten. Zu seiner Person vgl. das Kurzbiogramm von Klaus Ganzer in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 7, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1998, Sp. 479 f. Eine umfassende Monographie steht bislang aus. [...] et perché, non possendosi far bene [...] mi pare che il manco male che si possa fare sia che non si faccia niente, et lassar più presto che le cose caschino da sè che farle cascare con authorità et decreti publici, essendo impossibile provedere a questi desordini per consiglio humano [...] (Goetz, NBD, Bd. I/17, S. 52 f.). Lippomani wurde 1496 als unehelicher Sohn eines Bankiers in Venedig geboren. Nach humanistischen und juristischen Studien hatte er eine Karriere an der Kurie begonnen. Er verfügte zum Zeitpunkt des Augsburger Reichstags von 1555 über einschlägige Erfahrungen als Nuntius (1542 Mission in Portugal). V. a. aber kannte er durch seine beiden Aufenthalte in Trient (1546 und 1551; während der zweiten Session des Konzils fungierte er als dritter Konzilspräsident) die aktuellen theologischen Fragen. Zu ihm vgl. Alexander Koller, in: Dizionario Storico dell’Inquisizione, Bd. 2, Pisa 2010, S. 922, und Goetz, NBD, Bd. I/17, S. XXIII – XLI.

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I. Kaiser und Papst

religionspolitische Nachteile zu erreichen.66 Aber auch für Lippomano war die Sache aussichtslos. Am 14. August erhielt er die Weisung, nach Polen, seinem eigentlichen Bestimmungsort, weiterzureisen,67 zu einem Zeitpunkt, als in Augsburg noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden war! Er verließ Augsburg am 7. September, drei Wochen vor der Publikation des Reichstagsabschieds zusammen mit dem Augsburger Religionsfrieden (27. September 1555). Auch für Augsburg bleibt also als Ergebnis festzustellen, dass die Nuntien und Legaten, soweit sie überhaupt anwesend waren, zur Untätigkeit verurteilt waren. Immerhin wurde von Otto Truchsess von Waldburg ein förmlicher Protest erhoben, der allerdings weder am Reichstag Wirkung zeigte noch, was bemerkenswerter ist,68 später von Paul IV. bestätigt wurde. Abschließend sollte noch kurz die Frage beleuchtet werden, welche Spuren der Passauer Vertrag an der Kurie hinterlassen hat. Der Passauer Vertrag spielt in der Nuntien-Korrespondenz der späteren Zeit und in anderen kurialen Quellen auffallenderweise kaum eine Rolle. Auch die von Karl V. 1553 vorbereitete förmliche Revokation des Passauer Vertrags,69 die auf Bitten Ferdinands schließlich nicht ausgefertigt wurde, wird in den Berichten der Nuntien nicht erwähnt. In der Zeit nach 1555 geht das Passauer Vertragswerk aus Sicht der Kurie gewissermaßen im Augsburger Religionsfrieden auf; die beiden Vereinbarungen verschmelzen nahezu und werden mitunter nicht mehr unterschieden bzw. miteinander verwechselt. So schreibt beispielsweise der bei Maximilian II. und Rudolf II. zum Einsatz gekommene Nuntius Giovanni Delfino, ein entfernter Verwandter des bereits genannten Zaccaria Delfino, in einem Bericht aus dem Jahr 1573 an den Staatssekretär Gallio: „Im Jahr 55 kam es auf einem Konvent in Passau zu einem Friedensschluß, wie Eure Herrschaft wissen sollten, wonach in Deutschland außer der katholischen Religion auch die Confessio Augustana zugelassen wurde, mit der Auflage jedoch, daß die Untertanen die Religion ihrer Fürsten annehmen mußten. Sollten sie dies nicht tun, konnten sie ihre Güter verkaufen und an einen anderen Ort ziehen“.70 66 67 68

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Ebd. S. 96 – 99. Ebd. S. 141 f. Vgl. Repgen, Römische Kurie, Teil 1, S. 85, der die Position der Kurie gegenüber dem Religionsfrieden von Augsburg als den „rätselhaftesten Punkt in der Geschichte der Beziehungen zwischen Kirche und Reich im 16. Jahrhundert“ bezeichnet. Gedruckt bei Gustav Turba, Beiträge zur Geschichte der Habsburger, III. Zur deutschen Reichs- und Hauspolitik der Jahre 1553 bis 1558, in: Archiv für Österreichische Geschichte 90 (1901), S. 233 – 319, hier S. 287 – 312. Nel 55 in un convento di Patavia fu stabilita una pacificatione, come V. S. I. deve sapere, che in Germania, oltre la catholica religione, si dovesse admettere anco la confessione Augustana, con conditione però che li sudditi fussero obbligati a tenere la religione delli loro principi et, ciò non volendo essi osservare, potessero vendere li beni loro et andare ad habitare altrove [...], Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990, S. 202. Weitere Belege zur Unkenntnis des Passauer Vertrags an der Kurie bei Repgen, Römische Kurie, S. 166, 205 – 207.

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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Explizit und ausführlich wird auf Passau in dem eingangs erwähnten berühmten, in zahlreichen vatikanischen Abschriften71 erhaltenen Memorandum über die Lage in Deutschland von Zaccaria Delfino für den Kardinalnepoten und Staatssekretär, Carlo Carafa, eingegangen. In dem vermutlich 1559 entstandenen Text wird expressis verbis und in mehreren Absätzen betont, dass Ferdinand in Passau ausdrücklich im Auftrag Karls V. gehandelt habe: Inteso che hebbe Carlo V le conditioni proposte da Mauritio, diede ampla commissione al Sermo re imponendoli che andasse a concludere la pace [...] Ma qui è necessario advertire doi cose: l’una che, sì bene il Sermo re Ferdinando assiste per comissione di S. Mtà Ces. a questo recesso, quello però che ivi concludano, fu concluso secondo l’ordine di Carlo, et come conclusione da Carlo fatta s’ ha da considerare [...] Creda ognuno come li pare: ma so ben io certo che chi conosce la natura del Sermo re de’ Romani et è informato de la reverentia veramente incomparabile che portò sempre la Mtà S. all’ imperatore, terrà per fermo che mai la Mtà S. haverebbe fatto scrivere la millesima di simil cose concernenti l’auctorità imperiale senza expressa commissione dell’ imperatore [...] L’altra cosa che bisogna [?] osservare è, sì come chiaro appare nel recesso, che ove si parla de la securtà de’ confessionisti, tutto s’ intende fra stato e stato solo per far deponer l’armi ad ognuno [...] („Nachdem Karl V. von den Vorschlägen Moritz’ erfahren hatte, gab er dem König [Ferdinand] umfassende Vollmacht und den Auftrag, aufzubrechen und Frieden zu schließen […] Aber in diesem Zusammenhang muß auf zwei Dinge hingewiesen werden: zum einen, obgleich Ferdinand im Auftrag Ihrer Majestät bei diesem Rezeß anwesend war, war das dortige Ergebnis eine Konsequenz der Weisung Karls und ist somit als ein Reichstagsabschluß von Karl zu betrachten […] Es mag ein jeder glauben, wie es ihm richtig erscheine, aber ich bin mir absolut sicher, daß jeder, der den Charakter des römischen Königs kennt und um seine unvergleichliche Ehrfurcht, die er immer dem Kaiser erwiesen hat, davon überzeugt sein wird, daß der König nicht einmal ein Tausendstel von diesen, die Autorität des Kaiser betreffenden Angelegenheiten ohne die ausdrückliche Weisung des Kaisers schreiben hätte lassen […] Die andere Sache, die es zu bedenken gilt, ist – was im übrigen auch im Rezeß deutlich hervortritt –, daß dort, wo von der Sicherheit der Lutheraner gesprochen wird, nur das Verhältnis zwischen den Territorien berührt ist, um zu einer allgemeinen Waffenruhe zu kommen“).72 Es handelt sich hier also um ein Gutachten, in dem der Versuch unternommen wird, Ferdinand im Gegensatz zu Karl äußerst positiv zu zeichnen. Die alleinige Verantwortung für Passau wird dem Kaiser zugeschrieben. Dieses Memorandum dürfte in den folgenden Jahrzehnten weitgehend das Bild der beiden Kaiser an der Kurie geprägt haben. Einer der besten Kenner des Nuntius und Bearbeiter seiner Korrespondenz, Samuel Steinherz, vermutete, dass Ferdinand diesen Bericht kannte bzw. dessen Abfassung sogar veranlasste.73 Dafür spricht einiges, denn die Schrift steht vor dem Hintergrund eines bislang beispiellosen konfessionellen Konflikts zwischen 71 72 73

Vgl. Goetz, NBD, Bd. I/17, Nr. *32, S. 376. Ebd. S. 380 – 310. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abtheilung: 1560 – 1572, Bd. 1: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897, S. XXXVII.

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I. Kaiser und Papst

Kaiser- und Papsttum im Zusammenhang mit der ohne Beteiligung Roms erfolgten Abdankung des 1530 von Clemens VII. gekrönten Kaisers Karl V. und der Übertragung der Kaiserwürde auf Ferdinand, die mit Zustimmung der protestantischen Kurfürsten erfolgt war.74 Der Autor dieser Schrift war eine zwiespältige, umstrittene Persönlichkeit,75 gleichzeitig der Deutschlandspezialist der Kurie in jener Zeit schlechthin. Als langjähriger Nuntius in Deutschland diente Zaccaria nicht nur dem Heiligen Stuhl, sondern war auch als Informant für Cosimo de’ Medici tätig und ließ sich, wegen seines aufwendigen Lebensstils in finanzielle Schwierigkeiten geraten, vom Kaiserhof als Spion gegen seine Heimatstadt Venedig in Dienst nehmen. Obwohl bereits von der Republik Venedig wegen Hochverrats zu lebenslanger Kerkerstrafe und Konfiszierung seiner Güter verurteilt, gelang es dem opportunistischen und ehrgeizigen Delfino, seine Karriere fortzusetzen und schließlich mit Hilfe von Kaiser Ferdinand in den Kardinalsrang aufzusteigen (die Konzepte für die entsprechenden kaiserlichen Anträge beim Papst hatte er selbst entworfen).76 Auch über die Zeit seiner Nuntiatur hinaus konnte sich Delfino der Gunst des Hauses Habsburg sicher sein, denn er hatte entscheidenden Anteil an der Verbesserung der Beziehungen zwischen Ferdinand I. und der Kurie. So wurde er am Ende seiner dritten Nuntiatur in Deutschland vom neuen Kaiser Maximilian II., den er gegen den Vorwurf der Häresie in Schutz genommen hatte, mit zahlreichen Geschenken, einer Pension und Benefizien bedacht (u. a. mit dem Bistum Raab/Györ in Ungarn). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Politik der päpstlichen Nuntien im Reich um 1550 großen Beschränkungen unterlag. Ihre Vorgänger hatten teilweise einen viel größeren Aktionsradius, man denke etwa an Lorenzo Campeggi auf dem Nürnberger Reichstag und beim Regensburger Konvent von 1524,77 an Gasparo 74

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Delfino bringt gleich zu Beginn seines Memorandums deutlich im Sinne Papst Pauls IV. zum Ausdruck, daß Karl V. unrechtmäßig gehandelt habe, indem er ohne Autorisierung des päpstlichen Stuhls die Kaiserkrone niedergelegt habe: [...] io non intendo preiudicar punto alla prima mia oppinione detta et inculcata tante volte, id est quod Carolus V nulla ratione poterat se abdicare imperio, sine scitu Smi D. N. papae quodque omnia ea, quae in Francfordiensi conventu hoc super negotio inscia S. Ste acta sunt, irrita nulliusque valoris iure censeri debent. (Goetz, NBD, Bd. I/17, S. 376). Zu den Auseinandersetzungen zwischen Paul IV. und Ferdinand I. in der Frage der Anerkennung der Übertragung der Kaiserwürde, vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 6: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Julius III., Marcellus II. und Paul IV. (1550 – 1559), 8. Aufl., Freiburg i. Br. 1925 [1913], S. 569 – 579, und Eduard Reimann, Der Streit zwischen Papstthum und Kaiserthum im Jahre 1558, in: Forschungen zur deutschen Geschichte 5 (1865), S. 291 – 335. Zu Zaccaria Delfino vgl. auch den ausführlichen Artikel von Gino Benzoni in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 40, Roma 1991, S. 576 – 588, und die Beurteilung von Goetz in: NBD, Bd. I/17, S. LII – IV. Vgl. Goetz, NBD, Bd. I/17, S. IL. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Ergänzungsbd. 1: Legation Lorenzo Campeggios 1530 – 1531 und Nuntiatur Girolamo Aleandros 1531, bearb. von Gerhard Müller, Tübingen 1963, S. LIX – XI, und

1. Der Passauer Vertrag und die Kurie

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Contarini 1541 in Regensburg,78 ganz zu schweigen von dem Einfluss eines Girolamo Aleandro auf dem Wormser Reichstag von 1521.79 Man könnte zugespitzt formulieren, dass zur Zeit der reichsrechtlichen Anerkennung der Confessio Augustana die Stellung der Kurie in Deutschland ihren Tiefpunkt erreicht hatte. Dieser Zustand verbessert sich allerdings in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Dann hatten die Nuntien erneut mehr Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen und Einfluss auszuüben. Freilich beschränkt sich der Handlungsspielraum der Nuntien in späterer Zeit auf die katholisch verbliebenen Territorien (wir sind im Zeitalter der Konfessionalisierung), v. a. die habsburgischen Erbländer (in Graz wird ab 1580 ein eigener ständiger Nuntius wirken), Bayern und die geistlichen Kurfürstentümer (Köln wird ab 1584 ständiger Nuntiatursitz).80 Für die geringe Resonanz der päpstlichen (Religions-)Politik im Reich um 1550 sind mehrere Gründe ausschlaggebend. Zunächst wies die Politik der Kurie der Zeit selbst, bedingt durch die zahlreichen Pontifikatswechsel und die wechselnden politischen Konstellationen in Europa, keine einheitliche Richtung auf. Im übrigen hielt Rom weiter an seinem Anspruch fest, die religiöse Frage ausschließlich auf dem Konzil zu behandeln und zu lösen, und unterschätzte gleichzeitig die Dynamik der Entwicklung im Reich. Hinzu kommt weiter, dass sich die deutsche Seite abschottete. Die im Reich eingesetzten Nuntien waren folglich isoliert. Ihre Rolle beschränkte sich auf die eines mehr oder weniger gut unterrichteten Beobachters. Dabei zeigten sich nicht nur die protestantischen Reichsfürsten reserviert gegenüber den Kurienvertretern, sondern auch der römische König und der Kaiser, beide aus unterschiedlichen Gründen. Für Ferdinand war der in Passau zu erzielende Kompromiss fundamental sowohl im Hinblick auf die Sicherung seines künftigen Kaisertums, wie auch vor dem Hintergrund der Türkengefahr. Eine Beteiligung der Kurie an den Verhandlungen von Passau – in welcher Form auch immer – barg für ihn unkalkulierbare Risiken. Für den Kaiser galten diese Überlegungen nicht. Er war ein erklärter Gegner sowohl des Passauer Vertrags als auch des Augsburger Religionsfriedens. Dies musste aber nicht zwingend zur Folge haben, wie die Quellen belegen, dass Kaiser und Kurienvertreter sich in dieser Angelegenheit, obwohl sie die gleiche Position einnahmen, verständigten. Denn die Instanz, mit der Karl V. die ihn bedrängenden zentralen religiösen Fragen der Zeit klären wollte und der er sich verpflichtet fühlte, war nicht der Papst und die Kurie, sondern, wie wir aus dem Schreiben an die Erzherzogin Maria erfahren,81 das eigene Gewissen.

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Stephan Skalweit, Art. Lorenzo Campeggi, in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 17, Roma 1974, S. 456 f. Zu ihm vgl. Gigliola Fragnito, in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 28, Roma 1983, S. 172 – 192, hier S. 187 f., und Klaus Ganzer, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 2, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1994, Sp. 1305 f. Vgl. Brandi, Kaiser Karl V., Bd. 1, S. 108 – 111. Vgl. Kap. I.4 in diesem Band. Vgl. oben Anm. 43.

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2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561) Neubeginn der päpstlichen Deutschlandpolitik nach dem Augsburger Religionsfrieden Von März 1560 bis zum Juli 1561 hielt sich der Bischof von Ermland, Stanislaus Hosius, als apostolischer Nuntius am Hof Kaiser Ferdinands I. in Wien auf. Es war dies die zweite und zugleich letzte diplomatische Mission82 des in Krakau geborenen Theologen.83 Die Akten dieser Wiener Nuntiatur liegen seit über 100 Jahren gedruckt vor, bearbeitet von Samuel Steinherz,84 ergänzt durch die separate Publikation der Fakultätenbulle in Band 19 der Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung durch denselben Bearbeiter.85 Der Hosius-Band von Steinherz erschien 1897 als erster Band der den Pontifikaten Pius’ IV. und Pius’ V. reservierten II. Abteilung der Nuntiaturberichte aus Deutschland, bearbeitet im Auftrag der österreichischen kaiserlichen Akademie der Wissenschaften entsprechend einer zwischen Berlin und Wien 1891/92 getroffenen Vereinbarung über die Edition der einschlägigen im vatikanischen Archiv liegenden, Deutschland betreffenden Nuntiaturmaterialien nach jahrelangem Streit über die Kompetenzen.86 Allerdings handelt es sich bei der Steinherz-Publikation um keine vollständige Edition: von ca. 100 überlieferten Berichten des Nuntius im engeren Sinn sind 39 im Volltext wiedergegeben. Für die restlichen Relationen, die weitgehend die Religionsgespräche mit Maximilian zum Inhalt haben, gab es bereits ältere Veröffentlichungen, u. a. in den Annales ecclesiastici des Abraham Bzowski (Bzovius), die Steinherz im Anhang teilweise ergänzte und verbesserte.87 Steinherz konnte bei seinen Archivrecherchen feststellen, daß Hosius während seiner Wiener Mission an die 400 Briefe und Berichte verfasst hat, darunter 74 an Kardinal Carlo Borromeo, 13 an Pius IV. sowie 82 an die Kardinäle Puteo und Otto Truchsess von Waldburg.88 Die 82

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Hosius hatte sich 1549/50 bei König Ferdinand in Prag und Wien sowie am Hof Karls V. in Brüssel aufgehalten, vgl. Henryk Damian Wojtyska, Art. Stanislaus Hosius, in: Erwin Iserloh (Hg.), Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 5, Münster 1988 (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 48), S. 137 – 152, hier S. 139 f. Zu Stanislaus Hosius (1504 – 1579) allgemein vgl. die jüngeren biographischen Skizzen (mit Angaben zu Spezialliteratur): Wojtyska, Hosius; Ders., Art. Stanislaus Hosius, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 5, 3. Aufl., Freiburg-Basel-Rom u. a. 1996 [1933], Sp. 284 f., Hans-Jürgen Karp, Art. Stanislaus Hosius, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 314 – 318. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken. II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 1: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897. Ders., Die Facultäten eines päpstlichen Nuntius im 16. Jahrhunderte, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 19 (1898), S. 327 – 342. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. V f. Vgl. auch Georg Lutz, Die Nuntiaturberichte und ihre Edition, in: Reinhard Elze, Arnold Esch (Hgg.), Das Deutsche Historische Institut 1888 – 1988, Tübingen 1990 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 70), S. 87 – 121, hier S. 98 – 101. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. XIX, XXVIII, 399 – 414. Ebd. S. XXIII.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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Korrespondenz zwischen Hosius und Pius IV. bzw. seinem für die auswärtige Politik zuständigen Neffen, Kardinal Carlo Borromeo, wurde im übrigen auf lateinisch geführt, was als Ausnahme eine Hervorhebung verdient, denn im 16. Jahrhundert war die Anwendung des Italienischen im Schriftverkehr zwischen den Nuntien und der Kurie gängige Praxis geworden, da sich das Personal der päpstlichen Diplomatie der Zeit fast ausnahmslos aus Italienern rekrutierte. Seit der Bearbeitung der diplomatischen Korrespondenz von Stanislaus Hosius 1560/61 durch Samuel Steinherz ist viel geschehen auf dem Gebiet der Nuntiaturberichtsforschung, so daß wir seine Ergebnisse heute in einen größeren Kontext stellen können. Mit der Entsendung von Stanislaus Hosius wurden die offiziellen Beziehungen zwischen der Kurie und dem Reich in Form der ständigen Nuntiatur am Kaiserhof wieder aufgenommen. Die bis auf den Beginn des 16. Jahrhunderts zurückzuführende Praxis der Päpste, sich durch einen ständigen Nuntius am Kaiserhof vertreten zu lassen, war in Folge des Augsburger Religionsfriedens und der ohne Einbeziehung der römischen Kurie erfolgten Abdankung Karls V. sowie der sich daran anschließenden Übertragung der Kaiserwürde auf den römischen König Ferdinand zum Erliegen gekommen. Das Jahr 1560 steht demnach für einen Neubeginn, und dies in mehrfacher Hinsicht: Ende 1559 war der Pontifikat Pauls IV. zu Ende gegangen, der eine gegen Habsburg gerichtete Politik verfolgt hatte. Bezeichnend war in diesem Zusammenhang – um nur einen Gesichtspunkt hervorzuheben – die gescheiterte Obödienzgesandtschaft von Martín de Guzmán für Ferdinand I. bei Paul IV. Die Obödienz (verbunden mit der Konfirmation des Kaisertums Ferdinands) konnte erst im Folgepontifikat durch den Gesandten Scipione d’Arco durchgeführt werden.89 Der am zweiten Weihnachtsfeiertag 1559 zum Papst gewählte Pius IV. setzte sofort nach seiner Krönung am Dreikönigsfest 1560 andere Signale, indem er sich – offensichtlich beeinflusst von Kardinal Alessandro Farnese – zur Entsendung eines Nuntius an den Kaiserhof entschied. Ausführen sollte diese Mission bei Ferdinand I. der Bischof von Ermland, Stanislaus Hosius, wie der kaiserliche Konklavegesandte Franz von Thurm berichtete.90 Kurie und Kaiserhof mußten nicht zuletzt deshalb wieder in engeren Kontakt treten, da die Wiederaufnahme der Arbeiten des Konzils von beiden Seiten grundsätzlich gewünscht wurde bei freilich gegensätzlichen Auffassungen in wichtigen inhaltlichen und formalen Detailfragen (Neubeginn oder Fortsetzung des unterbrochenen Konzils, Frage des Orts, Teilnehmer, persönliche Anwesenheit des Papstes, Agenda). Das Jahr 1560 markiert also mit dem Pontifikatswechsel in Rom, der Neubelebung der Konzilsthematik und der Rückkehr zum Institut der ständigen Nuntiatur am Kaiserhof eine deutliche Zäsur. Dabei sind, was das päpstliche Gesandtschafts89 90

Vgl. Kap. I.6 in diesem Band, S. 93 und 99; Ernst Laubach, Ferdinand I. als Kaiser. Politik und Herrschaftsauffassung des Nachfolgers Karls V., Münster 2001, S. 315 f. Vgl. Theodor Sickel (Hg.), Zur Geschichte des Concils von Trient (1559 – 1563), Wien 1872 (Aktenstücke aus österreichischen Archiven), Brief Nr. 18, S. 25. Vgl. auch ebd. Nr. 19, S. 25 f.

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I. Kaiser und Papst

wesen im Reich betriff t, Unterschiede zwischen der Zeit v o r 1555 und der Zeit n a c h 1560 festzustellen. Rein formal war nach 1560 wieder ein einziger Nuntius für die päpstliche Vertretung beim Kaiser und in Deutschland zuständig. Vor 1555 waren die Kompetenzen auf zwei Nuntien verteilt, denn Rom hatte auf die Herrschaftsabsprachen zwischen Karl V. und Erzherzog Ferdinand zu Beginn der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts unmittelbar reagiert und eine eigene Nuntiatur bei Ferdinand (seit 1521 zuständig für die Herzogtümer Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain, seit 1522 auch Regent in Tirol, den Vorlanden und Württemberg) eingerichtet. Diese Entscheidung erwies sich angesichts des weiteren Machtzuwachses von Erzherzog Ferdinand in Mitteleuropa (1526 König von Böhmen und Ungarn, 1531 römischer König) als richtig. Die Nuntiatur beim Erzherzog bzw. König Ferdinand sollte insgesamt (mit Unterbrechungen) mehr als drei Jahrzehnte selbständig neben der Kaiserhofnuntiatur bestehen.91 Diese Doppelung war nach der Abdankung Karls V. 1556 obsolet geworden, Kaiserhofnuntiatur und die Nunziatura presso il Re Ferdinando wurden nun wieder zur Nunziatura di Germania vereinigt. Für die beiden Jahrzehnte nach 1560 oblag nun dem ständigen Nuntius am Kaiserhof wieder die alleinige Vertretung in Deutschland, bevor unter Gregor XIII. Überlegungen zur Neugestaltung der Politik der Kurie gegenüber dem Reich angestellt wurden, die mit der Einrichtung neuer ständiger Nuntiaturen (in Graz und Köln, in der Folge auch in der Schweiz) zu einem Kurswechsel führten.92 Auch inhaltlich und methodisch weisen die Reichsnuntiaturen vor 1555 bzw. nach 1560 große Unterschiede auf. Für die Verantwortlichen der Außenbeziehungen der Kurie bestand zu Beginn des Pontifikats Pius’ IV. kein Zweifel, daß eine völlige Revision der konfessionellen Entwicklung im Reich der letzten Jahrzehnte zu jenem Zeitpunkt nicht (mehr) realistisch war. Der Augsburger Religionsfriede wurde – freilich unausgesprochen – als fait accompli betrachtet (es gab bekanntlich keinen Protest!). Dem im Frühjahr 1560 nach Wien entsandten Nuntius Hosius wurde deshalb auch kein Maximalprogramm an die Hand gegeben. Noch gut in Erinnerung waren die Misserfolge der während 1540er und beginnenden 1550er Jahre im Reich tätigen Legaten und Nuntien, eines Francesco Sfondrato, Prospero Santacroce, Pietro Camaiani, Girolamo Martinengo, Giovanni Morone, Zaccaria Delfino, Luigi Lippomano, die das Zustandekommen der wichtigen konfessionspolitischen Vereinbarungen der Zeit (Augsburger Interim, Passauer Vertrag, Augsburger Religionsfriede) nur als mehr oder weniger gut informierte Beobachter mitverfolgen konnten, denn sie waren von den Protagonisten zu absoluten Nebenfiguren auf der politischen Bühne degradiert worden.93 91 92 93

Vgl. Henry Biaudet, Les Nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1), S. 101 f. Vgl. Kap. I.4 in diesem Band. Vgl. allgemein Konrad Repgen, Die Römische Kurie und der Westfälische Friede. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17. Jahrhundert, Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 1521 – 1644, 2 Teile (Darstellung; Analekten und Register), Tübingen 1962 – 1965 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 24/25); Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552 – 1556), Göttingen 1964; Vgl. auch die einschlägigen Akteneditionen der I.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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Vor diesem Hintergrund verfolgte die Kurie nunmehr eine Politik der kleinen, realisierbaren Schritte und konzentrierte sich zu Beginn des Pontifikats Pius’ IV. v. a. auf zwei wesentliche Punkte: 1. die Einigung mit dem Kaiser über die Modalitäten zur Fortführung des Konzils, und 2. die Sicherung der Rechtgläubigkeit Erzherzog Maximilians, des erstgeborenen Sohnes Ferdinands und präsumtiven künftigen Kaisers. Im Folgenden sollen Inhalt und Ablauf der Mission von Stanislaus Hosius 1560/61 am Kaiserhof näher beleuchtet werden. Hosius traf am 21. April 1560 in Wien ein, zwei Wochen später als erwartet. Seine Aufträge waren ihm mündlich erläutert worden, über eine schriftliche Instruktion verfügte er nicht, wie aus einem Schreiben des Papstes Pius’ IV. an seinen Nuntius hervorgeht: Nos tibi in discessu tuo de omnibus locuti sumus, non est quod a nobis amplius expectes, nisi quod ea quae tibi a nobis ore proprio commissa sunt exequare.94 Diese mündlich skizzierte Auftragslage umfasste insgesamt fünf Punkte. Neben den beiden erwähnten Tractanda (der Religiosität Maximilians als dem maxime urgens mandatum und der Konzilsfrage) ging es um ein zwischen England und Habsburg angedachtes Heiratsprojekt (Königin Elisabeth/Erzherzog Karl), die Frage der Kaiserkrönung Ferdinands und schließlich um Erbstreitigkeiten zwischen dem Kaiserhof und Polen im Zusammenhang mit dem Herzogtum Bari.95 Allein dieser Umstand (mündliche Form der Weisung) erhellt, daß in Rom keine großen, gründlichen Vorbereitungen für diese Mission getroffen worden waren, wie wir sie aus späterer Zeit kennen. So gingen den Entsendungen von Nuntien ins Reich unter Gregor XIII. umfassende Beratungen voraus, u. a. in einer eigens zu diesem Zweck wieder begründeten Kongregation für die deutschen Angelegenheiten. Pius IV. wollte offenbar keine Zeit verlieren. Im Zentrum der Bemühungen von Stanislaus Hosius zu Beginn seiner Aktivität in Wien stand die Person des Erzherzogs Maximilian. In der Forschung hat man sich im Rahmen der Biographie Maximilians sehr früh für dessen Religiosität interessiert. Feststeht, daß der älteste Sohn Kaiser Ferdinands bereits zur Zeit des Augsburger Religionsfriedens Papst und katholischer Kirche weitgehend distanziert gegenüberstand und offen mit dem Protestantismus sympathisierte.96 An der römischen Kurie gab diese Tendenz Anlass zu erhöhter Wachsamkeit.

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Abteilung der Nuntiaturberichte aus Deutschland (eine Übersicht zu den einzelnen Bänden bietet Alexander Koller, Bibliographie zur päpstlichen Politik und Diplomatie (1500 – 1800), I. Aktenpublikationen, in: Kurie und Politik, S. 415 – 435, hier S. 422. Zur Beurteilung von Rolle und Möglichkeiten der Nuntien im Reich in der Zeit zwischen 1548 und 1555 vgl. Kap. I.1 dieses Bandes. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 7. Ebd. S. 7 f. Einschlägig sind die Arbeiten von Eduard Reimann, Die religiöse Entwicklung Maximilians II in den Jahren 1554 – 1564, in: Historische Zeitschrift 15 (1866), S. 1 – 64, und Robert

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I. Kaiser und Papst

Einen entscheidenden Punkt bildete in diesem Zusammenhang die Frage der Kommunion unter beiden Gestalten, die Maximilian aus Gewissensgründen für sich forderte. Der Kaiser, der eine völlige Abkehr seines Sohnes vom katholischen Glauben befürchtete, hatte noch vor dem Eintreffen des Bischofs von Ermland Pius IV. um die Bewilligung der Kommunion sub utraque specie für seinen Sohn gebeten. Diese Frage hatte eine brisante politische Implikation, denn bei Maximilian handelte es sich um den potentiellen Nachfolger Ferdinands als Kaiser97 und König von Böhmen und Ungarn. Die zu erwartenden Krönungen Erzherzog Maximilians waren traditionell eingebettet in eine Messfeier, die nach dem Pontificale Romanum als konstitutiven Bestandteil die feierliche Kommunion des zu Krönenden vorsah.98 Anders als bei einem Gottesdienst in privatem Rahmen machte der künftige König also bei dieser Gelegenheit – je nach Art und Weise des Kommunionempfangs – seine Glaubenshaltung und damit auch sein Verhältnis zur römischen Kirche öffentlich.99 Jedenfalls konnte Hosius bei seiner Ankunft am Kaiserhof nicht die erhoff te Dispens überbringen, worauf ihn der Kaiser, der den päpstlichen Gesandten überaus herzlich empfangen hatte, bat, seinem Sohn darüber keine Mitteilung zu machen, da er glaubte, Maximilian könnte eine Dummheit begehen: metuo, so Ferdinand gegenüber dem Nuntius, ne faciat unam stultitiam.100 Ferdinand rechnete offenbar mit einem offenen Übertritt seines Sohnes zum Protestantismus.

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Holtzmann, Kaiser Maximilian II. bis zu seiner Thronbesteigung (1527 – 1564). Ein Beitrag zur Geschichte des Übergangs von der Reformation zur Gegenreformation, Berlin 1903. Vgl. in diesem Zusammenhang auch das einschlägige Kapitel in der Habilitationsschrift von Heinz Duchhardt, Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht, Wiesbaden 1977 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 87, Abteilung Universalgeschichte), S. 52 – 69. Vgl. Joseph Schlecht, Das geheime Dispensbreve Pius IV. für die römische Königskrönung Maximilians II., in: Historisches Jb. 14 (1893), S. 1 – 38, hier S. 11. In einem geheim zu haltenden Breve erteilte Pius V. schließlich am 10. Dezember 1561 Ferdinand I. die Vollmacht, seinem Sohn die Kommunion sub utraque zu gestatten. Der Text des Breves ist abgedruckt bei Schlecht, Dispensbreve, S. 31 f. Zum ersten Mal machte Ferdinand I. von dieser Vollmacht Gebrauch im Zusammenhang mit der Krönung Erzherzog Maximilians zum König von Böhmen am 20. September 1562 in Prag (vgl. ebd. S. 19). Dabei kommunizierte Maximilian nicht während des eigentlichen Krönungsritus. Er hatte offensichtlich zuvor „privat“ die Kommunion sub utraque specie empfangen. Auch bei der Krönung zum römischen König gut einen Monat später in Frankfurt empfing Maximilian die Kommunion nicht während der Krönungsfeier. Offiziell wurden gesundheitliche Gründe angeführt. So hätten die Ärzte dem böhmischen König bescheinigt, er könne nicht über einen längeren Zeitraum nüchtern bleiben. Vgl. ebd. S. 20; Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. LVIIIf., und Pierre Blet, La question du calice dans la mission du nonce Hosius auprès de l’empereur Ferdinand, in: Divinitas 28 (1984), S. 242 – 266, hier S. 266. Besonderer Zeitdruck bestand im Zusammenhang mit der ungarischen Königswahl bzw. -krönung, da der Fürst von Siebenbürgen, Johann Sigismund Zápolya unmittelbar nach dem Tod seines Vaters Ansprüche auf Ungarn erhoben hatte. Auch hier wirkte sich die ungeklärte Kelchfrage für die Sukzession Maximilians aufschiebend aus, vgl. Schlecht, Dispensbreve, S. 14; Die Krönung zum ungarischen König wurde schließlich erst 1563 vollzogen. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 21.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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Um seinen Auftrag zu erfüllen, Maximilian wieder im katholischen Glauben zu verankern, baute der päpstliche Nuntius v. a. auf das persönliche Gespräch. Im Verlauf seines Aufenthalts am Kaiserhof kam Hosius zu mehreren Privatissima mit dem Erzherzog zusammen, die ihrem Charakter nach einer Katechese ähnelten. Gleichzeitig versuchte er über den Kaiser, den Prediger Johann Sebastian Pfauser, der Maximilian in religiösen Fragen beriet und ihm protestantisches Gedankengut nahe gebracht hatte, vom Hof zu entfernen. Der anfängliche Enthusiasmus von Stanislaus Hosius verflog jedoch schnell, da Maximilian in keinem Punkt, v. a. nicht in der Kelchfrage, von seiner Haltung abzubringen war. Weiterhin mied er katholische Predigten und nahm auch im Jahr 1560 – als sichtbarstes Zeichen seiner Distanz zum römischen Ritus – nicht an der Fronleichnamsprozession teil. Daß sich Erzherzog Maximilian schließlich – wenigstens nach außen hin – gegenüber Papst und Kirche konzilianter zeigte, war weniger ein Verdienst des kaiserlichen Vaters oder des Nuntius, sondern bedingt durch die Haltung der protestantischen Reichsfürsten gegenüber dem Kaisersohn im Frühjahr 1560. Maximilian hatte im April seinen Vertrauten Niclas von Warnsdorf u. a. zu den Kurfürsten von Sachsen, Brandenburg und der Pfalz entsandt, um sie im Konflikt mit dem Vater um Unterstützung zu bitten. Die Sondierungen endeten für den Erzherzog mit einem völligen Fehlschlag, da sich kein einziger der kontaktierten Reichsfürsten zu einer konkreten Hilfe bereit erklären wollte. Diese Erfahrung brachte Maximilian offenbar zu der Überzeugung, künftig Politik und Religion streng von einander zu trennen. Jedenfalls hat sich in der Forschung die Meinung durchgesetzt, Maximilian habe unabhängig von seiner religiösen Überzeugung nach außen hin bei politischen Fragen nach den Erfordernissen der Staatsräson gehandelt. Steinherz beschreibt dies folgendermaßen: „Denn was Maximilian seit dem Sommer des Jahres 1560 anstrebte, war: aus der exponirten Stellung, in die er durch seine offen bekannte protestantische Gesinnung gekommen war, sich mit Anstand herauszuziehen, die katholischen Kreise zu gewinnen, ohne die protestantischen abzustossen, zwischen beiden Parteien eine freie Stellung einzunehmen, ‚nicht Papist und nicht evangelisch‘, sondern nur ‚Christ‘ zu sein.“101 Seine Reserven gegenüber der katholischen Kirche sind im Übrigen bis zu seinem Tod überliefert. Noch auf dem Sterbebett verweigerte er im Oktober 1576 die Sakramente.102 Hosius konnte bereits im Herbst 1560 eine deutliche Besserung im persönlichen Verhältnis zu Maximilian konstatieren. Im Jahr 1561 setzte sich diese Tendenz fort. Gemeinsamkeiten bestanden v. a. in der Konzilsfrage. Positiv wurde vermerkt, daß der Erzherzog an wichtigen liturgischen Feiern während der Fastenzeit teilnahm, u. a. an der Aschermittwochszeremonie und an der Fußwaschung des Gründonners101 102

Ebd. S. LVII f. Vgl. den Bericht des Nuntius Giovanni Delfino an Kardinal Tolomeo Gallio vom 12. Oktober 1576 aus Regensburg, gedruckt in Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken. III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997, S. 639 f.

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I. Kaiser und Papst

tags, bei der er seinem Vater, der die Handlung vornahm, assistierte.103 Andere Dinge blieben dem Nuntius freilich verborgen. Zu dieser Zeit neigte sich die Nuntiatur des Bischofs Hosius am Kaiserhof bereits ihrem Ende zu. Schon seit geraumer Zeit (seit Ende September 1560) war mit Zaccaria Delfino ein zweiter Nuntius bei Ferdinand I. tätig, der sich bereits früher als diplomatischer Vertreter der Kurie im Reich aufgehalten hatte. Er hatte v. a. die Konzilsfrage zu behandeln,104 führte aber auch Gespräche mit Maximilian, wobei er bei seinen Gesprächen mit dem Erzherzog ganz anders vorging als der Bischof von Ermland und auf die Behandlung dogmatischer Fragen verzichtete. Hier ist der Ort, auf den zweiten Kernpunkt der Mission von Stanislaus Hosius am Kaiserhof, die Behandlung der Konzilsfrage, näher einzugehen. Die Diskussion um die Fortführung des Konzils von Trient, das 1552 neuerlich vertagt worden war (bereits 1547 war die Kirchenversammlung ein erstes Mal nach zweijährigen Arbeiten suspendiert worden), erreichte im Juni 1560 am Kaiserhof einen gewissen Höhepunkt. Das Interesse an einer erfolgreichen Fort- bzw. Durchführung des Konzils war bei Kaiser Ferdinand I. nie erlahmt, da ihm v. a. mit Blick auf die eigenen Territorien vor dem Hintergrund der andauernden Türkengefahr, des Vordringens des Protestantismus bei den Ständen und der zunehmenden Dekadenz der katholischen Geistlichkeit (Welt- und Ordensklerus) an einer grundlegenden Reform der Kirche gelegen war. Seit dem Pontifikatswechsel von Ende 1559 wurden auch von Rom wieder Signale in diese Richtung ausgesandt. Im Frühjahr 1560 schlug der neue Papst Pius IV. den katholischen Mächten (Spanien, Frankreich, Kaiser) offiziell die Fortführung des Konzils von Trient vor. In einer Unterredung mit dem Kaiser am 3. Juni 1560 konnte Hosius die päpstlichen Konzilspläne präsentieren. Der Kaiser zeigte sich aufgeschlossen. Hinsichtlich des Tagungsortes sollte intensiv nachgedacht werden, doch käme Trient, eine Stadt an der Grenze zwischen dem Reich und Italien, deren Bevölkerung sich aus italienischen und deutschen Elementen zusammensetze, durchaus in Frage.105 Schon wenige Tage später zeigte sich jedoch Ferdinand I. gegenüber dem Nuntius reservierter, nachdem der Geheime Rat seine Skepsis zum Ausdruck gebracht und sich gegen ein überstürztes Vorgehen ausgesprochen hatte. Hosius wurde eine kaiserliche Denkschrift in der Konzilsfrage angekündigt, die als Gegenstand weiterer Besprechungen mit dem Nuntius dienen, aber auch dem Papst 103

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Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 240: Tres ille ceremonias hac quadragesima observavit, quas neglexerat superioribus: nam et cineres accepisse dicitur; et crucifixi simulachrum suis ipse manibus ante faciem Sermae reginae collocasse, cum esset partui proxima; et paternae Mti cenam dominicam representanti et pauperes de more pascenti eisque inservienti et pedes lavanti reverenter admodum et submisse ministrasse. Vgl. ebd. S. LXXX – LXXXII. Ebd. S. 40 f.: De concilio iterum egi cum Ces. Mte tertio nonas mensis huius. laudabat ea consilium Smi Dni N., ceterum de loco dicebat, rem indigere maturae deliberationis, etsi probare visa est Mtas eius quod revocare Smus cogitet suspensionem factam de concilio Tridentino; se quoque iudicare dixit locum esse aptum et idoneum, cum civitas illa sit in finibus Italiae ex Italis et Germanis conflata. posteaquam venerint isti principes qui expectantur, precipue vero Dnus dux Bavariae, iterum ea de re cum Illte eius tractabo.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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über den kaiserlichen Orator in Rom zur Kenntnis gebracht werden sollte.106 Noch stärker als der Geheime Rat äußerte Herzog Albrecht von Bayern gegenüber seinem kaiserlichen Schwiegervater Bedenken hinsichtlich einer Abhaltung des Konzils zum damaligen Zeitpunkt. Dies dürfte bei Ferdinand I. den Ausschlag gegeben haben, sich nun doch deutlich von der päpstlichen Vorstellung einer Fortsetzung des Konzils von Trient zu distanzieren.107 Der mit der Abfassung der Denkschrift108 beauftragte Dr. Georg Gienger, Mitglied des Geheimen Rats, ging in seinen Überlegungen zunächst auf die allgemeinen Probleme ein (Krieg zwischen England und Frankreich, Schwierigkeit der Beteiligung aller christlichen Länder, v. a. aber der protestantischen Reichsstände, persönliche Anwesenheit des Papstes). Trient wurde als Tagungssitz mit Verweis auf die Randlage der Stadt im äußersten Süden des Reichs und die logistischen Probleme (Aufnahme zahlreiche Reichsfürsten mit Gefolge) abgelehnt. Dagegen wurden zentraler gelegene Orte des Reiches in die Diskussion gebracht (konkret genannt wurden Köln, Konstanz und Regensburg). Die gegen Trient erhobenen Bedenken waren aber auch grundsätzlicher Natur (Neubeginn der Wiederaufnahme der Konzilsarbeit). Bei Hosius riefen allerdings weniger die kaiserlichen Vorstellungen hinsichtlich des Tagungsortes und der Fortsetzung des früheren Konzils, als vielmehr die Forderung des Kaisers nach sofortiger Gewährung der Kommunion sub utraque specie und der Priesterehe durch den Papst noch vor Zusammentreten des Konzils heftigen Widerspruch hervor.109 Offensichtlich reagierte der Nuntius deshalb so empfindlich auf dieses Ansinnen, da die Kelchkommunion auch von Erzherzog Maximilian für sich persönlich reklamiert wurde und damit auch die zeitgleich stattfindenden Gespräche zwischen dem Nuntius und dem Sohn des Kaisers tangiert waren, die entsprechend den kurialen Instruktionen für die Hosius-Mission dem Zweck dienen sollten, Maximilian zur Orthodoxie zurückzuführen. Es ist bezeichnend, daß der Nuntius seine Kritik an der Gienger-Denkschrift erst dann schriftlich festhielt, als der Kaiser ihm zusicherte, seine Bemerkungen vor Maximilian geheim zu halten.110 Die von Hosius vorgebrachten Punkte111 fanden weitgehend bei der Zweitfassung der kaiserlichen Denkschrift Berücksichtigung, die am 28. Juni 1560 nach Rom übermittelt wurde. In diesem entscheidenden Moment entschloss sich der Papst, Hosius bei seinen Bemühungen vor Ort einen weiteren Nuntius zur Seite zu stellen. Die Wahl fiel nicht zufällig auf Zaccaria Delfino, der bereits über diplomatische Erfahrungen in Deutschland verfügte und überdies von Ferdinand geschätzt wurde. Delfino sollte 106 107 108 109 110 111

Vgl. das Schreiben des Nuntius an den König Sigismund II. August von Polen vom 6. Juni 1560, zitiert in: Ebd. S. 45. Ebd. S. LXVIII. Scriptum C. M.tis in negocio concilii nuncio apostolico exhibitum, publiziert von Sickel, Geschichte, Nr. 38, S. 55 – 72. Vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. LXX. Vgl. ebd. S. LXXI. Die Stellungnahme von Stanislaus Hosius ist gedruckt bei Sickel, Geschichte, Nr. 39, S. 72, ergänzt durch Franz Bernhard Bucholtz, Geschichte der Regierung Ferdinand des Ersten, Bd. 9, Wien 1838, S. 678 – 681 (dieser Text wird vom Editor Delfino zugeschrieben und in das Jahr 1562 datiert!).

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I. Kaiser und Papst

nun persönlich auf den Kaiser einwirken, um diesen von der Fortsetzung des Konzils mit Sitz in Trient zu überzeugen.112 Delfino traf am 28. September in Wien ein. In der Folgezeit führte er intensive Verhandlungen in der Konzilsthematik, teils allein, teil zusammen mit Hosius,113 wobei die Frage Neubeginn oder Wiederaufnahme des Konzils im Zentrum der Gespräche zwischen Kaiser und den Nuntien stand. Delfino hatte nach seiner Ankunft aus Rom als Antwort auf die Botschaft Kaiser Ferdinands I. die offizielle Note Pius’ IV. übergeben, die an dessen Absicht, unter allen Umständen am Konzilsort Trient festzuhalten, keinen Zweifel ließ. Ferdinand seinerseits reagierte auf die päpstlichen Vorschläge wieder schriftlich, indem er seine früheren Forderungen nach einem neuen Konzil bei persönlicher Anwesenheit des Papstes unterstrich. Als Tagungsort wurde nun Innsbruck ins Spiel gebracht.114 Aus dem von Hosius verfassten Bericht an Kardinal Borromeo über die Unterredung mit dem Kaiser vom 9. Oktober 1560 geht deutlich hervor, daß Ferdinand mit der Einberufung eines neuen Konzils noch eine kleine Chance sah, die Protestanten für eine Beteiligung zu gewinnen. Hosius zitiert in diesem Zusammenhang den Kaiser in direkter Rede, als dieser den Nuntius zwar als den Älteren und Gelehrteren würdigt, ihm aber gleichzeitig die geringere Kenntnis der deutschen Verhältnisse attestiert, ansonsten würde er verstehen, daß die Protestanten niemals zur Fortsetzung des Konzils in Trient erscheinen würden: … tu me senior et doctior, sed ego melius scio quid agatur in Germania, quam tu. ego nolo promittere, si novum etiam concilium indicatur, quod sint ad illud venturi Protestantes, sed scio quod ad continuationem Tridentini nunquam venient, et scio etiam quod, quamvis consenserant in Tridentinum concilium, tamen postea consensum suum revocarunt.115 Alfred Kohler geht in seiner FerdinandBiographie davon aus, daß der Kaiser eine „gutwillige Rückkehr“ der Protestanten in den Schoß der Kirche erhoff te. Während die Position von Pius IV. als realistischer einzustufen sei, verdiene „Ferdinands Überzeugung aus heutiger ökumenischer Sicht Beachtung“.116 Auch bei den beiden Nuntien scheint es zu unterschiedlichen Bewertungen in dieser Frage gekommen zu sein.117 Aus den überlieferten Dokumenten ergibt sich ein Bild, wonach Delfino den Positionen des Kaisers zeitweise näher gestanden habe als denen des Papstes. Jedenfalls musste er sich von Kardinal Borromeo Vorhaltungen

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Vgl. die von Carlo Borromeo verfasste Instruktion aus der zweiten Augusthälfte 1560, Steinherz, NBD, Bd. II/1, Nr. 20b, S. 99 – 110. Für den Zeitraum des gemeinsamen Aufenthalts von Hosius und Delfino am Wiener Kaiserhof sind Berichte von Hosius allein (in lateinischer Sprache), von Delfino allein (auf italienisch) sowie von Hosius und Delfino als gemeinsame Verfasser bzw. Unterzeichner (auf lateinisch oder italienisch) überliefert. Vgl. die getrennten Schreiben von Delfino (vom 14./15. Oktober 1560) bzw. Hosius (vom 14. Oktober 1560) an Borromeo, Steinherz, NBD, Bd. II/1, Nr. 27a, S. 132 – 135, Nr. 27b, S. 135. Ebd. S. 137. Alfred Kohler, Ferdinand I. 1503 – 1564. Fürst, König und Kaiser, München 2003, S. 278. Vgl. die Analyse von Steinherz in: Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 141.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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gefallen lassen, die Position der römischen Kurie nicht nachhaltig genug am Kaiserhof zu vertreten.118 Ohne auf die großen katholischen Mächte Spanien und Frankreich bzw. den Kaiser, die im Vorfeld konsultiert worden waren, weiter Rücksicht zu nehmen, verfügte Pius IV. schließlich in der Kardinalskongregation vom 14. November 1560 die Einberufung des Konzils mit dem Tagungsort Trient.119 Dem Papst gelang mit diesem Schritt ein diplomatisches Meisterstück, zumal er bei der Formulierung der am 29. November erlassenen Konzilsbulle bewusst offen ließ, ob es sich bei der Einberufung des Konzils für den Ostersonntag des Jahres 1561 nach Trient um ein neues Konzil oder um die Fortsetzung des früheren Trienter handle, und so den Gegensatz zum Reich und zu Frankreich einerseits, die einen Neubeginn anstrebten (Frankreich hatte sogar zeitweise mit der Einberufung eines Nationalkonzils gedroht, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen) und zu Spanien andererseits, das auf einer Fortführung der Trienter Versammlung bestand, neutralisierte.120 Hosius gelang es – freilich nicht ohne Schwierigkeiten – unter Mithilfe des kaiserlichen Beichtvaters Matthias Sitthard, des Bischofs von Wien, Anton Brus von Müglitz, sowie des Beichtvaters der Frau von Erzherzog Maximilian, Franz von Cordova, Ferdinand am 20. Januar zur Annahme der Konzilsbulle zu bewegen. Die Publikation verzögerte sich jedoch. Ferdinand war nach wie vor der Ansicht, daß ein Konzil in dieser Form keinen Sinn mache, da weder Frankreich noch die Protestanten daran teilnehmen würden. In jener Phase hatte Hosius wieder die alleinige päpstliche Vertretung am Kaiserhof inne und damit auch die Verantwortung für die Verhandlungen in der Konzilsfrage, denn Delfino war von 14. Januar bis 18. Juni von Wien abwesend.121 Er hatte zuvor den Auftrag erhalten, zusammen mit dem außerordentlichen Nuntius Giovanni Francesco Commendone alle Fürsten und Städte des Reichs (katholische wie protestantische Reichsstände; letztere hatten sich in Naumburg versammelt) zum bevorstehenden Konzil einzuladen. Als die Nachricht vom ablehnenden Bescheid der protestantischen Fürsten in Wien bekannt wurde, verstärkte sich bei Ferdinand die Skepsis hinsichtlich der Annahme der Konzilsbulle, da er nun seine Hoffnungen auf eine Teilnahme der Protestanten endgültig aufgeben musste. Selbst als die Eröffnung des Konzils unmittelbar bevorstand und Hosius am 2. März 1561 dem Kaiser seine Ernennung zum Konzillegaten mitteilte, verweigerte Ferdinand die Anerkennung 118

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Auf die Weisung Borromeos reagierte Delfino mit einem langen Rechtfertigungsschreiben vom 17. November 1560, wo der Nuntius in weiten Teilen die Argumentation des Kaisers zu stützen versuchte (ebd. Nr. 32, S. 157 – 163). Delfino war offensichtlich daran interessiert, sein gutes Verhältnis zu Ferdinand zu erhalten bzw. zu stärken. Bereits einige Jahre zuvor hatte er in einem Memorandum für den früheren Kardinalnepoten und Staatssekretär, Carlo Carafa, den damaligen König Ferdinand I. für die Zugeständnisse an die Protestanten im Zusammenhang mit dem Passauer Vertrag von 1552 in Schutz genommen und die alleinige Verantwortung für das folgenreiche Vertragswerk Kaiser Karl V. zugewiesen; vgl. Kap. I.1, S. 31 f. Vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. XC. Vgl. ebd. S. XC – CV. Vgl. ebd. S. CVI und 341.

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des Konzils und die Abschickung von kaiserlichen Gesandten nach Trient. Erst die seit langem erwartete Stellungnahme der geistlichen Reichsfürsten löste beim Kaiser ein Umdenken aus. In der Frage der zu entsendenden Botschafter wurde ein Kompromissvorschlag von Hosius akzeptiert, demzufolge Ferdinand nicht als Kaiser, sondern als König von Böhmen und Ungarn sowie als Erzherzog von Österreich das Konzil anerkennen und Botschafter nach Trient abordnen sollte. Die Namen der Gesandten (die Bischöfe von Fünfkirchen und Raab sowie Graf Georg von Helfenstein) konnte Hosius Ende April nach Rom berichten.122 Die förmliche Annahme der Konzilsbulle durch Ferdinand I. erfolgte allerdings erst im Mai.123 Und auch die Abschickung von (zwei kaiserlichen und einem ungarischen) Gesandten ließ noch Monate auf sich warten. Erst Anfang 1562 trafen im Abstand von jeweils zwei Wochen zunächst Georg Draskovich, Bischof von Fünfkirchen, als Vertreter Ferdinands als König von Ungarn, dann Anton Brus von Müglitz, mittlerweile Erzbischof von Prag, als geistlicher und schließlich Graf Sigismund von Thun als weltlicher Repräsentant des Kaisers in Trient ein.124 Weitere Themen der Mission von Stanislaus Hosius waren u. a. die Reform des Kardinalskollegiums, die Ferdinand I. anmahnte,125 und die Bekämpfung des Protestantismus in den österreichischen Erblanden. Hier ging es v. a. um die Entfernung protestantischer Professoren von der Universität Wien.126 Seit der Universitätsreform von 1554 lehrten an der Wiener Hochschule zunehmend Professoren, die mit dem Protestantismus sympathisierten. Sie hatten bald ein zahlenmäßiges Übergewicht gegenüber der altgläubigen, von den Jesuiten dominierten Professorenschaft. Hosius war um eine Reform bemüht, die den Ausschluss aller protestantischen Lehrkräfte zum Ziel hatte. Bei Ferdinand I. drang er mit seinen Vorstellungen allerdings nicht durch. Der Kaiser forderte zwar einige wenige Professoren zum Verlassen der Universität auf, verweigerte aber sowohl eine grundlegende wie auch partielle Änderung der Universitätsstatuten und beendete im Oktober 1560 die Diskussion mit dem Hinweis, daß die Angelegenheiten der Universität geordnet seien.127 122

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Vgl. ebd. S. 219 und 252. Eine Parallele hierzu bildet der umstrittene Kompromißvorschlag der Kurie im Zusammenhang mit der Obödienzleistung Kaiser Rudolfs II. gegenüber Gregor XIII. 1577, wonach der Kaiser lediglich für die Königreiche Ungarn und Böhmen (ratione regnorum Ungariae et Bohemiae) den üblichen Gehorsamsterminus (obedientiam) anwenden müsse, während für das Reich (ratione imperii) die abgeschwächte Gehorsamsformel (reverentiam obsequium […]) konzediert werden könne. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Die Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 145 – 147. Vgl. auch Kap. I.6 dieses Bandes, S. 97. Vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. CIV. Vgl. Laubach, Ferdinand I., S. 418 und 424 (Anm. 52). Vgl. Joachim Birkner, Das Konzil von Trient und die Reform des Kardinalskollegiums unter Pius IV., in: Historisches Jb. 52 (1932), S. 340 – 355, hier S. 341. Vgl. auch Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. LXXXVII. Vgl. ebd. S. LXXII – LXXVI. Ebd. S. 151: Ces. M.tas visa est tractationem ea de re refugere, quod satis bene iam esse diceret omnia constituta.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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Ende Juli 1561 verließ Stanislaus Hosius Wien, um als päpstlicher Legat zum Konzil nach Trient zu gehen, für dessen Wiedereröffnung er sich eingesetzt hatte. Schon zuvor (im Februar desselben Jahres) war er zum Kardinal erhoben worden. Wenn mit dieser Auszeichnung v. a. die reformerische Tätigkeit und die von Stanislaus Hosius als Bischof von Kulm, später von Ermland bzw. seine hohe theologische Bildung gewürdigt wurde, so dürfte wohl auch die Mission am Kaiserhof eine Rolle gespielt haben,128 auch wenn bei der zentralen Frage der Religiosität Maximilians trotz einiger positiver Zeichen weiterhin Unklarheit herrschte. Jedenfalls lehnte es der Erzherzog weiterhin kategorisch ab, die Kommunion nur unter einer Form zu empfangen. Es bleiben abschließend zwei Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Hosius-Mission stellen: 1. Warum betraute Papst Pius IV. unmittelbar zu Beginn seines Pontifikats Stanislaus Hosius mit einer Nuntiatur zu Ferdinand I.? 2. Kann die Mission als Erfolg oder Misserfolg gewertet werden? Zunächst zur Person. Stanislaus Hosius wurde offensichtlich nicht von ungefähr für diese Aufgabe ausgewählt. Zunächst handelte es sich bei ihm um einen anerkannten Theologen, der die Reformdebatte um die Mitte des 16. Jahrhunderts mitgeprägt hatte. Hinzu kam, daß er der Abstammung nach ein Deutscher war129 und als Bischof einer de facto exemten Diözese vorstand, die zwar nicht zum Reich gehörte, aber deren Zugehörigkeit zu den Concordata Nationis Germanicae130 angenommen wurde. Vermutlich wollte die Kurie nach fünf Jahren Vakanz der Kaiserhofnuntiatur mit der Entsendung des Bischofs von Ermland als Nuntius ein bestimmtes Signal setzen. Denn den Italienern war im Reich zuletzt viel Misstrauen entgegengebracht worden. In der Instruktion für Zaccaria Delfino, zunächst Kollege, dann Nachfolger von Hosius als Nuntius am Kaiserhof, kommt dies deutlich zum Ausdruck: Stanislaus Hosius sei neben seiner Gelehrsamkeit und seines Ansehens beim Kaiser v. a. deshalb mit der Nuntiatur betraut worden, da er, wie sich der Papst in Anspielung auf die Abstammung des Prälaten väterlicherseits ausdrückte, fast ein Deutscher sei (quasi della natione)131. Außerdem hatte er schon früher einen diplomatischen Auftrag für den polnischen König bei Karl V. und König Ferdinand erledigt (in der Angelegenheit der Säkula128

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Nach Wojtyska, Hosius, S. 145, sei die Aufnahme des Bischofs von Ermland in das Kardinalskollegium hingegen nur der hohen Reputation des Prälaten als Theologen zuzuschreiben. Stanislaus war das dritte Kind des von Pforzheim in Baden nach Krakau ausgewanderten Kaufmanns Ulrich Hoos von Renchen, vgl. Karp, Hosius, S. 314, und Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. XXX. Vgl. dazu Roman Bodański, Konkordaty książęce (Rzym, 5 – 7 luty 1447 r.), ich właściwość dla diecezji warmińskiej, in: Warmińskie Wladomości Archidiecezjalne 56 (2001), Nr. 54 – 56, S. 103 – 123. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 100.

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I. Kaiser und Papst

risation des Deutschordensgebietes) und kannte von daher den aktuellen Kaiser und dessen engste Berater persönlich.132 Ein sehr enges Freundschaftsverhältnis verband Hosius überdies mit zwei Bischöfen aus dem Reich, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, Bischof von Augsburg, und Cristoforo Madruzzo, Bischof von Trient und Brixen. Die Frage von Erfolg oder Misserfolg der Mission von Stanislaus Hosius am Kaiserhof Ferdinands I. 1560/1561 wird in der Forschung weitgehend negativ bewertet. Der Bearbeiter der Nuntiaturkorrespondenz Steinherz beschreibt Hosius als „selbstbewußt und schroff im Auftreten“, als „Vertreter der unbedingten Autorität des Papstthums“, er sei ein „bedeutender Theologe, aber kein Diplomat“ gewesen.133 Nach Ludwig von Pastor war der Bischof von Ermland „zu diplomatischen Verhandlungen nichts weniger als geeignet“134. Auch der polnische Kirchenhistoriker Henryk Damian Wojtyska bemerkt kritisch in seiner Dissertationsschrift von 1967: „some diplomatic mistakes showed, that Hosius was not equal to his important position.“135 Auf dieser Linie bewegt sich auch Oliver Schmidt, der in einem Aufsatz von 1996 zu dem Ergebnis kommt, daß „Hosius mit seinen Bemühungen um die Rückführung Maximilians zum katholischen Glauben gescheitert“ sei, „weil er nicht argumentativ auf seinen Gesprächspartner einzugehen vermochte und er ihm statt dessen immer wieder mit einer dogmatischen Grundhaltung begegnete, die für Hosius typisch zu sein scheint“.136 Ernst Laubach spricht in seiner Biographie Kaiser Ferdinands I. von 2001 vom „kantigen“137 Hosius. Man muss freilich dagegen halten, welche Spielräume Hosius inhaltlich hatte, ohne seinen eigenen religiösen Überzeugungen zuwider zu laufen. Zu einem eher positiven Votum kommt Pierre Blet in seinem Aufsatz über die Kelchproblematik im Zusammenhang mit der Nuntiatur von Stanislaus Hosius: „Quels que fussent les sentiments profonds de Maximilien, il reste qu’il demeura officiellement dans la communion de l’Eglise catholique. L’éventualité redoutée par Pie IV comme par Ferdinand I, de voir le Saint Empire sous le sceptre d’un prince gagné à la réforme de Luther ou à la Confession d’Augsbourg, fut évitée. L’une des finalités de la mission de Hosius près de Ferdinand se trouvait réalisée“.138 Auch bei der Behandlung der Konzilsfrage erkennt Steinherz zumindest Teilerfolge des Nuntius.139 132 133 134

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Vgl. ebd. S. XXXI; Karp, Hosius, S. 315; Wojtyska, Hosius, S. 139 f. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. XXX. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 7: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reform und Restauration: Pius IV. (1559 – 1565), 8. Aufl., Freiburg i. Br. 1925, S. 190. Henryk Damian Wojtyska, Cardinal Hosius legate to the Council of Trent, Rome 1967, S. 16. In seiner knappen Hosius-Biographie Wojtyska, Hosius, S. 145, bescheinigt der Autor Hosius Naivität bei der Bewältigung seiner diplomatischen Aufgaben. Oliver Schmidt, Die Bemühungen des päpstlichen Nuntius Stanislaus Hosius um die Rekatholisierung Maximilians II., in: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands 48 (1996), S. 47 – 65, hier S. 64. Laubach, Ferdinand I., S. 397. Blet, La question, S. 266. Vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. CIV.

2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 1561)

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So konnte er schließlich bei Ferdinand die Annahme der Konzilsbulle erreichen, obwohl aus dieser indirekt hervorging, daß eine Fortsetzung des unterbrochenen Trienter Konzils intendiert war. Darüber hinaus gelang es ihm, von Ferdinand die Zusicherung zu erhalten, Gesandte nach Trient abzuschicken.140 Problematisch und nicht immer zielführend war dagegen die Art und Weise, in der Hosius bei seinen Gesprächen vorging. Seine schroffe Art und seine ständige Kritik machten ihn bei Ferdinand unbeliebt.141 Das persönliche Verhältnis zwischen dem Nuntius und dem Kaiser war offensichtlich schlecht. Andererseits kommt der Editor der Nuntiaturkorrespondenz von 1560/61 Steinherz zu dem Ergebnis, daß gerade die „ungestüme und unermüdliche Beredsamkeit von Hosius viel dazu beigetragen hat“, den Kaiser in der Konzilsfrage umzustimmen.142 Als Fazit bleibt festzuhalten, daß die Mission von Stanislaus Hosius bei Kaiser Ferdinand I. im Vergleich zu den Fehlschlägen der kurialen Deutschlandpolitik in den 40er und 50er Jahren des 16. Jahrhunderts zumindest in Teilen erfolgreich durchgeführt und somit die Grundlagen für einen Neubeginn der ständigen päpstlichen Nuntiatur am Kaiserhof geschaffen werden konnten.

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Vgl. ebd. S. XVII, CV – VII. Vgl. ebd. S. LXXVI f. Offensichtlich entschloß sich Pius IV. aus diesem Grund zur Entsendung von Zaccaria Delfino zu Kaiser Ferdinand, vgl. ebd. S. LXXX. Ebd. S. CIV.

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3. Die spanische Partei und die Nuntien am Hof Maximilians II. und Rudolfs II. Maria von Österreich und die katholische Konfessionalisierung im Reich 1. Einleitung Dieses Kapitel möchte die Beziehungen zwischen den päpstlichen Nuntien und der spanischen Partei am Kaiserhof in den 60er und 70er Jahren des 16. Jahrhunderts näher beschreiben. Im Zentrum des Betrachtungszeitraums steht das Kaisertum Maximilians II. Allerdings sollen die folgenden Überlegungen sowohl nach vorne als auch nach hinten über die Grenzen der Regierungszeit Maximilians II. hinausgreifen, um die Kontinuitäten der päpstlichen Politik im Zusammenspiel mit der spanischen Partei v. a. in konfessionspolitischen Fragen seit der Endphase der Regierung Ferdinands I. bis ins erste Jahrfünft der Regierung Rudolfs II. aufzuzeigen. Als Rahmendaten werden angesetzt zum einen die Nuntiatur von Stanislaus Hosius, mit der 1560 die offiziellen, von Paul IV. abgebrochenen Beziehungen zwischen der römischen Kurie und dem Reich nach mehreren Jahren wiederaufgenommen wurden, und zum anderen die Übersiedlung der Kaiserinwitwe Maria von Prag nach Spanien 1581, wodurch eine zentrale katholische Figur die Bühne des Kaiserhofes verließ und somit die spanisch-römische Konfessionspolitik eine deutliche Zäsur erfuhr. Als Grundlage für die Analyse dienen im wesentlichen die Berichte der Nuntien vom Kaiserhof und die entsprechenden kurialen Weisungen, die für den genannten Zeitraum durch Bearbeitungen österreichischer und deutscher Historiker komplett erschlossen sind.143

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Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 1: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897; Bd. 2: Nuntius Commendone 1560 (Dezember) – 1562 (März), bearb. von Adam Wandruszka, Graz-Köln 1953; Bd. 3: Nuntius Delfino 1562 – 1563, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1903; Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914; Bd. 5: Nuntius Biglia 1565 – 1566 (Juni). Commendone als Legat auf dem Reichstag zu Augsburg 1566, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien-Leipzig 1926; Bd. 6: Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember). Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 – 1569, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien 1939; Bd. 7: Nuntius Biglia 1570 – 1571, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Graz-Köln 1952; Bd. 8: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571 – 1572, bearb. von Johann Rainer. Graz-Köln 1967; III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982; Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990; Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997; Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003; Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce, Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Dems., Berlin 2012. Da bei der Abfassung der vorliegenden Publikation Bd. 10 der III. Abteilung noch nicht gedruckt vorlag, wurde nicht wie sonst üblich auf Seiten, sondern auf Nummern und Absätze der einzelnen Dokumente verwiesen.

3. Die spanische Partei und die Nuntien

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2. Päpstliche und spanische Politik am Kaiserhof Zunächst sollen in einem kurzen Abschnitt die Positionen der einzelnen Teilnehmer dieses Beziehungsdreiecks (Kaiser, Spanien, römische Kurie) und ihr Verhältnis zueinander am Kaiserhof an den bedeutenden reichspolitischen, außenpolitischen und konfessionspolitischen Themen jener Zeit aufgezeigt werden. Dabei kann generell festgestellt werden, daß sowohl Spanien als auch der Papst über bedeutende Einflußmöglichkeiten verfügten und es häufig auf Grund von Interessenskongruenz zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Vertretern Madrids und Roms kam. In Fragen der Reichspolitik (mit Ausnahme Reichsitaliens, das einen besonderen Fall darstellt), v. a. bei der Behandlung der flandrischen Krise sowie bei allen die katholische Religion und ihre Verteidigung und Stabilisierung betreffenden Themen (Bekämpfung des Protestantismus, Katholizität des Reichsoberhaupts und seines Hofes, Förderung der kirchlichen Reform) kann von einer eindeutigen Allianz zwischen den „Spaniern“ und den päpstlichen Nuntien und Legaten ausgegangen werden. Freilich gab es auch andere Konstellationen und Schnittmengen bei den handlungsleitenden Motiven, v. a. im Bereich der europäischen Mächtepolitik. So waren beide habsburgische Linien zunächst strikt gegen die Rangerhöhung der Toskana, weshalb es zu einer Isolierung des Nuntius am Kaiserhof kam, der die Verleihung des Großherzogstitel an Cosimo de’ Medici durch Papst Pius V. zu vertreten hatte. Auch gegenüber der Osmanenpolitik des Apostolischen Stuhles und den diversen antitürkischen Ligaplänen der Päpste hielten sich Kaiser und spanischer König weitgehend zurück. Philipp II. hatte sich zwar an den Aktionen von 1571 beteiligt, die zum Sieg von Lepanto führten. Bald danach zog er sich aber aus dieser Konfrontation zurück. Einen schweren Schlag bedeutete für Gregor XIII. die Ratifizierung eines Separatfriedens zwischen Philipp II. und den Türken im März 1580. Die Verhandlungen für dieses Abkommen waren bereits 1577 aufgenommen worden.144 Auch die Kaiser gaben sich sich in jener Zeit trotz einer eindeutigen Bedrohungslage unter Verweis auf den befristeten Waffenstillstand von Adrianopel aus dem Jahr 1568,145 der von Maximilian II. einmal und von Rudolf II. dreimal erneuert worden war, zurückhaltend gegenüber den offensiven Türkenpolitik des Apostolischen Stuhls.146 Auch in dynastischen Fragen konnten die beiden habsburgischen Linien in Gegensatz zur päpstlichen Politik gelangen, was sich bei der polnischen Sukzession des Jahres 1573 zeigte, als Gregor XIII. trotz anderslautender Bekundungen die französische Kandidatur von Henri d’Anjou unterstützte und nicht einmal davor zurückschreckte, den Nuntius am Kaiserhof durch gezielte Fehlinformationen zu desavouieren.147 144

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Agostino Borromeo, Gregorio XIII, in: Enciclopedia dei Papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 184; Angel Fernández Collado, Gregorio XIII y Felipe II en la nunciatura de Felipe Sega (1577 – 1581). Aspectos político, jurisdiccional y de reforma, Toledo 1991, S. 104 – 110. Chronologisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge, Bd. 1: Die österreichischen Staatsverträge von 1526 bis 1763, bearb. von Ludwig Bittner, Wien 1903, Nr. 119, 126, 129, 136, 149. Vgl. Kap. I.8. Almut Bues, Die päpstliche Politik gegenüber Polen-Litauen zur Zeit der ersten Interregna, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturbe-

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I. Kaiser und Papst

Dessenungeachtet war das spanisch-päpstliche Bündnis in konfessionellen Belangen äußerst erfolgreich – mit nicht zu unterschätzenden Folgen für das Reich und Gesamteuropa. Auch wenn in den Jahrzehnten um 1600 durch gefährdete Kurfürstentümer (Köln 1582, Böhmen 1619) und durch den habsburgischen Bruderzwist die Katholizität des deutschen Kaisertums neuen Bedrohungen ausgesetzt war, so bestand zweifellos das größte Risiko für die künftige konfessionelle Entwicklung Deutschlands in der Person, die zwischen 1564 und 1576 an der Spitze des Reichsverbandes stand und die – selbst von protestantischer Gesinnung – die von Rom und Spanien bekämpfte Heterodoxie im Reich und in den Erbländern förderte. Gleichsam wie einen von der Pest Befallenen versuchten die katholischen Parteigänger am Kaiserhof Maximilian zu isolieren und konfessionspolitisch unter Druck zu setzen, um eine Ausweitung der Plage zu verhindern und auf jeden Fall das Reich und die Erbländer vor dem Untergang zu bewahren,148 wenn schon die Person des Kaisers nicht mehr zu retten war. 3. Die spanische Partei am Kaiserhof Nun aber zur eigentlichen spanischen Partei: Im Zentrum dieser Gruppe standen Kaiserin Maria149, eine Tochter Karls V., und ihr Hofstaat. Dieser umfaßte, um eine ungefähre numerische Vorstellung zu geben, zum Zeitpunkt der Übersiedlung der Kaiserin nach Spanien 1581 ca. 570 Personen, wie aus Verzeichnissen hervorgeht, die nach Venedig und andere Orte geschickt wurden, um die Durchreise der Kaiserin und ihres Gefolges durch Norditalien nach Genua zu organisieren.150 Aus dem engeren familiären Umfeld Marias galten als spanienfreundlich und gut katholisch die Erzherzöge Ernst151 und Maximilian152 sowie die Erzherzogin

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richtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 116 – 136. Instruktion für Carlo Carafa, Rom, 1621 IV 12, gedruckt in: Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, Bd. 2, Tübingen 1997, S. 614: La chiesa catolica è vissuta già cento anni fa in perpetuo pericolo di vedere nella Germania un imperadore non suo e quasi di pronosticare con la fine dell’Imperio Romano la fin del mondo („Die katholische Kirche hat nun schon 100 Jahre in der ständigen Gefahr gelebt, in Deutschland einen Nichtkatholiken als Kaiser zu sehen und mit dem Ende des römischen Reichs das Ende der Welt vorherzusehen“). Zu ihr vgl. Wilhelm Maurenbrecher, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 20, Leipzig 1884, S. 365; Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 7, Wien 1861, S. 19 f. Vgl. Lista delle persone e cavalli che seguono l’Imperatrice, Archivio di Stato Turin, Materie politiche per rapporto all’estero Lettere Ministri, Austria 4. Paolo Viti Mariani, L’arciduca Ernesto d’Austria e la Santa Sede, Roma 1898; Victor Bibl, Erzherzog Ernst und die Gegenreformation in Niederösterreich (1576 – 1590), in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsbd. 6, Wien 1901, S. 575 – 596; Rudolf Steuer, Beiträge zur Geschichte Erzherzogs Ernst von Österreich (15.6.1553 – 20.2.1595), Wien 1947. Heinz Noflatscher, Glaube, Reich und Dynastie. Maximilian der Deutschmeister, Marburg 1987.

3. Die spanische Partei und die Nuntien

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Elisabeth,153 die als verwitwete Königin von Frankreich 1574 an den Kaiserhof zurückkehrte und später in Wien ein Klarissinnenkloster gründen sollte, wohin sie sich zurückzog. Neben der Kaiserin waren die wichtigsten Exponenten der spanischen Partei die diplomatischen Vertreter Philipps II. Die vier ordentlichen Botschafter, die in dem hier behandelten Zeitraum die Interessen Madrids am Kaiserhof vertraten, waren: Fernandez Conde de Luna (bis 1563), Thomas Perrenot de Chantonet (ab 1565), Francisco Hurtado de Mendoza (1570 – 1577) und schließlich Juan de Borja (1577 – 1581). Großen Einfluß innerhalb dieser Gruppe übten aber auch die Mitglieder von Orden aus, v. a. die Jesuiten, Franziskaner und Karmeliter, die zum Teil aus Spanien stammten und wichtige Funktionen am Hof als Beichtväter oder Prediger einnahmen. Schließlich sind zu dieser Gruppe noch Adelige nichtspanischer Herkunft mit ranghohen Chargen am Kaiserhof zu zählen, die mit Frauen des spanischen Hochadels verheiratet waren. Hier sind zu nennen der Obersthofmeister Rudolfs II., Adam von Dietrichstein,154 und Oberststallmeister Rudolfs II., Claudio Trivulzio, die Margarita de Cardona bzw. Margarita Lasso geehelicht hatten. Von allen genannten Personen waren zweifellos die Kaiserin und die spanischen Botschafter die wichtigsten Ansprechpartner und Unterstützer der konfessionellen Politik des Apostolischen Stuhles. Sie waren die mezzi et instrumenti oppurtuni,155 wie sich Giovanni Delfino einmal ausdrückte, deren sich die Nuntien bedienten, um die katholische Religion zu schützen und zu festigen. Dies geht deutlich aus den päpstlichen Hauptinstruktionen für die an den Kaiserhof entsandten Nuntien hervor, wo beide Personen in eigenen Kapiteln behandelt werden. Der Glaubenseifer und die Autorität Marias werden darin als grandissimo capitale bei der Aufgabenbewältigung der Nuntien bezeichnet.156 Bezüglich des spanischen Botschafters Borja beispielsweise enthält die Weisung an Ottavio Santacroce, Nuntius am Kaiserhof von 1578 bis 1581, folgende Passage: È cosa molto necessaria d’ intendersi bene con l’Ambasciatore Cath.co residente in Corte Ces.a, et quello che vi è di presente è signore molto pio et catholico, et ha fatto in tutte le occasioni ottimi officii per la santa religione ad instanza de li nuntii („Es ist absolut notwendig, mit dem am Kaiserhof residierenden spanischen Botschafter ein gutes Verhältnis zu pflegen; der aktuelle Botschafter ist ein frommer und katholischer Mann, der bei vielen Gelegenheiten auf Betreiben der Nuntien der heiligen Religion beste Dienste geleistet hat“).157 Im Folgenden soll v. a. die Figur der 153

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Joseph F. Patrouch, Ysabell/Elisabeth/Alzbeta: Erzherzogin, Königin. Ein Forschungsgegenwurff, in: Frühneuzeit-Info 10 (1999), S. 257 – 265. Ders., Queen’s Apprentice. Archduchess Elizabeth, Empress María, the Habsburgs, and the Holy Roman Empire, 1554 – 1569, Leiden 2010 (Studies in medieval and Reformation traditions 148). Friedrich Edelmayer, Ehre, Geld, Karriere. Adam von Dietrichstein im Dienst Kaiser Maximilians II., in: Ders., Alfred Kohler (Hgg.), Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert, München 1992 (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 19), S. 109 – 142. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 606. Vgl. Instruktion für Orazio Malaspina, Rom, 1578 VIII 29, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 189r – 193v, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 1. Instruktion für Ottavio Santacroce, Rom, 1581 IV 17, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 116r – 121r, 123r – 126v, Konz. (A); Fondo Pio 127, fol. 317r – 321v, Reg. (B); BAV, Barb. Lat. 5744, fol. 136r – 142r, Kop., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 282.

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I. Kaiser und Papst

Kaiserin Maria einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Das heißt nicht, daß bei der Analyse ausschließlich von der Kaiserin die Rede sein wird. Indirekt werden auch die anderen Mitglieder der spanischen Fraktion am Kaiserhof beleuchtet. Dies liegt in der Natur der Sache, da Maria im Zentrum eines eng vernetzten Klientelund Patronagesystems stand. 4. Maria de Austria Die 1528 geborene Tochter Karls V. und Isabellas von Portugal war mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Philipp zusammen erzogen worden. Nachdem zunächst eine französische Heiratsoption ins Auge gefaßt worden war, heiratete sie 1548 den ältesten Sohn Ferdinands I., Erzherzog Maximilian. Diese Verbindung sollte die dynastische Einheit der Casa de Austria festigen und eine Reihe von Heiraten von Mitgliedern beider habsburgischer Linien einleiten. Von Anfang an hatte Maria auch die Funktion, die philoprotestantischen Neigungen Maximilians einzudämmen. 1553 holte Erzherzog Maximilian seine Frau in seine Heimat. Aus der Verbindung beider gingen insgesamt neun Söhne und sechs Töchter hervor. Entscheidend für die künftige konfessionelle Ausrichtung der österreichischen Linie des Hauses waren enge Kontakte der Kaiserin zum spanischen Hof ihres Bruders und zur päpstlichen Kurie, v. a. auch die Tatsache, daß sie für eine betont katholische Erziehung ihrer erstgeborenen Söhne Rudolf und Ernst in Spanien sorgte. Nach dem Ableben ihres Gatten 1576 blieb Maria noch fünf Jahre am Prager Kaiserhof Rudolfs II., übersiedelte dann aber 1581 nach Madrid,158 wo sie fortan im Kloster der unbeschuhten Karmeliterinnen bis zu ihrem Tod 1603 lebte.159 Bis dahin bemühte sich v. a. Orazio Malaspina, Nuntius am Kaiserhof von 1578 bis 1581, intensiv im Auftrag der Kurie für einen Verbleib der Kaiserin Maria in Prag, einer der wichtigsten Garantinnen der Kurie für den Erhalt des Katholizismus in den habsburgischen Erbländern und im Reich. 5. Die Agentin der Kurie Maria, das läßt sich ohne Übertreibung auf Grund des Quellenbefundes sagen, war eine Agentin der Kurie am Kaiserhof. Bei allen wichtigen Fragen, v. a. in konfessionellen Belangen, konnten Papst und Kurie von der rückhaltlosen Unterstützung der Kaiserin ausgehen, wie Maria selbst gegenüber Giovanni Delfino bei dessen Antrittsbesuch im Juli versicherte: […] et, havendola io ringratiato de’ buoni ufficii che ha fatto sempre in materia di religione, mi rispose non haver fatto cosa alcuna rispetto al 158

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Elisabeth Schoder, Die Reise der Kaiserin Maria nach Spanien (1581/82), in: Friedrich Edelmayer (Hg.), Hispania – Austria II, Die Epoche Philipps II. (1556 – 1598)/La época de Felipe II (1556 – 1598), Wien 1999 (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 5), S. 151 – 180. Magdalena S. Sánchez, The Empress, the Queen and the Nun. Women and Power at the Court of Philipp III of Spain, Baltimore-London 1998.

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desiderio suo […] et che non mancherà mai di fare tutto quello che potrà ad honor di Dio et satisfattione di S. B.ne („ […] nachdem ich [Delfino] mich bei ihr [Maria] bedankt hatte für die guten Dienste, die sie immer für die Religion geleistet hatte, antwortete sie, sie habe nicht so viel getan, wie sie es sich gewünscht hätte […] und daß sie nicht nachlassen werde, alles in ihren Möglichkeiten stehende zu tun zur Ehre Gottes und zur Zufriedenheit des Papstes“).160 In vielen Bereichen läßt sich die von Rom gesteuerte Einflußnahme der Kaiserin auf Maximilian und Rudolf konstatieren. So förderte sie bereits früh eine Kandidatur Ernsts von Bayern für Köln, die bereits 1570 ventiliert worden war. Sie bemühte sich um die Restitution des Abts von Fulda,161 ein wichtiges päpstliches Anliegen jener Zeit und schaltete sich 1577 in die Diskussion um die Obödienzleistung Rudolfs gegenüber dem Apostolischen Stuhl ein.162 V. a. unterstützte sie energisch die gegenreformatorischen Initiativen der Nuntien, etwa hinsichtlich des Verbots protestantischer Predigten163 und der Rücknahme von konfessionellen Zugeständnissen an den Adel, v. a. im Umfeld von Reichs- und Landtagen, denen unter dem Aspekt der Forderungen der Stände nach Religionsfreiheit größte konfessionspolitische Relevanz zukam.164 Sie war zudem eine entschiedene Förderin des Jesuitenordens,165 wie sich u. a. durch großzügige Geldspenden für den Bau des Prager Kollegs zeigte.166 Ende 1574 machte man sich ernsthafte Gedanken über eine Verheiratung Erzherzog Rudolfs mit der Tochter des Kurfürsten von Sachsen. Für diesen Fall, der allerdings dann nicht eintrat, hätte die spanische Partei am Hof mit allen Kräften auf eine Konversion der Prinzessin hingearbeitet, um die Wahl Rudolfs zum römischen König nicht zu gefährden. Auch in diesem Kontext wäre Maria eine entscheidende Aufgabe zugefallen, so der spanische Botschafter gegenüber dem Nuntius: [...] la serenissima imperatrice la pigliarebbe sopra di sé et, essendo molto giovine come è, facilmente si instituirebbe a modo et voglia nostra […] („Ihre Majestät würde sich ihrer annehmen und, da sie [die sächsische Prinzessin] sehr jung ist, würde sie sich leicht nach unseren Vorstellungen erziehen lassen“).167 Die zweifellos wichtigste Funktion, die Maria mit Unterstützung Spaniens168 und des Papstes bis zum Tod Maximilians II. am Kaiserhof zu erfüllen hatte, war 160 161 162 163

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Rainer, NBD, Bd. II/8, S. 36. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 363 f., 371. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 121, 125 und 127. Goetz, NBD, Bd. III/6, S. 390 f., 401, 407 (Maria erreicht Predigtverbot); Bues, NBD, Bd. III/7, S. 414 (protestantische Predigten im Wiener Landhaus, der Vertretung der niederösterreichischen Stände). Vgl. u. a. den niederösterreichischen Landtag von 1577, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 295. Dengel, NBD, Bd. II/6, S. 158: […] la M.tà dell’ imperatrice gli favorisce et li soviene di continuo […]; Bues, NBD, Bd. III/7, S. 208 f. (Dekrete gegen die Jesuiten). Neri, NBD, Bd. III/8, S. 162, 215. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 706; vgl. auch zu den Beziehungen zwischen Dresden und dem Kaiserhof: Katrin Keller, Les réseaux féminins. Anne de Saxe et la cour de Vienna, in: Isabelle Poutrin, Marie-Karine Schaub (Hgg.), Femmes & pouvoir politique. Les princesses d’Europe XVe – XVIIIe siècle, Rosny-sous-Bois 2007, S. 164 – 180. Philipp II. gab Maria 1569 im Kontext der vom Kaiser geduldeten protestantischen Predigten unmißverständlich zu verstehen, daß Maximilian mit seinem Kurs sein eigenes Seelenheil, das

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die Verhinderung des offiziellen, nach außen manifesten Übertritts des Kaisers zum Protestantismus. Den Druck, den die Kaiserin im Verbund mit dem päpstlichen Nuntius und dem spanischen Botschafter auf den Kaiser ausübte, war enorm. Die Initiativen gingen dabei in zwei Richtungen. Zum einen sollte Maximilian abgehalten werden, den Protestantismus weiter zu fördern. In diesen Kontext gehören alle bereits angesprochenen, gegen die Glaubensfeinde gerichteten Pläne und die Sicherstellung der katholischen Erziehung der kaiserlichen Kinder. In diesem Zusammenhang stehen auch die Bemühungen und die Diskussionen um eine Verhinderung der Kommunionpraxis des Kaisers, nämlich sub utraque, bei den jungen Erzherzögen.169 Maria gelang es auch, die Kinder an der Fronleichnamsprozession teilnehmen zu lassen, im Gegensatz zum Kaiser, der sich noch im Todesjahr 1576 wegen Unpäßlichkeit entschuldigen ließ.170 Das Fronleichnamsfest gilt bis zum heutigen Tag als das konfessionellste Fest der römischen Kirche schlechthin, v. a. die Teilnahme an der Prozession mit dem Allerheiligsten im Zentrum steht für ein öffentliches Bekenntnis zum Katholizismus. Rudolf nahm dann auch als Kaiser demonstrativ an dieser Prozession teil.171 Daß Rudolf in jenen Jahren überzeugter Katholik war, belegt auch seine Krönung zum böhmischen König 1575, als er sich zum Mißfallen der Protestanten nicht nur gegenüber Gott, sondern auch gegenüber der Gottesmutter Maria und den Heiligen eidlich verpflichtete.172 Die andere Stoßrichtung betraf den Kaiser selbst. Seit Beginn der 1560er Jahren bemühte sich die Kurie zusammen mit Maria und der spanischen Partei173 intensiv um eine Rückführung Maximilians zum katholischen Ritus.174 In zentralen Fragen (Kelchkommunion, katholische Predigten, Fronleichnamsfeier) war der Erzherzog und spätere Kaiser nicht von seiner Haltung abzubringen. Im Jahr 1575 glaubte der Nuntius allerdings eine mutatione in religiösen Belangen bei Maximilian II. feststellen zu können.175 Anfang 1576 gab es ein deutliches Zeichen in diese Richtung, als der Kaiser dem Drängen des Nuntius und der Kaiserin sowie anderer Exponenten

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Ansehen seines Staates und die freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen zu Spanien aufs Spiel setze, vgl. Colección de documentos inéditos para la historia de España, Bd. 103, Madrid 1892, S. 244. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 443 – 445, 471, 490. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 598. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 426 – 428; vgl. Martin Scheutz, ... hinter Ihrer Käyserlichen Majestät der Päbstliche Nuncius, Königl. Spanischer und Venetianischer Abgesandter. Fronleichnamsprozessionen im frühneuzeitlichen Wien, in: Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof (16. – 18. Jahrhundert), Wien 2006 (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 173 – 204, hier S. 181 – 183. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 320. 1572 legte Maria ihrerseits ihrem Bruder Philipp nahe, Adam von Dietrichstein ein Geschenk von 40 000 bis 100 000 Dukaten zu machen, damit er sich um die Bekehrung des Kaisers bemühe, vgl. Colección, Bd. 110, Madrid 1894, S. 368 f. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die Nuntiatur von Stanislaus Hosius am Kaiserhof, vgl. Kap. I.2. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 365.

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der katholischen Partei nachgab und einen protestantischen Prediger aus Wien auswies.176 Im Sommer desselben Jahres, wenige Monate vor dem Tod Maximilians, gab sich die Kaiserin der Hoffnung hin, ihren Gatten von seinen Irrtümern abbringen und zu einem offenen Bekenntnis zum katholischen Ritus bewegen zu können. In einem chiffrierten Schreiben berichtet Nuntius Delfino, daß Maria ihn gebeten habe, in Rom um die Erweiterung seiner Fakultäten hinsichtlich der Absolution von Häresie nachzusuchen.177 Trotz alledem blieb die Haltung des Kaisers bis zu seinem Tod ambig: es kam weder zu einem offenen Abfall noch zu einem eindeutigen katholischen Bekenntnis. Obwohl eine Wiedergewinnung der P e r s o n des Kaisers für die katholische Kirche bis zu dessen Tod nicht mehr möglich war, bleibt das Verdienst der Kaiserin Maria und ihrer Entourage – aus Sicht der römischen Kurie – festzuhalten, in diesen Jahren eine protestantische Konfessionalisierung des Kaisertums verhindert zu haben! Schon bald nach dem Regierungsantritt Rudolfs II. gab es in Prag Gerüchte, die Kaiserin wolle sich nach Spanien zurückziehen. In Rom wurden diese Nachrichten mit Besorgnis aufgenommen.178 Als sich die Informationen über ihren Rückzug vom Kaiserhof verdichteten, wurde Nuntius Malaspina im Februar 1580 von Kardinal Gallio angewiesen, mit allen Mitteln die Umzugspläne zu vereiteln. Diese würden sich nachteilig sowohl auf die religiösen (servitio di Dio) und politischen (cose publiche) Angelegenheiten, wie auch auf die Person des neuen Kaisers selbst auswirken. Verhindern konnte die Kurie diesen Schritt der Kaiserin letztlich nicht. Als Motive für die Übersiedlung werden der hohe finanziellen Aufwand für ihre eigene Hofhaltung,179 aber auch die zunehmende Isolation am Hof genannt.180 Mehrmals

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Ebd. S. 435. Diese Aktion, die einen Schlag gegen den protestantischen österreichischen Adel bedeutete, stand im Kontext der Wahl Maximilians zum König von Polen. Die Nachricht von der Wahl Maximilians war am 26. Dezember 1575 in Wien eingetroffen. Ebd. S. 585 f. Um die Kaiserin zumindest mittelfristig zum Verbleib in Prag zu bewegen, übergab der Nuntius das für sie bestimmte päpstliche Breve, in welchem die Verdienste der Kaiserin um Glauben und Kirche hervorgehoben waren: Et perché va serpendo voce che la Ser.ma Imperatrice desidera d’andare fra qualche mese in Spagna, ho resoluto di darle hoggi il breve di N. S. in questa materia et accompagnarlo con quei più opportuni et efficaci uffici che conoscerò convenirsi per rimoverla da tale pensiero [...] conoscendo chiaramente la gran perdita che faria la religione cath.ca in questi paesi per la partita sua („Und weil das Gerücht läuft, die Kaiserin wünsche in einigen Monaten nach Spanien zu reisen, habe ich mich entschlossen, ihr heute das Breve des Papstes in dieser Angelegenheit auszuhändigen, verbunden mit geeigneten und wirksamen Argumenten, um sie von diesem Vorhaben abzubringen […], da ich sehr wohl weiß, welch großen Verlust die katholische Religion in diesen Ländern durch ihren Weggang erleiden würde“, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 109). Vgl. Malaspina an Gallio, Prag, 1580 März 15, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 240r – 241v, Or.: [...] tutto questo dipende dalla difficoltà di denari che ha di mantener’ la sua Corte, nella quale spende meglio di 40 000 fiorini l’anno, et non si trova donde havergli (Druck: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 167,4). Elisabeth Schoder, Die Reise der Kaiserin Maria, S. 151 – 153.

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griff deshalb Gregor XIII. selbst ein, ließ Maria Geld überweisen181 und versuchte, ihr eine besondere politische Aufgabe durch Rudolf übertragen zu lassen. 6. Päpstlicher Gnadenfluss Die Forschungen zur Mikropolitik in der Frühen Neuzeit haben gezeigt, daß nicht nur im innerstaatlichen Bereich Patronage- und Klientelbeziehungen als Mittel der Politik genutzt wurden. Auch im zwischenstaatlichen Bereich konnte die Förderung von Freunden sowie „Kreaturen“ und die geschickte (Aus-)Nutzung von persönlichen Loyalitäten zur Umsetzung politischer Ziele eingesetzt werden. Wolfgang Reinhard und seine Schüler konnten belegen, daß während des Pontifikats Pauls V. von der römischen Kurie ein funktionierendes Netzwerk personaler Verflechtungen für das gesamte katholische Europa unterhalten wurde.182 Reinhard selbst stellte jedoch zuletzt fest, daß die mikropolitischen Beziehungen zum Reich nicht sehr stark ausgeprägt waren. Er vermutete, daß beide Seiten (konkret Rom und der Kaiserhof, aber auch andere Zentren im Reich) zu wenig Anreize boten, um längerfristige mikropolitische Engagements einzugehen.183 Dies mag für den Pontifikat Pauls V. Borghese zutreffen. Für die Zeit Pius’ V. und Gregors XIII. ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Hier förderte die Kurie zahlreiche Personen am Kaiserhof und versorgte sie mit Einkünften, Posten, Ehrungen, Gnaden und auch Personal (Entsendung von Jesuiten), wie am Beispiel der Kaiserin Maria im folgenden skizziert werden soll. Hatte die Kaiserin ein Anliegen, wandte sie sich zunächst direkt oder vermittelt durch den Nuntius an den Papst. Kardinal Gallio als zuständiger Sekretär für die auswärtigen Beziehungen bestätigte den Empfang184 und versicherte gleichzeitig, seinerseits das Anliegen der Monarchin zu unterstützen.185 Kurze Zeit später kam 181 182

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Im Januar 1578 erhielt die Kaiserin auf Weisung des Papstes 50 000 Golddukaten aus den Erträgen des Erzbistums Toledo, ASV, Epistula ad principes, Reg. 12, fol. 16r. Tobias Mörschel, Buona amicitia? Die römisch-savoyischen Beziehungen unter Paul V. (1605 – 1621). Studien zur frühneuzeitlichen Mikropolitik in Italien, Mainz 2002 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 193, Abteilung Universalgeschichte); Christian Wieland, Fürsten, Freunde, Diplomaten. Die römisch-florentinischen Beziehungen unter Paul V. (1605 – 1621), Köln-Weimar-Wien 2004 (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit 20); Wolfgang Reinhard (Hg.), Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605 – 1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua, Tübingen 2004 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 107); Moritz Trebeljahr, Karrieren unter dem achtspitzigen Kreuz. Die mikropolitischen Beziehungen des Papsthofes Pauls V. zum Johanniter-Orden auf Malta, 1605 – 1621, Nieder-Weisel 2008 (Schriftenreihe der Hessischen Genossenschaft des Johanniter-Ordens 29); Guido Metzler, Französische Mikropolitik in Rom unter Papst Paul V. Borghese (1605 – 1621), Heidelberg 2008 (Schriften der Philosophisch-Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 45). Reinhard, Römische Mikropolitik, S. 20. Vgl. Gallio an Malapsina, Rom, 1580 I 30, ASV Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 121r – 122v, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 154,7. Vgl. die Instruktion Gallios vom 26. November 1580, ASV Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 200r – v, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 243,2.

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in der Regel der positive Bescheid aus Rom, der von der Kaiserin wiederum mit dankbaren Worten aufgenommen wurde. Oft betonte Rom, daß im Fall der Kaiserin Ausnahmen gemacht wurden, wie z. B. im Fall einer Ehedipens zweiten Grades: anchorché S. S. in conceder dispensi in gradi stretti vadi molto riservata, come anco si con[viene] di fare conforme a la dispositione del Sacro [Officio], nondimeno, vedendo quanto S. M. desi[dera] tal gratia, non ha voluto negar[lela la dispen]za, [et] dato ordine che si spedisca et che nel resto, ove potrà compiacere a la M. S. lo farà [se potrà] prontissimamente, sapendo quanto lei sia divote, benemerita et degna d’ogni gratia da questa Santa Sede („obwohl Ihre Heiligkeit sich bei Dispensen, die enge Verwandtschaftsverhältnisse betreffen, sehr zurückhaltend zeigt – nicht zuletzt wegen der Vorgaben der Heiligen Inquisition – wollte sie trotzdem angesichts des großen Verlangens Ihrer Majestät nach dieser Gnade die Dispens nicht verweigern und hat die Ausfertigung angeordnet; im übrigen werde er [der Papst], soweit er könne, die Wünsche Ihrer Majestät schnellstmöglich erfüllen, da er um ihre Frömmigkeit und hohen Verdienste weiß, und da sie jeder Gnade des Heiligen Stuhls würdig ist“).186 Bei delikaten und langwierigen Fällen wurde abseits vom normalen Geschäftsgang versucht, die Anfragen zu beschleunigen oder positiv zu beeinflussen. So wurde die Angelegenheit von Francisco de Mendoza (es ging um das Dekanat von Cuenca) an die zuständige Rota überwiesen, wobei Kardinal Gallio zunächst zu verstehen gab, daß man kaum mehr tun könne, als den Dingen ihren ordentlichen Lauf zu lassen, fügte dann allerdings hinzu: Pure si vederà se si potesse fargli qualche cosa di più, et non si mancherà, maxime per una certa strada che io ho proposta de la quale, non voglio dir altro sin ch‘ io non veda quel che si possa fare („Jedenfalls werde man sehen, ob man noch etwas machen könne, v. a. über einen bestimmten Kanal, den ich vorgeschlagen habe, über den ich allerdings nicht weiter sprechen möchte, bevor ich ein klareres Bild habe“).187 Diese Gnaden- und Gunstbezeugungen des Papstes betrafen zunächst die Person der Kaiserin selbst. In diesem Zusammenhang sind zu nennen diverse Lizenzen, Privilegien und größere und kleinere Geschenke, u. a. die Verleihung der goldenen Rose 1561.188 1573 erhält sie auf eigenen Wunsch einen von Gregor XIII. gesegneten Rosenkranz.189 Im selben Jahr erfüllt der Papst den Wunsch der Kaiserin, die Jesuiten Lorenzo Maggio, Francisco Antonio und Diego Avellaneda nicht aus Wien abzuberufen.190 Als besondere Auszeichnung und Ehrung sind die beiden habsburgischen Kardinalserhebungen von 1576 und 1577 zu werten, die des Erzherzogs Andreas (dem Sohn ihres Schwagers Ferdinand)191 und v. a. die ihres Sohnes Albrecht. Maria selbst hatte Gregor XIII. um die Promotion Albrechts gebeten unter gleichzeitiger 186 187 188

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Bues, NBD, Bd. III/7, S. 166 (mit Transkriptionsfehlern). Koller, NBD, Bd. III/9, S. 209. Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 234 ; Elisabeth Cornides, Rose und Schwert im päpstlichen Zeremoniell von den Anfängen bis zum Pontifikat Gregors XIII., Wien 1967 (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 9), S. 116 f. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 6 f., 31. Ebd. S. 18 f. und 53. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 672; unter Verleihung des Titels von Santa Maria Nuova, vgl. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III: Saeculum XVI ab anno 1503 com-

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Verleihung des vakanten Erzbistums Toledo.192 Während Erzherzog Albrecht im März 1577 den Purpur erhielt,193 mußte er sich mit der Inbesitznahme des reichen Erzbistums noch bis 1594 gedulden.194 Immerhin bot Gregor XIII. der Kaiserin 100 000 Dukaten aus den Spolien des Erzbistums Toledo als Geschenk an,195 was die Monarchin trotz ihrer finanziellen Situation mit Rücksicht auf ihren Bruder Philipp ablehnte.196 Der Papst gab jedoch nicht nach und wollte ihr ein Jahr später 50 000 scudi aus den Einkünften desselben Erzbistums zukommen lassen.197 In den Genuß der päpstlichen Gnaden konnten aber auch Personen gelangen, für die sich Maria einsetzte und deren Wünsche sie mit entsprechenden Empfehlungen unterstützte. Im folgenden einige Beispiele, wobei nur Fälle aufgeführt werden, die vom Papst auf Empfehlung der Kaiserin positiv beschieden wurden:198 1561 eine Pension für ihren cappellanus maior aus den Einkünften des Bistums Segovia,199 1573 eine Ehedispens für den späteren Flottengeneral Don Martín de Padilla,200 1577 eine Dispens für den Benediktiner Georg Kirchner, außerhalb des Klosters Prüfening als Weltpriester fungieren zu dürfen, und für Margarita de Cardona, Ehefrau Adams von Dietrichstein, das Privileg eines Tragaltars.201 Im selben Jahr findet Maria beim Papst Gehör mit ihrer Bitte um Vergebung der wegen contumacia angeklagten Kanoniker von Verdun.202 Durch ihren Einsatz kann eine portugiesische Nonne mit

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plectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg, Monasterii 1923, S. 45. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 18. Ebd. S. 67 f.; vgl. Hierarchia catholica, Bd. III, S. 45. 1580 erhielt er den Titel von S. Croce in Gerusalemme. Hierarchia catholica, Bd. III, S. 315. Archivo General de Simancas, Estado, Legajo 932. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 29. Bulle Gregors XIII., Abschrift für den Erzbischof von Prag Anton Brus von Müglitz, 1578 IX 22, Archivo General de Simancas, Estado, Legajo 933. Weitere Suppliken, über deren positiven oder negativen Bescheid die Nuntiaturberichte nichts berichten: für den Karmeliter Mateo Flecha, Kaplan der Kaiserin (um Pension oder Benefizium), Goetz, NBD, Bd. III/6, S. 339, 366.; die Hofdame Doña Francisca de Lolardo (Dispens), Bues, NBD, Bd. III/7, S. 184; Gerónimo Ávila, Kaplan der Kaiserin (Empfehlung), ebd. S. 436, 463; Andrea Camuzio, Hofarzt Marias (Gnadengesuch), ebd. S. 578; Diego Avellaneda, Jesuit, Kaplan der Kaiserin (Pfründe: Archidiakonat von Cuenca), ebd. S. 593; Catalina de Mendoza, ebd. S. 670; Géronimo Cortereale (Bitte um Aufnahme in das Collegium Germanicum), Neri, NBD, Bd. III/8, S. 324, 353, 389. Die Korrespondenz der Jahre 1579 – 1581 enthält keine Informationen über einen positiven oder negativen Bescheid zu folgenden Gesuchen: Bitte um eine Pension für Don Fabrizio Raggi (ASV Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 199r – 202r; Germania 11, fol. 121r – 122v, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 147,8 und Nr. 154,7); Wunsch nach einem Benefizium für den Sohn des spanischen Botschafters am Kaiserhof (Germania 99, fol. 363r – 364r; Germania 11, fol. 200r – v, gedruckt ebd. Nr. 237,5 und Nr. 243,2); Hilfe für den Studenten Giovan Battista Sertorio (Germania 99, fol. 427r, gedruckt ebd. Nr. 287). Steinherz, NBD, Bd. II/1, S. 318, 330. Goetz, NBD, Bd. III/6, S. 314, 324. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 32, 53, 71. Ebd. S. 94, 115.

3. Die spanische Partei und die Nuntien

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Erlaubnis des Papstes das Kloster verlassen und zur Kur ein Heilbad aufsuchen.203 Der künftige Erzbischof von Prag, Zbynko Berka von Duba und Leipa, wurde während seines Romaufenthalts 1577 vom Papst und einigen Mitgliedern der Kurie auf Empfehlung der Kaiserin gefördert.204 1579 erhielt Don Antonio Canopulo, Priester der Diözese Sassari, auf Betreiben der Kaiserin eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung am Kaiserhof.205 Auch sonst kam es ohne direkte Intervention Marias zu päpstlichen Gnadenerweisen für die Klientel der Kaiserin. So erhielt unter den von Maximilian II. dem Papst empfohlenen Italienern der Sohn des Leibarztes von Maria, Giovanni Alessandrino, eine Pension aus den Erträgen aus einem venezianischen Benefizium.206 Eher selten wurden Gnadengesuche abgelehnt, wie z. B. die Bitte der Ehefrau Dietrichsteins, Margarita de Cardona, Frauenklöster zu betreten per esperienza veduto il disturbo che da ciò si genera a le religiose („erfahrungsgemäß wegen der Störung der Nonnen“).207 Auch umgekehrt, dies war allerdings eher selten, kam es zu Empfehlungen des Papstes an die Adresse der Kaiserin, z. B. im Fall des Ottavio Lando.208 7. Schluss Kehren wir nochmals in das Jahr 1576 zurück, als Maximilian II. Mitte Oktober auf dem Regensburger Reichstag starb. Zum Zeitpunkt des Todes des Monarchen hörte die Kaiserin gerade die Messe. Als sie danach ihren Mann aufsuchen wollte, kam ihr die Herzogin Anna von Bayern, die älteste Schwester Maximilians entgegen und 203 204 205

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Ebd. S. 17, 49 f. Ebd. S. 23, 94 und 115. Vgl. Malaspina an Gallio, Prag, 1579 VII 7, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 123r – 126r, Or. (gedruckt in: Koller, NBD, Bd. 10, Nr. 92,6) und den positiven Bescheid aus Rom: Gallio an Malaspina 1579 VIII 1, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 81r – 82v, Konz. (gedruckt ebd. Nr. 98,3). In drei Jahren vor Abreise Marias nach Spanien wurden folgende Gnadengesuche der Kaiserin positiv beschieden: Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung für ihren Kaplan Don Antonio Canopulo (Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 92,6; Nr. 98,3); Absicherung der Pension desselben (ebd. Nr. 257,5; Nr. 263,3); Supplik für Niccolò Gambara (ebd. Nr. 116,2; 118,3; 125, 9.); Verleihung eines Protonotariats an Don Diego Manrique (ebd. Nr. 221,4; Nr. 230,3; Nr. 265,3); Ablaß für Almosenier (ebd. Nr. 227,6; Nr. 234,3); Gesuch für die Marquesa de la Piovera (ebd. Nr. 242,6; Nr. 249,3); Bestätigung der Übertragung einer Benediktinerabtei durch den Kaiser an ihren Kaplan Mateo Flecha (ebd. Nr. 312,1; Nr. 324,4; 333,3). Weitere Empfehlungen, über deren positiven oder negativen Bescheid die vorliegende Nuntiaturkorrespondenz der Jahre 1579 bis 1581 keine Auskunft gibt: Pensionsempfehlung für Don Fabrizio Raggi (ebd. Nr. 147,8; Nr. 154, 7); Pfründenempfehlung für den Sohn des spanischen Botschafters am Kaiserhof, Borja (ebd. Nr. 237,5; Nr. 243,2); Unterstützung für den Studenten Giovan Battista Sertorio (ebd. Nr. 287). Mitunter wurde die Kaiserin um Geduld gebeten (ebd. Nr. 154,7) bzw. man gab ihr zu verstehen, daß man ihr Gesuch positiv bescheiden werde, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergebe (con le prime occasioni, ebd. Nr. 243,2). Bues, NBD, Bd. III/7, S. 127. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 53; vgl. auch Neri, NBD, Bd. III/8, S. 192 f. Ebd. S. 182.

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sagte ihr – nach dem Bericht des Nuntius Delfino, che non andasse più avanti, perché non era più moglie ma ben madre dell’ imperatore. A le quali parole replicò solamente se era morto catholico, et dicendo la duchessa di sì, rispose: „Sia lodato Dio.“ Et poi tramortì et fu portata dal principe Guielmo et da alcuni signori in camera, dove sta senza lasciarsi visitare („sie solle nicht weitergehen, da sie nicht mehr Frau sondern Mutter des Kaisers sei. Auf diese Worte hin fragte sie lediglich, ob er als Katholik gestorben sei. Als die Herzogin bejahte, antwortete sie: ‚Gelobt sei Gott‘. Danach wurde sie ohnmächtig und von Herzog Wilhelm und anderen Herren in ihr Zimmer gebracht, wo sie niemanden zu sich ließ“).209 Die Aussage der Herzogin von Bayern entsprach nicht ganz der Wahrheit. Denn der Kaiser hatte sich bis zuletzt geweigert, zu beichten und die Kommunion zu empfangen, und dies trotz der inständigen Bitten seiner Schwester und des gegen den Wunsch des Kaisers in der Todesstunde anwesenden Bischofs von Wiener Neustadt.210 So schmerzlich dieser Umstand des aus katholischer Perspektive skandalträchtigen Todes des Kaisers Maximilian ohne vorherigen Empfang der Sterbesakramente war, die römische Kurie konnte erst einmal aufatmen und ihr Augenmerk darauf richten, den neuen Kaiser auf einen dezidiert katholischen Kurs zu bringen. Die Hoffnungen des Papstes wurden durch die Berichte des Nuntius vor Ort genährt, denn Rudolf ging unmittelbar nach Regierungsübernahme daran, die konfessionellen Zugeständnisse seines Vaters in den Erbländern sukzessive aufzuheben und das protestantische Element am Hof und in den wichtigsten kaiserlichen Beratungsgremien zurückzudrängen. Auch dabei spielte die spanische Partei mit der nunmehr verwitweten und weiterhin mit päpstlichen Gnaden gesegneten Maria an der Spitze eine Schlüsselrolle: Rudolf, so der Nuntius im November 1576, continua a far cosa alcuna d’ importanza senza il parere de la serenissima imperatrice („holt weiterhin bei jeder Angelegenheit von Bedeutung die Meinung Ihrer Majestät der Kaiserin ein“).211

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Ebd. S. 641. Ebd. S. 639 f. Ebd. S. 675.

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4. Ut infirma confirmaret, disrupta consolidaret, depravata converteret 212 Grundlinien der Deutschlandpolitik Gregors XIII. Im Untertitel dieses Kapitels erscheint der Name des Papstes Gregors XIII.,213 der heute – außer bei Spezialisten der frühneuzeitlichen Kirchen- und Papstgeschichte – weitgehend vergessen ist. Anders verhält es sich bei seinem unmittelbaren Vorgänger, Pius V., der die Heilige Liga schmiedete, welche den berühmten Seesieg über die Türken bei Lepanto herbeiführte, bzw. bei seinem Nachfolger, Sixtus V., den man v. a. als Kurienreformer, unnachgiebigen Verfolger von Banditen und engagierten Neugestalter des römischen Stadtbildes kennt.214 Gregor XIII. wird dagegen heute allenfalls von den Hilfswissenschaftlern aus der Versenkung geholt, wenn sie auf die nach ihm benannte Kalenderreform von 1582 zu sprechen kommen. Bei den folgenden Überlegungen soll es freilich weniger um Fragen der Zeitrechnung, sondern um die Außenbeziehungen der römischen Kurie gehen. Gerade in jüngerer Zeit wendet man sich wieder diplomatiegeschichtlichen Themen zu (u. a. im Zusammenhang mit behördengeschichtlichen oder prosopographischen Studien). Und gerade die Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den europäischen Mächten während des Pontifikats von Gregor XIII. sind ein ertragreiches Feld, denn in den Jahren von 1572 bis 1585 erhielt die kuriale Außenpolitik ein neues Profil. Besonders ins Auge fällt dabei das Interesse des Papstes und der kurialen Behörden am Reich insgesamt bzw. an bestimmten deutschen Territorien.215 212

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„Um das Schwache zu stärken, dem Zerstörten eine neue Grundlage zu geben und Fehlentwicklungen umzukehren“, BAV, Fondo Boncompagni Ludovisi D 7, fol. 21v. Mit diesen Worten charakterisierte der aus Bologna stammende Bischof von Imola, Alessandro Musotti, die Bemühungen Gregors XIII. zur Stärkung des Katholizismus weltweit v. a. im Zusammenhang mit den zahlreichen Gründungen von Seminaren für die Ausbildung künftiger Priester. Die Feststellung des Bischofs ist Teil seiner Antwort auf einen von Giacomo Boncompagni erstellten und in Umlauf gegebenen Fragenkatalog im Hinblick auf die Abfassung einer Biographie seines Vaters (erschienen erst 1742). Zum Plan einer Biographie Gregors XIII. vgl. Stefano Andretta, Le biografie papali e l’informazione politica tra Cinque e Seicento, in: Elena Fasano Guarini, Mario Rosa (Hgg.), L’informazione politica in Italia (secc. XVI – XVIII), Pisa 2001, S. 239 – 279, hier S. 245 – 264 bzw. 274 – 279, und die Einleitung des Artikels von Peter Blastenbrei, Clemenza und equità. Zur Justizpolitik Papst Gregors XIII. (1572 – 1585), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 80 (2000), S. 360 – 452. Zu Gregor XIII. nach wie vor für Detailfragen unverzichtbar: Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 9: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Gregor XIII. (1572 – 1585), Freiburg i. Br. 1925. Eine knappe und zugleich umfassende Würdigung samt Bibliographie bietet Agostino Borromeo, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 180 – 202. Auch zu diesen beiden Päpsten vgl. die einschlägigen Artikel von Simona Feci und Silvano Giordano, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 160 – 180 bzw. 202 – 222. Vgl. neben den einschlägigen Passagen bei Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, auch das Kapitel XIII „Les nonciatures de Grégoire XIII et la réforme tridentine“ in der Monographie von Pierre Blet S. J., Histoire de la Représentation Diplomatique du Saint Siège des origines à l’aube du XIXe siècle, Città del Vaticano 1982 (Collectanea Archivi Vaticani 9), S. 275 – 294.

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I. Kaiser und Papst

Bei der Komplexität des Themas lassen sich freilich nur einige Aspekte ansprechen. Zunächst soll der Blick auf die in Rom eingeleiteten Maßnahmen zur Intensivierung der Beziehungen zum Reich am Beginn der Regierungszeit Gregors XIII. gelenkt werden. Danach werden kurz die ständigen deutschen Nuntiaturen während dieses 13 Jahre dauernden Pontifikats charakterisiert und zwar in der Reihenfolge: 1. Nuntiatur Graz (Innerösterreich), gegründet 1580, 2. Nuntiatur Köln, gegründet 1584, und 3. die Nuntiatur beim römisch-deutschen Kaiser, die bereits seit längerem bestand. Auf die ständige päpstliche Vertretung bei den katholischen Kantonen der Schweiz soll hier nicht eingegangen werden, da diese zwar weitgehend unter Gregor XIII. konzipiert, aber erst unter dem Nachfolger 1586 offiziell eingerichtet wurde.216 1. Ausgangslage Als Ugo Boncompagni 1572 zum Nachfolger Pius’ V. gewählt wurde, befand sich die katholische Kirche in Deutschland in einer tiefen Krise. Einerseits machte man sich an der Kurie große Sorgen über den Klerus, v. a. über die Bischöfe, über die der Kardinal und ehemalige Nuntius am Kaiserhof, Zaccaria Delfino, in einer programmatischen Rede vor den Mitgliedern der Deutschen Kongregation ein vernichtendes Urteil fällte: einige Bischöfe seien nicht ordiniert, andere dächten nicht daran, Diözesansynoden abzuhalten oder Priesterseminare zu errichten; der Großteil interessiere sich nur für die Annehmlichkeiten des Lebens, mit einem Wort, so Delfino, non hanno di prelati altro che il nome.217 Auf der anderen Seite befand sich der Protestantismus, der 1555 reichsrechtlich anerkannt worden war, weiter auf dem Vormarsch. Es stand zu befürchten, daß neben den bereits verloren gegangenen weitere Bistümer abfielen. Kurz, es ging um den Bestand der alten Kirche im Reich. Wie dem auch sei, Gregor XIII. erkannte schon zu Beginn seines Pontifikats, daß die Beziehungen zum Reich intensiviert und gleichzeitig neu gestaltet werden mußten. Zwei Maßnahmen dienten der Vorbereitung dieser neuen Politik. Zunächst rief Gregor in seinem ersten Pontifikatsjahr die von Pius V. eingerichtete, aber nie wirklich effizient arbeitende und schließlich eingeschlafene Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten (Congregatio Germanica) erneut ins Leben.218 Sie sollte das wichtigste Beratergremium des Papstes für die katholische Reform im Reich 216

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Zu Geschichte und Aufgaben der Schweizer bzw. Luzerner Nuntiatur vgl. Urban Fink, Die Luzerner Nuntiatur 1586 – 1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz, Luzern-Stuttgart 1997 (Collectanea Archivi Vaticani 40; Luzerner Historische Veröffentlichungen 32). Zitiert nach Wilhelm E. Schwarz (Hg.), Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., Bd. 2: Zehn Gutachten über die Lage der katholischen Kirche in Deutschland (1573/76) nebst dem Protokolle der deutschen Congregation (1573/78), Paderborn 1891, S. 20. Vgl. zu diesem Gremium Josef Krasenbrink, Die Congregatio Germanica und die katholische Reform in Deutschland nach dem Tridentinum, Münster 1972 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 105), und Bernhard Steinhauf, Giovanni Ludovico Madruzzo (1532 – 1600). Katholische Reformation zwischen Kaiser und Papst. Das Konzept zur prak-

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werden, v. a. im Hinblick auf neu einzurichtende Nuntiaturen. Über Gründung und Zielsetzung der Kongregation wurde der Nuntius am Kaiserhof, Giovanni Delfino, durch Kardinal Gallio am 7. März 1573 in Kenntnis gesetzt, nachdem zunächst keine offizielle Mitteilung an die Fürstenhöfe gelangt war, aber bereits Gerüchte über ihre Existenz und ihre angebliche Hauptaufgabe, die Bekämpfung des Protestantismus, in Wien umliefen:219 Der Papst, so der Tenor dieser chiff riert übermittelten Passage, wolle Kardinäle mit Deutschlanderfahrung (periti de le cose di là) zur Behandlung von religiösen und kirchlichen Fragen in die neu zu konstituierende Kardinalskongregation berufen. Ihre Aufgabe solle v. a. darin bestehen, den Restbestand der katholischen Kirche in Deutschland zu sichern und nach Möglichkeit abgefallene Gebiete zurück zu gewinnen. Es bestehe kein Anlass zur Beunruhigung (sospetto), da zum Erreichen dieses Ziels keine militärischen Aktionen geplant seien, welche nicht mehr zeitgemäß seien und überdies nicht den Absichten und Möglichkeiten des Papstes entsprächen: senza alcuna cogitatione né d’arme né di prattiche alcune violente, le quali sono nec huius temporis, né secondo l’ intentione et forze di S. S.tà. Insgesamt wurden von Gregor XIII. neun Kardinäle für die Congregatio Germanica bestimmt, neben dem bereits erwähnten Zaccaria Delfino u. a. einen der Initiatoren der Kongregationsneugründung, Otto Truchseß von Waldburg, der als einziger Kurienvertreter 1555 gegen den Augsburger Religionsfrieden Protest eingelegt hatte. Daneben wurde das Collegium Germanicum220 von Gregor XIII. reformiert (man kann sagen neu gegründet) und auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt. Dieses von den Jesuiten geleitete Priesterseminar war unter Julius III. 1552 zur Förderung des Priesternachwuchses im Reich errichtet worden. Die Jesuiten leiteten außer dem zentralen römischen Institut zur Ausbildung von Theologen für die deutschen Territorien auch Priesterseminare vor Ort. Im Zuständigkeitsbereich des Nuntius am Kaiserhof waren dies die den Kollegien in Wien und Prag angeschlossenen Alumnate. Sie waren 1574 bzw. 1575 von Gregor XIII. als Teil der Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der katholischen Kirche im Reich auf Initiative des Nuntius am Kaiserhof Giovanni Delfino errichtet worden.221 Einige Jahre später empfahl derselbe Nuntius

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tischen Gestaltung der Kirche der Neuzeit im Anschluß an das Konzil von Trient, Münster 1993 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 132), S. 102 – 109. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982, S. 366. Vgl. zu dieser Institution Peter Schmidt, Das Collegium Germanicum in Rom und die Germaniker. Zur Funktion eines römischen Ausländerseminars (1552 – 1914), Tübingen 1984 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 56). Der bereits angesprochene (vgl. oben Anm. 212) Bischof von Imola kommt in seiner Antwort auf den Fragenkatalog zu Gregor XIII. auch auf das Collegium Germanicum zu sprechen: Il primo è il Colleggio Germanico a S. Appolinaro, tanto honorato et governato da Padri Jesuiti con tanta carità che è un splendore in Roma di religione et santi costumi che trapassa anco di là dai monti (BAV, Boncompagni Ludovisi D 7, fol. 21v). Zur Gründung des Wiener Priesterseminars vgl. Bernhard Duhr S. J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 1: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge im XVI. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1907, S. 300 – 302, und Lászlo Lukács S. J., Die Gründung des Wiener päpstlichen Seminars und der Nuntius Giovanni Delfino

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den Aufbau entsprechender Seminare für Ingolstadt und Graz.222 Für Graz signalisierte die Kurie 1577 Zustimmung,223 die ersten Zahlungen – die Finanzierung lag weitgehend beim Heiligen Stuhl – erfolgten zu Beginn der Jahres 1578.224 Kurz vor seinem Tod unterzeichnete Gregor XIII. schließlich die Bulle zur Errichtung eines Priesterseminars in Dillingen.225 Es bedarf wohl keiner ausdrücklichen Betonung, daß auf dem gesamten Feld der Deutschlandpolitik (nicht nur hinsichtlich der Priesterausbildung) Papst und Congregatio Germanica engstens mit den Jesuiten zusammenarbeiteten. Diese waren neben den Nuntien die wichtigsten Informanten der Kurie für die Entwicklungen in Deutschland. So überrascht es auch nicht, daß von den zehn Gutachten, die uns aus dem Jahr 1573 zur Lage im Reich überliefert sind, mindestens drei aus der Hand führender Jesuiten stammen, nämlich von Petrus Canisius, damals Rektor des Kollegs in Dillingen und Hofprediger Erzherzog Ferdinands von Tirol, von Hermann Thyraeus, dem Provinzial der rheinischen Provinz, und Johannes von Rheidt (Rhetius).226 In diesen Gutachten wird u. a. der Aufbau neuer Nuntiaturen neben der am Kaiserhof bestehenden empfohlen, ein Vorschlag, der sehr schnell in die Praxis umgesetzt wurde und die päpstliche Politik gegenüber Deutschland entscheidend veränderte. 2. Nuntiatur I: Graz (Inneröstereich) Im Herbst 1580 war eine apostolische Nuntiatur am Hof des inneröstereichischen Regenten, Erzherzog Karl, gegründet worden, die bis 1622 arbeiten sollte.227 Zwei

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(1573 – 1577), in: Archivum historicum Societatis Jesu 23 (1954), S. 35 – 75. Zur Errichtung des Alumnats beim Prager Jesuitenkolleg (Clemenskolleg) vgl. Alois Kroess S. J., Geschichte der Böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu, Bd. 1: Geschichte der ersten Kollegien in Böhmen, Mähren und Glatz von ihrer Gründung bis zu ihrer Auflösung durch die böhmischen Stände 1556 – 1619, Wien 1910 (Quellen und Forschungen zur Geschichte, Literatur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer 11), S. 516 – 518. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 86 f. Gelegentlich äußerte sich Delfino auch zu den Auswahlkriterien: Da es Mangel an geeigneten Adeligen gebe, könnte auch zurückgegriffen werden auf cittadini ben nati che in Italia sariano reputati nobili, vgl. ebd. S. 86. Ebd. S. 180 f. Ebd. S. 317 und 339. Duhr, Geschichte der Jesuiten, S. 304. Diese Memoranden sind gedruckt bei Schwarz, Briefe und Akten, S. 39 – 47 (Canisius) und 33 – 39 (Thyraeus) bzw. Joseph Hansen (Hg.), Rheinische Akten zur Geschichte des Jesuitenordens 1542 – 1582, Bonn 1896 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 14), S. 644 – 647 (Rheidt). Vgl. in diesem Zusammenhang auch Krasenbrink, Congregatio Germanica, S. 107 f. Zu Gründung und Geschichte der päpstlichen diplomatischen Vertretung in Innerösterreich vgl. allgemein Johann Rainer, Die Grazer Nuntiatur 1580 – 1622, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 272 – 284. Die

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Gründe veranlassten Gregor XIII. zu diesem Schritt, der nicht zuletzt auf Bitten des steirischen Landesherrn erfolgte. Zum einen nahm die Steiermark wegen ihrer Lage in unmittelbarer Nachbarschaft der von den Türken besetzten Gebiete Ungarns und auf dem Balkan eine geostrategisch bedeutende Stellung ein (Zuständigkeit für die kroatische Militärgrenze). Zum anderen erwartete sich die Kurie von der Präsenz eines Nuntius in Innerösterreich ein rasches Zurückdrängen des weit verbreiteten Protestantismus in diesem Territorium mit entsprechenden Auswirkungen auf die übrigen habsburgischen Erbländer. Erster Nuntius in Graz wurde der Referendar beider Signaturen Germanico Malaspina, der den Titel eines Nuntius Apostolicae Sedis apud nobilem virum Carolum archiducem Austriae führte und mit 30 Jahren am Beginn einer großen diplomatischen Karriere stand (ihm wurden nach Beendigung seiner Grazer Mission 1584 noch drei weitere ordentliche Nuntiaturen übertragen, 1584 die Kaiserhofnuntiatur, 1591 die päpstliche Vertretung in Neapel und 1592 jene in Polen; 1599 ging er als außerordentlicher Nuntius nach Siebenbürgen).228 Der Geschäftsbereich seiner ersten Nuntiatur umfasste den gesamten innerösterreichischen Länderkomplex, d. h. neben der Steiermark, Kärnten, Krain, die Windische Mark, Görz, Triest und Fiume. Es handelte sich hier um eine unter politischen, konfessionellen wie ethnischen Gesichtspunkten hochkomplexe Zone am Schnittpunkt des germanischen, romanischen und slawischen Kulturraums. Die Instruktion für Germanico Malaspina, den ersten Nuntius, verfasst von dem für die Außenbeziehungen der Kurie zuständigen Sekretär Kardinal Tolomeo Gallio enthielt mehrere Punkte.229 Die Kernfrage bildete die Unterstützung Erzherzog Karls bei seinen Bemühungen um eine Widerrufung der bewilligten Religionszugeständnisse an die evangelischen Stände. In diesem Zusammenhang sollten auch die wichtigsten Hof- und Regierungschargen mit verlässlichen Katholiken besetzt werden. Die zentrale außenpolitische Frage, mit denen sich der Nuntius naturgemäß auseinanderzusetzen hatte, war die Türkenabwehr. Ein weiteres Thema bildete das Uskokenproblem, das die Beziehungen des Erzherzogtums Steiermark zu Venedig über Jahre belastete. Im kirchlichen Bereich ist v. a. die Zuständigkeit des Nuntius für das wenige Jahre zuvor gegründete lokale Priesteralumnat der Jesuiten in Graz zu nennen. Hinzu kamen weitere spezifische Aufträge. So sollte er u. a. bei den Juridisktionsstreitigkeiten zwischen Erzherzog Karl und dem Patriarchen von Aquileia bzw. dem Erzbischof von Salzburg vermitteln und die Ablösung des Protestanten Hans Friedrich Hoffmann als Verwalter (Vizedom) der reichen bambergischen Besitzungen in Kärnten betreiben, um einer weiteren Ausbreitung der Reformation und dem Verfall der Kirchendisziplin im Raum Villach zu begegnen.

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Aktenedition zur Grazer Nuntiatur schreitet weiter fort. Inzwischen liegen drei Bände vor: Grazer Nuntiatur, Bd. 1: Nuntiatur des Germanico Malaspina. Sendung des Antonio Possevino 1580 – 1582, bearb. von Johann Rainer, Wien 1973; Bd. 2: Nuntiatur des Germanico Malaspina und des Giovanni Andrea Caligari 1582 – 1587, bearb. von Dems., Wien 1981; Bd. 3: Nuntiatur des Girolamo Portia und Korrespondenz des Hans Kobenzl 1592 – 1595, bearb. von Dems., Wien 2001; zwei weitere Bände sind im Druck. Vgl. Kap. III.2 dieses Bandes, hier S. 299. Sie datiert vom 5. September 1580 und ist publiziert bei Rainer, Grazer Nuntiatur, Bd. 1, S. 3 – 10.

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Die Entstehung der Grazer Nuntiatur steht in kausalem Zusammenhang mit der sog. süddeutschen Nuntiatur. Im Jahr 1573 war der aus Friaul stammende Apostolische Protonotar Graf Bartolomeo Portia als Nuntius apostolicus von Gregor XIII. auf Grund entsprechender Beratungen und Beschlüsse der Congregatio Germanica in den Süden des Reichs entsandt worden.230 Er wurde beglaubigt bei den Erzherzögen Ferdinand von Tirol und Karl von Innerösterreich, bei Herzog Albrecht von Bayern und beim Erzbischof von Salzburg, Johann Jakob von Kuen-Belasy. In Salzburg ging es v. a. um die Durchführung von Provinzialkonzilien und die Umsetzung der dort beschlossenen Dekrete.231 Ansonsten bilden die Weisungen für Portia eine Art Summe des nachtridentinischen Reformprogramms für Deutschland:232 die Beseitigung des Konkubinats unter den Geistlichen, die Gründung von Priesterseminaren, die Auswahl geeigneter Kandidaten für das römische Collegium Germanicum, die Förderung katholischer Autoren und katholischer Universitäten, die Errichtung von drei oder vier Druckereien durch die Landesfürsten, Pflege der Kontakte zu den Jesuiten und den anderen Orden etc. 1577 wurde der Dominikaner Feliciano Ninguarda Nachfolger von Portia, auf den andere Aufgaben (in Köln und am Kaiserhof) warteten.233 Ninguarda konzentrierte sich v. a. auf Bayern und brachte dort die Verhandlungen über ein Konkordat zum Abschluss, das gleichzeitig das Ende der süddeutschen Nuntiatur bedeutete.234 Der Rekurs auf die Anfänge des Pontifikats Gregors XIII. zeigt deutlich, daß sich die Grazer Nuntiatur in gewisser Weise aus der süddeutschen Nuntiatur herausentwickelte, oder anders formuliert: ein Teil des Geschäftsbereichs von Bartolomeo Portia bzw. von dessen Nachfolger Feliciano Ninguarda (d. h. Innerösterreich) wurde 1580 zu einem eigenen Nuntiatursprengel. 230

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Zu seiner Person vgl. Kap. III.3; die Akten seiner süddeutschen Nuntiatur sind vollständig ediert: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896; Bd. 4: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Zweites Jahr 1574/75), bearb. von Dems., Berlin 1903; Bd. 5: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Schlußjahre 1575/1576), bearb. von Dems., Berlin 1909. Vgl. Gerhard B. Winkler, Die nachtridentinischen Synoden im Reich. Salzburger Provinzialkonzilien 1569, 1573, 1576, Wien-Köln-Graz 1988, S. 272 – 283. Die Instruktion ist nicht überliefert, dafür einige aufschlußreiche Denkschriften aus der Hand von Mitgliedern der Congregatio Germanica, vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 455 f. Zu seiner Person und seinem Wirken in Deutschland, das bis in die 60er Jahre des 16. Jahrhunderts zurückreicht, vgl. Karl Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegenreformation in Süddeutschland und Österreich 1560 – 1583, Bd. 1: Felician Ninguarda als apostolischer Kommissar 1560 – 1578, Rom 1930 (Bibliothek des Preussischen Historischen Instituts in Rom 17); Bd. 2: Felician Ninguarda als Nuntius 1578 – 1580, Rom 1939 (Bibliothek des Preussischen Historischen Instituts in Rom 18). Vgl. Klaus Unterburger, Das Bayerische Konkordat von 1583. Die Neuorientierung der päpstlichen Deutschlandpolitik nach dem Konzil von Trient und deren Konsequenzen für das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt, Stuttgart 2006 (Münchner Kirchenhistorische Studien 11).

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3. Nuntiatur II: Köln Im Oktober 1584 wurde Giovanni Francesco Bonomi, bis dahin Kaiserhofnuntius, zu seinem nicht geringen Missfallen als Nuntius in die Rheinlanden entsandt,235 ad tractum Rheni et ad provincias inferioris Germaniae, wie der lateinische Titel lautete. Er sollte der erste ständige Nuntius dieser traditionsreichen päpstlichen Vertretung sein, die über 200 Jahre Bestand haben sollte (sie wurde erst 1794 als Folge des Febronianismus und der Französischen Revolution aufgehoben). Die Befugnisse des Amtsinhabers erstreckten sich auf die drei Erzbistümer Köln, Mainz und Trier, auf die Bistümer Basel, Straßburg, Speyer, Worms, Münster, Osnabrück, Paderborn, Lüttich, auf das Herzogtum Jülich-Kleve und zunächst auch auf Flandern (bis dort 1596 unter Clemens VIII. eine eigene Nuntiatur mit Sitz in Brüssel eingerichtet wurde). Daß sich für die Rheinlande eine eigene Nuntiatur herausbildete, die ihren Sitz in Köln haben sollte, war kein Zufall. Die Vorgänge im reichen Erzstift Köln standen an der römischen Kurie unter besonderer Beobachtung sowohl wegen seines Status als Kurfürstentum als auch bedingt durch seine strategische Lage an der Grenze zu den krisengeschüttelten niederländischen Provinzen. Schon 1573 hatte man – in gewisser Weise als nördliches Gegenstück zur süddeutschen Nuntiatur Portias – den aus Soest stammenden Rotaauditor Kaspar Gropper als außerordentlichen Nuntius nach Köln entsandt (mit einer Auftragslage,236 die der der süddeutschen Mission von Bartolomeo Portia entsprach).237 Die Übertritte zweier Kölner Erzbischöfe in Folge zum Protestantismus (Salentin von Isenburg 1576, Gebhard Truchseß von Waldburg 1582) und die sich daraus ergebenden Konflikte um die Neubesetzung des Kölner Bischofsstuhls, die sich 1583 sogar zu einem Krieg ausweiteten, veranlassten die Kurie schließlich, von der aufwendigen Praxis der Entsendung außerordentlicher Nuntien abzugehen und einen ständigen Nuntiatursitz am Rhein einzurichten. In einer Audienz bei Rudolf II. hatte der damalige Nuntius am Kaiserhof Bonomi am 18. Dezember 1582 vor den Gefahren für Deutschland gewarnt, die von Köln ausgingen.238 Das Erzstift sei der Schlüssel zur Macht im Reich (la chiave della Germania). Der Übertritt eines verheirateten Kölner Erzbischofs zum Protestantismus hätte 235

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Zur Laufbahn von Giovanni Francesco Bonomi allgemein und zu seinem Zögern, die Kölner Nuntiatur zu übernehmen, vgl. Kap. III.2, S. 293 f. und 298. Seine Nuntiaturkorrespondenz ist publiziert: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken 1585(1584) – 1590, Die Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Bonomi in Köln. Santonio in der Schweiz. Die Straßburger Wirren, bearb. von Stephan Ehses, Alois Meister, Paderborn 1895 (Nachdr. 1969) (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 4). Vgl. Christian Grebner, Kaspar Gropper (1514 bis 1594) und Nikolaus Elgard (ca. 1538 bis 1587). Biographie und Reformtätigkeit. Ein Beitrag zur Kirchenreform in Franken und im Rheinland in den Jahren 1573 bis 1576, Münster 1982 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 121), S. 145 – 154. Seine Instruktion: Wilhelm E. Schwarz (Bearb.), Die Nuntiaturkorrespondenz Kaspar Groppers nebst verwandten Aktenstücken (1573 – 1576), Paderborn 1889 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 5), S. 43 – 56. Vgl. oben. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 1: Der Kampf um Köln (1576 – 1584), bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892, S. 336.

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die Säkularisierung des geistlichen Kurfürstentums zur Folge, was wiederum die Gewichte im Kurkolleg zugunsten der Protestanten verschieben würde (far traboccare la bilancia et dar la vittoria in ogni caso à gli inimici nostri) mit unabsehbaren Folgen für künftige Kaiserwahlen.239 Auch die innerkirchliche Reform (Publikation der Dekrete des Tridentinums; Bekämpfung von Simonie und Konkubinat beim Klerus; Verpflichtung ranghoher Prälaten, v. a. der Kölner Domkapitulare, zur Ablegung der Professio fidei und des Treueeids gegenüber dem Heiligen Stuhl) musste nun endlich angegangen werden, nachdem die päpstlichen Emissäre bislang v. a. Krisenmanagement betrieben hatten, und auch vor dem Hintergrund, daß der neue Kölner Erzbischof, Ernst von Bayern, nicht unbedingt aus pastoralen (er wurde bekanntlich nie zum Bischof geweiht!), sondern aus rein politischen Gründen gewählt worden war. Die Reformbemühungen der Kurie in den Rheinlanden hatten zwar bereits zu Beginn des Pontifikats Gregors XIII. eingesetzt (Mission Groppers), waren aber, bedingt durch die politische Entwicklung, in den Hintergrund getreten. Zwischen der Kölner und der vorher angesprochenen Grazer Nuntiatur bestehen starke Parallelen hinsichtlich ihrer Anfänge. Auch die Vorgeschichte der Nuntiatur in Innerösterreich reicht bis in das Jahr 1573 zurück und war bestimmt durch ein umfassendes Programm zur innerkirchlichen Reform, verlief allerdings etwas weniger konfliktreich. Durch ihre inhaltliche Ausrichtung werden die Kölner und Grazer Nuntiatur zusammen mit der kurze Zeit später verstetigten päpstlichen Vertretung bei den katholischen Kantonen der Schweiz in der jüngeren Forschung gelegentlich mit dem Begriff „Reformnuntiaturen“ bezeichnet.240 Dieser Terminus ist nicht unproblematisch, da auch diese Nuntiaturen wie gesehen, ein dezidiert politisches Programm aufwiesen. 4. Nuntiatur III: Kaiserhof Oft werden die Neugründungen der Nuntiaturen von Graz und Köln mit ihrer Vorgeschichte isoliert betrachtet. Dabei kann die soeben kurz aufgezeigte Entwicklung, die zu den ständigen Nuntiaturen in Innerösterreich bzw. in Rheinlanden führte, nur in Zusammenhang mit der bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts bestehenden ständigen Nuntiatur am Kaiserhof gesehen werden. Der Kaiserhof und damit auch der Einsatzort des dort akkreditierten Nuntius befand sich in der uns interessierenden Zeit meist in Prag oder Wien (abgesehen von andernorts stattfindenden Reichs- bzw. Landtagen, wenn der Kaiser an ihnen 239

240

Vgl. Heinz Duchhardt, Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht. Wiesbaden 1977 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 87, Abteilung Universalgeschichte), S. 119 – 125. Vgl. Michael F. Feldkamp, Die europäischen Nuntiaturen in der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der Luzerner Nuntiatur, in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 88 (1994), S. 27 – 74, hier S. 43.

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teilnahm), d. h. an der Peripherie des Reichs. Nachrichten aus den deutschen Territorien außerhalb des habsburgischen Länderkomplexes erreichten folglich die Nuntien (wenn überhaupt) erst spät. Die am Kaiserhof tätigen Nuntien hatten aber auch sonst im Hinblick auf das gesamte Reich einen sehr eingeschränkten Aktionsradius. Dies lag nicht zuletzt an der Person des Kaisers selbst. Die Kurie hatte in den zurückliegenden Jahrzehnten schon mit Ferdinand I. und Maximilian II. schlechte Erfahrungen gemacht. Ersterer hatte den Augsburger Religionsfrieden mit zu verantworten.241 So waren wegen des Konflikts um die Rechtmäßigkeit der Abdankung Karls V. und der Legitimität des Kaisertums Ferdinands I. für einige Jahre die offiziellen Beziehungen zwischen Papst- und Kaiserhof, d. h. die ständige Nuntiatur und die ohnehin nur sporadisch besetzte kaiserliche Gesandtschaft in Rom, zum Erliegen gekommen. Bei Maximilian II. war es v. a. dessen ungewisse religiöse Haltung, die Rom immer wieder vor den Kopf stieß.242 Er sympathisierte offen mit der neuen Lehre, wie sich an den weitreichenden konfessionellen Zugeständnissen an die protestantischen Stände seiner Territorien ablesen ließ. Insofern erhoff te man sich an der Kurie mit dem Ende der Regierung Maximilians II. im Oktober 1576 und dem Beginn des Kaisertums Erzherzog Rudolfs eine Wende zum Besseren in den Beziehungen zwischen Rom und dem Reich. Doch die in Rudolf II. gesetzten Hoffnungen erfüllten sich nur zum geringen Teil. Denn dieser spielte geschickt je nach Lage der Dinge und Opportunität die Reichs-, die erbländische bzw. die Hauskarte. Wenn es um die Interessen der Casa d’Austria ging (Kardinalsernennungen, Besetzung von Bischofsstühlen) zeigte er sich als gehorsamer Sohn (filius oboediens) der Kirche. Ganz anders verhielt es sich bei Angelegenheiten, bei denen das Reich tangiert war.243 Hierzu nur zwei Beispiele: Ein ständig wiederkehrendes Problem, das Spannungen zwischen Kaiser und Papst hervorrief, stellten die Regalienverleihungen durch den Kaiser an einen neuen geistlichen Reichsfürsten dar. Nuntius Delfino wurde in diesem Zusammenhang wiederholt angewiesen dafür Sorge zu tragen, daß es nicht zu einem Regalienindult ohne vorherige Konfirmation des Kandidaten durch Rom komme. Rudolf II. wollte sich aber in dieser Frage wegen der, wie er sich ausdrückte, mala qualità de’ tempi („schlechten Zeiten“)244 nicht zu Zugeständnissen herbeilassen. Besondere Verärgerung rief bei Gregor XIII. in diesem Zusammenhang die Verleihung der Regalien an Heinrich von Sachsen-Lauenburg hervor, der neben dem Erzstift Bremen nun auch die Stifte Osnabrück und Paderborn in seiner Hand vereinigte: È stato assai molesto a N. S. l’ intendere che la M.tà de l’Imperatore habbi concesso l’ indulto per dui anni al postulato bremense, tutto che hav[esse] data intentione di non darli cosa alcuna, et che fusse stata avvertita quanto importi al servitio di Dio, a la conservatione de le chiese et a l’autorità de la M.tà S. et di questa Santa Sede non dar simili speditioni („Der Papst war sehr verärgert, als er hörte, daß der Kaiser dem postulierten Bischof von Bremen den Regalienindult für zwei Jahre verliehen hat, 241 242 243 244

Vgl. Kap. I.1. Vgl. Kap. I.2. Vgl. hierzu im Detail die Einleitung zu Koller, NBD, Bd. III/9, S. XVIII – XLI und Kap. I.6. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 81.

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obwohl er die Absicht hatte ihm nichts zu übertragen, und ihm [dem Kaiser] klar vor Augen gestellt worden war, welche Bedeutung es habe für den Dienst an Gott, zum Schutz der Kirche und für die kaiserliche Autorität, solche Privilegien nicht zu verleihen“).245 Als zweites Beispiel sei auf die Frage der Obödienz (also den offiziellen Gehorsamgestus des neuen Kaisers gegenüber dem Heiligen Stuhl) verwiesen, ein Hauptthema der Nuntiaturkorrespondenz des Jahres 1577.246 Zwar kam es zur traditionellen Obödienzgesandtschaft, jedoch konnte sich die Kurie mit ihren Bestrebungen nicht durchsetzen, den von ihr geforderten Wortlaut der Obödienzerklärung zu erreichen. Rudolf II. lehnte es nämlich kategorisch ab, bei der üblichen Formel, einen eindeutigen Bezug zum Reich (ratione imperii) herzustellen. Selbst eine Inklusion der Königreiche Böhmen und Ungarn (ratione Ungarie et Bohemie obedientiam) war nicht zu erreichen, so daß schließlich nur die Gehorsamserklärung des Rudolf von Habsburg, sozusagen als Privatperson, übrig blieb, wie der enttäuschte Nuntius nach Rom meldete.247 Allerdings ging Rudolf in den Erbländern im Gegensatz zu seinen Vorgängern und deshalb ganz zur Freude des Papstes bzw. von dessen Vertretern vor Ort z. T. energisch gegen den Protestantismus vor. Es waren offensichtlich v. a. diese beiden Gründe, der gezeigte eingeschränkte Handlungsspielraum der Nuntien und die Doppelnatur der kaiserlichen Herrschaft (der Kaiser als Reichsoberhaupt versus Landesherr), die an der Kurie den Eindruck entstehen ließen, daß die Kaiserhofnuntiatur zur Bewältigung der Probleme in ganz Deutschland nicht mehr oder – bestenfalls nur noch zum Teil – ausreichte. Bei aller Reformfreudigkeit Gregors XIII. und bei aller Verpflichtung gegenüber den Ergebnissen des Tridentinums sollte nicht vergessen werden, daß die Begründung der Nuntiaturen von Graz (Innerösterreich) 1580 und Köln 1584 als ständige päpstliche Nuntiaturen neben der traditionellen päpstlichen Vertretung am Kaiserhof ein Politikum ersten Ranges darstellte, denn im Grunde handelte es sich um die Aufwertung einzelner katholischer Reichsstände gegenüber dem Gesamtreich und dem Kaiser an dessen Spitze! Gleichzeitig wurde bei der Kaiserhofnuntiatur nun der erbländische Aspekt betont, während der Bezug auf das gesamte Reich zwangsläufig etwas in den Hintergrund trat. Die Bekämpfung des Protestantismus in den innerösterreichischen Ländern durch die Nuntien im Verein mit den Jesuiten und unterstützt durch den Landesfürsten sollte als Modell dienen für ähnliche Bestrebungen in den übrigen habsburgischen Ländern (v. a. in Ober- und Niederösterreich, aber auch in Böhmen und Ungarn). Daneben kam der Steiermark und den angrenzenden Territorien bei der Absicherung des Reichs im Südosten gegen die Türken eine Schlüsselrolle zu. Bei Köln handelte es sich nicht zuletzt um eine gezielte Maßnahme, die Stifte am Rhein, v. a. die Erzstifte, auf Dauer beim alten Glauben zu halten, 245 246 247

Ebd. S. 379. Vgl. Kap. I.6. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 270.

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denn bei Köln, Mainz und Trier ging es auch um Kurstimmen und damit um die Frage der künftigen Kaiserwahlen. Die Gründungen von Graz und Köln lassen sich demnach von den inneren Verhältnissen der Territorien erklären. Sie zeigen aber auch, daß die Probleme im Reich für Rom nicht mehr bzw. nicht mehr allein über den zum Kaiser entsandten Nuntius zu bewältigen waren. Insofern waren diese sog. Reformnuntiaturen weniger eine unmittelbare Folge des Tridentinums (dies natürlich auch) als vielmehr des Augsburger Religionsfriedens von 1555, durch den nicht nur der Protestantismus reichsrechtlich anerkannt, sondern auch der Kaiser zum Oberhaupt eines bikonfessionellen Reichs wurde – mit enormen Konsequenzen für die Stellung und den politischen Handlungsspielraum des Kaisers und entsprechend für die päpstliche Politik.

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5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien In den letzten Monaten des Jahres 1576 bzw. den ersten Monaten des Jahres 1577 interessierten sich Papst und Kurie in ganz besonderer Weise für die Belange des Kaiserhofes. Es gibt wohl im 16. Jahrhundert nur wenige andere Fälle, die Kaiser und Reich derart in den Mittelpunkt der päpstlichen Politik rücken ließen. Auslöser für diese erhöhte Wahrnehmung des kaiserlichen Hofs war der durch den Tod Maximilians II. im Herbst 1576 eingetretene Herrscherwechsel. Die Sukzession von Maximilian II. auf Rudolf II. war für die Kurie kein Routinefall, denn mit dem verstorbenen Kaiser trat eine Figur von der Bühne ab, der in Rom sowohl was die eigenen religiösen Überzeugungen betraf wie auch hinsichtlich der durch Toleranz gegenüber den Protestanten geprägten Konfessionspolitik im Reich und in den Erbländern höchste Skepsis entgegengebracht wurde.248 So setzte man nun verstärkt Hoffnung auf den noch jungen, in Spanien erzogenen Rudolf II. im Hinblick auf eine Kurskorrektur der vom Vater verfolgten liberalen Konfessionspolitik, d. h. v. a. auf eine partielle, wenn nicht totale Rücknahme der von den erbländischen Ständen erwirkten Konzessionen. Um Möglichkeiten der Beeinflussung des Kaisers bei internationalen Fragen, in Angelegenheiten des Reichs und der Erbländer auszuloten, musste man an der Kurie zunächst ein Bild vom neuen Kaiser selbst gewinnen (von seinem Charakter, von seiner Religiosität). Dann war von Bedeutung, wer unter den Beratern des Kaisers und den ranghohen Chargen am Hof als im katholischen Sinne zuverlässig einzustufen und somit als Informant bzw. Mittelsmann zu gebrauchen war. In dem bezeichneten Zeitraum von Herbst 1576 bis Frühjahr 1577 wirkten zwei päpstliche Nuntien am Kaiserhof. Es handelt sich zum einen um den ständigen Nuntius Giovanni Delfino, dessen lange Nuntiatur (1571 – 1577) nunmehr vollständig ediert vorliegt,249 und zum anderen um den außerordentlichen kurialen Gesandten Annibale di Capua, der unmittelbar nach dem Eintreffen der Nachricht vom Tod Maximilians II. in Rom nach Prag abgefertigt worden war, offensichtlich um die Kurie neben den Berichten des regulären Nuntius mit weiteren Eindrücken über die neue Lage am Kaiserhof zu versorgen. Im Folgenden soll zunächst die päpstliche Kondolenz- und Gratulationsgesandtschaft des Annibale di Capua kurz behandelt werden. Früher wären die einschlägigen Akten dieser Spezialmission in den betreffenden Nuntiaturband (III/9) mit aufgenommen worden (der traditionelle Reihentitel bringt dies ja immer noch zum Ausdruck: „Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken“). 248 249

Vgl. Kap. I.2, passim, und Kap. I.3, S. 53 – 55, 59 f. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 8: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571 – 1572, bearb. von Johann Rainer, Graz – Köln 1967; III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990; Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997; Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003.

5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien

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Von dieser Praxis ist man mittlerweile aus einer Reihe von Gründen abgekommen. Deshalb soll die außerordentliche Nuntiatur von Annibale di Capua hier eine nähere Betrachtung erfahren. Im zweiten Teil des Beitrags sollen dann die Berichte der Nuntien Delfino und Capua systematisch auf ihre Aussagen zum Kaiserhof des neuen Kaisers Rudolfs II. befragt werden. Am 12. Oktober 1576 verstarb in Regensburg Maximilian II. nahezu zeitgleich mit der Verlesung des Schlussrezesses auf dem laufenden Reichstag. Der Kaiser hatte sich zuvor hartnäckig geweigert, die Beichte abzulegen und die Kommunion zu empfangen, obwohl sich u. a. seine Schwester Anna, die Herzogin von Bayern, wie auch sein Hofprediger Lambert Gruter, Bischof von Wiener Neustadt, bis zuletzt darum bemüht hatten. Delfino, der ebenso wie der Legat Morone erfolglos geblieben war, bemerkt hierzu in einem Schreiben an den Staatssekretär Tolomeo Gallio: La quale cosa affligge assai più la serenissima Imperatrice et noi altri che la morte istessa de lo Imperatore, a la cui anima il signore Dio habbia misericordia.250 („Diese Sache bedrückt die Kaiserin und uns um vieles mehr als der Tod des Kaisers selbst, dessen Seele sich Gott barmherzig erweisen möge.“) Knapp zwei Wochen danach war die Nachricht vom Tod des Kaisers nach Rom gelangt. An der Kurie wurden sofort Überlegungen hinsichtlich einer Gesandtschaft angestellt a far l’officio di condoglienza secondo il solito („um der Kondolenzverpflichtung wie gewohnt nachzukommen“), wie Gallio dem Nuntius am Kaiserhof am 29. Oktober mitteilte.251 Allerdings zögerte Gregor XIII. zunächst, da der neue Kaiser es bislang unterlassen hatte, in Form der üblichen Gesandtschaft als römischer König gegenüber dem Heiligen Stuhl die Obödienz zu leisten und die päpstliche Bestätigung seiner Wahl einzuholen.252 Anfang Dezember entschloss sich die Kurie dann doch, einen Kondolenzgesandten abzuschicken. Der mit dieser Mission betraute Annibale di Capua verließ Rom am 8. Dezember 1576 in Richtung Prag, ausgestattet mit einer sehr detaillierten Instruktion und ca. 20 Breven an bestimmte Adressaten.253 Die Frage der päpstlichen Kondolenz- bzw. Gratulationsgesandtschaft ist bislang in der Forschung noch nicht eingehend behandelt worden. Jedenfalls läßt sich allgemein feststellen, daß bei einem Herrscherwechsel im Reich diese spezielle Form des kurialen Gesandtschaftswesens eng mit der Frage der päpstlichen Prärogativen im Kontext von Kaiserwahl, Kaiserkrönung bzw. der eben genannten Obödienz zusammenhängt. Eigentlich stellte sich die Frage, ob der Papst einen Gratulationsgesandten zum neuen Kaiser abordnete, erst ab dem Zeitpunkt, als der Papst nicht mehr die Krönung vornahm, d. h. erst ab Ferdinand I. Allerdings scheint es auch nach 1530 nur selten zu einer päpstlichen Kondolenz- bzw. Gratulationsgesandtschaft gekommen zu sein. So sind keine entsprechenden päpstlichen Gesandtschaften bei der Übernahme der Kaiserwürde durch Ferdinand I. bzw. beim Tod Karls V. (aus nahe liegenden Gründen), oder auch später beim Herrscherwechsel von Rudolf II. auf Matthias bzw. Matthias auf Ferdinand II. belegt. Offensichtlich war es auch nicht Praxis des Heiligen Stuhls, bei einer Sukzession in Frankreich oder Spanien einen 250 251 252 253

Neri, NBD, Bd. III/8, S. 637. Ebd. S. 658. Zu diesem Problem vgl. Kap. I.6. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 697.

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Sondergesandten abzuschicken. Der Kondolenz- bzw. Gratulationsauftrag wurde jeweils dem residierenden Nuntius erteilt. Neben der Entsendung von Annibale di Capua sind zwei weitere Beispiele einer päpstlichen Kondolenz- bzw. Gratulationsgesandtschaft quellenmäßig zu belegen: Dies ist zum einen die Entsendung des Legaten Alessandro Farnese 1539 zu Karl V. aus Anlass des Todes der Kaiserin, Isabella von Portugal (also eine reine Kondolenzgesandtschaft).254 Und dann – in unserem Zusammenhang schon wichtiger – die Entsendung von Carlo Visconti, des Bischofs von Ventimiglia, zum neuen Kaiser Maximilian II. nach dem Tod Ferdinands I. 1564. Pius IV. hatte zunächst an eine andere Person gedacht, nämlich an seinen eigenen Neffen come più prossimo del sangue suo („als dem nächsten Blutsverwandten“),255 den aus den vorderösterreichischen Landen stammenden Kardinal Markus Sittikus von Hohenems (Altemps). Damit zeigte sich Maximilian nicht einverstanden. Er wünschte (aus welchen Gründen auch immer), daß nicht ein Kardinal, sondern un simplice prelato als Kondolenzgesandter nach Wien kommen solle.256 Die Kurie fügte sich diesem Wunsch und entsandte schließlich den bereits genannten Bischof Visconti. Neben dem eigentlichen Geschäft hatte dieser äußerst heikle Fragen am Kaiserhof zu erörtern, u. a. das Problem der Priesterehe.257 Die vorhin zitierte Bemerkung Gallios a far l’officio di condoglienza secondo il solito bezieht sich offensichtlich auf die Gesandtschaft von 1564. Un simplice prelato versah zwölf Jahre später denselben Auftrag. Und damit kehren wir zurück zur Mission und zur Person des Gesandten von Ende 1576. Annibale di Capua entstammte der im regno hoch angesehenen und reichen Familie der Duchi di Termoli, die sich zudem durch ihre Loyalität zu Spanien auszeichnete. Für eine kirchliche Karriere bestimmt, studierte der junge Adelige zunächst Jura in Padua, wo er Torquato Tasso kennenlernte, dann in Pavia, wo er zum doctor utriusque iuris promoviert wurde, und schließlich Theologie am Collegio Romano. Von Gregor XIII. erhielt er 1574 das Referendariat utriusque signaturae, das klassische Einstiegsamt für eine Karriere an der römischen Kurie. 1576 wurde er mit dem bereits genannten Auftrag zum neuen Kaiser Rudolf II. entsandt. Es war dies seine erste (und vielleicht zugleich die anspruchsvollste) diplomatische Mission. Unmittelbar im Anschluss folgten die ordentlichen Nuntiaturen in Venedig und Polen und schließlich die Ernennung zum Erzbischof seiner Heimatstadt Neapel.258 254

255 256 257 258

Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 5: Gesandtschaft Campeggios. Nuntiaturen Morones und Poggios. Legation Farneses und Cervinis 1539 – 1540, bearb. von Ludwig Cardauns, Berlin 1910 (Nachdr. Frankfurt a. M. 1968), S. XVIII. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914, S. 187. Ebd. S. 174. Ebd. S. 189. Ebd. S. 203 f., 218 f. Zu seiner Person vgl. die Arbeiten von Jan Władysław Woś, Annibale di Capua. Nunzio apostolico e arcivescovo di Napoli (1544c. – 1595). Materiali per una biografia, Roma 1984; Ders., La nonciature en Pologne de l’archevêque Hannibal de Capoue (1586 – 1591), Trento 1995 (Labirinti 17); Ders., Santa Sede e corona polacca nella corrispondenza di Annibale di

5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien

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Besondere Beachtung verdient im Zusammenhang mit der außerordentlichen Mission des Annibale di Capua an den Kaiserhof die Instruktion vom Dezember 1576. Dieses bemerkenswerte Dokument ist als Minute in der Biblioteca Nazionale von Neapel überliefert.259 Zunächst enthält der Text zahlreiche allgemeine Anweisungen für den noch jungen und unerfahrenen Prälaten (Annibale entsprach übrigens mit ca. 22 Jahren – Wojtyska 260 nennt als ungefähres Geburtsjahr 1544 – mehr oder weniger dem Alter des Adressaten seiner Sendung: Rudolf II. war zu dieser Zeit 24 Jahre alt), etwa zur Frequenz des Briefeschreibens, zur Art und Weise des Abfassens von Berichten (die Länge oder Kürze hat sich nach der Bedeutung der Informationen zu richten; Kennzeichnung von direkter Rede bzw. Paraphrase beim Zitieren von Äußerungen des Kaisers oder seiner Berater bis hin zur Beobachtung, in welcher Körperhaltung und Gemütsverfassung ein bestimmter Satz fiel!), zur Technik des Verhandelns und dergleichen mehr. Hinzu kamen praktische Hinweise, etwa die Versendung von Duplikaten, um Verlusten zu begegnen. Der eigentliche Auftrag für Capua lautete jedoch, möglichst umfangreiche Informationen über die Person des neuen Kaisers und den ihn umgebenden Hof – in enger Absprache mit dem Nuntius vor Ort, Giovanni Delfino – zu erhalten. U. a. sollte Capua Angaben zum Alter, Temperament, Gesundheitszustand und anderen körperlichen Eigenschaften des neuen Kaisers sowie zu dessen Bildung, Intellekt und Lebensführung, zur Einstellung des Monarchen zu Krieg und Frieden machen. Darüber hinaus war die Kurie daran interessiert zu wissen, zu welchen Fürsten Rudolf ein freundschaftliches Verhältnis unterhalten und welche Feindschaften er vermeiden wollte, in welcher Weise und warum sich seine Regierungsweise von der des Vaters und des Großvaters unterschied und ob seine Herrschaft als besser oder als schlechter zu bewerten sei als das seiner Vorgänger. Auch sollte der Nuntius feststellen, ob sich in Bezug auf Verhalten, Auftreten und politische Überzeugungen bei Rudolf durch die Übernahme des Kaisertums Veränderungen ergeben hätten.261 Über

259

260

261

Capua (1586 – 1591), Trento 2004 (Labirinti 70); die zuletzt erschienene Publikation enthält auch einen biographischen Abriß über den Diplomaten (S. 62 – 84). Ediert von Jan Władysław Woś (Hg.), Istruzione per Annibale di Capua presso la corte imperiale (1576), in: Rivista di Studi Crociani 10 (1973), S. 448 – 452. Für die Interpretation des Dokuments wichtig ist der Beitrag von Guido Badalamenti, Un manuale diplomatico del tardo ‘500: la missione di Annibale di Capua alla corte imperiale di Praga, in: Civis. Studi e testi 11 (1987), S. 195 – 202. Henrico Damiano Wojtyska C.P. (Hg.), De fontibus eorumque investigatione et editionibus, Instructio ad editionem, Nuntiorum series cronologica, Romae 1990 (Acta nuntiaturae Polonae I), S. 229. Auch Woś, Santa Sede e corona polacca, S. 63, vermutet, daß Annibale di Capua um 1544 geboren wurde. Non lasciare dunque Vostra Signoria Illustrissima di riferire quelle cose che toccano alla persona di Sua Maestà, come sono l’età, la complessione, la sanità, et l’altre habitudini del corpo. Non lascirà ancora di riferire la docilità, l’ ingigno, la disciplina [...] Intenderà i suoi humori circa la guerra e la pace l’amicitie che vuole [...] et inimicitie delle quali ha intentione di guardarsi [...] et in che cosa sia differente il governo Suo da quello del Padre, e dell’Avo, et in che simile, e perchè e se è migliore, o, piggiore […] cercare minutamente, et intendere la differenza che è tra l’essere di Sua Maestà al presente, e quello, che era per il patto fino alla Sua essaltatione dell’Impero [...] (Woś, Istruzione, S. 452).

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die auf der Basis dieses Fragenkatalogs gemachten Beobachtungen vor Ort wurde vermutlich nach Abschluss der Mission mündlich in Rom Bericht erstattet. Am 30. Dezember 1576 traf der päpstliche Sondergesandte nach sehr beschwerlicher Reise in Prag ein.262 Zuvor hatte er in Florenz und Innsbruck Station gemacht. Die Visiten bei Großherzogin Johanna (einer Schwester des verstorbenen Kaisers) und bei Erzherzog Ferdinand von Tirol, einem Bruder Maximilians II., waren Teil der Kondolenzmission von Annibale di Capua. Bei dieser Gelegenheit wurden die ersten beiden Kondolenzbreven Gregors XIII. ausgehändigt.263 Annibale di Capua war damit einer der ersten von mehreren Kondolenzgesandten, die bei Rudolf II. eintrafen. Auf den päpstlichen Emissär folgten u. a. die Kondolenz- bzw. Gratulationsgesandten der Könige von Spanien und Frankreich, der Königin von England, des russischen Zaren, des Großherzogs der Toskana, der Herzöge von Savoyen, Mantua, Urbino sowie der Republiken Venedig, Genua und Lucca. Unser Gewährsmann in diesem Fall, der Nuntius Delfino, registriert insgesamt 13 solcher Kondolenz-/Gratulationsmissionen. Viele der Gesandten hatten neben der Erledigung des eigentlichen Gratulationsgeschäfts noch weitere Aufträge, so etwa die Lucchesen, die sich ihre Privilegien, d. h. die Unabhängigkeit ihres Stadtstaats, vom neuen Kaiser bestätigen lassen wollten.264 Gleich zu Beginn des Jahres 1577 empfing Rudolf II. Annibale di Capua zusammen mit dem residierenden Nuntius Giovanni Delfino zweimal in Audienz mit verschiedenen Tagesordnungspunkten. Hierzu sind uns zwei Berichte von Capua überliefert.265 Beim ersten Zusammentreffen wurden nach der Überbringung der Wünsche des Papstes u. a. folgende Punkte behandelt: das Problem der Protestanten in Colmar und Tyrnau, die Restitution des Abts von Fulda, das Verbot protestantischer Predigten im Wiener Landhaus, die Vakanzen ungarischer Bistümer und Überlegungen, den Kurfürsten von Sachsen zur Konversion zu bewegen. Bei der zweiten Audienz ging es zunächst v. a. um ganz Europa betreffende Fragen (Türkenliga; Verhältnis zwischen Kaiserhof und Polen bzw. Rußland; die Krise in den Niederlanden), aber auch Probleme, welche die Beziehungen zwischen Kaiser (Haus Habsburg) und dem Heiligen Stuhl betrafen (Jurisdiktionskonflikt um Trient, die Causa Spinola, die Frage der Ablösung des Rotaauditors Gropper; schließlich die ständige kaiserliche Vertretung in Rom und die kaiserliche Obödienzgesandtschaft). Ein entscheidendes Anliegen der Kurie war neben der Behandlung dieser allgemeinen politischen Themen offensichtlich die Besetzung wichtiger Hof- und Reichsämter mit Katholiken bei gleichzeitiger Entfernung der Protestanten aus den höchs262 263

264 265

Vgl. Capua an Gallio, Prag, 1577 I 4, ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 3r – 6r, hier fol. 3r, Or. Luigi Nanni, Tomislav Mrkonjić (Hgg.), Epistolae ad principes, Bd. 2: S. Pius V – Gregorius XIII (1566 – 1585), Città del Vaticano 1994 (Collectanea Archivi Vaticani 29), Nr. 6453 (Magnum dolorem an Großherzogin Johanna), Nr. 6454 (Et doluisse an Großherzog Francesco I.) und Nr. 6467 (Dolenter sane an Erzherzog Ferdinand). Vennero la settimana passata dui Ambasciatori lucchesi per gl’uffici di condoglienza et per pigliare la confirmatione de’ loro privilegi (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 162). Capua an Gallio, Prag, 1577 I 4 und 12, ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 3r – 6r und 14r – 16r, Or.; vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, Nr. 1, Anm. 6 und Nr. 4, Anm. 1.

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ten kaiserlichen Beratungs- und Entscheidungsgremien (Geheimer Rat; Reichshofrat) und aus der kaiserlichen Hofhaltung. Auch diesen, für die Kurie wichtigen Punkt brachte Annibale di Capua zur Sprache, wie aus seinem Bericht vom 4. Januar 1577 hervorgeht: [...] il che havendo a cuore la S.tà S. sopra ogn’altro desiderio, che più li preme, non ho possuto mancare di non ricordarlo in questa occasione alla M.tà S., essortandola a perseverare ferventemente in quella buona strada, che di già ha ricominciata, come ha inteso N. S. con suo gran contento, procurando principalmente a tener ben purgato il suo conseglio da ogni sorte d’ heretici et così ancora la casa sua, nel che mi allargai assai convenientemente („da dies dem Papst vor allen anderen Dingen, die er hauptsächlich begehrt, am Herzen liegt, konnte ich nicht umhin, Ihre Majestät bei dieser Gelegenheit zu erinnern und sie aufzufordern, sich weiterhin auf dieser richtigen Straße mit Eifer zu bewegen, die sie bereits beschritten hat – wie der Papst zu seiner großen Zufriedenheit erfahren hat – indem er [der Kaiser] v. a. dafür Sorge getragen hat, seinen Rat und auch seinen Haushalt von allen möglichen Häretikern zu säubern – einen Punkt, den ich, ganz wie es sich gehört, länger behandelte“).266 In der Tat interessierte sich die römische Kurie um den Jahreswechsel 1576/77 neben der Person des neuen Kaisers v. a. für dessen unmittelbare Umgebung, also den Hof. Ihn galt es gerade in jener Zeit des Herrscherwechsels verstärkt zu beobachten und im katholischen Sinne zu beeinflussen. Bislang ist in der Forschung v. a. der Quellenwert der Nuntiaturberichte für die Reichs- und Landesgeschichte sowie für Fragen der internationalen Beziehungen und der Konfessionalisierung betont worden. Die Texte enthalten aber auch wichtige Beobachtungen zum Kaiserhof (zu einzelnen Ämtern, Besetzung von Gremien, Protokollfragen und Zeremoniell usw.). Im Zusammenhang mit der Erforschung des Kaiserhofes und dessen Wahrnehmung bzw. Beeinflussung durch die römische Kurie wäre es deshalb angebracht, auch auf die Nuntiaturberichte als einschlägige Quelle zurückzugreifen. Im Folgenden sollen die Nuntiaturakten speziell auf deren Aussagen zum Hof des frühen Rudolf II. ausgewertet werden. Der Hof Kaiser Rudolfs II. setzte sich zusammen einerseits aus den engsten Verwandten des Kaisers mit ihrer eigenen Dienerschaft, den Diplomaten, ranghohen Prälaten und weiteren Personen (Ordensgeistlichen, Gelehrten, Künstlern), die sich am Hof aufhielten, andererseits aus dem eigentlich Hofstaat. Von den engsten Familienmitgliedern des Kaisers spielen in der Nuntiaturkorrespondenz drei eine größere Rolle: die Mutter, Kaiserin Maria, sowie zwei der insgesamt fünf Brüder, Erzherzog Ernst und Erzherzog Matthias, der sich im Oktober 1577 in einer spektakulären Aktion in die Niederlande absetzen wird, um dort für kurze Zeit als Statthalter zu fungieren. Die häufig genannten Onkel Rudolfs, Erzherzog Ferdinand und Erzherzog Karl, spielen hier keine Rolle, da sie sich nicht am Kaiserhof aufhielten, sondern an ihren jeweiligen Residenzen (Innsbruck bzw. Graz). Die Mutter Kaiser Rudolfs II., Tochter Karls V. und Schwester Philipps II., war für die päpstlichen Nuntien gerade bei der Behandlung von konfessionellen Fragen 266

Capua an Gallio, Prag, 1577 I 4, ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 3r – 6r, hier fol. 4r, Or.

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eine wichtige Stütze, weshalb Erkrankungen267 bzw. ihre Absicht, nach Spanien zurückzukehren, mit Besorgnis nach Rom berichtet wurden. So bezeichnete Delfino den möglichen Rückzug der Kaiserin nach Spanien, über den gerade nach dem Tod Maximilians II. am Hof gesprochen wurde, als großen Verlust für die katholische Sache in den habsburgischen Ländern und im Reich. Die Übersiedlung der Kaiserin nach Madrid, wo sie fortan im Kloster der unbeschuhten Karmelitinnen lebte, erfolgte schließlich dann doch 1581. Bis dahin bemühte sich auch Orazio Malaspina, Nuntius am Kaiserhof von 1578 – 1581, intensiv im Auftrag der Kurie für einen Verbleib der Kaiserin Maria in Prag. Die Kaiserin solle ihre Präsenz bei Rudolf II. als göttliche Berufung (vocatione) begreifen.268 Aus diesen Worten des für die Außenbeziehungen der Kurie unter Gregor XIII. zuständigen Kardinals erhellt, daß der Kaiserinmutter im Verhältnis zwischen Rom und dem Kaiserhof in der Anfangsphase der Regierung Rudolfs II. eine Schlüsselstellung zukam. Maria fungierte quasi als Agentin des Papstes in allen bedeutenden politischen wie konfessionellen Fragen. Wie die Nuntiaturberichte im Einzelnen belegen, besprachen die päpstlichen Vertreter alle größeren Probleme mit der Kaiserin und baten sie um ihre Vermittlung.269 Erzherzog Ernst, zu dem Rudolf ein sehr enges Verhältnis unterhielt (beide waren ja in Spanien erzogen worden),270 war unmittelbar nach dem Tod Maximilians II. von seinem Bruder zum kaiserlichen Statthalter in Nieder- und Oberösterreich bestimmt worden. Gerade in dieser Funktion wurde er für die Politik des Nuntius Portia, des Nachfolgers von Delfino, bedeutsam, wie sich v. a. bei der Durchführung des Verbots von protestantischen Predigten am Wiener Landhaus (der niederösterreichischen Ständeversammlung) zeigen sollte.271 Während des Krankenstandes Rudolfs II. kam Ernst mehrmals an den Prager Kaiserhof,272 wobei er offensichtlich auch in die Regierungsgeschäfte eingebunden wurde. Im Zusammenhang mit der 267

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Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 342: Continova tuttavia il male della Ser.ma Imperatrice, et si sta con grandissimo timore della sua salute.; vgl. auch ebd. S. 340, 361, 363 (Erleichterung in Rom über Besserung des Gesundheitszustandes der Kaiserin), 372, 388, 391. Gallio an Malaspina, Rom, 1580 II 21, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 126r: Se V. S. vederà che si vada verificando il disegno de la partita per Spagna de la Ser.ma Imperatrice, N. S. vuole che si faccia qualche destro officio con la predetta Ser.ma S.ra acciò consideri bene che questo pensiero d’absentarsi dal figliuolo non può esser se non di gran pregiuditio al servitio di Dio, a le cose publiche et al figliuolo istesso, per i buoni ricordi et consigli che l’Imperatore può sempre ricevere da una sì pia et sì prudente madre, et che però S. S.tà desidera che lasci il detto pensiero et attenda a vivere in quella vocatione che Dio l’ ha chiamata, dove può far tanti beni et evitar tanti mali. Et quando V. S. farà questo officio, lo farà mediante con l’Imperatore acciò non lassi partir, da li paesi suoi, una sì santa et sì amorevol madre. (gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena [1578 – 1581], bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 161,2). Vgl. zur Rolle Marias am Kaiserhof ausführlicher Kap. I.3 dieses Bandes. Karl Vocelka, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1576 – 1612), Wien 1981, S. 102. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 416 f., 420, 457, 472 (onde credo che il mandar un breve per S. A. [= Ernst] sarebbe molto a proposito. Ella è sempre stata constantissima et ha più difeso le mie propositioni che quelle de lo istesso Consiglio, et quando ha veduto S. M.tà a piegar da la mansuetudine abusata a pensiero risoluto, ne l’ ha infiammata […]). Vgl. Santacroce an Gallio, Prag, 1581 VII 4, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 481r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 310,1.

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Erkrankung des Kaisers gab es Überlegungen, Erzherzog Ernst zum römischen König wählen zu lassen.273 In der für den bereits erwähnten Orazio Malaspina erstellten Hauptinstruktion vom Herbst 1578 werden Erzherzog Ernst und die Kaiserinmutter als die zuverlässigsten Katholiken in der Umgebung des Kaisers bezeichnet: La Ser. ma Imperatrice et l’Arciduca Ernesto, fratello de l’Imperatore, hanno sempre mostrata tanta pietà et zelo ne le cose del servitio di Dio che si ha da far grandissimo capitale de l’autorità et officii loro presso la M.tà Ces. a.274 Unter den Diplomaten am Hof war der Vertreter des spanischen Königs ein besonderer Vertrauensmann der Nuntien. Er unterstützte in der Regel rückhaltlos die päpstliche Politik. Die Rückberufung des spanischen Botschafters Francisco Hurtado de Mendoza im April 1577 bedauerte Giovanni Delfino außerordentlich. In seinem Bericht vom 6. April würdigte der Nuntius die Qualitäten von Hurtado de Mendoza, v. a. dessen Engagement für religiöse Belange. Rom sollte sich deshalb auch in Zukunft dankbar an das Wirken dieses Mannes erinnern.275 In seinen Nachfolger, Juan de Borja, setzte Delfino dieselben Erwartungen. So schrieb Delfino im Dezember 1577 an Kardinal Tolomeo Gallio: Col S. Ambasciatore di Spagna, che arrivò qui lunedì sera [...] si tenirà la debita corrispondenza, et spero debba essere di non minore servitio a la religione cath.ca del suo precessore, parendomi gentilissimo signore et, per quello che s’ intende, di buonissima vita.276 Nun zum eigentlichen Hofstaat: Seit kurzem liegt mit der Edition der Hofstaatsverzeichnisse von 1576 bis 1612 von Jaroslava Hausenblasová eine wichtige Quelle zum Hof Kaiser Rudolfs II. gedruckt vor.277 Dies ist umso erfreulicher, als es bislang nur wenige Quellenpublikationen zum frühen Rudolf gibt (durch die Edition der Nuntiaturberichte vom Kaiserhof werden nun seit kurzem immerhin die ersten fünf Jahre der Regierung abgedeckt). Bei der Sekundärliteratur zur ersten Phase der Herrschaft Rudolfs II. ergibt sich ein ähnlicher Befund.278 273 274 275

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Vgl. Santacroce an Gallio, Wien, 1581 VI 7, ebd. fol. 470r, Dechiffrat, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 302,17. Vgl. Instruktion für Orazio Malaspina, Rom, 1578 VIII 29, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 189r – 193v, Konz. Lunedì partì per Spagna il S. Ambasciatore Cath.co, havendo lasciato buonissimo nome in questa Corte di prudenza, valore et bontà. Et veramente i ministri ap.ci hanno perduto molto con la partita sua, havendo esso di continovo aiutato con molta prontezza il servitio della religione cath.ca come V. S. Ill.ma più volte da me, et forse anco da altri, è stata ragguagliata, et però N. S. et quella Santa Sede è obligata a tenere conto di questo Signore (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 102). Ebd. S. 310. Jaroslava Hausenblasová (Bearb.), Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576 – 1612, Prag 2002 (Fontes Historiae Artium 9). Leider ist die umfangreiche Wiener Habilitationsschrift von Thomas Fröschl mit dem Untertitel „Integration und Polarisierung in den ersten Jahren der Regierungszeit Kaiser Rudolfs II.“ von 1997 nicht veröffentlicht (Konsultierbar ist das an der Universität Wien verfügbare Belegexemplar); vgl. hierzu auch den instruktiven Aufsatz von Heinz Noflatscher, Regiment aus der Kammer? Einflußreiche Kleingruppen am Hof Rudolfs II., in: Jan Hirschbiegel, Werner Paravicini (Hgg.), Der Fall des Günstlings. Hofparteien vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, Sigmaringen 2004 (Residenzenforschung 17), S. 209 – 234.

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Um so größere Bedeutung kommt den nun edierten Berichten der Nuntien zu, denen es an Informationen über die Besetzung der Hofämter beim Jahrerswechsel 1576/1577 nicht mangelt. Unmittelbar nach dem Tod Maximilians II. besetzte der neue Kaiser mehrere Hofämter neu, darunter die vier großen Leitungsstellen. Obersthofmeister Der Obersthofmeister war der höchste Würdenträger bei Hof. Ihm oblag die Aufsicht über den gesamten Hofbetrieb (Personal, Organisation, Wirtschaft). Dieses Amt ging an Adam von Dietrichstein, der unter Maximilian II. als Oberstkämmerer gedient hatte.279 Bereits im ersten Bericht nach seinem Antrittsbesuch beim neuen Kaiser Rudolf II. berichtete der päpstliche Nuntius von dieser wichtigen Personalie: [...] servendo il signor Adamo Diatristano per maiordomo maggiore a questo nuovo imperatore, come faceva il signore Traussen al vecchio.280 Wie der Nuntius richtig feststellte, trat Dietrichstein damit an die Stelle von Johann Trautson.281 Dieser begegnet in den Nuntiaturberichten nur noch an zwei Stellen mit dem Titel maiordomo, bezeichnenderweise im Zusammenhang mit dem in Regensburg gefeierten Requiem für den verstorbenen Kaiser Maximilian II., wo Trautson den Reichsapfel (pomo d’oro) trug,282 und als Begleiter bei der Überführung des Leichnams Maximilians zunächst auf der Donau nach Linz und dann auf dem Landweg nach Prag.283 Entspechend seiner neuen Funktion gab Dietrichstein Anfang Dezember 1576 die Namen derjenigen Personen bekannt, die aus dem Hofdienst entlassen wurden: Martedì in casa del signore Dietristano, maiordomo maggiore, fu letta la lista di tutti quelli che hanno havuta licenza [...].284

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Vgl. Thomas Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung, I. Abteilung: Von Maximilian I. bis zur Vereinigung der österreichischen und böhmischen Hofkanzlei (1749), Bd. 1: Geschichtliche Übersicht, Wien 1907 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 5), S. 275; Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 203. Zu seiner Person vgl. auch Friedrich Edelmayer, Ehre, Geld, Karriere. Adam von Dietrichstein im Dienst Kaiser Maximilians II., in: Ders., Alfred Kohler (Hgg.), Kaiser Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert, München 1992 (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 19), S. 109 – 142, sowie Friedrich Edelmayer, Söldner und Pensionäre. Das Netzwerk Philipps II. im Heiligen Römischen Reich, München 2002 (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 7), S. 75 – 87. Relation vom 19. Oktober 1576 aus Regensburg an Gallio (Neri, NBD, Bd. III/8, S. 644). Die Feststellung bei Noflatscher, Regiment aus der Kammer, S. 217, wonach das Obersthofmeisteramt nach dem Regierungswechsel von 1576 von Maximilian auf Rudolf weiterhin von Dietrichstein ausgeübt wurde, ist nicht korrekt. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 665. Ebd. S. 661: Perché ancora la corte non è finita di vestirsi di lutto, l’essequie, che si dovevan fare dimani, sono state differite a martedì. Et l’ istesso giorno sarà mandato il corpo a Lintz, accompagnato dal signor Traussen maiordomo. Bericht des päpstlichen Nuntius vom 14. Dezember 1576 aus Linz, vgl. ebd. S. 699.

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Oberstkämmerer In das Amt des für die persönlichen Bedürfnisse des Monarchen (Gesundheit,285 Privateigentum) zuständigen Oberstkämmerers wurde der Kärntner Edelmann Wolfgang Siegmund Rumpf von Wielroß anstelle des zum kaiserlichen Obersthofmeister ernannten Adam von Dietrichstein berufen.286 Rumpf hatte schon zuvor, bis zum Tod Maximilians in diesem Amt Erzherzog (später König) Rudolf treu gedient. In den Nuntiaturberichten erscheint Rumpf in seiner neuen Funktion zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Neuzusammensetzung des Geheimen Rats.287 Obersthofmarschall Otto Heinrich von Schwarzenberg wurde zum Obersthofmarschall ernannt und erscheint in dieser Funktion bei der Publikation der neuen Hofämter am 13. Dezember: [...] il conte di Swarzemberg dichiarato maresciale della corte.288 Schwarzenberg war zunächst von Rudolf II. als Obödienzgesandter an den Heiligen Stuhl (per la sua elettione)289 ins Auge gefasst worden. Der Kaiser rückte jedoch schon bald von dem Gedanken einer Entsendung Schwarzenbergs nach Rom ab havendo gran bisogno di lui in questa corte.290 In der Tat fungierte Schwarzenberg nicht nur als Obersthofmarschall, sondern wirkte auch an der Spitze des Reichshofrats.291

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Vgl. den Bericht von Orazio Malaspina an Gallio, Prag, 1580 V 30, über seine Unterredung mit Rumpf über den Gesundheitszustand des Kaisers und die Weigerung des Oberstkämmerers nach frühzeitiger Unterrichtung des Papstes im Falle einer lebensgefährlichen Zuspitzung der Erkrankung Rudolfs (ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 302r – 304r, Or.): Et quest’offitio feci con esso S. Romph, sì perché l’ ho conosciuto sempre per real cavalliere et buon cattolico, come perché, havendo la Camera et persona dell’Imperatore, la qual maneggia ogni giorno […], gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 192,4. Vgl. Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung, S. 277; Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 394. Zu seiner Person vgl. auch Edelmayer, Söldner und Pensionäre, S. 91 – 94. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 695. Ebd. S. 700. Vgl. auch Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung, S. 278; Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 208. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 643; vgl. auch ebd. S. 657. Ebd. S. 663. Anstelle von Schwarzenberg übernahmen der Großprior des Johanniterordens in Deutschland, Philipp Flach von Schwarzenberg, und der Reichshofrat Dr. Johannes Tonner von Truppach zu Beginn des Jahres 1577 die außerordentliche Gesandtschaft an den Heiligen Stuhl zur Leistung der Obödienz des neuen Kaisers gegenüber Papst Gregor XIII., vgl. Kap. I.6. Vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 671. Zu seiner Vita und Rolle im Reichshofrat vgl. auch Oswald von Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806, Wien 1942 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33) (Nachdr. Nendeln 1970), S. 136 – 138.

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Oberststallmeister Claudio Trivulzio wurde als Nachfolger von Rudolf Kuen-Belasy zum kaiserlichen Oberststallmeister berufen.292 Auch er hatte (wie Rumpf) in dieser Funktion bereits Rudolf als Erzherzog bzw. König gedient.293 Anfang Dezember 1576 übergab der bisherige kaiserliche Oberststallmeister Rudolf von Kuen-Belasy sein Amt an seinen Nachfolger, den lombardischen Adeligen Tivulzio: Il signor Choan, già cavallerizzo maggiore dell’ imperatore Massimiliano felice memoria, domenica a la presenza dei principali ministri della corte renuntiò l’ufficio al signor conte Claudio Triulci, raccommandandogli molto caldamente tutti quelli che sono sotto al suo governo, i quali passano 300, per havere servito finhora molto diligentemente et fedelmente a questa serenissima casa („Herr Kuen, ehemaliger Oberststallmeister des verstorbenen Kaisers Maximilian, verzichtete am vergangenen Sonntag auf sein Amt in Anwesenheit der führenden Minister des Hofes zugunsten des Grafen Claudio Trivulzi und empfahl ihm wärmstens all diejenigen, die unter seinem Befehl standen, d. h. mehr als 300 Personen, da sie bis zu diesem Zeitpunkt äußerst engagiert und treu diesem Haus gedient hätten“).294 Es ist sicher kein Zufall, daß drei der neu Ernannten (nämlich Dietrichstein, Rumpf und Trivulzio) dasselbe Amt bereits bei Erzherzog Rudolf und dessen Bruder Ernst während ihres Spanienaufenthalts bekleidet hatten. Von den vier genannten Personen verfügte zu diesem Zeitpunkt Dietrichstein über das höchste Ansehen an der Kurie. Er war neben der grauen Eminenz am Kaiserhof, Leonhard von Harrach (Mitglied des Geheimen Rats und Obersthofmarschall unter Maximilian II.), der einzige kaiserliche Berater, der aus der Hand des päpstlichen Kondolenzgesandten Annibale di Capua eines von insgesamt 20 persönlichen Breven Gregors XIII. erhielt.295 Auch der residierende Nuntius Delfino hatte nach dem Tod 292 293 294 295

Vgl. Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung, S. 279; Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 422. Vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 370: il conte Claudio Triulci, cavallerizzo maggiore del re (Rudolf, zu diesem Zeitpunkt, Oktober 1575, noch König). Bericht des päpstlichen Nuntius vom 14. Dezember aus Linz, ebd. S. 698 f. Es war Praxis des Heiligen Stuhls, ihre Nuntien zu Beginn einer Mission mit Schreiben zu versehen, die sie am Bestimmungsort an herausragende Persönlichkeiten zu übergeben hatten. Die Namen der Adressaten geben zu erkennen, welche Personen die Kurie an den jeweiligen Höfen für wichtig und einflußreich hielt. Die Annibale de Capua anvertrauten Breven richteten sich an folgende Personen (u. a. einige enge Verwandte des verstorbenen Kaisers und hohe Prälaten, die sich nicht am Kaiserhof aufhielten): Rudolf II., Kaiserin Maria, Erzherzog Maximilian, Erzherzog Ernst, Erzherzog Matthias, die Großherzogin der Toskana, den Großherzog von Toskana, die Erzbischöfe von Salzburg, Mainz, Trier und Köln, Herzog Albrecht von Bayern, den Bischof von Wiener Neustadt, Adam Dietrichstein, Leonhard von Harrach, den spanischen Botschafter, König István Báthory von Polen, die Königinwitwe von Frankreich, die Herzogin von Bayern sowie die Erzherzöge Ferdinand von Tirol und Karl von Innerösterreich. Ob das Breve an den steirischen Regenten Karl ausgefertigt wurde, ist ungewiss. Hinzu kamen jeweils vier Blanko-Breven an Adelige (Incipit: Mittimus ad carissimum), Bischöfe (Incipit: Libentissime utimur) sowie weitere nicht näher charakterisierte Personen (Incipit: Cum istuc), d. h.

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Maximilians für sich ein an Dietrichstein persönlich adressiertes päpstliches Breve erbeten.296 Auf diese Anregung hin wurde offensichtlich das Schreiben an Dietrichstein ausgefertigt und Annibale di Capua mitgegeben. Daß eine Unterstützung der kurialen Politik nicht selbstverständlich war, wußten auch die Nuntien vor Ort. Gemäß dem do ut des-Prinzip (päpstliche Gnadenerweise gegen Unterstützung der päpstlichen Politik vor Ort) wurden Anfang 1577 v. a. Adam von Dietrichstein und Claudio Trivulzio vom Papst begünstigt. Hier einige Beispiele: U. a. wurde der Bitte Dietrichsteins für seine Ehefrau, Margarita de Cardona, entsprochen, einen Tragaltar benutzen zu dürfen.297 Ob der Empfehlung Dietrichsteins für Francisco de Mendoza für die Position des Domdekans von Cuenca Erfolg beschieden war,298 geht aus den Quellen nicht hervor. Offensichtlich scheiterte der neue Obersthofmeister zunächst auch mit seinem Vorhaben, die kirchliche Karriere seines gerade erst sieben Jahre alten Sohnes Franz mit einem ersten Benefizium anzubahnen.299 Zunächst: Denn Franz wird schon bald viele Pfründen auf sich vereinigen und 1599 zum Bischof von Olmütz und Kardinal aufsteigen. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu sehen, daß schon sehr früh die Weichen für diese Karriere gestellt werden durch einen Vater, der eine gerade neu erhaltene, wichtige Hofcharge als Mittel zur Begünstigung der eigenen Familie einsetzen kann. Als im Januar 1577 die Schwiegermutter Dietrichsteins, María de Cordona, starb, nahm der päpstliche Nuntius Delfino – zusammen mit anderen ranghohen Vertretern des Kaiserhofes – persönlich an der Trauerfeier teil.300 Auch der neue Oberststallmeister Trivulzio, der in Rom bekannt war, seit er Anfang 1576 die Wahl Rudolfs zum römischen König dem Papst notifiziert301 hatte, zählte zu den Personen, die in der Gunst der römischen Kurie standen. Er konnte für seine Frau Margarita Lasso, die wie die Frau Dietrichsteins aus dem spanischen Hochadel stammte, von Gregor XIII. die Erlaubnis erwirken, auf Reisen und in Ge-

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der Nuntius konnte selbst vor Ort eine geeignete Person auswählen und den entsprechenden Namen einsetzen. Vgl. Nanni, Mrkonjić, Epistolae ad principes, Nr. 6448 – 6468. Vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 644: Se bene io credo che con i brevi che la mi mandarà ve ne saranno alcuni in bianco, pure mi pare con ogni riverenza di ricordarle che, servendo il signor Adamo Diatristano per maiordomo maggiore a questo nuovo imperatore, come faceva il signore Traussen al vecchio, quando non m’ havesse mandati detti brevi, saria forse bene mandarne uno per questo signore, et massime che è catholicissimo, come sa V. S. I., et sarà del consiglio segreto et può, come spero vorrà, servire molto a la religione catholica et a quella Santa Sede. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 53. Ebd. S. 209. Vgl. ebd. S. 24, 54 (Ablehnung Gallios unter Verweis auf das Alter), 71. Vgl. Bericht Delfinos an Gallio vom 19. Januar 1577 aus Prag, ebd. S. 32: Morì già quattro giorni d’apoplesia in età di circa ottant’anni la Signora Donna Maria di Cardona, madre del S. Don Giovanni, generale delle galere di Sicilia, suocera del S. Dietristano et cameriera maggiore della Ser.ma Imperatrice che, havendola amata come madre, ne ha sentito grandissimo dispiacere, et perché veramente era santissima donna et faceva infinite buonissime opere, la morte sua è doluta sommamente ad ognuno; et però all’essequie che sono state fatte con gran pompa et solennità invitato dalla Ser.ma Imperatrice, io vi sono intervenuto con gl’altri signori ambasciatori et tutti i principali della Corte. Neri, NBD, Bd. III/8, ad indicem.

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genden, wo es keinen katholischen Gottesdienst gab, die Messe in ihrer Unterkunft lesen zu lassen.302 Doch zurück zur Situation am Hof gegen Ende des Jahres 1576. Das oben skizzierte Revirement in den obersten Hofämtern führte wegen interessi et passioni private,303 wie der Nuntius feststellte, zu Verstimmungen zwischen dem neuen Obersthofmeister Dietrichstein und seinen beiden Vorgängern in dieser Funktion, Johann Trautson und Leonhard von Harrach. Es ging schlicht um die Präzedenz im Geheimen Rat, weshalb Dietrichstein und Harrach zunächst den Sitzungen fern blieben, letzterer fingendo di essere indisposto („indem er vorgab, krank zu sein“).304 Daß dieser Hinweis in einem offiziellen Gesandtenbericht erscheint, verwundert nicht weiter, denn der Nuntius musste auch die Beziehungen der ranghohen und einflussreichen Höflinge untereinander (Animositäten, Sympathien) aufmerksam registrieren, um sich bei seinen Aktionen bei Hof entsprechend zu orientieren. Bei den Beratern des Kaisers kam es der Kurie und ihren Vertretern vor Ort v. a. darauf an, daß die Personen in den höheren Hofämtern Katholiken waren. Dies war bei den oben genannten vier Neuernennungen der Fall, zweifellos auch bei Dr. Siegmund Vieheuser, persona tanto cath.ca et di valore, der im Februar 1577 als Nachfolger von Dr. Johann Baptist Weber zum Reichsvizekanzler ernannt wurde.305 Es handelte sich hierbei naturgemäß um eine Reichscharge, der Reichsvizekanzler zählte jedoch wie auch die übrigen Mitarbeiter der am Kaiserhof angesiedelten Reichshofkanzlei zum Personal des kaiserlichen Hofes und wurde deshalb auch in den Hofstaatsverzeichnissen aufgeführt.306 Wie sah es aber bei den verschiedenen kaiserlichen Beratungsgremien aus? Offensichtlich war hier Rudolf II. gegenüber den Forderungen aus Rom zu Zugeständnissen bereit. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine Bemerkung Rudolfs gegenüber Capua,307 wonach aus dem Reichshofrat und anderen Ratsversammlungen die protestantischen Mitglieder allerdings erst mittelfristig entfernt werden könnten. An anderer Stelle erklärt Rudolf beschwichtigend gegenüber dem Nuntius Delfino, er solle sich bezüglich der im Reichshofrat verbleibenden heretici keine Sorgen machen, da alle wichtigen Entscheidungen ohnedies im Geheimen Rat getroffen würden, nel quale sono tutti cath.ci.308 Diese Aussagen sollten beruhigend auf die Nuntien wirken, 302 303 304 305

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[…] di poter far dir messa in casa, quando va per viaggio et si trova in luogo che non vi sia chiesa cath.ca (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 207); vgl. auch ebd. S. 223 und 246. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 675. Ebd. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 58. Er wurde bereits unmittelbar nach dem Tod Maximilians II. als neuer Reichsvizekanzler gehandelt, vgl. den Bericht des päpstlichen Nuntius vom 19. November 1576 aus Linz, Neri, NBD, Bd. III/8, S. 670 f.: S’aspetta in breve la publicatione della riforma fatta della corte, et si dice che il signore Sigismondo Fihauser sarà vicecancellario in luoco del signo Bebber. Vgl. Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 278 f. Capua an Gallio, Prag, 1577 I 4, ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 3r – 6r, hier fol. 4r, Or. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 81. Bereits im Dezember 1576 hatte der Nuntius über die Neuzusammensetzung des Geheimen Rats berichtet, vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 695: Ma intendo

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Rudolf dachte aber wohl nie ernsthaft daran, von der durch seinen Vater begründeten Praxis, auch Protestanten in den Reichshofrat zu berufen, abzurücken.309 Bezüglich der kaiserlichen Kammer berichtete der Nuntius nur von einer Neuberufung in der Person Christoph Popels von Lobkowitz, uno de migliori catholici che sia in quel regno.310 Anfang Dezember hatte Rudolf II. alle Pagen (Edelknaben) seines Vaters mit Geld und Pferden versehen nach Hause geschickt. Als Grund für ihre Entfernung vom Hof nennt Nuntius Delfino ihre konfessionelle Orientierung. Sie waren ausnahmslos Protestanten und stellten deshalb ein Risiko für den Glauben der Pagen dar, die bislang in den Diensten Rudolfs gestanden hatten und allesamt Katholiken waren.311 Damit ist die Annahme von Hausenblasová zu hinterfragen, wonach „der neue Kaiser gerade das Personal solcher Institutionen automatisch übernahm, die nicht Bestandteil seines Königshofs, jedoch für den Betrieb des Kaiserhofs unentbehrlich waren“,312 u. a. die Pagen.313 Wenige Tage nach der Entlassung der Pagen wurden durch den Obersthofmeister weitere Kündigungen bekanntgegeben. Es handelte sich u. a. um vier Ärzte (dui fisici et dui chirurgi), zwei Kapläne und zahlreiche andere Bedienstete, u. a. viele Sänger.314 Offiziell ließ Rudolf mitteilen, daß er aus Loyalitätsgründen gerne die Diener seines Vaters übernommen hätte, die angespannte finanzielle Situation ihn aber zu Einschränkungen beim Personal veranlasst habe.

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bene che al consiglio segreto vi siano stati aggiunti li signori Rosemberg, Diatristano, Prenestano, Choan, fratello dell’arcivescovo di Salzburg, et il signore Ronfo, cameriero maggiore, persone tutte molto versate, prudenti et catholiche. Vgl. Gschliesser, Der Reichshofrat, S. 74. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 699. Lobkowitz war in Rom durch einen längeren Aufenthalt bei Kardinal Madruzzo bekannt. Vgl. auch Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 394. Vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 695: La maestà dell’Imperatore ha data licenza a tutti i paggi del serenissimo suo padre, con denari e cavalli da condursi a casa. Et questa risolutione è stata causata dal timore che s’ haveva che, per essere quasi tutti infetti d’ heresia, non seducessero et corrompessero gl’altri suoi, i quali sono stati educati et instituiti molto catholicamente. Et quelli che per l’avvenire s’accetteranno al servitio, doveranno essere simili a questi. Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 108. Namentlich faßbar werden die Pagen Rudolfs II. in den Hofstaatsverzeichnissen erst 1612, zuvor wird nur ihre Gesamtzahl aufgeführt, vgl. ebd. 423 f. Hausenblasová benutzte bei ihrer Auswertung neben den einschlägigen Hofstaatsverzeichnissen zwar auch bestimmte narrative Quellen (z. B. Reisetagebücher), nicht aber die Nuntiaturberichte, die für Rudolf II. zwar noch nicht vollständig, jedoch für mehrere Jahre, mittlerweile auch für die hier interessierende Frühphase des Kaisertums Rudolfs II., ediert vorliegen, vgl. ebd. S. 33 und 550 – 552. Zur Quellengattung der Nuntiaturberichte vgl. jetzt die Einführung von Jan Paul Niederkorn, Die Berichte der päpstlichen Nuntien und der Gesandten Spaniens und Venedigs am kaiserlichen Hof aus dem 16. und 17. Jahrhundert, in: Josef Pauser, Martin Scheutz, Thomas Winkelbauer (Hgg.), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16. – 18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, Wien – München 2004 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 44), S. 94 – 107. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 699. Wegen der Entfernung der protestantischen Mitglieder der kaiserlichen Kapelle war der Nuntius persönlich beim Kaiser vorstellig geworden, vgl. ebd. S. 673.

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I. Kaiser und Papst

Mitte Dezember 1576 war die Neuverteilung der Ämter weitgehend abgeschlossen. Der Nuntius hatte Rom über die neuen Inhaber der wichtigsten Stellen informiert. Was die niedrigen Chargen betriff t, so erklärte er lapidar, es sei ohne Bedeutung, ihre genaue Aufgabenbeschreibung zu kennen, wichtig sei allein die streng katholische Orientierung der Stelleninhaber.315 Zum Missfallen der päpstlichen Vertreter am Kaiserhof konnten sich aber auch nach dem Tod Maximilians II. noch zahlreiche Protestanten am Kaiserhof halten. Eine explizite Nennung protestantischer Hofbeamter durch die Nuntien findet sich eher selten. Konrad von Pappenheim, Hauptmann der kaiserlichen Trabanten, wird als signore principale di questo paese heretichissimo316 bezeichnet, während die Beobachtung, daß der kaiserliche Postmeister Hans Wolzogen ein erklärter Protestant sei (uno de li heretici rabbiosi),317 den Nuntius Portia veranlasst, des öfteren chiffriert zu schreiben, was der Staatssekretär Gallio positiv würdigt.318 Insgesamt ist Hausenblasová zuzustimmen, wenn sie feststellt, daß der neue Hofstaat von Ende 1576 „zum einen Mitglieder des soeben aufgelösten Hofs Maximilians, zum anderen solche des bisherigen königlichen (erzherzoglichen) Hofs Rudolfs und zuletzt neu in kaiserliche Dienste tretende Personen“319 (z. B. Schwarzenberg) enthielt. Doch kann man nach den zeitgenössischen Berichten der Nuntien klar von einer Zurückdrängung des protestantischen Elements am kaiserlichen Hof des frühen Rudolf sprechen.320 Für die Nuntien mag das freilich nicht genug gewesen sein. Jedenfalls fiel das Urteil der römischen Kurie über das Erscheinungsbild des Kaiserhofes nach dem Revirement im Zuge des Herrschaftsantritts Rudolfs II. äußerst positiv aus. Der Papst, so Kardinal Gallio gegenüber dem Nuntius vor Ort Delfino Anfang Januar 1577, sei zufrieden mit der Neuverteilung der Ämter am Hof: Per la lettera di V. S. de li 14 del passato N. S. ha inteso quel che era seguito tanto ne la riforma de la casa di S. M.tà Ces.a quanto circa la distributione degli officii, et ha sentito molta consolatione di vedere che li carichi siano stati dati a soggetti degni et sinceri, conforme a quello che si aspettava da la pietà et prudenza singolare de la M.tà S. („Durch ihren Brief vom 14. des vergangenen Monats hat der Papst erfahren, welche Maßnahmen 315 316 317 318 319 320

Dei più bassi non le scrivo, importando poco il sapere gl’uffici et qualità loro; ma basti che s’ ha havuto sempre l’occhio a la religione (ebd. S. 700). Koller, NBD, Bd. III/9, S. 355. Ebd. S. 417. V. S. ha fatto bene a valersi de la cifra in dar conto di questo negotio a S. S.tà poiché il Maestro de la Posta è de la farina che V. S. dice (ebd. S. 442). Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 107. Vgl. auch Vocelka, Politische Propaganda, S. 114. Vor diesem Hintergrund ist die Bemerkung von Noflatscher, Regiment aus der Kammer, S. 217, zu hinterfragen, wonach „der Übergang der Regierung Maximilians II. zum 24jährigen Thronfolger [...] 1576 von großer bis erdrückender Kontinuität geprägt“ gewesen sei, „die nach zeitgenössischen Maßstäben nicht zu erwarten war“. Allerdings greift Noflatscher im Rahmen seiner Studie für den frühen Rudolf II. nicht auf die inzwischen vorliegenden Editionen zur ständigen Nuntiatur am Kaiserhof zurück, sondern nur auf die editierte Korrespondenz des Sondernuntius Castagna, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pacificationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1894.

5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien

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sowohl bei der Umgestaltung des kaiserlichen Haushalts, als auch bei der Verteilung der Hofämter getroffen worden waren, und hat mit großer Genugtuung gesehen, daß die Ämter an würdige und aufrichtige Personen vergeben wurden, wie man es sich von der Frömmigkeit und einzigartigen Klugheit des Kaisers erwartete“).321 Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Kurie maß dem Herrscherwechsel von 1576 im Reich nach den Erfahrungen mit Maximilian II. große Bedeutung bei. Um die eigene Politik gegenüber Kaiser und Reich neu zu bestimmen, wurden verschiedene Maßnahmen ins Auge gefasst. Neben den regelmäßig einlaufenden Berichten des am Kaiserhof residierenden Nuntius wollte man die Eindrücke einer Person nutzen, die kurzfristig mit einem Spezialauftrag zu Rudolf II. entsandt worden war: Annibale di Capua. Es ging der Kurie dabei v. a. darum, Informationen aus erster Hand über den neuen Kaiser und dessen Umgebung zu erhalten. Um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen, musste man sich die Personen am Hof weiter verfügbar halten, die bereits in der Vergangenheit loyal zum Heiligen Stuhl gestanden hatten. Neben Leonhard von Harrach sind hier der spanische Botschafter und die Kaiserin zu nennen. Bei der Witwe Maximilians II. kam es darauf an, ihren Verbleib am Kaiserhof sicherzustellen. Ihre Absicht, nach Spanien zurückzukehren, war bekannt. Immerhin gelang es den Nuntien (unterstützt durch andere Vertrauenspersonen, u. a. auch Jesuiten), die Kaiserin Maria noch für vier Jahre am Kaiserhof zu halten. Auch hier werden die zahlreich überlieferten päpstlichen Gnaden, zu denen auch Geldtransfers zählten, ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Für eine erfolgreiche Mission der Nuntien war es essentiell, sich der Dienste derjenigen, als zuverlässig einzustufenden Personen zu versichern (unter Einsatz von päpstlichen Gunstbezeugungen), die in neue Positionen aufgerückt waren. Hierzu zählten die ranghohen Würdenträger Dietrichstein und Trivulzio (Dietrichstein wird bei weitem am häufigsten in den Nuntiaturberichten genannt), aber auch der neue Reichsvizekanzler Vieheuser (der zusammen mit Trautson und Harrach tutti cattolicissimi bei der Behandlung der Obödienzfrage eine Rolle spielen sollte).322 Die Kurie setzte sich über ihre Vertreter vor Ort mit Nachdruck dafür ein, die Hofchargen ausschließlich mit Katholiken zu besetzen. Und dies nicht ohne Erfolg: Die aus den Nuntiaturberichten zu gewinnenden Aussagen lassen den Schluss zu, daß es Ende 1576/Anfang 1577 in der Tat zu einer nicht unwesentlichen Zurückdrängung des protestantischen Elements am Hof des neuen Kaisers Rudolfs II. kam.

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Koller, NBD, Bd. III/9, S. 10. Ebd. S. 144, sowie Kap. I.6 in diesem Band.

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6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Heiligen Stuhl

1. Einleitung Im April 1576 wurde Kardinal Giovanni Morone von Gregor XIII. zum Regensburger Reichstag entsandt. In seiner Instruktion wurde ihm u. a. aufgetragen, den im Oktober 1575 zum römischen König gewählten Rudolf von Habsburg, den Sohn des regierenden Kaisers Maximilians II., zu veranlassen, ohne weitere Verzögerung in Rom um die Bestätigung seiner Wahl zu bitten und die herkömmliche Gehorsamsverpflichtung gegenüber dem Heiligen Stuhl zu leisten: a dimandar la confirmatione et a dar l’obedientia more aliorum regum.323 Was haben wir unter dieser Obödienzleistung zu verstehen, und war es ein mos aliorum, ein Herkommen oder Brauch, den die römischen Könige vor Rudolf übten? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es eines Rückgriffs auf das Mittelalter, wo die Wurzeln der frühneuzeitlichen Obödienzgesandtschaft liegen. Zunächst eine Feststellung: Der Eid, welchen die mittelalterlichen Kaiser während der Krönung durch den Papst ablegten (zuletzt Karl V. am 24. Februar 1530 vor der Kirche San Petronio in Bologna) und welcher in den sog. Clementinen überliefert ist,324 war kein Obödienzeid. Der Kaiser versprach darin lediglich, sich als protector, procurator et defensor für Papst und Kirche einzusetzen. Das Wort oboedientia begegnet nicht! Woher kommt nun der Gehorsamseid? Bei einer Durchsicht der Krönungsordines erscheint der Begriff oboedire immerhin ein Mal, und zwar zu Beginn des sog. Ordo von Apamea aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts: Postquam enim a principibus suis electus fuerit in regem, et iuxta morem inunctus, debet mittere honoratos nuncios, de principibus quidem viros ecclesiasticos et seculares, ad romanum pontificem significans ei, tam per eos quam per litteras suas promotionem suam et quod velit sibi omnimodis obedire tanquam patri et ad defensionem ecclesiae, secundum scire suum ac posse, omni vitae suae tempore viriliter stare.325 Es handelt sich hier sozusagen – losgelöst von der Krönung – um eine die Obödienz miteinschließende Notifikation der erfolgten Wahl zum römischen König. Ein 323

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Instruktion für Morone, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pacifikationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1894, S. 27. Vgl. Clem. 2.9, gedruckt in: Corpus Iuris Canonici, Pars II: Decretalium Collectiones, Decretales Gregorii, hg. von Emil Ludwig Richter, Emil Friedberg, Leipzig 1881, Sp. 1147 – 1150. Die Ordines für die Weihe und Krönung des Kaisers und der Kaiserin, hg. von Reinhard Elze, Hannover 1960, S. 48.

6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Heiligen Stuhl

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wesentliches Charakteristikum ist dabei die Entsendung hochrangiger geistlicher und weltlicher Vertreter des Reiches. Als Beispiele für die spätere Zeit seien genannt: Scipione d’Arco326 für Ferdinand I. und die von Rudolf II. bzw. Matthias betrauten hohen geistlichen Reichsfürsten, der Großprior des Johanniterordens Philipp Flach von Schwarzenberg bzw. der Bischof von Bamberg, Johann Gottfried von Aschhausen.327 Wann zum ersten Mal eine solche diplomatische Mission stattfand, die mit dem Begriff Obödienzgesandtschaft bezeichnet werden kann, ist nicht festzumachen. Der Rechtshistoriker Feine zählt für das 14. Jahrhundert vier Gesandtschaften römischer Könige – nämlich Heinrichs VII., Karls IV., Wenzels und Ruprechts – an den Hof des Papstes. Sie leisteten im Zusammenhang mit dem Ansuchen um die päpstliche Approbation Obödienz. Dieser Akt war insofern bedeutsam, als von ihm nach kurialer Auffassung die Gewährung der sog. primae preces abhing.328 Darunter ist die seit dem 13. Jahrhundert von den römischen Königen und Kaisern ausgeübte Rechtspraxis zu verstehen, nach der Regierungsübernahme von jedem Dom-, Kollegiatstift oder Kloster je eine Pfründe, für die sie kollationsberechtigt waren, zugunsten einer Person ihrer Wahl zu erbitten. Von der Zeit des großen Schismas und der Konzilien an häufen sich die Obödienzleistungen. Ihnen kam große politische Bedeutung zu. Ausgangspunkt war die Aufgabe der neutralen Haltung Friedrichs III. zwischen Papst und Konzil und die „Rückkehr in die päpstliche Obödienz“, besiegelt durch eine Gesandtschaft an Eugen IV. 1447.329 Aber nicht nur die Kaiser, auch die anderen Mächte, v. a. die italienischen Städte und Fürstentümer leisteten dem Papst im 15. Jahrhundert den Gehorsamseid. Solche Gesandtschaften fanden in der Regel nach einem Pontifikatswechsel statt. Es mag hier der Verweis auf die zahlreichen Obödienzgesandtschaften genügen, die nach der Wahl Innozenz’ VIII. 1484 in Rom eintrafen. Die Liste der Delegationen enthält u. a. Vertreter der Könige von Frankreich, England, Spanien, Portugal, Neapel, des Herzogs von Savoyen, des Pfalzgrafen bei Rhein, des Herzogs von

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Die Arcos waren 1413 von König Sigismund in den Reichsgrafenstand erhoben worden, vgl. den Familieneintrag in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 1, Berlin 1953, S. 337. Zu Scipione d’Arco, vgl. Gerhard Rill, Art. Scipio d’Arco, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 3, Roma 1961, S. 796 f. Vgl. Hans von Zwiedineck-Südenhorst, Die Obödienz-Gesandtschaften der deutschen Kaiser an den römischen Hof im 16. und 17. Jahrhundert, in: Archiv für österreichische Geschichte 57 (1879), S. 171 – 215, hier S. 188; Joseph Schmid, Die deutsche Kaiser- und Königswahl und die römische Curie in den Jahren 1558 – 1620, in: Historisches Jb. 6 (1885), S. 3 – 41, 161 – 207, hier S. 197. Vgl. Hans Erich Feine, Papst, Erste Bitten und Regierungsantritt des Kaisers seit dem Ausgang des Mittelalters, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 20 (1931), S. 1 – 101, hier S. 13. Ebd. S. 10 f.; Joachim W. Stieber, Pope Eugenius IV, the Council of Basel and the secular and ecclesiastical authorities in the Empire. The conflict over supreme authority and power in the Church, Leiden 1978 (Studies in the History of Christian Thought 13), S. 301.

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I. Kaiser und Papst

Bayern, von Venedig, Mailand, Genua, Ferrara, Siena, des Johanniter-Großmeisters usw.330 Dieser Brauch riß auch während der Frühen Neuzeit nicht ab. Als Beispiel sei hier auf den zweijährigen Pontifikat Gregors XV. verwiesen. Demnach leisteten dem Ludovisi-Papst u. a. Obödienz: Modena, Bologna, Mailand, Lucca, Ferrara, Savoyen, Genua, Venedig, Parma, Avignon, die katholischen Schweizer Kantone, der Malteserorden, Mantua, Spanien, Bayern (Wilhelm von Fugger im Mai 1623 für den gerade in den Rang eines Kurfürsten aufgestiegenen Maximilian).331 2. Der Ablauf Der Ablauf einer Obödienz-Gesandtschaft erfolgte nach einem festgelegten Schema. Ein gedruckter Traktat zum Thema Obödienzgesandtschaften aus dem Jahr 1737, der neben einem historischen auch einen systematischen Teil enthält, gibt Aufschlüsse über die protokollarischen Details (de caeremoniis quae observari solent).332 Vor Rom angelangt, hatten die Gesandten dem päpstlichen Hof von ihrer Ankunft Mitteilung zu machen. Daraufhin wurde ein Termin für die feierliche Einholung durch eine Kardinalsabordnung angesetzt. Diese erfolgte in der Regel bei der Porta del Popolo. Kernelement der gesamten Handlung war ein öffentliches Konsistorium, in welchem nach Übergabe und Verlesen des Beglaubigungsschreibens der Leiter der Delegation für seinen Souverän in Form einer Rede (oratio) die Obödienz leistete. Im Anschluß daran ließ der Papst antworten, in der Regel durch seinen Sekretär. Zur Ausräumung unvorhergesehener Streitpunkte konnte dem öffentlichen Konsistorium eine Privataudienz der Gesandten beim Papst vorgeschaltet werden. 3. Beginn der Gesandtschaft Wenden wir uns nun der rudolfinischen Gesandtschaft zu und verfolgen wir den Ablauf der Obödienzgesandtschaft in erster Linie aus dem Blickwinkel des Nuntius am Kaiserhof bzw. aus Sicht der Kurie, d. h. auf der Grundlage der Nuntiaturkorrespondenz von 1577.

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Vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 3: Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance: Von der Wahl Innozenz’ VIII. bis zum Tode Julius’ II. (1484 – 1513), 2 Teile, Freiburg i. Br. 1926, Teil 1, S. 219 mit Anm. 3. Vgl. Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1997, S. 90 – 94. Christian Gottlieb Buder, De legationibus obedientiae Romam missis, in: Ders., Opuscola, Jena-Leipzig 1737, S. 399 – 408. Die dort gemachten Angaben und der Befund der Quellen legen den Schluß nahe, daß das Protokoll einer Obödienzgesandtschaft während der gesamten Frühen Neuzeit mehr oder weniger stabil blieb.

6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Heiligen Stuhl

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Am 27. Oktober 1575 war Rudolf, der älteste Sohn des regierenden Kaisers Maximilians II., in Regensburg zum römischen König gewählt worden. Fünf Tage später, am Allerheiligentag, erfolgte die Königskrönung am selben Ort. In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, daß auch das Scrutinium der Königskrönung ein Versprechen gegenüber dem Papst und der Kirche von Rom enthielt, in welchem sogar von Unterwerfung die Rede war. Der römische König hatte auf die sechste Frage, wie auch auf die vorangegangenen fünf, mit ja (volo) zu antworten. Sie lautete: vis Smo in Christo patri et Dno Dno Romano Pontifici et sanctae Romanae ecclesiae subiectionem debitam et fidem reverenter exhibere?333 Unmittelbar nach dem Krönungsakt erfolgte die Entsendung des Grafen Claudio Trivulzio nach Rom, um Wahl und Krönung zu notifizieren.334 Trotz wiederholter Anmahnungen der Kurie war der neue römische König bis zum Herbst des darauffolgenden Jahres in der Obödienzangelegenheit nicht initiativ geworden. Durch den Tod Maximilians II. am 12. Oktober 1576335 und die Übernahme der kaiserlichen Regierung durch Rudolf ergab sich eine neue Situation. Rom begann nun, verstärkt Druck auf Rudolf auszuüben, so daß sich der Kaiser schließlich veranlaßt sah, Obödienzgesandte zu nominieren. In Aussicht genommen wurden für die Mission der Großprior des Johanniterordens in Deutschland, Philipp Flach von Schwarzenberg,336 und der Reichshofrat Dr. Johannes Tonner von Truppach.337 Es verging aber noch geraume Zeit, bis die Gesandtschaft abgefertigt wurde.338 Während dieser Zeit wurde dem Nuntius, der wiederholt in dieser Angelegenheit 333

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Die Wiedergabe der Formel bei der Krönung Maximilians II., in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 3: Nuntius Delfino 1562 – 1563, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1903, S. 410 (Steinherz spricht ungenau von einer Eidesleistung „bei der Wahl“); vgl. auch Helga Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel der Römischen Königskrönung in der Neuzeit, masch. Diss. Köln 1963, S. 43. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1567 – 1585, Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997, S. 386 f. Vgl. ebd. S. 639 f. Philipp Flach von Schwarzenberg, um 1565 Komtur von Trier und Überlingen (vgl. Walter Rödel, Das Großpriorat Deutschland des Johanniterordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation, 2. Aufl., Köln 1972, S. 115); 1573 – 94 Großprior des Johanniterordens für die deutsche Provinz, vgl. Adam Wienand (Hg.), Der Johanniterorden, der Malteserorden, der ritterliche Orden des heiligen Johannes vom Spital zu Jerusalem, seine Geschichte, seine Aufgaben, 3. Aufl., Köln 1988, S. 653. Dr. Johannes Tonner von Truppach, Erzieher der Söhne Maximilians II., ca. 1563 – 88 kaiserlicher Hofrat, vgl. Oswald von Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806, Wien 1942 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33) (Nachdr. Nendeln 1970), S. 130 f. Der Johanniter-Großprior wollte zunächst unter Hinweis auf die hohen Kosten das Mandat ablehnen, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1567 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 9. Mitte Januar wurde ihm

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beim Kaiser vorstellig wurde,339 beschieden, wegen der leeren kaiserlichen Kassen340 verzögere sich sowohl die Abschickung der Obödienzbotschafter als auch die Neubesetzung der vakanten ständigen Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl. Trotz des offensichtlichen Lavierens des Kaiserhofes war für den Nuntius kein Anlaß gegeben, das grundsätzliche Wohlwollen des Kaisers gegenüber dem Papst in Zweifel zu ziehen: conoscendo S. M.tà in tutte l’altre attioni sue religiosissima, non posso, né debbo, come fa ancora N. S., interpretare questa lentezza in cattiva parte.341 Die finanzielle Situation des Kaiserhofes war offensichtlich prekär. Der Nuntius selbst charakterisiert sie als esaustissima, versicherte aber gleichzeitig Kardinal Gallio, keine Gelegenheit auszulassen, di martellare [!] tanto che si venga al debito fine.342 Ende Februar erfolgte die Abreise Tonners aus Prag.343 Nachdem Flach in Siena zu ihm gestoßen war,344 langte die Gesandtschaft Ende April an der päpstlichen Poststation Baccano vor Rom an.345 Beide rechneten offensichtlich mit einer raschen und unproblematischen Erledigung ihres Auftrags, der in erster Linie darauf abgestellt war, die primae preces für Rudolf sicherzustellen.346 Jedoch traten unvermutet Schwierigkeiten auf. Schon in dem Schreiben Kardinal Gallios, in welchem dieser dem Nuntius in Wien die Ankunft der Gesandten vor Rom mitteilt, klingt Skepsis an.347 Der von den Gesandten angenommene Terminplan (Einzug in Rom am Sonntag, dem 29. April, Ansprache der Botschafter im öffentlichen Konsistorium am darauffolgenden Montag) wird von Gallio mit dem Zusatz se Dio vorrà eingeschränkt. Was war vorgefallen? Tonner hatte Kardinal Madruzzo,348 der in seiner Funktion als protector nationis Germaniae (seit 1573) na-

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eine Instruktion zugestellt (vgl. ebd. S. 14), die im Februar durch weitere, offenbar Tonner mitgegebene Anweisungen ergänzt wurde, vgl. Zwiedineck-Südenhorst, Die ObödienzGesandtschaften, S. 177. Auch Tonner klagte über ein mancamento di denari (vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 35). So in seiner ersten Audienz bei Rudolf nach dem Jahreswechsel 1576/77, begleitet vom päpstlichen Kondolenzgesandten Annibale di Capua, vgl. ebd. S. 2 f. […] per essere S. M.tà astretta in queste essequie del padre, nelle cose d’Ungaria et in altri urgenti negoti, che non patiscano dilatione, fare grossissime spese […] (ebd. S. 50). Ebd. S. 50 f. Ebd. S. 51. Das genaue Datum (1577 II 28) ergibt sich aus dem Schreiben Delfinos an Gallio, ebd. S. 60. Vgl. Tonner an Dietrichstein, Rom, 1577 V 1, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 149r, Or. Gallio meldet am 27. April nach Prag, daß die Gesandten in Baccano (päpstliche Poststation an der Via Cassia, auf halbem Weg zwischen Sutri und Rom) eingetroffen seien, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 116. Vgl. Zwiedineck-Südenhorst, Die Obödienz-Gesandtschaften, S. 177. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 116. Zu Madruzzo vgl. zuletzt Bernhard Steinhauf, Giovanni Ludovico Madruzzo (1532 – 1600). Katholische Reform zwischen Kaiser und Papst: Das Konzept zur praktischen Gestaltung der Kirche der Neuzeit im Anschluß an das Konzil von Trient, Münster 1993 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 132).

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turgemäß für ihn der erste Ansprechpartner war,349 von seiner Ankunft und seinem Auftrag in Kenntnis gesetzt. Offenbar sah Madruzzo die kommenden Schwierigkeiten vorher und bat deshalb Tonner, noch vor dem offiziellen Einzug inkognito nach Rom zu kommen und sich mit ihm zu beraten.350 Im Anschluß an diese Unterredung folgte – mit dem Papst und weiteren Kardinälen – eine Erörterung des für das öffentliche Konsistorium bestimmten Redetextes, welcher nach eingehender Prüfung – verglichen mit den für Ferdinand I. und Maximilian II. gehaltenen Ansprachen – als inakzeptabel eingestuft wurde. Stein des Anstoßes war eine scheinbar minimale Änderung in der Formulierung: Während in der Rede für Ferdinand I. noch ausdrücklich das Wort oboedientia figurierte, welches im übrigen der Obödienzgesandte Scipione d’Arco aus eigenen Stücken – unter Überschreitung der ihm erteilten Instruktion – auf Drängen einiger Kardinäle und zum großen Mißfallen Ferdinands eingefügt hatte,351 und sich Maximilian an einer völlig insignifikanten Stelle352 der Oratio als obedientissimus filius353 bezeichnen ließ,354 ging Rudolf noch einen Schritt hinter die Formulierungen der für Großvater und Vater gehaltenen Reden zurück, indem er das Adjektiv (in der Form des Superlativs) obedientissimus gegen obsequentissimus [zu ergänzen filius] austauschte. Gregor XIII. gestattete nun zunächst den kaiserlichen Gesandten den Einzug, der zwei Tage später als vorgesehen am Dienstag, dem 30. April, Jnn warhait ganz 349

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Die Gesandten scheinen ausdrücklich an Madruzzo verwiesen worden zu sein, vgl. Rudolf II. an Madruzzo, Prag, 1577 II 12, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Hofkorrespondenz 6, fol. 29r – v, Konz. Der Kaiser bittet in diesem Schreiben den Kardinal ausdrücklich um Unterstützung bei der Erledigung der Obödienzgesandtschaft. Vgl. Tonner an Dietrichstein, Rom, 1577 V 1, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 149r – v, Or. Vgl. Gerhard Rill, Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Heiligen Stuhl 1560 – 1572, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13 (1960), S. 1 – 106, hier S. 8 – 10. Eine Abschrift der Rede von Scipione d’Arco findet sich im ASV (Miscellanea, Armadio II 116, fol. 254r – 255v). Sie ist gedruckt als Beilage zu Joseph Schlecht, Das geheime Dispensbreve Pius IV. für die römische Königskrönung Maximilians II., in: Historisches Jb. 14 (1893), S. 1 – 38, hier S. 23 – 25; Eine weitere Abschrift findet sich im Stadtarchiv von Regensburg, gedruckt in: Eduard Böhl, Beiträge zur Geschichte der Reformation in Österreich, Jena 1902, S. 448 – 250. Böhl behauptet, die Rede sei – wie die übrigens Aktenstücke der Legation – „verschwunden“. „Es ist also ein glücklicher Umstand, daß wir wenigstens die Rede […], welche die berüchtigte Obedienzleistung des Kaisers enthält, im Reg. Archiv wiedergefunden haben.“ […] si troverà in essa [die Oration Helfensteins, des Obödienzgesandten Maximilians II.] la parola obedientissimus, se ben non in quel luogo che noi vorressimo […] (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 128 f.). Zur filius ecclesiae-Metapher vgl. Eduard Eichmann, Die Adoption des deutschen Königs durch den Papst, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 37 (1916), S. 291 – 312. […] dopo longo contrasto (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 129) wegen des Wortlauts; die Rede des Grafen von Helfenstein ist abgedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914, S. 19 f.; vgl. dazu Schmid, Kaiser- und Königswahl, S. 178.

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prechtig, statlich und Ehrlich erfolgte,355 und empfing sie am darauffolgenden Tag zu einer Privataudienz in Anwesenheit von acht Kardinälen.356 Bereits zu diesem Zeitpunkt stand fest, daß Gregor unter den gegebenen Umständen die Wahl Rudolfs nicht bestätigen wollte. Die kaiserlichen Gesandten andererseits waren nicht autorisiert, Änderungen am Text der Obödienzrede vorzunehmen (non havendo […] [ordine] […] di mutar una sillaba).357 Wollte die Kurie die Gesandtschaft also nicht zu Fall bringen – man hatte die Ereignisse von 1558 noch in guter Erinnerung, als die erste Obödienzgesandtschaft Ferdinands I. unverrichteter Dinge an den Kaiserhof zurückkehren mußte358 –, mußte sie auf Zeit spielen. Den Gesandten wurde als Grund für die Verzögerung der Obödienzangelegenheit angegeben, ohne das Regensburger Wahldekret und ohne ein spezielles kaiserliches Mandat zur Ableistung des Obödienz-Eides könne der Papst im öffentlichen Konsistorium weder die Obödienz entgegennehmen noch die Wahl Rudolfs konfirmieren.359 Dies war allerdings nur ein formaler Vorwand.360 Für die Gesandten war die Verzögerung höchst unangenehm. Bei der von vornherein bescheidenen finanziellen Ausstattung empfanden sie es als wenig ehrenvoll, ihrem Gastgeber, Kardinal Madruzzo, auf der khost und hals zu ligen, fühlten sich wie Jnn ainer gefäncknus und wollten demnach Rom schnellmöglich verlassen, nicht zuletzt wegen des pasquini vnnd anderer nachredt.361

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Tonner an Dietrichstein, Rom, 1577 V 1, fol. 149r. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 117 f. Nach den Angaben Tonners waren neun Kardinäle anwesend (vgl. Tonner an Rudolf II., Rom, 1577 V 15, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 155r): Giovanni Morone, Cristoforo Madruzzo (Card. Tridentinus), Alessandro Farnese, Alessandro Sforza, Giovanni Ludovico Madruzzo. Philippo Boncompagni (Card. San Sisto), Ferdinando de’ Medici, Philippo Guastavillani, Andreas von Österreich (Card. de Austria). Koller, NBD, Bd. III/9, S. 121. Gesandter war Martín de Guzmán. Zur ersten gescheiterten ferdinandeischen Obödienzgesandtschaft vgl. Eduard Reimann, Der Streit zwischen Papstthum und Kaiserthum im Jahre 1558, in: Forschungen zur Deutschen Geschichte 5 (1865), S. 293 – 335; Schmid, Kaiser- und Königswahl, S. 8 – 26; Robert Höslinger, Das Gutachten des Antonius Augustinus über die Kaiserwahl Ferdinands I. (a. 1558), in: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 2 (1951), S. 76 – 81; José Ignacio Tellechea Idígoras, La renuncia de Carlos V y la elección de Fernando de Austria, in: Scriptorium Victoriense 7 (1960), S. 7 – 78, 207 – 283; Josef Leeb, Das Reichstagsgeschehen von 1559 und die Problematik der Kaiserwahl Ferdinands I., in: Erich Meuthen (Hg.), Reichstage und Kirche, Göttingen 1991 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 42), S. 236 – 256. Vgl. Tonner an Rudolf II., Rom, 1577 V 4, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 151r – v, Or. Tonner bat mit gleicher Post darum, ihm die Eidformeln Ferdinands I. und Maximilians II. zuzusenden, wofern diese bey der Krichs Canzley befunden. Vgl. Zwiedineck-Südenhorst, Die Obödienz-Gesandtschaften, S. 179; Schmid, Kaiserund Königswahl, S. 186 f. Gallio selbst spricht in der ersten der beiden Mai-Instruktionen (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 120 – 130) von il pretesto del decreto. Flach von Schwarzenberg und Tonner an Rudolf II., Rom 1577 V 4, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 154r, Or.

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4. Verhandlungen über die Obödienzformel Die Situation war festgefahren. Es war nun der Zeitpunkt gekommen, über den Nuntius am Kaiserhof mit Rudolf in Verhandlungen zu treten. Zu diesem Zweck wurden zwei ausführliche Instruktionen verfaßt, die beide vom 5. Mai 1577 datieren. Die erste, sehr umfangreiche Instruktion362 verwies zunächst nochmals auf das Einreichen des decretum electionis als Vorbedingung für die päpstliche Bestätigung und den inakzeptablen difetto del’oratione. Daran schloß sich ein allgemeines Monitum der schuldigen Ehrerbietung Rudolfs gegenüber Kirche und Papst an unter Hinweis auf ein in diesem Tenor gehaltenes Handschreiben des Papstes an den Kaiser und dessen Mutter vom 2. Mai.363 Im Zentrum der Instruktion wurden zur Untermauerung des Obödienz-Anspruchs des Heiligen Stuhls Beispiele vorangegangener Eidesleistungen angeführt, so die Obödienzerklärung Maximilians I. für sich und seinen Enkel Karl364 gegenüber Julius II., die Friedrichs III. durch Enea Silvio Piccolomini gegenüber Calixt III. und die Ferdinands I. durch Scipione d’Arco vor Pius IV. Daneben wurde auf den Eid Karls V. anläßlich seiner Krönung in Bologna hingewiesen. Rudolf solle sich demnach an die Majorität der Vorgänger halten und nicht an das Beispiel des Vaters, über dessen Obödienz zudem in schwieriger Zeit verhandelt worden sei.365 Äußerstenfalls würde die Kaiserwahl unkonfirmiert bleiben. Schärfer im Ton – vermutlich streng vertraulich – war die zweite Instruktion.366 Der Austausch der beiden Adjektive sei nicht auf einen bloßen Schreibfehler zurückzuführen (per errore de lo scrittore), sondern per malitia di chi sempre cerca di abborrire l’autorità de la Sede Ap.ca – offensichtlich auf Befehl oder mindestens mit Wissen des Kaisers. Beide Instruktionen tragen deutlich den Stempel des regierenden Papstes. Gregor XIII. ist der eigentliche Antipode Rudolfs in diesem Konflikt, und nicht der für auswärtige Beziehungen zuständige Kardinal Gallio oder etwa der Nuntius am Kaiserhof. Dies war kein Zufall: Ugo Boncompagni war nicht nur ein bedeutender Rechtsgelehrter und Professor an der Universität Bologna gewesen, er war auch bestens mit der Obödienzthematik vertraut. Als es 1558 um die Anerkennung Ferdinands I. ging, war von Paul IV. eine Kommission eingesetzt worden, in die neben zehn Kardinälen auch einige Rechtsgelehrte berufen worden waren. In diesem Gutachtergremium erscheint auch der Name Boncompagni. Von ihm stammte das ausführlichste 362 363 364

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Koller, NBD, Bd. III/9, S. 120 – 127. ASV, Segreteria di Stato, Nunziatura di Germania 7, fol. 247r – v, Konz. Nach Reinhard Seyboth, Die Königserhebung Maximilians I. und die Stellungnahme der Kurie im Licht der Reichstage von 1486 und 1487, in: Meuthen, Reichstage und Kirche, S. 41 – 54, hier S. 52, war nicht der Enkel Karl, sondern der Sohn Philipp mit in den Eid eingeschlossen. Hier wird auf die Endphase des Konzils von Trient angespielt. Das Ringen um die Obödienz Maximilians II. gestaltete sich 1563/64 schwierig, Rom war jedoch zu Zugeständnissen in der Formulierung bereit, um die kaiserliche Zustimmung zum Abschluß des Konzils von Trient zu erreichen, vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/3, S. LVI – VIII. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 128 – 130.

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und fundierteste Gutachten.367 Auf die Frage, ob die Abdankung Karls V. gültig sei oder nicht, antwortete Boncompagni damals, daß der Kaiser nur in die Hände des Papstes resignieren könne. Das Kaisertum sei durch den Papst von den Griechen auf die Franken und von diesen auf die Sachsen übertragen worden. Der Papst sei es im übrigen, der nach Prüfung der Wahl durch Approbation, Salbung, Handauflegung und Krönung eigentlich Titel, Macht, Würde und Jurisdiktion des Kaisers verleiht. Soweit Gregor XIII. zum Kaisertum. Fassen wir die Kernpunkte der römischen Position von 1577 zusammen: Aus der Sicht der Kurie ging es – neben einigen protokollarischen Fragen (z. B. die Danksagung der Gesandten nach erfolgter Konfirmation) – darum, den Kaiser sowohl in der Rede als auch in einem zusätzlich abzulegenden Eid auf die Verwendung des Wortes oboedientia festzulegen. Die Eidesleistung sollte entweder stellvertretend durch die Gesandten mündlich bzw. handschriftlich durch Rudolf selbst erfolgen. Für den zweiten Fall sicherte man – unter Hinweis auf die protestantischen Reichsfürsten – strikte Geheimhaltung zu und ging sogar soweit, dem Kaiser über den Nuntius ein Konzept für dieses Obödienz-Schreiben zuzustellen.368 Für die Formulierung in der Rede wurden drei Alternativen angeboten: 1. als Maximallösung die Ferdinandeische Version mit oboedientia,369 die offensichtlich auch in Rom niemand für erreichbar hielt. Trotzdem verwies Gallio wiederholt auf das Faktum, daß die Mehrheit der unmittelbaren Vorgänger Rudolfs (Maximilian I., Ferdinand I. expressis verbis sowie Karl V.:370 di Carlo Quinto si ha il giuramento di sopra che fa il medesimo eff etto) ihrer Obödienzpflicht zur Zufriedenheit des Apostolischen Stuhls nachgekommen war. Gegenüber Maximilian II. – nel quale se per la qualità de li tempi et de l’ huomo si è tolerato qualche cosetta371 – sei man im 367

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Das Original befindet sich im ASV (Archivum Arcis, Arm. I – XVIII 244, fol. 48r – 55v), gedruckt bei Tellechea Idígoras, La renuncia de Carlos V, S. 239 – 250. Er publiziert auch die übrigen Gutachten und bewertet die Arbeit der Kommission. Vgl. daneben Schmid, Kaiserund Königswahl, S. 11 – 22; zur reichsrechtlichen Problematik vgl. zuletzt Helmut Neuhaus, Von Karl V. zu Ferdinand I. Herrschaftsübergang im Heiligen Römischen Reich 1555 – 1558, in: Christine Roll (Hg.), Recht und Reich im Zeitalter der Reformation, Festschrift für Horst Rabe, Frankfurt a. M.-Berlin-Bern 1997, S. 417 – 440. ASV, Segreteria di Stato, Nunziatura di Germania 7, fol. 261r, Konz.: Beatissime pater etc. Etsi oratores, quos proxime ad Sanctitatem Vestram misi, meum erga Sanctam Sedem Apostolicam […] ac devotionem coram pluribus mandato meo declar[…] sunt, tamen ut de voluntate mea certius extet indicium, his litteris manu mea scriptis testari, ac polliceri volui, me Sanctitati Vestrae Sanctae Romanae Catholicae et Apostolicae Ecclesiae omni tempore filialem observantiam, reverentiam, et obedientiam esse praestiturum prout alios ante me Catholicos et pios Imperatores Romanis Pontificibus praestitisse constat etc. Im Kontext: Vicissim caesar ut oboediens ecclesiae filius sanctitati tuae et apostolicae sedi reverentiam atque oboedientiam exhibet (zit. nach Schlecht, Das geheime Dispensbreve Pius IV., S. 24; die Wortabfolge differiert in der bei Böhl, Beiträge zur Geschichte der Reformation, S. 450, wiedergegebenen Regensburger Abschrift). Hier wird lediglich auf den Krönungseid von Bologna verwiesen. Unberücksichtigt bleibt die im Frieden von Barcelona enthaltene Erklärung (vgl. unten Anm. 384). Auf letztere hatte Pius IV. während der Gesandtschaft Maximilians II. Bezug genommen, vgl. Schmid, Kaiser- und Königswahl, S. 179. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 116.

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Jahr 1564 v. a. vor dem Hintergrund der Beendigung des Trienter Konzils (und der raschen Umsetzung der Reformbeschlüsse!) zu Zugeständnissen bereit gewesen.372 2. Die Verwendung unterschiedlicher Obödienzformeln für Reich bzw. Böhmen und Ungarn, d. h. ratione Imperii reverentiam obsequium etc. und ratione Ungarie et Bohemie obedientiam. Diese Variante hielt der Nuntius in Wien mit dem Argument inclusio unius est exclusio alterius373 für bedenklich. Schließlich 3. Die Restitution der Formel Maximilians II., also oboedientissimus.374 Dies war die unbefriedigendste Lösung, denn im Gegensatz zum eindeutigen nomen abstractum ‚oboedientia‘ ist der Superlativ, hier ‚oboedientissimus‘, im Lateinischen semantisch gesehen zweideutig, er hat zwei Qualitäten, d. h. er kann als eigentlicher Superlativ (in unserem Fall: ‚der gehorsamste‘) oder als Elativ verstanden werden, der zum Ausdruck bringt, daß die betreffende Eigenschaft einem Gegenstand oder einer Person nur in sehr hohem, aber nicht in höchstem Maße zuzuschreiben ist (in unserem Falle wäre etwa entsprechend zu setzen: ‚der höchst, ungemeim gehorsame‘). 5. Die Obödienzleistung der früheren Kaiser Betrachten wir in diesem Zusammenhang die Obödienz-Praxis der unmittelbaren Vorgänger Rudolfs II.: Im Grunde war Friedrich III. der letzte Kaiser, unter welchem die Obödienz in der vom Heiligen Stuhl gewünschten Form erfolgt war. Er hatte erstmals gegenüber dem sterbenden Eugen IV. am 7. Februar 1447 die Obödienz leisten lassen,375 erneuerte diese dann nach dem Tod seines Krönungspapstes Nikolaus’ V. 1455 vor Calixt III. durch Enea Silvio Piccolomini.376 Dieser nahm dann selbst vier Jahre später als Pius II. die letzte Obödienzerklärung Friedrichs entgegen. Der Gesandte Johannes Hinderbach spricht dies in seiner 1459 vor dem Piccolomini-Papst in Siena gehaltenen Rede aus: omnem reverenciam, devocionem pariter et obedientiam exhibemus […].377 Maximilian I. leistete insgesamt viermal die Obödienz: Zunächst ließ er zwei Jahre nach seiner Wahl zum römischen König für sich und seinen Sohn Philipp am 4. Februar 1488 durch eine sechsköpfige Gesandtschaft vor Innozenz VIII. obedientiam et reverentiam bekunden und zwar ratione ducatuum Austrie et Burgundie et ali372

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Der Kompromiß sah vor, daß Pius IV. Maximilian als römischen Kaiser approbierte, Maximilian dagegen seine Zustimmung zum Abschluß des Konzils von Trient zusicherte, die am 3. Oktober 1563 erfolgte, vgl. Steinherz, NBD, Bd. II/3, S. LIII – LVIII. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 146. […] sanctae matris ecclesiae Catholicae filius obedientissimus […] (zit. nach Steinherz, NBD, Bd. II/4, S. 19). Nachdem er sich im Kampf zwischen Konzil und Papst schließlich für letzteren entschieden hatte, vgl. Feine, Erste Bitten, S. 11 und 41. Alfred A. Strnad, Johannes Hinderbachs Obödienz-Ansprache vor Papst Pius II. Päpstliche und kaiserliche Politik in der Mitte des Quattrocento, in: Römische Historische Mitteilungen 10 (1966/67), S. 43 – 183, hier S. 143. Vgl. ebd. S. 175.

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orum principatuum et dominiorum suorum.378 Seine Obödienz-Leistung wurde dann nochmals gegenüber Alexander VI. (schon bald nach Beginn des Pontifikats im August 1492),379 vor Julius II. (erst nach nahezu zehn Jahren gespannter Beziehungen 1512)380 und Leo X. (wiederum zu Beginn des Pontifikats 1513)381 erneuert.382 Ob bei diesen Gesandtschaften von 1492, 1512 und 1513 allerdings das Wort oboedientia fiel (Maximilian war zwischenzeitlich Kaiser geworden), bleibt zu fragen.383 Für Karl V. ist lediglich eine Absichtserklärung überliefert, und zwar im Frieden von Barcelona (1529 VI 29), in welchem der Kaiser für das Versprechen, gegen die Protestanten vorzugehen, von Papst Clemens VII. die Investitur mit Neapel erhielt.384 Karl sichert darüber hinaus zu, bei nächster Gelegenheit mit dem Papst zusammenzutreffen und dabei die übliche Gehorsamserklärung zu leisten: filialis observantia für das Reich, debita oboedientia für die regna (Spanien, Neapel, Böhmen, Ungarn) und dominia (Österreichische Herzogtümer etc.). 378 379

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Vgl. Seyboth, Die Königserhebung Maximilians I., S. 52. Hermann Wiesflecker, Maximilian und die Päpste seiner Zeit, in: Römische Historische Mitteilungen 22 (1980), S. 147 – 165, hier S. 148; Ders., Kaiser Maximilian I., das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd. 5, München 1986, S. 169 f. Vgl. auch Seyboth, Die Königserhebung Maximilians I., S. 54, Anm. 46. Für Pius III. war eine Obödienzgesandtschaft offenbar bereits ins Auge gefaßt worden. Durch den raschen Tod des Papstes 26 Tage nach Antritt des Pontifikats unterblieb die Mission, vgl. Winfried Stelzer, König Maximilian I. und die römische Kurie vom Tod Papst Alexanders VI. bis zur Kaiserproklamation zu Trient (1503 – 1508), masch. Diss., Graz 1967, S. 122. Auf der dritten Session des V. Laterankonzils (1512 XII 3) durch den Fürstbischof von Gurk, Matthäus Lang, vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 3/2, Freiburg i. Br. 1926, S. 865; Wiesflecker, Maximilian und die Päpste, S. 158; Ders., Kaiser Maximilian I., das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd. 4, München 1981, S. 112; Christa Friess, Die Beziehungen Kaiser Maximilians I. zur Römischen Kurie und zur deutschen Kirche unter dem Pontifikat Papst Julius II. (1508 – 1513), masch. Diss. Graz 1974, S. 215 f. Marino Sanuto, I Diarii, tomo 17, Venezia 1886, Sp. 398 f.; vgl. Wiesflecker, Maximilian und die Päpste, S. 16; Ders., Kaiser Maximilian, Bd. 5, S. 138; Anita Plamenig, Die Beziehungen Kaiser Maximilians I. zur Römischen Kurie und zur deutschen Kirche unter dem Pontifikat Papst Leo X. (1513 – 1529), masch. Diss. Graz 1976, S. 35 f. Die aufgezeigten Beispiele zeigen, daß entgegen der Behauptung bei Feine, Erste Bitten, S. 40, die im 14. Jahrhundert aufkommende Praxis der Obödienzdelegationen im 15. Jahrhundert nicht abreißt. Auch die Grazer Sammlung der Maximilian-Regesten enthält kein Stück mit dem genauen Wortlaut der Erklärungen. Für Hinweise bei dieser Fragestellung habe ich Hermann Wiesflecker und Manfred Holleger (Graz) zu danken. Die entsprechende Passage des Vertragswerks lautet folgendermaßen: […] ideo actum extitit, et conventum, quod quamprimum sua Caesarea Majestas ad suae Sanctitatis praesentiam se commode transferre poterit, illius sacros pedes (ut decet) deosculaturos eidem Sanctitati, more maiorum, iuxta solitum stilum, pro Sacro Imperio filialem exhibet observantiam, proque Regnis, et Dominiis quae obtinet, debitam praestabit oboedientiam, et iuramentum, in omnibus, et per omnia iuxta formam antiquae consuetudinis sacris Canonibus insertae […] (J[ean] Dumont, Corps universel diplomatique du droit des gens, vol. IV/2, Amsterdam-Den Haag 1726, S. 4). Vgl. zum Frieden von Barcelona Hermann Baumgarten, Geschichte Karls V., Bd. 2, Stuttgart 1888, S. 692 – 695, und Karl Brandi, Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches, München 1937, S. 239.

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Bei Ferdinand I. ereignete sich der bereits erwähnte Lapsus des Gesandten Scipione d’Arco. Die Erklärung, die er abgab, war vom Kaiser nicht autorisiert.385 Maximilian II. schließlich verstand sich, wie bereits erwähnt, nur zum Superlativ (oboedientissimus). Nach den Instruktionen für den Nuntius am Kaiserhof vom Mai 1577 sollte Rudolf auf die Obödienz-Praxis seiner kaiserlichen Vorgänger verpflichtet werden. Die Argumentation der Kurie stand auf wackeligen Beinen, denn eigentlich hatte nur Friedrich III. in der vom Heiligen Stuhl angestrebten Form Obödienz geleistet. 6. Ende der Gesandtschaft Die beiden am 5. Mai ausgestellten Instruktionen waren dem Nuntius zehn Tage später in Liegnitz übergeben worden. Rudolf befand sich in diesen Tagen im Rahmen seiner Reise durch die Erbländer auf dem Weg von Bautzen nach Breslau, um dort die Huldigung der schlesischen Stände entgegenzunehmen.386 Die Unterredung über den Streitfall, der aus Sicht des Nuntius keinen Aufschub vertrug, fand in Görlitz statt.387 Unmittelbar danach berief der Kaiser eine Sitzung des Hofrats ein, um über die Forderungen der Kurie zu beraten. Teilnehmer waren alle anwesenden Räte, d. h. neben Vizekanzler Siegmund Vieheuser, auch Leonhard von Harrach und Johann Trautson. Nach dieser Konferenz ließ der Kaiser dem Nuntius mitteilen, er wolle sich die Entscheidung bis nach seinem Einzug in Breslau offenhalten. Dieser fand am Freitag dem 24. Mai statt.388 Erst fünf Tage darauf – das Pfingstfest lag dazwischen – wurde dem Nuntius durch Vieheuser die Entscheidung mitgeteilt. Nahezu alle Wünsche der Kurie blieben danach unberücksichtigt. Bei der Rede wollte man den Wortlaut Maximilians wiederaufnehmen. Die Übersendung einer Abschrift des Wahldekrets wurde angekündigt (das Original wurde dem Nuntius gezeigt). Strikt abgelehnt wurde die Abfassung einer ergänzenden schriftlichen Obödienzerklärung durch den Kaiser. Aus Sicht des Kaiserhofes könne von einem förmlichen Eid überhaupt nicht die Rede sein, weshalb sich auch der geforderte schriftliche Auftrag (procura) an die Gesandten erübrigte, stellvertretend für den Kaiser den Obödienzeid zu leisten. Das Beglaubigungsschreiben genüge vollauf und müsse nicht ergänzt werden. 385

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Dieser Umstand hatte allerdings für den Heiligen Stuhl keine Relevanz, wie Delfino listig gegenüber einigen Hofräten bemerkte: a noi non consta della mente dell’Imperatore Ferdinando, se non dalle parole usate nella sua oratione (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 145). Zur Obödienzerklärung Ferdinands I. vgl. oben S. 93. Die Huldigung der böhmischen und Lausitzer Stände war bereits erfolgt, die der österreichischen und ungarischen stand noch bevor. Die Brisanz der Angelegenheit kommt allein dadurch zum Ausdruck, daß der Nuntius – aus Liegnitz kommend, bereits in Breslau eingetroffen – auf die Nachricht über die Verzögerung des Reiseplans des Kaisers kehrtmachte, um Rudolf in Görlitz über die neue Lage in der Obödienzangelegenheit zu unterrichten, ancorché fussi molto sbattuto dal viaggio, i cavalli stracchi et lontano da S. M.tà 100 miglia italiane (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 142)! Vgl. den Bericht Delfinos an Gallio vom 30. Mai (ebd. S. 139).

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Durch die labile Lage im Reich (welches der Nuntius im übrigen aus seiner Sicht als purtroppo disposto a seditione389 charakterisiert hatte) gebe es keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse an den Heiligen Stuhl, ließ man den Nuntius wissen. Die beiden Obödienzgesandten wurden in einem ausführlichen Schreiben in allen strittigen Punkten instruiert.390 Ausdrücklich untersagte Rudolf nochmals die Verwendung des Begriffs oboedientia bei der in der öffentlichen Audienz zu haltenden Rede: […] huiusmodi obedientiae vocabulum nulla prorsus ratione a vobis extorqueri patiemini.391 Die Resolution Rudolfs, die im Grunde keinen Schritt über die Obödienzerklärung des Vaters hinausging, wurde in Rom mit großer Enttäuschung aufgenommen.392 Bei einer in unterkühlter Atmosphäre verlaufenden Privataudienz für Tonner und Flach von Schwarzenberg erklärte sich schließlich Gregor XIII. mit der Formel Maximilians II. einverstanden, forderte aber zusätzlich die Übermittlung einer beglaubigten Abschrift des von Rudolf in Regensburg geleisteten Krönungseides, wo, wie bereits erwähnt, der Ausdruck subiectio figurierte. Nach längerem Tauziehen erklärte sich die Kurie schließlich in der Frage des Eides mit der Übermittlung einer beglaubigten Abschrift des von Rudolf in Regensburg geleisteten Krönungseides einverstanden.393 Am 2. Juli fand das öffentliche Konsistorium statt. Die Rede der Gesandten erfolgte unter Verwendung der Formel oboedientissimus filius,394 worauf Gregor die Wahl Rudolfs zum römischen König konfirmierte.395 Nachdem die Gesandten Rudolfs zwei Tage später noch um das primae preces-Indult nachgesucht hatten,396 verließen sie – vom Papst reich beschenkt – Rom.397 In Wien kam es schließlich zu einem diplomatischen Nachspiel. In der Frage des Krönungseides wurde der Nuntius hingehalten. Zunächst hieß es, eine Suche in 389 390

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Ebd. S. 145. Rudolf II. an Flach von Schwarzenberg und Tonner, Breslau, 1577 V 31, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 48, fol. 299r – 304v, Or. Diese Instruktion wird ausführlich bei Zwiedineck-Südenhorst, Die Obödienz-Gesandtschaften, S. 179 – 182, diskutiert, allerdings wird die Passage, wo Rudolf sich ausdrücklich gegen eine Danksagung am Ende des Konsistoriums ausspricht (fol. 304v), falsch interpretiert (S. 182). Rudolf II. an Flach von Schwarzenberg und Tonner, Breslau, 1577 V 31, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 48, fol. 300v. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 169. Ebd. S. 187. Entsprechend der jüngsten kaiserlichen Weisung (Rudolf II. an Flach von Schwarzenberg und Tonner, Breslau, 1577 V 31, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Diplomatische Korrespondenz 48, fol. 300v). Koller, NBD, Bd. III/9, S. 187. Die einschlägigen Konsistorialakten: ASV, Archivio Concistoriale, Acta camerarii 11, fol. 261r – 262r; Acta miscellanea 13, fol. 169v – 171v; Acta vicecancellarii 11, fol. 85r; vgl. auch Schmid, Kaiser- und Königswahl, S. 191, Anm. 1. Konfirmationsdekret Gregors XIII., Rom, 1577 VII 23: ASV, Miscellanea I – XV, Armadio II 116, fol. 262r, Or. (offensichtlich nicht abgeschickt!). ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 86, fol. 4r – 11r, Konz.; vgl. Feine, Erste Bitten, S. 33. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 191. Offenbar trat wegen der primae preces-Bulle, die Tonner persönlich mitnehmen wollte, eine Verzögerung ein, vgl. ebd. S. 202. Flach von Schwarzenberg traf Ende Juli in Wien ein (ebd. S. 203).

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der Kanzlei sei ergebnislos verlaufen, vermutlich sei die eidesstattliche Erklärung im Besitz des Mainzer Erzbischofs. Man habe diesem nun geschrieben mit der Bitte, den Eid zu übersenden.398 Als nach vier Wochen noch keine Nachricht aus Mainz vorlag, wurde die Anfrage wiederholt, wie dem Nuntius versichert wurde.399 Im Oktober lag der authentische Eid schließlich in Wien vor. Nun allerdings weigerte sich der Kaiser, eine Abschrift davon dem Papst zukommen zu lassen mit dem Argument, er wolle keinen Präzedenzfall schaffen. Auch bei der Konfirmationsbulle400 mußte der Papst eine Niederlage einstecken. Von den Gesandten war sie nicht angenommen worden. Auch der Versuch, sie über den Nuntius am Kaiserhof auszuhändigen,401 scheiterte. Rudolf nahm sie lediglich zur Prüfung an. Nachdem sich herausstellte, daß die kaiserlichen Vorgänger keine vergleichbare Bulle in Empfang genommen hatten, erhielt sie der Nuntius zurück.402 Sie erfuhr dasselbe Schicksal wie die für Maximilian II. ausgestellte und endete im Archiv der Engelsburg.403 7. Schluss Einige grundsätzliche und abschließende Überlegungen zu diesem Streit zwischen Kaiserhof und Kurie: Der Obödienzgesandtschaft Rudolfs II. wurde von seiten der Kurie ein hoher Stellenwert zugemessen. In der den Kaiserhof betreffenden Nuntiaturkorrespondenz des Jahres 1577 nimmt diese Angelegenheit – weit vor anderen aktuellen Themen (etwa der Kölner Bischofswahl oder dem Konflikt um die Abtei Fulda) – den größten Raum ein. Der Nuntius selbst hatte sich über die Maßen engagiert. Er schrieb: […] in nessuno [negotio] mi sono aff aticato tanto con l’animo et col corpo […].404

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Vgl. ebd. Vgl. ebd. S. 228. ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 86, fol. 1r – 3v (Konz.); BAV, Barb. Lat. 2583, fol. 84r – 85v (Abschrift); gedruckt bei Augustin Theiner, Annales ecclesiastici, Bd. 2, Romae 1856, S. 261 – 263, und – mit Fehlern – bei Zwiedineck-Südenhorst, Die Obödienz-Gesandtschaften, S. 209 – 211. Die entscheidenden Passagen lauten: […] Te […] confirmamus, et approbamus, omnesque et singulos iuris et facti defectus, qui aut ratione formae vel loci coronationis eiusdem, aut personarum electorum eorundem […] supplemus, Teque sic electum et confirmatum ad suscipiendum Imperialis dignitatis culmen suis loco et tempore dignum et idoneum etiam decernimus, et declaramus […]. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 219. Vgl. ebd. S. 278 f. In diesem Zusammenhang hatte Rudolf II. auch ein Dekret erlassen (Wien, 1577 X 17, ASV, Segreteria di Stato, Nunziatura di Germania 74, fol. 248r – 249r). Darin wurde an den Obödienzgesandten Maximilians II., Georg von Helfenstein, erinnert, der unter Verweis auf die bislang nicht geübte Praxis die von Pius IV. ausgestellte Konfirmationsbulle zurückwies. Vgl. Schmid, Kaiser- und Königswahl, S. 183 f. und 193. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 148.

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Eine große Rolle spielte dabei der Begriff oboedientia. Er war offensichtlich hochgradig semantisch besetzt. Der Papst wollte ihn unbedingt angewandt wissen; der Kaiser weigerte sich mit allen Kräften ihn zu setzen. Die Angelegenheit zog sich in die Länge und erwies sich als konfliktreich gerade deshalb, weil zwei verschiedene Sichtweisen aufeinanderprallten. Gregor XIII. sah in der Obödienz einen obligatorischen rechtlichen Akt, der im engen Zusammenhang stand mit der päpstlichen Approbation der römischen Königswahl. Für ihn war nur die Form akzeptabel, nach welcher Friedrich III. verfahren war. Hintergrund waren die Erfahrungen, die man mit Maximilian II. gemacht hatte: Rudolf stand am Anfang seiner Regierung, man setzte große Hoffnungen auf ihn. Er sollte wieder stärker ins katholische Lager eingebunden werden. Als Mittel hierfür bot sich der Obödienzakt an. Für Rudolf II. hingegen bestand – unter Verweis auf die von Großvater und Vater geübte Obödienz-Praxis – kein Zusammenhang zwischen Kaisertum und Obödienzleistung. Wie es seinem eigenen Selbstverständnis entsprach, gelobte Rudolf Papst und Kirche als oboedientissimus filius Gehorsam, und zwar nicht für das Reich, nicht für Böhmen und Ungarn, nicht für die Erbländer, sondern nur für seine eigene Person: So berichtete der Nuntius aus Wien […] promettendoli [gemeint ist der Kaiser dem Papst] per la persona sua ogni obedienza et riverenza, ma in quello aspetta all’Imperio dice di non potere senza evidentissimo pericolo alterare un giota le cose fatte da suoi ultimi predecessori („indem er für seine eigene Person jegliche Art von Gehorsam und Ehrerbietung verspricht, aber in Bezug auf das Reich sagt, daß er nicht um ein Iota von den Praktiken seiner unmittelbaren Vorgänger abweichen könne, ohne sich in höchste Gefahr zu begeben“).405 Entscheidend dürfte zweifellos bei den Überlegungen Rudolfs die Rücksichtnahme auf die konfessionelle Lage im Reich gewesen sein. Rudolf wollte unter allen Umständen bei seiner Obödienzleistung eine Bezugnahme auf das Reich vermeiden und dem Papst kein Dokument in die Hand geben, welches ihn bei den protestantischen Reichsfürsten diskreditiert hätte.

405

Vgl. ebd. S. 270.

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7. Reichsitalien als Thema in den Beziehungen zwischen Kaiser und Papst Der Fall Borgo Val di Taro: Ein Reichslehen für einen Papstsohn?

1. Die Nuntiaturberichte Das Verhältnis zwischen Kaiser und Papst in der Frühen Neuzeit war gerade hinsichtlich Reichsitalien von Spannungen gekennzeichnet, v. a. dann, wenn die Interessen des Heiligen Stuhls direkt berührt waren. Neben größeren Territorien wie z. B. bei den Herzogtümern Parma und Piacenza konnten sich auch an mittleren und kleineren Herrschaften wie etwa Comacchio oder v. a. Borgo Val di Taro größere Konflikte entzünden. Für die Bearbeitung eines solchen päpstlich-kaiserlichen Streitfalles ist unabdingbar, auf vatikanische Quellen zurückzugreifen. Gerade im Fall von Borgo Val di Taro hält die römische Überlieferung eine Fülle von Material bereit.406 Bei den relevanten Archivalien kommt wiederum der Quellengattung der Nuntiaturberichte ein besonderer Stellenwert zu, wobei in unserem Fall die Akten der Nuntiatur am Kaiserhof, gleichbedeutend mit der Nunziatura di Germania, einschlägig sind. Die Edition dieser päpstlichen Vertretung zählt zu den traditionellen Projekten des Deutschen Historischen Instituts in Rom.407 Zurzeit sind die den Kaiserhof betreffenden Berichte und Instruktionen aus dem Pontifikat Gregors XIII. in Bearbeitung.408 Grundsätzlich lässt sich zunächst feststellen, daß lehnsrechtliche Fragen in der Nuntiaturkorrespondenz im Vergleich zu den großen politischen und konfessionellen Themen der Zeit nur eine Marginalie bilden. Hierzu einige Beispiele aus dem soeben veröffentlichten Material: Größere Belehnungen, wie etwa Modena (an Alfonso II. d’Este),409 Mantua (an Guglielmo Gonzaga),410 Sabbioneta (an Vespasiano Gonzaga mit gleichzeitiger Erhebung zum Herzog),411 werden kurz berichtet. Auch in der Finale-Frage gibt der Nuntius nur knappe Beobachtungen und Informationen weiter.412 Lediglich bei zwei reichsitalienischen Themen intervenieren die Nuntien 406

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409 410 411 412

Einen wichtigen Zugriff auf die vatikanischen Dokumente liefert: Antonio Samoré, Documenti dell’Archivio Segreto Vaticano e della Biblioteca Apostolica Vaticana su lo Stato Landi, Città del Vaticano 1983 (Collectanea Archivi Vaticani 16). Vgl. Alexander koller, Le nunziature di Germania e la loro edizione, in: Matteo Sanfilippo, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede come fonte per la storia moderna e contemporanea, Viterbo 2001, S. 109 – 131. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Die Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia, bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, und den Folgeband von 2012. Ebd. S. 36. Ebd. S. 177. Ebd. S. 282 f. Ebd. S. 83, 168, 260 f., 276. Zu Finale vgl. Friedrich Edelmayer, Maximilian II., Philipp II. und Reichsitalien. Die Auseinandersetzungen um das Reichslehen Finale in Ligurien, Stutt-

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nach Ausweis ihrer offiziellen Korrespondenz mit dem Heiligen Stuhl. Dies ist zum einen die Causa Correggio,413 bei der sich die Familienmitglieder Camillo und Alessandro mit ihren Ansprüchen auf das Reichslehen gegenüberstehen. Der Streit endet 1580 mit der Belehnung Camillos, während Alessandro da Correggio, für den sich mehrere Kardinäle (u. a. Tolomeo Gallio, Gianfrancesco Gambara und Alfonso Gesualdo) stark machen, den Kürzeren zieht. Der andere Fall ist Borgo Val di Taro, der Gegenstand dieses Beitrags sein soll. Er nimmt von allen reichsitalienischen Themen in den Akten der Kaiserhofnuntiatur um 1580 den größten Raum ein. Hier kam es zu intensiven Verhandlungen zwischen den päpstlichen Vertretern am habsburgischen Kaiserhof und dem Kaiser bzw. dessen engsten Mitarbeitern. Vor einer näheren Betrachtung dieser Diskussionen, sollte allerdings zunächst das Gebiet Borgo Val di Taro selbst bzw. Genese und Verlauf des Streits um das Territorium in seinen Grundzügen aufgezeigt werden. 2. Der Grundkonflikt Borgo Val di Taro war einer der Hauptorte des Herrschaftsbereichs der Familie Landi, der sich im 16. und 17. Jahrhundert entlang des oberen Taro und des oberen und mittleren Ceno am Nordhang des Apennins (heute Teil der Region EmiliaRomagna bzw. der Provinz Parma) erstreckte.414 Neben Borgo Val di Taro sind Bardi und Compiano als wichtige Zentren des Stato Landi zu nennen (siehe Abb. 1 und 2). Das Territorium war insgesamt nicht besonders groß, hatte aber eine gewisse strategische Bedeutung, da es am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Straßen die Verbindung von Genua nach Piacenza und Bologna bzw. von Mailand über den Passo di Brattello in die Lunigiana und damit in die Toskana kontrollierte. Folglich waren auch die Interessen der benachbarten Staaten, v. a. des Herzogtums Parma und Piacenza, des Herzogtums (später Großherzogtums) Toskana, der Republik Genua, aber auch des Herzogtums Mailand berührt.415 Für unsere Fragestellung interessiert weniger die mittelalterliche Situation, weshalb hier auf die politischen Rahmenbedingungen vor 1500 nicht weiter eingegangen werden soll. Die Quellen hierzu liegen im Familienarchiv der Landi, das in Folge des

413 414

415

gart 1988 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 130, Abt. Universalgeschichte). Ebd. S. 12 f., 37, 66, 72, 97, 109, 202, 245, 313, 330. Zu Topographie, Wirtschaft und den politischen Verhältnissen äußert sich Giovanni Tocci, Le terre traverse. Poteri e territori nei ducati di Parma e Piacenza tra Sei e Settecento, Bologna 1985, S. 47 – 58. Vgl. hierzu die Reflexionen von Cesare Magni, I feudi imperiali rurali della Lunigiana nei secoli XVI – XVIII, in: Studi di storia e diritto in onore di Enrico Besta per il XL anno del suo insegnamento, Bd. 3, Milano 1939, S. 45 – 70, hier S. 47 bezüglich der Expansionsgelüste von größeren Städten und Fürstentümern gegenüber kleineren Territorien am Beispiel der Lehen in der Lunigiana. Vgl. auch Matthias Schnettger, Das Alte Reich und Italien in der Frühen Neuzeit. Ein institutionengeschichtlicher Überblick, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 79 (1999), S. 344 – 420, hier S. 355.

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Abb. 1: Herrschaften Bardi und Compiano, Kartenbeilage des Codex Compendium Iurium, quae habet Ser.mus Dux Parmae et Placentiae uti S. R. E. Feudatarius in Castris Bardi et Complani, Districtus Placentiae (BAV, Barb. lat. 2329)

Verkaufs der Familiengüter durch Gian Andrea III. Doria an Ranuccio II. Farnese 1682 in den Palazzo Doria-Pamphili nach Rom verbracht wurde (das Archiv führt im Übrigen noch heute den Namen Landi im Titel).416 Der neuzeitliche Konflikt zwischen Kaiser und Papst um Borgo Val di Taro enthält im Kern einen über mehrere Generationen sich hinziehenden, höchst spannungsreichen Antagonismus zwischen den Hauptkontrahenten vor Ort, den Landi und den Farnese, angereichert durch spektakuläre Komplotte, Mordanschläge, Revolten und Prozesse. Die Weichen für diesen Gegensatz wurden gestellt in den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts durch Belehnungen Kaiser Karls V.417 bzw. Papst Pauls III. Die untere Protagonistenebene der ersten Konfliktgeneration wurde gebildet durch Agostino Landi und Pierluigi Farnese. Unter Agostino erreichte der Einfluss der Familie 416

417

Als Archivbehelfe stehen zur Verfügung: Renato Vignodelli Rubrichi (Hg.), Fondo Landi, Archivio Doria Landi Pamphilj, Regesti delle pergamene dal 865 al 1250, Parma 1968 (Fonti e Studi, serie prima 2); Ders. (Hg.), Fondo Landi, Archivio Doria Landi Pamphilj, Carteggio, Parma 1974 (Fonti e Studi, serie prima 7); Ders. (Hg.), Fondo della famiglia Landi, Archivio Doria Landi Pamphilj. Regesti delle pergamene dal 865 al 1625, Parma 1984 (Fonti e Studi, serie prima 12). Zur Aufwertung der Reichslehen in Italien durch Karl V. vgl. Magni, Feudi imperiali, S. 45 und 51.

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Landi an Taro und Ceno ihren Höhepunkt dank einer Heirat, wodurch Agostino wieder in den Besitz des durch Erbteilung verlorengegangenen Compiano gelangte, v. a. aber durch die Protektion Karls V., der Agostino 1536 zum ersten Mal investierte.418 Das persönliche Verhältnis wird durch zwei Begegnungen unterstrichen: Agostino gewährte 1529 dem Kaiser seine Gastfreundschaft, während Karl V. seinerseits Agostino ein Jahr später zu den Krönungsfeierlichkeiten nach Bologna einlud, bei welchen Agostino assistierte. Nun die Gegenseite: 1545 erfolgte bekanntlich die Verleihung der Herzogtümer Parma und Piacenza an Pierluigi Farnese durch Papst Paul III. Anfang 1547 besetzte Pier Luigi unmittelbar nach dem Scheitern der sog. Fieschi-Verschwörung in Genua Borgo Val di Taro,419 bis zu diesem Zeitpunkt im Besitz von Gian Luigi II. Fieschi, der im Zuge der Verschwörung Anfang Januar 1547 im Hafen von Genua zu Tode gekommen war.420 Noch im selben Jahr wurde der Herzog von Parma und Piacenza Opfer eines Attentats, an dessen Vorbereitung und Durchführung neben dem Gouverneur des Herzogtums Mailand, Ferrante Gonzaga, auch Agostino Landi führend beteiligt war.421 Seitdem waren die Landi und die Farnese Todfeinde. Agostino weiterhin in der Gunst Karls V., erhielt 1551 das traditionell von den Landi beanspruchte Territorium Borgo Val di Taro zugesprochen, welches zusammen mit der Markgrafschaft Bardi, der Grafschaft Compiano, der Baronie Pieve di Bedonia und anderen Besitzungen in den Rang eines Fürstentums erhoben wurde. In den 70er Jahren sollten sich die Ereignisse in der nächsten Konfliktgeneration (Claudio Landi gegen Ottavio Farnese) wiederholen. Claudio betrieb eine Konspiration gegen Ottavio (allerdings nicht mit gleichem Erfolg wie sein Vater: der Herzog von Parma kommt mit dem Leben davon).422 Allerdings kam es im Januar 1578 zur Ermordung des herzoglichen Hauptmanns Camillo Anguissola423 auf Betreiben Claudios. Dieser verlor daraufhin seine zahlreichen Besitzungen im Piacentino durch Konfiskation und wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Für Ottavio 418 419 420 421

422 423

Giorgio Fiori u. a. (Hgg.), Le antiche famiglie di Piacenza e i loro stemmi, Piacenza 1979, S. 253. Emilio Nasalli Rocca, Borgotaro e i Fieschi, in: Archivio Storico per le Province Parmensi 14 (1962), S. 63 – 82, hier S. 80. Zu Gian Luigi II. Fieschi vgl. den Artikel von Osvaldo Raggio in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 47, Roma 1997, S. 462 – 464, hier S. 463. Vgl. Gian Luca Podestà, Dal delitto politico alla politica del delitto. Finanza pubblica e congiure contro i Farnese nel Ducato di Parma e Piacenza dal 1545 al 1622, Milano 1995, S. 59 – 103. Vgl. auch Ders., I Farnese e il mestiere di principe (1545 – 1611), in: Antonella Bilotto, Piero Del Negro, Cesare Mozzarelli (Hgg.), I Farnese. Corti, guerra e nobiltà in antico regime, Roma 1997 („Europa delle Corti“, Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinquecento 76), S. 93 – 116, hier S. 57 f. Vgl. Podestà, Delitto politico, S. 193 – 203. Vgl. auch Tocci, Terre traverse, S. 58 – 68. Nach Cristoforo Poggiali, Memorie storiche di Piacenza, Bd. 10, Piacenza 1761, S. 178, wurde Camillo Anguissola am 1. Januar 1578 ermordet. Vgl. auch den Bericht des venezianischen Gesandten am Kaiserhof Sigismondo Cavalli zitiert bei Neri, NBD, Bd. III/8, S. 390, Anm. 7. Fehlerhaft Giovanni Drei, I Farnese. Grandezza e decadenza di una dinastia italiana, Roma 1954, S. 121, bzw. Fiori, Antiche famiglie, S. 253 (mit der Jahresangabe 1579 bzw. 1581 für den Anschlag auf Anguissola).

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Abb. 2: Der Staat des Fürsten Landi, Detail von Karte 8 aus Italia di Gio. Ant. Magini, data in luce da Fabio suo filgliolo al serenissimo Ferdinando Gonzaga, Duca di Mantova e di Monferrato etc., Bononiae 1620 (BAV, R. G. Geogr. S 59 fol. 9)

Farnese bot sich vor diesem Hintergrund eine willkommene Gelegenheit, sich des Stato Landi oder Teile davon zu bemächtigen,424 den er – auf dem Gebiet des eigenen Territoriums liegend – als una spina nel cuore425 empfand. Wenige Monate nach dem Tod Anguissolas besetzte der Herzog von Parma und Piacenza in Absprache mit dem Heiligen Stuhl Borgo Val di Taro,426 wo Claudio zuvor mit kaiserlichem Einverständnis neue Steuern eingeführt und damit bei den ohnedies von ihrer Natur her tumultuösen und wilden Borghigiani, wie der Piacentiner Lokalhistoriker Poggiali sie charakterisiert,427 eine Revolte ausgelöst hatte. Ottavio Farnese hatte ein Übriges getan, um die erhitzten Gemüter in Borgo Val di Taro entsprechend gegen ihren Landesherrn zu stimulieren. Claudio Landi verlor Borgo definitiv, konnte sich aber in Compiano und Bardi behaupten, wo er 1589 starb.428 Die dritte Generation (Federico Landi und Ranuccio I. Farnese) kann hier übergangen werden. Das Kon424

425 426 427 428

Vgl. die Bemerkungen von Magni, Feudi imperiali, S. 46, zur allgemeinen Tendenz größerer Fürstentümer, ihr eigenes Herrschaftsgebiet durch die Einnahme kleinerer Territorien zu arrondieren. Drei, I Farnese, S. 122. Anfang Juni 1578 nach Poggiali, Memorie storiche, S. 176 f. Ebd. S. 168. Fiori, Antiche famiglie, S. 254.

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fliktschema ist ähnlich wir in der voraufgegangenen Zeit (Gewalttat von Seiten des Fürsten Landi – es fließt wieder Blut – beantwortet durch ein Todesurteil in contumacia durch den Herzog von Parma). In der nächsten Generation finden wir keinen männlichen Landi mehr. Maria Polissena Landi, die einzige Tochter Federico Landis, konnte zwar die kaiserliche Bestätigung ihrer Besitzungen erhalten,429 ihr Sohn, Gian Andrea III. Doria verkaufte diese jedoch schließlich 1682 für 700 000 scudi d’oro und mit dem Einverständnis des Kaisers an Ranuccio II. Farnese, nachdem bereits Ranuccio I. 1614 gegen Geldzahlungen für den Türkenkrieg von Kaiser Matthias den Verzicht der kaiserlichen Ansprüche auf Borgo erreicht hatte.430 Soweit der Konflikt in seinen Grundlinien. 3. Die Ansprüche des heiligen Stuhls zu Beginn der Regierung Rudolfs II. Nun aber zur Politik der Päpste und ihrer Vertreter am Kaiserhof. Der Heilige Stuhl hat immer wieder im Verlauf des 16. und zu Beginn des darauf folgenden Jahrhunderts Borgo Val di Taro als Lehen der Kirche bezeichnet und gegenüber dem Reich die eigene Zuständigkeit in lehensrechtlichen Belangen reklamiert. Ein besonderes Interesse an dieser Thematik von seiten Roms ist unter dem Pontifikat Gregors XIII. Boncompagni zu erkennen, der weitgehend zusammenfällt mit der zweiten Konfliktkonfiguration (also Claudio Landi contra Ottavio Farnese). Spätestens zur Jahreswende 1577/78 tritt der Konflikt um Borgo Val di Taro in den Gesichtskreis der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof (u. a. berichten sie über die Zustimmung Rudolfs II. zur Einführung neuer Steuern in Borgo Val di Taro durch Claudio Landi,431 die Kritik des Genueser Agenten bei Rudolf II. im Namen der Republik und im Namen des Herzogs von Parma,432 die Ankunft des Fürsten Landi am Kaiserhof,433 die Überlegungen zu einer provisorischen Verwaltung434 und die Mission von Antonio d’Arco435). Im Mai 1578 erhielt Nuntius Bartolomeo Portia436 429

430 431 432 433 434 435 436

Zum Problem der weiblichen Erbfolge, vgl. Francesco Barberini an Giovanni Battista Pamfili, Rom, 1627 V 31, ASV, Segreteria di Stato, Spagna 66, fol. 144r – 146v, Dechiffrat: [...] hora essendo chiaro che i detti due luoghi di Bardi e Compiano sono membri del Piacentino et in conseguenza di dominio diretto e sovranità della Sede Ap.ca, benché riconoscenti il Sig.r Duca di Parma feudatario di essa, e non spettano in conto veruno all’Imp.re, come evidentemente consta per realtà e per scritture, quindi è che, udita N. S. la sud.a risolutione, vi scorse due gravi pregiuditii della S.ta Sede, l’uno che il decretare, statuire o dichiarare l’essere, la natura e la circostanza de d.i feudi spetta alla med.a Sede Aplica, padrona diretta e sovrana, e non da altro tribunale, e tanto più trattandosi di cosa appartenente alla Chiesa Romana; l’altro ch’ il dilatare la successione del feudo anco alle femine va in danno del diretto padrone, a cui, finita la linea masculina, potrebbe devolversi [...]. Drei, I Farnese, S. 126. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 318. Ebd. Ebd. S. 390. Ebd. S. 437 f. Ebd. Ebd. S. 411 f.

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eine Instruktion des Kardinals Gallio, deren Hauptpunkte kurz vorgestellt werden sollen: Zunächst wird darauf verwiesen, daß Borgo Val di Taro von alters her (anticamente) und von Rechts wegen (legitimamente) als Lehen des Apostolischen Stuhls zu betrachten sei. Als Bezugspunkt dient dem für die auswärtigen Beziehungen zuständigen Sekretär Gregors XIII. die Investitur der Genueser Familie Fieschi mit dem Territorium, wobei allerdings der sonst sehr penible Gallio Papst Johannes XXII. (Jacques Duèse, 1316 – 34) mit Johannes XXIII. (Baldassare Cossa, 1410 – 15) verwechselt.437 Dieser Tatbestand, also die Zuständigkeit des Heiligen Stuhls, sowie die Klagen der Borghigiani über die Einführung neuer Steuern (sie hatten sich mit einer Supplik an den Heiligen Stuhl gewandt) hätten den Papst zu einer Démarche bei Rudolf II. bewogen, um ihm zu vergegenwärtigen, daß die Belehnungen Karls V. an Agostino Landi rechtswidrig seien. Offensichtlich sollte der Nuntius am Kaiserhof mit Argumenten versorgt werden für die Bewältigung des laufenden Konflikts, der sich in Kürze weiter zuspitzen sollte. Bereits einen Monat später schafft Ottavio Farnese mit der Besetzung von Borgo Val di Taro ein fait accompli. Die Nachricht über diese Militäraktion erreichte den Kaiserhof während des oberöstereichischen Landtags in Linz Mitte Juli 1578.438 Dies mag zur Illustration des kurialen Standpunkts vorerst genügen. Das Thema Borgo Val di Taro wird jedenfalls mit wechselnder Intensität bis zum Ende des Pontifikats Gregors XIII. (1585) in den Berichten der Kurienvertreter präsent bleiben, wobei zeitweise ein starkes Engagement des Papstes selbst durchscheint. 4. Ein Papstsohn als potentieller Käufer Unter den zahlreichen im Vatikan überlieferten einschlägigen Texten verdient ein Dokument besondere Aufmerksamkeit. Es zeigt mit aller Deutlichkeit, weshalb Gregor XIII. an Borgo Val di Taro ein Interesse entwickelte, das weit über alle Anstrengungen zur Wahrung der Rechte des Heiligen Stuhls im Zusammenhang mit dem Territorium hinausging. Kurz, es ging um die Versorgung der eigenen Familie. Es handelt sich bei diesem Schriftstück um einen anonymen und nicht datierten Brief an Giacomo Boncompagni, in welchem dieser aufgefordert wird, sich in den Besitz von Borgo Val di Taro, Bardi und Compiano zu setzen.439 437

438 439

Richtig u. a. in der Weisung Gallios an Malaspina, Rom, 1579 VIII 1, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 81r – 82v, hier fol. 81v, Konz., gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 98,2. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 478 f. Epistola ad Jacobum Boncompagnum, ubi persuadetur ad recuperationem Burgi Vallis Tari et Castrorum Bardi et Complani olim de Dominio S. Sedis. Das Schriftstück findet sich abgelegt zusammen mit mehreren zum Lehen Borgo Val di Taro einschlägigen Stücken im Fondo Archivum Arcis (genaue Signatur: ASV, Archivum Arcis, Arm. I – XVIII, 4728), weitere Abschrift: Albani 44, fol. 384v – 393r. Vgl. den Abdruck des vollständigen Textes im Anhang dieses Kapitels.

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Zunächst zur Person Giacomo Boncompagnis: Giacomo war ein natürlicher Sohn des Papstes (geboren 1548; Ugo Boncompagni, der spätere Papst Gregor XIII., war damals bereits zehn Jahre Priester!440). Er zählte neben den Neffen Filippo Boncompagni (1572 zum Kardinal erhoben) und Filippo Guastavillani (Kardinal 1574) zu den von Gregor XIII. am meisten geförderten Verwandten. Gleich zu Pontifikatsbeginn erhielt Giacomo das für den weltlichen Nepoten üblicherweise reservierte Amt des Kastellans der Engelsburg, 1573 folgte die Ernennung zum Befehlshaber der päpstlichen Truppen. Mit dem Erwerb von Ländereien für Giacomo zur längerfristigen finanziellen Absicherung der Familie über den Pontifikat hinaus hielt sich Gregor zunächst zurück. Das Heilige Jahr 1575 stand bevor und offensichtlich wollte man einen Skandal vermeiden.441 Nach dem Jubiläum ändert sich die Situation schlagartig. 1576 kommt die Ehe Giacomos mit der reichen Costanza Sforza dei conti di Santa Fiora zustande. Im Jahr darauf scheitert zwar die Inbesitznahme der Markgrafschaft Saluzzo durch Giacomo, dafür können jeweils für beträchtliche Summen die im Herzogtum Modena gelegene Markgrafschaft Vignola und das Herzogtum Sora im Regno di Napoli erworben werden. Der Papstsohn, der 1583 seinen Besitz auch noch um die Grafschaften Aquino und Arpino erweiterte, galt gegen Ende des Pontifikats als einer der reichsten Vertreter der römischen Aristokratie.442 Hält man allerdings die einschlägige Literatur zu Papst Gregor XIII. dagegen, so könnte man den Eindruck gewinnen, als hätte der Nepotismus von 1572 bis 1585 pausiert. So ist Gregor bei Ranke alles andere als ein die Familie begünstigender Papst,443 bei Pastor kommt es im Boncompagni-Pontifikat (unter Berufung auf den Zeitzeugen Montaigne) zur „Enthaltung von jeglicher ungehörigen Nepotenwirtschaft“.444 Selbst im jüngsten Artikel zu Gregor XIII. in der im Jahr 2000 erschienenen Enciclopedia dei papi (jetzt auch als Eintrag im Dizionario biografico degli Italiani) wird – allerdings mit gewissen Einschränkungen – von Gregor XIII. als „poco incline a favorire i nipoti“445 gesprochen. Doch zurück zur Epistola ad Jacobum Boncompagnum und zum Plan des Erwerbs der Landi-Lehen durch den Papstsohn, einem Vorhaben, das bislang in der Forschung keine Erwähnung fand. Auch bei diesem höchst bemerkenswerten Schriftstück sollen nur die wichtigsten Grundlinien der Argumentation vor Augen geführt werden. Aus dem Erwerb der Landi-Territorien würde sich, so der anonyme Autor gegenüber seinem Adressaten, ein doppelter Vorteil ergeben. Zum einen würde der Hei440

441 442 443 444 445

Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 9: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Gregor XIII. (1572 – 1585), Freiburg i. Br. 1925, S. 23; die Mutter Giacomos war Madalena da Carpi, „dona soluta“, vgl. Umberto Coldagelli, Art. Boncompagni, Giacomo, in: Dizionaro biografico degli Italiani, Bd. 11, Roma 1969, S. 689 – 692, hier S. 689. Vgl. ebd. S. 690. Ebd. S. 691. Leopold von Ranke, Die römischen Päpste in den letzten vier Jahrhunderten, Bd. 1, 11. Aufl., Leipzig 1907, S. 274 f. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 26. Vgl. Agostino Borromeo, Art. Gregorio XIII, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 180 – 202, hier S. 183.

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lige Stuhl auf bequeme Weise seit langem reklamierte Länder zurückerhalten. Zum anderen würde Giacomo Boncompagni Fürst eines Staates, welcher sich durch die hohe Zahl seiner Vasallen, Qualität und Schönheit der Orte und nicht zuletzt durch jährliche Einkünfte in Höhe von 12 000 scudi auszeichne. Dabei wird betont, daß es sich bei Borgo Val di Taro um ein päpstliches Lehen handle, während Bardi und Compiano immer verliehen wurden da quelli che sono stati padroni di Piacenza (hier wird eine Linie konstruiert von den früheren Lehnsherrn, der Kommune bzw. dem Bischof von Piacenza, bis zum regierenden Herzog von Parma und Piacenza). Das Problem sei weniger das Territorium von Borgo, das Ottavio Farnese nunmehr kontrolliere (das Dokument datiert also nach der Okkupation von 1578), als vielmehr Bardi und Compiano, wo die Landi immer noch die Herrschaft ausübten (dies ohne Unterbrechung seit Mitte des 13. Jahrhunderts, als Ubertino I. Landi, das Haupt der Ghibellinen in Piacenza, sich dort festsetzte).446 Claudio Landi solle deshalb mit der Zahlung einer entsprechenden Summe zum Verkauf bewegt werden, wobei Giacomo Boncompagni die Mittel dazu aus den zwischenzeitlich konfiszierten Gütern des Fürsten Landi im Piacentino ziehen könnte. Zur Überlassung dieser Besitzungen sei Ottavio Farnese bereit, wenn er andererseits die Oberhoheit (superiorità) über alle Landi-Territorien erhielte. Das Geschäft sei auch für den Fürsten Landi äußerst vorteilhaft, denn dieser sei chancenlos, Borgo zurückzuerlangen, und würde außerdem eine finanzielle Kompensation für seine Ansprüche auf die Territorien Bardi und Compiano erhalten, die er bereits verwirkt habe und zwar aus folgenden vier Gründen: 1. wegen der Verbrechen des Vaters, 2. wegen der Investitur durch einen nicht zuständigen Fürsten (Rudolf II. hatte zu Regierungsbeginn die Investituren seiner Vorgänger erneuert) , 3. wegen der eigenen Exzesse (angespielt wird auf die Einführung der jüngsten Steuern) und 4. wegen der zuletzt von ihm begangenen Bluttat (gemeint ist die Ermordung Anguissolas). Gefahr für dieses Unternehmen könnte allerdings vom Großherzog der Toskana drohen. In der Tat stand Francesco de’ Medici auf der Seite des Kaisers und damit auch des Fürsten und Ritters des toskanischen St.-Stephanus-Ordens447 Claudio Landi. Sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit des Großherzogs zum kaiserlichen Lager war die toskanische Besatzung in den Festungen von Bardi und Compiano.448 Allerdings rechnet unser Anonymus nicht mit einem offenen Vorgehen des Großherzogs. Drei mögliche Varianten einer den Boncompagni-Kaufplan konterkarierenden Politik werden aufgezeigt: 1. der Vorschlag einer treuhänderischen Verwaltung von Borgo Val di Taro durch den Papst, 2. der Vorschlag einer Investitur Giacomos durch den Kaiser und 3. der Vorschlag einer Intervention des Königs von Spanien. 446 447 448

Fiori, Antiche famiglie, S. 251. Ebd. S. 253. Vgl. Drei, I Farnese, S. 124 und 126, und Podestà, Delitto politico, S. 202 mit Anm. 66.

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Es müsse deshalb nach dem zu erwartenden Ankauf der Territorien durch eine Verleihung derselben durch den Herzog von Parma schnell ein fait accompli geschaffen werden, bevor eine Behinderung von Seiten der Toskana wirksam werden könnte. Sollte auf Wunsch des Papstes die Investitur zunächst geheim erfolgen, könnte Giacomo zum Schein als Oberbefehlshaber der Kirche das Regiment in Borgo und Bardi übernehmen. Hilfreich wäre ein begleitendes päpstliches Breve, in welchem die Aktion als Maßnahme ad evitanda scandala et pro bono pacis ausgegeben würde. Soviel zu den Hauptaussagen dieser Schrift. Die Vorteile, die sich aus diesem Kaufgeschäft für die Familie Farnese ergeben hätten, legen eine Verortung des Autors der Epistula im Umfeld des Hofes von Parma nahe. Der Verfasser könnte freilich auch ein Vertreter der Kurie sein. In jedem Fall war er mit der Materie bestens vertraut und verfügte über zuverlässige Informationen. Zeitlich dürfte die Schrift zwischen 1578 (die Besetzung Borgo Val di Taros und die Konfiszierung der Landi-Güter im Piacentino 1578 bilden den terminus post quem) und dem Augsburger Reichstag von 1582 fallen, wobei vieles für 1579 als Jahr der Abfassung des Memorandums spricht. Dieser anonyme und undatierte Brief kann natürlich wegen seines offiziösen Charakters keinen hohen Quellenwert beanspruchen. Hier stellt sich nun die Frage: Gibt es weitere Quellen, die für das Interesse der Familie Boncompagni am Erwerb der Landi-Lehen im Taro- und Cenotal sprechen? 5. Das Scheitern des Kaufplans Die Akten der Nuntiaturen von Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia lieferten keinen in diese Richtung weisenden Beleg. Dies ist an sich bei dem offiziellen Charakter der Relationen und Instruktionen auch nicht zu erwarten, waren doch die Nuntien die Vertreter des Heiligen Stuhls und nicht der Familie des regierenden Papstes. Zudem erforderte ein Unternehmen wie der Ankauf eines Territoriums für ein Mitglied der Papstfamilie eine gewisse Diskretion und Geheimhaltung. Eine Durchsicht der Korrespondenz des Nuntius Orazio Malaspina, des Nachfolgers von Bartolomeo Portia (er hielt sich von Herbst 1578 bis zum Frühjahr 1581 am Kaiserhof auf) erbrachte jedoch interessante Hinweise zum Thema Borgo Val di Taro. Zunächst sind bei der Nuntiatur Malaspina zwei grundsätzliche Unterschiede gegenüber den früheren Nuntiaturen hervorzuheben: zum einen haben wir in der Person des Nuntius nun einen Vertreter des Papstes am Kaiserhof, der schon von seiner Provenienz her (die Malaspina waren seit alters in der Lunigiana begütert)449 im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern bestens mit den Verhältnissen vor Ort vertraut ist (Delfino war Venezianer; Portia stammte aus der Gegend von Pordenone). Er spricht dies selbst an einer Stelle an: [...] la qual cosa [die Angelegenheit Borgo

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Vgl. u. a. Magni, Feudi imperiali, S. 48.

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Val di Taro] potevo molto ben fare, perch’ero vicino con li miei feudi a quelli del Conte da Lando.450 Der zweite Unterschied: zum ersten Mal werden Bardi und Compiano in den Nuntiaturberichten erwähnt.451 Die Komplexe Borgo Val di Taro und Bardi-Compiano werden freilich in den Verhandlungen mit der kaiserlichen Seite getrennt behandelt, obwohl der Heilige Stuhl über alle Territorien der Landi lehnsrechtlich die Oberhoheit beanspruchte. Offensichtlich bewegte man sich bei Borgo auf sichererem Boden. Bei Borgo werden Malaspina dieselben Argumente an die Hand gegeben, die bereits in der Instruktion an Portia enthalten waren. Als einziger neuer Aspekt kommt hinzu, daß sich die kaiserliche Seite nunmehr auf eine Investitur der Landi durch Heinrich VII. 1312 bzw. Ludwig den Bayern im Jahr 1327 bezieht. Der Heilige Stuhl hält dem entgegen, daß die Investitur Heinrichs (überliefert lediglich inseriert im Diplom Karls V.) nur ad personam (also nur für Ubertino II. Landi und nicht auch für dessen Erben) zu verstehen sei, für die Investitur Ludwigs des Bayern keine authentische Abschrift vorliege, wohingegen die Verleihung durch Papst Johannes XXIII. eindeutig zu belegen sei.452 Papst Gregor XIII. wandte sich im Übrigen auch persönlich in einem Breve an Rudolf II., in dem er die iura Sanctae Sedis verteidigte453 (Gregor XIII. verstand bekanntlich etwas von Recht, galt Ugo Boncompagni vor seiner Wahl zum Papst als berühmter Kanonist, der an der Universität seiner Heimatstadt Bologna lehrte). Viel interessanter präsentiert sich nun aber der Fall Bardi-Compiano, der abgekoppelt von Borgo Val di Taro offensichtlich in der zweiten Jahreshälfte 1579 intensiv am Kaiserhof diskutiert wurde. Den Gegenstand der Gespräche bildete der Ankauf der Herrschaften für den Sohn Gregors XIII. Die wichtigste Kontaktperson war für Malaspina dabei der kaiserliche Oberststallmeister und Cousin Claudio Landis, Graf Claudio Trivulzio. Freilich agiert der Nuntius bei seinen Verhandlungen über das Kaufgeschäft (die prattica di vendita) nicht im Auftrag seines obersten Dienstherrn des Papstes, sondern quasi als Privatperson Malaspina für Giacomo Boncompagni. Bemerkenswert ist, daß Malaspina in der offiziellen Nuntiaturkorrespondenz darüber berichtet und auch der Name Giacomo Boncompagni explizit erscheint. Dies geschieht allerdings dadurch, daß der Nuntius für einen bestimmten Moment seine 450

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Malaspina an Gallio, Prag, 1578 X 18, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 12r – 17r, hier fol. 15r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 7,11. Orazio Malaspina war Marchese di Villafranca, vgl. Emanuelle Gerini, Memorie storiche d’illustri scrittori e di uomini insigni dell’antica e moderna Lunigiana, Bd. 2, Massa 1829, S. 75; der Ort Villafranca liegt in der oberen Lunigiana auf halber Strecke zwischen Aulla und Pontremoli. Ebd. in derselben Relation Malaspinas. ASV, Fondo Pio 127, fol. 349r – 350v, BAV, Barb. Lat. 5742, fol. 2r – 3v (Copia de la concessione di Papa Giovanni XXIII sopra Borgo Val di Taro), vgl. Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 105,1. Vgl. auch Gallio an Malaspina, Rom, 1579 VIII 1, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 81r – 82v, hier fol. 81v, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 98,2; vgl. auch Fiori, Antiche famiglie, S. 252. ASV, Arm. XLIV 24, fol. 221r; Ep. ad Princ., Reg. 13, fol. 969r; ASV, Fondo Pio 127, fol. 345r – 346r.

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Rolle als offizieller Vertreter und Berichterstatter des Papstes aufgibt, wobei er diesen Perspektivenwechsel sprachlich genau markiert: Restami dire à V. S. Ill.ma che tutto questo negotio, così con S. M.tà come con ogni altro di corte, ho detto sempre trattarle da me, come servitore dell’Ill.mo Signor Giacomo et per ricordi datimi da Roma da amici di detto Ill.mo Signore senza nominar punto S. S.tà né V. S. Ill.ma in questo caso, et questo l’ ho fatto per buoni rispetti, credendomi di far meglio („Ich muss Ihnen noch sagen, daß ich bezüglich dieser Angelegenheit sowohl gegenüber Ihrer Majestät, als auch gegenüber jeder anderen Person des Hofes immer gesagt habe, daß ich sie von mir aus behandle als Diener des Herrn Giacomo und auf der Grundlage von Angaben, die mir aus Rom von Freunden dieses Herrn gegeben wurden, ohne den Papst, noch Sie überhaupt in diesem Kontext zu nennen, und ich habe das getan aus Rücksicht und im Glauben, daß dies die bessere Vorgehensweise sei“).454 Auch an den anderen einschlägigen Stellen, wenn es um das Kaufgeschäft geht, begegnet jeweils die Formulierung come de me bzw. come da sé in den Instruktionen des Kardinals Gallio (z. B. Per conto de la compra di Bardi et Campiano S. S.tà dice che V. S. ha fatto bene a trattar questo negotio come da sé, et così potrà continuar di fare sempre che ne haverà da parlare [...] („Was den Kauf von Bardi und Campiano anlangt, sagt Ihre Heiligkeit, daß Sie gut daran getan haben, dieses Geschäft von sich aus behandelt zu haben, und Sie können auf diese Weise fortfahren immer dann, wenn Sie über diese Angelegenheit sprechen werden“).455 Im Übrigen wird dem Nuntius von Seiten Gallios die hohe Bedeutung des Geschäfts vor Augen geführt,456 bei dem sich Malaspina langfristig die Dankbarkeit und Zuneigung des Papstes sichern könne.457 Gegen Ende des Jahres 1579 stehen die Zeichen gut. Der Nuntius weiß zu berichten, daß Claudio Landi sich bereit erklärt hat (offensichtlich mit der Zustimmung des Kaisers), seine Territorien (übrigens auch Borgo Val di Taro: hier laufen nun die 454

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Malaspina an Gallio, Prag, 1579 IX 14, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 144r – 147v, hier fol. 146r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 113,3; vgl. auch die Relation Malaspinas, Prag, 1579 X 27, ebd. fol. 164r – 168v, hier fol. 167r, Or.: [...] parlando sempre come da me [...], gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 125,4. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 X 10, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 97r – v, hier fol. 97r, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 120,1. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 VIII 1, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 81r – 82v, hier fol. 82r, Konz: [...] nel negotio, il quale so che non occorre raccomandar a V. S., sapendo lei quanto importa per tutti li rispetti, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 98,2. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 X 10, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 97r – v, hier fol. 97v, Konz.: [...] V. S. tien per certo che S. B. tenerà grata et amorevole memoria, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 120,1. Ein ähnlicher Fall begegnet ca. 30 Jahre später während des Pontifikats Pauls V., als die Nuntien Decio Carafa (Spanien) bzw. Guglielmo Bastoni und Valeriano Muti (Neapel) beauftragt wurden, sich für den Erwerb des Fürstentums Sulmona zugunsten des Papstbruders Giovanni Battista Borghese einzusetzen. Der Kauf des AbruzzenTerritoriums gelang. Principe di Sulmona wurde allerdings nach dem Tod seines Vaters der Papstneffe Marcantonio Borghese, vgl. Guido Metzler, Die doppelte Peripherie. Neapel als römische Kolonie und spanische Provinz, in: Wolfgang Reinhard (Hg.), Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605 – 1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua, Tübingen 2004 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 107), S. 179 – 334, hier S. 226 – 233.

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beiden Stränge zusammen) an Giacomo Boncompagni zu verkaufen. Dieser solle zur Abstimmung über die Details Prokuratoren zum Fürsten Landi nach Mailand bzw. an den Kaiserhof entsenden. Zur Ausführung des Kaufgeschäfts im Sinne des Papstes und dessen Sohnes kam es allerdings nicht. Über das Scheitern können nur Vermutungen angestellt werden. Offensichtlich brachten die ungeklärten lehnsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Erwerbung den Papst in arge Bedrängnis. Der ehemalige Professor der Rechtswissenschaften Ugo Boncompagni musste sich im klaren sein, daß weder eine Belehnung durch den Kaiser, noch die kirchliche Belehnung (jeweils zugunsten des eigenen Sohnes!) mit seinem Papstamt vereinbar waren. Im einen Fall hätte er die bis zuletzt nachhaltig vertretenen Ansprüche des Heiligen Stuhls aufgegeben, im anderen hätte er gegen die Bestimmungen der Bulle Pius’ V. verstoßen, die die Veräußerung und Belehnung von Kirchengut missbilligte und verbot.458 Ab 1580 ist das Kaufgeschäft jedenfalls nicht mehr präsent in den Nuntiaturberichten. Anders verhält es sich mit Borgo Val di Taro. Dieser Konflikt beschäftigt weiterhin die Nuntien am Kaiserhof, so Giovanni Francesco Bonomi, der 1583 bei einem Besuch in Namur die Statthalterin der Niederlande Margarete um Vermittlung bei ihrem Mann Ottavio bittet.459 Ein Jahr zuvor spielte Borgo eine Rolle auf dem Reichstag von Augsburg. Gregor XIII. hatte zu dieser Reichsversammlung Kardinal Ludovico Madruzzo, Bischof von Trient, als Legaten entsandt. Die Interessenvertretung des Heiligen Stuhls im Hinblick auf Borgo Val di Taro bildete einen eigenen Punkt in der Instruktion für den Kardinallegaten.460 Dieser Umstand entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, da der Kardinal zuvor (seit 1573) als Protektor Deutschlands und offizieller Vertreter des Kaisers (es gab zu dieser Zeit keinen ständigen Botschafter des Kaisers am römischen Hof) die iura imperii auch im Hinblick auf Borgo an der Kurie zu vertreten hatte.461 Der Reichstag von Augsburg endete nach einer Proposition der Kurfürsten und einer entsprechenden Antwort des Kaisers mit einem positiven Votum für den Fürsten Landi,462 der im Übrigen selbst anwesend

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Prohibitio alienandi et infeudandi civitates et loca S. R. E., 1567 III 29, Bullarium diplomatum et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio, tom. VII, Neapoli 1882, S. 560 – 564. Vgl. zu dieser für die Zentralisierungstendenzen des Heiligen Stuhls bedeutenden Konstitution Pius’ V. Mario Caravale, Alberto Caracciolo, Lo Stato pontificio da Martino V a Pio IX., Torino 1978, S. 327. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 1: Der Kampf um Köln (1576 – 1584), bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892, S. 684. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pacificationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. von Dems., Berlin 1894, S. 395. Vgl. Severino Vareschi, La legazione del Cardinale Ludovico Madruzzo alla Dieta Imperiale di Augusta 1582. Chiesa, Papato e Impero nella seconda metà del secolo XVI, Trento 1990, S. 250 f. Abschriften dieser Dokumente im Vatikan: ASV, Archivum Arcis, Arm. I – XVIII 948 – 950.

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war.463 In diesem Votum wird der Herzog von Parma nochmals nachdrücklich aufgefordert, das Lehen dem Fürsten Landi zu restituieren. Sollte er dies innerhalb einer bestimmten Frist nicht tun, drohe ihm der Bann. 1583 sprach Rudolf II. Claudio Landi vom Vorwurf der Konspiration gegen Ottavio Farnese frei.464 6. Abschließende Beobachtungen Die Aussagen der verfügbaren Quellen lassen sich thesenhaft zu folgenden fünf Punkten zusammenführen: Ab 1577, also in der mittleren Phase des Pontifikats Gregors XIII., erlebte die Kontroverse zwischen dem Kaiserhof und dem Heiligen Stuhl um die lehensrechtliche Abhängigkeit des Territoriums Borgo Val di Taro (in Zusammenhang mit den Herrschaften Bardi und Compiano) auf Grund der politischen Lage einen neuerlichen Höhepunkt. Gregor XIII. verfolgte bei diesem Streit zwei Ziele: Neben der Zurückweisung der Ansprüche des Kaisers bzw. des Reichs auf Borgo Val di Taro (dies kennen wir auch aus anderen Pontifikaten) sollte das Gebiet (nebst Bardi und Compiano) durch Kauf an den Papstsohn Giacomo Boncompagni gelangen. Es verband sich also mit dem Staatsinteresse ein familiäres Interesse. Beide Aspekte (Wahrung der lehnsrechtlichen Ansprüche des Apostolischen Stuhls wie Versorgung der Familie Boncompagni) fanden ab dem Herbst 1578 ihren Niederschlag in der offiziellen Nuntiaturkorrespondenz. Die Biographie Giacomo Boncompagnis ist neben der Markgrafschaft Saluzzo um ein weiteres Territorium zu ergänzen, dessen Ankauf angestrebt wurde, sich letztendlich aber nicht realisieren ließ. Die Forschung sollte bei der Beurteilung Gregors XIII. stärker als bisher der Tatsache Rechnung tragen, daß auch dieser Papst die Förderung der eigenen Familie unter Ausnutzung der Möglichkeiten des kurialen Apparats intensiv betrieb.

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Zusammen mit seinem Agenten Eleonoro Tinello, vgl. Peter Fleischmann, Etwas geenderte und verbesserte Description des [...] Herrn Rudolfen des andern [...] erstgehaltenen Reichstag zu Augspurg [...], Augsburg 1582, S. 221 (benutztes Exemplar: BAV, Palatina. IV.210). Wien, 1583 IX 27, Or., Rom, Archivio Doria Landi Pamphilj, vgl. Renato Vignodelli Rubrichi (Hg.), Fondo della famiglia Landi, Archivio Doria Landi Pamphilj. Regesti delle pergamene dal 865 al 1625, Nr. 3188.

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Anhang Epistola ad Jacobum Boncompagnum, ubi persuadetur ad recuperationem Burgi Vallis Tari et castrorum Bardi et Complani olim de dominio S. Sedis ASV, Archivum Arcis, Arm. I – XVIII 4728; Fondo Albani 44, fol. 384v – 393r

Ill.mo et Ecc.mo Sig.re In questo negozio di Borgo Val di Taro, che facilmente è il maggiore che si sia off erto a V. E., mi par di porli in considerazione, che siccome è cosa da Sig.ri prudenti il congiunger, quando si può, col ben publico il privato, così, quando per timor di apparenza, che si attenda al privato, si lascia il benefitio publico e di questa S. Sede, si può credere che dispiaccia a Dio e meriti biasimo appresso gl’uomini. Il Sig.r Duca di Parma465, al quale, come a Sig.r di Piacenza senza alcun dubbio appartiene il dominio di Borgo di Val di Taro, ch’ è in quel territorio e diocesi, e del quale hanno fatto investiture i pontefici et i legati di Piacenza, e tutti quelli che hanno posseduto quella città di Piacenza, e ch’ è stato posseduto prima dal Duca Pier Luigi466 doppo la morte del Conte di Flisco467, e poi alcuni mesi anche dal Duca presente, avendone ora ricuperato il possesso libero, si contenta di investirne V. E. con quei privilegii che restaranno insieme d’accordo. Et avendo sopra Bardi e Compiano, luoghi della diocesi e territorio di Piacenza, le raggioni chiarissime, come di feudi, de quali i baroni sono stati sempre rinvestiti da quelli che sono stati padroni di Piacenza, e come tali posseduti sino alla morte del Duca Pier Luigi, e come di feudi decaduti per molti capi, se ben’ oggi non ha il possesso, si contenta similmente di cedere a V. E. tutte le ragioni ch’egli ha sopra questi due castelli, et investirnela, sicome sono stati investiti i baroni di quelli dai Sig.ri di Piacenza. E perché per havergli bisognerà a V. E. fare sborso di denari per dar ricompensa al Conte Claudio Landi, acciocché V. E. possa farlo con minor suo incommodo, il Duca si contenta di concederli tutti gl’altri beni confiscati nel Piacentino, a’ quali oggi possiede senza contrasto, e non hanno alcuna difficoltà et importano circa scudi 7000468 d’entrata insieme con una bellissima casa in Piacenza degna d’un Sig.re di tanto Stato. La quale off erta è così grande, che ragionevolmente potria parar sproporzionata, e che eccedesse la fortuna del Duca, se di questo non risultasse anche qualch’ incommodo a S. E., ma considerando, come principi prudenti, che nelle cose di Stato bisogna contentarsi d’un partito raggionevole, senza assortigliarsi mercantilmente a tutti gl’utili, si contenta di venire a questa risoluzione, bastandogli ricuperare la superiorità sopra tutti quelli luoghi usurpatagli già molti anni, et in cambio di una persona tanto diffidente, come 465 466 467 468

Ottavio Farnese (1524 – 1586), Herzog von Parma und Piacenza. Pierluigi Farnese (1503 – 1547), Herzog von Parma und Piacenza. Gian Luigi II. Fieschi (1522 – 1547). Fondo Albani enthält die Zahlenangabe 2000.

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era il Conte Claudio, avere un Signore et amico tanto confidente, et al quale ha sempre desiderato di servire come a V. E., e poter’anche in un tempo servire a S. B.ne, suo supremo Signore. A questa S. Sede ne risulta questo commodo, che per questa via verrà a ricuperare il supremo dominio non solo di Borgo, ma anche di Bardi e Compiano, il quale Dio sa quando, e se per altra via saria per recuperarsi. Et quanto all’utile di V. E., se ella considererà il numero di vasalli, la qualità e bellezza de luoghi e degli edifitii, così del Pian di Piacenza, come del resto, e li opportunità de siti, trovarà che non li potrebbe venire occasione di avere uno Stato così bello e di tanta utilità, importando da 12 000 scudi d’entrata, de quali gliene verranno almeno nove o dieci netti in mano, con metter fuora così poca somma di denaro, e non solo senza diminuir cosa alcuna dello Stato Eccl.ico, ma con ampliarlo e ricuperare a questa S. Sede quel che già l’era stato usurpato. A che si aggionge ch’ il med.o ragionevolmente deve piacere, e mette conto anche al Landi, il quale de beni che sono nel Piacentino è fuor d’ogni speranza di riaver mai Borgo, et essendogli pagati i beni di Bardi e Compiano, viene ad assicurarsene, dove che in ogni tempo correria manifesto pericolo d’esserne privato, senza alcuna ricompensa, così per li delitti paterni469, e per aver preso investitura d’altro prencipe470, come per gl’eccessi proprii471, e per questo’ultimo omicidio commesso da lui472; e già di Corte Cesarea V. E. sarà inteso per lettere del Nuntio473 l’animo suo di vendere se non sarà impedito. Concludo adunque che questo negotio è per riuscire facilissimamente con grandi onori e gloria di N.ro Sig.re et utile di V. E., non solo essendo accettato, ma anche se non sarà impedito dal Gran Duca di Toscana474, il quale si può dubitare che sia per difficultarlo, non per dispiacere che avesse del commodo di V. E., ma perché il Duca di Parma et il Cardinal Farnese475 non abbino questa occasione di servire a S. S.tà et a V. E., come si può comprendere da quello che operorono, accioché non seguisse la compra di Vignola476. E perché non può essere che non conoscano quanta ragione haria Nostro Signore di restar sempre mal sodisfatto di S. A. se per sua causa si levasso tanto bene a V. E., sapendo si che il Landi dipende in tutto dal favor di S. A., è da credere che non l’ impediranno alla scoperta, ma per vie indirette cercaranno di far che l’eff etto non segua. La prima via d’ impedire sarà di procurare che Nostro Signore domandi che Borgo si depositi in man sua per disporne secondo che giudicherà che sia di giustitia, la qual non si potendo diffinir senza lunghezza di tempo, chi cerca d’ impedir, harà l’ intento e goderà il benefitio del tempo, che in materia di Stato è il principale refugio nelle cose che non piacciono, e con questa longhezza si darà commodità intanto a varii accidenti che possono impedire la risolutione, potendosi mandare corrieri innanzi et indietro, e 469 470 471 472 473 474 475 476

Beteiligung von Agostino Landi an der Konspiration gegen Pierluigi Farnese. Anspielung auf die Investitur durch den Kaiser. Die Auspressung der Untertanen durch die Einführung neuer Steuern. Die Ermordung des Grafen Camillo Anguissola, der als Hauptmann in den Diensten Ottavio Farneses stand. Wohl Orazio Malaspina, Nuntius bei Kaiser Rudolf II. von 1578 bis 1581. Francesco I. de’ Medici (1541 – 1587), Großherzog der Toskana. Alessandro Farnese (1520 – 1589), Kardinal. Der Kauf der Markgrafschaft Vignola für Giacomo Boncompagni erfolgte 1577.

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procurar che gl’altri si oppongano per il loro interesse, et in somma in quel mezzo non si trattarà di Bardi e Compiano. Possono anche sperare che a Nostro Signore paia che Borgo sia della Chiesa immediate e conseguentemente abbia luogo la bolla di Pio V.o477 e così l’ impedimento nasca dalla cosa, e non dalle persone, che ‘ l procurano. L’altra via sarà di mostrar di dar a V. E. più che non l’ è off erto dal Duca, contentandosi di vendere, purché si pigli l’ investitura dall’Imperatore come feudi imperiali, e non si riconosca il Duca accioché egli non abbia a consertire, e N.ro Signore in cambio di avergli obbligo, resti mal sodisfatto di lui, parendo che da lui venga l’ impedimento. A questo partito non si ha da credere che in modo alcuno N.ro Sig.re sia per condescendere, non potendo farsi risoluzione più di diretto contraria all’obietto di S. B.ne, il quale è stato sempre d’accrescere e non diminuire le ragioni di questa S. Sede, e con questa via si levarebbe alla Chiesa tutto e per tutto il supremo dominio sopra quei luoghi, che col mezzo del Duca si viene a ricuperare. E perché bisogna far il conto degli altri ancora, non deve il Duca in modo alcuno consentire a questo partito, perché si spogliarebbe delle raggioni chiarissime per il possesso, nel quale si trovano i Signori di Piacenza di tutti questi luoghi, onde più tosto che consentir a quanto gli metteria conto che tornassero in mano del med.o Landi, con tener’ intanto i scudi 7000478, perché avendo tanti buone raggioni, potria esser certo d’avergli a ricuperare in altro tempo, e potriano venir tempi che i medemi Principi di Sora l’ impediscano gli dariano aiuto, e quei luoghi non sono di tanta importanza alla somma delle cose, nella persona del Landi è tale che possa dargli gelosia. E quando pur il ducato condiscendesse, non metteria conto a V. E. d’avergli dall’Imperatore, non potendo il Duca far cosa di tanto pregiuditio a’ suoi figlioli, né finalmente la volontá del Duca merita che V. E., quando anche potesse farlo recusasse di averlo per superiore. E quanto alla difficoltà dell’Imperatore si sa bene che come il Landi si queti, il che sarà ogni volta che il Gran Duca non lo fomenti, l’Imperatore non è per parlarne. La 3.a via d’ impedire è procurare che il Re Cattolico479 entri di mezzo e faccia intendere al Duca di Parma che si vuol pigliar cura di terminar queste cose, onde seguitarebbe che e N.re Sig.re et il Duca di Parma e V. E. ne restarebbero esclusi, poiché l’autorità del Re è tanta che il Duca non può pensare di non obbedirlo, e che si tenti questa via può esserne inditio il vedersi che già l’ hanno fatto penetrare alla notitia de ministri di S. M. a’ quali anche si cercò di persuadere che impedissero la compra di Vignola, e le parole dette da Mons.r Ill.mo de Medici480 al Cardinale Farnese, al qual disse faremo tanto che il Re di Spagna entrarà in quei luoghi, e finalmente l’off erta così larga e così aff ettuosa che il medemo Signore ha fatta al Cardinal di Gambara481 di voler avvisare V. E. ad avvisare ad avere quei castelli dal Gran Duca, la qual non è da credere ch’egli avesse fatta così aff ettuosamente se non sperasse che qualche impedimento l’avesse a cavar d’obbligo, e forsi hanno già espedito in Corte di S. M. Catt.ca, oltre a quella che qui devono avere detto alli ministri. 477 478 479 480 481

Prohibitio alienandi et infeudandi civitates et loca S. R. E., 1567 III 29. Fondo Albani enthält die Zahlenangabe 2000. Philipp II. (1527 – 1598), König von Spanien. Ferdinando de’ Medici (1549 – 1609), Kardinal. Gianfrancesco Gambara (1533 – 1587), Kardinal.

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Il modo adunque di levar tutte queste difficoltà farebbe che prima che possa venir in impedimento V. E. pigliasse l’ investitura di Borgo dal Sig.r Duca, e se a N.ro Sig. re non paresse per ora di publicarla, si potrebbe fare che in apparenza V. E. andasse a pigliare il possesso come governatore di S. Chiesa, e per un breve dichiarar che questo si fa ad evitanda scandala et pro bono pacis, ma S. S.tà intende che l’ investitura abbia eff.o et in virtù di quella V. E. sia padrone di Borgo e nel medemo tempo stringer col. Gran Duca la compra di Bardi e Compiano con dar ricompensa al Landi e per levare il pretesto dell’Imperatore, quando V. E. fosse d’accordo del prezzo, si potria fare che il S.e Duca comprasse dal Landi senza pregiuditio delle ragioni della Chiesa e sue, et poi facesse l’ investitura a V. E., oltre a che S. S.tà e V. E. possono esser certe che come il Landi non sia più fomentato dal Gran Duca, l’Imperatore non è per far mai più parola di simili pretensioni. Col Gran Duca non bisogneria lasciare alcuna sorte di uffitio e con lettere e con mandar uomini, per mostrare a S. A. il gran obligo che N.ro Sig.re e V. E. son per averle, seguendo l’eff etto, poiché molto ben conoscano ch’ è forza che l’abbiano dalle sue mani, e che volendo può impedirlo. E dall’altra banda saria necessario che N. Sig.re si lasciasse intendere apertamente da qualche confidente del Gran Duca e che glie l’avesse a far sapere che se S. A. attraverso questo negotio conosce bene che lo fa solamente a fine che S. S.tà non habbia obligo al Duca di Parma et al Cardinal Farnese, ma con tutto ciò non conseguita l’ intento, anzi farà eff etto contrario, perché ai detti Signori S. S.tà è per avere il med.o obligo, come se l’eff etto fosse seguito e risultarà loro quest’utile, che avvanzaranno 7000 scudi d’entrata che il S.ig.r Duca crederebbe, concludendosi, ma riconoscerà ben dal Gran Duca tanta perdita e farà forzata a restar per sempre mal sodisfatta di S. A. Tenendosi questa via et usandosi quella prestezza e diligenza che merita l’ importanza del negotio, spero che S. S.tà troncarà tutte le difficoltà e con molta gloria sua e pochissima spesa provederà in un tempo alla quiete publica, al benefitio di questa S. Sede et al maggiore e più certo stabilimento di V. E. e della Casa sua di quanto a mio giuditio si siano presentati sine a quest’ora. Finalmente considerato il sito di Borgo separato da tutte l’altre terre immediate subiette alla Chiesa per la qual raggione bisogna, che dipenda o dal ducato di Milano, dal Duca di Piacenza o da Genovesi o dal Gran Duca di Toscana, non so se mettesse conto quando anche a rigore si potesse fare, ridurlo sotto la Chiesa immediate, e non contentandosi dell’ultimo Stato, ch’ è chiaro per il possesso del Duca Pierluigi et il Duca presente, il quale per la giustitia e per la coscienza deve bastare andare investigando sotto il mente l’ investiture antiche, per le quali per avventura si trovariano più dubbie le raggioni della Sede Ap.ca, e quando anche fossino chiare, si staria a discrettione di chi volesse occuparlo, non avendo a difesa vicina d’un feudatario di questa S. Sede, per la quale, quando Sua S.tà mostrasse aver’animo di tenerlo, averà tutti li prencipi che li daranno impedimento, ma per V. E. coll’ interesse del Duca di Piacenza non si troverà persona, che seben non li piacesse, non sia per far professione di aiutarla, e doveria più tosto voler Sua S.tà che la conclusione dell’eff etto fosse con servizio della Sede Ap.ca, che voler l’apparenza sola, senza che ne riesca buon’eff etto.

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8. Traiano Mario und seine Geheimmission nach Graz und Prag Der gescheiterte antiosmanische Liga-Plan Gregors XIII. von 1579 Im Mai 1579 berichtete der Nuntius am Kaiserhof, Orazio Malaspina, nach Rom, daß sich ein gewisser Traiano Mario in Prag aufhalte, seine Unterkunft geheim zu halten versuche und mit dem Kaiser und einigen der engsten kaiserlichen Ratgebern zu Verhandlungen zusammenkomme.482 Über den genauen Inhalt dieser Unterredungen konnte der Nuntius keine Angaben machen. Das Interesse des päpstlichen Vertreters am Kaiserhof ist verständlich, denn die Anwesenheit eines Italieners in Prag und dessen Treffen mit Rudolf II. und Spitzen der kaiserlichen Regierung mussten seine Neugier wecken. Ähnlich wie der Nuntius des Jahres 1579 interessierte sich auch der Bearbeiter der betreffenden Nuntiaturkorrespondenz dafür, Näheres zur Person dieses Traiano Mario in Erfahrung zu bringen, war er doch gehalten, Aufschlüsse zu den in den Instruktionen und Berichten genannten Personen und Sachverhalten zu geben. Fragmente einer Biographie Wer also war dieser Traiano Mario? Die erste und naheliegende Konsultierung des Dizionario Biografico degli Italiani, das bei der Bearbeitung inzwischen beim Buchstaben N angelangt ist, schlug fehl: Das biographische Standardwerk zu italienischen Persönlichkeiten enthält keinen Eintrag zu Traiano Mario. Eine etwas weiter gefasste Recherche brachte etwas Licht in das Dunkel dieser Person. Die Spurensuche führte zunächst ins Reich, dann nach Rom, 1569 nach Spanien, 1579 nochmals ins Reich und schließlich wieder nach Spanien.483 Zum ersten Mal lässt sich Traiano Mario in den Quellen und in der Literatur für die Jahre 1547/48 greifen, als er sich als Sekretär des Kardinals Cristoforo Madruzzo484 in Deutschland aufhielt.485 In jener Zeit vermittelte Madruzzo zwischen Kaiser Karl V. und Papst Paul III. ein Bündnis zur Bekämpfung der seit 1531 im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossenen protestantischen Reichsfürsten. Einen letzten Anlass bot hierzu die ablehnende Haltung der Protestanten zum Konzil, das im Spät482

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Malaspina an Gallio, Prag, 1579 V 25, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 110r – 111v, Or., hier fol. 111r – v: Qui si trova il S. Traiano Marii et è stato alloggiato in segreto sopra un’ostaria et trattato con S. M.tà et con ministri più intimi et, per alcuni rescontri che ho havuti, il suo è negotio di qualche principe, gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 83,7. Die nachfolgenden Bemerkungen sollen dazu dienen, einige Aspekte der Vita von Traiano Mario anzusprechen. Vollständigkeit können sie nicht beanspruchen. Zur Person des Kardinals vgl. Rotraud Becker, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 67, Roma 2006, S. 175 – 180. Bernardo Morsolin, Giangiorgio Trissino o Monografia di un letterato nel secolo XVI, Vicenza 1878, S. 355.

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herbst 1545 in Trient eröffnet werden sollte.486 Die Initiative für die Allianz ging von Karl aus.487 Paul III. nahm den Vorschlag bereitwillig auf; er hätte den Ketzerkrieg gegen die Schmalkaldener am liebsten sofort begonnen. Als Kirchen- und Reichsfürst in einer Person war der Kardinal und Bischof von Trient Cristoforo Madruzzo bestens geeignet, einen Bündnisvertrag zwischen den beiden Oberhäuptern der Christenheit auszuhandeln. Es ist nicht auszuschließen, daß Traiano Mario, der zur familia des Kardinals zählte, Madruzzo begleitete, als dieser sich zu Verhandlungen mit Kaiser und Papst nach Regensburg und Rom begab, die bald zu einer vertraglichen Einigung führten.488 Paul III. versprach darin Subsidien in Höhe von insgesamt 200 000 scudi und die Bereitstellung von Hilfstruppen (12 000 Mann Fußsoldaten, 500 Reiter) unter dem Befehl eines Legaten.489 In einer kirchlichen Zeremonie in S. Maria in Aracoeli erhielt Kardinal Farnese das Legatenkreuz, der zum Oberbefehlshaber der Truppen bestimmte Ottavio Farnese den Marschallstab und die Fahnen zum Krieg gegen die Lutheraner.490 Noch bevor es jedoch im April 1547 zur Entscheidungsschlacht von Mühlberg an der Elbe kam, die zum Zusammenbruch des Schmalkaldischen Bundes führte, hatte Paul III. allerdings eine radikale Kehrtwendung vollzogen: Offensichtlich beunruhigt durch die Machtdemonstration des Kaisers im Reich, kündigte der Pontifex das Bündnis mit dem Kaiser auf und zog seine Truppen aus dem Reich zurück.491 Traiano Mario hingegen wurde am 24. April 1547 offenbar Zeuge der Schlacht bei Mühlberg, worauf er selbst später in einem Dokument zu sprechen kommt.492 Vielleicht war gerade dieser Umstand des persönlichen Miterlebens der Mühlberger Schlacht entscheidend für den Entschluss Gregors XIII., Mario 1579 für die Mission zu Rudolf II. und Erzherzog Karl auszuwählen, auf die im Folgenden ausführlicher eingegangen werden soll. Mario finden wir dann ein Jahr nach den Ereignissen in Sachsen auf dem Reichstag in Augsburg, wo er den Dichter Giangiorgio Trissino am 12. April 1548 bei Kaiser Karl V. einführte.493 In den 60er und 70er Jahren des 16. Jahrhunderts oblag Traiano Mario die offizielle Vertretung des Herzogs Guidobaldo II. von Urbino (1514 – 1574) in Rom. Unterbrochen 486 487 488

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Vgl. Gerhard Müller, Art. Tridentinum, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 34, BerlinNew York 2002, S. 64 f. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 5: Geschichte Papst Pauls III. (1534 – 1549), Freiburg i. Br. 1909, S. 556. Severino Vareschi, Profili biografici dei principali personaggi della Casa Madruzzo, in: Laura Dal Prà (Hg.), I Madruzzo e l’Europa 1539 – 1658. I principi vescovi di Trento tra Papato e Impero, Milano 1993, S. 49 – 103, hier S. 59 f. Zu den Verhandlungen ausführlich Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 5, S. 565 – 568. Vgl. den Text des Offensivbündnisses, abgedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 17: Nuntiatur des Verallo 1546 – 1547, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1899, S. 575 – 578. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 5, S. 568. Zahlreiche Adelige aus dem Kirchenstaat waren an dieser Kampagne beteiligt gewesen, vgl. u. a. Alexander Koller, La carriera militare di Vicino Orsini e il suo contesto politico europeo, in: Sabine Frommel (Hg.), Il Sacro Bosco di Bomarzo, Roma 2009. Memorandum Marios für Rudolf II., Prag, 1579 V 13, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 40r – 43r, Kop., hier fol. 41v – 42r; vgl. unten Anm. 561. Morsolin, Giangiorgio Trissino, S. 355.

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wurde dieser Aufenthalt am römischen Hof durch eine Reise nach Spanien 1569, von der wir kaum etwas wissen. Papst Pius V. bezog sich kurz auf sie in seiner Antwort auf das Beglaubigungsschreiben des Herzogs Guidobaldo für Traiano Mario494 und Mario selbst erwähnte später das Zusammentreffen mit Erzherzog Karl von Innerösterreich in einem Kloster bei Barcelona, wo dieser auf seiner Rückreise vom spanischen Hof nach Graz die Kartage verbrachte.495 In Rom war Traiano Mario auch als Kunstagent für den Herzog Guidobaldo II. aus dem Hause Della Rovere tätig, was nicht verwundert, bildete doch der Hof von Pesaro in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen literarischen und künstlerischen Bezugspunkt unter den Fürstenresidenzen Italiens in der Tradition der früheren, wegen des schlechteren Klimas und der ungünstigeren Lage schließlich aufgegebenen herzoglichen Residenz von Urbino. Als Botschafter Guidobaldos unterhielt Mario Kontakte zu Künstlern, u. a. zu Federico Zuccari, bzw. deren Vertrauenspersonen, z. B. zu Antonio da Casteldurante, der Michelangelo in seiner letzten Lebensphase sehr nahestand.496 1567 sandte Herzog Guidobaldo den Maler Giacomo Palma il Giovane zur Perfektionierung seiner Kunstfertigkeit nach Rom, wo er bei Traiano Mario Unterkunft fand. Der Herzog hatte Giacomo Palma zuvor während eines Aufenthalts in Venedig kennen gelernt und sich von ihm porträtieren lassen.497 Im November 1570 schickte der Dichter und Autor historischer und philosophischer Schriften Francesco Sansovino (1512 – 1586), Sohn des berühmten Bildhauers und Architekten Jacopo Sansovino, Mario die Trattati delle repubbliche des gelehrten Schriftstellers Bartolomeo Cavalcanti (1503 – 1562), die, so Sansovino, das Interesse von galanti uomini verdienten. Die Empfehlung Sansovinos für Cavalcanti richtete sich an Mario in dessen Eigenschaft als angesehener urbinatischer Botschafter in Rom, aber auch als Freund (quasi nuovo Mecenate) der Dichter und Künstler.498 Während dieser Zeit sind auch Kontakte zwischen Mario und dem Kaiserhofnuntius Melchiorre Biglia belegt. Vermutlich war Mario für Biglia in Rom als Agent tätig.499 494

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Rom, 1569 X 5, ASV, Armadio XLIV 14, fol. 252v – 253r; 17, fol. 415r: Dilectum filium Traianum Marium, quem nuper ex Hispania reversum oratorem apud Nos tuum posthac futurum dedita opera ad Nos venire voluisti, ex benignitate vidimus, qua debuimus […]. Mario an Gallio, Graz, 1579 IV 10, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 11r – 13r, Or.: […] la mattina seguente, sì come feci, in ragionando del viaggio et d’altre cose, cademmo in raccordo che quel giorno, a punto, era l’anniversario del decimo anno che fui a farli riverenza, come italiano, in un monasterio fuori di Barcelona, dov’ella s’era retirata a fare gl’ultimi dì della settimana santa, et m’occorre di parlare seco in longo delle cose d’Italia et di Roma, in particolare de dove io ero passato in Ispagna per andare alla corte catholica da cui ella se ne tornava in Allemagna. Vgl. Giorgio Gronau, Documenti artistici urbinati con una tavola fuori testo, Firenze 1936 (Raccolta di fonti per la storia dell’arte 1), S. 211 – 213, 269 – 271. Vgl. Maria Ciampi, Notizie storiche riguardanti la vita e le opere di Palma il Giovane, in: Archivio Veneto ser. V/101 (1960), S. 1 – 19, hier S. 1. Francesco Sansovino an Traiano Mario, Venedig, 1570 XI 13, abgedruckt in: Bartolomeo Cavalcanti, Trattati sopra gli ottimi reggimenti delle repubbliche antiche e moderne, Nuova Biblioteca Popolare, Torino 1852, S. 9 f. Es könnte sich bei der Charakterisierung als neuer Mäzenas auch um eine dem Genus des Empfehlungsbriefes geschuldete rhetorische Floskel handeln. Nach Gronau, Documenti artistici urbinati, S. 20, habe Mario künstlerischen Aktivitäten nur wenig Interesse entgegengebracht. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 5: Nuntius Biglia 1565 – 1566 (Juni). Commendone als Legat auf dem Reichstag zu Augsburg 1566, bearb. von

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Nach dem Tod Guidobaldos II. Della Rovere 1574 blieb Mario auch unter dessen Nachfolger Francesco Maria II. Della Rovere (1549 – 1631) Botschafter des Herzogtums Urbino in Rom.500 Im Anschluss an seine Geheimmission nach Graz und Prag 1579, auf die unten noch ausführlicher einzugehen sein wird, wirkte Traiano Mario bis zu seinem Tod 1582 als päpstlicher Kollektor in Spanien. Daß Mario die spanische Kollektorie übernehmen sollte, war zunächst nicht abzusehen, als er in Begleitung des Kardinallegaten Alessandro Riario abermals nach Spanien reiste. Gregor XIII. hatte Riario im März 1580 auf die iberische Halbinsel entsandt, um im portugiesischen Thronstreit zu vermitteln, nachdem König Sebastian in der Schlacht von Alcácer-Quebir bei Tanger im August 1578 gefallen und der Kardinalerzbischof von Lissabon, Heinrich, der letzte portugiesische Regent vor der spanischen Annexion, im Januar 1580 gestorben waren.501 Der Legat konnte jedoch in dieser Angelegenheit wenig erreichen, da Philipp II., der schon zuvor eine päpstliche Arbitration entschieden abgelehnt hatte, inzwischen Portugal der spanischen Krone unterstellt hatte. Riario musste sich deshalb während der verbleibenden Zeit seiner Spanienmission anderen Themen zuwenden (Jurisdiktionskonflikte, Waffenstillstand mit den Osmanen, Pläne einer Kampagne gegen England). Die Beziehungen zwischen Spanien und dem Apostolischen Stuhl waren damals stark belastet durch den Dauerstreit zwischen dem damaligen päpstlichen Kollektor Giovanni Francesco Canobio und dem königlichen Rat, der systematisch die päpstlichen Prärogativen zu umgehen versuchte.502 Um diese Streitigkeiten zu schlichten, wurde Mario von Kardinal Riario nach Madrid entsandt.503 Während jener Zeit muss auch die Überlegung in Rom gereift sein, Mario die spanische Kollektorie zu übertragen.504 Am 23. Januar 1581 teilte ihm der für die auswärtigen Beziehungen und die Korrespondenz mit den Nuntien zuständige Kardinal Tolomeo Gallio Mario die Ernennung zum Kollektor in Spanien mit.505 500

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Ignaz Philipp Dengel, Wien-Leipzig 1926, S. 142 und 184, Anm. 2. Vgl. Gregor XIII. an Francesco Maria della Rovere, Rom, 1575 II 21, ASV, Armadio XLIV 22, fol. 331r – v: Quod antea de dilecto filio Traiano Mario tantum coniectura indicabamus, id postquam in laboriosissimo hoc munere versamur, re etiam ipsa experti sumus; nihil eo posse fieri et antea in patris tui et nunc in rebus tuis vigilantius, studiosius, fidelius, quo etiam nomine eum multum amamus. Hoc etsi Nobilitati Tuae perspectum esse non dubitamus, tamen nostrum testimonium eius diligentiae et fidei tribuendum putavimus libentissime illum videbamus atque audiebamus, neque tamen eius absentia quidquam detrahet de nostra erga te voluntate; cognosces eam paternam omnibus in rebus, in quibus nos tuae Nobilitati gratifiacri posse intelligemus. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 9: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Gregor XIII. (1572 – 1585), Freiburg i. Br. 1923, S. 262 – 264. Angel Fernandez Collado, Gregorio XIII y Felipe II en la nunciatura de Felipe Sega (1577 – 1581). Aspectos político, jurisdiccional y de reforma, Toledo 1991, S. 292 – 301. ASV, Segreteria di Stato, Spagna 26, fol. 537r. Quellen: ASV, Segreteria di Stato, Spagna 21 (Instruktionen Gallios); Segreteria di Stato, Spagna 26 (Berichte Marios); weitere Informationen zu seiner Spanienmission in: José Olarra Garmendia, Maria Luisa Larramendi de Olarra (Hgg.), Indices de la correspondencia entre la nunciatura en España y la Santa Sede, durante el reinado de Felipe II, Bd. 2, Madrid 1949. ASV, Segreteria di Stato, Spagna 21, fol. 211r.

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Nachdem das Verhältnis zwischen Rom und dem spanischen Hof während der Kollektorie von Canobio starken Spannungen ausgesetzt war, kam es zumindest atmosphärisch zu einer Besserung des Verhältnisses unter Mario.506 In der Sache blieben die Fronten allerdings verhärtet. Mario musste von Rom sogar gebremst werden, als er sich zu energisch für die Interessen der römischen Kurie im jurisdiktionellen Konflikt mit der spanischen Krone um kirchliche Einkünfte und Pfründen einsetzte.507 So hatte Mario die Exkommunikation von einigen Spaniern ausgesprochen.508 Ende August 1582 starb Traiano Mario in Madrid.509 Der gesamte Nachlass ging an den Universalerben, seinen Bruder Paolo Mario Della Rovere,510 der 1567 zum Bischof von Cagli511 ernannt worden war. Päpstliche und kaiserliche Türkenpolitik um 1580 Bevor wir uns nun aber dem Inhalt und dem Ablauf der Mission von Traiano Mario im Frühjahr 1579 an den Höfen von Graz und Prag ausführlicher zuwenden, sollen die päpstliche und kaiserliche Politik jener Zeit gegenüber dem osmanischen Reich in den Jahren um 1580 kurz vor Augen geführt werden, um so den politischen Kontext der päpstlichen Sondermission bei Erzherzog Karl von Innerösterreich und Kaiser Rudolf II. zu skizzieren. Der Gedanke einer antiosmanischen Liga der katholischen Mächte bildete eine der Konstanten der Außenpolitik Gregors XIII. seit Beginn seines Pontifikats 1572.512 Er wollte damit an die erfolgreiche Türken-Politik seines Vorgängers Pius’ V. anknüpfen, die in der Seeschlacht von Lepanto 1571 ihren Höhepunkt erreicht 506 507 508 509

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Fernandez Collado, Gregorio XIII y Felipe II, S. 301. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 266. ASV, Segreteria di Stato, Spagna, 26, fol. 314. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 266; der letzte Brief Marios datiert vom 20. August 1582 (ASV, Segreteria di Stato, Spagna 26, fol. 531r – v); Cornelio Carnago, Sekretär von Mario, benachrichtigt Gallio vom Tod Marios, Olarra Garmendia, Indices de la correspondencia entre la nunciatura en España y la Santa Sede, Nr. 5071; vgl. auch den Bericht des Nuntius Luigi Taverna an Gallio, Madrid, 1582 IX 3, ASV, Segreteria di Stato, Spagna 28, fol. 180r, Or. (mit Empfehlung für Carnago als Nachfolger Marios als Kollektor in Spanien). Vgl. Taverna an Gallio, Madrid, 1582 XI 22, ASV, Segreteria di Stato, Spagna 28, fol. 264v, Or.; Taverna erstellte auch das Nachlaßverzeichnis (Taverna an Gallio, Madrid, 1582 IX 15, ebd. fol. 196r, Or.); um Schulden bei Handwerkern zu bezahlen, ließ Taverna die Möbel Marios verkaufen (Taverna an Gallio, Madrid, 1582 XI 8, ebd. fol. 253r, Or.). Wegen des Nachlasses kam es in den darauf folgenden Monaten zum Konflikt zwischen Taverna und dem Bischof von Cagli, wobei Taverna zu verstehen gab, alles ordnungs- und wunschgemäß dem Agenten des Herzogs von Urbino, Maschi, übergeben zu haben, vgl. Taverna an Gallio, Madrid, 1583 IX 9, ebd. fol. 473r, Or. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg Monasterii 1923, S. 147; Ferdinando Ughelli, Italia Sacra, Bd. II, Venetiis 1717, Sp. 824 f.; vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 8: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Pius V. (1566 – 1572), Freiburg i. Br. 1920, S. 139. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 235.

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hatte. Die Bemühungen Gregors XIII. Boncompagni scheiterten jedoch daran, daß die wichtigsten Allianz-Partner des Heiligen Stuhls von 1571, Spanien und Venedig, nach Lepanto eigene Wege gingen. Bereits 1573 schloss die Republik Venedig einen Sonderfrieden mit der Pforte und konterkarierte so die päpstlichen Pläne eines Bündnisses gegen den Erzfeind der Christenheit.513 Im Herbst 1573 kam es zwar zu einer gemeinsamen päpstlich-spanischen Aktion gegen die Türken, bei der Tunis von Don Juan d’Austria erobert wurde,514 insgesamt aber konnte Rom in jenen Jahren bei der Umsetzung seiner gegen Konstantinopel gerichteten Politik kaum auf Spanien zählen. Einen schweren Schlag bedeutete für Gregor XIII. die Ratifizierung eines Separatfriedens zwischen Philipp II. und den Türken im März 1580. Die Verhandlungen für dieses Abkommen waren bereits 1577 aufgenommen worden.515 Neben der bislang in der Forschung unbeachtet gebliebenen erfolglosen Démarche Gregors XIII. von 1579 bei Vertretern der österreichischen Linie des Hauses Habsburg, die unten behandelt wird, wurde 1583 das Zustandekommen einer großen Türkenliga unter Beteiligung Spaniens, Venedigs, Polens und des Kaisers von Rom aus mit intensiven diplomatischen Bemühungen durch die Nuntien betrieben.516 Aber auch dieser Initiative des Boncompagni-Papstes war kein Erfolg beschieden. Für das Reich, v. a. für den Kaiser und die habsburgischen Länder bildeten die Türken eine ständige Bedrohung, seitdem als Konsequenz der Schlacht von Mohács 1526 Ungarn nahezu vollständig unter osmanische Herrschaft gekommen war. Mit dem Waffenstillstand von Adrianopel 1568 begann eine relativ ruhige Phase in den Beziehungen zwischen der Pforte und dem Reich, die etwa ein Vierteljahrhundert bis zum Ausbruch des „Langen Türkenkriegs“517 dauern sollte. Während dieser Zeit wurde von habsburgischer Seite intensiv der Ausbau der Militärgrenze zum osmanischen Reich betrieben. Der Waffenstillstand von 1568 war zunächst für acht Jahre abgeschlossen worden. Er wurde von Maximilian II. 1574 und nach dem Regierungswechsel von Rudolf II. Ende November 1576 und dann nochmals 1583 und zuletzt 1590 erneuert.518 Obwohl sich der Kaiser im genannten Zeitraum nicht in offenem Krieg mit dem Sultan befand, kam es zu zahlreichen kleineren bewaffneten Auseinandersetzungen519 im Bereich der ungarisch-krostischen Militärgrenze. Hauptsächlich in Kroatien konnten die Türken zahlreiche Festungen erobern,520 was 513 514 515 516 517

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Ebd. S. 242 – 248. Ebd. S. 249. Agostino Borromeo, Art. Gregorio XIII, in: Enciclopedia dei Papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 184; Fernandez Collado, Gregorio XIII y Felipe II, S. 104 – 110. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 217; Borromeo, Art. Gregorio XIII, S. 185. Zu diesem großen Konflikt vgl. Jan Paul Niederkorn, Die europäischen Mächte und der Lange Türkenkrieg Kaiser Rudolfs II. (1593 – 1606), Wien 1993 (Archiv für Österreichische Geschichte 135). Ludwig Bittner, Chronologisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge, I: Die österreichischen Staatsverträge von 1526 bis 1763, Wien 1903, Nr. 119, 126, 129, 136 und 149. Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 304, 309. Vgl. ebd. S. 309, 348.

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zu verstärkten fortifikatorischen Anstrengungen durch Erzherzog Karl von Innerösterreich, u. a. den Bau der Festung Karlstadt führen sollte. Beunruhigt zeigte sich der Kaiserhof über Kontakte zwischen István Báthory und der Pforte, konkret durch die polnische Gesandtschaft des Jan Sinieński im Frühjahr/Sommer 1577 an den Bosporus,521 da ein intensives Zusammenspiel der beiden Mächte für Rudolf II. die Gefahr einer Zweifrontenbedrohung mit sich brachte. In noch weit größere Unruhe versetzte den Kaiser die bereits erwähnten spanisch-türkischen Geheimverhandlungen über einen Waffenstillstand, die von Don Martín de Acuña in Konstantinopel geführt wurden, über deren Einzelheiten aber am Kaiserhof keine Klarheit herrschte.522 Philipp II. bestritt die Existenz solcher Bemühungen und auch die Absicht, mit der Pforte eine Waffenruhe vereinbaren zu wollen, ohne jedoch dem Kaiser das berechtigte Misstrauen nehmen zu können.523 In das Jahr 1578 fällt der Ausbruch des Krieges zwischen der Pforte und Persien, wo kurz zuvor (Ende November 1577) ein Thronwechsel stattgefunden hatte.524 Dieser Konflikt sollte Kaiser und Reich bis 1590 Entlastungen bringen.525 Dies waren die Rahmenbedingungen für die Mission des Traiano Mario im Frühjahr 1579. Die Geheimmission nach Graz und Prag 1579 Im Jahr 1579 beauftragte Gregor XIII. Traiano Mario mit einer streng geheim gehaltenen Gesandtschaft an die habsburgischen Höfe von Graz und Prag. In der wissenschaftlichen Literatur hat diese Mission bislang keinen Niederschlag gefunden. Selbst bei Pastor, der, wie oben erwähnt, die Kollektorie des Mario kurz charakterisiert, findet sich keine Notiz zur Reise Marios über die Alpen von 1579. Dabei ist diese in einem schmalen Codex des Vatikanischen Archivs (Segr. Stato, Germania 98) einigermaßen gut dokumentiert. Der Band 98 der Serie „Germania“ des Fondo „Segreteria di Stato“ enthält auf 64 Blatt im Wesentlichen die Schreiben Marios an den für die Außenbeziehungen der Kurie zuständigen Kardinal Gallio (alle italienisch und teilweise undatiert) sowie weitere Dokumente (eine offizielle Stellungnahme von Erzherzog Karl auf Lateinisch; drei lateinische Schreiben Marios an den steirischen Kanzler Schranz; eine kurze Benachrichtigung des kaiserlichen Oberstkämmerers Rumpf für Mario in spanischer Sprache). Ergänzt wird dieses Material durch vier 521 522 523

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Vgl. ebd. S. 196. Vgl. ebd. S. 132, 163 f. Ebd. S. 228: […] et havendo io [Delfino] detto a S. M.tà essere avvisato che i ministri del sudetto Ser.mo Re Cath.co affermano che questa tregua non sia conclusa et che non si concluderà, mi rispose sorridendo „che habbia da seguire o no, non lo posso affirmare, ma ben son certo che è stata trattata“. Vgl. ebd. S. 338, 343. Vgl. Geschichte des Osmanischen Reiches, nach den Quellen dargestellt von Nicolae Jorga, Bd. 3, Gotha 1910 (Nachdr. Darmstadt 1990), S. 236 – 247; Hans Robert Roemer, Persien auf dem Weg in die Neuzeit. Iranische Geschichte von 1350 – 1750, Beirut 1989 (Beiruter Texte und Studien 40), S. 393, 315 f.

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Beglaubigungsschreiben Gregors XIII. in Form von Breven für Kaiser Rudolf II., Erzherzog Karl von Innerösterreich, Erzherzog Ferdinand von Tirol, Herzog Albrecht von Bayern und den steirischen Kanzler Schranz.526 Die päpstliche Hauptinstruktion527 und die Weisungen Gallios sind hingegen nicht erhalten. Aus den Schreiben Marios aus Graz und Prag erhellt unzweideutig, daß der Papst den Kaiser im Verbund mit anderen verwandten und befreundeten Fürsten, u. a. den Regenten der Steiermark und Tirols und dem Herzog von Bayern, im Frühjahr 1579 für ein Offensivbündnis gegen die Türken gewinnen wollte. Warum Gregor XIII. Traiano Mario für diese Mission ausgewählt hat, ist nicht bekannt. Vermutlich spielte eine Rolle, daß Mario Erzherzog Karl persönlich kannte, evtl. auch seine Teilnahme an der Schlacht bei Mühlberg. Es ist wohl kein Zufall, daß der Beginn der Gesandtschaft Marios zusammenfiel mit dem Eintreffen der Nachricht über den Abschluss eines spanisch-türkischen Waffenstillstandes. In Rom war man über diese Entwicklung äußerst beunruhigt. Gregor XIII. warnte in einem Schreiben vom 3. Februar 1579 an Philipp II. vor dieser Verständigung mit den Osmanen, die dem ganzen Orbis Catholicus Schaden zufüge und der spanischen Krone Schande einbrächte.528 Die Vermutung, daß ein ursächlicher Zusammenhang besteht zwischen der Kritik und Enttäuschung des Papstes über die damalige spanische Türkenpolitik und der Entsendung von Traiano Mario zum Kaiser und dessen Onkel, ist naheliegend. Da die Seemächte Spanien und Venedig auf mittlere Sicht als Ligapartner ausschieden, setzte Gregor XIII. jetzt verstärkt auf Pläne zu einer Offensive gegen die Türken zu Land und entsprechend auf ein Bündnis mit dem Kaiser an der Spitze. Der Zeitpunkt schien zudem günstig, da die Osmanen an der Ostgrenze ihres Reiches durch den Krieg mit Persien gebunden waren, auf den bereits hingewiesen wurde. Traiano Mario dürfte wohl am 21. März oder kurz darauf von Rom aufgebrochen sein.529 Die Reiseroute führte zunächst von Venedig ins Friaul, dann von dort aus über die Alpen durch das Kanaltal und dann weiter über Kärnten in die Steiermark durch eine imposante verschneite Berglandschaft (havendo havuto a passare montagne grandissime da Villach in qua anchora piene di neve).530 Zu Verzögerungen kam es dabei weniger wegen der Straßenverhältnisse, sondern wegen logistischer Probleme: In Venzone und Villach musste Mario unfreiwillig einen ganzen Tag die Reise un526

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Vgl. unten. Alle fünf Schreiben sind inhaltlich identisch, aber sprachlich unterschiedlich formuliert. Das Breve Memores praestantis virtutis für Erzherzog Ferdinand (ASV, Armadio XLIV 26, fol. 117v) und das Breve Quarum rerum causa für Herzog Albrecht von Bayern (ebd.) wurden nicht ausgehändigt, da Mario die Gesandtschaft in Prag ohne Erfolg abbrach und nicht nach München und Innsbruck reiste. Eine Hauptinstruktion muss ausgestellt worden sein, da Mario sich ausdrücklich auf sie bezieht, vgl. Mario an Gallio, Prag, 1579 IV 25, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 20r – 25r: […] et me sono valuto de tutte le prudenti et gravi ragioni che sono nella mia instruttione […]. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 258 f. Vom 21. März datieren die päpstlichen Beglaubigungsschreiben. Da Mario Traiano sie wohl mit sich genommen hat, kann der 21. März als Terminus post quem für den Aufbruch Marios von Rom gelten. ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 2r, Or.

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terbrechen, da keine Pferde zur Verfügung standen. Am 6. April meldete er seine Ankunft in Graz.531 Um den Charakter der Geheimmission zu wahren, gibt er in der innerösterreichischen Hauptstadt an, aus Venedig oder Trient zu kommen.532 Am erzherzoglichen Hof in Graz fand Mario freundliche Aufnahme. Während des gesamten Aufenthalts wurde Mario vom Hof kostenlos verpflegt. Er erwähnt v. a. die Versorgung mit Fisch! – der Aufenthalt Marios in Graz fiel in die Fastenzeit – und Wein von der herzoglichen Tafel.533 In den Beziehungen zwischen Rom und Graz hatte sich in den vergangenen Jahren eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ergeben. Aus Sicht der römischen Kurie sprachen zwei Gründe für privilegierte Kontakte mit Innerösterreich: die Bekämpfung der äußeren (Türken) und inneren (Protestanten) Glaubensfeinde.534 Die beiden Inhaber der sog. „süddeutschen Nuntiatur“, Bartolomeo Portia und Feliciano Ninguarda, hatten Graz bereits 1571 bzw. 1578 besucht535 und 1580 sollte auf Bitten des steirischen Landesherrn eine ständige Nuntiatur für Innerösterreich mit Sitz in Graz eingerichtet werden, die bis 1622 Bestand hatte.536 Am 7. April fand die Antrittsaudienz Marios bei Erzherzog Karl statt, bei der Mario sein Beglaubigungsschreiben537 übergab und den Inhalt seiner Mission zu erkennen gab.538 Karl seinerseits berichtete von den Verteidigungsanstrengungen der vergangenen Jahre. Die Unterredung fand in freundlicher Atmosphäre statt. Beide erinnerten sich an ihre erste Begegnung von genau zehn Jahren in einem katalani531

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Für die Reise nach Graz dürfte Mario etwas weniger Zeit benötigt haben als Germanico Malaspina, der ein Jahr später als erster ständiger Nuntius nach Graz gehen sollte. Dieser benötigte im Spätsommer knapp drei Wochen (Abreise in Rom am 10. September, Ankunft in Graz am 28. September 1570) mit Zwischenstopp in Venedig am 18. September, vgl. die eigenen Angaben des Nuntius in: Grazer Nuntiatur, Bd. 1: Nuntiatur des Germanico Malaspina. Sendung des Antonio Possevino 1580 – 1582, bearb. von Johann Rainer, Wien 1973, S. 13 und 16. Mario an Gallio, Graz, 1579 IV 6, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 2r – v, Or. […] di farmi tenere provisto abondantissimamente da pesci del suo vivaro et del vino della sua propria bocca […] (ebd. fol. 12r, Or.). Vgl. auch Kap. I.4, S. 64 f. Zur konfessionellen Entwicklung Innerösterreichs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vgl. Johann Loserth, Die Reformation und Gegenreformation in den innerösterreichischen Ländern im XVI. Jahrhundert, Stuttgart 1898; Regina Pörtner, The Counter-Reformation in Central Europe. Styria 1580 – 1630, Oxford 2001 (Oxford Historical Monographs). Rainer, Nuntiatur des Germanico Malaspina, S. Xf. Zu Gründung und Geschichte der päpstlichen diplomatischen Vertretung in Innerösterreich vgl. allgemein Johann Rainer, Die Grazer Nuntiatur 1580 – 1622, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 272 – 284; vgl. auch Kap. I.4. Gregor XIII. an Erzherzog Karl, Rom, 1579 III 21, ASV, Armadio XLIV 26, fol. 116v: Status Christianae Reipublicae cura et solicitudo animo nostro perpetuo infixa eximiusque et vere paternus ergo Nobilitatem tuam amor noster nos hoc tempore impulerunt, ut ad te mitteremus dilectum hunc filium Traianum Marium virum spectatae prudentiae et fidei ac nobis valde probatum, ex quo animum nostrum quibusdam de rebus maximi momenti intelligeres. Eum igitur, ut libenter videas et mandata nostra exponentem attento, perinde ac si nos loqueremur, audias nostraeque spei et expectationi ac etiam erga te charitati plene respondeas, a Nobilitate tua maiorem in modum petimus. Vgl. die Berichte Marios an Gallio aus Graz vom 7. und 10. April, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 3r – 6r; 11r – 13r, Or.

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schen Kloster. Was die päpstliche Mission anlangte, verwies der Regent von Innerösterreich auf den Kaiser, der sein oberster Herr sei und in dessen Auftrag er die Verteidigung der Grenzen übernommen habe. Im Anschluss an die Audienz bei Karl hatte Mario Gelegenheit, sich mit den beiden engsten Beratern des Herzogs zu besprechen, Obersthofmeister Georg Khevenhüller und Kanzler Wolfgang Schranz.539 Schranz charakterisiert Mario als aufrechten, frommen und gebildeten Mann.540 Mit ihm stand der päpstliche Gesandte später auch von Prag aus in brieflichem Kontakt. Mario erkannte in der Abhängigkeit des steirischen Regenten vom Kaiser sofort die Schwachstelle des päpstlichen Offensivplans gegen die Türken, der ein Vorgehen zu Land intendierte. Erzherzog Karl hatte ihm nämlich mitgeteilt, daß dieser nur an den Küsten im Gebiet von Triest, Fiume und Zengg selbständig agieren könne, nicht aber im Landesinnern.541 Bereits am Tag nach der Audienz beim Erzherzog erhielt Mario eine offizielle schriftliche Antwort desselben, ausgefertigt von Karl Schranz.542 Darin brachte Karl seinen Dank für die Offerte des Papstes zum Ausdruck. In der Angelegenheit selbst gab er sich zurückhaltend. Der Plan müsse reiflich überlegt, der Kaiser sowie Erzherzog Ferdinand von Tirol konsultiert werden, da Karl das Unternehmen nicht allein schultern könne. Bei allen Gesprächen mit Karl konnte Mario den Eindruck gewinnen, daß der steirische Regent dem päpstlichen Plan zwar Interesse und Wohlwollen entgegenbrachte, grundsätzlich aber nur in Abhängigkeit vom Kaiser agieren könne und wegen der momentanen prekären finanziellen Situation eigentlich keinen Handlungsspielraum habe. Die Kassen, so der Herzog, seien leer wegen der Maßnahmen der letzten Jahre zur Sicherung der kroatisch-slawonischen Militärgrenze. Überdies wirkte sich die Glaubensspaltung, die weite Teile des Adels in Innerösterreich erfasst hatte, sehr negativ aus, da Karl bei der Landesverteidigung auf die Kontributionen und Steuern der Stände angewiesen war.543 539

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Dabei dürfte auch das an Schranz adressierte päpstliche Breve ausgehändigt worden sein: Cum mitteremus istuc dilectum filium Traianum Marium virum probum et fidum nobisque charum acturum quibusdam de rebus gravibus et ad publicum bonum pertinentibus, dedimus ei in mandati, ut te adeat tuaque opera, consilio et auxilio inprimis utatur. Cuiusmodi autem ea sint, ex ipso cognesces, cui fidem habebis perinde ac si nos ipsos audires faciesque sicut de te nobis pollicemur (ASV, Armadio XLIV 26, fol. 117r). Mario an Gallio, Graz, s. d., ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 28r – v, Or. und Dechiffrat. […] non potrà [Erzherzog Karl] venire in resolutione ferma, se prima non dà parte del negotio a S. M.tà Ces.a, sì perché così ricerca l’osservanza che gli tiene per essere suo supremo signore, come per truovarsi haver in carico da quella tutti gli luoghi di frontiera che ella ha in queste parti, che sono i veri confini dei paesi dai turchi, essendo che S. Alt.za, questo ho ritratto da lei proprio et dai sudetti suoi ministri [Schranz und Khevenhüller], non confina immediatamente con quelli, se non dalla parte del mare, dove sono Segna, Trieste e Fiume; questo è un punto, monsignor ill.mo, che me dà non poco fastidio, perché se se ha da romper da queste parti, fa di bisogno uscire et valersi dei luoghi dell’Imperatore […] al che dubito ch’ei non sii per acconsentire (ebd. fol. 5r – v). Ebd. fol. 8r – 9v, Or. Vgl. Bericht Marios an Gallio aus Graz vom 10. April, ebd. fol. 11r – 13r, Or., hier fol. 11r – v: […] non solo se trova esausto, al tutto, de denari per le molte spese che ha havuto a fare in questi anni passati nella guerra et ch’ è astretto a far tuttavia nei presidii et nelle fortificationi de diversi suoi luoghi, non essendo aiutato massimamente dall’ imperatore, se bene guarda et defende le sue proprie frontiere della

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Die Konfessionsproblematik bildete neben dem eigentlichen Zweck der Gesandtschaft Marios einen zweiten Themenschwerpunkt. Die religiösen Konflikte in den von Karl regierten Territorien wurden mehrfach angesprochen. Bei ihrer vorletzten Zusammenkunft händigte Mario Karl ein päpstliches Breve in materia di religione544 aus. Nachdem Karl dem päpstlichen Gesandten bei dessen Abschiedsaudienz empfohlen hatte, weiterhin auf strengste Geheimhaltung der Mission zu achten, brach Mario Mitte April nach Prag auf.545 Am 20. April traf er am Prager Kaiserhof ein und bezog aus praktischen Erwägungen ein Quartier in der Nähe des Hradschin, das allerdings relativ teuer war. Die kostengünstigeren Herbergen diesseits des Flusses (Kleinseite) waren mit Höflingen und Wachpersonal besetzt. Eine Unterkunft jenseits der Moldau in der Altstadt, wo bevorzugt die Botschafter, Agenten und die Italiener wohnten, kam aus naheliegenden Gründen nicht in Frage.546 Unmittelbar nach seiner Ankunft bat Mario den kaiserlichen Oberstkämmerer Wolfgang Rumpf um eine geheime Zusammenkunft mit Rudolf II. Kurz darauf wurde Traiano Mario vom Kaiser in Audienz nella camera sua più segreta in der Prager Burg empfangen.547 In einer allgemeinen Einführung bezeichnete Mario zunächst die Einheit der Christen und den Kampf gegen die Häresien als Hauptanliegen der Päpste. Dabei unterstrich er die Entschlossenheit und die Möglichkeiten des regierenden Papstes, gegen die Türken vorzugehen. Danach berichtete der päpstliche Gesandte von seinen Gesprächen mit Erzherzog Karl. Den konkreten päpstlichen Bündnisvorschlag untermauerte Mario gegenüber Rudolf mit verschiedenen Argumenten:548 Zum einen sei ein Vorgehen gegen den inimico universale momentan sehr günstig, da das osmanische Reich sich im Krieg mit Persien befände. Durch einen Präventivschlag müsse verhindert werden, daß die Osmanen selbst bald aktiv werden. Gleichzeitig müsse der türkisch-persische Konflikt aufrechterhalten, Persien unterstützt

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Croatia et della Schiavonia, ma non può quasi più aspettare soccorso alcuno da questi suoi parti, essendo che se truovano in somma strettezza et miseria per i gravissimi pagamenti fatti di tempo in tempo sin qui, a cha s’aggionge la divisione della religione, che oltre gli altri inconvenienti causa quella della non buona dispositione et della poca obedienza alle volte in molti dei suoi sudditi, et particolarmente in buona parte della nobiltà, che è il nervo et la forza principale de questi stati […]. Es handelte sich entweder um das Breve Ea quae vom 14. März 1579 (ASV, Ep. ad Princ., Reg. 13, fol. 51r; Armadio XLIV 24, fol. 170r) oder (mit höherer Wahrscheinlichkeit) um das Breve Magnopere mirati vom 21. März 1579 (ASV, Ep. ad Princ. 13, fol. 41r; Armadio XLIV 24, fol. 165v, Druck: Augustines Theiner, Annales ecclesiastici, Bd. 3, Romae 1856, S. 21 mit Datum vom 16. März). In seinem Schreiben an Gallio vom 13. April 1579 (ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 16r, Or) berichtet Mario, am darauf folgenden Tag die Reise nach Prag antreten zu wollen. Mario an Gallio, Prag, 1579 IV 21, ebd. fol. 17r – v, Or. Dabei wird Mario dem Kaiser die Kredentialien Gregors XIII. übergeben haben. Sie hatten folgenden Wortlaut: Dilectus hic filius Traianus Marius vir egregiae probitatis et fidei Maiestati Vestrae exponet, quarum rerum causa a nobis hoc tempore istuc missus sit. Quae cum ad commune Christianae Reipublicae bonum praecipuamque istorum ditiorum securitatem et utilitatem magnopere spectent, cupimus, ut Maiestas Vestra eum benigne audiat eandemque illi fidem tribuat, quam nobis ipsis tribueret. Erit id nobis gratissimum (ASV, Armadio XLIV 26, fol. 117r). Über Inhalt und Verlauf der Antrittsaudienz berichtete Mario ausführlich an Gallio am 25. April 1579, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 20r – 25r, Or.

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und von einem Friedensschluss abgehalten werden. Falls der Kaiser keinen offenen Krieg mit der Pforte möchte, soll er Karl nicht daran hindern und ihn zusammen mit befreundeten und verwandten Fürsten heimlich unterstützen. Zum anderen bot der Papst an, Subsidien zur Formierung eines schlagkräftigen Heeres bereitzustellen und bei anderen, v. a. italienischen Fürsten, für das Unternehmen zu werben. Es sei leicht, ein zuverlässiges Heer zusammenzustellen, da Italien bedingt durch die längere Friedensperiode über viele geeignete Personen verfüge: non mancaranno molti signori et cavallieri che mossi dal zelo, del servigio de Dio et dal desiderio della gloria concorreranno a lor spese proprie accompagnati di huomini di fattione. Mario verwies in diesem Zusammenhang auf die Unternehmungen kleiner, aber geordneter Heere des 15. Jahrhunderts, die durch den Glaubenseifer und das Gottvertrauen der jeweiligen Protagonisten erfolgreich endeten. Namentlich werden angeführt: Capistrano,549 persona di bassa et plebea condittione, Lhuniade voivoda,550 solamente et Georgio Castriotta detto Schanderbeg,551 signore de poco stato, li quali con piccioli esserciti rispetto a quello dell’ inimici, appoggiati con ferma fede alla speranza del favor divino gli hanno datto rotte grandissime [...]. Für seine These, daß nicht die großen, unübersichtlichen (numerosi et confusi) Heere erfolgsentscheidend waren, griff Mario in der Geschichte weiter zurück und zitierte Beispiele aus der Epoche der Kreuzzüge. Er nennt konkret die vittorie di Gottifredo Boglione,552 di Faramondo,553

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Anspielung auf die Schlacht von Belgrad 1456, wo der Sieg der schon fast geschlagenen christlichen Soldaten und damit die Rettung des Abendlandes der aufmunternden Predigt des Johann von Capestrano zugeschrieben wurden, vgl. Franz Babinger, Der Quellenwert der Berichte über den Entsatz von Belgrad am 21./22. Juli 1456, in: Ders., Aufsätze und Abhandlungen zur Geschichte Südosteuropas und der Levante, Bd. 2, München 1966 (SüdosteuropaSchriften 8), S. 263 – 310. Johann Hunyadi spielte als Feldherr im Abwehrkampf gegen die Türken in Ungarn und auf dem Balkan um die Mitte des 15. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle, zuletzt vor Belgrad 1456, wo er drei Wochen nach der erfolgreichen Abwehr der Türken in seinem Lager an der Pest starb, ebd. S. 278. Skanderbeg (Georg Kastriota) siegte am Georgstag (23. April) des Jahres 1467 vor der Festung Kruja gegen zahlenmäßig überlegene osmanische Truppen, vgl. Oliver Jens Schmitt, Skanderbegs letzte Jahre. West-östliches Wechselspiel von Diplomatie und Krieg im Zeitalter der osmanischen Eroberung Albaniens (1464 – 1468), in: Südost-Forschungen 63/64 (2004/2005), S. 56 – 123, hier S. 90. Trotz der langjährigen z. T. erfolgreichen Bemühungen Skanderbegs entging Albanien letztendlich nicht der Eroberung durch die Türken. Wohl Gottfried von Bouillon, Anführer des ersten Kreuzzuges und nach der Eroberung Jerusalems 1099 erster Regent des neu gegründeten Königreichs Jerusalem, vgl. Georges Despy, Jonathan Riley-Smith, Art. Gottfried v. Bouillon, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, München-Zürich 1989, Sp. 1598 – 1600. Offensichtlich nicht Faramond, mythischer Ahnherr der Merowinger, dem Georg Friedrich Händel eine Oper gewidmet hat, sondern die besser in diesen Kontext passenden Bohemund von Tarent oder Raimund von Toulouse, die beide als Heerführer im ersten Kreuzzug (Belagerung von Antiochia bzw. von Jerusalem) eine herausragende Rolle spielten, vgl. Jonathan Riley-Smith, Art. Bohemund I. v. Tarent, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2, MünchenZürich 1983, Sp. 333, bzw. Sylvia Schein, Art. Raimund IV. v. St-Gilles, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, München 1995, Sp. 410 f.

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di Baldovino554 et d’altri atleti di Cristo555 che di ponente passarno alla conquista di terra santa. Schließlich gab Mario dem Kaiser zu verstehen, daß er sich mit dieser Aktion ewigen Ruhm erwerben könne und empfahl die Geheimhaltung des Plans, um den Feind unvorbereitet zu treffen. Rudolf bedankte sich für das Angebot des Papstes und versprach, den Vorschlag reiflich zu überlegen und dann Mario zu unterrichten. Bis dahin sollten etwa drei Wochen vergehen. Die Verzögerung versuchte sich Mario damit zu erklären, daß der Kaiser entweder die Meinung von Erzherzog Ferdinand von Tirol einholen ließ oder auf Nachrichten aus Konstantinopel über den Stand der türkisch-persischen Friedensverhandlungen wartete.556 Am 13. Mai erhielt Mario schließlich von Reichsvizekanzler Siegmund Vieheuser die kaiserliche Stellungnahme zum päpstlichen Ligaplan ausgehändigt.557 Darin lobte Rudolf II. den Vorschlag des Papstes. Er könne ihn aber derzeit nicht aufgreifen wegen vieler Schwierigkeiten, v. a. weil sich eine Verständigung zwischen der Pforte und Persien abzeichne und er an den gerade beschworenen Waffenstillstand gebunden sei (stante la tregua confermata et giurata da lei medesima di fresco).558 Erzherzog Karl könne nicht selbständig handeln und von sich aus einen Krieg in Kroatien und Dalmatien beginnen, da er lediglich als Stellvertreter in jenem Abschnitt der Militärgrenze fungiere. Beide genannten Länder seien in großer Not, nicht einmal die Besatzungstruppen könnten ausreichend versorgt werden. Bliebe allein die Hilfe des Papstes, da auf die Hilfe der übrigen Fürsten kein Verlass sei wegen deren Uneinigkeit bzw. deren Verständigung mit der Pforte wegen einer Waffenruhe (Venedig). Auch Spanien soll seit kurzem einen Waffenstillstand mit der Pforte geschlossen haben. Rudolf wollte deshalb auf einen günstigeren Moment warten. Eigentlich war mit diesem abschlägigen Bescheid Kaiser Rudolfs II., dem in den Plänen des Papstes eine Schlüsselrolle zukam, die Mission von Traiano Mario bereits gescheitert. Mario ließ sich freilich durch diese Antwort nicht entmutigen und verfasste noch am selben Tag ein ausführliches Memorandum für Rudolf II. in lateini-

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Balduin, jüngerer Bruder Gottfrieds von Bouillon, Teilnehmer am ersten Kreuzzug, erster Graf von Edessa und erster König von Jerusalem, vgl. Sylvia Schein, Art. Balduin I, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, München-Zürich 1980, Sp. 1366. Dieses Bild vom christlichen Kämpfer in Anlehnung an die griechische Antike überrascht nicht, denn der Titel Athleta Christi war im 15. Jahrhundert mehrfach von den Päpsten an Personen verliehen worden, die sich im Abwehrkampf gegen die Türken ausgezeichnet hatten, u. a. an Skanderbeg, vgl. Peter Bartl, Art. Skanderbeg, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, Bd. 4, München 1981, S. 134 – 137, hier S. 136. Auch Johann Hunyadi soll den Titel erhalten haben. Athleta Christi begegnet überdies als Incipit des MatutinHymnus für das Fest des Märtyrers Venantius (18. Mai), vgl. Silverio Mattei, Art. Athleta Christi nobilis, in: Enciclopedia cattolica, Bd. 2, Città del Vaticano 1949, S. 299. Mario an Gallio, Prag, 1579 V 9, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 33r – 34r, Or. Mario an Gallio, Prag, 1579 V 14, ebd. fol. 44r – 46r, Or. Bezugnahme auf die Erneuerung des Waffenstillstandes mit einer Laufzeit von acht Jahren zwischen Rudolf II. und Sultan Murad III., Konstantinopel, 1576 XII 6 und Prag, 1577 II 10, Bittner, Staatsverträge, Nr. 129.

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scher Sprache.559 Darin brachte er nochmals in etwas modifizierter und veränderter Form die in der Audienz vorgetragenen sieben Hauptpunkte vor: 1. Die einmalige Chance des osmanisch-persischen Krieges dürfe nicht ungenützt verstrichen werden. Die Westgrenze des osmanischen Reichs sei kaum geschützt, die Truppen dort stark reduziert. Wenn die Osmanen dereinst wieder Luft hätten, würden sie zweifellos sofort gegen den Kaiser – unter Nichtachtung des Waffenstillstands – skrupellos vorgehen. Wenn der persische König hingegen sehe, daß die Osmanen im Westen bedrängt würden, würde er die Waffenstillstandsverhandlungen abbrechen und den Krieg bis zur Vernichtung der Feinde fortsetzen (usque ad internecionem hostium). 2. Mit der großzügigen Geste des Papstes könne nur in diesem Moment gerechnet werden. 3. Selbst für den Fall eines osmanisch-persischen Friedensvertrages könnten der Kaiser und die befreundeten Fürsten leicht einem geschwächt aus dem persischen Krieg hervorgehenden Türken Widerstand leisten. 4. Rudolf könne auf göttliche Hilfe bauen. Als Beispiele für die Wirksamkeit des auxilium de coelo werden neben Johann Hunyadi nun auch dessen Sohn, Matthias Corvinus,560 und wiederum dessen Nachfolger in Böhmen und Ungarn, Ladislaus II., sowie Karl V. genannt, dessen Sieg bei Mühlberg Traiano Mario selbst aus nächster Nähe selbst miterlebt hatte: Karl habe, so der päpstliche Gesandte, die Elbe nur mit der Reiterei überquert, da die Brücke für die Passage der Fußtruppen noch nicht fertig gestellt war. Nur durch sein Gottvertrauen konnte er die übermächtigen Feinde überwinden. Denn als er sich zum Angriff entschloss, sah er auf dem Weg ein Kruzifi x, dessen Brust durch einen Felsklumpen durchbohrt worden war. Als der Kaiser dies sah, blickte er zum Himmel und sprach: „O Gott, nun kannst du diesen Frevel rächen.“ Sofort setzte er den Feinden nach und erreichte über sie den Sieg.561 5. Treue müsse gewahrt werden auch gegenüber Feinden, aber in diesem Fall habe man es mit einem Feind zu tun, der selbst ständig die Vereinbarungen bricht (fides ergo nullo iure humano neque divino servanda est hosti infidissimo et truculentissimo semper frangenti eam). 6. Gregor XIII. würde mit Einverständnis von Rudolf eine Legation zum König von Persien entsenden, um diesen von einem Friedensschluss mit den Osmanen abzuhalten. Doch hätte diese Mission nur Erfolg, wenn man deutlich machen könne, Papst und Kaiser hätten sich bereits über einen sofortigen Krieg gegen die Osmanen verständigt. 7. Der Papst würde bestens ausgerüstete Fußtruppen und Reiterei unter treuen und kompetenten Führern zur Verfügung stellen. Diese würden zusammen mit den habsburgischen Streitkräften ein schlagkräftiges Heer ergeben. Gregor sichere eben559 560 561

ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 40r – 43r, Kop. Den Verweis auf Johann Hunyadi und Matthias Corvinus hatte Mario auch in seinen Gesprächen mit Erzherzog Karl in Graz argumentativ eingesetzt (ebd. fol. 4r). […] cuius ego spectator fui, nam cum Carolus quintus Caes. max. atque invictissimus in bello Saxonico traiecisset fluvium Albim cum equitatu tantum, nondum enim erat perfectus pons ad traducendum peditatum et tormenta bellica, nulla alia vi maiore perfregit ac superavit hostilem exercitum satis numerosum ac optime instructum quam fiducia, quam in Deo habuit, nam, dum statueret adire hostem incidit in itinere in statuam Cristi [!] Domini nostri crucifixi, cuius pectus scopuli globo traiectum erat, quod videns piissimus et religiosus princeps totus animo commotus aspiciens in coelum dixit: «O Deus, nunc potes vindicare tantum scelus». Et statim insequens hostes consequutus est de illis victoriam gloriosissimam (ebd. fol. 41v – 42r).

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falls die tatkräftige Unterstützung der italienischen Fürsten zu, sobald eine Einigung mit Rudolf erzielt sei. Um in dieser Hinsicht Erfolg zu haben, müsse der Papst vorher in Kenntnis gesetzt werden, über welche Streitkräfte und finanzielle Mittel Papst und Kaiser zusammen (tam in quantitate cum in qualitate) verfügten. Dieses Mal verging nur eine Woche, bis Mario eine Antwort auf seine ausführliche Stellungnahme erhielt.562 Abermals lobte Rudolf II. den Papst für dessen Vorschlag und Mario für dessen Einsatz. Wegen der gran strettezza del stato, der difficultà dei tempi und aus anderen Gründen könne er aber nicht von seiner bereits geäußerten Meinung abweichen. An einem Misserfolg der päpstlichen Sondergesandtschaft war nun nicht mehr zu zweifeln. Mario tröstete sich allerdings damit, daß er wenigstens für seinen Teil alles unternommen habe, um den Auftrag des Papstes zu erfüllen. Von einer Jagd zurückgekehrt empfing Rudolf II. Traiano Mario am 28. Mai zur Abschiedsaudienz.563 Der Kaiser bedauerte nochmals, daß sich das von Gregor angeregte Projekt derzeit nicht realisieren ließe, und gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß sich bald günstigere Bedingungen für ein gemeinsames Handeln von Kaiser und Papst ergäben. Mit allgemeinen Worten der Dankbarkeit und des Gehorsams gegenüber Gregor XIII. wurde Mario entlassen. Mario hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch die Absicht, in Erfüllung seines Auftrags nach Innsbruck zu reisen und auch direkt mit Erzherzog Ferdinand von Tirol zu verhandeln nicht zuletzt wegen dessen Autorität und Einfluss: per esser egli il più vecchio de tutti quelli della Casa che sono in Germania.564 Den Passbrief für die Reiseroute über Augsburg hatte er sich bereits ausstellen lassen. Vermutlich hatte Mario dabei auch eine Visite bei Herzog Albrecht von Bayern ins Auge gefasst, für den er ein Beglaubigungsschreiben von Gregor XIII. erhalten hatte.565 Da der päpstliche Gesandte jedoch den Äußerungen eines Ministers entnahm, daß Ferdinand zu keinem Zeitpunkt in die Beratungen über die Ligapläne einbezogen worden war, änderte er seine Reisepläne und teilte Gallio aus Wien mit, schnellstmöglich mit einem Zwischenstopp in Graz nach Italien zurückkehren zu wollen.566 In der zweiten Junihälfte oder spätestens Anfang Juli dürfte Mario in Rom zur Berichterstattung bei Gregor XIII. und Kardinal Gallio eingetroffen sein, jedenfalls vor dem 11. Juli. An diesem Tag antwortete Gallio im Auftrag des Papstes Erzherzog Karl auf ein von Mario überbrachtes Schreiben, lobte seinen religiösen Eifer und ermahnte ihn, die religiösen Missstände in seinen Territorien abzustellen.567 Dieses Breve ist das letzte Dokument, das uns im Zusammenhang mit der Geheimmission von Traiano Mario nach Graz und Prag überliefert ist.

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Mario an Gallio, Prag, 1579 V 21, ebd. fol. 50r – 51r, Or. Mario an Gallio, Prag, 1579 V 28, ebd. fol. 55r – 57r, Or. Mario an Gallio, Prag, 1579 V 21, ebd. fol. 29r – v, Or. Vgl. oben Anm. 526. Mario an Gallio, Wien, 1579 V 31, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 59r – 60r, Or. ASV, Armadio XLIV 28, fol. 138r – v.

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Abschließende Bemerkungen Im Jahr 1579 trat Papst Gregor XIII. mit einem gegen die Türken gerichteten Bündnisplan an Kaiser Rudolf II. und Erzherzog Karl von Innerösterreich heran. Es waren dies die ersten Sondierungen dieser Art nach der Regierungsübernahme Rudolfs II. Die Gesandtschaft von Mario Traiano hatte unabhängig von ihrem Ergebnis das Ziel, die Politik des neuen Kaisers gegenüber dem osmanischen Reich näher zu bestimmen. Für die Durchführung der Mission wurde strengste Geheimhaltung angeordnet. Selbst der residierende päpstliche Nuntius am Prager Kaiserhof wurde von Rom nicht über die Sondergesandtschaft informiert.568 Für Mario bedeutete dies, daß er sich verstellen und nach Möglichkeit den Kontakt mit der Öffentlichkeit meiden musste. Ganz gelang ihm dies nicht. Immer wenn er bekannte Personen traf, wie z. B. in Graz den Sekretär von Kardinal Zaccaria Delfino,569 gab er vor, persönliche Angelegenheiten hätten ihn aus Venedig und Trient an den Hof geführt. In Prag fühlte er sich wie in einem Gefängnis. Er verließ das Haus fast nur zu den Besprechungen mit dem Kaiser, die zu ungewöhnlichen Zeiten stattfanden.570 In seinen Berichten an Kardinal Gallio versicherte Mario an mehreren Stellen, alles getan zu haben, den geheimen Charakter seiner Mission zu wahren. Spätestens ab Mitte Mai war das Incognito Marios nicht mehr zu halten.571 Ob der Inhalt der Mission über den Kreis der eingeweihten hinaus gedrungen ist, lässt sich nicht bestimmen. Der Nuntius Malaspina jedenfalls scheint über Informationen von dritter Seite oder selbständige Schlußfolgerungen die eigentlichen Beweggründe des Aufenthaltes von Traiano Mario in Prag letztendlich durchschaut zu haben.572 Der Personenkreis, welcher in die Beratungen mit einbezogen wurde, war relativ begrenzt. In Graz waren dies neben Erzherzog Karl die Räte Khevenhüller und Schranz. Mit letzterem stand auch Mario während seines Prager Aufenthalts in ständigem brieflichen Kontakt.573 In Prag wurden von Rudolf II. in die Pläne eingeweiht: der kaiserliche Oberstkämmerer Wolfgang Siegmund Rumpf zum Wielroß, der Reichsvizekanzler Siegmund Vieheuser, der böhmische Oberstkanzler Wratislaw von Pernstein und der ehemalige Obersthofmeister und „graue Eminenz“ am Kaiserhof, Johann Trautson. Mit all diesen Personen hatte Mario auch direkten Kontakt. 568 569 570

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Vgl. oben Anm. 482. ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 12v – 13r. […] et posso dire d’esser stato quasi prigione, perché, se non sono andato a palazzo a negotiare, il che ho fatto a hore estraordinarie per fuggir l’ incontro della gente, et S. M.tà medesima s’ è compiaciuta de darmi udienza a tal tempo, me ne sono stato retirato in casa, se non quanto la sera et la mattina, quando non ho havuto che fare, me ne sono uscito a camminare fuori d’una porta vicina al mio allogiamento […] (ebd. fol. 47v, Or.). Vgl. Traiano Marrio an Gallio, Prag, 1579 V 19, ebd. fol. 48r – 49r, Or. Vgl. Malaspina an Gallio, Prag, 1579 VI 1, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 116r – 119v, Or.: Quanto alla causa della venuta qua del S. Traiano Marii, perché intendo ch’ è stato mandato da S. S.tà, anzi, per il negotio di che scrissi a V. S. Ill.ma da Ispruch, però non ho voluto cercar più altri particolari, per non scoprir quello che conviene tenersi segreto, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 86,6. Überliefert sind drei lateinische Schreiben Marios an Schranz aus Prag vom 1., 9. und 17. Mai, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 36r – 37r, 62r – v.

8. Traiano Mario und seine Geheimmission nach Graz und Prag

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Besonders vertraut war ihm Trautson, den er seit 27 Jahren kannte, vermutlich über Cristoforo Madruzzo, der der Schwager Trautsons (cognato del cardinale di Trento) war.574 Mario bezeichnet ihn als grandissima autorità, der als einziger noch lebendes Mitglied des Beratergremiums Kaiser Ferdinands I. über eine große Erfahrung verfüge: [...] è molto prudente et di soda et ferma esperienza nelle cose di stato et di governo, è solo qua della scola dell’ imperatore Ferdinando.575 Hinzu kam schließlich noch ein namentlich nicht genannter Segretario di Stato, über den der Notentausch mit dem Kaiser abgewickelt wurde.576 Nicht einbezogen wurde hingegen die Kaiserinmutter Maria. Dies überrascht, da die Witwe Maximilians II. und Tochter Karls V. in jenen Jahren in religiösen Belangen quasi als Agentin der Kurie und Vertraute des Papstes am Kaiserhof fungierte, der man großen Einfluss auf ihren Sohn Rudolf zu Beginn seiner Regierung zuschrieb.577 Sie schied aber als Ansprechpartnerin offensichtlich aus, da man ihr als Haupt der spanischen Partei am Prager Hof vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden spanisch-türkischen Verständigung in diesem Fall misstraute.578 Bezeichnenderweise war für Mario auch kein Beglaubigungsschreiben für die Kaiserin Maria ausgefertigt worden, was bei vergleichbaren Gelegenheiten immer geschehen war.579 Der vom Papst angedachte Plan einer Liga gegen die Türken kam über eine erste Phase der Konsultation nicht hinaus. Zu Verhandlungen mit Erzherzog Ferdinand von Tirol und Herzog Albrecht von Bayern, die ursprünglich vorgesehen war,580 kam es erst gar nicht, da die ablehnende Haltung Rudolfs II., von dem alles abhing, mehr als deutlich geworden war. Dieser stand noch am Beginn seiner Regierung und wollte sich offensichtlich zu diesem Zeitpunkt nicht auf auf ein mit hohen finanziellen und militärischen Risiken verbundenes Unternehmen einlassen. Daß der Ligaplan scheiterte, lag wohl nicht zuletzt daran, daß die päpstliche Seite keine konkreten Angaben zur Höhe der Subsidien, zur Stärke der Hilfstruppen und bezüglich der Teilnahme weiterer Fürs574 575

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Trautson war mit Brigitte Madruzzo verheiratet, vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 47, Wien 1883, S. 50. Mario an Gallio, Prag, 1579 V 24, ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 53r – 54r, Or. Weitere Charakterisierungen Trautsons durch Italiener (venezianische Gesandte und päpstliche Nuntien) finden sich bei Helmut Goetz, Die geheimen Ratgeber Ferdinands I. (1503 – 1564). Ihre Persönlichkeit im Urteil der Nuntien und Gesandten, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 42/43 (1963), S. 453 – 492, hier S. 477 – 479. ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 53v. Es könnte sich um Peter Obernburger oder Andreas Erstenberger handeln, die in jener Zeit als Sekretäre Rudolfs II. in den Nuntiaturberichten begegnen, vgl. Berichte Malaspinas an Gallio vom 22. November 1578 bzw. 28. Dezember 1578, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 31r – 33r, 48r – 49r, Or.; vgl. zu ihnen auch Jaroslava Hausenblasová (Bearb.), Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576 – 1612, Prag 2002 (Fontes Historiae Artium 9), S. 278 f. Vgl. Kap. I.3 und Kap. I.5, S. 77 f. Demnach wären für das Handeln der spanisch geprägten Maria nationale Motive als höherrangig eingestuft worden als konfessionelle. Vgl. die Beglaubigungsbreven für die Nuntien Orazio Malaspina bzw. Ottavio Santacroce, 1578 IX 3 bzw. 1581 IV 15, ASV, Armadio XLIV 24, fol. 91r bzw. 470v. Dafür spricht die Ausfertigung entsprechender Beglaubigungsbreven, vgl. oben Anm. 526.

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ten machte. Dieses Manko wurde auch nicht durch ideelle Argumente ausgeglichen, die Traiano Mario bei seinen Darlegungen einsetzte. Dabei versuchte der päpstliche Sondergesandte, durch Verweise auf bedeutende Verteidiger des Christentums Rudolf in die Pflicht zu nehmen. Genannt werden v. a. Persönlichkeiten des 1. Kreuzzugs und aus dem Kontext der Türkenkriege des 15. Jahrhunderts auf dem Balkan. Gleichsam als Höhepunkt und aktuellstes Beispiel in dieser Sequenz zitiert Mario Karl V. und schildert mit entsprechender rhetorischer Ausschmückung den Sieg bei Mühlberg unter Anspielung auf Konstantins Erfolg an der Milvischen Brücke im Jahr 312.581 Das Beispiel Karls V. fällt aus dem Rahmen, denn bei der Schlacht von Mühlberg handelte es sich nicht um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten, und nicht um eine zwischen Christen und Musulmanen. Mario hätte auch auf andere rezente Beispiele von Siegern im Kampf gegen die Türken, etwa Don Juan d’Austria, verweisen können, aber offenbar versprach er sich von Karl V. eine größere Wirkung auf Rudolf II., dem Neffen Karls. Hinzu kommt, daß Mario eventuell mit der Gesandtschaft betraut worden war, da er als Augenzeuge der Schlacht von Mühlberg überzeugend auf sie Bezug nehmen konnte. Auch eine Analogie zwischen Kardinal Madruzzo und Mario könnte eine Rolle gespielt haben: So wie der frühere padrone Marios, Cristoforo Madruzzo, ein Bündnis zwischen Karl V. und Paul III. ausgehandelt hatte, das zum Erfolg von Mühlberg führte (allerdings ohne päpstliche Truppen!),582 sollte nun der ehemalige Sekretär Madruzzos zwischen den aktuellen Häuptern der Christenheit, Rudolf II. und Gregor XIII., eine Allianz vermitteln. Der Topos des Fürsten als Verteidiger des christlichen Abendlandes trat dabei immer wieder in Erscheinung. So wurde auch in der Antrittsaudienz bei Rudolf II. Erzherzog Karl von Innerösterreich im Zusammenhang der Türkenkriege der letzten Jahre von Mario als vero soldato di Cristo charakterisiert.583 Doch auch mit diesem moralischen Aspekt konnte Mario am Kaiserhof letztlich keine Überzeugungsarbeit leisten. Rudolf ließ sich vorerst nicht bewegen, als Athleta Christi die Reihe der großen Kämpfer gegen die Ungläubigen fortzusetzen.

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Vgl. oben Anm. 561. Der Legende nach soll Konstantin in der Nacht vor der Schlacht gegen Maxentius ein Kreuz im Traum erschienen sein, das ihm den Sieg verhieß. Diese Episode von Mühlberg wird auch von dem venezianischen Gesandten Alvise Mocenigo überliefert, vgl. auch Heinz Schilling, Veni, vidi, Deus vixit – Karl V. zwischen Religionskrieg und Religionsfrieden, in: Archiv für Reformationsgeschichte 89 (1998), S. 144 – 166, hier S. 157 f. Vgl. oben S. 121 f. ASV, Segreteria di Stato, Germania 98, fol. 21r. Zur Konstruktion der Figur des miles christianus in der Zeit der katholischen Konfessionalisierung, einem Schlüsselbegriff der zeitgenössischen katholischen Propaganda, vgl. Giampiero Brunelli, Soldati del papa. Politica militare e nobilità nello Stato della Chiesa (1560 – 1644), Roma 2003 (Università degli Studi Roma Tre, Dipartimento di Studi Storici Geografici Antropologici, Studi e ricerche 8), S. 11 – 17, 118 – 121.

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9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch? Der Heilige Stuhl und die protestantischen „Häresien“ um 1600 Im folgenden Kapitel soll der Frage nachgegangen werden, ob die Bereiche Religion und Konfession (im Sinne einer höchsten Prioritätsstufe) für die Politik des Papsttums und der Kurie beim Übergang vom 16. auf das 17. Jahrhundert bestimmend waren. Als Untersuchungszeitraum wird – grob gesprochen – die Periode von 1550 bis 1650 in den Blick genommen, mit besonderer Berücksichtigung einer Kernzone um 1600, genauer gesagt der drei Jahrzehnte zwischen 1592 und 1623, die zusammenfallen mit den drei Pontifikaten Clemens’ VIII., Pauls V. und Gregors XV. Die Rahmenbedingungen für die Beurteilung der päpstlichen Politik dieser Zeit sind günstig, denn seit kurzem steht mit Publikation der kurialen Hauptinstruktionen durch Klaus Jaitner und Silvano Giordano ein neues Instrument zur Verfügung.584 Dabei soll die oben genannte Frage, ob die Bereiche Religion und Konfession für die Politik des Papsttums und der Kurie um 1600 bestimmend waren, auf den europäischen Antagonismus zwischen katholischer Kirche auf der einen und Luthertum/ Calvinismus auf der anderen Seite bezogen werden, d. h. anders formuliert: Kann man in jener Zeit Kurie und Papst einen katholischen Konfessionsfundamentalismus585 unterstellen, und zwar in dem Sinne, daß bei der Konzeption und Umsetzung der Politik des Heiligen Stuhls jener Zeit den Interessen von Konfession und Kirche 584

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Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum); Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, 3 Bde., bearb. von Silvano Giordano OCD, Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum); Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). Vgl. zu dieser Fragestellung den Kollegvortrag von Heinz Schilling, Gab es um 1600 einen Konfessionsfundamentalismus? Die Geburt des internationalen Systems in der Krise des konfessionellen Zeitalters, in: Jb. des Historischen Kollegs (2005), S. 69 – 93, wo der Autor in allen konfessionellen Lagern Europas einen „Willen zu einer fundamentalen Inanspruchnahme der Politik für Religion und Kirche“ erkennt (S. 23), wobei allerdings der Faktor Religion niemals die Politik als „einzige und letzte Norm“ bestimmt habe (S. 30), sowie die in diversen Aufsätzen entwickelten Vorüberlegungen desselben Autors: Ders., Konfessionalisierung und Formierung eines internationalen Systems während der Frühen Neuzeit, in: Hans Guggisberg, Gottfried Krodel (Hgg.), Die Reformation in Deutschland und Europa: Interpretationen und Debatten, Gütersloh 1993 (Archiv für Reformationsgeschichte, Sonderbd.), S. 597 – 613, hier v. a. S. 595 f., 603 – 606, 608 – 613; Ders., Die konfessionellen Glaubenskriege und die Formierung des frühmodernen Europa, in: Peter Herrmann (Hg.), Glaubenskriege in Vergangenheit und Gegenwart, Göttingen 1996 (Veröffentlichungen der Joachim-Jungius-Gesellschaft e. V. der Wissenschaften Hamburg 83), S. 123 – 137, v. a. S. 125 – 128; Ders., Krieg und Frieden in der werdenden Neuzeit – Europa zwischen Staatenbellizität, Glaubenskrieg und Friedensbereitschaft, in: Klaus Bussmann, Heinz Schilling (Hgg.), 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Bd. 1, München 1998, S. 13 – 22; Ders., Die Konfessionalisierung und die Entstehung eines internationalen Systems in Europa, in: Irene Dingel, Volker Leppin, Chris-

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Exklusivität bzw. absolute Priorität eingeräumt wurde unter Ausschöpfung aller verfügbaren politischen, finanziellen und militärischen Mittel? In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, v. a. unter Gregor XIII. und Sixtus V., wurde das Rahmenprogramm der kurialen Politik entwickelt, die von den päpstlichen Vertretern an den europäischen Höfen, v. a. im Bereich der zwischen 1580 und 1596 eingerichteten Nuntiaturen von Graz, Köln, Luzern und Brüssel, den sog. „Reformnuntiaturen“, umzusetzen war.586 Die Instruktion für Fabrizio Verospi, der 1622 als außerordentlicher Nuntius an den Kaiserhof entsandt wurde, enthält in wenigen Worten zusammengefaßt die Auftragslage aller Nuntiaturen in der Zeit zwischen dem Konzil von Trient und dem Westfälischen Frieden. Es handelt sich demnach um folgende vier Hauptforderungen, an deren Umsetzung sich ein Nuntius tatkräftig zu beteiligen hatte:587 Verbreitung und Festigung des katholischen Glaubens, Wiederherstellung der päpstlichen Autorität, Wiedererlangung der kirchlichen Jurisdiktion und Immunität, Reform der Geistlichen und der kirchlichen Disziplin. Daneben gab es weitere Spezifizierungen. Konkrete, wiederholt formulierte Aufträge lauteten u. a.:588 Errichtung von Diözesan-Priesterseminaren, Durchführung von Visitationen und Synoden, Kontrolle bzw. Förderung der bischöflichen Reformarbeit, Beseitigung der Mißstände in den Klöstern (Einhaltung von Gelübden und Klausur), Katholisierung der Höfe (Berufung von Predigern und Theologen, Verdrängung der Protestanten aus den fürstlichen Beratergremien, gezielte Förderung von katholischen Schlüsselfiguren), Bemühungen um die Konversion protestantischer Fürsten. Dieses Programm hatte zweifellos auch Gültigkeit für den Zeitraum von ca. 1590 bis 1620, dem wir uns näher zuwenden wollen. So entschied sich Clemens VIII. Aldobrandini unmittelbar nach Pontifikatsbeginn (1592) zur Wiedererrichtung der Nuntiatur in Innerösterreich, wo der Katholizismus stark gefährdet war. Die Instruktion für den nach Graz geschickten Girolamo Portia enthielt genaue Anweisungen für den konsequenten Kampf gegen den Protestantismus.589 Andererseits liefert

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toph Strohm (Hgg.), Reformation und Recht, Festschrift für Gottfried Seebaß, Gütersloh 2002, S. 127 – 144, v. a. S. 129 – 132, 136 f. Vgl. Kap. I.4 und III.1 dieses Bandes. Der Text enthält noch eine fünfte Forderung, die im besonderen das Reich betraf (Stabilisierung des Reichs durch katholische Fürstentümer), vgl. Hauptinstruktion für Fabrizio Verospi, Rom, 1622 I 13, Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 828: Cinque oggetti senza più si è proposto N. S. nelle cose della Germania: l’ ingrandimento e propagatione della religion catolica, il perpetuo stabilimento dell’Imperio in principi catholici, la ricuperatione dell’autorità apostolica, il ristoro dell’ immunità e giurisdittione ecclesiastica e la riforma de’ costumi del clero e della disciplina ecclesiastica. So im wesentlichen die Aufgabenstellung des 1573 in den süddeutschen Raum entsandten Nuntius Bartolomeo Portia, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896, S. 11 – 34. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Nr. 8.

9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch?

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der Aldobrandini-Pontifikat deutliche Anzeichen dafür, daß die Bekämpfung der protestantischen Heterodoxien „nicht von vorneherein unbestritten oberste Maxime bei der kurialen Entscheidungsfindung“ war, wie Eckehart Stöve in seinem Aufsatz zu Häresiebekämpfung und ragione di stato konstatiert.590 In der Tat erweist sich Clemens als „Realpolitiker“,591 indem er unter Verweis auf die herzustellende quiete oder pace publica592 nach den französischen Religionskriegen die von Sixtus V. verhängte und von Gregor XIV. bestätigte593 Exkommunikation Heinrichs von Navarra aufhob unter stillschweigender Duldung des Edikts von Nantes und unter Verzicht auf eine Intervention gegen den Vertrag von St. Julien,594 der Genf unter besonderen Schutz stellte. Durch die Absolution Heinrichs IV.595 und die Vermittlung des Friedens von Vervins zwischen Frankreich und Spanien erreichte die Kurie unter Preisgabe kirchlicher Idealvorstellungen (hier im konkreten Fall die Bekämpfung des Hugenottentums) nach Jahrzehnten der Abhängigkeit von Spanien größere politische Bewegungsfreiheit.596 An einer Stelle der Hauptinstruktionen heißt es, daß die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes gegen die Hugenotten zwar wünschenswert sei, dazu aber die politischen Rahmenbedingungen sich erst einstellen müßten (was erst rund 25 Jahre später unter Richelieu der Fall war).597 Eine ähnliche Rücksichtnahme auf die pace oder servitio publico, wie oben gezeigt, läßt sich auch für das Reich feststellen.598 So schreibt der Nuntius am Kaiserhof Antonio Caetani in seiner Finalrelation von 1610, die als Instruktion für seinen Nachfolger Salvago dient, daß sich der Papst einem Präventivschlag der katholischen Liga gegen Lutheraner und Calvinisten (ohne daß ein Grund für eine Selbstverteidigung vorläge) widersetzen würde, da dies zum einen den kurialen Instruktionen widerspräche und andererseits einen großen Schaden und Präjudiz für das öffentliche Wohl bedeuten würde.599 590

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Eckehart Stöve, Häresiebekämpfung und „ragione di stato“. Die Protestanten und das protestantische Lager in den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., in: Georg Lutz (Hg.), Das Papsttum, die Christenheit und die Staaten Europas 1592 – 1605. Forschungen zu den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Tübingen 1994 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts 66), S. 53 – 66, hier S. 53. Nach Stöve folgte die „kuriale Politik“ mithin nicht „einem konfessionellem Manichäismus“, ebd. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. XV. Neben dem Motiv des öffentlichen Wohls werden auch die Türkenproblematik (die die gesamte Christenheit betrifft) und die Gefahr eines Schismas in Frankreich als Gründe für diese Politik angegeben (vgl. ebd.). Anthony D. Wright, The Early Modern Papacy. From the Council of Trent to the French Revolution 1564 – 1789, London 2000 (Longman history of the papacy), S. 202. Stöve, Häresiebekämpfung, S. 61 f. Zu den Zweifeln Roms an einer religiös motivierten Konversion Heinrichs vgl. ebd. S. 61 mit Anm. 28. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. XV f., und Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 38. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. XXXII. Auch Stöve, Häresiebekämpfung, S. 64, kann Parallelen zwischen der kurialen Politik gegenüber Frankreich und der gegenüber dem Reich feststellen. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 757. Als Argument wird zudem angeführt, daß Luthertum und Calvinismus derzeit große Differenzen hätten, die einer gemeinsamen Aktion gegen die katholischen Territorien entgegenstünden.

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Damit wurde bereits auf den Nachfolger Clemens’ VIII., Paul V. Borghese, vorgegriffen. Auch in diesem Pontifikat lassen sich Beispiele anführen, wonach die Kurie zeitweise und in nicht unwesentlichen Fällen vom Primat des interesse della religione abrückte. Einige Beispiele dafür, wie die Kurie auf die konfessionelle Zuspitzung halbherzig, fast unbeteiligt reagierte: Zu Beginn der Regierung Pauls drohte eine politisch nicht unbedeutende, bisher katholisch regierte Ländergruppe am Rhein (Jülich-Kleve) in protestantische Hände zu fallen. In diesem Zusammenhang spricht Burkhard Roberg unter Berufung auf einschlägige Quellen von einer „regelrechten Stagnation“ bzw. einem Desinteresse der päpstlichen Kurie.600 Die Kurienvertreter vor Ort hätten sich mit der Rolle eines Beobachters bzw. Berichterstatters begnügt. Der Tod Johann Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg 1609 habe Rom völlig überrascht und unvorbereitet getroffen. Für ein sich in dieser Zeit abzeichnendes Militärbündnis katholischer Reichsfürsten stand Paul V. als Schirmherr und Geldgeber zunächst nicht zur Verfügung, wie das Scheitern der Liga-Gesandtschaft im Winter 1609/10 in Rom verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund sprach Jan Niederkorn auf dem Kolloquium des Deutschen Historischen Instituts zu den Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. im Mai 2005 von einer negativen Bilanz der päpstlichen Reichspolitik in der ersten Hälfte des Borghese-Pontifikats, die geprägt gewesen sei von Rücksichtnahme nach allen Seiten und dem Fehlen einer klaren Linie.601 Auch im Konflikt um die Person Klesls verhielt sich die Kurie zwiespältig, zuwartend und unentschlossen. Zwar mißbilligte sie die zwischen den konfessionellen Parteien im Reich vermittelnde Politik des Kardinals ebenso wie dessen zögerliche Haltung bei der Behandlung der Sukzessionsfrage im Reich und in den Erbländern zugunsten Ferdinands von Innerösterreich, sie verweigerte sich andererseits den wiederholt vorgetragenen Forderungen der Erzherzöge Maximilian und Ferdinand, Klesl nach Rom zu zitieren und so politisch auszuschalten, und trug damit zur Verlängerung des von Klesl verantworteten politischen Kurses bei.602 Nach dem Sturz des Ministers, an dem Rom, wiewohl informiert, nicht aktiv beteiligt war, entging Ferdinand nur knapp der Exkommunikation (Maximilian war zu diesem Zeitpunkt bereits tot) und mußte jedenfalls um Absolution bitten.603

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Burkhart Roberg, Päpstliche Politik am Rhein. Die römische Kurie und der Jülich-Klevische Erbfolgestreit, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 41 (1977), S. 63 – 87, hier S. 77 f. Als Grund für das mangelnde Engagement Roms am Rhein nennt Roberg den Konflikt mit Venedig und die akute Türkengefahr, ebd. S. 79. Jan Paul Niederkorn, Papst, Kaiser und Reich im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (1605 – 1612), in: Alexander Koller (Hg.), Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. (1605 – 1621), Tübingen 2008 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 115), S. 83 – 99. Vgl. Kap. I.10. Johann Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, in: Römische Historische Mitteilungen 5 (1961/62), S. 35 – 163, hier S. 74.

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Während die Kurie im 16. Jahrhundert noch eigene Truppen zur Bekämpfung des Protestantismus eingesetzt hatte (1546 – 1547, 1569,604 1591), kommt es im 17. Jahrhundert nicht mehr zu vergleichbaren Missionen.605 Die aggressive Form der Bekämpfung des Protestantismus durch den Heiligen Stuhl mit militärischen Mitteln endete also vor 1600, wenn man von der Aldobrandini-Expedition von 1621, von der später noch zu sprechen sein wird, und der teilweise religiös motivierten VeltlinIntervention von 1623606 absieht.607 Auch bei der finanziellen Unterstützung des Kampfes gegen Luthertum und Calvinismus in Form von Subsidien an Kaiser und Liga zeigte sich Kurie im beginnenden 17. Jahrhundert mehr als zurückhaltend.608 Geldforderungen wurden von Paul V. regelmäßig mit Nein beschieden. Die einschlägigen Instruktionen wiederholen stereotyp die Anweisung an die Nuntien, allfällige Anfragen in diese Richtung mit Verweis auf die leeren päpstlichen Kassen schon im Vorfeld abzuwehren.609 Erst nach Beginn des böhmischen Aufstands wurde eine Finanzhilfe bewilligt, die von König Ferdinand und seinen Beratern allerdings als unangemessen empfunden wurde.610 Als 1620 Herzog Maximilian von Bayern erneut mit einer Geldbitte in Rom vorstellig und abgewiesen wurde, schrieb er seinen Gesandten Furtenbach und Crivelli Aller Anzeig nach will man das Werk zu Rom nicht recht capiren. Sie imaginiren ihnen, es sey ein leicht ding, die Unirten im Reich auszutilgen.611 Auch der päpstliche Nuntius in Brüssel, Lucio Morra, wies die Vorwürfe des spanischen Generals Spinola, der Heilige Stuhl würde den Katholizismus im Reich zu wenig unterstützen, mit dem Hinweis zurück, der Krieg im Reich sei in

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Zu dieser Truppenentsendung vgl. die neuere Studie von Cornel A. Zwierlein, Intention und Funktion, Machiavellismus und „Konfessionalisierung“: Einige Überlegungen zum militärischen Eingreifen Papst Pius’ V. in die französischen Religionskriege 1569, in: Michael Kaiser, Stefan Kroll (Hgg.), Militär und Religiosität in der Frühen Neuzeit, Münster 2004 (Herrschaft und soziale Systeme in der frühen Neuzeit 4), S. 145 – 166. Vgl. die Tabelle zu den militärischen Aktionen päpstlicher Truppen zwischen Mitte des 16. und Mitte des 17. Jahrhunderts auf der folgenden Seite. Zur Politik der Kurie in der Veltlin-Krise vgl. Silvano Giordano, La Santa Sede e la Valtellina da Paolo V a Urbano VIII, in: Agostino Borromeo (Hg.), La Valtellina crocevia dell’Europa. Politica e religione nell’età della guerra dei Trent’Anni, Milano 1998, S. 81 – 109. Diese Bemerkungen zum päpstlichen Heer und den militärischen Aktionen des Papsttums um 1600 stützen sich weitgehend auf die Studie von Giampiero Brunelli, Soldati del papa. Politica militare e nobiltà nello Stato della Chiesa (1560 – 1644), Roma 2003 (Università degli Studi Roma Tre, Dipartimento di Studi Storici Geografici Antropologici, Studi e Ricerche 8). Giampiero Brunelli sei an dieser Stelle für zahlreiche nützliche Hinweise und Anregungen gedankt. Dieter Albrecht, Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651, München 1998, S. 514. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, Nr. 82, 8. Dieter Albrecht, Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 1635, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 19 (1956), S. 534 – 567, hier S. 535 – 539. Vgl. auch das Schreiben von Ascanio Gesualdo an Scipione Borghese unmittelbar nach dem Prager Fenstersturz, Wien, 1618 VII 21, ASV, Fondo Borghese II 156, fol. 106r, Dechiffrat. Zitiert nach Albrecht, Finanzierung, S. 538.

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Militärische Aktionen päpstlicher Truppen zwischen Mitte des 16. und Mitte des 17. Jahrhunderts 1546 – 47 1551 – 52 1556 – 57 1562 1565 1569 1570 – 72 1578 – 80 1591 1592 – 93 1595 1597 1597 – 78 1601 1605 1606 – 07 1621 1623 1624 – 27 1626 – 27 1628 1641 – 44 1649

Beteiligung am Schmalkaldischen Krieg Parma-Krieg gegen Ottavio Farnese Krieg gegen Philipp II. Truppenaushebung zur Verbesserung der Verteidigung Avignons Hilfsexpedition zur Verteidigung Maltas gegen die Türken Einsatz in Frankreich gegen die Hugenotten Aktionen zur See gegen die Türken (Lepanto) Irlandexpedition Kampagne in Frankreich gegen Heinrich von Navarra Aktionen gegen Banditen im Kirchenstaat 1. Ungarnexpedition (gegen Türken) 2. Ungarnexpedition Mobilisierung im Zusammenhang mit der Eingliederung Ferraras in den Kirchenstaat 3. Ungarnexpedition Päpstliche Besatzungstruppen im ungarischen Komorn Mobilisierung im Zusammenhang mit der Venedig-Krise (Interdikt) Entsendung eines Regiments nach Böhmen Übernahme der Festungen im Veltlin durch päpstliche Truppen Mobilisierung im Zusammenhang mit der Eingliederung Urbinos in den Kirchenstaat Expedition zur erneuten Übernahme und Zerstörung der Festungen im Veltlin Mobilisierung zum Schutz der Nordgrenzen des Kirchenstaats (im Zusammenhang mit dem Mantuanischen Erbfolgekrieg) 1. Castro-Krieg gegen Parma, Modena, Toskana und Venedig 2. Castro-Krieg

Aktionen gegen die Protestanten Aktionen mit konfessioneller Komponente

Quellen: Andrea Da Mosto, Ordinamenti militari delle soldatesche dello Stato romano nel secolo XVI, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 6 (1904), S. 72 – 133; Ders., Milizie dello Stato romano dal 1600 al 1797, in: Memorie storiche militari 10 (1914), S. 193 – 580; Giampiero Brunelli, Soldati del papa. Politica militare e nobiltà nello Stato della Chiesa (1560 – 1644), Roma 2003 (Università degli Studi Roma Tre, Dipartimento di Studi Storici Geografici Antropologici, Studi e ricerche 8).

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erster Linie ein Krieg der Casa d’Austria und nicht einer des Papstes.612 Schließlich fand sich aber Paul V. noch im Verlauf des Jahres 1620 zu finanziellen Zusagen bereit, die aber erst im nachfolgenden Pontifikat eingelöst werden konnten.613 Unter dem Nachfolger Pauls V. zeichnete sich dann eine Wende der kurialen Politik ab. Während der zwei Jahre des Ludovisi-Pontifikats rücken die Interessen von Religion und Kirche wieder klar und deutlich ins Zentrum der päpstlichen Politik. Unter dem Eindruck des überwältigenden Sieges am Weißen Berg 1620 bekannte sich Rom nun zu einer aktiven und eindeutigen Kriegspolitik mit beträchtlichen Subsidienzahlungen.614 Waffenstillstandsverhandlungen zwischen der Liga und Friedrich von der Pfalz wurden von Rom kategorisch abgelehnt.615 Der Nuntius am Kaiserhof Carafa erhielt die Weisung, durch die Empfehlung weiterer militärischer Einsätze ohne Verzögerung auf die völlige Niederlage der Rebellen hinzuarbeiten.616 1621 kam es unter Führung von Pietro Aldobrandini zum letzten Mal zur Aufstellung eines päpstlichen Regiments zum Kampf gegen den protestantischen Glaubensfeind. Die Aktion endete allerdings bereits zwei Monate nach der Mobilisierung.617 Am 8. Mai 1622 wurde in Rom ein triumphales Fest gefeiert zu Ehren jenes Marienbildes, welches der Karmeliter Domenico di Gesù Maria vor der entscheidenden Schlacht am 8. November 1620 bei Prag den Offizieren und Soldaten der Ligatruppen als Zeichen himmlischen Beistands präsentiert und nach seiner Rückkehr aus Böhmen dem Papst übergeben hatte.618 Die Neuausrichtung der Politik von Papsttum und Kurie unter besonderer Berücksichtigung konfessioneller Aspekte zeigte sich nicht zuletzt folgenreich bei der ebenfalls 1622 mit dem Ziel der Rückgewinnung bzw. Missionierung von Territorien sowie der Verteidigung bzw. Verbreitung des Katholizismus eingerichteten Kongregation der Propaganda Fide. Ein Ausblick auf den Pontifikat Urbans VIII. zeigt allerdings, daß es sich bei der betont konfessionell-kirchlich ausgerichteten Politik Gregors XV. nur um ein 612

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Vgl. Lucio Morra an Scipione Borghese, Brüssel, 1618 XII 15, gedruckt in: Lucienne van Meerbeeck (Bearb.), Correspondance des nonces Gesualdo, Morra, Sanseverino avec la secrétairerie d’État pontificale (1615 – 1621), Bruxelles-Rome 1937 (Analecta Vaticano-Belgica 2/IV), S. 550 – 552. Albrecht, Finanzierung, S. 539 – 541; Ders., Maximilian I., S. 514. Ders., Finanzierung, S. 540 f. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 53. Ebd. S. 608, 610 f. Vgl. ebd. Nr. 12. Der im Juni 1621 ernannte Pietro Aldobrandini begann jedoch erst im August mit den Vorbereitungen der Expedition durch Anwerbung von 2000 Infanteristen und 500 Reitern. Der ideale Zeitpunkt im Jahr für den Beginn der Kampagne war damit bereits überschritten, so daß es schon nach wenigen Wochen zur Auflösung der Truppen kam. Gregor XV. kehrte daraufhin zum System der Subsidien zurück. Allerdings zeigte sich, daß die Form der Klerusbesteuerung nicht mehr zeitgemäß war und auf dieselbe Akzeptanz stieß wie 1595, vgl. Brunelli, Soldati del papa, S. 190. Vgl. Olivier Chaline, La bataille de la Montagne Blanche (8 novembre 1620). Un mystique chez les guerriers, Paris 2000; Ders., La curia romana e la Boemia da Rodolfo II alla Guerra dei Trent’anni, in: Matteo Sanfilippo, Alexander Koller, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il mondo asburgico nella prima età moderna, Viterbo 2004, S. 173 – 184, hier S. 178.

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Intermezzo gehandelt hatte. Schon kurze Zeit nach dem Tod Gregors Mitte der 20er Jahre des 17. Jahrhunderts stellte sein Nachfolger die Subsidienzahlungen für die katholischen Truppen im Reich ein.619 In den Jahren zwischen 1628 und 1633 kam es zu einer politischen Verständigung zwischen Rom und Frankreich. Der Nuntius in Paris vermittelte die französisch-bayerische Allianz von 1631 mit dem Ziel, Kurfürst Maximilian aus dem Bündnis mit dem Kaiser zu lösen. Die Anbahnung des Offensivbündnisses zwischen Frankreich und dem protestantischen Schweden war in Rom bekannt und wurde stillschweigend geduldet. Im März 1632 kam es zu jener spektakulären und unerhörten Szene im Konsistorium, als Kardinal Borja öffentlich den Papst für den Ruin des Katholizismus im Reich mitverantwortlich machte.620 Wo lagen nun die Gründe für das zeitweise doch beträchtliche Abweichen der realen päpstlichen Politik von den konfessionellen Zielsetzungen und Idealen der nachtridentinischen Kirche, die ein konsequenteres Vorgehen gegen den Protestantismus hätte erwarten lassen? Eine erste Antwort gibt die Bipolarität des päpstlichen Amtes. Der Papst war nicht nur geistliches Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern bekanntlich auch Souverän des Kirchenstaats. Die Politik qua weltlicher Fürst mußte flexibel und unter Ausschöpfung aller Spielräume gestaltet werden. Es war mitunter schlechterdings unvermeidbar, den Erfordernissen der Staatsräson gegenüber konfessionellen Überzeugungen die Präzedenz einzuräumen. Die Bedeutung des Politischen im Papsttum der Frühen Neuzeit hat gerade Paolo Prodi in seiner grundlegenden Studie zum Papst als weltlichem und geistlichem Fürsten herausgearbeitet.621 Was die Politik Clemens’ VIII. betriff t, um nun wieder die uns interessierende Zeit um 1600 in den Blick zu nehmen, so kommt Stöve in dem bereits zitierten Aufsatz zu folgender Bewertung:622 Der Aldobrandini-Pontifikat sei „lesbar als ein Kapitel politischer Vernunft in einer Epoche konfessioneller Verhärtung, die es einem verantwortlichen politischen Handeln schwer machte, gegenüber einem religiösen Wahrheitsanspruch entspringenden Fanatismus den notwendigen Differenzierungsspielraum zu erhalten. Der 619 620

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Albrecht, Finanzierung, S. 547 f. Zum Borja-Protest vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 13: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges: Gregor XV. und Urban VIII. (1621 – 1644), 2 Teile, Freiburg i. Br. 1928 – 1929, Teil 1, Freiburg i. Br. 1928, S. 431 – 441; Georg Lutz, Roma e il mondo germanico nel periodo della guerra dei Trent’Anni, in: Gianvittorio Signorotto, Maria Antonietta Visceglia (Hgg.), La Corte di Roma tra Cinque e Seicento. „Teatro“ della politica europea, Roma 1998 („Europa delle Corti“. Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinquecento 84), S. 436; Ders., Art. Urbano VIII, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 306; vgl. auch Kap. I.12. Paolo Prodi, Il sovrano pontefice. Un corpo e due anime: la monarchia papale nella prima età moderna, Bologna 1982 (Annali dell’Istituto italo-germanico, Monografia 3), v. a. S. 295 – 344. Stöve, Häresiebekämpfung, S. 64.

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Kurie, für die die religiöse Legitimation den Nerv ihres prominenten Anspruches im europäischen Mächtekonzert bildete, ist der Verzicht auf religiös gespeisten Wahrheitsanspruch zugunsten politisch motivierter Flexibilität, die sich auf erreichbare Ziele beschränkt, sicherlich nicht leicht gefallen. Der Primat der ragion di stato als ultima ratio auch in der kurialen Kirchenpolitik und damit der Verzicht auf ideelle Ansprüche, wenn sie machtpolitisch nicht einklagbar sind, sind der Preis, den Rom zahlt, um weiterhin im Konzert der europäischen Mächte mitspielen zu können.“ Diese in Bezug auf Clemens VIII. gemachten Aussagen gelten in ähnlicher Weise für Urban VIII. In diesem Pontifikat nahmen die Subsidienzahlungen an das Reich in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts in dem Maße ab, wie die militärischen Erfolge von Kaiser und Liga zunahmen. Papst und Kurie konnte nicht an einem völligen Sieg des katholischen Lagers gelegen sein, da dies gleichzeitig die Hegemonialstellung des Hauses Habsburg in Europa befestigt hätte.623 Eine Anlehnung an Frankreich war die natürliche Folge. Diese war auch deshalb angeraten, da das politische Gleichgewicht auch in Italien völlig zuungunsten des Kirchenstaats zu kippen drohte, als Ende der 20er Jahre des 17. Jahrhunderts nach dem Aussterben der Gonzaga eine Inbesitznahme von Mantua und Monferrat (Territorien, die aus Sicht Roms gleichsam „ante portas“ lagen) durch die Casa d’Austria möglich schien. Viel Geld wurde nun für die Befestigung der Nordgrenzen des Kirchenstaats aufgewendet. Auf dem Weg zum Westfälischen Frieden wird die Kurie sich schließlich dann unter Innozenz X. wieder zu einer Privilegierung des konfessionellen Aspekts in der Politik entschließen und den Rückzug auf, wenn man so will, fundamentalistische Positionen antreten. Allerdings mit weitreichenden Folgen. Indem der päpstliche Vertreter in Münster Chigi gegen das Vertragswerk Protest einlegte, vollzog die Kurie zwar eine klare dogmatische Abgrenzung, verabschiedete sich aber gleichzeitig selbst als einflußreiche politische Kraft aus dem gesamteuropäischen Mächtesystem. Die Förderung der eigenen Familie ist als zweites wichtiges handlungsbestimmendes Movens für die Politik der Päpste in jener Zeit zu nennen. Es ist in der Forschung unumstritten, daß die Päpste bis zur offiziellen Abschaff ung des Nepotismus 1692 (aber auch noch darüber hinaus in weit abgeschwächter Form) bei der Ausgestaltung ihrer Politik mehr oder weniger systematisch die Interessen ihrer jeweiligen Familie berücksichtigten. Die römische Kurie war bekannt für ihre großen Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs für Vertreter aller Schichten. Das Papsttum war davon nicht ausgenommen. Bedingt durch das System der Wahlmonarchie gelang es in dem uns interessierenden Zeitraum zahlreichen Aufsteigerfamilien, einen Vertreter auf dem Papstthron zu platzieren. Die Zeit des Pontifikats (von dem man nicht wußte, wie lang er dauerte, weshalb Eile geboten war) wurde dazu genutzt, die erworbene Stellung zu konsolidieren. Dies geschah in erster Linie durch den Erwerb von Besitzungen für den weltlichen Nepoten (als künftigem Stammhalter der Familie) verbunden 623

Albrecht, Finanzierung, S. 546 f. Diese Vorgänge stehen übrigens in einer interessanten Parallele zur Politik Papst Pauls III., der als Reaktion auf die Schlacht von Mühlberg (1547) seine Truppen aus dem Reich abzog und das kurz zuvor eröffnete Konzil von Trient nach Bologna verlegte, da er der neuen Machtstellung Karls V. mißtraute.

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mit der Anbahnung einer möglichst prestigeträchtigen Eheverbindung mit einer Vertreterin des Hochadels. Die geistlichen Nepoten und die Klientel im engeren und weiteren Umfeld des Papstes wurden mit Pfründen, Ämtern und sonstigen Gaben versorgt. Ein Beispiel für eine intensive päpstliche Familienpolitik ist nicht zuletzt Paul V., wie die Arbeiten von Wolfgang Reinhard und seiner Schüler zum Nepotismus und zur Mikropolitik von Papst und Kurie während des Borghese-Pontifikats zeigen konnten.624 Ähnliches läßt sich für die Familien- und Patronagepolitik der Aldobrandini, v. a. aber der Barberini sagen, wie die Untersuchungen von Georg Lutz und Irene Fosi625 belegen. Umgekehrt war der nepotistische Anteil an der betont konfessionell-kirchlich ausgerichteten Politik des Ludovisi-Pontifikats geringer. Wie Jaitner gegenüber der älteren Literatur herausarbeiten konnte, war Gregor XV. keineswegs krank und hinfällig, sondern gab die Richtlinien seines politischen Handelns selbst vor, unterstützt durch den Staatssekretär Agucchi.626 Der geistliche Nepot konnte hier nicht die einflußreiche zentrale Position im Machtgefüge der Kurie einnehmen wie im BorghesePontifikat. Allerdings setzte auch in diesem Pontifikat die Familienförderung nicht aus: Für den Papstbruder Orazio Ludovisi wurde 1621 das Herzogtum Fiano, durch den Kardinalnepoten Ludovico Ludovisi 1622 das Herzogtum Zagarolo erworben.627 Allein die für diese Ankäufe aufgewendeten Summen überstiegen bei weitem die ins Reich transferierten Subsidien.628 Gerade für Urban VIII. lassen sich zahlreiche Belege für eine aggressive, Politik und Finanzen der Kurie insgesamt stark belastende Protegierung des eigenen Clans anführen. Obwohl Urban die päpstlichen Ressourcen wegen der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Mantuanischen Erbfolgekrieg 1630 für erschöpft hatte erklären lassen, konnte im selben Jahr für mehr als eine halbe Million scudi das Fürstentum Palestrina für Taddeo Barberini gekauft werden.629 Im Jahr des BorjaProtestes und der Invasion Gustav Adolfs 1632 wurde der Güterbesitz des Nepoten Taddeo mit vier Millionen scudi angegeben.630 1634 kam es zum letzten Mal zur

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Vgl. zuletzt: Wolfgang Reinhard (Hg.), Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605 – 1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua, Tübingen 2004 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 107). Lutz, Roma e il mondo germanico; Ders., Art. Urbano VIII; Irene Fosi, All’ombra dei Barberini. Fedeltà e servizio nella Roma barocca, Roma 1997 («Europa delle Corti», Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinqucento 73). Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., v. a. S. 98 – 106; Ders., Kurie und Politik, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 1 – 16. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 46 und 53. Albrecht, Finanzierung, S. 563. Die öfters genannte Summe von 725 000 scudi (vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 258) ist wohl zu korrigieren in 575 000 scudi, vgl. Lutz, Roma e il mondo germanico, S. 437, Anm. 36. Albrecht, Finanzierung, S. 563.

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Auszahlung von Subsidien an die Liga, die bereits im Krisenjahr 1632 bewilligt worden waren.631 Gezahlt wurden insgesamt 477 000 scudi, von denen allerdings auch ein beträchtlicher Teil für die Absicherung der Präzedenz-Ansprüche des neuen römischen Präfekten, Taddeo Barberini, aufgewendet wurde. Für fast dieselbe Summe, nämlich 427 000 scudi, wurde im selben Jahr die Herrschaft Valmontone erworben, wiederum für den Nepoten Taddeo.632 Der Castro-Krieg633 mit desaströsem Ausgang für die römische Kurie soll ein letztes Beispiel dafür sein, wie rein persönliche Motive die Politik des Papstes in den Jahren zwischen 1641 und 1644 beherrschten. Es war dieser Krieg und nicht die Subsidien für Kaiser und Liga, der zum Zusammenbruch der päpstlichen Finanzen führte. Rein formal ging es um die Rückgewinnung eines von den Farnese gehaltenen Lehens des Kirchenstaats. Während politische Motive (die rechtlichen Ansprüche des Kirchenstaats) vorgeschützt wurden, ging es in Wirklichkeit aber um die Interessen der Familie Barberini. Jetzt wurde auch der von Sixtus V. für absolute Notfälle der Kirche angelegte Engelsburgschatz angetastet, auf den nicht einmal während der großen Krise von 1618 zur Unterstützung der Katholiken im Reich zurückgegriffen worden war.634 Neben der militärischen Niederlage und einem ungeheuren finanziellen Aderlaß bedeutete das Abenteuer um Castro für das Papsttum einen großen Verlust an Prestige und Glaubwürdigkeit. Das große konfessionelle Ringen in Mitteleuropa hätte auch in diesem Pontifikat eine andere Reihung der Prioritäten an der Spitze der katholischen Kirche erwarten lassen. Der soeben gemachte Befund spiegelt sich auch in der Sprache der offiziellen Dokumente wider.635 So findet die der Staatsräson geschuldete Politik Clemens’ VIII. Widerhall in der Instruktion für Taverna, in der es heißt, daß der Papst es als seine zentrale Aufgabe ansehe, Frieden zu stiften und als padre comune die Einheit zwischen zwei verfeindeten Lagern wiederherzustellen bzw. Konflikte zu verhindern: come padre commune [sic] deve seminar sempre consegli di pace et di unione et non d’ inimicitie 631

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Ebd. S. 559 f. Die Angaben bei Albrecht wurden ergänzt und präzisiert durch Georg Lutz, Die päpstlichen Subsidien für Kaiser und Liga 1632 – 1635. Zahlen und Daten zu den finanz- und den bilanztechnischen Aspekten, in: Winfried Becker, Werner Chrobak (Hgg.), Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht, Kallmünz/Opf. 1992, S. 89 – 105. Vgl. auch Nuntiaturberichte aus Deutschland, IV. Abteilung: 17. Jahrhundert, Bd. 7: Nuntiaturen des Malatesta Baglioni, des Ciriaco Rocci und des Mario Filonardi. Sendung des Alessandro d’Ales 1634 – 1635, bearb. von Rotraud Becker, Tübingen 2004. Register s. v. Subsidien. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 260; Lutz, Roma e il mondo germanico, S. 436 f. Vgl. hierzu jetzt Brunelli, Soldati del papa, S. 241 – 272. Albrecht, Finanzierung, S. 536. Herangezogen wurden hier nicht die zum Großteil aus jesuitischem Ambiente stammenden, weit verbreiteten Handreichungen für die Offiziere und Soldaten des päpstlichen Heeres, etwa Antonio Possevinos Soldato christiano, dessen Erstveröffentlichung in das Jahr der Hugenottenkampagne Pius’ V. fällt (1569), oder das vor dem Hintergrund des Konflikts mit Venedig von Cesare Palazzolo modifizierte Bild des Soldato di Santa Chiesa (1606), vgl. Zwierlein, Intention und Funktion, S. 154 – 157; Brunelli, Soldati del papa, S. 118 – 121.

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et di discordie, proveder che niuno soprafaccia l’altro („als padre comune muß er immer Ratschläge des Friedens und der Eintracht und nicht der Feindschaft und der Zwietracht geben und darauf sehen, daß niemand den anderen betrügt“).636 Was die einzelnen heterodoxen Gruppen (Lutheraner, Calvinisten, aber auch Wiedertäufer) betriff t, so werden diese terminologisch nicht immer präzis unterschieden, bzw. eine genaue terminologische Bezeichnung der verschiedenen protestantischen Denominationen erfolgt nur in wichtigen politischen Kontexten. So wissen die Kurie und deren Vertreter vor Ort natürlich, ob ein Kurfürst Lutheraner oder Calvinist ist, ansonsten kommt es oft zu keiner Zuordnung bzw. auch zu Verwechslungen. Eine genaue Bestimmung dieser Gruppierungen erscheint auch nicht nötig, denn in den Augen Roms sind diese unterschiedslos „häretisch“, da sie sich glaubensmäßig von Rom abgesetzt haben und sich der Obödienz sowie Jurisdiktion des Heiligen Stuhls entzogen haben.637 Deshalb begegnet auch immer wieder in diesem Kontext als Bezeichnung für den „Häretiker“ das Wort ‚Rebell‘,638 der zunächst Rom und anschließend seinem Fürsten (Niederlande, Böhmen) den Gehorsam aufgekündigt hatte, oder auf eine knappe binäre Formel gebracht: die guten Katholiken werden den verbrecherischen Protestanten gegenübergestellt (buoni cattolici scelerati protestanti).639 Ansonsten werden klassische Topoi der Ketzerdiffamierung verwendet, wenn Häresie als Teufelswerk (fraude del demonio)640 oder ansteckende Krankheit (male contagioso)641 charakterisiert wird, etwa im konkreten Fall der Diskussion um die offizielle Zulassung englischer Kaufleute in Antwerpen.642 Bereits in den Instruktionen Pauls V. zeichnet sich eine Hierarchie des Bösen ab. Danach sei der Calvinismus die schlimmste Sekte wegen ihrer besonderen Form der Gotteslästerung, des Ungehorsams und der Verachtung gegenüber Fürsten und Gesetzen (hier also wieder die anarchische Note) sowie wegen ihrer besonderen Unmenschlichkeit und Grausamkeit. Deshalb seien sie als noch verwerflicher als die Türken oder die Heiden einzustufen.643 In den entsprechenden Dokumenten des Pontifikats Gregors XV. setzt sich diese Tendenz fort. Der Calvinismus ist auch hier 636 637 638

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Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 2 (Hauptinstruktion für Luigi Taverna, Nuntius in Venedig). Stöve, Häresiebekämpfung, S. 55. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 84, wo in der Instruktion für Camillo Caetani gesagt wird, daß die „Häresie“ die Rebellion in den Niederlanden ausgelöst habe. Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 608, in Bezug auf Böhmen (ostinate reliquie de’ ribelli). Auch der Begriff des tumulto, der im Zusammenhang mit den Forderungen nach Religionszugeständnissen von Seiten der Protestanten auf Landtagen mitunter fällt, gehört in dieses semantische Feld des Ungehorsams und Rebellentums (vgl. z. B. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 847). Ebd. S. 877. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 372. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 994, vgl. auch ebd. S. 647 (provincie del Reno infette d’ heresie), 663 (infettione d’ heresie), 870 (provincia infetta d’ heresia). Vgl. hierzu auch die in Bezug auf die Hauptinstruktionen gemachten Beobachtungen von Stöve, Häresiebekämpfung, S. 54 f. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 845.

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die schlimmste Form der Häresie, Genf die Festung allen menschlichen Übels und ein zweites Sodom.644 In der Realität wird die Möglichkeit einer bewaffneten Auseinandersetzung mit den Protestanten allerdings nur für den Verteidigungsfall in Betracht gezogen. Wendungen wie attaccar 645 (‚angreifen‘) oder prender le armi646 (‚zu den Waffen greifen‘) erscheinen nur in entsprechenden Kontexten. Bei Gregor XV. läßt sich allerdings entsprechend seiner Politik und bedingt durch die veränderte Situation in Mitteleuropa auch eine aggressivere Sprache in den Instruktionen im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern feststellen. Der Kampf gegen den Pfalzgrafen ist nach dem großen Erfolg der Liga unerbittlich mit militärischen Mitteln bis zum endgültigen Sieg fortzuführen, so in der Hauptinstruktion für den Nuntius Verospi. Der Krieg wird als gerechte Sache Gottes bezeichnet (una causa di Dio), also als eine Art Heiliger Krieg. Die Entscheidung am Weißen Berg wird als „himmlischer“ bzw. auf ein göttliches Wunder zurückzuführender Sieg (celeste vittoria 647, la miracolosa vittoria di Praga 648) bezeichnet. Eine Durchsicht der Hauptinstruktionen ergab aber auch, daß von einem eschatologischen Endkampf bzw. Apokalyptik im Kontext der konfessionellen Debatte keine Rede sein kann, weshalb Matthias Pohlig zuzustimmen ist, der in seinem 2002 erschienen Aufsatz von der „relativen Unattraktivität apokalyptischer Deutungsmuster für Katholiken“ spricht.649 Auch die Kreuzzugsmetapher erscheint nicht im Kontext des Konflikts zwischen Rom und den protestantischen Heterodoxien. Abschließend noch kurz ein ikonographischer Exkurs. Am Beispiel dreier pontifikaler Grabdenkmäler, die für Päpste der nachtridentinischen Zeit errichtet wurden, sollen Hinweise für das Selbstverständnis und die Selbstdarstellung des Papsttums gewonnen werden. Es sind dies die Monumente für Pius V. Ghislieri, Clemens VIII. Aldobrandini und Paul V. Borghese, die sich alle drei in S. Maria Maggiore befinden, einer der römischen Hauptkirchen, die im Zusammenhang mit der Verlegung der Papstresidenz auf den benachbarten Quirinal650 zeitweise als Papstmausoleum fungierte.

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Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 618, 743 f., 773, 793. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 757, vgl. oben S. 141. Ebd. S. 851. In diesem Fall erhielt der zum Regensburger Reichstag 1613 entsandte Legat Carlo Madruzzo die Weisung, daß der Kampf gegen die Protestanten nur zur Verteidigung eines Territoriums oder einer belagerten Stadt aufgenommen werden dürfe. Zuvor müßten zudem die Einhaltung der Statuten der Liga und die Beteiligung des Kaisers sowie der wichtigsten Reichsfürsten sichergestellt sein. In der Instruktion für Carafa, Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 607. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 788 (Instruktion für Acquaviva). Matthias Pohlig, Konfessionskulturelle Deutungsmuster internationaler Konflikte um 1600 – Kreuzzug, Antichrist, Tausendjähriges Reich, in: Archiv für Reformationsgeschichte 93 (2002), S. 278 – 315, hier S. 292 und 294. Vgl. Antonio Menniti Ippolito, I papi al Quirinale. Il sovrano pontefice e la ricerca di una residenza, Roma 2004 (La corte dei papi 13).

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Alle drei enthalten mehrere Reliefs mit Szenen aus der jeweiligen Regierungszeit als einer Art Summe des politischen und religiösen Programms des Pontifex, welche als ikonographische Botschaften der betreffenden Pontifikate der Nachwelt überliefert werden sollten.651 Zunächst das Grabmal Pius’ V. (Abb. 1), errichtet unter Sixtus V. zwischen 1586 und 1589: Unten links befindet sich eine Darstellung der Übergabe der päpstlichen Standarte an den Oberbefehlshaber der päpstlichen Flotte, Marcantonio Colonna,652 darüber eine Szene aus der Seeschlacht von Lepanto. Beide Abbildungen korrespondieren mit der Übergabe des Feldherrnstabes an den Conte di S. Fiora, dem Befehlshaber der päpstlichen Truppen in Frankreich (unten rechts) bzw. mit dem Sieg über die Hugenotten (oben rechts). Es werden hier also die beiden großen Feinde der katholischen Kirche (Türken und Protestanten) gegenübergestellt. Bei dem Monument für Clemens VIII. (Abb. 2), welches wie das gegenüberliegende Grabmal Pauls V. in der Zeit zwischen 1606 und 1615 entstand, sehen wir unten links die Einnahme Ferraras für den Kirchenstaat, der darüber eine Darstellung des Friedens von Vervins zugeordnet ist (wir haben es hier also mit zwei Szenen zu tun, die auf die staatspolitischen Leistungen des Pontifex anspielen – zum einen Erweiterung des Territoriums zum anderen die prestigeträchtige Vermittlung zwischen Frankreich und Spanien). Auf der rechten Seite hingegen unten die Entsendung von Truppen nach Ungarn (oben darüber eine Heiligsprechungsszene). Das Grabmonument für Paul V. (Abb. 3), das sich wie das Grabmal seines Vorgängers Clemens’ VIII. in der Cappella Paolina653 von S. Maria Maggiore befindet, bringt im unteren System links die Fortifikation von Ferrara, ein Motiv, das indirekt auf den Konflikt mit Venedig anspielt und auch wieder der Staatsräson geschuldet ist und das rechts mit einer Abbildung der Expedition nach Ungarn korreliert. Auch bei Paul V. begegnet also die Türkenthematik. Sie ist allerdings propagandistisch aufgewertet. In Wirklichkeit kam der Türkenabwehr in diesem Pontifikat nicht der hohe Stellenwert zu, den sie unter Clemens VIII. einnahm. Im oberen Teil sehen wir links die Kanonisierung von Carlo Borromeo und Francesca Romana und rechts den Empfang der persischen Botschaft.

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Vgl. v. a. Michail Chatzidakis, Imagines Pietatis Burghesianae. Die Papstgrabmäler Pauls V. und Clemens’ VIII. in der Cappella Paolina in S. Maria Maggiore, in: Horst Bredekamp, Volker Reinhardt (Hgg.), Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter, Darmstadt 2004, S. 159 – 178, sowie Renzo U. Montini, Le tombe dei papi, Roma 1954, S. 332 – 337, 351 – 353, 356 – 359, Roberto Luciani, Santa Maria Maggiore e Roma, Roma 1996, S. 163 f., 176 und Reinhardt, Im Schatten, S. 118 – 124. Vgl. zu ihm die kürzlich erschienene Biographie von Nicoletta Bazzano, Marco Antonio Colonna, Roma 2003 (Profili 32). Die Kapelle wurde zu Lebzeiten Pauls V. mit einem marianischen Freskenzyklus ausgestattet, der die Jungfrau Maria als Streiterin gegen die Häresien zum Thema hat. Diese Freskenfolge wird ausführlich interpretiert von Steven F. Ostrow, Art and Spirituality in Counter-Reformation Rome. The Sixtine and Pauline Chapels in S. Maria Maggiore, Cambridge 1996, S. 184 – 243.

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Bemerkenswert an beiden Bildprogrammen zu den Pontifikaten Clemens’ VIII. und Pauls V. ist, daß der Kampf gegen die protestantische Häresie keine Rolle spielt (ebenso wenig wie bei dem für Sixtus V., dessen Monument ebenfalls in S. Maria Maggiore errichtet wurde und dieselbe Struktur wie die drei soeben besprochenen päpstlichen Sepulkraldenkmäler aufweist). Zusammenfassung Den Faktoren Religion und Konfession kommt bei der politischen Willensbildung und den Entscheidungsprozessen des Papsttums sowie der Kurie um 1600 ein bedeutender, aber nicht immer entscheidender bzw. höchster Stellenwert zu, wenn wir vom Sonderfall Gregors XV. absehen. Von religiösen Motiven als dem einzigen bzw. bestimmenden Kriterium der römischen Politik kann für diesen Zeitraum nicht die Rede sein. Als Grund hierfür ist zunächst die Bipolarität des päpstlichen Amtes verbunden mit der strategischen Lage des Kirchenstaats zu nennen. D. h. die Interessen des Heiligen Stuhls als weltliche Macht zwangen den Papst als Souverän mitunter, die geistlichen Pflichten gegenüber den politischen Notwendigkeiten zurückzustellen, was paradoxerweise zeitweise zu einer nicht-konfessionellen Politik führte. Durch die Lage des Kirchenstaats in unmittelbarer Nachbarschaft habsburgischer Territorien, um nicht zu sagen im Zangengriff zwischen Neapel im Süden und Mailand im Norden (eine mit Frankreich vergleichbare Situation), lag es für das Papsttum nahe, von Zeit zu Zeit aus Gründen der ragion di stato politischen Erwägungen gegenüber konfessionellen den Vorrang einzuräumen, um etwa (wie bei Clemens VIII. und Urban VIII. gesehen) durch die Option für eine philofranzösische Haltung den (außen-)politischen Spielraum zu vergrößern und das Gleichgewicht auf der italienischen Halbinsel zu wahren, also sich einem Land anzunähern, das selbst eine nichtkonfessionelle Politik verfolgte.654 Daneben ist das Papsttum jener Zeit – in den einzelnen Pontifikaten unterschiedlich ausgeprägt – den Interessen der Familie verpflichtet, d. h. die politischen und finanziellen Mittel und Ressourcen des Heiligen Stuhls wurden zur Förderung der Verwandten und der Klientel des regierenden Pontifex eingesetzt. Der Kampf gegen die als Häretiker bezeichneten und empfundenen Protestanten in Europa wurde allenfalls mit Sympathien begleitet sowie beobachtet und unter bestimmten Bedingungen und Konjunkturen auch unterstützt, allerdings kaum, zumindest nicht aus Sicht des Kaisers, der katholischen Reichsfürsten und Spaniens nach den zur Verfügung stehenden Kräften (immer mit der Ausnahme Gregors XV.). Deshalb scheiden in meinen Augen Papsttum und Kurie als Vertreter des militanten, kriegstreibenden Katholizismus im Kampf gegen die protestantische Heterodoxie in Europa – zumindest für die Zeit um 1600 – weitgehend aus.

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Vgl. Schilling, Konfessionsfundamentalismus, S. 30.

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I. Kaiser und Papst

Abb. 1: Grabmahl Pius’ V. (1566 – 1572), S. Maria Maggiore, Cappella Sistina

9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch?

Abb. 2: Grabmahl Clemens’ VIII. (1592 – 1605), S. Maria Maggiore, Cappella Paolina

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Abb. 3: Grabmahl Pauls V. (1605 – 1621), S. Maria Maggiore, Cappella Paolina

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10. Papst, Kaiser und Reich am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges (1612 – 1621) Die Sicherung der Sukzession Ferdinands von Innerösterreich Im Zentrum des Interesses und der Bemühungen der römischen Kurie hinsichtlich des Reichs stand in der zweiten Hälfte des Pontifikats von Paul V. Borghese (1605 – 1621) die Regelung der Nachfolge von Kaiser Matthias zugunsten des steirischen Regenten und Erzherzogs Ferdinand und – damit in Zusammenhang stehend – die Klärung der Sukzession in Böhmen (natürlich auch in dem nicht zum Reich zählenden Ungarn). Erzherzog Matthias hatte ab 1608 sukzessive die Herrschaft in den einzelnen habsburgischen Erbländern von seinem Bruder Rudolf übernommen und war zuletzt 1612 55jährig Kaiser geworden. Da er wie sein Vorgänger kinderlos war, stellte sich die Frage seiner eigenen Nachfolge schon bald nach Beginn seiner Regierung und wurde vor dem Hintergrund des hochexplosiven konfessionellen Konflikts im Reich zu einem Politikum ersten Ranges in Europa. Von deutscher und österreichischer Seite ist dieses Thema wegen seiner Bedeutung für den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges im 19. und 20. Jahrhundert direkt oder indirekt Gegenstand größerer Arbeiten gewesen: Zu nennen sind hier die Darstellungen von Moriz Ritter655 und Anton Gindely,656 die Biographien von Joseph von Hammer-Purgstall und Friedrich Hurter zu Kardinal Klesl657 bzw. Ferdinand II.,658 die Bände der Edition der Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die den Zeitraum von 1598 und 1618 abdecken,659 und – nicht zuletzt – die Arbeiten von Johann Rainer zu Klesl660 und – in gewissem Sinne – auch die Monographie von Heinz Noflatscher zu Erzherzog Maximilian.661 Die Nuntiaturberichte sind für diesen Zeitraum bislang nicht publiziert. Lediglich Johann Rainer hat im Zusammenhang mit seinen Klesl-Studien vatikanisches Quellenmaterial benutzt und in Teilen veröffentlicht. Um das Vorgehen der Kurie in 655 656 657 658 659

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Moriz Ritter, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges (1555 – 1648), 3 Bde., Stuttgart 1889 – 1908 (Neudr. Darmstadt 1962). Anton Gindely, Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, 4 Bde., Prag 1869 – 1880. Joseph von Hammer-Purgstall, Khlesl’s, des Cardinals, Directors des geheimen Cabinetes Kaisers Mathias, Leben, 4 Bde., Wien 1847 – 1851. Friedrich Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern, 11 Bde., Schaffhausen 1850 – 1864. Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, hg. von der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 12 Bde., München(–Wien) 1870 – 1978. Johann Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, in: Römische Historische Mitteilungen 5 (1961/62), S. 35 – 163; Ders., Kardinal Melchior Klesl (1552 – 1630). Vom „General-reformator“ zum „Ausgleichspolitiker“, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 59 (1964), S. 14 – 35. Heinz Noflatscher, Glaube, Reich und Dynastie. Maximilian der Deutschmeister (1558 – 1618), Marburg 1987 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 11).

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der zentralen politischen Frage der Reichsangelegenheiten, nämlich der der Sukzessionen, beurteilen zu können, müßten neben der wichtigsten Nuntiaturkorrespondenz, also den zwischen dem Staatssekretariat und den päpstlichen Nuntien am Kaiserhof gewechselten Schreiben, auch die Nuntiaturakten der päpstlichen Vertretungen an drei weiteren habsburgischen Höfen (Madrid, Brüssel und Graz) sowie auch die der Kölner Nuntiatur662 herangezogen werden.663 Letztere hat für unsere Fragestellung nicht dieselbe Bedeutung wie die vier erstgenannten, darf aber nicht vernachlässigt werden, da wir es hier mit einer Nuntiatur zu tun haben, die am Hof eines geistlichen Reichsfürsten angesiedelt war, der über eine Stimme im Kurkolleg verfügte und zudem der zweitwichtigsten katholischen Dynastie im Reich, dem Haus Wittelsbach, entstammte. Kurzum: für die Aufarbeitung der Aktivitäten von mehr als einem Dutzend Kurienvertretern an den genannten Einsatzorten in jener Zeit stehen allfälligen Interessenten über hundert Codices aus den Fondi Borghese und Segreteria di Stato bereit (neben anderen). Deren Studium erfordert viel Zeit, aber im Rahmen einer Dissertation sollte diese Aufgabe einmal systematisch in Angriff genommen werden. Für die nachfolgenden Überlegungen wurden im wesentlichen die jetzt gedruckt vorliegenden Hauptinstruktionen des Borghese-Pontifikats bzw. im Vatikanischen Archiv die überlieferten Chiffrenschreiben der fünf zwischen 1612 und 1621 am Kaiserhof und am Reichstag wirkenden päpstlichen Vertreter ausgewertet: Es sind dies der Legat Carlo Gaudenzio Madruzzo (1613 IV – XI), die drei am Hof des Kaisers (bis 1619 Matthias, dann Ferdinand) residierenden Nuntien Placido De Marra (1612 VII – 1616 IV), Vitaliano Visconti Borromeo (1616 VII – 1617 II) und Ascanio Gesualdo (1617 IX – 1621 IV) sowie der außerordentliche Nuntius Fabrizio Verospi (1619 IV – 1620 II). Daneben spielen die Berichte des Auditors Alessandro Vasoli eine nicht unerhebliche Rolle. Er war zwischen 1615 und 1617 mehrmals alleinverantwortlich für die Geschäfte der Kaiserhofnuntiatur.

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Die Kölner Nuntiatur ist für den Zeitraum zwischen 1610 und 1614 erschlossen: Kölner Nuntiatur, Bd. 5: Nuntius Antonio Albergati (1610 Mai – 1614 Mai), 2 Halbbde., bearb. von Wolfgang Reinhard, München u. a. 1972; Bd. 5/1, Ergänzungsbd.: Nuntius Antonio Albergati (1610 Mai – 1614 Mai), in Verbindung mit Wolfgang Reinhard bearb. von Peter Burschel, Paderborn u. a. 1997. Die Nuntien am Kaiserhof, in Spanien, Flandern, der Steiermark und in Köln führten im übrigen auch untereinander Korrespondenz, vgl. Alessandro Vasoli an Scipione Borghese, Prag, 1616 VII 25, ASV, Fondo Borghese II 159, fol. 170r, Chiffre: Quanto alla cessione del Re di Spagna, parendomi impossibile che per anco non sia capitata all’Ambasciatore la risolutione che avvisa Mons. Nuntio di Capua [Antonio Caetani, Nuntius in Spanien] nella sua cifra delli 7 del passato, come pur esso Ambasciatore afferma, non dubitando che si sia ricevuta veramente, ma che si tenghi secreta per far prima l’ultimo sforzo d’ haver qualche ricompensa et che si tratti questo negotio a Gratz per mezo del Canonico Scilder, che si sia vero V. S. Ill.ma ne dovrà haver avviso da Mons. Nunzio d’Alessandria [Erasmo Paravicini, Nuntius in Graz]. Ho intanto giudicato bene di tener in me il contenuto della cifra di esso Mons. Nuntio di Capua acciò, mentre il S. Ambasciatore avesse questa mira, non si dolesse che con l’essersi pubblicata la risolutione di ceder liberamemente, li si fosse impedito l’avantaggiarsi per servitio del Re, poiché ad ogni modo è necessario aspettare la cessione d’Alberto, et non credo che, quando quella sarà venuta, et al S. Ambasciatore non sarà riuscito il disegno della ricompensa, sia poi per dar occasione di maggior dilatione di questo negotio.

10. Papst, Kaiser und Reich am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges

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Im Jahr 1613 fand in Regensburg ein Reichstag statt. Es war dies der letzte, bekanntlich mißlungene Versuch vor dem Ausbruch des Krieges, dieses bedeutende Verfassungsorgan des Reichs wieder funktionsfähig zu machen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Reichsversammlungen war die Kurie diesmal vertreten, und zwar doppelt, mit einem Legaten und dem Nuntius am Kaiserhof (von beiden sind Finalrelationen ihrer Mission überliefert664). Der Papst war allerdings nicht frei in der Wahl seiner Vertreter. Nach den früheren Erfahrungen kam ein Italiener als Legat nicht mehr in Frage. So kam es zur Entsendung des Kardinals Carlo Madruzzo, der als Bischof von Trient ein Reichsfürst war, die Verhältnisse im Reich kannte665 und zudem deutsch sprach (er hatte fünf Jahre in Ingolstadt studiert, von 1577 bis 1582666). Sein Hauptgeschäft war neben der Regelung der Sukzession im Reich das Zurückdrängen der konfessionellen Forderungen von seiten der Protestanten.667 Allerdings konnte der Legat in Regensburg nicht viel ausrichten. Den Mißerfolg des Reichstags aus seiner Sicht schrieb Madruzzo v. a. dem Antagonismus zwischen dem kaiserlichen Minister und Bischof Klesl und den geistlichen Kurfürsten zu, die Klesl „als einem Förderer des Protestantismus“ mißtrauten (come sospetto fautore de Protestanti).668 Eine wichtige Etappe auf dem Weg zum Kaisertum und zur Herrschaftsübernahme in den Erbländern bildete für Ferdinand die Konferenz von Linz im Sommer 1614.669 Dort zeichnete sich bereits die Überlassung einiger Teile des Elsaß als Kompensation für die spanischen Sukzessionsansprüche hinsichtlich der Erbländer ab, nachdem zuvor zeitweise die Grafschaft Tirol gefordert worden war. Im Gegensatz zum später zunächst streng geheim gehaltenen670 Oñate-Vertrag von 1617 (VI 15 bzw. VII 29),671 der die Abtretungen der Landvogtei Hagenau und der Grafschaft Ortenau im Elsaß sowie der italienischen Fürstentümer Finale und Piombino definitiv festlegte, war die Kurie über diese Gespräche durch den Nuntius De Marra 664

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Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, a cura di Silvano Giorda no OCD, Bd. 3, Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 925 – 936 (Finalrelation von Carlo Madruzzo), S. 936 – 952 (Finalrelation von Placido De Marra). Zu Placido De Marra vgl. ebd. S. 173. Vgl. Instruktion für Madruzzo, ebd. S. 841: la cognitione ch’ella ha delle cose da trattarsi. Ebd. S. 202. Instruktion für Carlo Madruzzo, ebd. S. 840 – 857. Vgl. Madruzzo an Scipione Borghese, Regenburg, 1613 X 2, ASV, Fondo Borghese II 154, fol. 105r, Chiffre; vgl. auch die Finalrelation Madruzzos, Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 935. Vgl. unten S. 169 mit Anm. 713. Der kaiserliche Hof hielt sich in der oberösterreichischen Hauptstadt auf, weil in Wien die Pest grassierte. Matthias berief während seiner Anwesenheit in Linz Länderausschüsse zu sich, um die Türkenproblematik und das Vorgehen gegen Siebenbürgen zu erörtern. Vgl. Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II., Bd. 7, Schaffhausen 1854, S. 24 – 26. Von Existenz und Inhalt dieses Vertrags hatten lediglich die steirischen Räte Eggenberg und Götz Kenntnis. Selbst der Kaiser war ahnungslos, vgl. Frantz Chr. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, tom. VIII, Leipzig 1722, Sp. 1099. Pactum de Successione Regnorum Hungariae et Bohemiae, Corps universel diplomatique du droit des gens, tom. V/2, Amsterdam 1728, S. 298 – 300; Konferenzen und Verträge, vgl. auch Vertrags-Ploetz, ein Handbuch geschichtlich bedeutsamer Zusammenkünfte und Vereinbarungen, Teil II, Bd. 3: Neuere Zeit 1492 – 1914, 2. Aufl., Würzburg 1958, S. 51 – 53.

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informiert.672 Zudem erhielt der Nuntius von Ferdinand ein weitreichendes Treuebekenntnis gegenüber dem Papst, wie aus dem chiffrierten Schreiben De Marras vom 1. November 1614 aus Linz hervorgeht: […] et S. A. communicandomelo con molta confidenza, mi assicurò che, venendo egli al dominio di detti Regni, et essendo dichiarato Re de’ Romani, non farà mai cosa senza il consiglio di S. S.tà, professandosi obbligatissimo per la paterna aff ettione che li mostra, senza haverlo mai conosciuto, et che è risolutissimo di non governare questi paesi nel modo che si fa adesso né di confirmarli i privilegii circa la libertà della religione, nel che conveniva pensar anticipatamente al rimedio, et dicendoli io che la sua prudenza et pietà li somministrarebbe consigli oltre che potrebbe per aventura servirsi dell’equivocatione, la qual si cava anco sopressamente, et fu posta ad arte nella propria concessione fatta ai Bohemi, replicò di haver ciò inteso da altri, rallegrandosi molto ch’ io li confirmassi l’ istesso, et in somma non credo che vi possa esser principe meglio inclinato di lui („[…] und als sich Ferdinand vertraulich mit mir unterhielt, sicherte er mir zu, daß er, wenn er die Herrschaft dieser Reiche erlange und zum römischen König gewählt worden sei, nichts tun werde, ohne auf den Ratschlag des Papstes zu hören. Dabei zeigte er sich äußerst verpflichtet gegenüber der väterlichen Zuneigung, die er [der Papst] ihm bekundet, ohne daß er ihn jemals kennen gelernt habe, und absolut entschlossen, diese Länder nicht so zu regieren, wie sie jetzt regiert werden, und die Privilegien hinsichtlich der Religionsfreiheit nicht zu bestätigen, wobei schon vorher über ein Mittel nachgedacht werden müße. Und als ich ihm sagte, daß ihm seine Klugheit und Frömmigkeit das richtige raten werden, und daß er sich darüber hinaus auf gut Glück der Zweideutigkeit bedienen könne, die man auch heimlich erreicht und welche absichtlich gerade im Religionszugeständnis an die Böhmen angewendet wurde, antwortete er, er habe dies schon von anderen gehört, und freute sich, daß ich ihn darin bestätigte. Kurzum, ich glaube nicht, daß es einen [uns] gewogeneren Fürsten gibt“).673 Die wichtigsten Agenten, die am kaiserlichen Hof für eine Klärung der verschiedenen Sukzessionen zugunsten von Ferdinand eintraten, waren – neben dem Nuntius – der Erzherzog Maximilian und der spanische Botschafter. Als Hauptgegner erwies sich hingegen Klesl, der die Angelegenheit vor sich herschob und ständig die Strategie änderte, indem er abwechselnd der Sukzession im Reich bzw. der in Böhmen Priorität einräumte. Der Nuntius hielt die Pläne und Absichten des Kardinals für imperscrutabili und seine Verhandlungsmethode für fastidiosissimo674 oder unterstellte dem Prälaten bestenfalls Gleichgültigkeit. An einer Stelle bemerkte De Marra hinsichtlich der Behandlung des Sukzessionsgeschäftes durch Klesl: della quale [i. e. elettione] però mostra esso Gleselio di parlarne con quell’aff etto a punto ch’ io farei delle cose di Moscovia o pur di Persia („worüber Klesl mit einem solchen Enthusiasmus zu 672 673 674

Vgl. De Marra an Scipione Borghese, Linz, 1614 VIII 12, ASV, Fondo Borghese II 162, fol. 54r – 55v, Chiffre. Ebd. fol. 61r – 62r, Chiffre; Zitat fol. 61v. Vgl. De Marra an Scipione Borghese, Prag, 1616 II 15, ASV, Fondo Borghese II 159, fol. 115r – v, Chiffre, hier fol. 115r.

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reden scheint, wie wenn ich über Angelegenheiten des Moskowitischen oder des Persischen Reichs sprechen würde“).675 Um Klesl in der Nachfolgefrage anzuspornen, wurde zwischen dem Nuntius De Marra und dem spanischen Botschafter Baltasar de Zúñiga auch über die Möglichkeit einer Bestechung des Ministers gesprochen: Se ben Gleselio parla prontamente dell’elettione del Re de Romani in persona di Ferdinando, non è però punto da fidarsene, onde, discorrendone io l’altro hieri col S. Ambasciatore di Spagna, li proposi che converrebbe farsi usar con esso Gleselio quei mezzi che si sa esserli grati, et sogliono oprar con lui efficacemente. Piacque molto al S. Ambasciatore il pensiero, dicendomi di non veder in qual occorrenza potrebbe il suo Re impiegar cinquanta mila fiorini più utilmente che in questa, et di volerne scrivere in Spagna per dar poi dentro quanto prima al trattato. In somma, se un tal ariete non espugna la durezza di questo huomo, non so qual altro mezzo possa più oltre tenersi („Auch wenn Klesl bereitwillig über die Wahl zum römischen König in der Person Ferdinands spricht, darf man ihm überhaupt nicht trauen, weshalb ich dem spanischen Botschafter vor kurzem während einer Unterredung vorschlug, man sollte bei Klesl jene Mittel anwenden, die ihm angenehm sind und die für gewöhnlich bei ihm ihre Wirkung nicht verfehlen. Dem Herrn Botschafter gefiel der Gedanke und er sagte mir, er wisse nicht, bei welcher Gelegenheit sein König 50 000 fiorini gewinnbringender einsetzen könne als bei dieser. Er will darüber nach Spanien schreiben, um so schnell als möglich zu einer Vereinbarung zu gelangen. Kurzum, wenn ein solcher Sturmbock die Härte dieses Mannes nicht aufbrechen kann, weiß ich nicht, welches Mittel anzuwenden wäre“).676 Sicherlich war auch die Verleihung des Kardinalats an Klesl als Stimulus in diesem Kontext gedacht; die Ernennung erfolgte zunächst in pectore am 2. Dezember 1615 und wurde am 9. April des darauffolgenden Jahres publiziert.677 Etwa zur selben Zeit erhielt Rom in einem chiffrierten Schreiben De Marras erste Hinweise von Plänen, Klesl politisch kaltzustellen.678 Das ist wesentlich früher als bislang in der Literatur angegeben.679 Im Sommer 1616 kam es zu einem Wechsel an der Spitze der Kaiserhofnuntiatur. Placido De Marra kehrte nach acht Jahren diplomatischer Tätigkeit bei König bzw. Kaiser Matthias nach Italien zurück. Seine Funktion übernahm im Oktober 1616

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Vgl. De Marra an Scipione Borghese, Wien, 1615 II 21, ebd. fol. 16v, Chiffre. Vgl. De Marra an Scipione Borghese, Wien, 1615 IV 25, ebd. fol. 36r, Chiffre. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. IV: A pontificatu Clementis PP. VIII (1592) usque ad pontificatum Alexandri PP. VII (1667), hg. von Patrice Gauchat O.M.Conv., Monasterii 1935, S. 13. Vgl. De Marra an Scipione Borghese, Prag, 1615 XI 30, ASV, Fondo Borghese II 159, fol. 85r, Chiffre. De Marra zitiert dort aus einem Brief des Kurfürsten von Mainz an den Reichsvizekanzler Ulm: È stato qui l’Arciduca Massimiliano et semo rimasti insieme assai ben d’accordo et, di ragione, devono haver fischiato l’orecchie al vostro Cleselio, et all’anno nuovo sentirete qualche cosa nec plura. Può da questo probabilmente dubitarsi di qualche machinatione contra esso Cleselio. Vgl. Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 69 (unter Berufung auf HammerPurgstall).

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I. Kaiser und Papst

der Mailänder Kleriker Vitaliano Visconti Borromeo,680 der im Hinblick auf seine künftige Verwendung als Nuntius bei Kaiser Matthias im Juli zum Titularerzbischof von Adrianopel ernannt worden war. Auch er erhielt in der für ihn vorbereiteten Hauptinstruktion681 den Auftrag, angesichts des fortgeschrittenen Alters und des problematischen Gesundheitszustandes des aktuellen Kaisers das Sukzessionsgeschäft nachdrücklich voranzutreiben.682 Die Notwendigkeit zu raschem Handeln begründete Rom gegenüber Visconti Borromeo v. a. mit der Gefahr eines protestantischen Interregnums im Reich in der Person des Kurfürsten Friedrichs V. von der Pfalz, das letztendlich auch den Weg zu einem protestantischen Kaisertum ebnen könnte: Trovandosi l’Imperatore assai inanzi con gli anni et di complessione mal aff etta, si vede gran necessità che si venga all’elettione del re’ dei Romani per evitar il pericolo dell’ interregno, poiché in tal caso durante quello succederebbe, secondo le constitutioni imperiali, nell’amministratione dell’Imperio l’ellettore Palatino heretico, con gran pericolo che non cadesse anco l’elettione dell’Imperatore in un heretico, come gli elettori heretici si sforzariano, et ne stanno attendendo con ansia l’occasione.683 Auch eine baldige Klärung der übrigen Sukzessionen, v. a. Böhmen (wegen der damit verbundenen Kurstimme) sollte angestrebt werden.684 Während der Nuntiatur von Visconti Borromeo konkretisierten sich die im wesentlichen von Erzherzog Maximilian vorbereiteten Pläne einer risolutione stravagante („ungewöhnliche Lösung“) zur Eliminierung des Kardinalministers Klesl,685 die bereits De Marra gegenüber Scipione Borghese im November 1516 hatte anklingen lassen.686 Bei einem Gespräch im Januar 1617 forderte Erzherzog Maximilian den Nuntius Visconti Borromeo auf, in Rom Spezialfakultäten einzuholen, um sich für den Fall einer gewaltsamen Aktion gegen Klesl nicht der Gefahr von Kirchenstrafen auszusetzen.687 In der Tat entging König Ferdinand später wegen der Internierung 680 681 682 683 684

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Zu seiner Person vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 193 f. Die Instruktion für seine Kaiserhofmission datiert vom 10. Juli 1616, vgl. ebd. S. 1020 – 1034. Vgl. ebd. S. 1025 f. Ebd. S. 1025. Vgl. ebd.: Sta però N. S.re tuttavia battendo in Praga et Spagna che non si differisca la detta elettione del re de’ Romani, come né anco l’altra de i regni di Bohemia et Ungheria, come importantissimi per servitio della Christianità, massime che, se succedesse l’ interregno dell’Imperio prima che si fosse eletto re di Bohemia, restarebbe la parte catolica senza un voto nell’elettione del re de’ Romani, consideratione gravissima per tutto quello che potesse succedere in negotio così importante. Vgl. Visconti Borromeo an Scipione Borghese, Prag, 1616 X 31, ASV, Fondo Borghese II 159, fol. 207r, Chiffre. Noflatscher geht in seiner Maximilian-Biographie nur am Rande auf den Antagonismus zwischen dem Erzherzog und Kardinal Klesl ein, vgl. hier S. 295. Vgl. Visconti Borromeo an Scipione Borghese, Prag, 1617 I 30, ASV, Fondo Borghese II 156, fol. 2r, Chiffre. Bei einer Unterredung zwischen Visconti Borromeo und dem Erzherzog, an der auch dessen Sekretär teilnahm, gab letzterer zu verstehen, daß Maximilian in jedem Fall die (böhmische) Sukzession vorantreiben möchte. Falls sich Klesl weiter dagegen stemme, sarà forzata [= Maximilian] a far qualche stravagante risolutione contra di lui, nel qual caso saria stato bene che io havessi havuto ordine et brevi speciali di S. B., et se bene non volse aprirsi più oltre, compresi però che intendeva che si mandasse facoltà di poter, in caso d’estrema necessità, levar per forza esso Cardinale di qua, senza incorrere in censure. Dieser wollte a proposta sì aromatica nicht

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eines Kardinals der römischen Kirche nur knapp der Exkommunikation wegen Verletzung päpstlicher Rechte (bei Angelegenheiten der Kardinäle lag die Jurisdiktion ausschließlich beim Papst). Immerhin mußte er Anfang 1619 Rom um Absolution ansuchen.688 Erzherzog Maximilian, dem als dem eigentlichen Drahtzieher neben Ferdinand ebenfalls der Kirchenbann drohte, war zu diesem Zeitpunkt bereits tot.689 Im Frühjahr 1617 zeichnete sich eine baldige Lösung der böhmischen Sukzession zugunsten des steirischen Regenten, Erzherzog Ferdinand, ab. In dieser Zeit agierte für Rom der Auditor Vasoli alleinverantwortlich, denn Visconti Borromeo war überraschend im Februar 1617 gestorben, was zur Folge hatte, daß bei der Übernahme des böhmischen Königtums Anfang Juni durch Erzherzog Ferdinand kein ordentlicher Nuntius am Kaiserhof anwesend war. Während dieser Zeit verstärkte sich der Antagonismus zwischen Klesl und Erzherzog Maximilian weiter. Vasoli zeigte sich in diesem Konflikt sehr zurückhaltend. Dasselbe gilt für den ab September 1617 als neuer Kaiserhofnuntius agierenden, aus dem Regno stammenden Ascanio Gesualdo,690 der zuvor in Brüssel tätig gewesen war und von dorther bereits bestens mit den aktuellen Sukzessionsfragen vertraut war. Wie schon vor ihm Visconti Borromeo sollte sich auch Gesualdo hauptsächlich um eine rasche Durchführung der römischen Königswahl bemühen per benefitio universale della religione cattolica e della christianità.691 Drei Abschnitte der 24. Juni 1617 ausgestellten Instruktion für Gesualdo sind Melchior Klesl gewidmet. Die darin zum Ausdruck gebrachte besondere Wertschätzung des Kardinals von seiten des Papstes und seines Nepoten692 sowie die Unterstützung Klesls in den jeweiligen Präzedenzkonflikten mit den Erzherzögen bzw. Kurfürsten durch die Kurie693 legen den Schluß nahe, daß Rom Klesl trotz aller Kritik an seiner Politik nicht fallen lassen wollte. Zweifellos hatte die Wahl Ferdinands zum böhmischen König und dessen Verständigung mit Spanien in allen die habsburgischen Erbländer betreffenden Sukzessionsfragen im sog. Oñate-Vertrag (Juni/Juli 1617)694 die Position des Kardinalminis-

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eingehen und gab vielmehr seiner Überzeugung Ausdruck, daß er sich nicht vorstellen könne, daß sich Klesl in dieser Angelegenheit dem Willen des Papstes und Maximilians weiter widersetzen werde. Es werde deshalb seiner Meinung nach nicht zu termine rigoroso kommen. Ho poi inteso d’altra parte che un ministro di Massimiliano si è lasciato intendere che si trova di modo disgustata l’A. S. che per uscirne una volta si risolverà di andar nella istessa camera del Cardinale et di farlo andar alla presenza sua. Ho voluto riferire il tutto a V. S. Ill.ma acciò sappia in che termine ci troviamo. Vgl. Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 74. Erzherzog Maximilian starb am 2. November 1618, vgl. Noflatscher, Maximilian der Deutschmeister, S. 293. Zu ihm vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 193 f. Vgl. seine Instruktion für die Kaiserhofmission, ebd. S. 1058 – 1065, hier S. 1063. Die böhmische Sukzession wurde zwar auch in der Hauptinstruktion für Gesualdo thematisiert (ebd. S. 1062), hatte sich aber bei Amtsantritt des Nuntius bereits erledigt. Ebd. S. 1064. Ebd. S. 1061 f. Zum Präzedenzstreit zwischen Klesl und den Erzherzögen bzw. Kurfürsten vgl. weiter unten. Vgl. oben Anm. 671. Vgl. auch Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 65.

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ters Klesl nachhaltig geschwächt. Vor diesem Hintergrund versuchten beide kurialen Vertreter am Kaiserhof jener Tage, Vasoli und Gesualdo, einerseits die Scharfmacher um Maximilian und Oñate zu bremsen, andererseits forderten sie Klesl in regelmäßigem Abstand auf, sich nun energisch für die Wahl Ferdinands zum römischen König einzusetzen. Auch Papst Paul V. wandte sich mehrmals mit Mahnbreven direkt an Klesl, um die Regelung der Sukzession zu beschleunigen.695 Die wiederholt vorgebrachte Forderung (Oñates gegenüber Vasoli696 bzw. Maximilians gegenüber Gesualdo697), Klesl durch eine päpstliche Order nach Rom rufen zu lassen und so zu entmachten, lehnten die Vertreter der Kurie strikt ab. Der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618 besiegelte schließlich das politische Schicksal Klesls. Der Gegensatz zwischen der weiterhin auf Ausgleich zwischen den Religionsparteien zielenden Politik des Kardinalministers und jener Gruppe am Hof um Ferdinand und dem spanischen Gesandten, die für eine gewaltsame Niederschlagung des böhmischen Aufstandes plädierten und der sich mittlerweile auch der Geheime Rat mehrheitlich angeschlossen hatte, war nicht mehr zu überbrücken.698 Ganz überraschend kam für Rom und den Nuntius vor Ort die von König Ferdinand und Erzherzog Maximilian veranlaßte, hinter dem Rücken des ahnungslosen Kaisers Matthias vollzogene Verhaftung Klesls in der Wiener Hofburg am 20. Juli 1618 und die anschließende Verbannung nach Tirol nicht. Gesualdo bedauerte diesen Vorgang zutiefst, sah allerdings auch eine gewisse Notwendigkeit in dem Vorgehen Ferdinands.699 Von einer aktiven Beteiligung der Kurie an der Internierung Klesls kann allerdings keine Rede sein. Allerdings wußte Gesualdo, daß das Leben des Kardinals seit der Krönung Ferdinands zum ungarischen König (1. Juli 1618) in Gefahr war.700 Denn sowohl bei der Anreise nach Preßburg und der Rückreise nach 695

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Am 6. Mai 1616, einen Monat nach der Publikation der Kardinalsernennung Klesls, mit dem Breve Quam necessaria sit conservationi, gefolgt von dem Schreiben Pauls V. Conquiescebamus ea spe (1616 XII 16), beide publiziert bei Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 12: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges: Leo XI. und Paul V. (16051621), Freiburg i. Br. 1927, S. 655 f., dem Breve Toties tibi nostram vehementem sollicitudinem (1617 VI 24) und schließlich dem Breve Non semel ad te vom 10. Februar 1618, diese beiden gedruckt bei Hammer-Purgstall, Khlesl’s Leben, Bd. 3, S. 535 bzw. Bd. 4, Anhang, S. 25 f. Vgl. Vasoli an Scipione Borghese, Prag, 1617 VIII 21, ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 74r – v, Chiffre. Der Papst, so Vasoli könne nicht das Geschäft von Maximilian und Oñate übernehmen che vorrebbono cavar il serpe con l’altrui mani (fol. 74r). Wenn sie Klesl aus der Regierung entfernt sehen wollten, gäbe es nur eine Möglichkeit, nämlich den Kaiser von dieser Notwendigkeit zu überzeugen. Der Auditor Alessandro Vasoli stand in jenen Jahren mehrmals geschäftsführend an der Spitze der Kaiserhofnuntiatur (Juli – August 1615; Mai – Oktober 1616), zuletzt nach dem unerwarteten Tod des Nuntius Visconti Borromeo (Februar – September 1617), vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 4. Vgl. Gesualdo an Scipione Borghese, Prag, 1618 V 5, ASV, Fondo Borghese II 156, fol. 57r – v, Chiffre. Vgl. Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 69. Vgl. das Schreiben Gesualdos vom 21. Juli 1618 aus Wien, publiziert ebd. S. 142. Vgl. ebd. S. 70 mit Anm. 29. Auch hatte ihm Ferdinand Anfang Juli mitgeteilt, daß Klesls Gefangennahme vorbereitet werde, vgl. Rainer, Kardinal Melchior Klesl, S. 29 f.

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Wien als auch während der Krönungsfeierlichkeiten war es zu mehreren Attentatsversuchen auf Klesl gekommen.701 Obwohl die römische Kurie in den Jahren vor 1618 in der Person des Kardinals Klesl das Haupthindernis für die Durchsetzung ihrer politischen und konfessionellen Ziele im Reich sah, konnte sie die Gewaltaktion gegen den Kardinalminister nicht unwidersprochen hinnehmen, da durch die Festsetzung eines Kardinals der römischen Kirche verbunden mit der Konfiszierung seiner Güter die Jurisdiktion des Apostolischen Stuhles gravierend verletzt worden war. Paul V. sah sich deshalb zur Einsetzung einer Kardinalskongregation zur Behandlung der Causa Klesl und zur Entsendung des Apostolischen Protonotars und Rotaauditors Fabrizio Verospi702 nach Wien und Tirol veranlaßt. Dieser führte 1619 den für Klesl ungünstig verlaufenen Prozeß durch703 und begleitete den Kardinal anschließend in das für seinen dauerhaften Arrest bestimmte Kloster St. Georgenberg im unteren Inntal. Unter dem Nachfolger von Paul V., Gregor XV., wurde die Causa Klesl wiederaufgenommen und Fabrizio Verospi erneut an den Kaiserhof entsandt, wo er die Überstellung Klesls nach Rom erreichte.704 Dort kam es schließlich zur Rehabilitierung des Kardinals. In der Zwischenzeit war am 20. März 1619 Kaiser Matthias gestorben. Für Ferdinand, der sein persönliches Schicksal mit der Erlangung der Kaiserwürde verknüpfte, kam nun der Lösung der Sukzession im Reich oberste Priorität zu, weshalb er im Sommer 1619 trotz des sich ausweitenden Religionskonflikts in den Erbländern nach Frankfurt zog. Dort wurde Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich, König von Böhmen und Ungarn am 28. August zum römischen Kaiser gewählt.705 Mit diesem großen persönlichen Erfolg Ferdinands hatte auch die römische Kurie das Hauptziel ihrer Politik gegenüber dem Reich in den Jahren seit 1612 erreicht. Es bietet sich an, in diesem Zusammenhang abschließend noch den protokollarischen und zeremoniellen Aspekt in den Blick zu nehmen und dessen Relevanz für die Politik und die Person des Kardinals Klesl und für die eben skizzierte Entwicklung bei der Regelung der Nachfolge von Kaiser Matthias im Reich und in den Erbländern zu bestimmen. Gerade in jüngster Zeit hat sich die historische Forschung 701 702

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Vgl. Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 70. Zu Verospi vgl. Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, Bd. 2, Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 327, und Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 231 f.; für seine Kaiserhofmission von 1619 sind zwei Instruktionen überliefert, vgl. ebd. S. 1137 – 1158. Er ist ausführlich behandelt bei Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl, S. 77 – 127. U. a. wurden Klesl folgende Vergehen zur Last gelegt: Beteiligung am Zustandekommen des Majestätsbriefs von 1609, Mitschuld am böhmischen Aufstand, Behinderung der Wahl des römischen Königs, Begünstigung von Protestanten und Türken und schließlich Simonie; vgl. Ders., Kardinal Melchior Klesl, S. 33. Vgl. die zweite Instruktion für die außerordentliche Mission Verospis ins Reich 1622, gedruckt bei Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 847 – 850. Vgl. Dieter Albrecht, Art. Ferdinand II. (1619 – 1637), in: Anton Schindling, Walter Ziegler (Hgg.), Die Kaiser der Neuzeit 1519 – 1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland, München 1990, S. 124 – 141, 478 f., hier S. 131.

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verstärkt Problemen der politischen Symbolik und des Zeremoniells in der Frühen Neuzeit zugewandt und deren Bedeutung im politischen und sozialen Kontext herausgestellt.706 Welchen Stellenwert dem Rang und Status einer öffentlichen Person in der uns interessierenden Zeit eingeräumt wurde und mit welchen Mitteln diese verteidigt wurden, erhellt aus einem Zwischenfall während der Feierlichkeiten anläßlich der Krönung Erzherzog Ferdinands zum böhmischen König im Juni 1617: So beanspruchte der spanische Botschafter, Iñigo Oñate, offensichtlich bestärkt durch den Erfolg der Verhandlungen mit Ferdinand bezüglich der spanischen Entschädigungen für die Zurückstellung der eigenen Erbansprüche bei der böhmischen und ungarischen Sukzession, einen Platz an der kaiserlichen Tafel,707 und drang mit dieser Forderung durch. Freilich hatte sich Oñate nicht mit seinem ursprünglichen Konzept durchsetzen können. Dieses sah nämlich vor, daß der Vertreter des spanischen Königs als einziger Botschafter einen Sitz am Tisch des Kaiserpaares erhielt, und zwar gegenüber dem Erzbischof von Prag. Eine entsprechende Zeichnung legte der Auditor Vasoli, der dieser Protokollfrage offensichtlich hohe Bedeutung beimaß, sei706

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Vgl. u. a. Maria Antonietta Visceglia, La città rituale. Roma e le sue cerimonie in età moderna, Roma 2002 (La corte dei papi 8), und den Tagungsband Cérémonial et rituel à Rome (XVIe – XIXe siècle), hg. von Ders. und Catherine Brice, Rome 1997 (Collection de l’École française de Rome 231). In Deutschland widmet sich an der Universität Münster der Sonderforschungsbereich 496 (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution) dieser Problematik. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe-ThesenForschungsperspektiven, in: Zeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), S. 489 – 527. Im Rahmen des Teilprojekts B6 (Päpstliches Zeremoniell in der Frühen Neuzeit) wurde folgender Tagungsband vorgelegt: Günther Wassilowsky, Hubert Wolf (Hgg.), Werte und Symbole im frühneuzeitlichen Rom, Münster 2005 (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereiches 496 11). Vgl. auch Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hg. von Johannes Kunisch, Berlin 1997, S. 91 – 132, sowie den instruktiven Aufsatz von Cornel A. Zwierlein, Normativität und Empirie. Denkrahmen der Präzedenz zwischen Königen auf dem Basler Konzil, am päpstlichen Hof (1564) und in der entstehenden Politikwissenschaft (bis 1648), in: Historisches Jb. 125 (2005), S. 101 – 132. Vgl. für den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit zuletzt Jörg Bölling, Das Papstzeremoniell der Renaissance, Frankfurt a. M. 2006 (Texte – Musik – Performanz, Tradition – Reform – Innovation. Studien zur Modernität des Mittelalters 12). Vgl. allgemein Barbara Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, in: Zeichen und Raum. Ausstattung und höfisches Zeremoniell in den deutschen Schlössern der Frühen Neuzeit, hg. vom Rudolstädter Arbeitskreis zur Residenzkultur, bearb. von Peter-Michael Hahn und Ulrich Schütte, München-Berlin 2006 (Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur 3), S. 103 – 122. Für den habsburgischen Kontext vgl. Karl Vocelka, Habsburgische Hochzeiten 1550 – 1600. Kulturgeschichtliche Studien zum manieristischen Repräsentationsfest, Wien-Köln-Graz 1976 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 65), sowie Géza Pálffy, Krönungsmähler in Ungarn im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Weiterleben des Tafelzeremoniells des selbstständigen ungarischen Königshofes und Machtrepräsentation der ungarischen politischen Elite, in: Mitteilungen des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung 115 (2007), S. 85 – 111, und und 116 (2008), S. 60 – 91.

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nem chiffrierten Bericht nach Rom vom 24. Juli 1617 bei mit dem eigenhändigen Zusatz Questo fu il primo dissegno fatto dal Conte d’Ognat che poi non s’accettò.708 Der Vorgang war an sich beispiellos, denn nie zuvor hatte ein Botschafter an der kaiserlichen Tafel gespeist. Die Annales Ferdinandei behandeln diesen Vorfall ausführlich.709 Um einerseits Oñate nicht bloßzustellen, andererseits aber seinen Forderungen nicht komplett zu entsprechen, wurde auch der toskanische Botschafter, Giuliano Medici, an den Tisch des Kaisers gebeten.710 Kaiser Matthias reagierte hochempfindlich auf die „Praetension“ des spanischen Botschafters und ließ dessen Begründung, sein Vorgänger Zuñiga hätte mit ihm gespeist, nicht gelten, da er, Matthias, zu diesem Zeitpunkt noch König gewesen sei. Oñate wurde abgemahnt und auch der kaiserliche Botschafter in Spanien, Khevenhüller, wurde bei König Philipp III. in dieser Angelegenheit vorstellig. Dieser gab dem Kaiser recht und sagte, daß Matthias dem Ansuchen von Oñate nicht hätte stattgeben sollen. Von einer ernsten Verstimmung von Kaiser Matthias berichtete auch der Auditor Vasoli nach Rom: Fece S. M.tà Ces.a sabbato intendere al S. Conte di Ognatte, per mezo del Cameriero maggiore et del S. Carlo d’Arach, che il modo ch’egli haveva tenuto nel giorno della coronatione in volere violentare S. M.tà a admetterlo alla sua tavola non gli era piaciuto et che però lo faceva avvertito che per un’altra volta et in altre occasioni non usasse simili impertinenze, altrimente haverebbe S. M.tà scritto al suo Re che mandasse in questo carico persona di più discretione („Ihre Majestät ließ am vergangenen Samstag dem Grafen Oñate durch seinen Oberstkämmerer und Herrn Karl von Harrach mitteilen, daß ihm sein Vorgehen am Tag der Krönung, als er Ihre Majestät nötigen wollte, an ihre Tafel zugelassen zu werden, mißfiel und daß er ihn darauf aufmerksam machen möchte, ähnliche Unverschämtheiten künftig zu unterlassen, ansonsten würde Ihre Majestät seinem König schreiben, um die Entsendung eines Botschafters mit mehr Fingerspitzengefühl zu erbitten“).711 Der Vorgang ist insofern erhellend, als die zeremoniellen Ansprüche des spanischen Botschatfers durchaus der realen Position Oñates am Kaiserhof entsprachen, wo er in der Spätphase der Regierung Kaiser Matthias’ neben den Erzherzögen Ferdinand und Maximilian den größten Einfluß ausübte und mit dem – von ihm entscheidend mit betriebenen – Sturz Klesls die auf einen Ausgleich zwischen den verfeindeten Religionsparteien abzielende kaiserlichen Politik zum Erliegen brachte. Nun aber zu Melchior Klesl selbst. Dieser legte offensichtlich größten Wert auf alle äußeren Zeichen (Titel, Präzedenz), die seinem Rang als hohen Prälaten und leitenden kaiserlichen Minister entsprachen. So beanspruchte er bereits vor seiner Kardinalsernennung den Titel Illustrissimo, was zumindest Scipione Borghese ihm 708 709 710

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ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 69v.; vgl. Abb. 1. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Sp. 1139 – 1141. Vgl. die tatsächliche Tischordnung nach Khevenhiller ebd. Sp. 1134 und Abb. 2. Wenn zu diesem Zeitpunkt ein ordentlicher Nuntius am Kaiserhof tätig gewesen wäre, hätte dieser sicherlich den Platz des spanischen Botschafters eingenommen (der geschäftsführende Auditor Vasoli, der zudem nicht über den Bischofsrang verfügte, konnte diesen Platz nicht beanspruchen). Oñate wäre dann wohl überhaupt nicht berücksichtigt worden. Vgl. Vasoli an Scipione Borghese Prag, 1617 VII 24, ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 62r, Chiffre.; diese Äußerung des Kaisers datiert übrigens fünf Wochen nach dem Zwischenfall!

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Abb. 1: Krönung Erzherzog Ferdinands zum böhmischen König 1617. Sitzordnung während des Gottesdienstes und des Hofmahles (Erster Vorschlag des spanischen Botschafters Oñate) Quelle: ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 69v

Abb. 2: Hofmahl anläßlich der Krönung Erzherzog Ferdinands zum böhmischen König 1617: Kaiserliche Tafel (definitive Sitzordnung). Quelle: Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Sp. 1134

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verweigerte, wie folgende, vom Kaiserhofnuntius Placido De Marra geschilderte Begebenheit, verdeutlicht: Il Secretario di Gleselio discorrendo l’altro hieri con un mio creato, mostrò di meravigliarsi, come il padrone non si dolesse di esser mal trattato da V. S. Ill.ma in materia di titoli, mentre tutti i cardinali, et in particolare Montalto, li danno del Ill. mo, se non come ad Arcivescovo di Vienna [sic], come a primario ministro dell’Imperatore, ma li fu all’ hora risposto che doveva cessare la sua meraviglia, poiché, secondo lo stile di Roma, i nepoti del Papa vivente usano regole in ciò assai diversi dagli altri. È facil cosa che questo tentativo sia stato fatto per ordine del medesimo Cleselio („Als der Sekretär von Klesl sich vorgestern mit einem meiner Diener unterhielt, zeigte er sich verwundert, daß sein Herr verärgert sei, weil er von Ihnen [Scipione Borghese] in Bezug auf den Titel schlecht behandelt werde, während alle Kardinäle, v. a. Montalto, ihn mit Illustrissimo anreden, wenn nicht als Erzbischof von Wien, so als leitenden Minister des Kaisers; aber ihm wurde geantwortet, daß er sich nicht mehr wundern sollte, da entsprechend dem römischen Stil die Nepoten des aktuellen Papstes sich bei dieser Praxis sehr von anderen unterscheiden. Es scheint auf der Hand zu liegen, daß dieser Vorstoß auf Weisung desselben Klesl erfolgt ist“).712 Schon vor der Kardinalserhebung Bischof Klesls war das Verhältnis zwischen ihm und den hohen Reichsfürsten, v. a. den geistlichen Kurfürsten gespannt. Carlo Madruzzo widmete diesem Antagonismus einen Absatz in seiner Finalrelation vom Regensburger Reichstag 1613: La difidenza nel trattare tra gli elettori ecclesiastici e mons. Cleselio ha difficultata grandemente la dieta et può anco apportare maggior travaglio in altre occasioni et conseguenze di rilievo, poi che detti prencipi sono partiti non in tutto ben sodisfatti per questo rispetto dalla corte („Das Mißtrauen zwischen den geistlichen Kurfürsten und Klesl hat den Verlauf des Reichstags schwer beeinträchtigt und kann auch bei anderen Gelegenheiten zu größeren Problemen und Konsequenzen führen, da die genannten Kurfürsten aus diesem Grunde unzufrieden vom Hoflager abgereist sind“).713 Madruzzo hatte also bereits erkannt, daß dieser Konflikt sich negativ auf den politischen Bereich auswirken könnte. Die Publikation der Kardinalserhebung Klesls vom April 1616 wirkte sich weiter verschärfend auf diesen Gegensatz aus, denn von diesem Moment an beanspruchte Klesl die Präzedenz nicht nur vor den Erzherzögen,714 sondern auch vor den Kurfürsten:715 Sieht man einmal von der atmosphärischen Verschlechterung des Verhältnisses zwischen dem Kardinalminister und den ranghöchsten Reichsfürsten ab, waren öffentliche Auftritte nunmehr schlechterdings ausgeschlossen. Grundsätzlich stützte die römische Kurie die Position Klesls, da die Würde und die Interessen des Kardinalskollegiums insgesamt berührt waren. In der Instruktion für den 1617 an den Kaiserhof entsandten ordentlichen Nuntius Ascanio Gesualdo finden sich zwei längere Passagen zu diesem 712 713 714 715

Wien, 1614 XI 29, ASV, Fondo Borghese II 162, fol. 76r, Chiffre. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 935. Vgl. die in Anm. 687 zitierte Chiffre Visconti Borromeos an Scipione Borghese, Prag, 1617 I 30, ASV, Fondo Borghese II 156, fol. 2r. Zum Konflikt mit dem Kurfürsten von Mainz in der Frage der gegenseitigen Anrede vgl. Vasoli an Scipione Borghese, Prag, 1617 II 27, ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 17r – 18r, Chiffre.

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Thema.716 Der Nuntius wurde darin angehalten, die Zurückhaltung Klesls im Umgang mit den Erzherzögen und dem Kurfürsten von Mainz, Schweikard von Kronberg, anzumahnen (im einen Fall ging es um die Präzedenz, im anderen Fall um die gegenseitige Anrede), andererseits sollte er verhindern che non si facci novità nessuna in pregiuditio della dignità cardinalitia e del Sacro Collegio.717 Um Klarheit über seine Ansprüche zu erhalten, schrieb Klesl auch nach Frankreich und Spanien, um zu erfahren, wie dort die Präzedenz zwischen Kardinälen und Prinzen von Geblüt geregelt sei.718 Schützenhilfe erhielt Klesl von seinem Mitbruder, Kardinal Franz von Dietrichstein,719 bei der Hochzeit von Erzherzog Matthias mit Erzherzogin Anna von Tirol in Wien im Dezember 1611 der als päpstlicher Legat fungiert hatte, wozu er mit detaillierten Anweisungen besonders für Fragen des Protokolls und des Zeremoniells sensibilisiert worden war.720 Vor dem Hintergrund der Anreise Ferdinands zu Verhandlungen über die böhmische Sukzession im Frühjahr 1617 warf Kardinal Klesl in der Prager Burg vor Kaiser Matthias die Präzedenzfrage (Vorrang vor den Erzherzögen) auf.721 Kardinal Dietrichstein sekundierte: Den Erzherzögen die Präzedenz einzuräumen, so Dietrichstein, hätte zur Folge, daß auch die Kurfürsten und der Herzog von Bayern sowie der Erzbischof von Salzburg den Vortritt beanspruchen könnten, da diese vor den Erzherzögen rangierten. Das wäre allerdings absurd, da die Kurfürsten und Kardinäle auf derselben Stufe stünden; die einen seien Electores Romani Imperatoris, die anderen Electores Romani Pontificis. Zu diesem Problem reichten sowohl Erzherzog Maximilian seine rationes als auch Klesl ein Memorandum ein. Der Kaiser konsultierte daraufhin den Geheimen Rat, wobei die Ratgeber von Kaiser Matthias zu dem Ergebnis kamen, daß man den Kardinälen nicht nachgeben solle, da Erzherzog Ferdinand kurz davor stehe, böhmischer König zu werden, und Erzherzog Maximilian in Kürze den Hof verlassen werde, um sich in seine Residenzstadt zu begeben. Klesl solle zu den Actibus publicis nicht eingeladen werden, was Klesl schließlich akzeptierte. Tatsache ist, daß sich der Präzedenzkonflikt zwischen Kardinal Klesl und den Erzherzögen und Kurfürsten negativ auf die Regelung der Sukzession im Reich, aber auch der in Böhmen auswirkte, denn Matthias wünschte den Sachverstand von Klesl auf einem Wahlkonvent der Kurfürsten bzw. bei den Verhandlungen mit den 716 717 718 719 720

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Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 1061 f. Ebd. S. 1062. Vgl. Vasoli an Scipione Borghese, Prag, 1617 V 29, ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 50r – 51r, Chiffre. Zu ihm vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 178 f. Vgl. ebd. S. 778 – 780. Vgl. außerdem Silvano Giordano, La legazione del Cardinale Franz von Dietrichstein per le nozze di Mattia, re d’Ungheria e di Bohemia (1611), in: Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, Wien 2006 (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 45 – 57, mit Publikation der zweiten Instruktion für Dietrichstein, ebd. S. 56 f. Khevenhiller berichtet in seinen Annales Ferdinandei, Sp. 1093 – 1098, von diesem Vorfall. Weder Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II., noch Anton Kerschbaumer, Cardinal Klesl. Minister-Präsident unter Kaiser Mathias, Wien 1865, gehen in ihren Abhandlungen auf dieses Präzedenzproblem ein, ebensowenig Rainer, Der Prozeß gegen Kardinal Klesl.

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böhmischen Ständen, zu denen auch Ferdinand aus Graz anreiste. Die Anwesenheit eines Kardinals der römischen Kirche bei einem offiziellen Zusammentreffen der Kurfürsten war eigentlich seit 1555 nicht mehr denkbar, geschweige denn im politischen Kontext der Jahre vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs. Vizekanzler Ulm war deshalb auch überzeugt, so Gesualdo in einem chiffrierten Schreiben nach Rom, daß die Kurfürsten Klesl keine Präzedenz einräumen und ihn auch nicht als kaiserlichen Kommissar akzeptieren würden, auch wenn zur Zeit Karls V. Granvelle zweimal an einem Reichstag als Kommissar teilgenommen habe, allerdings nicht in Zusammenhang mit einem Wahlgeschäft: tuttavia in occasione di trattar di successione non par che si trovi che cardinale mai vi intervenisse.722 Ob die Präzedenzfrage ein reales Hindernis bei der Erledigung der Nachfolge im Reich bzw. in Böhmen war oder von Klesl nur vorgeschützt wurde, um die Angelegenheit zu verzögern, ist schwer einzuschätzen.723 Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch die Reaktion von Kaiser Matthias auf die Kardinalsernennungen vom Frühjahr 1618, bei der seine beiden Personalvorschläge (Placido De Marra und Ottavio Ridolfi724) keine Berücksichtigung gefunden hatten. Gesualdo erläuterte dem Oberstkämmerer, der sich im Namen des Kaisers in dieser Angelegenheit bei ihm beschwerte, daß es erstens zu wenig freie Plätze gegeben habe und daß der Papst zweitens die soggetti italiani selbst auswählen und ehren, die anderen Fürsten aber durch soggetti nationali zufriedenstellen wolle. Mi rispose in questo che S. M.tà non nominarà più nessuno nationale, perché vogliono poi essi, stando qua, contendere con li Arciduchi di precedenza, et di altro, ma che nominava questi, perché sono informati delle cose di qua et possono nelle occasioni rappresentarle a S. S.à, stando in Roma („Mir antwortete er darauf in diesem Zusammenhang, daß Ihre Majestät keinen nationalen Kandidaten mehr vorschlagen werde, da diese, wenn sie sich am Hof aufhalten, den Erzherzögen den Vorrang streitig machen wollen udgl. mehr, sondern diese [italienische Prälaten], weil sie Kenntnis haben über die hiesigen Verhältnisse und diese Ihrer Heiligkeit gegebenenfalls vor Augen führen können, da sie in Rom residieren“).725 Erst im März 1618, also kurz vor dem Sturz Klesls kam es zu einer Teillösung des Konflikts zwischen Klesl und dem Kurfürsten von Mainz durch die Absprache, sich gegenseitig mit V. S. Ill.ma zu betiteln und bei privaten Besuchen, der Mainzer bei sich und Klesl umgekehrt in seinem 722 723

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Vgl. Gesualdo an Scipione Borghese, Prag, 1617 X 9, ASV, Fondo Borghese II 168, fol. 91r, Chiffre. Der Auditor Vasoli war jedenfalls der Ansicht, daß Klesl die Präzedenzfrage instrumentalisierte, um die Sukzessionesangelegenheit zu verhindern: Siamo di nuovo ai disgusti per questa precedenza con la quale al solito il S. Cardinal Cleselio vorrebbe coprire la sua poco buona intentione a promovere la successione nell’Imperio (Vasoli an Scipione Borghese, Prag, 1617 VII 17, ebd. fol. 63r, Chiffre). Ottavio Ridolfi wurde schließlich unter Gregor XV. zum Kardinal erhoben, vgl. Hierarchia catholica, Bd. IV, S. 17 und 94. Vgl. in diesem Zusammenhang Elisabeth Springer, Die Brüder Ridolfi in Rom. Habsburgische Agenten im Schatten des Bruderzwistes, in: Dies., Leopold Kammerhofer (Hgg.), Archiv und Forschung. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in seiner Bedeutung für die Geschichte Österreichs und Europas, München 1993 (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 20), S. 78 – 95. Gesualdo an Scipione Borghese, Wien, 1618 IV 28, ASV, Fondo Borghese II 156, fol. 55r, Chiffre.

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Haus jeweils dem anderen die Präzedenz einzuräumen. Ein Zusammentreffen in der Öffentlichkeit (also bei atti publici) kam weiterhin nicht in Frage.726 Zusammenfassend läßt sich festhalten: Das Wirken der Nuntien am Kaiserhof zielte in den Jahren zwischen 1612 und 1621 im wesentlichen auf eine Regelung der Nachfolge von Kaiser Matthias zugunsten des Erzherzogs Ferdinand von Innerösterreich. In der Regel waren die Nuntien gut informiert über die politischen Probleme im Reich und in den habsburgischen Erbländern sowie über die Vorgänge am Kaiserhof. Als Akteure kann man sie nur eingeschränkt bezeichnen. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, daß der Heilige Stuhl etwa auch in der Frage der Subsidien für die Liga im Vorfeld des Krieges und auch nach Ausbruch der böhmischen Rebellion nicht viel zu bieten hatte.727 In der Frage der Sukzessionen (Böhmen, Ungarn, Reich) versuchten die Nuntien zwischen Klesl und seinen Gegnern am Hof zu vermitteln, doch ohne Erfolg. An den Anschlagsplänen gegen den Minister war die Kurie nach Ausweis der Quellen nicht aktiv beteiligt. Nach dem Sturz Klesls gelang es der Kurie schnell, sich die Jurisdiktion hinsichtlich der Person des Kardinals zu sichern und eine gewisse Satisfaktion von seiten Ferdinands728 für die Gewaltaktion einzufordern. Im gesamten Kontext der Sukzessions726

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Vgl. Gesualdo an Scipione Borghese, Wien, 1618 III 3, ebd. fol. 17r – v, Chiffre: Mi dice il Cardinale Cleselio, con molta secretezza, che, havendo il Magonza bisogno in un grave negotio di S. M.tà Ces.a, egli ha preso occasione di trattar seco le differenze di titoli et di precedenza, et che quanto ai titoli era quasi aggiustato che si trattassero del V. S. Ill.ma egualmente, et che questo si sarebbe usato con tutti i cardinali, et nelli registri della Cancelleria di Germania si sarebbe così notato, et mutato la forma antica che era di ricever del V. S. Ill.ma et dar del V. S. R.ma, coma ha usato con il Cardinal Dietrichstain et Trento et altri. Quanto alla precedenza, che il Cardinal Cleselio assicurava il Magonza di non comparire nelli atti publici, et che nelli conviti privati, et nelle case proprie sariano stati d’accordo, mostrandomi di convenire che in casa sua nelli conviti sarebbe stato nell’ultimo luogo anco sotto quelle persone che non pretendono seco la precedenza; et dice haver l’ intentione di S. S.tà in conformità di questo per lettere del S. Ridolfi. Io non li ho data risposta precisa, ma dettoli che in Ratisbona poi il tempo et le occasioni l’ insegnerà il modo. Il S. Vicecancelliero Vlm, mezano di questo trattato, mi dice di più che il Cardinale Cleselio acconsentirà a dare in casa sua la precedenza all’Elettore, il quale parimente la darà in casa propria al Cardinale, et il medesimo seguirà con li altri Elettori Ecclesiastici, et non esser ciò poco, perché gli Elettori precedono agli Arciduchi, et il Magonza in particolare, havendo negli atti privati, quando sono in Dieta, precede[nza] al Re di Bohemia. Se a S. S.tà parerà di suggerir altro sopra di ciò, me lo potrà ordinare che io non lascerò di persuaderli che anco da questi atti privati si astenga. Nach dem Prager Fenstersturz stellte Paul V. 10 000 fiorini für den Feldzug gegen die Rebellen zur Verfügung, vgl. Gesualdo an Scipione Borghese, Wien, 1618 VII 21, ASV, Fondo Borghese II 156, 106r; vgl. auch Gesualdo an Scipione Borghese, Wien, 1618 VIII 18, ebd. fol. 114r: Ancora non è comparsa la poliza di cambio delli diecimila fiorini, né tengo avviso alcuno da Venetia da chi li habbia a riscuotere, secondo scriveva il S. Roberto Primi, che mi si doveva far sapere; si che ci sarà tempo da aspettar da V. S. Ill.ma nuovo ordine di quello si habbia a fare circa questo sborso, et del tempo quando havrà da cominciar li sei mesi, et delle conditioni che si havran da osservare. Di Spagna sin hora non ci è avviso d’aiuto et quel che si dà oggi è delli duemila fanti d’Alsatia solamente. Der Kaiser und seine Räte hatten jedoch bei weitem mehr erwartet. Vgl. hierzu Kap. I.9, S. 143. Nach einem Beschluß der in dieser Frage zuständigen Kardinalskongregation mußte Ferdinand für sich um Absolution bitten, vgl. oben S. 162 f.

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problematik im Reich und in Böhmen und Ungarn in den Jahren zwischen 1612 und 1619 kommt schließlich den Fragen von Zeremoniell und Ritual (Stichwort: Protokollstreitigkeiten) ein nicht zu unterschätzender Stellenwert zu, denn der zwischen den Hauptprotagonisten (Klesl, Kurfürsten, Erzherzöge) schwelende Präzedenzkonflikt – verbunden mit persönlichen Animositäten – wirkte sich behindernd auf die Erledigung der wichtigsten politischen Fragen aus, v. a. auf die Behandlung der Sukzessionen: Ein Zusammentreffen des Premierministers Kaiser Matthias’ mit den ranghöchsten Fürsten des Reichs und der habsburgischen Erbländer bei offiziellen Anlässen, zu denen die Fürstentage und Wahlkonvente zählten, war nahezu kategorisch ausgeschlossen. Letztendlich brachten die Bemühungen um die Sicherung der Herrschaft Ferdinands in den habsburgischen Erbländern und im Reich auch die römische Kurie ungewollt in einen unlösbaren Gegensatz zu Kardinal Klesl, dessen Politik sie ablehnte, dessen Person und Rang sie jedoch zu schützen hatte.

Anhang Vertreter des Papstes am Kaiserhof und am Reichstag 1612 – 1621 • 1612 Juli – 1616 April: Placido De Marra, Bischof von Melfi und Rapolla (ordentlicher Nuntius) • 1613 April – November: Kardinal Carlo Gaudenzio Madruzzo, Bischof von Trient (Legat am Reichstag von Regensburg) • 1615 Juli – August: Alessandro Vasoli, Auditor (geschäftsführend) • 1616 Mai – Oktober: Alessandro Vasoli (Internuntius) • 1616 Juli – 1617 Februar 14: Vitaliano Visconti Borromeo, Titularerzbischof von Adrianopel (ordentlicher Nuntius) • 1617 Februar – September: Alessandro Vasoli, Auditor (geschäftsführend) • 1617 November – 1621 April: Ascanio Gesualdo, Erzbischof von. Bari (ordentlicher Nuntius) • 1619 April – 1610 Februar: Fabrizio Verospi, Apostolischer Protonotar (außerordentlicher Nuntius)

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11. Die römische Kurie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges Gregor XV., das Reich und der Aufstieg Bayerns Trotz der relativ kurzen Dauer von knapp zweieinhalb Jahren bildet der Pontifikat von Gregor XV. Ludovisi (Anfang Februar 1621 – Anfang Juli 1623) ein bedeutendes Kapitel der Geschichte des Papsttums im 17. Jahrhundert.729 Unter der Regierung Gregors erfolgte nicht nur die folgenreiche Gründung der kurialen Missionskongregation De propaganda fide 730 und eine ebenso folgenreiche Reform des Konklave,731 mit seinem Namen verbunden bleibt auch der Beginn einer entschiedenen Rekatholisierungspolitik in Böhmen und im übrigen Reich nach der Schlacht am Weißen Berg, die zu Beginn des Pontifikats gerade drei Monate zurücklag. Vor einigen Jahren erschien die Edition der Hauptinstruktionen dieses Pontifikats, die die großen Linien und Zielsetzungen der päpstlichen Außenpolitik zu Beginn der 20er Jahre des 17. Jahrhunderts zu erkennen geben.732 Im folgenden soll auf der Grundlage dieser Quellen die Reichspolitik Gregors XV. beleuchtet werden, wobei neben den einzelnen diplomatischen Deutschlandmissionen am Rande auch andere Nuntiaturen mit einbezogen werden sollen. Für den Pontifikat Gregors XV. sind folgende Hauptinstruktionen für päpstliche Diplomaten überliefert, die ins Reich entsandt wurden: Carlo Carafa (ordentlicher Nuntius am Kaiserhof),733 Pietro Aldobrandini (General der päpstlichen Truppen in Böhmen),734 Pietro Francesco Montoro (ordentlicher Nuntius in Köln),735 Fabrizio Verospi (außerordentlicher Nuntius am Kaiserhof),736 und Leone Allacci (apostolischer Kommissar zur Überführung der Bibliotheca Palatina nach Rom).737 Neben diesen Texten können auch Passagen anderer Hauptinstruktionen, die nicht das Reich direkt betreffen, aufschlußreich sein für die Bewertung der Deutschlandpolitik der Kurie unter Gregor XV., etwa Teile der Hauptinstruktionen für Ottavio Corsini

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Vgl. Alexander Koller, Art. Gregorio XV, in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 59, Roma 2002, S. 225 – 229. Vgl. Sacrae Congregationis de Propaganda Fide memoria rerum. 350 Jahre im Dienste der Weltmission 1622 – 1972, Bd. I/1 – 2: 1622 – 1670, hg. von Josef Metzler, Rom-FreiburgWien 1971. Vgl. Günther Wassilowsky, Die Konklavereform Gregors XV. (1621/22). Wertekonflikte, symbolische Inszenierung und Verfahrenswandel im posttridentinischen Papsttum, Hiersemann, Stuttgart 2010 (Päpste und Papsttum, 38). Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, hg. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). Ebd. Nr. 6. Ebd. Nr. 12. Ebd. Nr. 15. Er erhielt insgesamt drei Hauptinstruktionen, ebd. Nr. 20 – 22. Ebd. Nr. 28.

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(ordentlicher Nuntius in Frankreich)738 und für Giuseppe Acquaviva (außerordentlicher Nuntius in Spanien).739 Mit dem Pontifikat Gregors XIII. hatte die Deutschlanddiplomatie eine Erweiterung (Köln, Graz) und Intensivierung (zahlreiche außerordentliche Missionen) erfahren.740 Dieses in den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts entstandene Nuntiennetzwerk im Reich blieb im Grunde bis zu Gregor XV. bestehen, der allerdings nach der Abberufung des ordentlichen Nuntius Erasmo Paravicini in seinem zweiten Pontifikatsjahr die Grazer Nuntiatur nicht wieder besetzte, was letztendlich einer Schließung dieser Institution gleichkam. Sie hatte offensichtlich mit der Kaiserwahl Erzherzog Ferdinands ihre Funktion verloren.741 Auf Grund der komplizierten konfessionellen und politischen Verhältnisse zählten die deutschen Nuntiaturen zu den schwierigeren Mandaten des päpstlichen Gesandtschaftswesens. Entsprechend hoch waren die Herausforderungen an die zu beauftragende Person, wie einleitend in der ersten Hauptinstruktion an Verospi unterstrichen wird: Grandissimo argomento di esercitar la pietà et il valor di qualunque grand’ huomo sono le cose della Germania.742 Das alles bestimmende Hauptthema der päpstlichen Reichspolitik jener Jahre bildete die Sicherung der Katholizität des Kaisertums. Grundsätzlich favorisierte die römische Kurie in den Jahren um 1600 aus Mangel an wählbaren und erfolgversprechenden katholischen Kandidaten einen Vertreter der österreichischen Linie des Hauses Habsburg als Anwärter auf die Kaiserkrone, was bei den Sukzessionen der Jahre 1612 (Erzherzog Matthias) und 1619 (Erzherzog Ferdinand) deutlich wurde.743 Voraussetzung für künftige aussichtsreiche habsburgische Kandidaturen war allerdings die politische und konfessionelle Stabilisierung der habsburgischen Erbländer. Von den anderen Reichsfürsten kamen allenfalls die in Bayern regierenden katholischen Wittelsbacher in Frage, die allerdings (noch) nicht im Kurkolleg vertreten waren. Neben den Bemühungen um den Verbleib der Kaiserwürde im katholischen Lager sollte auch die Autorität des Kaisers wiederhergestellt werden. So findet sich in der im April 1621 ausgestellten Hauptinstruktion für Carlo Carafa folgender Passus: […] egli è noto quanto […] per la diversitá della religione l’Imperadore habbia perduto d’autorità, come truovi difficultà nelle necessarie contributioni e nel far ubbedire le lettere e bandi imperiali […] („er weiß wohl, wieviel Autorität der Kaiser wegen der Glau-

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Ebd. Nr. 4. Für ihn wurden insgesamt vier Instruktionen ausgefertigt, ebd. Nr. 16 – 19. Vgl. Kap. I.4. Vgl. Johann Rainer, Die Grazer Nuntiatur 1580 – 1622, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 282; Elisabeth Zingerle, Dynastie und Reform. Zur Schließung der Grazer Nuntiatur, in: Alexander Koller (Hg.), Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. (1605 – 1621), Tübingen 2008 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 115), S. 391 – 407. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 827. Vgl. Kap. I.10.

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I. Kaiser und Papst

bensspaltung verloren hat, wie er bei notwendigen Steuerhebungen und der Durchsetzung kaiserlicher Dekrete auf Schwierigkeiten stößt […]“).744 Die Frage des Glaubensbekenntnisses eines künftigen Kaisers war eng verbunden mit der konfessionellen Zusammensetzung des Kurkollegiums. Das Papsttum bemühte sich deshalb, die katholische Majorität in diesem Gremium zu garantieren bzw. auszubauen. Die Situation war zu Beginn des Pontifikats Gregors XV. günstig, da der calvinistische Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz745 nach der Schlacht am Weißen Berg nicht nur Böhmen und die damit verknüpfte Kurwürde aufgeben mußte, sondern auch dem Reichsbann verfiel und damit sowohl seine Stammlande als auch die fünfte Kurstimme, die traditionell mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein verbunden war, zur Disposition standen. Die römische Kurie unternahm sofort alle Anstrengungen, diese Kurstimme auf einen katholischen Fürsten übertragen zu lassen: perché là dove gli elettori ecclesiastici et catolici sono tre che contrapesavano a pena le voci de’ tre elettori laici ed heretici, hora, guadagnandosi uno de’ laici, se ne havranno del continuo quattro certissimi („da die geistlichen katholischen Kurfürsten drei an der Zahl sind und kaum die Stimmen der weltlichen, häretischen Kurfürsten ausgleichen können, hätte man künftig vier sichere Stimmen, wenn man eine der weltlichen gewinnen könnte“).746 Die Debatte über die konfessionelle Zugehörigkeit des Reichsoberhaupts und die Möglichkeit, einen Protestanten zum Kaiser zu wählen, wurde damals in weiten Teilen der Gesellschaft geführt.747 Für das Papsttum war diese Vorstellung ungeheuerlich. Seit der Reformation, spätestens aber seit der reichsrechtlichen Anerkennung des Luthertums Mitte des 16. Jahrhunderts, hatten Papst und Kurie das Horrorbild eines protestantischen Kaisers ständig vor Augen. In der bereits zitierten Hauptinstruktion für Carlo Carafa von 1621 findet sich folgende Wendung: La chiesa catolica è vissuta già cento anni fa in perpetuo pericolo di vedere nella Germania un imperadore non suo e quasi di pronosticare con la fine dell’Imperio Romano la fin del mondo […] („Die katholische Kirche lebt nun schon seit 100 Jahren in der ständigen Gefahr, in Deutschland einen Kaiser an der Spitze zu sehen, der nicht aus ihren Reihen stammt. Dies würde quasi das Ende des Reichs und das Ende der Welt bedeuten“).748 Es ist 744 745 746

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Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 618. Zu ihm vgl. Friedrich Hermann Schubert in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 5, Berlin 1961, S. 535 f. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 614. Eine ähnliche Formulierung findet sich in der Hauptinstruktion für Giuseppe Acquaviva, ebd. S. 794: Dunque già sono corsi cento anni che sospiriamo in opportunità tanto grande di rimettere la voce elettorale in un principe catolico et assicurare l’Imperio in eterno fra Catolici, et hora che l’ habbiamo in podestà nostra, ce la lasciamo, dirò, stoltamente levar dalle mani. Deh, guardiamoci dall’ ira di Dio! („Nun warten wir schon sehnsüchtig seit 100 Jahren auf eine so bedeutende Möglichkeit, eine Kurstimme wieder auf einen katholischen Fürsten übertragen zu lassen und das Reich auf ewig bei den Katholiken zu belassen, und jetzt, da wir diese Möglichkeit haben, lassen wir sie uns dummerweise aus der Hand nehmen. Hüten wir uns vor dem Zorn Gottes!“). Heinz Duchhardt, Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht, Wiesbaden 1977 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 87, Abteilung Universalgeschichte). Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 614.

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deshalb auch nicht verwunderlich, mit welchem Einsatz die römische Kirche entsprechende bedrohliche Szenarien in jener Zeit zu entschärfen suchte. Bereits in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts hatten die Kurie und ihre Vertreter im Reich ein größeres Krisenmanagement betrieben, um das seit längerem gefährdete Erzbistum Köln (und die damit verbundene Kurstimme) nach dem Abfall von Gebhard Truchseß von Waldburg längerfristig für die katholische Kirche zu sichern.749 Ein Ergebnis dieser Krise war die Einrichtung der Kölner Nuntiatur, wobei die Vertreter des Papstes am Rhein nicht nur pastorale Aufgaben wahrnahmen, sondern v. a. die drei geistlichen Kurfürstentümer ihres Nuntiatursprengels kontrollieren sollten. Dabei hatten sie nicht nur die Amtsführung der Fürstbischöfe zu beobachten, sondern auch dafür zu sorgen, daß zuverlässige Prälaten in die Domkapitel aufgenommen wurden, um künftige Bischofswahlen im Sinne Roms anzubahnen, was letztlich wiederum der Sicherung der katholischen Kurstimmen diente. Ganz in diesem Sinne wurde der unter Gregor XV. nach Köln entsandte Pietro Francesco Montoro angewiesen: Dunque, la principal cagione, onde i sommi pontefici hanno fermamente mantenuto il nuntio in Colonia, è stata […] per vigilare sopra le più illustri e gran chiese della Germania e principalmente sopra li tre elettorali, accioché non s’ introducano ne’ capitoli canonici heretici e non si eleggono prelati non catolici e non zelanti, ma, dopo esser eletti, si mantengano alla Sede Ap.ca uniti e ubbidienti („Der Hauptgrund, weshalb die Päpste weiterhin an der Nuntiatur in Köln energisch festgehalten haben, war, über die bedeutendsten und größten Kirchen Deutschlands, hauptsächlich über die drei Kurerzbistümer, zu wachen, damit die Aufnahme von häretischen Kanonikern in die Kapitel verhindert werde und nur katholische und fromme Prälaten gewählt würden, die nach ihrer Wahl weiterhin Verbundenheit und Treue gegenüber dem Apostolischen Stuhl bekundeten“).750 Zu Beginn des Pontifikats Gregors XV. ging es allerdings nicht um die Sicherung einer katholischen Kurstimme wie im Fall Kölns, sondern um die Übertragung einer vakanten protestantischen Kurstimme auf einen katholischen Fürsten. Es war dies eine zentrale Frage, die in allen das Reich betreffenden Hauptinstruktionen des Ludovisi-Pontifikats behandelt wurde, denn der Ausbau der katholischen Majorität im Kurkolleg wurde auch als Voraussetzung für eine umfassende Rekatholisierung des Reichs angesehen.751 Lediglich zwei Personen kamen für die Übernahme des pfälzischen Kurtitels in Frage: Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg752 und Herzog Maximilian von

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Vgl. Kap. I.4. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 764. Vgl. hierzu einen weiteren Passus in der Hauptinstruktion für Montoro: col quinto voto catolico si assicura tanto più l’Imperio fra Catolici, ebd. S. 777. Vgl. zu ihm Josef Breitenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 44, Leipzig 1898, S. 87 – 116.

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I. Kaiser und Papst

Bayern,753 die beide wie Friedrich V. aus dem Haus Wittelsbach stammten. Der Neuburger konnte das engere Verwandtschaftsverhältnis zu Friedrich aufweisen, während für den Bayernherzog die Verdienste um den Katholizismus und die jüngsten militärischen Erfolge sprachen. Für die römische Kurie hatte dabei die ragion del merito ein stärkeres Gewicht als die ragion del sangue.754 Für die Positionierung Roms war weiter entscheidend, daß Wolfgang Wilhelm erst vor kurzem zum katholischen Glauben übergetreten war und auf Grund des relativ kleinen Territoriums und seiner finanziellen sowie militärischen Ressourcen im Vergleich zu seinem bayerischen Verwandten im Konfliktfall die neue Kurwürde nicht verteidigen hätte können.755 Die Haltung Roms in der Frage des möglichen Kurkandidaten war also eindeutig. Allerdings ergibt sich aus den Weisungen für die Nuntien am Kaiserhof, in Köln, Paris und Madrid ein differenzierteres Bild mit unterschiedlichen Argumentationsund Strategiemustern, die allerdings letztendlich demselben Endziel verpflichtet waren. In den Hauptinstruktionen für die Kaiserhofnuntien Carafa und Verospi wird der Spezialauftrag der Kurtranslation klar umrissen. Demnach sollte die vakante Kur schnellstmöglich durch Kaiser Ferdinand dem Herzog von Bayern übertragen werden, und zwar vor dem geplanten Regensburger Fürstentag. Bei ihren Bemühungen sollten die päpstlichen Vertreter betonen, daß nicht zuletzt in diesem Fall die kaiserliche Autorität unter Beweis zu stellen sei. Der Hauptgrund für eine rasche Kurübertragung an Maximilian sei aber, daß Ferdinand eine entsprechende Maßnahme bereits fest zugesagt habe756 und er sich dieser Verpflichtung nicht entziehen könne. Deshalb stehe hier auch die sicurezza della salute 757 des Kaisers auf dem Spiel, ein Umstand, den nicht nur die Nuntien, sondern auch die Beichtväter, allen voran der als päpstlicher Sondernuntius entsandte Giacinto da Casale dem Monarchen einschärfen und ihn so unter Druck setzen sollten. Ganz anders und sehr viel zurückhaltender waren in diesem Zusammenhang die Direktiven für Montoro formuliert, der im Juli 1621 nach Köln entsandt wurde: V. S. non entrerà fra le pretensioni loro, desiderando N. S. a ciascuno di essa loro ogni bene e felicità et amandoli paternamente […] („er [der Nuntius] solle keine Bevorzugung der einen oder anderen Kandidatur zu erkennen geben, da der Papst beiden [Bayern, Neuburg] Glück wünsche und sie väterlich liebe […]“).758 Dem Kölner Nuntius wurde damit eine neutrale Linie vorgegeben, offenbar mit Rücksicht auf die päpstliche 753 754 755 756

757 758

Vgl. die umfassende Biographie von Dieter Albrecht, Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651, München 1998. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 617. […] ha cosi piccoli stati che non si possa con le proprie forze difendere la conseguita dignità dell’Ellettorato, ebd. […] osserverà [der Kaiser] la data parola e la promessa fede al Bavaro, Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 842; die Passage nimmt Bezug auf die Konferenz von München des Jahres 1619, bei der die Übertragung der Kurwürde an Bayern von Ferdinand II. zugesichert worden war (allerdings nur mündlich!), vgl. Max Spindler (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, Bd. 2, 2. Aufl., München 1981, S. 425. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 843. Ebd. S. 778.

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Konfessionspolitik in den niederrheinischen Territorien des Neokonvertiten Wolfgang Wilhelm (Herzogtümer Jülich und Berg), die im Einzugsbereich der Kölner Nuntiatur lagen. Auch der außerordentliche Nuntius in Spanien Giuseppe Acquaviva wurde angewiesen, bei der Behandlung der pfälzischen Kurwürde äußerst behutsam vorzugehen. In seiner Instruktion wurde die neuburgische Anwartschaft bewußt nicht thematisiert. Eine Übertragung der Kurwürde an den Pfalzgrafen von Neuburg wäre dabei aus der Perspektive Spaniens durchaus in Frage gekommen, da Madrid die bayerische Position im Reich durch eine zweite Kurwürde neben Köln nicht weiter aufwerten wollte, die mittelfristig Bayern auch den Weg zur Kaiserkrone hätte ebnen können. Ähnliche Befürchtungen hinsichtlich einer Kräfteverschiebung im habsburgisch-wittelsbach(-bayerischen) Verhältnis zugunsten Bayerns gab es auch am Kaiserhof.759 Acquaviva wie auch sein Kollege Verospi in Wien sollten alle diese Befürchtungen entkräften und sich nachhaltig für Herzog Maximilian einsetzen. Dabei sollte betont werden, daß im Falle der Rangerhöhung Bayerns zum Kurfürstentum sich die bayerisch-habsburgische Rivalität nicht verschärfen würde, zumal es sich bei Köln nicht um eine erbliche Kurwürde handle. Der tatsächliche Macht- und Prestigezuwachs für den Bayernherzog, der mit der angestrebten Kurtranslation verbunden war, wurde also von Rom bewußt heruntergespielt. In der Instruktion für Ottavio Corsini, der im April 1621 als ordentlicher Nuntius nach Paris entsandt wurde, wurde das Problem der Kurübertragung v. a. unter konfessionspolitischen Gesichtspunkten behandelt. So wurde die geplante Maßnahme des definitiven Entzugs der pfälzischen Kurwürde als Schwächung des Calvinismus im Reich mit positiven Auswirkungen für die im Kampf mit den Hugenotten befindliche französische Krone dargestellt.760 Der französische König sollte die Stärkung der katholischen Partei im Kurkolleg unterstützen und damit seinen Verpflichtungen nachkommen, die sich dem Ehrentitel Maestà christianissima ergäben, zumal sowohl die Kaiserwürde als auch das französische Königtum sich auf denselben, vom Papst gesalbten Ahnherrn (Karl den Großen) zurückführen ließen.761 Die politische Strategie zur Festigung und zum Ausbau der Stellung des Katholizismus im Reich wurde unter dem Pontifikat Gregors XV. von militärischen und konfessionspolitischen Maßnahmen flankiert. Obwohl mit der celeste vittoria762 vom 8. November 1620 ein entscheidender Erfolg des katholischen Lagers erzielt worden war, sollte dieser nach den Vorstellungen 759 760

761 762

Ebd. S. 840 f. Zwischen den Hugenotten und ihren deutschen Glaubensbrüdern bestanden intensive Kontakte, die sich auch in der Person Friedrichs V. widerspiegelten, der an der Adelsakademie am Hof Heinrichs von Bouillon in Sedan erzogen worden war, vgl. Volker Press, Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559 – 1619, Stuttgart 1970 (Kieler Historische Studien 7), S. 488. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 551. Ebd. S. 551 (Instruktion für Carafa); in der Hauptinstruktion für Acquaviva findet sich folgende Wendung: la miracolosa vittoria di Praga, ebd. S. 788; zur Sprache der Hauptinstruktionen in konfessionspolitischen Zusammenhängen vgl. Kap. I.9, S. 149 – 151.

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I. Kaiser und Papst

Roms nicht dazu genutzt werden, den Frieden im Reich wiederherzustellen. Vielmehr erhielt der Nuntius am Kaiserhof die Weisung, energisch beim Kaiser darauf zu drängen, den Krieg bis zur völligen Vernichtung der ostinate reliquie de’ rebelli („verbliebenen hartnäckigen Rebellen“) weiterzuführen.763 Es sollte keine Zeit verloren werden. An vielen der Hauptinstruktionen Gregors XV. begegnen Wendungen, die auf die Notwendigkeit eines konsequenten und schnellen Handelns abzielen, etwa in der Generalweisung für Carafa: […] V. S. non perderà niuna opportunità di sollecitar le cose della guerra che in gran parte nella celerità trovano la vittoria („[Carafa] soll den Krieg ständig in Erinnerung rufen, der mit Schnelligkeit siegreich beendet wird“),764 però non è tempo d’ indugi, né di coperti andamenti („es ist nicht die Zeit des Zauderns oder des verdeckten Handelns“),765 non perdere il tempo, a non isdegnare con la lentezza l’ istessa fortuna („keine Zeit verlieren, um nicht durch Langsamkeit das Schicksal selbst zu verachten“).766 Auch die erste Instruktion für Verospi enthält ähnliche Formulierungen: accendendo V. S. gli animi di Cesare e de’ suoi ministri al continuar la guerra („indem er [Verospi] den Sinn des Kaisers und seiner Minister entflammt, um den Krieg fortzuführen“),767 sforzare a ritener l’armi in mano et maneggiarle valorosamente per giunger dopo le ritenute vittorie al destinato trionfo („ihn [den Kaiser] zwingen, die Waffen nicht aus der Hand zu legen, sie vielmehr kraftvoll zu führen, um nach anhaltenden Siegen zum vorherbestimmten Triumph zu gelangen“).768 Der Papst trug auch materiell beträchtlich zur Weiterführung des Krieges bei, indem er die von Paul V. zugesagten Subsidien erhöhte. Die Summen wurden z. T. über eine Steuer erbracht, die deutschen Benefizien und italienischen Orden auferlegt wurde.769 Der Rest kam von der apostolischen Kammer.770 Die Gelder dienten auch dem Unterhalt eines Regiments, das unter Führung des päpstlichen Generals und Papstnepoten Pietro Aldobrandini stand, der ebenfalls eine Hauptinstruktion für seine militärische Mission erhielt, in der v. a. die organisatorischen und logistischen Details beschrieben waren (Soldzahlungen, Ankauf von Waffen, Zusammenarbeit mit dem Kaiserhofnuntius usw.). Bei der Auswahl der Führungskräfte, aber auch der einfachen Söldner sollte er v. a. darauf achten, daß ausschließlich Katholiken zum Zuge kamen.771 Der militärische Erfolg der katholischen Liga vom Herbst 1620 war die Voraussetzung für die verstärkten Anstrengungen Gregors XV. auf dem Gebiet der katholischen Reform und der Rückgewinnung verlorener Gebiete, wo sich auch die neue kuriale Missionsbehörde mit der programmatischen Bezeichnung de propaganda fide engagierte.772 763 764 765 766 767 768 769 770 771 772

Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 608. Ebd. S. 610. Ebd. S. 611. Ebd. S. 613. Ebd. S. 837. Ebd. S. 831. Ebd. S. 608 und 777. Ebd. S. 49. Ebd. S. 738. Ebd. S. 607.

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Im Bereich der katholischen Reform wurde den Nuntien v. a. die Kontrolle der Bischöfe und Kathedralkapitel eingeschärft, die als Garanten und Pfeiler der päpstlichen Autorität im Reich betrachtet wurden.773 Wie bereits angesprochen, kam in diesem Zusammenhang der Auswahl von Kandidaten für die Bischofsstühle entscheidende Bedeutung zu, wobei der Umstand des katholischen Glaubensbekenntnisses noch kein hinreichendes Kriterium darstellte, es sollten vielmehr persone non solamente catoliche, ma zelanti e pie 774 ausgewählt werden, also Kleriker, die durch ihren Glaubenseifer überzeugten. Die Kontrolle der Bistümer durch die Nuntien beschränkte sich freilich nicht auf die neuralgischen Perioden der Vakanzen und Neubesetzungen der Bischofsstühle, sondern verlangte eine kontinuierliche Aufmerksamkeit hinsichtlich der Amtsführung der Bischöfe und Domkapitulare sowie der Umsetzung der Dekrete des Konzils von Trient in den jeweiligen Diözesen. Für die katholische Reform in Böhmen nach der Wende von 1620 erhielt Carafa einen umfassenden Katalog von Sofortmaßnahmen,775 dessen zentrale Punkte die Reform des Säkular- und Ordensklerus sowie den Aufbau von Seminaren und Kollegien zur Förderung des Priesternachwuchses wegen des akuten Priestermangels (per la grandissima penuria che vi ha di sacerdoti)776 betrafen. Bei der Bekämpfung der Neugläubigen werden die Calvinisten als die Hauptfeinde des Katholizismus und Abschaum der Menschheit (la più malvaggia gente del mondo)777 charakterisiert. In der Instruktion für P. Tobia Corona, der im Juli 1621 als außerordentlicher Nuntius nach Savoyen und Frankreich reiste, wird Genf als Sammelpunkt aller Häresien und als zweites Sodom beschrieben.778 Es ergab sich also aus der Sicht Roms eine Abstufung innerhalb der protestantischen Bewegungen. Entsprechend sollte die Bekämpfung der Konfessionsgegner schrittweise angegangen werden, indem zunächst die Calvinisten und andere radikale Strömungen zurückgedrängt werden sollten: Ma doverassi cacciar prima gli heretici di peggior fatta, come i Calvinisti o gli Anabatisti o i Picardi,779 wurde Carafa eingeschärft, während die Weisung für Montoro folgende bezeichnende Formulierung enthält: hoggi noi siam ridotti a misura tale che ci convien chiudere l’occhio verso i Luterani per ispegnere il Calvinismo („heutzutage sind wir an dem Punkt angelangt, daß wir die Augen vor den Lutheranern verschließen sollten, um den Calvinismus auszuschalten“).780 Grundsätzlich sollte mit der Rückgewinnung der Gebiete begonnen werden, die zuletzt von Rom abgefallen waren.781 Darüber hinaus sollte man größere Bemühungen unternehmen, den alten Glauben in die Reichsstädte zurückzubringen, und Reichsfürsten 773 774 775 776 777 778 779 780 781

Vgl. ebd. S. 767 (Instruktion für Montoro). Ebd. S. 765; in derselben Formulierung nochmals in der Instruktion für Montoro, ebd. S. 762. Vgl. Kap. II.1 S. 281 – 284. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 623. Ebd. S. 773, vgl. auch S. 618 und 793: la pessima delle sette, perché trae per forza l’ huomo all’ interna empietà e al compito Atteismo. Ebd. S. 743 f. Ebd. S. 624. Ebd. S. 773. Ebd. S. 771.

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zur Konversion zu bewegen, deren religiöse Einstellung als labil galt. Als mögliche Konversionskandidaten wurden Ludwig V. von Hessen-Darmstadt und Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen genannt.782 Der Kölner Nuntius hatte zudem den Spezialauftrag, den Druck und die Verbreitung von libri empii zu unterbinden, und dafür zu sorgen, daß diese nicht den Weg nach Italien fänden coperti da buoni titoli e con argumenti buoni mescolati di dottrine pestifere („versteckt hinter guten Titeln und mit guten inhaltlichen Passagen angefüllt, die mit üblen Lehren vermischt sind“).783 Er wurde bei dieser Aufgabe unterstützt von einem Bücherkommissar, dessen Hauptaufgabe darin bestand, die Kataloge der Frankfurter Buchmessen auf verdächtiges Schriftgut hin zu kontrollieren.784 Im Gegensatz zur strengen römischen Doktrin der Zeit um 1600, die jeglichen Kontakt zwischen Katholiken und Protestanten verbot, wurde den Nuntien empfohlen, bei der Informationsbeschaff ung auch auf protestantische Kanäle zurückzugreifen, wenn dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben opportun erschien: Et quanto agli heretici, non convien dar segno di aborrirli […], ma V. S. farà migliore opera a mostrare di haver loro anzi compassione che odio et a cercar più tosto di renderseli confidenti che avversi, perché egli non riuscirà inutile all’officio suo una cotale destrezza. („Was die Häretiker betriff t, sollen sie nicht über die Maßen verabscheut werden, sondern er [der Nuntius] wird besser daran tun, ihnen Mitleid anstelle von Hass zu bezeugen und ihr Vertrauen zu gewinnen, denn ein solch geschicktes Vorgehen wird sich vorteilhaft auf seine Mission auswirken“).785 Die ins Reich entsandten päpstlichen Nuntien des Pontifikats Gregors XV. waren ausnahmslos Italiener, was der gängigen Praxis seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entsprach.786 Mit Ausnahme von Montoro verfügten sie alle auf Grund ihrer Herkunft, ihren Beziehungen zum Haus Habsburg (im Falle der Kaiserhofnuntiatur) oder einschlägiger Deutschlanderfahrungen über gute bis beste Voraussetzungen für ihre Mission. Der residierende Nuntius am Kaiserhof, Carlo Carafa, entstammte dem neapolitanischen Hochadel. Die Familie hatte bereits mehrere Kardinäle und einen Papst (Paul IV.) aufzuweisen. Unmittelbar nach Pontifikatsbeginn wurde Carlo zum Nachfolger von Ascanio Gesualdo bestimmt. In seiner Instruktion wurden seine Charaktereigenschaften und Kompetenzen beschrieben, die ihn für dieses Amt qualifizierten.787 Obwohl der Pontifikat Pauls IV. Carafa auf habsburgischer Seite keine guten 782 783 784

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Ebd. S. 772 f. Ebd. S. 774. Vgl. Heribert Raab, Apostolische Bücherkommissare in Frankfurt am Main, in: Historisches Jb. 87 (1967), S. 326 – 354, und Rotraut Becker, Die Berichte des kaiserlichen und apostolischen Bücherkommissars Johann Ludwig von Hagen an die römische Kurie, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 51 (1971), S. 422 – 465. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 641. Vgl. Kap. III.2. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 604. Vgl. allg. zum zeitgenössischen Nuntienprofil Kap. III.1.

11. Die römische Kurie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges

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Erinnerungen weckte,788 stand die Familie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges Kaiser Ferdinand II. sehr nahe, der 1622 den Vater Carlos, Fabrizio Carafa, in den Reichsfürstenstand erhob. Philipp IV. verlieh ihm ebenfalls 1622 den Orden vom Goldenen Vlies. Carlo blieb über den Pontifikatswechsel von 1623 hinaus auf seinem Wiener Posten und wurde erst 1628 abberufen. Trotz (oder wegen) ausdrücklicher Empfehlungen des Kaisers und entgegen aller Erwartungen wurde Carlo von Urban VIII. nicht in das Kardinalskollegium berufen.789 Die Familie von Fabrizio Verospi,790 der zu Beginn des Jahres 1622 als außerordentlicher Nuntius an den Kaiserhof kam, hatte aragonesische Wurzeln. Die Hauptaufgabe seiner Mission bestand darin, die Kurübertragung an Maximilian von Bayern zu beschleunigen. Da dieses Geschäft höchste Vertraulichkeit erforderte, wurde die Mission offiziell als Gratulationsgesandtschaft geführt. Den Anlaß bot die Verheiratung Ferdinands II. mit Eleonora Gonzaga.791 Verospi kannte die aktuellen politischen Verhältnisse im Reich auf Grund eines Aufenthalts im Jahr 1619 am Kaiserhof, wo er auf Weisung Papst Pauls V. den Prozeß gegen den inhaftierten Kardinal Klesl durchzuführen hatte. Auch 1622 war Verospi mit der Causa Klesl beschäftigt, denn er sollte die Haft des Kardinals in einem Tiroler Kloster beenden und seine Überführung auf das Gebiet des Kirchenstaats veranlassen.792 In der ersten von insgesamt drei Instruktionen wird ausführlich auf die Eignung des Prälaten für seine deutsche Gesandtschaft hingewiesen. Betont werden v. a. die avveduta e destrissima sua efficacia und seine aff ettione […] verso la Casa d’Austria Ser.ma et il nome germano.793 An der Seite von Carafa und Verospi wirkte ein weiterer päpstlicher Emissär, der Kapuzinerpater Giacinto da Casale.794 Ihm kam in der Frage der Übertragung der pfälzischen Kurwürde eine Schlüsselrolle zu. Bei mehreren Aufenthalten nördlich der Alpen v. a. als Missionar und Prediger hatte Giacinto profunde Kenntnisse der konfessionellen und politischen Lage im Reich erworben. Für seine Mission, die von Bayern betrieben und unterstützt wurde, hatte er zwar mehrere päpstliche Breven, aber vermutlich keine schriftliche Instruktion erhalten.795 Auch der päpstliche General und Großneffe Clemens’ VIII. Pietro Aldobrandini konnte in seiner Vita Punkte aufweisen, die ihn für seine militärische Mission im Juni 1621 prädestinierten. Er hatte nämlich bereits zu Beginn des Dreißigjährigen 788 789

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Vgl. auch Kap. I.1 und I.2. Vgl. auch Guido Braun, Kaiserhof, Kaiser und Reich in der „Relazione“ des Nuntius Carlo Carafa (1628), in: Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, Wien 2006 (Publikation des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 77 – 104. Vgl. auch Kap. III.2, S. 300. Vgl. zu ihm das Biogramm bei Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 327 – 330. Vgl. die dritte Instruktion für Verospi, ebd. S. 850 – 853. Vgl. seine zweite Instruktion, ebd. S. 847 – 850. Ebd. S. 827 f. Vgl. Alexander Koller in: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 54, Roma 2000, S. 116 – 118. Nach Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 741 ist kein entsprechender Text überliefert.

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Krieges als kaiserlicher Offizier an der Kampagne in Böhmen teilgenommen und verfügte als kaiserlicher Kämmerer auch über eine Hofcharge. Der im Juni 1622 zum Kölner Nuntius ernannte Pietro Francesco Montoro stammte aus dem nördlichen Latium und hatte eine klassische kuriale Karriere durchlaufen (Studium der Rechtswissenschaften mit Promotion in utroque iure, Referendariat beider Signaturen, Verwaltungsaufgaben im Kirchenstaat).796 In der für ihn vorbereiteten Hauptinstruktion wird seine Eignung für sein Kölner Amt nicht näher thematisiert. Vergleicht man die in den Hauptinstruktionen skizzierte Auftragslage für die von Gregor XV. ins Auge gefaßte Deutschlandpolitik mit den Ergebnissen der päpstlichen Diplomatie am Ende des Pontifikats, so lassen sich deutliche Erfolge konstatieren. V. a. das Hauptziel der Kurübertragung an Bayern konnte erreicht werden, wobei nicht zuletzt den Bemühungen der Kurie und ihrer Vertreter vor Ort zuzuschreiben ist, daß Maximilian I. im Februar 1623 in Regensburg mit der pfälzischen Kur investiert werden konnte – zwar zunächst nur ad personam, faktisch aber doch auch für seine Erben.797 Gleichzeitig zeigten die von Gregor XV. initiierten und über die Nuntien ins Reich vermittelten Reformbestrebungen erste Wirkungen und leiteten eine Phase intensiver Rekatholisierungspolitik ein, die mit dem Restitutionsedikt 1629 ihren Höhepunkt erreichen sollte. Als sichtbares Zeichen der Anerkennung der päpstlichen Verdienste ließ Maximilian die berühmte Heidelberger Bibliothek als Geschenk nach Rom transferieren. Die Heidelberger Bibliothek zählte nach Umfang und Inhalt mit Drucken und Handschriften zu den bedeutendsten Bibliotheken im Reich. Obwohl der Kaiser und Maximilian von Bayern selbst an der Sammlung interessiert waren, überließ sie der Bayernherzog nach der Eroberung von Heidelberg durch spanische Truppen dem Papst, der über den Kölner Nuntius seine Ansprüche bekundet hatte. Die Überführung der Bestände wurde dem berühmten Altphilologen und Scriptor der Vatikanischen Bibliothek Leone Allacci anvertraut, der zu diesem Zweck eine detaillierte Instruktion durch das päpstliche Staatssekretariat erhielt.798 So symbolisieren Kurhut und Palatina die Wiederaufnahme der von Gregor XIII. geschaffenen konfessionellen Achse zwischen Bayern und dem Papsttum zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, die weitreichende Perspektiven eröffnete. Denn mit der Lösung der Kurfrage gelang Gregor XV. zum einen die erwünschte Festigung der katholischen Majorität im Kurkolleg, um die Wahl eines altgläubigen Fürsten zum Kaiser auch in Zukunft sicherzustellen. Gleichzeitig bewirkte die von Rom bewußt betriebene Rangerhöhung Bayerns, daß neben den Vertretern des Hauses Habsburg auch die Herzöge von Bayern als ernstzunehmende Kandidaten ins Blickfeld künftiger Kaiserwahlen traten.

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Vgl. ebd. S. 293 f. Vgl. Albrecht, Maximilian I., S. 570 – 572. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., Nr. 28.

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12. Quam bene pavit apes, tam male pavit oves Urban VIII. und die Kritik an seinem Pontifikat Für den Titel dieses Kapitels wurde der zweite Vers eines satirischen Grabspruchs in Form eines elegischen Distichons auf Urban VIII. ausgewählt. Dieser Pentameter lautet in der Übersetzung: „So gut er die Bienen hütete, so schlecht hütete er die Schafe“.799 Diese zeitgenössische Quelle enthält prägnant die beiden zentralen Aspekte der Kritik an Urban VIII.: die exzessive Förderung der eigenen Familie, vertreten durch die Bienen, den Wappentieren der Barberini,800 und die Vernachlässigung genuin katholischer Interessen auf Grund eines betont machtpolitischen Kalküls. Für die Interpretation der „Schafe“ bieten sich drei Möglichkeiten an: 1. die Katholiken insgesamt; 2. die Katholiken im Reich und 3. die Untertanen des Kirchenstaats, die unter den extremen steuerlichen Belastungen des Barberini-Pontifikats zu leiden hatten und ihr weltliches und geistliches Oberhaupt deshalb mit Spitznamen papa gabella („Steuer-Papst“) belegten.801 Dieses Bild Urbans als machtbewusster Territorialherr und tatkräftiger Förderer der eigenen Familie durchzieht weitgehend auch die historiographischen Debatten des Barberini-Pontifikats. Einige Beispiele: „In derselben Zeit, als der Schwedenkönig Gustav Adolf siegreich die Länder der katholischen Liga in Deutschland durchzog, und selbst die Erbstaaten des Kaisers bedrohte, widerstrebte der Papst Urban VIII. heftig und hartnäckig den beiden großen Mächten des Hauses Habsburg, denen allein der Katholizismus seine Wiederherstellung verdankte, und an deren Sieg oder Niederlage des Schicksal der römischen Kirche geknüpft war. Der Papst, ihr Oberhaupt, wendete sich vom Kaiser ab in der Stunde der höchsten Gefahr, und seine Politik trug mächtig zur Wiederaufrichtung der niedergeworfenen Protestanten und zu ihren Siegen bei“.802 So der Protestant 799

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Zitiert nach Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 13: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges: Gregor XV. und Urban VIII. (1621 – 1644), 2 Teile, Freiburg i. Br. 1928 – 1929, Teil 2, S. 880, Anm. 1. Der erste Vers (Hexameter) hat folgenden Text: Pauca haec Urbani sint verba incisa sepulcro („Nur diese wenigen Worte sollen dem Grabmal Urbans eingeritzt werden“). Die Familie hieß ursprünglich Tafani da Barberino (tafano = Vieh- oder Pferdebremse). Für das Wappen mutierten wohl spätestens ab der Kardinalserhebung Maffeos 1606 die Bremsen in die positiver konnotierten Bienen, vgl. Georg Lutz, Art. Urbano VIII, in: Enciclopedia die papi, Roma 2000, Bd. 3, S. 298 – 321, hier S. 298, und Irving Lavin, The pope, the Artist, and the Genius of the Place, in: Lorenza Mochi Onori, Sebastian Schütze, Francesco Solinas (Hgg.), I Barberini e la cultura europea del Seicento, Atti del convegno internazionale, Palazzo Barberini alle Quattro Fontane, 7 – 11 dicembre 2004, Roma 2007, S. 15 – 30, hier S. 16. Ebd. S. 313. Vgl. auch das bei Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/2, S. 880, Anm. 1 zitierte satirische Gedicht gegen Urban VIII.: Han fatto più danno / Urbano e nepoti / Che Vandali e Gothi / A Roma mia bella – O Papa Gabella („Mehr Schaden haben angerichtet / Urban und die Nepoten / als Wandalen und Goten / in meinem schönen Rom – O Steuer-Papst“). Weitere Beispiele in: Pietro Romano, Pasquino e la storia di Roma. Quod non fecerunt Barbari […] (Il pontificato di Urbano VIII), Roma 1937. Ferdinand Gregorovius, Urban VIII. im Widerspruch zu Spanien und dem Kaiser. Eine Episode des dreißigjährigen Krieges, Stuttgart 1879, S. 1.

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Gregorovius am Beginn seiner stark den Geist der borussischen Geschichtsschreibung nach der Reichsgründung atmenden Abhandlung. Allen katholisch apologetischen Bemühungen zum Trotz kritisiert auch Ludwig von Pastor in seiner monumentalen Papstgeschichte den „ungebührlicher Einfluß und die immense Bereicherung der Familie“ als großen Makel des Pontifikats, hebt allerdings auch die Verdienste Urbans als Oberhaupt der Kirche und Förderer von Kunst und Literatur hervor.803 Christian Renoux schreibt in seinem biographischen Abriß für das Dictionnaire Historique de la Papauté: „Urbain VIII au terme de son long pontificat de vingt et une années, laissa aux Romains le détestable souvenir d’un pape manipulé par sa famille, avide d’argent et prompt à lever les impôts tandis que, pour les Européens de l’époque, engagés dans la guerre de Trente Ans, il fit figure de traître, dans tous les camps.“804 In der jüngsten Auflage des Lexikons für Theologie und Kirche urteilt Klaus Jaitner: „Für Urban standen neben der Wahrung des politischen Gleichgewichts in Italien die Absicherung des Kirchenstaats und die Förderung seiner Familie im Vordergrund.“805 Robert Bireley betont in seiner 2003 erschienenen Arbeit über die Jesuiten und den Dreißigjährigen Krieg wie viele andere vor ihm die Bedeutung des Faktors Frankreich für die Ausrichtung der Politik Urbans: „His predominant concerns were the welfare of the Papal States and the enhancement of the Barberini family […] These interests and even the welfare of the church were thought to be better served when France provided a balance to the two Habsbourg crowns.“806 Diese Beispiele zeigen deutlich, daß sich um die beiden zentralen Kritikpunkten an Urban VIII., Parteinahme für Frankreich und Nepotismus, eine große historiographischen Debatte entzündete, die bereits während des Pontifikats bzw. unmittelbar nach dessen Ende, also zeitgenössisch, aufflammte. Freilich kennt der BarberiniPontifikat weitere Schwächen, die erfolglose Bekämpfung des Jansenismus und des Gallikanismus oder die disziplinarische Verurteilung Galileis, die sich folgenschwer auf das Verhältnis der Kirche zu den modernen kritischen Wissenschaften auswirken sollte. Im folgenden sollen jedoch die beiden zentralen Kritikpunkte im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg näher beleuchtet werden. 1. Die Außenpolitik der römischen Kurie in der europäischen Krise um 1630 807 Die öffentliche Meinung in Rom hatte schon sehr bald die frankophilen Neigungen Urbans VIII. erkannt. Die Figur des Pasquino im römischen Stadtzentrum, die erste 803 804 805 806 807

Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/2, S. 880 f. Paris 1994, S. 1683. Bd. 10, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 2001, Sp. 459f, hier Sp. 460. The Jesuits and the Thirty Years War. Kings, Courts und Confessors, Cambridge 2003, S. 65. Die ältere Literatur ist durch eine mehr oder weniger starke apologetische oder nationale Verengung geprägt, jedoch mitunter sehr materialreich: Gregorovius, Urban VIII.; Josef Schnitzer, Zur Politik des hl. Stuhles in der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kir-

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Adresse für öffentlichen Spott und Kritik, zeigte schon einige Tage nach der Wahl Maffeo Barberinis zum Papst ein Bild des neuen Pontifex mit einem Papagei (ital. pappagallo) in der Hand und der Bildunterschrift: Papa Gallus. An derselben Statue wurde kurze Zeit später ein Plakat mit drei Bienen und folgendem Text angebracht: Gallis mella dabunt. Hispanis spicula figent („Den Franzosen werden sie Honig, den Spaniern die Stacheln geben“).808 Diese Invektiven formulieren knapp die außenpolitische Festlegung der römischen Kurie in jenen Jahren, allerdings unter dem Vorzeichen eines nach außen demonstrierten Bildes des Papstes als über den katholischen Konfliktparteien stehenden padre comune. In der Tat stellten die strukturellen Rahmenbedingungen der Zeit den Apostolischen Stuhl vor kaum lösbare Probleme. Der ständig anwachsende Antagonismus zwischen Frankreich und Spanien-Österreich im Verlauf der 20er Jahre des 17. Jahrhunderts bedeutete für Rom eine sehr ernst zu nehmende Gefahr, spätestens ab dem Zeitpunkt, als der Dreißigjährige Krieg mit der Krise um die mantuanische Sukzes-

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chengeschichte 13 (1899), S. 151 – 262; Auguste Leman, Urbain VIII et la rivalité de la France et de la maison d’Autriche de 1631 à 1635, Lille-Paris 1920 (Mémoires et travaux des facultés catholiques de Lille); Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13. Zu differenzierteren Urteilen kommen: Konrad Repgen, Der päpstliche Protest gegen den Westfälischen Frieden und die Friedenspolitik Urbans VIII., in: Historisches Jb. 75 (1956), S. 347 – 352; Ders., Die Römische Kurie und der Westfälische Friede. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17. Jahrhundert, Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 1521 – 1644, Teil 1: Darstellung, Teil 2: Analekten und Register, Tübingen 1962 und 1965 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 24/25); Dieter Albrecht, Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern 1618 – 1635, Göttingen 1962 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 6), ergänzt und zusammengefasst seiner Biographie des bayerischen Kurfürsten: Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651, München 1998; Andreas Kraus, Die auswärtige Politik Urbans VIII. Grundzüge und Wendepunkte, in: Mélanges Eugène Tisserant, vol. IV: Archives Vaticanes. Histoire Ecclésiastique, I° Partie, Città del Vaticano 1964, S. 407 – 426. Bestimmend und unverzichtbar für diese Debatte schließlich die Arbeiten von Georg Lutz: Kardinal Giovanni Francesco Guidi di Bagno. Politik und Religion im Zeitalter Richelieus und Urbans VIII., Tübingen 1971 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 34). Die Ergebnisse dieser Dissertation wurden verfeinert, neu gewichtet und erweitert durch folgende Beiträge: Glaubwürdigkeit und Gehalt von Nuntiaturberichten, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 53 (1973), S. 227 – 275; Rom und Europa während des Pontifikats Urbans VIII. Politik und Diplomatie – Wirtschaft und Finanzen – Kultur und Religion, in: Reinhard Elze, Heinrich Schmidinger, Hendrik Schulte Nordholt (Hgg.), Rom in der Neuzeit, Wien-Rom 1976, S. 72 – 167; Die päpstlichen Subsidien für Kaiser und Liga 1632 – 1635. Zahlen und Daten zu den finanz- und den bilanztechnischen Aspekten, in: Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus, Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht, Kallmünz/Opf. 1992, S. 89 – 105; Roma e il mondo germanico nel periodo della Guerra dei Trent’Anni, in: Gianvittorio Signorotto, Maria Antonietta Visceglia (Hgg.), La Corte di Roma tra Cinque e Seicento. „Teatro“ della politica europea, Roma 1998 („Europa delle Corti”, Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinquecento 84), S. 425 – 460; schließlich die Gesamtwürdigung Maffeo Barberinis und dessen Pontifikats mit umfangreichen Literaturangaben: Art. Urbano VIII, in: Enciclopedia die papi, Roma 2000, Bd. 3, S. 298 – 321. Diese Beispiele finden sich in Romano, Pasquino e la storia di Roma, S. 6.

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sion auch auf italienischen Boden übersprang. Als weltlicher Souverän konnte der Papst ein weiteres Anwachsen der bereits manifesten habsburgischen Hegemonie in Italien nicht zulassen.809 Dieses hätte die Einkreisung des Kirchenstaats weiter verstärkt und auch das politische Gleichgewicht in Europa verschoben.810 Andererseits wurde der Papst als geistliches Oberhaupt der Kirche mit berechtigten Subsidienforderungen und Ligaplänen des Kaisers und Spaniens konfrontiert angesichts der prekären Lage des Katholizismus im Reich, die mit dem Vordringen Gustav Adolfs eskalierte. Der Konflikt zwischen politisch-territorialen und konfessionellen Interessen stürzte Urban in ein Dilemma. Bereits zu Beginn des Pontifikats waren die außenpolitischen Handlungsspielräume der Kurie durch die andauernde Veltlin-Krise811 stark eingeschränkt. Das aktive Eingreifen Gregors XV. durch Entsendung von Truppen in das strategisch bedeutsame Alpental, das Urban VIII. noch als Kardinal sehr skeptisch eingestuft hatte,812 endete in einem Fiasko. Das Scheitern der Legation von Francesco Barberini nach Paris 1625 und der Friede von Monzón 1626, der ohne Beteiligung römischer Diplomaten zustande kam, belegten die Ohnmacht des Heiligen Stuhls. In der Folge setzte Urban ganz auf die französische Karte. Bei fünf wichtigen politischen Fragen wird diese Tendenz eindeutig faßbar: 1) Die Unterstützung des französischen Kandidaten bei der mantuanischen Erbfolge, sichtbar an der überaus raschen Gewährung der päpstlichen Ehedispens für die Heirat des Sohnes des Herzogs von Nevers mit der Nichte des letzten Herzogs von Mantua, Vincenzos II.813 2) Die Bemühungen um eine Verhinderung der Wahl des Sohnes von Ferdinand II. (dem späteren Ferdinand III.) zum römischen König auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630.814 3) Die Vermittlung der französisch-bayerischen Allianz von Fontainebleau 1631 durch den Pariser Nuntius Giovanni Francesco Guidi di Bagno, offensichtlich

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Vgl. die aufschlussreiche Passage einer Instruktion für einen Madrider Nuntius, zitiert bei Pierre Blets, Richelieu et l’Église, Paris 2007, S. 32: „Pour ce qui concerne les affaires d’Italie, vous ferez toujours bien comprendre que Notre Seigneur tient beaucoup à ce que la paix y règne et qu’il n’appréciera jamais les auteurs de nouveautés et de troubles. Et pour ce qui regarde la couronne d’Espagne, il n’y a rien à désirer sinon que comme on pense bien que cette Majesté ne songe pas à faire des nouvelles acquisitions au préjudices des princes italiens, il faut ôter à ces derniers toute espèce d’ombrage et de jalousie de se voir offensés et réduits en servitudes par la puissance autrichienne et par celle de la Majesté catholique.“ Lutz, Rom und Europa, S. 89. Zur Veltlinkrise aus Sicht der römischen Kurie: Silvano Giordano, La Santa Sede e la Valtellina da Paolo V a Urbano VIII, in: Agostino Borromeo (Hg.), La Valtellina crocevia dell’Europa. Politica e religione nell’età della guerra dei Trent’Anni, Milano 1998, S. 81 – 109 mit Angaben zu weiterführender Literatur, ebd. S. 108. Lutz, Art. Urbano VIII, S. 304. Lutz, Kardinal Giovanni Francesco Guidi di Bagno, S. 315. Ders., Glaubwürdigkeit und Gehalt von Nuntiaturberichten, S. 235 – 239.

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mit Absicht, Frankreich mit der katholisch-bayerischen Option die Möglichkeit eines Abrückens von protestantischen Verbündeten zu geben.815 4) Das Zustandekommen des französisch-savoyischen Geheimvertrags von Cherasco-Mirafiori 1631/32 mit der Abtretung der Grenzfestung Pinerolo an Frankreich unter Federführung des päpstlichen Diplomaten Giulio Mazzarini (eine ausdrückliche Kenntnis oder Weisung des Papstes ist bislang nicht eindeutig zu belegen, aber auch nicht auszuschließen).816 Dieses Abkommen führte zum 1. Borja-Protest mit der Forderung nach Entsendung eines päpstlichen Legaten nach Paris.817 5) Die stillschweigende Hinnahme der französisch-schwedischen Allianz von Bärwalde von 1631, die die kaum verhüllte Kritik von Orazio Grassi während der Karfreitagshomilie in der Sixtinischen Kapelle vor Papst und Kardinalskollegium provozierte.818 Grassi war Mitglied des Jesuitenordens, der von den Rückschlägen des Katholizismus im Reich besonders betroffen war. Die Haltung Roms gegenüber dem Bündnis zwischen Frankreich und Schweden gab auch den Ausschlag für den spektakulären (zweiten) Protest des Kardinals Borgia im Konsistorium vom 8. März 1632, wo Borja vor allen Anwesenden den Papst anklagte, die Häresie im Reich zu fördern, eine Skandal, der in ganz Europa Aufmerksamkeit erregte.819 Dabei führte Rom während dieser Periode ein doppeltes Spiel, um seine Absichten zu verschleiern. Es kam zur Führung paralleler Korrespondenzen und zur Manipulation des offiziellen Schriftwechsels mit den Nuntien und auswärtigen Mächten durch Rückdatierung bzw. Falsifikation von Protestnoten.820 April 1632 erhielt der Pariser Nuntius Bichi den Auftrag, zusammen mit Richelieu den Text einer römischen Protestnote an Frankreich zu entwerfen. Bichi sollte diese chiffrierte Instruktion sofort nach Erhalt vernichten. Im Vatikanischen Archiv hat sich jedoch die entsprechende Minute erhalten, die diesen Vorgang erhellt. Es ist v. a. das Verdienst von Georg Lutz, einem der besten Kenner der Materie,821 die barberinianische Geheimdiplomatie und deren Notwendigkeit im System Urbans VIII. herausgearbeitet zu haben. 815

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Ders., Rom und Europa, S. 83. Skeptisch Albrecht, Maximilian I., S. 716, der auch den Vertrag als vorteilhaft für Frankreich und schädlich für die bayerischen Interessen einstuft, ebd. S. 646. Lutz, Glaubwürdigkeit und Gehalt von Nuntiaturberichten, S. 240 – 242. Leman, Urbain VIII et la rivalité, S. 39 f. Vgl. Pietro Redondi, Galileo eretico, Torino 1983 (microstorie 7), S. 288 – 294, und Richard Bösel, Orazio Grassi. Architetto e matematico gesuita, Un album conservato nell’Archivio della Pontificia Università Gregoriana a Roma, Roma 2004 (Biblioteca blu, Saggi 1), S. 21. Zum Ablauf des Konsistoriums und seinen Konsequenzen vgl. im Detail Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 431 – 441 und Leman, Urbain VIII et la rivalité, S. 119 – 145. Beide Darstellungen sind, was die Beurteilung Urbans VIII. anlangt, überholt, vgl. die quellenkritischen Feststellungen von Lutz, Glaubwürdigkeit und Gehalt von Nuntiaturberichten, v. a. S. 248, Anm. 53. Vgl. v. a. Lutz, Glaubwürdigkeit und Gehalt von Nuntiaturberichten, S. 247 – 250. Vgl. die bibliographischen Angaben oben im dritten Abschnitt von Anm. 807.

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So sehr Urban VIII. die Position Frankreichs bei diesem Kräftemessen der bedeutendsten katholischen Mächte in Europa stützte, so sehr ignorierte er anfangs die verzweifelte Lage der katholischen Territorien im Reich, die von den protestantischen Schweden – unterstützt durch französische Subsidien – bedroht bzw. überrannt wurden. Bitten um finanzielle Hilfe lehnte der Papst zunächst kategorisch ab unter Hinweis auf die Leere der päpstlichen Kassen. Dem ungarischen Primas, Kardinal Pázmány, der unmittelbar nach dem Borja-Protest als Sondergesandter Ferdinands II. in Rom eingetroffen war822 und ebenso wie Borgia die habsburgfeindliche Politik des Heiligen Stuhls gegenüber Urban offen kritisiert hatte823, wurde zu verstehen gegeben, daß zur Unterstützung des Katholizismus im Reich eine Verwendung des von Sixtus V. in der Engelsburg hinterlegten Schatzes824 nicht in Frage komme.825 Schließlich kam es doch zu Zahlungen von Hilfsgeldern, finanziert durch eine außerordentliche Besteuerung des italienischen Klerus.826 Im übrigen wurde je nach Position auf den naturgemäß nicht klar zu trennenden religiösen bzw. politischen Aspekt des großen Krieges im Reich abgehoben. Bezeichnend hierfür sind die Bemühungen Pázmánys, die Argumente, die man in Rom vorbrachte, wonach es sich bei den Konflikten im Reich nicht um Religionskriege (guerre di religione), sondern um politische Auseinandersetzungen (di proprio interesse di Stato) handle, zu entkräften.827 Generell läßt sich festhalten, daß Urban mit seiner Option für Frankreich wohl der festen Überzeugung war, daß mit dieser Festlegung nicht nur den staatspolitischen Interessen des Heiligen Stuhles, sondern auch denen der Kirche und des eigenen Hauses am besten gedient sei. Jedenfalls schien sie alternativlos. Vor der Behandlung der Frage des Nepotismus sollte kurz die mehr oder weniger ausgeprägte Vorliebe Urbans VIII. für Frankreich reflektiert werden, die auch verschiedene Krisen zwischen Rom und Paris überdauerte (wie etwa nach dem Frieden von Monzón).828 Vieles spricht dafür, daß diese in der Biographie Maffeo Barberinis 822

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Zu seiner römischen Gesandtschaft von 1632 vgl. Leman, Urbain VIII et la rivalité S. 146 – 165 und die jüngst erschienene Publikation von Péter Tusor, I vescovi ungheresi e la santa sede apostolica nel Seicento. Problemi e svolte decisive, in: Annuario dell’Accademia d’Ungheria in Roma. Studi e documenti italo-ungheresi 1998 – 2002, Roma 2005, S. 138 – 161, v. a. S. 149 – 152 (mit Angaben zur Literatur). Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 443 f. Vgl. auch Silvano Giordano, Art. Sisto V, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 210. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 445 f. Vgl. auch die Instruktion für den außerordentlichen Nuntius Francesco Adriano Ceva nach Frankreich, Rom, 1632 Mai 1, publiziert von Quintín Aldea Vaquero, España, el Papado y el Imperio durante la guerra de los treinta años: II. Instrucciones a los Nuncios Apostólicos en España (1624 – 1632), in: Miscelánea Comillas 30 (1958), S. 276 – 296, hier S. 294. Lutz, Art. Urbano VIII, S. 306. Vgl. hierzu den Bericht des Nuntius am Kaiserhof Rocci an Francesco Barberini, Wien, 1632 April 3, ASV, Segreteria di Stato, Germania 123, fol. 116v – 122r; Rotraud Becker, die derzeit die Edition der Korrespondenz der Nuntiatur am Kaiserhof 1632 vorbereitet, hat mir freundlicherweise den Text dieses Schreibens zugänglich gemacht. Lutz, Rom und Europa, S. 77.

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mit ihren starken persönlichen Bezügen und Kontakten zu Frankreich begründet ist, das Land, wohin auch die Nepoten Urbans nach dem Pontifkatsende ihre Zuflucht vor Verfolgung suchten. Schon die florentinische Abstammung des späteren Papstes mit ihren traditionell guten Beziehungen zum französischen Hof spielt hier eine große Rolle. Maffeo selbst nahm in Begleitung des Kardinal-Legaten Pietro Aldobrandini an den Feierlichkeiten anlässlich der Eheschließung zwischen Maria de’ Medici mit Heinrich IV. im Oktober 1600 in Florenz teil.829 Entscheidenden Anteil dürften aber v. a. die persönlichen Aufenthalte Maffeos als außerordentlicher (1601 anläßlich der Geburt des Dauphins) und ordentlicher Nuntius (ab 1604) in Frankreich haben.830 Die außergewöhnlich großzügigen Geschenke, die er vom französischen König erhielt,831 die zahlreichen Kunstobjekte, die er in Frankreich erwerben konnte und nicht zuletzt die Bildung einflussreicher Netzwerke sollten Maffeo dauerhaft832 an Frankreich binden. Nach Ansicht des Richelieu-Biographen Burckhardt war Maffeo während seiner Pariser Nuntiatur ganz zum Franzosen geworden.833 Georg Lutz hingegen hält dessenungeachtet die profranzösische Parteinahme Urbans VIII. für situationsbedingt und weniger persönlichen Motiven geschuldet. Er vertritt die These, daß der Papst auch Frankreich entgegengetreten wäre, falls damals in Italien nicht die Spanier, sondern die Franzosen die Vorrangstellung besessen hätten.834 Wie dem auch sei: Ob die außenpolitische Prägung der kurialen Politik der Zeit mit beeinflusst wurde von den persönlichen Neigungen des Pontifex oder ob allein die strukturellen Rahmenbedingungen den Ausschlag gaben, ist letztendlich nicht festzustellen. Bei Maffei Barberini kam offensichtlich beides zusammen.

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Lutz, Art. Urbano VIII, S. 298. Bernard Barbiche, Les nonciatures en France de Maffeo Barberini, in: Mochi Onori, Schütze, Solinas, I Barberini, S. 31 – 35. Ebd. S. 32 und 34. Ab 1608 kam es bei Maffeo zu einem – nach außen demonstrierten – Abweichen von dieser Position, d. h. zu einer Annäherung an Spanien, um seine Chancen auf die Tiara in einem künftigen Konklave zu wahren. Barbiche, ebd. S. 34, spricht deshalb von einer „neutralité de façade“. Carl Jacob Burckhardt, Richelieu, 3 Bde. mit Registerband, München 1961 – 1967, Bd. 2, S. 346. Vgl. auch die bei Barbiche, Les nonciatures en France, S. 34, zitierte Stelle aus dem Schreiben des französischen Botschafters in Rom, Charles de Neufville d’Alincourt, an seinen Vater, den Staatssekretär Villeroy, vom 27. November 1607, wonach Kardinal Barberini in Rom seine Ergebenheit gegenüber dem französischen König so offen zur Schau trage qu’ il est tenu de toute ceste cour comme françois. Vgl. auch die aufschlussreiche Weisung Barberinis an Bolognetti: Der seit dem Frühjahr 1634 amtierende Pariser Nuntius sollte gegenüber Ludwig XIII. die Haltung Urbans VIII. zu Frankreich folgendermaßen erläutern: „Si l’on venait à ces particularités […] vous pourrez dire comme en confidence […] que Sa Béatitude nourrit une affection particulière pour Sa Majesté par inclination propre. Et que par l’intérêt de son propre État, Elle désire que la France soit tranquille, puissante, inébranlée et toujours prête à secourir l’Italie et à la défendre des oppressions étrangères. Ce sont là des principes si évidents qu’ils obligent Sa Majesté è les tenir pour vrais et inébranlables“ (zitiert nach Blet, Richelieu et l’Église, S. 164). Lutz, Rom und Europa, S. 90.

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2. Der Nepotismus Urbans VIII. Die gerade aufgezeigten außenpolitischen Leitlinien der Kurie unter Urban VIII. stehen in engem Kausalzusammenhang mit den familiären Zielen des Papstes. Neben seiner Parteinahme für Frankreich stand Urban VIII. v. a. wegen seiner ungehemmten, Politik und Finanzen der Kurie insgesamt stark belastenden Protegierung der Familienangehörigen in der Kritik.835 Urban erhob insgesamt elf Verwandte zu Kardinälen, darunter drei Blutsverwandte (den Bruder Antonio und die Neffen Francesco und Antonio).836 Die barberinianische Familienpolitik stellt in ihrer Radikalität den absoluten Höhepunkt in der Geschichte des frühneuzeitlichen Nepotismus dar (für die nachtridentinische Zeit hat sie als exzeptionell zu gelten). Von hier führte ein direkter, irreversibler Weg zur offiziellen Abschaff ung des Nepotismus, die knapp 50 Jahre nach dem Tod Urbans VIII. unter dem Pontifikat Innozenz’ XII. 1692 erfolgte. Ohne auf den Nepotismus im einzelnen näher einzugehen, hier nur einige Beobachtungen, die in unserem Zusammenhang interessieren könnten: Gerade als sich in Mitteleuropa (Invasion Gustav Adolfs) und Norditalien (Mantuanische Erbfolge) um 1630 zuspitzte, erlebte die Förderung von Taddeo Barberini, des weltlichen Nepoten Urbans VIII. und Bruders der Kardinäle Francesco und Antonio Barberini u. a. durch die Verleihung wichtiger Ämter (römische Präfektur; governatorato del Borgo) einen Höhepunkt. Durch die Verehelichung mit einer Vertreterin des römischen Uradels (Anna Colonna) 1627 wurde nicht nur gesellschaftliche Stellung Taddeos gefestigt, sondern auch der Ankauf des Fürstentums Palestrina eingeleitet werden. 1634 kam die Herrschaft Valmontone hinzu. Beide Erwerbungen verschlangen beträchtliche Summen.837 Durch die Förderung seines päpstlichen Onkels galt Taddeo um diese Zeit als der reichste weltliche römische Fürst. Hinsichtlich einer finanziellen Unterstützung der bedrängten katholischen Truppen im Reich zeigte sich Urban VIII. dagegen weitgehend zugeknöpft. 1634 floßen zum letzten Mal Subsidien für die katholische Liga. Die exzessive Familienföderung Urbans VIII. kulminierte schließlich im CastroKrieg, der angezettelt wurde, um der Familie Farnese ein kirchliches Lehen abzunehmen. Offensichtlich sollte das Territorium entgegen den Bestimmungen Papst Pius’ V. an die Barberini verliehen werden. Bei dieser Gelegenheit kam es sogar zu einer 835

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Zum Nepotismus Urbans VIII. vgl. v. a.: Joseph Grisar, Päpstliche Finanzen, Nepotismus und Kirchenrecht unter Urban VIII, in: Xenia Piana SS.mo D.no N.ro Pio Papae XII a Fac. Hist. Eccl. in Pont. Univ. Gregoriana dicata, Roma 1943 (Miscellanea Historiae Pontificiae 7), S. 205 – 365; Madeleine Laurain-Portemer, Absolutisme et népotisme. La surintendance de l’État ecclésiastique, Paris 1973 (Bibliothèque de l’École des Chartes 131); Wolfgang Reinhard, Der Nepotismus. Funktionswandel einer papstgeschichtlichen Konstante, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 86 (1975), S. 145 – 185; Olivier Poncet, Antonio Barberini (1608 – 1671) et la papauté, in: Mélanges de l’École française de Rome 108 (1996), S. 407 – 442; Antonio Menniti Ippolito, Il tramonto della Curia nepotista. Papi, nipoti e burocrazia curiale tra XVI e XVII secolo, Roma 1999 (La corte dei papi 5). Vgl. Lutz, Art. Urbano VIII, S. 309. Vgl. Kap. I.9.

12. Quam bene pavit apes, tam male pavit oves

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Zweckentfremdung des Engelsburgschatzes, den Sixtus V. für bestimmte Unternehmungen (Rückeroberung des Heiligen Landes) oder extreme Bedrohungen (Türkenkriege, Pest) reserviert und dessen Entnahme an bestimmten Auflagen geknüpft hatte.838 Obwohl die Stadt Castro selbst durch die päpstlichen Truppen unter Taddeo Barberini eingenommen werden konnte, endete der Krieg trotz der immensen finanziellen Aufwendungen mit einem vollständigen Mißerfolg. Das Ansehen des Papsttums wurde dadurch nachhaltig beschädigt, was nun auch von Urban VIII. deutlich wahrgenommen wurde. Von Andrea Nicoletti wird in seiner monumentalen zeitgenössischen Biographie Urbans VIII. überliefert, der Papst habe sich auf seinem Sterbebett noch zwei Monate Lebenszeit erbeten, um für seine Sünde Abbitte zu leisten und die aus der Engelsburg für den Castro-Krieg entnommenen Geldreserven zu restituieren.839 3. Zusammenfassung Schamlose Förderung der eigenen Familie und skrupellose Machtpolitik auf der einen, Vernachlässigung der Interessen des Katholizismus auf der anderen Seite sind die zeitgenössischen Hauptvorwürfe an die Adresse Papst Urbans VIII. Fakt ist, daß es jedenfalls in den Jahren zwischen 1628 und 1633 zu einem inoffiziellen engen politischen Einvernehmen zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl kam, das den Interessen Habsburgs und denen des Katholizismus im Reich entgegenstand und damit der von der römischen Kurie angestrebten Position einer neutralen Instanz zwischen den katholischen Hauptmächten sowie der geistlichen Funktion des päpstlichen Amts zuwiderlief. Ebensowenig kann bestritten werden, daß der zügellose Nepotismus des Barberini-Papstes, der ca. zehn Jahre später in dem vom Zaun gebrochenen Castro-Krieg mündete, das Ansehen des Papsttums völlig ruinierte. Beide Aspekte haben die Bemühungen Urbans konterkarriert, als unparteiischer padre comune in den großen europäischen Konflikten dieser Jahre zu vermitteln. Beleg dafür sind die zahlreichen gescheiterten päpstlichen Friedensmissi-

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Vgl. Silvano Giordano, Art. Sisto V, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 210. Zitiert nach Leopold von Ranke, Die römischen Päpste in den letzten vier Jahrhunderten, Bd. 3, Leipzig 1885, S. 163*: Et a monsignore Lorenzo Raggi, tesoriere di essa [i. e. camera apostolica], il quale in tempo della sua ultima infermità andò alla udienza, disse che desiderava di vivere ancora due soli mesi per tre ragioni: l’uno per havere più lungo tempo di penitenza e chiedere a dio il perdono de’ suoi peccati: l’altra per finire di rimettere in castel Sant’Angelo tutto il denaro che fu levato per la guerra di Castro: la terza per vedere finita la fabbrica delle mura di Borgo e di Trastevere et assicurata la città di roma. Zu Andrea Nicoletti und seiner Vita Urbans VIII. vgl. Stefano Andretta, Le biografie papali e l’informazione politica tra Cinque e Seicento, in: Elena Fasano Guarini, Mario Rosa (Hgg.), L’informazione politica in Italia (secoli XVI – XVIII). Atti del seminario organizzato presso la Scuola Normale Superiore Pisa, 23 e 24 giugno 1997, Pisa 2001, S. 239 – 279, hier S. 268 – 273.

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onen ab 1632840 (Grimaldi/ Ceva/Campeggi 1632, Ginetti 1636, Mattei/Scotti/Facchinetti 1639, Machiavelli 1640, Rossetti 1643), die freilich auch strengen formalen und konfessionellen Rahmenbedingungen eine Rolle spielten, denn Urban lehnte seit Beginn seines Pontifikats konsequent alle wie auch immer gearteten Zugeständnisse an die Protestanten ab, was bereits die Legation von Francesco Barberini 1625 nach Paris841 zum Scheitern brachte. Erst der noch unter Urban VIII. ernannte Mediator Fabio Chigi konnte unter Innozenz X. auf dem Münsteraner Friedenskongreß die internationale Reputation des Heiligen Stuhls wiedergewinnen (wobei auch er nicht den angestrebten Friedensvertrag zwischen Frankreich und Spanien herbeiführen konnte!).842 Seither hat es keine wesentlichen Ergänzungen oder Modifikationen dieses Befundes gegeben. Neue Erkenntnisse könnte eventuell in Zukunft die in Vorbereitung stehende Hauptinstruktionen-Edition zum Pontifikat Urbans VIII. von Silvano Giordano zu Tage bringen, die zu einer partiellen Neubewertung Anlaß geben könnte. Somit hat die Forschung in differenzierter Analyse die zeitgenössische Kritik an Urban VIII. weitgehend als berechtigt eingestuft: Die Bienen, um im Bild des eingangs zitierten Spottverses zu bleiben, hatten bei Urban VIII. unter den „Haustieren“ offensichtlich einen gewissen Vorzug gegenüber den Schafen.

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Vgl. allgemein zu diesem Thema: Pierre Blet S. J., Histoire de la Représentation Diplomatique du Saint Siège des origines à l’aube du XIXe siècle, Città del Vaticano 1982, S. 346 – 354 (Collectanea Archivi Vaticani 9); gute Synthese bei: Bernard Barbiche, Ségolène de Dainville-Barbiche, La diplomatie pontificale de la paix de Vervins aux traités de Westphalie (1598 – 1648). Permanences et ruptures, in: Lucien Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l‘esprit, Paris 2000, S. 555 – 566, hier S. 558; Vgl. auch Konrad Repgen, Die Hauptinstruktion Ginettis für den Kölner Kongreß (1636), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 34 (1954), S. 250 – 287; Ders., Friedensvermittlung und Friedensvermittler beim Westfälischen Frieden, in: Ders., Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, hg. von Franz Bosbach und Christoph Kampmann, Paderborn-MünchenWien 1998 (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, N. F. 81), S. 695 – 719; Lutz, Rom und Europa, S. 87; Ders., Art. Urbano VIII, S. 306 f. Zu apologetisch hingegen Leman, Urbain VIII et la rivalité, S. 527. Vgl. Clément Pieyre, La légation du cardinal Francesco Barberini en France en 1625, insuccès de la diplomatie du pape Urbain VIII, in: Mochi Onori, Schütze, Solinas, I Barberini, S. 87 – 94. Vgl. Kap. I.13.

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13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster 1998 wurde in ganz Europa des 350. Jahrestags der Verträge von Münster und Osnabrück gedacht. Aus diesem Anlaß wurden viele Feiern und Ausstellungen organisiert (die uns zahlreiche Kataloge843 hinterlassen haben). Die Deutsche Bundespost brachte eine Sonderbriefmarke in Umlauf, auf welcher die Chefunterhändler von 14 an den Verhandlungen beteiligten Mächten auf uns blicken, u. a. der Vertreter des Heiligen Stuhls: der Sienese Fabio Chigi.844 Das Friedensjubiläum bot aber auch die Gelegenheit zu einer historischen Neubewertung im Rahmen von Kongressen und durch wissenschaftliche Veröffentlichungen. Schließlich handelt es sich bei dem Friedensschluß von 1648 um nichts mehr und nichts weniger als das bedeutendste Vertragswerk der Frühen Neuzeit,845 welches dem Dreißigjährigen Krieg ein Ende setzte und als Westfälischer Friede in die Geschichte einging. Die Vorbereitungen für dieses Jubiläum begannen früh:846 1996 fand ein erstes von mehreren wissenschaftlichen Kolloquien in Deutschland statt,847 Frankreich folgte 1998 mit einem inter843

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Zu nennen ist hier u. a. der Katalog der 1998 im Pariser Hôtel de la Monnaie stattgefundenen Ausstellung „1648 la paix de Westphalie vers l’Europe moderne“, organisiert u. a. vom Ministère des Affaires étrangères (direction des Archives et de la Documentation) und vom Ministère de l’Économie, des Finances et de l’Industrie (direction des Monnaies et Médailles), Paris 1998, und den dreiteiligen Katalog der 26. Europaratsausstellung, 24.10.1998 – 17.1.1999 Münster/Osnabrück: Klaus Bussmann, Heinz Schilling (Hgg.), 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Ausstellungskatalog, Textband I: Politik, Religion, Recht und Gesellschaft; Textband II: Kunst und Kultur, München 1998. Zu ihm: Tomaso Montanari, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 336 – 348, welcher den älteren Artikel von Mario Rosa, Dizionario degli italiani, Bd. 2, Roma 1960, S. 205 – 215, aktualisiert; Konrad Repgen, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 1, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1993, Sp. 370 f.; den größten Beitrag von deutscher Seite zur ChigiForschung der letzten Jahrzehnte leistete Konrad Repgen. Die wichtigsten seiner zahlreichen Studien zu Chigi liegen vereinigt in folgendem Sammelband vor: Konrad Repgen, Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, hg. von Franz Bosbach und Christoph Kampmann, Paderborn-München-Wien 1998 (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, N. F. 81). Nach wie vor für Detailfragen unersetzt ist: Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 13: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges: Gregor XV. und Urban VIII. (1621 – 1644), 2 Teile, Freiburg i. Br. 1928 – 1929; Bd. 14: Geschichte der Päpste im Zeitalter des fürstlichen Absolutismus: Von der Wahl Innozenz’ X. bis zum Tod Innozenz’ XII. (1644 – 1700), 2 Teile, Freiburg i. Br. 1929 – 1930. Vgl. auch Alexander Koller, Fabio Chigi, Päpstlicher Nuntius, in: Carl A. Hoffmann u. a. (Hgg.), Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden, Regensburg 2005, S. 372 f. Vgl. die immer noch grundlegende Darstellung von Fritz Dickmann, Der Westfälische Frieden, 5. Aufl., Münster 1985. Als wichtiges Arbeitsinstrument steht nun auch eine umfangreiche Bibliographie zum Thema zur Verfügung: Heinz Duchhardt (Hg.), Bibliographie zum Westfälischen Frieden, bearb. von Eva Ortlieb und Matthias Schnettger, Münster 1996 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. 26). Die in Anm. 845 angeführte Bibliographie wurde schon 1992 im Hinblick auf das Jubiläum in Angriff genommen. Heinz Duchhardt (Hg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte, München 1998 (Historische Zeitschrift, Beiheft N. F. 26).

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national besetzten Kongreß.848 Selbst in Rom fand 1998 eine giornata di studio statt, organisiert vom Historischen Institut der Niederlande, jenem Staat, welcher durch den Frieden von 1648 seine Unabhängigkeit erlangte.849 Im Jubiläumsjahr schließlich trafen sich am Jahrestag der Unterzeichnung der Verträge ranghohe Vertreter aller damals an den Verhandlungen beteiligten Mächte. Johannes Paul II. entsandte aus diesem Anlaß seinen Staatssekretär, Kardinal Angelo Sodano, als apostolischen Legaten nach Münster.850 1999 folgte ein weiteres Jubiläum, als sich der Geburtstag von Fabio Chigi, einem der Friedensvermittler von Münster und späteren Papst Alexander VII., zum 300. Mal jährte. Beide Gedenktage – zusammen genommen – legten nahe, über die Rolle Chigis beim Zustandekommen des Westfälischen Friedens zu reflektieren, der schon von den Zeitgenossen als große Zäsur empfunden wurde und aus heutiger Sicht den Knotenpunkt zweier, mehrere Jahrhunderte überspannende Entwicklungslinien bildet, die die Verhältnisse in Europa nachhaltig veränderten: Dies ist zum einen der im Mittelalter einsetzende Prozeß der Formierung des frühmodernen Staats und zum anderen die Umwälzungen, die die Erneuerung von Religion und Kirche mit sich brachte, und die wir mit dem Begriff Konfessionalisierung kennzeichnen.851 Der Westfälische Friede (Instrumentum pacis Westphalicae) ist ein höchst komplexes Vertragswerk, das sich aus drei Teilverträgen zusammensetzt:852 Es handelt sich um 1) den „Frieden von Münster“ vom 30. Januar 1648, der nach 80 Jahren den Konflikt zwischen Spanien und den Generalstaaten beilegte;853 2) den „Münsterischen Frieden“ vom 24. Oktober 1648 zwischen dem Kaiser (unter Mitwirkung der Reichsstände) und Frankreich;854

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Vgl. Lucien Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, Paris 2000. Der von Simon Groenveld gehaltene Vortrag wurde in erweiterter Form und in deutscher Sprache publiziert: Der Friede von Münster. Die niederländische Seite des Westfälischen Friedens, Bonn 1998 (Nachbarn 41). Vgl. Osservatore Romano (italienische Ausgabe) vom 31. Oktober 1998, S. 6. Vgl. Heinz Schilling, Krieg und Frieden in der werdenden Neuzeit – Europa zwischen Staatenbellizität, Glaubenskrieg und Friedensbereitschaft, in: Bussmann/Schilling (Hgg.), 1648 – Krieg und Frieden, Textband I, S. 13 – 22, hier S. 13. Vgl. Konrad Repgen, Der Westfälische Friede: Ereignis und Erinnerung, in: Historische Zeitschrift 267 (1998), S. 615 – 647, hier S. 616 – 618. J[ean] Dumont, Corps universel diplomatique du droit des gens; contenant des traitez d’alliance, de paix, de trève [...] qui ont été faits en Europe, depuis le règne de l’Empereur Charlemagne jusques à présent, Bd. VI/1, Amsterdam 1728, S. 429 – 435. Vgl. auch Jan J. Poelhekke, De vrede van Munster, Den Haag 1948; Jonathan I. Israel, The Dutch Republic and the Hispanic World 1606 – 1661, Oxford 1982. Ebd. S. 450 – 462; vgl. die moderne Edition: Heinz Duchhardt, Josef Jacobi (Hgg.), Der Westfälische Frieden. Das Münsterische Exemplar des Vertrags zwischen Kaiser/Reich und Frankreich vom 24. Oktober 1648, Teil I: Faksimile; Teil II: Einführung – Transkription – Übersetzung, Wiesbaden 1996.

13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster

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3) den „Osnabrücker Frieden“ ebenfalls mit dem Datum 24. Oktober 1648 zwischen Kaiser und Reichsständen und der Krone Schweden.855 Von den vier großen Konflikten, die den Dreißigjährigen Krieg bestimmten, waren somit immerhin drei beendet worden. Der große Gegensatz zwischen Frankreich und Spanien aber blieb bis zum Pyrenäenfrieden von 1659 weiterbestehen, so daß für das Jahr 1648 nicht von einer pax universalis gesprochen werden kann. Diese zu erreichen, hatten sich die Päpste der Epoche des Dreißgjährigen Kriegs angeschickt, weniger Paul V. und Gregor XV.,856 verstärkt dann aber Urban VIII. in der Spätphase seines Pontifikats und Innozenz X. Gerade Urban VIII., der keine Gelegenheit versäumte, sich als padre comune der katholischen Fürsten zu deklarieren,857 bot ab 1634 seine Vermittlung zwischen dem Kaiser und Spanien einerseits und Frankreich andererseits an. Nun waren aber am großen Krieg auch protestantische (und nach dem Verständnis der Kurie: häretische) Mächte (das protestantische Schweden stand sogar im Bund mit Frankreich!) beteiligt, mit denen der Papst nicht kommunizieren konnte und wollte. Andererseits war Kardinal Richelieu nicht bereit, ohne die verbündete Macht Schweden Verhandlungen aufzunehmen. Hier mußte also ein Kompromiß gefunden werden. Dieser sollte schließlich darin bestehen, daß ein Kurienvertreter zwischen den großen katholischen Dynastien Habsburg und Bourbon vermitteln sollte, während eine weitere neutrale Macht für die Verhandlungen zwischen katholischen und protestantischen Staaten eingeschaltet werden sollte, und zwar die Republik Venedig. Doch sollte es zu dieser Aufgabenteilung nie kommen, denn sowohl die Gespräche zwischen Schweden und dem Reich als auch jene zwischen Spanien und den Niederlanden kamen ohne Vermittler aus.858 So trafen der von der Signoria entsandte Karrierediplomat Alvise Contarini859 (er war zuvor Botschafter Venedigs in Den Haag, London, Paris und Bailo in Konstantinopel) und der Vertreter der Kurie Fabio Chigi (der erfahrenste Nuntius, über den der Heilige Stuhl damals verfügte, so Staatssekretär Giovanni Panciroli860) lediglich mit der kaiserlichen, spanischen und französischen Partei zusammen. Stillschweigend hatte der Apostolische Stuhl 855

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Vgl. Acta Pacis Westphalicae, Serie III Abteilung B: Verhandlungsakten, Bd. 1: Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, Teilband 1: Urkunden, bearb. von Antje Oschmann, Münster 1998, S. 95 – 170, vgl. dazu jetzt auch Teilband 2: Materialien zur Rezeption, bearb. von Guido Braun, Antje Oschmann, Konrad Repgen, Münster 2007. Vgl. Kap. I.11. Nach Johannes Burkhardt, Abschied vom Religionskrieg. Der siebenjährige Krieg und die päpstliche Diplomatie, Tübingen 1985 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 61), S. 370, wurde der Begriff geradezu zum Lieblingswort des Barberini-Papstes. Vgl. auch Kap. I.12. Vgl. Repgen, Der Westfälische Friede: Ereignis und Erinnerung, S. 623 f. Vgl. zu seiner Person Dizionario biografico degli italiani, Bd. 28, Roma 1983, S. 82 – 91. Zur Mediation Venedigs bei den Westfälischen Friedensverhandlungen vgl. Stefano Andretta, La diplomazia veneziana e la pace di Vestfalia (1643 – 1648), in: Archivio dell’Istituto Storico Italiano per l’età moderna e contemporanea 27/28 (1975 – 1976), S. 5 – 128, und Bernd Roeck, Venedigs Rolle im Krieg und bei den Friedensverhandlungen, in: Bussmann/Schilling (Hgg.), 1648 – Krieg und Frieden, Textband I, S. 161 – 168. Nach Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 14/1, S. 74.

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in Münster mit zwei Traditionen gebrochen. Denn in der Vergangenheit hatten die Päpste die Mediation bei zwischenstaatlichen Konflikten exklusiv für sich beansprucht. Im übrigen hatten sie bei solchen Gelegenheiten einen Legaten, also einen päpstlichen Diplomaten im Kardinalsrang, entsandt, wobei die letzte erfolgreiche Legation dieser Art (bei den Friedensverhandlungen von Vervins) knappe 50 Jahre zurücklag.861 Doch gehen wir nun an den Anfang der Mission von Fabio Chigi im Reich. Als der 40jährige Fabio Chigi 1639 deutschen Boden betrat, hatte er soeben einen fünfjährigen Aufenthalt als Inquisitor und apostolischer Visitator auf der Insel Malta hinter sich862 und schickte sich an, seinen zweiten863 diplomatischen Posten als Vertreter von Papst und römischer Kurie zu übernehmen: die Kölner Nuntiatur.864 Er sollte insgesamt zwölf Jahre als Nuntius in Deutschland wirken. Die 1584 unter Gregor XIII. gegründete Kölner Nuntiatur war eine sogenannte Reformnuntiatur, d. h. ihr Schwerpunkt lag bei der innerkirchlichen Reform und der Bekämpfung des Protestantismus.865 Während seines Aufenthaltes in Köln hatte Chigi mancherlei Aufträge in diesem Bereich zu erledigen. Loyal gegenüber den seit zwei Generationen auf dem Kölner Bischofsstuhl sitzenden Wittelsbachern und entsprechend den Weisungen aus Rom unterstützte er die Wahl von Maximilian Heinrich von Bayern zum Koadjutor seines Onkels, des Kurfürst-Erzbischofs Ferdi-

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Vgl. Bernard Barbiche, Les instructions de deux papes florentins aux légats et aux nonces: Des témoignages privilégiés sur l’évolution de la diplomatie pontificale du traité de Vervins à la Paix de Westphalie, in: Christoph Kampmann, Maximilian Lanzinner, Guido Braun, Michael Rohrschneider (Hgg.), L’art de la paix. Kongreßwesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens, Münster 2011 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. 34), S. 517 – 528; vgl. auch Bertrand Haan, La dernière paix catholique européenne: édition et présentation du traité de Vervins (2 mai 1598), in: Claudine Vidal, Frédérique Pilleboue (Hgg.), La paix de Vervins (1598), o. O. 1998, S. 65 – 72. Vgl. Vincent Borg, Fabio Chigi Apostolic Delegate in Malta (1634 – 1639). An edition of his official correspondance, Città del Vaticano 1967 (Studi e testi 249). Die Inquisition von Malta war 1574 von Gregor XIII. eingerichtet worden, vgl. Alfred von Reumont, Fabio Chigi –Papst Alexander VII. – in Deutschland 1639 – 1651, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 7 (1885), S. 1 – 48, hier S. 3. Die maltesische Inquisition unterstand nicht dem Heiligen Offizium (Inquisition), sondern dem päpstlichen Staatssekretariat. Der Inquisitor von Malta erhielt seine Instruktionen vom Staatssekretär, der seinerseits Adressat der Berichte des Inquisitors war. Entsprechend ist die einschlägige Korrespondenz der maltesischen Inquisition im Bestand ‚Segreteria di Stato‘ des ASV überliefert. Vgl. die Aktenedition von Vlastimil Kybal und Giovanni Incisa della Rocchetta, La Nunziatura di Fabio Chigi (1640 – 1651), Bd. I in zwei Teilbänden, Roma 1943 – 1946. Inzwischen liegt auch eine rezente Aktenpublikation für die Kölner Mission Chigis vor: Nuntiaturberichte aus Deutschland, Die Kölner Nuntiatur, Bd. 9/1: Nuntiatur Fabio Chigi (1639 Juni – 1644 März), bearb. von Maria Teresa Börner unter Benutzung der Vorarbeiten von Joseph Wijnhoven, Paderborn u. a. 2009, v. a. dort die Beschreibung der Rahmenbedingungen, Zielsetzungen und Inhalte der Mission S. XXVIII – XLVI. Vgl. Kap. I.4. Zur Problematik des Begriffs vgl. Einleitung, S. 11.

13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster

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nand.866 Daneben beschäftigten ihn der Streit zwischen dem Kölner Erzbischof und der Stadt Lüttich, die Eheproblematik Karls von Lothringen und die Debatte um zwei Druckwerke: Von Rom wurde Chigi angewiesen, die Auslieferung des in Köln verlegten 20. Bandes der Annales Ecclesiastici des Abraham Bzovius zu verhindern, welcher das von Cesare Baronio begonnene Werk fortsetzte und in diesem Band das Konzil von Trient behandelte. In der Angelegenheit des Augustinus von Cornelius Jansenius wurde Chigi hingegen selbst tätig, der die Tragweite der in Kölner Buchhandlungen angebotenen und auf der Frankfurter Buchmesse präsentierten Schrift erkannte und nach Rom meldete.867 Engen Kontakt hielt er zu Maria de’ Medici, die im Konflikt mit ihrem Sohn Ludwig XIII. von Frankreich und seinem ersten Minister, Kardinal Richelieu, Frankreich verlassen hatte und nach Köln ins Exil gegangen war, und begleitete sie in ihrer Todesstunde. Die Wertschätzung muß gegenseitig gewesen sein: einer Äußerung der Königinmutter zufolge soll Chigi Richelieu an rhetorischen Fähigkeiten überlegen gewesen sein.868 Insgesamt hat sich Chigi während seines Aufenthalts in Deutschland gesundheitlich nicht sehr wohl gefühlt. Dies lag zum einen an den ungewohnten klimatischen Bedingungen (d. h. der großen Kälte und Feuchtigkeit), die der begabte Philologe einmal sogar in einem lateinischen Gedicht mit dem Titel De Pluviis Monasterii Urbis (Der münsterische Regen) scherzhaft zum Ausdruck bringt. Es beginnt mit folgenden Worten: Nimborum patria […] iam sextus volvitur annus, expertus loquor, assiduo quod te imbre madentem inspexi („Heimat des Regens! [...] Sechs Jahre sind’s nun, daß ich hier bin, aber ich sah dich (die Stadt Münster) nicht anders als triefend von ständigem Regen“).869 Der eigentliche Grund für das Unwohlsein lag aber in einer zunächst nicht erkannten Nierensteinerkrankung, die der ohnehin nicht sehr robuste Chigi im November 1642 operativ behandeln lassen mußte. Der Eingriff, die von einer Equipe unter Leitung des von Mazarin bereitwillig entsandten „königlichen französischen Steinschneiders“ (Litotomo) Girault durchgeführt wurde, verlief unter großen Schmerzen und führte erst nach fast 100 Tagen zu einer – wenn auch begrenzten – Heilung.870 Die Folgen der Erkrankung sollten Chigi bis an sein Lebensende begleiten. Seine Briefe wird er später im Stehen schreiben, um seine Nieren zu schonen.871

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Vgl. auch Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1848 bis 1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 301. Vgl. Marcel Albert, Nuntius Fabio Chigi und die Anfänge des Jansenismus 1639 – 1651. Ein römischer Diplomat in theologischen Auseinandersetzungen, Rom-Freiburg-Wien 1988 (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte, 44. Supplementheft). Vgl. Reumont, Fabio Chigi, S. 5. Vgl. Hermann Bücker, Der Nuntius Fabio Chigi (Papst Alexander VII.) in Münster 1644 – 1649, in: Westfälische Zeitschrift 108 (1958), S. 1 – 90, hier S. 52 f. Vgl. Paolo Piccolomini, Carteggio inedito di Fabio Chigi, poi Alessandro VII., in: Bollettino Senese di Storia Patria 15 (1908), S. 99 – 127, hier S. 116f; Börner, Nuntius Fabio Chigi, S. XLVf. Vgl. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 30.

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Nach dieser gesundheitlichen Krise hoff te Chigi auf eine Rückkehr nach Italien und hatte sich zu diesem Zweck bereits Pässe besorgt. Doch es sollte anders kommen. Da die Kurie keine andere geeignete Person zum bevorstehenden Friedenskongreß in Münster entsenden konnte (in Rom hieß es: man habe keinen besseren), wurde bis auf weiteres Chigi unter Beibehaltung seines Kölner Mandats und den Fakultäten eines außerordentlichen Nuntius zu den Friedensverhandlungen nach Westfalen abgeordnet,872 für die Aushandlung eines allgemeinen Friedens unter den christlichen Fürsten, wie sein neuer Titel lautete: Nuntius extraordinarius ad tractatus pacis universalis inter principes christianos.873 Chigi traf am 19. März 1644 gegen 16 Uhr in Münster ein874 und nahm, nachdem ihn der Befehlshaber der Stadt und eine Abordnung der kaiserlichen und französischen Gesandtschaft vor den Toren der Stadt in Empfang genommen hatten, im dortigen Minoritenkloster Quartier, wo er während seiner gesamten Verweildauer am Friedenskongreß bleiben sollte. Später als Papst Alexander VII. wird er – in dankbarer Erinnerung an die Gastfreundschaft der Minoriten – einen vom Verfall bedrohten Flügel des Konventgebäudes aus eigenen Mitteln sanieren lassen.875 Der Westfälische Friedenskongreß, ursprünglich als Zusammenkunft der diplomatischen Vertreter von fünf Großmächten (Kaiser, Spanien, Frankreich, Schweden, Niederlande) konzipiert, weitete sich im Verlauf der Verhandlungen zu einem Großkongreß aus, an welchem 16 europäische Staaten und 140 Reichsstände repräsentiert waren. Daß es unter diesen Umständen überhaupt zu einem Frieden kam, war keineswegs selbstverständlich, weshalb der venezianische Botschafter auch von einem Weltwunder sprach: Si può chiamare una delle meraviglie del mondo.876

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Francesco Barberini teilte Chigi am 12. Dezember 1643 die Entsendung nach Münster mit, vgl. Börner, Nuntius Fabio Chigi, S. 767; Das Ernennungsbreve wurde am 26. Dezember versandt. Gleichzeitig wies Barberini Chigi an, sich eng an die für Kardinal Rossetti formulierten Instruktionen zu halten, vgl. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 61 – 64. Einen guten Überblick über den Aufenthalt Chigis in der westfälischen Bischofsstadt gibt Bücker, Nuntius Fabio Chigi. Vgl. Acta Pacis Westphalicae III/C: Diarien, Bd. 1: Diarium Chigi 1639 – 1651, 1. Teil: Text, bearb. von Konrad Repgen, Münster 1984, S. 207. Eine Gedenktafel erinnerte bis zum Zweiten Weltkrieg daran, in welchem die westfälische Metropole dann zu 91 % zerstört wurde. Die Inschrift darauf lautete: Alexander pontifex Optimus Maximus, quondam hic Monasterii tractatae pacis universalis Christianae legatus et mediator apostolicus, conventus huius ad annos VI incola, partem hanc vetustate pene collabentem restauravit in perpetuum benevolentiae suae erga locum hunc monumentum anno Domini MDCLXV, pontificatus XI. Vgl. Ludwig Perger, Fabius Chigi (als Papst Alexander VII.) zu Münster, in: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde 22 (1862), S. 372. Vgl. Finalrelation Alvise Contarinis, in: Joseph Fiedler (Hg.), Die Relationen der Botschafter Venedigs über Deutschland und Österreich im 17. Jahrhundert, Bd. 1, Wien 1866 (Fontes rerum Austriacarum II/26), S. 293 – 366, hier S. 293; neuere italienische Ausgabe: Luigi Firpo (Hg.), Relazioni di ambasciatori veneti al senato, Bd. III: Germania (1557 – 1654), Torino 1968, S. (963) – (1063), hier S. (963).

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Es stellt sich deshalb die Frage, auf welche Weise dieser Frieden vermittelt worden war.877 In Münster wurde bei den habsburgisch-französischen Verhandlungen ein Modell angewandt, welches keinen direkten Kontakt zwischen den Kontrahenten vorsah, auch nicht unter Vorsitz eines Vermittlers. Gesprochen wurde mithin nur auf dem indirekten Weg über den Vermittler.878 Hier ein konkretes Beispiel: Die Kaiserlichen fuhren zu Chigi und überbrachten ihre Bedingungen. Der Nuntius begab sich alsdann zu den Franzosen, um die Vorschläge zu überbringen und zu diskutieren. Nach einer kürzeren oder längeren Bedenkzeit besuchten die Franzosen den Nuntius, überreichten ihre Antworten oder stellten ihrerseits Forderungen, die der Nuntius an die kaiserlichen Gesandten weiterleitete usw. Dies war natürlich umständlich und zeitraubend. Desillusioniert schreibt Chigi am 30. Dezember 1644 an Monsignor Albizzi, Assessor am Heiligen Offizium: Non avanziamo niente nel negotio [...] La Francia non fa altra propositione, gli altri l’aspettano, e quelli attendono la venuta di più principi et ordini d’Imperio, i quali si teme che non possino se non impedire e difficultare [...] Quà crescon le fadighe, le discussioni, le sessioni, e non se ne guadagna cosa alcuna di sustanza. Più di una volta torno la notte a casa con testa infiammata e balorda dal negotio e dalle stufe [...] („Wir kommen mit dem Geschäft nicht weiter […] Frankreich macht keinen Vorschlag mehr, die anderen warten auf ihn und jene harren auf die Ankunft weiterer Fürsten und Stände des Reichs, die, so fürchtet man, nur Schwierigkeiten und Hindernisse bereiten können […] Hier wachsen die Mühen, Diskussionen, Sitzungen, und man erreicht nichts Substantielles. Mehr als einmal komme ich des Nachts nach Hause mit erhitztem und betäubten Kopf wegen der Verhandlungen und der überhitzten Räume […]“).879 Viel Zeit verging mit der Klärung protokollarischer Fragen, d. h. mit Rang- und Zeremonialstreitigkeiten, Fragen der Titulaturen, Visiten und Präzedenzien: der eine wollte mit Altezza angesprochen werden, der andere mit Serenissimo, Potentissimo usw., worauf die andere Seite regelmäßig Einspruch erhob.880 Die Geduld des Nuntius wurde auf eine harte Probe gestellt. Ein Ende der Verhandlungen war nicht abzusehen, was Chigi an einer anderen Stelle zu folgender Aussage veranlaßt: […] se però io avanti non me ne andassi ‚ad patres’, e mi piglassi sepolcro in Westfalia, ove pur anco seppeliscono bene […] („ […]

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Zur Friedensvermittlung allg. vgl. Alexander Koller, Art. Mediation, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 8, Stuttgart-Weimar 2008, Sp. 213 – 219. Vgl. Repgen, Der Westfälische Friede: Ereignis und Erinnerung, S. 623. Zu den Abläufen der Mediation in Münster vgl. Konrad Repgen, Friedensvermittlung und Friedensvermittler beim Westfälischen Frieden, in: Ders., Dreißigjähriger Krieg, S. 695 – 719 (leicht veränderte Fassung des Artikels in: Westfälische Zeitschrift 147 [1997], S. 37 – 61); Marie-Louise Rodén, Fabio Chigi’s observations on the Practice of Diplomacy in Westphalia, in: Dies., Ab Aquilone, Nordic Studies in Honour and Memory of Leonard E. Boyle, O.P., Stockholm 1999 (Suecoromana 6), S. 115 – 148. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 667. Vgl. Repgen, Friedensvermittlung und Friedensvermittler, S. 708 – 711, und Stefano Andretta, Ceremoniale e diplomazia pontificia nel XVII secolo, in: Maria Antonietta Visceglia, Catherine Brice (Hgg.), Cérémonial et rituel à Rome (XVIe – XIXe siècle), Rome 1997 (Collection de l’École française de Rome 231), S. 201 – 222, hier S. 212 – 214.

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wenn ich vorher nicht sterbe und mein Grab in Westfalen finde, wo man bequem zur Ruhe gebettet wird […]“).881 Schon bald ergaben sich aus Sicht des Nuntius jedoch Probleme von ganz anderer Qualität. Im Juni 1645 wurde von französischer wie schwedischer Seite an den Kaiser die Bedingungen für einen Frieden übergeben, die bereits am Horizont die einschneidenden Veränderungen der Reichsverfassung in politischen und kirchlichen Belangen aufscheinen ließen, wie sie später im Friedensvertrag zutage traten. Diese liefen mehr oder weniger auf die volle Anerkennung von drei Konfessionen auf Reichsboden hinaus. Entsprechend scharf fiel die erste Reaktion der kaiserlichen Partei aus: Durch eine Annahme dieser Bedingungen würde „das Reich nicht reformiert, sondern deformiert“!882 Schon im Dezember 1645 konzipierte Chigi einen Protest gegen jegliche Schädigung der Interessen der Kirche. Von hier aus führte ein direkter Weg zu den großen kurialen Protestnoten des Jahres 1648. Betrachten wir an dieser Stelle die Generalweisung aus Rom, die Hauptinstruktionen, wie sie in der diplomatischen Fachsprache bezeichnet werden, die Chigi die Richtlinien für seine Vermittlertätigkeit vorgab. Hierzu ist zu sagen, daß Chigi keineswegs der erste römische Gesandte mit dem Auftrag einer Friedensvermittlung im Dreißigjährigen Krieg war. Rom hatte bereits im August 1635 Kardinal Marzio Ginetti zum Legaten für einen Friedenskongreß ernannt, der in Köln stattfinden sollte, dort aber nie zusammentrat.883 Gemäß seiner Instruktion sollte er die Stellung eines neutralen Friedensvermittlers strikt einhalten. Die entscheidende Befugnis eines Vermittlers, eigene Vorschläge zur Regelung von Streitfragen zu machen, wurde ihm entsprechend der vom padre comune-Bild diktierten Politik Urbans VIII. nicht erteilt. Auch durfte er keine direkten Verhandlungen mit den Protestanten führen.884 Ginetti hielt sich insgesamt vier Jahre am Rhein auf und kehrte 1640 unverrichteter Dinge zurück. An seine Stelle trat zunächst der außerordentliche Nuntius Francesco Maria Macchiavelli.885 Die Funktion eines päpstlichen Legaten und Friedensvermittlers – nun am inzwischen neu festgelegten Kongreßort Münster – sollte dann aber 1643 Kardinal Carlo Rossetti übernehmen. Auch daraus wurde nichts, weil Frankreich Rosetti als Vermittler ablehnte.886 So kam schließlich Chigi zum Zuge, 881 882 883

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Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 667. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 14/1, S. 75. Bereits im Zusammenhang mit der Borja-Krise hatte Urban VIII. mit der Entsendung von Girolamo Grimaldi an den Kaiser, Francesco Adriano Ceva zu Ludwig XIII. von Frankreich und von Lorenzo Campeggi zu Philipp IV. von Spanien erste Friedensfühler ausgestreckt, vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13/1, S. 440 f.; vgl. auch Kap. I.12. Vgl. Konrad Repgen, Die Hauptinstruktion Ginettis für den Kölner Kongress (1636), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 34 (1954), S. 250 – 287 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 425 – 457]; vgl. auch Georg Lutz, Art. Urbano VIII, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 307. Konrad Repgen, Fabio Chigis Instruktion für den Westfälischen Friedenskongreß. Ein Beitrag zum kurialen Instruktionswesen im Dreißigjährigen Krieg, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 48 (1953), S. 79 – 116 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 458 – 486], hier S. 460 [81 – 83]; Barbiche, Les instructions de deux papes florentins, S. 524. Vgl. Repgen, Friedensvermittlung und Friedensvermittler, S. 713.

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der damit auch den Registerwechsel bei der päpstlichen Friedensvermittlung von der Legaten-Beauftragung zur Nuntien-Entsendung markiert.887 Die Instruktion, die Chigi nachträglich – als sich der Kölner Nuntius bereits ein Jahr in Münster aufhielt! – erhielt,888 deckte sich weitgehend mit der Rossetti-Instruktion, die wiederum weitgehend auf der Hauptinstruktion für Ginetti aufbaute. Im Grunde enthält jeder der drei genannten Texte die wesentlichen Punkte einer päpstlichen Friedensvermittlung: absolute Neutralität des Vermittlers, Schaff ung von Vertrauen bei allen Parteien, Unterlassung von eigenen Vorschlägen und schiedsrichterlichen Entscheidungen, keine Übernahme von Mandatsaufgaben.889 Auf einen Nenner gebracht, hieß dies: pausenlos vermitteln, aber nichts entscheiden890 bzw. keine Aktionen wagen, die den Vorstellungen des päpstlichen padre comune-Amts zuwider liefen. Chigi selbst verglich seine Aufgabe mit der Tätigkeit eines Notars.891 Zu Beginn der Verhandlungen in Münster hatte die päpstliche Seite noch versucht, protestantische Themen, wie etwa die Pfalzfrage, vom Kongreß zu separieren und am Kaiserhof behandeln zu lassen.892 Auch Chigi war der Umgang mit den Protestanten weitgehend untersagt worden. Natürlich ließ sich eine vollständige Abgrenzung von dieser Gruppe nicht durchhalten. Chigi mußte deshalb mit sehr viel Geschick und Fingerspitzengefühl bei Wahrung aller Formen der Höflichkeit vorgehen. Den holländischen Gesandten, die ihn in seiner Wohnung in Münster zu sprechen wünschten, ließ er sagen, es sei schon spät am Abend und er habe sich bereits zurückgezogen. Einen Gegenbesuch bei den Holländern in deren prächtigem Quartier ließ er durch einen Vertreter ausführen, und zwar zu einem Zeitpunkt, von dem er wußte, daß die Niederländer abwesend waren. Wenn es unvermeidlich war, mit Protestanten zu sprechen, dann tat es Chigi stets unter Zeugen, wobei niemals Glaubensfragen thematisiert wurden.893 Wandten sich Protestanten mit einer Bitte schriftlich an ihn, so antwortete er nie schriftlich, erfüllte aber ihre Bitte, wenn es in seinen Möglichkeiten stand. In einem chiffrierten Schreiben vom 12. Mai 1645 an Kardinal Pamphili schrieb er: Io non ho mai trattato con alcuno heretico, e, per non gli irritare, ho destreggiato in modo, che mi son mantenuto intatto, senza haver a dar loro repulsa alcuna odiosa („Ich habe nie mit einem Häretiker verhandelt und, um sie

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Vgl. Barbiche, Les instructions de deux papes florentins, S. 517: „C’est donc dans les années 1640 que s’est produite une rupture dans la pratique de la diplomatie pontificale.“ Repgen, Fabio Chigis Instruktion. Das verhängnisvolle Veltlin-Mandat, zu dem sich Gregor XV. bereit gefunden hatte, war noch in guter Erinnerung, vgl. auch die eigenhändigen Notizen Chigis zur Ginetti-Instruktion (ebd. S. 719). Zur Rolle der römischen Kurie im Veltlin-Konflikt vgl. Silvano Giordano, La Santa Sede e la Valtellina da Paolo V a Urbano VIII, in: Agostino Borromeo (Hg.), La Valtellina crocevia dell’Europa. Politica e religione nell’età della guerra dei Trent’Anni, Milano 1998, S. 81 – 109. Vgl. Repgen, Friedensvermittlung und Friedensvermittler, S. 713. Vgl. ebd. S. 699. Chiffrierte Weisung von Francesco Barberini an Fabio Chigi, Rom, 1644 I 16, vgl. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 69. Vgl. Bücker, Nuntius Fabio Chigi, S. 83.

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nicht zu verärgern, habe ich ein solches Fingerspitzengefühl an den Tag gelegt, daß ich mich rein gehalten habe, ohne sie in verletzender Art abzuweisen“).894 Um die Rahmenbedingungen, die näheren Umstände der Vermittlertätigkeit Chigis in Münster zu verstehen, sollten wir über die Ebene des durch die Alternanz von Weisungen und Berichten bestimmten strengen kurialen Diskurses hinausgehen, und auch andere Aspekte mit einbeziehen, die zum Teil versteckt in den Berichten berührt werden, teilweise andernorts aufscheinen. Da ist zunächst die Frage, auf welche Personen Chigi bei seiner Tätigkeit zurückgreifen konnte. Von seinen engeren Mitarbeitern, seiner famiglia,895 wie man den Haushalt eines Nuntius damals wie heute bezeichnet, können wir einige namentlich bezeichnen. Als Gesandtschaftssekretär stand ihm Don Lorenzo Della Ratta896 zur Seite, der aus Nardò, dem Bischofssitz Chigis, stammte. Ein gewisser Heinrich (Enrico) Mehring aus Köln, der in Rom am Collegium Germanicum studiert hatte, fertigte als Abbreviator (Chef der Kanzlei) die Entwürfe der amtlichen Schreiben an und besorgte den umfangeichen Briefwechsel. In der Funktion des Vizeabbreviators finden wir Johann Hodegius,897 einen Kanoniker aus Visé im Bistum Lüttich. Die Aufgaben des Auditors, also die Leitung des Nuntiaturgerichts, versah Antonio Abbondanti898 aus Imola, zuvor langjähriger Sekretär des früheren Kölner Nuntius Carafa. Es läßt sich also ein ausgewogenes Verhältnis von italienischen und deutschen Elementen auf der Führungsebene der Nuntiatur feststellen. Es versteht sich von selbst, daß der Nuntius auf Mitarbeiter, die über fundierte Deutschkenntnisse verfügten oder deren Muttersprache Deutsch war, zurückgreifen mußte, wobei Chigi selbst neben seinen ausgezeichneten Latein- und Französischkenntnissen auch Deutsch sprach! Bei seinen Gesprächen und Verhandlungen verwendete er allerdings nur Latein und Italienisch.899 Insgesamt wird die famiglia des Nuntius mit sechs Geistlichen und dem sonstigen Personal (Koch, Diener, Kutscher, Stallknechte etc.) etwa 20 Personen umfaßt haben.900 Chigi trat demnach vergleichsweise bescheiden in Münster auf, wenn man bedenkt, daß die Franzosen ca. 1000 Personen und 200 Pferde, der spanische Bevollmächtigte etwa 150 Personen und mehrere sechsspännige Karossen unterhielten. Chigi fuhr dagegen zweispännig. Er schreibt am 25. April 1644, wenige Tage nach seiner Ankunft in der westfälischen Metropole: Questi s.ri ambasciatori hanno corti regie, io sto per anco con sei preti e pochi più servitori e carrozza a due.901 Zeitweise lieh er sich deshalb den Wagen seines venezianischen Kollegen 894 895

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Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 1068. Vgl. allg. Michael F. Feldkamp, Studien und Texte zur Geschichte der Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv. Eine behördengeschichtliche Untersuchung, Città del Vaticano 1993 (Collectanea Archivi Vaticani 20), S. 85 – 90. Vgl. ebd. S. 91, Anm. 1; von ihm ist ein Tagebuch für das Frühjahr 1644 überliefert, gedruckt ebd. S. 339 – 376. Vgl. zu ihm auch Börner, Nuntius Fabio Chigi, S. XXXIII. Vgl. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 92, Anm. 1. Vgl. ebd. S. 195, Anm. 1. Vgl. Börner, Nuntius Fabio Chigi, S. XXXVII. Vgl. ebd. S. XXXIII. Kybal, Incisa della Rocchetta, Nunziatura di Fabio Chigi, S. 380.

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Contarini, bis er im Herbst den Bau einer standesgemäßen Karosse in Auftrag gab, die er auf die letzten drei Worte des Lobgesangs des Zacharias (Lk 1,79) taufte: In viam pacis.902 In diesem Zusammenhang schließt sich die Frage an, wie die Reisen vonstatten gingen, welche Verkehrsmittel der Nuntius und sein Gefolge benutzten. Die Anreise von Köln nach Münster erfolgte beispielsweise zunächst per Schiff (mit zwei Barken) auf dem Rhein bis Wesel, dann über Land nach Münster mit Wagen und Pferden, welche die Fürstäbtissin von Essen zur Verfügung stellen ließ.903 Bei der Betrachtung der äußeren Faktoren der diplomatischen Missionen wird man auch die Unterkünfte mit einbeziehen müssen (es wurde bereits das Münsteraner Quartier Chigis erwähnt, das Minoritenkloster, das ihm als geeignetste Unterkunft genannt worden war, sich dann aber – wegen der Nähe zum Fluß Aa – als feucht herausstellte). Chigi verfügte während seines Deutschlandaufenthaltes über mehrere Einnahmequellen: sein Nuntiengehalt betrug ab 1639 230 scudi. Ab 1644 wurde es auf 438 scudi erhöht wegen der kostenaufwendigeren Mediation bei den Westfälischen Friedensverhandlungen.904 Darüber hinaus bezog Chigi Einnahmen aus seinem Bistum Nardò und Gelder, die ihm als Gebühren für die Ausübung von Gerichts- und Verwaltungstätigkeit an der Kölner Nuntiatur zuflossen. Trotzdem klagte Chigi immer wieder über finanzielle Engpässe, v. a. zu Beginn seiner Münsteraner Mission.905 Dies alles ergäbe ein unvollständiges Bild von den äußeren Rahmenbedingungen und dem lebensweltlichen Kontext der Mission Chigis in Münster. Es soll deshalb auch nach den persönlichen Eindrücken gefragt werden, die Chigi – abseits des diplomatischen Diskurses – in Schriftstücken von eher privatem Charakter festhielt. Glücklicherweise stehen aus der Hand des Nuntius neben den Briefen und Berichten, die zum Teil bereits gedruckt vorliegen, zum Teil noch der Aufarbeitung harren, Quellen dieser Art zur Verfügung. Da ist zum einen das Tagebuch Chigis, ein recht trockener Text mit kurzen, unvermittelt hintereinandergesetzten Informationen. Nehmen wir als Beispiel den Eintrag für Montag, 29. März 1645: Vento, e acqua, vien da me il decano che fa il mediatore in Osnamburg, compro un cavallo. mando da sig. 902 903

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Eine Beschreibung der Karosse gibt Chigi in seinem Brief an Albizzi vom 30. November 1644, vgl. ebd. S. 582 f. Zu dieser Reise vgl. Bücker, S. 6 – 13, dort findet sich auch das von Chigi in Hexametern verfaßte Gedicht Iter Colonia Monasterium usque Westphaliae MDCXLIV (lateinischer Text mit deutscher Übersetzung), S. 14 – 19. Vgl. die äußerst detaillierte Studie von Konrad Repgen, Die Finanzen des Nuntius Fabio Chigi. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte der römischen Führungsgruppe im 17. Jahrhundert, in: Erich Hassinger, Heinz Müller, Hugo Ott (Hgg.), Geschichte. Wirtschaft. Gesellschaft, Festschrift für Clemens Bauer, Berlin 1974, S. 229 – 280 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 353 – 403]; davon abweichend: Henri Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1), Tab. auf S. 78 mit Anm. 12; vgl. auch Franz Bosbach, Die Kosten des Westfälischen Friedens. Eine strukturgeschichtliche Untersuchung, Münster 1984 (Schriftenreihe zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. 13), Tabelle 27, S. 226 mit Anm. 1 (S. 230). Repgen, Die Finanzen, S. 369.

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Contarini, e da m. d’Avaux mangio al refettorio, vengo alla disputa, son da me l’ambasciatore di Venetia, et i plenipotentiarii di Francia fino alle 8 („Wind und Wasser, es kommt zu mir der Dekan, der in Osnabrück als Friedensvermittler wirkt, ich kaufe ein Pferd, schicke jemanden zu Herrn Contarini und Herrn d’Avaux,906 esse im Refektorium, komme zur Verhandlung, bin beim venezianischen Botschafter und den Bevollmächtigten Frankreichs bis acht Uhr“).907 Oder die Zeilen, die er am Sonntag, dem 25. Oktober 1648, dem Tag nach der Unterzeichnung der Friedensverträge niederschreibt: Hiersera si segnò la pace con sparo, stamattina si publica, canta il Te Deum, e partono i corrieri, io scrivo, dico messa pranzo col sig. Ridolfi, e questi padri, il giorno è da me il sig. Brun, si spara tutto dì, si publica la pace, e si tira anco di notte („Gestern abend unterzeichnete man den Frieden unter Salutschüssen, heute wird er veröffentlicht, man singt das Te Deum, Boten werden abgeschickt, ich schreibe, ich lese die Messe, speise mit Herrn Ridolfi und den Patres, am Tag ist Herr Brun908 bei mir, man hört den ganzen Tag Freudensalven, man publiziert den Frieden, man feuert auch während der Nacht“).909 Daneben existieren mehrere Gedichte Chigis, die von dem ihm befreudneten Brüderpaar Ferdinand und Wilhelm von Fürstenberg herausgegeben wurden.910 Hierbei handelt es sich um Dokumente von besonderem Rang, da sie uns Beobachtungen aus dem Alltagsleben des Mediators zu Land, Leuten und Lebensweise vermitteln, alles metrisch exakt in elegischen Distichen bzw. daktylischen Hexametern. Neben dem bereits genannten Gedicht über den Regen handelt eines über die Stadt Münster (Monasterium Westphaliae Urbs, aedificia, incolae ac mores),911 je eines über den Verlauf von An-912 und Abreise (Iter Monasterio Westphaliae Aquisgranum anno MDCXLIX in ipso itinere scriptum in pugillaribus)913 und das letzte – ein kulturgeschichtliches Dokument von besonderem Reiz! – über die Haubentracht der Frauen, die Felken914. Fabio Chigi erfreute sich bei seinen Münsteraner Kollegen großer Beliebtheit, wobei sich der kultivierte, päpstliche Diplomat trotz der abschließenden offiziellen negativen Haltung gegenüber dem Friedenswerk ein Ansehen erwerben konnte, das sich in ganz Europa verbreitete. Der französische Gesandte d’Avaux sagte, ein solcher Mann müsse Kardinalsstaatssekretär werden, was Chigi dann auch tatsächlich wurde. Der französische Minister und Kardinal Mazarin empfahl ihn für den Purpur. Der Kaiser wollte ihm für seine Verdienste einen silbernen Tafelaufsatz im Wert von 906 907 908 909 910 911 912 913 914

Claude de Mesmes, Comte d’Avaux, französischer Bevollmächtigter auf dem Friedenskongreß von Münster. Repgen, Diarium Chigi, S. 256. Antoine Brun, spanischer Unterhändler auf dem Friedenskongreß von Münster. Repgen, Diarium Chigi, S. 413. Vgl. Bücker, Nuntius Fabio Chigi, S. 38 f. Vgl. ebd. S. 44 – 49. Vgl. ebd. S. 38 f. Vgl. oben Anm. 903. Vgl. Bücker, Nuntius Fabio Chigi, S. 72 – 81. Vgl. ebd. S. 58 – 61 (ohne lat. Titel).

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10 000 scudi zukommen lassen, was Chigi jedoch dankend ablehnte.915 Ein überaus positives Zeugnis über den Nuntius ist uns von seinem Kollegen Alvise Contarini überliefert. Es handelt sich um eine Passage aus der bereits zitierten Finalrelation des Venezianers: È il Chigi di natione senese di Casa nobile, che rissente tuttavia nel suo animo aff etti di Rep.ca, di eruditione non commune, tanto in verso, quanto in prosa: ma sopra tutto di bontà di vita, e costumi santi senza hipocrisia. Non havea fatte altre legationi, che quella di Malta, e di Colonia, onde mancava di quella esperienza ne maneggi, che poi in quelli di Munster hà pienamente conseguito („Chigi stammt aus einer sienesischen Adelsfamilie, er empfindet in seinem Herzen noch republikanische Neigungen, hat eine nicht alltägliche sprachliche Bildung, wobei er sich sowohl in Versen als auch in Prosa auszudrücken vermag; v. a. bestechen sein charaktervoller Lebenswandel und seine edlen Umgangsformen, die frei sind von jeglicher Heuchelei. Außer Malta und Köln hatte er keine Missionen erfüllt, weshalb er nicht über jene Erfahrungen bei Geschäften verfügte, die er dann bei jenen von Münster vollständig erlangt hat“).916 Kommen wir nun ein letztes Mal auf die Friedensverträge zurück und fragen nach ihrer Wirkung auf die päpstliche Politik und den sich daraus ergebenden Folgen. Durch die Verträge wurden die drei großen in Deutschland vertretenen Konfessionen in der Reichsverfassung gleichgestellt. Als Stichtag für die Festlegung des kirchlichen Besitzstandes wurde der 1. Januar 1624 (das auch als sogenanntes „Normaljahr“ bezeichnet wird) vereinbart. D. h. alle Territorien, die zu jenem Zeitpunkt Besitz einer bestimmten Konfession waren, sollten es auch in Zukunft bleiben. Dies bedeutete den definitiven Verlust von zwei Erzbistümern (Magdeburg, Bremen) und 13 Bistümern (u. a. Halberstadt, Verden, Meißen, Naumburg, Minden, Lübeck, Kammin, Schwerin, Merseburg, Ratzeburg) für die katholische Kirche. Das Bistum Osnabrück sollte abwechselnd an einen protestantischen und einen katholischen Fürsten fallen. Chigi sprach in diesem Zusammenhang von einer scelerata alternativa.917 Der Nuntius konnte sich durchaus in die Lage des Kaisers versetzen, dessen Hände gebunden waren und dessen Bereitschaft, den Greueln eines 30 Jahre dauernden europäischen Flächenbrandes – nötigenfalls mit einem unbefriedigenden Kompromiß – ein Ende zu setzen, spätestens nach der durch schwedische Truppen beigebrachten katastrophalen Niederlage der Kaiserlichen bei Jankau in Böhmen am 6./7. März 1645. Aber konnte ein Vertreter des Heiligen Stuhles dieses Ergebnis stillschweigend akzeptieren oder gar mittragen? Die Antwort lautete: Nein. Abgesehen von der persönlichen Enttäuschung, die mit starken Selbstzweifeln verbunden waren,918 hatte Chigi zunächst dafür Sorge getragen, daß weder sein Name noch der des Papstes im Vertragstext Erwähnung fanden. Aber damit nicht genug. Chigi legte offiziell Protest gegen den Frieden ein. Bereits einige Jahre zuvor hatte der damalige Nuntius am Kaiserhof, Gasparo Mattei, Protest gegen mehrere, von Seiten der Kurie religionsrechtlich bedenkliche Beschlüsse des Regensburger Reichstags von 1640/41 915 916 917 918

Vgl. Reumont, Fabio Chigi, S. 11. Fiedler, Relationen der Botschafter Venedigs, S. 298. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 14/1, S. 95, Anm. 2. Vgl. Bücker, Nuntius Fabio Chigi, S. 63 f.

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erhoben.919 Es war dies das erste Mal nach über 80 Jahren, daß ein Kurienvertreter in einer solchen Form auf Reichsbeschlüsse reagierte: zuletzt hatte Kardinal Otto Truchseß von Waldburg 1555 dieses Mittel nach Abschluß des Augsburger Religionsfriedens angewandt.920 Dieser Protest diente Chigi in der Zeit von 1645 – 1648 bei der Verbreitung und Durchführung seiner Protestnote als Bezugspunkt.921 Daß sich Chigi letztlich offiziell im Namen der römischen Kurie vom Vertragswerk von 1648 distanzierte, war freilich keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Auf katholischer Seite standen sich die Gruppe der sogenannten Prinzipalisten (d. h. die mächtigeren katholischen Reichsstände wie Kurmainz, Kurbayern, Bamberg und Würzburg), die sich kompromißbereit gaben und den kaiserlichen Bevollmächtigten, Maximilian Graf von Trauttmansdorff unterstützten, und die Fraktion der in Kirchenfragen unnachgiebigen „Maximalisten“ gegenüber, zu deren führenden Vertretern der Bischof von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg und sein Augsburger Mitbruder, Heinrich von Knöringen, zählten. Der zweiten Gruppe schloß sich Chigi an, der damit die römische Kurie außenpolitisch isolierte. Insgesamt legte Chigi fünf Proteste ein: 922 1. am 18. Mai 1648 gegen den spanisch-niederländischen Frieden von Münster vom 30. Januar (der am 15. Mai beschworen worden war) in geheimer Form, 2. am 14. Oktober gegen den kaiserlich-schwedischen Frieden von Osnabrück, der am 6. August durch Handschlag der Konfliktparteien vereinbart worden war (die offizielle Unterzeichnung des Vertrags fand am 24. Oktober statt), 3. am 26. Oktober gegen den französisch-kaiserlichen und (nochmals!) gegen den kaiserlich-schwedischen Frieden, die am 24. Oktober in Münster besiegelt worden waren, 4. am 19. Februar 1649 nach Austausch der Ratifikationsurkunden der am 24. Oktober unterzeichneten Verträge im allgemeinen, und

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Vgl. Konrad Repgen, Die römische Kurie und der Westfälische Friede. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17. Jahrhundert, 1. Teil: Darstellung, Tübingen 1962 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 24), S. 426 – 514. Vgl. ebd. S. 74 f. Vgl. Konrad Repgen, Wartenberg, Chigi und Knöringen im Jahre 1645. Die Entstehung des Plans zum päpstlichen Protest gegen den Westfälischen Frieden als quellenkundliches und methodisches Problem, in: Rudolf Vierhaus, Manfred Botzenhart (Hgg.), Dauer und Wandel der Geschichte. Aspekte der europäischen Vergangenheit, Festgabe für Kurt v. Raumer, Münster 1966 (Neue münsterische Beiträge zur Geschichtsforschung 9), S. 213 – 268 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 458 – 486], hier S. 223. Vgl. Konrad Repgen, Die Proteste Chigis und der päpstliche Protest gegen den Westfälischen Frieden (1648/50). Vier Kapitel über das Breve „Zelo Domus Dei“, in: Dieter Schwab u. a. (Hgg.), Staat, Kirche, Wissenschaft in einer pluralistischen Gesellschaft, Festschrift zum 65. Geburtstag für Paul Mikat, Berlin 1989, S. 623 – 647 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 539 – 561], hier S. 630 f. [S. 546].

13. Fabio Chigi und die päpstliche Friedensvermittlung in Münster

209

5. am selben Tag gegen die konkordatrechtlich bedenklichen Abtretungsbestimmungen über das Elsaß und die lothringischen Hochstifte Metz, Toul und Verdun.923 Die Proteste Chigis wurden bestätigt durch das berühmte päpstliche Breve Zelo domus tuae von 1650, das allerdings später auf 1648 zurückdatiert worden war.924 Das Papsttum und die römische Kurie vollzogen damit im Hinblick auf die Verteidigung des katholischen Glaubens einen konsequenten Schritt, zogen sich aber gleichzeitig aus dem Kreis der großen politischen Akteure in Europa zurück. Die Historiographie glaubt deshalb im Zusammenhang mit den Westfälischen Friedensverträgen einen eklatanten politischen Machtverlust des Papsttums erkennen zu können.925 Ungeachtet dessen blieb die Kurie auch nach Münster außenpolitisch als Friedensvermittler aktiv.926 Bereits in Aachen finden wir 1668 den päpstlichen Nuntius Agostino Franciotti als Mediator, 1675 wurde der Erzbischof von Ravenna, Fabio Guinigi, als päpstlicher Plenipotentiar für eine Friedensvermittlung im Holländischen Krieg nach Nimwegen abgeordnet.927 Auch in Rijswijk mit seiner berühmten Klausel928 und später während des Siebenjährigen Kriegs (nach dem berühmten renversement des alliances von 1756!) agierten päpstliche Mediatoren mit Erfolg.929 Allerdings kam es nur zu Vermittlungen zwischen katholischen Mächten. Den Anspruch, eine unabhängige europäische bzw. weltumspannende Instanz eigenen Rechts und eigener Autorität zu sein, hat der Heilige Stuhl jedoch nie aufgegeben. Volle Wirkung und Akzeptanz konnte dieser Anspruch jedoch erst nach dem Ende des Kirchen923

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Konrad Repgen, Salvo iure Sanctae Sedis? Die Zessionsbestimmungen des Westfälischen Friedens für Metz, Toul und Verdun als Konkordatsrechts-Problem, in: Winfried Aymans u. a. (Hgg.), Fides et Jus, Festschrift für Georg May, Regensburg 1991, S. 527 – 558 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 562 – 596]. Vgl. Konrad Repgen, Drei Korollarien zum Breve Zelo Domus Dei (26. November 1648): Editionstechnik, Nachdruckgeschichte, Vorgeschichte, in: Archivum historiae pontificiae 33 (1995), S. 315 – 333 [= Repgen, Dreißigjähriger Krieg, S. 621 – 642]. Vgl. Georg Lutz, Roma e il mondo germanico nel periodo della Guerra dei Trent’Anni, in: Gianvittorio Signorotto, Maria Antonietta Visceglia (Hgg.), La Corte di Roma tra Cinque e Seicento. „Teatro“ della politica europea, Roma 1998 („Europa delle Corti“. Centro studi sulle società di antico regime, Biblioteca del Cinquecento 84), S. 425 – 460, hier S. 459 f.; Sven Externbrink, Vom Frieden zum Krieg. Die päpstliche Diplomatie, Ludwig XIV. und das europäische Staatensystem vor dem Ausbruch des Neunjährigen Krieges (ca. 1685 – 1689), in: Kampmann, Lanzinner, Braun, Rohrschneider (Hgg.), L’art de la paix, Münster 2011 (Schriftenreihe zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. 34), S. 529 – 553, hier S. 530. Vgl. auch Pierre Blet, Histoire de la Représentation Diplomatique du Saint-Siège des origines à l’aube du XIXe siècle, Città del Vaticano 1982 (Collectanea Archivi Vaticani 9), S. 386: „Cet effacement du Saint-Siège dans la vie internationale n’avait rien de définitif.“ Vgl. Andretta, Ceremoniale Ceremoniale e diplomazia pontificia, S. 220 – 222. Zu Nijmwegen vgl. Peter J. Rietbergen, Papal Diplomacy and Mediation at the Peace of Nijmegen, in: J. A. H. Bots, The Peace of Nijmegen 1676 – 1678/79. La paix de Nimègue, International Congress of the Tricentennial, Nijmegen 14 – 16 September 1978, Amsterdam 1980, S. 29 – 96. Vgl. Olivier Chaline, Le facteur religieux dans la politique française des congrès, de la paix de Westphalie à celle de Ryswick, in: Kampmann, Lanzinner, Braun, Rohrschneider (Hgg.), L’art de la paix, S. 555 – 573. Vgl. Burkhardt, Abschied vom Religionskrieg, S. 22 und 25.

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I. Kaiser und Papst

staats erzielen, d. h. nach Ende der weltlichen Territorialherrschaft 1870. In der Tat kommt es erstmals unter Leo XIII. (1878 – 1903), der im übrigen schon nach seiner Wahl Zeichen setzte, indem er diese allen Staatsoberhäuptern, auch den nicht katholischen notifizieren ließ (nicht aber dem italienischen König und der italienischen Regierung!),930 zu einer konfessionsübergreifenden Vermittlertätigkeit der Kurie,931 die als umfassendes Friedensmandat von den Päpsten der jüngeren Zeit – vom Ersten Weltkrieg bis zu den Konflikten unserer Tage (Kosovo, Ost-Timor) – verstanden wird. In der langen und facettenreichen Geschichte der päpstlichen Friedensvermittlung in der Frühen Neuzeit nimmt Fabio Chigi einen bedeutenden Platz ein. Als Chigi 1644 nach Münster entsandt wurde, hatte die päpstliche Friedensvermittlung allerdings seit einiger Zeit bereits ihren Höhepunkt überschritten. Schon die päpstlichen Friedens-Missionen zwischen 1625 und 1643 bezeichnen eine deutliche Beschränkung für die Möglichkeiten des Papsttums, bei internationalen Konflikten zu vermitteln. Diese Tendenz konnte auch Chigi trotz aller Bemühungen und seiner Befähigung für das Mediatorenamt auf Grund der vorgegebenen dogmatischen Rahmenbedingungen nicht durchbrechen. So werden gerade in seiner Person die Möglichkeiten und Grenzen kurialer Mediation am Ende des konfessionellen Zeitalters sichtbar.

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Vgl. Oskar Köhler, Art. Leo XIII., in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, 3. Aufl., Freiburg i. Br. 1997, Sp. 827. Leo XIII. wurde als Schiedsrichter zwischen Spanien und dem Deutschen Reich im Streit um die Karolinen 1885 und im Konflikt um Cuba zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten 1898 angerufen, vgl. Joseph Müller, Das Friedenswerk der Kirche in den letzten drei Jahrhunderten. Die Diplomatie des Vatikans im Dienste des Weltfriedens seit dem Kongreß von Vervins 1598, völkerrechtliche, dokumentierte Darlegung in 2 Bänden, Berlin 1927, S. 325 – 334, 349 – 360, und Francesco Malgeri, Art. Leone XIII, in: Enciclopedia dei papi, Bd. 3, Roma 2000, S. 575 – 593, hier S. 583.

II. ROM UND DIE HABSBURGISCHEN ERBLÄNDER

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1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien und kurialen Instruktionen Im Zentrum dieses Kapitels sollen zwei Quellentypen, die im Vatikanischen Archiv überliefert sind und vom Deutschen Historischen Institut in Rom bearbeitet werden, in ihrer Relevanz für die Länder der Wenzelskrone im 16. und frühen 17. Jahrhundert vorgestellt werden. Es handelt sich zum einen um das ältere Institutsprojekt der Nuntiaturberichte aus Deutschland und zum anderen um die jüngere Publikationsreihe zu den päpstlichen Hauptinstruktionen. Man könnte nun zunächst die provokante Frage stellen: Was haben diese Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken (so der offizielle Reihentitel) mit Böhmen und den Ländern der Wenzelskrone zu tun? In der Tat sehr viel. Man müßte eher umgekehrt – überspitzt formuliert – fragen: Was haben sie mit Deutschland zu tun? Nun, die Nunziatura di Germania war von Anfang der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts an bis 1556 identisch mit der Nuntiatur beim römischen König Ferdinand, anschließend fiel sie zusammen mit der Kaiserhofnuntiatur. Die Zuständigkeit (der Sprengel) des jeweiligen päpstlichen Nuntius erstreckte sich damit einerseits über das gesamte Reich, andererseits auch im besonderen über die Territorien, die den römischen Königen und Kaiser aus dem Haus Habsburg als Territorialherrscher unterstanden, also die österreichischen Herzogtümer, die Länder Böhmens und Ungarns. Damit haben wir aus heutiger Sicht den kuriosen Fall, daß ein Deutsches Historisches Institut Nuntiaturberichte aus Deutschland veröffentlicht, in denen der Leser kaum etwas zu Orten und Gegenden erfährt, die heute in Deutschland liegen, hingegen sehr viel zu Orten und Gegenden, die an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Teil Österreich-Ungarns waren und heute, nach der letzten territorialen Neugliederung in Mitteleuropa im ausgehenden 20. Jahrhundert, in Tschechien, in der Slowakei, Ungarn oder Österreich liegen. Es ist deshalb verständlich, daß gegen Ende des 19. Jahrhunderts die kaiserliche historische Kommission in Wien dem damals Preußischen Historischen Institut in Rom die Zuständigkeit für die Bearbeitung der Nuntiaturberichte aus Deutschland absprach und sich in einer bilateralen Vereinbarung die Edition der Nuntiaturen von 1560 – 1572 sicherte.1 Auch das Istituto Storico Cecoslovacco in Rom interessierte sich für die Herausgabe der Nunziatura di Germania. Bereits im Jahr seiner Gründung 1923 kam es zu einer schriftlichen Absprache mit dem Preußischen Historischen Institut und dem Institut der Görres-Gesellschaft,2 wonach die deutschen Nuntiaturakten 1

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Vgl. Georg Lutz, Die Nuntiaturberichte und ihre Edition, in: Reinhard Elze, Arnold Esch (Hgg.), Das Deutsche Historische Institut 1888 – 1988, Tübingen 1990 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 70), S. 87 – 121, hier S. 98 – 101. Die Görres-Gesellschaft hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei Aktenpublikationen zur Kaiserhofnuntiatur vorgelegt: Germanico Malaspina und Filippo Sega (Giovanni Andrea Caligari in Graz) 1584 – 1587, bearb. von Robert Reichenberger, Paderborn 1905 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 10); Antonio Puteo in Prag 1587 – 1589, hg. von Joseph Schweizer, Paderborn 1912 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien

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im Zeitraum von 1592 bis 1628, also in der Zeit als der Kaiser und damit auch der Nuntius in Prag residierten, von tschechischen Historikern bearbeitet werden sollten.3 Fünf Bände erschienen in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts (es sind dies die Editionen von Milena Linhartová und Zdenek Kristen).4 Nachdem das Tschechische Institut in Rom nach längerer Unterbrechung 1993 wiedererrichtet wurde, hat man sich wieder diesem Projekt zugewendet. Alena Pazderová vom Prager Staatsarchiv beschäftigt sich derzeit mit der Korrespondenz von Cesare Speciano (Nuntius bei Kaiser Rudolf II. von 1592 bis 1598) und Tomás Černušák mit den Berichten des Prager Nuntius Antonio Caetani (September 1608 bis Juni 1609).5 Aus dem Bereich der Nunziatura di Germania liegen mittlerweile mehr als 40 Bände, bearbeitet von deutschen, österreichischen und tschechischen Historikern, vor. Sie stellen eine einzigartige Quelle dar, nicht nur für die internationalen Beziehungen des Kaiserhofs, sondern auch für die politischen, gesellschaftlichen und konfessionellen Verhältnisse in Ländern und Territorien des mitteleuropäischen Raums. Dies gilt besonders für die alten böhmischen Länder, die v. a. dann in den Gesichtskreis der päpstlichen Nuntien traten, wenn sie selbst (wie in der Zeit von 1592 – 1628) in Prag residierten. Aber auch schon in den Jahrzehnten zuvor hielten sich viele Nuntien immer wieder in Prag auf. Z. B. sind einige Berichte des Pier Paolo Vergerio aus Prag überliefert und im 1. Band der I. Abteilung der Nuntiaturberichte aus Deutschland veröffentlicht.6 Auch die Nuntien Delfino und Portia hielten sich häufig in der böhmischen Residenzstadt auf.7 Und für die Nuntien Orazio Malaspina und Ottavio Santacroce, deren Korrespondenz nun im Druck vorliegt, ist festzustellen, daß sie

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der Geschichte 14); Die Nuntien in Prag. Alfonso Visconte 1589 – 1591, Camillo Caetano 1591 – 1592, bearb. von Dems., Paderborn 1919 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 18). Georg Lutz, Die Prager Nuntiatur des Cesare Speciano (1592 – 1598), Quellenbestand und Edition seiner diplomatischen Korrespondenz, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 48 (1968), S. 369 – 381, hier S. 380 f. Milena Linhartová (Bearb.), Epistulae et acta Antonii Caetani 1607 – 1611 (Epistulae et Acta Nuntiorum apud Imperatorem 1592 – 1628 curis Instituti Historici Bohemoslovenici Romae et Pragae IV), pars I: 1607, Pragae 1932, pars II: 1608 I – V, Pragae 1937, pars III, sectio 1+2: 1608 V – VIII, Pragae 1940 – 1946; Zdenek Kristen (Bearb.), Epistulae et acta Johannis Stephani Ferrerii 1604 – 1607 (Epistulae et Acta Nuntiorum apud Imperatorem 1592 – 1628 curis Instituti Historici Bohemoslovenici Romae et Pragae III), pars I, sectio 1: 1604, Pragae 1944. Vgl. Alena Pazderová, L’edizione della nunziatura di Cesare Speciano (1592 – 1598), in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 165 – 174. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Actenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 1: Nuntiaturen des Vergerio 1533 – 1536, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892 (Nachdr. 1968), Nr. 43, 47 – 52, 54 – 112. Delfino zuletzt Ende Dezember 1576 bis Ende April 1577, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, Nr. 1 f., 4, 6 – 8, 10 f., 13 f., 16, 18, 20 f., 24, 26, 29, 30 – 32, 34 f., 37 – 39. Von Portia ist lediglich ein Bericht aus wenige Tage vor seinem Tod überliefert, ebd. Nr. 210.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

während ihrer gesamten Mission bei Rudolf II. (1578 – 81) Prag nicht verlassen haben. Sämtliche Berichte sind in Prag ausgestellt. Insofern sollten die Nuntiaturakten für die Erforschung der Geschichte der Länder der Wenzelskrone stärker herangezogen werden, als dies bislang der Fall war. Die mangelnde Rezeption der Nuntiaturberichte mag zum einen sprachlich bedingt sein, denn die Berichte sind fast ausnahmslos auf Italienisch abgefaßt (es gibt auch Beispiele lateinischer Berichte, etwa von Stanislaus Hosius,8 Nuntius bei Ferdinand I. 1560/61, aber auch das Latein ist keine Sprache, die man bei einem Frühneuzeithistoriker ohne weiteres erwarten kann). Ein anderes Problem ist die Verfügbarkeit, denn die Nuntiaturberichtseditionen finden sich in der Regel nur in großen Bibliotheken oder Spezialsammlungen. Wolfgang Reinhard hat kürzlich in einem Grundsatzreferat noch eine dritte Hürde festgestellt: „Kurzum, die Nuntiaturberichte fallen nicht nur unter das banale Verdikt ‚Italiana non leguntur‘, sondern auch unter das nicht minder hartnäckige ‚Catholica non leguntur‘ – zusammen eine beinahe tödliche Mischung.“9 Doch nun zu den Texten selbst. Die Nuntiatur-Korrespondenz der Jahre 1577 – 78 liefert ein gutes Beispiel, wie komplex die päpstliche Vertretung am Kaiserhof hinsichtlich der politischen und konfessionellen Probleme und Fragestellungen, aber auch der territorialen Zuständigkeiten war. Es handelt sich bei dem betreffenden Zeitraum um die ersten beiden Jahre der Herrschaft Rudolfs II., in denen der neue Monarch zum ersten Mal seine Territorien besuchte, wo dem neuen Herrscher nach seinem feierlichen Einzug in den Provinzhauptstädten gehuldigt wurde und Landtage abgehalten wurden. Der Nuntius Delfino begleitete bei dieser Gelegenheit den jungen Kaiser von Prag ins lausitzische Bautzen, von Bautzen zum schlesischen Landtag nach Breslau, von dort nach Olmütz zum mährischen Landtag und schließlich nach Preßburg, wo der ungarische Reichstag stattfand. Sein Nachfolger Portia war dann bei den darauffolgenden Landtagen Nieder- bzw. Oberösterreichs in Wien und Linz anwesend. Bei all diesen Reisen des Kaiserhofs konnten sich die päpstlichen Nuntien ein Bild der politischen und konfessionellen Lage vor Ort machen und entsprechend nach Rom berichten. Einige Beispiele: Für die Oberlausitz,10 die der Nuntius im Zuge der Rundreise Rudolfs II. durch seine Territorien im Mai 1577 besuchte, gibt er in einer Art Statusbericht eine Bestandsaufnahme der kirchlichen Lage in dem weitgehend reformierten Land. Wenige Wochen später ist der Nuntius in Schlesien.11 In Breslau gewinnt er folgenden Eindruck: unter den Bürgern kein Katholik; obwohl alle Einwohner offiziell 8

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Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 1: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897; vgl. auch Kap. I.2, S. 34 f. Vgl. Wolfgang Reinhard, Wert und Verwertung eines Editionsunternehmens, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 207 – 225, hier S. 212. Vgl. hierzu ausführlich Kap. II.2, S. 229 – 232. Vgl. Jochen Köhler, Der Besuch Kaiser Rudolfs II. in Breslau 1577 nach den Briefen des Nuntius Giovanni Delfino, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 28 (1970), S. 29 – 49.

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien

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der Augsburger Konfession angehören, seien sie alle Calvinisten, deren zehn Prediger zerstritten seien und lediglich in einem Punkt Einigkeit erzielen können, nämlich darin, die Katholiken zu verfolgen. Dann die Auflistung der Klöster mit Kurzbeschreibung ihres teilweise bedenklichen Zustands, schließlich das Domstift (mit 43 höheren und niederen Kanonikaten, von den Stelleninhabern residierten zur damaligen Zeit immerhin die Hälfte in Breslau; die Residenzpflicht war ja bekanntlich eine zentrale Forderung des Konzils von Trient!). Dann wieder Szenenwechsel: Mähren. In Olmütz lag der Bischof Mezoun von Teltsch in heftigem Streit mit seinem Kapitel. Der Konflikt kreiste um die Besetzung des Domdekanats, für welches zwei Kanoniker (Zajankowsky und Dambrowsky) Ansprüche anmeldeten.12 Die Lage wurde durch eine Vakanz der Dompropstei weiter kompliziert.13 Die Kurie und ihre Vertreter unterstützten kompromißlos den Bischof14 und erreichten schließlich den Verzicht Zajankowskys auf seine Ämter.15 Die Ruhe in Olmütz hielt nur kurz. Im Februar 1578 starb plötzlich der Bischof.16 Die Vakanz zog sich lange hin, da es zwei Kandidaten gab, den mährischen Baron Bruntálsky und den Prager Erzbischof Brus von Müglitz, das Kapitel wiederum gespalten war und der Kaiser sich selbst unentschlossen zeigte.17 Neben dem Hauptproblem der Bischofsfrage hatte sich der Nuntius aber auch der Klöster anzunehmen.18 Die Lage insgesamt im Land wird als sehr kritisch eingestuft (Delfino bezeichnet Mähren als die sentina, also das Kielwasser, den Abwasserkanal aller Häresien). Als Stütze des Katholizismus fungierten hier (wie auch in Prag, Wien und Graz) die Jesuiten, deren Olmützer Kolleg 1566 gegründet wurde.19 Wie bei anderen Gelegenheiten kommt der Nuntius auch auf den Landtag zu sprechen.20 Ihn interessierten naturgemäß die konfessionellen Implikationen. Gerade zu Beginn der Regierung Rudolfs sah die Kurie verstärkt darauf, daß sich die liberale Religionspolitik Maximilians nicht fortsetzte. Und in der Tat wurden die konfessionellen Zugeständnisse Maximilians von dessen Sohn bei Regierungsübernahme nicht bestätigt.21

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Allgemein zur kirchlichen Lage in Schlesien während der 2. Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts vgl. Ders., Das Ringen um die tridentinische Erneuerung im Bistum Breslau. Vom Abschluß des Konzils bis zur Schlacht am Weißen Berg 1564 – 1620, Köln-Wien 1973 (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 12). Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, Nr. 32,6; 61,1; 63,3; 65,1. Vgl. ebd. Nr. 51,13; 84,8. Vgl. ebd. Nr. 17,7; 52,2. Vgl. ebd. Nr. 67,1. Domdekan Dambrowsky wurde in der Folge der Prozeß gemacht. Ihm wurde zur Last gelegt, sowohl Mezoun von Teltsch als auch dessen beiden Vorgänger vergiftet zu haben, vgl. Winfried Eberhard, Art. Johannes Mezon, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 477. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, Nr. 160,5; 162,3; 178,5; 179,1; 185,1; 194,2; 196,4; 202,3; 205,6. Vgl. ebd. Nr. 65,3 – 4. Vgl. ebd. Nr. 65,2. Vgl. ebd. Nr. 61,1; 65,5. Vgl. allgemein ebd. S. XXXVIII f.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Im letzten Abschnitt dieses Kapitels soll eine Textgattung angesprochen werden, die im Rahmen der Nuntiaturforschung der letzten Jahre verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses rückte, die kuriale Hauptinstruktion. Nahezu alle Nuntien erhielten zu Beginn ihrer Mission eine allgemeine Weisung, die die zentralen Punkte der auszuführenden Mission genau definierte. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde von einer Spezialistengruppe in Rom ein künftiges Forschungsprojekt skizziert, wonach alle überlieferten päpstlichen Hauptinstruktionen publiziert werden sollten, und zwar nicht nach bestimmten Ländern oder Nuntiaturen, sondern pontifikatsweise.22 Inzwischen liegen drei große Editionen vor, zu den Pontifikaten Clemens’ VIII.23 und Gregors XV.24 und zuletzt die Hauptinstruktionen-Publikation zu Paul V.25 Damit steht uns auf der Grundlage dieser einschlägigen Texte ein komplettes Tableau für die gesamte kuriale Außenpolitik von 1592 bis 1623, also für einen Zeitraum von über 30 Jahren, zur Verfügung. Eine entsprechende Veröffentlichung für den Pontifikat Urbans VIII. Barberini ist geplant. Im folgenden sollen die Hauptinstruktionen und Finalrelationen aus den vorliegenden Editionen von Jaitner und Giordano zu Clemens VIII., Paul V. und Gregor XV. auf ihren Böhmenbezug hin befragt werden. Hier also die wichtigsten Punkte der Auftragslage der päpstlichen Gesandten im Reich hinsichtlich Böhmens in der Zeit zwischen 1592 und 1623. Zunächst Cesare Speciano, der 1592 nach Prag kommt.26 Er soll sich zunächst für die Union mit den Hussiten einsetzen. Sie wird als Schlüssel zur Rekatholisierung des Landes angesehen (con la ridutione degl’Hussiti si potria aprire la porta alla salute di tutto quel Regno).27 Den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen Katholiken und Hussiten soll der Nuntius von den Jesuiten erfahren (die überhaupt als die wichtigsten Informanten der Nuntien vor Ort anzusehen sind). Darüber hinaus soll er sich um einen Ausgleich zwischen den verfeindeten Familien Rosenberg und Lobkowitz bemühen und die katholischen Städte Pilsen und Budweis fördern, wobei Budweis

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Zur Entstehungsgeschichte dieses Projekts vgl. Georg Lutz, Le ricerche internazionali sulle nunziature e l’edizione delle istruzioni generali di Clemente VIII (1592 – 1605), in: Paolo Vian (Hg.), L’Archivio Segreto Vaticano e le ricerche storiche, Roma 1983, S. 167 – 180. Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum). Diese Edition war der Anlaß für ein internationales Kolloquium zu den Außenbeziehungen des Aldobrandini-Pontifikats: vgl. Georg Lutz (Hg.), Das Papsttum, die Christenheit und die Staaten Europas 1592 – 1605. Forschungen zu den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Tübingen 1994 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 66). Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). Le istruzioni generali di Paolo V per i nunzi e legati presso le corti europee, 3 Bde., bearb. von Silvano Giordano OCD, Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum). Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Nr. 10. Ebd. S. 59.

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien

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als in letzter Zeit gefährdet gilt.28 Engen Kontakt soll der Nuntius halten mit den Bischöfen von Breslau (Jerin) und Olmütz (Pavlovsky), die als zuverlässig anzusehen seien. Von allen böhmischen Territorien soll sich der Nuntius v. a. um die Krisenregion der Lausitzen29 kümmern. Insgesamt wird die Lage der katholischen Kirche als beklagenswert geschildert (oppressa da moltitudine enorme d’ogni sorte d‘ heresia).30 1594 reist der Kardinal Giovanni Ludovico Madruzzo als Legat zum Regensburger Reichstag.31 Seine Instruktion enthält u. a. den Auftrag, für eine Reform der Universität Prag zu sorgen, die sich 1561/62 dem Einfluß des Prager Erzbischofs entzogen hatte und seither unter der Kontrolle der evangelischen Stände stand. Ferrante Farnese, der letztlich sein Amt als Nuntius bei Rudolf II. nicht antrat,32 hatte 1597 den Auftrag zur Visitation von Schlesien, Mähren und v. a. der Lausitz erhalten, um dort die letzten katholischen Inseln zu sichern.33 Daneben sollte er bei dem laufenden Verfahren zur Neubesetzung des Breslauer Bischofsstuhls, wo es zum Konflikt zwischen Kaiser und Papst gekommen war, den Kandidaten der Kurie unterstützen. 1599 konnte schließlich dort Paul Albert, der Protégé des Kaisers, zum Bischof gewählt werden. Allerdings wirkte er nur kurze Zeit, denn er starb bereits ein Jahr nach dem Wahlgang.34 Nachdem die Nuntiatur von Ferrante Farnese nicht zustande gekommen war, entschied sich die Kurie 1598 für die Entsendung von Filippo Spinelli.35 In den böhmischen Ländern war aus Sicht Roms mittlerweile insofern eine prekäre Situation entstanden, da nun neben Breslau eine zweite Bistumsneubesetzung anstand, nachdem Olmütz durch den Tod von Pavlovsky vakant geworden war. Die Auftragslage hatte sich damit für Spinelli im Vergleich zu der von Farnese entsprechend verändert. Er erhielt die Order, persönlich am Wahlgang in Olmütz teilzunehmen, um den Erfolg des von der Kurie geförderten Prälaten, nämlich Franz von Dietrichstein, zu garantieren. Diesmal konnte sich der päpstliche Kandidat durchsetzen, und Dietrichstein übernahm 1599 den Olmützer Bischofsstuhl. Die Böhmen betreffenden Punkte der Instruktion für Giovanni Stefano Ferreri aus dem Jahr 160436 sind weitgehend deckungsgleich mit der bereits angesprochenen Instruktion für Speciano (Versuche einer Wiedervereinigung mit den Hussiten; Förderung der Katholiken, v. a. in der Lausitz; Empfehlung für die Bischöfe von Olmütz und Breslau; Protektion der Städte Pilsen und Budweis). Soweit die einschlägigen Missionen des Pontifikats Clemens’ VIII. Für den Pontifkat Pauls V. sind neben fünf Hauptinstruktionen für Nuntien und Legaten am Kaiserhof bzw. am Reichstag vier Finalrelationen überliefert, die 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Hier hatten sich Protestanten angesiedelt, die die benachbarten Bergwerke betrieben, vgl. ebd. S. 60. Vgl. Kap. II.2. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 58. Vgl. ebd. Nr. 35. Vgl. ebd. S. CXCIV f. Vgl. ebd. Nr. 59. Zur komplexen Breslauer Vakanz von 1596 bis 1599 vgl. Köhler, Das Ringen, S. 251 – 264. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., Nr. 71. Vgl. ebd. Nr. 95.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

insofern Beachtung verdienen, als in ihnen der jeweilige päpstliche Vertreter eine Schlußbilanz seiner Mission zieht und die aktuelle politische und religiöse Situation seines Einsatzgebietes festhält. Insgesamt läßt sich sagen, daß die Position des Katholizismus in Böhmen unter Paul V. zunehmend in die Defensive gerät. Die konfessionelle Frage wird dabei weitgehend determiniert durch die übergeordnete politische Frage der Sukzession in Böhmen (und im Reich) von Rudolf auf Matthias,37 die sich dann wenige Jahre später neu stellt bei der Frage der Nachfolge von Kaiser Matthias.38 In der Instruktion für Caetani (1607)39 ist von dieser Krise noch nichts zu erkennen, hingegen berichtet die Finalrelation des Nuntius Ferreri im selben Jahr40 neben dem Erfolg der Diözesansynode von Prag (wo die Dekrete des Konzils von Trient eingeführt worden waren) auch von Übergriffen der Krone auf kirchliche Güter und Schwierigkeiten des Nuntius bei der Visitation von Klöstern. Ein Jahr später bereits verweist der Kardinallegat Millini in seinem Abschlußbericht seiner Mission am Kaiserhof41 nachdrücklich auf die Gefahr religiöser Zugeständnisse an die Stände von seiten des Erzherzogs Matthias, der diese als Mittel zur Durchsetzung seiner Herrschaft in der Nachfolge Rudolfs in den habsburgischen Territorien einsetzen will. Giovanni Battista Salvago, der 1610 als ordentlicher Nuntius zu Kaiser Rudolf entsandt wird,42 erhält – in Reaktion auf den inzwischen erlassenen Majestätsbrief des Kaisers – die Weisung, mit allem Nachdruck weitere Forderungen der Protestanten abzuwehren, v. a. auch die Besetzung von weiteren Schlüsselämtern des Königreichs und im Reichshofrat durch Protestanten zu verhindern. Aus dem Jahr 1610 ist uns die umfangreiche Finalrelation überliefert, die der scheidende Nuntius Antonio Caetani für seinen Nachfolger Giovanni Battista Salvago verfaßte.43 Von allen angesprochenen Texten beschäftigt sich dieser am ausführlichsten mit böhmischen Themen. Er nimmt Stellung zur allgemeinen konfessionellen Lage, zum Welt- und Ordensklerus, zur aktuellen Zusammensetzung der böhmischen Regierung und schließlich zur kirchlichen Situation in Schlesien und in der Lausitz. Die Lage der katholischen Kirche wird als besonders kritisch eingestuft: Nel primo ingresso che V. S. Ill.ma havrà fatto in questo regno se le sarà credo inanzi ogn’altra cosa rappresentato avanti con miserabil aspetto l’ infelice stato della religione cattolica, la quale, oltre i segni delle vecchie cicatrici, mostra ancor fresche et aperte le piaghe per la concessione estorta violentemente da gli eretici di mano della M.tà dell’Imperatore nell`ultima dieta passata di Boemia („Schon unmittelbar bei Ihrer Ankunft in diesem Königreich wird man Ihnen vor allen Dingen den beklagenswerten und unglücklichen Zustand der katholischen Religion vor Augen stellen, welche au37 38 39 40 41 42 43

Vgl. Jochen Köhler, Der Beitrag der Prager Nuntiatur zur Festigung des Katholizismus in Ostmitteleuropa, in: Historisches Jb. 93 (1973), S. 336 – 346, hier S. 343. Vgl. zu Ferdinand II. als Schlüsselfigur der Kurie für die katholische Reform in Böhmen ebd. S. 339 f. und oben Kap. I.10. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, Nr. 23. Vgl. ebd. Nr. 30. Vgl. ebd. Nr. 37. Vgl. ebd. Nr. 49. Vgl. ebd. Nr. 51.

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien

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ßer den Spuren der alten Narben frische und offene Wunden zeigt wegen dem von den Häretikern dem Kaiser auf dem letzten böhmischen Landtag gewaltsam entrissenen Zugeständnis“).44 Daneben gibt Caetani seinen Nachfolger konkrete Vorschläge und Anregungen. Im Hinblick auf den Majestätsbrief warnt er vor einer Rücknahme des kaiserlichen Religionsdekrets wegen der Gefahr einer bewaffneten Eskalation des konfessionellen Konflikts. Die Auseinandersetzungen um die kirchliche Jurisdiktion (Rückgabe der Kirchengüter) sollen durch Verhandlungen mit dem Kaiser und den böhmischen Ministern unterstützt durch Memoranden beigelegt werden. Angesichts des eklatanten Priestermangels rät er dringend zur Errichtung eines Priesterseminars und empfiehlt, die gesamte theologische Ausbildung den Jesuiten in Prag anzuvertrauen. 1613 fand erneut ein Reichstag in Regensburg statt. Die Kurie war dort vertreten durch den Nuntius am Kaiserhof Placidus De Marra45 und den Legaten Carlo Gaudenzio Madruzzo,46 der in Bezug auf Böhmen die Rücknahme der rudolfinischen Religionskonzessionen durch den neuen Kaiser Matthias erreichen sollte, was allerdings nicht gelang, wie Madruzzo in seiner Finalrelation festhielt.47 1616 kommt es mit Vitaliano Visconti Borromeo zu einer Neubesetzung der Kaiserhofnuntiatur.48 Ihm wird als wichtigste Aufgabe eingeschärft, für eine rasche Wahl Erzherzog Ferdinands zum römischen König zu sorgen, um das drohende, von der Reichsverfassung vorgesehene Interregnum des pfälzischen Kurfürsten zu vermeiden.49 Daneben sollte er sich auch für eine reibungslose Sukzession des steirischen Regenten in Böhmen und Ungarn einsetzen. Dies war auch das Hauptgeschäft von Ascanio Gesualdo, der ein Jahr später den inzwischen verstorbenen Visconti Borromeo am Kaiserhof ersetzte.50 Bei Gregor XV., der 1621 Paul V. als Papst nachfolgte, ergibt sich dann ein völlig verändertes Bild. Seit der Entsendung Gesualdos hatte sich die Situation in Böhmen durch den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges radikal verändert. V. a. der Sieg der katholischen Liga in der Schlacht am Weißen Berg51 führte zu einer Neuausrichtung der kurialen Politik gegenüber Böhmen.52 War in der Vergangenheit die Wahrung des Besitzstandes in den Ländern der Wenzelskrone das erklärte Ziel, so ging es jetzt um die Restauration des Katholizismus – auch unter Einsatz von Gewalt als ultima

44 45 46 47 48 49 50 51

52

Ebd. S. 715. Vgl. seine Finalrelation, ebd. Nr. 71. Vgl. ebd. Nr. 63. Vgl. ebd. Nr. 70. Vgl. ebd. Nr. 82. Vgl. Kap. I.10, S. 162. Vgl. ebd. Nr. 85. Vgl. Olivier Chaline, La bataille de la Montagne Blanche (8 novembre 1620). Un mystique chez les guerriers, Paris 2000; vgl. hierzu auch allgemein Ders., La Curia romana e la Boemia da Rodolfo II alla Guerra dei Trent’anni, in: Matteo Sanfilippo, Alexander Koller, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il mondo asburgico nella prima età moderna, Viterbo 2004, S. 173 – 184. Vgl. Kap. I.11, hier S. 179 f.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

ratio.53 Die wesentlichen Eckpunkte im Kampf gegen die Heterodoxie sind in der Instruktion für Carlo Carafa niedergelegt:54 Gründung einer katholischen Universität in Prag, Reform des Klerus, Wiedererrichtung der katholischen Pfarreien, Errichtung von Seminaren zur Priesterausbildung, Kontrolle des Buchmarkts, Förderung der Reformorden, Durchführung von Visitationen. Beim Religionsunterricht sollten bei Kindern und ungebildeten Personen auf alte Kirchenlieder in böhmischer Sprache zurückgegriffen werden (L’uso del catechismi […] , ma per li fanciulli e per le persone idiote le antiche canzoni spirituali in lingua boema).55 Soweit die Böhmen betreffenden Passagen der Carafa-Instruktion von 1621. Es ist bezeichnend, daß die letzte überlieferte Hauptinstruktion des Zeitraums zwischen 1592 und 1623 an einen General der päpstlichen Truppen gerichtet ist, Pietro Aldobrandini.56 Für die Umsetzung des gegenreformatorischen Programms in Böhmen sollten von seiten der römischen Kurie nun auch militärische Mittel eingesetzt.

Anhang Hauptinstruktionen (HI) für die Nuntien und Legaten im Reich und deren Finalrelationen (FR) mit Böhmen-Bezug 1592 – 1623 Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, im Auftrag des Deutschen Historischen Instituts in Rom bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum). • Nr. 10: Cesare Speciano, Nuntius am Kaiserhof (1592), HI • Nr. 35: Giovanni Ludovico Madruzzo, Legat am Regensburger Reichstag (1594), HI • Nr. 59: Ferrante Farnese, design. Nuntius am Kaiserhof (1597), HI • Nr. 71: Filippo Spinelli, Nuntius am Kaiserhof (1598), HI • Nr. 95: Giovanni Stefano Ferreri, Nuntius am Kaiserhof (1604), HI Le istruzioni generali di Paolo V per i nunzi e legati presso le corti europee, bearb. von Silvano Giordano OCD, 3 Bde., Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum). • Nr. 23: Antonio Caetani, Nuntius am Kaiserhof (1607), HI • Nr. 30: Giovanni Stefano Ferreri, Nuntius am Kaiserhof (1607), FR • Nr. 37: Giovanni Garzia Millini, Legat am Kaiserhof (1608), FR 53 54 55 56

Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 620. Vgl. ebd. Nr. 6. Vgl. ebd. S. 623. Vgl. ebd. Nr. 12; Giampiero Brunelli, Soldati del papa. Politica militare e nobiltà nello Stato della Chiesa (1560 – 1644), Roma 2003 (Università degli Studi Roma Tre, Dipartimento di Studi Storici Geografici Antropologici, Studi e ricerche 8), S. 190; vgl. auch Kap. I.9, S. 145 mit Anm. 617.

1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien

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Nr. 49: Giovanni Battista Salvago, Nuntius am Kaiserhof (1610), HI Nr. 51: Antonio Caetani, Nuntius am Kaiserhof (1610), FR Nr. 63: Carlo Gaudenzio Madruzzo, Legat am Regensburger Reichstag (1613), HI Nr. 70: Carlo Gaudenzio Madruzzo, Legat am Regensburger Reichstag (1613), FR Nr. 82: Vitaliano Visconti Borromeo, Nuntius am Kaiserhof (1616), HI Nr. 85: Ascanio Gesualdo, Nuntius am Kaiserhof (1617), HI

Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, im Auftrag des Deutschen Historischen Instituts in Rom bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). • Nr. 6: Carlo Carafa, Nuntius am Kaiserhof (1621), HI • Nr. 12: Pietro Aldobrandini, General der päpstlichen Truppen in Böhmen (1621), HI

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2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata57 Die römische Kurie und die Lausitzen im 16. und 17. Jahrhundert Die 110 Jahre dauernde Epoche der habsburgischen Herrschaft in den Lausitzen58 beginnend mit der Schlacht bei Mohács (1526) und endend mit dem Frieden von Prag (1635), der den definitiven Übergang der Markgraftümer an das Kurfürstentum Sachsen festschrieb, deckt sich zeitlich weitgehend mit der durch die Reformation ausgelösten großen konfessionellen Krise im römisch-deutschen Reich, welche zu einer radikalen Neubestimmung der religiösen Verhältnisse in Deutschland führte. Bei ihren vielfältigen gegenreformatorischen Bemühungen zur Rückgewinnung verlorener Gebiete setzten die Päpste und die Verantwortlichen an der römischen Kurie zwangsläufig auf die katholisch verbliebenen Reichsfürsten, allen voran auf das Haus Habsburg, das mit dem Erwerb von Böhmen und Ungarn durch Erzherzog Ferdinand von Österreich 1526 seine Machtstellung in Mitteleuropa begründete. Von allen Territorien, die Ferdinand als Landesherrn unterstanden, bildeten die beiden Lausitzen für den Heiligen Stuhl eine besondere Herausforderung, lagen sie doch in unmittelbarer Nachbarschaft Sachsens, der Kernzone des Protestantismus. In den lausitzischen Markgraftümern breitete sich denn auch die neue Lehre relativ rasch aus und konnte sich schließlich langfristig behaupten.59 Diese Entwicklung konnte Rom weder verhindern noch revidieren. Allerdings gelang es der Kurie und ihrer Vertreter in den habsburgischen Erbländern, durch systematische Förderung einiger Orte (neben dem Zentrum Bautzen waren dies mehrere Frauenklöster) den katholischen Glauben wenigstens stellenweise in der Oberlausitz zu bewahren. Im folgenden soll auf der Grundlage vatikanischer Quellen genauer gezeigt werden, welche Politik der Heilige Stuhl gegenüber den Lausitzen in den Jahrzehnten des habsburgischen Regiments verfolgte. Das mare magnum des Vatikanischen Archivs, man muß eigentlich korrekter formulieren, der vatikanischen Archive (denn es gibt neben dem sog. päpstlichen Ge57

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Das Bild des vernachlässigten Weinstocks, der der Pflege bedarf, stammt aus der Hauptinstruktion für den Kardinallegaten Giovanni Ludovico Madruzzo, vgl. Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 252. Vgl. für die Oberlausitz die einzelnen Beiträge in dem Ausstellungskatalog: Joachim Bahlcke, Volker Dudeck (Hgg.), Welt – Macht – Geist. Das Haus Habsburg und die Oberlausitz 1526 – 1635, Görlitz-Zittau 2002, sowie Norbert Kersken, Die Oberlausitz von der Gründung des Sechsstädtebundes bis zum Übergang an das Kurfürstentum Sachsen (1346 – 1635), in: Joachim Bahlcke (Hg.), Geschichte der Oberlausitz. Herrschaft, Gesellschaft und Kultur vom Mittelalter bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, Leipzig 2001, S. 99 – 141. Vgl. Karlheinz Blaschke, Lausitzen, in: Anton Schindling, Walter Ziegler (Hgg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500 – 1650, Bd. 6, Münster 1996 (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 56), S. 92 – 113; zu den Verhältnissen in der oberen Lausitz vgl. jetzt: Karlheinz Blaschke, Siegfried Seifert, Reformation und Konfessionalisierung in der Oberlausitz, in: Bahlcke, Dudeck, Welt – Macht – Geist, S. 121 – 128.

2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata

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heimarchiv noch zahlreiche andere Archive kurialer Einrichtungen), hält aufschlußreiches Material für unsere Fragestellung bereit. Nur ist es nicht immer einfach, in dem Labyrinth dieser über Jahrhunderte gewachsenen kurialen Archivlandschaft zu den einschlägigen Dokumenten vorzudringen. Einen ersten möglichen Zugriff bietet das klassische Findmittel des Archivio Segreto Vaticano, das sog. Schedario (zu deutsch: Zettelkasten) Garampi, benannt nach dem Archivpräfekten und späteren Nuntius am Kaiserhof und Kardinal, Giuseppe Garampi.60 Die ca. 800 000 von Garampi beschriebenen und nach bestimmten Kriterien geordneten Notizzettel mit Angaben zu kirchlichen Themen und den betreffenden Archivalien lassen sich noch heute gewinnbringend konsultieren. In dem mit „Miscellanea“ betitelten Verzeichnis finden sich unter dem Stichwort „Budissina“ (Bautzen) vier Einträge61 und unter dem Stichwort „Lusatia“ (Lausitz) drei Einträge.62 Es handelt sich im einzelnen um: • Interdikt Innozenz’ IV. für Bautzen (Lyon, 1247 VII 6)63 • Schreiben des Herzogs von Münsterberg an Clemens VII. (1530 X 17)64 • Ehedispens für die Bautzener Anton Rosenhan und Juliana Schönborn (1565 II 18)65 • Breve Gregors XIII. für den Dekan Leisentritt (1577 VII 6)66 • Breve Gregors XIII. an Äbtissin und Nonnen von Marienstern (1581 XI 4)67 • Breve Gregors XIII. an Rudolf II. (1581 XI 4)68 • Breve Clemens’ VIII. an Rudolf II. (1604 VII 24)69. Also insgesamt nur sieben Dokumente. Das ist wahrlich nicht viel bei einer Gesamtzahl von über 800 000 Einträgen, dokumentiert aber deutlich den fortgeschrittenen Stand der Reformation in dieser Gegend. Das Bild verbessert sich nur unerheblich, wenn man die wenigen, das 16. Jahrhundert betreffenden Einträge unter „Misnensis“ (Bistum Meißen) im Verzeichnis „Vescovi“ (Bischöfe)70 hinzufügt. Die fernen, an der Peripherie des Reichs und der habsburgischen Besitzungen gelegenen Lausitzen scheinen also für die Kurie im 16. und 17. Jahrhundert als Region keine größere Bedeutung besessen zu haben. Sie waren nicht zu vergleichen mit Reichsterritorien 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

Zu ihm vgl. Josef Metzler, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Bd. 4, Freiburg i. Br. 1995 [1932], Sp. 291; vgl. Kap. I.1, S. 18. ASV, Schedario Garampi, Indice Miscellanea I A 4, fol. 122v; Miscellanea II A 2, fol. 12v. ASV, Schedario Garampi, Indice Miscellanea I A 12, fol. 73r; Miscellanea II A 6, fol. 29r. ASV, Registri Vaticani 21, fol. 440r. ASV, Archivum Arcis, Arm. I – XVIII, 2579. ASV, Armadio XLII 24, fol. 275r – v. ASV, Armadio XLIV 23, fol. 351v; Armadio LII 31, fol. 273r; Ep. ad Princ., Reg. 11, fol. 161r. Ebd. Armadio XLIV 25, fol. 74r; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 241r, Druck: Augustin Theiner, Annales ecclesiastici, Bd. 3, Romae 1856, S. 269 f.; vgl. unten S. 232 f. ASV, Armadio XLIV 25, fol. 76v; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 245r, Druck: Theiner, Annales, Bd. 3, S. 270; vgl. unten S. 232. ASV, Armadio XLIV 56, fol. 267v. ASV, Schedario Garampi, Indice Vescovi 25, fol. 42v – 45r.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

wie etwa das geistliche Kurfürstentum Köln oder auch die Herzogtümer Bayern und Steiermark, alles Gebiete, in denen ein starkes Engagement der Kurie in der nachtridentinischen Zeit zu verzeichnen ist (Nuntiaturgründungen in Köln und Graz!).71 Das bedeutet nicht, daß Rom der konfessionellen Lage in den Lausitzen kein größeres Interesse entgegengebracht hätte, ganz im Gegenteil, aber die Markgraftümer konnten nicht hohe oder gar höchste Priorität beanspruchen. Im übrigen: wer überhaupt konnte sich an der Kurie etwas vorstellen unter den Lausitzen. Nur die wenigsten Kurialen werden in dem von uns behandelten Zeitraum im Stande gewesen sein „Lusatia“ von, sagen wir, „Lusitania“ zu unterscheiden. Zu diesen wenigen zählten zweifelsfrei die päpstlichen (Staats-) Sekretäre, die die Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den katholischen Fürsten koordinierten, und die aktiven und ehemaligen Nuntien im Reich, die neben ihren regelmäßigen Berichten z. T. auch wertvolle Memoranden hinterließen. Einige von ihnen, so sie in den Kardinalsrang aufstiegen, finden wir später wieder in dem von Pius IV. erstmals eingerichteten und von Gregor XIII. wiederbelebten päpstlichen Beratungsorgan für die deutschen Angelegenheiten, der Congregatio Germanica.72 Aus dem Jahr 1588 datiert ein Statusbericht der deutschen Bistümer73 aus der Hand des Minuccio Minucci,74 der eigene Erfahrungen in Deutschland und Informationen der Nuntien bei der Abfassung dieses Textes berücksichtigte. Die Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten könnte der Auftraggeber dieses Kompendiums gewesen sein. Auf jeden Fall dürfte der Text in der Kongregation beraten und benutzt worden sein. In dieser Aufstellung wird auch die desaströse Lage des Katholizismus im Bistum Meißen geschildert.75

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Vgl. Kap. I.4. Vgl. zu diesem Gremium Josef Krasenbrink, Die Congregatio Germanica und die katholische Reform in Deutschland nach dem Tridentinum, Münster 1972 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 105). Dieser ist in zahlreichen vatikanischen Handschriften überliefert: ASV, Fondo Borghese I 84, fol. 1r – 57v, Kop. (Brevis commentarius episcopatum Germaniae); Fondo Pio 276, fol. 50r – 51v, Kop. (Commentarius episcopatum Germaniae); BAV, Barb. Lat. 2470, fol. 31r – 134v, Kop. (Commentarius ecclesiarum Germaniae); Urbinates Lat. 839, fol. 176r – 295r, Kop. (Matricula in qua sunt descripta archiepiscopatus et episcopatus Germaniae). Zu diesem kurialen Deutschlandexperten vgl. Alexander Koller, Art. Minuccio Minucci, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 74, Roma 2010, S. 710 – 714. … quorum ultimus [episcopus] Joannes ab Haubitz iamdudum apostata factus anno 1581 episcopatum pro certis assignatis proventibus Augusto duci et electori Saxoniae prodidit, quem nunc occupat Christianus Augusti successor catholicae religionis omne institutum et exercitium in locis sibi subiectis prohibens. Tota tamen dioecesis electori Saxoniae marchioni Misniae non subiacebat, et propterea Budissinense dioecesis Misnensis oppidum in Lusatia retinet, adhuc aliquem religionis cultum per collegiatam Sancti Petri ecclesiam, in qua certus canonicorum numerus cum decano et administratore a pontifice Romano et Caesare designato, ne tota illa pars Lusatiae regi Bohemiae subiecta lutheranismo cedat, omne studium adhibet. Sedes cathedralis Misniae erat, episcopalis vero residentia in oppido Stulpensi, et postea facta permutatione cum electore Wurcinam translata est. Capitulum hodie nullum est, bona eius ab electore possidentur. Ditio episcopi erat satis lata et proventus optimi. (ASV, Fondo Borghese I 84, fol. 46r – v; Fondo Pio 276, fol. 51r – v; BAV, Barb. Lat. 2470, fol. 112v – 113r; Urbinates Lat. 839, fol. 271v – 272v).

2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata

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Die oben genannte Congregatio Germanica dürfte neben den allgemeinen Deutschland betreffenden Problemen auch dann konsultiert worden sein, wenn das Staatssekretariat im Auftrag des Papstes zu Beginn einer jeden Deutschlandmission eine Instruktion verfaßte, in der – in der Regel im Kontext der Beschreibung der böhmischen Länder – eine Kurzinformation zu den Lausitzen gegeben wurde.76 Für den Pontifikat Clemens’ VIII. (er regierte von 1592 – 1605)77 und den Gregors XV. (1621 – 1623)78 liegen diese Hauptinstruktionen seit längerem gedruckt vor, eine entsprechende Edition zum dazwischen liegenden Pontifikat Pauls V.79 ist vor wenigen Jahren erschienen, so daß wir anhand dieser wichtigen Dokumente die Ausgangslage der Politik des Heiligen Stuhls gegenüber dem Reich, aber auch den anderen europäischen Fürstenhöfen über eine Zeit von 30 Jahren verfolgen können. Wir wollen uns im folgenden den Nuntien selbst zuwenden, die seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts für die Außenvertretung der Kurie zuständig waren. D. h. sie hatten die Aufgabe, zum einen gleichsam als Sprachrohr des Papstes die römischen Interessen (in politicis, aber auch in spiritualibus) vor Ort zu vertreten, zum anderen Rom mit möglichst vielen und zuverlässigen Informationen zu versorgen. Im Reich waren mitunter mehrere Nuntien zeitgleich im Einsatz, so daß sich in unserem Fall die Frage der Zuständigkeit für die Lausitzen erhebt. Meist fielen die Markgraftümer in den Geschäftsbereich des Nuntius am Kaiserhof, dann nämlich, wenn die Kaiser als Könige von Böhmen auch Landesherren in den Lausitzen waren (z. B. Maximilian II.). Gerade in den ersten 30 Jahren der Habsburger Herrschaft in den Lausitzen war dies nicht der Fall, denn in den österreichischen Herzogtümern und in den Ländern der Wenzels- bzw. Stephanskrone regierte Erzherzog Ferdinand (seit 1526 als Konsequenz der Schlacht bei Mohács König von Böhmen und Ungarn; ab 1531 zudem römischer König). Auf die Herrschaftsteilung zwischen Karl V. und Ferdinand hatte Rom unmittelbar reagiert und eine eigene Nuntiatur bei Ferdinand eingerichtet, die von 1521 und 1556 selbständig neben der Kaiserhofnuntiatur bestand.80 Diese war entsprechend für die Lausitzen (ab 1526) zuständig. Eine ähnliche Konstellation ergab sich dann wieder Anfang des 17. Jahrhunderts, als Kaiser Rudolf 76

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Vgl. die Instruktion für Giovanni Stefano Ferreri für seine Mission als ordentlicher Nuntius am Kaiserhof, Rom, 1604 I 20: Dal Regno di Boemia dipende anco la Lusatia, che soleva riconoscere in spirituale il vescovo di Misnia; la qual chiesa essendo occupata dai duchi di Sassonia, patroni nel temporale, resta quella provincia senza proprio pastore. Soleva S. M.tà Cesarea deputarvi un administratore, ma perché ha poca autorità nelle cose più importanti, declina di continuo la religione, onde sarà necessario, che V. S., presane informatione, pensi anco a quei rimedii che pareranno più opportuni, dandone avviso qui di mano in mano (Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 711). Ähnlich im Wortlaut die Instruktion für Cesare Speciano, ebenfalls bestimmt für eine ordentliche Nuntiatur am Kaiserhof, Rom, 1592 V 5 (ebd. S. 60 f.). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, bearb. von Silvano Giordano OCD, 3 Bde., Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum). Vgl. Henry Biaudet, Les Nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1), S. 101 f.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

II. im Verlauf des Konflikts mit seinem Bruder Matthias sukzessiv an Macht verlor. Die Kurie reagierte umgehend und trug 1608 den veränderten Kräfteverhältnissen in den habsburgischen Erbländern mit der Entsendung eines eigenen Nuntius nach Wien zum neugewählten König von Ungarn, Erzherzog Matthias, in der Person von Placido De Marra Rechnung81 (unter Beibehaltung der ständigen Nuntiatur am Prager Kaiserhof). 1611 folgte die Wahl von Matthias zum böhmischen König. Konsequenterweise begleitete der bei Matthias akkreditierte Nuntius De Marra, dessen Fakultäten sofort auf die Länder der Wenzelskrone ausgeweitet worden waren, den neuen König von Böhmen zur Erbhuldigung der Stände der Oberlausitz, die am 3. September 1611 in Bautzen stattfand, und nicht der in Prag bei Rudolf II. residierende Kaiserhofnuntius Giovanni Battista Salvago, der bis zur Übernahme der böhmischen Krone durch Matthias für dieses Gebiet zuständig gewesen war.82 Bedingt durch die Wahl Erzherzog Ferdinands von Innerösterreich zum böhmischen König 1617 wurden die Lausitzen für kurze Zeit sogar Teil des Geschäftsbereichs des nach Graz entsandten Nuntius Erasmo Paravicini. Eine persönliche Anwesenheit von Nuntien in den Lausitzen, als diese in habsburgischem Besitz waren, läßt sich nur in drei Fällen feststellen. Neben der bereits erwähnten Teilnahme von De Marra an der Erbhuldigung von 1611 sehen wir Giovanni Morone 1538 in Begleitung Ferdinands I. und Giovanni Delfino 1577 im Gefolge Rudolfs II. in Bautzen. Der Anlaß war auch hier jeweils ein Landtag, verbunden mit dem Treuegelöbnis der Stände gegenüber ihrem neuen Landesherrn. Von Delfino sind drei höchst interessante Berichte aus Bautzen überliefert, auf die weiter unten näher eingegangen werden soll.83 Im folgenden sollen zunächst einige allgemeine Beobachtungen zur kirchlichen Lage, aber auch zu anderen Bereichen (Politik, Gesellschaft) in den Lausitzen gegeben werden, die sich aus den Berichten der Nuntien gewinnen lassen. Als Grundlage diente die gedruckte Nuntiaturkorrespondenz, die systematisch durchgesehen wurde. Darüber hinaus wurden bislang unpublizierte vatikanische Quellen herangezogen. Als der Habsburger Ferdinand 1526 das weltliche Regiment in den Lausitzen84 übernahm, unterstanden die Gebiete weitgehend der kirchlichen Jurisdiktion des

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Vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 71 f. und 173. Vgl. die ausdrückliche Nennung des Lausitz in der Instruktion für Giovanni Battista Salvago für seine Mission als ordentlicher Nuntius am Kaiserhof, Rom, 1610 X 23 (Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 671): Dopo la dismembratione delle provincie concesse due anni sono dall’Imperatore al re Matthias, tutti li negotii del nuntio di sua M.tà Cesarea si riducono a due: a quelli del regno di Boemia, giuntavi la Slesia et la Lussatia, ed a quelli dell’Imperio. Allerdings empfahl Salvago dem neuen König von Böhmen bei einem Gespräch kurz vor dessen Abreise nach Bautzen die Interessen der katholischen Kirche, vgl. Salvago an Borghese, Prag, 1611 VIII 29 (BAV, Barb. Lat. 6913, fol. 81r – 82v, Or.). Vgl. unten S. 229 – 231. Vgl. allgemein Joachim Bahlcke, Regionalismus und Staatsintegration im Widerstreit. Die Länder der Böhmischen Krone im ersten Jahrhundert der Habsburgerherrschaft (1526 – 1619), München 1994 (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte 3), S. 47 – 55.

2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata

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Bischofs von Meißen85 (lediglich das Zittauer Land lag nicht im Meißener Sprengel, sondern in dem des Prager Erzbischofs). Die Bischöfe von Meißen hatten bei der Diözesanregierung große Probleme, da sich die sächsischen Bistumsteile relativ rasch der Reformation angeschlossen hatten. Die letzten altgläubigen Meißener Bischöfe, Johann von Maltitz und Nikolaus von Carlowitz, konnten ihr Amt nur noch in den Gegenden unumschränkt ausüben, die bischöflicher Besitz waren bzw. zur böhmischen Krone gehörten. Der letzte Bischof von Meißen, Johann von Haugwitz, resignierte schließlich 1581 sein Bistum, nachdem er ein Jahr zuvor auf Wunsch des sächsischen Kurfürsten die Konkordienformel unterzeichnet hatte.86 Auch in den Lausitzen konnte die Reformation Fuß fassen, zumal die Kräfte und Interessen des Landesherrn andernorts (Stichwort: Türkenabwehr) gebunden waren. Da die habsburgische Landesherrschaft eingeschränkt war, konnte sich die Reformation auf der Ebene der Grundherrschaft ausbilden.87 Dabei verblieben allerdings fünf geistliche Landstände bei der alten Kirche: Es waren dies in der niederen Lausitz das Zisterzienserstift Neuzelle und in der Oberlausitz die Zisterzienserinnenklöster Marienstern und Marienthal, das Kloster der Magdalenerinnen in Lauban sowie das Kollegiatstift St. Peter in Bautzen. Nun aber zu den Nuntien: Die Lausitzen erscheinen zum ersten Mal in den Nuntiaturberichten im Zusammenhang einer geplanten Reise Ferdinands zur Erbhuldigung nach Schlesien im Jahr 1534,88 bei der auch die Lausitzen besucht werden sollten und der Nuntius Vergerio König Ferdinand begleiten wollte.89 Die Reise kam dann vier Jahre später schließlich zustande. Nun war es aber nicht mehr Vergerio, sondern der bereits genannte Giovanni Morone, der in die Lausitz kam. Seine Relation vom 22. Mai 1538 enthält allerdings nichts zur kirchlichen Situation. Er berichtet lediglich kurz über den Landtag, auf dem Subsidien gegen die Türken genehmigt wurden, und über das Zusammentreffen Ferdinands mit Joachim II. und Johann von Brandenburg in Bautzen.90 85

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Zum Diözesanstatus von Meißen vgl. jetzt die aktuelle Studie von Brigide Schwarz, Die Exemtion des Bistums Meißen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, kanonistische Abteilung 88 (2002), S. 294 – 361. Zu den drei letzten Bischöfen von Meißen im 16. Jahrhundert vgl. die Artikel von Siegfried Seifert, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648, Berlin 1996, S. 453 f. (Johann von Maltitz), S. 93 (Nikolaus von Carlowitz), S. 262 f. (Johann von Haugwitz), sowie Willi Rittenbach, Siegfried Seifert, Geschichte der Bischöfe von Meissen 968 – 1581, Leipzig 1965 (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 8), S. 368 – 384. Vgl. Blaschke, Lausitzen, S. 93 f. Vgl. Pier Paolo Vergerio an Pietro Carnesecchi, Prag, 1534 VI 2, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 1: Nuntiaturen des Vergerio 1533 – 1536, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892, S. 251 – 254, hier S. 253: perché ha [Ferdinand] animo di venirsene per Lusatia, che è una parte del suo dominio che anchora non ha veduta. Vgl. ebd. S. 293. Giovanni Morone an Alessandro Farnese, Bautzen, 1538 V 22, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 2: Nuntiatur des Morone 1536 – 1538, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892, S. 289 – 291.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Ein Jahr später bittet der Meißener Kanonikus Cochläus den Nuntius Aleander um Prüfung der Möglichkeit der Verheiratung von Weltpriestern im Bistum Meißen und den diesem unterstellten Lausitzen.91 Die Lage des katholischen Kultus hatte sich in dieser Gegend so verschlechtert, daß er Ausnahmeregelungen zum Erhalt desselben vorschlägt.92 Rom war freilich in dieser Frage zu keinen Konzessionen bereit. Für die 40er und 50er Jahren des 16. Jahrhunderts liegen uns keine Informationen zu den Lausitzen aus dem Bereich der Nuntiaturen vor. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn der Einfluß der Nuntien im Reich, von den Lausitzen ganz zu schweigen, war in jener Zeit höchst reduziert. Dies lag an den schwierigen Beziehungen zwischen Papst- und Kaisertum im Zusammenhang mit der reichsrechtlichen Festschreibung des Bikonfessionalismus in Deutschland durch den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden. Unter Paul IV. kam es überdies zu einer Suspendierung der Kaiserhofnuntiatur im Zusammenhang mit der ohne Zustimmung des Heiligen Stuhls erfolgten Abdankung Karls V. und der unter Mitwirkung der protestantischen Kurfürsten zustande gekommenen Übertragung der Kaiserwürde auf Erzherzog Ferdinand.93 Um das Jahr 1560 erfolgte eine wichtige Weichenstellung für die weitere konfessionelle Entwicklung in den Lausitzen durch die Wahl Johann Leisentritts von Juliusberg zum Dekan des Bautzener Kollegiatstifts (1559) und die Ernennung zum bischöflichen Generalkommissar für die Lausitzen durch den letzten Meißener Bischof, Johann von Haugwitz (1560). Diese Maßnahme wurde sowohl von Kaiser Ferdinand I. als auch vom apostolischen Nuntius Zaccaria Delfino, als dem offiziellen Vertreter der päpstlichen Kurie in den vom Kaiser beherrschten Territorien, ausdrücklich begrüßt und unterstützt.94 91

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Vgl. Johannes Cochläus an Girolamo Aleander, Stolpen, 1539 VI 1, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 4: Legation Aleanders 1538 – 1539, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1893, S. 563: spes profecto foret nobis, non solum catholicam religionem in ditione ducis Henrici conservare posse, sed etiam quam plurimos populos tam superioris quam inferioris Lusatiae, qui ad ipsius pertinent diocesim sub corona regni Bohemiae et multis jam annis a Romana ecclesia defecerunt, ad catholicae ecclesiae obedientiam ac unitatem reduci opera atque instantia episcopi nostri [Johann von Maltitz] posse, si eorum sacerdotibus conjugia et laicis utriusque speciei usus permitterentur. Vgl. Cochläus an Aleander, Meißen, 1539 VI 24 (ebd. S. 564 – 570), den Statusbericht von Cochläus für Gasparo Contarini, Meißen, 1539 VII 1 (ASV, Concilio Tridentino 37, fol. 156r – v) und die Schreiben des Bischofs Johann von Meißen an seinen Wiener Amtskollegen Johannes Fabri, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 6: Gesandtschaft Campegios. Nuntiaturen Morones und Poggios [1540 – 1541], bearb. von Ludwig Cardauns, Berlin 1910, S. 233 – 239. Vgl. Kap. I.1. Zur Einsetzung Leisentritts als bischöflicher Administrator der Lausitzen vgl. Eduard Machatschek, Geschichte der Bischöfe des Hochstifts Meissen in chronologischer Reihenfolge. Zugleich ein Beitrag zur Culturgeschichte der Mark Meissen und des Herzog- und Kurfürstenthums Sachsens, Dresden 1884, S. 785 – 790 (im Vatikanischen Archiv finden sich Abschriften der bei Machatschek zitierten Quellen: ASV, Armadio XLIV 16, fol. 93 – 98); Walter Gerblich, Johann Leisentrit und die Administratur des Bistums Meißen in den Lausitzen, phil. Diss. Görlitz 1931, Leipzig 1959 (Erfurter Theologische Schriften 4), S. 68 f.; vgl. auch die Äußerungen Zaccaria Delfinos über die positive Rolle Leisentritts für die Lage

2. Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata

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Für die Nuntien der Folgezeit ging es v. a. darum, den Bestand der Kirche in den Lausitzen zu sichern und den Forderungen der Lausitzer Stände nach umfassenden Religionszugeständnissen entgegenzuarbeiten. So bemühte sich Zaccaria Delfino 1565 bei Maximilian II. im Vorfeld des böhmischen Landtags, entsprechende Konzessionen zu verhindern.95 Carlo Borromeo, Neffe Pius’ IV. und zuständiger Sekretär für die Beziehungen zu den europäischen Fürstenhöfen, bestärkte Delfino in einer knapp gehaltenen Weisung vom 30. Juni in seinem Vorgehen.96 Im Jahr 1577 konnte sich zum zweiten und letzten Mal im 16. Jahrhundert (nach Giovanni Morone) ein Nuntius einen persönlichen Eindruck von der religiösen Situation in den Lausitzen verschaffen. Es war dies Giovanni Delfino, der Rudolf II. in der Anfangsphase seiner Regierung auf einer Rundreise durch dessen Territorien begleitete.97 Aus Bautzen sind unter dem Datum des 9. Mai drei Berichte des Nuntius erhalten,98 wobei einer dem Typus nach als Statusbericht zu bezeichnen ist.99 Auf ihn soll hier im folgenden näher eingegangen werden. In einem ersten Abschnitt behandelt Delfino zunächst die Städte. Er erwähnt den Oberlausitzer Sechsstädtebund (unter Nennung der einzelnen Orte, bei der üblichen Verballhornung: Budissina, Gherliz, Lauben, Liba, Camiz und Cittavia). In allen Städten, so der Nuntius, gebe es Katholiken mit Ausnahme von Zittau, wo alle einschließlich der zahlreichen Adligen Lutheraner seien, welche aber im Gegensatz zu ihren Glaubensbrüdern in Sachsen und andernorts, das Altarsakrament verehrten. Sie seien überdies sehr umgänglich (assai humani et trattabili). Dann kommt er auf die Sorben zu sprechen (er nennt sie Vandali), deren Sprache stark vom Deutschen differiere ([...] lingua, che è diversissima dalla tedesca). Er vermerkt, daß die Sorben

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des Katholizismus, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 6: Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember), Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 (Oktober) – 1569 (Jänner), bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien 1939, S. 92 f. und 95. Vgl. Zaccaria Delfino an Carlo Borromeo, Wien 1565 VI 14, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914, S. 386 – 390, hier S. 388. Ebd. S. 390. Zum Besuch Rudolfs II. in den Lausitzen im Frühjahr 1577 vgl. jetzt auch Rudolf Anděl, Vom Bruderzwist im Haus Habsburg bis zum Aufstand der böhmischen Stände. Die Oberlausitz in den Jahren 1600 bis 1620, in: Bahlcke, Dudeck, Welt – Macht – Geist, S. 211 – 220, hier S. 212. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 130 – 138. Der Bericht Giovanni Delfinos an Tolomeo Gallio vom 9. Mai 1577 aus Bautzen (ebd. S. 136 – 138; die nachfolgenden Zitate S. 136 bzw. 137) ist eine Relation über den Besuch der sächsischen Residenzstadt Dresden, die die Bewunderung des Nuntius hervorruft (et per la sua fortezza et bellezza del sito et per un’armeria copiosissima et un ponte grandissimo, che ha sopra l’Albis, tiene il primo luogo fra tutte l’altre di questi paesi). Delfino ließ sich u. a. die Befestigungswerke zeigen. Er berichtet auch, daß sich einige Katholiken am Hof aufhalten, v. a. Italiener und Flamen, die als Sänger bzw. Instrumentalisten an der Hofkapelle wirken und wegen ihres Glaubens keine Belästigung erfahren. Hohe Gagen (il grosso guadagno) veranlaßten sie zum Bleiben. Giovanni Delfino an Tolomeo Gallio, Bautzen, 1577 V 9, ebd. S. 132 – 136.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

weitgehend praktizierende Katholiken seien, deren Zahl sich weiter erhöhen ließe, falls Priester in ihrer Sprache zur Verfügung stünden. Die Zahl derer, die die Predigt in der Bautzener Franziskanerkirche hörten, beziffert er auf mehr als 1800. Der zweite Abschnitt ist dem Kollegiatstift St. Peter gewidmet. Zunächst werden die höchsten Dignitäten aufgeführt, die Propstei (wegen des Nominationsrechts des sächsischen Kurfürsten im Besitz eines eretico) und das Dekanat. Daneben zählt er elf Kanonikate und 14 Kaplansstellen. Im übrigen findet der Nuntius Gefallen an der Architektur der Stiftskirche (è assai grande et bella) und an der ausgezeichneten Liturgie (die auf die Anwesenheit von guten Sängern zurückzuführen sei). Anstoß nimmt er am Simultanritus (er spricht von einer disordine insopportabile), den er genau beschreibt (am Morgen bestreiten zunächst die Katholiken bis sechs Uhr ihr Offizium, dann kommen die Lutheraner für zwei Stunden, bevor die Katholiken um acht Uhr zur Stiftsmesse zurückkehren; nach dem Mittagessen nutzen die Protestanten die Kirche nicht mehr, während die „Unsrigen“, wie sich Delfino ausdrückt, die Vesper singen, come si conviene). Auch der Kaiser wollte, als er von dieser Regelung erfuhr, die Kirche zunächst nicht betreten. Er ging dann aber weiter, um einen Skandal zu vermeiden, nahm aber seinen Hut erst beim Betreten des von den Katholiken liturgisch genutzten Chores ab. In einem weiteren Abschnitt berichtet der Nuntius von der Praxis der Protestanten, ihre Kinder von katholischen Priestern nach römischem Ritus (con tutte le ceremonie della chiesa romana) taufen zu lassen. Und obwohl die Taufpaten dabei die Beobachtung des katholischen Glaubens gelobten, würden sie sich später nicht mehr daran halten. Von übrigen Bautzener Kirchen nennt Delfino eine weitere Pfarrkirche, welche sich Katholiken und Protestanten ebenfalls teilten, so daß letztere nur über eine einzige Kirche allein verfügten (assai triste), deren sie sich aber nicht bedienten. Der kurze vierte Abschnitt handelt von den drei Oberlausitzer Frauenklöstern, deren Namen nicht genannt werden. Zwei folgen, so Delfino nicht ganz korrekt, der Regel des Heiligen Benedikt. Die Zahl der dort befindlichen Nonnen wird mit 30 bzw. 15 angegeben. Gemeint sind die Zisterzienserinnenklöster Marienstern und Marienthal. Letzteres wird als sotto l’arcivescovo di Praga definiert, wohingegen Marienstern im selben Jahr, also 1577, der Administration des Bautzener Kapitels unterstellt werden sollte.100 Mit dem dritten Kloster (dell’ordine di S. Agostino) ist schließ100

Die Visitations- und Jurisdiktionsvollmachten über Marienstern lagen ursprünglich beim Bischof von Meißen und beim Abt von Altzelle (Zisterzienserkloster bei Nossen). Da beide nicht mehr ausgeübt werden konnten und Marienstern zudem seit dem Tauschvertrag von Stolpen zwischen dem Kurfürsten von Sachsen und dem Bischof von Meißen von 1559 in Bedrängnis geraten war, übertrug Gregor XIII. am 24. August 1577 die Vollmachten dem Kapitel von Bautzen (ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 40, fol. 402r – v), erweitert durch Breve vom 20. Dezember 1577 (ebd. fol. 640r – v; Segreteria di Stato, Germania 91, fol. 42r – v, Kop.). Zur Jurisdiktionsproblematik in den Lausitzen vgl. darüber hinaus die beiden Schreiben von Dekan, Senior und Kapitel von St. Peter zu Bautzen an Gregor XIII., Bautzen, 1579 VII 1 und 1581 IX 19, ASV, Segreteria di Stato, Germania 91, fol. 149r – 152r, 303r – 304r und die drei Breven Gregor XIII., adressiert an die Äbtissin und die Nonnen von Marienstern, an den Dekan und das Kapitel von Bautzen sowie an Rudolf II., Rom, 1581 XI 4 (ASV, Armadio XLIV 25, fol. 74r – 76v; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 241r – 245r, Druck: Theiner, Annales, Bd. 3, S. 269 f.).

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lich das bereits 1567 von Nuntius Biglia der Jurisdiktion des Bautzener Kapitels zugewiesene Magdalenerinnenkloster von Lauban gemeint, wo sich nach den Angaben des Nuntius im Jahr 1577 zehn Nonnen aufhielten. Delfino visitierte während seines Aufenthaltes alle drei Frauenklöster, die er als wohlgeordnet beschreibt, und spendete überall die Firmung.101 In Marienstern ließen sich außer den Schwestern noch weit über 600 Personen, die der Herrschaft des Klosters unterstanden, firmen. Und bei rechtzeitiger Ankündigung des Besuchs, so die Nonnen, hätten sich wohl noch 4000 Sorben zum Empfang des Sakraments eingefunden.102 Im letzten Teil geht Delfino näher auf die Situation des Dekans von St. Peter und Administrators der Lausitzen Leisentritt ein. Er schlägt vor, ihm ein päpstliches Breve zukommen zu lassen, in welchem die Anerkennung des Papstes gegenüber den Leistungen Leisentritts zum Ausdruck kommt, und ihn mit Administrations- bzw. Visitationsvollmachten für die genannten Frauenklöster auszustatten. Beide Vorschläge fanden in Rom Gehör.103 Eine weitere Anregung, Leisentritt zum Titularbischof zu ernennen, damit dieser Handlungen durchführen konnte, welche die Bischofsweihe voraussetzten (Ordination von Priestern, Spendung der Firmung, Einkleidung von Nonnen), kam trotz einer positiven Reaktion aus Rom104 nicht zustande. Delfino hatte jedenfalls bereits bei Rudolf II. über die Zuteilung einer Pension aus den Erträgen einer Niederlausitzer Propstei sondiert. Neben der Sorge um die kirchliche Jurisdiktion und die kirchlichen Güter hatten sich die Nuntien der nachtridentinischen Ära auch um den Priesternachwuchs und dessen Ausbildung zu kümmern. Eine Anfrage des Nuntius Delfino aus dem Jahr 1573, ob die Lausitz als Rekrutierungsgebiet für Alumnen des in Rom von den Jesuiten geführten Collegio Germanico zu verstehen sei, wurde positiv beantwortet.105 101 102

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Vgl. Delfino an Gallio, Breslau, 1577 V 31, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 148 – 153, hier S. 149). Delfino berichtete zudem von dem überaus würdigen Empfang in Marienstern mit Gesängen und Gebeten und schließt den Abschnitt mit folgender Bemerkung (vgl. ebd. S. 149): Iddio lodato che anco in quest’angolo, circondato da ogni parte dagl’ heretici, s’ habbia conservati tanti, qui non curvaverunt genua ante Baal. Vgl. Gregor XIII. an Johann Leisentritt, Rom, 1577 VII 6 (ASV, Armadio XLIV 23, fol. 351v – 352r; Armadio LII 31, fol. 273r, Konz.; Ep. ad Princ., Reg. 11, fol. 161r): Convenit christianae pietati in recte factis, nullam ab hominibus laudem expectare, et ea simul ab iis, ad quorum notitiam perveniunt, omnibus laudibus efferri et celebrari, omnem autem gloriam ad Deum bonorum omnium auctorem ac largitorem referri. Quod quidem Nos fecimus, cum de tua praestanti pietate et in Christi negotia vigilantia ex literis venerabilis patris Joannis episcopi Torcellani nuncii nostri cognosceremus, amplexique sumus cogitatione atque animo te ut filium charissimum tuaque ista merita obtulimus Deo sempiternamque tibi ab eo foelicitatem precati sumus, simul etiam has literas ad te dedimus, ut essent testes nostrae paternae erga te charitatis, atque una intelligeres, Nos semper tui, tuarumque virtutum memores futuros, nostramque erga te voluntatem quibuscumque in rebus facultas dabitur, declaraturos, ut autem tui similis sis, nihilque de ista vigilantia et studio intermittas, hortari supervacaneum esse ducimus, omnia enim Nobis pollicetur virtus tua. Vgl. Tolomeo Gallio an Giovanni Delfino, Rom, 1577 VI 29, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 178 – 181, hier S. 181. Gallio an Delfino, Rom, 1573 IX 19, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990, S. 178: Il collegio si fa per la Germania

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Allerdings sind nur wenige Lausitzer Studenten am römischen Germanicum im 16. und 17. Jahrhundert zu belegen. Dies verwundert nicht weiter, wurden bei der Aufnahme in das römische Jesuitenalumnat sehr strenge Kriterien angewandt, d. h. es wurden nur adelige Personen zugelassen.106 Soweit wir überhaupt etwas über die theologische Ausbildung der Administratoren dieser Zeit wissen, haben diese in der Regel – entsprechend ihrer sozialen Herkunft – in Prag studiert, mit einer bezeichnenden Ausnahme: August Wiederin von Ottersbach, Administrator der Lausitz von 1609 – 1620,107 war von 1594 – 1599 Alumne des Germanicum.108 Seine Studien in Rom schloß er mit einem theologischen und philologischen Doktorat ab. Unter dem Nachfolger von Giovanni Delfino, Orazio Malaspina, supplizierte das Kapitel von Bautzen 1579 beim Heiligen Stuhl die offizielle Loslösung von Meißen und die Bestätigung der Lausitzer Administratur.109 Der Papst erklärte sich damit einverstanden, jedoch mußte das Verfahren von neuem an der Kurie begonnen werden, da die seinerzeit von Nuntius Biglia getroffene Verfügung keine Gültigkeit mehr besaß.110 Unsere Kenntnis des Wirkens der Nuntien wäre noch größer, wenn wir neben der offiziellen kurialen Korrespondenz auch über die weitere Korrespondenz der Nuntien verfügten (den Briefwechsel mit verschiedenen Reichsfürsten und Prälaten im Reich, aber auch mit Adressaten in Italien (Bischöfen, Verwandten etc.). Dies ist leider bei Giovanni Delfino und Orazio Malaspina nicht der Fall. Glücklicherweise liegen aber Abschriften von Teilen der persönlichen Korrespondenz des Nuntius Giovanni Francesco Bonomi im Deutschen Historischen Institut in Rom vor.111 Giovanni Battista Bonomi trat sein Amt als Nuntius am Kaiserhof im Herbst 1581 an. Genau zu dieser Zeit erfolgte die Resignation des letzten Meißener Bischofs, was Rudolf II. veranlaßte, Leisentritt in seinem Amt als apostolischer Administrator der Lausitzen nochmals zu bestätigen.112 Sorgen bereiteten offensichtlich die Verhält-

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et per le regioni settentrionali circonvicine, massime infetti di heresie, et però vi si comprendono la Bohemia, Moravia, Slesia et Lusatia nominate da V. S. et essendone proposti di quei paesi li potrà accettare; vgl. die Anfrage von Delfino (ebd. S. 156). Vgl. in diesem Zusammenhang Giovanni Delfino an Tolomeo Gallio, Prag, 1577 III 24, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 83 – 87, hier S. 86 f. Vgl. Siegfried Seifert, in: Gatz, Bischöfe 1448 – 1648, S. 758 f. Vgl. Andreas Steinhuber, Geschichte des Collegium Germanicum Hungaricum in Rom, 2 Bde., Freiburg i. Br. 1895, hier Bd. 1, S. 312; Peter Schmidt, Das Collegium Germanicum in Rom und die Germaniker. Zur Funktion eines römischen Ausländerseminars (1552 – 1914), Tübingen 1984 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 56), S. 316. Vgl. Orazio Malaspina an Tolomeo Gallio, Prag, 1579 VII 20 (ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 129r – 130r, Or., hier fol. 129v). Vgl. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 VIII 15 (ebd. Germania 11, fol. 86r – v, Konz.). Archiv Deutsches Historisches Institut Rom, Nuntiaturberichte, Schachtel IV/9. Prag, 1581 XII 13: Confirmatio caesarea super offitium administrationis ecclesiasticae per utramque Lusatiam ab episcopatu Misnen. authoritate apostolica pariter separandam, in qua ad omnes status seu ordines dictarum provinciarum dirigitur mandatum ut Ioanni Leisentritio tanquam legitimo vice episcopo obtemperent sub certa paena et indignatione Suae Maiestatis (ASV, Segreteria di Stato, Germania 103, fol. 581r – v, Kop.); vgl. Gregor XIII. an Rudolf II., Rom, 1581 XI 4, ASV, Armadio XLIV 25, fol. 76v ; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 245r (Druck: Theiner, Annales, Bd. 3, S. 270), Bonomi an Leisentritt, Wien, 1581 XII 15: hat Brief Leisentritts

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nisse in Marienstern.113 Daneben hatten sich auch die Verhältnisse in Neuzelle zum Schlechteren entwickelt.114 Mit der Visitation von Marienstern wurde von Bonomi zunächst 1582 Leisentritt, dann 1584 der Abt von Königsaal (Zbraslav, Aula regia) beauftragt,115 der seinerseits vom Generalabt der Zisterzienser delegiert war. Dieses Mandat wurde 1594 unter Einbeziehung der Congregatio Germanica von Papst Clemens VIII. bestätigt.116 Zwei Jahre zuvor, also 1592, hatte der neue Nuntius bei Rudolf II., Cesare Speciano, in seiner Instruktion den Auftrag erhalten, die Stellung des Lausitzer Administrators zu heben, dessen Tatkraft und Frömmigkeit in Zweifel gezogen wurden.117 Angespielt wurde hier auf Gregor Leisentritt, den Neffen und Nachfolger Johann Leisentritts. Während zu dessen Nachfolger, Christoph Blöbel, keine kurialen Zeugnisse verfügbar sind, wird August Wiederin von Ottersbach, Administrator von 1609 bis 1620, von Nuntius Antonio Caetani äußerst positiv geschildert (zelante da bene e non rozzo delle cose ecclesiastiche). Der Grund für dessen religiöse und administrative Qualitäten, so Caetani, liege in seiner Ausbildung am römischen Germanicum (per esser stato alunno del Collegio Germanico in Roma).

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an Gallio in Kopie erhalten (de rebus in Lusatia mirum in modum periclitantibus); für den Fall, daß eine neue Fakultät benötigt werde illam tibi his litteris rursus concedo aeque liberam atque amplam atque illam hactenus habuisti exercuistive; immo vero si forte illa aliqua ex parte deficere videretur, aut tu ampliorem cuperes, id tibi nunc facultatis concedo, ut ea omnia officia, quae ad episcopalem jurisdictionem quavis ratione pertinent, libere praestare et obire possis ac licite valeas insciis etiam reclamantibus quibuscumque aliis, qui se etiam episcopos istius diocesis aut eorum vicarios seu officiales dicerent aut legitime electos constitutosve affirmarent.); vgl. auch Bonomi an Leisentritt bzw. an Äbtissin und Nonnen von Marienstern, Wien, 1582 III 7 (Registra Bonomi II, Exaeten, fol. 61 – 63, nach Archiv Deutsches Historisches Institut Rom, Nuntiaturberichte, Schachtel IV/9). Vgl. auch Gregor XIII. an Äbtissin und Nonnen von Marienstern, Rom, 1581 XI 4 (ASV, Armadio XLIV 25, fol. 74r ; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 241r); Gregor XIII. an Dekan und Kapitel von Bautzen, Rom, 1581 XI 4 (ASV, Armadio XLIV 25, fol. 75r – v; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 243r): Scribimus ad moniales Stellae Mariae, mandamusque eis ut vobis obediant, neque ulla in re a nostris literis, quibus earum curam ac tutelam vestrae charitati commisimus, discedant; speramus obtemperaturas esse. Vgl. Bonomi an Leisentritt, Kloster Königsaal, 1584 V 8, Registra Bonomi II, Exaeten, fol. 243 – 245 (Archiv Deutsches Historisches Institut Rom, Nuntiaturberichte, Schachtel IV/9). Vgl. das Schreiben Bonomis an Äbtissin und Nonnen von Marienstern bzw. Leisentritt, Prag 1584 V 24, Registra Bonomi II, Exaeten, fol. 312 – 313 (Archiv Deutsches Historisches Institut Rom, Nuntiaturberichte, Schachtel IV/9). Clemens VIII. an Abt Antonius von Königsaal (Aula regia), Rom, 1594 II 18 (ASV, Armadio XLIV 34, fol. 140r – 143v, hier fol. 141v): tibique committimus et mandamus, ut omnia et singula utriusque sexus dicti Ordinis monasteria in Bohemia, Hungaria, Austria, Moravia, Silesia, Lusatia et aliis tibi commissis provinciis iuxta dicta facultates, constitutiones et decreta visitare; vgl. die entsprechenden päpstlichen Breven an Erzherzog Matthias (ebd. fol. 143v – 144v) und Rudolf II. (ebd. fol. 145r – 146v). Instruktion für Cesare Speciano, Rom, 1592 V 5: a cui mancando l’autorità nelle cose più importanti et forse anco il valore et la pietà necessaria per la sostentatione della fede in quelle parti s’ intende che tutto va declinando a manifesta ruina (Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 61).

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Unter Wiederin von Ottersbach kommt es zu einem neuerlichen Besuch eines Nuntius in den Lausitzen. Anlaß für die Visite von Placido De Marra ist wieder ein Landtag verbunden mit einer Erbhuldigung. Erste Station ist zunächst Bautzen, wo der seit knapp einem halben Jahr regierende König von Böhmen Matthias am 3. November 1611 mit molta pompa seinen Einzug hielt.118 Zwei Tage später folgte das übliche Zeremoniell (feierlicher Gottesdienst; Ablegung des Treueeids der Stände). Ausführlich geht der Nuntius in seinem Bericht an Scipione Borghese119 auf die fiskalischen Zugeständnisse der Stände ein (insgesamt gewähren sie zunächst 20 000 Taler zur Zahlung bestehender Schulden, weitere 20 000 Taler kommen später nach einer neuerlichen Bitte des Königs hinzu, 12 000 Taler werden für die Grenzverteidigung in Ungarn bereitgestellt; die Biersteuer wird um zwei Jahre verlängert, und schließlich offerieren sie 3000 Taler als Geschenk für die bevorstehende kaiserliche Hochzeit).120 Damit, so der Nuntius, hätten sich die Stände dieses Mal großzügiger gezeigt, als gegenüber den früheren Kaisern und sonstigen Landesherrn.121 Dann kommt er auf die Religionsangelegenheiten zu sprechen. Die Lage der Katholiken wurde nicht weiter beeinträchtigt, da die Protestanten mit ihrem Versuch, die Jurisdiktion des Kapitels von Bautzen aufheben zu lassen, bei Matthias scheiterten. Dieser konzedierte den Ständen – wie seine Vorgänger Ferdinand, Maximilian und Rudolf – die Ausübung der Confessio Augustana, aber nur unter der Bedingung, daß die Interessen der Katholiken gewahrt blieben, und zwar hinsichtlich Gewohnheiten, Besitz und Privilegien (antiche consuetudini, possessioni et privilegii). Die Situation der Kirche beschreibt der Nuntius freilich als äußerst kritisch: im ganzen Land gebe es nur noch einen altgläubigen Adeligen und neben den Kapitularen belaufe sich die Zahl der katholischen Bürger von Bautzen auf 20. Darüber hinaus bedauert er wie vor ihm Delfino das Simultaneum von St. Peter.122 Die Architektur der Stiftskirche bewundert auch er (è veramente di bellissima struttura). 118 119 120

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Zur Huldigungsreise des neugewählten böhmischen Königs Matthias in die Lausitzen, vgl. Anděl, Bruderzwist, S. 216. Bautzen, 1611 XI 6 (ASV, Segreteria di Stato, Germania 114 G, fol. 218 – 219v, Or.). Erzherzog Matthias heiratete am 4. Dezember 1611 Anna von Tirol, Tochter Erzherzog Ferdinands, vgl. Volker Press, Matthias (1612 – 1619), in: Anton Schindling, Walter Ziegler (Hgg.), Die Kaiser der Neuzeit 1519 – 1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland, München 1990, S. 112 – 123, 477 f., hier S. 120 und 123. Vgl. auch Volker Dudeck, Zittau, Böhmen und das Habsburg. Stadtgeschichte und personelle Kontakte in Spätmittelalter und Frühneuzeit, in: Bahlcke, Dudeck, Welt – Macht – Geist, S. 177 – 188, hier S. 185 (Anwesenheit der Oberlausitzer Stände bei den Wiener Hochzeitsfeierlichkeiten). Vgl. den Bericht von De Marra an Borghese vom 12. November 1611 aus Sorau: In maniera che essi si vantano, et credo con verità, di haver dato questa volta al Re più che mai all’Imperatore o altro lor prencipe precedente (ASV, Segreteria di Stato, Germania 114 G, fol. 225r – 226r, Or., hier fol. 225r). Placido De Marra wird mitgeteilt, der Simultanritus von St. Peter sei von Ferdinand I. unter Billigung Papst Clemens’ VII. eingerichtet worden. Entweder De Marra oder Delfino wurden falsch informiert, denn Giovanni Delfino erhielt von Leisentritt die Auskunft, sein Vorgänger hätte eine Dispens für den Simultanritus vom Heiligen Stuhl erhalten (Hieronymus Rupertus war von 1548 bis 1559 Dekan des Kollegiatsstifts von St. Peter, vgl. Machatschek, Geschichte der Bischöfe, S. 785). Weder De Marra noch Delfino werden die entsprechenden Schriftstücke gezeigt: De Marra verlangt offensichtlich nicht danach, Delfino wird gesagt, daß der Archiv-

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Anders als Delfino besucht De Marra auch die Niederlausitz, wo in Sorau (anstelle des ursprünglich vorgesehenen Lübben, wo wenige Monate zuvor ein großer Brand gewütet hatte) der Landtag stattfand.123 Er berichtet kurz über die Verhandlungen bezüglich der Kontributionen (die Stände waren offensichtlich bereit, die Hälfte der Summe zuzugestehen, die auf dem Oberlausitzer Landtag festgelegt worden war) und die Lage des Katholizismus, der mit Ausnahme des Klosters Neuzelle in der Niederlausitz nicht mehr präsent war.124 Hier war gerade ein neuer Abt eingesetzt worden. Nachdem die Wahl von Paulus Veinerus vom Kaiser nicht anerkannt worden war, hatte die Kurie die Angelegenheit an sich gezogen und ernannte in eigener Autorität – ohne einen weiteren Wahlgang durch die stimmberechtigten Patres zuzulassen – über den Nuntius Antonio Caetani und in Absprache mit Rudolf II. Jaroslaw von Dohna, den Bruder des böhmischen Obersthofmeisters.125 Bei der Erbhuldigung von 1611 war es im übrigen zu Protokollstreitigkeiten gekommen, als die Protestanten versuchten, die Vorrangstellung des Abts von Neuzelle, der traditionsgemäß als erster den Treueid ablegen sollte, zu hintertreiben. Dieser wurde jedoch als erster von Matthias aufgerufen, so daß die solita precedenza gewahrt blieb.126 Im übrigen wollte der Nuntius rasch nach Breslau aufbrechen, um der Masse der Menschen und der Unbequemlichkeit der Unterkünfte zu entfliehen.127 Bereits sechs Jahre später huldigten die Stände wieder einem neuen Landesherrn. Diesmal war es Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich, der am 6. Juni 1617 die

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schrank unter Verschluß gehalten werde und die Person, die über den Schlüssel verfüge, z. Zt. nicht in Bautzen anwesend sei, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 134. Der Simultanritus von St. Peter 1543 war zwischen dem Kollegiatkapitel und dem Rat der Stadt 1543 vertraglich geregelt worden, vgl. Blaschke, Seifert, Reformation und Konfessionalisierung, S. 121. Im August 1619 wurde die gesamte Kirche von den Protestanten in Besitz genommen. Die Katholiken mußten bis zur Restitution des Simultanritus im Dezember 1622 ihre Gottesdienste in der Nikolaikirche abhalten, vgl. Hermann Knothe, Der Antheil der Oberlausitz an den Anfängen des 30jährigen Krieges, 1618 – 1623, in: Neues Lausitzisches Magazin 56 (1880), S. 1 – 95, hier S. 34 – 36 und 86. Auch 1577 fand in Sorau ein Niederlausitzischer Landtag mit Erbhuldigung der Stände statt, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 131. Allerdings war der päpstliche Nuntius Giovanni Delfino dort nicht anwesend. Er begab sich offensichtlich von Bautzen aus direkt über Liegnitz nach Breslau (vgl. in Koller, NBD, Bd. III/9 publizierten Berichte Delfinos vom Mai 1577). De Marra an Borghese, Sorau, 1611 XI 12 (ASV, Segreteria di Stato, Germania 114 G, fol. 225r – 226r, Or.). Vgl. die in Prag abgefaßte Finalrelation von Antonio Caetani vom Dezember 1610, Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 722 und 735 f. Ein ähnlich gelagerter Fall trat 1577 auf, als dem Kaiser mit Hinweis auf einen möglichen Tumult nahegelegt wurde, bei seinem Einzug in Bautzen auf die übliche Begrüßung durch den katholischen Klerus zu verzichten. Auf Intervention des Nuntius erklärte Rudolf II., die übliche Form beibehalten zu wollen, vgl. Delfino an Gallio, Prag, 1577 IV 24: Havendo inteso che per timore di qualche tumulto s’era pensato di pretermettere in Budissina, terra di Lusatia, che l’Imperatore fusse ricevuto dal clero, come s’ è fatto per il passato, et non mi piacendo per molti rispetti questo consiglio, n’ ho parlato con S. M.tà che m’ ha promesso di non fare novità alcuna (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 112). De Marra an Borghese, Sorau, 1611 XI 12: et partirò hoggi dopo pranzo verso il tardi per fuggir quanto si può, con tanta calca di gente, la pressura et l’ incomodità degl’ hospitii (ASV, Segreteria di Stato, Germania 114 G, fol. 225r – 226r, Or., hier fol. 226r).

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

böhmische Königswürde angenommen hatte. Begleitet wurde er allerdings nicht von dem am Grazer Hof akkreditierten Nuntius Erasmo Paravicini, sondern von dessen Auditor, Giuseppe Alessi.128 Berichte des päpstlichen Vertreters sind nicht erhalten. Kurz vor dem Ende seines Pontifikats traf Paul V. 1621 schließlich die Verfügung, die Unterstellung des Klosters Marienstern unter das Kapitel von Bautzen aufzuheben und dasselbe der Jurisdiktion des Generalabts der Zisterzienser zuzuweisen.129 Für diese Maßnahme dürften zwei Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Zum einen war das Kollegiatkapitel von St. Peter in Bautzen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges nahezu in seiner Existenz bedroht (v. a. im Sommer 1619).130 Zum anderen mag der Wechsel im Amt des Dekans von Wiederin von Ottersbach auf Kathmann von Maurugk 1620 eine Rolle gespielt haben. Unter dem Nachfolger des Borghese-Papstes kam es an der Kurie zur Schaff ung einer neuen Behörde, als Gregor XV. 1622 eine eigene Kongregation für die Missionierung der außereuropäischen Welt und die Rückgewinnung der an die Protestanten verlorengegangenen Gebiete in Nord- und Mitteleuropa errichtete: die Sacra Congregatio de propaganda fide.131 Die Gründung der Propaganda-Kongregation hatte zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Tätigkeit der Nuntien, die sich in gemischt-konfessionellen Gebieten aufhielten. Sie mußten sich nun bei bestimmten Fragen neben ihrem Hauptansprechpartner, dem Staatssekretariat, auch mit der neuen Behörde abstimmen. Dies gilt auch in unserem Fall, denn unter die Zuständigkeit der neuen Organisation fielen auch die Lausitzen.132 Bereits im Jahr der Gründung 128

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Vgl. ASV, Fondo Borghese II 403, fol. 228r – v, Kop.; Paravicini an Borghese, Graz, 1617 IX 25 (ASV, Fondo Borghese II 200, fol. 269r, Or.) bzw. 1617 X 30 (ebd. fol. 318r – 320v, Or., hier fol. 318r). Vgl. Breve Pauls V. an De Marra, Rom, 1621 VII 23 (ASV, Armadio XLII 57, fol. 271r – 272v). Vgl. Knothe, Antheil der Oberlausitz, S. 34 f. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 54 – 59 und die dort angegebene Literatur. Für Hinweise auf Dokumente des Propaganda fide-Archivs habe ich Giovanni Pizzorusso zu danken. Vgl. Ignatius Kollmann, Acta Sacrae Congregationis de Propaganda Fide res gestas Bohemicas illustrantia, Bd. I/1: 1622 – 1623, Pragae 1923, S. 9, Anm. 3. Die Behauptung von Siegfried Seifert, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803, Berlin 1990, S. 174 f., die Lausitzen seien erst 1648 der Propaganda-Kongregation zugeordnet worden, ist quellenmäßig nicht zu belegen. Vgl. hierzu auch Otto Mejer, Die Propaganda, ihre Provinzen und ihr Recht, Teil 2, Göttingen 1853, S. 226 – 230, 327 – 333. Kein Verweis auf die Lausitzen findet sich hingegen bei Hermann Tüchle, Im Spannungsfeld des lutherischen Christentums (Böhmen, Deutschland und Skandinavien), in: Sacrae Congregationis de Propaganda Fide memoria rerum. 350 Jahre im Dienste der Weltmission 1622 – 1972, Bd. I/2, Rom-Freiburg-Wien 1971, S. 26 – 63. Hingegen finden sich Angaben bei Ignatius Kollmann, Acta Sacrae Congregationis de Propaganda Fide res gestas Bohemicas illustrantia, Prodromus, Pragae 1939. Diese Edition berücksichtigt allerdings nur die Jahre von 1622 bis 1624. Die Deutschland betreffenden Protokolle der Kongregation in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stehen im Übrigen gedruckt zur Verfügung: Hermann Tüchle (Hg.), Acta SC Propaganda Fide Germaniam spectantia. Die Protokolle der Propagandakongregation zu deutschen Angelegenheiten 1622 – 1649, Paderborn 1962; die für die Lausitzen einschlägigen Stellen finden sich S. 26, 223, 484, 500, 656, 687.

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wurde ein vom Jesuiten und späteren Beichtvater Kaiser Ferdinands II., Wilhelm Lamormaini, verfaßter Bericht über Böhmen, Schlesien, Mähren und die beiden Lausitzen von der Kongregation beraten, wo die Errichtung mehrerer Bistümer und Jesuitenkollegien zur Stärkung des Katholizismus in diesen Gegenden vorgeschlagen wurde.133 Und auch in dem 1630 von Francesco Ingoli, dem ersten Sekretär der Propaganda fide (1622 – 1649), verfaßten Relazione delle Quattro Parti del Mondo („Bericht über die vier Teile der Welt“), findet sich ein Abschnitt über die Lausitzen, wo neben der Tatsache, daß die Markgraftümer weitgehend reformiert seien, besonders auf die neue politische Situation abgehoben wird, die sich durch die Überlassung der Markgraftümer als Pfandbesitz an das Kurfürstentum Sachsen ergeben hatte und welche höchst negative Auswirkungen auf die ohnehin prekäre Lage des Katholizismus habe.134 In den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts wurde – offensichtlich vor dem Hintergrund des eskalierenden kriegerischen Konflikts im Reich – ein neuer Anlauf unternommen, um das Problem der bischöflichen Vollmachten zu lösen. In diese Richtung gehende Bemühungen reichten, wie wir gesehen haben, bis in das Pontifikat Gregors XIII. zurück.135 1623 leitete der Nuntius am Kaiserhof, Carlo Carafa, den Informativprozeß für Gregor Kathmann von Maurugk ein.136 Dieser war von Kaiser Ferdinand II. zum Bischof von Schweidnitz ernannt worden. In Rom zog sich die Causa über mehrere Jahre hin, weil ein solcher Titel (episcopus Schwidnicensis) in der päpstlichen Kanzlei nicht zu belegen war. 1627 brachte Carafa diesen Fall beim Präfekten der Propaganda-Kongregation in Erinnerung und bat um eine baldige Entscheidung.137 Zwei 133

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Druck: Kollmann, Acta, Bd. I/1, S. 17 – 36. Lamormaini war von den Grafen Slawata und Martinitz (qui in rebellione Boemica ab haereticis per fenestras altissimas palatii praecipites dati fuerunt et magno miraculo B. Virginis, quam invocaverant, dum haeretici ipsi in eo actu dicebant: Nunc iuvet vos vestra Virgo, incolumes servati fuerunt; Tüchle, Acta, S. 26) nach Rom entsandt worden. Francesco Ingoli, Relazione delle Quattro Parti del Mondo, bearb. von Fabio Tosi, Città del Vaticano 1999, S. 38 f.: Con la Slesia si congionge la Lusatia da ponente, la quale né più né meno è unita col reame di Boemia, sì come con esso da mezzo dì ella confina. Questa è tutta dell’ heresia luterana seguace e perché ella confina ancora con la superiore Sassonia, e da gli heretici è da ogni lato circondata, non si è ancora sin hora potuto in quella operar cosa di momento; e tanto meno, ch’ella si truova hoggi al Duca di Sassonia impegnata per le spese da lui fatte nel ricuperarla, e difenderla per l’Imp.re nell’ultime guerre; onde per essere da esso retta, non se ne potrà sperare niente di bene, sin tanto che a S. M.tà Cesarea, o al Re di Boemia ella non ritornerà liberamente in potere. Vgl. auch die Instruktion für den designierten Nuntius am Kaiserhof Ferrante Farnese vom September 1597: si è pensato più volte di instituirvi un nuovo vescovato, ma la esecutione si differisce più tosto per mancamento di consiglio che di materia opportuna, et in tanto si vanno perdendo i monasterii et resta conculcata la fede cattolica (Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 519). Vgl. auch den Statusbericht von Carlo Carafa an Francesco Barberini vom September 1623 (Kollmann, Acta, Bd. I/1, S. 350 – 395, hier S. 394 f.). Carafa an Ludovico Ludovisi, Prag, 1627 XII 22, Archivio Storico della Sacra Congregazione per l’evangelizzazione dei popoli o „de propaganda fide“, Scritture originali congregazioni generali 69, fol. 12r – v, Or.: Da quel tempo che ritornato dal convento di Ratisbona nel 1623 arrivai in questa città stante la gran necessità che aveva l’una e l’altra provincia di Lusatia incor-

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Jahre später beschloß die Propaganda, Urban VIII. die Ernennung Kathmanns zum Titularbischof vorzuschlagen. Der Papst stimmte zu, betonte aber, daß es sich um eine absolute Ausnahme handeln müsse.138 Trotzdem erfolgte letztendlich keine Ernennung. Im Zusammenhang mit der „Missionierung“ der Lausitzen begegnet in dieser Zeit häufiger der Franziskanerorden. Kardinal Ernst Adalbert von Harrach wandte sich 1633 an die Propaganda-Kongregation mit der Bitte um die Entsendung des Barnabiten Florio Cremona zur Regelung der kirchlichen Fragen in den Lausitzen offenbar auf Bitten Wallensteins, des Schwagers von Kardinal Harrach.139 Die Initiative stand im Zusammenhang mit einer geplanten Übertragung der beiden Lausitzen an Wallenstein als Ersatz für das Herzogtum Mecklenburg, so Wallenstein mündlich gegenüber Cremona. Die Markgraftümer sollten dann, so der Herzog von Friedland, con un arte discretissima rekatholisiert werden.140 Aus diesem Vorhaben wurde bekanntlich nichts. Zwei Jahre später erfolgte die definitive Besitzergreifung der Lausitzen durch den sächsischen Kurfürsten im Prager Frieden von 1635 (allerdings mit

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porate a questo regno, e che erano soggette in spiritualibus al Vescovo di Misna occupato dall’Elettor di Sassonia, d’ haver un vescovo ch’essercitasse li pontificali già che non vi erano intorno a dette provincie vescovi più vicini di cento miglia italiane; procurai coll’Imperatore per rimediare a tal inconveniente che si degnasse concedere la nominatione d’un titolo di vescovo di quelli del regno d’Ungaria al Sig.r Gregorio Kottmann, deputato amministratore in spiritualibus di dette provincie per breve ap.co come decano della chiesa di Budissina, principal città del paese, e per esser egli il primo noto e consigliero di quelli stati; S. M. me ne fece la gratia con nominarlo vescovo Schwidnicense di che la Sacra Congregatione ne sentì gusto particolare. Noi fatto il processo di detto Sig.r Kottmann e transmesso costà in cinque anni non si è mai potuto spedire per impedimento, per quanto mi dicono, che nelli libri costà della cancellaria non si truova tal titolo, ancorché qui si trovi registrato nel libro delle constitutioni del regno d’Ungaria con gli altri tituli de vescovati di esso. Però con ogni debita riverenza stimolato dalle preghiere di tutti li Catholici di quelle provincie vengo con questa a rappresentarli la necessità che vi è di rimedio a tal inconveniente o con procurar se sarà possibile appresso S. B. la confirmatione del sopradetto titulo Schwidnicense o la concessione d’un altro in partibus al sopradetto Sig.r Kottmann, soggetto d’eminenti qualità, con le quali ha ridotto e riduce ogni giorno al grembo di S.ta Chiesa molti heretici di quelle provincie. Mit Stellungnahme Ingolis (ebd. fol. 14v, rechte Spalte unten und linke Spalte): Al Card. di San Sisto super rebus concistorialibus fiat copia summarii per cardinalem Volta che è stata riferita la sua lettera nella congregatione di propaganda scritta in materia del Signor Greg. Kotman, è perché questo negotio non appartiene a lei, li Signori Card. l’ hanno rimesso alla congregatione concistoriale, dalla quale S. S. dovrà a suo tempo aspettar la risposta. Il senso però della sacra congregatione è stato che il detto negotio habbia difficoltà perché non si fanno al presente vescovi titolari se non per urgentissime cagioni. Vgl. Beschluß der Propaganda-Kongregation vom 13. Februar 1629 (ebd. Acta [1628/29], fol. 221v – 222v; Druck: Tüchle, Acta, S. 223). Kardinal Harrach an Propaganda-Kongregation, Prag, 1633 X 12 (ebd. Scritture originali congregazioni generali 75, fol. 146r – v, Or.). Vgl. auch Kardinal Harrach an Kardinal Antonio [Barberini], Ragitz, 1633 IX 27 (ebd. fol. 113, Or.). Florio Cremona an Propaganda-Kongregation, Prag, 1633 X 5 (ebd. fol. 159r – 160r, Or.). Darin war auch die Bitte enthalten, die Ordensbekleidung ablegen zu dürfen, um in den reformierten Gebieten kein Ärgernis zu erregen und seine Mission nicht zu gefährden.

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der bereits genannten Festschreibung des Besitzstandes der katholischen Kirche und des kaiserlichen Schutzrechts!).141 Eine weitere Entsendung von Ordensklerikern ist gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges zu belegen. Im Jahr der Friedensverträge von Münster und Osnabrück ordnet die Propaganda-Kongregation die beiden Minoritenbrüder Leonardo Capponio und Giuseppe Eneio zur Mission in die Lausitzen ab.142 Ein Jahr später erging ein entsprechendes Mandat an Vincenzo da Fabriano, auch er ein Minorit.143 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Lausitzen sicher nicht das Hauptaufgabengebiet der im Reich bzw. in den habsburgischen Erbländern tätigen Nuntien bildeten. Trotzdem trugen sie einen großen Anteil an der Sicherung des freilich geringen katholischen Bestandes, der poche reliquie de’ cattolici,144 wie es in der Instruktion für den Kardinallegaten Madruzzo 1594 zu lesen ist. Drei Nuntien konnten sich persönlich vor Ort über die Lage der Katholiken informieren (Giovanni Morone, Giovanni Delfino, Placido De Marra). Bei der Besetzung des Administratorenamts arbeiteten Kaiser und Nuntien eng zusammen. Die Wahl erfolgte durch das Kapitel in Anwesenheit kaiserlicher Kommissare. Der neugewählte Dekan wurde dann vom Kaiser als kaiserlicher Generalkommissar für die Lausitzen und vom päpstlichen Nuntius als apostolischer Administrator des Bistums Meißen für die Lausitz145 bestätigt. Auch bei der Koordinierung der Visitation der Klöster fiel den Nuntien eine Schlüsselrolle zu. In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, daß gerade die Visitation ein zentrales Element der Tridentinischen Reformen darstellte und den Frauenklöstern von den Reformpäpsten Pius V. und Gregor XIII. mit den Konstitutionen Circa pastoralis (1566 V 29)146 bzw. Deo sacris virginibus (1572 XII 30)147 strenge Auflagen gemacht wurden (v. a. im Hinblick auf die Klausur).148 141 142

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Blaschke, Seifert, Reformation und Konfessionalisierung, S. 126. Vgl. Beschluß der Propaganda-Kongregation vom 17. August 1648 (Archivio Storico della Sacra Congregazione per l’evangelizzazione dei popoli o „de propaganda fide“, Acta [1648], fol. 146v – 147r; Druck: Tüchle, Acta, S. 687). Vgl. Beschluß der Propaganda-Kongregation vom 8. Februar 1649: Referente eodem Em.mo Domino Cardinali Mattheo Sacra Congregatio Fratrem Vincentium de Fabriano O.nis Min. Conventualium a Procurat.e gnali. eiusdem O.nis approbatum inter missionarios Lusatiae adscripsit sub prefectura Fratris Leonardi Capponii eiusdem Ordinis (Archivio Storico della Sacra Congregazione per l’evangelizzazione dei popoli o „de propaganda fide“, Acta [1649/50], fol. 210r). Instruktion für den zum Regensburger Reichstag entsandten Legaten Giovanni Ludovico Madruzzo, Rom, 1594 III 4, Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 252. Vgl. die Finalrelation von Antonio Caetani bei Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 735; für die Zeit nach 1635 vgl. Mejer, Propaganda, S. 329. Bullarium Romanum, Bullarium diplomatum et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio, tomus VII, Neapoli 1882, S. 447 – 450. Bullarium Romanum, Bullarium diplomatum et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio, tomus VIII, Neapoli 1883, S. 28 – 32. Vgl. hierzu Gaetano Greco, Le Chiese locali, in: Ders., Mario Rosa (Hgg.), Storia degli antichi stati italiani, Roma-Bari 1996 (Manuali Laterza 71), S. 163 – 214, hier S. 200 f. und Raimondo Creytens O.P., La riforma dei monasteri femminili dopo i decreti tridentini, in: Il Concilio di Trento e la riforma tridentina. Atti del convegno storico internazionale di Roma, Bd. 1, Roma 1965, S. 45 – 84.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Warum die Errichtung eines eigenen Bistums für die Lausitzen ausblieb bzw. warum erst spät die Ernennung der Administratoren zu Titularbischöfen erfolgte, bleibt eine offene Frage. Der erste Administrator, der zum Bischof in partibus ernannt wurde, war Jakob Johann Wosky von Bärenstamm Mitte des 18. Jahrhunderts (1743 – 1771 Apostolischer Administrator der Lausitzen; 1753 Episcopus titularis Pergamenus).149 Die Notwendigkeit, den Administrator mit episkopalen Vollmachten auszustatten, war jedenfalls schon früh von den Nuntien artikuliert worden. Von den Päpsten der nachtridentinischen Zeit standen v. a. Gregor XIII. und Urban VIII. der Idee aufgeschlossen gegenüber. Trotzdem wurde sie nicht umgesetzt, vermutlich aus einer Reihe von Gründen. Zunächst stellte sich die Frage der Dotation (auch die der Kanonikerstellen!),150 wobei die Einkünfte aus dem sächsischen Teil des Bistums Meißen jedenfalls ausschieden: Sie gingen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts an den sächsischen Kurfürsten. Auch wollte man es sich vermutlich grundsätzlich nicht mit dem sächsischen Kurfürsten verderben, wobei eine Rücksichtnahme sowohl von seiten der Kaiser (aus politischen Motiven)151 als auch von seiten der Päpste denkbar ist, die sich zeitweise Hoffnungen auf eine Konversion des Kurfürsten von Sachsen und damit verbunden auf eine Neubegründung des Bistums Meißen machten.152 Letztendlich fehlte es wohl auch an der Substanz, d. h. an einer hinreichenden Zahl von Katholiken. Der Charakter der Lausitz als nahezu völlig reformiertes Gebiet mag auch der Grund dafür gewesen sein, daß die Jesuiten, die in den böhmischen Ländern an mehreren Orten Niederlassungen aufbauten,153 nicht dorthin gingen. Lausitzer Priesteramtskandidaten studierten deshalb in der Regel in Prag, wo zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein eigenes Seminar (Wendisches bzw. Sorbisches Seminar) entstehen wird.154 Die Jesuiten finden wir in späterer Zeit in Dresden und Leipzig.155 In 149 150

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Zu ihm vgl. Siegfried Seifert, in: Gatz, Bischöfe 1648 – 1803, S. 574 f. Vgl. in diesem Zusammenhang die bei der Errichtung der Bistümer Leitmeritz (1655) und Königgrätz (1664) auftretenden Probleme, Tüchle, Im Spannungsfeld, S. 39 – 42. Im Gefolge dieser Maßnahmen wurden einige böhmische Pfarreien der Lausitzer Administratur dem neugegründeten Bistum Leitmeritz unterstellt, vgl. den Artikel zu Bernhard Freiherr von Schrattenbach von Siegfried Seifert, in: Gatz, Bischöfe 1648 – 1803, S. 447 f., hier S. 448. Vgl. hierzu den Bericht Delfinos über dessen Unterredung mit Rudolf II. an Gallio, Wien, 1577 VII 27: Al Leisentritio, Decano di Budissina, si manderà il breve et già ho parlato di nuovo con S. M.tà circa il crearlo vescovo titulare, et mi ha risposto che, se il rispetto del Duca di Sassonia non impedisse, a lei piacerà molto, ma che vi penserà un poco et poi mi dirà il parer suo; non mancai di replicare ciò che si conveniva, mostrando a S. M.tà che il Duca in questo non haveva interesse alcuno; con tutto ciò è necessario lasciar che S. M.tà lo tratti con i suoi consiglieri. (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 200). Vgl. Siegfried Seifert (Hg.), Johann Leisentrit 1527 – 1586, Leipzig 1987, S. 28 f. Zum Wirken der Jesuiten im Königreich Böhmen vgl. Alois Kroess S. J., Geschichte der Böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu, Bd. 1: Geschichte der ersten Kollegien in Böhmen, Mähren und Glatz von ihrer Gründung bis zu ihrer Auflösung durch die böhmischen Stände 1556 – 1619, Wien 1910 (Quellen und Forschungen zur Geschichte, Literatur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer 11). Zum Wendischen Seminar in Prag vgl. Uwe Lammel, Das Haus Habsburg und die Oberlausitz nach 1635, in: Bahlcke, Dudeck, Welt – Macht – Geist, S. 231 – 240, hier S. 238. Vgl. Mejer, Propaganda, S. 330.

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jener Zeit (also nach der Konversion des sächsischen Kurfürsten 1697) dürfte wohl auch der nach Polen entsandte Nuntius, der sowohl in Warschau als auch in Dresden residierte,156 mit Angelegenheiten der Lausitzen befaßt worden sein. Bei diesem Überblick über das Verhältnis des Heiligen Stuhls zu den Lausitzen mußten viele Fragen offen bleiben. Es würde sich lohnen, eine moderne Darstellung zu diesem Thema, etwa im Rahmen einer Dissertation, anzufertigen. Dabei sollten lokale Quellen, aber auch die Bestände des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, v. a. aber römisches Material aus dem Vatikanischen Geheimarchiv, dem Archiv der Propaganda-Kongregation und diversen Ordensarchiven (Jesuiten, Dominikaner, Zisterzienser, Franziskaner etc.) miteinbezogen werden. Die Voraussetzungen für ein solches Unternehmen haben sich weiter verbessert durch die Öffnung des Archivs der Inquisitions- und Indexkongregation,157 also des Heiligen Offiziums (oder wie das Dikasterium modern bezeichnet wird: Congregazione per la Dottrina della Fede), mit welchem die Nuntien ebenso wie mit der Propaganda fide und dem Hauptadressaten, dem Staatssekretariat, in schriftlichem Kontakt standen.

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Vgl. ebd. S. 331. Vgl. die Ergebnisse einer ersten Tagung anläßlich der Archivöffnung in: L’apertura degli archivi del Sant’Uffizio Romano, Roma 1998 (Atti dei convegni Lincei 142), und Alejandro Cifres, Das historische Archiv der Kongregation für die Glaubenslehre in Rom, in: Historische Zeitschrift 268 (1999), S. 97 – 106.

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3. Circondato da turchi et heretici 158 Ungarn als Thema in der Korrespondenz der Kaiserhofnuntiatur im 16. Jahrhundert Das ungarische Reich der Stephanskrone, das einen großen Raum von der heutigen Slowakei (Oberungarn) im Norden bis nach Serbien im Süden und von Dalmatien im Westen bis nach Siebenbürgen im Osten einnahm, stellt im Hinblick auf die konfessionspolitische Entwicklung im Europa des 16. Jahrhunderts einen Sonderfall dar. Zum einen fielen weite Teile des Reichs ab 1526 unter die Herrschaft der Osmanen, zum anderen kam es in „Restungarn“ zu einer starken Verbreitung reformatorischer Lehren, die zu einer komplexen konfessionellen Situation mit katholischen, lutherischen und calvinistischen Elementen sowie zahlreichen christlichen Sektenbildungen führte. Zur Aufarbeitung von Fragen der ungarischen Geschichte im Zusammenhang mit Reformation und Konfessionalisierung stehen neben lokalen Quellen v. a. Dokumente der habsburgischen Regierungen zur Verfügung, die im Wiener Haus-, Hofund Staatsarchiv überliefert sind. Daneben kommen aber nicht zuletzt römische Quellen in Betracht. Hier sind zu nennen die Bestände des historischen Archivs der Propaganda fide und nicht zuletzt die Nuntiaturakten des Archivio Segreto Vaticano.159 Für die uns interessierende Zeit, waren – neben zahlreichen Legaten und außerordentlichen Nuntien (hier sind in erster Linie Missionen nach Siebenbürgen zu nennen) – v. a. die ständigen Nuntien am Kaiserhof für Ungarn zuständig, daneben auch von Fall zu Fall ihre Kollegen, die von 1580 bis 1622 in Graz aktiv waren. Aus den einleitenden Bemerkungen geht hervor, daß die Frühe Neuzeit keine eigenständige päpstliche Nuntiatur für Ungarn kennt. Diese wurde erst nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie 1920 mit der Entsendung von Lorenzo Schioppa nach Budapest begründet, ist historisch gesehen also noch sehr jung.160 In der Frühen Neuzeit wurden die ungarischen Angelegenheiten der Kurie in der Regel durch den Nuntius am Kaiserhof behandelt, d. h. vom Inhaber der Nuntiatura di Germania. Es handelte sich also, wenn man so will, im Grunde um eine deutschungarische Nuntiatur. Dies kommt deutlich in den jeweiligen Fakultäten zum Ausdruck, wenn beispielsweise Gregor XIII. den 1578 nach Prag zu entsendenden Protonotar Orazio Malaspina anspricht als nuntius cum potestate legati „bei unserem in Christus geliebten Sohn Rudolf, dem römischen König, König von Ungarn und 158

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Weisung von Tolomeo Gallio an Orazio Malaspina, Rom, 1579 V 30, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 70r, Konz., gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 85. Vgl. István György Tóth, Gli archivi della Santa Sede e la storia ungherese del Cinquecento all’Ottocento, in: Matteo Sanfilippo, Alexander Koller, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il mondo asburgico nella prima età moderna, Viterbo 2004, S. 219 – 225; vgl. auch Litterae missionariorum de Hungariae et Transilvania (1572 – 1717), 2 Bde., bearb. von István György Tóth, Roma-Budapest 2002 – 2003. Vgl. Giuseppe De Marchi, Le nunziature apostoliche dal 1800 al 1956, Roma 1957 (Nachdr. 2006), S. 255.

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Böhmen und gewählten römischen Kaiser und in jenen Orten Deutschlands, zu denen er (Malaspina) sich kraft seines Amtes begeben muß“.161 Der Nuntiatursprengel wird also einerseits geographisch definiert (Deutschland, was staatsrechtlich das Reich meint), andererseits aber (und das ist das Entscheidende!) über den Fürsten, zu dem der Vertreter des Papstes entsandt wird. Dadurch tritt Ungarn als Territorium, das ja bekanntlich nicht zum Reich zählte, aber seit 1526 von den Habsburgern regiert wurde, in den Geschäftsbereich des Kaiserhofnuntius. Allerdings gab es abgesehen davon eigene außerordentliche ungarische Nuntiaturen beim König von Ungarn, wenn das Reich und Ungarn nicht in Personalunion verbunden waren, d. h. wenn es neben dem Kaiser einen König von Ungarn gab und (dies ist zu betonen) dieser, wie im Fall von Erzherzog Matthias, eine eigene Residenz unterhielt.162 Auf die Krönung des Erzherzogs Rudolf zum ungarischen König 1572163 mußte die Kurie allerdings nicht mit der Entsendung eines eigenen Nuntius reagieren, da dieser weiterhin am Hof des kaiserlichen Vaters Maximilian II. in Wien und Prag residierte. Siebenbürgen bildete wiederum einen eigenen Fall. Auch dorthin entsandten die Päpste bei Bedarf Sondernuntien.164 Komplex waren die Verhältnisse in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wo die Nuntiatur am Kaiserhof Karls V. zeitweise mit der spanischen und deutschen Nuntiatur zusammenfiel.165 Gleichzeitig unterhielt die Kurie einen Nuntius bei Erzherzog Ferdinand, dessen Zuständkeit für Ungarn eindeutig war, nachdem Ferdinand (bereits König von Böhmen) auf einem von der Königinwitwe Maria nach Preßburg (Bratislava) einberufenen Reichstag im Dezember 1526 von den ungarischen Ständen zum König gewählt und im November des darauffolgenden Jahres in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) gekrönt worden war. In einem römischen Kanzleivermerk wird Pier Paolo Vergerio, der von 1533 – 1536 als Nuntius bei Ferdinand tätig war, sogar

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ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 88, fol. 165r: Gregorius etc. dilecto filio magistro Horatio ex marchionibus Malaspinae presbytero Lunensis Sarzanensis diocesis notario nostro ad charissimum in Christo filium Rodulphum Romanorum et Hungariae ac Bohemiae regem illustrem in imperatorem electum et Germaniae loca ad quae te declinare contigerit nostro et apostolicae sedis nuntio cum potestate legati de latere salutem etc. Vgl. Silvano Giordano, „Dignitas et salus tua nobis summopere cordi est“. Mattia II, re d’Ungheria (1606 – 1611) e Paolo V nelle carte vaticane, in: Gaetano Platania, Matteo Sanfilippo, Péter Tusor (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il regno d’Ungheria (secc. 15 – 20). In memoriam di Lajos Pásztor, Budapest-Roma 2008 (Collectanea Vaticana Hungariae 4), S. 89 – 111. Vgl. darüber den Bericht des Nuntius Delfino, Preßburg, 1572 IX 26, in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982, S. 138 – 141. 1592 entsandte Papst Clemens VIII. Attilio Amalteo zum siebenbürgischen Ständetag, vgl. Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 11 – 19. Henry Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academicae Scientiarum Fennicae B II/1), S. 98 und 101 mit Anm. 2.

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als Nuntio d’Ungheria bezeichnet.166 Die Kurie setzte jedenfalls in König Ferdinand große Erwartungen hinsichtlich Ungarns, wo die Kirche in zweifacher Hinsicht existentiell bedroht war, zum einen durch die Besetzung weiter Teile des Landes durch die Türken, was v. a. einen hohen wirtschaftlichen Verlust bedeutete, zum anderen durch das Vordringen der Reformation. So berichtete Nuntius Giovanni Morone 1539 nach Rom, daß die Reformation in Ungarn auch die Priester des höheren Klerus erreicht habe.167 Auf einer vom Erzbischof von Gran (Esztergom), Miklós Oláh, 1561 einberufenen Synode seines zum Teil von den Osmanen besetzten Erzbistums erschienen nur 119 Pfarrer, von denen die Hälfte schon seit Jahren im Konkubinat lebte, 44 die Kommunion sub utraque spetie spendeten und einige in Oberungarn bereits die Messe auf slowakisch zelebrierten.168 Ebenso wie den Weltklerus erfaßte auch die Orden die Krise. So wurde, um nur ein Beispiel zu nennen, auf das noch später zurückzukommen sein wird, einer der größten und für Ungarn besonders charakteristischen Orden, der Paulinerorden,169 von der Welle der Reformation in Mitleidenschaft gezogen. Ferdinand konnte die in ihn gesetzten Hoffnungen hinsichtlich der Befreiung Ungarns von den Türken und der Eindämmung der Reformation nicht erfüllen. Zwar erließ er gleich zu Beginn seiner Regierung 1527 in Ofen (Buda) eine umfassende Verfügung, in der er die strikte Einhaltung des von seinem Bruder, Kaiser Karl V., erlassenen Wormser Edikts und der Regensburger Beschlüsse der süddeutschen Reichsstände in seinen Territorien befahl und neben der Lehre Luthers auch die Zwinglis und der Anabaptisten verbieten ließ.170 Die Ausbreitung der reformierten Lehre war jedoch in Ungarn ebenso wie im Reich, dessen Entwicklung unmittelbare Auswirkungen auf die Länder der Stephanskrone hatte, v. a. wegen der materiellen und geistigen Krise der alten Kirche nicht aufzuhalten. In den 50er Jahren stellten die Protestanten die Mehrheit im ungarischen Reichstag. Sie konnten deshalb erfolgreich die königlichen Forderungen nach Wiederherstellung der Glaubenseinheit in Ungarn auf den Reichstagen dieses Jahrzehnts, ab 1555 zudem mit Bezug auf den Augsburger Religionsfrieden, ablehnen. Sie fanden jedoch in dem seit 1553 amtieren-

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Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 1: Nuntiaturen des Vergerio 1533 – 1536, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892 (Nachdr. 1968), S. 223, Anm. 1. Morone an Durante, Wien, 1539 VI 6, in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 4: Legation Aleanders 1538 – 1539, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1893, S. 132: Oltra di questo m’ ha detto che in Ungaria il Lutherismo piglia gran piede et ch’alcuni de li prelati sonno contaminati. Márta Fata, Ungarn, das Reich der Stephanskrone, im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Multiethnizität, Land und Konfession 1500 bis 1700, hg. von Franz Brendle, Anton Schindling, Münster 2000 (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 60), S. 39. Vgl. den kurzen historischen Abriß zur Geschichte dieses Ordens bei Tamás Véghseő, „Catholice reformare“. Ágoston Benkovich O.S.P.P.E. missionario apostolico, vescovo di Várad (1631 – 1702), Budapest-Roma 2007 (Collectanea Vaticana Hungariae II/2), S. 69 – 73. Fata, Ungarn, S. 67.

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den Graner Erzbischof Miklós Oláh171 einen großen Gegenspieler. Mit Unterstützung König Ferdinands und unter Mithilfe der Nuntien172 gelang es ihm, auf den Reichstagen zwischen 1553 und 1558 die erzbischöfliche Jurisdiktion über die Protestanten gesetzlich zu verankern. Demnach waren die protestantischen Pfarrer im königlichen Ungarn bis 1608 (also bis zur Regierung von König Matthias) den katholischen Bischöfen zinspflichtig und mußten bischöfliche Visitationen hinnehmen.173 Mit König Maximilian I. (als Kaiser Maximilian II.) kam 1564 ein Monarch auf den Thron, der dem Protestantismus mit mehr oder weniger offen bekundeter Sympathie gegenüberstand. Von der insgesamt liberalen Konfessionspolitik Maximilians profitierten in Ungarn v. a. die Lutheraner. Oláh versuchte gegenzusteuern, geriet aber immer wieder in Konflikt mit dem König, wie etwa in der Frage der Bücherzensur174 oder des Laienkelchs.175 Mit Rudolf (seit 1572 König von Ungarn) veränderten sich die Verhältnisse, v. a. nach Übernahme der kaiserlichen Regierung Ende 1576. Die Konfessionspolitik Rudolfs II. war stark katholisch geprägt, wenn auch nicht frei von Widersprüchen. Nicht zuletzt übten aber die kaiserlichen Onkel (Ferdinand in Tirol und Karl in der Steiermark) sowie die Brüder Ernst und Maximilian starken Druck auf den Kaiser aus, vollständig mit der von Kompromissen geprägten Religionspolitik des Vaters zu brechen. Daß sich Rudolf in der Tat hinsichtlich der Erbländer von der Linie seines Vaters absetzen würde, wurde bereits auf dem ersten ungarischen Reichstag unter Kaiser Rudolf II. 1578 deutlich, als der Monarch den protestantischen Ständen beschied, daß das freie Religionsexercitium nicht konstitutiver Bestandteil des Landrechts, sondern eine Privatangelegenheit sei.176 Im folgenden sollen am Beispiel der Kaiserhofnuntiatur in der Frühphase der Regierung Rudolfs II. wichtige Themen der römischen Ungarnpolitik vorgestellt 171

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Die kaiserliche Ernennung erfolgte im April 1553, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 16: Nuntiatur des Girolamo Martinengo (1550 – 1554), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1965, S. 242, die päpstliche Konfirmation im September des darauffolgenden Jahres, vgl. Bd. 17: Nuntiatur Delfinos. Legation Morones. Sendung Lippomanos (1554 – 1556), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1970, S. 21. Zu Oláh vgl. auch den rezenten Artikel von István Fazekas, Miklós Oláhs Reformbestrebungen in der Erzdiözese Gran zwischen 1553 und 1558, in: Martina Fuchs, Teréz Oborni, Gábor Ujváry (Hgg.), Kaiser Ferdinand I. Ein mitteleuropäischer Herrscher, Münster 2005 (Geschichte in der Epoche Karls V. 5), S. 163 – 178. Vgl. die anerkennenden Worte für Oláh im Schreiben Dandinos an Martinengo, Rom, 1550 XII 8, in: Friedensburg, Goetz, NBD, Bd. I/16, S. 11. Vgl. ebd. S. 26. Vgl. auch Biglia an Reomano, Augsburg, 1566 IV 6, in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 5: Nuntius Biglia 1565 – 1566 (Juni). Commendone als Legat auf dem Reichstag zu Augsburg 1566, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien-Leipzig 1926, S. 141. Fata, Ungarn, S. 73 f. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914, S. XLVIII. Fata, Ungarn, S. 76. Ebd. S. 83. Vgl. auch: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 375 f.

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werden. Diese war von zwei Hauptinteressen geprägt, die miteinander verschränkt waren: 1) die Beendigung der Besetzung Ungarns durch die Türken; 2) eine auf Reform ausgerichtete Kirchenpolitik. 1. Türkenabwehr Die osmanische Präsenz in weiten Teilen Ungarns seit 1526 stellte eine akute Bedrohung für das Reich, v. a. im Hinblick auf die benachbarten habsburgischen Erbländer dar, und bildete mithin einen Krisenherd von gesamteuropäischer Bedeutung. Obwohl die Bedingungen für ein offensives Vorgehen gegen die Türken zu Beginn der Regierung Kaiser Rudolfs II. günstig waren (Bindung der osmanischen Ressourcen im Osten durch den Krieg mit Persien seit 1578), wurden größere kriegerische Unternehmungen vermieden und die Waffenstillstandsvereinbarung zwischen dem Kaiserhof und der Pforte (von Rudolf II. nach seinem Regierungsantritt Ende 1576 erneuert) respektiert.177 Deshalb lehnte der Kaiser auch den Vorschlag Gregors XIII. zur Bildung einer antiosmanischen Liga ab. Zu diesem Zweck hatte der Papst 1579 in einer streng geheim gehaltenen Mission den Diplomaten Traiano Mario nach Graz und Prag entsandt.178 Trotzdem mußte zu jedem Zeitpunkt mit Krieg gerechnet werden.179 Besonders sensibel war der unmittelbare Einzugsbereich der habsburgisch-türkischen Militärgrenze, wo es ständig zu zahlreichen kleineren bewaffneten Auseinandersetzungen in Form von Scharmützeln,180 Belagerungen und Überfällen auf Geldtransporte,181 Händler182 und Siedlungen183 kam. Die Nuntien berichteten darüber in ihren wöchentlichen Depeschen. Nicht zuletzt in Kroatien konnten die Türken zahlreiche Festungen erobern,184 was insgesamt entlang der gesamten Militärgrenze zu verstärkten fortifikatorischen Anstrengungen durch die Befestigung von Kastellen führte. Gemäß interner Absprache und Bestätigung durch die ungarischen Stände war Erzherzog Ernst (als Statthalter Rudolfs) für den nordöstlichen Teil, Erzherzog Karl für den südöstlichen (kroatischen) Teil der türkischen Militärgrenze zuständig.185 Diese Arbeitsteilung war zunächst bei den ungarischen Ständen auf Widerspruch gestoßen.186 Generell bestätigen die Berichte der Nuntien die Schlüsselrolle des Adels bei der Türkenabwehr. 177

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Vgl. ebd. Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997, S. 642 und 709; Chronologisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge, Bd. 1: Die österreichischen Staatsverträge von 1526 bis 1763, bearb. von Ludwig Bittner, Wien 1903, Nr. 129. Vgl. auch Kap. I.8. Vgl. Neri, NBD, Bd. III/8, S. 406. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 304 und 309. Vgl. ebd. S. 61 f. und 201. Vgl. ebd. S. 300. Vgl. ebd. S. 368. Vgl. ebd. S. 309 und 348. Vgl. ebd. S. 381. Vgl. ebd. S. 366.

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Einen hohen Stellenwert in der Berichterstattung der Nuntien nehmen in diesem Zusammenhang die ungarischen Reichstage in Preßburg ein, bei denen in mehreren Fällen auch eine persönliche Anwesenheit der Nuntien bezeugt ist, etwa 1572187 und 1578 Giovanni Delfino,188 1582 Giovanni Francesco Bonomi,189 1583 der Auditor Cesare Dell’Arena190 als päpstliche Vertreter. Das Hauptaugenmerk der Nuntien richtete sich dabei hauptsächlich darauf – und dies gilt für alle ungarischen Ständeversammlungen der Zeit – den Kaiser darauf einzuschwören, die Forderungen des Adels nach Religionsfreiheit als Gegenleistung für die Zahlung von Steuern und Subsidien für die Grenzverteidigung zurückzuweisen, wobei den Nuntien auch die Gefahr gegenseitiger Absprachen und Hilfeleistungen der protestantischen Stände Ungarns mit denen Böhmens und Österreichs durchaus bewußt war.191 Bedeutsam waren in diesem Kontext auch die Beziehungen des Kaiserhofs zu Polen. Die Spannungen der frühen 70er Jahre hatten sich nach dem Tod Maximilians II. zunächst entschärft. Dies lag im wesentlichen daran, daß mit dem letzten Kaiser der schärfste Widersacher István Báthorys im Kampf um den polnischen Thron von der politischen Bühne abgetreten war. Trotzdem blieb die Lage zwischen dem polnischen König und Rudolf II., die beide zu Beginn ihrer Regierung das politische Terrain abstecken mußten, angespannt und von gegenseitigem Mißtrauen geprägt. Beunruhigt zeigte sich der Kaiserhof (und die Kurie informiert durch ihren Nuntius) über Kontakte zwischen István Báthory und der Pforte, konkret durch die polnische Gesandtschaft des Jan Sinieński im Frühjahr/Sommer 1577 an den Bosporus,192 da ein intensives Zusammenspiel der beiden Mächte für Rudolf II. die Gefahr einer Zweifrontenbedrohung mit sich brachte. Zu offiziellen Kontakten zwischen Rudolf II. und István Báthory kam es erst 1579. Ihnen waren Sondierungen des Nuntius am Kaiserhof und seines in Polen tätigen Kollegen Caligari vorangegangen. Dies entsprach dem starken Interesse des Papstes an einer Beilegung des Gegensatzes zwischen Polen und dem Kaiser zum Schutz der Christenheit. Dabei sollte auf eine Beendigung sowohl der Kontakte zwischen Polen und der Pforte als auch der Unterstützung von gegen den Kaiser gerichteten Aktionen in Ungarn hingearbeitet werden. Die Bemühungen der Nuntien waren insgesamt wenig erfolgreich, da sich (wie im übrigen auch im klassischen Fall von Spanien und Frankreich) der politische Gegensatz zwischen dem Kaiserhof und Polen nur schwer aufheben und einer übergeordneten christlich-religiösen Aufgabe unterordnen ließ, wie das Beispiel der vom polnischen König eingeforderten Kastelle Szátmar und Nemeth zeigt, die von Maximilian II. Johann Sigismund Zápolya abgenommen worden waren. Sie befanden sich seit langem 187

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Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982, Nr. 56, 57, 59, 60 – 65, 69 – 71, 74. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, Nr. 152, 154, 156. Vgl. seine Depeschen aus Preßburg vom Januar und Februar 1582, ASV, Segreteria di Stato, Germania 104. Vgl. die beiden Berichte vom April und Mai 1583, ASV, Segreteria di Stato, Germania 105. Vgl. Malaspina an Gallio, Prag, 1580 V 30, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 302r – 304r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 192,2. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 196.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

im Besitz der Familie Báthory. Die Forderung nach Restitution der beiden Orte war ein Teil des Plans Báthorys, den Habsburgern Ungarn streitig zu machen.193 2. Die päpstliche Kurie und die ungarische Kirche Durch die bereits skizzierte Doppelbedrohung (Protestantismus, Okkupation des Landes durch die Türken) war die ungarische Kirche stärker als in anderen Gegenden Europas in ihrer Existenz bedroht. Viele Bischofssitze blieben vakant. Selbst bei Bischofsernennungen konnten viele Prälaten nicht an ihrem Kathedralsitz residieren. Besonders prekär war die Lage der Orden, die ernorme Verluste von Klöstern und Konventen zu beklagen hatten. Um so mehr mußte die Kurie bei einer Wiederbelebung der kirchlichen Verhältnisse in Ungarn ihr Augenmerk auf die Priesterausbildung legen, einem zentralen Anliegen des Konzils von Trient, auf dem bezeichnenderweise ungarische Prälaten in geringer Zahl erst in der letzten Phase der Kirchenversammlung vertreten waren.194 Anders als in Wien, Graz und Prag, wo während des Pontifikats Gregors XIII. Alumnate der Jesuiten gegründet worden waren, gab es im Reich der Stephanskrone, einem Land circondato da turchi et heretici,195 aus naheliegenden Gründen keine theologische Hochschule vor Ort, wenn man von Siebenbürgen absieht, wo 1579 ein Jesuitenkolleg in Klausenburg (Cluj-Napoca) gegründet worden war.196 In Agram (Zagreb) gründete Bischof Georg Draskovich 1574 ein Priesterseminar.197 Alle anderen Jesuitenkollegien in Ungarn entstanden vergleichsweise spät, 1615 in Tyrnau (Trnava), 1626 in Preßburg (Bratislava) und Raab (Györ)198 und 1657 in Kaschau (Košice)199 in Oberungarn, obwohl immer wieder von römischer Seite auf die Notwendigkeit solcher Gründungen hingewiesen worden war.200 Um dem großen Pfarrermangel in den Ländern der Stephanskrone abzuhelfen, hatte Ignatius von Loyola bereits 1554 vorgeschlagen, eine dem Collegium Germanicum ähnliche Institution zur Ausbildung ungarischer Geistlicher in Rom zu errich-

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Hans Uebersberger, Österreich und Russland seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, Bd. 1: Von 1488 – 1605, Wien-Leipzig 1906 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 2), S. 481 – 485. István Bitskey, Il collegio germanico-ungarico di Roma. Contributi alla storia della cultura ungherese in età barocca, Roma 1996 (Studi e fonti per la storia dell’Università di Roma, n. s. 3), S. 23 f. Vgl. oben Anm. 158. Vgl. Végheseő, „Catholice reformare“, S. 58. Ebd. S. 100. Ebd. S. 103. Ebd. Vgl. Instruktion für Cesare Speciano, in: Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 57: Intanto s’ è pensato che rimediaria a parte di sì gran male il fondare nell’Ungheria un collegio de’ padri del Giesù, al quale si daria cura di raccogliere alcuni sacerdoti per mandarli a certi tempi a predicare et amministrare i sacramenti in quelle frontiere.

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ten. Der Plan, mit dem sich bereits Pius V. getragen hatte,201 konnte allerdings erst 1579 unter Gregor XIII. realisiert werden.202 Maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieses Kollegienprojekts hatte der ungarische Jesuit und ehemalige Seminarist des Collegium Germanicum István Szántó, genannt Arator, der von 1575 bis 1579 die Stelle eines Pönitentiars in St. Peter bekleidete.203 Zur finanziellen Ausstattung und Bewirtschaftung des Kollegs beabsichtigte der Papst, auf den Besitz und die Einkünfte des ungarischen Paulinerordens, der seit Beginn des 15. Jahrhunderts in Rom ansässig war, zurückzugreifen. In ihrem Kloster auf dem Celio war es zuletzt nach Ansicht der Kurie zu gravierenden Mißständen gekommen (mangelnde Disziplin, schlechte Verwaltung, unwürdige Gottesdienste).204 In ein- und derselben Bulle verfügte Gregor XIII. deshalb die Aufhebung des Klosters und die Errichtung des ungarischen Kollegs.205 Gregor wies dem künftigen Seminar neben den Liegenschaften auf dem Celio auch noch die Stephanuskirche bei St. Peter nebst dem angrenzenden, nicht mehr benutzten Pilgerhospital zu.206 Doch erwies sich das Projekt eines autonomen ungarischen Priesterseminars schon bald als Fehlschlag. Nachdem die ungarischen Bischöfe über den Nuntius Malaspina aufgefordert worden waren, geeignete ungarische Kandidaten, darunter auch einige Siebenbürger, vorzuschlagen,207 konnte nicht einmal die vorgesehene Zahl von zwölf Alumnen erreicht werden. Die Anregung des Nuntius Malaspina, auch kroatische Kandidaten zu berücksichtigen,208 wurde in Rom nicht aufgegriffen.209 Zu jenem Zeitpunkt stand bereits fest, das gerade errichtete ungarische Kolleg mit dem Collegium Germanicum zu vereinigen, das schon zuvor für den ungarischen Bereich zuständig war.210 Mit der Bulle Ita sunt hu201 202

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Lorenz Weinrich, Das ungarische Paulinerkloster Santo Stefano Rotondo in Rom (1404 – 1579), Berlin 1998 (Berliner Historische Studien 30, Ordensstudien XII), S. 345. Vgl. Bitskey, Il collegio germanico-ungarico, S. 33 – 41; Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 9: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Gregor XIII. (1572 – 1585), Freiburg i. Br. 1925, S. 175 f. Zu Szántó vgl. Bitskey, Il collegio germanico-ungarico, S. 32 – 37. Vgl. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 IV 4, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 52r – 53v, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 66,2. Bulla erectionis collegii Ungarici S. Stephani in Monte Coelio de urbe vom 1. März 1578 (Druck: Weinrich, Das ungarische Paulinerkloster, S. 362 – 366). Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 175. Vgl. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 V 30, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 52r – 53v, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 85. Zu den Schwierigkeiten, geeignete Alumnen zu rekrutieren vgl. auch Malaspina an Gallio, Prag, 1579 IX 7, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 164r – 168v, Or., und Gallio an Malaspina, Rom, 1579 XI 21, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 107r – 108r, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 111,3 und 135,4. Malaspina an Gallio, Prag, 1579 IX 7, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 143r – v, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 111,3. Gallio an Malaspina, Rom, 1579 X 3, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 95r – 96r, Konz., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 118,1. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990, S. 235.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

mana vom 13. April 1580 vollzog Gregor XIII. die Vereinigung beider Kollegien.211 Das Rekrutierungsproblem dürfte die Hauptursache für diese Maßnahme gewesen sein, daneben gab es aber auch Schwierigkeiten bei der finanziellen Ausstattung einer selbständigen ungarischen Institution.212 Anfangs war das Verhältnis zwischen den deutschen und ungarischen Studenten nicht spannungsfrei,213 doch wurden diese Probleme bald überwunden. Hinsichtlich der Einschreibungen wurde auch nach der Fusion das Kontingent von zwölf Plätzen mangels geeigneter Kandidaten nicht ausgeschöpft. In der Zeit zwischen 1580 und 1600 studierten im Kolleg insgesamt 45 ungarische Studenten, 20 aus der Erzdiözese Gran (Esztergom), sechs aus Siebenbürgen, fünf aus der Diözese Raab (Györ), vier aus der Diözese Erlau (Eger), je drei aus den Diözesen Agram (Zagreb), Fünfkirchen (Pécs) und Großwardein (Oradea) sowie einer aus der Erzdiözese Kollotschau (Kalocsa).214 Ein Drittel von ihnen beendete die römischen Studien ohne Abschluß. Ein weiteres besonderes Anliegen der römischen Kurie bei ihren Reformbemühungen nach Trient war die Besetzung der Bischofsstühle mit geeigneten Personen. Dabei mußte Rom im Zusammenhang mit dem kaiserlichen Ernennungsrecht für die Bischöfe in Ungarn mit spezifischen Problemen rechnen.215 Das dem Landesherrn vom Apostolischen Stuhl gewährte Recht, für erledigte Bischofsstühle einen qualifizierten Geistlichen zu nominieren bzw. zu präsentieren, war bis Anfang des 20. Jahrhunderts in weiten Teilen des katholischen Europa die übliche Form staatlichen Einflusses auf die Bistumsbesetzungen. In Ungarn stellte sich die Frage des landesfürstlichen Nominationsrechts ungleich komplizierter dar als in anderen europäischen Staaten. Das Präsentationsrecht für bischöfliche Kandidaten war hier nur Teil eines ganzen Bündels königlicher, niemals klar definierter Sonderbefugnisse, die sich auf die Pfründenverleihung bezogen. Seit dem ausgehenden Mittelalter wurden sie zusammenfassend als königliches Oberpatronatsrecht (ius supremi patronatus regis) bezeichnet. Die Kurie versuchte diese Privilegien v. a. in den von den Türken besetzten Teilen Ungarns zu unterlaufen.216 Als problematisch erwies sich allerdings weniger das kaiserliche Ernennungsrecht per se, sondern die Praxis der Kaiser, mehrere ungarische Bistümer über einen längeren Zeitraum unbesetzt zu lassen, um mit den dadurch eingesparten Geldern zusätzliche Finanzmittel für die Grenzverteidigung sicherzustellen.217 Durch die permanente Bedrohung der Grenzen durch die 211 212 213 214 215

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Bullarium Romanum, Bullarium diplomatum et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio, tomus VIII, Neapoli 1883, S. 250 f. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 175. Andreas Steinhuber, Geschichte des Collegium Germanicum Hungaricum in Rom, 2 Bde., Freiburg i. Br. 1895, hier Bd. 1, S. 178 f. Bitskey, Il collegio germanico-ungarico, S. 45. Vgl. Joachim Bahlcke, Ungarischer Episkopat und österreichische Monarchie. Von einer Partnerschaft zur Konfrontation (1686 – 1790), Stuttgart 2005 (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 23), S. 64 – 76. Vgl. ebd. S. 70. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 366 f. Ähnlich wurde auch mit Abteien und Prioraten in Ungarn verfahren, vgl. ebd. S. 376.

3. Circondato da turchi et heretici

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Türken war die kaiserliche Kasse auf einen regelmäßigen Finanzfluß angewiesen, der allein durch die Bewilligung von Steuern durch die Stände nicht zu gewährleisten war. Auch für Rom hatte die Türkenabwehr oberste Priorität, sie durfte aber nach Ansicht der Kurie nicht zu einer Vernachlässigung der kirchlichen Interessen führen. Denn längere Vakanzen schwächten die katholische Position auf dem ungarischen Reichstag, wo die Bischöfe Sitz und Stimme hatten und nur bei einer entsprechenden Repräsentanz zusammen mit dem katholischen Adel eine Mehrheit gegenüber den Protestanten bilden konnten.218 Im April 1578 kam es schließlich nach intensiven Bemühungen des Nuntius Delfino zur kaiserlichen Nominierung eines Bischofs für Raab (Györ) und Waitzen (Vác) verbunden mit einem größeren Revirement an der Spitze der ungarischen Diözesen.219 Das Erzbistum Gran (Esztergom) blieb freilich weiterhin ohne Metropoliten. Das Graner Metropolitankapitel residierte im oberungarischen Tyrnau (Trnava), da Gran unmittelbar an der Demarkationslinie zwischen dem habsburgischen und türkischen Ungarn lag. Die von der römischen Kurie als besonders schmerzlich empfundene Vakanz des Metropolitansitzes von Gran dauerte über 20 Jahre, denn nach dem Tod des Nachfolgers von Miklós Oláh, Kardinal Antonius Verantius de Schybenik, im Jahr 1573 entschloß sich Rudolf II. erst 1595 zur Ernennung eines neuen Ordinarius für Gran in der Person von István Fehérkövi.220 Liest man die Hauptinstruktionen jener Zeit, etwa die für Orazio Malaspina,221 Ottavio Santacroce222 oder Giovanni Francesco Bonomi,223 so werden die Nuntien in regelmäßiger Wiederkehr ermahnt, beim Kaiser auf eine rasche Neubesetzung des Graner Erzbistums zu drängen. Besonders aufschlußreich erscheint in diesem Zusammenhang die Beobachtung des Nuntius Malaspina, wonach die Forderung nach der Nominierung eines neuen Erzbischofs für Gran sowohl von den katholischen als auch den protestantischen Ständen Ungarns getragen wurde.224 Die Funktion des 218 219 220

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Vgl Instruktion für Cesare Speciano, in: Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 58. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 389. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg, Monasterii 1923, S. 323. Rom, 1578 VIII 29, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 189r – 193v, Konz.: Vaca ancora gran tempo fa tra l’altri in Ungheria la chiesa di Strigonio, principale di quel regno, a la nominatione de la quale N. S. ha più volte fatto sollicitar l’Imperatore, né mai è stato possibile che si sia fatta, scusandosi S. M.tà non poter per alcuni rispetti, li quali sono, come si può congietturare, per valersi de l’entrata di quella chiesa, che è assai opulenta, per la difesa de li confini contra Turchi (Druck: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 1,7). Rom, 1581 IV 17, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 116r – 121r, 123r – 126v, Konz.: Vaca già sono molti anni la chiesa metropolitana di Strigonia in Ungaria, né per instanza che N. S. n’ habbi fatto far più volte, la M.tà S. ha mai voluto nominare un arcivescovo, forse per godersi tra tanto quella entrata che non è piccola. Però V. S. lo ricorderà qualche volta a S. M.tà, rappresentandogli il danno che ricevono quei poveri popoli dall’esser senza pastore et facendone gran coscienza a S. M.tà. (Gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 282,7). Rom, 1581 IX 30, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 27r – 32v, Konz. Die Textpassage wurde nahezu wörtlich aus der Instruktion für Santacroce übernommen. Malaspina an Gallio, Prag, 1580 I 26, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 209r – 210r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 153,4.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Graner Metropoliten wurde offensichtlich vom ungarischen Adel insgesamt ungeachtet aller konfessionellen Differenzen als nationales Symbol betrachtet. Allerdings gab es auch Widersprüche der päpstlichen Kirchenpolitik. Einerseits kritisierte man die Nominationspolitik des Kaisers, andererseits brach man, wenn es um ungarische Pfründen ging, bisweilen mit den eigenen Überzeugungen. So bat Kaiserin Maria, Mutter Rudolfs II. und Schlüsselfigur der katholischen Partei am Prager Kaiserhof,225 um die Bestätigung der Übertragung einer ungarischen Benediktinerabtei an ihren Kaplan, den Karmeliter Mateo Flecha. Der Bitte der für die Gegenreformation in den habsburgischen Ländern so wichtigen Agentin wurde entsprochen, se ben, so der für die auswärtigen Beziehungen der Kurie unter Gregor XIII. zuständige Kardinal Gallio, […] simili gratie, per esser contra il concilio tridentino, sono molto insolite a concedersi, et quelli prilvilegii et facultà che pretende il regno d’Ungaria di poter conferire a religiosi di diverso ordine, dice S. S.tà che sono tutte usurpationi et abusi („ […] auch wenn vergleichbare Gnaden sehr selten gewährt werden, da sie den Vorgaben des Konzils von Trient widersprechen, und jene Privilegien und Fakultäten, deren Verleihung an Mitglieder eines anderen Ordens das Königreich Ungarn beansprucht, sind nach den Worten des Papstes gesetzeswidrige Besitzergreifungen und Mißbräuche“).226 Also auch die Kurie verfügte nach Belieben über den ungarischen „Pfründenkuchen“. Zusammenfassung Die unter Rudolf II. systematisch betriebene schrittweise Rücknahme der konfessionellen Zugeständnisse an die protestantischen Stände verfehlte letztendlich ihr Ziel. Das harte Vorgehen gegen die religiöse Selbstbestimmung der Untertanen stärkte um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert jene Gruppierungen, die den König zur Rechenschaft ziehen wollten. Die Bemühungen der Habsburger, im königlichen Ungarn die Rekatholisierung mit Gewalt zu betreiben, scheiterte am Widerstand der Stände, die am Ende des 16. Jahrhunderts stark beeinflußt wurden durch die calvinistische Lehre vom Regentenbild und Widerstandsrecht.227 Aus diesem Antagonismus heraus resultierte schließlich die Beteiligung der Protestanten am berüchtigten Bocskai-Aufstand von 1604 bis 1606. Für die von Rom betriebenen kirchlichen Reformmaßnahmen war Ungarn schon von den Rahmenbedingungen her ein besonders schwieriges Terrain (Okkupation weiter Teile des Landes durch die Osmanen mit den damit verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Einbußen; starke Verbreitung von protestantischen Lehren). Dies zeigte sich nicht zuletzt bei den Bemühungen um die Besetzung der ungarischen Bischofssitze, wo die päpstliche Kurie auch den Widerstand des Kaisers und seiner Berater überwinden muß225 226

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Vgl. Kap. I.3. Vgl. Gallio an Malaspina, Rom, 1581 VIII 5, ASV, Segreteria di Stato, Germania 11, fol. 246r – v, Konz. Vgl. auch ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 484r, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 324,4. Fata, Ungarn, S. 85.

3. Circondato da turchi et heretici

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te. Auch das Scheitern des Projekts eines autonomen ungarischen Priesterseminars war der prekären Situation der katholischen Kirche in Ungarn geschuldet, das als Rekrutierungsfeld für Geistliche praktisch ausschied. Auch die Einflußnahme der Nuntien blieb beschränkt. Sie konnten lediglich bei wenigen Aufenthalten in Preßburg einen direkten Eindruck über die Verhältnisse in Ungarn gewinnen. Auf Grund der anhaltenden prekären politischen, militärischen und konfessionellen Lage blieb Ungarn für lange Zeit ein periphäres und wenig erfolgreiches Thema der päpstlichen Diplomatie und ihrer Reformbemühungen.

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4. Italienische Fratres nördlich der Alpen „Nationale“ Konflikte im bikonfessionellen Reich 1. Ausgangslage Die Reformation war im Reich um die Mitte des 16. Jahrhunderts weit vorgedrungen. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 war das Reich auch offiziell bikonfessonell: Die Lage des Katholizismus war prekär, nicht nur in den nordwestdeutschen Gebieten, die nahezu komplett dem neuen Glauben anhingen, sondern auch im süddeutschen Raum, der noch weitgehend (mit Ausnahme v. a. der Reichsstädte) in der römischen Obödienz verblieben war. Besonders kritisch stand es um die Klöster, wo allenthalben Mißstände herrschten im Bereich der Verwaltung (Verkauf von Klostergut und liturgischen Gegenständen) und der Disziplin (u. a. Präsenz von Frauen in Männerklöstern und umgekehrt); so berichtete der Nuntius Zaccaria Delfino im Jahr des Augsburger Religionsfriedens: […] et ancora gli monasterii, habitando in essi gli mariti con le moglie („[…] und darüber hinaus die Klöster, wo Ehemänner und Ehefrauen zusammen leben“).228 Die Verantwortlichen waren zunehmend dazu übergegangen, Ausländer, v. a. Italiener, in die nahezu leeren Klöster zu berufen, um die einzelnen Häuser wenigstens mit einigen Konventualen zu besetzen und diese dadurch vor der Schließung bzw. vor dem Verkauf ihrer Güter zu bewahren. Diese Maßnahmen der Ordensleitungen wurden von der päpstlichen Kurie unterstützt, die ihrerseits bestrebt war, die Ordensreform auf der Grundlage der Dekrete des Konzils von Trient fortzuführen.229 228

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Zaccaria Delfino an Julius III., Augsburg, 1555 III 18, in: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 17: Nuntiatur Delfinos. Legation Morones. Sendung Lippomanos (1554 – 1556), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1970, S. 46. Nach einer Relation von Feliciano Ninguarda aus dem Jahr 1577 arbeiteten in der Küche der Dominikanerkonvents von Krems und Graz einige Frauen, vgl. Karl Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegenreformation in Süddeutschland und Österreich 1560 – 1583, Bd. 1: Felician Ninguarda als apostolischer Kommissar 1560 – 1578, Rom 1930, S. 154. Vgl. auch sein Memorandum von 1577: In visitatione praedictorum monasteriorum ordinum Mendicantium et aliorum reperi ego fere ubique mulieres, etiam juvenculas, ad usum culinae conductas, zitiert bei Dems., Akten zur Reformthätigkeit Felician Ninguarda’s insbesondere in Baiern und Österreich während der Jahre 1572 bis 1577, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 5 (1903), S. 175 – 206, hier S. 185 f. Kardinal Morone schrieb in etwa zeitgleich: Vi sono alcuni monasterij, che vi mettono un’ frate, et quello a nome de priore, et non ha altri compagni, et tiene una donna sotto nome de cocha et Dio sa come [l’ è]; et sotto questa specia li altri monasterij, dove sono più frati, fanno il simile („Es gibt einige Klöster, wo sie einen Frater mit dem Titel Prior eingesetzt haben ohne andere Mitbrüder, welcher eine Frau mit der Bezeichnung Köchin hält, und Gott weiß, wie sie ist; auf ähnliche Weise verfahren die anderen Klöster, wo mehrere Fratres leben“), ebd. S. 204. Vgl. die beiden Dekrete über die Reform der männlichen und weiblichen Orden, in: Concilium Tridentinum. Diariorum, Actorum, Epistularum, Tractatuum nova Collectio, ed. Societas Goerresiana, Tomus IX, Actorum pars sexta: Complectens acta post sessionem sextam (XXII) usque ad finem concilii (17. Sept. 1562 – 4. Dec. 1563), ed. Stephan Ehses, Freiburg

4. Italienische Fratres nördlich der Alpen

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In diesem Zusammenhang wurde v. a. auf die Rückkehr zu den alten Ordensregeln geachtet, auf eine Stärkung der klösterlichen Gemeinschaft, Qualitätssicherung des Noviziats, Erhöhung der Bildung der Konventualen, Auswahl der Klosteroberen entsprechend den Ordensstatuten sowie regelmäßige und effiziente Klostervisitationen. Es gab aber auch andere konkrete Gründe für die Entsendung von italienischen Fratres ins Reich, v. a. in die österreichischen Herzogtümer. Eine besondere Rolle spielte dabei die Rücksichtnahme auf die in Wien lebenden Italiener und die wirtschaftlichen Beziehungen zu jener Stadt,230 wie der Nuntius am Kaiserhof Giovanni Delfino in einem Schreiben an Kardinal Gallio festhielt: […] che non si habbi in questo modo a privare la natione italiana, che si trova costì in tanto numero de la commodità de le confessioni et del ministerio de’ sacramenti, perché, quando ciò fosse, credo ancora che si sminuirebbe assai il commertio di Vienna, forse con qualche danno de l’entrate di S. M. („[…] auf diese Weise wird die italienische Nation, die zahlenmäßig bedeutend ist, nicht der Möglichkeit der Beichte und des Sakramentenempfangs beraubt; dies würde schließlich auch den Handel mit Wien beeinträchtigen und vielleicht zu Einnahmeverlusten für den Kaiser führen“).231 Nach den Angaben desselben Nuntius lebten um 1575 in Wien zwischen 8000 und 10 000 Italiener.232 An einer anderen Stelle bemerkte ebenfalls Delfino, daß es sich zum großen Teil um heretici et quasi tutti banditi d’Italia handelte (ein Faktum, das beim Nuntius den Vergleich mit der konfessionellen Situation Genfs nahelegte).233 Die Zahl von 8000 bis 10 000 Italienern in Wien verwundert, da Bevölkerungszahlen für Wien um 1600 mit insgesamt etwa 30 000 angegeben werden (dieselbe Zahl wird im übrigen auch für Breslau genannt; in Prag lebten hingegen zu dieser Zeit etwa 60 000 Menschen,234 in jedem Fall bei weitem weniger als in Paris oder Neapel).235 Vor diesem Hintergrund sprachen auch pastorale Gründe für die Entsendung von italienischen Klerikern in die Wiener Konvente und nicht nur

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i. Br. 1924, S. 1036 – 1044; vgl. auch Hubert Jedin, Geschichte des Konzils von Trient, Bd. IV/2: Überwindung der Krise durch Morone, Schließung und Bestätigung, Freiburg-BaselWien 1974, S. 172 – 175. Zur allgemeinen Situation vgl. Gaetano Greco, Mario Rosa (Hgg.), Storia degli antichi stati italiani, Roma-Bari, 1996, S. 189 – 204. Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda, S. 162. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990, S. 360. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982, S. 327. Vgl. ebd. S. 50. Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter, Teil 1, Wien 2003 (Österreichische Geschichte 8: 1522 – 1699), S. 19. 200 000 (Paris) bzw. 300 000 (Neapel), vgl. Georg Lutz, Rom und Europa während des Pontifikats Urbans VIII. Politik und Diplomatie – Wirtschaft und Finanzen – Kultur und Religion, in: Reinhard Elze, Heinrich Schmidinger, Hendrik Schulte Nordholt (Hgg.), Rom in der Neuzeit, Wien-Rom 1976, S. 72 – 167, hier S. 111.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

die bereits erwähnten Überlegungen im Zusammenhang mit der Bestandssicherung gefährdeter Klöster. Andererseits konnten diese Kleriker den Hauptteil der Bevölkerung seelsorgerisch nicht betreuen, wie Kardinal Klesl in einem Brief an Kaiser Rudolf II. unterstrich: Auch wenn die Italiener, die die deutschen Brüder ersetzen, vorzügliche Untertanen seien, so verstünden sie doch nicht die Landessprache, könnten somit auch nicht pastoral eingesetzt werden und würden Anstoß erregen.236 Schon während des Pontifikats von Pius V. ging die römische Kurie daran, systematisch die Klöster und Konvente in Österreich und Bayern zu visitieren, um die Klosterreform im Reich anzustoßen. So wurden vom Legaten Giovanni Francesco Morone und dem ordentlichen Nuntius am Kaiserhof Melchiorre Biglia 1569 u. a. folgende Konvente aufgesucht: Mauerbach, Tulln, Melk, Gaming, St. Florian, Kremsmünster, Wilhering, Reichersberg, Baumburg.237 Von den nachtridentinischen Päpsten zeigte sich v. a. Gregor XIII. (1572 – 1585) an Deutschland interessiert. Zur Verteidigung des Katholizismus nördlich der Alpen wurden mehrere Initiativen unternommen: z. B. die Wiederbelebung der Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten (Congregatio Germanica), die Begründung neuer Nuntiaturen, die Förderung der Jesuitenniederlassungen und der Aufbau von lokalen Priesterseminaren neben dem zentralen römischen Alumnat für die deutschen Territorien, dem Collegium Germanicum).238 Schon bald nach Pontifikatsbeginn läßt sich eine rege diplomatische Tätigkeit der römischen Kurie im Reich feststellen. Dabei kam es neben der seit längerem bestehenden ständigen Nuntiatur am Kaiserhof, die mit Giovanni Delfino besetzt war, zu folgender regionaler Arbeitsaufteilung: Bartolomeo Portia und Feliciano Ninguarda sollten im süddeutschen Raum, der eine als außerordentlicher Nuntius, der andere als apostolischer Kommissar, wirken, während Kaspar Gropper als außerordentlicher Nuntius in Nordwestdeutschland eingesetzt wurde. Nicht zuletzt um Delfino und Portia zu entlasten und aus Gründen der Effizienz wurde die Klosterreform in Österreich, Böhmen und der Steiermark mit der Zeit fast ausschließlich Ninguarda zugewiesen,239 der im übrigen selbst Dominikaner war. Alle diese Nuntien hatten auch Weisungen erhalten, die die Orden betrafen. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang eine Denkschrift zur Ausarbeitung der (nicht erhaltenen) Instruktion für Bartolomeo Portia, aus der nachfolgend drei 236

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Der Brief datiert vom 24. August 1624 und ist gedruckt in: Joseph Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche durch deutsche im Wiener Minoritenkloster (Nach bisher ungedruckten Quellen), in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 25 (1888), S. 144 – 153, Zitat S. 146. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 6: Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember). Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 (Oktober) – 1569, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien 1939, S. 302 – 304 und 309 – 311. Vgl. Kap. I.4. Vgl. Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda. Vgl. auch Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Dems., Berlin 1896, S. 142 – 144.

4. Italienische Fratres nördlich der Alpen

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signifikante Passagen zitiert werden sollen. Der Autor dieses Memorandums dürfte im Umkreis der Congregatio Germanica zu suchen sein. Vermutlich handelt es sich um Kardinal Giovanni Ludovico Madruzzo, Bischof von Trient und Protektor der deutschen Nation.240 Die Klostervorsteher werden folgendermaßen charakterisiert: Sono ne lo stato de l’arciduca Carlo molti ricchi et potenti abbati di varij ordini, li quali di prelati non hanno altro, che il nome, et vivono in somma con quelli pochi frati, che mantengono vita scandalosissima. Sarebbe per tanto da trattar con l’arciduca del riformarli, o sottoponendoli tutti a qualchi vescovi, justa ordine del concilio di Trento, o pigliando altro espediente, secondo che la qualità de paesi potrà comportare („Im Staat des Erzherzogs Karl gibt es viele reiche und mächtige Äbte verschiedener Orden, die nichts von einem Prälaten haben außer dem Namen und mit jenen wenigen Fratres zusammenleben, die für ihren überaus skandalösen Lebenswandel bekannt sind; es müßte deshalb mit dem Erzherzog über deren Reform verhandelt werden im Hinblick darauf, daß sie entweder irgendeinem Bischof unterstellt werden oder daß andere Maßnahmen entsprechend den Möglichkeiten des Landes ergriffen werden“).241 Zur regelwidrigen Präsenz von Personen und Lektüre verbotener Literatur: In detti monastrij, oltre a l’enorme cohabitatione di donne, vi sono maestri di scuola et officiali, per il più eretici, et pochi abbati et frati vi si trovano, che non habbiano tenuto et letto qualche libro eretico. Però non è da diff erire, molto meno da negligere, il [negotio con darvi qualche espediente] rimedio („In den besagten Klöstern ist neben der starken Präsenz von Frauen auch die Anwesenheit von meist häretischen Lehrern und Beamten festzustellen; darüber hinaus finden sich nur wenige Äbte und Fratres, die nicht verbotene Bücher in ihrem Besitz gehalten und gelesen haben: Die Behandlung dieses Problem darf weder aufgeschoben noch vernachlässigt werden“).242 Zum Problem der italienischen Fratres: Sono in Stiria, Carinthia et Carniola molti monastrij di conventuali, Domenicani et Francescani, li quali tutti hanno buone entrate; ma perché sono in mano de frati Italiani, che sono sempre mandati da li generali più, per smorbare altri monastrij d’Italia, che per provedere a quelli mal condotti luoghi, ne conseguitano ogni dì inconvenienti, che causano moti fastidiosi et vincano hormai la pazienza del buon’ arciduca („Es gibt in der Steiermark, in Kärnten und Krain viele Klöster der Dominikaner- und Franziskanerkonventualen, die alle über gute Einkünfte verfügen; aber da sie in der Hand von italienischen Fratres sind, welche von ihren Generälen immer entsandt wurden, um andere italienische Klöster zu reinigen, und weniger, um Vorkehrungen zu treffen für jene schlecht verwalteten Orte, kommt es jeden Tag zu Problemen, die ärgerliche Unruhen hervorrufen und zunehmend die Geduld des guten Erzherzogs aufreiben“).243 240 241 242 243

Ebd. S. 16, Anm. 1. Ebd. S. 26. Ebd. Ebd. S. 26 f.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Neben den Päpsten und der römischen Kurie, denen an geordneten Verhältnissen im Bereich der Orden auf der Grundlage der Dekrete des Konzils von Trient gelegen war, waren auch die Territorialfürsten an wirtschaftlich prosperierenden Klöstern interessiert. Zu diesem Zweck hatte Kaiser Maximilian II. 1568 ein Gremium für Ordensangelegenheiten, den sogenannten Klosterrat,244 eingerichtet. Die Kompetenzen dieser Behörde schlossen die Aufsicht über die Verwaltung und die Kontrolle der Wahl der Klostervorsteher mit ein. Das Hauptaugenmerk des Kaisers galt aber zweifellos der wirtschaftlichen Konsolidierung der Konvente,245 um weiterhin in Form von Steuern auf die finanziellen Ressourcen dieser Einrichtungen zurückgreifen zu können, wobei diese neben regulären Abgaben auch mit außerordentlichen Steuern (etwa im Rahmen der Türkenabwehr) belegt wurden. Dies führte zu nicht unerheblichen Belastungen für die Konvente, die sich zum Teil gezwungen sahen, Klostergut zu veräußern, um den Forderungen nachzukommen.246 In einigen Fällen ging der Klosterrat auch disziplinarisch vor. Im Dezember 1573 sollte eine gemischte Kommission mit Vertretern des Reichshofrats, des Hofkriegsrats, der kaiserlichen Kammer und des Klosterrats gebildet werden. Das insgesamt 22 Mitglieder umfassende Gremium sollte in den italienischen Konventen Wiens Nachforschungen anstellen. Nachdem aber der Hofkriegsrat Nikolaus von Salm seine Mitarbeit ausgeschlossen hatte essendo quest’offitio di birro e non di cavaliero („da dies eine Aufgabe eines Spitzels und nicht die eines Edelmannes sei“) und andere seinem Beispiel folgten, ließ Maximilian den Plan fallen (la cosa andò in fumo).247

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Silvia Petrin, Der nierderösterreichische Klosterrat 1658 – 1629, in: Gustav Reingrabner u. a. (Redd.), Reformation und Gegenreformation im Pannonischen Raum. Referate der 13. Schlaininger Gespräche 1993 „Reformation und katholische Reaktion im österreichischungarischen Grenzraum“ und der 14. Schlaininger Gespräche 1994 „Gegenreformation und katholische Restauration“, Eisenstadt 1999 (Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 102), S. 145 – 156. Vgl. Rudolf Leeb, Geschichte der Konfessionen im frühneuzeitlichen Österreich: Zur Quellenlage, in: Josef Pauser, Martin Scheutz, Thomas Winkelbauer (Hgg.), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16. – 18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, WienMünchen 2004 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsbd. 44), S. 640 – 650, hier S. 644. Am 8. Januar 1574 schrieb der Nuntius Delfino an Kardinal Gallio: l’ imperatore Ferdinando ottenne un breve de la sede apostolica, che io non ho mai potuto vedere, ancorché ne habbia usata qualche diligenza, nel quale dicono essergli concesse di poter aggravare ne la terza parte de le entrate tutti i beneficii de li stati suoi per la difesa dei confini contra turchi, la qual portione si è andata tanto estendendo per i bisogni continui di S. M., che a pena in un monastero che habbi 10 000 tallari d’entrata resta il modo di potere mantenere 10 o 12 fratri, gedruckt in: Bues, NBD, Bd. III/7, S. 325. Vgl. ebd. S. 290.

4. Italienische Fratres nördlich der Alpen

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2. Die Krise der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts 2.1. Allgemeine Vorbemerkungen Während der Benediktinerorden durch eine stabilitas loci der Mönche gekennzeichnet war, galten für die Bettelorden des Mittelalters andere Gesetzmäßigkeiten: ihr religiöses Leben war weniger geprägt von der spirituellen, kontemplativen monastischen Lebensform in räumlicher Abgeschiedenheit von anderen gesellschaftlichen Gruppen, sondern durch ein pastorales und pädagogisches Engagement als Seelsorger, Prediger und Lehrer in städtischen Zentren. Häufig wechselten die Fratres dieser Gemeinschaften von einem Konvent zum andern. Diese Fluktuation war verbunden mit einer zum Teil hohen Reisefrequenz.248 Die beiden wichtigsten Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner) entwickelten sich in den ersten Dezennien des 13. Jahrhunderts zu „übernationalen“ und „überregionalen“ Institutionen, wie es der Vision des Heiligen Franziskus entsprach, die von Tommaso di Celano in seiner Vita S. Francisci überliefert wird: Vidi multitudinem magnam hominum ad nos venientium et in habitu sanctae conversationis beataeque religionis regula nobiscum volentium conversari. Et ecce adhuc sonitus eorum est in auribus meis, euntium et redeuntium secundum obedientiae sanctae mandatum. Vidi quasi vias, ipsorum multitudine plenas, ex omni fere natione in his partibus convenire. Veniunt Francigenae, festinant Hispani, Teutonici et Anglici currunt, et aliarum diversiarum linguarum accelerat maxima multitudo.249 Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist hingegen eine Tendenz zur Einbindung der Konvente in ihre unmittelbare geographische Umgebung mit wachsender sozialer und wirtschaftlicher Vernetzung zu verzeichnen.250 Auch die Novizen kamen nun aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Klöster. Dies war der Ausgangspunkt für eine Entwicklung hin zu „protonational“ geprägten Einrichtungen der Bettelorden, da die Konvente sich nun mit dem konkreten kulturellen Raum, in dem sie angesiedelt waren, identifizierten. Gleichzeitig wurde die Kluft zwischen „einheimischen“ und „fremden“ Brüdern, die aus anderen Regionen stammten, größer, v. a. wenn zur räumlichen Distanz auch noch eine sprachliche Barriere hinzutrat. Denn die Sprache wurde nun neben politischen Gesichtspunkten das Hauptkriterium für die Definition der einzelnen Ordensprovinzen. Diese Tendenz bewirkte ihrerseits ei-

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Vgl. Thomas Ertl, „Ihr irrt viel umher, ihr jungen Leute“. Der mittelalterliche Franziskanerorden zwischen europäischer Entgrenzung und regionaler Beschränkung, in: Uwe Israel (Hg.), Vita communis und ethnische Vielfalt. Multinational zusammengesetzte Klöster im Mittelalter, Berlin 2006 (Vita regularis 29, Abhandlungen), S. 1 – 34. Vgl. Analecta Franciscana, Bd. X: Legendae S. Francisci Assisiensis, Quaracchi (Firenze) 1941, S. 22 f. Vgl. Ertl, „Ihr irrt viel umher, ihr jungen Leute“, S. 30.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

nen starken Rückgang der Mobilität der Mendikanten, die am Ende des Mittelalters – wohl auch aus anderen Gründen – zum Erliegen gekommen war. Bei den Franziskanern war es zudem zu einer institutionellen Ausdifferenzierung gekommen. Die bereits im ausgehenden Mittelalter erkennbare Observanten- und Konventualenbewegung führte 1517 durch Leo X. zu einer offiziellen Trennung der beiden Zweige, wobei die am alten Armutsideal des Ordens orientierten Observanten zahlenmäßig die Mehrheit bildeten (ca. 31 000 gegenüber ca. 22 000).251 Die im folgenden zu behandelnde Ordenskrise betraf die Konventualen. 2.2 Die Franziskanerkonventualen Die österreichische Minoritenprovinz, die vor der Reformation in hohem Ansehen gestanden war und großen Einfluß ausübte, war durch die Reformation stark geschwächt worden. Gerade aus der Perspektive des Protestantismus zeigte sich die Dekadenz der römischen Kirche hauptsächlich im Bereich der Klöster und Konvente. So wurden die Ordensleute zu den Hauptangriffszielen der protestantischen Kritik mit schwerwiegenden Konsequenzen v. a. für die Bettelorden, da die von den Protestanten geführte Debatte über die Dekadenz der Klöster zu einem Einbruch der Almosen und damit zu einer existenziellen Gefährdung der Konvente führte.252 Dies wirkte sich auch auf die Berufungen aus. Für junge Leute boten die von den Protestanten gegeißelten klösterlichen Gemeinschaften keinen attraktiven Lebensentwurf. So wurden in Österreich viele Minoritenkonvente aufgegeben (Hainburg, Laa, Enns und andere), wohingegen in Ungarn viele verlassene Klöster den Bischöfen als Ersatz für die ihnen zustehenden, jedoch für die Türkenabwehr von der kaiserlichen Kammer eingezogenen Einkünfte zugewiesen wurden.253 Der Konvent von Wiener Neustadt, wo sich 1541 nur noch der Guardian (Vorsteher) befand, wurde in ein Armenhospital umgewandelt. Dasselbe Schicksal erfuhr der Konvent von Tulln. In Stein a. d. Donau erwarb die Gemeinde Kirche und Konvent der Minoriten von der niederösterreichischen Regierung und richtete dort ein Salzmagazin ein. In Linz konnten die oberösterreichischen Stände mit der Einwilligung des Kaisers im früheren Minoritenkonvent eine protestantische Schule eröffnen und dort auch religiöse Feiern abhalten. Die Landesfürsten trugen nicht nur mit den bereits angesprochenen hohen Steuerforderungen zum Niedergang der Konvente bei, sondern etwa auch durch längere Jagdaufenthalte in den Klöstern unter exzessiver Inanspruchnahme der Gastfreundschaft der Konvente.254 1558 befanden sich im Wiener Minoritenkonvent nur noch drei Brüder. Zur Verhinderung der Schließung des Konvents ernannte der Ordensgeneral Valentino de 251 252 253 254

Karl Suso Frank,: Franziskaner, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 4, 3. Aufl., Freiburg-Basel-Rom-Wien 1995, Sp. 30 – 35, hier Sp. 33. G[odfried] E[dmund] Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, in: Archiv für österreichische Geschichte 64 (1882), S. 79 – 245, hier S. 162 f. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 326 f. Vgl. Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda, S. 157.

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Cingulo zum commissarius generalis und Verwalter der österreichischen Provinz. Cingulo brachte italienische Ordensgenossen mit nach Wien. Die Italiener waren weder bei ihren deutschen Mitbrüdern noch außerhalb des Klosters beliebt. Der Lebenswandel der Italiener, von denen viele nach Österreich strafversetzt worden waren, wurde stark kritisiert (vielleicht fiel in diesem Zusammenhang die Anregung von Kardinal Giovanni Morone, die Leitung der Klöster boni abbati statt fattori, d. h. Verwaltern oder Kommissaren, anzuvertrauen).255 Dem Generalkommissar und seinen Nachfolgern, v. a. Ludovico Panza, gelang es, verschiedene Güter der älteren Konvente wieder in den Besitz des Ordens zurückzuführen, so etwa die Besitzungen in Stein, allerdings blieb eine spirituelle Erneuerung der Gemeinschaften aus.256 Gerade die Konflikte im Wiener Konvent zwischen deutschen und italienischen Brüdern hatten nicht nur die Aversion der Bevölkerung gegenüber den Minoriten verstärkt, sondern auch wiederholt zur Ausweisungen der italienischen Fratres auf Anordnung der kaiserlichen Regierung geführt (u. a. 1575, 1579, 1594).257 Für die Umsetzung des Dekrets (Entlassung italienischer und Aufnahme deutscher Brüder) vom 14. Januar 1575 sollte der päpstliche Kommissar Ninguarda Sorge tragen. Er wurde angewiesen: ut [...] praefatos externos fratres ex his tribus monasteriis illico et sine mora dimittat et eorum loco aptos, bonos, germanos fratres quamprimum inducat, nam nisi ita fiat S. C. M. ipsa consilium inibit, quo se talibus peregrinis fratribus exonerare ac germanos nancisci possit.258 Der Ordensgeneral ließ sich von der kaiserlichen Politik nicht beeindrucken und entsandte weiterhin italienische Generalkommissare und Fratres, so daß deren Präsenz in den österreichischen Konventen erhalten blieb. Die Situation der Klöster blieb insgesamt prekär. 2.3 Die Dominikaner Die große Krise, die von der reformatorischen Bewegung ausging, machte auch vor dem Dominikanerorden nicht halt. Dessen Natio Teutonica stand kurz vor der Auflösung.259 Um die Mitte des 16. Jahrhunderts erlebten die österreichischen Dominikanerklöster einen ähnlichen Niedergang wie die Franziskanerkonvente.260 Auch hier war 255 256 257 258 259

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Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 214. Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, S. 167. Ebd. S. 168, Anm. 1. ASV, Segreteria di Stato, Germania 88, fol. 117r – v. Vgl. Isnard W. Frank O.P., Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz zu Beginn des 18. Jahrhunderts und zu ihrer Vorgeschichte (1569 – 1704), in: Archivum Fratrum Praedicatorum 43 (1973), S. 287 – 341, hier S. 296. Zur allgemeinen Situation des Dominikanerordens im Reich ab der Mitte des 16. Jahrhunderts vgl. Ders., Zur nachtridentinischen Erneuerung der deutschen Dominikaner, in: Manfred Weitlauff, Karl Hausberger (Hgg.), Papsttum und Kirchenreform. Historische Beiträge, Festschrift für Georg Schwaiger zum 65. Geburtstag, St. Ottilien 1990, S. 443 – 476.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

man dazu übergegangen, fremde Ordensmitglieder, v. a. Italiener, aufzunehmen, um das Überleben der einzelnen Niederlassungen und damit der gesamten regionalen Ordensstruktur zu garantieren, auch wenn der Personalstand in den einzelnen Häuser weiterhin niedrig blieb. Viele der italienischen Dominikanerfratres waren nach Österreich gekommen, da ihre Mutterklöster sie wegen irgendwelcher Vergehen abgeschoben hatten. Die wenigsten waren geeignet, geistliche Aufgaben zu übernehmen. Wiederholt wurden auch die italienischen Dominikaner auf kaiserlichen Befehl des Landes verwiesen. 1578 mußten etwa acht Dominikaner trotz der Intervention des Nuntius Bartolomeo Portia den Wiener Konvent verlassen. Die kaiserlichen Räte verwiesen in diesem Zusammenhang auf entsprechende Anordnungen Maximilians II., der die Aufnahme fremder ordensleit 261 in österreichische Konvente untersagt hatte, und bemerkten che i monasterii erano in queste parti edifiacti per Thedeschi („daß die Klöster in dieser Gegend für Deutsche errichtet worden seien“).262 Auch Erz261 262

Vgl. Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1. Abteilung: Regesten aus in- und ausländischen Archiven mit Ausnahme des Archivs der Stadt Wien, Bd. 1, Wien 1895, Nr. 1186. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 487. Eine gewisse Parallele läßt sich für das 20. Jahrhundert konstatieren. Auf Grund der neuen politischen Grenzen zwischen Österreich und Italien nach dem Ersten Weltkrieg gemäß den Pariser Vorortverträgen mußten auch die kirchlichen Orden in Tirol eine Neudefinition der Provinzen hinnehmen. So wurde 1923 ein unabhängiges Kommissariat für die Südtiroler Franziskanerklöster eingerichtet, vgl. Adalbert Stampfl, Trennung der Tiroler Kapuzinerprovinz und Errichtung der Kapuzinerprovinz Brixen 1928, in: Der Schlern 78 (2004), S. 90 – 97, hier S. 90. Die deutschsprachigen Franziskaner (meist Nordtiroler) mußten das italienische Territorium verlassen. 1928 wurde auf Druck der italienischen Regierung eine neue Provinz der Kapuziner für Südtirol (Alto Adige) eingerichtet. Im selben Jahr wandte sich Ettore Tolomei gegen die „Unterwanderung“ Südtirols durch fremde Ordensleute. Die Argumentation Tolomeis erinnert stark an die Formulierungen Maximilians II., Rudolfs II. und deren Ratgeber im Zusammenhang mit der Debatte um die Zulassung und Duldung von Italienern in österreichischen Konventen: Gli ordini religiosi occupano in Alto Adige un’ottantina di conventi e di ospizi. Dipendono tutti da case madri straniere (Svizzera, Austria, Cescoslovacchia). Costituiscono pericolosi centri d’attività spirituale per l’organizzazione della difesa del germanesimo e dell’assorbimento degli italiani. Dotati di larghi mezzi, amministrano vaste fattorie, impinguando le case madri con il frutto della terra italiana. In loro mano stanno innumerevoli istituzioni di beneficenza e d’assistenza, traverso le quali agiscono potentemente su tutti i ceti per la conservazione del carattere e della lingua tedesca, catturando inoltre, e gradualmente snazionalizzando, molti giovani di stirpe italiana. I tre ordini dei Teutonici, dei Benedettini e dei Cistercensi sono anche investiti di benefizi parrocchiali, ove esercitano dominio incontrastato, scegliendo e rimovendo i curatori di anime quasi indipendentemente dal parere di Trento. Occorre smantellare queste fortezze che lo straniero conserva entro i nostri confini. Occorre che il Governo esiga la sostituzione degli ordini religiosi di Casa madre straniera con ordini italiani. Nessun religioso senza cittadinanza italiana dovrebbe tollerarsi nei conventi dell’Alto Adige („Die Orden besitzen in Südtirol ca. 80 Konvente und Hospitäler. Diese hängen von ausländischen Mutterhäusern ab, die in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei liegen. Sie stellen gefährliche Zentren geistlicher Aktivität dar, um die Verteidigung des Deutschtums und die Aufnahme von Italienern zu organisieren. Mit beträchtlichen Mitteln ausgestattet, verwalten sie große landwirtschaftliche Betriebe, um die Mutterhäuser von den Früchten des italienischen Bodens profitieren zu lassen. In ihrer Verwaltung befinden sich zahlreiche soziale Einrichtungen, mit Hilfe derer sie auf alle gesellschaftlichen Schichten einwirken zur Bewahrung

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herzog Karl, Regent der Steiermark, beklagte sich über die aus Italien stammenden Dominikaner, die in den Konventen für Unruhe sorgten.263 In den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts visitierte Michele d’Asti im Auftrag der Ordensleitung alle Dominikanerkonvente Österreichs, Ungarns und Böhmens. Die Ergebnisse seiner Tätigkeit, die er 1569 in Rom vorlegte, waren höchst alarmierend. Das Generalkapitel des Ordens, das im selben Jahr in Rom tagte, beschloß deshalb auf Vorschlag von Michele d’Asti die österreichische Provinz mit der böhmischen und ungarischen Provinz zusammenzulegen.264 Diese Maßnahme war allerdings von vornherein zum Scheitern verurteilt. Eine Gesundung des gesamten Ordensnetzes in diesem Großraum hätte nur Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn einige starke Konvente die gefährdeten Ordenseinrichtungen hätten stützen können. Dies war aber in der erweiterten Bohemia nicht der Fall. Angesichts des Scheiterns der Provinzneuordnung von 1569 bat Maximilian II. 1574 Rom um die Zusammenlegung der österreichischen Dominikanerkonvente mit der deutschen Provinz.265 Der apostolische Kommissar Feliciano Ninguarda favorisierte hingegen ein anderes Modell, das den Zusammenschluß der österreichischen und steirischen Dominikaner vorsah. Schließlich kam es 1576 doch zu einer Eingliederung der dominikanischen Natio Austriaca in die Teutonia.266 2.4 Die Vermittlung der Nuntien Die Berichte, welche die päpstlichen Nuntien im Reich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Rom sandten, beziehen sich häufig auf Beschwerden über italienische Ordensangehörige; fast immer ergriffen in diesem Zusammenhang die Nuntien für ihre „Landsleute“ Partei.267 Dies ist bei Bartolomeo Portia im Zusammenhang

263 264 265

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der deutschen Kultur und der deutschen Sprache, wobei sie außerdem viele junge Italiener anziehen und nach und nach entnationalisieren. Der Deutsche Orden, Benediktiner und Zisterzienser verfügen außerdem über Pfarren, wo sie ihre Jurisdiktion unangefochten ausüben und Seelsorgen bestellen und abberufen ohne Rücksprache mit Trient. Man muß diese Festungen, die der Fremde innerhalb unserer Grenzen unterhält, schleifen. Die Regierung muß die Ablösung der Orden mit ausländischen Mutterhäusern durch italienische Orden fordern. Kein Ordensangehöriger ohne italienische Staatsbürgerschaft sollte in den Südtiroler Konventen geduldet werden“), zitert nach Ettore Tolomei, I provvedimenti per l’Alto Adige – Dopo un quinquennio (1923 – 28) – Fatto e non fatto, in: Archivio per l’Alto Adige 23 (1928), S. 5 – 50, hier S. 591 – 593. Ich danke Emanuele Curzel für Hinweise in diesem Zusammenhang. So 1573 im Dominikanerkloster von Pettau, vgl. Delfino an Gallio, Wien, 1573 IV 8, vgl. Goetz, NBD, Bd. III/6, S. 395. Frank, Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz, S. 293. Maximilian II. an Kardinal Madruzzo, 1574 I 2, vgl. Karl Schellhass, Akten zur Reformthätigkeit Felician Ninguarda’s insbesondere in Baiern und Österreich während der Jahre 1572 bis 1577, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 1 (1898), S. 39 – 108, 204 – 260, hier S. 238 – 241. Frank, Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz, S. 295 f. Die ins Reich entsandten Nuntien wie auch ihre Kollegen in anderen Ländern waren nach dem Konzil von Trient nahezu ausschließlich Italiener als Konsequenz der im 16. Jahrhundert erfolgten Italienisierung der römischen Kurie, vgl. Kap. III.1 S. 281.

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mit dem bereits angesprochenen Fall der Vertreibung der Wiener Dominikaner 1578 festzustellen, aber auch bei Melchiorre Biglia zehn Jahre früher, als der Erzbischof von Prag die italienischen Fratres charakterisierte als persone scandalose et date a una vita licentiosa et quale non conviene a religiosi.268 Biglia wollte sich zunächst umfassend informieren und wandte sich gegen eine pauschale Verurteilung der italienischen Ordensleute, auch wenn er gegenüber Kaiser Maximilian II. einräumen mußte, daß die Lebensweise vieler Fratres wenig beispielhaft sei. Maximilian II. zählte zu den erklärtesten Gegnern der Präsenz von Italienern in deutschen Konventen. Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist der ausführliche Bericht des Nuntius Giovanni Delfino über ein Gespräch mit dem Kaiser, in welchem ein Hauptkritikpunkt in der Debatte um die Bettelorden der Jahrzehnte um 1600 zu Tage tritt, nämlich der Haß auf die italienischen Ordensprovinziale und -kommissare, deren skandalöses Auftreten heftigste Reaktionen auslöste: Entrai poi in raccommandarle i frati minori a’ quali à stato levato, per quanto m’ ha detto il loro commissario, il monasterio di Stano, lontano di qua 10 leghe, dagl’ heretici, ma innanti ch’ io narrassi a S. M.tà quello che io le domandava, m’ interruppe dolendosi molto di tre religioni di frati che sono in questà città, cioè di S. Domenico, S. Francesco conventuale et S. Agostino, dicendomi che vivono talmente che non solo gl’ heretici, ma i catholici istessi ne restano molto scandalizati, et che, dovendo i loro superiori mandare in queste parti persone di vita essemplarissima per ordinario mandavano i peggiori, narrandomi che sono stati mandati qua per il passato provintiali et commissarii peggiori de i frati, i quali tutti hanno bisogno di gran provisione, havendo S. M.tà ogni giorno infinite querele; et in questa parte si dilatò molto. Io cercai d’acquietarla dicendole, ch’essendo essi huomini poteva essere che vi ne fussero di tristi, i quali bisognava castigare severamente, ma che per questo, non si dovesse biasimare né castigare la religione, et quando i loro superiori saperanno ch’essi non si portino bene come si conviene, non mancheranno di fare il debito loro; et che i secolari sempre voluntieri cercavano querelle contra gl’ecclesiastici, et massime contra frati, et ch’essendo io nuovo in queste parti non poteva ancora esser’ ben informato della vita loro, pur ch’ io andava investigandola con diligenza, et che sperava con l’aiuto di questo commissario et provintiale di S. Francesco, che è venuto di nuovo, et con gl’altri dui di S. Domenico et S. Agostino [...] di fare tale provisione che la M.tà S. restarebbe satisfatta; et che i tristi sarebbono castigati, ma che tra tanto non era conveniente che li fussero levati i monasterii da gl’ heretici: et a questo modo l’acquetai un poco et mi promise di non lasciarli far torto („Dann begann ich, die Minoriten zu empfehlen, denen, wie mir ihr Kommissar sagte, das Kloster in Stein zehn leghe [ca. 60 km] von hier entfernt von den Häretikern abgenommen wurde. Aber bevor ich den Kaiser fragen konnte, unterbrach er mich und beklagte sich sehr über die drei Ordenskonvente in dieser Stadt [Wien], d. h. der Dominikaner, der Franziskanerkonventualen und der Augustiner, und sagte, daß diese einen solchen Lebenswandel an den Tag legten, daß nicht nur die Häretiker, sondern auch die Katholiken selbst sich darüber empörten, und daß deren Obere für gewöhnlich die übelsten Fratres anstelle von Personen mit vorbildlichstem Charakter hierher schickten. Dabei sagte er auch, daß in der Vergan268

Biglia an Alessandrino, Troppau, 1567 II 10, vgl. Dengel, NBD, Bd. II/6, S. 47.

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genheit schlimmere Provinziale und Kommissare als ihre Mitbrüder entsandt worden seien, die große finanzielle und materielle Mittel benötigten, wodurch er täglich mit unzähligen Klagen konfrontiert werde; diesen Punkt behandelte er ausführlich. Ich versuchte ihn zu beruhigen und sagte, da diese Personen Menschen seien, können zwangsläufig schlechte darunter sein, die man streng bestrafen muß, aber deshalb darf man nicht den Orden selbst kritisieren und bestrafen. Wenn die Oberen erfahren, daß sie sich nicht benehmen, wie es sich gehört, werden sie ihren Pflichten nachkommen. Weiter sagte ich, daß die Weltlichen immer gern den Konflikt mit den Geistlichen, v. a. Fratres, suchen, und daß ich, da ich neu sei in diesen Landen, noch nicht gut informiert sein könnte über ihren Lebenswandel, daß ich gleichwohl sorgfältig Nachforschungen anstellen würde und hoff te, mit Hilfe des Franziskanerkommissars und -provinzials, der erneut angekommen sei, und den beiden anderen von den Dominikanern und Augustinern [...] Maßnahmen zu treffen, so daß Ihre Majestät zufrieden sei, daß die Schlechten bestraft würden, daß ihnen aber in der Zwischenzeit nicht die Klöster von den Häretikern entzogen werden sollten; und so besänftigte ich ihn [den Kaiser] ein wenig und er versprach mir, sie vor Unrecht zu schützen“).269 In einem anderen Schreiben referierte Delfino die verbreitete Meinung, wonach die Italiener nach Wien gekommen seien per rubare et espilare i conventi („um die Konvente auszuplündern“), am Kaiserhof herumzuspionieren und Rom mit Informationen zu versorgen.270 Das Bild der italienischen Klosterräuber begegnet auch noch in späterer Zeit. So machte Kardinal Klesl in einem Brief an Ferdinand II. von 1624 die italienischen Fratres für den Niedergang der Konvente verantwortlich wegen der Veräußerung von Klostergütern wie Kelche, Meßgewänder etc.271 Dabei dürften gravierende Einzelfälle instrumentalisiert worden sein, um die ganze Gruppe der italienischen Fratres pauschal zu diffamieren. Letztendlich beruhte die Aversion gegenüber den Italienern auf drei Stereotypen: ihrem schlechten Charakter, ihrer Unkenntnis der deutschen Sprache, ihrer Herkunft (Mentalität), wie Giovanni Delfino treffend in seinem Bericht vom 14. Februar 1574 zum Ausdruck bringt: […] non s’opponendo loro solamente la mala vita, ma l’ ignoranza della lingua et finalmente la natione, che qui non è molta amata, per non dire grandemente odiata („[…] indem ihnen nicht nur ihr schlechter Lebenswandel, sondern die Unkenntnis der [deutschen] Sprache und schließlich die nationale Zugehörigkeit, die nicht sehr geschätzt wird, um nicht zu sagen, höchst verhaßt ist, entgegengehalten wird“).272 269

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Delfino an Rusticucci, Wien, 1571 VIII 20, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 8: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571 – 1572, bearb. von Johann Rainer, Graz-Köln 1967, S. 54 f. Vgl. auch Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, S. 166 f. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 395. Rom, 1624 VIII 24, publiziert in: Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche, S. 146 f. Bues, NBD, Bd. III/7, S. 367.

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Das sprachliche Defizit der Italiener wog dabei besonders schwer und lieferte auch Maximilian II. ein wichtiges Argument für seine „antiitalienische“ Ordenspolitik: […] non havendo questi padri la lingua tedesca erano di poco frutto in queste parti, et però quando se ne trovassero de gl’altri Tedeschi, che sarebbe molto più utile per questi popoli („[…] da die Patres nicht deutsch sprechen, seien sie nur von geringem Nutzen hierzulande, wenn sich andere, deutsche, finden ließen, wäre dies von höherem Wert für die hiesigen Völker“).273 Immerhin waren italienische Seelsorger für die Betreuung der zahlenmäßig starken italienischen Kolonie in Wien notwendig. Auch Kardinal Gallio, der für die Außenpolitik verantwortliche Sekretär Gregors XIII., befürwortete die Entsendung von italienischen Fratres nach Österreich. Um einen höheren Grad an Akzeptanz und Integration dieser Gruppe v. a. beim Kaiser zu erreichen, schlug er vor, gebildete und integre Flamen und Italiener aus den Territorien zu entsenden, die unter habsburgischer Herrschaft standen: hora che vi si rimedia col mandar persone di buona vita et dottrina, et tra quali ne sa[ranno] anco li fiamenghi, et li italiani stessi s[ono] per lo più soggetti a la serenissima casa d’Aus[tria], essendo de lo stato di Milano, si doveria pur sperare che la M. S. dovesse piegarsi a mutar sentenza.274 3. Versuche der Problemlösung zu Beginn des 17. Jahrhunderts 3.1 Die Franziskanerkonventualen Um der Krise zu begegnen, wurden auch bei den Franziskanerkonventualen Überlegungen angestellt, die Provinzen neu zu ordnen. In den habsburgischen Ländern war die Lage für den Orden in Nieder- und Oberösterreich desaströs. Der Franziskanerorden war dort praktisch nicht mehr existent. In der Steiermark hingegen gab es auf Grund der gegenreformatorischen Bemühungen der Landesregierung und der Nuntien Anzeichen für eine Besserung. 1598 war der Minoritenkonvent von Bruck a. d. Mur wiedereröffnet worden.275 Bedingt durch die Ordenskrise hatten sich auch die Beziehungen der Konvente Innerösterreichs zu den wenigen Mitbrüdern in Niederösterreich (Wien, Stein) und Mähren gelockert. Diese Entwicklung führte zur Abspaltung Innerösterreichs von der alten österreichischen Ordensprovinz. Der neu geschaffene Sprengel erhielt den Namen des zentralen Territoriums Innerösterreichs (Stiria) und umfaßte neben der Steiermark Kärnten und Krain. Die Provinzneuordnung wurde vom Ordensgeneral Giacomo Montanari da Bagnacavallo auf dem Provinzialkapitel in Wien 1621 bestätigt. Unter Leopold I. kamen 1668 auch noch die Konvente von Triest und Görz zur steirischen Provinz. In Wien blieb weiterhin das Problem der „fremden“ Ordensleute akut. Dieser „Nationalitätenkonflikt“ zog sich insgesamt von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hin. In diesem Kontext spielten die Provinziale und Generalkom273 274 275

Goetz, NBD, Bd. III/6, S. 327. Gallio an Delfino, Rom, 1574 XII 6, Bues, NBD, Bd. III/7, S. 360. Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, S. 168.

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missare eine entscheidende Rolle, die zwischen 1559 und 1621 ausnahmslos Italiener waren.276 Zuletzt stand der Provinzial und Generalkommissar Michele Maserotti (entsandt von seinem General 1617) stark in der Kritik. Er soll nach dem Bericht der kaiserlichen Klosterräte die deutschen Brüder bedroht und sich in die Verwaltung des Konvents eingemischt haben. Der Kaiser wollte daraufhin keine „lateinischen“ Provinziale und Visitatoren mehr akzeptieren und verlangte vom Papst die Beauftragung von deutschen Fratres. 1621 fand ein Provinzkapitel in Wien in Anwesenheit des Ordensgenerals Bagnacavallo statt. Allein die Präsenz des ranghöchsten Franziskaners belegt, wie prekär die Situation war. Als Konsequenz der anhaltenden Kritik an den italienischen Funktionsträgern wurde zum ersten Mal in der Person von Acursius Wolfwieser nach 60 Jahren ein Ordensprovinzial deutscher Provenienz gewählt. Gleichzeitig wurde im Wiener Franziskanerkonvent ein studium generale zur Ausbildung des Ordensnachwuchses eingerichtet.277 Diese Maßnahmen wurden jedoch zum Teil konterkariert, indem auf demselben Provinzialkapitel der Wiener Konvent die Einstufung primae classis erhielt, d. h. er wurde direkt dem Ordensgeneral unterstellt und damit der Jurisdiktion des Provinzials entzogen. Damit wurde das Problem der italienischen Fratres lediglich auf eine andere Ebene verschoben: Der General entsandte zwar keine Italiener mehr als Provinziale, schickte nun aber italienische Visitatoren und Guardiane (Klostervorsteher) nach Wien, die nach Ablauf ihres Mandats im Konvent blieben. Auch sie konnten, wie zuvor die Provinziale, mit der Unterstützung und Solidarität der Nuntien rechnen.278 Die deutschen Fratres setzten sich – unterstützt durch Kardinal Klesl279 – mit allen Kräften gegen die Praxis des Ordensgenerals zur Wehr, italienische Guardiane und Visitatoren280 zu ernennen. Nach Wolfwieser sei Giovanni Battista Laghi mit funfzehn selzamen schwarzen welschen Personen ankummen, welches zu keinem andern endt sein kann, als die Teutsche gar auszurotten, oder das Closter in das hechste Verderben zu bringen, welches dann im eff ect bald erfolgt. Kardinal Klesl, an den sich Wolfs-

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Vgl. die Zusammenstellung der österreichischen Provinziale und Generalkommissare auf der Grundlage von Dokumenten der Archivbestände des Franziskanerkonvents von Asparn a. d. Zaya bei Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche, S. 145, Anm. 1. Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, S. 169. Vgl. das Schreiben von Wolfwieser und Birkmann an Kardinal Klesl vom 5. August 1625, gedruckt in: Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche, S. 149: Bey dem Nuntio haben wir khain Zuflucht, weil Er dem Guardiano und allen Wälschen die stangen hält. Illmus Card. a Dietrichstein wird von seinen wälschen Musicis also persuadirt, daß öfftermal wunderbarliche recommandationsschreiben practicirt vnd erlangt werden, Epus. Montopoli ist vnser abgesagter feindt, der Visitator ein listiger Verfolger, vnd der Guardian ein großer Betrieger. Vgl. den bereits oben zitierten Brief Klesls an Ferdinand II., 1624 VIII 24, gedruckt bei Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche, S. 146: Es sei bekannt wie dise frembde Ordensleuth in denen Clöstern gehaust vnd solche funditus nachet destruirt, die Kölch verkhaufft, die Perleren Mössgewander zerschnitten, die gueter versetzt, Banditen vnd vnehrliche Personen leider aufgehalten. Vgl. ebd. S. 148.

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wieser wandte, sollte als seiner lieben kindern dem Vatterlandt zu nutz, der Religion aufnembung vnd zu fortpflanzung der Ehr Gottes ernstlich annemben.281 Auf dem Generalkapitel, das 1625 in Rom zusammentrat,282 wurde neuerlich ein deutschsprachiger Vorsteher für die österreichische Ordensprovinz gewählt: Clemens Widmer aus Korneuburg, Guardian in Stein a. d. Donau. Die Probleme in Wien blieben aber weiter ungelöst. Auf dem Provinzialkapitel von Asparn a. d. Zaya wurde Kritik gegenüber dem Generalvisitator laut. Dieser hatte sich nicht nur die vorgeschriebenen drei Tage für die Visitation in Wien aufgehalten, sondern ein ganzes Jahr samt seinem Gefolge. Begleitet wurde er überdies von weiteren Italienern, allesamt ordensfremde Personen. Beklagt wurden in diesem Zusammenhang Übergriffe v. a. von seiten des Visitators auf die Verwaltung des Konvents (Vermietung von Gebäuden, Vergabe von geistlichen und weltlichen Ämtern, Mißbrauch der Finanzen etc.).283 Mit eingeschlossen in diese Kritik war der Guardian des Wiener Konvents, Giovanni Battista Laghi. 1632 wurde auf einem Provinzkapitel über effiziente Mittel zur Entfernung der Italiener aus den österreichischen Konventen beraten, dabei wurde die Verlegung des Noviziats von Wien nach Asparn a. d. Zaya beschlossen. 1634 verfügte Ferdinand II. schließlich die definitive Ausweisung der italienischen Fratres. In einem Schreiben an den Ordensgeneral verlangte der Kaiser, künftig keine italienischen Fratres mehr nach Wien zu entsenden, nicht einmal für einen Kurzaufenthalt. Der Ordenschronist Joseph Taube verfaßte in diesem Zusammenhang einen Segensspruch in italienischer Sprache: Andate con la benedizione d’Iddio per non tornare più.284 Zehn Jahre später wurde auf dem römischen Generalkapitel der Wiener Konvent schließlich wieder dem österreichischen Provinzial unterstellt und die unmittelbare Jurisdiktion des Ordensgenerals aufgehoben. Diese Maßnahme wurde von Urban VIII. mit der Bulle Exponi nobis desuper vom 14. Mai 1644285 bestätigt. Im selben Jahr wurde der Konvent von Enns wiederbegründet, nachdem zuvor bereits die Klöster in Wels und Tulln restituiert worden waren. So fand allmählich auch die österreichische Franziskanerprovinz ihren Weg aus der Krise. 3.2. Die Dominikaner Bei den Dominikanerkonventen in Österreich gab es zu Beginn des 17. Jahrhunderts Anzeichen einer Gesundung. Deshalb wurden erneut Überlegungen angestellt, die Konvente in Böhmen von dieser Entwicklung profitieren zu lassen. Auf dem Generalkapitel in Rom 1608 wurde deshalb neuerlich die Zusammenlegung der 281 282 283 284 285

Vgl. ebd. S. 150. Ebd. S. 147. Zum römischen Generalkapitel von 1625, vgl. Heribert Holzapfel, Handbuch der Geschichte des Franziskanerordens, Freiburg i. Br. 1909, S. 591. Vgl. Maurer, Die Ersetzung der italienischen Mönche, S. 148. Ebd. S. 152. Der Text der Bulle ist publiziert bei Friess, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz, Nr. CXVII, S. 243 f.

4. Italienische Fratres nördlich der Alpen

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österreichischen mit der böhmischen Provinz beschlossen286 mit der Zustimmung des Provinzials der Teutonia. Drei Jahre später wurde dieser Beschluß auf dem Generalkapitel von Paris widerrufen.287 Vermutlich waren dafür politische Motive entscheidend, denn Kaiser Rudolf II., der in Prag residierte, favorisierte den Gedanken einer Union aus Bohemia und Austria, während sein Bruder, König Matthias, in seiner Zuständigkeit für die österreichischen Herzogtümer die Ordensleitung bat, die Union aufzulösen, da österreichische Fratres sich nicht einem ausländischen Oberen unterordnen könnten (der Provinzial der Bohemia war in jener Zeit ein Pole). So wirkte sich der habsburgische Bruderzwist auch auf innere Ordensangelegenheiten aus.288 Bei dieser Auseinandersetzung stand Ferdinand von Innerösterreich, der spätere Kaiser Ferdinand II., auf der Seite von Matthias.289 Ab 1612, dem Jahr der Thronbesteigung von Matthias, läßt sich eine hohe Mobilität der Dominikanerfratres zwischen den österreichischen Konventen und den übrigen Häusern der Teutonia feststellen. 1619 beschloß das Provinzialkapitel in Freiburg die Einrichtung von sieben „nationalen“ Vikariaten, darunter ein österreichisches und ein Tiroler.290 Dabei kam dem Wiener Konvent eine Vorrangstellung zu. Trotz der hohen Fluktuation der Fratres und der engen Kontakte innerhalb der Teutonia wurden noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den österreichischen Territorien Stimmen laut, die eine größere Unabhängigkeit und eine Loslösung von der Teutonia forderten. Die Idee des 16. Jahrhunderts, entwickelt vom apostolischen Kommissar und Nuntius Ninguarda, alle Dominikanerkonvente Österreichs und der Steiermark zu vereinigen, nahm nun wieder Gestalt an, wurde aber erst 1703 unter dem Dach der neuen österreichisch-ungarischen Ordensprovinz realisiert.291 4. Beobachtungen und Überlegungen Im Lauf des 16. Jahrhunderts entwickelten sich in den katholisch verbliebenen Gegenden des Reichs, v. a. in den habsburgischen Territorien, schwere Konflikte zwischen deutschen und italienischen Dominikaner- bzw. Franziskanerbrüdern auf Grund ihrer unterschiedlichen „nationalen“ Zugehörigkeit. Die Präsenz der italienischen Fratres im Reich diente der Aufrechterhaltung der Konvente nördlich der 286

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Monumenta Ordinis Fratrum Praedicatorum Historica, Tomus XI: Acta Capitulorum Generalium, Bd. 6: Ab anno 1601 usque ad annum 1628, bearb. von Benedikt Maria Reichert, Romae 1902, S. 111. Vgl. auch die Publikation auf CD-Rom: Constitutiones et Acta Capitulorum Generalium Ordinis Fratrum Praedicatorum, Berlin 2002. Frank, Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz, S. 297. Vgl. ebd. S. 298. Zu den Kontakten zwischen den österreichischen Erzherzögen und den Generälen des Franziskanerordens vgl. Daniel Antonin Mortier, Histoire des maîtres généraux de l’Ordre des Frères Prêcheurs, Bd. VI, Paris 1913, S. 155 f. Vgl. Alain Kordel, Die Visitation der Dominikanerprovinz Teutonia durch Tomaso Marini OP (1617 – 1619), Teil II, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 60 (1990), S. 375 – 462, hier S. 395 f. Frank, Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz, S. 287.

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II. Rom und die Habsburgischen Erbländer

Alpen, die infolge der Reformation große Probleme bei der Rekrutierung des deutschen Ordensnachwuchses hatten. Die Ordensleitungen, die päpstliche Kurie und die Nuntien vor Ort unterstützten diese Praxis. Letztere verteidigten die italienischen Landsleute vor Verleumdungen und wendeten sich gegen deren Ausweisung. In gewisser Weise erinnert die hier zu Tage tretende Abneigung gegenüber den Italienern an die Charakterisierung der Spanier, deren Präsenz am Kaiserhof und deren Einfluß auf die kaiserliche Politik seit den Tagen Karls V. das Diktum von der spanischen Servitut aufkommen ließ. Es ist sicher kein Zufall, daß Bartolomeo Portia im Zusammenhang mit den Problemen der Klöster in Süddeutschland die Reserven der Deutschen gegenüber Italienern zusammen mit der Unbeliebtheit der Spanier thematisiert, als er vorschlägt, nur Deutsche mit der Leitung von Klöstern zu betrauen, da die Spanier wegen ihrer Habsucht (ingordigia) und die Italiener wegen ihrer Gewalttätigkeit (vehementia) unbeliebt seien.292 Und Delfino konstatierte: gl’Italiani [sono] odiati da questi praghesi.293 Während die spanische Präsenz im Reich v. a. von der protestantischen Publizistik als Inbegriff der Fremdherrschaft charakterisiert wurde, erhielten die Italiener allgemein das Stereotyp der Charakterlosigkeit, und die italienischen Fratres der Bettelorden entsprechend das Etikett der ausschweifenden und zügellosen Kleriker. In unserem konkreten Fall verband sich der antiitalienische mit einem antirömischen Affekt, da die Fratres assoziiert wurden mit den Päpsten (die seit 1523 selbst ausnahmslos Italiener waren) und den römischen Ordensleitungen. Offensichtlich wollten Maximilian II. und Rudolf II. mit ihren Ausweisungsbefehlen auch ein klares antirömisches Zeichen – nicht zuletzt mit Blick auf die protestantischen Reichsfürsten – setzen, was auch im Zusammenhang mit den kaiserlichen Obödienzgesandtschaften deutlich wird.294 Beide Maßnahmen, die Entsendung italienischer Fratres ins Reich und deren Ausweisung, lassen sich durch die unterschiedlichen Perspektiven und Interessen Roms und des Kaiserhofs erklären. Beide waren indirekt Folgen der Reformation. Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts sind neuerlich italienische Fratres in österreichischen Konventen anzutreffen, ohne daß es dadurch zu Konflikten mit den deutschen Mitbrüdern kam. Offensichtlich waren 1648 mit dem Ende des großen Kriegs und der definitiven Regelung der konfessionellen Fragen auch die „nationalen“ Konflikte in den Konventen der Bettelorden beigelegt worden.

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Schellhass, Der Dominikaner Ninguarda, S. 159. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, 8. Band: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997, S. 306. Die Aussage Delfinos fällt allerdings nicht im Zusammenhang mit einer Ordensproblematik, sondern anläßlich des Präzedenzkonflikts zwischen dem toskanischen und ferraresischen Gesandten am Kaiserhof. Vgl. Kap. I.6.

III. DIE PÄPSTLICHEN NUNTIEN IM REICH

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1. Prudenza, zelo e talento Zu Aufgaben und Profil eines nachtridentinischen Nuntius 1. Einleitung Im September 1610 wurde der Bischof von Troia in Apulien, der Theatiner Pietro Antonio Da Ponte, von Papst Paul V. zum ordentlichen Nuntius bei Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich mit Sitz in Graz bestimmt.1 Einen Tag vor seiner Abreise in die Steiermark erhielt Da Ponte seine Hauptinstruktion, in welcher die wichtigsten Aufgaben seiner Mission skizziert waren. Am Anfang dieses Dokuments wurde entsprechend der kurialen Praxis die Eignung des Prälaten für diese Nuntiatur festgestellt: „Seine Heiligkeit, die Ihre Qualitäten kennt, hat so großes Vertrauen in Ihre Person, daß Sie Sie bestimmt hat zu ihrem Nuntius in Graz bei Erzherzog Ferdinand; und auch wenn Ihnen natürliche und erworbene Fähigkeiten nicht mangeln, mit welchen Sie leicht die Gunst seiner Hoheit und dessen Nachkommen, aber auch die der Völker seines Herrschaftsraums erwerben können, wird doch Ihre beispielhafte und fromme Lebensführung großen Eindruck erwecken, zumal Sie es mit einem sehr frommen Fürsten zu tun haben und sich in Territorien aufhalten, die nicht frei sind von Häretikern und Häresien. Und wenn Sie bei Gelegenheit Ihr Talent, Predigten und Reden zu halten, nutzen werden, das Gott Ihnen gegeben hat, werden Sie sich zweifellos bei seiner Hoheit noch beliebter machen, viel mehr aber können Sie dadurch in Angelegenheiten der Religion erreichen, da Sie mit diesem Mittel viele Seelen gewinnen und auch besondere Achtung und Ehrerbietung Ihnen gegenüber bei jenen Völkern hervorrufen können.“2 Der Bischof Da Ponte erfüllte also nach Meinung der Verantwortlichen an der römischen Kurie alle Voraussetzungen für die ihm übertragene Aufgabe, den Nuntiatur-Posten in der Steiermark. Letztendlich waren neben der persönlichen fachlichen Eignung, die in einer soliden, zeitgemäßen theologischen Ausbildung bestand, die feste Verankerung im Glauben und v. a. diplomatisches Geschick die wesentlichen

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Le istruzioni generali di Paolo V per i nunzi e legati presso le corti europee, 3 Bde., bearb. von Silvano Giordano OCD, Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 172. Vgl. die Hauptinstruktion für Pietro Antonio Da Ponte, Rom, 1610 X 24, ebd. S. 690: La S.tà di N. S.re, che conosce le qualità di V. S., confida tanto nella persona sua, che l’ ha voluta eleggere per suo nuntio a Gratz appresso il Ser.mo signore arciduca Ferdinando; e se bene a lei non mancano doti naturali et acquisite, con le quali potrà facilmente rendersi grata non solo a quell’Altezza et prole Ser.ma, ma anco a i popoli del suo dominio, havendo non di meno ella a trattare con un principe piissimo et in paesi che non sono essenti di heretici et heresie, farà grande impressione la sua essemplare e religiosa vita, accompagnata dal decoro col quale haverà da sostenere quella carica. Et se talvolta essercitarà il talento che Dio le ha dato della predica o sermoni, farà senza dubio maggior acquisto della gratia di S. A., e molto più nelle cose della religione, perché con questo mezo potrà guadagnar delle anime e cagionar anco in quei popoli verso di lei riverenza et osservazione particolare.

1. Prudenza, zelo e talento

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Kriterien für seine Nominierung. Einige Jahrzehnte zuvor hatte bereits Petrus Canisius in einem Memorandum für den päpstlichen Legaten am Regensburger Reichstag von 1576, Giovanni Morone, gefordert, daß sich die für das Reich bestimmten Nuntien v. a. durch theologischen Sachverstand (d. h. Vertrautheit mit den aktuellen konfessionellen Streifragen), exzellente Lateinkenntnisse, Klugheit, Eifer und tadellose Lebensführung auszeichnen sollten.3 Mit ähnlichen Worten wird die Befähigung der zwischen 1592 und 1623 entsandten Nuntien in den Hauptinstruktionen beschrieben, meist zu Beginn des Dokuments4, gelegentlich auch gegen Ende des Schriftstücks oder im Schlußparagraphen im Zusammenhang mit Anweisungen zum Haushalt und zur famiglia des Nuntius5, wobei zentrale Begriffe häufiger begegnen. Neben allgemeinen positiven Eigenschaften (doni6, doti7, forze8, ingegno9, parti10, qualità11, sufficienza12, talento13,

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Vgl. Beati Petri Canisii Societatis Iesu epistulae et acta, vol. VII, hg. von Otto Braunsberger, Friburgii Brisgoviae 1922, S. 362: ut Nuntij Apostolici, qui ad Caesares mittuntur, viri sint docti in controversijs, ac latina lingua plus quam mediocriter versati, prudentes, mites, zelosi, vitae inculpatae, et ab omni avaritiae spetie abstinentes. In der Regel unmittelbar am Anfang, d. h. im ersten Paragraphen. Die Instruktion für den Rotaauditor Fabrizio Verospi, der als außerordentlicher Nuntius an den Kaiserhof entsandt wird, um die Auslieferung Kardinal Klesls zu erreichen, ist hingegen der äußerst seltene Fall, daß zunächst in zwei einleitenden Abschnitten die Aufgabenstellung beschrieben wird und erst anschließend die Eignung Verospis für diese Aufgabe angesprochen wird, vgl. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1138. Vgl. ebd. S. 1078. Vgl. Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 692. Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum), S. 101 (rare doti); Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 690 (doti naturali et acquisite); Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 736 (doti singolari). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 89, 546; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 647; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 576. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 550; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 647; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 883. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 89 (tutte quelle parti che si ricercano in prelato degno di honore et di molta esperienza; dieselbe Formulierung S. 546), 176 (nobilissime parti), 709 (parti, che le vengono quasi per heredità dai suoi maggiori); Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 347. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 540; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 480 (als Adjektiv im Superlativ: qualificatissimo), S. 690; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 737 (qualità nobilissime). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 638, 700; Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 924. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. 578; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 356, 367, 385, 407, 435, 496, 549, 690 (talento della predica o sermoni), 783, 841, 1015, 1021, 1037, 1053, 1059, 1084; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 518, 576, 643, 671, 898.

274

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

valor14) werden besonders hervorgehoben: Klugheit (prudenza)15, Fingerspitzengefühl (desterità bzw. destrezza)16 und unbescholtener Lebenswandel (integrità17, probitas18, virtù19, buona vita20), v. a. aber Frömmigkeit und Glaubenseifer (fede 21, pietà22, professione23, zelo24). Als weitere, allerdings seltene Charakterisierungen erscheinen explizit Adel (nobiltà)25, (angemessenes) Alter (età)26, (theologische oder humanis14

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Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 8 (valor suo naturale), 94, 101, 108, 131, 176, 428, 452 (singolare valore), 475, 578, 635, 655; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337, 347, 356, 367, 385, 407, 458, 549, 783, 816, 841, 860, 1015, 1021, 1037, 1053, 1059, 1084, 1138; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 518, 576, 601, 643, 671, 740, 828, 869, 881 (valor vero), 898, 970. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 1, 8, 11, 79, 93, 94 (naturale prudenza), 101, 106 f., 108, 117, 143 (als Adjektiv: prudente), 155, 169, 246, 266, 346 (molta prudenza), 348, 452, 526, 530, 537, 540, 550, 570, 576, 578, 610 f., 635, 653, 709, 727; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 340, 356, 381 (adjektivisch: prudente ne’ negocii), 407, 435, 437, 440, 540, 549, 562, 627, 636, 647, 666, 670, 774 (molta prudenza), 816, 824, 833, 841 f. (zweimalige Nennung), 860, 863, 905, 954, 982, 1007, 1015, 1053 (zweimalige Nennung), 1059, 1065, 1078, 1084, 1107, 1138, 1178, 1206, 1219, 1227; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 518, 526, 534, 576 (zweimalige Nennung), 601 (prudente), 604, 641, 643 (zweimalige Nennung), 717, 828, 850, 853, 856 f., 866, 889, 896, 953, 959, 972, 979, 983 (prudente giuditio). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 79, 155, 169, 550, 570, 576; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 627, 636, 842, 863, 1084, 1206, 1250; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 643, 857, 972. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 101, 108, 176, 635, 655; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1084; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 526. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 21. In dieser lateinisch abgefaßten Instruktion für den nach Graz zu entsendenen Girolamo Portia wird die tadellose Lebensführung des Prälaten doppelt zum Ausdruck gebracht. Neben dem Begriff probitas erscheint zuvor die Formulierung: Tam honeste quam religiose vixisti hactenus. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 6, 94 (singulare virtù), 101 (molta virtù), 176, 366, 452, 540, 611, 635; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 783, 816, 863, 1007, 1021, 1037, 1059, 1084; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 538, 604 (virtù numerose), 643, 692, 786 f., 813, 827, 881 (soda virtù), 899 (virtù christiane), 972. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 647. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 131, 187, 428, 653; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337, 627, 670, 783, 863, 1007, 1015, 1053, 1059; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 643, 891, 924, 972. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 8, 11, 366; Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 603, 898 (christiana pietà). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 666. Ebd. S. 155, 187, 366; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 381 (adjektivisch: zelante nel servitio del Signore), 437, 549, 562, 666, 774, 863, 905, 954, 965 (als Adjektiv: zelante); Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 881, 898, 979. Bei Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 647 begegnet die Umschreibung: studio nell’ honore di Dio et in promuovere la religione cattolica Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 6, 94 (nobiltà d’animo et di sangue), 550 (i natali bei Dezio Carafa). Der zum Kollektor für Portugal ernannte Ferdinando Taverna wird als nato gentilhuomo bezeichnet, ebd. S. 475; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337 (chi è nata come lei), 347 (chiarezza dei natali); Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 604 (nobiltà del sangue bei Carlo Carafa), 869 (per la chiarezza della schiatta et per la stretta parentela che tiene col suo sangue bei Antonio Albergati). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 1.

1. Prudenza, zelo e talento

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tische) Bildung und Gelehrsamkeit (dottrina27, lettere 28, sapere 29, scienza30), (diplomatische) Erfahrung (esperienza)31, Pastoralpraxis32, Verwaltungspraxis33 und diplomatisches bzw. politisches Gespür34, Sachkenntnis35, Redlichkeit36, Ansehen und Würde (decoro37, dignità38, fama39, honore40, ottima opinione41, persona42, riputatione43, splendore44), gute Umgangsformen (maniere)45, Fleiß (diligenza46, industria47), 27 28 29 30 31

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Ebd. S. 11. Ebd. S. 1, 727. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 526, 643, 693, 889. Ders., Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 106 f. Ebd. S. 1 (esperienza delle cose gravi), 8 (lunga esperienza), 94 (lunga esperienza de le cose gravi), 348, 428, 526 (Variante: lungo uso del maneggio delle cose gravi), 530, 537, 559 (per questo et per l’altro ch’ella ha già fatto nei maneggi gravi), 570 (esperienza dei negotti), 576, 578 (esperienza delle cose del mondo), 727; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337, 340 (esperienza de’ negotii publici); Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 538, 670 (in affari grandi di principi lungamente esercitata), 763 (haver […] nella Francia sperimentato con gran laude), 899 (varia cognizione e sperienza), 857 ( fornita delle qualità che La rendono acconcia a maneggiare ogni sorte di affare), 868 (La virtù in sostenere gravissimi carichi lungamente esercitata; Anspielung auf die verschiedenen Ämter Antonio Albergatis, v. a. die Kölner Nuntiatur, vgl. ebd. S. 238 f.), 924. Bei Giovanni Francesco Montoro per tanti anni sostenuta la cura pastorale nella Sua chiesa, vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 763; bei Giovanni Battista Lancellotti werden die virtù pastorali gewürdigt, ebd. S. 899. Giovanni Francesco Guidi di Bagno hatte sich bei der Verwaltung der città e provincie della Sedia Ap.ca ausgezeichnet und sich deshalb für den Nuntiaturposten in Brüssel empfohlen, denn, so die ausführliche Begründung, il reggere saviamente i popoli è la somma dell’operationi humane et in questa vita la più giovevole, vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 651. Pietro Francesco Montoro hatte sich vor seiner Kölner Nuntiatur Verdienste bei der Ausübung kurialer Ämter erworben (maneggiati affari publici […] in questa corte), ebd. S. 763. Ebd. S. 643 (savia maniera negli affari). Paolo Emilio Zacchia wurde u. a. wegen seiner Kenntnis des Verhandlungsgegenstandes (la pienissima notitia, che ella ha del negotio) für seine außerordentliche Mission nach Genua und Spanien ausgewählt, vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 540; Giovanni Battista Salvago ist bene istrutta per se medesima, hat also selbst umfassende Kenntnis gewonnen für seinen künftigen Nuntiaturposten, den Kaiserhof, der zum Regensburger Reichstag entsandte Legat Carlo Madruzzo verfügt über cognitione delle cose da trattarsi und muß deshalb nicht allzu ausführlich instruiert werden, vgl. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 670 und 841. Bei dem für die portugiesische Kollektorie in Aussicht genommenen Ottavio Accoramboni wird dessen conditione sincera unterstrichen! Vgl. ebd. S. 965. Ebd. S. 842. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 604, 787, 953. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1065. Ebd. S. 337. Ebd. S. 816. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 828. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 786. Ebd. S. 604 (maniere lodevoli), 689 (le cortesi e liberali Sue maniere). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 93, 550; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 670, 783; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 891. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 670, 783, 1084.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Umsicht und Sorgfalt (accortezza48, avvedimento49, circospettione50, solertia51, sollecitudine52), Tatkraft (efficacia)53, Nächstenliebe (carità)54, Güte (bontà)55, Motivation (ottima intentione)56, Wachsamkeit (vigilanza)57, Verdienst (merito)58 und Treue (fedeltà)59, Zuneigung (aff etto)60 bzw. Verpflichtung (obligo)61 gegenüber Papst und Kirche sowie individuelle, näher spezifizierte Vorzüge62. 2. Allgemeine Feststellungen zum päpstlichen Nuntiaturwesen der Frühen Neuzeit Im Verlauf des 16. Jahrhunderts kam es zur Ausbildung des modernen päpstlichen Gesandtschaftswesens. Die bis zum Ende des Jahrhunderts erreichte Zahl von 13 ständigen Nuntiaturen und das in dieser Zeit entwickelte Aufgabenspektrum der Geschäftsträger sollten bis zum Ende des Ancien Régime bestehen bleiben. Dem päpstlichen Vertreter vor Ort, dem Nuntius, oblag entsprechend der Doppelnatur 48 49 50 51 52 53 54 55

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Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 452. Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 641, 670 (avveduta oltre all’usato), 693, 924. Ebd. S. 570 f. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1250. Ebd. S. 647. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 827 f. (avveduta e destrissima sua efficacia), 857 (efficacia propria), 881, 972. Ders., Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 101; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 381 (adje ktivisch: caritativa verso il prossimo). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 176 (singolar bontà), 635, 666, 689, 700; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1138; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 518, 576. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 106 f.; Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 601. Ebd. S. 883 findet sich die Wendung la volontà ottima verso ’ l ben publico. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 101, 176, 452, 610; Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 647. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 337, 405, 435, 549, 1084, 1218; Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 517, 576 (im Plural: meriti), 763, 869 (Plural). Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 571 und 576 (l’amore che porta a S. S.tà), 700, vgl. auch ebd. S. 689. Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 525 (affetto nel servigio di S. B.ne). Auch besondere Zuneigung gegenüber der herrschenden Dynastie am Sitz der Nuntiatur und gegenüber dem Gastland kann eine Rolle spielen (wie im Fall von Fabrizio Verospi): l’affettione di lei verso la Casa d’Austria Ser.ma et il nome germano, ebd. S. 828. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 1037. So wurde Domenico Grimaldi u. a. wegen seiner besonderen Verantwortung als Erzbischof und Spiritual für die Vizelegation von Avignon ausgewählt (per obligo particolare che tiene, essendone arcivescovo et padre spirituale), vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 8. Grund für die beabsichtigte Sendung des Giovanni Battista Vecchietti zum Patriarchen von Konstantinopel, Meletios Pigas, war die persönliche Freundschaft (amicitia particolare) zwischen dem designierten päpstlichen Gesandten und Meletios, ebd. S. 554 (ähnlich liegt der Fall bei Germanico Malaspina, dessen besondere Stellung bei Kardinal Andreas Báthory nicht zuletzt ausschlaggebend für seine Entsendung nach Siebenbürgen war, ebd. S. 611). Die Mission von Pietro Pavoni nach Urbino wurde mit der besonderen Vertrauensstellung des päpstlichen Maestro di Cammera begründet, vgl. Ders., Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 981.

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des päpstlichen Amtes63 sowohl die weltliche Vertretung des Papstes als Souverän des Kirchenstaates als auch die geistliche Vertretung des Pontifex als Oberhaupt der römischen Kirche. Die wesentlichen politischen und geistlichen Themenfelder einer Mission wurden in einer mehr oder weniger ausführlichen Instruktion beschrieben. Zudem erhielt ein Nuntius zu Beginn seiner Mission ein Breve, in welchem seine geistlichen und jurisdiktionellen Befugnisse (seine Fakultäten) genau definiert waren (etwa Visitationsvollmachten, Vergabe von Ehedispensen, Zuständigkeiten in der kirchlichen Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit etc.).64 Die veränderten konfessionellen Bedingungen in Europa infolge der Reformation und die Auswirkungen der innerkirchlichen Reform im Zusammenhang mit dem Konzil von Trient ergaben allerdings ab der Jahrhundertmitte eine Akzentverschiebung beim Aufgabenkatalog der Nuntien zugunsten der kirchlich-religiösen Themen. Betroffen von dieser Tendenz waren alle Nuntiaturen, v. a. aber die letzten vier Neugründungen des 16. Jahrhunderts (Graz, Köln, Schweiz und Flandern), die auch deshalb in der Literatur mit dem Terminus ‚Reformnuntiaturen‘ begegnen. Der Reformfaktor jedenfalls gab dem in Entwicklung begriffenen Nuntiatursystem sicherlich eine wichtige Prägung. Daneben blieb als zweites Moment die zunehmende Bürokratisierung der Kurie und des Kirchenstaats nicht folgenlos für die Organisation der internationalen Beziehungen des Heiligen Stuhls. 3. Auswirkungen des Konzils von Trient auf die Nuntiaturen Das 1563 abgeschlossene Konzil von Trient65 führte zu tiefgreifenden Veränderungen in allen Bereichen der römischen Kirche, mit eingeschlossen das päpstliche Gesandtschaftswesen66. Die wichtigsten Reformvorhaben waren erst in der dritten und letzten Tagungsperiode des Tridentinums nach langen und zähen Verhandlungen verabschiedet worden. Es handelte sich bei diesen Reformdekreten im wesentlichen um die Bestimmungen zur regelmäßigen Abhaltung von Provinzial- und Diözesansynoden sowie von Visitationen (Sessio XXIV), die Errichtung von Priesterseminaren in jeder Diözese zur Ausbildung des theologischen Nachwuchses (Sessio XXIII)67, die Auswahl geeigneter Bischöfe (Sessio XXIV) und die Reform der Orden (Sessio 63

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Vgl. Paolo Prodi, Il sovrano pontefice. Un corpo e due anime. La monarchia papale nella prima età moderna, Bologna 1982 (Annali dell’Istituto Storico Italo-Germanico, Monografia 3). S[amuel] Steinherz, Die Facultäten eines päpstlichen Nuntius im 16. Jahrhunderte, in: Mitteilungen des österreichischen Instituts für Geschichtsforschung 19 (1898), S. 327 – 342. Vgl. zusammenfassend mit aktuellen Angaben zu weiterführender Literatur Gerhard Müller, Art. Tridentinum, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 34, Berlin-New York 2002, S. 62 – 74. Vgl. Hubert Jedin, Nuntiaturberichte und Durchführung des Konzils von Trient. Hinweise und Fragen, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 53 (1973), S. 180 – 213. Vgl. Massimo Marcocchi, Il Concilio di Trento e l’istituzione del seminario (1563), in: Annali di Storia dell’educazione e delle istitutuzioni scolastiche 7 (2000), S. 13 – 20.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

XXV). Die Umsetzung dieses Programms außerhalb des Kirchenstaats sollte künftig den Kern aller Nuntiaturen bilden. Die Nuntien wurden damit zu einer wichtigen Vermittlungsinstanz des innerkirchlichen Reformprogramms in ihren jeweiligen Nuntiatursprengeln, d. h. in den katholisch verbliebenen Teilen Europas. Das Konzil war aber nicht nur folgenreich für die inhaltliche Bestimmung der Nuntiaturen, sondern auch für die Person des Nuntius selbst. Während vor Mitte des 16. Jahrhunderts noch vereinzelt Laien mit der päpstlichen Außenvertretung betraut werden,68 kommen danach ausschließlich Geistliche zum Einsatz. Verstärkt ist dabei die Tendenz zu beobachten, Kleriker im Bischofsrang zu entsenden. Es waren dabei weniger protokollarische oder zeremonielle Erwägungen, die Kurie und Papst veranlaßten, auf Bischöfe zurückzugreifen, sondern jurisdiktionelle und pastorale Überlegungen, denn Bischöfe hatten weitreichendere Vollmachten als einfache Geistliche und konnten durch ihre spezifischen sakramentalen Befugnisse Priesterweihen und Firmungen vornehmen. Dies war wichtig gerade in Gegenden, wo die Ortsbischöfe z. T. nicht über die Bischofsweihe (in einigen Fällen sogar nicht einmal über die Priesterweihe) verfügten. Nicht zu unterschätzen ist der damit verbundene Autoritätszuwachs, der den diversen Kontroll- und Disziplinierungsmaßnahmen des Nuntius z. B. im Zusammenhang mit Visitationen mehr Gewicht verleihen sollte. An den Kaiserhof wird mit dem Referendar Alfonso Visconti 1589 zum letzten Mal ein Nuntius ohne bischöflichen Rang entsandt werden,69 nach Graz zum letzten Mal 1592. Es handelte sich um den Apostolischen Protonotar Girolamo Portia, der 1598, ein Jahr vor Ende seines Mandats, zum Bischof ernannt wird.70 Alle seine Nachfolger werden bereits zu Beginn ihrer Nuntiatur Bischöfe sein. In Köln hingegen, wo 1584 eine Nuntiatur eingerichtet wird, wirken – aus naheliegenden Gründen – ausschließlich Bischöfe als päpstliche Nuntien.71 In diesem Zusammenhang ist eine weitere Tendenz zu beobachten, nämlich die Ernennung von Nuntien zu Titu68

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So vertrat etwa der Dichter Giovanni Rucellai Leo X. am französischen Hof. Er war zuvor Botschafter von Florenz in Venedig. Für Clemens VII. ging Roberto Acciaiuoli als Nuntius nach Frankreich. Er hatte zuvor die Republik Florenz in mehreren Staaten diplomatisch vertreten, vgl. Bernard Barbiche, La nonciature de France aux XVIe et XVIIe siècles: les nonces, leur entourage et leur cadre de vie, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 64 – 97, hier S. 68 und 84 f. Henri Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1), S. 151. Ebd. S. 166 und Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. CCXXXV f. Ernst von Bayern (Erzbischof von Köln 1583 – 1612) hatte sich zwar 1577 zum Priester weihen lassen, um seine Chancen bei der anstehenden Bischofswahl zu erhöhen, entsprach aber in keiner Weise dem nachtridentinischen Priester- und Bischofsbild. Sein Nachfolger Ferdinand von Bayern (1612 – 1650) – wiewohl für Reformen aufgeschlossen und von tadelloser Lebensführung – verfügte weder über die Priester- noch über die Bischofsweihe, vgl. Franz Bosbach, Art. Ernst, Herzog von Bayern, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 164 und 167; Erwin Gatz, Art. Ferdinand, Herzog von Bayern, in: Ders. (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 110. Somit konnten zentrale bischöfliche Funktionen (Spendung der Firmung, Priesterweihen) nur von den Nuntien durchgeführt werden.

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larbischöfen oder Bischöfen in partibus infidelium, was bedeutete, daß diese Prälaten zwar bischöfliche Vollmachten besaßen, aber keine ordentliche Diözese mit pastoralen Verpflichtungen.72 Diese Maßnahme war nicht zuletzt eine Konsequenz der seit Trient eingeforderten Residenzpflicht der Ortsbischöfe auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit (Stichwort: Disziplinlosigkeit der Bischöfe, Pfründenkumulation). Freilich wurde dieses Prinzip nicht immer eingehalten. Da die reguläre Besoldung und auch die außerordentlichen Einnahmen der Nuntien oft nicht ausreichten, um ein standesgemäßes Auftreten am Einsatzort zu gewährleisten, rekurrierte die Kurie bei der Ernennung von Nuntien immer wieder und entgegen den Bestimmungen von Trient auf Ortsbischöfe. Allerdings sah man, wie im Fall der Kölner Nuntien Albergati, Montoro, Carafa, Alfieri und Chigi, darauf, daß es sich um kleine Diözesen handelte.73 Verstärkt wurde ab der Mitte des 16. Jahrhunderts darauf Wert gelegt, Prälaten mit einer Nuntiatur zu betrauen, die über eine profunde theologische Ausbildung verfügten und aktiv an der Reformdebatte mitgewirkt hatten (mitunter sogar als Teilnehmer des Konzils von Trient). Es ist sicher kein Zufall, daß mehrere Kaiserhofnuntien der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts (Melchiorre Biglia, Giovanni Delfino, Bartolomeo Portia, Orazio und Germanico Malaspina, Giovanni Francesco Bonomi, Filippo Sega, Cesare Speciano) dem Reformerkreis um den Mailänder Erzbischof Carlo Borromeo zuzurechnen sind,74 wobei diese Berufungen nicht nur die Bedeutung des Reformbischofs Borromeo für die Nuntiaturen unterstreichen, sondern auch ein Zeugnis ablegen für die guten informellen und offiziellen Kontakte des Kardinals zur römischen Kurie. Ausgewirkt hat sich das Konzil von Trient mit seinem Reformprogramm letztendlich auch auf das System der Nuntiaturen, das um vier Neugründungen in konfessionellen Krisenregionen (allesamt auf Reichsboden) ergänzt wird. Allerdings wird hier bereits ein eklatantes Strukturdefizit der kurialen Diplomatie erkennbar: Zieht man nämlich das konkurrierende italienische Modell, die venezianische Diplomatie, zum Vergleich heran, so ist festzustellen, daß die Markusrepublik über den weiteren politischen Radius verfügt, denn sie unterhält ständige Vertretungen sowohl in London wie auch in Konstantinopel. Rom konnte auf Grund seines konfessionellen Selbstverständnisses weder zum Osmanischen Reich (dem großen Feind der Kirche) noch zu den großen protestantischen Mächten Europas offizielle Kontakte unterhalten, sondern nur zu katholischen Fürsten. 72 73

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Barbiche, La nonciature de France, S. 69 f. Antonio Albergati wurde kurz vor seiner Entsendung zum Bischof von Bisceglie in Apulien ernannt, Pietro Francesco Montoro besaß bereits lange vor seiner Ernennung zum Kölner Nuntius das Bistum Nicastro in Kalabrien, Pier Luigi Carafa erhielt bei seiner Bestellung zum Nuntius das Bistum Tricarico in der Basilicata, Martino Alfieri wurde im selben Jahr (1643) Bischof von Isola in Kalabrien und Nuntius in Köln, während Fabio Chigi bereits bei seiner Ernennung zum Inquisitor von Malta 1635 das Bistum Nardò auf der salentinischen Halbinsel (Apulien) erhalten hatte, bevor er 1639 nach Köln ging, vgl. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. IV: A pontificatu Clementis PP. VIII (1592) usque ad pontificatum Alexandri PP. VII (1667), hg. von Patrice Gauchat O.M.Conv., Monasterii 1935, S. 210, 256 f., 343, 368. Vgl. auch Jedin, Nuntiaturberichte, S. 201.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

4. Auswirkungen der Bürokratisierung der Kurie auf die Nuntiaturen im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert Der Nuntius agierte natürlich an seinem Einsatzort nicht freischwebend, sondern war Teil eines festen Systems. Die Nuntien unterstanden formal dem Papst, in der Realität aber einem päpstlichen Sekretariat für auswärtige Angelegenheiten (für das sich allmählich die Bezeichnung Staatssekretariat herausbildet), das zwischen 1550 und 1650 seine moderne Form mit verschiedenen Abteilungen (u. a. nach geographischen Kategorien geordnet) und einem Sekretär an der Spitze (meist im Kardinalsrang) erlangt. Dieser war der unmittelbare Korrespondenzpartner der Nuntien. Er war Adressat ihrer Berichte und er formulierte die Weisungen an sie. Bei der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen erhielt er allerdings mitunter Konkurrenz durch den Kardinalnepoten. Dieser Antagonismus war charakteristisch für die Politik der Kurie im 16. und 17. Jahrhundert, allerdings je nach Pontifikat unterschiedlich stark ausgeprägt.75 Am deutlichsten zeigt sich die Bürokratisierung der Kurie dieser Zeit in der Schaff ung neuer Dikasterien. Von den vielen Behörden, die unter dem Einfluß der kirchlichen Reform gegründet wurden, verdienen zwei eine gewisse Beachtung. Es sind dies zum einen die Kardinalskongregationen für Inquisition und Index, denen seit einigen Jahren von seiten der Historiker ein großes Forschungsinteresse entgegengebracht wird, nachdem das Archiv der Glaubenskongregation, wie die Behörde heute heißt, 1998 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.76 Große Bedeutung kommt auch der von Gregor XV. 1622 gegründeten Kongregation de propaganda fide zu, deren Hauptaufgabe die Förderung des Glaubens, v. a. in Übersee, bildete, die sich daneben aber auch die Rückgewinnung von Gebieten in Europa zum Ziel setzte, die sich von der römischen Kirche abgewandt hatten.77 Gregor XV. konnte dabei auf Modellen aufbauen, die unter seinen Vorgängern entwickelt worden waren. Zu nennen ist die unter Clemens VIII. 1599 eingerichtete Kardinalskongregation super negotiis sanctae fidei et religionis catholicae, die als unmittelbare Vorgänger-Institution der Propaganda anzusprechen ist.78 Und zuvor hatte bereits Gregor XIII. zu Beginn seines Pontifikats unter Bezugnahme auf eine Initiative seines Vorgängers eine eigene Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten (Congregatio Germanica) eingerichtet.79 Sie wurde zum wichtigsten 75

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Vgl. zu diesem Thema die jüngsten Studien von Antonio Menniti Ippolito, Il tramonto della Curia nepotista. Papi, nipoti e burocrazia curiale tra XVI e XVII secolo, Roma 1999 (La corte dei papi 5) und Birgit Emich, Bürokratie und Nepotismus unter Paul V. (1605 – 1621). Studien zur frühneuzeitlichen Mikropolitik in Rom, Stuttgart 2001 (Päpste und Papsttum 30). Vgl. die Ergebnisse einer ersten Tagung anläßlich der Archivöffnung in: L’apertura degli archivi del Sant’Uffizio Romano, Roma 1998 (Atti dei Convegni Lincei 142) und die knappe Präsentation der Archivbestände durch Alejandro Cifres, Das historische Archiv der Kongregation für die Glaubenslehre in Rom, in: Historische Zeitschrift 268 (1999), S. 97 – 106. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 54 – 59. Vgl. Ders., Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. XXV. Vgl. Kap. I.4, S. 62 f., 66.

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kurialen Dikasterium des für die katholische Reform im Reich so bedeutenden Boncompagni-Pontifikats. Ihr gehörten Kardinäle an, die die Verhältnisse in Deutschland besonders gut kannten, sei es daß sie aus dem Reich stammten (wie Altemps), sei es daß sie einem Reichsbistum vorstanden (wie Otto Truchseß von Waldburg, Giovanni Ludovico Madruzzo, die Bischöfe von Augsburg bzw. Trient) oder – wie im Fall von Giovanni Morone und Zaccaria Delfino – auf Grund einschlägiger diplomatischer Erfahrung.80 Die beiden genannten Behörden (Heiliges Offiz und Propaganda Fide) sind deshalb in unserem Zusammenhang bedeutsam, weil die Nuntien je nach Lage der Dinge auch mit diesen Kardinalskongregationen korrespondierten bzw. die neuen Einrichtungen ihrerseits versuchten, Einfluß auf die Tätigkeit der Nuntien auszuüben. Neben den Umstrukturierungen an der Kurie selbst wurde auch das Staatsgebiet, das um 1600 weitere territoriale Zuwächse erhielt (zu verweisen ist hier v. a. auf die Eingliederung von Ferrara 1598), administrativ durchdrungen: An der Spitze der lokalen Regierungsbezirke standen vom Papst ernannte Kardinallegaten (in den größeren Städten wie Bologna und Ferrara) bzw. governatori in kleineren Provinzstädten.81 Die Neuerungen bei der Verwaltung des Kirchenstaats hatten auch Auswirkungen auf den Bereich der auswärtigen Beziehungen der Kurie, da sehr viele nachtridentinische Nuntien vor ihrer Mission ein administratives Amt bekleidet hatten. „Innerer“ (Kurienämter bzw. governi) und „äußerer“ (Nuntiaturen) Dienst wurden immer mehr verzahnt und bestimmten die Laufbahn eines frühneuzeitlichen Kurienprälaten.82 Die zunehmende Bürokratisierung der Kurie hatte schließlich auch noch Auswirkungen auf die Provenienz der Nuntien. In der Tat ist beim nachtridentinischen päpstlichen Gesandtschaftswesen eine starke Italienisierung des Personals zu verzeichnen. Dies triff t freilich in erster Linie auf die ständigen Nuntiaturen zu und weniger auf die außerordentlichen Missionen und Legationen. Die Korrespondenz wurde entsprechend auf Italienisch geführt. Am Kaiserhof erschien 1560 mit dem deutschstämmigen Krakauer Stanislaus Hosius zum letzten Mal ein Nicht-Italiener.83 5. Die nachtridentinische Auftragslage der Nuntien Vier zentrale Aufgaben bestimmen das Programm der päpstlichen Nuntiaturen in der Periode zwischen dem Abschuß des Tridentinischen Konzils und dem Westfälischen Frieden. Sie werden mehr oder weniger in allen Hauptinstruktionen für Nuntien und Legate jener Zeit aufgeführt:84 Verteidigung des katholischen Glaubens, 80 81 82 83 84

Vgl. Jedin, Nuntiaturberichte, S. 199. Vgl. hierzu das einschlägige prosopographische Werk: Christoph Weber, Legati e governatori dello Stato pontificio (1550 – 1809), Roma 1994 (Pubblicazioni degli archivi di Stato, Sussidi 7). Vgl. Kap. III.2. Seine Berichte sind auf Lateinisch abgefaßt. Vgl. zu seiner Mission Kap. I.2. Vgl. u. a. die Hauptinstruktion für Fabrizio Verospi, Rom, 1622 I 13, in: Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 828.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Wiederherstellung der päpstlichen Autorität, Wiedererlangung der kirchlichen Jurisdiktion und Immunität, Reform der kirchlichen Institutionen. Entscheidend für die Ausprägung des nachtridentinischen Nuntiatur-Modells war der Pontifikat Gregors XIII. (1572 – 1585), der sich bei der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen der Kurie v. a. auf Deutschland konzentrierte.85 Dieses Engagement wurde nicht zuletzt durch die bereits erwähnte Wiederbegründung der Congregatio Germanica deutlich. Schon zu Beginn des Pontifikats war deutlich geworden, daß die Nuntiatur am Kaiserhof nicht mehr ausreichte, um die päpstlichen Interessen im Reich effizient und nachhaltig zu vertreten. Das lag zum einen an der peripheren Lage des Kaiserhofs (Prag/Wien), v. a. aber an den veränderten politischen und konfessionellen Verhältnissen im Reich nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555), durch den nicht nur der Protestantismus reichsrechtlich anerkannt, sondern auch der Kaiser zum Oberhaupt eines bikonfessionellen Reichs geworden war. Selbst die der Kirche und Kurie nahestehenden Kaiser Ferdinand I. und Rudolf II. mußten mit Rücksicht auf die protestantischen Reichsfürsten eine Politik verfolgen, die öfters zu Friktionen mit Rom führte (Stichwort: Regalienverleihung86, Obödienzangelegenheit87). Hingegen gab es einen weitgehenden Konsens zwischen Kaiser und Papst bei der Lösung konfessioneller Probleme, die die Territorien betrafen, denen der Kaiser als Landesherr vorstand (also die österreichischen Erbländer bzw. Ungarn und Böhmen). Kirchliche Fragen konnten aus Sicht der Kurie praktisch seit 1555 nicht mehr auf Reichsebene, sondern nur noch auf Landesebene befriedigend geklärt werden. Es ist deshalb nicht erstaunlich, daß sich Papst und Kurie nach weiteren Verbündeten unter den katholischen Territorialfürsten umsahen. Ins Auge gefaßt wurde neben den habsburgischen Erzherzögen Ferdinand und Karl, die in Tirol und Vorderösterreich bzw. Innerösterreich regierten, auch Herzog Albrecht von Bayern aus dem Haus Wittelsbach, der neben der Casa d’Austria bedeutendsten katholisch verbliebenen Dynastie im Reich.88 Diese in den 70er Jahren angebahnten bilateralen Beziehungen zwischen der Kurie und einigen katholischen Reichsfürsten kamen beiden Seiten entgegen: Rom konnte mit Hilfe der Landesherren sein Reformprogramm in den jeweiligen Territorien umsetzen, die Landesfürsten ihrerseits und ihre Höfe erfuhren einen Prestigezuwachs durch die Anwesenheit eines päpstlichen Nuntius, die sonst nur an den großen politischen Zentren Europas anzutreffen waren. Als Prototyp des nachtridentinischen Nuntius ist der aus Friaul stammende Bartolomeo Portia anzusprechen, der sich zwischen 1572 und 1578 mit verschiedenen Aufträgen im Reich aufhielt, v. a. in den südlichen Territorien.89 Er wurde entsandt 85 86

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Vgl. Kap. I.4. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. XXXI. Vgl. Kap. I.6. Zu den Beziehungen zwischen Rom und den bayerischen Herzögen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vgl. Bettina Scherbaum, Bayern und der Papst. Politik und Kirche im Spiegel der Nuntiaturberichte (1550 – 1600), St. Ottilien 2002 (Forschungen zur Landes- und Regionalgeschichte 9). Vgl. Kap. III.3.

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zunächst explizit zu den Erzherzögen von Tirol und Innerösterreich, zum Herzog von Bayern sowie zum Erzbischof von Salzburg. Die Aufträge, die der Nuntius für München, Innsbruck und Graz erhielt, sind nahezu identisch. Es sind dies im einzelnen folgende Punkte, die zwei thematischen Gruppen (Kirchenreform; Bekämpfung des Protestantismus) zuzuordnen sind:90 Reform des Welt- und Ordensklerus (unter Abstellung aller Mißstände wir etwa Konkubinat, Klausurübertretungen etc.), Abhaltung von Visitationen, Kontrolle und Unterstützung der Bischöfe, Förderung des Priesternachwuches, Katholisierung der Höfe und der Universitäten91, Anbahnung von Konversionen, Gründung von katholischen Druckereien und Kontrolle des Buchmarkts. In Salzburg sollte der Nuntius den Fortgang der Provinzialsynode92 beobachten und für die Umsetzung der Bestimmungen dieser Kirchenversammlung sorgen. Portia sollte schließlich auch die Schweizer Diözesen visitieren. Diese Reise kam aber nicht zustande. Hingegen ging Portia 1577 als außerordentlicher Nuntius nach Köln, um als päpstlicher Vertreter die Wahl des neuen Erzbischofs zu observieren und nach Möglichkeit zu beeinflussen. Es gelang ihm aber nicht, den päpstlichen Wunschkandidaten (Ernst von Bayern) zu plazieren.93 Portia hatte mit seiner Tätigkeit im Reich einen weiten geographischen Raum abgedeckt und war gewissermaßen zum Vorläufer der späteren ständigen Nuntien in Graz (ab 1580) und Köln (ab 1584) und in gewisser Weise auch der in der Schweiz und Flandern geworden. Wesentlicher aber ist, daß das Kerngeschäft der PortiaNuntiatur, das promovere il negocio de la riforma94 stilbildend wurde für alle päpstlichen Nuntiaturen der folgenden Pontifikate. Die Nuntien wurden damit neben den Vertretern der Reformorden zu den wichtigsten Vermittlern der tridentinischen 90

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Die Instruktion für die Sendung Bartolomeos von 1573 ist nicht überliefert, jedoch liegen Memoranden führender Kardinäle der deutschen Kongregation (Giovanni Ludovico Madruzzo, Giovanni Morone, Zaccaria Delfino) von Mai/Juni 1573 vor, in denen Ausgangslage und Auftrag für Portia genau skizziert wurden, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896, S. 11 – 34. Nach Karl Schellhass dürfte die Endfassung der Instruktion weitgehend identisch sein mit der Denkschrift von Anfang Juni 1573, die als Dokument Nr. 3, S. 16 – 34 abgedruckt ist. Nach Schellhass (ebd. S. 16, Anm. 1) könnte es sich bei dem Autor um Kardinal Giovanni Ludovico Madruzzo handeln. U. a. wird Portia nahegelegt, die bildungspolitischen Maßnahmen Erzherzog Ferdinands zu würdigen (Förderung des katholischen Charakters der Universität Freiburg, Verbot des Besuchs von protestantischen Hochschulen durch die Untertanen), vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 23. Vgl. Gerhard B. Winkler, Die nachtridentinischen Synoden im Reich. Salzburger Provinzialkonzilien 1569, 1573, 1576, Wien-Köln-Graz 1988, hier v. a. S. 272 – 283. Zur außerordentlichen Nuntiatur Portias in Köln vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 1: Der Kampf um Köln (1576 – 1584), bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892 und Alexander Koller, Bartolomeo Porcias Kölner Mission 1577. Abschriften der Weisungen des Staatssekretärs Gallio im Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 80 (2000), S. 453 – 494. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 17.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Reform in Europa. Die Hauptinstruktionen der Nuntien, die seit kurzem für den Zeitraum von 1592 bis 1623 vollständig ediert vorliegen, belegen dies, egal welches Dokument wir zur Hand nehmen: sei es die Instruktion für Girolamo Portia,95 der 1592 nach Graz ging, die für Antonio Caetani,96 bestimmt 1607 für den Kaiserhof, oder die für den 1621 zum Kölner Nuntius ernannten Pietro Francesco Montoro,97 um jeweils ein Beispiel aus den Pontifikaten Clemens’ VIII., Pauls V. und Gregors XV. zu nennen. 6. Möglichkeiten und Grenzen der nachtridentinischen Nuntien In der Zeit zwischen Mitte des 16. und Mitte des 17. Jahrhunderts konnten die Nuntien viele Erfolge bei der Erledigung ihrer kirchenpolitischen Aufträge erzielen, etwa im Rahmen von Visitationen oder im Bereich der Theologieausbildung, wo die Zusammenarbeit mit den Jesuiten reibungslos funktionierte (hier ging es beispielsweise um den Unterhalt der Priesterseminare in Prag, Wien, Graz und Ingolstadt bzw. die Auswahl geeigneter Priesteramtskandidaten für die Alumnate). Auch bei einer weiteren zentralen Aufgabe, der Beeinflussung von Bischofsernennungen,98 gab es Erfolge zu verzeichnen. So wurde in Olmütz auf Betreiben des päpstlichen Nuntius Filippo Spinelli 1599 der Kandidat der Kurie, Franz von Dietrichstein, zum Bischof gewählt. In Köln (1577) oder Breslau (1599) scheiterte die Kurie allerdings mit ihren Wünschen, im einen Fall am Votum des Domkapitels, im anderen Fall am kaiserlichen Nominationsrecht. Die schwerwiegendsten Hemmnisse erwuchsen der päpstlichen Diplomatie allerdings nicht durch die Widerstände des Ortsklerus oder die Prärogativen der weltlichen Gewalten (Patronats- und Nominationsrechten), sondern durch die selbstgewählte konfessionelle Festlegung. Es war v. a. das Feld der großen Politik, in dem sich die Begrenzung der kurialen Diplomatie durch die zunehmende Konfessonalisierung besonders negativ auswirkte. Am deutlichsten zeigte sich diese Reduzierung des politischen Gewichts des Heiligen Stuhls auf dem Feld der Friedensvermittlung, die die Päpste gerne in Entsprechung des von ihnen propagierten Bildes eines über den Konfliktparteien stehenden padre comune anstrebten.99 Als die letzten großen erfolgreichen päpstlichen Mediationen der Frühen Neuzeit haben die Verträge von Vervins und Lyon (1598 und 1601) zu gelten.100 Schon kurze Zeit später geriet die kuriale Friedensvermittlung in die Krise. Der in Turin 95 96 97 98 99

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Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 33 – 52. Giordano, Istruzioni di Paolo V, S. 511 – 517. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 760 – 781. Vgl. Jedin, Nuntiaturberichte, S. 184. Zur päpstlichen Friedensvermittlung im 16. Jahrhundert vgl. Alain Tallon, Les missions de paix de la papauté au XVIe siècle, in: Daniel Tollet (Hg.), Guerres et paix en Europe centrale aux époques moderne et contemporaine, Mélanges d’histoire des relations internationales offerts à Jean Bérenger, Paris 2003, S. 165 – 180. Vgl. Bernard Barbiche, Ségolène de Dainville-Barbiche, La diplomatie pontificale de la paix de Vervins aux traités de Westphalie (1598 – 1648). Permanences et ruptures, in: Lucien

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agierende Nuntius Costa war zwar an den Verhandlungen beteiligt, die im Kontext des Monferratokonflikts zum zweiten Friedensvertrag von Asti führten, verweigerte aber letztendlich seine Unterschrift, da der Vertrag neben Frankreich und Venedig auch von England garantiert werden sollte.101 Daß der Name eines päpstlichen Nuntius neben dem des Vertreters eines häretischen Königs in einem völkerrechtlichen Dokument aufscheinen sollte, war undenkbar. Ein völliger Mißerfolg wurde die von Kardinal Francesco Barberini 1625/26 durchgeführte Mission zur Beilegung des Veltlin-Konflikts, und dies obwohl hier „nur“ zwischen zwei katholischen Mächten, Frankreich und Spanien, zu vermitteln war.102 Die Schwächen der päpstlichen Diplomatie zeigten sich dann in aller Deutlichkeit bei den Friedensverhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Denn abgesehen vom Ergebnis, das Innozenz X. als inakzeptabel betrachtete und mit seinem Veto belegte, waren schon während der Verhandlungen die Defizite der päpstlichen Vermittlung deutlich zu Tage getreten, da der mit der Mediation beauftragte Fabio Chigi nur zur direkten Verhandlung mit katholischen Kollegen autorisiert war, mit Protestanten konnte er sich allenfalls über Dritte austauschen. Auch hier war wiederum die venezianische Diplomatie im Vorteil. Konnte die Republik Venedig, wie bereits gesehen, mit ihren Auslandsvertretungen am englischen Hof und bei der Hohen Pforte ein größeres politisches Spektrum abdecken, so konnte sie auch bei der Mediation flexibler agieren, da ihr Botschafter Alvise Contarini in direkten Kontakt mit den Repräsentanten protestantischer Staaten treten konnte.103 7. Zusammenfassung 1. Das päpstliche Gesandtschaftswesen wurde im 16. Jahrhundert ausgebaut und neuorganisiert. Die fortschreitende Bürokratisierung der römischen Kurie, v. a. aber die Reformdekrete des Konzils von Trient lieferten dafür entscheidende Impulse. 2. Der fortschreitende Reformprozeß bewirkte bei der Aufgabenstellung eine Verschiebung der Gewichte zugunsten konfessioneller und kirchlicher Fragen und führte zu einer Klerikalisierung und Italienisierung der Nuntiaturen104. Die Wirksamkeit

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Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, Paris 2000, S. 555 – 566, hier S. 557 f. Vgl. Tobias Mörschel, Buona amicitia? Die römisch-savoyischen Beziehungen unter Paul V. (1605 – 1621). Studien zur frühneuzeitlichen Mikropolitik in Italien, Mainz 2002 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 193, Abt. für Universalgeschichte), S. 261 und 282 f. Vgl. Barbiche/Dainville-Barbiche, La diplomatie pontificale, S. 558. Vgl. Kap. I.13, S. 197. Burkhardt Schneider spricht in diesem Zusammenhang von der „Verkirchlichung“ der Nuntien, vgl. Ders., Die Jesuiten als Gehilfen der päpstlichen Nuntien und Legaten in Deutschland zur Zeit der Gegenreformation, in: Saggi storici intorno al papato dei Professori della Facoltà di Storia Ecclesiastica, Roma 1959 (Miscellanea Historiae Pontificiae 21), S. 269 – 303, hier S. 303.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

der päpstlichen Emissäre auf dem Feld der Reformpolitik war hoch, allerdings nur in den katholisch verbliebenen Teilen Europas. 3. Gleichzeitig verloren die Nuntien über die Konfessionensgrenzen hinaus stark an politischem Gewicht durch die fortschreitende dogmatische Verengung der Kurie. Auch die Figur des padre comune, d. h. das von der Kurie propagierte Bild des Papstes als unabhängige, über den Parteien stehende Instanz, konnte allenfalls noch im engen katholischen Kontext auf Akzeptanz stoßen. Fazit: Im Prozeß der Konfessionalisierung sind die Nuntien Akteure, sie werden zu zentralen Vermittlern des gegenreformatorischen Programms, allerdings mit der Konsequenz, daß sie gleichzeitig selbst von der Konfessionalisierung erfaßt (konfessionalisiert) werden und dadurch einen gravierenden politischen Bedeutungsverlust erleiden.

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2. Einige Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof (1559 – 1655) Die Nuntiaturen zählen seit Beginn der Neuzeit zu den herausragenden und am meisten wahrgenommenen Ämtern der römischen Kurie. Der hohe Grad an „Sichtbarkeit“ liegt in der Natur des Amtes selbst begründet, welches die Außenvertretung des Heiligen Stuhles – entsprechend der päpstlichen Doppelnatur – in politischen und religiösen Belangen (in politicis und in ecclesiasticis) beinhaltet. Im folgenden sollen an einem bestimmten Beispiel Beobachtungen zu Nuntienkarrieren angestellt werden, um einige Aufschlüsse zu erhalten über den Stellenwert dieser Funktion innerhalb der kurialen Ämterlaufbahn, über die Voraussetzungen, an welche die Übertragung einer Nuntiatur geknüpft war, und über die Perspektiven, die sie eröffnete. Die Analyse wird sich auf die Nuntien beschränken, die in Deutschland, genauer gesagt am Kaiserhof, zum Einsatz kamen. Berücksichtigt werden dabei lediglich die ordentlichen Nuntien, nicht aber die Legaten, Internuntien und sonstigen außerordentlichen päpstlichen Emissäre. Der zeitliche Rahmen reicht von 1559 bis 1655. Die Anfangs- und Endzäsur des Untersuchungszeitraums ist bewußt gewählt. Ab dem Pontifikat Pius’ IV. (1559 – 1565), der zusätzlich zu den bestehenden Nuntiaturen in Frankreich, am Kaiserhof, in Spanien, Polen, Venedig und Neapel diplomatische Vertretungen in Turin und Florenz errichtete, kann man in gewisser Weise von einem System der Nuntiaturen sprechen. Darüber hinaus sollte das Konzil von Trient, das unter demselben Pontifikat zu Ende ging, die Nuntiaturen inhaltlich (durch die Betonung der innerkirchlichen Reform) wie kirchenrechtlich (durch die Neuregelung der Fakultäten) beeinflussen.105 Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts sollte nach Biaudet „la période la plus intéressante, la plus décisive de l’histoire du développement de la nonciature permanente“106 werden. Auch der Endpunkt unseres Untersuchungszeitraums, der Pontifikat Innozenz’ X. (1644 – 1655), markiert eine Wende, sowohl eine institutionelle (in gewisser Weise endet zur Jahrhundertmitte die Aufbauphase der modernen Nuntiaturen), als auch eine politische, bedingt durch den starken und folgenreichen Verlust an Macht und Einfluß, den das Papsttum mit dem Westfälischen Frieden hinnehmen mußte.107 Zu Beginn dieses Zeitraums belief sich also die Zahl der ordentlichen Nuntiaturen auf acht. Diese Zahl wurde mit der Verstetigung der päpstlichen Vertretungen in Graz, Köln, der Schweiz und Flandern unter Gregor 105

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Bernard Barbiche, Ségolène de Dainville-Barbiche, La diplomatie pontificale de la paix de Vervins aux traités de Westphalie (1598 – 1648). Permanences et ruptures, in: Lucien Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, Paris 2000, S. 555 – 566, hier S. 560, sprechen von „Nonciatures prétridentines“ (Frankreich, Spanien, Kaiserhof, Polen, Venedig), „italiennes“ (Neapel, Savoyen, Florenz) und „septentrionales ou germaniques“ (Schweiz, Graz, Köln, Flandern). Henry Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B, II/1), S. 23. Vgl. ebd. S. 37: „L’histoire de son développement prend fin aux traités de Westphalie“.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

XIII., Sixtus V. bzw. Clemens VIII. weiter ausgebaut, so daß der Heilige Stuhl zwischen 1596 und 1622 (also zwischen der Errichtung der Brüsseler und der Auflösung der Grazer Nuntiatur) insgesamt zwölf ordentliche Nuntiaturen unterhielt. Neben eigenen Beobachtungen zur Kaiserhofnuntiatur108 sind für Analysen, wie sie im folgenden anstellt werden sollen, die Ergebnisse jüngerer Studien zu Frankreich durch Bernard Barbiche,109 zu Polen durch Henryk Damian Wojtyska110 und zu Luzern durch Urban Fink111 aufschlußreich. Daneben mußte v. a. auf prosopographische Werke zurückgegriffen werden. Für unser Thema sind hier zunächst zwei Klassiker zu nennen: Henry Biaudets Nuntienlisten112 und Katterbachs Übersicht zu den Referendarii utriusque113. Jüngst hinzugekommen ist Webers umfangreiches Nachschlagewerk zu den höchsten administrativen Stellen in den einzelnen Distrikten des Kirchenstaats.114 Schließlich ist zu verweisen auf die Editionen der Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. und Gregors XV. durch Klaus Jaitner,115 deren Einleitungen ausführliche NuntienBiogramme mit wichtigen Angaben zur Karriere enthalten. Die Lücke zwischen diesen beiden Pontifikaten ist vor kurzem geschlossen worden durch eine von Silvano Giordano bearbeitete Edition, die die Hauptinstruktionen Pauls V. enthält.116 Es ist nunmehr möglich, Inhalte der kurialen Außenpolitik sowie das Funktionieren der Nuntiaturen über einen Zeitraum von über 30 Jahren (1592 – 1623) nachzuvollziehen. 108

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Alexander Koller, Nuntiaturberichte aus Deutschland als Quellen zur Landesgeschichte, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 133 (1997), S. 37 – 53, und Ders., Le nunziature di Germania e la loro edizione, in: Matteo Sanfilippo, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede come fonte per la storia moderna e contemporanea, Viterbo 2001, S. 109 – 131. Bernard Barbiche, La nonciature de France aux XVIe et XVIIe siècles: les nonces, leur entourage et leur cadre de vie, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 64 – 97. Henryk Damian Wojtyska, Zur Entstehung und Organisation der polnischen Nuntiatur bis 1572, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33 (1980), S. 58 – 76. Urban Fink, Die Luzerner Nuntiatur 1586 – 1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz, Luzern-Stuttgart 1997 (Collectanea Archivi Vaticani 40/Luzerner Historische Veröffentlichungen 32). Biaudet, Les nonciatures apostoliques. Für die zweite Hälfte des Pontifikats Innozenz’ X. ist der Folgeband zu konsultieren: Liisi Karttunen, Les nonciatures apostoliques permanentes de 1650 à 1800, Helsinki 1912 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae B V/3). Bruno Katterbach O.F.M., Referendarii utriusque signaturae a Martino V ad Clementem IX et prelati signaturae supplicationum a Martino V ad Leonem XIII, Città del Vaticano 1931 (Studi e Testi 55, Sussidi per la consultazione dell’Archivio Vaticano 2). Christoph Weber, Legati e governatori dello Stato pontificio (1550 – 1809), Roma 1994 (Pubblicazioni degli archivi di Stato, Sussidi 7). Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum); Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, bearb. von Silvano Gior dano OCD, Tübingen 2002 (Instructiones Pontificum Romanorum).

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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Zunächst soll der Verlauf einer Nuntienkarriere schematisch skizzieren werden:117 Nach dem Studium (meist der Iurisprudenz) begann die Karriere in aller Regel als Sekretär, Abbreviator usw. in einer kurialen Behörde oder außerhalb der Kurie bei einem Nuntius oder Legaten. Entscheidend war dann, in den Besitz eines kurialen Schlüsselamtes zu gelangen, das den weiteren Aufstieg ermöglichte, also ein Referendariat, Auditoriat oder Protonotariat. Von dieser Position aus konnte bereits die Übernahme einer Nuntiatur erfolgen. Oftmals sammelten die künftigen Nuntien jedoch zuvor noch zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in der Zentrale (an der Kurie) administrative Erfahrungen in den Provinzen des Kirchenstaats durch die Ausübung eines oder mehrerer governi. Nach Abschluß der Nuntiatur wartete auf einige Prälaten der Purpur als Krönung ihrer diplomatischen Laufbahn. Als Kardinäle übernahmen die ehemaligen Nuntien mitunter weitere diplomatische und administrative Aufgaben, sogenannte Legationen, und/oder übernahmen Funktionen an der Kurie. Von denen, die nicht Kardinäle wurden, erhielten die einen weitere diplomatische Aufgaben, für andere bedeutete das Ende der Nuntiatur auch das Ende der Karriere, was meist den Rückzug in ihre Diözese zur Folge hatte. Im besten Fall erhielten sie eine neue, einkunftsträchtigere Diözese, und wurden evtl. später für eine diplomatische Mission reaktiviert. Nicht zuletzt sollte auf den Tatbestand hingewiesen werden, daß eine nicht zu vernachlässigende Zahl während der Ausübung des Mandats starb. Es muß nochmals betont werden, daß es sich bei dem eben gezeigten Karriereschema nur um ein Muster handelt. Der Cursus war keineswegs von vornherein festgelegt. Von einem Automatismus kann also keine Rede sein, was Renata Ago auch für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts feststellt.118 Es gab für die Nuntien weder ein fi xiertes kuriales Einstiegsamt noch starre Karriereabläufe. Über die Zielrichtung der Karriere kann jedoch kein Zweifel bestehen. Alle Nuntien waren bestrebt, in den Kardinalsrang aufzusteigen. Dies hing nicht zuletzt mit der prekären finanziellen Situation der Nuntien zusammen, die sich in aller Regel – trotz der oft erheblichen Unterstützung durch die eigene Familie – heillos verschuldeten, da normalerweise das Amtsgehalt und die zusätzlichen Einnahmen die hohen Ausgaben für Repräsentation, Haushalt und Personal nicht abdecken konnten.119 Auch die Reisespesen wurden durch das viaticum nicht aufgefangen. Die Nuntiaturen galten mithin als die finanziell aufwendigsten Prälaturen an der römischen Kurie.120 Das Kardinalat konnte vor diesem Hintergrund als Rettungsanker fungieren, eröffnete der Purpur doch die Aussicht auf eine bisweilen sprunghafte Steigerung der Einkünfte. Der Einzug ins Heilige Kolleg bedeutete also für die Nuntien neben Prestigezugewinn v. a. die Sanierung der eigenen Finanzen. Man sah deshalb in den Nuntiaturen und den damit verbundenen finanziellen Aufwendungen eine längerfristige Investition.121 117 118 119 120 121

Vgl. Biaudet, Les nonciatures apostoliques, S. 49 f. und Fink, Die Luzerner Nuntiatur, S. 195 – 200. Vgl. Renata Ago, Carriere e clientele nella Roma barocca, Roma-Bari 1990 (Quadrante Laterza 35), S. 85. Vgl. hierzu allgemein Biaudet, Les nonciatures apostoliques, S. 67 – 92. Vgl. Ago, Carriere e clientele, S. 75. In diesem Zusammenhang sei sehr herzlich Georg Lutz gedankt, der mir das Manuskript seines anregenden Vortrags zum Thema „Vom Nuntius zum Kardinal“ zugänglich gemacht hat. Viele seiner Beobachtungen konnten bei der Abfassung dieses Kapitels fruchtbar gemacht werden.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Nach diesen für alle Nuntiaturen geltenden Vorbemerkungen sollen nun im folgenden die Inhaber der Kaiserhofnuntiatur bzw. der Nunziatura di Germania ausführlicher beleuchtet werden. Die päpstliche Vertretung beim römisch-deutschen Kaiser zählt zu den ältesten und ranghöchsten Nuntiaturen. Ohne auf die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Nuntiatur näher eingehen zu wollen, sollen wenigstens die beiden zentralen Aspekte dieser Vertretung zwischen 1550 und 1650 genannt werden: Stärkung des habsburgischen Kaisertums und Rückgewinnung des durch die Reformation und deren Folgen verlorenen Terrains für den Katholizismus.122 In der Zeit von 1559 und 1655 wurden insgesamt 29 Prälaten mit der Nuntiatur am Kaiserhof betraut. Am Anfang der Reihe steht Stanislaus Hosius (ernannt 1560 durch Pius IV.) und an deren Ende Scipione Pannocchieschi d’Elce (bestimmt 1552 durch Innozenz X.) Allerdings machten sich nur 28 auf die Reise nach Prag bzw. Wien, da Ferrante Farnese sich trotz der Ernennung durch Clemens VIII. nicht zur Übernahme des Mandats bereitfand.123 Ein Schwerpunkt der geographischen Herkunft124 liegt unter politischen Gesichtspunkten mit über 34 % bei den spanischen Gebieten (Mailand, Neapel), was angesichts des Bestimmungsorts der Nuntien, dem Kaiserhof (Prag/Wien), dem neben Madrid wichtigsten habsburgischen Hof, nicht überrascht. Zudem war ein Nuntius (Orazio Malaspina) Herr über ein reichsitalienisches Territorium und damit Untertan des Kaisers. Der Kirchenstaat mit 31 % bildet den zweithöchsten Anteil bei der Herkunft der Kaiserhofnuntien, gefolgt von der in unmittelbarer Nachbarschaft der habsburgischen Besitzungen liegenden Republik Venedig mit drei Nuntien bzw. 10,3 %. Ein Nuntius (Hosius) war nicht-italienischer Abstammung.125 Die Herkunft konnte für die Verwendung eine Rolle spielen, wobei allerdings auch politische Rahmenbedingungen einwirkten. So finden wir relativ viele Toskaner als Nuntien in Frankreich126 (aber klarerweise keinen Untertanen des Großherzogs der Toskana als Nuntius in Florenz!); Jaitner vermutet, daß der vollständige Rückgang der Venezianer im päpstlichen diplomatischen Dienst unter Gregor XV. eine Folge des Interdikts Pauls V. sei.127 Schließlich spielten oftmals auch Herkunft eines Nuntius und Herkunft des ihn entsendenden Papstes zusammen. So stammte Filip122

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Eine Übersicht der bis 1998 publizierten offiziellen Korrespondenz der Kaiserhofnuntiatur findet sich bei Alexander Koller, Bibliographie zur päpstlichen Politik und Diplomatie (1500 – 1800), I. Aktenpublikationen, in: Ders., Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 415 – 435, hier S. 431 f. Vgl. Tab. 1 im Anhang mit den Namen der Amtsinhaber und die Dauer des Aufenthalts in Deutschland. Vgl. Tab. 2 im Anhang. Hosius stammte aus Krakau. Er war Sohn des aus Deutschland (Pforzheim) stammenden Krakauer Bürgers Ulrich Hose, vgl. Henryk Damian Wojtyska, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 5, 3. Aufl., Freiburg i. Br. u. a. 1996, Sp. 284 f.; vgl. in diesem Zusammenhang Biaudet, Les nonciatures apostoliques, S. 40 mit Anm. 5, und Kap. I.2 passim. Vgl. die Aufstellung bei Barbiche, Nonciature de France, S. 67, Anm. 9. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 223.

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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po Sega, der als Kaiserhofnuntius unter Sixtus V. fungiert, aus Bologna wie Gregor XIII., unter dessen Pontifikat seine Karriere entscheidend gefördert wurde (mit der Berufung zum außerordentlichen Nuntius nach Flandern und zum ständigen Nuntius in Spanien). Auch Renata Ago weist im Zusammenhang mit der Besetzung der Referendariatsstellen auf den Einfluß der Herkunft des jeweiligen Papstes hin.128 Hier die geographische Provenienz der Kaiserhofnuntien im einzelnen: Kirchenstaat: Nr. 7 Santacroce (Rom), Nr. 10 Sega (Bologna), Nr. 13 Camillo Caetani (Rom), Nr. 15 Farnese (Latera), Nr. 18 Antonio Caetani (Sermoneta); Nr. 24 Palotta (Caldarola), Nr. 25 Rocci (Rom), Nr. 26 Baglioni (Perugia), Nr. 27 Mattei (Rom). – Mailand: Nr. 3 Biglia (Mailand), Nr. 8 Bonomi (Cremona), Nr. 12 Visconti (Mailand), Nr. 14 Speciano (Cremona), Nr. 21 Visconti Borromeo, Nr. 28 Melzi (beide Mailand). – Neapel: Nr. 16 Spinelli, Nr. 20 De Marra, Nr. 22 Gesualdo, Nr. 23 Carafa (alle Neapel). – Venedig: Nr. 2 Zaccaria Delfino, Nr. 4 Giovanni Delfino (beide Venedig), Nr. 5 Portia (Pordenone). – Savoyen: Nr. 11 Puteo (Alessandria), Nr. 17 Ferreri (Biella). – Genua: Nr. 19 Salvago (Genua). – Parma: Nr. 9 Germanico Malaspina (Parma). – Toskana: Nr. 29 Pannocchieschi d’Elce (Siena). – Monti (Reichslehen): Nr. 6 Orazio Malaspina. – Polen: Nr. 1 Hosius (Krakau). Bei den absolvierten Studien dominiert die Iurisprudenz. Neunmal ist der Grad eines Dr. utr. iur., sechsmal der eines Dr. iur. zu belegen. Als Studienorte erscheinen, soweit sie überliefert sind, häufiger Bologna (6x), Padua (5x) und Pavia (4x). Nicht überraschen dürfte, daß Universitätsorte und Geburtsorte nahe beieinander liegen, so studierten die venezianischen Patrizier Delfino in Padua, der aus Biella stammende Ferreri in Turin und der Mailänder Visconti in Pavia. Das Studium konnte in zweifacher Hinsicht eine Rolle spielen für die künftige Karriere. Zum einen lieferte das Studienfach Iurisprudenz, zumal wenn es mit dem Doktorat abgeschlossen wurde, die Voraussetzung für das Erlangen des wichtigen kurialen Amtes des Referendariats beider Signaturen. Zum anderen konnten während des Studiums wichtige Kontakte geknüpft werden.129 So lernte beispielsweise Giovanni Francesco Bonomi an der Universität Pavia Carlo Borromeo kennen, der ihn später, worauf noch zurückzukommen sein wird, außerordentlich förderte. Beide waren Schüler des berühmten Rechtslehrers und späteren Kardinals Francesco Alciati, der beide zu Doktoren utr. iuris promovierte.130 Für die weiteren Beobachtungen bietet es sich an, zwischen Karriere vor und Karriere nach der Nuntiatur zu unterscheiden. Zunächst zur Karriere vor Beginn der Nuntiatur: Mehr als die Hälfte aller ordentlichen Nuntien am Kaiserhof zwischen 1559 und 1655, nämlich 15 (51,7 %), 128 129 130

Ago, Carriere e clientele, S. 23. Vgl. hierzu auch ebd. S. 54. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken 1585 (1584) – 1590, Die Kölner Nuntiatur, Bd. I: Bonomi in Köln. Santonio in der Schweiz. Die Straßburger Wirren, bearb. von Stephan Ehses, Aloys Meister, Paderborn 1895 (Nachdr. 1969) (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 4), S. XVI.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

waren vor ihrer diplomatischen Tätigkeit an der Kurie in den Besitz eines Referendariats utr. signaturae, vier in den eines apostolischen Protonotariats gelangt (alle zu Beginn unseres Untersuchungszeitraums: Biglia, Portia, Orazio Malaspina, Sega). Die Bedeutung des Referendariats beider Signaturen als kuriales Schlüsselamt (bzw. eines mit einem Doktorat abgeschlossenen juristischen Studiums, das die Bedingung für dieses Amt bildete) wird durch diesen Befund unterstrichen. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit, in der Zeit zwischen Mitte des 16. und Mitte des 17. Jahrhunderts mit der Kaiserhofnuntiatur betraut zu werden, ohne zuvor zum Referendar beider Signaturen ernannt worden zu sein, etwa genau so hoch wie im umgekehrten Fall. Doch ist bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Tendenz festzustellen, daß die Kaiserhofnuntien vor Beginn ihrer Mission das Amt eines Referendars beider Signaturen innehatten. Neun Personen waren vor ihrer Entsendung zum Kaiser als governatori im Kirchenstaat eingesetzt, wobei es vier (Salvago, Baglioni, Mattei, Pannocchieschi d’Elce) auf drei und einer (Sega) sogar auf fünf governi gebracht hatte.131 Dies bedeutet, daß 31 % unserer Nuntien über administrative Erfahrung im Kirchenstaat vor Beginn ihrer Nuntiatur verfügten. Eine relativ hohe Zahl (19) unserer Kaiserhofnuntien (bzw. 65,6 %) konnte zum Zeitpunkt der Übernahme der Kaiserhofnuntiatur bereits einschlägige diplomatische Erfahrungen aufweisen: Fünf von ihnen hatten Nuntien bzw. Legaten begleitet. Bestimmungsorte waren zweimal Deutschland und je einmal Spanien, Frankreich und Polen.132 Zwölf hatten immerhin bereits zuvor eine ordentliche Nuntiatur absolviert (Zaccaria Delfino: beim römisch-deutschen König Ferdinand, Portia: in Süddeutschland, Santacroce: Savoyen, Germanico Malaspina: Graz, Sega: Spanien, Salvago: Graz, De Marra: beim böhmischen und ungarischen König Matthias, Gesualdo: Flandern, Rocci: Schweiz, Melzi: Florenz; Pannocchieschi d’Elce: Venedig). Es dominiert dabei der deutsche Raum, die katholischen Kernzonen des Reichs bzw. Gebiete an der Peripherie des Reichs (Flandern, Schweiz). Zwei waren bereits als ordentliche Nuntien bei den Erzherzögen bzw. Königen Ferdinand (I.) und Matthias, bevor diese zum Kaiser gewählt wurden (Zaccaria Delfino, De Marra). Vier hatten außerordentliche Missionen ausgeführt, sämtlich im Reich (Portia: Köln, Bonomi: Schweiz, Germanico Malaspina: Köln, Sega: Flandern). Zwei Nuntien (Visconti, 131

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Hier die Verteilung der governi bzw. vicelegazioni im einzelnen: Fünf Ämter: Sega (Cesena, Forlì, Imola, Romagna, Marken). – Drei Ämter: Salvago (Romagna, Rimini, Città di Castello), Baglioni (Forlì, Todi, Marken), Mattei (San Severino, Urbino, Perugia), Pannocchieschi d’Elce (Spoleto, Ancona, Fermo). – Zwei Ämter: Santacroce (Fermo, Perugia), Rocci (Fermo, Ferrara). – Ein Amt: Farnese (Marken), Palotta (Ferrara). Giovanni Delfino konnte während der Legation des Kardinals Giovanni Francesco Commendone ins Reich erste Erfahrungen über Deutschland sammeln. Camillo Caetani begleitete 1589 seinen Bruder, den Kardinallegaten Enrico Caetani, nach Frankreich. Cesare Speciano hatte zusammen mit Ippolito Aldobrandini im Gefolge des Kardinallegaten Michele Bonelli 1571 Spanien kennengelernt. Antonio Caetani begab sich mit seinem Onkel, dem Kardinallegaten Enrico Caetani, 1593 nach Polen. Placido De Marra konnte sich an der Seite des Kardinallegaten Giovanni Garzia Millini 1608 am Kaiserhof einen Eindruck vom Konflikt zwischen Kaiser Rudolf II. und dessen Bruder Matthias verschaffen.

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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Palotta) waren zuvor als Kollektoren in Portugal zum Einsatz gekommen. Einer (Hosius) stand in weltlichem Dienst, er war nämlich für den polnischen König am Kaiserhof tätig. D. h. es läßt sich unschwer feststellen, daß die Kurie bei der Besetzung der ständigen Nuntiatur am Kaiserhof verstärkt auf Personen zurückgriff, die bereits einmal in Deutschland gewesen waren, sei es als Begleiter von Legaten, sei es im Rahmen einer ordentlichen bzw. außerordentlichen Nuntiatur oder gar im weltlichen Dienst. Bei vielen der uns begegnenden Prälaten wurde die Karriere entscheidend durch die eigene Familie gefördert: Oftmals läßt sich bei einer Familie eine diplomatische Tradition nachweisen, die für die Auswahl des Kandidaten ausschlaggebend gewesen sein könnte. Ottavio Santacroce konnte sich auf seinen Onkel Kardinal Prospero berufen, der mehrfach als päpstlicher Nuntius eingesetzt worden war. Mit Zaccaria und Giovanni Delfino sowie Camillo und Antonio Caetani sehen wir sogar zwei Vertreter ein und derselben Familie als Nuntien am Kaiserhof. Camillo und Antonio Caetani hatten im Vorfeld ihrer Nuntiatur am Kaiserhof ihren Bruder bzw. Onkel Kardinal Enrico Caetani auf dessen Legationen begleitet, der eine nach Frankreich, der andere nach Polen. Auch Palotta und Puteo halfen als Kardinalsnepoten die Familienbeziehungen (Kardinal Giacomo Puteo hatte seinen Neffen Antonio 1562 in den Besitz des von ihm gehaltenen Erzbistums Bari gebracht).133 Nahtlos schließt sich die Frage der übrigen Protektion an: Zehn spätere Nuntien waren von Kardinälen gefördert worden, wobei der Name Carlo Borromeo als padrone dominiert, mit dem nahezu alle Kaiserhofnuntien der letzten drei Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts mehr oder weniger enge Beziehungen unterhielten.134 Ein späterer Nuntius (Sega) genoß eine besondere päpstliche Protektion durch seinen Landsmann Gregor XIII. Was die Protektion durch einen Kardinal bedeuten konnte, sei am Beispiel von Giovanni Francesco Bonomi verdeutlicht:135 Wie bereits erwähnt, studierten Bonomi und Carlo Borromeo zusammen an der Universität Pavia. Als dieser 1560 von seinem Onkel Pius IV. mit 22 Jahren zum Kardinal erhoben worden war und das Staatssekretariat übernommen hatte, holte er Bonomi nach Rom und machte ihn zu seinem Auditor. Auf seine Empfehlung erhielt er das Referendariat beider Signaturen. In seiner Eigenschaft als Großpönitentiar erwirkte Borromeo dann Bonomis Ernennung zum referendarius poenitentiariae, als Erzpriester von S. Maria Maggiore machte er ihn zu seinem Vikar. Als Carlo Borromeo nach dem Tod Pius’ IV. Rom verließ, um sich seinem Erzbistum Mailand zu widmen, resignierte er einige Benefizien, u. a. die Abtei Nonantola. Auf seinen Vorschlag hin wurde ein neuer Abt 133 134 135

Giovanni Battista Palotta wurde von seinem Onkel, Kardinal Giovanni Evangelista Palotta, gefördert. Vgl. hierzu auch Ago, Carriere e clientele, S. 133. Barbiche, Dainville, Diplomatie pontificale, S. 561 können eine ähnliche Bedeutung Borromeos bei der Besetzung der Pariser Nuntiatur unter Gregor XIII. feststellen. Ehses, Kölner Nuntiatur, Bd. I,, S. XVI – XXX. Vgl. zu ihm jetzt auch die Studie von Antonio Filipazzi, Sul rapporto fra Carlo Borromeo e gli ecclesiastici della diplomazia pontificia: Il caso di Giovanni Francesco Bonomi, in: Egon Kappellari, Herbert Schambeck (Hgg.), Diplomatie im Dienst der Seelsorge, Graz-Wien-Köln 2002, S. 444 – 465.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

ernannt: Giovanni Francesco Bonomi. Als nächstes mußte Bonomi, der zwischenzeitlich Borromeo auf dessen Visitationsreisen begleitete und Kommissionen für den Kardinal in Rom erledigte, mit einem Bistum versorgt werden. Dabei fiel das Auge auf Vercelli, seit 1562 im Besitz des Kardinals Guido Ferreri. Die Diözese, die später zum Erzbistum erhoben wurde, gehörte damals zur Kirchenprovinz Mailand und unterstand damit Borromeo als Metropoliten, dem es leicht gelang, Ferreri zum Verzicht auf Vercelli gegen Überlassung der Abtei Nonantula zu bewegen. Auch Gregor XIII. war für den Handel zu gewinnen, so daß der Tausch 1572 zustande kam. 1579 wurde Bonomi zum Nuntius in der Schweiz ernannt. Daß die Anregung hierfür von Borromeo ausging, wird nicht weiter verwundern. 1581 wurde Bonomi zum Nuntius am Kaiserhof als Nachfolger des nach kurzer Amtszeit in Prag verstorbenen Ottavio Santacroce bestimmt. Eine aktive Mitwirkung Borromeos läßt sich nicht erkennen, war aber in diesem Stadium der Karriere vermutlich auch gar nicht mehr vonnöten. Eine Bilderbuchkarriere, der allerdings der krönende Abschluß, das Kardinalat, verwehrt bleiben sollte. Auf diesen Umstand wird weiter unten zurückzukommen sein. Bei den Daten der Nuntiatur selbst sollten das Alter der Kaiserhofnuntien bei Beginn ihrer Mission und die durchschnittliche Dauer des Mandats ins Auge gefaßt werden, wobei letzterer eine hohe karriererelevante Bedeutung zukommt. Im Schnitt wurden die Kaiserhofnuntien im Alter von 44,7 Jahren ernannt (der jüngste war Visconti Borromeo mit 26, gefolgt von Spinelli, 32, und Zaccaria Delfino, 33; die ältesten waren Mattei und De Marra, beide mit 62, gefolgt von Biglia, Ferrante Farnese, Baglioni, alle drei waren bei Amtsantritt 55 Jahre alt). Die Nuntien blieben durchschnittlich 3,4 Jahre vor Ort in Prag bzw. Wien. Den Rekord hält Melzi mit acht Jahren gegen Ende des Pontifikats von Urban VIII., gefolgt von Carlo Carafa und Giovanni Delfino mit sieben Jahren (er war 1571 von Pius V. ernannt und ein Jahr später von Gregor XIII. bestätigt worden; der Tod Maximilians II. und die Übernahme der kaiserlichen Regierung durch Rudolf II. 1576 wirkte sich verlängernd auf die Nuntiatur aus)136; die kürzeste Amtszeit hatten Bartolomeo Portia und Ottavio Santacroce (beide starben etwa gleich alt nach jeweils nur drei Monaten im hochsommerlichen Prag in Ausübung ihres Mandats), während Ferrante Farnese sein Amt überhaupt nicht angetreten hatte. Der Faktor Dauer der Nuntiatur sollte bei einer Analyse der Karriere nicht zu gering veranschlagt werden. Eine lange Laufzeit war riskant und konnte sich negativ auswirken. Zum einen konnte ein jederzeit eintretender Pontifikatswechsel für die betroffene Person radikal veränderte Karrierebedingungen schaffen, weshalb es geraten schien, nach Möglichkeit während des laufenden Pontifikats weiterzukommen. Zum anderen lockerten sich bei längerer Abwesenheit die Kontakte zu den Schlüsselfiguren an der Kurie. Vor diesem Hintergrund durften die Nuntien während ihrer Tätigkeit vor Ort die weitere Karriere nicht aus dem Auge verlieren. Zunächst durfte selbstverständlich 136

Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. IX, XI f.

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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ihre Amtsführung selbst keinen Anlaß zu Kritik bieten. Sie konnten sich also keine Fehler leisten. Andererseits mußte intensiver Kontakt mit einflußreichen Kurialen gepflegt werden, gerade weil man weit entfernt vom Zentrum agierte. Dies war besonders wichtig, wenn es darum ging neue Benefizien und Ämter zu erlangen. Ein Negativbeispiel ist unter diesem Aspekt Giovanni Delfino. Dieser war vor seiner Nuntiatur im Besitz des kleinen venezianischen Lagunenbistums Torcello. Um seine maroden Finanzen aufzubessern, wollte er in den Genuß einer einträglicheren Pfründe gelangen. Eine Möglichkeit bot sich, als im Juni 1577 sein Amtskollege Niccolò Ormaneto in Madrid starb, der im Besitz des Bistums Padua war. Allerdings zog er bei der Neubesetzung des Paduaner Bischofsstuhl den kürzeren gegenüber Federico Corner, der offensichtlich über die bessere Protektion an der Kurie verfügte. Die Entscheidung Gregors XIII. wurde Delfino durch Kardinal Gallio Ende Juli 1577 mitgeteilt:137 In questa provisione che s’ ha fatt [...] memoria de la persona di V. S., et N. S. se l’ è mostrato veramente amabile et benigno, ma non potendosi dare a più che ad uno, non è stato miracolo che il rispetto […] et la presenza de l’Ill.mo Card. Camerlengo habbi superato („Bei der gerade erfolgten Ernennung ist Ihr Name genannt worden und Ihre Heiligkeit hat sich sehr freundlich und gewogen gezeigt, aber da man es [das Bistum Padua] nicht an mehr als eine Person vergeben kann, war es nicht verwunderlich, daß das Ansehen und die Gegenwart des Kardinals und Camerlengo den Sieg davon getragen hat“). Der Camerlengo war der Onkel des neuen Paduaner Bischofs Federico Cornaro, Luigi Cornaro! Im offiziellen Bericht vom 21. September 1577 aus Wien nimmt Delfino – nicht ohne ironischen Unterton – dazu Stellung: Della memoria che V. S. Ill.ma ha havuta di me nella vacanza di Padova, come gliene resto con infinito obligo per la buona opinione che la tiene di me, giudicandomi atto a simil carico, così debbiamo credere che N. S. con la prudenza sua indrizzata dallo Spirito Santo, haverà fatta quella elettione che serà di maggior honor di Dio et servitio della religione, dovendosi in attione di tanta importanza haver più l’occhio al beneficio della Chiesa che ad altri aff etti particolari, et però io, che conosco le imperfettioni mie, debbo restarne contento („Was die Tatsache anlangt, daß Sie sich meiner bei der Neubesetzung des Bistums Padua erinnert haben, bin ich Ihnen zu unendlichem Dank verpflichtet für die gute Meinung, die Sie von mir haben, indem Sie mich geeignet halten für eine solche Aufgabe. Ebenso müssen wir glauben, daß der Papst in seiner Klugheit und geleitet vom Heiligen Geist diese Ernennung zur höheren Ehre Gottes und aus religiöser Verpflichtung heraus vorgenommen hat, weil er bei einer Maßnahme von dieser Bedeutung mehr auf den Nutzen der Kirche als auf andere persönliche Regungen Rücksicht nehmen muß, und ich, der ich meine Schwächen kenne, habe mich damit abzufinden“).138 Wie verstimmt Delfino war – v. a. wegen der Intrigen seiner Gegner – und wie besorgt er hinsichtlich seiner künftigen Karriere war, geht aus einem anderen, ebenfalls an Kardinal Gallio adressierten Schreiben hervor, das der Nuntius mit eigener 137 138

ASV, Segreteria di Stato, Germania 7, fol. 287r – v, Konz., Druck: Koller, NBD, Bd. III/9, S. 202. ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 201r – 203v, Or., Druck: Koller, NBD, Bd. III/9, S. 245 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Hand (also ohne Einbeziehung des Sekretärs) unter dem Datum des 19. Oktober 1577 abfaßte. Der Brief139 ist im übrigen rhetorisch raffiniert formuliert, denn er enthält deutliche Hinweise auf die physischen Strapazen und finanziellen Belastungen der Mission, ohne daraus explizit einen Anspruch auf entsprechende Kompensation abzuleiten: Credo che la S. V. Ill.ma et Rev.ma haverà potuto comprendere per altre mie [Delfino bezieht sich auf das oben zitierte Schreiben; Anm. d. Vf.], quanto poco mi habbia mosso il non haver ottenuto il vescovato di Padova, ancora che, doppo una legatione fastidiosissima di sette anni, nel qual tempo se non havevo fatto cosa rilevante in servitio della Sede Ap.ca et di S. B., mi ero almeno sforzato di non fargli danno […], et oltre ciò, messa la vita in pericolo col stare in continui viaggi et in luoghi pieni di ordinaria peste, aggiuntovi tanto interesse della robba, quanto ognuno sa, senza haver havuto alcun aiuto o ricompensa, paresse ad alcuni che io haverei potuto giustamente concorrere con ognaltro della nostra natione, ma io che conosco il carico grave et forse maggiore delle forze mie, me ne stavo contento et satisfatto [ supponendo, come gli scrissi et tuttavia credo, che N. S., guidato dallo Spirito Santo, si fusse risoluto in quella maniera, ] ma havendo poi inteso dal Zaccagni140 et da altri gli uffici che con tanta ingiustitia et malignità sono stati fatti contra di me, non ho potuto fare di non essermene gravemente risentito, et massime venendo da chi non si conveniva, et forse che, s’ io fusse stato presente [d. h. an der Kurie! Anm. d. Vf.], non sarebbono trascorsi tanto innanti; io mi acquieto assai facilmente a non acquistare dignità et particolarmente con cura di anime, ma il perdere l’ honore che mi trovo, in ricompensa di tanti anni di servitù, non si può patire, parendomi essere per conscientia obligato a diff enderlo et, perché troppo lunga cosa sarebbe il voler dar conto di ogni cosa in scrittura alla S. V. Ill.ma, mi rimetterò a ciò che le dirà il sudetto Zaccagni [...] et per l’amore che sempre mi ha mostrato, la continuerà in mantenermi nella protettion sua come ha fatto fin hora, et io all’ incontro mi sforzerò di servirla con tutte le mie forze in ogni occasione („Ich glaube, daß Sie aus meinen früheren Briefen ersehen haben, wie wenig mich berührte, daß ich das Bistum Padua nicht erlangt habe; trotzdem, nach einer äußerst anstrengenden Mission von sieben Jahren, während denen ich mich, wenn ich schon nichts Wesentliches für den Heiligen Stuhl und den Papst gemacht habe, so doch wenigstens angestrengt habe, ihnen keinen Schaden zuzufügen, und darüber hinaus mein Leben Gefahren ausgesetzt habe durch ständiges Reisen mit Aufenthalten an pestverseuchten Orten unter großem Einsatz von eigenem Vermögen, wie jeder weiß, ohne irgendeine Hilfe oder Entschädigung zu erhalten, glauben einige, daß ich berechtigterweise mit jedem anderen unserer Nation konkurrieren konnte, aber ich, der ich das schwere und vielleicht meine Kräfte übersteigende Amt kenne, fand mich damit ab, weil ich annahm, wie ich Ihnen schrieb und immer noch glaube, daß der Papst geleitet vom Heiligen Geist auf diese Weise seinen Entschluß gefaßt hatte. Da ich nun aber von Zaccagni und anderen gehört habe, mit welcher Ungerechtigkeit und Boshaftigkeit gegen mich intrigiert wurde, bin ich nun wirklich 139 140

ASV, Segreteria di Stato, Germania 74, fol. 229r, Autograph, Druck: Koller, NBD, Bd. III/9, S. 273 f. Delfinos Agent in Rom.

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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sehr verletzt, v. a. weil diese Vorwürfe von unberechtigter Seite vorgetragen wurden, und diese Personen, wenn ich vor Ort gewesen wäre, nicht soweit hätten gehen können; ich finde mich ziemlich leicht damit ab, Würden nicht zu erlangen, v. a. wenn sie mit Seelsorge verbunden sind, aber meine Ehre zu verlieren als Belohnung für so eine lange Dienstzeit, das kann ich nicht hinnehmen, da es mir scheint, sie [die Ehre] aus Gewissensgründen verteidigen zu müssen. Weil es zu umständlich ist, mich Ihnen gegenüber zu allen Punkten schriftlich zu äußern, verweise ich auf das, was besagter Zaccagni vorbringen wird […] und aus Zuneigung zu mir, die Sie mir immer gezeigt haben, werden Sie mich weiterhin wie bisher Ihre Protektion erfahren lassen und ich werde meinerseits Ihnen mit allen meinen Kräften bei jeder Gelegenheit dienen“). Diese Stelle belegt deutlich, daß die Nuntien hinsichtlich des Erlangens neuer Ämter und der Sicherung ihres Einflusses gegenüber den direkt in Rom agierenden Konkurrenten benachteiligt waren. Kommen wir nun zur Karriere unserer Kaiserhofnuntien nach Abschluß ihrer Mission: Hier gilt allgemein, wie bereits festgestellt, daß die Nuntien ihre Mission nach Möglichkeit vor dem Tod des sie entsendenden Papstes beenden mußten. Fiel in die Nuntiatur ein Pontifikatswechsel, hatte dies weitreichende Folgen, sei es für den erstrebten Aufstieg in das Kardinalskollegium oder die Übertragung einer reichen Diözese und dergleichen mehr. Zunächst läßt sich sagen, daß vier Nuntien das Ende ihres Mandats erst gar nicht erreichten. Sie starben in Ausübung ihrer Funktion.141 Das entspricht einem Prozentsatz von 13,8 %. Allein zwischen 1571 und 1581 starben drei von fünf Nuntien, nämlich Biglia142, Portia143 und Santacroce144. Die Attraktivität und das Prestige der Kaiserhofnuntiatur dürfte darunter einigermaßen gelitten haben. Von den verbleibenden 25 wurden elf zu Kardinälen erhoben.145 In Prozent ausgedrückt waren es 37,7 %. Wir finden sie später in verschiedenen Kongregationen an 141

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Vitaliano Visconti Borromeo starb im Alter von ca. 27 Jahren in Prag an einer fiebrigen Erkrankung, vgl. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 232 f. Zu den übrigen drei Todesfällen vgl. die folgenden Anmerkungen. Als Todesursache für Melchiorre Biglia (gest. 22. April 1571 in Prag) wird Fleckfieber angegeben, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung 1560 – 1572, Bd. 7: Nuntius Biglia 1570 (Jänner) – 1571 (April), bearb. von Ignaz Philipp Dengel, aus dem Nachlaß hg. u. eingeleitet von Hans Kramer, Wien 1952, S. XII, 89 – 92. Portia, dessen Gesundheitszustand während seines gesamten Deutschlandaufenthalts von 1573 – 1578 äußerst labil war, starb an einer schweren inneren (organischen) Erkrankung nach Empfang des Sterbesakraments (Prag, 1587 VIII 12). Seine Beschwerden hatte er selbst gegenüber Gallio mit dolori colici, misti con indispositione di stomaco, atrocissimi beschrieben, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. XVI – XVIII und Kap. III.3, S. 332 f. Auch Ottavio Santacroce starb nach Ausweis seines Sekretärs Pompeo Vizani an einer fiebrigen Erkrankung nach Abfassung seines Testaments am 3. September 1581 in seiner Wohnung auf der Prager Kleinseite, vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 42r – v. Vgl. auch Kap. III.4, S. 345. Vgl. Tab. 1 im Anhang.

298

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

der Kurie (so etwa Zaccaria Delfino als Mitglied der Congregatio Germanica) oder – als Legaten – an den europäischen Fürstenhöfen wieder. Eine Mehrzahl erhielt im übrigen den Purpur von demselben Papst, von dem sie auch die Nuntiatur erhalten hatten. Daß sich ein während der laufenden Nuntiatur eintretender Pontifikatswechsel negativ zu Buche schlug, zeigt gerade das Beispiel der Kaiserhofnuntiatur: von neun Nuntien, die die Nachricht vom Tod des Papstes, der sie entsandt bzw. im Amt bestätigt hatte, am Einsatzort erhielten, erlangten später lediglich drei (Alfonso Visconti, Melzi, Pannocchieschi d’Elce) die Kardinalswürde. Das Schicksal der anderen Nuntien, die bei den Kardinalspromotionen leer ausgingen, war durchaus unterschiedlich: Giovanni Delfino, der, wie erwähnt, bei der Besetzung des Paduaner Bischofsstuhls leer ausgegangen war, kehrte nach sieben Jahren Dienst am Kaiserhof nach Italien zurück. Ein Jahr später erhielt er das Bistum Brescia. Eine Erhebung zum Kardinal verhinderte offensichtlich eben jener Borromeo, der sich für Bonomi so stark gemacht hatte. Denn der Mailänder Erzbischof war unzufrieden mit den reformerischen Anstrengungen Delfinos als Bischof von Brescia.146 Orazio Malaspina wurde mit einer außerordentlichen Nuntiatur nach Frankreich betraut, wo er 1582 starb.147 Giovanni Francesco Bonomi wurde unmittelbar nach seiner Tätigkeit am Kaiserhof 1584 Nuntius in Köln. Er galt als Spezialist für die Krisenregion am Rhein, war er doch schon zuvor dort zum Einsatz gekommen. Er sollte der erste ständige Nuntius in Köln werden. Allerdings nahm Bonomi die neue Aufgabe nur sehr ungern an. Obwohl die Sicherung des Erzbistums Köln nach dem Abfall des Truchsess von Waldburg und dem Kölner Krieg von höchster politischer und religionspolitischer Bedeutung war, sah Bonomi nach seiner Mission beim Kaiser in dieser Berufung (wohl zu Recht) eine gewisse Abwertung. Offensichtlich ahnte er, daß damit seine weitere Kurienkarriere, v. a. der Einzug ins Kardinalskolleg in Frage gestellt würde. Jedenfalls zögerte er und versuchte über seinen Freund Speciano in Rom vergeblich, wie sich zeigen sollte, die Entsendung nach Köln zu verhindern.148 In der Tat war 146 147 148

Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. XI. Pompeo Litta, Famiglie celebri italiane, 6 Bde., Milano 1819 – 1893, Malaspina Taf. XVIII. Vgl. Bonomi an Gallio, Prag, 1584 X 30: Ho letto il polizino sigillato di Vostra Signoria Illma. e visto quanto la mi scrive circa la nuntiatura di Colonia e la venuta di Monsgr. Malaspina in questa corte. Le rispondo, che subito sia venuto detto Monsignore, mi partirò di quà per andare a Monaco, non potendo, ancor ch’ io volessi, andar dirittamente di quà a Colonia. Ivi aspettarò la seconda iussione da N. Signore, perché havendo in effetto diverse ragioni che paiono degne di matura cosideratione, non solo per la persona mia, a la quale in fine non si ha d’ havere più che tanto risguardo, ma più per interesse de la Sede Apostolica et per servitio publico, ho voluto scrivere a Monsgr. Spetiano, quanto m’ è occorso in questa materia, perché riferisca il tutto a V. S. Illma. et a Sua Santità, risoluto fin da quest hora di ubbidire et andar anco in Inghilterra e Scotia et ne l’Indie, se così commandarà Sua Beatitudine [...] (Ehses, Kölner Nuntiatur, Bd. I, S. 6). Bonomi wurde zwar nicht nach Schottland oder Amerika geschickt, aber es blieb bei Köln. Vgl. die Antwort Gallios vom 24. November 1584, in dem der Wunsch nach Rücknahme der Kölner Mission abgelehnt wurde: Monsgr. Spetiano hoggi m’ ha parlato a lungo intorno a quello che V. S. gl’ ha scritto circa la nuntiatura sua del Reno, et havendo io risposto a lui a bastanza, non voglio dir altro a lei se non: Modicae fidei, quare dubitasti? V. S. mi creda, che questa legatione è la più

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof

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Bonomi zum Zeitpunkt des Pontifikatswechsels von 1585 noch in Köln. Und Sixtus V. dachte in der Folge nicht daran, Bonomi zum Kardinal zu kreieren. Germanico Malaspina führte seine diplomatische Karriere fort. Er erhielt zwei weitere ordentliche Nuntiaturen, und zwar zunächst die in Neapel, dann die polnische. Eine außerordentliche Mission führte ihn dann 1599 nach Siebenbürgen. Er hält mit der Absolvierung von insgesamt vier ständigen Nuntiaturen (Graz, Kaiserhof, Neapel, Polen) den Rekord unter den Kaiserhofnuntien.149 Antonio Puteo starb drei Jahre nach Beendigung seiner Mission bei Rudolf II. in Rom.150 Camillo Caetani wurde vom Kaiserhof nach Spanien transferiert. Nach Abschluß seiner diplomatischen Tätigkeit lebte er nur noch zwei Jahre. Die Aufnahme in das Heilige Kolleg, die in seinem Fall zu erwarten stand, erfolgte nicht mehr.151 Cesare Speciano konnte in den verbleibenden zehn Jahren nach seiner Nuntiatur keine herausragenden Ämter mehr erlangen. Er hielt sich in seinem Bistum Cremona auf, wo er sich der Pastoralarbeit widmete und sich schriftstellerisch betätigte. Für Clemens VIII. galt er als zu spanienfreundlich, Paul V. erinnerte sich schließlich des von seinem Vorgänger vergessenen Speciano. Dieser starb jedoch vor der beabsichtigten Kardinalspromotion im August 1607.152 Ferrante Farnese könnte ein Beispiel dafür sein, daß die Nuntiatur am Kaiserhof nicht zu den begehrten kurialen Posten zählte. 1597 ernannt, zögerte er seine Abreise infolge einer Krankheit zunächst lange hinaus und reiste schließlich überhaupt nicht. Dies bedeutete gleichzeitig das Ende seiner Karriere. Er erhielt in den folgenden Jahren kein kuriales Amt mehr.153 Giovanni Stefano Ferreri wurde Opfer des Pontifikatswechsels von 1605. Er kehrte ohne Aussicht auf den roten Hut in seine Diözese Vercelli zurück.154 Auch Giovanni Battista Salvago kehrte in seine Diözese Luni-Sarzana zurück. Mehrere Initiativen bei Paul V., aber auch bei dessen Nachfolgern, zur Erlangung des Purpurs blieben ohne Erfolg. 1616 erklärte er seine Bereitschaft zur Übernahme der Nuntiatur in Paris. Auch hier griff man nicht auf ihn zurück.155

149

150

151 152 153 154 155

honorata et la più importante, che si sia fatta da gran tempo in quà, et secondo me molto sicura et senza alcun pericolo; però iacta cogitatum tuum in Domino et vada allegramente; che spero ch’ogni dì resterà più consolata [...] (ebd. S. 8); vgl. auch Biaudet, S. 47 f. mit Anm. 3. Nuntiatur des Germanico Malaspina. Sendung des Antonio Possevino 1580 – 1582, bearb. von Johann Rainer, Publikationen des Österreichischen Kulturinstituts in Rom, Grazer Nuntiatur Bd. 1, Wien 1973, S. VIII – XII, und Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. CCXIIIf. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken 1585(1584) – 1590, II. Abteilung: Die Nuntiatur am Kaiserhofe, 2. Hälfte: Antonio Puteo in Prag 1587 – 1589, bearb. von Joseph Schweizer, Paderborn 1912 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 14), S. CXLII. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. CLXXXI. Ebd. S. CCLII. Ebd. S. CXCIV f. Ebd. S. CXCVI. Giordano, Istruzioni generali di Paolo V, S. 218 f.

300

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Placido De Marra kehrte in seine Diözese Melfi zurück, wo er vier Jahre nach Beendigung seiner Nuntiatur bei Kaiser Matthias starb.156 Ascanio Gesualdo wurde unmittelbar nach dem Pontifikatswechsel von 1621 von seinem Posten abberufen. An der Kurie rechnete man mit einer umgehenden Kardinalserhebung, da der Ex-Nuntius mit dem neuen Papst Gregor XV. verwandt war. Er ging aber ebenso wie der mit dem Ludovisi-Papst verwandte Kölner Nuntius Albergati leer aus. Der reformstrenge Papst, so hieß es, wolle sich bei seinen Entscheidungen nicht durch familiäre Bindungen leiten lassen.157 Auch Carlo Carafa ist ein klassisches Beispiel für einen Abbruch der Karriere auf Grund eines Pontifikatswechsels. Obwohl sich Ferdinand II. mehrfach für ihn verwandte, verlieh ihm Urban VIII. nicht den Purpur. Die verbleibenden 16 Jahre nach seiner Nuntiatur verbrachte Carafa fern der Kurie in seinem Bistum Aversa.158 Schließlich Malatesta Baglioni. Dieser war 1639 nach Abschluß seiner Kaiserhofnuntiatur so horrend verschuldet, daß eine Kardinalspromotion höchst problematisch erschien, da man vermutete, er würde als Purpurträger seinen Einfluß den Meistbietenden zur Verfügung stellen, um den drohenden Bankrott abzuwehren. Rom lästerte: „Ihn zum Kardinal zu machen, bedeute ihn auf einer Aktion zum Verkauf auszurufen.“ Damit erlangte 1639 keiner der großen Nuntien den roten Hut, da der Nuntius in Spanien vor der erwartbaren Promotion verstorben war. Auch der Nuntius in Paris ging leer aus, vermutlich weil Urban VIII. Bolognetti nicht als einzigen unter den Inhabern der drei großen Nuntiaturen promovieren wollte, um dem Vorwurf der Frankophilie weiter Vorschub leisten.159 Abschließend ein Blick auf das durchschnittliche Lebensalter der 29 Kaiserhofnuntien. Es liegt bei 58,8 Jahren. Hosius wurde mit 75 Jahren am ältesten, gefolgt von Palotta (74) und Mattei (73). Auf der anderen Seite der Skala finden wir Visconti Borromeo: Er erreichte 27 Jahre. Portia und Santacroce starben im Alter von 38 bzw. 39 Jahren – wie Visconti Borromeo während ihrer Mission am Prager Kaiserhof.

Anhang Tabelle 1: Nuntiatur am Kaiserhof Nuntius 1. Stanislaus Hosius 2. Zaccaria Delfino 3. Melchiorre Biglia 4. Giovanni Delfino 156 157 158 159

Dauer 1560 – 61 1561 – 65 1565 – 71 1571 – 78

Nuntius unter Pius IV. Pius IV. Pius IV./Pius V. Pius V./Gregor XIII.

Kardinal unter Pius IV. Pius IV.

Ebd. S. 173. Lutz, Vom Nuntius zum Kardinal, S. 12. Zu Ascanio Gesualdo vgl. auch den Artikel von Simona Feci, in: Dizionario degli Italiani, Bd. 53, Roma 1999, S. 492 – 494. Jaitner, Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 260. Lutz, Vom Nuntius zum Kardinal, S. 12 f. Zu Malatesta Baglioni vgl. auch den Artikel von Alberto Merola, in: Dizionario degli Italiani, Bd. 5, Roma 1963, S. 233 f.

2. Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof 5. Bartolomeo Portia 6. Orazio Malaspina 7. Ottavio Santacroce 8. Giovanni Francesco Bonomi 9. Germanico Malaspina 10. Filippo Sega 11. Antonio Puteo 12. Alfonso Visconti 13. Camillo Caetani 14. Cesare Speciano 15. Ferrante Farnese 16. Filippo Spinelli 17. Giovanni Stefano Ferreri 18. Antonio Caetani 19. Giovanni Battista Salvago 20. Placido De Marra 21. Vitelliano Visconti Borromeo 22. Ascanio Gesualdo 23. Carlo Carafa 24. Giovanni Battista Palotta 25. Ciriaco Rocci 26. Malatesta Baglioni 27. Gasparo Mattei 28. Camillo Melzi 29. Scipione Pannocchieschi d’Elce

1578 1578 – 81 1581 1581 – 84 1584 – 86 1586 – 87 1587 – 89 1589 – 91 1591 – 92 1592 – 97 1597 1598 – 1603 1604 – 07 1607 – 10 1610 – 12 1612 – 16 1616 – 17 1617 – 21 1621 – 28 1628 – 30 1630 – 34 1634 – 39 1639 – 44 1644 – 52 1652 – 58

Gregor XIII. Gregor XIII. Gregor XIII. Gregor XIII. Gregor XIII./Sixtus V. Sixtus V. Sixtus V. Sixtus V./Gregor XIV. Gregor XIV./Clemens VIII. Clemens VIII. Clemens VIII. Clemens VIII. Clemens VIII./Paul V. Paul V. Paul V. Paul V. Paul V. Paul V. Gregor XV./Urban VIII. Urban VIII. Urban VIII. Urban VIII. Urban VIII. Urban VIII./Innozenz X. Innozenz X./Alexander VII.

301

Innozenz IX. Clemens VIII.

Clemens VIII. Gregor XV.

Urban VIII. Urban VIII. Urban VIII. Alexander VII. Alexander VII.

Tabelle 2: Nuntiatur am Kaiserhof – Herkunft Savoyen

2

6,9 %

Mailand

6

20,7 %

Venedig

3

10,3 %

Genua Parma Monti Toskana

1 1 1 1

3,4 % 3,4 % 3,4 % 3,4 %

Kirchenstaat

9

31 %

Neapel

4

13,8 %

Polen

1

Biella Alessandria Mailand Cremona Venedig Pordenone Genua Parma Monti Siena Rom Bologna Perugia Caldarola (Marken) Latera (Latium) Sermoneta (Latium) Neapel

3,4 % Krakau

1 1 4 2 2 1 1 1 1 1 4 1 1 1 1 1 4 1

302

3. Bartolomeo Portia 1. Einleitung Von den päpstlichen Gesandten, die im 16. Jahrhundert ins römisch-deutsche Reich entsandt wurden, nimmt der aus Friaul stammende Graf Bartolomeo Portia (ca. 1540 – 1578) eine singuläre Stellung ein. Dabei lag die Besonderheit weniger in der hohen Zahl der Kommissionen, die Portia in Deutschland zu erledigen hatte, als vielmehr in der Auftragslage selbst, im Zuschnitt des Mandats sozusagen. Zum ersten Mal in der Geschichte der kurialen Diplomatie war eine Nuntiatur nahezu vollständig auf die kirchliche Reform ausgerichtet. Portia wurde so zum Prototyp der posttridentinischen Reformnuntien,160 wie sie seit dem Pontifikat Gregors XIII. (1572 – 1585) an den neugeschaffenen, kleineren Nuntiaturen wie Graz, Köln und in der Schweiz zum Einsatz kamen. Wer war dieser Mann, dessen verheißungsvolle Karriere nach sechsjährigem Aufenthalt im Reich – verbunden mit intensiver Reisetätigkeit – im August 1578 in Prag ein abruptes und unzeitgemäßes Ende fand (er dürfte damals keine 40 Jahre alt gewesen sein), zu einem Zeitpunkt, als sich bereits die Verleihung des Kardinalats abzeichnete? Schon die Zeitgenossen wußten um den Rang des geistlichen Diplomaten.161 Er stand in hohem Ansehen bei den katholischen Reichsfürsten und genoß während seiner diplomatischen Tätigkeit für die Kurie das uneingeschränkte Vertrauen Papst Gregors XIII., des Dekans des Kardinalskollegiums, Giovanni Morone, des für die päpstliche Außenpolitik des Boncompagni-Pontifikats verantwortlichen Staatssekretärs, Kardinal Tolomeo Gallio, sowie der Mitglieder der Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten (Congregatio Germanica).162 Kein geringe160

161

162

Vgl. allg. Hubert Jedin, Nuntiaturberichte und Durchführung des Konzils von Trient. Hinweise und Fragen, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 53 (1973), S. 180 – 213; zum Begriff der Reformnuntiatur vgl. Michael F. Feldkamp, Die europäischen Nuntiaturen in der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der Luzerner Nuntiatur, in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 88 (1994), S. 27 – 74, hier S. 43 mit Anm. 2. Vgl. zu Persönlichkeit und Wirken zusammenfassend: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896, S. LXXXVIII – XC und Bd. 5: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Schlußjahre 1575/1576), bearb. von Dems., Berlin 1909, S. CXIV – CXVIII, sowie Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 9: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Gregor XIII. (1572 – 1585), Freiburg i. Br. 1925, S. 454. Stellvertretend sei hier eine Passage aus einem Schreiben des Kardinals Zaccaria Delfino an den Nuntius vom 27. Nobember 1575 zitiert: Con l’occasione che io ho del ritorno a V. S. del Padre Sporeno, come mi doglio dela Sua indispositione, così m’allegro che le fattighe Sue siano, come sono veramente, ogni dì più comendate et da N. S. et da la nostra congregatione […] (Nuntiaturberichte aus der Schweiz seit dem Concil von Trient nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: Die Nuntiatur Bonhomini’s 1579 – 1581, bearb. von Franz Steffens, Heinrich Reinhardt, Bd. 1, Solothurn 1906, S. 73). Vgl. auch die anerkennenden Worte des vom Regensburger Reichstag zurückgekehrten Kardinals Morone im öffentlichen Konsistorium be-

3. Bartolomeo Portia

303

rer als Torquato Tasso rühmt in seinem Dialog Il messagero, der im Jahr 1580 – also kurze Zeit nach dem Tod des Nuntius – entstanden ist, die Sprachgewandtheit und Gelehrsamkeit, das außergewöhnliche diplomatische Talent und das hohe Ansehen von Bartolomeo Portia, welches dieser am römischen Hof und in Deutschland genoß: […] il signor Conte di Porzia, di cui nè ’ l più dotto uscì mai de le scuole di Padova o di Bologna, nè ’ l più prudente partì mai dal Vaticano, per concigliar gli animi de’ prencipi, o per compor le discordie de’ re e de’ popoli; al cui valore Roma, che è così grande, fu già picciolo teatro, ed ora Germania, ch’ è la maggiore e la più nobile de le provincie, a fatica pare che possa dar spettatori ed ammiratori a bastanza („[…] der Herr Graf von Portia, dem niemand, der die Universitäten Padua und Bologna absolviert hat, an Sprachgewandtheit und Gelehrsamkeit gleichkommt, und dem niemand, der den Vatikan verlassen hat, um die Herzen der Fürsten zu versöhnen und die Eintracht unter den Königen und Völkern wiederherzustellen, bezüglich seiner Klugheit an die Seite zu stellen ist. Für seine Vorzüge war das so große Rom schon ein kleines Theater und auch Deutschland, die größte und vornehmste unter den Provinzen, scheint dafür nicht ausreichend Betrachter und Bewunderer bereitzustellen“).163 2. Herkunft und Karriere bis zum Beginn des Pontifikats Gregors XIII. (1572) Der spätere päpstliche Nuntius in Deutschland Bartolomeo Portia entstammte einem der ältesten friulanischen Adelsgeschlechter mit Stammsitz bei Pordenone, deren Spuren sich bis in die Zeit der frühen Staufer zurückverfolgen lassen.164 Seine Geburt fällt um das Jahr 1540.165 Er war der viertälteste von insgesamt fünf Söhnen des Giovanni Battista di Portia di sotto (zu unterscheiden vom ramo di sopra) und der Claudia di Portia di sopra.166 Von den Söhnen, die aus dieser Ehe hervorgingen, er-

163

164

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züglich des Einsatzes von Portia trotz dessen gesundheitlicher Probleme (Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 552). Torquato Tasso, I Dialoghi, hg. von Cesare Guasti, Bd. 1, Firenze 1858, S. 225; an der genannten Stelle werden auch drei weitere Nuntien hervorgehoben: Ottavio Santacroce, Vincenzo Laureo und Annibale di Capua. Vgl. Günther Probszt-Ohstorff, Die Portia. Aufstieg und Wirken eines Fürstenhauses, Klagenfurt 1971, S. 15 – 29. Probszt-Ohstorff bringt im übrigen nichts zu Bartolomeo Portia. Die Angaben zum Geburtsjahr differieren zum Teil erheblich: 1525 (Henri Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 [Annales Academiae Scientiarum Fennicae B II/1], S. 281); um 1525 (Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung [1572 – 1585], Bd. 1: Der Kampf um Köln [1576 – 1584], bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892, S. 5); 1540 (Antonio Battistella, La prima visita apostolica nel Patriarcato aquilese dopo il Concilio di Trento, in: Memorie storiche forogiuliesi 3 [1907], S. 133 – 154, hier S. 135); 1546 (Stammbaum im Tagungsband I Porcia. Avogari del vescovo di Ceneda, condottieri della Serenissima, principi dell’impero, Vittorio Veneto 1994). Einen freilich schematischen Stammbaum der Familie bietet der Tagungsband I Porcia, S. 148 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

langte einzig Bartolomeo Berühmtheit. Von den Schwestern Elisabetta, Francesca167 und Verde kennen wir nur die Ehemänner: die Grafen Giulio Sbrojavacca, Curzio di Colloredo und Giovanni Battista di Strassoldo.168 Es sind dies Namen bekannter friulanischer Adelshäuser, die – unter zum Teil großen Verlusten – an der Seeschlacht von Lepanto im Herbst 1571 beteiligt waren, bei der sich auch der Onkel von Bartolomeo, Silvio, ausgezeichnet hatte.169 Von der Ausbildung Bartolomeos ist wenig bekannt, aber immerhin soviel, daß er seine Studien mit dem Doktorgrad in Theologie abschloß.170 Wenn wir Torquato Tasso171 Glauben schenken dürfen, studierte der junge Graf in Padua und Bologna. Spätestens ab 1562 treffen wir ihn in Rom an, wo er am Aschermittwoch in der päpstlichen Kapelle eine Fastenpredigt hielt.172 Wer Portia an den Hof Pius’ IV. empfohlen hat, bleibt im Dunkeln. 1563 zeichnen sich erste Berührungspunkte in der Vita Portias mit dem Haus Habsburg ab: Er wird in einem Schreiben des kaiserlichen Orators Prospero d’Arco als eine der Personen genannt, die im Auftrag des Papstes die jungen Söhne Maximilians II. auf ihrer Reise nach Spanien (die Erzherzöge Rudolf und Ernst sollten am Hof Philipps II. erzogen werden) in Italien begrüßen sollten.173 Bereits in dieser Zeit tritt uns Bartolomeo als Protégé des Kardinals Carlo Borromeo entgegen, zu dem – neben Portia – bezeichnenderweise die meisten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Deutschland entsandten Nuntien enge Beziehungen unterhielten, so Melchiorre Biglia, Giovanni Delfino, Giovanni Francesco Bonomi, Filippo Sega und schließlich Cesare Speciano.174 Dabei ist das Verhältnis zwischen dem Friulaner Grafen Portia und dem Mailänder Erzbischof und Reformer 167

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Über die Schwester Francesca kam der Nachlaß von Bartolomeo vermutlich an die Familie Colloredo. Im Archiv des Marchese Paolo di Colloredo-Mels konnte Karl Schellhass dieses Material Ende des 19. Jahrhunderts zur Vorbereitung seiner Edition der Nuntiaturkorrespondenz 1573 – 76 einsehen und Abschriften anfertigen (vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 3 f.), die heute glücklicherweise im Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom aufbewahrt werden (die Originale wurden offensichtlich beim Friulaner Erdbeben von 1976 zerstört). Vgl. auch Alexander Koller, Bartolomeo Porcias Kölner Mission 1577. Abschriften der Weisungen des Staatssekretärs Gallio im Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 80 (2000), S. 453 – 494, hier S. 459 f. Für diesen Hinweis danke ich Nerio de Carlo, Mailand. Vgl. den Aufsatz von Giorgio Zoccoletto, Il cursus honorum del conte Silvio di Porcia, in: I Porcia, S. 37 – 59. Vgl. die an den Patriarchen von Aquileja gerichtete Bulle Pius’ V. im Zusammenhang mit der Übertragung der Abtei Moggio an Portia, ASV, Registri Vaticani 1937, fol. 34r. Vgl. Tasso, I Dialoghi. Oratio magnifici D. Bartholomaei Comitis Purliliarum et Brugnariae, die cinerum in capella Sanctiss. D. N. habita anno 1562, Dillingen o. J. (benutzte Ausgabe: BAV, R. I. IV. 1753 [10]). Vgl. Theodor Sickel, Zur Geschichte des Konzils von Trient, Wien 1870 (Actenstücke aus österreichischen Archiven), S. 640, und Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung (1560 – 1572), Bd. 3: Nuntius Delfino 1562 – 1563, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1903, S. 491. Vgl. Jedin, Nuntiaturberichte, S. 201; Für Hinweise in dieser Richtung habe ich zu danken Mons. Antonio Filipazzi, päpstlicher Nuntius in Indonesien.

3. Bartolomeo Portia

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Carlo Borromeo als besonders eng und vielgestaltig zu bezeichnen. In Rom erscheint Portia als Mitglied der von Borromeo gegründeten berühmten Accademia delle Notti Vaticane.175 Im Oktober 1565 begleitete er den Kardinal nach Mailand, wo dieser das erste Provinzialkonzil abhielt. Der reformatorische Eifer und das energische Vorgehen Borromeos während dieser Synode (aber auch darüber hinaus: z. B. die Sorge um das Priesterseminar und die fabbrica del duomo), mit welchen den cose disordinate della Chiesa176 begegnet wurden, prägten sich dem jungen Grafen nachhaltig ein. Beziehungen zu Ugo Boncompagni, unter welchem (dann als Papst Gregor XIII.) Portia später als Nuntius wirkte, werden zum ersten Mal für das Jahr 1565 in den Quellen greifbar. In einem Schreiben an seinen Gönner Borromeo berichtet Portia aus Avignon,177 daß er in Kürze mit Kardinal Boncompagni zusammentreffen werde. Er sollte offensichtlich Boncompagni auf dessen Reise nach Spanien begleiten, wohin ihn Pius IV. als Legat in der Angelegenheit des Inquisitionsprozesses des Erzbischofs von Toledo Carranza entsandt hatte.178 Der Aufstieg Bartolomeos setzte sich auch nach dem Pontifikatswechsel von 1565/66 fort. Am 28. Dezember 1566 soll Portia von Carlo Borromeo die Priesterweihe empfangen haben.179 Ein Jahr später ließ derselbe Borromeo seinem Schützling mit der Zustimmung Pius’ V. die Benediktinerabtei St. Gallus von Moggio180 als Kommende übertragen, die jener selbst 1561 von seinem Onkel Pius IV. erhalten hatte.181 Portia blieb im Besitz dieser Pfründe bis zum Antritt seiner Nuntiatur in Süddeutschland im Jahr 1573. Am 3. September 1569 wurde Bartolomeo Portia von Pius V. mit der Apostolischen Visitation des Patriarchats Aquileja betraut.182 Dieser Aufgabe kam der Abt

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Vgl. Pio Paschini, Un diplomatico friulano della Controriforma, Bartolomeo Porcia, in: Memorie storiche forogiuliesi 30 (1934), S. 17 – 51, hier S. 19. Vgl. sein Schreiben aus Mailand an den Kardinal Sirleto vom 10. Oktober, gedruckt ebd. S. 20 f. Vgl. auch Enrico Cattaneo, Il primo concilio provinciale milanese (a. 1565), in: Il Concilio di Trento e la Riforma trindentina. Atti del Convegno storico internazionale, Trento 2 – 6 settembre 1963, Bd. 1, Roma 1963, S. 215 – 275, hier S. 219. Der vom 25. November datierende Brief ist abgedruckt bei Paschini, Bartolomeo Porcia, S. 22. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 15. So Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 6, ohne Angabe von Quellen. Nördlich von Udine im Grenzgebiet zwischen Friaul und Kärnten; zur Geschichte der Benediktinerabtei St. Gallus vgl. Antonio Battistella, L’abbazia di Moggio, Udine 1903. In der von Battistella erstellten Abtsliste wird Portia als 29. Abt geführt (S. 142). Schon vor Borromeo finden wir an der Spitze der Abtei Moggio illustre Papstnepoten: Carlo Carafa, Kommendatarabt von 1556 bis 1561, und Alessandro Farnese, dem 1561 – allerdings nur für etwa einen Monat – die Leitung anvertraut worden war, vgl. ebd. ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 23, fol. 388v – 390r; vgl. auch das Breve des Papstes vom 9. August 1568 an Erzherzog Karl, mit welchem der Papst die bevorstehende Visitation notifiziert (Epistulae ad principes, Bd. II: S. Pius V – Gregorius XIII (1566 – 1585), bearb. von Luigi Nanni und Tomislav MrkonjiČ, Città del Vaticano 1994 (Collectanea Archivi Vaticani 29), Nr. 4142.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

von Moggio in der ersten Hälfte des Jahres 1570 nach.183 Nach Abschluß dieser Mission erhielt er den Auftrag, Erzherzog Karl von den Ergebnissen der Visitation in Kenntnis zu setzen und von diesem Unterstützung für die notwendigen Reformen in dem Teil des Patriarchats von Aquileja zu erhalten, der politisch Innerösterreich unterstand.184 Portia erfüllte diese beiden Kommissionen (Visitation von Aquileja, Reise an den Grazer Hof) zur Zufriedenheit der Kurie. Gleichzeitig konnte er sich das Wohlwollen des steirischen Regenten sichern (Erzherzog Karl ließ ihm 1571 tre coppe belle d’argento dorate185 zukommen). Kein Wunder also, daß man ihn für weitere Spezialmissionen ins Auge faßte: Von Borromeo wird er 1571 als potentieller Kandidat für die apostolische Visitation der Schweiz ins Spiel gebracht.186 Zur selben Zeit gilt er als Aspirant für die Nachfolge Melchiorre Biglias als päpstlicher Nuntius am Kaiserhof187 (ernannt wurde jedoch Giovanni Delfino, Bischof von Torcello, den Portia schließlich 1578 ablöste). Doch sollte Portia schon kurze Zeit später eine Schlüsselrolle innerhalb der kurialen Außenpolitik zufallen. 3. Die Missionen in Süddeutschland, am Regensburger Reichstag und bei der Kölner Erzbischofswahl (1573 – 1577) Am 13. Mai 1572 war Ugo Boncompagni zum Papst gewählt worden. Die Außenpolitik seines Pontifikats, der bis 1585 andauerte, sollte sich durch eine besondere, „epochemachende“188 Hinwendung auf das römisch-deutsche Reich auszeichnen. Äußeres Zeichen dieser Politik war die Neuerrichtung dreier Nuntiaturen (1573 für den süddeutschen Raum, 1580 in Graz und 1584 in Köln), von denen die erste nur bis 1583, die beiden letztgenannten jedoch – weit über den Pontifikat Gregors XIII. hinaus – bis 1622 bzw. im Fall von Köln nahezu bis zum Ende des alten Reichs Bestand hatten.189 Weder in früherer noch in späterer Zeit (einzige Ausnahme: Gregor XV. [1621 – 23])190 waren Beziehungen zwischen Rom und dem durch die Refor183

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Zur Visitation Portias vgl. Antonio Battistella, Una missione del conte Bartolomeo Porcia anteriore alla sua nunziatura di Germania, Udine 1907; Ders., La prima visita apostolica; Giovanna Paolin, La visita apostolica di Bartolomeo da Portia nel Goriziano nel 1570, in: France M. Dolinar u. a. (Hgg.), Katholische Reform und Gegenreformation in Innerösterreich 1564 – 1628, Graz 1994, S. 133 – 142. Vgl. auch Battistelli, Una missione. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 42, Anm. 4. Die Annahme der Präsente knüpfte Portia an die veraufgehende Zustimmung des Papstes, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 6: Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember). Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 (Oktober) – 1569 (Jänner), bearb. v. Ignaz Philipp Dengel, Wien 1939, S. 342. Steffens, Nuntiaturberichte aus der Schweiz, Bd. I/1, S. 47. Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 6; Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., 1. Teil: Der Briefwechsel des Kaisers Maximilian II. mit dem Papst Pius V., bearb. von Wilhelm Eberhard Schwarz, Paderborn 1889, S. 177. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 5. Vgl. Kap. I.4. Vgl. Kap. I.11.

3. Bartolomeo Portia

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mation zutiefst gespaltenen Land in dieser intensiven Form wie unter Gregor XIII. gepflegt worden. Überlegungen zur Neuordnung der päpstlichen Politik gegenüber Deutschland begannen bereits früh. 1573 wurde die Kongregation für die deutschen Angelegenheiten (1568 war sie unter Pius V. wegen Ineffizienz zum Erliegen gekommen) als Beratergremium durch den neugewählten Papst wiederbelebt.191 Vor dem Hintergrund der desaströsen Lage des Katholizismus in den deutschen Territorien und der geographischen Randlage Wiens bzw. Prags, der kaiserlichen Hauptresidenzen, in welcher sich seit Beginn des Jahrhunderts eine ständige Nuntiatur ausgebildet hatte, sowie auf der Grundlage mehrerer Gutachten von Jesuiten (u. a. Petrus Canisius,192 Johannes Rhetius193 und Hermann Thyreaus194) beschloß diese Congregatio Germanica – zur Entlastung des bisher allein verantwortlichen Kaiserhofnuntius – die Entsendung zweier zusätzlicher Vertreter des Papstes in den Süden bzw. Norden Deutschlands. Für die süddeutschen Fürstenhöfe, d. h. als Nuntius Gregors XIII. bei Johann Jakob von Kuen-Belasy, dem Erzbischof von Salzburg, Herzog Albrecht V. von Bayern, Erzherzog Ferdinand von Tirol und Erzherzog Karl von Innerösterreich,195 wurde am 5. Mai 1573 Graf Bartolomeo Portia, apostolischer Protonotar und Abt von Moggio, in Aussicht genommen.196 Dieser eignete sich in zweifacher Hinsicht besonders für diesen diplomatischen Auftrag: zum einen durch seine Vertrautheit mit den triden191

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Vgl. Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., Bd. 2: Zehn Gutachten über die Lage der katholischen Kirche in Deutschland (1573/76) nebst dem Protokolle der deutschen Congregation (1573/78), bearb. von Wilhelm Eberhard Schwarz, Paderborn 1891. Memorandum V, ebd. S. 39 – 47; zur Identifikation des Verfassers, vgl. Josef Krasenbrink, Die Congregatio Germanica und die katholische Reform in Deutschland nach dem Tridentinum, Münster 1972 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 105), S. 107 f. Rheinische Akten zur Geschichte des Jesuitenordens 1542 – 1582, bearb. von Joseph Hansen, Bonn 1896 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 14), S. 644 – 647. Memorandum VI bei Schwarz, Zehn Gutachten, S. 33 – 39. Vgl. ebd. S. 74; im Protokoll ist explizit nur von einem österreichischen Erzherzog (Ferdinand) die Rede: Decretum fuit, quod D. comes Portia abbas mittatur tamquam nuntius apostolicus ad archiducem Austriae in partes Germaniae superioris. In den Memoranden von Madruzzo, Morone und Delfino (vgl. Anm. 201), die die Basis für die Instruktion Portias bildeten, werden jedoch auch die drei anderen süddeutschen Reichsfürsten genannt. Nach Nordwestdeutschland wurde der aus dem westfälischen Soest stammende Rotaauditor und ehemalige Rat Herzog Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg, Kaspar Gropper, entsandt. Zu seinen Hauptaufgaben zählten die Kirchenreform in der Erzdiözese Köln und die Postulation des klevischen Prinzen Johann Wilhelm für die Münsteraner Koadjutorie, vgl. Christian Grebner, Kaspar Gropper (1514 bis 1594) und Nikolaus Elgard (ca. 1538 bis 1587). Biographie und Reformtätigkeit. Ein Beitrag zur Kirchenreform in Franken und im Rheinland in den Jahren 1573 bis 1576, Münster 1982 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 121), v. a. S. 145 – 154 und 576 – 615; die Akten der Gropper-Mission wurden bearbeitet von Wilhelm Eberhard Schwarz: Die Nuntiaturkorrespondenz Kaspar Groppers nebst verwandten Aktenstücken (1573 – 1576), Paderborn 1889 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 5). Über die Tätigkeit des Nuntius bis 1575 sind wir durch eine umfassende dreibändige Aktenedition von Karl Schellhass informiert: NBD, Bd. III/3; Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 4: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Zweites Jahr 1574/75), Berlin 1903, NBD, Bd. III/5.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

tinischen Reformen (er hatte sich als Visitator von Aquileja ausgezeichnet und zum anderen durch seine Verbindungen zum Haus Habsburg. Der kaiserliche Orator am päpstlichen Hof, Prospero d’Arco, charakterisiert ihn gegenüber Maximilian II. im Zusammenhang mit der Besetzung eines vakanten Kanonikats in Aquileja (für welches Carlo Borromeo ihn empfohlen hatte!) folgendermaßen: Questo conte di Portia è d’una famiglia, che fa professione d’essere aff etionatissima alla Serma casa d’Austria.197 Portia selbst wird später anläßlich seines Antrittsbesuchs bei Erzherzog Ferdinand in Innsbruck auf ebendenselben Aspekt hinweisen: […] a che s’era aggionta l’elettione della persona mia, forse perchè in corte era assai nota et la servitù, che teneva la casa mia con la gloriosissima d’Austria, et la mia propria devotione verso il serenissimo arciduca Carlo, dal quale havevo in occasione di publico negotio riportate di molte gratie [… ] („ […] dazu kam die Wahl meiner Person vielleicht deshalb, weil am Hof das Dienstverhältnis meiner Familie zum ruhmreichsten österreichischen Haus und meine eigene Verehrung des durchlauchtesten Erzherzogs Karl, von dem ich im Zusammenhang eines öffentlichen Auftrags viele Gunstbezeugungen erhalten habe, wohlbekannt war [… ]“).198 Obwohl Portia aus einer Gegend stammte, die bereits zur habsburgischen Einflußsphäre zählte, verfügte er über keine Deutschkenntnisse.199 Er mußte deshalb auf Dolmetscher zurückgreifen, wenn Unterredungen nicht auf Italienisch (das an den süddeutschen Höfen verbreitet war) oder Latein geführt werden konnten. Gerade im Bereich der Klostervisitation wird er später dieses Defizit spüren.200 Die Instruktion für die Sendung Bartolomeos von 1573 ist nicht überliefert, jedoch liegen Memoranden führender Kardinäle der deutschen Kongregation (Giovanni Ludovico Madruzzo, Giovanni Morone, Zaccaria Delfino) von Mai/Juni 1573 vor, in denen Ausgangslage und Auftrag für Portia genau skizziert wurden.201 Am 19. Juni 1573 brach Bartolomeo Portia von Rom auf202 und begab sich – mit Zwischenaufenthalt in Venedig – zunächst nach Innsbruck.203 Neben dem allgemei197

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Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 4: Nuntiatur Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914, S. 293. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 42. Vgl. ebd. S. LXXXVIII, Anm. 5 und S. CXIV f., sowie Johann Rainer, Bartholomäus Portia als Nuntius bei Erzherzog Ferdinand II. von Tirol 1573/74, in: Ernest Troger, Georg Zwanowetz (Hgg.), Neue Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde Tirols, Festschrift Franz Huter, 2. Teil, Innsbruck/München 1969 (Tiroler Wirtschaftsstudien 26), S. 347 – 360, hier S. 353. Hier schlug er den Einsatz von Deutschen als Dolmetscher vor: Ma in ogni caso saranno più tosto necessarie che di momento persone della natione, che con la uniformità di costumi et della lingua intenderanno quello, che per interprete molti, com’ ho vedut’ io altre volte chiaramente, non isprimono (Schellhass, NBD, Bd. III/4, S. 288. Offensichtlich verfügten nach Meinung Portias die italienischen Dolmetscher nicht über ausreichende Erfahrungen hinsichtlich der deutschen Kultur und Mentalität sowie über die notwendigen sprachlichen Kompetenzen. Ders., NBD, Bd. III/3, S. 11 – 34. So Kardinal Gallio an den Nuntius am Kaiserhof, Giovanni Delfino, Rom, 1573 VI 21, Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990, S. 79. Zu den Aufenthalten Portias am Innsbrucker Hof, vgl. Rainer, Bartholomäus Portia.

3. Bartolomeo Portia

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nen Kanon gegenreformatorischer Maßnahmen, für die sich Portia an allen Höfen einzusetzen hatte, sollte der Nuntius in Innsbruck auf eine baldige Beilegung des sog. Temporalienstreits zwischen Tirol und Trient hinwirken.204 In Salzburg, wo sich der Nuntius ab dem 12. August 1573 aufhielt, war die innerkirchliche Reform bereits durch die Provinzialsynode von 1567 in Gang gekommen. Lediglich Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasy zögerte mit der Umsetzung der Beschlüsse – nicht zuletzt aus Rücksichtnahme auf die weltlichen Gewalten. Inzwischen war eine neuerliche Synode für Ende August einberufen worden.205 Die Anwesenheit des päpstlichen Gesandten ließen dem Erzbischof aber Zweifel kommen, denn er wollte diesem nicht den Vorsitz überlassen. Erst als Portia die Zusage gab, für die Zeit der Synode Salzburg zu verlassen, ließ Kuen-Belasy seine Bedenken fallen. Portia nutzte die Gelegenheit, um Erzherzog Karl von Österreich einen kurzen Antrittsbesuch abzustatten, dem Regenten des innerösterreichischen Länderkomplexes, der von allen dem Geschäftsbereich Portias zugeordneten Territorien am stärksten vom Protestantismus betroffen war.206 Neben den üblichen gegenreformatorischen Themen hatte der Nuntius in Graz zwei weitere, für die Steiermark spezifische Fragen zu behandeln: die Türkengefahr und der Konflikt mit Aquileja (überhaupt stellte die Überwindung des Antagonismus zwischen Bischöfen und weltlichen Landesherren im Bereich der Jurisdiktion, wie wir bereits in Tirol und Salzburg gesehen haben, einen der zentralen Punkte der gegenreformatorischen Tätigkeit des Nuntius dar). Zu dieser Zeit war man an der Kurie mit den ersten Ergebnissen der Mission des Friulaner Grafen und apostolischen Protonotars mehr als zufrieden: Il nuntio ha negotiato prudentissimamente – so eine Notiz des Kardinals Morone von Ende September 1573 im Zusammenhang mit einer Sitzung der Kongregation für die deutschen Angele-

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Seit den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts belasteten Jurisdiktionskonflikte das Verhältnis zwischen dem Bistum Trient und der Grafschaft Tirol. 1567 hatte der damalige Koadjutor von Trient, Kardinal Giovanni Ludovico Madruzzo, vertraglich auf den Fürstentitel verzichten und seine Jurisdiktionsvollmachten an den seit dem jüngsten habsburgischen Erbvertrag in Innsbruck residierenden Landesherrn, Erzherzog Ferdinand, abtreten müssen. Nach Stellungnahmen des Reichshofrates und des Reichstags von Speyer (notula Spirensis) erzielten Ferdinand und Giovanni Ludovico am 20. April 1578 eine vertragliche Einigung im sog. Temporalienstreit, vgl. Joseph Hirn, Der Temporalienstreit des Erzherzogs Ferdinand von Tirol mit dem Stifte Trient (1567 – 1578), in: Archiv für österreichische Geschichte 64 (1882), S. 353 – 498. Vgl. Gerhard B. Winkler, Die nachtridentinischen Synoden im Reich. Salzburger Provinzialkonzilien 1569, 1573, 1576, Wien-Köln-Graz 1988. Portia berichtete darüber in zwei Schreiben, vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 99 – 111. Später sollte ein Verwandter Bartolomeos, Girolamo Portia, von 1592 bis 1606 (zeitgleich zum Pontifikat Clemens’ VIII. und zum „Langen Türkenkrieg“!) als Nuntius in Graz wirken, vgl. Biaudet, Les nonciatures apostoliques, S. 281; Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1984, S. CCXXXIV – CCXXXVI, 452 – 462, Probszt-Ohstorff, Die Portia, S. 110 – 117, und Johann Rainer, Die Grazer Nuntiatur, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 272 – 284.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

genheiten – et par’, habbi bisogno di pochi raccordi („der Nuntius hat äußerst klug gehandelt und es scheint, daß er nur wenig Instruktionen benötigt“).207 Nach einer Zwischenstation in Salzburg, wo sich Portia über die Ergebnisse der gerade zu Ende gegangenen Provinzialsynode unterrichten ließ,208 kam es im Oktober zu einer ersten direkten Kontaktaufnahme mit dem Haus Wittelsbach, und zwar mit Herzog Albrecht von Bayern in München (den er als animo determinato, d’aiutar ogni riforma, che si faccia [„entschlossen, jedwede Reform zu unterstützen“]209 charakterisiert) und anschließend mit dessen Bruder, Herzog Ernst, in Freising, dem – seit 1566 Administrator ebendort – im Frühjahr 1573 auch noch das Bistum Hildesheim übertragen worden war und den der Nuntius an seine geistlichen Pflichten erinnerte.210 Mit dieser Visite war die erste Phase der Nuntiatur zu Ende gegangen: Portia hatte sich auf einer Rundreise durch Süddeutschland innerhalb weniger Monate bei allen Fürsten präsentiert, für die er mit Aufträgen ausgestattet war. Seine intensive Reise- und Visitationstätigkeit sollte er erst wieder ab Oktober 1575 aufnehmen. Von Oktober 1573 bis zum April des Jahres 1574 hielt sich der Nuntius erneut in Innsbruck auf, wo er am Rande des Fürstentags vom Februar 1574 unter Beteiligung von Herzog Alfonso II. von Ferrara, einem Schwager Erzherzog Ferdinands, Herzog Albrechts von Bayern (ebenfalls mit dem Tiroler Regenten verschwägert) sowie des Erzbischofs von Salzburg und des Grafen Hannibal von Hohenems Gespräche führte.211 Im April 1574 verließ Portia Tirol – der relativ lange Aufenthalt des Nuntius in Innsbruck hatte nicht den Vorstellungen der Kurie entsprochen212 – und begab sich nach Augsburg. In der Reichsstadt wurde seit geraumer Zeit die Gründung einer Jesuitenniederlassung – v. a. die Familien Fugger und Ilsung zeigten sich interessiert213 – betrieben, der sich aber die einzelnen Bischöfe (Kardinal Otto Truchseß von Waldburg anfänglich, Johann Eglof von Knöringen während seiner gesamten Amtszeit bedingt durch die ihm abverlangte Wahlkapitulation, Marquard von Berg bis zum Zeitpunkt der Fuggerschen Stiftung)214 und v. a. das Domkapitel widersetzten. Portia sollte sich nachdrücklich um eine Zuweisung des nur noch von wenigen Augustinerchorherren besetzten Heilig-Kreuz-Klosters an die Gesellschaft Jesu verwenden. Der Nuntius blieb über ein Jahr in Augsburg, ohne jedoch in der verwickelten Angelegenheit215 ein befriedigendes Ergebnis erzielen zu können.216 207 208 209 210 211 212 213 214

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Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 112. Ebd. S. 124 – 137. Ebd. S. 160. Ebd. S. 186 – 190. Ebd. S. 333, 338 – 350, 360. Vgl. unten Anm. 238. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 367. Vgl. Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reichs 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 39. Mit den Fuggern, v. a. mit Johann Fugger, pflegte Portia enge Kontakte (vgl. unten S. 317)! Zu den Hintergründen vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/4, S. XIII – XLIV, und etwas knapper Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 9, S. 490 f. Die Jesuitengründung in Augsburg erfolgte schließlich 1580, vgl. Bernhard Duhr S. J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 1: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge im XVI. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1907, S. 201.

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Ab dem Herbst 1575 verlagerte sich der Schwerpunkt der Tätigkeit Portias in den Südwesten des Reiches. Dort sollte er entsprechend einer im Frühjahr verfaßten Instruktion217 zusammen mit dem Franziskanerobservanten Francesco Sporeno aus Udine wirken, der ihn allerdings dann nur zeitweise begleitete. In Freiburg, wo Portia Quartier nahm und von wo aus er mehrere Reisen unternahm (nach Konstanz, Kloster Salem, Besançon und Speyer), sollte sich der Nuntius um die Einrichtung eines Seminars für die Mitglieder von Mönchs- bzw. Bettelorden bemühen sowie die Verhältnisse an der Universität untersuchen, die für den Priesternachwuchs in den Bistümern am Oberrhein (Konstanz, Basel, Straßburg) und damit für den Erhalt des Katholizismus in dieser Region von entscheidender Bedeutung war. In einem Memorandum vom Oktober 1575 (wo er sich zu Stundenplan, Lehrmethode, Dauer der Vorlesungen, Ferienordnung, Herkunft und Besoldung der Professoren und Studentenzahlen äußert) zog Portia eine nüchterne Bilanz seiner Untersuchungen und unterbreitete weitgehende Reformvorschläge für die Universität Freiburg.218 In dieser Denkschrift kam auch seine Sorge wegen der Lektüre verbotener Bücher durch die Studenten zum Ausdruck: Un disordine da non comportare invecchiato in essa è licentia che s’ ha si può dire ogn’uno presa di tenere libri prohibiti, con tutto che sappino essere stato publicato l’ indice nella sinodo di costanza da monsignor ill.mo d’Altaemps („Es hat sich ein nicht haltbarer Mißstand eingebürgert, dadurch daß jeder verbotene Bücher besitzt, obwohl man weiß, daß auf der Konstanzer Synode der Index durch Kardinal Altemps veröffentlicht wurde“).219 Bei einer Reise an den Bodensee traf Portia in Konstanz mit Herzog Erich II. von Braunschweig-Calenberg zusammen und visitierte das Zisterzienserkloster Salem,220 dem er ein überragendes Zeugnis ausstellte: Questo posso ben dir’ io, che in niun luoco, ove sia da che vo caminando per Germania capitato, ho veduto di gran lunga tanta osservanza dell’esteriore, et poi che la frequenza del choro et devotione con molti riti austeri della regola si conservano, si può credere, che anco l’ interiore non habbi fatta straordinaria declinatione („Dies kann ich ohne zu übertreiben sagen, daß ich an keinem Ort in Deutschland mit Abstand eine solche Beachtung der äußeren Formen gesehen habe, wobei sich eine starke Beteiligung am Chorgebet und anderen Frömmigkeitsübungen verbunden mit strengen Riten der Ordensregel erhalten haben; man kann annehmen, daß auch im Innern kein außergewöhnlicher Niedergang zu verzeichnen ist“).221 Ursprünglich waren auch die gefährdeten Bistümer in der Schweiz der Zuständigkeit Portias und Sporenos zugewiesen worden. Eine geplante Reise nach Sitten,222 217 218 219 220

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Nicht erhalten, vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. XVI. Ebd. S. 217 – 225. Ebd. S. 225. Knapp 200 Jahre später sollte ihm kein geringerer als Giuseppe Garampi (lange vor Kaiserhofnuntiatur und Kardinalat) als apostolischer Visitator von Salem nachfolgen und dabei erste Eindrücke vor Ort in Deutschland gewinnen, vgl. Dries Vanysacker, Cardinal Giuseppe Garampi (1725 – 1792): an Enlightened Ultramontane, Rome 1995 (Institut Historique Belge de Rome, Bibliothèque 33), S. 82 – 84. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 236. Vgl. unten S. 315 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Lausanne und St. Gallen223 wurde von Portia wegen der schwierigen Verkehrsbedingungen, der in der Schweiz wütenden Pest und anderer Gefahren zunächst verschoben, schließlich überhaupt nicht ausgeführt. Hingegen widmete sich Bartolomeo intensiv den Zuständen im Bistum Basel, wo der neugewählte Bischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee um die päpstliche Konfirmation bat. Sie erfolgte am 4. Mai 1576.224 Von 2. bis 8. Februar 1576 treffen wir Portia in Besançon an.225 Hauptpunkte seiner Gespräche mit Erzbischof Claude de la Baume bildeten die ständige Gefahr calvinistischer Übergriffe von Genf und Neuchâtel aus, die Abhaltung einer Provinzialsynode, die Ausrottung des Konkubinats im Klerus und die Verletzung der kirchlichen Jurisdiktion durch den spanischen König bzw. dessen Beamten.226 Wenige Tage nach seiner Rückkehr nach Freiburg kam es zu einem Zusammentreffen mit dem Straßburger Bischof Johann von Manderscheid in dessen neuerrichteter Residenz Dachstein (in die Freie Reichsstadt Straßburg selbst konnte er sich nicht wagen: tanto più che nè io poteva andare in quella città senza manifesto pericolo della vita).227 Auch im Bistum Straßburg standen die Dinge nicht zum Besten, wie selbst Manderscheid gegenüber dem Nuntius zu verstehen gab: non essere parte in Germania più persa („es gibt keinen verkommeneren Landstrich in Deutschland“).228 Auch ihn mahnte Portia, mit allen Anstrengungen die kirchliche Reform voranzutreiben. Bei den Gesprächen spielte auch die Lage in der Freien Reichstadt Colmar eine Rolle. Dort fanden seit Mitte Mai 1575 protestantische Predigten statt. Über die Folgen – sollten Gegenmaßnahmen nichts fruchten – machte sich der Nuntius keine Illusionen: Dal successo c’ harranno le cose Colmariensi dipende senza dubbio o la conservazione o la piega delle terre franche d’Alsatia. („Von den Ergebnissen des Colmarer Konflikts hängt zweifellos der Erhalt oder der Abfall der freien elsässischen Herrschaften ab“).229 Der letzte Prälat, mit welchem Bartolomeo Portia im Südwesten des Reiches Kontakt aufnahm, war der Bischof von Speyer, Marquard von Hattstein. Auch hier fiel der Lagebericht des Nuntius äußerst negativ aus: Quanto alla diocese due parti situate nel Palatinato et nel ducato di Wirtimberg sono in tutto perse, la terza ha alcuni sacerdoti come sospetta ussorati, gl’altri tutti concubinarii et molti laici anabattisti („Zwei Teile der Diözese liegen auf dem Gebiet der Pfalz und des Herzogtums Württemberg und sind zur Gänze abgefallen, der dritte Teil verfügt über einige Priester, die verheiratet sein sollen, die übrigen leben alle im Konkubinat; daneben gibt es viele Wiedertäufer unter den Laien“).230 Bischof Hattstein, von Portia in allen Belangen instruiert, versprach alle Mittel zur Verbesserung der Situation einzusetzen. Die Mission in den vorderösterreichischen und stiftischen Gebieten am Oberrhein endete für den Nuntius im April 1576, als an ihn die Weisung erging, sich als 223 224 225 226 227 228 229 230

Vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 207 f. Ebd. S. LXX – LXXXII. Von dort sind zwei Schreiben an Gallio überliefert, vgl. ebd. Nr. 82 und 84. Vgl. ebd. S. LXXXIII f., 355 – 359. Ebd. S. 354. Ebd. S. 346. Ebd. S. 352. Ebd. S. 401.

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Begleiter und Berater des zum Regensburger Reichstag entsandten Kardinallegaten und Dekan des Heiligen Kollegs, Giovanni Morone, bereit zu halten.231 Die aus Sicht der Kurie zentrale Frage bei dieser Reichsversammlung wurde bestimmt durch die schwelende Krise um die Bischofsstühle von Köln und Münster. Nuntius Portia traf – zwischenzeitlich von Morone gerufen – von Ingolstadt kommend am 24. Juni in Regensburg ein und blieb bis zum Schluß des Reichstags, der mit dem Tod Kaiser Maximilians II. zusammenfiel.232 Die Verhältnisse am Niederrhein hatten sich inzwischen so zugespitzt, daß sich die Kurie im Herbst 1576 zur Entsendung eines außerordentlichen Nuntius entschloß (die Mission des 1573 nach Nordwestdeutschland entsandten Kaspar Gropper hatte man zuvor als beendet erklärt). Morone hatte bereits im Juli 1576 Portia für diese Aufgabe vorgeschlagen: Per le cose di Colonia, di Cleve, Monasteriense et Trevere credo saria molto a proposito deputarvi nuntio monsignor di Portia in luogo del Groppero, perche in vero in quel trattato vi è bisogno di persona di momento, trattandosi li negotii di Colonia et di Monastero, et anco monsignore è tanto destro et pratico et sufficiente et di buon nome et credito appresso quei principi, che si può dell’opra sua sperar molto frutto („Für die Angelegenheiten von Köln, Kleve, Münster und Trier wäre es günstig, Nuntius Portia anstelle von Gropper abzuordnen, weil in diesem Fall wirklich eine Person von Gewicht nötig ist, da Köln und Münster betroffen sind, und Portia so geschickt, erfahren und geeignet ist sowie bei jenen Fürsten ein hohes Ansehen und eine so hohe Vertrauensstellung genießt, daß man sich von seinem Wirken viele positive Ergebnisse erhoffen kann“).233 Am 1. September 1576, dem Tag der Annahme der Resignation des Kölner Erzbischofs Salentin von Isenburg, wurde Portia für diese Aufgabe bestimmt, der trotz gesundheitlicher Bedenken einwilligte. Portia hielt sich nahezu ein Jahr in Köln auf (von März 1577 bis Februar 1578).234 In diese Zeit fielen die Vorbereitung und die Durchführung der Wahl eines Nachfolgers für Salentin von Isenburg. Die Domkapitulare entschieden sich im Dezember 1577 allerdings nicht für den von der Kurie favorisierten Kandidaten, Ernst von Bayern, sondern für Gebhard Truchseß von Waldburg. Der knappe Wahlausgang (12:10) fiel selbst für den zuvor noch skeptischen Portia überraschend aus und veranlaßte ihn zu der (chiffrierten) Aussage: Maggior perfidia di questa à pena si osserva!235 Die für Rom enttäuschend verlaufene Kölner Bischofswahl brachte jedoch keine negativen 231 232

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Ebd. S. 441 – 443. Seine Denkschriften und Schreiben aus Regensburg, ebd. S. 473 – 482, 488 – 501, 509 – 513, 520 – 532; vgl. auch Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pacificationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1894, S. 5; hier auch unter Nr. 66 der Bericht Minuccis über den Reichstag. Morone verließ Regensburg am 10. Oktober, zwei Tage vor dem Ableben Maximilians II. Portia begleitete den Legaten bis nach München und verabschiedete sich von ihm vermutlich in Kloster Schäftlarn, vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 533, Anm. 2. Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 7, Anm. 1. Die Akten dieser Mission sind publiziert in: Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 26 – 259. Die kurialen Weisungen finden sich in: Koller, Kölner Mission. Ebd. S. 202.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Auswirkungen für die Karriere Bartolomeo Portias mit sich. Er erhielt noch im Dezember 1577 einen der höchsten Posten (wenn auch nicht den prestigeträchtigsten), den die kuriale Diplomatie zu vergeben hatte: die Kaiserhofnuntiatur. 4. Die Rahmenbedingungen der Nuntiaturen Bevor wir uns der letzten Station der diplomatischen Tätigkeit Portias in Deutschland, der Vertretung der Kurie am Kaiserhof, zuwenden, wollen wir uns mit der Frage befassen, unter welchen Bedingungen diese diplomatischen Missionen verliefen, wie die Reisen vonstatten gingen, welche Unterkünfte zur Verfügung standen, welche Mitarbeiter ihn unterstützten, wer ihn sonst beriet und mit wem er – außer mit den kurialen Behörden – zusammenarbeitete. Von den insgesamt drei Missionen (Süddeutschland, Köln, Kaiserhof)236 war v. a. die süddeutsche Nuntiatur (1573 – 1576) eine Reisenuntiatur, denn der zu Beginn des Pontifikats Gregors XIII. als besondere Form des kurialen Krisenmanagements neu eingerichtete Typus der Reformnuntiatur war ohne Reisetätigkeit, u. a. im Rahmen von Visitationen, nicht denkbar.237 Dies geht deutlich aus der Stellungnahme Gregors XIII. vom November 1573 hervor, als Portia gerade einmal einen Monat in Innsbruck verbracht hatte (er sollte bis April 1574 bleiben): Pare a la S.tà Sua, che V. S. non debba fermarsi longamente in Ispruch, come dava segno di voler fare, ma che vada girando hor’ ad un luogo, hora ad un’ altro, secondo che conoscerà la presenza et opera sua dovervi esser’ utile et fruttuosa per il compimento de l’officio et carico suo („Ihre Heiligkeit ist der Meinung, daß Sie sich nicht lange in Innsbruck aufhalten sollen, wie Sie angedeutet haben, sondern Sie sollen zu verschiedenen Orten reisen, je nachdem wo Ihrem Dafürhalten nach sich Ihre Präsenz und Wirksamkeit nützlich und fruchtbringend erweisen muß für die Erfüllung Ihres Amts und Ihres Auftrags“).238 Portia hingegen spricht sich selbst häufiger – v. a. mit Blick auf seinen prekären gesundheitlichen Zustand – gegen das Herumziehen aus.239 Aber auch das Gegenteil konnte der Fall sein: So fühlte sich Bartolomeo in Freiburg drei Monate nach seiner 236 237

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Das Intermezzo am Regensburger Reichstag von 1576, wo Portia als Begleiter Morones auftrat, kann hier nicht eingeordnet werden. Auch die Kaiserhofnuntiatur konnte mitunter Züge einer Reisenuntiatur tragen, je nach Aufenthaltsort des Hofes: So finden wir den Nuntius am Kaiserhof Giovanni Delfino im Sommer und Herbst 1576 am Regensburger Reichstag und nach dem Regierungsantritt Rudolfs II. vom Oktober desselben Jahres an bis April 1578 in Begleitung des Monarchen auf den diversen erbländischen Reichs- und Landtagen (Oberlausitz, Schlesien, Mähren, Ungarn), vgl. auch Kap. II.1, S. 214 f. Gallio an Portia, Rom, 1573 XI 21, Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 243. Vgl. auch § 5 des Protokolls der Sitzung der Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten von 1573 XI 19: Admoneatur nuntius Portia, ne Oenipontis diutius maneat, sed potius se ad loca circumeundo conferat, ad quae pervenire expediens esse cognoverit ac praesertim Augustam (Schwarz, Zehn Gutachten, S. 80). Vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 530.

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Ankunft beengt und fand das Untätigsein unerträglich: Aspetto tutta via con desiderio ardentissimo d’ intendere dall’eletto di Basilea, che la strada di caminare a quella volta sia sicura, per non stare più inutilmente tra queste mura con noia et crucio d’animo rinchiuso („Ich erwarte jedenfalls sehnsüchtigst eine Nachricht vom erwählten Bischof von Basel, daß die Basler Straße sicher ist, um nicht unnötig in den Mauern dieser Stadt gelangweilt und verärgert festzusitzen“).240 Unter dem Aspekt der Wahrnehmung der Fremde konnte Portia gerade auf seinen zahlreichen Reisen durch Deutschland Eindrücke sammeln. Dabei handelt es sich bei den Bemerkungen über bereits absolvierte bzw. bevorstehende Reisen ausschließlich um negative Stellungnahmen. Klagen über hohe Kosten, unbequeme Routen, schlechtes Wetter und Gefahren für das nackte Leben (beim Passieren von Gebieten, in denen die Pest wütete oder wo ihm ein Hinterhalt drohte) bestimmen das Bild. Die Charakterisierung des ersten Reiseabschnitts (Venedig – Trient), den er senza risparmio di fatica e di spesa („ohne Rücksicht auf Mühen und Kosten“)241 zurücklegt, könnte stellvertretend für alle von ihm durchgeführten Reisen in der Zeit von 1573 bis 1578 stehen. Neben den mitunter schlechten Straßenverhältnissen (die Reise von Freiburg nach Regensburg wird auf mala strada242 durchgeführt) konnte das Wetter den Ablauf der Reise beeinträchtigen und zu krankheitsbedingten Ausfällen führen, so spricht Portia von den molti incommodi patiti per l’ inequalità et intemperie dell’aere nel viaggio ultimo di Stiria.243 Lange Regenperioden (l’acque sono in cielo non facendo mai altro che piovere da otto giorni in qua)244 und extreme Kälte waren für Portia ungewohnt: È qui il tempo si freddo, ch’ è necessario portare i panni di verno […] („Hier ist es so kalt, daß man Winterkleidung tragen muß […]“)245 (Mitte Mai 1577 aus Köln!). Bei der Reise von Freiburg nach Speyer im Frühjahr 1576 kam es zu Behinderungen, weil der Rhein Hochwasser führte: [...] seguendo tra tanto lentamente per certa innondatione straordinaria del fiume, che metteva in necessità di spendere più hore in quelle brevissimo transito.246 Besondere Gefahren drohten, wenn die Reise durch feindliches Gebiet führte. Von Freiburg aus sollte Portia Sitten und das Wallis besuchen. In einer ausführlichen Darlegung begründet er gegenüber dem Staatssekretär Gallio, weshalb die Reise zum damaligen Zeitpunkt unausführbar erschien.247 Von den zwei möglichen Reiserouten 240 241 242 243 244

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Ebd. S. 307. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 35. Er hatte hier die besondere Schwierigkeit, Pferde aufzutreiben per la natura de’ nostri paesi, che patisce molta penuria. Ders., NBD, Bd. III/5, S. 470; an anderer Stelle spricht er von strada molto malagevole (ebd. S. 463). Ders., NBD, Bd. III/3, S. 139. Portia im Februar 1576 aus Freiburg, Ders., NBD, Bd. III/5, S. 362; vgl. auch ebd. S. 280: [...] è passato il mese di novembre humidissimo sopra la memoria di tutti quelli che vivono in queste parti [...]. Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 94; vgl. auch unten den abschließenden Teil zu Krankheit und Tod Portias in diesem Kapitel. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 396. Schreiben vom 10. Oktober 1575, ASV, Segreteria di Stato, Germania 81, fol. 293r – 295v, hier fol. 293v – 294r; vgl. auch Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 203 f. (in Form eines Regests).

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(über Luzern bzw. über Basel) di penetrare nella valle schied die eine aus per la peste, c’ ha levato et leva tuttavia molta gente dal mondo („wegen der Pest, die viele Leute hinweggeraff t hat und weiter hinwegraff t“), die andere che nel contorno di Basilea i ribelli di Francia fanno molti assassinamenti, et ch’ è necessario per quattro giornate cavalcare et dimorare in giurisdittione d’ heretici Calviniani („weil in der Umgebung von Basel die französischen Rebellen viele Personen töten und weil man auf dem viertägigen Ritt sich in den Territorien der calvinistischen Häretiker aufhalten muß“). Für den Fall, so der Nuntius, daß er den letzteren Weg nur einmal zurücklegen müßte, würde es ihm an Mitteln, der Gefahr zu entrinnen, nicht gebrechen. Aber die Notwendigkeit a ripassare per l’ istessa strada fa che paia inevitabile il dare nella rete („dieselbe Route auf dem Rückweg zu nehmen, würde wohl zwangsläufig dazu führen, ins Netz zu gehen“).248 Nach seiner Ankunft in Bonn schreibt Portia am 2. März 1577: Da Vitliaco sin qui ho havuto travagliosissimo viaggio, dovendo star sempre su le schiene di monti per schiff are hor la cavalleria et hor i luochi non ben liberi dalla peste („Von Wittlich bis hierher habe ich eine äußerst mühsame Reise zurückgelegt, da ich mich auf den Bergrücken bewegen mußte, um der Reiterei und den noch von der Pest betroffenen Orte zu entgehen“).249 Köln wollte Bartolomeo zunächst aus Furcht um sein Leben nicht verlassen.250 Nach erfolgter Bischofswahl im Dezember 1577 sollte Portia nach Jülich und Lüttich reisen. Dieses Unternehmen wurde aber vom Nuntius als zu gefährlich eingestuft und schließlich nicht ausgeführt.251 Unumgänglich aber war die Rückreise von Siegburg aus nach Bayern (um von dort aus an den Kaiserhof zu gelangen). Sie geriet zum Abenteuer: Di la me ne venni à Confluenza per istrade non usitate, declinando non solo lo stato Coloniense, ove s’ intendeva esser’alcuni d’authorità assai mal disposti verso la persona mia […] così per la vicinità de’ soldati di Cherpem, li quali m’ havevano in quei giorni poste insidie nel ducato Giuliacense [...] („Von dort kam ich nach Koblenz auf kaum benutzten Straßen, indem ich nicht nur Kölner Territorium vermied, wo einige Autoritäten mir sehr feindlich gesinnt waren […] und auch weil Soldaten von Kerpen in der Nähe waren, die im Herzogtum Jülich einen Hinterhalt gelegt hatten“).252 Im Februar hatte Portia – dank effizienter Vorkehrungen und Gottes Hilfe, wie er sich ausdrückte – sicheren bayrischen Boden unter den Füßen: La secretezza, i varii prestesti, i giri, le voci sparse diverse dall’ intentione et misericordia di Dio, da cui dipende l‘ indirizzo di ogni partito, m’ hanno condotto in salvamento in Baviera.253 Es war dies die Zeit der beginnenden ständigen Nuntiatur, aber noch nicht die der stabilen Residenz, d. h. es gab kein festes (angemietetes, gekauftes oder gestiftetes) Nuntiaturgebäude. Dies gilt v. a. für die Anfangsphase der Reformnuntiaturen.254 248 249 250 251 252 253 254

Ebd. Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 59. Ebd. S. 129. Vgl. ebd. S. 226 f., 231 f., 242 – 244. Ebd. S. 244 f. Ebd. S. 247. Vgl. Michael F. Feldkamp, Studien und Texte zur Geschichte der Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv. Eine behördengeschichtliche und quellenkundliche Untersuchung, Città del Vaticano 1993 (Collectanea Archivi Vaticani 30), S. 49 f. Bei den

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Wenn es die Gegebenheiten zuließen, fand Portia Unterkunft in einem Kloster. Die uns vorliegenden Angaben über die Wohnungen des Nuntius beziehen sich nahezu ausschließlich auf Ordensniederlassungen. So ist seine Unterbringung im Prämonstratenserstifts Wilten bezeugt,255 als sich Portia Ende 1573/74 am Hof Ferdinands von Tirol in Innsbruck aufhielt. Während seiner gesamten Augsburger Zeit (April 1574 – September 1575) fand er Logis im sog. Fuggerschen Sommerhaus (auch die Bezeichnung Fuggerscher Garten begegnet) beim Oblattertor in der Jakobervorstadt. Es war ihm zur Verfügung gestellt worden von Johann Fugger, mit welchem Portia befreundet war256 und der ihn am 19. April 1574 feierlich vor der Stadt empfangen hatte: [...] wir vernemmen, daz eben diser tagen ein episcopus Italus allhie angekommen, in der Fugger hauss beim Olblatertherlin allhie eingezogen und diser sache halber 257 allhie zu sein auch etlich monat lang also zu verharren bevelch haben soll.258 In Freiburg hatte er sich, ohne vorher den Rat der Stadt zu konsultieren, Anfang Oktober 1575 mit seiner Begleitung im Barfüßerkloster einquartiert. Durch einen Vertreter (offenbar Minuccio Minucci) ließ er nachträglich die Erlaubnis dazu einholen: Des bapstlichen legaten botschafter erscheint vor rat und begert, dweil sein gnädiger herr der legat hievor wider der statt brauch und herkomen alhie zu Barfusen on begrüssung rats ein haushaltung angefangt und dasselbig us unwissenheit beschehen und aber zu verrichtung seiner comission von bapstlicher Heligkeit dise statt im catholisch pleiben fur andere berumbt und fur andere gelegen, derhalben er villicht ein zeitlang zwischen seinen reisen, ohn er also zu schaff en durch winters ungelegenheiten nit verrichten kunte und alhie stil ligen musste: man wolte ime also mit wenig personen als uf zehen in dem closter zun Barfusen zu wonen und sein narung inzukaufen gedulden. wolte er und sein gesind gegen gemeiner statt und burgerschaft so wolgefellig und frundlich erzeigen das ein rat solches, zudem der bapstlichen Heligkeit dadurch hochlich gedient etc. nit geruwen musst.259 Mitte November zog Portia – wohl aus Gründen der Bequemlichkeit – in das Augustinerchorherrenstift Allerheiligen um.260 Ein Jahr später – nach seinem Aufenthalt am Regensburger Reichstag – verbrachte er im Oktober 1576 jeweils eine Nacht in den Benediktinerklöstern Schäftlarn und Scheyern.261 In Ingolstadt konnte er im Oktober 1576 ein geräumiges Domizil beziehen, da ihm die Universität die Lokale angewiesen hatte, welche die Jesuiten vor ihrem Umzug in das neue Kolleg

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apostolischen Nuntiaturen in Paris, Madrid und Wien bilden sich ab Anfang des 17. Jahrhunderts feste Residenzgebäude aus. Dies geht aus einem Schreiben Erzherzog Ferdinands an Kaiser Maximilian II. hervor, vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 328, Anm. 1. In Innsbruck fühlte sich der Nuntius trotz der schlechten klimatischen Bedingungen wohl: [...] luoco, che, come per la mala qualità dell’aria non m’ è poco nocivo, così per i rispetti seguenti del servitio publico ho stimato il migliore d’ogn’altro [...] (ebd. S. 273). Vgl. Ders., NBD, Bd. III/5, S. CXVI. Übertragung des Kreuzklosters an die Jesuiten. Schreiben des Augsburger Domkapitels an den in Rom weilenden Kanoniker Johann Schenking (Schellhass, NBD, Bd. III/4, S. 28, Anm. 5; vgl. auch ebd. S. XLVII, Anm. 3). Ratsprotokoll vom 4. November 1575, Ders., NBD, Bd. III/5, S. 256, Anm. 3; vgl. auch ebd. S. 199, Anm. 1. Vgl. ebd. S. 210, Anm. 5, S. 256, Anm. 1, S. 269, Anm. 3. Vgl. ebd. S. 533, Anm. 2, S. 534, Anm. 1.

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besetzt hatten.262 Kurz vor seinem Tod dürfte der Nuntius mehrere Tage Gast des Augustinerchorherrenstifts Klosterneuburg gewesen sein.263 Über seine engeren Mitarbeiter, seine famiglia,264 wie man den Haushalt eines Nuntius damals wie heute bezeichnet, lassen sich nur wenige Aussagen treffen. Jedenfalls dürfte sie (alta und bassa famiglia zusammen) zeitweise zehn Personen umfaßt haben.265 In seinem Schreiben aus Kloster Scheyern vom Februar 1578, als er Vorkehrungen für die Nuntiatur am Kaiserhof zu treffen hatte, spricht er von 16 bis 18 bocche („Münder“).266 Namentlich kennen wir nur seinen Sekretär Minuccio Minucci,267 der wie Portia aus Friaul stammte. Im Auftrag des Nuntius erledigte er mehrere Kommissionen, als jener krankheitsbedingt ausfiel, so u. a. im Frühjahr 1574 in Graz und München268 und die mühevolle Reise von Köln aus nach Trier und Lothringen im Winter 1577/78.269 Zeitweise in bayerischem Dienst wurde Minucci später Staatssekretär unter Innozenz IX. und Clemens VIII. Durch seine zahlreichen Reisen über die Alpen (zunächst als Sekretär Portias, dann als Begleiter des Kardinals Giovanni Ludovico Madruzzos,270 des Bischofs von Trient und Protector Germaniae), entwickelte er sich in der Nachfolge seines ehemaligen padrone Portia zum Deutschlandspezialisten der Kurie. Von ihm sind scharfsinnige Analysen der konfessionellen Situation im Reich überliefert.271 Er starb 1601 in München. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Jesuitenkirche St. Michael der bayerischen Residenzstadt.272 262 263

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Vgl. ebd. S. 534, Anm. 1. Portia verfaßte dort zwei Berichte für Kardinal Gallio, vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, Nr. 202 und 209. Vgl. Feldkamp, Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv, S. 85 – 90. Vgl. die entsprechende Passage im oben (Anm. 259) zitierten Freiburger Ratsprotokoll. Die Angabe ist jedoch zu hinterfragen, da evtl. aus Gründen der Opportunität eine niedrigere Zahl angegeben wurde. ASV, Segreteria di Stato, Germania 82, fol. 402r, Or. Zu seiner Person vgl. Alexander Koller, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 74, Roma 2010, S. 710 – 714. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 397, 403 und Bd. III/4, S. 34 f. Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 223. Vgl. Bernhard Steinhauf, Giovanni Ludovico Madruzzo (1532 – 1600). Katholische Reformation zwischen Kaiser und Papst: Das Konzept zur praktischen Gestaltung der Kirche der Neuzeit im Anschluß an das Konzil von Trient, Münster 1993 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 132), S. 112 mit Anm. 306. Vgl. u. a. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. LV, Anm. 70, sowie das Memorandum zur Lage der katholischen Kirche von 1588, gedruckt bei Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 737 – 785. Ein Teil seines Nachlasses ist seit 1892 im Besitz des Deutschen Historischen Instituts in Rom, vgl. I Codici Minucciani dell’Istituto Storico Germanico. Inventario, Online-Publikationen des Deutschen Historischen Instituts in Rom, bearb. von Alexander Koller, Pier Paolo Piergentili, Gianni Venditti, Roma 2009 (http://www.dhi-roma.it/codici_ minucciani.html). Vgl. auch Hermann Goldbrunner, Von der Casa Tarpeia zur Aurelia Antica: Zur Geschichte der Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, in: Rein-

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Auch der Franziskanerobservant Francesco Sporeno aus Udine ist als engerer Mitarbeiter Portias zu bezeichnen. Der Lektor des Innsbrucker Franziskanerklosters zum Heiligen Kreuz war dem Nuntius für dessen Mission in den Südwesten als päpstlicher Kommissar beigeordnet worden.273 Von den Agenten Portias, die in Rom v. a. in finanziellen Angelegenheiten tätig wurden, kennen wir die Namen: Filiberto Buronzo, Giovanni de Marchi, Federico Guiducci und Michele Lamberti.274 Für seine Missionen war Portia im Frühjahr/Sommer 1573 mit umfassenden Vollmachten ausgestattet worden. Zum einen erhielt er die sog. ordentlichen Fakultäten (facultates ordinariae), die – dem Charakter und Zuschnitt der Nuntiatur entsprechend – weitgehend auf Visitation und Reform abgestellt waren.275 Sie betrafen u. a. die kirchliche Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit, berechtigten zu Absolution und Dispensation (in Ehe- und Weiheangelegenheiten) usw.276 Darüber hinaus wurden Portia außerordentliche Vollmachten zugesprochen, so die Absolutionsvollmacht für Häretiker und Schismatiker in forma amplissima (d. h. in umfassenderer Form als bei Bischöfen), dann die Berechtigung concedendi licentiam[ ...] legendi libros prohibitos an Prälaten und andere Personen, das Privileg, für sich und seine famiglia einen Beichtvater zu bestimmen und auf einem altare portatile und an jedem ihm genehmen Ort – auch ohne Zustimmung des zuständigen Ordinarius – die Messe feiern zu können.277 Das Kollationsrecht, d. h. die Berechtigung, Benefizien zu verleihen, war Portia anfangs ebenso wie Gropper zugesprochen, im Juli 1575 aber wieder entzogen worden.278 Über die finanzielle Ausstattung Portias als Nuntius lassen sich nur ungenaue Angaben machen.279 Häufig beklagt er sich über ausstehende Zahlungen, so u. a. im

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hard Elze, Arnold Esch (Hgg.), Das Deutsche Historische Institut in Rom 1888 – 1988, Tübingen 1990 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 70), S. 33 – 86, hier S. 42. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. XIII – XVI und passim. Vgl. Ders., NBD, Bd. III/3 – 5, Register. Vgl. Leo Mergentheim, Die Quinquennalfakultäten pro foro externo. Ihre Entstehung und Einführung in deutschen Bistümern. Zugleich ein Beitrag zur Technik der Gegenreformation und zur Vorgeschichte des Febronianismus, 2 Bde., Stuttgart 1908, S. 250 – 260. Vgl. die vollständige Liste bei Feldkamp, Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv, S. 68 f. Das Breve zum letztgenannten Privileg ist abgedruckt bei Mergentheim, Die Quinquennalfakultäten, Bd. 2, S. 241 f. Vgl. ansonsten die archivalischen Angaben bei Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 12, Anm. 2. Vgl. die Weisung des Kardinalsstaatssekretärs Gallio bei Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 57 – 59, sowie Ders., NBD, Bd. III/4, S. 483 f. Ders., NBD III/5 S. 535, Anm. 1, spricht von 400 scudi Monatsgehalt, was sehr hoch erscheint. Damit hätte Portia die Bezüge der beiden traditionell am höchsten bezahlten Nuntien (denen am französischen und spanischen Hof) übertroffen, vgl. die Tabelle bei Biaudet, Les nonciatures apostoliques, S. 78. Biaudet (ebd. mit Anm. 12) gibt im übrigen 100 scudi als Monatsgehalt für Gropper, den im Norden des Reichs wirkenden Kollegen von Portia, 1576 an!

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Februar 1576 aus Freiburg: m’ è anco necessario aspettare danari o per via di Roma o di Vinetia, essend’ io in tanti moti eshausto („ich benötige Geld, entweder über Rom oder Venedig, da meine finanzielle Lage erschöpft ist“), zumal er aus Mangel an Korrespondenten und wegen seines unsicheren sozialen Status keine Wechsel einlösen konnte.280 Anfang April desselben Jahres hatte ihn als Ausgleich für ausstehende Zahlungen ein Wechsel auf 1000 scudi in Gold erreicht, einzulösen über Johann Fugger in Augsburg. Dieser sollte ihm über Serafino von Taxis diese Summe in Qualitätsmünzen (in tanti scudi d’oro buoni et di giusto peso) zukommen lassen, da andere in Freiburg nicht akzeptiert würden.281 Am 5. Juni schrieb Portia überdies an den Protonotar Cesare Speciano (normalerweise wandte sich der Nuntius in ähnlichen Fällen an seine oben genannten Agenten), daß ihm die Kurie mehr als 600 scudi schulde.282 Speciano sollte sich für eine Auszahlung der Summe einsetzen und sich darüber hinaus bei Gallio und anderen Kardinälen (Guastavillani, Madruzzo) verwenden, für den Nuntius angesichts seiner angespannten finanziellen Situation eine Befreiung von dem den venezianischen Klerikern auferlegten Zehnten zu erreichen. Zu Beginn seiner Kaiserhofnuntiatur erhielt Portia vom Papst eine (wohl außerordentliche) Zuwendung von 400 scudi.283 Großen Wert legte die Kurie auf einen intensiven Informationsfluß zwischen den einzelnen Nuntien. Die Zusammenarbeit mit dem Nuntius am Kaiserhof war bereits in der Instruktion geregelt worden: Monsignor nuntio tenirà corrispondenza et assiduo commertio di lettere co’ l nuntio di S. S.tà appresso a l’ imperatore.284 Sie vollzog sich reibungslos.285 Der gewünschte schriftliche Kontakt mit Gropper ließ sich hingegen nicht herstellen non havendo mai saputo [...] ove si truovi.286 Mit dem Dominikaner Feliciano Ninguarda, der in den 60er und 70er Jahren des 16. Jahrhunderts in Süddeutschland als apostolischer Kommissar verschiedene Aufträge zu erledigen hatte287 und welcher Portia als Nuntius in Süddeutschland 1578 ablöste,288 wechselte

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Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 362. ASV, Segreteria di Stato, Germania 82a, fol. 13v, Reg.; vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 430, Anm. 4. ASV, Segreteria di Stato, Germania 82a, fol. 32r – v, Reg.; vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 454, Anm. 1. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 399. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 33. Vgl. auch Schwarz, Briefe und Akten, S. 80. Im Schreiben Gallios vom 21. November 1573 wird Portia eingeschärft di tener assiduo commercio de lettere con monsignor di Torcello [= Delfino] et con monsignor Groppero, darüber hinaus auch mit Ninguarda, vgl. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 243. Ebd. S. 272. Ebd. Vgl. Karl Schellhass, Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegenreformation in Süddeutschland und Österreich 1560 – 1583, Bd. 1: Felician Ninguarda als apostolischer Kommissar 1560 – 1578, Rom 1930 (Bibliothek des Preussischen Historischen Instituts in Rom 17). Ebd. S. 280 f. Zur ersten Phase seiner Nuntiatur vgl. Ders., Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegenreformation in Süddeutschland und Österreich 1560 – 1583, Bd. 2: Felici-

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Portia wöchentlich Briefe.289 Für den Schriftverkehr zwischen dem inzwischen zum Nuntius bei Rudolf II. bestimmten Portia und dem in Schweden eingesetzten Jesuitenpater Antonio Possevino wurden besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen (Verwendung von Pseudonymen).290 Auch mit dem im Frühjahr 1578 ernannten Nuntius für Polen, Giovanni Andrea Caligari, hielt Portia (die Zusammenarbeit zwischen dem Nuntius am Kaiserhof und dem nach Polen entsandten hatte Tradition) brieflichen Kontakt: [...] co’ l quale ho già il comertio secondo l’ordine posto tra noi in que’ giorni c’ ha honorata la casa mia con la sua presenza.291 Eine enge Kooperation ergab sich auch zwischen Portia und dem Jesuitenorden. Auch diese war bereits in der Instruktion vorgegeben. Dort wird gesprochen von der la singular protettione, che il nuntio haverà da tenere de li padri de la compagnia di Jhiesù in tutti li luoghi, dove hanno collegio [...] („besonderen Fürsorge, die der Nuntius den Jesuitenpatres angedeihen lassen soll an allen Orten, wo sie Kollegien besitzen […]“).292 Zum Einzugsbereich der Portia anvertrauten süddeutschen Nuntiatur zählten die Kollegien in Innsbruck, Hall, Graz, Dillingen, München und Ingolstadt. Sie bildeten wichtige Stützpunkte für die Aktivitäten Portias. In der Angelegenheit der Statuten des Collegium Germanicum hielt der Nuntius Kontakt mit Petrus Canisius293 und kommunizierte mit dem General Mercurian (schriftlich) und dem Provinzial Hoffaeus (mündlich) bei seinen Bemühungen um die Gründung einer Niederlassung in Augsburg.294 5. Die Kaiserhofnuntiatur (1578) Der vorletzte Teil dieses Kapitels soll sich mit der Nuntiatur Portias am Kaiserhof Rudolfs II. beschäftigen.295 Daß Bartolomeo Portia einmal dem Bischof von Torcello, Giovanni Delfino, dessen Nuntiatur am Kaiserhof (Beginn 1571 noch unter Pius V.!) sich bereits über einen überdurchschnittlich langen Zeitraum hinzog oder welcher selbst seit geraumer Zeit um Ablösung bat, nachfolgen sollte, war wohl spätestens ab dem Regierungsantritt von Rudolf II. im Herbst 1576 – für Gregor XIII. wie für den zeitgenössischen informierten Beobachter – nur noch eine Frage der Zeit. Letztlich sollte noch ein Jahr bis zur Erteilung des Mandats verstreichen, da Gregor

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an Ninguarda als Nuntius 1578 – 1580, Rom 1939 (Bibliothek des Preussischen Historischen Instituts in Rom 18). Ebd. Würdigung Ninguardas durch Portia: Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 119 und S. 194. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 403. Ebd. S. 463. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 22. Ebd. S. 124. Schellhass, NBD, Bd. III/4, S. 454 mit Anm. 7 und S. 468 f. Die Akten dieser Nuntiatur sind ediert in Koller, NBD, Bd. III/9.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

XIII. den erfahreneren Diplomaten nicht vor Abschluß der Wahl eines Nachfolgers für Erzbischof Salentin von Isenburg aus Köln abziehen konnte oder wollte. Portia verfügte unter allen Kurialen über die besten Kenntnisse der deutschen Territorien. Er kannte mehr oder weniger den gesamten katholisch verbliebenen Teil des Reiches: Der von ihm durch seine zahlreichen Reisen abgedeckte geographische Raum erstreckte sich vom äußersten Südosten des Reichs (Aquileja, Graz) bis nach Köln im Westen, vom Südwesten (Konstanz, Freiburg, Besançon) bis nach Prag im Osten. Er hatte die wichtigsten katholischen Reichsfürsten, weltliche wie geistliche, kennengelernt und während seines Aufenthalts am Regensburger Reichstag 1576 aus eigener Anschauung Einblick in das Funktionieren (oder Nichtfunktionieren!) der Reichsverfassung gewinnen können. Als Bartolomeo Portia die Nuntiatur am Kaiserhof antrat, galt er mithin als der Deutschlandspezialist der Kurie. Mit Datum vom 28. Dezember wurde ihm durch den römischen Staatssekretär, Kardinal Gallio, die Versetzung an den Kaiserhof mitgeteilt: Poiché il negotio di Colonia s’ intende esser finito, N. S. ha pensato di consolar V. S. con darle luogo fermo di residenza et levargli l’occasione d’andar vagando come più volte lei ha mostrato di desiderare et questo sarà di succedere à Mons. di Torcello ne la nuntiatura appresso la M.tà de l’Imperatore („Da die Kölner Angelegenheit beendet scheint, hat der Papst daran gedacht, Ihnen Erleichterungen zu verschaffen, indem er Ihnen, Ihren Wünschen entsprechend, eine feste Residenz zuteilt und Sie der Verpflichtung entbindet, herumzureisen. In diesem Sinne werden Sie Nachfolger des Bischofs von Torcello als Nuntius beim Kaiser“).296 Am 11. Januar ließ Gallio ihm in einer Blechkiste (cassetta di latta) insgesamt 19 Breven zustellen, die bestimmt waren zur Übergabe an den Kaiser, dessen Mutter, die Kaiserin Maria, dessen Schwester, verwitwete Königin von Frankreich, und dessen Brüder, die Erzherzöge Ernst und Maximilian, an den Obersthofmeister Adam von Dietrichstein, an den kaiserlichen Rat Johann Trautson sowie an den spanischen Botschafter am Kaiserhof Juan de Borja. Die restlichen Breven waren in bianco (Formulare für von Portia zu bestimmende geistliche und weltliche Adressaten).297 Die Fakultätenbulle298 wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich am 15. Juni 1578, ausgefertigt. Eine Instruktion erhielt Portia bezeichnenderweise nicht (eine solche war offensichtlich bei den Kenntnissen und der breiten Erfahrung des Nuntius auch nicht notwendig). Er sollte sich mündlich von seinem Vorgänger einweisen lassen.299 Bis zu seinem Eintreffen am Kaiserhof vergingen allerdings nahezu vier Monate. Verschiedene Gründe lassen sich für diese Verspätung Portias ins Feld führen. Zunächst mag er es selbst vielleicht nicht eilig gehabt haben, denn die Weisung aus

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Abschrift von Schellhass nach Archivio Colloredo-Mels, Fasc. D, fol. 74r – 75r, Or., Archiv DHI Rom, publiziert in Koller, Kölner Mission, S. 491. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 395 f. Vgl. auch Nanni, Epistulae ad Principes, Nr. 6714 – 6724. ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 87, fol. 581r – 588v, Konz. [...] dal quale [Delfino] V. S. haverà tutta la instruttione necessaria de le cose che occorrono et resteranno da far a lei in quella Corte (Koller, NBD, Bd. III/9, S. 396).

3. Bartolomeo Portia

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Rom ließ ihm einen gewissen Spielraum.300 Hinzu kamen die Gefahren der Reise vom Rheinland nach Bayern, die zwar glücklich, aber unter großen Behinderungen und Risiken verlief.301 Schließlich hielt sich Portia längere Zeit in Bayern auf, um Vorbereitungen für die Kaiserhofmission zu treffen, d. h. seine famiglia und seine Ausstattung den veränderten Bedingungen anzupassen.302 Er hatte zu diesem Zweck auch einen Vertrauten nach Friaul entsandt, dessen Rückkehr er abwarten wollte.303 Der noch amtierende Nuntius am kaiserlichen Hof, Giovanni Delfino, bereits seit 1571 in dieser Funktion, fing indessen an, die Geduld zu verlieren. Schon im Februar gab er seiner Hoffnung auf ein rasches Eintreffen Portias Ausdruck, zumal er sich gerne der leidigen Aufgabe der Reise zum ungarischen Reichstag nach Preßburg, der im März 1578 stattfand, entledigt hätte. Als Delfino bei seiner Rückkehr in Wien Anfang April seinen Nachfolger immer noch nicht vorfand, rissen seinen Klagen gegenüber Gallio nicht ab.304 Natürlich, so Delfino, käme es häufig zu Reibungen bei der Übergabe der Amtsgeschäfte an den Nachfolger, jedoch meist, weil dieser früher, und nicht – wie in diesem Fall – später als erwartet einträfe! Am 19. April schreibt er resigniert: Io non voglio più dolermi con V. S. Ill.ma di lui, poiché non può giovare niente. Und: pregherò N. S. Dio che mi conceda patienza.305 Am 21. April 1578 war Portia endlich in Wien.306 Der Aufgabenbereich Portias erfuhr nun am Kaiserhof im Vergleich zu den früheren Missionen eine Umakzentuierung. Neben den üblichen Maßnahmenkatalog der innerkirchlichen Reform und der Bekämpfung des Protestantismus, den wir aus den Verhandlungen Portias mit den süddeutschen Reichsfürsten kennen und welcher nun mit Rudolf als Landesherrn in den von ihm regierten Territorien (Böhmen, Ungarn, Ober- und Niederösterreich) und dessen Ratgebern zu behandeln war, traten nun die für eine „große“ Nuntiatur üblichen Themen. Im Falle der Nuntiatur am Hof des Kaisers, der europäischer Herrscher und Reichsoberhaupt in einem war, hieß dies: internationale Politik (Beziehungen zu den europäischen Mächten) und Reichspolitik (Beziehungen zu den anderen Reichsständen, Reichskirchenpolitik, italienische Reichslehen). Freilich war Portia auch an den anderen deutschen katholischen Fürstenhöfen mit der internationalen Politik und Reichssachen in Berührung gekommen. Aber dieser Bereich hatte nun doch eine andere Perspektive und ein anderes Gewicht. Der Beginn der Nuntiatur von Bartolomeo Portia fiel zusammen mit dem Ausbruch des Krieges zwischen der Pforte und Persien, der Kaiser und Reich bis 1590 an 300 301 302 303 304 305 306

Abschrift von Schellhass nach Archivio Colloredo-Mels, Fasc. D, fol. 74r – 75r, Or., Archiv DHI Rom, gedruckt in Koller, Kölner Mission, S. 491. Vgl. oben S. 316. Vgl. oben S. 318. Vgl. Portia an Gallio, Scheyern, 1578 II 28, ASV, Segreteria di Stato, Germania 82, fol. 402r, Or. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 384. Ebd. S. 391. Ebd. S. 399.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

der ungarischen Militärgrenze Entlastung bringen sollte.307 Im Frühjahr 1578 lagen in Wien widersprüchliche Nachrichten zur Lage im Südosten vor. So verfügte Delfino im April über Informationen über türkische Rüstungen gegen die Safawiden,308 während Portia am 23. Mai auf Grund seiner Kenntnisse davon ausgehen mußte, daß eine Verständigung zwischen dem osmanischen und persischen Reich in greifbare Nähe gerückt sei.309 Bis zum Tod Portias im August 1578 wird dieses Thema nicht mehr in den Berichten nach Rom behandelt werden. Ein weiterer Krisenherd der Zeit lag in den Niederlanden. Der Aufstand gegen die dortige spanische Herrschaft – begleitet von sozialen und religiösen Spannungen – wurde in den Jahren von 1576 bis 1578 bestimmt durch den Antagonismus zwischen dem von Philipp II. eingesetzten Statthalter, seinem Stiefbruder Don Juan, und dem Exponenten der Mehrheit der Generalstaaten, Wilhelm von Oranien. Die Situation hatte sich zuletzt weiter kompliziert und zugespitzt, als der Bruder des Kaisers, Erzherzog Matthias, in einer abenteuerlichen Aktion Anfang Oktober 1577 die Wiener Hofburg verlassen und sich – offensichtlich ohne Wissen Rudolfs – auf Einladung einflußreicher niederländischer Katholiken nach Flandern begeben hatte, um dort das Regiment zu übernehmen. Unter diesen Umständen drängte der Kaiser verstärkt auf Friedensverhandlungen.310 Auch Gregor XIII. bot seine Vermittlung an und entsandte Kardinal Madruzzo im Juli 1578 zu Vorgesprächen nach Prag.311 Dieses Angebot wurde von Rudolf wohlwollend angenommen, während er den Wunsch des Papstes, Matthias aus den Niederlanden zurückzurufen, ausweichend beantwortete. Doch konnte ein solcher Befehl nach dem Dafürhalten Portias nicht ausbleiben, zumal am Hof die Unternehmung des Erzherzogs als bereits gescheitert angesehen wurde, nachdem dessen völlige Abhängigkeit von Oranien und das Zusammenspiel des letzteren mit Frankreich offen zu Tage getreten war.312 Die Beziehungen zwischen Kaiserhof und römischem Hof waren zu Beginn des Jahres 1578 ungetrübt. Lediglich die Tatsache, daß Rudolf II. nach nunmehr gut einem Jahr an der Regierung den Posten des ständigen Gesandten in Rom immer noch nicht besetzt hatte, führte zu ständigen Klagen und Mahnungen von Seiten der 307

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Zum türkisch-persischen Krieg von 1578 – 90 vgl. Nicolae Jorga, Geschichte des Osmanischen Reiches, Bd. 3, Gotha 1910 (Nachdr. Darmstadt 1990), S. 236 – 247, und Hans Robert Roemer, Persien auf dem Weg in die Neuzeit. Iranische Geschichte von 1350 – 1750, Beirut 1989 (Beiruter Texte und Studien 40), S. 303 und S. 315 f. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 387. Questi ministri principali confermano tuttavia esserci avviso da Constantinopoli che la pace tra ‘ l Turco et il Sophì [Muhammad Khudabanda, Schah von Persien] sia condotta tant’ innanzi che s’ habbia da Mahomet Bassà per conclusa et mi dice di più il S. Diatristano che già molto tempo non sono stato usate parole sì orgogliose all’Ambasciatore di S. M.tà [Joachim von Zinzendorf] come ultimamente che si teneva con esso proposito di quell’accordo (ebd. S. 425). Sie fanden 1579 in Köln statt. Die Kurie war dort durch Nuntius Giovanni Battista Castagna, den späteren Papst Urban VII., vertreten. Die Akten hierzu sind ediert in den Nuntiaturberichten aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pazifikationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. v. Joseph Hansen, Berlin 1894, S. 197 – 370. Zu dieser Legation vgl. ebd. S. 195 – 197. Vgl. hierzu Portia an Gallio, 1578 VII 16, Linz, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 489.

3. Bartolomeo Portia

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Kurie. 1577 war durch die kaiserliche Obödienzgesandtschaft zeitweilig ein gewisser Ersatz geboten.313 Danach wurden die Forderungen nach einer entsprechenden Maßnahme lauter. 1577 war zunächst Massimiliano d’Arco, Bruder des langjährigen kaiserlichen Gesandten in Rom Prospero d’Arco und des ebenfalls nach Rom entsandten Scipione d’Arco, für die Aufgabe ins Auge gefaßt worden.314 Arco trat diese jedoch nie an. Nachdem über Portia ab April 1578 weiterer Druck auf den Kaiser ausgeübt worden war, wurde am 18. August 1578 Veit von Dornberg zum kaiserlichen Gesandten in Rom bestimmt.315 Auch diese Mission kam zunächst nicht zustande. Es sollten weitere elf Jahre vergehen, bis Dornberg schließlich 1589 seinen römischen Posten übernahm!316 Papst Gregor XIII. wandte sich in den ersten Januartagen des Jahres 1578 an die katholischen europäischen Fürsten, Republiken und Hochschulen, um ihnen sein Projekt der Kalenderreform vorzustellen. Das entsprechende Breve317 war von Nuntius Delfino dem Kaiser übergeben worden. Nach der Übernahme der Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger wurde Nuntius Portia zweimal beim Kaiser vorstellig, um an das bereits Delfino zugesagte Gutachten der Mathematiker zu erinnern.318 Das Lavieren Rudolfs II. in dieser Frage hielt auch noch über die offizielle Einführung durch Gregor XIII. im Oktober 1582 hinaus an. Erst 1583/84 erfolgte die Publikation für das Reich und die Erbländer (allerdings ohne Bezug auf den Papst!).319 Schon im Januar 1578 wurde Portia angewiesen, sich in der Frage des Reichslehens Correggio zugunsten von Alessandro da Correggio einzusetzen. Im Krieg Pauls IV. gegen Spanien hatten die Herren von Correggio auf der Seite Habsburgs gekämpft, so daß die von Karl V. 1551 gewährte Investitur 1559 von Ferdinand I. erneuert wurde (1564 von Maximilian II. und später 1580 von Rudolf II. bestätigt). Beansprucht wurde die Herrschaft von Camillo da Correggio sowie von Alessandro da Correggio, dem Adoptivsohn und Erben seines Cousins, des 1572 verstorbenen Kardinals Girolamo da Correggio.320 Alessandro wurde in seinen Bemühungen ne-

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Vgl. Kap. I.6. Vgl. das kaiserliche Dekret vom 15. März 1577 an den Präsidenten der Hofkammer, die entsprechenden Anordnungen für die Mission des designierten ständigen kaiserlichen Gesandten in Rom, Massimiliano d’Arco, zu treffen: Hofkammerarchiv Wien, Fasz. 168, fol. 25r, Or. Zu Massimiliano d’Arco vgl. Gerhard Rill, Geschichte der Grafen von Arco 1487 – 1614. Reichsvasallen und Landsassen, Horn 1975, S. 121 mit Anm. 124 und S. 285. Vgl. Ernennungsurkunde, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Rom – Varia 6, 24r – 25r, Or. Vgl. Silvano Cavazza, „Così buono et savio cavalliere“: Vito di Dornberg, patrizio goriziano del Cinquecento, in: Annali di storia isontina 3 (1990), S. 7 – 36, hier S. 20. ASV, Armadio XLIV 23, fol. 425r – 426r; Ep. ad Princ., Reg. 12, fol. 8r. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 481: Ho instato per la risolutione intorno alla rinovatione dell’anno, ma perché gl’ huomini da quali S. M.tà aspetta parere, non sono anchora comparsi et forse andaranno da Vienna a Praga per la Corta [sic] com’usano tutti quelli c’ hanno poco da fare [...]. Vgl. ebd. S. 430. Vgl. Karl Vocelka, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1576 – 1612), Wien 1981 (Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs 9), S. 181 – 187. Vgl. Alberto Ghidini, Art. Camillo da Correggio, Dizionario biografico degli italiani, Bd. 29, Roma 1983, S. 432 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

ben Gallio u. a. auch von den Kardinälen Gianfrancesco Gambara und Alfonso Gesualdo unterstützt.321 Komplizierter stand es um das Problem der Herrschaft von Borgo di Val di Taro. Der Konflikt um Borgo di Val di Taro geht bis auf das Jahr 1547 zurück, als Pierluigi Farnese, Herzog von Parma, Opfer einer Verschwörung wurde, an welcher der Conte Agostino Landi, Besitzer des Reichslehens Borgo di Val di Taro (Verleihung durch Karl V.), beteiligt war. In der Folge versuchte Ottavio Farnese, Val di Taro dem Claudio Landi, einem Sohn Agostinos, zu entreißen. Der Konflikt fand 1578 seinen vorläufigen Höhepunkt, als das Gebiet durch farnesische Truppen okkupiert wurde.322 Die Investitur Agostino Landis mit Borgo di Val di Taro war von Rom nie anerkannt worden, da es die Herrschaft als Lehen des Kirchenstaates betrachtete, so Gallio gegenüber Portia in einer Weisung, die auch die historischen Hintergründe aus Sicht der Kurie darzustellen versucht.323 Auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen verhandelte Portia mehrmals mit dem Kaiser in dieser Angelegenheit. Für die Behandlung der Reichskirchenpolitik wurde Portia aufgetragen, dafür zu sorgen, daß es zu keiner Regalienverleihung durch den Kaiser ohne vorangegangene päpstliche Konfirmation komme, so Gallio gegenüber Portia am 21. Juni 1578: Nel fatto de i regali che costì si concedono a quei vescovi che non hanno la confirmatione da questa Santa Sede è necessario di star ben’ avvertiti perché, come una volta gli eletti hanno posto il piede nel possesso, non se ne possono mai più levare et negligono la confirmatione ap.ca, come V. S. sa essercene molti esempi („In der Angelegenheit der Regalien, die dort an Bischöfe verliehen werden, die noch nicht vom Heiligen Stuhl bestätigt sind, müssen wir wachsam sein, da die gewählten Bischöfe, sobald sie von ihrem Bistum Besitz ergriffen haben, nicht mehr ihres Besitzes enthoben werden können und sich um die apostolische Bestätigung nicht mehr kümmern; Sie [Portia] kennen viele Beispiele“).324 Doch war man im Fall von Köln, wo soeben eine Bischofswahl stattgefunden hatte, zu Zugeständnissen bereit, um den bedeutenden Bischofssitz, an den zugleich eine Kurstimme gebunden war, nicht zu gefährden. Wie schon Delfino vor ihm und die Nuntien nach ihm hatte sich Portia um die Restituierung des Abts von Fulda, Balthasar von Dernbach, zu bemühen, dessen Resignation (erzwungen durch Kapitel und Ritterschaft des Stifts im Zusammenspiel mit dem Würzburger Bischof Julius Echter von Mespelbrunn) ebensowenig von der Kurie anerkannt worden war wie das kaiserliche Administrationsmandat des Stifts an den Deutschmeister Heinrich von Bobenhausen.325 321 322

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Vgl. die entsprechenden Schreiben vom Juni 1577, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Hss. W 290/3, fol. 188r bzw. 185r – v, Or. 1579/80 kam es zu einer neuerlichen Konspiration der Landi gegen die Farnese. Claudio wurde zum Tode verurteilt, seine Güter konfisziert. Die Auseinandersetzung zog sich über den Tod Ottavios (1586) hin. 1614 erreichte Ranuccio I. Farnese von Kaiser Matthias den Verzicht auf sämtliche Ansprüche seitens des Reichs auf Borgo di Val di Taro. Vgl. ausführlich zu diesem Thema Kap. I.7. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 411 f. Ebd. S. 466. Vgl. auch Portia an Gallio, Wien, 1578 V 31, ebd. S. 430 und 480. Ebd. S. 400 und S. 404; zum Streit um Fulda vgl. zusammenfassend Ders., Nuntiaturberichte aus Deutschland als Quellen zur Landesgeschichte, in: Blätter zur deutschen Landesgeschichte 133 (1997), S. 37 – 53, hier S. 49 – 51.

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In den von Rudolf regierten Erbländern waren zur Zeit der Nuntiatur Portias mehrere Bischofssitze vakant. In Olmütz (Olomouc) zog sich das Verfahren hin, da es zwei Kandidaten (den mährischen Baron Bruntálsky und den Prager Erzbischof Brus von Müglitz) gab, das Kapitel gespalten war und der Kaiser sich selbst unentschlossen zeigte. Portia forderte vor diesem Hintergrund, die Angelegenheit durch die allein dafür zuständige Kurie klären zu lassen.326 Bei den ungarischen Bistümern war es im April 1578 kurz vor der Ankunft Bartolomeo Portias zur seit langem erwarteten und betriebenen Neubesetzung von Raab (Györ), Agram (Zagreb), Waitzen (Vác) und Fünfkirchen (Pécs) gekommen, verbunden mit einem größeren Revirement. Damit konnte sich aber die Kurie nicht zufrieden geben,327 da sich Rudolf weiterhin gegen die Ernennung eines Erzbischofs für Gran (Eztergom) sperrte. Die Motive dafür lagen klar auf der Hand: Bei Vakanz nämlich fiel ein Großteil der Einkünfte des Bistums an den Administrator in temporalibus (Gubernator), während ein Administrator in spiritualibus nur über einen geringen Teil verfügen konnte (ein Administrator von Gran erhielt beispielsweise 3000, der Erzbischof hingegen 40 000 Forint!).328 Das so abgezweigte Geld floß in die Grenzverteidigung.329 Während seiner relativ kurzen Amtszeit als Kaiserhofnuntius (sie umfaßte insgesamt nur knapp vier Monate!) wurde Portia – nach Ausweis der erhaltenen Berichte – in drei Ordensangelegenheiten tätig. Zum einen sollte der Nuntius dem neuen Propst von Klosterneuburg Kaspar Christiani Hilfestellung leisten bei der reparatione de la vera disciplina ecclesiastica nel suo monasterio.330 Das Augustinerchorherrenstift befand sich in der Tat in diesen Jahren in der Krise, da nahezu der gesamte Konvent die einschlägigen tridentinischen Dekrete ignorierte und überdies protestantisch gesinnt war. Der aus Arendsee in der Altmark stammende Christiani (Absolvent der Dillinger Hochschule), zuletzt Domdekan von Wien, war dem Stift im Januar 1578 von Kaiser Rudolf II. zur Postulation aufgedrängt, und im Februar von Gregor XIII. vom Noviziat dispensiert und als neuer Propst bestätigt worden.331 Am 28. Juli legte der Prälat die Professio fidei ab viva voce coram ill.mo et rev.mo domino Bartholomeo comiti Portiae protonotario et nuncio apostolico.332 Im Juni 1578 sollte Portia auf Wunsch des Kaisers beim Papst die Erlaubnis erwirken, daß nach der Übernahme des Brünner Dominikanerinnenklosters durch die 326

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Vgl. Ders., NBD, Bd. III/9, S. 405, 414, 418 f., 424, 455 f., 467 f., 480. Bruntálsky setzte sich dann zunächst Ende August durch. Die Wahl wurde jedoch im Frühjahr 1579 annulliert und schließlich in einem zweiten Urnengang Stanislaus Pavlovsky von Pavlovitz gewählt, vgl. Gatz, Bischöfe des Heiligen Römischen Reichs, S. 519. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 434 f. und 480. Vgl. Bischof von Eger an Rudolf II., Preßburg 1578 VI 25, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Hungarica 112, Konv. A, fol. 5r – v, Or. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 435. Ebd. S. 461. Zu diesen Vorgängen und zur Rückführung des Stifts zum katholischen Glauben vgl. Floridus Röhrig, Protestantismus und Gegenreformation im Stift Klosterneuburg und seinen Pfarren, in: Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg, N. F. 1 (1961), S. 105 – 170. ASV, Segreteria di Stato, Germania 91, fol. 67 – 69, Or.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Jesuiten die in einen Benediktinerkonvent übersiedelten Dominikanerinnen weiterhin ihre liturgischen Gewänder und Bücher secondo la regola antica del luoco gebrauchen dürften.333 Im Mai wurde Portia die Entsendung eines neuen Dominikanerprovinzials für Böhmen und Priors für Wien zur Behebung der Mißstände in den deutschen Klöstern angekündigt.334 Am 27. Juni traf dieser mit mehreren Mitbrüdern in Wien ein in der Absicht, das dortige Kloster zu übernehmen. Daraufhin legte der amtierende Prior vor Ort, Michael Fiegle, beim Klosterrat Protest ein. Dieser verfügte im Auftrag von Erzherzog Ernst bis auf weiteres die Aufnahme der italienischen Mitbrüder, verwies jedoch in zwei Stellungnahmen vom 1. und 10. Juli 1578 auf die schlechten Erfahrungen und auf die Anordnung Maximilians II., ohne kaiserliche Einwilligung keine Ordensleute aus anderen Ländern aufzunehmen.335 Obwohl sich Portia für die Italiener verwandte, konnten diese sich nicht in Wien halten und verließen noch im Juli Österreich.336 Neben der Sorge um die Bistümer und Klöster hatte sich Portia auch am Kaiserhof um den Priesternachwuchs zu kümmern. Dies bedeutete konkret die Sorge um die von den Jesuiten geführten Priesteralumnate in Wien, Prag und Graz.337 Auch mit Inquisitions- und Indexangelegenheiten hatte sich Portia zu befassen. So wurde Portia mehrmals beim Kaiser vorstellig, um Druck bzw. Verkauf des Talmud in Basel verbieten zu lassen.338 Mitte Juni 1578 wandte sich Giovanni Maria Peverelli, ein aus dem Gefängnis der venezianischen Inquisition entflohener Augustinereremit, an ihn mit der Bitte um Vermittlung. Ihm war wegen predicazione erronea der Prozeß gemacht worden.339 Wie wir gesehen haben, hatte sich der Nuntius mit einer Fülle von Fragestellungen zu beschäftigen. Dabei wurde bisher noch nicht auf den zentralen Aspekt der Mission Portias am Kaiserhof verwiesen: den Kampf gegen den Protestantismus, der 333 334 335

336 337 338 339

Koller, NBD, Bd. III/9, S. 455. Ebd. S. 412 f. Vgl. Isnard W. Frank O.P., Zur Errichtung der österreichisch-ungarischen Dominikanerprovinz zu Beginn des 18. Jahrhunderts und zu ihrer Vorgeschichte (1569 – 1704), in: Archivum Fratrum Praedicatorum 43 (1973), S. 287 – 341, hier S. 296, und Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1. Abt.: Regesten aus in- und ausländischen Archiven mit Ausnahme des Archivs der Stadt Wien, Bd. 1, Wien 1895, Nr. 1184 – 1186. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 487 f. Zum Konflikt zwischen deutschen und italienischen Fratres in jener Zeit vgl. Kap. II.4. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 439. Vgl. ebd. S. 400 und 404. Die Akten befinden sich im AS Venezia, Santo Ufficio – Savi all’eresia, busta 42; vgl. auch das Schreiben des Kardinals und Inquisitors Savelli, 1578 VII 18, BC Verona, Ms. 1315, fol. 181r – 182r, Or, das Schreiben Peverellis, Wien 1578 VII 30, in welchem er für den Fall einer Zitation vor das Heilige Offizium um freies Geleit bittet (freilich würde er lieber in Österreich bleiben, so explizit im Brief), und die beiden Schreiben des Nuntius Orazio Malaspina vom Oktober 1578 aus Prag bezüglich der Frage, ob Peverelli auf seiner Reise nach Rom (wo er sich der Inquisition stellen sollte) freies Geleit in Form eines Paßbriefes zugesichert werden solle, Archivio della Congregazione della Dottrina della Fede, TT 1 a, Or.

3. Bartolomeo Portia

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gerade in Nieder- und Oberösterreich sowie in Böhmen, den von Rudolf regierten habsburgischen Erbländern, weit verbreitet war. Das rasche Eingreifen Rudolfs II. in die Rektorenwahl der Universität Wien war für Portia in den ersten Tagen seines Aufenthalts am Hof ein gutes Zeichen. Dieser Akt ließ effiziente Maßnahmen bei der Behandlung der Religionsangelegenheiten in Wien und Niederösterreich erwarten.340 Das größte Ärgernis in den Augen von Papst und Kurie bildete jedoch die Aktivität von einigen protestantischen Predigern in der Kapelle der niederösterreichischen Ständeversammlung in Wien, dem sog. Landhaus, ein Problem, das schon auf der Tagesordnung des Nuntius Delfino gestanden hatte. An der Spitze dieser Predigergruppe stand Josua Opitz, der, 1566 als Flacianer aus Kursachsen ausgewiesen und von 1571 bis zu seiner Entlassung durch den Rat 1574 als Superintendent in Regensburg tätig, seit etwa 1576 als Landhausprediger in Wien wirkte.341 Am 15. April 1578 erließ Rudolf II. ein Mandat, mit welchem er sich gegen all das, was sich in I. k. Mt. selbst eigenthumblichen allhiesigen Stadt Wien für Neuerungen in Predigen, Administration der Sacramente, Conducierung der Verstorbenen und einem neuen Schulwesen zugetragen,342 aussprach und die sofortige Abstellung dieser Praktiken anordnete. Portia betonte in seinem Schreiben vom 10. Mai die Notwendigkeit einer kompromißlosen Haltung des Kaisers in der Frage der Ausweisung von Opitz und der weiteren protestantischen Prediger zur Hebung der eigenen Autorität, wobei ihn die Furcht vor einer Verwässerung bzw. eines Aufschubs des Mandats leitete.343 Unterstützung erfuhr der Nuntius durch Herzog Ferdinand von Bayern, den spanischen Botschafter Borja und den Jesuitenprovinzial Maggio. In der Tat sträubten sich die Prediger (und mit ihnen die Wiener Protestanten) gegen die Ausweisung, indem sie auf ihr Dienstverhältnis bei den niederösterreichischen Ständen verwiesen: dicendo che non servivono a l’Imperatore, ma a li Stati d’Austria.344 Am 21. Juni erließ der Kaiser schließlich ein unmißverständliches Dekret che ante solis occasum Opicio et altri ministri heretici escano da la città, so der Nuntius in einem Schreiben mit dem Zusatz ma che prima ha fatto sapere al borgomastro che stia parato con qualche numero di cath.ci per ogni tumulto che potesse nascere.345 Wenige Tage nach der erfolgten Ausweisung schilderte Portia die Details der Aktion in einem chiffrierten Schreiben. Dabei zielt der Nuntius auf den Umstand (er spricht von einem particolare notabile), daß sich zwei Alumnen aus dem päpstlichen Seminar inkognito und verkleidet im Haus des Predigers Opitz eingeschmuggelt hätten, um ihn auszuspionieren. Bei einem von ihnen handelte es sich um Melchior Klesl, den späteren Kardinal und Ratgeber von Kaiser Matthias.346 340 341 342 343 344 345 346

Portia an Gallio, Wien, 1578 V 3, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 424. Zu seiner Person vgl. Gustav Frank, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 24, Leipzig 1887, S. 369 f. Victor Bibl, Die Einführung der katholischen Gegenreformation in Niederösterreich durch Rudolf II. (1576 – 1580), Innsbruck 1900, S. 49. Portia an Gallio, Wien, 1578 V 10, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 409 (chiffrierte Passage). Ebd. S. 415 (chiffrierte Passage). Ebd. S. 464 (chiffrierte Passage). Portia an Gallio, Klosterneuburg, 1578 VI 28, ebd. S. 472 (chiffrierte Passage).

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Wie aufgeheizt die Situation in Wien vor dem Hintergrund dieses religiösen Konflikts war, belegt eine Episode, die sich während der Fronleichnamsprozession 1578 zutrug, die seit längerer Unterbrechung wieder öffentlich und unter Beteiligung des Kaisers347 stattfand.348 Als der Zug sich dem Graben näherte, wo mehrere Milchund Gemüseverkäufer ihre Stände hatten, wurden einige Milchkannen umgeworfen, was zu einem heftigen Geschrei führte, welches wiederum in den hinteren Zugreihen falsch interpretiert wurde und Panik auslöste. Viele ergriffen die Flucht, und schnell verbreitete sich das Gerücht, der Kaiser und seine Begleitung seien tagliati a pezzi („in Stücke gehauen worden“). Der Tumult legte sich nach einiger Zeit ohne weiter zu eskalieren, die Prozession wurde zu Ende geführt. In seinem Bericht (der Nuntius und der spanische Botschafter befanden sich im Zug unmittelbar hinter dem Kaiser, den Erzherzögen und Herzog Ferdinand von Bayern) versäumt Portia nicht, den Gleichmut des Kaisers und des Bischofs (Johann Kaspar Neubeck) zu betonen – nicht ohne rhetorische Übertreibung: Era S. M.tà nel mezzo con la mano su la spada serbando sempre il medesimo volto et la gravita solita [...] Il Vescovo tenne sempre in mano con molta devotione il venerabile sacramento [...] („inmitten stand Ihre Majestät mit der Hand auf dem Schwert und bewahrte die gleichen Gesichtszüge und den gewohnten Ernst […] Der Bischof hielt immer mit Andacht die verehrungswürdige Hostie“).349 Die Ereignisse von Wien warfen auch ihre Schatten auf Oberösterreich voraus, wo Anfang Juli 1578 ein Landtag stattfand. Die Stände hatten sich dort in der Absicht versammelt, vor der Ableistung der Erbhuldigung Zugeständnisse in der Religionsfrage zu erreichen. Portia, der den Protestantismus in Oberösterreich noch stärker verwurzelt sah als im Land unter der Enns, befürchtete fatale Folgen für ganz Österreich bei einer liberalen Haltung des Kaisers.350 Der Einfluß des päpstlichen Nuntius, der hier von Erzherzog Ferdinand von Tirol unterstützt wurde, sollte bei Rudolf nicht ohne Wirkung bleiben, denn es kam in Linz zu keinen Konzessionen in konfessionellen Fragen.351 Die oberösterreichische Ständeversammlung endete mit der vorgesehenen Erbhuldigung. Die nächste Station für den Kaiser sollte Prag sein. Rudolf II. hatte sich zur Einberufung eines böhmischen Landtags entschlossen, nicht um sich – wie zuvor in Wien 347

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349 350 351

Maximilian II. hatte während seiner Regierung in der Regel auf eine Teilnahme an den Fronleichnamsfeierlichkeiten verzichtet, vgl. Howard Louthan, The Quest for Compromise. Peacemakers in Counter-Reformation Vienna, Cambridge 1997 (Cambridge Studies in Early Modern History), S. 155. Vgl. auch Kap. I.3, S. 54. Walter Sturminger, Der Milchkrieg zu Wien am Fronleichnamstag 1578, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 58 (1950), S. 614 – 624; Martin Scheutz, ... hinter Ihrer Käyserlichen Majestät der Päbstliche Nuncius, Königl. Spanischer und Venetianischer Abgesandter. Fronleichnamsprozessionen im frühneuzeitlichen Wien, in: Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, Wien 2006 (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12) S. 173 – 204. Vgl. Portia an Gallio, Wien, 1578 V 31, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 428. Portia an Gallio, Linz, 1578 VII 12, ebd. S. 483 f. (chiffrierte Passage). Grete Mecenseffy, Geschichte des Protestantismus in Österreich, Graz-Köln 1956, S. 89.

3. Bartolomeo Portia

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und Linz – huldigen zu lassen (dies war bereits ein Jahr zuvor geschehen), sondern um die Stände zu größeren Steuerleistungen angesichts der kaiserlichen Finanznot zu bewegen.352 Von Klosterneuburg aus, wohin er sich offensichtlich nach Abschluß des oberösterreichischen Landtags per Schiff begeben hatte, brach der inzwischen schwer erkrankte Portia Ende Juli/Anfang August zum Landtag nach Prag auf, der kaiserlichen Residenzstadt, die der Nuntius bisher noch nicht kannte. Es sollte seine letzte Reise werden. 6. Krankheit und Tod Portia war kein gesunder Mann. Gegen Ende der 60er Jahre des 16. Jahrhunderts, also etwa zehn Jahre vor der zum Tod führenden Krise, liegen uns erste Zeugnisse für seinen labilen Gesundheitszustand vor. So verschob sich der Beginn der Visitation der Diözese Aquileja um einige Monate, da Portia nach seiner Ernennung zum Apostolischen Visitator im September 1569 schwer erkrankte und den ganzen Herbst über ausfiel.353 Es ist weiter bezeugt, daß Portia nach Abschluß der Visitation des österreichischen Teils des Patriarchats von Aquileja sich in sein Kloster Moggio begab „per rimettersi un po’ in salute“.354 Die Selbstzeugnisse Bartolomeos als Nuntius, die uns aus seinen Berichten ab 1573 überliefert sind, lassen ahnen (gerade wenn man in Rechnung stellt, daß sich Portia in seinen offiziellen Berichten nach Rom mit Bemerkungen über die eigene Person zurückhielt!), welchen gesundheitlichen Risiken – ob bedingt durch seinen Aufenthalt in der Fremde mag dahingestellt bleiben – er ausgesetzt war. Die Klagen über seinen angegriffenen Gesundheitszustand sind Legion und reißen während seiner süddeutschen Nuntiatur (1573 – 1576) nicht ab. Im September 1573 war er gerade dabei, von Salzburg aus nach München zu reisen quando una febbre molto grave m’assalì sì fieramente, che mi costrinse a fermare.355 An der Kurie war man besorgt, versuchte aber zunächst herunterzuspielen: È dispiacciuto a la S.tà di N. Signore et a gli ill.mi cardinali de la indispositione di V. S., la quale, poiché […] non haveva fondamento di mali humori, ma sola causa da la mutatione d’aere et molestia del viaggio, tanto più presto si sarà finita et ella havrà potuto andar a proseguir il suo viaggio con l’aiuto di Dio („Der Papst und die Kardinäle bedauerten ihre Erkrankung, welche, da sie nicht auf böse Körpersäfte, sondern auf den Klimawechsel und die Anstrengungen der Reise zurückzuführen ist, bald überstanden gewesen sein wird und Sie Ihre Reise mit Gottes Hilfe fortsetzen konnten“).356 Wenige Monate (April/Mai 1574) später scheiterte eine weitere geplante Reise nach München (diesmal von Augsburg aus) 352

353 354 355 356

Vgl. Die böhmischen Landtagsverhandlungen und Landtagsbeschlüsse vom Jahre 1526 an bis auf die Neuzeit, hg. vom Königlich Böhmischen Landesarchive, Bd. V: 1577 – 1580, Prag 1887, S. 218. Battistelli, La prima visita apostolica, S. 140. Ders., Una missione, S. 4. Schellhass, NBD, Bd. III/3, S. 139. Ebd. S. 183.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

per haver un poco di febre et di cattarro.357 Portia ließ sich daraufhin von Minucci vertreten. Von April bis Juni 1575 klagt Bartolomeo über eine indispositione, da cui sono travagliato et tenuto nel letto già tanti giorni358 begleitet von ständigem Fieber,359 die eine Ausführung seiner Aufträge und die Abreise aus Augsburg verhindere. Selbst ein Besuch bei Herzog Albrecht V. von Bayern in Starnberg (von Augsburg gerade einmal 60 km entfernt) scheiterte an der Unpäßlichkeit Bartolomeos.360 Im Januar 1576 schreibt Portia ch’ il desiderio di servire faccia minori in me le difficultà tanto della fredda stagione, quanto della poca sanità per eff ettuare almeno una parte di queste commissioni,361 worauf ihm Gregor XIII. durch Gallio antworten läßt: Circa la peregrinatione di V. S. torno a replicare, che Nostro Signore non vuole che lei faccia più di quello che comporta la sanità sua.362 Diese Erkrankung zog sich über Monate hin, denn der Nuntius schreibt gegen Ende seiner süddeutschen Nuntiatur Ende Mai 1576 in Erwartung der Aufforderung durch Kardinal Morone, an den Regensburger Reichstag zu kommen: Dalla lettera di V. S. Ill.ma de 28 del passato ho inteso quello che mi converrà fare, in evento che monsignor ill.mo Morono mi chiami a Ratisbona. son tutta via intento a levarmi d’adosso (se sarà possibile) questa febre, homai più d’un anno cotidiana, ma come si sia, isequirò con la gratia di Dio il mandato („Aus Ihrem Brief vom 28. des vergangenen Monats habe ich entnommen, was ich tun soll, falls Kardinal Morone mich nach Regensburg ruft. Ich habe die feste Absicht, mich dieses Fiebers, an dem ich seit einem Jahr leide, zu entledigen, wenn dies möglich ist; aber, wie dem auch sei, ich werde mit der Gnade Gottes den Auftrag ausführen“).363 Dieser Zustand hielt offensichtlich auch während seines Aufenthalts am Reichstag an, wie wir den Anfang Oktober 1576 verfaßten Zeilen entnehmen: [...] m’ ha assalito già mesi una febre [...].364 In Köln scheint sich dann hingegen sein gesundheitlicher Zustand stabilisiert zu haben. Zumindest liegen uns für den Zeitraum von Ende 1576 (also noch vor Beginn der Kölner Mission) bis in den Sommer 1578, als Portia sich gerade einmal drei Monate bei Kaiser Rudolf II. aufhielt, keine Nachrichten in den Berichten Portias vor, die auf gesundheitliche Beschwerden hinweisen würden. Wohl unmittelbar nach seinem Aufenthalt in Linz beim oberösterreichischen Landtag Anfang/Mitte Juli 1578 zog sich der Nuntius eine schwere innere (organi357 358 359 360

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Ders., NBD, Bd. III/4, S. 35. Ebd. S. 477; vgl. auch Ders., NBD, Bd. III/5, S. 17 und 54. Ders., NBD, Bd. III/4, S. 473. Schreiben vom 27. Juni 1575, vgl. Ders., NBD III/5, S. 54. Wie ernst es um ihn stand, erhellt aus einem Passus, der dem Schreiben Portias an seinen Agenten in Rom Buronzo vom 25. Juli 1575 entnommen ist: Io me la passo con qualche residuo di quella febre, che non volendo andarsene per rimedio che si faccia dà segno d’essere perpetua. la molestia è pochissima, ma il dubbio c’ ho do maggior’ augumento col verno mi far star’ et sospeso et confuso, non vedendo che i medici habbino indrizzo di scacciarla. con tutto ciò bisognerà far viaggio non venendo mandato in contrario (ebd. S. 96, Anm. 1). Ebd. S. 300. Ebd. S. 316. Ebd. S. 448 f. Ebd. S. 530.

3. Bartolomeo Portia

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sche) Erkrankung zu. In Klosterneuburg konnte er das Bett nicht verlassen und stand unter ärztlicher Kontrolle.365 Seine Beschwerden beschrieb Portia selbst mit: dolori colici misti con indispositione di stomaco atrocissimi.366 Über seinen Zustand machte er sich keine Illusionen und sprach von instante morte367 und gravissima et mortale infirmità.368 Trotz seiner prekären gesundheitlichen Verfassung brach Portia schließlich von Klosterneuburg aus nach Prag auf, wo er am 5. August eintraf. Eine Audienz bei Kaiser Rudolf II. kam wegen eines Rezidivs nicht zustande. Portia starb am 12. August, offensichtlich mit den Sterbesakramenten versehen (con così raro essempio di santità),369 und wurde in der „königlichen Kapelle“370 beigesetzt. Er hatte seine Heimat seit seinem Aufbruch von Venedig Anfang Juli 1573 nicht mehr gesehen. Sein Tod rief Bestürzung und Trauer hervor. Feliciano Ninguarda, Nachfolger Bartolomeo Portias als Nuntius in Süddeutschland, erhielt bereits nach vier Tage in Salzburg die Nachricht vom Tod des Kollegen: Già era partita la posta per Venetia con altre mie lettere a V. S. Ill.ma quando sopragiunsero avvisi dalla Corte Cesarea all’Ill. mo S. Rodolfo Kuen, fratello di Mons. Ill.mo Arcivescovo, Consigliero Secreto di S. M.tà, come alli 12 del presente in Praga mancò di questa vita mortale Mons. Rev.mo Portia, Noncio a S. M.tà, di dolori colici, di che tutti et Mons.Ill.mo et il fratello et io ne sentissimo grandissimo travaglio […]; sminoì però il dolore di questa sua morte, scrivendo il Camerier Supremo di S. M.tà al sudetto S. Kuen, qua presente, come egli devotissimamente finì li giorni suoi, lasciando edificata tutta quella Corte et massime li catholici di questa sua morte tanto christiana et religiosa („Nachdem die Post nach Venedig mit meinen Schreiben an Sie bereits abgegangen war, erreichten Rudolf Kuen, Bruder des Erzbischofs und Geh. Rat, vom Kaiserhof Nachrichten, daß am 12. des Monats in Prag der am Kaiserhof amtierende Nuntius Portia an Koliken gestorben ist. Darüber empfanden alle, der Erzbischof, dessen Bruder und ich großen Schmerz […] Der Schmerz über seinen Tod wurde aber dadurch gelindert, wie der Oberstkämmerer an Herrn Kuen schreibt, daß Portia sein Leben in frömmster Andacht beschlossen hat und damit den ganzen dortigen Hof, v. a. die Katholiken, durch diesen christlichen und frommen Tod aufgerichtet hat“).371 Als die Nachricht vom Tod des Nuntius nach München gelangte, wurden dort (wie in Dillingen und Ingolstadt) Trauerfeiern 365

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[...] mi sento acutissimo stimolo di lasciare quanto più tosto sia possibile queste piume per incaminarmi verso Praga. Il medico per levare quello che potesse essere di residuo, vuole che pigli dimane una medicina, dopo la quale interposta la quiete di tre giorni con l’aiuto del Signore mi metterò in camino et usarò quella diligenza che sara possibile in questo stato più tosto di convalescenza che di sanità (Portia an Gallio, Klosterneuburg, 1578 VII 26, Koller, NBD, Bd. III/9, S. 491). Ebd. Ebd. Portia an Gallio, Prag, 1578 VII 26 (letzter Bericht), Koller, NBD, Bd. III/9, S. 492. Vgl. die Todesmeldung von Minuccio Minucci an Gallio, Prag, 1578 VII 26, ASV, Segreteria di Stato, Germania 82, fol. 508r, Or. So Hansen, NBD, Bd. III/1, S. 9 ohne Nennung der Quelle. In den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen begegnet die Bezeichnung ‚Königliche Kapelle‘ für die Allerheiligenkapelle im Königspalast auf der Prager Burg (freundlicher Hinweis von Alena Pazderová vom tschechischen Staatsarchiv). Ninguarda an Gallio, Salzburg, 1578 VIII 16, ASV, Segreteria di Stato, Germania 88, fol. 169r, Or.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

für den verstorbenen Freund und Förderer der Jesuiten abgehalten. Die musikalische Ausgestaltung der Exequien lag bei der herzoglichen Hofkapelle, die von ihrem Musices Rector atque huius artis ea tempestate inter choragos facile princeps geleitet wurde: Orlando di Lasso.372

372

Ignaz Agricola, Historia Provinciae Societatis Jesu Germaniae Superioris, ab anno 1541 ad 1600, Bd. 1, Augustae Vindelicorum 1727, S. 184.

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4. Ottavio Santacroce 1. Herkunft und Karriere bis zur Turiner Nuntiatur (1577) Ottavio Santacroce entstammte einer römischen Adelsfamilie,373 die im Rione Arenula angesiedelt war.374 Der ältere Renaissance-Palazzo der Santacroce mit seinem mächtigen Turm, hervorgehoben im unteren Teil durch Diamantquader, ist heute noch an der Ecke Via del Pianto/Via in Publicolis zu sehen. Ein weiterer Palast, im übrigen im Besitz des Nuntius Ottavio Santacroce, wurde an der Platea de Pranca, wie sie damals hieß, errichtet (sie entspricht in etwa der heutigen zwischen Largo Argentina und dem Tiber gelegenen Piazza Benedetto Cairoli). Ein anderer nahegelegener Palast war im Besitz von Marcello Santacroce. Er ging später im Komplex des Palazzo del Monte di Pietà auf. Im 14./15. Jahrhundert durch Handel zu Wohlstand gelangt, bekleideten zahlreiche Familienmitglieder im 16. Jahrhundert herausragende Positionen in Wissenschaft und Verwaltung, v. a. an der Kurie, aber auch militärische Ämter. Den Vater von Ottavio Santacroce, Onofrio Santacroce (1492 – 1551),375 Herr von Oriolo, Fiano und Rota, kostete die Gegnerschaft zu Alexander VI. beinahe seinen Besitz. Im Alter von zehn Jahren floh er im Gefolge der Orsini nach Pitigliano. Die Burg von Fiano wurde von den Borja zerstört. Von der Schuld an der Ermordung seines Bruders Paolo durch Leo X. freigesprochen, konnte er seine Herrschaft festigen. Die Rocca von Fiano baute er wieder auf. Als Condottiere diente er den Päpsten Leo X. und Paul III. sowie der Republik Venedig und nahm an zahlreichen militärischen Unternehmungen teil. Er hatte mehrere Nachkommen aus insgesamt drei Ehen mit Nicolosa Cesi, Maria Savelli und Vetruria de’ Massimi. Neben Ottavio, dem späteren Nuntius und Sohn Onofrios aus dritter Ehe, waren zwei Kinder aus der ersten Ehe für geistliche Berufe bestimmt worden. Claudia wurde Nonne in Narni. Der hochgebildete Halbbruder Ottavios, Scipione (1515 – 1583), der über eine beachtliche, vielgerühmte Bibliothek verfügte,376 war bei seinen Onkeln, den Kardinälen Paolo und Federico Cesi, aufgewachsen (sie waren die Brüder von Nicolosa Cesi, der ersten Frau von Onofrio Santacroce und Mutter von Scipione Santacroce). 1545 wurde er zum Bischof von Cervia ernannt. Das Suffraganbistum von Ravenna war zwischen 1525 und 1581 ununterbrochen im Besitz der Santacroce 373

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Er war nach Weber der zweitälteste, nach Epp der drittälteste der aus der dritten Ehe von Onofrio Santacroce mit Vetruria de’ Massimi hervorgegangenen Söhne, vgl. Taf. 3 der Santacroce in: Genealogien zur Papstgeschichte, unter Mitwirkung von Michael Becker bearb. v. Christoph Weber, 6 Teilbde., Stuttgart 1999 – 2000 (Päpste und Papsttum 29,1 – 6), Teilbd. 2, S. 844 und Sigrid Epp, Die Santacroce und ihr Wohnsitz in Oriolo Romano. Selbstdarstellung einer römischen Familie im Cinquecento, München 1992 (Tuduv-Studien, Reihe Kunstgeschichte 73), S. 79. Epp, Santacroce, S. 12. Vgl. zu ihm die Kurzbiographie aus der Hand seines Sohnes Scipione: Vita del signor Nofrio santacroci, abgedruckt ebd. S. 32 f. Ebd. S. 36 – 48.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

und der mit ihnen verwandten Cesi: Auch Paolo und Federico Cesi waren Bischöfe von Cervia.377 Von den übrigen Söhnen sind hervorzuheben: aus erster Ehe Fabio, der 17jährig beim Kampf um Florenz 1529 umkam, und aus dritter Ehe Giorgio († 1591)378, Marchese von Oriolo, und schließlich ein weiterer Fabio († 1596)379, General der päpstlichen Galeeren unter Sixtus V.380 Diesen bestimmte Ottavio auf dem Totenbett zum Universalerben.381 Ein entfernter Verwandter von Ottavio, Prospero (1514 – 1589)382, seit 1567 durch Ankauf von Paolo Giordano Orsini Herr des Kastells San Gregorio, durchlief eine brillante kirchliche und diplomatische Karriere, die ihn bis zum Kardinalat führen sollte.383 Nach dem Studium in Padua wurde er Konsistorialadvokat an der römischen Kurie. Ein Jahr darauf begleitete er Fabio Mignanelli als Auditor auf dessen außerordentlicher Nuntiatur im Reich. 1543 erfolgte die Ernennung zum Rotaauditor. Im Gefolge des Kardinallegaten Alessandro Farnese nahm er 1545 am Reichstag von Worms teil. 1548 erhielt er das Bistum Kisamos auf Kreta. Seine erste reguläre Nuntiatur absolvierte Prospero zwischen 1547 und 1550 am Hof Ferdinands I. und am Augsburger Reichstag. Prospero war der erste von drei Inhabern der deutschen Nuntiatur aus dem Haus Santacroce (es folgten Ottavio 1581 bei Kaiser Rudolf II. und Andrea 1696 bis 1700 bei Leopold I.). Unter Julius III. ging Prospero 1552 als Nuntius nach Frankreich. Pius IV. entsandte ihn 1560 zunächst als Governatore nach Bologna384, dann als Nuntius nach Portugal. Nach Mandosi soll Prospero aus Portugal den Tabak nach Italien gebracht haben: Hic silere minime debeo, quod … Prosper Sanctacrucius tabacum herbam, que etiam Sanctacrucia herba dicitur, ex Lusitania primus Romam adportavit.385 Zwischen 1561 bis 1565 fällt seine zweite französische Nuntiatur. Sie endete mit der Aufnahme in das Kardinalskollegium durch Pius IV. Dessen Nachfolger Pius V. übertrug ihm 1566 die Verwaltung des Erzbistums Arles, das er 1573 zugunsten seines Neffen Silvio resignierte. 1572/73 berief ihn Papst Gregor XIII. in die neu geschaffene Kardinalskongregation für die deutschen Angelegenheiten.386 Im Konklave von 1585 wurde er zu den aussichtsreichen Anwärtern auf 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386

Christoph Weber, Legati e governatori dello Stato pontificio (1550 – 1809), Roma 1994 (Pubblicazioni degli archivi di Stato, Sussidi 7), S. 893. Vgl. Epp, Santacroce, S. 54 – 58. Vgl. ebd. S. 51 – 53. Vgl. Weber, Genealogien zur Papstgeschichte, Teilbd. 2, S. 844. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 45r. Vgl. Taf. 4 und 7 der Santacroce bei Weber, Genealogien zur Papstgeschichte,Teilbd. 2, S. 845 und 848. Vgl. Henry Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae Ser. B, tom. II/1), S. 284. Weber, Legati, S. 893. Prospero Mandosi, Bibliotheca Romana seu Romanorum scriptorum centuriae, 2 Bde., Roma 1672 – 1682, Bd. 1 S. 323. Zu seiner Tätigkeit in der für die Beziehungen der Kurie zum Reich so bedeutenden Congregatio Germanica vgl. Josef Krasenbrink, Die Congregatio Germanica und die katholische Reform in Deutschland nach dem Tridentinum, Münster 1972 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 105), S. 78 f., 82, 196 f., 207.

4. Ottavio Santacroce

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die Nachfolge Gregors XIII. gerechnet.387 Kurz vor seinem Tod 1589 wurde er noch Kardinalbischof von Albano. In seiner letztwilligen Verfügung hatte ihn der bereits vom Tod gezeichnete Ottavio Santacroce am 1. September 1581 zu seinem römischen Testamentsvollstrecker eingesetzt.388 Scipione und Prospero Santacroce waren bereits auf ihrer geistlichen Laufbahn fortgeschritten, als Ottavio Santacroce um den 11. Juni 1542 als Sohn des Onofrio Santacroce und der Vetruria de’ Massimi geboren wurde.389 Bereits mit 14 Jahren erhielt er von Papst Paul IV. eine Pension von 500 scudi aus den Einkünften des Klosters S. Maria di Chiaravalle.390 Zum Jurastudium begab er sich u. a. nach Bologna. Dort schloß er 1566 seine Universitätsausbildung mit dem Doktorgrad in utroque iure ab.391 Was die sprachlichen Kompetenzen des späteren Nuntius betriff t, dürfte er neben Latein auch Französisch verstanden haben; auf jeden Fall verfügte er auch über Spanischkenntnisse, da er die der Kaiserin Maria 1581 mündlich unterbreiteten religiösen Monita für ihren Sohn anschließend schriftlich auf Spanisch zusammenfaßte und der Monarchin zukommen ließ.392 Zwischen 1570 und 1573 übte Ottavio das für eine kuriale Karriere so bedeutende Amt eines Referendars beider Signaturen unter Pius V. und Gregor XIII. aus.393 Am 2. April 1573 wurde er zum Governatore von Fermo ernannt.394 Zwei Tage später legte er vor dem Camerlengo Luigi Corner den Amtseid ab. In Fermo unterhielt er freundschaftliche Kontakte zu Kardinal Felice Peretti-Montalto, dem späteren Papst Sixtus V., von denen er sich auch Vorteile für seine Karriere versprach.395 Am Ende seiner Amtszeit stiftete er eine Heilig-Kreuz-Kapelle und ließ eine Straße 387

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Vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters Bd. 10: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration: Sixtus V., Urban VII., Gregor XIV. und Innozent IX. (1585 – 1591), Freiburg i. Br. 1926, S. 16. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 45r. Das Geburtsdatum erschließt sich aus der von Pompeo Vizani verfaßten Inschrift der Gedenkplatte im Prager Veitsdom: qui vixit ann. XXXIX mensib. II d. XXIII (fol. 56v). Vgl. Angela Perotti, Nunziatura di Savoia di Ottavio Santacroce, Roma 1910, S. 11. Vgl. die Doktorurkunde im ASV, Fondo Borghese IV 274bis. Die feierliche Promotion fand am 13. März 1566 statt. Bei der Zeremonie war auch Pompeo Vizani, ein enger Freund Santacroces und dessen späterer Reisebegleiter nach Prag, anwesend. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 312, 2.3. Vgl. Bruno Katterbach O.F.M., Referendarii utriusque signaturae a Martino V ad Clementem IX et prelati signaturae supplicationum a Martino V ad Leonem XIII, , Città del Vaticano 1931 (Studi e Testi 55, Sussidi per la consultazione dell’Archivio Vaticano 2), S. 151 und 172 und Christoph Weber (Bearb.), Die päpstlichen Referendare, 1566 – 1809. Chronologie und Prosopographie, 3 Teilbde., Stuttgart 2003 – 2004 (Päpste und Papsttum 31,1 – 3), Teilbd. 3, S. 880. Ernennungsbreve Gregors XIII., 1573 IV 2, ASV, Fondo Santacroce 7B, fasc. 2, fol. 88; vgl. auch Weber, Legati, S. 893. Vgl. Briefe an den Bruder Scipione vom 22. August und 1. Dezember 1574 (Archivio Storico Capitolino, Archivio Orsini, Lettere 262, 0063 und 0053).

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zwischen derselben und dem Meeresufer errichten.396 Beide Baumaßnahmen wurden in einer Inschrift festgehalten:397 OCTAVIVS DE SANCTA CRVCE FIRMI PRAEFECTVS VIAM HANC AD MARIS LITTVS [!] STRAVIT IN FIRMANOS BENEVOLENTIAE MONVMENTUM SACELLVM RELIGIONIS SVAE EXALTATIONI SANCTISSIME CRVCIS AERE SVO FECIT ANNO IVBILEI MDLXXV

1576 wechselte Ottavio von den Marken nach Umbrien als neuer Governatore von Perugia.398 Im selben Jahr kamen die vom Heiligen Franz von Paola gegründeten Minimiten nach Perugia und nahmen die Kirche und den Konvent von S. Spirito bei der Porta Borgne in Besitz. Bei dieser Gelegenheit ließ Ottavio das Stadttor restaurieren, in Porta Croce umbenennen und eine heute noch erhaltene lateinische Inschrift anbringen:399 CRVCIAM PORTAM VETVSTATE COLLAPSAM OCTAVIVS DE SANCTA CRVCE PRAESENS IN HANC FORMAM ORNAVIT ET RESTITVIT A. D. MDLXXVI

Die ihm am 26. April 1576 angetragene Ehrenbürgerwürde von Perugia lehnte er ab.400 Am 18. Juli 1576 wurde Ottavio Santacroce Bischof der heute mit Ravenna zu einer Erzdiözese vereinigten Diözese Cervia in der Romagna401 als Nachfolger seines 396

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Vgl. Archivio Storico Capitolino, Archivio Orsini, Lettere 262, 0059 und 0104 (Briefe an den Bruder Scipione vom 30. April und 1. Mai 1575). Die Verehrung des Kreuzes Christi war für Ottavio eine religiöse Verpflichtung, die sich aus dem Familiennamen ergab, gleichzeitig aber auch einen Teil der familiären Außendarstellung und Selbstinszenierung bildete. Jeden Freitag, dem traditionellen Wochentag, an dem die Christen des Todes Christi gedenken, feierte Ottavio Santacroce zudem spezielle Votivmessen vom Heiligen Kreuz und betete das entsprechende Stundengebet, vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 53r. ASV, Fondo Santacroce 7B, fasc. 2, fol. 87. Vgl. auch Raffaele De Minicis, Serie cronologica degli antichi signori de’ podestà e rettori di Fermo dal secolo ottavo all’anno 1550 e dei governatori, vicegovernatori e delegati dal 1550 al 1855, Fermo 1855, S. 56 und 68. Weber, Legati, S. 893. Vgl. Annibale Mariotti, Saggio di memorie istoriche civili ed ecclesiastiche della città di Perugia, Perugia 1806, S. 377 und Raniero Gigliarelli, Perugia antica e Perugia moderna. Indicazioni storico-topografiche, Perugia 1907, S. 111. Ebd. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, vol. III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg, Monasterii 1923, S. 163.

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Bruders Scipione (unter Beibehaltung der Einkünfte des Benediktinerklosters S. Nazario bei Vercelli)402. Am 9. September desselben Jahres erhielt er die Bischofsweihe in der Kathedrale San Lorenzo zu Perugia durch den Kardinalbischof von Albano Fulvio Della Corgna, assistiert von Francesco Bosio, Bischof von Perugia, und Angelo Cesi, Bischof von Todi.403 Wenige Tage später entsandte er einen Vertrauten zusammen mit Pompeo Vizani zur Besitzergreifung des Bistums.404 1577 hielt Ottavio in seinem Bistum eine Diözesansynode ab.405 2. Die Turiner Nuntiatur (1577 – 1581) Im Sommer 1577 wurde Ottavio als Nachfolger von Girolamo Federici zum Nuntius in Savoyen ernannt.406 Kurz vor seiner Abreise aus Bologna bedankte er sich bei Kardinal Gallio für die Ernennung zum päpstlichen Vertreter am piemontesischen Hof und für das in ihn gesetzte Vertrauen.407 Am 15. September berichtete Federici, daß sein Nachfolger in Turin eingetroffen sei.408 Zwei Tage später übergab Ottavio Santacroce bei seiner Antrittsaudienz bei Herzog Emanuele Filiberto das für diesen bestimmte Kredentialbreve.409 Von Turin aus sollte Ottavio die Situation in der Provence aufmerksam beobachten, wo die päpstliche Exklave Avignon ständig von den Hugenotten, aber auch von romfeindlichen Katholiken bedroht wurde.410 Weitere Themen der Turiner Mission bilden die Streitigkeiten Savoyens mit Frankreich um die Markgrafschaft Saluzzo, die Vertreibung der Hugenotten aus Minerbe in der Grafschaft Venaissin und die Versuche Piemonts, die Herrschaft über Genf wiederzuerlangen.411 Eine der wichtigsten Aufgaben der piemontesischen Nuntiatur bildete die Bekämpfung des Protestantismus.412 Dabei ging es nicht nur um Maßnahmen gegen die verschiedenen heterodoxen Gruppierungen in Savoyen selbst (u. a. die Waldenser), sondern auch um die Verhinderung des weiteren Eindringens von protestan402 403 404 405 406

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Ebd. Anm. 13 (zu Cervia). Die Abtei wurde nach dem Tod Ottavios auf Kardinal Prospero Santacroce übertragen, vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 59r. Vgl. Ottavio Santacroce an Scipione Santacroce, Perugia, 1576 IX 9, Archivio Storico Capitolino, Archivio Orsini, Lettere 262, 0297. Vgl. auch Mariotti, Perugia, S. 377. Vgl. Epp, Santacroce, S. 50, Anm. 155. Vgl. Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 11. Biaudet, Les nonciatures, S. 128, 143, 284. Eine Übersicht der einschlägigen römischen und Turiner Quellen zu dieser Mission von Ottavio Santacroce gibt Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 155 f. Santacroce an Gallio, 1577 IX 3, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 6, fol. 189r, Or. Ebd. fol. 199. Gregor XIII. an Emanuele Filiberto, Rom, 1577 VI 29 (Mittimus ad Nobilitatem), ASV, Armadio XLIV 23, fol. 346v; Ep. ad Princ., Reg. 11, fol. 151r; Druck: Perotti, Nunziatura di Savoia, Nr. 1, S. 157. Vgl. ebd. S. 14 f. Vgl. ebd. S. 15 – 27. Zur konfessionellen Situation in Piemont zu Beginn der Nuntiatur von Ottavio Santacroce vgl. ebd. S. 123 – 128.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

tischem Gedankengut aus Frankreich und den deutschen Territorien, v. a. aber aus Genf, nach Italien.413 Zudem waren die weit verbreiteten Mißstände im katholischen Klerus zu beheben. Santacroce vertraute dabei auf die Hilfe der Jesuiten.414 Schwierig gestaltete sich die Einführung der Dekrete des Konzils von Trient.415 Ottavio Santacroce machte für die mangelnde Akzeptanz der innerkirchlichen Reform v. a. die Bischöfe verantwortlich.416 Im kirchlichen Bereich hatte Ottavio aber auch mit Behinderungen durch die herzogliche Regierung zu kämpfen, wie zahlreiche Jurisdiktionskonflikte belegen.417 Im Gegensatz zu seinem energischen Vorgänger scheint Ottavio bei all seinen Aktionen auf Ausgleich bedacht gewesen zu sein. Die Autoren der Geschichte der Gegenreformation in der Erzdiözese Turin charakterisieren ihn als „uomo dell’equilibrio e del buon senso“.418 In die Zeit der Turiner Nuntiatur von Ottavio Santacroce fällt die Übertragung des Grabtuches Christi von Chambéry, wo es bis zu diesem Zeitpunkt aufbewahrt worden war, nach Turin. Ottavio berichtete ausführlich über die Ankunft der Santissima Sindone unter größter öffentlicher Anteilnahme in Turin am 9. September 1578.419 Aus diesem Anlaß war auch Carlo Borromeo in vier Tagen zu Fuß von Mailand nach Turin gepilgert.420 Im Sommer und Herbst 1579 gab es mehrere Versuche, den Saluzzo-Konflikt beizulegen. Der Herzog von Bellegarde und Marschall von Frankreich, Roger de SaintLary, war als Gouverneur von Revello und Carmagnola von Heinrich III. beauftragt worden, die französischen Festungen südlich von Lyon zu sichern. Bei dieser Gelegenheit bemächtigte er sich – unterstützt von den Hugenotten – der Markgrafschaft Saluzzo und führte dort ein von Frankreich unabhängiges Regiment. Nachdem im August die Konferenz von Grenoble zwischen Emanuele Filiberto und Caterina de’ 413 414

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Vgl. ebd. S. 128 – 140. Vgl. Santacroce an Gallio, Turin, 1578 IV 23, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 7, fol. 35r – v, Or.: […] credo saria bene che S. S.tà facesse comandare al Generale della Compagnia del Giesù che mi desse in questo collegio di Torino assai comodo almeno quattro padri, due versati bene in dogmi et due compagni attivi da piantar dottrina cristiana, insignare et essercitar quei poveretti, et che questi andassero per le sole spese, dove gli fossero ordinato da me, alli quali mi pareria necessario se li desse facoltà de ricevere li heretici a penitenza sacramentale [...]. Vgl. Achille Erba, La chiesa sabauda tra Cinque e Seicento. Ortodossia tridentina, gallicanesimo savoiardo e assolutismo ducale (1580 – 1630), Roma 1979 (Italia sacra. Studi e documenti di storia ecclesiastica 29), S. 56 – 71 und Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 140 – 150. Vgl. Santacroce an Gallio, Turin, 1580 I 14, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 9, fol. 21r – 23r, Or., hier fol. 22r. Vgl. Additiones agli «Instrumenta Miscellanea» dell’Archivio Segreto Vaticano (7945 – 8802), a cura di Sergio Pagano, Città del Vaticano 2005 (Collectanea Archivi Vaticani 57), Nr. 8063 (Beschwerde von Santacroce bezüglich der Behinderung des Vorgehens des Inquisitors von Vercelli bei der Bekämpfung der Hexerei im Aostatal), S. 72. Michele Grosso, Maria Franca Mellano, La controriforma nella arcidiocesi di Torino (1558 – 1610), 3 Bde., Città del Vaticano 1957, Bd. 1, S. 178. Vgl. Santacroce an Gallio, Turin, 1578 IX 25, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 7, fol. 116r – 117v, Or., hier fol. 116r. Ebd. fol. 128. Vgl. Giovanni Pietro Giussani, Vita di San Carlo Borromeo, prete cardinale del titolo di Santa Prassede, arcivescovo di Milano, Roma 1610, S. 334 – 344.

4. Ottavio Santacroce

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Medici, zu der Bellegarde nur einen Vertreter entsandt hatte, zu keinem Ergebnis geführt hatte, kam es im Oktober 1579 bei der Zusammenkunft von Monluel in der Nähe von Lyon zwischen dem Herzog von Savoyen und der französischen Königinmutter zu einer Verständigung zwischen Caterina und Bellegarde in dessen Anwesenheit421 unter Vermittlung von Emanuele Filiberto. Bellegarde, dessen Herrschaft in Saluzzo nun offiziell anerkannt wurde, starb jedoch kurze Zeit danach. An diesen Verhandlungen war auch Ottavio Santacroce beteiligt.422 Aus Rom hatte der Nuntius die Weisung erhalten, bei Caterina de’ Medici v. a. auf die Wiederherstellung des Friedens in Italien zu drängen mit dem Hinweis di stare però sempre sui generali della pace d’Italia, senza entrare in particolare alcuno del governo di Saluzzo acciò non entrasse in S. M.tà ombra di quello che non è.423 Während einer Audienz bei der Königinmutter bat er Caterina gemäß Instruktion aus Rom424 zudem, alles zu unternehmen, den König von einer Allianz mit Genf und den Herzog von Alençon von einer Hochzeit mit Elisabeth von England abzuhalten.425 Bei dieser Gelegenheit übergab er ein Breve Gregors XIII.426 Ein für Bellegarde bestimmtes Breve wurde diesem zugestellt.427 Während der Konferenz von Monluel kam Santacroce auch zu getrennten Gesprächen mit Caterina de’ Medici und Bellegarde zusammen.428 Dabei ging es v. a. um die Zurückweisung der konfessionellen Forderungen der Hugenotten und die Sicherheit Avignons. Am 30. August 1580 verstarb in Turin Herzog Emanuele Filiberto von Savoyen. Der Herrscherwechsel veranlaßte die Kurie, den Bischof von Mondovì und früheren Nuntius in Polen, Vincenzo Laureo, als Kondolenzgesandten nach Piemont zu entsenden. Laureo sollte gleichzeitig ein weiteres Mal das Amt des ordentlichen Nuntius in Turin übernehmen, das er bereits zwischen 1568 und 1573 bekleidet hatte,429 und damit Ottavio Santacroce ablösen. Man versprach sich in Rom von ihm einen positiven Einfluß auf die sayoische Regierung unter dem neuen Herzog Carlo Emanuele I.430 Am 2. November 1580 erfolgte die Abreise von Santacroce aus Turin.431 421

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Vgl. Domenico Carutti, Storia della diplomazia della corte di Savoia, Bd. 1, Roma-TorinoFirenze 1875, S. 398 f. und Pierpaolo Merlin, Emanuele Filiberto, Un principe tra il Piemonte e l’Europa, Torino 1995, S. 281. Vgl. Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 90 – 103. Gallio an Santacroce, Rom, 1579 VII 27, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 8, fol. 44r – 47r, Konz., hier 44r – 45r. Vgl. Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 94. Zu dieser Begegnung vgl. den Bericht Ottavios vom 10. August aus Grenoble, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 7, fol. 357r – 359v, Or.; Teildruck: Perotti, Nunziatura di Savoia, Nr. 15, S. 176 – 179. ASV, Armadio XLIV 24, fol. 214v; Ep. ad Princ., Reg. 13, fol. 157r. ASV, Armadio XLIV 24, fol. 215v; Ep. ad Princ., Reg. 13, fol. 159r; vgl. Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 92. Vgl. Ottavio an Gallio, Monluel, 1579 X 19 ASV, Segreteria di Stato, Savoia 7, fol. 406r – 412v, Or.; Teildruck: Perotti, Nunziatura di Savoia, Nr. 18, S. 185 – 191. Vgl. Biaudet, Les nonciatures, S. 271. Vgl. Gallio an Santacroce, Rom, 1580 IX 11 und 17, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 8, fol. 172r – 173v, Konz. Vgl. Perotti, Nunziatura di Savoia, S. 153.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Ottavio erhielt die Weisung, sich nicht in sein Bistum Cervia, sondern bis auf weiteres in die Abtei SS. Nazario e Celso bei Vercelli zu begeben, der er als Kommendatarabt vorstand.432 3. Die Reise nach Prag (1581) Am 28. März 1581 wurde Ottavio Santacroce als Nachfolger von Orazio Malaspina mit der prestigeträchtigen Nuntiatur am Kaiserhof betraut,433 nachdem zuvor das Gerücht ging, Gregor XIII. wolle Santacroce als Nuntius nach Paris entsenden.434 Das Fakultätenbreve für die Prager Mission datiert vom 1. April435, die Hauptinstruktion vom 17. April 1581436. Außerdem wurden neben einigen Blankokredentialien für Bischöfe und Adelige 15 adressatenspezifische Beglaubigungsbreven ausgestellt437: u. a. für Kaiser Rudolf II., dessen Mutter, Kaiserin Maria, für die Erzherzöge Ferdinand, Maximilian und Ernst, für die Erzherzogin Elisabeth, den spanischen Botschafter Juan de Borja, Kardinal Andreas von Österreich, Reichsvizekanzler Vieheuser, für Wratislaw Pernstein, für Trautson,438 Wilhelm von Rosenberg, Adam von Dietrichstein und Wolfgang Siegmund Rumpf zum Wielroß. Ottavio nahm diese Dokumente persönlich in Rom in Empfang. Von dort trat er am 24. April die Reise an den Kaiserhof an, wie Giovanni Battista Bernerio, Sekretär an der kaiserlichen Botschaft in Rom, berichtete.439

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Vgl. Gallio an Santacroce, Rom, 1580 IX 11 und 17, ASV, Segreteria di Stato, Savoia 8, fol. 174r – v, Konz. Nach dem Bericht des Pompeo Vizani, AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 2r. Vgl. ebd. 1581 gab es das zweite größere Nuntienrevirement des Pontifikats Gregors XIII., wobei bei der französischen Nuntiatur im April der Amtsinhaber Anselmo Dandino durch Giovanni Battista Castelli abgelöst wurde, vgl. Biaudet, Les nonciatures, S. 149; Acta nuntiaturae Gallicae 8: Correspondance du nonce en France Anselmo Dandino (1578 – 1581), éditée par Ivan Cloulas, Rome 1970; Acta nuntiaturae Gallicae 7: Correspondance du nonce en France Giovanni Battista Castelli (1581 – 1583), éditée par Robert Toupin S. J., Rome 1967. Bei der Entscheidung, Ottavio nach Prag zu entsenden, dürfte evtl. auch das Urteil von Kardinal Prospero Santacroce eine Rolle gespielt haben, der Mitglied der Congregatio Germanica war. ASV, Segreteria dei Brevi, Reg. 93, fol. 349r – 357r. Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 282. ASV, Armadio XLIV 24, fol. 470r – 474r, 477r – 480r; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 109r – 110r, 113r – 114r. Als Adressaten kommen in Frage Johann Trautson d. Ä., bis 1577 kaiserlicher Obersthofmeister, bzw. dessen Sohn, der Reichshofrat Paul Sixt Trautson. Dieser wurde 1580 kaiserlicher Geheimer Rat, 1581 Reichshofratspräsident und mit der Vertretung des Amtes des kaiserlichen Obersthofmarschalls betraut, vgl. Stefan Ehrenpreis, Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt. Der Reichshofrat unter Rudolf II. 1576 – 1612, Göttingen 2006 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 72), S. 314. Am 29. April 1581, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Staatenabteilungen, Rom – Diplomatische Korrespondenz 47, fol. 211r – 212v, hier fol. 211r, Or.

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Nachdem Ottavio sich einige Tage bei seinen Brüdern am Familiensitz in Fiano aufgehalten hatte, traf er am 3. Mai in Florenz ein.440 Die geplante Visite beim toskanischen Großherzog fand allerdings in Pratolino statt, wo sich Francesco de’ Medici in jenen Tagen aufhielt. Von Francesco, dem er ein päpstliches Breve übergab, erhielt Ottavio Informationen über den Kaiserhof. Auch die Lage in Flandern war Gegenstand des Gesprächs. Im Anschluß daran traf Santacroce mit der Großherzogin zusammen. In Bologna, wo Ottavio am 5. Mai eintraf und im Haus seines Freundes Pompeo Vizani wohnte,441 beschaff te er sich Pferde und traf weitere Reisevorbereitungen.442 Die Reisegruppe, die am 7. Mai Bologna Richtung Norden verließ, umfaßte insgesamt 25 Personen. Am 9. Mai traf Ottavio Santacroce zunächst in Mantua mit Herzogin Eleonore, einer Tochter Kaiser Ferdinands I., zusammen, bevor er in Marmirolo eine Visite bei Herzog Guglielmo Gonzaga abstattete und ein für diese Gelegenheit ausgestelltes päpstliches Breve übergab.443 Bei dieser Unterredung kamen u. a. die Erbauseinandersetzungen im Haus Gonzaga, das Mißtrauen Guglielmos gegenüber dem neuen Herzog von Savoyen Carlo Emanuele I., der Erbkonflikt der Spinola, der Präzedenzstreit zwischen der Toskana und Savoyen und die Konfession des Kurfürsten von Sachsen zur Sprache. Der Herzog von Mantua bat dabei den künftigen Prager Nuntius, sich am Kaiserhof auch für die mantuanischen Interessen einzusetzen. Über Trient, wo Ottavio Santacroce und seine Entourage das Pfingstfest verbrachten, Bozen, Brixen und den Brennerpaß führte die Reise weiter nach Innsbruck, wo die Gruppe am 18. Mai ankam. Dort führte der Nuntius (konfessions-)politische Gespräche mit Erzherzog Ferdinand. Dabei wurde die Konversion des Herzogs Otto Heinrich von Braunschweig-Lüneburg, die Präsenz von Protestanten am Innsbrucker Hof, die Religionspolitik Erzherzog Karls von Innerösterreich und der Konfessionskonflikt in Augsburg erörtert.444 Ferdinand erhielt das für ihn bestimmte päpstliche Breve ebenso wie sein Sohn, Kardinal Andreas, den Ottavio anschließend an seine Unterredung mit dem Tiroler Regenten aufsuchte, um ihn aufzufordern, sein Theologiestudium zu beenden. Während seines Aufenthaltes in der Tiroler Residenz besuchte Santacroce das Stift Wilten und Schloß Ambras. In Innsbruck teilte sich die Reisegruppe. Der größte Teil der Familiaren schiff te sich bei Hall ein, um den Inn und die Donau abwärts nach Wien zu gelangen, während Ottavio Santacroce in Begleitung weniger Personen zunächst nach Augsburg reiste. Leider ist der Bericht des Ottavio Santacroce vom 26. Mai 1581 aus Augsburg nicht erhalten, weshalb wir nur aus anderen Dokumenten, v. a. aus dem Reisebericht des Vizani,445 Rückschlüsse auf den zweitägigen Aufenthalt des Nuntius in 440 441 442 443 444 445

Vgl. Santacroce an Gallio, Bologna, 1581 V 6, Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 291. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 2r. Über den weiteren Verlauf der Reise von Bologna bis Prag informiert der von Pompeo Vizani verfaßte Reisebericht, ebd. fol. 2r – 22v. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 291,3. Vgl. den Bericht Santacroces vom 13. Mai aus Trient (ebd. Nr. 294). Vgl. Santacroce an Gallio, Innsbruck, 1581 V 20 (ebd. Nr. 296). AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 7v – 9v.

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der Reichsstadt ziehen können. Die Unterkunft erhielt Santacroce von Markus und Hans Fugger in deren Stadtpalais. Mit Sicherheit kam es zu einer Begegnung mit dem Stadtpfleger Anton Christoph Rehlinger. Dieser und einige Vertreter der Familie Fugger wurden – unterstützt durch päpstliche Breven446 – ermahnt, weiterhin die katholischen Interessen zu verteidigen und den Bau des Jesuitenkollegs447 zu unterstützen. Am 25. Mai nahmen Ottavio und seine famiglia an der Augsburger Fronleichnamsprozession teil. Die Reise führte weiter nach Donauwörth, wo ein Schiff zur Weiterreise nach Wien bestiegen wurde. Gegensätzlich waren die Beobachtungen, die der Nuntius auf seinen nächsten Stationen anstellen konnte: In der bayerischen Festungs- und Universitätsstadt Ingolstadt traf er auf einen gefestigten Katholizismus, während in der nahezu komplett lutherischen Reichsstadt Regensburg, wo der Dom besichtigt wurde, die wenigen angetroffenen Geistlichen einen äußerlich und intellektuell äußerst schlechten Eindruck vermittelten.448 Von Regensburg aus wurde die Reise donauabwärts nach Wien fortgesetzt, wo die Fahrt für eine Woche (1. – 8. Juni) unterbrochen wurde. In der niederösterreichischen Hauptstadt standen Visiten bei den Erzherzögen Ernst und Maximilian, bei Bischof Neubeck und mehrere Treffen mit Reichshofrat Eder auf dem Programm. Zufällig ergab sich auch eine Zusammenkunft mit dem steirischen Kanzler Wolfgang Schranz. Außerdem besuchte Ottavio Santacroce das Kolleg und das Alumnat der Jesuiten und in Begleitung von Bischof Neubeck und dem Rektor des Jesuitenkollegs das Augustinerchorherrenstift Klosterneuburg. Der letzte Abschnitt der Reise nach Prag mit Zwischenstationen in Znaim, Deutsch Brod, Kuttenberg, Kolin und Böhmisch Brod wurde in den Tagen zwischen dem 8. und 14. Juni zurückgelegt. Unmittelbar nach seiner Ankunft in der kaiserlichen Residenz begab sich Ottavio Santacroce zu seinem Vorgänger Orazio Malaspina449, der ihn bei sich einquartierte und über die aktuelle politische Situation am Kaiserhof unterrichtete.450 Zunächst konnte Ottavio sein Amt nicht offiziell antreten, da der Kaiser erkrankt war und keine Audienzen abhielt.

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Die Breven datieren vom 26. April und waren adressiert an Anton Christoph Rehlinger, Markus Fugger, Philipp Eduard und Oktavian Fugger sowie Adam Zech, ASV, Armadio XLIV 24, fol. 474r – 477r; Ep. ad Princ., Reg. 15, fol. 111r – v. In den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts wurden aus Mitteln eines bedeutenden Fuggerschen Legats eine Kirche (St. Salvator), ein Kolleg und ein Gymnasium in Augsburg errichtet, vgl. Bernhard Duhr S. J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 1: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge im XVI. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1907, S. 617 – 619. Am 1. Februar 1581 hatte die feierliche Grundsteinlegung stattgefunden, bei der Philipp Eduard und Oktavian Fugger, Anton Christoph Rehlinger und Markus Fugger eine herausragende Rolle spielten, ebd. 618. Vgl. Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 302,1 – 2 und AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 9r – 11v. Zu Orazio Malaspina vgl. Koller, NBD, Bd. III/10, S. IX – XX. Vgl. den ersten Bericht Santacroces aus Prag vom 20. Juni, ebd. Nr. 305.

4. Ottavio Santacroce

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Er nutzte diese Zeit u. a., um seinen Haushalt zu ordnen.451 Dazu verfaßte er vier Statuten, die abschriftlich im Reisebericht des Pompeo Vizani überliefert sind (Allgemeiner Verhaltenskodex, Zimmer- und Bettenverteilung, Sitzordnung bei Tisch und in der Gesindestube, Vorschriften für den Tischdienst).452 Gleichzeitig beauftragte er seinen Privatsekretär, Pompeo Vizani, Informationen über die politischen Verhältnisse im Reich und am Kaiserhof zu erhalten.453 Die Ergebnisse hielt dieser in seiner Relatione de la Germania et de lo stato de la Corte Cesarea scritta de l’anno 1581 fest.454 Am 25. Juni fand schließlich die Antrittsaudienz bei Rudolf II. in Begleitung von Orazio Malaspina statt, der sich vom Kaiser verabschiedete.455 4. Erkrankung und Tod Kaum zwei Monate im Amt, erkrankte Ottavio Santacroce am 13. August. Der Nuntius selbst spricht in seinem Bericht vom 15. August von einer fiebrigen Erkrankung (terzanella)456, Pompeo Vizani von einer febre acuta et pestilentiale457. Nachdem sich sein Gesundheitszustand verschlechtert hatte,458 diktierte er nach Ablegung der Beichte am 1. September 1581 sein Testament.459 Darin formulierte er den Wunsch, im Prager Veitsdom beigesetzt zu werden. Zum Universalerben aller beweglichen und unbeweglichen Güter bestimmte Ottavio seinen Bruder Fabio. Der andere Bruder Giorgio Santacroce sollte den römischen Palast an der Platea de Pranca erhalten 451

452 453 454 455

456 457 458

459

Vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 23r: Nel tempo che arrivò Monsignor Nontio a la Corte, lo Imperatore stava retirato, né si lasciava parlare, né anco vedere, per una indispositione, che se gli era scoperta già diece mesi prima; et però non poteva Sua Sig.ria Ill.ma havere audienza; onde fra tanto attese a dare ordine a la propria casa, disponendo con molta prudenza, et con occhio vigilantissimo tutte le cose nel modo che si può considerare per quattro scritture fatte di sua mano, et date al Mastro di casa, perché le notificasse a la famiglia, et le facesse osservare. Diese vier Haushaltsordnungen werden in Kap. III.6 behandelt und ebd. im Anhang, S. 397 – 402 publiziert. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 28r. Dieser Text findet sich im Anhang von Kap. III.5, S. 365 – 377, das eingehend auf diese Relation eingeht. Vgl. Bericht Santacroces vom 27. Juni (Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 308). Vgl. auch den entsprechenden Abschnitt in der Relatione des Vizani, AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 39r – 41v (erster Teil von Prencepio de la Nontiatura di Monsignore Ill.mo Vescovo di Cervia a la Corte Cesarea). Vgl. Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 329,1. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 41v. Vgl. die beiden letzten Berichte Santacroces an Gallio vom 22. und 29. August, Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 331,1 und 333,1. Über den Gesundheitszustand Santacroces berichtete der toskanische Botschaftssekretär Giovanni Vincenzo Modesti am 22. August an Francesco I. de’ Medici (AS Firenze, Medici Principi 4339, fol. 159r, Or.) folgendermaßen: Il Nuntio Santa Croce, per una febre continua hoggi dì 12 giorni, dà della sua salute qualche dubbio, per esser accompagnata da dolor di testa; et nell’augumento di essa da dui giorni in qua farnetica un poco, che non è tenuto punto buon segno. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 43v – 46v, Kop.

346

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

mit der Auflage, dem Vertrauten und Agenten Ottavios, Domenico Picchi, dauerndes Wohnrecht zu gewähren, und dem Halbbruder Scipione sollte die jährliche Rente, die er bislang erhalten hatte, auch weiter garantiert werden. Als Testamentsvollstrecker wurden für die römischen Belange Kardinal Prospero Santacroce und für die Regelung des Nachlasses in Prag Pompeo Vizani eingesetzt. Diese Verfügungen wurden am darauffolgenden Tag durch ein Kodizill460 dahingehend modifiziert, daß alle in Prag befindlichen Wertgegenstände nach Abzug der Kosten für das Begräbnis und für die Rückreise der Familiaren an dieselben nach Gutdünken des Pompeo Vizani verteilt und nicht an Fabio Santacroce übergeben werden sollten. Anschließend empfing der Nuntius die letzte Ölung. Am Morgen des 3. September verstarb Ottavio Santacroce.461 Nachdem Ottavio Santacroce zwei Tage in seiner Wohnung in Pontifikalkleidung aufgebahrt worden war, fanden am 5. September die Beisetzungsfeierlichkeiten statt.462 Im Veitsdom wurde der Sarg auf dem dafür vorgesehenen Katafalk abgesetzt. Nach dem Trauerakt mit der lateinischen Predigt463 des Jesuitenpaters Johannes Vivarius wurde der Sarg in der Annakapelle des Domes beigesetzt. An der Stelle des Grabes ließ Pompeo Vizani ein Epitaph anbringen mit der Aufschrift: RELIQVVM ILL.mi ET REV.mi D. D. OCTAVII DE SANCTA CRUCE EPISCOPI CERVIENSIS. Zudem verfaßte Vizani den Text für eine Gedenkplatte, die später an der Kapellenwand angebracht wurde:464

460 461

462 463 464

Ebd. fol. 46v – 48r, Kop. Ebd. fol. 48r – v. Informationen zu Erkrankung und Tod im Bericht des venezianischen Botschafters Badoer vom 5. September: Domenica matina alle sett’ hore Mons. Rev.mo Santa Croce, Nuntio di S. S.tà passò a meglior vita con infinito dispiacer di tutta la Corte et con meraviglia de molti, perché, se bene è stato vintidoi giorni con la febre, li medici nondimeno affirmano haver havuto sempre ne’ giorni critici appertissimi segni di salute, et in particolare nel quarto decimo, nel quale la febre si fece assai minore, et nel quinto et sesto decimo dicevano ch’era quasi cessata del tutto, et l’ havevano posto in sicuro, ma nel vigesimo se li mosse un humore tanto maligno che le debilitò et abbatté la virtù in maniera che mai più si potté sollevare per quanti remedii fossero usati. Onde finalmente, doppo havuti tutti li sacramenti della chiesa et mostrati appertissimi segni di devotione, con grandissimo edificatione de buoni rese l’anima al suo Creatore et noi habbiamo perso un prelato di grandissimo valore et singolar bontà in pochissimo tempo (AS Venezia, Dispacci degli ambasciatori, Germania 8, fol. 171r). Vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 48v – 56v. Vgl. auch den Bericht von Cesare Dell’Arena an Gallio, Prag, 1581 IX 5, Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 334,5. Vgl. Kap. III.7. Sie ist heute noch in situ im Veitsdom zu sehen. Übersetzung: „Dem besten und größten Gott. Für Ottavio Santacroce, römischen Adeligen, Bischof von Cervia, apostolischen Nuntius bei Kaiser Rudolph II., einem berühmten Mann sowohl bei der Ausführung von Gesandtschaften und bei der Verwaltung von Provinzen als auch wegen seines Adels, seiner Unbescholtenheit, Bildung, Freundlichkeit, Klugheit und schließlich jeder Art von Tugend, der 39 Jahre, zwei Monate und 23 Tage lebte und am 3. September 1581 starb, ließ Pompeius Vizanius, Patrizier aus Bologna, dessen Testamentsvollstrecker [diese Inschrift] in tiefer Verehrung setzen.“

4. Ottavio Santacroce

347

D.O.M. OCTAVIO DE SANCTA CRVCE DOMICELLO ROMANO EPISCOPO CERVIENSI APVD RODVLPHVM II. IMPERATOREM NVNTIO APOSTOLICO VIRO TVM IN LEGATIONIBVS OBEVNDIS ET PROVINCIIS GVBERNANDIS TVM NOBILITATE INTEGRITATE DOCTRINA COMITATE PRVDENTIA ET OMNI DENIQ: VIRTVTE PRAECLARO QVI VIXIT ANN: XXXIX MENSIB: II D: XXIII OBIIT III NON: SEPTEMB: MDLXXXI POMPEIVS VIZANIVS PATRICIVS BONONIENSIS EIVS POSTREMAE VOLVNTATIS ARBITRATOR PIENTISSIME P. C.

Neben der Würdigung des Jesuitenpaters Vivarius in seiner Leichenrede auf Ottavio Santacroce sind weitere Urteile von Zeitgenossen über den geistlichen Diplomaten überliefert. Torquato Tasso, der ihn kennen- und schätzengelernt hatte, bezeichnete ihn in seinem Dialog Il Messagiero als prudentissimo e gentilissimo prelato, et che sostiene si alta professione con somma autorità e splendore, et con esempio di virtù, e di religion singolare („äußerst klugen und freundlichen Prälaten, der seine hohe Tätigkeit mit höchster Autorität und höchstem Ruhm ausübt und ein Beispiel einzigartiger Tugend und Frömmigkeit darstellt“).465 Sein enger Vertrauter Pompeo Vizani charakterisierte ihn folgendermaßen zu Beginn der Kaiserhofnuntiatur: Haveva già Mons.re Ill.mo Santacroce con le sue dolci et cortesi maniere, accompagnate sempre da molta prudenza et gran liberalità, acquistato talmente gli animi non solamente di tutti i signori di corte, ma di quanti havevano per tutta Germania inteso il grido del suo valore, che si sperava fermamente che egli havesse a dare compimento ad ogni grande impresa et che (sì come egli era sempre zelantissimo de l’ honore di Dio) fusse per fare grandissimo giovamento ne le cose pertinenti a la religione già quasi del tutto abandonata in molti luochi per quelle provincie soggette a lo Imperio („Ottavio Santacroce hatte schon mit seinen angenehmen und freundlichen Umgangsformen, die von großer Klugheit und Großzügigkeit begleitet waren, nicht nur die Herzen aller Personen bei Hof für sich eingenommen, sondern auch derer, die in ganz Deutschland den Ruf seiner Vorzüge vernommen hatten, so daß man sich der festen Hoffnung hingab, er werde jedes große Vorhaben zu Ende führen, und, da er immer aufs eifrigste der Ehre Gottes dienen wollte, von größtem Nutzen für die religiösen Belange sein, die an vielen Orten der deutschen Provinzen fast völlig darniederlagen“).466

465 466

Torquato Tasso, I dialoghi, a cura di Cesare Guasti, Bd. 1, Firenze 1858, S. 255. Vgl. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 41v.

348

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Über die famiglia des Nuntius können wir durch den Bericht des Vizani ein umfassendes Bild gewinnen. Sie umfaßte zum Zeitpunkt des Todes des Nuntius 26 Personen.467 Von einigen Personen lässt sich auf Grund ihrer Herkunft vermuten, daß sie während der Turiner Nuntiatur Santacroces in dessen Haushalt eingetreten sind. Am längsten dienten Santacroce der Kammermeister Giacomo Francesco Dalla Porta, der Kaplan Giovanni Andrea Coradini und der Privatsekretär Giacomo Filippo Tamoni. In Rom war Domenico Picchi als Agent für Ottavio Santacroce tätig. 468 Eine herausragende Stellung in der Entourage des Nuntius nahm Pompeo Vizani ein, der einer kaisertreuen Bologneser Patrizierfamilie entstammte.469 Dieser Umstand dürfte vermutlich einer der Gründe gewesen sein, weshalb Ottavio Santacroce seinen engen Vertrauten und langjährigen Freund470 bat, ihn auf seiner Mission an den kaiserlichen Hof zu begleiten (in Turin sehen wir ihn nicht an der Seite des Nuntius). Kraft Kodizill zum Testament erklärte Ottavio Santacroce Pompeo zum Mitglied seiner famiglia.471 Dieser erledigte entsprechend den letztwilligen Verfügungen von Ottavio Santacroce alle Formalitäten, die den Prager Nachlaß des verstorbenen Nuntius betrafen, in Absprache mit dem Haupterben Fabio Santacroce. Dabei kam es zum Konflikt mit einem Teil der Bediensteten, als deren Sprecher der Sekretär Cesare Dell’Arena auftrat. Nach Beilegung des Streits trat Vizani am 7. November 1581 zusammen mit neun weiteren Familiaren, die in ihre Heimat zurückkehren wollten, die Rückreise über Wien, den Semmering, Kärnten und Friaul nach Bologna an, wo die Reisegruppe nach einer zum Teil witterungsbedingt gefährlichen Fahrt am 18. Dezember eintraf.472

467 468 469

470

471 472

Vgl. unten Tabelle mit Angabe der Namen, Funktionen, Herkunft und Dienstdauer der Familiaren. Vgl. auch Kap. III.6, S. 394. Vgl. Dell’Arena an Gallio, Prag, 1581 IX 5 (Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 334,1). Vgl. auch oben das Testament von Ottavio Santacroce. Ferdinand I. und Rudolf II. hatten 1563 bzw. 1581 die Adelsprivilegien der Vizani bestätigt, vgl. Giuseppe Mazzatinti (Hg.), Inventari dei manoscritti delle biblioteche d’Italia, Bd. 17, Forlì 1910, S. 14. Pompeo selbst bezeichnet sich auf Ottavio Santacroce bezogen als suo amico intrinseco di molti anni und amico et servitore di ventidue anni, AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 68r und 70r. Der Bericht von Vizani datiert vom 31. Dezember 1581 (fol. 87r). Der Bezugspunkt für die Dauer der Freundschaft ist allerdings der Tod Santacroces im selben Jahr. Vizani und Santacroce dürften sich demnach 1559 kennengelernt haben. Weiter Angaben zu Vizani finden sich in Kap. III.5, S. 354. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 47r. Bericht der Rückreise in: ebd. fol. 77r – 87r.

4. Ottavio Santacroce

349

Famiglia des Nuntius Ottavio Santacroce (1581) Nr.

Vorname

Familienname Funktion

1.

Ottavio

Santacroce

nunzio

Herkunft

Dienstdauer

2.

Pompeo

Vizani

segretario personale Bologna

3.

Cesare

Dell’Arena

segretario della nunziatura

Lucca

2 ½ Monate

4.

Cosimo

Della Stuffa

auditore

Florenz

6 Monate

5.

Giacomo Filippo Tamoni

segretario privato

Diözese Cervia mehrere Jahre

6.

Felice

Mancini

maestro di casa

Farfa

6 Monate

7.

Giacomo Francesco

Dalla Porta

coppiere; maestro di camera

Novara

12 Jahre

8.

Aluigi

Marcoaldo

Segretario

Moncalieri

1 Jahr

Rom

9.

Giovanni Andrea Coradini

capellano

Diözese Chiusi 11 Jahre

10.

Nicolò

Manincore

capellano

Trient

11.

Tito

Luzago

scalco

12.

Giovanni Paolo

Chiusano

maestro di stalla

13.

Pietro

Tigliamocchi

cameriere

14.

Antonio

Casoni

trinciante ?

Ancona

6 Monate

15.

Simone

Pacini

spenditore, trinciante

Siena

14 Monate

16.

Evangelista

Degli Affetti

aiutante di camera; Rom guardaroba

mehrere Monate

17.

Antonio

Cirano

barbiere; aiutante di camera

Parma

6 Monate

Reggio

5 Monate 6 Monate

Cremona

6 Monate 3 Monate

18.

Gabriele

Pierini

servitore

19.

Gasparo

Brunaccio

credenziere

7 Monate

20.

Sebastiano

Gambucini

dispensiere

7 Monate

21.

Francesco

Miloni

cuoco

6 ½ Monate

22.

Gasparo

Pino

spenditore nuovo

2 Monate

23.

Giovanni Battista

Fiorito

staffiere; bottigliere

Asti

24.

Giovanni Pietro

Cervino

staffiere

Moncalieri

25.

Pietro Paolo

De Luca

staffiere

Castelnuovo

26.

Giovanni

Furlano

staffiere

27.

Volumnio

Boncambi

corriere?; agente?

15 Monate

350

5. Vademecum für einen Nuntius Die Nuntiaturforschung der letzten Jahre hat sich verstärkt mit der Gattung der päpstlichen Hauptinstruktionen auseinandergesetzt und damit den Blick gelenkt auf den Aspekt der Rahmenbedingungen und der Vorbereitung der Mission eines päpstlichen Gesandten.473 In der Tat musste ein designierter Nuntius mit einer Vielzahl von Informationen versorgt werden, um seine Gesandtschaft erfolgreich durchführen zu können. Dazu diente in erster Linie die vom zuständigen kurialen Sekretariat verfasste schriftliche Weisung, die Hauptinstruktion, die alle bedeutenden (kirchen-) politischen Fragen beschrieb, die am Einsatzort zu behandeln waren, und wichtige Ansprechpartner nannte, an die sich der Nuntius vertrauensvoll mit der Bitte um Rat oder Hilfestellung wenden konnte. Es handelte sich dabei selbstredend um Personen, deren Loyalität zu Papst und Kirche als gesichert galt. Orazio Malaspina wurde 1578 bei seiner Entsendung an den Hof Rudolfs II. eine enge Abstimmung mit seinem spanischen Kollegen Juan de Borja ans Herz gelegt.474 Dem Nuntius Cesare Speciano werden im Mai 1592 hingegen u. a. der Bischof Raab Johannes Kuthassy, der böhmische Oberstburggraf Wilhelm von Rosenberg, der böhmische Obersthofmeister Georg Popel von Lobkowitz und der Sekretär der italienischen Kanzlei Johann Barvitius als zuverlässige Kontaktpersonen am Kaiserhof empfohlen.475 473

474

475

Inzwischen liegen zu drei Pontifikaten Editionen der zu Beginn der jeweiligen Nuntiatur ausgefertigten Weisungen vor: Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde. Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum); Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Dems., 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum); Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, bearb. von Silvano Giordano OCD, 3 Bde., Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum). Zur Gattung der Hauptinstruktionen und deren Bearbeitung allg. vgl. Georg Lutz, Le ricerche internazionali sulle nunziature e l’edizione delle istruzioni generali di Clemente VIII (1592 – 1605), in: Paolo Vian (Hg.), L’Archivio Segreto Vaticano e le ricerche storiche, Roma 1983, S. 167 – 180. Vgl. auch die Beiträge eines wissenschaftlichen Kolloquiums zu den Hauptinstruktionen des Aldobrandini-Pontifikats: Das Papsttum, die Christenheit und die Staaten Europas 1592 – 1605. Forschungen zu den Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., hg. von Georg Lutz, Tübingen 1994 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 66). Vgl. auch die Ergebnisse einer internationalen Fachtagung zu den Hauptinstruktionen des Borghese-Pontifikats: Alexander Koller (Hg.), Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. (1605 – 1621), Tübingen 2008 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 115). Vgl. Instruktion für Orazio Malaspina, Rom, 1578 VIII 29, ASV, Miscellanea, Armadio II 130, fol. 189r – 193v, Konz., gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 1,8: Questo negotio et gli altri concernenti la santa religione V. S. potrà conferir col S. Ambasciatore Cath.co ivi residente, tenendo seco buona intelligenza et valendosi de l’opera et officii suoi secondo il bisogno. Vgl. Jaitner, Hauptinstruktionen Clemens’ VIII., S. 78 f.: Fra li detti ministri si tiene che V. S. Revma sia per ritruovare ben disposti verso la religione catolica et ben affetti verso questa Sta Sede il nuovo Vescovo di Giavarino, Grancancelliere d’Ungheria, il S. di Rosemberg, Vicerè et il S. Giorgio Poppel, Maggiordomo di Boemia [...] il D. Barvitio et l’Estemberger, segretarii et consiglieri,

5. Vademecum für einen Nuntius

351

Im Idealfall konnte ein Nuntius aber auch auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, so waren für Zaccaria Delfino die Verhältnisse im Reich bereits vertraut, als er 1561 von Pius IV. an den Kaiserhof entsandt wurde,476 denn er hatte einige Jahre zuvor bereits Julius III. beim damaligen Römischen König Ferdinand vertreten.477 Auch Giovanni Francesco Bonomi und Germanico Malaspina verfügten bei der Übernahme ihrer Nuntiaturen 1584 in Köln bzw. am Prager Kaiserhof über einschlägige Erfahrungen im Reich, der eine als ständiger Nuntius in Prag478, der andere in der gleichen Funktion in Graz479. Wichtig war aber auch die mündliche Unterrichtung entweder durch den scheidenden Nuntius bzw. einen anderen Mitarbeiter der Nuntiatur: Giovanni Delfino, Nuntius am Kaiserhof von 1571 bis 1578, führte seinen Nachfolger Bartolomeo Portia persönlich in die Geschäfte ein, bevor er nach Italien zurückkehrte.480 Nach dem überraschenden Tod von Bartolomeo Portia wenige Monate später im Sommer 1578 wurde der neue Nuntius Orazio Malaspina durch den Sekretär Portias, Minuccio Minuccio, eingearbeitet.481 Malaspina wiederum gab seine Kenntnisse an Ottavio Santacroce weiter, der die Kaiserhofnuntiatur im Frühjahr 1581 übernahm.482

476

477

478

479

480

481

482

ma per mano del Barvitio passano le cose d’Italia, et essendo conosciuto per huomo di buon zelo et molto intelligente delle cose che in servitio di Dio si potriano fare per l’Alemagna, seco s’ haverà V. S. Revma a stringere in particolare confidenza, testificando anco il conto tenerà N. S. di quanto egli andarà portando innanzi le cose della religione catolica. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, II. Abteilung: 1560 – 1572, Bd. 3: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897; Bd. 3: Nuntius Delfino 1562 – 1563, bearb. von Dems., Wien 1903; Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von Dems., Wien 1914. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: 1533 – 1559, Bd. 17: Nuntiatur Delfinos. Legation Morones. Sendung Lippomanos 1554 – 1556, bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1970. Nuntiaturberichte aus Deutschland. Die Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Bonomi in Köln. Santonio in der Schweiz. Die Straßburger Wirren, bearb. von Stephan Ehses, Alois Meister, Paderborn 1895 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte 4) (Nachdr. 1969), S. XXX – XLVII. Nuntiaturberichte aus Deutschland. Die Grazer Nuntiatur, Bd. 2: Nuntiatur des Germanico Malaspina und des Giovanni Andrea Caligari 1582 – 1587, unter Mitwirkung von S. Weiss bearb. von Johann Rainer, Wien 1981 (Publikationen des Österreichischen Kulturinstituts in Rom II), S. XII. Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. 393: Martedì mattina arrivò qui con gran mia contentezza Mons. Rev.mo di Portia, della cui tardanza, come non senza cagione io m’ero doluto, così poi facilmente mi sono acquietato a le ragioni allegatemi da S. S., la quale ho incontrata et ricevuta in casa mia, honorandola quanto ho potuto et era obligato, et in questi giorni ch’ io sono stato seco, gl’ ho dato particolare informatione di tutti i negoti che corrono. [...] certo per questo tempo che è restato [Minucci] qua ad instantia mia, mi ha informato di assai cose et fatto molte fatiche necessarie in questi principii, havendomi anco restituito le ziffre di Mons. di Porcia et restituito molti brevi vacanti, li quali ho fatto bruciare (Malaspina an Gallio, Prag, 1578 X 11, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 9r – 10r, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 6,2 ). Mons. Rev.mo Santa Croce, Vescovo de Cervia, gionse la settimana passata con buonissima salute et mi diede la lettera di V. S. Ill.ma, et conforme a quanto ella mi ordina, gli ho dato quella più

352

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Dabei stellten gerade die Nuntiatursitze im Reich (Kaiserhof, Köln, Graz, Luzern), aber auch die polnische Nuntiatur im Gegensatz zu den italienischen Nuntiaturen (Venedig, Neapel, Florenz, Turin) eine besondere Herausforderung dar für die päpstlichen Diplomaten, die in jener Zeit fast ausnahmslos Italiener waren. Ihre Aufträge mussten sie in einem in Bezug auf Sprache, Mentalitäten, Sitten und Gebräuche völlig fremden lebensweltlichen Kontext ausführen.483 Während die päpstlichen Hauptinstruktionen allenfalls indirekt auf diese Gegenwelt eingehen (mit Ausnahme des Problems Orthodoxie-Heterodoxie bei Entsendungen in das gemischtkonfessionelle Reich), wird sie in den Abschlussberichten der venezianischen Botschafter durchaus thematisiert.484 Freilich liegt aber auch bei den rhetorisch ausgefeilten venezianischen Finalrelationen der Schwerpunkt auf den politischen und wirtschaftlichen Daten und weniger auf den Angaben zu den jeweiligen Mentalitäten.485 Die Praxis, nach Abschluss einer diplomatischen Mission einen zusammenfassenden offiziellen Bericht zu verfassen, hat sich anders als in Venedig an der Kurie nicht durchgesetzt. Dem stand nicht zuletzt das Selbstverständnis des päpstlichen Gesandtschaftswesens entgegen, das die dienende Funktion des Nuntius betonte, der eng an die Weisungen der römischen Kurie gebunden war und selbständige und selbstbewusste Äußerungen nach Art der venezianischen Patrizier kaum zuließ. Doch gibt es auch hier immer wieder Abschlussberichte von Nuntien, allerdings erfolgte deren Abfassung in der Regel aus eigenem Antrieb und nicht auf Weisung der kurialen Vorgesetzten.486 Im Folgenden sollen zwei besondere Texte vorgestellt werden, die in gewisser Weise die Funktion eines Abschlussberichts einer Nuntiatur erfüllen. Beide Dokumente stammen nicht von Nuntien, sondern von engen Vertrauten der kirchlichen Diplomaten. Der erste, 1581 vom Privatsekretär des Nuntius Ottavio Santacroce abgefasste Bericht ist in weiten Teilen einer venezianischen Finalrelation vergleichbar.

483

484 485 486

piena informatione delle persone et modo di questa Corte che ho saputo, sì come ancora de negotii pendenti, et le ho consignato le scritture che appartengono al negotio del Borgo Val di Taro et copia di alcuni memoriali, se pur alla giornata le potessero esser di servitio. (Malaspina an Gallio, Prag, 1581 VI 20, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 450r – v, gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 304,1). Vgl. allg. Peter Burschel, Das Eigene und das Fremde. Zur anthropologischen Entzifferung diplomatischer Texte, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 260 – 271. Vgl. Stefan Matthias Zucchi, Deutschland und die Deutschen im Spiegel venezianischer Berichte des 16. Jahrhunderts. Berlin 2003, hier v. a. Kap. 4, S. 393 – 420. Nach wie vor grundlegend zu den venezianischen Finalrelationen: Willy Andreas, Staatskunst und Diplomatie der Venezianer im Spiegel der Gesandtenberichte. Leipzig 1943. Silvano Giordano konnte für den Pontifikat Pauls V. neben 59 Hauptinstruktionen insgesamt elf Finalrelationen ermitteln; vgl. auch die umfassende Untersuchung von Guido Braun zur wohl bekanntesten Finalrelation der päpstlichen Diplomatie: Kaiserhof, Kaiser und Reich in der „Relazione“ des Nuntius Carlo Carafa (1628), in: Richard Bösel, Grete Klingenstein, Alexander Koller (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, Wien 2006 (Publikation des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 77 – 104.

5. Vademecum für einen Nuntius

353

Er enthält Angaben zum politischen System des Reichs und Böhmens, zum böhmischen Nationalcharakter, ist aber v. a. eine Art ‚Who is who‘ des Prager Hofstaats in der Anfangsphase der langen Regierung Rudolfs II. Der besondere Reiz dieses Dokuments besteht allerdings nicht zuletzt – und darin unterscheidet es sich von den venezianischen Abschlussberichten – in seinen praktischen Zusatzinformationen zur Währung und zu den ortsüblichen Preisen, Maßen und Gewichten für die verschiedensten Waren. Beim zweiten Text, der wohl aus der Feder des Haushofmeisters des Nuntius Francesco Buonvisi stammt und während der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts abgefasst wurde, handelt es sich um ein in dieser Art singuläres Dokument, das im Archiv des päpstlichen Amts für Liturgie- und Zeremonialfragen überliefert wurde. Er bietet einerseits interessante Details zur Alltagswelt487 des ausgehenden 17. Jahrhunderts in Wien und am Kaiserhof Leopolds I., andererseits liefert er einen profunden Einblick in die Haushalts- und Wirtschaftsführung einer Nuntiatur (Zusammensetzung des Personals,488 deren Besoldung, Grundversorgung mit Holz, Kohle etc., Beschaff ung von Lebensmitteln) mit Angaben zur Höhe der monatlichen und jährlichen Ausgaben.489 Er erfüllt somit die Anforderungen eines ‚Vademecum‘ für den Verwalter einer Nuntiatur, der sich rasch zu den Fragen seines Aufgabenbereichs informieren möchte, etwa: Was bekommt ein Stallmeister an monatlichem Lohn? Wie setzt sich die Dienstkleidung der jeweiligen Familiaren zusammen? Wie oft wird sie gewechselt? Zu welcher Jahreszeit sollte Holz eingelagert werden? Welche Weine sind in Wien zu bekommen? Welche Fische? Gibt es steuerliche Vergünstigungen bei Lebensmitteln? Wieviel Trinkgeld bekommt die Torwache beim feierlichen Entrée des Nuntius? Und dergleichen mehr. I. Der Bericht des Pompeo Vizani von 1581 Der erste hier vorzustellende Text führt uns an den Kaiserhof Rudolfs II. in Prag im Jahr 1581.490 Dort kam es im Frühjahr zu einem Wechsel der Nuntiatur, als 487 488 489

490

Vgl. auch Kap. III.6. Hier sei nur auf die Literaturangaben in Anm. 517 verwiesen. Diese Hinweise dürften nicht nur an potentielle Nuntien am Kaiserhof und deren Verwalter, d. h. Haushofmeister, sondern auch an die Verantwortlichen an der Kurie adressiert gewesen sein, um für eine hinreichende finanzielle Ausstattung und Versorgung des Nuntius durch die apostolische Kammer zu sorgen. Die finanzielle Unterversorgung der Nuntiaturen war notorisch, so daß die Nuntien (meist Adelige) eigene finanzielle Mittel einsetzen mussten. So setzten v. a. die Inhaber der prestigeträchtigen größeren Nuntiaturen (Madrid, Paris, Kaiserhof) ihre Hoffnungen darauf, nach ihrer Mission mit dem Kardinalspurpur und der Aussicht auf einträgliche Pfründen entschädigt zu werden. Vgl. in diesem Zusammenhang das Kapitel über die Bezahlung und Aufwandsentschädigung der Nuntien bei Henry Biaudet, Les nonciatures apostoliques permanentes jusqu’en 1648, Helsinki 1910 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae Ser. B II/1), S. 67 – 92 und Kap. III.2, S. 289. Vgl. allgemein zum rudolfinischen Hof: Jaroslava Hausenblasová (Bearb.), Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576 – 1612, Prag 2002 (Fontes Historiae Artium 9), und Dies., Die Rolle des rudolfinischen Hofes im Prozeß der Konfessionalisierung. Methoden und Ausgangspunkte der Forschung, in: Jörg Deventer (Hg.), Konfessio-

354

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

der amtierende päpstliche Vertreter Orazio Malaspina durch den Römer Ottavio Santacroce491 ersetzt wurde, der zuvor die Nuntiatur in Turin bekleidet hatte. Bei seiner Mission an den kaiserlichen Hof 1581 wurde Santacroce von seinem engen Vertrauten und Freund Pompeo Vizani begleitet. Pompeo, der aus einer kaisertreuen Bologneser Patrizierfamilie stammte,492 wurde 1540 geboren und war damit um ca. zwei Jahre älter als Ottavio Santacroce.493 Hochgebildet und sprachbegabt ist er v. a. als Übersetzer und Schriftsteller hervorgetreten. Bekannt sind seine Übertragung des Goldenen Esels von Apuleius ins Italienische494 und eine zehnbändige Geschichte seiner Heimatstadt Bologna von 1596. Die Auflistung aller seiner Werke von Giovanni Fantuzzi in dessen Notizie degli scrittori Bolognesi aus dem Jahr 1790 endet mit folgender Feststellung: „Agostino Amadi nella sua descrizione della Familia Vizani, che stà, come si è detto, fra Mss. di Pompeo, ove parla di lui, e riferisce i suoi scritti, dice avere ancora, una Relazione del viaggio fatto da lui alla Corte dell’Imperadore, con una descrizione della Germania, e particolarmente della Boemia, e dello Stato della Corte Cesarea etc. E ciò si accorda con quello detto Pompeo scrivendo di se dice avere notate tutte queste cose. Ma fra suoi Mss. non si trova; e forse si sarà perduta“.495 Diese umfangreiche Textsammlung ist keineswegs verloren, sondern befindet sich im Fondo Santacroce des römischen Staatsarchivs, umfasst knapp 90 Blätter und trägt den Titel: Relatione del viaggio di Germania fatto da Pompeo Vizani l’anno del Signore 1581. Diese Schrift setzt sich aus folgenden Einzelteilen zusammen: 1. Reise von Bologna nach Prag auf der Brennerroute (fol. 2r – 22v) 2. Anordnungen für den Nuntiaturhaushalt (fol. 23r – 25r)496 2.1 Allgemeiner Verhaltenskodex 2.2 Zimmer- bzw. Bettenverteilung 2.3 Rangordnung bei Tisch und in der Gesindestube 2.4 Vorschriften für den Tischdienst 3. Bericht über Deutschland und den Kaiserhof (fol. 28r – 39v) 4. Beginn der Nuntiatur von Ottavio Santacroce (fol. 39v – 43v) 5. Testament von Ottavio Santacroce mit Kodizill (fol. 43v – 48r)

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nelle Formierungsprozesse im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa, Leipzig 2006, S. 33 – 50; für die Anfangsphase der Regierung Rudolfs II. siehe Kap. I.5. Zu seiner Person vgl. ausführlich Kap. III.4. 1563 war der Vater Pompeos, Camillo, von Kaiser Ferdinand I. das Privileg verliehen worden, das kaiserliche Wappen zu führen. Pompeo selbst wurde am 25. September 1581 von Rudolf II. in den Adelsstand erhoben. Die entsprechenden Urkunden sind in der Handschriftensammlung der Universität Bologna überliefert, vgl. Giuseppe Mazzatinti (Hg.), Inventari dei manoscritti delle biblioteche d’Italia XVII, Forlì 1910, S. 14. Dies geht aus der von Pompeo Vizani verfassten Inschrift der Gedenkplatte im Prager Veitsdom hervor: qui vixit ann. XXXIX mensib. II d. XXIII (vgl. AS Roma, Santacroce 87, fol. 56v). Danach wurde der am 3. September 1581 verstorbene Santacroce am 11. Juni 1542 geboren. L’Asino d’oro di Lucio Apuleio filosofo platonico tradotto novamente in lingua volgare dal molt’illust. Sig. Pompeo Vizani nobile bolognese & da lui con chiari argomenti ornato & de motti dishonesti purgato, Bologna 1607. Weitere Ausgabe: Venezia 1612. Giovanni Fantuzzi, Notizie degli scrittori Bolognesi 8, Bologna 1790, S. 213. Gedruckt im Anhang zu Kap. III.6, S. 397 – 402.

5. Vademecum für einen Nuntius

6. 7. 8.

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Tod und Beisetzung Santacroces (fol. 48r – 56v) Nachlassstreitigkeiten und Vorbereitungen der Rückreise der Familiaren (fol. 57r – 76v) Rückreise von Prag nach Bologna über Kärnten und das Kanaltal (fol. 77r – 87r)497

Das Dokument stammt in weiten Teilen von der Hand des Pompeo Vizani, der ja auch auf dem Gesamttitel des Berichts als Autor ausgewiesen ist. Lediglich die Anordnungen für den Nuntiaturhaushalt (Nr. 2) sind eine Kopie der eigenhändig vom Nuntius verfassten Texte. Auch beim Testament und dessen am darauffolgenden Tag verfassten Kodizills handelt es sich um originalgetreue Abschriften (Nr. 5). Auch in den übrigen Textteilen sind Abschriften von Schriftstücken anderer Autoren inseriert, so die Leichenrede des nicht genannten Paters des Prager Jesuitenkollegiums (vgl. Kap. III.7) während der Exequien für Santacroce im Veitsdom, zwei Gedichte von Prager Priesterseminaristen (bei Nr. 6) und der komplette Passbrief Rudolfs II. für die Rückreise der Familiaren des Nuntius Santacroce nach Italien (bei Nr. 7). Die Texte wurden allesamt im Verlauf des Jahres 1581 verfasst und zusammengestellt. Die Gesamtredaktion wurde Ende Dezember abgeschlossen.498 Im Folgenden soll die Relatione de la Germania et de lo stato de la Corte Cesarea scritta de l’anno 1581 (Nr. 3) näher analysiert werden. Während der Nuntius seinen Prager Haushalt ordnete, zog der Privatsekretär Erkundigungen über die politischen Verhältnisse in Deutschland und den Hof ein, die sich z. T. mühsam gestalteten, da Vizani weder der deutschen noch der böhmischen Sprache mächtig war. Die Ergebnisse dieser Recherchen wurden schriftlich festgehalten: Mentre che Monsignor Nontio nel modo, che si è detto, regolava la propria casa et famiglia, io cercava d’ intendere gli ordini de la corte imperiale et il modo del governo de la Germania. Ne la qual cosa io hebbi assai fatica, per non sapere parlar tedesco né boemo. Ma con tutto ciò andai tanto investigando con parlare hora italiano, hora latino, hora spagnuolo et a le volte ancora qualche parola franzese che ne cavai la seguente relatione („Während der Herr Nuntius in der besagten Weise Vorkehrungen für seinen Haushalt und seine Dienerschaft traf, versuchte ich Informationen einzuholen über die Struktur des Kaiserhofs und das deutsche Regierungssystem. Diese Recherchen gestalteten sich sehr mühsam, da ich weder deutsch noch böhmisch spreche. So zog ich Erkundigungen ein, indem ich teils italienisch, teils lateinisch, teils spanisch sprach und manchmal auch ein paar französische Worte verwendete, so daß ich den folgenden Bericht abfassen konnte“).499 Dabei nähert sich der Autor in konzentrischen Kreisen dem Hauptteil seines Berichts, indem er zunächst das Reich, dann Böhmen, und schließlich den Kaiserhof bespricht. Der Text enthält einige Fehler und Inkonsequenzen bei der Darstellung, so kommt er etwa im Böhmenteil nochmals auf den Reichtstag und die Erhebung 497 498 499

Eine Publikation der Reiseberichte (Nr. 1 und 8) ist geplant. AS Roma, Santacroce 87, fol. 87r: Scritto in Bologna a 30 di decembre dell’anno del Signore 1581. Ebd. fol. 28r.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

von Reichssteuern zu sprechen, besticht aber insgesamt durch eine Fülle von Detailkenntnissen zu den Hofämtern und deren Inhaber. Ob dieser Text von den Personen rezipiert wurde, die den größten Nutzen daraus hätten ziehen können, nämlich die unmittelbaren Nachfolger von Ottavio Santacroce als Nuntien am Kaiserhof, Giovanni Francesco Bonomi und Germanico Malaspina, ist mehr als fraglich, zumal Vizani wohl keine Abschrift seines Berichts in Prag hinterlassen haben dürfte, da er in Konflikt mit dem Auditor Cesare Dell’Arena geraten war, der die Geschäfte der Nuntiatur bis zum Amtsantritt Bonomis im Dezember 1581 führte.500 Die Tatsache, daß der Text nur im Familienarchiv der Santacroce (heute im römischen Staatsarchiv) überliefert wurde, lässt zudem den Schluss zu, daß das für die Nuntien zuständige kuriale Sekretariat den Bericht nicht kannte. Vizani beginnt seine Relatione über den aktuellen Kaiserhof, zu der er offensichtlich von seinem padrone, dem Nuntius Santacroce, aufgefordert wurde (Dovendo io scrivere [...]), mit einem Hinweis auf seine Gliederung. In einer Art captatio benevolentiae bezeichnet er es als sinnvoll, dem eigentlichen Gegenstand, dem Kaiserhof, zwei einführende Abschnitte, zum Reich und zu Böhmen, voranzustellen. Im ersten größeren, Deutschland (Vizani benützt hier zunächst den geographischen Terminus Germania) gewidmeten Kapitel werden allgemeine, etwas beliebig zusammengestellte Informationen geliefert, zunächst der grobe Grenzverlauf des Reichs (hier Imperio!) unter Angabe der Nachbarterritorien (Preußen, Polen und Teile Ungarns im Osten, die Republik Venedig im Süden, die Schweiz und Frankreich im Westen, Dänemark im Norden), die einem Quadrat ähnelnde Form und der grobe Umfang. Von den Flüssen werden Donau, Rhein und Elbe genannt. Die Ernährung der Bevölkerung kann das Land mit eigenen Produkten zur Genüge sicherstellen, lediglich Delikatessen wie Zucker, Olivenöl, Mandeln, Rosinen, Orangen, Seidenund Baumwollstoffe und Weine werden eingeführt. Als Getränk werde der Wein, der auch in Deutschland in einigen Gegenden angebaut wird, häufig durch das Bier verdrängt. In Deutschland gebe es zwar viele, aber keine bedeutenden Universitäten. Der Charakter der Deutschen zeichne sich durch Treue und maßvolle Lebensführung aus, die lediglich beim Alkoholgenuss aufgegeben werde. Deutschland kennt drei Arten von politischen Ständen: geistliche und weltliche Reichsstände sowie die Reichsstädte. Die ranghöchsten geistlichen Reichsfürsten sind die Kurerzbischöfe von Mainz (Oberstkanzler des Reichs und Verwahrer der Reichsurkunden), Köln (Kanzler für Italien) und Trier (Kanzler für Frankreich). Es folgen in der Hierarchie die Erzbischöfe von Salzburg, Magdeburg (Primas Deutschlands), Bremen und Besançon. Von 45 Bischofssitzen sind gegenwärtig (die Formulierung mutationi de le cose spielt auf die Reformation und ihre Folgen an) nur ca. 15 besetzt. Wegen des auf ihrer weltlichen Jurisdiktion und ihres Reichtums basierenden Prestiges werden die Bischöfe als Reichsfürsten bezeichnet. Ihre Wahl erfolgt durch die Kathedralkapitel. Auf die Erzbischöfe und Bischöfe folgen der Hochmeister des Deutschen Ordens, die Äbte, Äbtissinnen und die übrigen Reichsprälaten.

500

Vgl. Koller, NBD III/10, S. XXXVII.

5. Vademecum für einen Nuntius

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Die Reihe der weltlichen Reichsfürsten wird entsprechend von den weltlichen Kurfürsten angeführt unter Angabe der jeweiligen Erzämter, dem Pfalzgrafen bei Rhein als Erztruchsess, dem Herzog von Sachsen als Erzmarschall und dem Markgrafen von Brandenburg als Erzkämmerer. Um Mehrheitsentscheidungen im Kurkollegium zu erleichtern, sei im 10. Jahrhundert unter Kaiser Otto III. und Papst Gregor V. der König von Böhmen zum siebten Mitglied des Kurkollegs und zum Erzmundschenk bestimmt worden. Auf die Kurfürsten folgen in der Hierarchie zunächst die übrigen Fürsten aus den kurfürstlichen Häusern, dann die Herzöge von Braunschweig und Luxemburg, danach alle anderen Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Burggrafen, Grafen und Barone. Die Präzedenz der Erzherzöge aus dem Haus Österreich sei umstritten. Eine große Zahl von Städten untersteht immediat dem Kaiser. Sie werden von den Bürgern bzw. in Nürnberg von Patriziern regiert. Der Kaiser kann wegen der lokalen fürstlichen und städtischen Gewalten nicht absolut regieren, sondern ist für die Umsetzung seiner Reichspolitik auf die Beschlüsse des Reichstags angewiesen. Im zweiten Teil seines Berichts gibt Vizani einen Überblick über die politischen Verhältnisse in Böhmen, zu denen er sich auf Grund seines persönlichen Aufenthalts in Prag profunder äußern kann. Auf die Geschichte des Landes geht er nicht näher ein, sondern verweist lediglich auf die böhmische Geschichte des Enea Silvio Piccolomini und ein weiteres einschlägiges Werk, dessen Autor vermutlich Johannes Dubravius ist. Wie zuvor für Gesamtdeutschland macht Vizani zunächst Angaben zu den Grenzen unter Angabe der benachbarten Länder im Osten (Mähren und Teile Schlesiens), Westen (Franken und Pfalz), Süden (Bayern und Österreich) und Norden (Schlesien, Lausitz und Meißen). Böhmen erstreckt sich auf 180 000 italienische Meilen von West nach Ost bzw. auf 140 000 italienische Meilen von Nord nach Süd. Seine Form wird als oval bezeichnet. Zum Königreich Böhmen zählen neben dem böhmischen Kernland die Provinzen Mähren, Schlesien und die Lausitzen. Als landwirtschaftliche Produkte werden v. a. Getreide zur Herstellung von Bier (als Ersatz für Wein) und als Bodenschätze Silber und andere Metalle genannt. Das Land ist stark besiedelt. Die Häuser werden meist aus Holz und Lehm, selten mit Ziegelsteinen und Kalk errichtet. Anschließend kommt Vizani auf die böhmische Hauptstadt Prag zu sprechen, wo im Augenblick auch der kaiserliche Hof residiert, wie er bereits in seiner Einleitung bemerkte (perché al presente vi fa residenza Rodolfo 2°). Eine ausführliche Schilderung Prags hatte Vizani bereits zuvor am Ende des Berichts über die Reise des Nuntius und seiner Begleitung von Bologna an den Kaiserhof geliefert.501 Deshalb macht er hier nur ergänzende Angaben zu den Ständen und zu den Hochschulen, von denen er der Universität wegen der von inkompetenten Hussiten besetzen Professuren im Gegensatz zum Jesuitenkolleg keine wissenschaftliche und pädagogische Bedeutung zumisst. Da der geistliche Stand infolge der hussitischen Bewegung aufgehoben ist, liegt die politische Gewalt des Landes ganz in den Händen des Adels und des Bürger501

AS Roma, Santacroce 87, fol. 19r – 21v.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

tums. Der böhmische Adel ist dem König gegenüber nur zu Treue und Landesverteidigung verpflichtet. Seine Einnahmen bezieht er weitgehend aus Biersteuern und der Fischwirtschaft. Als bedeutende Vertreter (gleichzeitig Mitglieder des königlichen Rats) werden – mit Angabe der jeweiligen königlich böhmischen Hofcharge – Wilhelm von Rosenberg (Oberstburggraf), Ladislaus II. Popel von Lobkowitz (Obersthofmeister) und der Vliesritter Wratislaw Pernstein (Oberstkanzler) genannt. Die Böhmen werden als faul, trunksüchtig und hochmütig charakterisiert. Als einzige positive Eigenschaft wird die durch nichts zu erschütternde Treue und die absolute Bindung an ein gegebenes Wort hervorgehoben. Wegen des natürlichen Schutzes des Landes durch Gebirge (u. a. dem Böhmerwald) besteht nach Meinung der Bevölkerung keine Notwendigkeit zur Befestigung der Orte, was Vizani – nicht zu Unrecht – für einen Trugschluss hält. In Bezug auf die Einnahmen des Kaisers aus böhmischen, aber auch Reichssteuern, die hier mit behandelt werden, gibt Vizani unumwunden zu, daß er über keine genauen Informationen verfügt. Er kann lediglich feststellen, daß der Kaiser für gewöhnlich bei Geldmangel Provinziallandtage oder einen Reichstag zur Erhebung bestimmter Steuern (Italienzug, Türkenabwehr) einberuft. Am Schluss dieses Abschnitts deutet Vizani lediglich an, daß Deutschland von verschiedensten heterodoxen Bewegungen (tutte le heresie) erfasst ist, möchte allerdings dieses Thema nicht vertiefen, um „reinen Ohren kein Ärgernis zu bereiten“ (per non dir cosa che apporti noia a le purgate orecchie). Der große dritte Abschnitt des Berichts ist dem kaiserlichen Hofstaat gewidmet. Entgegen der hierarchischen Ordnung stellt Vizani zunächst die kaiserlichen Leibwachen, Hartschiere und Trabanten, vor mit Angaben zu ihrer Bewaffnung und Bezahlung und unter Nennung der jeweiligen Hauptleute (Wolf Georg Gillus zu Sonnberg; Konrad von Pappenheim). Unmittelbar danach werden 18 Trompeter summarisch genannt.502 Erst danach werden die ranghöchsten Hofämter aufgeführt: Obersthofmeister (Adam von Dietrichstein), Reichsvizekanzler (Siegmund Vieheuser), Obersthofmarschall503 (Otto Heinrich von Schwarzenberg), Oberstkämmerer (Wolfgang Rumpf von Wielroß), Oberststallmeister (Claudio Trivulzio) und Stabelmeister (Paul Sixt Trautson). Lediglich beim Oberststallmeister werden Untergebene sowie sein Stellvertreter (Ottavio Spinola) vermerkt. Der Hinweis auf die Zuständigkeit des Oberststallmeisters für die Schlichtung von Konflikten unter den Mitgliedern des Hofstaats ist falsch, denn diese Aufgabe lag in der Kompetenz des Obersthofmarschalls.504 Im Kapitel über die Leibkammer werden elf Kämmerer, sechs Kammerdiener, zwei Garderobiere und zwei Kammertürhüter namentlich genannt.505 Anschließend 502 503 504

505

In den zeitgenössischen Hofstaatsverzeichnissen wurden die Trompeter und Heerpauker unter der Stallpartei geführt, vgl. Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II., S. 192. Der von Vizani verwendete Terminus vicemaresciale ist nicht korrekt. Vgl. Mark Hengerer, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne, Konstanz 2004 (Historische Kulturwissenschaft 3), S. 418. Dabei kommt es zu Verballhornungen, z. B. erscheint der Türhüter Wilhelm Hofmann als Guglielmo Hilman, der Kämmerer David von Tannberg als David di Dombergh.

5. Vademecum für einen Nuntius

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listet Vizani folgende Funktionen ohne ihre Stelleninhaber auf: u. a. Barbier, Destillierer, Kammerheizer, Goldschmied, Maler, Schneider, Schuhmacher, Barettmacher, Seidensticker, Uhrmacher. Der Leibkammer sind darüber hinaus 46 sog. Kammertrabanten mit Hellebarden zugeordnet. Bei der Beschreibung von Tafel, Küche und Keller des Kaiserhofes werden zunächst zwölf Mundschenke, sieben Vorschneider, sieben Panatiere und und die mit 23 Mitgliedern umfangreichste Gruppe der Truchsessen namentlich vorgestellt.506 Für diesen Bereich werden weitere spezifische Ämter genannt: Küchenmeister (nur dieser wird namentlich genannt), Kellermeister, Kellerschreiber (ihm unterstehen wiederum drei Diener), Hofbäcker, Lichtkämmerer, Zuckerwärter (gemeint ist wohl Zuckerbäcker), Küchenschreiber, Einkäufer, Küchenträger, Wärter, Unterkoch, Holzhacker, Holzträger, Marktträger, Küchentürhüter. Die kaiserliche Kapelle setzt sich zusammen aus acht Bassisten, neun Tenören, acht Altisten und sechs Sopranisten.507 Sie wird geleitet von Philipp de Monte, der als einziger in dieser Sektion mit Namen genannt wird. Als weitere Chargen begegnen Organisten, Orgelbauer und ein Gesangsausbilder.508 Der kaiserlichen Kapelle gehören weiter an der Hofprediger, zwei Almoseniere und sechs Kapläne. Im folgenden Abschnitt kommt Vizani auf die wichtigsten Beratungsgremien des kaiserlichen Hofes zu sprechen, die eigentlich wegen ihrer hohen Bedeutung am Beginn des Hofberichts zu erwarten gewesen wären. Die Kompetenzen eines jeden Kollegiums werden kurz umrissen. Für den Geheimen Rat werden fünf, für den Reichshofrat509 18, für den Hofkammerrat fünf und den Hofkriegsrat sechs Mitglieder namentlich genannt. Abschließend erfolgt ein kurzer Hinweis auf weitere länderspezifische Beratungsorgane des Kaisers (für Ungarn und Böhmen). Es könnte sein, daß dem Autor keine aktuellen Ratslisten vorlagen, da er offensichtlich Christoph Philipp Zott von Pernegg auff ührt, der bereits 1579 gestorben war.510 Der Bereich der Kanzleien wird nur kurz und ohne nähere Spezifizierungen abgehandelt. 506 507

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Zur Geschichte und Bedeutung dieser vier Ämter vgl. Hengerer, Kaiserhof und Adel, S. 42 – 49. Es fällt auf, daß Vizani – wie im übrigen auch die zeitgenössischen Hofstaatsverzeichnisse – in dieser Abfolge auflistet. Heute wird üblicherweise umgekehrt gereiht: Sopran, Alt, Tenor, Bass! Zur kaiserlichen Kapelle unter Philipp de Monte vgl. Robert Lindell, 1519 – 1619: Renaissance. Der Einfluss der niederländischen Vokalpolyphonie, in: Musica Imperialis. 500 Jahre Hofmusikkapelle in Wien 1498 – 1998. Ausstellung der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Tutzing 1998, S. 27 – 42, hier S. 32 – 39; ebd. im Katalog S. 299 – 302. Vgl. hierzu die grundlegende Studie von Oswald von Gschliesser, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806, Wien 1942 (Nachdr. Nendeln 1970) (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33). Zum Reichshofrat unter Rudolf II. liegt jetzt eine neuere Untersuchung vor: Stefan Ehrenpreis, Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt. Der Reichshofrat unter Rudolf II. 1576 – 1612, Göttingen 2006 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 72). Vgl. unten Anm. 543.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Mit einem kurzen Hinweis auf die Edelknaben, deren einzige Funktion in der Begleitung des Kaisers bei Ausritten besteht, beginnt Vizani die Beschreibung der kaiserlichen Stallungen, in denen ca. 100 Pferde gehalten werden. Als besondere Ämter der sog. Stallpartei mit dem Oberststallmeister an der Spitze erscheinen mit Angabe der zahlenmäßigen Besetzung: ein Futtermeister, ein (Futter-)Schreiber, ein Plattner, zwei Aufseher der etwa 30 Stallknechte, vier Eseltreiber, ein Leopardenwärter, die Falkner (Zahl nicht spezifiziert), acht Jäger, drei Vogelwärter. Daneben Hundeabrichter und weiteres Dienstpersonal. Die Ausgaben für die gesamte Hofhaltung werden auf 150 000 fiorini jährlich beziffert. Die hohen Kosten lassen sich nur durch ständige Kredite finanzieren, die zu einer dauerhaften Verschuldung des Kaiserhofes führen. Am Ende des eigentlichen Hofberichtes liefert der Autor einige Informationen zu den diplomatischen Vertretungen am Kaiserhof. Entsprechend ihrer Rangfolge werden die Vertreter des Papstes, des Königs von Spanien, der Republik Venedig und des Großherzogs der Toskana namentlich erwähnt. Die Geschäfte des Königs von Frankreich, der Herzöge von Savoyen und Ferrara und der Republik Genua werden hingegen nicht von einem Botschafter, sondern lediglich einem Sekretär bzw. im Fall des Herzogs von Mantua von einem Senator geführt – als sichtbares Zeichen für die belasteten Beziehungen zum Kaiser. Der Grund für diese Maßnahme wird vom Autor der Relation nicht genannt, dürfte aber für den interessierten zeitgenössischen Leser nicht unbekannt gewesen sein, denn die Präzedenzkonflikte zwischen Spanien und Frankreich bzw. unter italienischen Staaten zählten zu den großen Themen der europäischen Politik der Zeit.511 Dem Hofbericht sind einige zusätzliche Angaben zum deutschen bzw. böhmischen Münzsystem, zu Maßen und Preisen von Lebensmitteln und anderen Waren listenartig beigegeben. Vizani bemerkt selbst, daß er diese Informationen bei seinen Erkundigungen zum Hof erhalten habe und sie als Ergänzung zum vorangegangenen Bericht anfüge. Wegen der Vielfalt der Münzen, die bedingt durch die zahlreichen Münzregale an mehreren Stätten in Deutschland geprägt werden, kann der Autor nur eine Auswahl vorstellen, wobei er den Gegenwert in der entsprechenden italienischen Währung angibt und auf lokale Unterschiede hinweist. Für Wein und Bier 511

Zum Streit der italienischen Staaten wegen der Rangordnung in der kaiserlichen Kapelle vgl. allg. u. a. Alessandra Contini, Aspects of Medicean diplomacy in sixteenth century, in: Politics and diplomacy in early modern Italy. The structure of diplomatic practice 1450 – 1800, hg. von Daniela Frigo, Cambridge 2000 (Cambridge studies in Italian history and culture), S. 49 – 94, Ausgangspunkt war die Anerkennung des Großherzogs-Titels für Cosimo I. de’ Medici durch Kaiser Maximilian II. im Jahre 1576, gegen die sich eine Allianz der sich benachteiligt fühlenden Dynastien der Gonzaga, Este, Farnese und Savoia bildete. Vgl. Viktor Bibl, Die Erhebung Herzog Cosimos von Medici zum Großherzog von Toskana und die kaiserliche Anerkennung (1569 – 1576), in: Archiv für österreichische Geschichte 103 (1913), S. 1 – 162, und Koller, NBD, Bd. III/9 sub voce „Präzedenzstreitigkeiten“. Vgl. allgemein zu diesem Thema Maria Antonietta Visceglia, Il cerimoniale come linguaggio politico. Su alcuni conflitti di precedenza alla corte di Roma tra Cinqucento e Seicento, in: Dies., Catherine Brice (Hgg.), Cérémonial et rituel à Rome (XVIe – XIXe siècle), Rome 1997 (Collection de l’École française de Rome 231), S. 117 – 176, hier S. 153 f.

5. Vademecum für einen Nuntius

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werden übliche Maßeinheiten und die wichtigsten Sorten genannt: drei Gruppen an Wein (ungarischer, österreichischer und Rheinwein) und drei Sorten Bier, die je nach Brauintensität und Getreideart in normales, doppeltes und Gerstenbier unterschieden werden. Die letzte Liste enthält Maß- und Preisangaben zu Brot, Fleisch, Öl, Butter, Käse, Zucker und Honig, aber auch zu Getreide und diversen Stoffen, wobei die besondere Qualität des Brotes und des Rindfleisches betont wird. II. Das „Buonvisi-Regolamento“ vom ausgehenden 17. Jahrhundert Das hier zu behandelnde Dokument wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts abgefasst und führt uns ebenfalls an den Kaiserhof, der sich allerdings nun nicht mehr in Prag, sondern in Wien befand.512 Als Grundlage dienten die Erfahrungswerte zur Bewirtschaftung der apostolischen Nuntiatur während des Aufenthaltes des aus Lucca stammenden päpstlichen Karrierediplomaten Francesco Buonvisi bei Leopold I.,513 die mit ihrer Dauer von 14 Jahren als die längste päpstliche Nuntiatur am Kaiserhof der Frühen Neuzeit in die Geschichte eingegangen ist. V. a. aber war ihr politischer Gehalt hochbedeutsam, denn in die Zeit der Nuntiatur Buonvisis, der im September 1675 ernannt wurde und Wien Ende 1689 verließ, fallen u. a. der Abschluss des Holländischen Kriegs mit dem Friedenskongress von Nimwegen, die Belagerung von Wien 1683 und die Eroberungen von Neuhäusel, Ofen und Belgrad, die die Rückeroberung Ungarns und damit den Aufstieg Österreich zur Großmacht einleiteten.514 Im Zusammenhang mit der Verteidigung des Reichs und der habsburgischen Länder gegen die Türken spielte Buonvisi eine Schlüsselrolle, nicht zuletzt beim Zustandekommen des Bündnisses zwischen Leopold I. und Jan III. Sobieski nach Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten. Dabei dürften Buonvisi auch seine Erfahrungen aus seiner Zeit als Nuntius in Polen zugute gekommen sein.515 Die Entstehung des Textes lässt sich auf den Zeitraum zwischen 1681 und 1686 eingrenzen, denn der Nuntius Buonvisi wird an mehreren Stellen als Kardinal bezeichnet, und die Witwe Ferdinands III. und ihr Hofstaat werden auf dem Zusatzblatt zu den Trinkgeldern noch geführt, weshalb die Kardinalserhebung Buonvisis 512 513 514

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Zur Zusammensetzung und zu den inneren Abläufen des kaiserlichen Hofes in dieser Zeit vgl. die grundlegende Arbeit von Hengerer, Kaiserhof und Adel. Zu Francesco Buonvisi vgl. den Artikel von Gaspare De Caro, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 15, Roma 1972, S. 319 – 325. Eine monographische Gesamtdarstellung der Wiener Nuntiatur von Francesco Buonvisi steht nach wie vor aus. Einige Aktenstücke wurden auf der Grundlage von Luccheser Quellen publiziert von Anna M. Trivellini, Il Cardinale Francesco Buonvisi. Nunzio a Vienna (1675 – 1689), Firenze 1958 (Biblioteca dell’Archivio Storico Italiano 7). Zum zentralen politischen Thema der Nuntiatur Buonvisis liegt vor: Rom und Wien im Jahr 1683. Ausgewählte Aktenstücke aus römischen Archiven zur 2. Säkularfeier der Befreiung Wiens, bearb. von Augustin Sauer, Wien 1883. Vgl. auch Gaetano Platania, Asburgo d’Austria, Santa Sede e area danubiano-balcanica nelle carte del nunzio Francesco Buonvisi, in: Matteo Sanfilippo, Alexander Koller, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il mondo asburgico nella prima età moderna, Viterbo 2004, S. 227 – 293. Vgl. unten Anm. 563.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

(1. September 1681) und der Tod Eleonora Gonzagas (6. Dezember 1686) als Terminus post bzw. ante quem anzusetzen sind. Der Autor unseres Textes kannte auch – entweder aus eigener Anschauung oder vom Hörensagen – die Verhältnisse des Nuntiaturhaushaltes unter Mario Albrizzi516, dem aus Apulien stammenden Vorgänger Buonvisis, der 1671 die Nuntiatur am Kaiserhof angetreten hatte und 1675 als Kardinal nach Rom zurückgekehrt war. Beim Verfasser des Dokuments muss es sich um eine Person aus dem unmittelbaren Umfeld des Nuntius handeln, vermutlich um den Haushofmeister, dem die Details der gesamten Haushaltsführung vertraut sein mussten. Dies geht aus seiner intimen Kenntnis der Besoldung der Familiaren, der präzisen Preisangaben für Sachtitel, Informationen zur Lagerung von Holz, Pferdefutter und ähnlichem sowie den allfälligen Warnungen vor Betrug, z. B. im Zusammenhang mit der Anschaff ung von Kutschen, hervor. Die ständigen Umrechnungen von Preisen und Maßen in das entspechende römische Währungs- und Maßsystem (Il fiorino si calcola 45 baioccho romano; ogni grosso, mezzo grosso di Roma; La libra di Vienna corrisponde a oncie 19 di Roma) und Qualitätsvergleiche von Produkten, etwa von Rindfleisch (è buona quanto la vaccina di Roma), Kalbfleisch (non si può paragonare con la mongana di Roma), Stoffen (I panni per le livree sono bonissimi a Vienna e vengono di Bohemia, essendo buoni quanto quelli di Matelica) oder Zaumzeug der Pferde (Li fornimenti vagliono meno che a Roma) belegen eine starke Vertrautheit mit den Verhältnissen in Rom und im Kirchenstaat. Der in der Überschrift verwendete Begriff regolamento ist etwas irreführend, da es sich hier nicht um eine Hausordnung handelt, die der Titel suggerieren könnte, sondern um einen Hauswirtschaftsbericht. Da die Autorschaft nicht festzustellen ist, soll der Text bezugnehmend auf den originalen Titel und den Gegenstand der Denkschrift, die Bewirtschaftung der Wiener Nuntiatur während der Tätigkeit des Nuntius Francesco Buonvisi am Kaiserhof Leopolds I., als „Buonvisi-Regolamento“ bezeichnet werden. Der Autor des regolamento aus dem späten 17. Jahrhundert gibt zunächst eine Zusammenstellung des Personalstandes des Nuntiaturhaushalts. Im Einzelnen werden folgende Chargen mit Angaben zur zahlenmäßigen Besetzung der Funktionen aufgeführt: Auditor (1), Kammeraufseher (1), persönlicher Begleiter des Nuntius (1), Stallmeister (1), Haushofmeister (1), Tafelmeister (1), Priester (3), Kammergehilfe (3), Page (6), livrierter Diener (10), Portier (1), Stallknecht (8), Koch (2), Küchenmagd (1 – 2), Einkäufer (1).517 516 517

Zu ihm vgl. den Artikel von Alfredo Petrucci, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 1, Roma 1960, S. 661 f. Zur Zusammensetzung einer Nuntiatur-famiglia vgl. allg. Bernard Barbiche, La nonciature de France aux XVIe et XVIIe siècles: les nonces, leur entourage et leur cadre de vie, in: Kurie und Politik, S. 64 – 97, hier S. 79, und die entsprechenden Kapitel in den behördengeschichtlichen Untersuchungen von Urban Fink, Die Luzerner Nuntiatur 1586 – 1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz, LuzernStuttgart 1997 (Collectanea Archivi Vaticani 40/Luzerner Historische Veröffentlichungen 32), S. 124 – 151 bzw. Michael F. Feldkamp, Studien und Texte zur Geschichte der Kölner Nuntiatur, Bd. 1, Città del Vaticano 1993 (Collectanea Archivi Vaticani 30), S. 86 – 128. Vgl. auch die aufschlussreiche Spezialstudie von Ségolène de Dainville, Maison, dépenses et ressources d’un nonce en France sous Louis XIV, d’après les papiers du cardinal Fabrizio Spada, in: Mélanges d’Archéologie et d’Histoire 82 (1970), S. 919 – 970.

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Nach diesen Angaben umfasste die famiglia des Francesco Buonvisi also ungefähr 40 Personen.518 Das Gros der Personen setzte sich naturgemäß aus Italienern zusammen, doch wurden auch Einheimische aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen angestellt, mit Sicherheit der Portier, wie aus der verballhornten Form Hauschaner hervorgeht. Dieser war eine Art Faktotum: Als Aufgaben werden bei ihm vermerkt das Kehren des Hauses, das Herbeischaffen von Holz, Eis und Fackeln, das Heizen des Ofens im Winter und das Schließen und Öffnen des Haustores. So wie der Portier haben auch andere Personen mehrere Aufgabenbereiche. Der Nuntiaturhaushalt ist nahezu vollständig männlich, lediglich in der Küche sind ein bis zwei Frauen zugelassen. Der italienische Autor betont, daß es sich hierbei um eine deutsche Praxis handelt, und verknüpft damit die Forderung, ältere Frauen einzustellen, um kein Ärgernis zu erregen. In einem kurzen Exkurs wird bereits an dieser Stelle der Marstall des Nuntius erwähnt, der sich aus drei sechsspännigen Kutschen und 23 Pferden zusammensetzt. Im zweiten Abschnitt des Berichts werden Gehälter der Angestellten aufgelistet. Hier erscheint zunächst der Arzt der Nuntiatur, der zuvor nicht genannt wurde, da er nicht in der Nuntiatur wohnt. Er erhält ein stattliches Salär, das bei der letzten Pestepidemie sprunghaft auf die stattliche Summe von 150 fiorini im Jahr angestiegen war. Der Auditor, also der Justitiar der Nuntiatur (in der Regel waren die Auditoren doctores utriusque iuris), konnte unter dem Nuntius Buonvisi neben bedeutenden Geschenken mit den Einkünften des Nuntiaturgerichts rechnen. Es waren dies u. a. Gebühren, die im Zusammenhang mit den Informativprozessen bei Bischofsernennungen erhoben wurden, v. a. aber bei Gratialangelegenheiten. Hier werden die zahlreichen Ehedispensen hervorgehoben, die in Deutschland, nach Angaben des Verfassers des regolamento, wegen der häufig praktizierten Heiraten unter nahen Verwandten und des vorehelichen Konkubinats benötigt wurden. Auch bei der Bezahlung anderer Chargen, etwa der Kämmerer, werden Geschenke und Trinkgelder bei der Bezahlung berücksichtigt. Weiter spielt für die Höhe des Salärs der Umstand eine Rolle, ob die betreffenden Familiaren kostenlos durch die Nuntiatur verköstigt werden, z. B. die Stallknechte. Die Pagen erhalten kein Gehalt, sondern nur eine Pauschalsumme zur Anschaff ung von Kleidungsstücken, falls sie nicht von vornherein eine Livrée erhalten. Der Haushofmeister erhält 5 % auf bestimmte Geldgeschäfte. Darüber hinaus wird er mit der Goldkette beschenkt, die der Kaiser bei der Abschiedsaudienz des Nuntius überreicht. Als Eigenheiten der Wiener Nuntiatur werden die extrem hohen Bezüge der Köche und die Erlaubnis des Portiers zum Wein- und Bierhandel festgehalten.519

518

519

Vergleicht man diese Zahl mit dem Umfang eines Nuntiaturhaushalts gegen Ende des 16. Jh.s, so lässt sich ein Zuwachs von etwa einem Drittel feststellen; vgl. für Ottavio Santacroce, Kap. III.4, S. 347. Doch sind auch für das 17. Jh. noch weit höhere Zahlen belegt. Weit über dem Durchschnitt lag mit ca. 80 Personen der Haushalt des kaiserlichen Nuntius Baglioni in den 30er Jahren des 17. Jh.s, vgl. Rotraud Becker, Aus dem Alltag des Nuntius Malatesta Baglioni. Nichtdiplomatische Aufgaben der Wiener Nuntiatur um 1635, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 65 (1985), S. 306 – 341, hier S. 312. Dieser Kleinhandel war insofern lukrativ, als Lebensmittel für Botschaften steuerfrei waren.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Der dritte Abschnitt des Dokuments enthält Angaben zur Beschaffung von Waren und Lebensmitteln für den Nuntiaturhaushalt. Was den Bereich der Stallungen anlangt, wird empfohlen, sich mit Pferden vor Ort zu versorgen, denn diese seien billiger als in Italien. Für die dritte Garnitur solle man auf die günstigen ungarischen Pferde zurückgreifen. Heu und Stroh werden von umliegenden Dörfern geliefert. Das Futter für die Pferde, in Wien eine Mischung aus Hafer und gehäckseltem Stroh, wird zweckmäßigerweise im September auf Vorrat gelagert. Auch das Holz wird für den jeweiligen Winter etwa im Mai magaziniert, da die Zulieferung auf der Donau in einem regenarmen Sommer wegen des niedrigen Wasserstandes nicht möglich ist, im Winter jedoch nur bis Nußdorf erfolgen kann wegen der Vereisung des der Stadt am nächsten gelegenen Donauarmes.520 Ein Viertel des für die Winterheizperiode (November bis Mitte April) veranschlagten Holzbedarfs für die Temperierung von elf Räumen zuzüglich der Küche wird für den Verbrauch der Küche in den verbleibenden Monaten angesetzt. Der Holzpreis wird von der Stadtverwaltung bestimmt. Der Nuntius wird bei der Holzversorgung im Vergleich zu den übrigen Botschaftern bevorzugt behandelt. Die Kellerräume der Nuntiatur sind ausreichend für die Lagerung der erforderlichen Holzmenge. Für die Karren zum Transport von Holz, Heu und Stroh muss jedoch eine Stellfläche in einem Schuppen in einer Vorstadt zur Verfügung stehen. Kohle kann jederzeit angekauft werden, es empfiehlt sich aber auch hier eine Lagerung auf Vorrat. Anstelle von Öl wird in Wien mit Butter, gesalzener bzw. ungesalzener (Schmalz), gekocht. Brot wird üblicherweise aus Roggen hergestellt und ist an Markttagen billiger von den aus den umliegenden Dörfern kommenden Händlern als bei den Stadtbäckern zu haben. Weizenbrot ist teuer. Die Qualität des Fleisches wird gelobt. Den größten Ruf unter den Fleischern genießt der Hofmetzger, der, so unser Autor, wegen des festgesetzten Preises nicht betrügen könne, es sei denn mit gefälschten Gewichten. Der Fisch wird auf einem eigenen Markt gehandelt. Im Frühjahr und Herbst wird eine große Menge Hechte aus Ungarn angeliefert. Auch bei Fischlieferungen wird der Nuntius bevorzugt behandelt. Bei der Weinversorgung gibt es keine Probleme, denn Österreich produziert selbst eine große Menge. Es wird ausdrücklich betont, daß Nuntius Buonvisi österreichischen Weißwein trank. Neben Österreich (hier v. a. Niederösterreich) werden Mähren (Rotwein), Ungarn (Tokaier, San Giorgio) und v. a. Tirol (Weiß- und Rotwein) als Herkunftsländer von Wein genannt. Mitunter erhält der Nuntius Weinlieferungen von ungarischen Prälaten oder dem Großherzog Cosimo III. der Toskana. Weineinfuhren sind für den Nuntius zollfrei. Selbst der bayerische Kurfürst, über dessen Territorium der Wein aus Tirol transportiert wird (zu Wasser auf dem Inn) soll auf Anfrage des Nuntius auf den entsprechenden Zoll verzichten. Neben den genannten Weinen finden sich aber auch italienische und französische Sorten in Wien. Der Bierkonsum in der kaiserlichen Residenzstadt ist hoch. Auch beim Biereinkauf genießt der Nuntius steuerliche Vorteile. Die Familiaren des Nuntius erhalten eine bestimmte Bierration (neben Wein). An der 520

Auch der Nuntius Vitaliano Borromeo, von 1760 bis 1767 am Wiener Kaiserhof, musste seinen Holzbedarf frühzeitig im Jahr decken, da es schon ab August zu Engpässen bei der Versorgung kam, vgl. Irmtraut Lindeck-Pozza, Das Gebäude der apostolischen Nuntiatur in Wien, in: Heinrich Fichtenau, Erich Zöllner (Hgg.), Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs, Wien-Köln-Graz 1974 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 20), S. 160 – 175, hier S. 169.

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Tafel des Nuntius kann auf Verlangen Bier serviert werden (d. h. in der Regel wurde dort Wein gereicht). Als bestes Bier wird das bayerische bezeichnet. Für die einmal jährlich anzufertigenden Livreen werden dicke Baumwollstoffe böhmischer Provenienz verwendet. Ihre Qualität wird als ausgezeichnet beschrieben. Borten, Strümpfe und Bänder sollten für die Erstausstattung aus Italien mitgeführt werden und später je nach Preisvergleich vor Ort gekauft oder aus Italien eingeführt werden. Die letzte Bemerkung zu den Sachausgaben betrifft die Kutschen, die der Autor empfiehlt, in Wien in Auftrag zu geben wegen des dort blühenden Handwerks. Im letzten Abschnitt der Denkschrift macht der Autor zunächst einige Beobachtungen zur Tafel des Nuntius, da dieser Bereich sich wesentlich auf das Budget der Nuntiatur niederschlägt. Über die Häufigkeit von Einladungen habe der Hausherr, also der Nuntius selbst zu entscheiden. Grundsätzlich bieten Essensempfänge im eigenen Haus die bequeme Möglichkeit an Informationen zu gelangen, während die häufige Präsenz des Nuntius an fremden Tafeln Aufsehen erregen könnte. Es werden Weine aus Italien, Tirol und dem Trentino serviert. Es bedienen bei Tisch die Kämmerer und Pagen unter Oberaufsicht des Tafelmeisters, die gentiluomini und Priester sind nur bei Banketten zugelassen. Danach wird über die Geldbeschaff ung und das in habsburgischen Erbländern geltende Münzsystem gesprochen. Da die Nuntiatur mit Ausnahme des Gerichts, dessen Taxen an den Auditor fließen, über keine Einkünfte verfügt, ist der Nuntius auf Geldüberweisungen aus Rom angewiesen. Es wird empfohlen, einen zuverlässigen Wechsler für den Geldumtausch zu beauftragen. Kleinere Summen können auch von Privatleuten zu günstigeren Bedingungen bezogen werden, da diese in Rom direkt mit ortsüblicher Währung entschädigt werden. Die letzten Bemerkungen betreffen die Ausstattung der niederen Familiaren wie Pagen, Stallknechte, Köche usw. mit Kleidung. Ein Zusatzblatt enthält eine Auflistung über die Höhe und die Adressaten von Trinkgeldern, die beim offiziellen Einzug des Nuntius in die kaiserliche Residenzstadt, bei der Antrittsaudienz beim Kaiser (Leopold I.), bei seiner Gemahlin (Eleonore von Pfalz-Neuburg) und bei der Kaiserinwitwe (Eleonora Gonzaga) entrichtet werden.

Anhang521 I Relatione de la Germania et de lo stato de la Corte Cesarea scritta de l’anno 1581 AS Roma, Santacroce 87, fol. 28r – 39v Einleitung. – 1. Deutschland: 1.1. Basisinformationen. – 1.2. Reichsstände. – 2. Böhmen: 2.1. Basisinformationen. – 2.2. Hauptstadt. – 2.3. Adel, Landesverteidi521

Bei der Kommentierung der Quellentexte beschränke ich mich im Wesentlichen auf Sachangaben. Angaben zu Personen enthalten, falls von Bedeutung, die einleitenden Passagen des Kapitels.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

gung, Steuern. – 3. Kaiserhof: 3.1. Leibwachen des Kaisers. – 3.2. Spitzenämter. – 3.3 Leibkammer. – 3.4. Kaiserliche Tafel. – 3.5. Hofkapelle. – 3.6. Ratskollegien. – 3.7. Kanzleien. – 3.8. Hofstallungen. – 3.9. Finanzen. – 3.10. Diplomatische Vertreter. – 4. Praktische Hinweise: Münzen, Maße und Preise von Wein, Bier etc. Dovendo io scrivere de lo stato in che al presente si trova la corte Cesarea, mi pare ragionevole di racontare prima brevemente alcuna cosa de la Germania in universale et poi ragionare un poco più diff usamente de la Boemia, ne la quale, perché al presente vi fa residenza Rodolfo 2°, elletto imperatore de Romani, io mi trovo con Monsignor Ottavio Santacroce, vescovo di Cervia et nontio apostolico appresso Sua Maestà Cesarea. 1.1. Et però lasciando i soverchi ragionamenti et i longhi discorsi da parte, dico che la Germania soleva anticamente havere diff erenti confini da quello che habbia addesso, ma quella che al presente obedisse o riconosce lo Imperio è terminata da la parte di oriente da la Prussia, Polonia, parte di Ungaria, la Schiavonia et la Croatia, da mezzogiorno il dominio de Signori Venetiani, da ponente i Svizzeri, Grigioni et i paesi di Franza et da tramontana il Mare Oceano et la Danimarca, et è provincia grandissima posta in figura quasi di quadro, che per ciascun lato è lunga poco meno di ottocento miglia italiane522. È irrigata da molti fiumi, fra quali il Danubio è più grande di ogni altro, perciò che in esso, prima che sbocchi nel Mare Maggiore, entrano circa sessanta fiumi et bagna forse mille e quattrocento miglia di paese. Doppo al Danubio il Reno et l’Albis sono essi ancora molto famosi et grandi. È abondante la Germania di tutto quello che è necessario a la vita de l’ huomo, né vi vengono condutte di altri paesi se non quelle cose che servono più tosto a delitie che a neccessità [sic], come specie zuccari, olio di ulivo, mandole, zibibio, naranzi, panni di seta fini, bombace et qualche vini, benché la Germania in alcuni luochi produca vini molto delicati, ma in luoco di vino, dove ne è il bisogno, supplisce la cervosa, la quale per la gran copia de le biade vi è in abondanza. Sono per la Germania molti studii di scienze, ma quelli non troppo eccellenti. Sono i Germani per ordinario molto leali et continenti ne la lusuria, ma non ne la ubriachezza. 1.2. Le signorie et stati che governano la Germania sono di tre sorti: signori ecclesiastici, signori temporali et le città franche. Ne lo stato ecclesiastico sono prima gli tre arcivescovi ellettori. Primo di questi è il Mogontino, il quale è supremo cancelliero ne la Germania. Ne la cancellaria di questo stanno tutte le scritture de le Diete. Secondo il Coloniense supremo cancelliere d’Italia. Terzo il Treverense supremo cancelliere di Franza. Seguono poi gli altri arcivescovi, de quali sono i primi il Salzburgense; il Magdeburgense, che si chiama Primate di Germania, il Bremense et il Bisuntino. Gli vescovati spettanti a lo Imperio solevano essere quarantacinque, ma, per le mutationi de le cose, al presente possono essere intorno a quindici. Questi arcivescovi et vescovi per la molta autorità che hanno ne la giurisdittione temporale et per le molte ricchezze, sono chiamati prencipi d’Imperio, et sono elletti dai capitoli de le loro chiese. Sotto gli arcivescovi et sopra i vescovi ha luoco il gran mastro de la religione teutonica, il quale anticamente soleva possedere la Prussia provincia. Seguitano poi gli abbati et abbatesse et altri prelati de lo Imperio, che già solevano essere di entrata non molti inferiori 522

Ca. 1400 km.

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ai vescovi, inanzi che i prencipi secolari si usurpassero le entrate de le chiese che sono in Germania. Vi sono ancora altri abbati elletti dai capitoli loro, ma questi sono agli altri di dignità assai inferiori. Tra gli prencipi secolari tengono il primo luoco di dignità, come gli ecclesiastici, gli tre che si domandano ellettori, et hanno, come gli altri, alcuni ufficii pertinenti al servitio de lo imperatore. Il conte palatino, che tiene il primo luoco, si domana archidapifer, cioè capo di quelli che portano le vivande a lo imperatore. Il duca di Sassonia archimarescalcus, cioè supremo maresciale. Il marchese di Brandeburg archicamerarius, cioè supremo cameriere de lo imperatore. È anco fra gli ellettori il re di Boemia, perciò che, essendo stati ordinati sei ellettori in Germania intorno agli anni del Signore novecento ottanta, al tempo di Ottone terzo imperatore da papa Gregorio quinto, avveniva che per i voti pari non potevano bene et spesso accordarsi sei insieme, et perciò fu dato il settimo luoco a questo re, il quale havesse con il suo voto, in caso di discordia, a decidere la diff erenza et a lui ancora come agli altri ellettori fu dato ufficio per servitio de lo imperatore et fu detto archipincerna o supremo copiere. Seguono poi gli altri prencipi, et prima quelli de le istesse casate degli ellettori, et con l’ordine medesimo, cioè il duca di Baviera et gli altri Palatini che sono de la istessa casa di Baviera. Gli duchi di Sassonia et gli marchesi di Brandeburg, poi gli duchi di Bransuich et di Lucemburgh et doppo loro con lunga schiera tutti gli altri duchi, marchesi, lantgravii, burgravii, conti et baroni. Gli archiduchi di Austria non hanno luoco fra prencipi secolari per la diff erenza de la precedenza, ma tra gli ecclesiastici, precedendo essi un giorno, et l’altro lo arcivescovo di Salzpurgh. Le città franche et d’Imperio sono quelle che non conoscono altro superiore che lo imperatore, de le quali alcune pagano un certo censo, ma questo è molto debole, perciò che fra tutte non passano la somma di quindicimillia fiorini. Alcune altre sono del tutto essenti, se non che insieme con tutti gli altri stati fanno poi al tempo le loro contributioni che gli bisogna fare. Vivono con le loro leggi et quasi tutte hanno stato popolare, benché alcune, come Norimberga, habbia lo stato degli ottimati; et queste già solevano essere fino al numero di ottantacinque, ma molte di loro sono da diversi state occupate. Per l’autorità che hanno i sopradetti signori et signorie non può lo imperatore assolutamente commandare a la Germania, ma la governa per via di Diete, procurando che in quelle si deliberi quello che giudica essere di beneficio, et che poi la deliberatione sia esseguita, onde avviene che uno imperatore può essere maggiore di un altro, in quanto può maggiormente persuadere ne le Diete quello che vorrebbe, et che gli prencipi haveranno più et manco rispetto o tema di contradirgli in alcuna cosa ne la deliberatione et ne la essecutione. Havendo fin qui ragionato de la Germania in generale, hora dirò qualche cosa più particolare del regno di Boemia, del quale, perché mi ci trovo in persona, ho potuto havere più minuto raguaglio che degli altri stati di Germania. Et doppo questo scriverò qualche cosa de la corte Cesarea. 2.1 Lasciando dunque da parte il racontare che genti habbiano habitato questo regno et quali prencipi l’ habbiano sino a quest’ hora signoreggiato, perché questo si trova scritto

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

da molti historici, et particolarmente da Enea Silvio523 et dal vescovo di Olmuz524, dirò solamente che i suoi confini sono da la parte di levante la Moravia et parte di Slesia, da ponente Franconia et il Palatinato525 da mezzogiorno Baviera et Austria, da settentrione Slesia, Lusatia et Misnia, et di queste provincie tre sono sottoposte et ubidiscono al medesimo regno di Boemia, cioè la Moravia, la Slesia et la Lusatia. È lunga la Boemia da levante a ponente circa cento ottanta miglia italiane et largo cento quaranta et di forma quasi ovale. È fertilissima di biade, con le quali, facendosi la cervosa, rimediano gli habitatori al mancamento del vino, del quale vi è gran penuria, se bene vi sono a bastanza de le altre cose neccessarie. Ha molte miniere di argento et di altri metalli. È molto habitata et ha perciò infinite ville, oltre a le quali si dice che habbia fino a settecento ottanta fra castelli, terre et cittadi, ma tutte sono picciole et hanno le case quasi tutte fabricate dal mezzo in su di legname solamente; et una gran parte sono di terra ne la parte da basso, essendone però ancora alcune murate di matoni et di calzina. 2.2. È Praga la principal città et sede regale, posta quasi nel mezzo di tutto il regno, ma perché di questa ho scritto nella relatione del viaggio di Germania, io non ne dirò altro per hora, se non che ho lasciato di dire, che vi è lo studio publico de le scienze, benché di poco utile, perciò che vi tengono catedre solamente gli Husciti che per ordinario sanno molto poco. Fanno bene gran giovamento a coloro che vogliono imparare i Padri Giesuiti, che tengono molti maestri et hanno dirizzato scuole assai buone nel colegio loro. Sono pochi anni che si è cominciato di nuovo a provedere questa città di arcivescovo, il quale è solo arcivescovo et senza alcuno vescovo suff raganeo in tutto questo regno, perciò che lo stato degli ecclesiastici fu dai motivi seguiti per le opinioni di Giovanni Hus del tutto levato et estinto, essendo stati gli beni ecclesiastici da diversi occupati, senza che mai ne habbiano fatto la restitutione, et perciò si trovano in questo regno solamente tre stati di persone, cioè baroni, nobili et cittadini, et questi godono grandissimi privilegii, perciò che giudicano i loro sudditi et gli tiranneggiano, come se fussero loro schiavi, et non sono essi ubligati in altro al re, se non de la fede et diff ensione del regno, onde se il re vuole alcuna cosa da loro, conviene ricercargli in una Dieta et aspettare la risposta loro. 2.3. Tra Baroni è de principali il signore di Rosimberga, disceso, per quanto si dice, de la famiglia Orsina. Questo in absenza de lo imperatore è viceré et ha anco sempre titolo di burgravio del regno; et però è più rispettato di tutti et può havere di entrata da cento millia talleri; et vi sono degli altri che ne hanno vinticinque, vinti, quindici et diece millia; ma tutti vivono con poca regola et la maggior parte de le entrate loro consistono ne la birra et in pessi, perciò che sono in Boemia laghi abondantissimi di pesse. Doppo il conte di Rosimberga tiene il più honorato luoco il signor Poppel che ha titolo di maggiordomo nel regno di Boemia. Et poi seguita il signore Wratislao di Prenestann, cavaliere de l’ordine del Tosone et gran cancelliero del regno. Et doppo lui altri baroni et signori del regno entrano nel Conseglio Boemico a trattare i negotii importanti. Sono i Boemi per lo più grandi di corpo et di bella complessione, ma così dati al bevere et a l’otio che difficilmente si potria trovare fra loro persona, a cui convenissero lodi di 523 524 525

Aeneae Sylvii Piccolominei postea Pii II. papae Historia Bohemica. Vermutlich Verweis auf die 1552 im Erstdruck erschienene Historia regni Bohemiae des Johannes Dubravius (Jan Skála z Doubravy). Er war von 1541 bis 1553 Bischof von Olmütz. Oberpfalz.

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scienza o di altra virtù di animo, ma per lo contrario si trovano audaci, vantatori superbi et che presumono ogni cosa di loro medesimi. Sono ancora i Boemi non solamente costanti ne la fede data, ma ostinati et superstitiosi in tanto che si lasciano più tosto appiccare et dare ogni altro estremo supplicio che mancare de la promessa. Non si trova in Boemia luoco che sia pur mediocremente forte, per la pochissima diligenza et manco intelligenza che hanno di fortificare i Boemi, quali hanno opinione per essere circondati da monti et da la Selva Hericina526 che non possano entrare esserciti nel paese loro, ma s’ ingannano, perché vi sono in molti luochi le strade piane et aperte da ogni banda. Possono i Boemi con le tre provinci che gli ubidiscono fare in occasione di guerra da diece millia cavalli, i quali possono giovare qualche poco, perciò che hanno cavalli molto grandi, benché non molto feroci, et vanno armati con corsaletto et maniche di maglia et l’elmo aperto, parendo loro che l’elmo chiuso et le altre armi siano più tosto d’ ingombro che di giovamento; et per off endere portano la spada, lo stocco et fino a tre o quattro arcobugietti et qualch’uno porta uno spiedo in cambio di lancia, perché la lancia non piace loro per troppo impaccio che gli dà il portarla. La fanteria è quasi del tutto inutile, et principalmente quella del proprio regno, perciò che senza ordine et disarmati vanno i Boemi a la guerra, portando quale uno spiedo, quale una lancia, quale un bastone di ferro et quale un manarino o una mazza da lanciare, et mancando a molti molte cose fino a la spada. Restaria che io dicessi qualche cosa de le entrate che cava lo imperatore così de la Boemia come de gli altri stati, ma perché è cosa incerta et fino a quest’ hora non ho potuto haverne vera informatione, lasciarò di dirne al presente et ricordarò solamente che alcune volte, quando lo imperatore si trova bisognoso di denari, fa ragunare le Diete in ciascun regno et qualche volta ancora fa la Dieta generale di tutti gli stati, quali chiamano Dieta Imperiale; et in quelle domanda sussidio a suoi sudditi per passare in Italia o per fare espeditione contra Turchi o per fortificare et diff endere i suoi stati o far munitioni o per qualche altra cosa utile o necessaria; et con tali occasioni et modo cava denari da suoi sudditi. Di tutte le heresie che con infinito dispiacere di ogni buon christiano sono sparse non solo ne la Boemia, ma quasi per tutta la Germania, io lasso di ragionare per non dir cosa che apporti noia a le purgate orecchie. 3. Hora che mi sono espedito de la Germania et del regno di Boemia, dirò brevemente, più che potrò, quello che fino addesso io habbia inteso de l’ordine et de gli ufficiali de la corte imperiale. 3.1. Et cominciarò da la guardia de la persona de lo imperatore, la quale è di cento vinti huomini armati a cavallo ad uso di Alemagna, quali chiamano arcieri et portano, quando si cavalca, la lancia et arcobugi, ma ordinariamente, quando vanno a piedi et disarmati, portano, oltre la spada et pugnale, un grande cortellaccio inastato su spalla ad uso di alabarba; et di questi è capitano il signor Giorgio Volfgango Ghilluch di Sombergh.527 Vi sono ancora cento trenta alabardieri, quali chiamano trabanti, che con le alabarde sempre stanno a la guardia, et è loro capitano il signore Conrado Popenaham528; hanno questi di provisione otto fiorini al mese; et gli arcieri ne hanno dodici; et tutti hanno un vestimento per uno ogni anno, che può importare circa quaranta fiorini. 526 527 528

Böhmerwald. Vgl. Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II., Nr. 60/1, S. 322. Ebd. Nr. 62/1, S. 329.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Ha oltra di questi dicidotto trombetti per servitio così de soldati come de la corte, et sono pagati a diversi prezi secondo la sufficienza di ciascuno: ma l’ordinario è quindici fiorini al mese per uno. 3.2. Rendono molto splendore a questa corte molti signori, ne quali Sua Maestà si trova havere impiegati i principali ufficii de la corte, de quali è il più honorato il maggiordomo maggiore, il quale è al presente essercitato dal signore Adamo Dietristain, barone in Hollemburg et comendatore in Alcanitz, il vicecancelliero de lo Imperio, qual’ è il Signor Sigismondo Vieheuser, dottore, che è anco consigliero secreto, il vicemaresciale, et questo lo essercita il signore Otto Henrico Conte di Swarzemberg, il cameriere maggiore, che è come mastro di camera, il signor Volfgango Ronfo, il cavallerizzo maggiore, il quale ha cura de la stalla et dei paggi, i quali sono ridutti al numero di dodeci, et tutti sono nobili di diverse nationi; a questi si fanno le spese et si vestono assai parcamente et non è loro insegnato altro che la diversità de le lingue et di cavalcare qualche poco; tiene anco cura il cavallerizzo maggiore dei trombetti et intende le diff erenze et liti tra corteggiani; et questo ufficio è del conte Claudio Triulci, et è suo luocotenente il signore Ottavio Spinola. Vi è di poi il maestro di sala, quale è il signor Paulo Trauz529, figliuolo del signor Giovanni, primo consigliere de lo imperatore. Questo va inanzi a le vivande, quando sono portate a la tavola de lo imperatore. 3.3. I camerieri530 che servono lo imperatore et portano attaccata a la centura la chiave d’oro, come porta il cameriere maggiore, per segno che è loro concesso di entrare ne la camera de lo imperatore sono il signore Christoforo Poppel di Lobkowitz, dottore, il signor David di Dombergh, barone, il signore Ottavio Spinola, il signor Christoforo di Buham, barone, il signore Adamo di Neuhaus, dottore, il signor Ludovico Coloreto, il signor Juoslavvo Schiumtzauski, Don Ladron di Guendero, il conte Alberto di Firstimberg, Don Aluigi di Avila, il signor Giorgio Poppel di Telokovitz, dottore. Sono poi aiutanti di camera.531 Francesco Caperini, Giovanni Perthodt, Gieronimo Caperini, Giovanni Serabia, Gasparo Bernauer, Giovanni Poppel. Sono anco deputati al servitio de la camera due guardarobba, che sono Rimberto Xandaneo et Bartolomeo Gnormino532, et due portinari di camera, cioè Guglielmo Hilman 529 530 531 532

Im Hofstaatsverzeichnis von 1580 ist diese Rubrik nicht besetzt, vgl. Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II., S. 225 unter Nr. 15. Vgl. ebd. Nr. 139/1 – 11, S. 394. Vgl. ebd. Nr. 140/1 – 6, S. 401. Bei Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II. nicht verzeichnet, vgl. ebd. Nr. 142, S. 403.

5. Vademecum für einen Nuntius

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et Giovanni Hagh.533 Vi sono anco due barbieri; un distillatore, un scaldatore di stuff e, uno orefice, due pittori, un sartore, un calzaiuolo, un berettaro, un merzaro, un maestro di horologii et altri ufficiali; et anco sono per lo medesimo servitio deputati quarantasei alabardieri, che sono detti trabanti de la camera. 3.4. I gentil’ huomini de la bocca sono altri coppieri, altri trincianti, altri panatieri et altri scudieri. I coppieri sono il signor Giovanni Alfonso Castaldo, il signor Giovanni Premer, barone, il signor Giovanni, signore di Connawitz in Ungariscembrot, il signor Palavicino Sforza, il conte Antonio d’Arco, il conte Nicolò da Lodrone, il conte Giorgio di Monfort, il signor Giulio Cesare Gonzaga, il signor Christoforo Sboroschii, il signor Gieronimo Salbergh534, il signor Volschii, polacco, il conte Pirro da Collalto. I trincianti sono il signor Nicolò Ukler, Don Giovanni di Castiglia, il signor Vincislao Pleski, il signor Giorgio Oppersdorff, il signor Corrado di Pombelbergk, il signor Giovanni Barodis535, signore di Roschau, il signor Giorgio Zettoritz. I panatieri536, ciò che portano il pane in tavola, sono il signor Christoforo Weltzer, il signor Giovanni di Kresshuortz, il signore Andrea Borgonzo, il signor Sebastiano di Redern, barone, il signor Carlo di Hoberg, il signor Wincislao Rhethan di Metentz, il signor Stefano Urarii537. I scudieri538, che portano le vivande in tavola, sono 533 534 535 536 537 538

Vgl. ebd. Nr. 154/1 – 2, S. 409. Zu den folgenden Chargen vgl. ebd. sub voce. Vermutlich der ebd. Nr. 16/12, S. 226 verzeichnete Gwanno Volberga; die übrigen Mundschenke ebd. Ebd. Nr. 17, S. 230 nicht geführt; die übrigen Vorschneider ebd. Vgl. ebd. Nr. 18/1 – 7, S. 235. Steffan Niari bei Hausenblasová. Vgl. Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II., Nr. 19/1, 2, 4, 6, 7, 10 – 22, 24 – 27, 9, S. 237 – 239.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

il signor Bonslao di Lesckowitz, il signor Mateo Zeuff el, barone, il signor Giorgio Hungensdorff Humanaj, il signor Wolfgango Rhendi, il signor Gio. Giacomo Zebel, il signor Allesch Wercka, il signor Christoforo di Raedescano, il signor Giorgio Prosconscki di Wrospecoitz, il signor Goltscardt Schoff, Gottsch genandt, il signor Wenceslao Scasderidzel, il signor Zodlla Rabhess, il signor Gualtiero di Mastel, il signor Antonio di Grard, il signor Antonio Burgangno, il signor Giovanni Burckardo di Zkarzowa, il signor Valdissera Wormanissa di Caplou, il signor Ruberto Daregmes, signore in Philone, il signor Erasmo, barone di Diattrestain, il signor Alberto Sedrutzkj, il signor Mauritio di Sepontendorff, il signor Giovanni Werko, il signor Wenceslao di Rottkirken, il signor Giovanni Olrico Scoff, Gottsch genandt. Sono ai sopradetti somministrate le vivande, il pane et il vino de la cucina, da la dispensa et da cantina; et a quelli luoci sono come agli altri deputati i loro ufficiali, fra quali è il mastro di cucina, che ha nome Christoforo Zawkehllraun Waisser539, il mastro de la cantina, il computista o scrittore de la cantina con tre ministri, il fornaro di corte, il dispensiere de le candele, il custode del zuccaro, il computista o scrivano de la cucina, il proveditore, il portatore, sei custodi, i sottocuochi, i guatteri et quelli che portano in cucina, che in tutto sono vinti: lo schiappalegne, il portalegne, quelli che portano da la piazza, il dispensiere; il portinaro di cucina et molti altri ufficiali et ministri che sono neccessarii in una Corte. 3.5. Ha Sua Maestà una capella di trentadue voci molto buona et ha per mastro di capella Filippo di Monte540, musico eccellentissimo. Vi sono otto bassi, nove tenori, otto contralti et sei sovrani; et per servitio di quella sono deputati organisti, mastri di organi et il maestro che insegna di cantare. Et ha medesimamente per servitio de la chiesa il predicatore di corte, due elemosinarii et sei capellani. 3.6. Sono ancora instituiti ne la corte Cesarea diversi consegli, i quali consultano, giudicano et provedono in tutte le occorrenze. Et prima vi è il consiglio secreto541, col quale Sua Maestà suole spesse volte trovarsi et pigliare parere in tutte le cose di grande importanza, et in questo Conseglio entrano il signor Giovanni Trauzen, barone di Schrovenstan et Sprechestan, primo consegliere, 539 540 541

Vgl. ebd. Nr. 64/1, S. 335. Vgl. ebd. Nr. 126/1, S. 379. Zu den übrigen Amsinhabern vgl. ebd. S. 374 – 380. Vgl. ebd. Nr. 3/3, 4, 1, 2, 5, S. 204.

5. Vademecum für einen Nuntius

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il signor Leonardo di Harrach, il più vecchio de baroni, il signor Giovanni Battista Weber, dottore, il signor Sigismondo Fieheuser, dottore. È anco chiamato spesse volte nel conseglio secreto, et principalmente addesso, che la corte è in Boemia il signor Wratislao Prenestan, cavaliere del Tosone et gran cancelliero del regno di Boemia. Vi è il conseglio aulico542, il quale conosce et giudica le cause così di gratia come di giustitia, ordinarie et estraordinarie delegate a Sua Maestà, et in questo conseglio entrano il signor Filippo di Wienemberg et Beilstain, presidente del conseglio aulico, il signor Otto Henrico Conte Swarzemberg et vicemarescial de lo Imperio, il conte Giulio, conte di Salm, il signor Gabriele Stein, signore di Schwartzen, il signor Seifrido Preumer, barone, il signor Paulo Sisto Trautzen, figliuolo del signor Giovanni, il signor Giovanni barone di Welsberg, il signor Andrea Gail, dottore, il signor Ruberto Statzingen, il signor Carlo di Schusendi, il signor Giorgio Edero, dottore, il signor Timoteo Jung, dottore, il signor Giovanni Stagennuller, il signor Giovanni di Alessandri, il signor Giovanni Thonner d’Inspruch, il signor Giovanni di Sintzendorff, il signor Christoforo Filippo Zader543, il signor Giacomo Curtio. Evvi ancora un altro conseglio, il quale si chiama il conseglio de la camera aulica544 et ha carico di tener conto de le entrate et de le spese de lo Imperatore et di provedere a le spese neccessarie, et in questo entrano il signor Christoforo di Althan, barone et presidente del conseglio, il signor Giorgio Praun di Ottendorf, barone di Wertembergk, il signor Gasparo di Muneshoetz, il signor Hans di Sintzendorff, il signor Anselmo di Weltz. In un altro conseglio, che si chiama il conseglio de la guerra545 vi entra il conte Nicolò di Salm, il signor Guglielmo di Hoskirchen, barone, 542 543 544 545

Vgl. ebd. Nr. 6/1 und Nr. 7, 1 – 6, 10, 12, 13 (Schwendi), 17, 16, 15 (Hegenmüller), 19, 18, 14 (Joachim von Zintzendorf), 23 (Kurz von Senftenau), S. 208 – 211. Wohl Christoph Philipp Zott von Pernegg, ebd. Nr. 7/11, S. 210. Nach Gschliesser, Reichshofrat, S. 100, jedoch im Januar 1579 verstorben. Zu den nachfolgenden Einträgen vgl. Hausenblasová, Der Hof Kaiser Rudolfs II., Nr. 10/1 und Nr. 11/1, 3 – 5, S. 217 f. Zu den genannten Mitgliedern des Hofkriegsrats vgl. ebd. Nr. 12/1 – 3, 6 – 7, S. 221 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

il signor Federico di Zurethini, il signor Otto Henrico di Puechaimb, signore di Kunisbergh, il signor Feliciano, barone di Herbestein, il signor Jobst Josef, signore di Thurn. Ma nei consegli pertinenti agli stati, sì come sono diversi gli stati et reami, così vi entrano diverse sorte di persone, perciò che si conseglia con gli Ungari de le cose di Ungaria, con i Boemi de la Boemia, et così degli altri, et perciò non ne darò altro conto particolare. 3.7. Ne l’ufficio ancora de la cancellaria, per la quale passano tutte le espeditioni, così di gratia come di giustitia, sono huomini molto honorati, preciò che, oltre al vicecancelliero de lo Imperio et al cancelliero del regno di Boemia, de quali ho detto di sopra, vi sono secretarii, scrittori et registratori per lo conseglio secreto et altri per lo conseglio aulico, altri per le cose di guerra, alcuni per gli negotii del regno di Boemia, alcun’altri per quello di Ungaria che ha anco particolare cancelliero come gli altri regni, altri per le espeditioni camerali et altri per diversi altri negotii. 3.8. Intertiene lo imperatore per fare corte honorata diciotto gentil’ huomini con provisione per loro et per cavalli et servitori; et questi non hanno carico alcuno, se non di accompagnare Sua Maestà quando cavalca; et sono chiamati gentil’ huomini de la casa. Ha sotto al governo del cavalerizzo maggiore una stalla di cento cavalli, o poco più, i quali egli ama assai, perché, quando è sano, si diletta di cavalcare, et per servitio di quelli dà tratenimento a quattro cavalcatori, quali sono chiamati essi ancora cavalerizzi. Vi ha il dispensiere de la biada, lo scrivano, il morsaro, due sopraintendenti ai garzoni di stalla, i quali sono fino a trenta, quattro mulatieri, che hanno in guardia i muli da soma, il guardiano del leopardo, gli falconieri, otto cacciatori, tre uccellatori; i servitori per i cani et molti altri servitori et ufficiali di manco importanza. 3.9. Porta questa corte grande spesa a Sua Maestà, perciò che, oltre a la provisione de la vittovaglia et de le altre regaglie che si danno ai più honorati et altre anco al tinello, nel quale possono mangiare tutti i cortigiani et servitori di corte, sono anco assegnate a tutti le provisioni, le quali importano intorno a centocinquanta millia fiorini l’anno. Ma è così poco ordine nel riscuotere denari in questi regni et nel pagare i debbiti di Sua Maestà che non corrono quasi mai le provisioni, et così quasi ogniuno resta creditore con poca speranza di havere mai a riscuotere il proprio credito. 3.10. Di gran splendore ancora sono in questa corte gli ambasciatori dei prencipi che dai loro signori sono mantenuti appresso a Sua Maestà con grosse provisioni; et fra questi tiene il primo luoco il nontio apostolico, il quale è al presente lo illustrissimo et reverendissimo monsignore Ottavio Santacroce, vescovo di Cervia, et appresso a sua Signoria illustrissima siede lo ambasciatore del re di Spagna, il quale è lo eccellentissimo signor Don Giovanni Borgia, cavaliere et comendatore di Santo Jago et già figliuolo di quel Duca di Candia che fu Generale de Giesuiti. Seguita poi lo ambasciatore di Venetia, che è al presente il clarissimo signore Alberto Badoero, et doppo lui ha luoco lo ambasciatore del granduca di Toscana, che è il reverendissimo monsignor Giovanni Alberti, protonotario apostolico. Gli altri prencipi non tengono al presente ambasciatori in questa corte, ma il duca di Mantova vi tiene un gentil’ huomo prencipale con titulo di senatore et il re di Franza, il duca di Savoia, il duca di Ferrara et la republica di Genova vi mantengono solamente i secretarii.

5. Vademecum für einen Nuntius

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Et con questo faccio fine al ragionamento de la corte Cesarea. 4. Mentre che io andava investigando gli andamenti de la corte et i costumi de Boemi per potere mettere a l’ordine et scrivere la passata informatione, intesi ancora molte altre cose notabili di quelli paesi, de le quali io ne soggiongerò qui appresso alcuna di quelle che mi parvero degne di memoria, et prima scriverò de le monete. De le monete Si spendono in Boemia molte sorti di monete, perciò che in molti luochi di Germania sono prencipi che fanno battere moneta, et si trovano fra le tante diversità di talleri che se ne potriano havere forse trecento tutti di diverse stampe. Vi sono oltre i talleri, i fiorini, i mezzi talleri, quarti di talleri, bianchi che chiamano bais, carantani, doppii carantani, pucchiani et Fenich. Vale il tallero 70 carantani, il fiorino, detto Gulden, vale 60 carantani, il mezzo tallero 35 carantani, il quarto di tallero carantani 17 ½, il bianco o bais vale due carantani et un pucchiano, il casantano è quanto una craice di Venetia et vale tre pucchiani, che importano da cinque quattrini di Bologna. Il pucchiano è quanto un bezo di Venetia et vale due Fenich che importano quattro bagatini di Venetia. Il Fenich è il più picciolo denaro che si spende in Germania. Scudi d’oro se ne spendono pochi in Boemia, et pare che i Boemi non gli prezino, et questo avviene perché quelle genti non conoscono bene il valore de l’oro et hanno sempre sospetto di essere ingannati, ma con tutto ciò lo scudo buono d’oro et di peso vale per ordinario carantini 93 et un pucchiano, di modo che tre scudi d’oro buoni vagliono quattro talleri; et gli scudi sono d’Italia o di Franza o di Spagna, perché in Germania non si battono scudi; ma si bene ducati in qualche luoco, come in Salzburg et in Ungaria, et sono di valore pari. Ma quello di Ungaria è più volontieri accettato. Et vale in Boemia il ducato ungaro carantini 112, ma in tutti gli altri paesi di Germania vale due e tre carantini manco. Il ducato turchesco è del medesimo valore che è l’ungaro. Del vino et cervosa o birra Una botte ordinaria di Boemia, cioè di quelle che se ne portano quattro et qualche volta cinque sopra un carro, è di sette emori.546 Un emoro tiene 32 pinte. 546

Das mährische Flüssigkeitsmaß des Eimers entsprach 42,8 l, Richard Klimpert, Lexikon der Münzen, Maße, Gewichte, Zählarten und Zeitgrößen aller Länder der Erde. 2. Aufl., Berlin 1896 (Nachdr. Graz 1972), S. 88.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Una pinta tiene 4 saitri.547 Un saitro pesa 30 lotti548, cioè circa 15 onze549 d’Italia. Il vino di Boemia vale talleri due e mezzo l’emoro, a minuto si vende due carantini il saitro. Il vino di Ungaria vale sei talleri l’emoro, a minuto si vende quattro carantini il saitro. Il vino di Austria cinque talleri, a minuto tre carantani il saitro. Il vino di Reno sette talleri, a minuto quattro carantani il saitro. La birra o pivo o cervosa ordinaria vale tal’ hora due fiorini et tal’ hora fino a due talleri l’emoro, a minuto si vende un pucchiano la mossa. Una mossa tiene tre saitri. La birra doppia vale il doppio, et chiamano doppia quella de la prima cotta, et semplice quella che si cava de la seconda cottura, ne fanno anco una di terza cottura, ma di quella non beveno se non le povere genti, perché è di poco prezo. La birra amara, la quale si fa di orzo et vi entra maggior quantità di fiori di lupoli, vale la metà più che la birra doppia. Altri prezi di robbe in Praga Quattro pagnotte pesano una libra di onze sedeci, cioè 32 lotti, et vagliono quattro pucchiani, et il pane è eccellentissimo. La misura del formento si chima Strich550, et vale al presente un scudo, in tempo di carestia non passa due fiorini, et in tempo di abondanza non vale manco di un fiorino, et per ordinario il suo prezo è di un tallero lo Strich pesa libre [...] ne mangia una bocca in un anno [...]. Il brazzo del velluto di Praga è poco meno di quello di Bologna551 et vale 4 talleri o 5 fiorini il brazzo et talhora ne vogliono sino a sei fiorini del brazzo, et tutto viene portato d’Italia. Il brazzo di Vienna è un quarto più longo di quello di Praga, et a questa misura il brazzo del panno di Londra vale un tallero. La rascia fiorentina vale due fiorini il brazzo di Vienna. Un bue vale ordinariamente fino a sedeci talleri, et la carne di bue, la quale è eccellentissima, si vende due carantani la libra, benché per ordinario si venda senza pesarla. La carne di vitella quattro carantani. L’olio di uliva 20 carantani la libra. 547 548 549 550 551

Ein Seidel entspricht meist einem halben Liter (in Österreich ¼ l), vgl. ebd. S. 309. Vgl. unten Anm. 575. Eine Unze (oncia) entsprach in Italien etwa dem zwölften Teil eines Pfundes, vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 347. Früheres böhmisches Getreidemaß à 4 Viertel à 4 Maßel à 3 Pint à 4 Seidel = 93,602 l, vgl. ebd. S. 326. Für den braccio di Bologna werden bei Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 36, 64 cm angegeben.

5. Vademecum für einen Nuntius

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Il buttiro 7 carantani la libra. Il formaggio parmegiano, 12 carantani la libra. Il zuccaro fino 34 carantani la libra. Il zuccaro da cucina 28 carantani la libra. Il mele552 16 carantani la pinta. Questa linea553 è la metà de la larghezza de lo Strich, il quale è di forma rotonda come uno staio d’Italia, et può tenere circa una corbe di Bologna. Quest’altra linea554 è la metà de l’altezza de lo Strich; et l’una come l’altra misura è tolta da la parte di dentro del vaso.

Archivio di Stato Roma, Santacroce 87, fol. 39r: Relatione de la Germania et de lo stato de la Corte Cesarea scritta de l’anno 1581 (Detail)

552 553 554

Nicht mehr gebräuchliche Variante für „miele“, vgl. Francesco Valentini, Gran Dizionario grammatico-pratico italiano-tedesco, 2 Bde., Lipsia 1831 – 1834, hier Bd. 2, S. 631. Marginal im Original links auf fol. 39r ein Strich von 21,6 cm. Marginal im Original ebd. ein Strich von 17,1 cm.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

II Regolamento per la famiglia del nunzio di Vienna Archivio Storico dell’Ufficio delle Celebrazioni Liturgiche del Sommo Pontefice (Città del Vaticano), Fasz. 47, fol. 342r – 352v 1. Personal der Nuntiatur. – 2. Gehälter der Familiaren. – 3. Sachausgaben: Pferde und ihr Proviant, Holz, Kohle, Lebensmittel, Kleidung, Kutschen. – 4. Angaben zu Tischordnung, Geldbeschaff ung und Münzwesen sowie Bekleidung der Familiaren. – Anlage: Übersicht über Empfänger und Höhe von Trinkgelder. 1. Il nunzio suol tenere per la sua fameglia l’auditore,555 il quale vien considerato come mezza camerata, e però entra nell’anticamera de’ cavalieri o camerieri della Chiave d’oro,556 e fa anche da cavaliere, il maestro di camera, il coppiero, il cavallerizzo (questi due fanno anche da segretarii d’ambasciata, quando non vi sia altri), il maggiordomo, così chiamano in Vienna chi fa in Roma da maestro di casa, lo scalco, tre preti per le funzioni publiche, uno de’ quali fa anche da segretario, quando non s’ habbia un segretario separato che non voglia servire all’altare; l’altro aiuta a scrivere, il terzo fa da maestro dei paggi, tre aiutanti di camera o almeno due, procurando che uno d’essi possa aiutare a scrivere o copiare almeno li foglietti d’avviso e l’altro sia barbiere; paggi numero sei che doverebbono essere persone civili, se non gentilhuomini e qualche uno di loro che sapperà scrivere per aiutare a copiare almeno i foglietti, staffieri numero dieci, benché anche al principio n’ habbino li nunzii tenuti dodici, e fra essi un credenziero ed un bottigliero con livrea, un portinaro che chiamano Hauschaner;557 questi è mezzo facchino, scopa la casa, porta la legna, scalda le stufe l’ inverno e l’estate porta il diaccio558 della diacciara, chiude ed apre il portone, porta le torcie a corte. 555

556 557

558

Zu den Fachbegriffen für die einzelnen Funktionsträger eines größeren italienischen Prälatenhaushalts der Frühen Neuzeit vgl. das einschlägige Glossar bei Markus Völkel, Römische Kardinalshaushalte des 17. Jahrhunderts. Borghese – Barberini – Chigi, Tübingen 1993 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts 74), S. 401 – 406. Zum goldenen Schlüssel und zur Gruppe der zum Tragen desselben berechtigten kaiserlichen Kämmerer vgl. die Angaben bei Hengerer, Kaiserhof und Adel, S. 168 – 171. Verballhornung der österreichischen bzw. bayerischen Variante von deutsch „Haushälter“, vgl. Jakob Ebner, Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch der österreichischen Besonderheiten, Mannheim-Zürich-Wien 1969 (Duden-Taschenbücher 8), S. 110. Nicht mehr gebräuchliche italienische Variante für „ghiaccio“ vgl. Valentini, Gran Dizionario, S. 310; unter diacciara ist ein Eisdepot oder Eiskeller zu verstehen.

5. Vademecum für einen Nuntius

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In stalla deve per necessità aver tre mute, perché a corte si va sempre con tre carrozze a sei, facendosi anche in tal forma le prime visite degl’ambasciatori e ministri. Queste richiedono almeno 21 cavalli; ci vogliono almeno due cavalli per cavalcare, perché quando sono cappelle o funzioni fuori di città, o pure, quando le Maestà augustissime villeggiono o alla Favorita559 o altrove, cavalcano due paggi, sicché ci vogliono 23 cavalli. Per tal numero di cavalli bastano otto huomini, cioè tre cocchieri, tre cavalcanti e due garzoni, perché tra di loro si ripartiscono la fatica, travagliando secondo lo stile di Germania ugualmente il primo con gl’altri, onde è bene provedersi ivi di tal gente, come anche di cavalli. In cucina ci vuole primo e secondo cuoco, et inoltre una o due serve per lavare i piatti, li vasi, portar legna, carbone ed aqua essendo l’uso di Germania valersi di donne, come praticano ancora li religiosi più esemplari, dove non è clausura. S’avverte però di procurare d’ haver sempre donne da fatica e non giovani, né vistose, perché in una Corte grande generano confusione. Per spendere, alcune volte si è tenuto lo spenditore senza livrea, alcune volte con livrea, cioè uno staffiere, e ciò per maggior risparmio, quando ci sia persona habile e fidata. 2. Il medico si paga ad anno. Avanti il contagio560 se li davano cinquanta fiorini l’anno. Al tempo sudetto principiò a darglisi 12 fiorini e mezzo il mese, e così si è continuato. Perciò però è bene stabilirsi avanti, con obligarli a servire anche tutta la fameglia, con tutto che abiti lontano dalla nunziatura.561 Il salario dell’auditore al tempo d’Albrizio era di scudi 500 l’anno senza la tavola. Il Signor Cardinal Buonvisi lasciò al suo auditore tutte le tasse della cancelleria e ciò che dava d’utile il tribunale che fruttava più assai di 500 scudi, et inoltre lo teneva alla propria tavola la mattina, e la sera se li dava la tavola in camera. Il frutto del sudetto consiste nelle dispense matrimoniali che si pagano sei fiorini l’una, e sono in numero grande, perché in Germania sono facili ad imparentarsi fra di loro et a consumare il matrimonio prima di farlo in faciem ecclesiae; come anche nella formazione de’ processi per i novelli vescovi ed abbati e coadiutorie, per i quali si pagano all’auditore trenta fiorini per processo, oltre il regalo che fanno in qualche pezzo d’argenteria, e quando partono dalla nunziatura hanno di regalo dall’ imperatore scudi 500 in moneta in loco della collana d’oro che prima avevano. Il sudetto auditore fa anche da cancelliere e si sottoscrive Auditor et Cancellarius. Il salario de’ gentiluomini hanno usato quei nunzii che non hanno fatto tavola di trattarli all’uso di Roma con scudi dieci il mese. Il Cardinal Buonvisi che dava tavola a tutti faceva dare alli gentiluomini al mese fiorini nove che sono di moneta romana scudi 4,50, alli preti che avevano la tavola assieme coi gentiluomini fiorini otto e mezzo, alli camerieri 559

560

561

Ehemaliges Lustschloss im heutigen 4. Wiener Gemeindebezirk, später umgestaltet zum heutigen Theresianum; Residenz dreier Kaiserinnen (Eleonore Gonzaga, zweite Frau Ferdinands II., sowie Maria Anna von Spanien und Eleonore Gonzaga, erste bzw. dritte Gemahlin Ferdinands III.). Es dürfte sich hier um die verhehrende Pest von 1679 handeln, die in die Zeit der Nuntiatur von Francesco Buonvisi fällt, vgl. Peter Csendes, Ferdinand Opll, Wien. Geschichte einer Stadt, Bd. 2, Wien-Köln-Weimar 2003, S. 112. Der Nuntius residierte in Wien seit den 30er Jahren des 17. Jh.s in einem Gebäude an der südlichen Schmalseite des Platzes „Am Hof“, vgl. Lindeck-Pozza, Gebäude der apostolischen Nuntiatur in Wien, S. 163 f.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

che mangiavano con li paggi fiorini sette e mezzo; questi si dividono il regalo o mancia che dà l’ imperatore e imperatrice, quando il nunzio manda alle maestà loro il regalo. Il maestro di camera, benché non abbia altri incassi che la mancia, assieme con tutta la fameglia, che sogliono dare li vescovi novelli, quando ottengono chiese pingui, riceve però de’ regalucci dalli medesimi, e particolarmente dalli prelati delle religioni regolari e da quelli che sono immediatamente soggetti alla Sede Apostolica. Alli paggi non si dà salario, ma si devono provedere di tutto, e a ogniuno dargli in denaro tre fiorini, coi quali devonsi provedere da loro di scarpe, di biancaria e d’ imbiancatura e ciò che gli occorre, ma nel dargli le livree, se gli dà tutta, et ogni sei mesi se li danno calze di seta e cappello nuovo, e quando escono di paggeria un regalo proporzionato secondo la generosità del padrone ed il servigio prestato. Il salario de’ staffieri, a’ quali non si dà tavola, è d’undici fiorini il mese per ciascuno, oltra la livrea, e tutto l’accompagnamento secondo lo stile di Roma, et a l’uso [che] praticò il Cardinal Buonvisi. Questi si dividono gl’avanzi delle torcie a vento e di cera, anche la mancia che dà l’ imperatore per il regalo che li fa il nunzio e le due imperatrici, avertendo di non farlo dividere con l’anticamera per non lasciare un cattivo nome di sé. Il segretario, per ciascuna lettera di raccomandazione che fa, vien regalato in denari o in altro modo e, se la grazia si ottiene, si raddoppia il regalo, e per qualsivoglia lettera si suol dare quattro fiorini. Il maestro di casa oltra la collana d’oro che ha dall’ imperatore nella partenza, ha cinque per cento di tutto il denaro che paga alli mercanti Sertori per conto delli banchieri per la rimessa del denaro. Il salario de’ cocchieri è stato di fiorini dodici per ciascuno. Il salario delli cavalcanti e garzoni di fiorini undici. Vero però è che anche gl’altri ambasciatori davano il medesimo salario, ma al tempo del marchese de los Balbases, ambasciatore di Spagna sin dall’anno 1674, principiò a moderare detto salario, e lo ridusse a fiorini dieci tanto alli staffieri che alli cocchieri et altri di stalla, e fu seguitato dall’ambasciatore di Venezia. Il Signor Cardinal Albrizio continuò dare il sudetto salario come prima della riforma, et il suo stile fu continuato dal Signor Cardinal Buonvisi, con tutto che l’ imperatore non dia più di fiorini nove e gl’ambasciatori dieci. Il salario del portinaio è di fiorini otto solamente, se li permane però che possa vendere vino e birra a minuto, ed in ciò ha un gran vantaggio; per evitare però li strepiti e risse, se li prohibisce il radunare gente forastiera in sua camera a bevere e giocare. Questo privilegio non si doverebbe perdere, ma conviene averci una buona cura per evitare i tumulti. Il salario delli cuochi in Germania, e particolamente in Vienna, è esorbitante, dando la maggior parte dei ministri e cavalieri che hanno spesso tavola fiorini cento cinquanta, o almeno cento l’anno, oltre la tavola e le regaglie. Il. Signor Cardinal Buonvisi dava la tavola senza regaglie e nove fiorini e mezzo il mese. Al sottocuoco o cuoco della fameglia, oltre la tavola, intendesi compreso il vino e la birra, se gli dà cinque fiorini il mese.

5. Vademecum für einen Nuntius

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Alle due donne di cucina se gli dà di salario due fiorini il mese per ciascuna, gli si dà la tavola con gl’avvanzi che restano e mezza mesta562 di vino e mezza di birra e pane quanto bisogna con un letto per ambidue. 3. Circa il provedimento de’ cavalli, se il nunzio viene di Polonia o da altra parte della Germania, può condursi i suoi cavalli563, ma non già se viene d’Italia, perché sono a caro prezzo, et in Vienna se ne può provedere, mentre ci sono mercanti che tre volte l’anno vanno alla fiera di Lipsia in Sassonia e portano cento cavalli frisoni per volta d’età di quattro anni in circa, alti sei in sette palmi romani564, et a scelta un cavallo di palmi 6 ¾ romani si pagava cento o centodieci tallari, che sono scudi 80 romani in circa. La terza muta deve essere da campagna, cioè da strapazzo, e questa può essere di cavalli ungari che si hanno a prezzo ragionevole; hora però che è in piedi la guerra565 si sono rincariti, ma vogliono sempre meno che non gostano566 in Italia. Circa il mantenimento de’ cavalli si suol valutare un tallaro il mese per cavallo tra fieno e paglia per le lettiere, essendovi persone a posta che provedono a detto prezzo da’ villaggi vicini e la portano a casa. Un tallaro corrisponde a baiocchi567 67 1/2 di moneta romana, et un grosso568 e mezzo grosso di Roma, e meno. Circa la biada si calcola un mutto569 e mezzo per cavallo l’anno e per li cavalli frisoni ci vuole un poco di più. Un mutto sono numero 32 misure di Vienna,570 e si suol pagare fiorini 10 in 12, e qualche volta sino a 15, e si prenda in città la biada al mercato, o proveda fuori, non ci è gran vantaggio. Il provederla anticipatamente riesce di utile, et il tempo proprio è sul principio di settembre, e questo si può fare sul mercato che si fa fuori della Porta d’Italia571 due volte la settimana. Si avverte che il nunzio è franco di gabella di certi baiocchi che si pagano 562

563

564 565 566 567 568 569 570 571

Es dürfte sich um die nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für einen (großen) Schöpflöffel handeln, dessen Hälfte höchstens ¼ Liter entsprochen haben dürfte, vgl. Valentini, Gran Dizionario, S. 640: „mestola“ = Rührlöffel, Kelle. Dies war offensichtlich bei Buonvisi der Fall, der vor seiner Wiener Mission Nuntius in Köln und Warschau gewesen war. Vgl. hierzu die einschlägigen Aktenedition in: Francesco Buonvisi, Nunziatura a Colonia, Bd. I: 13 IX 1670 – 27 XII 1671, Bd. II: 1 I 1672 – 31 XII 1672, bearb. von Furio Diaz, Roma 1959 (Fonti per la storia d’Italia pubblicate dall’Istituto storico italiano per l’età moderna e contemporanea 36 – 37); Francesco Buonvisi, Nunziatura a Varsavia, Bd. I: 3 I 1673 – 2 VI 1674., Bd. II: 6 VI 1674 – 28 VIII 1675, bearb. von Furio Diaz und Nicola Carranza, Roma 1965 (Fonti per la storia d’Italia pubblicate dall’Istituto storico italiano per l’età moderna e contemporanea 75 – 76). Ein palmo (= Spanne) romano entspricht 24,9 cm, vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 262. Die Anspielung ist nicht klar. Es könnte der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688 – 97) gemeint sein, aber auch einer der zahlreichen Konflikte mit den Osmanen in jener Zeit. Ältere Variante für „costano“, vgl. Valentini, Gran Dizionario, S. 470. Kupfermünze des Kirchenstaats (1592 – 1867), vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 21. Italienische und spanische Rechnungsmünze, deren Wert von Ort zu Ort verschieden war. Das deutsche Wort „Groschen“ leitet sich daraus ab, vgl. ebd. S. 137. Früheres österreichisches Getreidemaß (Muth) à 30 Metzen = 1844,605 l, vgl. ebd. S. 248. Diese misure di Vienna beziehen sich auf die alte süddeutsche Hohlmaßeinheit für trockene Güter, den Metzen à 61,487 l, von denen 32 Einheiten einen Muth ergaben, vgl. ebd. S. 225. Alte Bezeichnung des Kärtnertors.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

per sua parte, e gl’officiali che la scrivono e l’esiggono, non si suol dare il caso che defraudino. È stile in Vienna di mescolare la biada con la paglia trita quasi per metà che è di giovamento alli cavalli. Ci sono huomini a posta che la tagliano con certo istromento proprio.572 La legna si deve provedere per tempo circa il mese di maggio perché l’estate, se non piove, non può venire per il Danubbio per penuria d’aqua, et il verno si gela quel ramo che passa vicino a Vienna, e non puol venire che sino a Nusdorff lontano alcune miglia, e per farla condurre di là si paga quel di più. La quantità della legna per far scaldare dieci stuff e et il camino in camera del Signor Cardinale e la cucina per tutto l’ inverno, principiando da novembre per tutta la metà d’aprile, bastavano ottanta passi573 in circa, e pure si faceva arder sempre la stufa di sala, della anticamera, del tinello e del segretario. Gl’altri mesi che non si scaldano le stufe, la cucina consuma quattro passi il mese in circa oltre il carbone, di modo che con cento dieci passa l’anno bastava la legna. La misura del passo è stabilita dal magistrato, e deve essere uguale in longhezza ed altezza, e vi sono i misuratori giurati; il passo è longo quanto puole stendere un huomo ambedue le braccia, e ciò s’ intende d’un huomo giusto anche in altezza. Il prezzo lo pone il magistrato. Si avverte che il nunzio è preferito nel provedimento agl’ambasciatori e ministri, e questo possesso si deve conservare. Nella nunziatura ci sono cantine bastevoli per conservare la sudetta legna, ma per conservare li carri per portare la legna, il fieno e paglia si deve havere un fenile fuori della città in qualche borgo. Circa il carbone d’ogni tempo si puol avere, è però bene provederne il bisognevole, con prenderne un carro per volta. Questo si compra al mercato, e vi sono li misuratori a posta che lo portano anche sin dove si custodisce, ed il prezzo lo pone il magistrato che suol essere sette in otto grossi la misura che sarà quasi una balla di Roma. Si consuma a Vienna poco oglio, usandosi in sua vece il butiro salato e non salato che chiamano smalzo. Il prezzo lo pone il magistrato, ordinariamente è fra li dieci o dodici creutzer o carantani la libra che tre carantani fanno un mezzo grosso romano. La libra di Vienna corrisponde a oncie 19 di Roma. Il pane che si usa a Vienna è communemente di segala, et i giorni di mercato ne vengono quantità di carra dai villaggi vicini e si compra a miglior prezzo di quello lo vendono i fornari di città. Si vende anche il pane di formento dai fornari, né è molto caro. Circa la carne vi sono i prezzi stabiliti dal magistrato. La carne di manzo, che è buona quanto la vaccina di Roma, suol valere [...] creutzer che corrispondono a quattro baiocchi romani, quella di vitello a otto, ma non si può paragonare con la mongana di Roma574 e qui non si trova vitella camporeccia. La libra, come ho detto, sono 19 oncie romane

572 573 574

Häckselschneider. Altes italienisches Längenmaß = ca. 1,9 m, vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 266. Die Angaben sind hier wohl in Quadrat zu verstehen. Das für seine Qualität bekannte Milchkalbfleisch.

5. Vademecum für einen Nuntius

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che fanno 32 lotti.575 Il macellaro di corte suol essere il migliore e non può ingannare nel prezzo, purché non inganni nel peso. Circa il pesce vi è il mercato a porta576. Si vendono pesci vivi, perché i morti non li comprano che la povera gente. Il prezzo glelo pone il magistrato et il giudice del mercato. La trotta et anguilla sogliono valere un fiorino la libra, li salmoncini un tallero. Il luccio cinque grossi, così il pesce persico. La carpa quattro grossi per ogni mercato, e giorno di magro si vede affissa la tariff a del prezzo de’ pesci. Alla metà di marzo sino allo 15 di maggio si fa la pesca de’ luccioni a Giavarino577 e Comorn, come si fa da mezzo settembre sino a mezzo novembre, e ne portano gl’Ungari quantità sopra i cani morti; Il prezzo è tra li dodici e quindici carantini la libra. In tempo di quaresima non suol venire che in venerdì; e il nunzio deve esser preferito doppo proveduta la corte, e, difficultando, se ne faccino doglianze a Corte che il giudice del mercato verrà deposto, e se ne può provedere fino a cinquanta libre. Le altre robe si provedono alli mercati che si fanno, venendone in abbondanza da tutte le parti tanto per terra che per il Danubio. Circa il vino, l’Austria ne è abbondantissima, e qualch’anno si vende meno il vino nuovo, che non si vende a Roma non è che il vino sudetto non è sano a beverlo, se non è di quattro anni almeno. Di Moravia viene certo vino rosso che lo portano i villani nelle loro botti; non è molto caro, et è buono e si può principiare a bevere di maggio e si suol pagare dalli due fiorini sino alli tre l’emero578, che questa misura quasi corrisponde al barile di Roma579, e si dava alla fameglia. Il Signor Cardinal Buonvisi beveva vino bianco d’Austria di dieci in dodici anni, e si pagava da dieci sino a dodici fiorini l’emero. Dall’Ungaria puol aversi del vino buono, ma è gagliardo assai, et se il nunzio lo vuole, conviene che chieda il passaporto che si ottiene facilmente per consumo proprio e della fameglia. Tra li vini d’Ungaria vi sono quelli di S. Giorgio580 e di Tockai, et altri che sono preziosi, ma non per bere a tutta pasta, ma solamente in fine della tavola. Alcuni vescovi ungari ne sogliono mandare qualche barilone al nunzio, conforme suole furlo il Gran Duca di Toscana con due casse, quando ne manda alla Corte et alli ministri. Viene dal Tirolo del buon vino bianco e rosso pareggiabile. A minuto si paga mezzo fiorino il boccale581 di là, che sarebbono 21 fiorini l’emero a barile, e l’emero sono 42 bocca575 576

577 578 579 580

581

32. Teil eines Wiener Pfundes, das ca. 560 g wog; also 1 Lot = ca. 17,5 g, vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 204. Im frühneuzeitlichen Wien befanden sich mehrere Märkte an den Stadttoren. So ist der Markt vor dem Kärntnertor seit dem 16. Jh. belegt, und vor dem Stubentor wurde mit Pferden gehandelt, vgl. Csendes, Wien, S. 168. Eventuell könnte mit dem im Text genannten Tor das Roten-Turm-Tor gemeint sein, wo nach Csendes seit Mitte des 18. Jh. ein Fischmarkt nachgewiesen ist. Der älteste Fischmarkt Wiens befand sich auf dem Hohen Markt. Raab (Györ). Das österreichische Flüssigkeitsmaß des Eimers entsprach 56,59 l, Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 88. Ein barile di Roma entsprach bei Wein 58,34 l und bei Öl 57,48 l, ebd. S. 25. Der Autor könnte sich hier auf den Wein beziehen, der seit dem 13. Jh. in Pezinok nördlich von Bratislava (Pressburg) in der heutigen Slowakei angebaut wird. Der Ort war bis zum 16. Jh. im Besitz der Grafen von Sankt Georgen und zählt heute zu den größten Weinbaugebieten der Slowakei. Nach Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 34, faßte ein boccale romano 1,82 l.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

li che addimandano mosse582 che corrispondono a tre fogliette di Roma583 in circa. Si può prendere a barili da alcuni particolari e si paga dalli 10 sino alli quindici fiorini l’emero. S’ottiene però dalla corte un passaporto per farlo venire senza gabella, venendo anche esentato dalli dazii dello stato di Baviera,584 quando il nunzio ricorre a quell’elettore. Ottenuto il passo, che si paga pochi fiorini, si contratti con qualche mercante che fa venire di detto vino, si dà a lui il passaporto e si scieglie qual vino che più piace all’arrivo del medesimo, ed arrivato a Vienna, si ricorre al presidente di camera che con un suo biglietto dà ordine che passi franco. Si fanno venire ancora vini d’Italia e di Francia per chi vuole, praticandosi qui molto i vini d’Italia, ma il più sicuro è di provvedersi dalli mercanti che ne hanno d’ogni sorte e paese, mentre non serve che per i festamenti. La birra è ancora assai in uso. Suol valere un fiorino e mezzo l’emero. Il nunzio se la fa venir di fuori, la paga cinque grossi meno, che tanto importa il dazio civico, et il maggiordomo ne fa il biglietto. Alla fameglia si dà birra e vino, et anche alla tavola del padrone, se si chiede. La birra di Baviera è la migliore, e si paga due fiorini l’emero, et il nunzio cinque grossi meno a cagione del dazio che gode. I panni per le livree sono bonissimi a Vienna e vengono di Bohemia, essendo buoni quanto quelli di Matelica,585 ed anche più. Si pagano un fiorino e mezzo il braccio; due braccia e mezzo corrispondono ad una canna di Roma.586 Circa le saie.587 non si usano, portandosi panno d’ inverno et estate; ed ogni anno si suol dare livrea nuova, quando i nunzii non vogliono farla durare di vantaggio, e suol essere regaglia se identici. Circa le guarnizioni: si lavorano in Vienna come in Italia, e non saprei dire, se gostano più o meno; onde si può portar seco per la prima volta e farne poi lo scandaglio.588 Le calzette si possono portare d’Italia per la prima volta, e le fetuccie.589 Un paro di calzette di Milano di seta per gamba giusta vale fiorini sei, di capiciola590 fiorini tre. I cappelli si fanno buoni a Vienna e per livrea si prendono da un fiorino l’uno et per i paggi da fiorini due e mezzo. Circa le carozze è meglio farle lavorare a Vienna, essendovi artefici che lavorano competentemente bene. Li fornimenti591 vagliono meno che a Roma, et una muta per sei

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Verballhornung des Terminus Maß (à 4 Seidel) = 1,415 l, vgl. ebd. S. 214. Eine foglietta di Roma entsprach 0,46 l für Wein, vgl. ebd. S. 106. Der Wein aus Tirol wurde offensichtlich zu Wasser auf Inn und Donau transportiert, wobei die Strecke zwischen Kufstein und der Mündung des Inn in die Donau bei Passau über bayerisches Gebiet führte. Ort in den Marken, bekannt für die Herstellung von Baumwollstoffen im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Eine canna mercantile di Roma entsprach 1,993 m, vgl. Klimpert, Lexikon der Münzen, S. 44; Eine Wiener Elle (braccio) maß 77,92 cm, was multipliziert mit 2,5 ca. 1,948 m ergäbe, vgl. ebd. S. 91. Dünner Wollstoff, vgl. Valentini, Gran Dizionario, S. 938. Senkblei; man soll also vor Ort die Preise vergleichen, vgl. ebd. S. 957. Bänder, vgl. ebd. S. 409. Wohl mindere Seide. Pferdegeschirr, Zaumzeug.

5. Vademecum für einen Nuntius

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cavalli con qualche chioderia non di getto,592 ma d’ottone, e di comparsa,593 valerà trenta scudi romani; si deve però avvertire di non essere ingannato. 4. Circa le spese da farsi, depende dal padrone, il più o il meno, né occorre far tavola aperta quotidinamente, quando il nunzio voglia frequentare la tavola degl’altri; ma facendola, ci vengono a pranzo cavalieri et il nunzio vien raguagliato di molte cose che passano a la tavola senza molte visite che parerebbono misteriose. In tavola si danno vini d’Italia, di Trento e del Tirolo ed altri, come sopra. Alla tavola assiste lo scalco, il quale suol ancora, bisognando, trinciare. Servono li camerieri e li paggi, e li gentiluomini e preti vi compariscono solamente nei banchetti grandi. Dicono che la tavola del Signor Cardinal Buonvisi ascendesse a sette in otto mila scudi l’anno. Circa i cambii: il nunzio non ha dalla nunziatura utile alcuno, dando le tasse al suo auditore. Deve dunque farsi venire il denaro da Roma o d’Italia. Si deve stabilire con qualche cambista sicuro di Vienna, che farà pagare per scudo due fiorini, prendendo poco a poco quel denaro che gl’occorre e facendoglelo pagare prontamente in Roma. Non comple594 trattare con altri, e molto meno coi particolari, perché non si può haverne prontamente quella somma che può occorrere, conforme si ha da un mercante o d’un cambista. Si può, anzi, si deve prendere denari dalli particolari per fargleli pagare in Roma senza cambio, anzi può il nunzio, senza incorrere taccia, farsi pagare li due fiorini per scudo che esso paga al mercante, e ciò si fa trattare dal maestro di casa, il quale non suol inclinare a detto cambio, né a prendere detto denaro dalli particolari, e però ci deve invigilare il nunzio per non perdere questo vantaggio. Per ritrovar denaro pronto qui e mantenersi il credito, deve, come ho detto, procurare che venga pagato prontamente il denaro in Roma, con far ordini a tutto uso. In Vienna e per li stati hereditarii dell’ imperatore si presta sempre a fiorini.595 Il fiorino è composto di carantani sessanta o siano creutzer. Il fiorino dell’ imperatore è composto di quattro fuff zener; ogni fuff zener vale cinque grossi; ed ogni grosso tre carantani sicché ogni fuff zener vale quindici carantani ed ogni fiorino sessanta. Il fiorino si calcola 45 baioccho romano; ogni grosso, mezzo grosso di Roma. Quando si danno le livree nuove al principio della nunziatura, si dà ai paggi due camicie nuove, due para sottocalzoni, un collaro et un paro di manichetti con merletti a ciascuno, o pure crovatta con merletti, se la livrea lo richiede, cappello e scarpe. Alli staffieri, cocchieri e garzoni di stalla la livrea, cappello con l’accompagnamento di fetuccie e le scarpe. Alli cavalcanti e cocchieri si danno anco li stivali. Quando poi si danno l’altre livree nuove fuori dalla prima volta, si dà alli paggi, staffieri, cocchieri e garzoni, oltre la livrea con l’accompagnamento di fetuccie, calzette, cappello e scarpe. Alli cavalcanti non è solito darsi calzette e scarpe, se gli si danno stivali nuovi; ma se gli stivali sono buoni e si possono raggiustare, se li danno anche le scarpe; e li stivali si fanno per anche servire. Li stivali alli cocchieri devono durare assai più che ai 592 593 594 595

Gußeisen. D. h. stattlich. Nicht mehr gebräuchliche Variante für „conviene“, vgl. Valentini, Dizionario grammaticopratico, S. 225. Zum Folgenden vgl. Günther Probszt, Österreichische Münz- und Geldgeschichte. Von den Anfängen bis 1918, Wien-Köln-Graz 1973, v. a. S. 461 – 476.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

cavalcanti, perché li cocchieri li portano solamente, quando vanno in campagna o a caricar legna e quello che occorre. All’Hauschaner o portinaro, nel dargli la livrea, se gli dà un giustacore largo, come alli portaspese con calzoni, calzette, cappello, fetuccie e scarpe, ogni volta che si dà la livrea agl’altri. Hanno preteso i paggi d’aver le calzette nuove ogni sei mesi, così anche il cappello. In quanto alle calzette, gli si sono date, ed alcune volte il cappello. Si deve avvertire però che avere le calzette a mezzo anno, non se le vadino a giocare, come è solito. Fuori della prima volta alli paggi non si dà più, né camiscie, né sottocalzoni, né collari, né manichetti, dandoseli a questo eff etto tre fiorini il mese. Alli paggi si danno calzette di seta. Alla sala e staffieri calzette di capiciola, alla stalla et Hauschner di stame d’Amburg che si pagano un tallero il paro, e per le scarpe si dà un tallero perché se le provedino da loro. Nota delle mancie che si danno per l’ ingresso alle carrozze de’ ministri e cavalieri della Chiave d’oro che mandano a corteggiar mons. nunzio l’una alle due carrozze della corte fior. 6 l’una che è un cunghero di moneta antica dette delli cardinali, ambasciatori e vescovo di Vienna fior. 6 l’una forieri di corte forieri di strada staffieri di corte staffieri di maresciallo alle guardie della Porta d’Italia alle comissarii delle porte

Fiorini 3 12 12 12 9 7.30 6 3 6

Per l’udienza dell’ imperatore e l’ultima del sudetto primo portiere secondo portiere tappezziere trombetti aiutanti di camera profumiere aiutanti di guardia arcieri trabanti forieri di camera svizzeri lettiglieri lacché facchini di corte chi intima il Consiglio di Stato

12 6 3 6 6 3 6 6 6 6 6 3 3 1.30 3

5. Vademecum für einen Nuntius

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Imperatrice Vedova primo portiere secondo portiere profumiere trabanti arcieri trabanti di camera staffieri trombetti guardia

Il medesimo si dà per l’ imperatrice regnante.

4.30 3 3 6 6 3 6 6 3

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6. Nuntienalltag Überlegungen zur Lebenswelt eines kirchlichen Diplomatenhaushalts im 16. und 17. Jahrhundert Lutz Niethammer schreibt in seinen Anmerkungen zur Alltagsgeschichte: „Die einfachen Dinge des täglichen Lebens gehören leider in der Geschichte zu den allerschwierigsten und ihre Untersuchung und ihr Verständnis werfen häufig sehr viele abstraktere methodische Probleme auf als die Darstellung einer Gipfelkonferenz.“596 Diese Aussage gilt in besonderer Weise für die Epoche der Frühen Neuzeit und mithin auch für den Gegenstand, den es im folgenden näher zu betrachten gilt, die Alltagswelt der Nuntien und ihrer Mitarbeiter im Reich unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse am Prager bzw. Wiener Kaiserhof im 16. und 17. Jahrhundert. Die Erforschung der Nuntiaturen ist für das 16. und 17. Jahrhundert weit vorangekommen. Seit der Öffnung des Vatikanischen Archivs 1881 sind zahlreiche Aktenpublikationen erschienen.597 Das Deutsche Historische Institut in Rom hat hierzu einen großen Beitrag geleistet, nicht nur durch die Herausgabe der Reihe „Nuntiaturberichte aus Deutschland“ mit inzwischen mehr als 30 Bänden598 bzw. der jüngeren Serie der Hauptinstruktionen,599 sondern auch durch die Organisation mehrerer Spezialkolloquien. Durch die Fülle der gedruckt vorliegenden Quellen (neben den Berichten der Nuntien und den kurialen Instruktionen sind v. a. die Fakultäten zu nennen) sind wir relativ gut informiert über die politischen bzw. religionspolitischen Inhalte der einzelnen Missionen. Hingegen fehlen uns weitgehend Angaben, die sich auf den lebensweltlichen Kontext der Nuntiaturen beziehen. Hier ist zunächst zu denken an den 596 597

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Lutz Niethammer, Anmerkungen zur Alltagsgeschichte, in: Geschichtsdidaktik 3 (1980), S. 231 – 242, hier S. 238. Vgl. Alexander Koller, Bibliographie zur päpstlichen Politik und Diplomatie (1500 – 1800), I. Aktenpublikationen, in: Ders. (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), S. 415 – 435. Für den Kaiserhof sind darüberhinaus inzwischen zwei weitere Bände erschienen: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Die Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia, bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003; Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Dems., Berlin 2012. Vgl. Alexander Koller, Le nunziature di Germania e la loro edizione, in: Matteo Sanfilippo, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede come fonte per la storia moderna e contemporanea, Viterbo 2001, S. 109 – 131, hier S. 113 – 115. Die vorliegenden Bände der überlieferten Instructiones Pontificum Romanorum für Legaten und Nuntien decken inzwischen einen Zeitraum von über 30 Jahren ab: Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum); Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, 3 Bde., bearb. von Silvano Giordano OCD, Tübingen 2003 Instructiones Pontificum Romanorum); Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, 2 Bde., bearb. von Klaus Jaitner, Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum).

6. Nuntienalltag

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Haushalt des Nuntius. Es stellt sich die Frage, welche bzw. wieviele Personen zählten zur famiglia des Diplomaten-Prälaten, angefangen von der famiglia alta bis hinunter zur famiglia bassa, und welches Amt oder welche Funktion übten sie aus. Wie war der Haushalt organisiert (neben der bereits genannten Funktionszuweisung ist hier zu denken an die Bezahlung der Bediensteten, das gemeinsame Essen und dergleichen mehr)? Wo konkret war dieser Haushalt untergebracht? Hier gibt die offizielle Nuntiaturkorrespondenz, gebildet aus den Relationen der Nuntien und den Weisungen der Kurie, wenig oder keine Aufschlüsse.600 In der Regel entnehmen wir der offiziellen Korrespondenz die Namen der Sekretäre und der Auditoren der Nuntien. Oftmals wurden diese nämlich im Krankheitsfall des Geschäftsträgers aktiv, so z. B. Minucio Minucci für Bartolomeo Portia.601 Bei akribischer Lektüre der Nuntiaturberichte ließen sich weitere Informationen zum Nuntiaturpersonal und zur Alltagswelt eines Nuntius zusammentragen. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, müssen freilich neben der amtlichen Korrespondenz weitere Quellen herangezogen werden.602 Hierzu später mehr. An dieser Stelle scheint es sinnvoll, einige wenige grundsätzliche Aussagen zur famiglia eines Nuntius festzuhalten (die folgenden Bemerkungen gelten natürlich entsprechend für die Legaten):603 Das Personal einer Nuntiatur bildet eine Mischung aus einem geistlichen und weltlichen Haushalt. Wie ein Bischof verfügt ein Nuntius über jurisdiktionelle Vollmachten, so daß wir in seinem Haushalt einen oder mehrere für Benefizial- und Gratialangelegenheiten zuständigen Juristen (will heißen Kanonisten) antreffen. Sie werden als Auditoren bezeichnet. Da ein Nuntius zahlreichen repräsentativen Pflichten nachzukommen hat, finden wir viele Bedienstete, die für 600 601

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Vgl. Bernard Barbiche, La nonciature de France aux XVIe et XVIIe siècles: les nonces, leur entourage et leur cadre de vie, in: Koller, Kurie und Politik, S. 64 – 97, hier S. 79. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, 3. Bd.: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896, S. 397 und 403; Bd. 4: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomäus von Portia (Zweites Jahr 1574/75), bearb. von Dems., Berlin 1903, S. 34 f. Vgl. Rotraut Becker, Aus dem Alltag des Nuntius Malatesta Baglioni. Nichtdiplomatische Aufgaben der Wiener Nuntiatur um 1635, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 65 (1985), S. 306 – 341. Der aufschlußreiche Aufsatz entstand auf der Grundlage von heterogenem Material aus dem Archiv der Wiener Nuntiatur aus der Zeit des Nuntius Malatesta Baglioni, der sich von 1634 bis 1639 am Hof Ferdinands II. und Ferdinands III. aufhielt. Teile dieses Archivs sind in sechs Codices des Fondo Pio im Vatikanischen Archiv überliefert. Für mehrere Nuntiatursprengel liegen Ergebnisse vor: für Frankreich am Beispiel der Nuntiatur von Spada vgl. die vorzügliche Studie von Ségolène de Dainville, Maison, dépenses et ressources d’un nonce en France sous Louis XIV, d’après les papiers du cardinal Fabrizio Spada, in: Mélanges d’Archéologie et d’Histoire 82 (1970), S. 919 – 970; für Luzern (Schweiz) bzw. Köln vgl. die entsprechenden Kapitel in den behördengeschichtlichen Untersuchungen von Urban Fink, Die Luzerner Nuntiatur 1586 – 1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz, Luzern-Stuttgart 1997 (Collectanea Archivi Vaticani 40; Luzerner Historische Veröffentlichungen 32) S. 124 – 151; bzw. Michael F. Feldkamp, Studien und Texte zur Geschichte der Kölner Nuntiatur, Bd. 1: Die Kölner Nuntiatur und ihr Archiv. Eine behördengeschichtliche und quellenkundliche Untersuchung, Città del Vaticano 1993 (Collectanea Archivi Vaticani 30), S. 86 – 128.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

die Außendarstellung von Bedeutung sind (z. B. bei Empfängen oder Visiten). Hier unterscheidet sich der Haushalt eines Nuntius kaum von demjenigen eines anderen weltlichen Diplomaten oder auch Prälaten der Zeit.604 Bleiben wir kurz bei den Kardinals- und Bischofshaushalten. Während diese geistlichen Haushalte als stabil oder, sagen wir, stationär zu bezeichnen sind, haftet dem Nuntienhaushalt etwas Instabiles an. Und dies in mehrfacher Hinsicht. Wir dürfen nicht vergessen: Im 16. Jahrhundert gibt es meist noch keine festen Residenzen; oftmals befindet sich der Nuntius auf Reisen in Begleitung des Fürsten, an dessen Hof er entsandt worden war. So nahm der Nuntius Delfino 1577/78 innerhalb weniger Monate im Gefolge Rudolfs II. an mehreren Landtagen teil, die ihn nach Bautzen, Breslau, Olmütz, Preßburg und Wien führten, um nur ein Beispiel aus der Kaiserhofnuntiatur zu nennen. Hinzu kommt das Merkmal der zeitlichen Begrenztheit (die durchschnittliche Dauer einer Nuntiatur im 16. Jahrhundert bewegt sich zwischen drei und vier Jahren).605 Gerade das macht es so schwierig, in einer – sagen wir Momentaufnahme – Zusammensetzung und Charakteristika der famiglia eines Nuntius festzumachen. Die anfallenden Kosten (Reise, Miete, Lebenshaltung), die weitgehend vom Amtsträger vorfinanziert und am Ende manchmal kaum oder nur zum geringen Teil erstattet wurden, waren hoch und legten eine gewisse Beschränkung bei der Zahl der Familiaren nahe. Schließlich ein letzter wichtiger Aspekt: die Nuntien wurden – wie z. B. im Fall Deutschlands (freilich nicht bei den Nuntiatursitzen auf der Apenninhalbinsel: in Venedig, Neapel, Florenz und Turin) – mit einer völlig unvertrauten Lebenswirklichkeit konfrontiert. Die Nuntien waren fast ausnahmslos Italiener,606 die in der Regel über keine Deutschkenntnisse verfügten. Dasselbe gilt für die meisten übrigen Mitarbeiter. Als Konsequenz weist der Haushalt eines Nuntius nördlich der Alpen bestimmte Funktionen auf, z. B. einen Dolmetscher bzw. einen Einkäufer, der mit Sprache und lokalen Usancen vertraut ist. Wenn wir uns im folgenden dem Alltagsleben der famiglia eines Nuntius als ganzer zuwenden wollen, sollte zunächst festgehalten werden, daß dem Vorsteher des Haushalts selbst, also dem Nuntius, eine spezifische Alltagswelt eignet. In diesem Zusammenhang sei auf folgende Feststellung von Maria Bogucka verwiesen: „At any

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Zu den Kardinalsfamilien vgl. für das 16. Jahrhundert den Aufsatz von Pierre Hurtubise, Familiarité et fidélité à Rome au XIVe siècle: les „familles“ des cardinaux Giovanni, Bernardo et Antonio Maria Salviati, in: Yves Durand (Hg.), Hommage à Roland Mousnier. Clientèles et fidélités en Europe à l’époque moderne, Paris 1982, S. 335 – 350, und für das 17. Jahrhundert die umfassende Studie von Markus Völkel, Römische Kardinalshaushalte des 17. Jahrhunderts. Borghese – Barberini – Chigi, Tübingen 1993 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 74). Vgl. die Angaben zur durchschnittlichen Dauer der Kaiserhofnuntiatur für die Zeit von 1559 bis 1655 in Kap. III.2, S. 294. Nach Barbiche, La nonciature de France, S. 74, hat sich die durchschnittliche Dauer einer ordentlichen Nuntiatur in Frankreich vom 16. Jahrhundert (zwei Jahre, drei Monate) zum 17. Jahrhundert (drei Jahre, acht Monate) merklich erhöht. Vgl. Kap. III.1, S. 281.

6. Nuntienalltag

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rate, not only ‚small‘ people, but also kings, magnates, rich burghers, politicians and heroes have their own everyday life.“607 Der Alltag eines Nuntius ist für uns aus den Quellen einigermaßen zu rekonstruieren. Entsprechend seiner Doppelfunktion als weltlicher bzw. kirchlicher Repräsentant des Papstes hatte der Nuntius einerseits politische Alltagsgeschäfte: z. B. Audienzen beim Kaiser, Unterredungen mit diversen Reichsfürsten oder Diplomatenkollegen. Hinzu kamen für ihn kirchlich-religiöse Alltagsgeschäfte und Funktionen, die mit seinem Priester- bzw. Bischofsamt verbunden waren (die Nuntien hatten bekanntlich ja ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bischöflichen Rang): etwa Sakramentenspendung (Firmung),608 Visitationen, Beteiligung an Informativprozessen im Rahmen der Besetzung von Bischofsstühlen, Sorge um Priesterseminare, Kontrolle des Buchmarkts). Oftmals sind freilich beide Bereiche nicht streng voneinander zu scheiden (Stichwort: Forderung nach Religionsfreiheit auf den Landtagen). Viele dieser religiösen Aktivitäten lassen sich im übrigen für das 16. Jahrhundert, so sie nicht in den Berichten überliefert sind, über die Fakultäten erschließen. Für die spätere Zeit können wir auf das durch Walter Wagner erschlossene Material des Archivio della Nunziatura di Vienna zurückgreifen,609 das viel zu den vom Nuntius bzw. seinem Auditor behandelten Jurisdiktions- und Gratialsachen enthält. Daß sich der Nuntius in Wien häufig mit Ehefragen auseinanderzusetzen hatte, belegt nicht zuletzt ein Wiener Nuntiatur-regolamento aus dem späten 17. Jahrhundert. Dort heißt von den Ehedispensen, sie kämen in großer Zahl vor, perché in Germania sono facili ad imparentarsi fra di loro et a consumare il matrimonio prima di farlo in faciem ecclesiae („weil in Deutschland die Tendenz besteht, daß Verwandte untereinander heiraten und daß bereits vor der kirchlichen Heirat die Ehe vollzogen wird“).610 Damit erschöpft sich der Alltag eines Nuntius freilich nicht. Konkret faßbar wird uns der Tagesablauf eines Nuntius des 17. Jahrhunderts in den stichpunktartigen Aufzeichnungen des Diariums von Fabio Chigi, Nuntius in Köln und päpstlicher Friedensvermittler auf dem Münsteraner Friedenskongreß. Die wichtigsten Einträge des Tagebuchs betreffen das Wetter sowie die Besucher, die der Nuntius empfängt. Wir erfahren aber auch, wo er (offensichtlich nicht täglich) die Messe hört oder selbst zelebriert, z. B. am Sonntag, dem 30. Oktober 1639: Odo messa in casa.611 Zwei Tage 607 608

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611

Maria Bogucka, Profile of research and definition, in: Acta Poloniae Historica 85 (2002), S. 5 – 16, hier S. 7. Der Nuntius Giovanni Delfino firmte bei einem Besuch des Zisterzienserinnenklosters Marienstern in der Oberlausitz die dortigen Nonnen und über 600 Sorben, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 149. Vgl. auch Kap. II.2, S. 231. Walter Wagner, Die Bestände des Archivio della Nunziatura di Vienna bis 1792, in: Römische Historische Mitteilungen 2 (1957/58), S. 82 – 203. Vgl. auch Tomislav Mrkonjić, Archivio della Nunziatura Apostolica in Vienna. Vol. 1: „Cancelleria e Segreteria“ nn. 1 – 904 – aa. 1607 – 1939. Inventario, Città del Vaticano 2008 (Collectanea Archivi Vaticani 64). Archivio dell’Ufficio delle celebrazioni liturgiche del Sommo Pontefice, vol. 47, Regolamento per la famiglia del nunzio di Vienna, fol. 344r, publiziert im Anhang von Kap. III.5, Zitat S. 379. Acta Pacis Westphalicae, Serie III, Abteilung C: Diarien, Bd. 1: Diarium Chigi 1639 – 1651, 1. Teil: Text, bearb. von Konrad Repgen, Münster 1984, S. 21.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

später, am Allerheiligentag: Ogni Santi. Fo la comunione alle Monache Discalse.612 Am Tag darauf (also am Allerseelentag) hält Chigi fest: Dico messa in casa 613 (Chigi war zu diesem Zeitpunkt in Köln). Wenn wir um einige Jahre weitergehen, lesen wir für Giovedì Santo, also den Gründonnerstag des „Friedens“-Jahres 1648: son nel doxale all’offitio 614 (d. h., er nahm im Chor des Minoritenklosters von Münster, wo er wohnte, an der Karmette teil). Soviel zu Chigi. Aus einer Nuntiaturordnung aus dem Jahr 1581 geht hervor, daß der Nuntius am Kaiserhof Ottavio Santacroce jeden Morgen die Messe zelebrierte, der das gesamte Personal der Nuntiatur kniend beiwohnen mußte.615 Wir wollen nun unseren Hauptprotagonisten, den Nuntius, etwas an den Rand unserer Überlegungen stellen und uns dem Alltag des gesamten Nuntiaturhaushalts zuwenden, also der Frage nach der Lebenswelt und den Arbeitsbedingungen der Familiaren. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema stoßen wir allerdings sofort auf ein Quellenproblem. Denn welches sind die Texte, die sich für unsere Fragestellung eignen? Gibt es einschlägige Dokumente, die uns überliefert sind? Beginnen wir zunächst mit den bekannten Nuntiaturberichten. Ihr Inhalt wird im wesentlichen bestimmt durch politische und kirchliche Nachrichten vom Einsatzort des Nuntius an die Adresse des päpstlichen Staatssekretariats. Doch enthalten diese Relationen mitunter am Rande auch alltagsrelevante Aussagen. Sie müssen also für unseren Zweck entsprechend gefiltert werden. Wir wollen dies am Beispiel der Schreiben des Nuntius Bartolomeo Portia tun, der zwischen 1572 und 1578 in zahlreichen Territorien des Reiches zum Einsatz kam. Der häufige Standortwechsel (zum einen bedingt durch Reisen innerhalb des Nuntiatursprengels z. B. bei Visitationen, Teilnahme an Landtagen abseits vom Hauptsitz der Nuntiatur, zum anderen bedingt durch die Transferierung auf einen anderen Nuntiaturposten – Portia hatte insgesamt drei entsprechende Mandate,616 die sog. „süddeutsche Nuntiatur“ (1573 – 1576), die außerordentliche Nuntiatur in Köln (1576 – 1577) und die ordentliche Kaiserhofnuntiatur (1577 – 1578), ließ das Reisen zum Alltagsgeschäft des Nuntius und seiner Dienerschaft werden, das nicht zuletzt unter dem Aspekt der Wahrnehmung einer fremden Welt tiefe (meist negative) Eindrücke in den Berichten hinterläßt. Klagen über hohe Kosten, unbequeme Routen und Gefahren für das nackte Leben (beim Passieren von Gebieten, in denen die Pest wütete oder wo ihm ein Hinterhalt drohte) bestimmen das Bild. Neben den schlechten Straßenverhältnissen617 konnte das Wetter den Ablauf der Reise beeinträchtigen und zu krankheitsbedingten Ausfällen führen. Lange Regenperioden (l’acque sono in cielo non facendo mai altro che piovere da otto giorni in qua)618 und extreme Kälte waren für die Italiener ungewohnt. Mitte 612 613 614 615 616 617 618

Ebd. Ebd. Ebd. S. 389. Vgl. Ricordi a la famiglia di Mons.r Nontio come debba portarsi, gedruckt im Anhang dieses Kapitels, S. 397 – 399, hier S. 397. Vgl. Kap. III.3. Vgl. ebd. S. 315. Schellhass, NBD, Bd. III/5, S. 362.

6. Nuntienalltag

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Mai 1577 ist es so kalt (in Köln), daß Portia und seine Begleiter die Winterkleidung wieder hervorholen müssen.619 Eine weitere Quellengattung, aus der wir Informationen beziehen können, sind Reiseberichte. Für das 16. und 17. Jahrhundert haben sich einige Beschreibungen erhalten, die die Reisen der Nuntien und ihres Gefolges festhalten, u. a. der Bericht über die Reise des 1536 von Paul III. ins Reich entsandten Peter van der Vorst aus der Feder seines Sekretärs Cornelius Ettenius (Vorst hatte den Auftrag, die Reichsfürsten zu einem allgemeinen Konzil nach Mantua zu laden).620 Neben Angaben zu den klimatischen Verhältnissen und den Reisewegen (man würde heute sagen Infrastruktur) erfährt der Leser auch, wo der päpstliche Gesandte samt Begleitung auf seiner Reise Unterkunft fand: In Augsburg wurde die Gesandtschaft im Kloster St. Ulrich abgewiesen und mußte mit der Herberge „Zum Karpfen“ vorlieb nehmen, während die Zisterzienser von Engelhartszell an der Donau den Nuntius zunächst wissen ließen, das Kloster sei verarmt und könne Vorst und sein Gefolge nicht aufnehmen. Als die Abtei auf Drängen des Legaten seine Pforten öffnete, stellte sich heraus, daß die Mönche über Reichtum und Wohlstand verfügten, wie sie dem Nuntius nur noch selten während seiner Fahrt begegnen sollten. Ohnehin stieg der Nuntius in den Städten meist in Gasthäusern ab (in München etwa im Gasthaus „Zur Lilie“) und nicht in Konventen, was auf die desolate Situation der Klöster oder auf deren Abneigung gegenüber römischen Gästen schließen läßt. Daneben logierte der Nuntius bei hohen Persönlichkeiten (in Wien etwa beim kaiserlichen Notar). Einige Jahrzehnte später haben sich die Verhältnisse wieder verändert. Die uns vorliegenden Angaben über die Wohnungen des bereits genannten Bartolomeo Portia beziehen sich nahezu ausschließlich auf Ordensniederlassungen. So war der Nuntius Ende 1573/Anfang 1574 im Prämonstratenserstift Wilten bei Innsbruck untergebracht, wie ein Schreiben Erzherzog Ferdinands an Kaiser Maximilian II. bezeugt. In der vorderösterreichischen Universitätsstadt Freiburg wurde Anfang Oktober 1575 eine Wohnung in den Räumen des Barfüßerklosters bezogen. Kurz vor seinem Tod war Portia mehrere Tage Gast im Augustinerchorherrenstift Klosterneuburg, wie zwei Berichte nach Rom belegen, die dort ausgestellt wurden.621 Neben den erwähnten Textgenera (Nuntiaturberichte, Diarien, Reisebeschreibungen) dürfen Dokumente nicht vernachlässigt werden, die im Kontext des Todes 619

620

621

Vgl. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 1: Der Kampf um Köln (1576 – 1584), bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892, S. 94. Der westfälische Regen findet bei Chigi nicht nur häufig Eingang in dessen Tagebuch, sondern wird auch zum Gegenstand eines Gedichtes des Nuntius mit dem Titel De Pluviis Monasterii Urbis. Vgl. Hermann Bücker, Der Nuntius Fabio Chigi (Papst Alexander VII.) in Münster 1644 – 1649. Nach seinen Briefen, Tagebüchern und Gedichten, in: Westfälische Zeitschrift 108 (1958), S. 1 – 90, hier S. 52 – 55. W. A. Arendt, Bericht des Cornelius Ettenius, kaiserlichen Notars und Schreibers beim apostolischen Archiv, über die Reise des Legaten Vorstius, Bischofs von Aix, um dem römischen Könige und den deutschen Fürsten die allgemeine Kirchenversammlung zu Mantua anzusagen. 1536 – 1537, in: Friedrich von Raumer (Hg.) Historisches Taschenbuch, 10. Jahrgang, Leipzig 1839, S. 465 – 556. Vgl. Kap. III.3, S. 317 f. mit weiteren Beispielen.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

eines Nuntius entstanden sind. Zwischen 1571 und 1581, also innerhalb von nur zehn Jahren, sterben allein drei Kaiserhof-Nuntien im Amt, zum Teil noch keine 40 Jahre alt (Krankheit und Tod gehörten also auch zur Lebenswirklichkeit einer Nuntiatur-famiglia weitgehend italienischer Provenienz im Reich). Aus einem anonymen Bericht über die Beisetzung Portias in Prag entnehmen wir die Gesamtzahl des Personals, das dem Nuntius am Kaiserhof zur Verfügung stand (insgesamt 35 Personen),622 während das auf uns gekommene Testament des Nuntius Santacroce und weitere Bestimmungen in diesem Zusammenhang neben der Anzahl der Bediensteten (knapp 30) auch deren Funktion und die Dauer des Dienstverhältnisses erkennen lassen!623 Mit den gerade vorgestellten Quellen konnten wir bereits einen Blick hinter die Kulissen des Nuntiaturhaushalts werfen. Glücklicherweise steht eine weitere Textgattung (mit freilich wenigen Beispielen) zur Verfügung, die gerade deshalb wertvoll ist, da sie die Dinge festhält, die sozusagen tagtäglich vorkommen und deshalb geordnet werden wollen. Wir kommen damit dem spezifischen Nuntiatur-Alltag näher, denn wie Peter Borscheid in einem Aufsatz zur Alltagsgeschichte festhält, ist „das eigentlich Charakteristische des Alltags das Repetitive“.624 Im folgenden soll deshalb von Nuntiatur-Ordnungen die Rede sein. Als erstes Beispiel ist der Ordinamento di una nunziatura alla metà del secolo XVI zu nennen.625 Er enthält Verhaltensmaßregeln des für Schottland bestimmten Patriarchen von Aquileia Marco Grimani für seine famiglia (z. B. Sakramentenempfang vor der Überfahrt; täglicher Meßbesuch; Verbot von Fluchen und dergleichen mehr), daneben Anweisungen für die Kanzlei und die Tätigkeit der Auditoren. Wir wollen hier aber von den Verhältnissen in Mitteleuropa sprechen. Der bereits genannte Ottavio Santacroce wurde 1581 von Gregor XIII. mit der nuntiatura di Germania betraut und an den Hof Rudolfs II. entsandt. Am Beginn seiner Tätigkeit nutzte er seine Zeit (die offiziellen Geschäfte konnten zunächst nicht aufgenommen werden, da der Kaiser erkrankt war), um seinen Haushalt zu ordnen. Der Zeitpunkt dieser Maßnahme ist kein Zufall: Organisatorische Regelungen haben immer am Beginn eines längeren Prozesses zu stehen. Im einzelnen handelt es sich bei dem Regelwerk des Nuntius Santacroce, das uns als Abschrift seines Sekretärs Pompeo Vizani im römischen Staatsarchiv überliefert ist,626 um vier Schriftstücke: 1. einen allgemeinen Verhaltenskodex (darin enthalten etwa die monatliche Beichtpflicht der Familiaren mit anschließendem Kommunionempfang am ersten 622 623 624

625 626

Relazione della morte di monsignor Bartholomeo de’ conti di Porzia, Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Nachlaß Schellhass, Mappe 139. Vgl. die Tabelle in Kap. III.4, S. 349. Peter Borscheid, Alltagsgeschichte – Modetorheit oder neues Tor zur Vergangenheit? in: Wolfgang Hardtwig (Hg.), Über das Studium der Geschichte, München 1990 (dtv-Wissenschaft 4546), S. 389 – 407, hier S. 404. Publiziert von Pio Paschini in der Rivista di Storia della Chiesa in Italia 3 (1949), S. 45 – 54. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 23r – 25r. Die vier Texte sind im Anhang dieses Kapitels publiziert, S. 397 – 402.

6. Nuntienalltag

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Sonntag im Monat, Verbot von Karten- bzw. Würfelspiel etc., darüber hinaus Anweisungen, die der Tatsache Rechnung tragen, daß man sich in einem Land befindet, wo man auf Schritt und Tritt dem Protestantismus begegnet, d. h. der Umgang mit Andersgläubigen bzw. das Betreten deren Kirchen war untersagt; auch der Erwerb von lateinischen oder deutschen Schriften ohne vorherige Genehmigung war verboten). 2. eine Aufstellung über die Zimmer- bzw. Bettenverteilung (u. a. erfahren wir hier, welche Personen ein Zimmer teilen, z. B. die beiden Sekretäre Tamoni und Marcoaldo, und wer ein Einzelzimmer erhält, etwa der credentiere Gasparo, per rispetto de l’argenteria, so der Nuntius, also aus Sicherheitsgründen (er ist Aufseher über das Geschirr und alle Tischgegenstände, so auch die Tischwäsche). 3. die Rangordnung im Haushalt sowie bei Tisch und in der Stube (tinello) und 4. Vorschriften für den Tischdienst (also etwa wer die Speisen aufträgt, wer dem Nuntius die Wasserschüssel, wer ihm die Serviette zum Abtrocknen reicht, sowie Angaben zum Tischgebet und zur Tischlesung, wobei wir gerne wissen würden, welche Texte vorgetragen wurden). Adressat dieser vier Ordnungen war der Haushofmeister oder Verwalter (mastro di casa). Dieser sollte die einzelnen Vorschriften den Familiaren zur Kenntnis bringen und ihre Einhaltung überwachen. Auf der Grundlage dieser Ordnung und des vorhin angesprochenen Testaments läßt sich der komplette Bestand der famiglia des Nuntius Santacroce rekonstruieren. Die Texte liefern uns die Vornamen und Familiennamen der Familiaren, ihre Funktion im Haushalt, ihre Herkunft und die Dauer des Dienstverhältnisses.627 Soviel zu den Vorkehrungen des Nuntius Santacroce für die Einrichtung seines Haushalts. Ein weiteres Dokument dieser Art findet sich im Archiv des Ufficio delle celebrazioni liturgiche del Sommo Pontefice, in Codex 47 mit dem Titel Varie cose generali spettanti ai nunzi. Es handelt sich um einen anonymen und undatierten Text mit dem Titel (sinngemäß übersetzt) „Richtlinien für den Haushalt des Wiener Nuntius“.628 Dieses Dokument dürfte in der Schlußphase der langen Nuntiatur von Francesco Buonvisi am Kaiserhof (1675 – 1689) entstanden sein und enthält wichtige praktische Hinweise für die Verwaltung und Organisation des Haushalts der Wiener Nuntiatur. Vergleichen wir die beide Ordnungen, die von Santacroce und die anonyme vom ausgehenden 17. Jahrhundert miteinander, so fällt auf, daß beide Texte sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden. Dieser Umstand liegt nicht zuletzt darin begründet, daß die eine Nuntiaturordnung, die von Santacroce, am Beginn der Nuntiatur verfaßt wurde und das festhielt, was geschehen soll, während der andere Text die Erfahrungen der Nuntiatur Buonvisi gegen Ende derselben (wohl für einen künftigen Nuntius oder Haushofmeister einer Nuntiatur am Wiener Kaiserhof) stichwortartig zusam627 628

Vgl. Kap. III.4, S. 349. Regolamento per la famiglia del nunzio di Vienna, fol. 342r – 350v. Publiziert im Anhang von III.5, S. 378 – 387.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

menfaßte, also beschrieb, wie es war.629 Wir haben es also – um in der Terminologie der Diplomaten zu bleiben – im einen Fall mit einer Instruktion (an den Haushofmeister), im anderen Fall mit einer Art Finalrelation (des Haushofmeisters?) zu tun. Die aus den vorgestellten Quellen gewonnenen Beobachtungen zur Lebenswelt eines Nuntiaturhaushalts am Kaiserhof werfen zwei grundsätzliche Fragen auf. Zum einen die Quellenproblematik, zum anderen die Frage, welche Aussagen die verfügbaren Quellen zulassen. Zunächst zum Quellenproblem. Wie gezeigt, können mehrere Quellengattungen für die Behandlung unseres Gegenstandes fruchtbar gemacht werden. Von allen angesprochenen Genera lassen freilich die in geringer Zahl überlieferten Nuntiaturordinamenti die größten Rückschlüsse auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen eines kirchlichen Diplomatenhaushalts zu. Ein wichtiges Charakteristikum aller gezeigten Quellengattungen (seien es Nuntiaturberichte, Diarien, Testamente oder die Ordnungen) sollten wir dabei aber bedenken. Alle diese Zeugnisse stammen aus der Hand von Nuntien bzw. deren engsten Mitarbeitern (Sekretäre, Auditoren, Haushofmeister), also von Vertretern der Nuntiaturspitze (der alta famiglia). Wir kennen nur die Sicht „von oben“. Es gibt keine überlieferte Wahrnehmung der NuntiaturLebens-wirklichkeit von Mitgliedern der media oder bassa famiglia.630 Aus diesen Quellen lassen sich mehrere Erkenntnisse hinsichtlich des Alltags einer Nuntiatur im 16. und 17. Jahrhundert gewinnen: Danach sind mehrere Aspekte für die Lebenswelt dieser kirchlichen Einrichtung konstitutiv: 1. Elemente einer weltlichen Adelshaushaltung mit spezifischen Ämtern (Haushofmeister, Kämmerer, Stallknecht usw.) und Handlungen (Visiten, Bankette). 2. Elemente eines Prälatenhaushalts mit spezifischen Ämtern (Auditor, Kaplan) und Handlungen (tägliche Messe, Tischlesung). 3. Die Erfahrung der Fremde (sowohl am Nuntiatursitz als auch auf den zahlreichen Reisen) in Form von fremdem Klima, fremder Sprache, fremden (Eß-)Gewohnheiten, fremdem Geld, fremden Maßen, fremdem Glauben usw. Letztendlich wird der gesamte Alltag der Nuntiatur Gott und dem eigentlichen Dienstherrn, dem Heiligen Stuhl, unterstellt. Signifikant dafür ist der erste Satz des Santacroce-regolamento, den der Nuntius als eine Art Motto seinen Verfügungen voranstellt: Essendo il principio de la sapienza il timore del Sig.re, dovrà ciascuno ricordarsi, che servendo un nontio aptico., che rapresentando la S.ta sede Apostolica in questi paesi, deve regolare altri et indurre a la cognition del vero et a la devotione tutti, le conviene essere non solo essemplare, ma singolare in bontà, religione, modestia et creanza („Da der Anfang der Weisheit in der Gottesfurcht liegt,631 soll sich jeder in meinem Haushalt 629

630 631

Freilich hatte, wenn nicht schon das Original Santacroces, so doch die überlieferte Abschrift seines Sekretärs Pompeo Vizani die Funktion der Versorgung künftiger Nuntien im Reich mit Informationen. Vgl. in diesem Zusammenhang Niethammer, Anmerkungen, Anm. 45. Zitat aus Ps. 111, 10.

6. Nuntienalltag

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immer bewußt sein, daß er im Dienst eines apostolischen Nuntius steht, der den Apostolischen Stuhl in diesen Ländern zu vertreten hat, und andere von ihren Fehlern abbringen und zur Gottesverehrung hinführen soll. Jeder Familiare muß demnach nicht nur exemplarisch, sondern einzigartig sein hinsichtlich Güte, Religiosität, Bescheidenheit und Rechtschaffenheit“).632

Anhang I Ricordi a la famiglia di Monsignor Nontio come debba portarsi AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 23r – 25r Essendo il principio de la sapienza il timore del sig.re, dovrà ciascuno ricordarsi, che servendo un Nontio Ap.lico che, representando la S.ta sede Apostolica in questi paesi, deve regulare altri et indurre a la cognition del vero, et a la devotione tutti, le conviene essere non solo essemplare, ma singolare in bontà, religione, modestia et creanza. Dovendo donque primieramente esser con eff etto, et mostrarlo con l’essempio timorosi del sig.re, perciò ciascuno procurarà ritrovarsi ogni matina a la messa col Nontio, et a quella stare con devotione, con ambi gli ginocchi in terra, dicendo corona, overo ufficio, secondo la devotione gli indurrà et non ragionare né cicalare con alcuno. Ogni mese dovranno confessarsi et poi per le mani del Nontio la prima domenica del mese a ciò destinata pigliare il S.mo Sacram.o et procurar di ritrovarsi sempre disposti a questo. Il giorno et sera del suono de l’Avemarie inginocchiarsi con ambe le ginocchia et salutare devotamente la Madre del Signore. A le imagini et ne le chiese ogni volta far riverenza et cavarsi beretta. Avertire di non bestemiare né giurare per Dio né per santi in modo alcuno. Non si porre a la tavola, che non sia prima da capellani fatta la benedittione, et a quella stare cheti, modesti et così al rendere de le gratie. Non giuocare ad alcuna sorte di giuoco di carte né di dadi. Nel burlare o di parole o di scherzi avvertire di non lo far mai, che vi siano a la presenza gentil’ huomini o servitori fuor di casa. Per le strade andar modesti non vagheggiando dishonestamente né facendo baie, tanto meno per le chiese. A la presenza del Nontio quando massime vi sono forastieri stare con riverenza et avertenza d’ intendere a cenni quello che il Nontio vuole, et esser presti, accorti a servirlo con maniera. Non ragionar mai con alcuna sorte di persona in materia di religione, né essere curioso a volere intendere le opinioni degli heretici. 632

Vgl. den Beginn von Dokument I im nachfolgenden Anhang.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Non entrar mai in chiese o sinagoghe d’ heretici, tanto meno quando si predica o si fa altro essercitio. Fuggir con destrezza sempre la conversatione di heretici, quando si conoscono tali, et non mai dire né dimandare al alcuno chi sia heretico o Luterano o similia. Nel vestire si usi la modestia, et soprattutto habiti negri et non di altro colore; non si portino pennacchi né cappelli o berette stravaganti, né altr’armi che spada et pugnale, modestamente però. Oltre a quelli che serranno ubligati a la guardia ordinaria si sforzi ogni uno di star più che può ne la sala overo anticamera del Nontio a ciò destinata; et venendo fuorastieri, secondo le qualità de le persone andargli in contro, accompagnargli et trattenergli con riverenza, così gli gentil’ huomini o servitori loro facendogli sedere et honorandogli sempre, in maniera che si conosca la modestia et cortesia essere ne la casa del Nontio. Sopratutto si osservi la obedienza debbita al mastro di casa,633 perché chi non ubedirà lui non ubedisce manco il patrone. Non si faccino brinds né a tavola né fuori. Et subito mangiato et rese le gratie ogniuno si levi da tavola senza fermarsi punto a cicalare, et vengano ne la sala o stanza dove mangia il patrone, et essendovi fuorastieri, star lesti in servirgli, o de le cappe, o di sedere, et levare quando occorre. Non ragionare mai fuori con altri né gentil’ huomin, né servitori di quello che si dica o faccia ne la casa del Nontio, né in male né in bene, et particolarmente de le parole che dal Nontio sentono o per burla o per davero dette, massime di nuove o di avvisi et fatti altrui, né cerchino sapere più di quel che tocca a l’ufficio loro. Trovarsi sempre tutti in ordine, quando il Noncio esce di casa, et al suono de la campanella essere in sala a l’ordine sempre. Quando si634 esce il Nontio, dove non possono star tutti, non si vergognino venire a piedi appresso al cocchio tutti di conserva, et non uno inanzi et l’altro indietro, né per altra strada che per quella del cocchio, et più appresso che si può. Non siano risse né parole fra quelli di casa, et occorrendo cosa alcuna, gli altri subiti s’ interponghino a quietarla, et ne diano conto al mastro di casa, avvertendo ogni uno che, chi serà cagione de lo scandalo o fastidioso, serà levato senza remissione o rispetto da la casa et servitù del Nontio senza eccettione di persona. A chi mancarà il debbito ne l’officio particolare suo che le toccarà, si cominciarà con le ammonitioni, poi con le contumacie, et quando non sia più diligente, se le darà combiato. Che nessuno ardisca in modo alcuno di comprare in questi paesi libri latini o volgari di qual si voglia materia che trattino che prima non siano visti da Don Giacomo Filippo Tamoni.635 Nessuno partirà di casa senza ordine o licenza del mastro di casa o di Giacomo Francesco. 633 634 635

Felice Mancini; zu den einzelnen Chargen im Haushalt des Nuntius Santacroce vgl. die Tabelle in Kap. III.4, S. 349. si getilgt. Privatsekretär von Santacroce.

6. Nuntienalltag

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Doppoi il suono di Avemaria nessuno di qual si sia qualità, ancor che habbia licenza dal mastro di casa o da Giacomo Francesco,636 se non havrà espresso ordine et comandamento dal Nontio, si parta di casa; et se si trovarà alcuno fuori doppo detta hora, fatta che gli serà per una volta l’ammonitione, serà senza rispetto alcuno levato da la servitù et casa del Nontio. II Seconda scrittura data al Mastro di casa, che contiene la distributione de letti et camere per la casa di Monsignor Nontio AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 25r – v 1. Per la persona del Nontio si vuole due letti, il suo ordinario che porta; un’altro per il cortinaggio di damasco ne la camera de l’audienza. 2. Giacomo Francesco637 con Gianandrea 638 tutti ne la mi retrocamera a servitio; Vangelista 639 col barbiere640 atutti ne la mia retrocamera a servitio di mia persona con la guardarobba appressoa. 3. Il sig.r Pompeo habbia una stuff a et una camera con letto col padiglione di damasco rosso; la camera parata d gli taff ettà con un corame sopra la tavola, una sedia, due scabelli, orinale, seggetta, bacile di argento da lavar le mani. Intendere da lui o dal suo serv.re, se vuol letto di piuma o di lana; che qualità et quantità di coperte, sodisfacendolo senza replica essattissimamente di tutto quello, non solo che dimanda, ma si possi pensare che desidera. 4. Ne la stuff a inanzi vi sia tavola et da sedere per la cena. 5. M. Cesare de l’Arena secretario vorrà letto solo; se le facci quel che fa il Nuntio Malaspina in tutto et per tutto. 6. M. Felice, mastro di casa, se così le pare potrà stare in una camera solo con m. Cosmo de la Stuff a,641 persona quieta et da bene. Quando non, facci come vuole. 7. D. Giacomo Filippo Tamoni starà con Aluigi Marcoaldo, et perché ambedue deveno servire per secretarii et tenere le scritture d’ importanza, desidero habbino camera separata et sicura, vicina al Nontio più che si può. 8. D. Nicolò642 capellano si potrà accommodare con Simone643. 9. Tito Luzago scalco con Gio. Paulo644 m.o di stalla. 636 637 638 639 640 641 642 643 644

Dalla Porta, maestro di camera. Dalla Porta. Coradini, Kaplan. Degli Affetti, aiutante di camera. Antonio Cirano. Auditor. Nicolò Manincore. Simone Pacini, spenditore und trinciante. Giovanni Paolo Chiusano.

III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

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10. Pietro Tigliamocchi645 con Antonio Casoni646 d’Ancona. 11. Gasparro647 credentiere, per rispetto de l’argentaria, le conviene stanza secura, solo. 12. Resta d’accommodare Sebastiano648 dispensiero, et darle compagno, che non è bene sia lo spenditore, perché non si accordino insieme: potria essere il cuoco. 13. Lo spenditore.649 14. Ser.re del sig.r Pompeo.650 Ser.re di M. Cesare sec.rio. 17. Gli sei staffieri (3)651. 18. Gli due cocchieri. 19. Aiutante di credenza et di cucina che si devrà pigliare. a–a

Randnotiz. III Terza scrittura data al mastro di casa che contiene l’ordine de la casa et la distintione dei gradi di ciascuno a la tavola et in tinello AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 25v – 26r

Monsignor Nontio Sig.r Pompeo Vizani gentil’ huomo M. Cesare de l’Arena sec.rio M. Cosimo de la Stuff a gentilhuomo M. Giacomo Filippo Tamoni gentil’ huomo aA

la tavola de Nontio con distintione che, quando cresceno forastieri, m. Cosimo et m. Giac.o Filippo diano luogo et si ritirino con la famiglia; et mangiando a tavola, subito mangiato, si levino in piedi et stiano a corteggiare in piede, finché il Nontio si retira in camera. La tavola si apparecchi per otto ordinariamente con fare un piatto a mezzo gagliardo, raddoppiando solo certe cose grasse et guazzetti di poco momentoa. Ordine del tinello M. Felice Mancini mastro di casa. Iacopo Francesco de la Porta coppiere et mastro di camera. 645 646 647 648 649 650 651

Kämmerer. Trinciante? Gasparo Brunaccio. Sebastiano Gambucini. Gaspare Pino. Gabriele Pierini, vgl. Dokument III und Kap. III.4, S. 349. Vermutlich Anzahl der Betten.

6. Nuntienalltag

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Aluigi Marcoaldo. Giovanni Andrea Coradini capellano. Nicolò Manincore capellano. Tito Luzago scalco. Giovanni Paulo Chiusano mastro di stalla. Pietro Tigliamocchi. Antonio Casoni trinciante se imparerà. Simone Pacini spenditore. Vangelista aiutante di camera et guardarobba. Antonio barbiere et aiutante di camera. Gabriele ser.re del s. Pompeo. Gasparo credentiere. Bastiano dispensiere. M.o Francesco cuoco. Ser.re del secretario. Sperditore nuovo. Giovanni Battista staffiere et bottigliere. bGiovanni Pietro Pietro Pauolo Giovanni .............. .............b primo carrozziere. 2° carrozziere. Aiutante di credenza. Aiutante di cucina. Carrettieri. a–a b–b

Hinzugefügt. Randnotiz: staffieri IV Quarta cedola data da Monsignor Nontio che contiene la regola et ordine per il servitio de la tavola AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 26r – 27v

Il credentiere la matina facci l’apparecchio pulito sempre per otto con fiori et galantarie, in che deve avvertire di non far mai aspettare, tenendo sempre in ordine di più due et tre altre posate; ponghi anco sedie et banchi secondo il bisogno, et gli suoi frutti di credenza, che vanno inanzi, et doppo mangiare; facci nettare sotto la tavola da lo aiutante, tenendo ogni cosa netto et pulito; et avvertisca di salvare le galantarie che si levano di

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

tavola intiere per servirle l’altro giorno; et che non vadino in maschera; procuri diverse galantarie di sua mano per riempire la tavola con gli frutti che di qua seran puochi. La sera apparecchi ne l’anticamera del s.r Pompeo per lui et gentil’ huomini et per il Nontio privatamente in sua camera. Scalco operi che la cucina stia sempre in ordine, che non si facci punto aspettare quando si domanda la vivanda, che se le darà l’ hora determinata; facci portare in tavola con garbo et ponga in tavola, poi venga a farlo sapere al patrone. Da Giacomo Francesco, Aluigi et i preti in poi in cucina vengano tutti a portare, et avvertisca nel portare in tavola, che non si versi cosa de piatti et passi pulito tutto; et che resti sempre qualche cosa di buono calda da portare doppo la portata, osservando da le tavole degli altri dove si vedrà far banchetti qualche politezza, così di servire, come di varietà di vivande buone, et insegnarla al cuoco, perché ne facci a tavola, studiando sempre a qualche nuova di gusto insieme col cuoco. A la tavola Giacomo Francesco con un bacile dia l’acqua a le mani, col secondo bacile Antonio; la salvietta al Nontio la dia D. Giacomo Filippo o m. Cosmo overo Aluigi; l’altre salviette Giovanni Pauolo, Vangelista, Barbiere et altri, così a la fine del mangiare. Gli capellani faccino la benedittione de la mensa et le gratie, né servano a tavola se non in caso di banchetto. Una settimana per uno a vicenda legeranno a tavola sino a mezzo mangiare secondo l’ordine se gli darà. Giovanni Paulo avvertirà di servire sempre quello che serà incontro al Nontio di coppa et di piatto. Antonio, se non trinciarà, servirà quello sotto al Nuntio. Vangelista l’altro et il Barbiere l’altro, quando vi seranno, havendo l’occhio al bisogno loro con ogni diligenza et garbo. Il sig.r Pompeo et sec.rio havranno gli loro serv.ri. A m. Cosimo et Giacomo Filippo servano due staffieri, et in evento che siano occupati nel portare in tavola, supplisca il barbiere et Vangelista et tutti, né si facci il sordo o cieco al bisogno de la tavola. Si serva con ogni quiete possibile, né si senta romore, non ragionamenti tra di loro, né si retiri alcuno nei canti a discorrere, ma ogni uno guardi in tavola al suo servitio prescrittogli. Al trinciante habbia l’occhio Evangelista di provederlo di piatti che non gli ne manchino; et il credentiero facci lavargli presto da l’aiutante perché non manchino. Si avvertisca che nel porre et levare le vivande da tavola non ardisca persona toccarne, né mangiarne, et si proveda se vi seranno in ciò immodesti et mal creati. Non si facci mangiamenti privati ne le stanze eccetto al secretario, se occorrerà per l’absenza o per lo scrivere non ritrovarsi a tempo. Si avvertisca a la bottigliaria che dal sig.r Pompeo et sec.rio in poi il bottigliere non dia da bere ad alcuno fuor de la tavola senza ordine espresso del mastro di casa, et che salvi i vini avanzati sotto chiave, tenendo ogni cosa ben pulito et netto. Il tinello de gentil’ huomini et de staffieri stia pulito et netto; et fuora de le hore del mangiare non si lassi starvi gente, così in cucina. Usar cortesia a tutti gentil’ huomini dar vino a bere, quando lo domandano al mastro di casa; ma non ardiscano da loro.

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7. Die Leichenrede des Jesuiten Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce († 1581) Am 5. September 1581 gegen 15 Uhr bewegte sich unter dem Geläut der Glocken aller katholischen Kirchen der böhmischen Hauptstadt Prag ein Leichenzug von der Kleinseite in Richtung Hradschin. An der Prozession beteiligten sich die führenden Vertreter der Prager Gesellschaft. Die Spitze bildete die Geistlichkeit unter Beteiligung verschiedener Orden und Bruderschaften. Hinter dem Kreuz der Augustiner von St. Thomas reihten sich ein die Jesuiten, die Bruderschaft vom Heiligsten Altarsakrament von St. Thomas, die Hospitalsbruderschaft, die Franziskaner von St. Jakob, die Dominikaner von St. Agnes, die Augustinerkonventualen von St. Thomas, die Domsänger, die päpstlichen Alumnen und schließlich der Abt von Strachov, der Abt von St. Maria, die Kanoniker der Kathedrale und der Erzbischof von Prag. In der Mitte des Zuges wurde der Sarg mit dem Verstorbenen auf einer Bahre von 24 Familiaren in schwarzer Trauerkleidung getragen, wobei sich jeweils zwölf Träger abwechselten. Der Sarg war mit einem weißen, bis zur Erde reichenden und einem kleineren schwarzen Tuch mit großem weißen Kreuz, dem Familienwappen des Verstorbenen, in sechsfacher Ausfertigung bedeckt. In unmittelbarer Nähe gingen 50 Arme in schwarzen Kutten mit Kapuzen auf dem Kopf und Fackeln in den Händen sowie die kaiserlichen Leibgarden, die Hartschiere und Trabanten. Hinter dem Sarg folgten die am Kaiserhof residierenden Botschafter, der böhmische Oberstkanzler Wratislaw Pernstein, der böhmische Obersthofmeister Ladislaus II. Popel von Lobkowitz und der Reichshofrat Paul Sixt Trautson sowie weitere Vertreter des Hofes und des böhmischen Adels. Allein die Präsenz dieser zahlreichen geistlichen und weltlichen Dignitäten bei diesem Zug macht deutlich, daß es sich bei dem Toten, dem das letzte Geleit gegeben wurde, um eine bedeutende Persönlichkeit handeln musste. Eine Mitra und eine weitere spezifische Kopfbedeckung, welche auf dem Sarg lagen, zeigten an, daß ein Bischof zu Grabe getragen wurde. Dieser Bischof war der aus Rom stammende Nuntius Ottavio Santacroce,652 der seit Mitte Juni Papst und Kurie am Kaiserhof Rudolfs II. vertreten hatte und der am 3. September im Alter von knapp 40 Jahren in Prag verstorben war. Ihn hatte somit dasselbe Schicksal ereilt wie seinen Vorvorgänger Bartolomeo Portia, der – die Parallele ist frappierend – ebenfalls nach wenigen Wochen diplomatischer Tätigkeit für den Heiligen Stuhl in etwa dem gleichen Alter im Sommer 1578 am Prager Kaiserhof verstorben war.653 Den detaillierten Bericht über die feierliche Überführung des Leichnams des Nuntius Santacroce von seiner Wohnung in den Prager Veitsdom, aus dem einleitend zitiert wurde, verdanken wir dem Bologneser Patrizier Pompeo Vizani654, einem engen Vertrauten und Freund des Verstorbenen, der uns eine umfassende, im 652 653

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Vgl. zu ihm ausführlich Kap. III.4. Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003, S. XVI – XVIII. Zu seiner Person vgl. Kap. III.5, S. 354.

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römischen Staatsarchiv überlieferte Darstellung der Kaiserhofnuntiatur von Ottavio Santacroce hinterlassen hat.655 Er enthält neben der Darstellung des Leichenzuges weitere Informationen über die letzte Etappe des Lebensweges des Nuntius: Als der Zug in der Kathedrale anlangte, wurde der Sarg auf einem dafür vorgesehenen Katafalk abgesetzt. Während des anschließenden Trauerakts hielt ein Jesuitenpater eine lateinische Predigt.656 Danach wurde der Sarg in der Annakapelle des Domes beigesetzt. Bevor im Folgenden die am 5. September 1581 im Prager Veitsdom gehaltene Oratio funebris einer Analyse unterzogen wird, soll zunächst die Person des Verfassers der Trauerpredigt vorgestellt werden. Der Autor Pompeo Vizani gibt in seiner Relatione zwar den kompletten Text der Trauerrede auf den Nuntius Santacroce wieder, nennt aber keinen Autor. An der Stelle des Manuskripts, an der der Verfasser genannt werden sollte, findet sich eine Lücke.657 Offensichtlich wollte Vizani den Namen, der ihm nicht (mehr) präsent war, später ergänzen. Er lässt sich allerdings leicht über die Historia Provinciae Bohemiae von Schmidl658 ermitteln. Im Zusammenhang mit dem Kurzbericht über den Tod von Ottavio Santacroce schreibt Schmidl: P. Joannes Vivarius prosecutus est funebri oratione. Johannes Vivarius wurde um 1550 geboren.659 Da er in den Quellen auch als P. Aquensis bezeichnet wird, dürfte er aus Aachen oder dem Umland der alten Reichsund Krönungsstadt stammen. Im August 1571 trat er in Prag in die Gesellschaft Jesu ein.660 Bereits ein Jahr später – noch im Noviziat und selbst Student der Theologie und des Hebräischen – lehrte er bereits Philosophie.661 1573 wurde er zum Priester geweiht. Nach der Gründung eines Jesuitennoviziats in Brünn im selben Jahr übernahm Vivarius 655

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Relatione del viaggio di Germania fatto da Pompeo Vizani l’anno del Signore 1581, AS Roma, Fondo Santacroce 87. Die Beschreibung der Beisetzungsfeierlichkeiten findet sich dort fol. 48v – 56v; vgl. auch den Bericht von Cesare Dell’Arena an Kardinal Tolomeo Gallio, Prag, 1581 IX 5, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 525r – 526v, Or., gedruckt in: Koller, NBD, Bd. III/10, Nr. 334,1. Laudatio funebris R.mi et Ill.mi D. Octavii de Sanctacruce Cerviae episcopi etc. mortui tertia die septembris et eiusdem quinta sepulti Pragae 1581, AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 50v – 54v. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 50r. Johannes Schmidl, Historia societatis Jesu provinciae Bohemiae. Pars prima [1555 – 1592], Pragae 1747, S. 452. Die wichtigsten Daten im Kurzbiogramm finden sich in den Catalogi personarum et officiorum provinciae Austriae S. I., Bd. I (1551 – 1600), collegit et ed. Ladislaus Lukács S. I., Romae 1978 (Monumenta historica Societatis Jesu a patribus eiusdem societatis edita 117), S. 811. Archivum Romanum Societatis Jesu, Austria 25, fol. 32r. Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 317; Alois Kroess S. J., Geschichte der Böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu, Bd. 1: Geschichte der ersten Kollegien in Böhmen, Mähren und Glatz von ihrer Gründung bis zu ihrer Auflösung durch die böhmischen Stände 1556 – 1619, Wien 1910 (Quellen und Forschungen zur Geschichte, Literatur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer 11), S. 84.

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zusammen mit Paolo Campano die Aufbauarbeit in der mährischen Ordensniederlassung und fungierte fünf Jahre als Novizenmeister.662 1579 wurde er Professor für Rhetorik in Prag.663 Im Hofstaatsverzeichnis von 1580 finden wir Vivarius als kaiserlichen Hofkaplan aufgeführt.664 Im Todesjahr des Santacroce erschien ein Mariengedicht des Prager Jesuiten: Parthenica seu Ode Mariana.665 Das Verzeichnis der Prager Jesuiten von 1583 weist Vivarius u. a. als Konviktspräfekt und Zuständigen für die deutschen Sonntagspredigten an der Prager Jesuitenkirche aus.666 1587 wurde Vivarius zum Dr. theol. promoviert,667 1588 legte er das vierte und letzte Jesuitengelübde ab.668 Um das Jahr 1590 wirkte er für eine gewisse Zeit in Wien, wo er an Festtagen für Erzherzog Ernst und an Sonntagen in der Jesuitenkirche predigte.669 1601 wurde Vivarius zum Rektor des wenige Jahre zuvor gegründeten Jesuitenkollegs in Glatz ernannt.670 Seinen Lebensabend verbrachte er in Linz, wo er altersschwach und krank noch bis zu seinem Tod 1618 als Spiritual fungierte,671 wobei er sich längere Zeit im Kloster Pulgarn (Steyregg) aufhielt, das König Matthias 1609 den Linzer Jesuiten übergeben hatte672. Offensichtlich war Vivarius ein begabter Redner und Prediger, wie die zahlreichen Predigtmandate belegen, die dem Jesuiten im Laufe seines Lebens übertragen wurden. Auf sein rhetorisches Talent war man schon früh aufmerksam geworden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß der Rhetorikprofessor 1581 im Rahmen der Exequien für den Nuntius Santacroce die Trauerrede zu halten hatte. Ottavio Santacroce hat Johannes Vivarius wohl persönlich gekannt. In den Berichten des Nuntius nach Rom ist von einer Begegnung Santacroces mit den Prager 662 663 664 665

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Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 346, 380; Kroess, Geschichte der Böhmischen Provinz, S. 367. Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 429. Jaroslava Hausenblasová (Bearb.), Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576 – 1612, Prag 2002 (Fontes Historiae Artium IX), S. 375. Österreichische Nationalbibliothek, Wien, *35.E.128 bzw. MF 1146. Es handelt sich um eine in Jamben geschriebene lateinische Ode zu Ehren der Muttergottes, die 26 Seiten umfasst. Incipit: Diva quae virgo genitrix vocaris. Auf dem Titelblatt findet sich ein Akrostichon, das sich senkrecht in „Maria“ auflösen lässt. Der Text besteht aus zahlreichen alttestamentlichen Zitaten mit Bezug auf Maria. Die jeweiligen biblischen Schriftstellen werden sowohl hier wie im Verlauf der Ode als Marginalien ausgewiesen. Im letzten Teil der Ode findet sich die Bitte um Hilfe gegen innere (sectae) und äußere (Turci) Feinde. Für Hinweise und Recherchen in diesem Zusammenhang danke ich sehr herzlich Elisabeth Garms und Martin Scheutz. Lukács, Catalogi personarum et officiorum, S. 390. Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 547; Kroess, Geschichte der Böhmischen Provinz, S. 478. Lukács, Catalogi personarum et officiorum, S. 811. Archivum Romanum Societatis Jesu, Austria 123, fol. 3v. Lukács, Catalogi personarum et officiorum, S. 811; bei Bernhard Duhr S. J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 1: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge im XVI. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1907, S. 178 ist P. Johann Werner als Rektor verzeichnet, der neben P. Johann Vivarius und P. Andreas Neupauer das Glatzer Kolleg aufbauen sollte. Archivum Romanum Societatis Jesu, Austria 123, fol. 301v. Ebd. fol. 184v, 194v, 202r, 210r, 223v; vgl. Bernhard Duhr S. J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 2: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts, 1. Teilbd., Freiburg i. Br. 1913, S. 327.

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Jesuiten die Rede.673 Vermutlich haben sich weitere Treffen in der kurzen Zeit zwischen der Ankunft Santacroces in Prag und dessen Tod ergeben. Neben der Oratio funebris auf Ottavio Santacroce wissen wir von einer weiteren Trauerrede des Vivarius, gehalten 1596 auf den böhmischen Oberstburggrafen Adam II. von Neuhaus (Jindřichův Hradec), den Stifter des Jesuitenkollegs von Neuhaus.674 Der Text Überlieferung Die Leichenrede des Vivarius auf Santacroce fand nach dem Zeugnis Schmidls großen Anklang und wurde mehrfach kopiert: Ejus exequiis omnes interfuere scholastici nostri et posthumas laudes P. Joannes Vivarius prosecutus est funebri oratione, quae a multis descripta superat et laudatur.675 Trotz dieser Tatsache hat sich offensichtlich nur die Abschrift des Pompeo Vizani als einziger Textzeuge erhalten.676 Pompeo Vizani inserierte den kompletten Text der Trauerrede in seine Relatione im Kontext der Beschreibung der Beisetzungsfeierlichkeiten für Ottavio Santacroce.677 Im Anschluss finden sich – für die damalige Zeit durchaus üblich – vier lateinische Gedichte in der Form von elegischen Distichen,678 die dem Andenken Ottavio Santacroces gewidmet waren.679 Zwei der Autoren waren Studenten des Prager Jesuitenkollegs: ein Petrus Linko Pilsnensis und Adam Winorze, der spätere Archidiakon des Prager Veitsdoms und Dekan von Karlstein.680 Pompeo Vizani selbst verfasste ein Epitaph und den Text für eine Gedenkplatte, die später an der Grablege angebracht wurde.681 Pompeo Vizani entstammte einer kaisertreuen Bologneser Patrizierfamilie.682 Hochgebildet und sprachbegabt machte er sich v. a. als Latinist, Historiker und Phi673 674 675 676

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Santacroce an Gallio, Prag, 1581 VII 31, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 505r – v, Or. Kroess, Geschichte der Böhmischen Provinz, S. 681. Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 452. Archivrecherchen in Rom und Prag haben zu keinem positiven Ergebnis geführt. Ich danke in diesem Zusammenhang auch Alena Pazderová vom Prager Staatsarchiv für Hinweise in dieser Angelegenheit. Die Rede ist offensichtlich auch nicht gedruckt worden. Die Bibliothèque de la Compagnie de Jésus von Carlos Sommervogel enthält keinen einschlägigen Verweis, weder im alphabetischen Autorenverzeichnis (sub voce Vivarius), noch unter der Rubrik „Éloges funèbres“ (sub voce Santacroce), vgl. Bd. 10, Paris 1909, S. 1067 – 1118. Zum Aufbau der geamten Relatione vgl. Kap. III.5, S. 354 f. AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 55r – 56r. Zur Gattung und Tradition der lateinischen Trauergedichte vgl. Fidel Rädle, Lateinische Trauergedichte (Epicedia) im Überlieferungszusammenhang von Leichenpredigten, in: Leichenpredigten als Quelle historischer Wissenschaften, Bd. 4, hg. von Rudolf Lenz, Stuttgart 2004 (Marburger Personalschriften-Forschungen 39), S. 239 – 267. Vgl. zu Winorze Schmidl, Historia societatis Jesu, S. 430 f. ; Kroess, Geschichte der Böhmischen Provinz, S. 520, 610, 661. Vgl. Kap. III.4, S. 346 f. Der Familie war 1563 von Kaiser Ferdinand I. das Privileg verliehen worden, das kaiserliche Wappen zu führen. Pompeo selbst erhielt am 25. September 1581 von Rudolf II. das Adelspri-

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losoph einen Namen.683 Bekannt sind seine mehrfach gedruckte Übersetzung des Goldenen Esels von Apuleius684 und eine zehnbändige Geschichte seiner Heimatstadt Bologna.685 Inhalt und Aufbau Die Leichenrede des Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce lässt sich in zehn Abschnitte untergliedern, die sich wiederum drei größeren thematischen Blöcken (1. + 2. Einleitung, 3. – 7. Vita Santacroces, 8. – 10. Schluss) zuordnen lassen: 1. 2. 3. 4. 5.

Gegenstand (1 – 7) Größe des Themas (8 – 18) Familiärer Kontext (19 – 29) Bischofslob (30 – 35) Tätigkeit für Papst und Kurie: 5.1 Vertrauensstellung bei Gregor XIII. (36 – 45) 5.2 Turiner Nuntiatur (46 – 58) 5.3 Nuntiatur am Kaiserhof (59 – 67) 6. Charakter, Lebensführung, Frömmigkeit (68 – 93) 7. Sterbeszene (94 – 101) 8. Bitte um Fürsprache des Verstorbenen (102 – 105) 9. Trauer der Hinterbliebenen (106 – 112) 10. Mahnung (113 – 118) Zu Beginn seiner Rede stellt Vivarius sein Thema, die Trauer über Ottavio Santacroce, vor. Das Ableben des Nuntius gebe erneut Gelegenheit, so der Autor unter Verweis auf den ein Jahr zuvor verstorbenen Prager Erzbischof Brus von Müglitz, über die Vergänglichkeit des Lebens zu reflektieren. Die Aufgabe übersteige allerdings die Kräfte des Verfassers, da Ottavio erhabener gestorben sei als der antike Octavian (Augustus) und deshalb die höchsten Qualitäten eines antiken Rhetors vonnöten seien. Nach einer kurzen Beschreibung der Abstammung und der gesellschaftlichen Stellung Ottavios beginnt die Darstellung seiner geistlichen Laufbahn. Zunächst wird Ottavio als idealer Bischof charakterisiert, der seinen Dienst ganz nach pastoralen Bedürfnissen ausgerichtet habe. Anschließend wird auf Papst Gregor XIII., den

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vileg, beide Dokumente sind in der Universitätsbibliothek von Bologna erhalten, vgl. Giuseppe Mazzatinti, Inventari dei manoscritti delle biblioteche d’Italia, Bd. 17, Forlì 1910, S. 14. Vgl. die Zusammenstellung der handschriftlich und gedruckt überlieferten Werke in: Giovanni Fantuzzi, Notizie degli scrittori bolognesi, Bd. 8, Bologna 1790, S. 210 – 213. L’Asino d’oro di Lucio Apuleio filosofo platonico tradotto novamente in lingua volgare dal molt’illust. Sig. Pompeo Vizani nobile bolognese & da lui con chiari argomenti ornato & de motti dishonesti purgato, Bologna 1607. Diece libri delle Istorie della sua Patria, Bologna 1596, ergänzt um zwei Folgebände, Bologna 1608.

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entscheidenden Förderer Ottavios hingewiesen, dem nun nach dem Tod des Nuntius Portia erneut ein hoffnungsvoller Prälat in Prag entrissen wurde. Bei der Beschreibung der Turiner Nuntiatur, der vorletzten Station der Vita Santacroces, wird das ungetrübte Vertrauensverhältnis zwischen dem piemontesischen Landesfürsten und dem Nuntius unterstrichen. In Prag hingegen erwarteten Ottavio große Probleme und Missstände, deren er sich wie ein geschickter Mediziner annahm. Seine untadelige Lebensführung und persönliche Frömmigkeit wurden sowohl von seiner engsten Umgebung als auch von Außenstehenden uneingeschränkt anerkannt. Durch sein konsequentes Handeln könne er als Vorbild für viele dienen. Anschließend wird das christliche Sterben Ottavios eindrücklich geschildert. Am Ende der Trauerrede werden dem Verstorbenen als Fürsprecher bei Gott das Königreich Böhmen empfohlen, die Trauer und der große Verlust des Papstes und der engsten Familienmitglieder vor Augen gestellt und die Anwesenden unter Verweis auf das jüngste Gericht ermahnt, Vorkehrungen für einen unerwarteten Tod zu treffen. Stilistik und gattungsspezifische Bemerkungen Die Rede des Johannes Vivarius ist ein bemerkenswertes Beispiel für eine jesuitische Leichenrede aus der Anfangszeit der Gesellschaft Jesu. Sie steht wie die katholische Trauerrede686 der Zeit insgesamt in der Tradition des antiken laudatio funebris.687 Einen zentralen Raum in der Predigt nimmt, wie zu erwarten, die Darstellung des Lebens und des Charakters des tugendhaften und frommen Prälaten ein, verbunden mit der Aufforderung an die Anwesenden zur Nachahmung des vorbildlichen Mannes (imitatio). Hingegen überrascht bei der Beschäftigung mit dieser Rede, daß zwei gattungsspezifische Elemente hier nicht begegnen, nämlich die Fürbitte für den Verstorbenen (intercessio) und der explizite Trost (consolatio) für die Hinterbliebenen, weshalb es auch zu keinem Spannungsverhältnis Trauer-Trost kommt.688 Die Unterlassung der trostspendenden Worte mag der Tatsache geschuldet sein, daß die Verwandten des Verstorbenen im fernen Rom lebten und nicht an der Prager Trauerfeier teilnahmen. Dieses Argument wird allerdings relativiert durch die Präsenz der Familiaren, die dem Verstorbenen durch ein mehr oder weniger langes und starkes 686

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Zur katholischen Trauerrede der Frühen Neuzeit vgl. Birgit Boge, Ralf Georg Bogner (Hgg.), Oratio funebris. Die katholische Leichenpredigt der frühen Neuzeit. Zwölf Studien, mit einem Katalog deutschsprachiger katholischer Leichenpredigten in Einzeldrucken 1576 – 1799 aus den Beständen der Stiftsbibliothek Klosterneuburg und der Universitätsbibliothek Eichstätt, Amsterdam 1999 (Chloe 30), sowie Harald Tersch, Florentius Schillings „Totengerüst“. Zur Konstruktion der Biographie in der Katholischen Leichenpredigt, in: Lenz, Leichenpredigten, Bd. 4, S. 303 – 346, mit bibliographischen Hinweisen S. 345 f. Vgl. Ernst Schmitt, Art. Trauerrede, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, 1. Aufl., Freiburg i. Br. 1965, S. 325 f.; Philippine Casarotto, Katholische Leichenpredigten auf die Habsburgerkaiser 1519 – 1792. Bestandsaufnahme und Gattungsmerkmale, in: Lenz, Leichenpredigten, Bd. 4, S. 459 – 476, hier S. 467. Vgl. hierzu Tersch, Florentius Schillings „Totengerüst“, S. 316 und Casarotto, Katholische Leichenpredigten, S. 469.

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Treue- und Freundschaftsverhältnis verbunden waren und durch den Tod ihres padrone neben dem persönlichen Verlust eine nicht unerhebliche materielle Einbuße mit ungewissen existentiellen Auswirkungen erlitten. Vermutlich hat aber der Autor bewusst auf die consolatio verzichtet, da in seinen Augen Ottavio Santacroce durch sein tugendhaftes Leben und Sterben so für das ewige Leben vorbereitet war, daß es keines Trostes für die Zurückgebliebenen bedurfte. Dafür spricht auch, daß Vivarius seine Argumentation weitgehend auf die Unterweisung und Mahnung des Auditoriums abstellt bis hin zum düsteren Schlussbild des Jüngsten Gerichts und auf die zu erwartende Fürbitte (intercessio) für den Verstorbenen verzichtet. Diese wird raffiniert ersetzt durch eine intercessio des Verstorbenen, der sich gleichsam als Heiliger im Himmel durch Gebete und Fürsprache der böhmischen Länder annehmen soll.689 Bei der oratio funebris auf den Nuntius Ottavio Santacroce handelt es sich um einen rhetorisch höchst ausgefeilten Text. Dies belegen die zahlreichen rhetorischen Stilfiguren, die nachfolgend aufgeführt werden, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.690 Als besondere rhetorische Eigenheiten des Vivarius-Textes fallen die vielen Parallelismen ins Auge. Oft werden mehrere Stilfiguren ineinander verschränkt bzw. miteinander verknüpft. Zu vermerken ist ferner der Gebrauch hochsprachlicher und poetischer Wendungen wie antistes (Z. 3), coelites (Z. 60), lustra (Z. 90). 1. Tropen Litotes: nemo non (Z. 2). Metapher: gubernacula (36), pastor et ovis (Z. 51 f.), vulnera, ut solers medicus [...] medicina [...] mederetur (Z. 63 –67). Metonymie: sceptrum (Z. 60). Hyperbel: augustior illo (Z. 8). Personifikation: Praga sepellisti (Z. 38); hora (o horam) (Z. 95, mit Apostrophe und Geminatio) Ironie: Dum in hortulis nos, in lectulis, in cubiculis suaviter recubimus (Z. 91; verstärkt durch Diminutive) 2. Wortfiguren Asyndeton: latera, os, vox, lingua, vis, spiritus, ardor, flumen, fulmen Romani viri (Z. 10 f.). Geminatio: Fuit, fuit vir ille (Z. 70) ; Hora enim (o horam) hora inquam (Z. 95); Non dubito Octavi, …, non dubito (Z. 102 f.) 689

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Hier schwingt eine starke konfessionelle Note mit, denn Ottavio wird hier zweifelsfrei nicht nur als Fürsprecher für Böhmen schlechthin funktionalisiert, sondern als himmlische Referenzfigur für die Verteidigung des katholischen Glaubens gegen die protestantischen und hussitischen Heterodoxien angesprochen. Bei einigen Beispielen wird die Stilfigur durch Unterstreichung gekennzeichnet.

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Anadiplose: fulmen Romani viri laudibus serviant. Serviant dico (Z. 10 f.) ; cum ii e vita tolluntur, in quorum vita vita nititur multorum (Z. 112) Anapher: Octavium flemus. Octavium requirimus (Z. 8 f.; verstärkt durch Anapher); neque iactat neque abnuit (Z. 19) Ellipse: quanta voluntas in hoc viro? quanta sollicitudo? quantus animus? (Z. 65, mit Parallelismus) Epipher: Date, quaeso, oratorem nobis bonum; date togatum aliquem; Romanum date (Z. 9 f., verstärkt durch Chiasmus) Paronomasie: officio, quod de S. Cruce proprium est sumpto, Sanctacrucius noster sacris operabatur (Z. 68 f.) Hendiadyoin: confessa et contestata sunt (Z. 16) ; res aut causa vocaret (Z. 86) Homoioteloton: aut ornatu turpem aut apparatu ridiculam aut sumptu fastidiosam non patiebatur (Z. 79 f., mit Anapher und Paralellelismus) Hyperbaton: grande doloris multorum animis impactum vulnus (Z. 6 f.) Parallelismus: honestissimo cive, ornatissimo viro, amplissimo et inter Romanos heroes ornatissimo viro (Z. 20 f.); Roma colit, cives celebrant (Z. 21; verstärkt durch Alliteration); si pericula adiisti; si molestias pertulisti multas (Z. 28 f.; gesteigert durch Hyperbaton im zweiten Glied); numero auctum et conditione integrum (Z. 32 f.); quicquid vel re enorme vel suspitione lubricum (Z. 33 f.; mit Anapher und Hyperbaton); ubi Octavius, ibi praesidium, ibi tutela, ibi fides, ibi arae focique, ibi perennes excubiae, ibi coelestis quidam favor et cursus rerum optatissimus (Z. 44 f., mit Erweiterung und Steigerung im letztem Glied); quid pietate, quid comitate, quid prudentia, quid suavissimis moribus, quid omni virtutis genere (Z. 47 f., mit Steigerung in den letzten beiden Gliedern). Alliteration: Nonne Octavium illi suum a nobis repetent? et quomodo reddemus? (Z. 110 f.). 3. Gedankenfiguren Klimax: Errata novisse, simul monuisse, puniisse, emendasse erat (Z. 80 f.); quid purpuratus avunculus eius Divi Adriani cardinalis amplissimus Prosper? quid Scipio episcopus titularis Cerviae? quid Georgius Dominus Viani? quid natu minor Fabius? omnes Sanctacrucii germani huius quid dicent? (Z. 108 – 110, mit Parallelismus, welcher im letzten Glied bewusst unterbrochen wird). Antithese: fraudi nemini, omnibus commodo (Z. 62, verstärkt durch Chiasmus); Dum in hortulis nos, in lectulis, in cubiculis suaviter recubimus, ille cuniculos fodit (Z. 91 f.). Oxymoron: tacita flagitatione (Z. 5 f.); sudorem … delicias (Z. 30); vel beata aeternitas vel sempiterna calamitas (Z. 118). Chiasmus: ut quae avorum virtute collecta haereditario ad se iure laus pervenerat, avorum imitatione sua fieret (Z. 24 – 26, verstärkt durch Parallelismus und raffiniertem Wechsel von Genitivus subjectivus und Genitivus objectivus sowie zwei Hyperbata); partes distinguit, vestigat causas (Z. 63 f.); Quando expertus sit importunum, iracundum? Tumultuosum quando viderit? (Z. 75 f., mit Asyndeton).

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Apostrophe: Christe sancte (Z. 65); Non dubito Octavi (Z. 102). Der Verfasser der Trauerrede war nicht nur ein ausgezeichneter Lateiner, er war auch umfassend humanistisch gebildet, wie die vielen Metaphern aus dem Bereich der klassischen Antike und der christlichen Tradition belegen. Entsprechend wird auch den Hörern und Lesern des Textes ein hohes Maß an Gelehrsamkeit abverlangt. Deshalb soll abschließend noch auf die hier verwendete antike und christliche Bildersprache eingegangen werden. Wie zu erwarten bei diesem literarischen Genus691 wird mit dem Namen des Verstorbenen beziehungsreich gespielt. Dabei kann der Verfasser sowohl die antike Konnotation des Vornamens als auch die christliche Konnotation des Nachnamens nutzen. Zu Beginn der Oratio spricht Vivarius davon, daß unser Octavius viel erhabener gestorben sei als der antike Octavian (Z. 8). Angespielt wird hier auf den antiken römischen Kaiser Augustus, der vor seinem Principat Octavian genannt wurde, und auf dessen Tod in Nola in Kampanien.692 Verstärkt wird der Vergleich und die Bevorzugung des „modernen“ Oktavian vor dem „antiken“ durch die Verwendung des Adjektivs augustus (hier im Komparativ augustior). Dieses Wortspiel mit den beiden Namen Octavius-Augustus funktioniert allerdings nur im Lateinischen, es kann in der deutschen Übersetzung nicht adäquat wiedergegeben werden. Beim Familiennamen hingegen wird das christliche Potential genutzt. An der Stelle, an der der Jesuitenpater auf die Praxis des Verstorbenen zu sprechen kommt, jeden Freitag eine Messe zu Ehren des Heiligen Kreuzes (proprium de S. Cruce) gefeiert zu haben, verwendet Vivarius nicht den Vornamen Octavius, sondern den Nachnamen Sanctacrucius (Z. 69) und stellt somit eine Verbindung zwischen dem verstorbenen Nuntius und dem Erlösungswerk Christi auf Golgatha her. Antike Wurzeln haben die Bilder aus dem militärischen Bereich (Truppenaushebung, Poliorketik), etwa der Vergleich des göttlichen Richters mit dem Kaiser, der seine Soldaten mustert und aus dem Lager führt (Z. 113 – 115), oder der Ehrentitel pater patriae (Z. 108) und der Vergleich von Ottavios Einsatz für Religion und Kirche mit einem Feldherrn, der eine Stadt erfolgreich belagert. Dabei wird spezifisches Vokabular eingesetzt: expugnare, lustrare milites, fodere cuniculos, delectum habere, castra (Z. 92, 113 f.). Die medizinische Metapher zielt in dieselbe Richtung: Ottavio Santacroce agiert wie ein geschickter Arzt, der die Wunden aufspürt und geeignete Medizin verabreicht. Auch hier werden entsprechende Termini verwendet: vulnera, 691 692

Tersch, Florentius Schillings „Totengerüst“, S. 320 f. Nach Sueton (Aug. 99, nach Ed. Zweibrücken 1783) soll Augustus an seinem Todestag sein Leben mit einem Theaterspiel verglichen haben. Er verlangte nach einem Spiegel und ließ seine Haare und sein Gesicht gleichsam für die letzte Szene in Ordnung bringen. Anschließend fragte er die inzwischen herbeigerufenen Freunde, ob er die Komödie seines Lebens gut zu Ende gespielt habe. Für diesen Fall sollte ihm Beifall gespendet werden. Danach könnten alle nach Hause gehen. Dabei zitierte er auf Griechisch die übliche Komödien-Schlussformel: Supremo die … petito speculo capillum sibi comi ac malas labentes corrigi praecepit. Et amicos admissos percunctatus ecquid iis videretur mimum vitae commode transegisse adiecit et clausulam (EŒ dâ p·n xei kal¯w, tÿ¯ paignÿv Dte krton, kaä pÀntew meÁw metá xar·w ktypÜsate).

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medicus, explorare, aegriores partes distinguere, vestigare causas, ad fontem penetrare, ipsas mali fibras pernoscere, mederi (Z. 63 f., 67). Der antiken Mythologie verpflichtet sind die Metapher vom Steuermann (Z. 36, 97) und das auf Hesiod zurückgehende und v. a. durch Ovid693 der Nachwelt vermittelte Bild vom Goldenen Zeitalter (aureum seculum, Z. 55), das in der Renaissance stark rezipiert wurde. Bei Vivarius ist der Begriff deutlich christlich konnotiert. Er steht in unmittelbarer Nähe von orthodoxa fides und nimmt Bezug auf die Regierung eines christlichen Fürsten (hier Emanuele Filiberto von Savoyen), der sich bei seiner Politik durch den päpstlichen Nuntius leiten lässt. Als biblische Metapher begegnet das beim Evangelisten Johannes behandelte Gleichnis vom Guten Hirten und den Schafen (Z. 31 – 33, 51 f.), welches deutlich auf Christus als den guten Hirten,694 auf das Vorbild aller Bischöfe und Priester, verweist. Auch Szenen aus dem Alten Testament werden an geeigneter Stelle aufgerufen (die Freundschaft zwischen David und Jonathan, die Errettung Loths: Z. 53, 115).695 Schließlich wird Santacroce auch als Heilsbringer stilisiert im Zusammenhang mit seiner Entsendung an den Kaiserhof. Die Anklänge an die im Evangelium des Matthäus überlieferte Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland sind deutlich. So wie der Stern den Heiden erschienen ist und den Weg zum neugeborenen Christus gewiesen hat,696 erschien Ottavio Santacroce den Böhmen, um sie zu bekehren (Z. 59). Es ist sicherlich kein Zufall, daß unmittelbar darauf die medizinische Metapher eingeführt wird, wo Ottavio als Arzt charakterisiert wird, der bereit ist, sich für seine Kranken aufzuopfern und sein Blut als Medizin zu reichen (Z. 65 – 67). Bei der Darstellung der Todesszene verwendet der Verfasser schließlich zwei Schlüsselbegriffe der zeitgenössischen katholischen Propaganda, den des fidus miles (Z. 97)697, des treuen christlichen Soldaten, und den des athleta (Z. 99)698, der bis 693 694 695 696 697

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Metamorphosen 1, 89 – 112. Joh 10, 1 – 17 und 25 – 29. Vgl. unten im Anhang Anm. 711 und 721; vgl. auch Casarotto, Katholische Leichenpredigten, S. 471. Mt 2, 1 – 12. Zur Konstruktion der Figur des miles christianus in der Zeit der katholischen Konfessionalisierung vgl. Giampiero Brunelli, Soldati del papa. Politica militare e nobiltà nello Stato della Chiesa (1560 – 1644), Roma 2003 (Studi e ricerche 8), S. 11 – 17, 118 – 121. Die programmatische Schrift des Jesuiten Antonio Possevino Il soldato christiano von 1569, die weite Verbreitung fand und mehrfach gedruckt wurde, hat Johannes Vivarius wohl gekannt, zumal er Possevino persönlich begegnet sein dürfte, der sich um 1580 zeitweise in Prag aufhielt und vermutlich im dortigen Jesuitenkolleg wohnte, vgl. Koller, NBD, Bd. III/9, S. 493 sowie die Berichte Malaspinas an Gallio, Prag, 1579 II 25 und 1580 XI 15, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 72r – 74v und 368r – 370r, Or., gedruckt in: Nuntiaturberichte aus Deutschland, III. Abteilung: 1572 – 1585, Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012, Nr. 54 und 241. Auch im Mai 1581, also kurz vor dem Tod Santacroces, war Possevino auf seiner Reise nach Rußland durch Prag gekommen, vgl. Malaspina an Gallio, Prag, 1581 V 16, ASV, Segreteria di Stato, Germania 99, fol. 436r – 437r, Or., gedruckt ebd. Nr. 295; Zur Figur des miles christianus in der christlichen Trauerrede Tersch, Florentius Schillings „Totengerüst“, S. 335. Dieses Bild vom christlichen Kämpfer begegnet in Texten des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im Kontext der Türkenabwehr. Der Titel Athleta Christi war im 15.

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zum Äußersten für die christlichen Ideale kämpft, um schließlich in den Himmel zu gelangen und die ihm zustehende corona zu empfangen.

Anhang Laudatio funebris R.mi et Ill.mi D. Octavii de Sanctacruce Cerviae episcopi etc. mortui tertia die septembris et eiusdem quinta sepulti Pragae 1581 AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 50v – 54v Si fatale quiddam, clarissimi auditores, huic inesse tempori religio statuere vetat, certe multa passim tristia et ominosa geri nemo non videt et ex his, quae facta sunt, multo tristiora [51r] impendere, qui aliquid provident, dubbitare non possunt. Pragensis antistitis vix complorata morte, ad novum (DEVS bone, cuius viri?) luctum repente accersimur. Annus est, quod maesti Antonio parentavimus, iam sui funeris arbitria, tacita flagitatione, Octavius deposcit, quem virum, cum a me nominari audieritis, toties grande doloris multorum animis impactum vulnus refricare putate. Octavius occidit multo augustior illo, quem antiquitas celebravit. Octavium flemus. Octavium requirimus. Date, quaeso, oratorem nobis bonum; date togatum aliquem; Romanum date, cuius latera, os, vox, lingua, vis, spiritus, ardor, flumen, fulmen Romani viri laudibus serviant. Serviant dico, quid enim sufficiat? quis ea comprehendat aut in exiguum orationis gyrum compellat, quae suo complexa mens ambire refugit? quibus ipsa propemodum hominis cogitatio sucumberet? Praeteritorum vim malorum, qui eff ugerint, pauci extiterunt; qui huius tempestatis furias sustineant, quot numeramus? Si bonos et salutares reperire difficile, Octavios excitare prodigiosum. Non agam perbolix¯w, confessa et contestata sunt, quae de hoc viro paucis memorabo. Nec si velim quidem immodice a me extolli posset illa virtus, quam tamquam ex alieno loco in suum ille omnia contuens transtulit DEVS. Onufrii se [51v] filium fuisse neque iactat neque abnuit. Quis enim non gauderet tali parente natus? honestissimo cive, fortissimo milite, amplissimo et inter Romanos heroes ornatissimo viro? quem Roma colit, cives celebrant, memores et gratae literae seculis commendarunt. Sanctacruciorum nomen, familia, decus cui incognitum? Verum his ille coloribus pingi se vetat: negavit quenquam inde beatum dici, esse multo minus. Naturae beneficentiam, ut non abiecit, sic neque magnopere complexus est. Unum egit, ut quae avorum virtute collecta haereditario ad se iure laus pervenerat, avorum imitatione sua fieret. Itaque iam non te ut Romanum nobilem et domicellum, non ut Viani dominum nec ut Divi Nazarii comitem et abbatem quidem aspiciemus; fumos ista et inanes crepitus ducis indigna, quae in tuis laudibus ponantur: si labores exantlavisti; si pericula adiisti; si molestias pertulisti multas, horum recitatione pasceris. Jahrhundert mehrfach von den Päpsten an Personen verliehen, die sich bei der Verteidigung des christlichen Abendlandes gegen die Osmanen ausgezeichnet hatten, u. a. an Skanderbeg und an Johann Hunyadi. Auch im 16. Jahrhundert wird dieser Begriff propagandistisch eingesetzt, vgl. Kap. I.8, S. 132 f.

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Sudorem, qui ex Cerviae episcopi corpore plurimus manavit, nunc delicias reputas. Ibi ergo, quid gesseris, quaeramus. Praefuit ovibus suis, ad commissi gregis otium et incolumitatem incubuit; huic se mancipavit; hunc, ut et numero auctum et conditione integrum DEO praestaret, summa ope contendit. Circa se vero pervigil, quicquid vel re [52r] enorme vel suspitione lubricum videri poterat, penitus detestabatur, noxas minimas, 35 quas vitare hominis non est, confestim eluebat. Vidit et his studiis occupatum signavit Gregorius, qui hodie ad ecclesiae gubernacula sedet attentissimus. Hem quantum dolebit ereptum sibi Octavium. In Portia spes quasdam meas Praga sepellisti; etiam ne dexteram tolles mihi? Consiliorum meorum particeps et adiutor est, qui iam apud te humabitur. Nescis amissis tot ac talibus viris quantam 40 ecclesia tota iacturam faciat? Nescis hunc quanti semper fecerim? Quo loco habuerim? Ianua quondam fuit, clavis et os negotiorum, quae ad hoc summae sedis tribunal undecumque deferuntur. Ego hunc duabus primis urbibus sancti patrimonii praefeci. Firmum et Perusium illius curae concredidi. Qua cura ita perfunctus est, ut me omni cura liberaret. Summa, ubi Octavius, ibi praesidium, ibi tutela, ibi fides, ibi arae focique, ibi 45 perennes excubiae, ibi coelestis quidam favor et cursus rerum optatissimus. Procedamus paulum; legatio ad Emanuelem Philibertum Sabaudiae Ducem occurret. Hic quid pietate, quid comitate, quid prudentia, quid suavissimis moribus, quid omni virtutis genere posset, triennio probavit. Operam suam industriamque in id acerrime conferebat, ut vitae tranquillitate perfrueretur [sic], ad quos legatum se meminisset. 50 A sacerdotis ore pendebat clarissimus princeps, salutaria monentem, optima molientem iuvabat; ut [52v] oraculum illum habebat, audiebat, venerabatur. Ita coaluerant pastor et ovis, ut alter in alterius corde vivere, ex duobus animis mira et inexplicabili ratione unus conflatus videretur. Plane Davidem et Jonatam devinctissimum par credidisses. Bona foederatio et his ecclesiae iactationibus peroptanda. Hoc iugo orthodoxa fides pro55 seminata est; hoc crevit et stetit; eodem etiam nunc restitui se postulat aureum seculum, quo leo et agnus accubabunt. Nonne hic accubarunt? Perpetuam coniunctionem, alterius tantum anno et duobus diebus consecuta mors diremit. Usque eo autem haec familiaritas valuit, ut quae alias vix tentari potuissent, hac perficerentur. Veniamus ad illud tempus, quo haec lux nostris oculis oborta est, quo ad Rudolphum 60 augustum (cuius sceptrum Deus Coelitesque fortunent) a Summo Pontefice legatus venit. Bohemiam tanto ardore ingreditur ut, si necesse esset, vellet eius avitam foelicitatem praetio capitis sui redimere. Ad negotium gerendum se comparat, ut qui fraudi nemini, omnibus commodo esse cupit. Vulnera, ut solers medicus explorat; [53r] aegriores partes distinguit, vestigat causas, ad fontem penetrare, ipsas mali fibras pernoscere studet. 65 Christe sancte, quanta voluntas in hoc viro? quanta sollicitudo? quantus animus? Vitam perfundere certus erat, dummodo ex suo sanguine medicina fieret, quae vel communibus rebus prodesset vel publicis incommodis mederetur. Neque vero ille haec tanta per se absque Deo struebat. Omnibus sextis feriis officio, quod de S. Cruce proprium est, sumpto Sanctacrucius noster sacris operabatur pro Bohe70 miae salute coeleste numen singulariter interpellans. Fuit, fuit vir ille, cum foris clarus, tum domi admirandus. Eius aula, quid nisi pudicum, nisi ex sanctissimi hominis more et disciplina profectum exhibuit unquam? Noli quaerere, quis fuerit Dominus, servos intuere, frugalis, temperantis, optimi et sapientissimi magistri discipulos arbitrabere. In30

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teroga de toto famulorum, scribarum, praefectorum, amicorum, familiarium numero aliquem, in quo hunc molestum sibi senserit? Quando expertus sit importunum, iracundum? Tumultuosum quando viderit? Deff endent omnes, dominum se habuisse negabunt, parentem fuisse, qui suorum animas non sui corporis compendia spectarit. Sacram Eucharistiam manibus suis ipse porrigebat, cuius usum menstruum toti familiae praescripserat. Vestem [53v] aut ornatu turpem aut apparatu ridiculam aut sumptu fastidiosam non patiebatur. Lapso nihil tristius, quam si crimen domino constaret. Errata novisse, simul monuisse, puniisse, emendasse erat. Ergo et diligebatur et observabatur a suis; caeteris quibuscum ageret et aspectu et congressu et omni humanitatis sermone iucundissimus. Quod de communi victu cultuque restabat, non magis suum quam egentium existimabat. Quid tam difficile suscepit unquam, quod ad extremum persecutus non est? Quid tam sublime, quod animi celsitate non transcurrit? Impeditissimas res quam celeriter perstrinxit? Quo Sedis Apostolicae, cui se ab ineunte aetate addixerat, res aut causa vocaret, illuc non animi tantum vel corporis viribus, sed totu impetu ferebatur. Nostram inertiam coarguit, qui spinosa fugimus, qui fidem, quam Deo, Ecclesiae, patriae dedimus, non prestamus; qui iter nimis delicatum, et quod nusquam extat, in coelum metimur; qui diu deliberantes in rem tandem nihil conferimus. Tot dierum, mensium, annorum, lustrorum, aetatum pene cogitata, quando excoquentur? Dum in hortulis nos, in lectulis, in cubiculis suaviter recubimus, ille cuniculos fodit; dum nos circumspicimus, ille expugnat; dum nos consilia inimus et moras nectimus, ille perbacchatur [54r] et mactat. Non vos diutius tenebo. Medicis et chiyrugis obsequentissimo, cruciatum patientissimo, libere respirandi facultas datur. Hora enim (o horam) hora inquam septima febris (ut enim melius dicere possum) id est mortalitas ista eum reliquit. Sic a statione excedit fidus miles vel potius a naufragio ad tutam stationem optimus nauarchus evolat. Ibi legationis munus cumulate expleturus, quod hic summa spe inchoarat. Armis omnibus, quae talibus athletis parata sunt, septus, coronae, pro qua tantopere dimicaverat avidus, novis desideriis foetus, coelum animo spectans. IESUM ore appellans, afflictum hoc corpusculum deseruit. Non dubito Octavi, si tamen idem ille es, quem te novimus, si amorem adhuc illum retines, quem totos hos tres menses declarasti, non dubito, quin praecibus et votis tuis huius publici luctus causam sis diminuturus, quin huic adhuc regno illam opem praestabis, quam vivus policebare, et si per te licuisset, vivus praestitisses. Est hic inter nos illustris vir, qui simulatque hunc mortuum accepit, quid de illo sentiret lachrymis contestatus est. Quid aliis animi fuisse creditis? Ut hunc rumorem feret Patriae Pater Gregorius? quid purpuratus avunculus eius Divi Adriani cardinalis amplissimus Prosper? quid [54v] Scipio episcopus titularis Cerviae? quid Georgius Dominus Viani? quid natu minor Fabius? omnes Sanctacrucii germani huius quid dicent? Nonne Octavium illi suum a nobis repetent? et quomodo reddemus? Magna orbitas et acerbissima destitutio, cum ii e vita tolluntur, in quorum vita vita nititur multorum. Dicam, Auditores, quod sentio. Lustrat milites suos Imperator ille; iure nonnunquam summo utitur; delectu habito ex castris optimos quosque nobis non animadvertentibus paulatim secernit. Cur? Fortasse, ut Loth una cum liberis educto in caeteros irati numinis animadversio impune grassetur. Quare villulae quisque suae tabellas properanter corri-

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piat, ad calculos rem revocet, omnia colligat, ne illud momentum insperantem obruat, a quo momento vel beata aeternitas vel sempiterna calamitas pendet. Dixi. Übersetzung mit Sachkommentar 699 Leichenrede auf den hochwürdigsten Herrn Ottavio de Santacroce, Bischof von Cervia etc., gestorben am 3. September und bestattet am 5. desselben Monats 1581 in Prag Wenn die Religion, erlauchteste Zuhörer, die Feststellung verbietet, daß dieser Zeit etwas Verhängnisvolles innewohnt, so sieht jeder gewisslich, daß weit und breit viel Trauriges und Unheilvolles geschieht, und die, welche etwas vorhersehen, können nicht zweifeln, daß nach diesen Geschehnissen noch traurigere drohen. Kaum haben wir den Tod des Prager Bischofs700 betrauert, werden wir plötzlich zu neuer Trauer gerufen – und zur Trauer über welch einen Mann, guter Gott? Es ist ein Jahr her, daß wir für den Antonius das feierliche Begräbnis ausgerichtet haben, und schon fordert Ottavio mit schweigender Mahnung das Leichengeld für seinen Tod. Sooft ihr den Namen dieses Mannes von mir hören werdet, sollt ihr glauben, daß die große Wunde des Schmerzes, die den Seelen vieler Menschen zugefügt wurde, wieder aufbricht. Ottavio starb viel erhabener als jener, den das Altertum feierte. Ottavio beweinen wir. Ottavio vermissen wir. Gebt uns, bitte, einen guten Redner. Gebt uns einen Staatsmann in der Toga. Gebt uns einen Römer, dessen Brust, Mund, Stimme, Zunge, Kraft, Geist, Leidenschaft, Redefluss und unwiderstehliche Energie dem Lob eines Mannes aus Rom dienen kann. Dienen kann, sage ich, denn was könnte ausreichen? Wer kann die Dinge begreifen oder in dem begrenzten Umfang einer Rede behandeln, die schon der Geist zu fassen sich sträubt, Dinge, denen beinahe selbst das Denkvermögen des Menschen erliegt. Wenige sind übrig geblieben, die vergangenen Übeln entronnen sind. Wie viele zählen wir, die das Wüten des gegenwärtigen Sturmes ertragen können? Wenn es schwierig ist, gute und heilstiftende Personen zu finden, so grenzt es an ein Wunder, Leute vom Schlage eines Ottavio zu präsentieren. Ich will nicht übertreiben, es ist bekundet und bezeugt, was ich mit wenigen Worten über diesen Mann in Erinnerung rufen werde. Nicht einmal wenn ich wollte, könnte jene Tugend von mir im Übermaß gepriesen werden, die jener allesschauende Gott gleichsam von einem fremden Ort auf den Seinen übertragen hat.

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Walter Brandmüller und Thomas Hofmann haben die Übersetzung kritisch durchgesehen. Ihnen sei an dieser Stelle für alle Korrekturvorschläge und Hinweise herzlich gedankt. Anton Brus von Müglitz, 1518 – 1580, Großmeister des Kreuzherrenordens mit dem roten Stern, 1558 – 1561 Bischof von Wien, 1561 – 1580 Erzbischof von Prag. Er starb am 27. August 1580; vgl. Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III: Saeculum XVI ab anno 1503 complectens, hg. von Wilhelm van Gulik, Konrad Eubel, Ludwig Schmitz-Kallenberg, Monasterii 1923, S. 279.

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Weder brüstet er sich, noch leugnet er, der Sohn des Onofrio701 zu sein. Wer aber empfände keine Freude, von solch einem Vater abzustammen, dem angesehensten Bürger, tapfersten Soldaten, dem erlauchtesten und geachtetsten unter den Helden Roms, den Rom ehrt, den seine Bürger preisen, den Gedenk- und Dankschriften künftigen Zeiten empfohlen haben. Wem sind der Name, die Familie und der Ruhm der Santacroce unbekannt? In Wahrheit verbietet er, mit diesen Farben gezeichnet zu werden. Er leugnete, daß jemand deshalb glücklich genannt werde könne, geschweige denn es auch sei. Wenn er die Wohltaten der Natur schon nicht gänzlich ablehnte, so gab er sich ihnen nicht sehr hin. Er hatte nur ein Ziel, daß das durch Tugend erworbene Lob seiner Vorfahren, welches durch Erbrecht auf ihn gekommen war, durch die Nachahmung seiner Vorfahren zu seinem eigenen werde. Deshalb werden wir in Dir nicht den vornehmen römischen Patrizier, nicht den Herrn von Viano702 und auch nicht den Grafen und Abt von S. Nazaro703 sehen. Diese Titel hältst Du für Schall und Rauch, unwürdig, daß sie zu Deinem Lob angeführt werden. Wenn Du Mühen bis ans Ende ertragen hast, wenn Du Gefahren ins Auge gesehen hast, wenn Du viele Ärgernisse auf Dich genommen hast, so wirst Du an deren Erwähnung Freude haben. Den Schweiß, der im Übermaß aus dem Körper des Bischofs von Cervia704 floss, empfindest Du jetzt als Genuss. In diesem Bereich also wollen wir suchen, was Du vollbracht hast. Er war der Vorsteher seiner Schafe, das friedliche Zusammenleben und die Unversehrtheit der ihm anvertrauten Herde war ihm ein Anliegen. Dieser Herde gab er sich ganz hin. Mit höchstem Engagement strebte er danach, diese Herde zahlenmäßig vermehrt und in ihrer Substanz unversehrt für Gott zu erhalten. Seiner Person gegenüber höchst wachsam, verabscheute er zutiefst alles, was der Sache nach unverhältnismäßig oder auf Grund eines Verdachts schlüpfrig erscheinen konnte und sühnte sofort die kleinsten Vergehen, die zu vermeiden außerhalb der menschlichen Möglichkeiten steht. Gregor705, der heute mit höchster Achtsamkeit die Geschicke der Kirche leitet, sah und bemerkte diesen hoffnungsvollen Mann. O wie sehr wird er leiden, daß ihm Ottavio entrissen wurde! Mit dem Tod von Portia hast Du, Stadt Prag, etliche meiner Hoffnungen begraben.706 Willst Du mich auch meiner Rechten berauben? Der, der jetzt bei Dir bestattet wird, ist mein vertrauter Ratgeber und Helfer. Weißt Du nicht, welchen Verlust die gesamte Kirche durch das Hinscheiden so vieler und 701 702 703 704 705 706

Onofrio Santacroce (1492 – 1551), Herr von Oriolo, Fiano und Rota. Zu seiner Person vgl. Kap. III.4, S. 335. Heute Fiano Romano ca. 50 Kilometer nördlich im Tibertal gelegen. Abtei SS. Nazario e Celso, gegründet 1040, westlich von Novara und nördlich von Vercelli gelegen. Ottavio Santacroce wurde 1576 Bischof von Cervia als Nachfolger seines Bruders Scipione. Gregor XIII. (Ugo Boncompagni), Papst 1572 – 1585. Bartolomeo Portia, geb. ca. 1540, Theologiestudium in Padua und Bologna, Protégé Carlo Borromeos, 1567 Abt von Moggio, Apostolischer Protonotar, 1569 Visitator des Patriarchats Aquileja, 1573 Nuntius in Süddeutschland, 1577 außerordentlicher Nuntius in Köln, 1578 Nuntius am Kaiserhof. Er starb am 12. August 1578 in Prag, Vgl. zu seiner Person ausführlich Kap. III.3.

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so bedeutender Männer erleidet? Weißt Du nicht, wie hoch ich diesen immer schätzte? Was er für mich bedeutete? Einst war er die Tür, der Schlüssel und der Zugang zu den Geschäften, die von überall her diesem Gericht des Heiligen Stuhls zugewiesen werden. Ich habe ihn an die Spitze zweier erstrangiger Städte des Heiligen Patrimoniums gestellt. Fermo707 und Perugia708 habe ich ihm anvertraut. Diese ihm übertragene Aufgabe hat er so erfüllt, daß er jede Sorge von mir nahm. Kurzum, wo Ottavio war, da waren Schutz, Fürsorge, Treue, Wohlstand der Kirchen und der privaten Heime, ungebrochene Wachsamkeit, eine gewisse göttliche Gnade und die erwünschteste Entwicklung aller Angelegenheiten anzutreffen. Wir wollen ein wenig in unserer Betrachtung fortschreiten. Die Gesandtschaft zu Emanuele Filiberto709, dem Herzog von Savoyen, tritt jetzt vor Augen.710 Hier stellte er in einem Zeitraum von drei Jahren unter Beweis, was er durch seine Frömmigkeit, seine Freundlichkeit, seine Klugheit, durch seinen höchst angenehmen Charakter und durch seine vollkommene Tugend zu tun vermochte. Seine Bemühungen und sein Bestreben richtete er in besonderem Maße darauf, daß die ein ruhiges Leben genießen konnten, zu welchen er entsandt worden war. Am Mund des Priesters hing der erlauchteste Fürst und unterstützte den, der heilsame Mahnungen aussprach und die besten Dinge vollbrachte; als Ratgeber sah er ihn an, hörte auf ihn und verehrte ihn. So sehr waren Hirte und Schaf verwachsen, daß der eine im Innersten des anderen zu leben und aus zwei Seelen auf wunderbare und unerklärliche Weise ein einziges Wesen geformt erschien. Man hätte durchaus glauben können, sie seien David und Jonathan711, das unzertrennlichste Paar. Ein gutes Bündnis ist auch für die gegenwärtigen Erschütterungen der Kirche überaus wünschenswert. Unter diesem Joch wurde der rechte Glaube ausgesät. Unter diesem wuchs er und erhielt festen Stand. Unter demselben fordert jetzt das goldene Zeitalter seine Restitution, wo Löwe und Lamm zusammen liegen werden. Haben sie etwa hier nicht zusammen gelegen? Eine ewige Verbindung hat der Tod des einen, welcher gerade einmal ein Jahr und zwei Tage zurückliegt, auseinandergerissen.712 Bis dahin aber herrschte diese Vertrautheit, daß diese Dinge, welche man sonst kaum versuchen kann, eben dadurch vollendet wurden.

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Ottavio Santacroce war von 1573 bis 1576 Gouverneur von Fermo. 1576 wurde Santacroce Gouverneur von Perugia, wo er nur ein Jahr blieb. Emanuele Filiberto, geb. 1528 Chambéry, 1553 Generalstatthalter der Niederlande und Herzog von Savoyen, 1559 Restituierung des Herzogtums im Frieden von Cateau-Cambrésis, ∞ Margarete, Tochter Franz’ I. von Frankreich, Verlegung der Hauptstadt von Chambéry nach Turin und Reorganisation des Staatswesens, † 1580. Ottavio Santacroce war von 1577 bis 1581 Nuntius in Savoyen. Sohn des Königs Saul und guter Freund des David. Er kommt in der Schlacht von Gilboa mit seinem Vater um (1 Sam 14; 31,2). Anspielung auf den Zeitraum zwischen dem Tod Emanuele Filibertos (30. August 1580) und dem von Ottavio Santacroce (3. September 1581). Bei exklusiver Rechnung liegen allerdings genau ein Jahr und drei (nicht zwei) Tage zwischen den beiden Todesdaten. Der Tod des piemontesischen Herzogs war Anlass für Gregor XIII., Ottavio Santacroce aus Turin abzuberufen.

7. Die Leichenrede des Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce

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Kommen wir nun zu jener Zeit, in der dieses Licht unseren Augen erschienen ist, als er vom Papst zum erhabenen Rudolph (dessen Zepter Gott und die Himmlischen gewogen seien) als Gesandter kam.713 Er kommt nach Böhmen mit solchem Eifer, daß er das frühere Glück des Landes – falls notwendig – um den Preis seines Lebens zurückgewinnen möchte. Er geht daran die Amtsgeschäfte zu übernehmen, wie einer, der niemandem zum Schaden, allen zum Vorteil sein möchte. Er forscht nach den Wunden wie ein geschickter Arzt. Er ordnet die Teile nach dem Grad ihrer Erkrankung, forscht nach den Ursachen und bemüht sich, an die Quelle selbst zu gelangen und die Wurzelfasern des Übels genau zu erkennen. Heiliger Christus, wie viel Willensstärke lag in diesem Mann! Wie viel Umsicht! Wie viel Mut! Es war sein fester Wille, sein Leben hinzugeben, wenn nur aus seinem Blut Medizin gewonnen werden konnte, welche der allgemeinen Wohlfahrt dienlich sei oder den öffentlichen Missständen Abhilfe schaffen könnte. Aber jener konnte diese vielen Dinge nicht durch sich allein ohne Gott schaffen. Jeden Freitag opferte unser Santacroce unter Verwendung des Formulars der Votivmesse zu Ehren des Heiligen Kreuzes die Heilige Messe zum Heil Böhmens auf, indem er die himmlische Gottheit in besonderer Weise anrief. Es war jener ein Mann, in der Öffentlichkeit angesehen, aber auch zu Hause bewundernswert. Was zeigte sein Haushalt, wenn nicht etwas Züchtiges, was der Charakter und die Disziplin des heiligsten Mannes hervorbrachte?714 Frage nicht, wer der Herr war, sieh’ die Diener an und Du wirst sie für die Schüler des bescheidenen, maßvollen, besten und weisesten Lehrers halten. Frage von allen Dienern, Schreibern, Präfekten, Freunden und Familiaren irgendjemanden, bei welcher Gelegenheit er ihn als lästig empfunden habe? Wann er ihn schroff und zornig erlebt habe? Wann er ihn lärmend gesehen habe? Alle werden ihn verteidigen und sagen, sie hätten in ihm keinen Herrn gehabt, sondern einen Verwandten, der auf die Seelen der Seinen, nicht auf den Vorteil seines Körpers gesehen habe. Die Heilige Eucharistie, deren Empfang er der ganzen familia einmal monatlich geboten hatte, reichte er eigenhändig. Kleidung, die durch Ausschmückung entstellt, in der Machart lächerlich oder durch den Aufwand Anlass zu Kritik gab, duldete er nicht. Über nichts empfand er mehr Trauer als über den Gefallenen, als ob dem Herrn ein Vorwurf zu machen sei. Fehler zu erkennen, bedeutete gleichzeitig, zu ermahnen, zu bestrafen und den richtigen Weg zu weisen. Deshalb wurde er von den Seinen geliebt und geschätzt. Den übrigen, mit denen er zu tun hatte, waren seine Erscheinung, die Begegnung mit ihm und das menschliche Gespräch höchst angenehm. Was von der gemeinsamen Verpflegung und Lebenshaltung übrig blieb, betrachtete er weniger als sein Eigentum, als das der Bedürftigen. Welche schwierige Aufgabe hat er jemals in Angriff genommen, ohne sie zu Ende zu führen? Welche Höhen hat er nicht mit der Erhabenheit seiner Seele durchschritten? 713 714

Ottavio Santacroce übernahm im Frühjahr 1581 die Nuntiatur am Kaiserhof. Zu Beginn seiner Kaiserhofnuntiatur ordnete Santacroce seinen Haushalt. Die vier Statuten, die abschriftlich im Reisebericht des Pompeo Vizani überliefert sind (Allgemeiner Verhaltenskodex, Zimmer- und Bettenverteilung, Sitzordnung bei Tisch und in der Gesindestube, Vorschriften für den Tischdienst) geben einen Einblick in einen päpstlichen Diplomatenhaushalt des 16. Jahrhunderts. Sie sind abgedruckt im Anhang von Kap. III.6, S. 397 – 402.

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III. Die päpstlichen Nuntien im Reich

Wie schnell hat er die beschwerlichsten Dinge überwunden. Wohin ihn eine Angelegenheit oder ein Rechtsstreit des Apostolischen Stuhles, dem er sich von Beginn seines Lebens an verschrieben hatte, rief, dorthin begab er sich nicht nur mit den Kräften seines Geistes oder Körpers, sondern mit ganzer Energie. Unsere Trägheit tadelte er, die wir das Unangenehme fliehen und das Wort, das wir Gott, der Kirche und dem Vaterland gegeben haben, nicht halten; die wir einen allzu bequemen Weg zum Himmel zurücklegen, den es doch nirgends gibt; die wir lange Überlegungen zu einem Sachverhalt anstellen und doch nichts erreichen. Das was in so vielen Tagen, Monaten, Jahren, Jahrzehnten, Zeitaltern kaum erwogen wurde, wann wird es zu Ende gedacht? Während wir in unseren Gärtlein, Bettchen und Zimmerchen wohlig ruhen, gräbt er Stollen. Während wir das Terrain sondieren, hat jener schon erobert. Während wir Pläne schmieden und uns Verzögerungen ausdenken, hat er alles erfolgreich zu Ende gebracht. Ich will Euch nicht länger aufhalten. Gehorsamst den Ärzten und Chirurgen, geduldigst gegenüber dem Leiden, wird ihm nun Gelegenheit gegeben frei zu atmen. Denn in der Stunde (oh welche Stunde!) oder genauer gesagt in der siebten Stunde,715 hat das Fieber, d. h. die sterbliche Natur, ihn verlassen. So verlässt der treue Soldat seinen Posten oder erreicht vielmehr der beste Kapitän nach dem Schiff bruch den sicheren Hafen. Dort wird er die Aufgabe seiner Gesandtschaft vollständig zu Ende bringen, die er hier unter größten Erwartungen begonnen hatte. Gerüstet mit allen Waffen, die solchen Athleten bereitet wurden, und begierig auf die Krone, für die er so sehr gekämpft hatte, voll von neuen Begierden sieht er in seinem Herzen den Himmel. Jesus mit seinem Mund rufend verließ er diesen gequälten unbedeutenden Körper. Ich zweifle nicht, Ottavio, wenn Du noch derselbe bist als den wir Dich kennen, wenn Du noch jene Liebe empfindest, die Du während dieser drei Monate uns gezeigt hast, ich zweifle also wirklich nicht, daß Du mit Deinen Gebeten und Gelübden den Grund für diese öffentliche Trauer verringern wirst, daß Du diesem Königreich immer noch jene Hilfe zuteil werden lässt, die Du zu Lebzeiten versprochen hast und, wenn es Dir ermöglicht worden wäre, zu Lebzeiten auch gewährt hättest. Es gibt hier unter uns einen berühmten Mann, der, sobald er erfahren hat, daß dieser gestorben sei, mit seinen Tränen bezeugte, was er über jenen dachte. Was, glaubt ihr, haben die anderen in ihrem Herzen empfunden? Wie wird Gregor, der Vater des Vaterlandes, diese Nachricht ertragen? Was wird sein Onkel, der hochange-

715

Ottavio Santacroce verstarb am Morgen des 3. September. Bei Vizani findet sich 6.30 Uhr als Uhrzeit (AS Roma, Fondo Santacroce 87, fol. 48r), 7 Uhr hingegen im Bericht des venezianischen Gesandten vom 5. September (AS Venezia, Senato – Dispacci degli ambasciatori, Germania 8, fol. 171r).

7. Die Leichenrede des Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce

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sehenste Purpurträger Prospero,716 der Kardinal von S. Adriano,717 was Scipione,718 der Titularbischof von Cervia, was Giorgio,719 der Herr von Fiano, was der jüngere Bruder Fabio720, was werden alle leiblichen Brüder aus dem Haus Santacroce sagen? Werden sie nicht ihren Ottavio von uns zurückfordern? Und wie wollen wir ihn zurückerstatten? Einen großen Verlust und die bitterste Einsamkeit bedeutet es, wenn die aus dem Leben scheiden, von deren Leben das Leben vieler abhängt. Ich möchte aussprechen, [erlauchte] Zuhörer, was ich empfinde. Jener Kaiser mustert seine Soldaten. Bisweilen greift er zu den schärfsten Maßnahmen. Nachdem er die Musterung durchgeführt hat, führt er alle Guten einen nach dem anderen aus dem Lager heraus, ohne daß wir etwas bemerken. Weshalb? Vielleicht damit die Strafe des göttlichen Zorns gerecht über die übrigen komme, wie damals, nachdem er Loth721 zusammen mit den Kindern herausgeführt hatte. Deshalb möge jeder schnell die Rechnungsbücher seines kleinen Landguts zur Hand nehmen, seine Rechnungen bezahlen und alles zusammenstellen, damit ihn nicht jener Augenblick unvorbereitet überwältigt, von dem die selige Ewigkeit oder das ewigen Verderben abhängt. Ich habe gesprochen.

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Prospero Santacroce (1514 – 1589), entfernter Verwandter von Ottavio, Herr von Kastell San Gregorio, Studium in Padua, 1543 Auditor der Rota, 1548 Bischof von Kisamos, 1547 – 1550 Nuntius bei Ferdinand I., 1552 und 1561 – 1565 Nuntius in Frankreich, 1560 Gouverneur von Bologna, anschließend Nuntius in Portugal, 1565 Kardinal und von 1566 – 1573 Administrator des Erzbistums Arles, 1585 aussichtsreicher Kandidat auf die Tiara; vgl. Kap. III.4, S. 336 f. Prospero war von 1574 bis 1583 Titelkardinal von S. Adriano, vgl. Hierarchia catholica, Bd. III, S. 40. Scipione Santacroce (1515 – 1583), Stiefbruder Ottavios, war bei seinen Onkeln, den Kardinälen Paolo und Federico Cesi aufgewachsen. Von 1545 bis 1576 stand er dem Bistum Cervia vor. Er besaß eine beachtliche, vielgerühmte Bibliothek. Giorgio Santacroce († 1591), Bruder Ottavios, Marchese von Oriolo. Fabio Santacroce († 1596), Bruder und Alleinerbe Ottavios, General der päpstlichen Galeeren unter Sixtus V.; nach dem Tod Giorgios 1591 Herr von Fiano, Oriolo und Rota. Loth war ein Neffe Abrahams. Er wohnte später mit seiner Familie in der Gegend von Sodom. Als die Stadt wegen ihrer Vergehen von Gott zerstört wurde, konnten nur Loth und seine Töchter gerettet werden. Als sich seine Frau umblickte, erstarrte sie zur Salzsäule (Gen 31).

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Siglen- und Abkürzungsverzeichnis Anm. ap., ap.co, ap.ca A. S. AS ASV BAV Bd., Bde. Bearb(b)., bearb. b(u)o. me. caes.o, caes.a, caes.i cath.co, cath.ca, cath.ci cat(t).co, cat(t).ca, cat(t).ci, cat(t).che ces.o, ces.a, ces.i ecc.mo, ecc.ma, ecc.mi f., ff. f. m. fol. geh. g. m. Hg(g)., hg. ill.mo, ill.ma, ill.mi Jb. Konz. Kop. Mons. M.tà S. Nachdr. NBD N. F. Nr. N. S. Or. P. P. S. r.do, r.di Reg. rev.mo, rev.ma, rev.mi S. S. A. S. B.

Anmerkung apostolisch, apostolico, apostolica Altezza Sua Archivio di Stato Archivio Segreto Vaticano Biblioteca Apostolica Vaticana Band, Bände Bearbeiter, bearbeitet buona memoria caesareo, caesarea, caesarei catholico, catholica, catholici cat(t)olico, cat(t)olica, cat(t)olici, cat(t)oliche cesareo, cesarea, cesarei eccellentissimo, eccellentissima, eccellentissimi folgende felice memoria folio geheim gloriosa memoria Herausgeber, herausgegeben illustrissimo, illustrissima, illustrissimi Jahrbuch Konzept (Minute) Kopie Monsignore Maestà Sua Nachdruck Nuntiaturberichte aus Deutschland Neue Folge Nummer Nostro Signore Original Padre Postscriptum reverendo, reverendi Register reverendissimo, reverendissima, reverendissimi San, Santa, Santo, Signore, Signoria - Seite Sua Altezza Sua Beatitudine

424 S. E. ser.mo, ser.ma, ser.mi S(ig).ri S. M.tà Sp. S.ra S. S. S. S.tà S. V. vgl. V. S.

Siglen- und Abkürzungsverzeichnis

Sua Eccellenza serenissimo, serenissima, serenissimi Signori Sua Maestà Spalte Signora Sua Signoria Sua Santità Signoria Vostra vergleiche Vostra Signoria

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Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Archivalien Florenz (Firenze) Archivio di Stato (AS) Medici Principi 4339 Mailand (Milano) Biblioteca Ambrosiana Codex H 108 inf. Rom (Roma) 1. Archiv des Deutschen Historischen Instituts in Rom Nuntiaturberichte, Schachtel IV/9 2. Archivum Romanum Societatis Jesu Austria 25, 123 3. Archivio di Stato (AS) Fondo Santacroce 87 4. Archivio Storico Capitolino Archivio Orsini, Lettere 262 Simancas Archivo General de Simancas Estado, Legajo 932; 933 Turin (Torino) Archivio di Stato (AS) Materie politiche per rapporto all’estero Lettere Ministri, Austria 4

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Vatikanstadt (Città del Vaticano) 1. Archivio della Congregazione della Dottrina della Fede TT 1a 2. Archivio Segreto Vaticano (ASV) Archivio Concistoriale Acta camerarii 11 Acta miscellanea 11 Acta vicecancellarii 11 Archivum Arcis, Armadio (Arm.) I – XVIII 244, 948 – 950, 4728 Armadio (Arm.) XLII 57 XLIV 14, 16, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 34, 56 LII 31 Concilio Tridentino 37 Epistulae ad Principes (Ep. ad Princ.), Registra (Reg.) 11, 12, 13, 15 Fondo Albani 44 Fondo Borghese I 84; II 154, 156, 159, 162, 168, 200, 403; IV 274bis Fondo Pio 127, 276 Fondo Santacroce 7B Miscellanea, Armadio (Arm.) II 116, 130 Registri Vaticani 21, 1937 Segreteria dei Brevi, Registra (Reg.) 23, 40, 86, 87, 88, 93 Segreteria di Stato Germania 7, 11, 74, 84, 81, 82, 82a, 88, 91, 98, 99, 103, 104, 105, 114 G, 123 Savoia 6, 7, 8, 9 Spagna 21, 26, 28, 66 3. Archivio Storico della Sacra Congregazione per l’evangelizzazione dei popoli o „de propaganda fide“ Acta [1648], [1649/50] Scritture originali congregazioni generali 69, 75 4. Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV) Barberiniani Latini (Barb. Lat.) 2470, 2583, 5742, 5744, 6913 Fondo Boncompagni Ludovisi D 7 Urbinates Latini (Urb. Lat.) 839 Venedig (Venezia) Archivio di Stato (AS) Santo Ufficio, Savi all’eresia, busta 42 Senato, Dispacci degli ambasciatori, Germania 8

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Wien 1. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Hungarica 112 Rom Diplomatische Korrespondenz 47, 48 Hofkorrespondenz 6 Varia 6 2. Hofkammerarchiv Faszikel 168 3. Österreichische Nationalbibliothek *35.E.128 MF 1146 2. Quelleneditionen und Quellensammlungen 1. Hauptinstruktionen Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592 – 1605, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1984 (Instructiones Pontificum Romanorum). Le istruzioni generali di Paolo V ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, bearb. von Silvano Giordano OCD, 3 Bde., Tübingen 2003 (Instructiones Pontificum Romanorum). Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhöfen 1621 – 1623, bearb. von Klaus Jaitner, 2 Bde., Tübingen 1997 (Instructiones Pontificum Romanorum). 2. Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken (Kaiserhof) 1. Abteilung: 1533 – 1559 Bd. 1: Nuntiaturen des Vergerio 1533 – 1536, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892 (Nachdr. 1968). Bd. 2: Nuntiatur des Morone 1536 – 1538, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1892. Bd. 4: Legation Aleanders 1538 – 1539, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1893. Bd. 5: Gesandtschaft Campeggios. Nuntiaturen Morones und Poggios. Legation Farneses und Cervinis 1539 – 1540, bearb. von Ludwig Cardauns, Berlin 1910 (Nachdr. Frankfurt a. M. 1968).

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Bd. 6: Gesandtschaft Campeggios. Nuntiaturen Morones und Poggios (1540 – 1541), bearb. von Ludwig Cardauns, Berlin 1910. Bd. 9: Nuntiatur des Verallo 1546 – 1547, bearb. von Walter Friedensburg, Gotha 1899. Bd. 10: Legation des Kardinals Sfondrato 1547 – 1548, bearb. von Walter Friedensburg, Berlin 1907. Bd. 12: Nuntiaturen des Pietro Bertano und Pietro Camaiani 1550 – 1552, bearb. von Georg Kupke, Berlin 1901. Bd. 13: Nuntiaturen des Pietro Camaiani und Achille de Grassi, Legation des Girolamo Dandino (1552 – 1553), bearb. von Heinrich Lutz, Tübingen 1959. Bd. 16: Nuntiatur des Girolamo Martinengo (1550 – 1554), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1965. Bd. 17: Nuntiatur Delfinos. Legation Morones. Sendung Lippomanos (1554 – 1556), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1970. Ergänzungsbd. 1: Legation Lorenzo Campeggios 1530 – 1531 und Nuntiatur Girolamo Aleandros 1531, bearb. von Gerhard Müller, Tübingen 1963. 2. Abteilung: 1560 – 1572 Bd. 1: Die Nuntien Hosius und Delfino 1560 – 1561, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1897. Bd. 2: Nuntius Commendone 1560 (Dezember) – 1562 (März), bearb. von Adam Wandruszka, Graz-Köln 1953. Bd. 3: Nuntius Delfino 1562 – 1563, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1903. Bd. 4: Nuntius Delfino 1564 – 1565, bearb. von S[amuel] Steinherz, Wien 1914. Bd. 5: Nuntius Biglia 1565 – 1566 (Juni). Commendone als Legat auf dem Reichstag zu Augsburg 1566, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien-Leipzig 1926. Bd. 6: Nuntius Biglia 1566 (Juni) – 1569 (Dezember). Commendone als Legat bei Kaiser Maximilian II. 1568 (Oktober) – 1569 (Jänner), bearb. von Ignaz Philipp Dengel, Wien 1939. Bd. 7: Nuntius Biglia 1570 – 1571, bearb. von Ignaz Philipp Dengel, aus dem Nachlaß hg. u. eingeleitet von Hans Kramer, Graz-Köln 1952. Bd. 8: Nuntius G. Delfino und Kardinallegat G. F. Commendone 1571 – 1572, bearb. von Johann Rainer, Graz-Köln 1967. 3. Abteilung: 1572 – 1585 Bd. 1: Der Kampf um Köln (1576 – 1584), bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1892. Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576. Der Pacificationstag zu Köln 1579. Der Reichstag zu Augsburg 1582, bearb. von Joseph Hansen, Berlin 1894. Bd. 3: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Erstes Jahr 1573/74), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1896. Bd. 4: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Zweites Jahr 1574/75), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1903. Bd. 5: Die Süddeutsche Nuntiatur des Grafen Bartolomäus von Portia (Schlußjahre 1575/1576), bearb. von Karl Schellhass, Berlin 1909.

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Bd. 6: Nuntiatur Giovanni Delfinos (1572 – 1573), bearb. von Helmut Goetz, Tübingen 1982. Bd. 7: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1573 – 1574), bearb. von Almut Bues, Tübingen 1990. Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575 – 1576), bearb. von Daniela Neri, Tübingen 1997. Bd. 9: Nuntiaturen des Giovanni Delfino und des Bartolomeo Portia (1577 – 1578), bearb. von Alexander Koller, Tübingen 2003. Bd. 10: Nuntiaturen des Orazio Malaspina und des Ottavio Santacroce. Interim des Cesare Dell’Arena (1578 – 1581), bearb. von Alexander Koller, Berlin 2012. 4. Abteilung: 17. Jahrhundert Bd. 7: Nuntiaturen des Malatesta Baglioni, des Ciriaco Rocci und des Mario Filonardi. Sendung des Alessandro d’Ales 1634 – 1635, bearb. von Rotraud Becker, Tübingen 2004. 3. Die Nuntiatur am Kaiserhof (hg. von der Görres-Gesellschaft) Germanico Malaspina und Filippo Sega (Giovanni Andrea Caligari in Graz) 1584 – 1587, bearb. von Robert Reichenberger, Paderborn 1905 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 10). Antonio Puteo in Prag 1587 – 1589, bearb. von Joseph Schweizer, Paderborn 1912 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 14). Die Nuntien in Prag. Alfonso Visconte 1589 – 1591, Camillo Caetano 1591 – 1592, bearb. von Joseph Schweizer, Paderborn 1919 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 18). 4. Die Grazer Nuntiatur (hg. vom Österreichischen Kulturinstitut in Rom und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) Bd. 1: Nuntiatur des Germanico Malaspina. Sendung des Antonio Possevino 1580 – 1582, bearb. von Johann Rainer, Wien 1973. Bd. 2: Nuntiatur des Germanico Malaspina und des Giovanni Andrea Caligari 1582 – 1587, bearb. von Johann Rainer unter Mitwirkung von Sabine Weiss, Wien 1981. Bd. 3: Nuntiatur des Girolamo Portia und Korrespondenz des Hans Kobenzl 1592 – 1595, bearb. von Johann Rainer unter Mitarbeit von Heinz Noflatscher und Christian Rainer, Wien 2001. 5. Nuntiaturberichte aus Deutschland. Die Kölner Nuntiatur (hg. von der Görres-Gesellschaft) Bd. 1: Bonomi in Köln. Santonio in der Schweiz. Die Straßburger Wirren, bearb. von Stephan Ehses, Alois Meister, Paderborn 1895 (Nachdr. 1969) (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 4).

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Bd. 5/1: Nuntius Antonio Albergati (1610 Mai – 1614 Mai), bearb. von Wolfgang Reinhard, München u. a. 1972. Bd. 5/1, Ergänzungsbd.: Nuntius Antonio Albergati (1610 Mai – 1614 Mai), in Verbindung mit Wolfgang Reinhard bearb. von Peter Burschel, Paderborn u. a. 1997. Bd. 9/1: Nuntiatur Fabio Chigi (1639 Juni – 1644 März), bearb. von Maria Teresa Börner unter Benutzung der Vorarbeiten von Joseph Wijnhoven, Paderborn u. a. 2009. 6. Weitere Nuntiaturberichte Die Nuntiaturkorrespondenz Kaspar Groppers nebst verwandten Aktenstücken (1573 – 1576), bearb. von Wilhelm Eberhard Schwarz, Paderborn 1889 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 5). Nuntiaturberichte aus der Schweiz seit dem Concil von Trient nebst ergänzenden Aktenstücken, I. Abteilung: Die Nuntiatur Bonhomini’s 1579 – 1581, bearb. von Franz Steffens, Heinrich Reinhardt, Bd. 1, Solothurn 1906. Epistulae et acta Johannis Stephani Ferrerii 1604 – 1607 (Epistulae et Acta Nuntiorum apud Imperatorem 1592 – 1628 curis Instituti Historici Bohemoslovenici Romae et Pragae III), bearb. von Zdenek Kristen, pars I, sectio 1: 1604, Pragae 1944. Epistulae et acta Antonii Caetani 1607 – 1611 (Epistulae et Acta Nuntiorum apud Imperatorem 1592 – 1628 curis Instituti Historici Bohemoslovenici Romae et Pragae IV), bearb. von Milena Linhartová, pars I: 1607, Pragae 1932; pars II: 1608 I – V, Pragae 1937; pars III, sectio 1+2: 1608 V – VIII, Pragae 1940 – 1946. Correspondance des nonces Gesualdo, Morra, Sanseverino avec la secrétairerie d’État pontificale (1615 – 1621), bearb. von Lucienne van Meerbeeck, Bruxelles-Rome 1937 (Analecta Vaticano-Belgica 2/IV). La Nunziatura di Fabio Chigi (1640 – 1651), bearb. von Vlastimil Kybal und Giovanni Incisa della Rocchetta, Bd. I in zwei Teilbänden, Roma 1943 – 1946. Francesco Buonvisi, Nunziatura a Colonia, Bd. 1: 13 IX 1670 – 27 XII 1671, Bd. 2: 1 I 1672 – 31 XII 1672, bearb. von Furio Diaz, Roma 1959 (Fonti per la storia d’Italia pubblicate dall’Istituto storico italiano per l’età moderna e contemporanea 36 – 37). Francesco Buonvisi, Nunziatura a Varsavia, Bd. 1: 3 I 1673 – 2 VI 1674, Bd. 2: 6 VI 1674 – 28 VIII 1675, bearb. von Furio Diaz u. Nicola Carranza, Roma 1965 (Fonti per la storia d’Italia pubblicate dall’Istituto storico italiano per l’età moderna e contemporanea 75 – 76). 7. Sonstige Acta Sacrae Congregationis de Propaganda Fide res gestas Bohemicas illustrantia, Bd. I/1: 1622 – 1623, hg. von Ignatius Kollmann, Pragae 1923. Acta Sacrae Congregationis de Propaganda Fide res gestas Bohemicas illustrantia, Prodromus, hg. von Ignatius Kollmann, Pragae 1939.

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Acta SC Propaganda Fide Germaniam spectantia. Die Protokolle der Propagandakongregation zu deutschen Angelegenheiten 1622 – 1649, hg. von Hermann Tüchle, Paderborn 1962. Rheinische Akten zur Geschichte des Jesuitenordens 1542 – 1582, bearb. von Joseph Hansen, Bonn 1896 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 14). Annales ecclesiastici, Bd. 2 und 3, hg. von Augustin Theiner, Romae 1856. Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., 1. Teil: Der Briefwechsel des Kaisers Maximilian II. mit dem Papst Pius V., bearb. von Wilhelm Eberhard Schwarz, Paderborn 1889. Briefe und Akten zur Geschichte Maximilians II., 2. Teil: Zehn Gutachten über die Lage der katholischen Kirche in Deutschland (1573/76) nebst dem Protokolle der deutschen Congregation (1573/78), bearb. von Wilhelm Eberhard Schwarz, Paderborn 1891. Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus, Bd. 2: Beiträge zur Reichsgeschichte 1552, bearb. von August von Druffel, München 1880. Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, hg. von der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 12 Bde., München(-Wien) 1870 – 1978. Bullarium Romanum, Bullarium diplomatum et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio, tomus VII u. VIII, Neapoli 1882 – 1883. Beati Petri Canisii Societatis Iesu epistulae et acta, vol. VII, hg. von Otto Braunsberger, Friburgii Brisgoviae 1922. Colección de documentos inéditos para la historia de España, Bde. 103 und 110, Madrid 1892 und 1894. Concilium Tridentinum. Diariorum, Actorum, Epistularum, Tractatuum nova Collectio, hg. von der Societas Goerresiana, Bd. IX: Actorum pars sexta: Complectens acta post sessionem sextam (XXII) usque ad finem concilii (17. Sept. 1562 – 4. Dec. 1563), bearb. von Stephan Ehses, Freiburg i. Br. 1924. Corpus Iuris Canonici, Pars II: Decretalium Collectiones, Decretales Gregorii, hg. von Emil Ludwig Richter, Emil Friedberg, Leipzig 1881. Dubravius, Johannes, Historia regni Bohemiae, o. O. 1552. Dumont, J[ean], Corps universel diplomatique du droit des gens, vol. IV/2, Amsterdam-Den Haag 1726. Epistulae ad principes, Bd. II: S. Pius V – Gregorius XIII (1566 – 1585), bearb. von Luigi Nanni und Tomislav MrkonjiČ, Città del Vaticano 1994 (Collectanea Archivi Vaticani 29).

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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*

Um den Umfang des Literaturverzeichnisses zu begrenzen, wurden nur Publikationen mit einem engeren Bezug zum Gesamtthema der Arbeit aufgenommen. Im übrigen erfolgen alle Verweise auf Literatur in den Anmerkungen der jeweiligen Kapitel mit vollständigen bibliographischen Angaben bei der Erstnennung.

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Publikationsnachweise

I. 1. Der Passauer Vertrag und die Kurie, in: Winfried Becker (Hg.), Der Passauer Vertrag von 1552. Politische Entstehung, reichsrechtliche Bedeutung und konfessionsgeschichtliche Bewertung, Neustadt a. d. Aisch 2003 (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 80), S. 124 – 138. 2. Die Nuntiatur von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. (1560 – 61). Neubeginn der päpstlichen Deutschlandpolitik nach dem Augsburger Religionsfrieden, in: Bernhart Jähnig, Hans-Jürgen Karp (Hgg.), Stanislaus Hosius. Sein Wirken als Humanist, Theologe und Mann der Kirche in Europa, Münster 2007 (Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands, Beiheft 18), S. 85 – 99. 3. La facción española y los nuncios en la corte de Maximiliano II y de Rodolfo II. María de Austria y la confesionalización católica del Imperio, in: José Martínez Millán, Rubén Gonzaléz Cuerva (Hgg.), La dinastía de los Austria. Las relaciones entre la Monarquía Católica y el Imperio, Bd. I, Madrid 2011, S. 109 – 124. 4. ... ut infirma confirmaret, disrupta consolidaret, depravata converteret. Grundlinien der Deutschlandpolitik Gregors XIII., in: Annali dell’Istituto storico italogermanico in Trento / Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient 30 (2004), S. 391 – 404. 5. Der Kaiserhof am Beginn der Regierung Rudolfs II. in den Berichten der Nuntien, in: Ders., Richard Bösel, Grete Klingenstein (Hgg.), Kaiserhof – Papsthof 16. – 18. Jahrhundert, Wien 2006 (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlungen 12), S. 13 – 24. 6. Der Konflikt um die Obödienz Rudolfs II. gegenüber dem Hl. Stuhl, in: Alexander Koller (Hg.), Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtsforschung, Tübingen 1998 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87) S. 148 – 164. 7. Reichsitalien als Thema in den Beziehungen zwischen Kaiser und Papst: Der Fall Borgo Val di Taro, in: Matthias Schnettger, Marcello Verga (Hgg.), Das Reich und Italien in der Frühen Neuzeit, Bologna 2006 (Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento / Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient, Beiträge 17), S. 323 – 345. 8. Traiano Mario, seine Geheimmission nach Graz und Prag und der gescheiterte antiosmanische Liga-Plan Gregors XIII. von 1579, in: Johannes Giessauf, Rainer Murauer, Martin Schennach (Hgg.), Päpste, Privilegien, Provinzen, Festschrift

Publikationsnachweise

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für Werner Maleczek zum 65. Geburtstag, Wien 2010 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsbd. 55), S. 197 – 212. 9. War der Papst ein militanter, kriegstreibender katholischer Monarch? Der Hl. Stuhl und die protestantischen „Häresien“ um 1600, in: Heinz Schilling (Hg.) unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner, Konfessioneller Fundamentalismus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600, München 2007 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 70), S. 67 – 85. 10. Papst, Kaiser und Reich am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges (1612 – 1621). Die Sicherung der Sukzession Ferdinands von Innerösterreich, in: Alexander Koller (Hg.), Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. Borghese (1605 – 1621), Tübingen 2007 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 115) S. 101 – 120. 11. Le rôle du Saint-Siège au début de la guerre de Trente ans. Les objectifs de la politique allemande de Grégoire XV (1621 – 1623), in: Lucien Bély, Isabelle Richefort (Hgg.), L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, Paris 2000, S. 123 – 133. 12. Quam bene pavit apes, tam male pavit oves. Urbain VIII et la critique de son pontificat, in: Philippe Levillain (Hg.), Rome, l’unique objet de mon ressentiment, Rome 2011 (Collection de l’École française de Rome 453), S. 103 – 114. 13. Fabio Chigi. Nunzio e mediatore in Germania, in: Annuario dell’Istituto Storico Diocesano Siena 2000 – 2001, Siena 2001, S. 36 – 55. II. 1. Die böhmischen Länder im Spiegel der Berichte der Nuntien und kurialen Instruktionen, in: Václav Buzek, Pavel Král (Hgg.), Společnost v zemích habsburské monarchie a její obraz v pramenech (1526 – 1740), České Budějovice 2006 (Opera historica 11), S. 175 – 191. 2. Alcune poche reliquie de’ cattolici. Roma e la Lusazia durante il regime asburgico (1526 – 1635), in: Matteo Sanfilippo, Alexander Koller, Giovanni Pizzorusso (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il mondo asburgico nella prima età moderna, Viterbo 2004, S. 185 – 217. 3. Circondato da turchi et heretici. Il regno d’Ungheria nel Cinquecento visto dai nunzi pontifici, in: Gaetano Platania, Matteo Sanfilippo, Péter Tusor (Hgg.), Gli archivi della Santa Sede e il regno d’Ungheria (secc. 15 – 20). In memoriam di Lajos Pásztor, Budapest-Roma 2008 (Collectanea Vaticana Hungariae 4), S. 23 – 33. 4. Frati italiani a Nord delle Alpi. La conflittualità ‚nazionale‘ nell’Impero biconfessionale, in: Massimo Carlo Giannini (Hg.), Religione, conflittualità e cultu-

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Publikationsnachweise

ra. Il clero regolare nell’Europa d’Antico regime, Roma 2006 (Cheiron 43/44), S. 78 – 106. III. 1. Prudenza, zelo e talento. Zu Aufgaben und Profil eines nachtridentinischen Nuntius, in: Rudolf Leeb, Susanne Claudine Pils, Thomas Winkelbauer (Hgg.), Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotestantismus in der Habsburgermonarchie, Wien 2006 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 47), S. 45 – 59. 2. Einige Bemerkungen zum Karriereverlauf der päpstlichen Nuntien am Kaiserhof (1559 – 1655), in: Armand Jamme, Olivier Poncet (Hgg.), Offices et papauté (XIVe – XVIIe siècle). Charges, hommes, destins, Roma 2005 (Collection de l’École française de Rome 334), S. 841 – 858. 3. Bartolomeo Porcia – Nuntius in Deutschland, in: Josef J. Schmid (Hg.), Arte & Marte. In memoriam Hans Schmidt. Eine Gedächtnisschrift seines Schülerkreises, Bd. 2: Aufsätze, Herzberg 2000, S. 49 – 92. 4. Diplomazia e vita quotidiana. Il nunzio Ottavio Santacroce e la sua familia, in: Maurizio Sangalli (Hg.), Per il Cinquecento religioso italiano. Clero – Cultura – Società, Atti del Convegno internazionale di studi, Siena 27 – 30 Giugno 2001, Roma 2003, S. 635 – 648. 5. Vademecum für einen Nuntius, in: Römische Historische Mitteilungen 49 (2007), S. 179 – 225. 6. Nuntienalltag. Überlegungen zur Lebenswelt eines kirchlichen Diplomatenhaushalts im 16. und 17. Jahrhundert, in: Rupert Klieber, Hermann Hold (Hgg.), Impulse für eine religiöse Alltagsgeschichte des Donau-Alpen-Adria-Raumes, Wien-Köln-Weimar 2005, S. 95 – 108. 7. Die Leichenrede des Jesuiten Johannes Vivarius auf den Nuntius Ottavio Santacroce († 1581), in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 118/3 – 4 (2010), S. 395 – 414.

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Register Das Register enthält Personen, Orte und einige Sachbetreffe (z. B. Buchzensur, Kaiserhof, Kalenderreform, Kurie, Laienkelch, Nuntiaturen, Reich). Kursiv formatierte Zahlen beziehen sich auf den Fußnotenteil der betreffenden Seite. Verwendete Abkürzungen: apost. außerordentl. bayer. Bf. böhm. Ebf. Ehz. Ehz.in franz. Frhr. Geh. Rat Gf. Hl. Hz. Hz.in kaiserl. kath. Kf. Kg. Kg.in königl. Mgf. niederl. ordentl. osman. öster. päpstl. portugies. protestant. poln. röm. S.; SS. span. tosk. ungar. v. venez.

apostolisch außerordentlich bayerisch Bischof böhmisch Erzbischof Erzherzog Erzherzogin französisch Freiherr Geheimer Rat Graf Heilig Herzog Herzogin kaiserlich katholisch Kurfürst König Königin königlich Markgraf niederländisch ordentlich osmanisch österreichisch päpstlich portugiesisch protestantisch polnisch römisch San, Santo, Santa; Santi spanisch toskanisch ungarisch von venezianisch

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Register

Aa 205 Aachen 404 - Friede von (1668) 209 Abbondanti, Antonio, Auditor des Nuntius Fabio Chigi 204 Accaioli, Roberto, ordentl. Nuntius in Frankreich 278 Accoramboni, Ottavio, Kollektor in Portugal 275 Acquaviva, Giuseppe, außerordentl. Nuntius in Spanien 151, 175, 176, 178f. Acuña, Martín de, span. Gesandter bei der Pforte 127 Adrianopel - Erzbischof  Visconti Borromeo, Vitaliano - Status-quo-Friede (1568) 49, 126 Ago, Renata, Historikerin 289, 291 Agram (Zagreb) 248 - Bistum 250, 327 - - Bischof  Draskovich, Georg Agucchi, Giovanni Battista, Staatssekretär Gregors XV. 148 Albano - Bischof  Della Corgna, Fulvio; Santacroce, Prospero Albergati, Antonio, Bf. v. Bisceglie, ordentl. Nuntius in Köln, Kollektor in Portugal 274, 275, 279, 300 Alberizzi, Mario, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 362, 380 Albert, Paul, Bf. v. Breslau 217 Alberti, Giovanni, tosk. Gesandter am Kaiserhof 360, 374 Albizzi, Francesco, Assessor am Heiligen Offiz 201 Albrecht v. Österreich, Ehz., Sohn Maximilians II. und Bruder Rudolfs II., Kardinal 57f. Albrecht v. Wittelsbach, Hz. v. Bayern (Albrecht V.) 40, 41, 66, 82, 128, 135, 137, 282f., 307, 310, 332 Alcácer-Quebir - Schlacht von (1578) 124 Alciati, Francesco, Kanonist, Kardinal 291 Aldobrandini - Ippolito, später Papst 292  Clemens VIII.

- Pietro, Kardinal, Nepot Clemens’ VIII., Legat in Florenz 191 - Pietro, Großneffe Clemens’ VIII., General der päpstl. Truppen 143, 174, 180, 183f., 220f. Aleandro, Girolamo, außerordentl. Nuntius beim Wormser Reichstag (1521), später Kardinal und Legat beim röm. Kg. 33, 228 Alençon, François-Hercule d’, Hz. v. Anjou 341 Alessandria 291, 301 Alessandrino (Alexandrinus v. Neuenstein) - Giovanni, Protégé der Kaiserin Maria, Reichshofrat 59, 373 - Giulio, Arzt der Kaiserin Maria 59 Alessi, Giuseppe, Auditor des Nuntius Erasmo Paravicini 236 Alexander VI. (Rodrigo Borja), Papst 98, 335 Alexander VII. (Fabio Chigi), Papst 196, 301 Alfieri, Martino, Bf. v. Isola, ordentl. Nuntius in Köln 279 Alfonso II. d’Este, Hz. v. Ferrara 103, 310, 374 Allacci, Leone, Scriptor der vatikanischen Bibliothek und apost. Kommissar im Reich 174, 184 Altemps  Hohenems Altzelle 230 Amalteo, Attilio, außerordentl. Nuntius in Siebenbürgen 243 Ambras 343 Ancona 292, 349 Andreas v. Österreich, Sohn Ferdinands v. Österreich (Tirol), Kardinal 57, 94, 343 Anguissola, Camillo, Gf. 106f., 111, 118 Anna v. Österreich, Ehz.in, Tochter Ferdinands I., Frau Albrechts V. v. Bayern 59f., 73, 82 Anna v. Österreich (Tirol), Tochter Ferdinands v. Österreich (Tirol), Kaiserin 166, 170, 234 Antiochia - Eroberung von (1098) 132 Antwerpen 150 Apuleius, antiker Schriftsteller 354, 407

Register

Aquileja 322 - Patriarchat 205f., 308, 331 - Patriarch  Giustiniani, Alvise; Grimani, Marco Aquino 110 Arco 89 - Antonio d’, kaiserl. Gesandter in Parma 108, 371 - Massimiliano d’ 325 - Prospero d’, kaiserl. Gesandter in Rom 16, 304, 308, 325 - Scipione d’, Obödienzgesandter Ferdinands I. bei Pius IV. 35, 89, 93, 95, 99, 325 Aretin, Karl Otmar v., Historiker 16 Arezzo 25 Arles - Erzbischof  Santacroce, Prospero Arpino 110 Arras - Bischof  Granvelle, Antoine Perrenot Aschhausen, Johann Gottfried v., Bf. v. Bamberg, Obödienzgesandter des Kaisers Matthias bei Paul V. 89 Asparn a. d. Zaya 268 Asti 349 - 2. Vertrag von (1615) 285 Athleta Christi-Topos 133, 412f. Augsburg 29f., 135, 310, 314, 317, 320, 331f., 343 - Bischöfe  Berg, Marquard v.; Knöringen, Heinrich v.; Knöringen, Johann Egolf v.; Truchseß von Waldburg, Otto - Fuggerpalais 343 - Fuggersches Sommerhaus 317 - Hl.-Kreuz-Kloster 310, 317 - Interim (1548)  Reich - Jesuitenkolleg 310, 321, 344 - Oblattertor 317 - Reichstage (1547/48; 1555; 1582)  Reich - Religionsfriede (1555)  Reich - St. Ulrich 393 August v. Sachsen, Hz. und Kf. 39, 76, 227, 230, 240, 343 Augustus, röm. Kaiser 407, 411, 413, 416 Avaux  Mesmes, Claude, de Avellaneda, Diego, Jesuit, Kaplan der Kaiserin Maria 57, 58

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Aversa - Erzbischof  Carafa, Carlo Avignon 90, 305, 339, 341 Ávila, Géronimo, Kaplan der Kaiserin Maria 58 Baccano 92 Badoer, Alberto, venez. Botschafter am Kaiserhof 346, 360, 374 Bärwalde - Vertrag von (1631) 146, 189 Baglioni, Malatesta, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 291f., 294, 300f., 363, 389 Balbases  Spinola Doria, Pablo Balduin von Boulogne, Kreuzfahrer, Gf. v. Edessa, Kg. v. Jerusalem 133 Bamberg - Bistum 208 - Bischof  Aschhausen, Johann Gottfried v. - Vizedom v. Villach  Hoffmann, Hans Friedrich Barbaro, Daniele, Patriarch v. Aquileja 304 Barberini - Antonio d. Ä., Kardinal, Bruder Urbans VIII. 192 - Antonio d. J., Kardinal, Nepot Urbans VIII. 192 - Francesco, Kardinal, Nepot Urbans VIII., Legat in Frankreich 188, 191f., 194, 200, 237, 285 - Maffeo, außerordentl. und ordentl. Nuntius in Frankreich, Kardinal, später Papst 188, 191  Urban VIII. - Taddeo, weltlicher Nepot Urbans VIII., Präfekt v. Rom, Fürst v. Palestrina 148, 192f. Barbiche, Bernard, Historiker 288 Barcelona 123 - Friede von (1529) 96, 98 Bardi 104, 106f., 109, 111, 113, 116 – 119 Bari - Erzbischof  Gesualdo, Ascanio; Puteo, Antonio; Puteo, Giacomo - Herzogtum 37 Baronio, Cesare, Oratorianer, Kardinal, Kirchenhistoriker 199 Barvitius, Johann, Sekretär der italienischen Kanzlei am Kaiserhof 350

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Register

Basel 311, 316, 328 - Bistum 67 - Bischof  Blarer von Wartensee, Jakob Christoph Bastoni, Guglielmo, ordentl. Nuntius in Neapel 114 Báthory von Somlyó, - Andreas, Kardinal 276 - István, Kg. v. Polen 82, 127, 247 Baumburg - Augustinerchorherrenstift 256 Baume, Claude de la, Ebf. v. Besançon 312 Bautzen 99, 214, 222f., 226, 229 - Franziskanerkirche 230 - Kollegiatstift St. Peter 227f., 230, 234, 235, 236 - Landtage  Oberlausitz - Nikolaikirche 235 Bayern - Herzogtum, später Kurfürstentum 26, 33, 170, 208, 224, 316, 323, 357, 367f., 384 - Beziehungen zu - Frankreich 146, 188f. - Kaiserhof 178, 184 - Rom 9f., 90, 174 – 184, 282f. - Herzog  Albrecht v. Wittelsbach - Herzogin  Maria v. Österreich Belgrad - Eroberung (1688) 361 - Schlacht von (1456) 132 Bellegarde  Saint-Lary, Roger de Berg, Marquard v., Bf. v. Augsburg 310 Berka v. Duba und Leipa, Zbynko, Olmützer Dompropst, Ebf. v. Prag 59 Bernerio, Giovanni Battista, Sekretär der kaiserl. Gesandtschaft in Rom 342 Besançon 311, 322 - Erzbistum 356, 366 - Erzbischof  Baume, Claude de la Biaudet, Henry, Historiker 287f. Bichi, Alessandro, ordentl. Nuntius in Frankreich 189 Biella 291, 301 Biglia, Melchiorre, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 123, 231 f., 245, 256, 264, 279, 291f., 294, 297, 300, 304, 306 Bireley, Robert, Kirchenhistoriker 186

Bisceglie - Bischof  Albergati, Antonio Blarer von Wartensee, Jakob Christoph, Bf. v. Basel 312, 315 Blet, Pierre, Kirchenhistoriker 6, 46 Blöbel, Christoph, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 233 Bobenhausen, Heinrich v., Hochmeister des Deutschen Ordens, Administrator v. Fulda 326 Bocskai, Stephan, Fürst v. Siebenbürgen 252 Böhmen 11, 44, 50, 70, 97f., 102, 212 – 221, 236 f., 282, 323, 353, 355 – 358, 367 – 369, 408f. - Könige und Kurfürsten 357, 367  Ferdinand v. Österreich (Ferdinand I., Ferdinand II., Ferdinand III.), Friedrich v. Wittelsbach, Karl v. Luxemburg, Matthias v. Österreich, Maximilian v. Österreich, Rudolf v. Österreich, Wenzel v. Luxemburg - Erzamt (Erzmundschenk) 357, 367 - Landtag 368 - Prag (1578) 330f, - Königl. Rat 368 - Stände 99, 171, 229, 247, 357f., 368 Böhmerwald 358, 369 Böhmisch Brod (Český Brod) 344 Bogucka, Maria, Historikerin 390 Bohemund von Tarent, Kreuzfahrer 132 Bologna 61, 90, 96, 104, 291, 301, 336, 339, 343, 348, 354f., 375 – 377, 407 - Legation 281 - S. Petronio 88 - Universität 28, 95, 291, 303f., 337 Bolognetti, Giorgio, ordentl. Nuntius in Frankreich 191, 300 Boncambi, Volumnio, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349 Boncompagni - Filippo, Kardinal, Nepot Gregors XIII. 94, 110 - Giacomo, Sohn von Gregor XIII., Mgf. v. Vignola, Gf. v. Arpino, Gf. v. Aquino, Hz. v. Sora 16, 61, 109 – 120 - Ugo, Professor für Kanonistik, Kardinal, Legat in Spanien, später Papst 95f., 110, 113, 115, 305f.  Gregor XIII.

Register

Bonelli, Michele, Kardinal (Alessandrino), Nepot Pius’ V., Legat in Spanien 264, 292 Bonn 316 Bonomi, Giovanni Francesco, Bf. v. Vercelli, außerordentl. Nuntius in der Schweiz, ordentl. Nuntius am Kaiserhof und in Köln 67, 115, 232f., 247, 251, 279, 291 – 294, 298f., 301, 304, 351, 356 Borghese 13 - Giovanni Battista, Bruder Pauls V. 114 - Marcantonio, weltlicher Nepot Pauls V., Fürst v. Sulmona 114 Borghese-Caffarelli, Scipione, Kardinal, Nepot Pauls V. 162f., 167, 234 Borgo Val di Taro 16, 103 – 120, 326 - Fürsten  Landi, Agostino; Landi, Claudio; Landi, Federico; Landi, Maria Polissena Borgonti, Aurelio, kaiserl. Vorschneider 168 Borja - Francisco de, Jesuitengeneral, Vater von Juan 374 - Francisco de, natürlicher Sohn von Juan 59 - Juan de, span. Botschafter am Kaiserhof 51, 58, 59, 79, 322, 329f., 342, 350, 360, 374 Borja y Velasco, Gaspar, Kardinal 146, 148, 189 Borromeo - Carlo, Ebf. v. Mailand, Nepot Pius’ IV., Staatssekretär, Kardinal 34f., 42f., 152, 229, 279, 291, 298, 293f., 304 – 306, 308, 340 - Vitaliano, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 364 Borscheid, Peter, Historiker 394 Borsita von Martinitz, Jaroslav, Gf. 237 Bosio, Francesco, Bf. v. Perugia 339 Bouillon  Henri de La Tour d‘Auvergne; Gottfried von Bouillon Bourbon 197  Heinrich v. Bourbon; Ludwig v. Bourbon Bracamonte y Guzmán, Gaspar de, Conde de Peñaranda, span. Gesandter beim Westfälischen Friedenskongreß 204 Bräuner, Seyfried, Reichshofrat 373

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Brandenburg - Kurfürsten  Joachim II. v. Brandenburg Bratello-Pass 104 Bratislava  Preßburg Braunschweig-Lüneburg, Otto Heinrich v., Hz. 343 Braunschweig-Wolfenbüttel - Herzogtum 26 Bremen - Erzbistum 207, 356, 366 - Administrator  Heinrich v. Sachsen-Lauenburg Brendel von Homburg, Daniel, Ebf. und Kf. v. Mainz 82, 101 Brennerpaß 343, 354 Brescia - Bischof  Delfino, Giovanni Breslau (Wrocław) 99, 214f., 235, 255 - Bistum 284 - Bischöfe  Jerin, Andreas; Albert, Paul - Dom St. Johann 215 Brixen (Bressanone) 28, 343 - Bischöfe  Karl v. Österreich; Madruzzo, Cristoforo Bruck a. d. Mur - Minoritenkonvent 266 Brünn (Brno) - Dominikanerinnenkloster 327 - Jesuitenkolleg 404 Brüssel 34 - Nuntiatur  Flandern Brun, Antoine, Dr., span. Unterhändler beim Westfälischen Friedenskongreß 206 Brunaccio, Gasparo, Familiar von Ottavio Santacroce 349, 395, 400f. Bruntálsky von Freudenthal und Würben, Bernhard 215, 327 Brus von Müglitz, Anton, Bf. v. Wien, später v. Prag 43f., 58, 215, 264, 327, 407, 413, 416 Buchzensur 182, 199, 220, 245, 257, 283, 311, 319, 328, 395, 398 Buda  Ofen Budweis (České Budějovice) 216

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Register

Buonarotti, Michelangelo, Maler, Bildhauer und Architekt 123 Buonvisi, Francesco, ordentl. Nuntius in Köln, Polen und am Kaiserhof, Kardinal 2, 353, 361 – 365, 378 – 387, 395 Burckhardt, Carl Jacob, Historiker 191 Buronzo, Filiberto, Agent des Nuntius Bartolomeo Portia in Rom 319, 332 Bzowski (Bzovius), Abraham, Dominikaner, Kirchenhistoriker 34, 199 Caetani - Antonio, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 27f., 141, 158, 213, 218f., 221, 233, 239, 284, 291, 292, 293, 301 - Camillo, ordentl. Nuntius am Kaiserhof und in Spanien 150, 291, 293, 299, 301 - Enrico, Kardinal, Legat in Frankreich und Polen 292, 293 Cagli - Bischof  Della Rovere, Paolo Mario Caimani, Pietro, außerordentl. Nuntius am Kaiserhof, Bf. v. Fiesole 24 – 27, 36 Caldarola 291, 301 Caligari, Giovanni Andrea, ordentl. Nuntius in Polen 247, 321 Calixt III. (Alonso Borja), Papst 95 Campano, Paolo, Jesuit 405 Campeggi - Lorenzo, Kardinal, Legat beim Nürnberger Reichstag und beim Regensburger Konvent (1524) 32 - Lorenzo, außerordentl. und ordentl. Nuntius in Spanien 194, 202 Camuzio, Andrea, Arzt der Kaiserin Maria 58 Canisius, Petrus, Jesuit, Rektor des Kollegs von Dillingen 64, 273, 307, 321 Canobio, Giovanni Francesco, Kollektor in Spanien 124f. Canopulo, Antonio, Kaplan der Kaiserin Maria 59 Capestrano  Johannes von Capestrano Cappello, Bianca, Ehefrau von Francesco I. de’ Medici, Großhz.in der Toskana 343 Capponio, Leonardo, Minorit 239 Capua, Annibale di, außerordentl. Nuntius am Kaiserhof, ordentl. Nuntius in

Venedig und Neapel, Ebf. v. Neapel 72 – 77, 82 – 84, 87, 92, 303 Carafa - Carlo, Kardinal, Staatssekretär, Nepot Pauls IV. 19, 31, 43, 305 - Carlo, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 3, 50, 145, 174 – 176, 178, 179, 180 – 183, 220f., 237, 267, 274, 279, 291, 294, 300f. - Dezio, Kollektor in Portugal, ordentl. Nuntius in Spanien 114, 274 - Fabrizio, Fürst v. Roccella, Gf. v. Grotteria, Mgf. v. Castelvetere 183 - Pier Luigi, Bf. v. Tricarico, ordentl. Nuntius in Köln 204 Cardona - Margarita, Frau von Adam v. Dietrichstein 51, 58f., 83 - María de  Requesens, María de Carlo Emanuele I., Hz. v. Savoyen 341, 343, 374 Carlowitz, Nikolaus v., Bf. v. Meißen 227 Carmagnola 340 Carnesecchi, Pietro, apost. Protonotar und Geheimsekretär Clemens’ VII. 227 Carranza, Bartolomé, Ebf. v. Toledo 305 Casoni, Antonio, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400 – 402 Castagna, Giambattista, Ebf. v. Rossano, außerordentl. Nuntius beim Kölner Pazifikationstag (1579), später Papst Urban VII. 86, 324 Castelli, Giovanni Battista, ordentl. Nuntius in Frankreich 342 Castelnuovo 349 Castro 193 - Krieg (1641 – 1644) 149, 192 Caterina de’ Medici, Kg.in v. Frankreich 340f. Cavalcanti, Bartolomeo, Schriftsteller 123 Ceno 104, 106, 112 Černušak, Tomás, Historiker 213 Cervia - Bistum 335, 342, 348, 414, 417 - Bischöfe  Cesi, Federico; Cesi, Paolo; Santacroce, Ottavio; Santacroce, Scipione Cervino, Giovanni Pietro, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f.

Register

Cesena 292 Český Brod  Böhmisch Brod Cesi - Angelo, Bf. v. Todi 339 - Federico, Bf. v. Cervia, Kardinal 335f., 421 - Nicolosa, erste Ehefrau von Onofrio Santacroce 335 - Paolo, Bf. v. Cervia, Kardinal 335f., 421 České Budějovice  Budweis Ceva, Francesco Adriano, außerordentl. Nuntius in Frankreich 190, 194, 202 Chambéry 340 Cherasco - Vertrag von (1631) 189 Chiaravalle 337 Chigi, Fabio, Bf. v. Nardò, ordentl. Nuntius in Köln, päpstl. Mediator auf dem Westfälischen Friedenskongreß, später Papst 12, 147, 194 – 210, 279, 285, 391  Alexander VII. Chiusano, Giovanni Paolo, Stallmeister des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 399, 401f. Chiusi - Bistum 349 Christiani, Kaspar, Propst des Augustinerchorherrrenstifts Klosterneuburg 327 Cirano, Antonio, Familiar von Ottavio Santacroce 349, 399, 401f. Città di Castello 292 Clemens VII. (Giulio de’ Medici), Papst 21, 32, 98, 234, 278 Clemens VIII. (Ippolito Aldobrandini), Papst 6f., 20, 67, 139 – 142, 146f., 149 – 153, 155, 216f., 223, 225, 233, 280, 288, 290, 299, 301, 318 Cluj-Napoca  Klausenburg Cochläus, Johannes, Meißener Domherr 228 Cognac - Liga von (1526) 21 Colloredo, Curzio di 304 Colmar 76, 312 Colonna - Anna, Ehefrau von Taddeo Barberini 192

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- Marcantonio, General der päpstl. Flotte 152 Comacchio 103 Commendone, Giovanni Francesco, außerordentl. Nuntius im Reich, Kardinal, Legat am Kaiserhof 43, 292 Compiano 104, 106f., 109, 111, 113, 116 – 119 Contarini - Alvise, venez. Diplomat, Friedensvermittler auf dem Westfälischen Friedenskongreß 12, 197, 200, 204 – 207, 285 - Gasparo, Kardinal, Legat beim Regensburger Religionsgespräch (1541) 29, 32f., 228 Coradini, Giovanni Andrea, Hauskaplan des Nuntius Ottavio Santacroce 348f., 399, 401f. Cordova, Franz v., Beichtvater von Maria v. Österreich 43 Corner - Federico, Bf. v. Padua 295 - Luigi, Kardinal, Camerlengo 295, 337 Corona, Tobia, Barnabit, außerordentl. Nuntius in Savoyen und Frankreich 181 Correggio 325 - Alessandro da 104, 325f. - Camillo da 104, 325 - Girolamo da, Kardinal 325 Corsini, Ottavio, ordentl. Nuntius in Frankreich 174f., 178f. Cortoreale, Géronimo 58 Cosimo I. de’ Medici, Hz., ab 1569 Großhz. der Toskana 25, 32, 49, 360 Cosimo III. de’ Medici, Großhz. der Toskana 364 Costa, Pietro Francesco, ordentl. Nuntius in Savoyen 285 Cremona 22, 291, 301, 349 - Bischof  Speciano, Cesare Cremona, Florio, Barnabit 238 Crivelli, Giovanni Battista, bayer. Gesandter in Rom 143 Cuba 210 Cuenca 57, 58 Dachstein - Residenz des Bf. v. Straßburg 312 Dänemark 356, 366

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Register

Dalla Porta, Giacomo Francesco, Kammermeister des Nuntius Ottavio Santacroce 348f., 399f., 402 Dalmatien 133 Dambrowski, Johann Philoppon v., Domdekan v. Olmütz 215 Dandino - Anselmo, ordentl. Nuntius in Frankreich 342 - Girolamo, Staatssekretär Julius’ III. 245 Da Ponte, Pietro Antonio, Bf. v. Troia, ordentl. Nuntius in Graz 272 Degli Affetti, Evangelista, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 399, 401f. Delfino - Giovanni, Bf. v. Torcello, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Bf. v. Brescia 30, 51 – 53, 55, 60, 63, 69f., 72f., 75f., 78f., 82 – 86, 91f., 95 – 97, 99 – 101, 112, 213 – 215, 229 – 232, 234, 239, 243, 247, 251, 255f., 258, 264f., 270, 279, 291 – 298, 300, 304, 306, 314, 320, 321 – 323, 325, 329, 351, 390 - Zaccaria, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Bf. v. Raab, Kardinal 18f., 27 – 29, 31f., 36, 40 – 43, 45, 47, 62, 136, 228f., 254, 281, 283, 291, 293f., 298, 300, 302, 308, 351 Dell’Arena, Auditor und Sekretär der Kaiserhofnuntiatur 247, 348, 356, 399f., 404 Della Corgna, Fulvio, Kardinal, Bf. v. Albano 339 Della Ratta, Lorenzo, Sekretär des Nuntius Fabio Chigi 204 Della Rovere, Paolo Mario, Bf. v. Cagli 125 Della Stuffa, Cosimo, Auditor des Nuntius Ottavio Santacroce 348, 399f., 402 Del Monte - Giovanni Maria, Kardinal, Präsident des Konzils von Trient 25  Julius III. - Innocenzo, Kardinal, Nepot und Staatssekretär Julius’ III. 25f. De Luca, Pietro Paolo, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f. De Marra, Placido, Bf. v. Melfi und Rapolla, ordentl. Nuntius am Kaiserhof

158 – 162, 169, 171, 173, 219, 226, 234, 239, 291f., 294, 300f. Dernbach, Balthasar, Abt v. Fulda 53, 76, 326 Deutsch Brod (Havlíčkův Brod) 344 Deutscher Orden 45f. Dietrichstein - Adam v., Frhr. v. Hollenburg, Finkenstein und Talberg, kaiserl. Oberstkämmerer, später Obersthofmeister 51, 54, 80 – 85, 87, 322, 324, 342, 358, 370 - Franz, Bf. v. Olmütz, Kardinal, Legat bei König Matthias 83, 168, 170, 173, 217, 267, 284 Dillingen 333 - Jesuitenkolleg 321, 327 - Priesterseminar 64 - Rektor  Canisius, Petrus Dispense 38 Dohna - Ferdinand v., böhm. Obersthofmeister 235 - Jaroslaw v., Abt v. Neuzelle 235 Domenico di Gesù Maria, Karmeliter 145 Donau 343, 356, 364, 366, 383, 384 Doria, Gian Andrea III., Fürst v. Melfi 105, 108 Dornberg, Veit v., kaiserl. Gesandter in Venedig und Rom 325 Dorothea v. Sachsen, Tochter von Kf. August v. Sachsen 53 Draskovich, Georg, Bf. v. Agram, dann v. Fünfkirchen 44, 248 Dreißigjähriger Krieg 157, 159, 171, 195, 219, 236, 285 Dresden 229, 240 Dubravius (Skála z Doubravy), Johannes (Jan), Bf. v. Olmütz, Historiker 357, 368 Duchhardt, Heinz, Historiker 15 Durante de’ Duranti, päpstl. Sekretär 244 Echter von Mespelbrunn, Julius, Bf. v. Würzburg 326 Eder, Georg, Dr., Reichshofrat 344, 373 Eger  Erlau Eggenberg, Johann Ulrich, Frhr. v., inneröster. Rat und Obersthofmeister 159 Elbe 134, 356, 366

Register

Eleonora Gonzaga, Tochter des Hz.s v. Mantua Vincenzo I. Gonzaga, 2. Frau von Ferdinand II., Kaiserin 183, 379 Eleonora Gonzaga, Tochter des Hz. Karls II. v. Rethel, 3. Frau von Ferdinand III., Kaiserin 361f., 379, 365, 387 Eleonore v. Österreich, Ehz.in, Tochter Ferdinands I., Hz.in v. Mantua 343 Eleonore Magdalena v. Pfalz-Neuburg, 3. Frau Leopolds I., Kaiserin 365, 387 Elisabeth v. Österreich, Ehz.in, Tochter Maximilians II. und Schwester Rudolfs II., verwitwete Kg.in v. Frankreich 50f., 82, 322 Elisabeth Tudor, Kg.in v. England (Elisabeth I.) 37, 76, 341 Elsaß 159, 209, 312 Eltz, Jakob v., Ebf. und Kf. v. Trier 82 Emanuele Filiberto, Hz. v. Savoyen 76, 339 – 341, 408, 412, 414, 418 Eneio, Giuseppe, Minorit 239 Engelszell (Engelhartszell) - Zisterienserstift 393 England - Beziehungen zu - Kaiserhof 37 - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) 21, 89 - Spanien 124 - Venedig 279, 285 - Königin  Elisabeth Tudor Enns - Minoritenkonvent 260, 268 Enríquez y Manrique de Fonseca, Inés, Marquesa de la Piovera 59 Erich II. v. Braunschweig-Calenberg, Hz. 311 Erlau (Eger) - Bistum 250 Ermland - Bischof  Hosius, Stanislaus Ernst v. Österreich, Ehz., Sohn von Maximilian II. und Bruder von Rudolf II. 50, 52, 77 – 79, 82, 245f., 304, 322, 328, 342, 344, 405 Ernst v. Wittelsbach, Bf. v. Freising, Hildesheim und Lüttich, Ebf. und Kf. v. Köln 3, 53, 68, 278, 283, 310, 313

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Erstenberger zum Freyenthurn, Andreas, Sekretär der Reichshofkanzlei 137, 350 Essen - Äbtissin  Maria Clara von Spaur, Pflaum und Valör Esztergom  Gran Ettenius, Cornelius, Sekretär des Nuntius Peter van der Vorst 393 Eugen IV. (Gabriele Condulmer), Papst 89, 97 Fabri, Johannes, Bf. v. Wien 228 Facchinetti, Cesare, ordentl. Nuntius in Spanien 194 Fantuzzi, Giovanni, Schriftsteller 354 Faramond, Ahnherr der Merowinger 132 Farfa - Benediktinerabtei 349 Farnese 192f. - Alessandro, Kardinal, Nepot Pauls III., päpstl. Kondolenzgesandter bei Karl V. und Legat beim Wormser Reichstag (1545) 35, 74, 94, 118 – 120, 305 - Ferrante, designierter ordentl. Nuntius am Kaiserhof 217, 220, 237, 290f., 294, 299, 301 Favorita 379 Federici, Girolamo, ordentl. Nuntius in Savoyen 339 Fehérkövi, István, Ebf. v. Gran 251 Feine, Hans Erich, Rechtshistoriker 89 Feldkamp, Michael F., Historiker 7 Ferdinand von Österreich, Ehz., Kg. v. Böhmen und Ungarn, röm. Kg., Kaiser (Ferdinand I.) 2, 20, 36, 40 – 42, 44 – 48, 52, 69, 73 – 75, 212, 214, 222, 225, 234, 282, 292, 336, 348, 354, 406 - Nuntiatur beim röm. und ungar. Kg. 23, 243, 244 - Obödienz gegenüber Paul IV. 35, 95f. - Obödienz gegenüber Pius IV. 35, 89, 93, 95f., 99, 102, 282 - Passauer Vertrag 26 – 28, 30f., 33 - Religiosität 40 - Treffen mit Karl V. in Villach 26 - Übertragung der Kaiserwürde 32, 35, 37, 69, 73, 95f., 228

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Register

Ferdinand von (Inner)Österreich, Ehz., Sohn Karls v. Österreich, Kg. v. Böhmen und Ungarn, röm. Kg., Kaiser (Ferdinand II.) 3, 73, 142f., 157 – 165, 175, 178, 183, 185, 188, 226, 235f., 237, 265, 267, 268f., 272, 300, 389 - Restitutionsedikt (1629) 184 Ferdinand von Österreich, Kg. v. Böhmen, Kg. v. Ungarn, Kaiser (Ferdinand III.) 188, 206f. , 361, 389 Ferdinand v. Österreich, Ehz., Sohn Ferdinands I., Regent von Tirol und den Vorderen Landen 64, 66, 76f., 82, 128, 130, 133, 135, 137, 245, 282f., 307f., 310, 317, 330, 343 Ferdinand v. Wittelsbach, Gf. v. Wartenberg, Sohn Albrechts V. v. Bayern 329f. Ferdinand v. Wittelsbach, Sohn Wilhelms V. v. Bayern, Ebf. und Kf. v. Köln 159, 169, 173, 198, 278 Fermo 292, 337, 414, 417 Ferrara - Beziehungen zu - Kaiserhof 360, 374  Rangoni, Ercole - Rom 90 - Legation 281 - Vizelegation 292 - Rückfall an den Kirchenstaat 152, 281 Ferreri - Giovanni Stefano, Bf. v. Vercelli, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 2, 217f., 220, 225, 291, 299, 301 - Guido, Bf. v. Vercelli, Kardinal 294 Fiano 335, 343, 413, 415, 417, 421 - Herzog  Ludovisi, Orazio Fiegle, Michael, Prior des Wiener Dominikanerkonvents 328 Fieschi 109 - Gian Luigi II. 106, 117 Fiesole - Bischof  Caimani, Pietro Finale 103, 159 Finalrelationen - kuriale 218f., 352 - venezianische 6, 352f. Fink, Urban, Historiker 7, 288

Fiorito, Giovanni Battista, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f. Firenze  Florenz Fiume (Rijeka) 65, 130 Flach von Schwarzenberg, Philipp, Großprior des Johanniterordens, Obödienzgesandter Rudolfs II. bei Gregor XIII. 81, 88f., 91 – 94, 99f. Flandern 324, 343 - Krieg (1568 – 1648)  Köln, Pazifikationstag; Niederlande - Nuntiatur (Brüssel) 67, 140, 158, 277, 283, 287f. - außerordentliche  Sega, Filippo - ordentliche  Gesualdo, Ascanio; Guidi di Bagno, Giovanni Francesco; Morra, Lucio Flecha, Mateo, Karmelit, Kaplan der Kaiserin Maria 58, 59, 252 Florenz (Firenze) 76, 191, 343, 348 - Legation  Toskana - Nuntiatur  Toskana Fontainebleau - Vertrag von (1631) 146, 188f. Forlì 292 Fosi, Irene, Historikerin 9, 148 Francesca Romana 152 Francesco I. de’ Medici, Großhz. der Toskana 76, 82, 111, 118 – 120, 343 Francesco Maria II. Della Rovere, Hz. v. Urbino 76, 124 Franciotti, Agostino, ordentl. Nuntius in Köln, päpstl. Vermittler beim Friedenskongreß von Aachen (1668) 209 Francisco Antonio, Jesuit 57 Franken 357, 368 Frankfurt 38, 165 - Buchmesse 182, 199 Frankreich 170, 356, 366, 384 - Beziehungen zu  Bayern - Kaiserhof 196, 201, 360, 374 - Niederlande 209, 324 - Reich 19, 26, 179, 196, 202 - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) 8, 21, 40, 43, 73f., 141, 147, 153, 186f., 193, 197, 292 - Legationen  Barberini, Francesco; Caetani, Enrico

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- Nuntiatur (Paris) 8, 287, 290, 293, 299, 317, 342, 353, 389 - außerordentliche Nuntiaturen  Ceva, Francesco Adriano; Malaspina, Orazio - ordentliche Nuntiaturen  Accaioli, Roberto; Barberini, Maffeo; Bichi, Alessandro; Bolognetti, Giorgio; Castelli, Giovanni Battista; Corona, Tobia; Corsini, Ottavio; Dandino, Anselmo; Guidi di Bagno, Giovanni Francesco; Rucellai, Giovanni; Santacroce, Prospero; Scotti, Ranuccio; Spada, Fabrizio - Savoyen 189, 339 - Schweden 146, 189f., 197 - Spanien 141, 197, 285 - Könige  Franz v. Valois; Heinrich v. Valois; Karl (der Große); Karl v. Valois; Ludwig v. Bourbon - Königinnen  Caterina de’ Medici; Elisabeth v. Österreich Franz von Assisi 259 Franz von Paola, Gründer des Paulanerordens (Minimiten) 338 Franz v. Valois, Kg. v. Frankreich (Franz I.) 21 Freiburg i. Breisgau 269, 311f., 314f., 322 - Augustinerchorherrenstift Allerheiligen 317 - Barfüßerkloster 317, 393 - Universität 283, 311 Freising 310 - Bischof  Ernst v. Wittelsbach Friaul 66, 302, 318, 323, 348 Friedrich v. Österreich, Ehz., Kaiser (Friedrich III.) 89 - Obödienzen gegenüber dem Apost. Stuhl 99, 102 - gegenüber Calixt III. 95, 97 - gegenüber Eugen IV. und Pius II. 97 Friedrich (der Weise) v. Sachsen, Hz. und Kf. 21 Friedrich v. Wittelsbach, Pfalzgf. bei Rhein (Friedrich III.), Kf. 39 Friedrich v. Wittelsbach, Pfalzgf. bei Rhein (Friedrich V.), Kf., Kg. v. Böhmen 3, 145, 151, 162, 176, 178, 179, 219

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Friedrich August I. v. Sachsen, Hz. und Kf., Kg. v. Polen 241 Frigo, Daniela, Historikerin 15 Fronleichnamsprozession 39, 54, 330, 344 Fünfkirchen (Pécs) - Bistum 250, 327 - Bischof  Draskovich, Georg Fürstenberg - Ferdinand, Bf. v. Münster und Paderborn 206 - Wilhelm, Bf. v. Straßburg 206 Fugger 310 - Johann 310, 317, 320, 344 - Markus 344 - Oktavian 344 - Philipp Eduard 344 - Wilhelm, Obödienzgesandter Kurfürst Maximilians v. Bayern bei Gregor XV. 90 Fulda - Abtei 101 - - Abt  Dernbach, Balthasar v. Furlano, Giovanni, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f. Furtenbach, Zacharias v., Augsburger Domdekan, bayer. Gesandter in Rom 143 Gail, Andreas, Dr., Reichshofrat 373 Galilei, Galileo, Astronom 186 Gallio, Tolomeo, Kardinal, Staatssekretär Gregors XIII. 30, 55f., 63, 65, 73, 78f., 86, 92, 95, 109, 114, 124, 127f., 135f., 242, 249, 251, 252, 255, 258, 266, 295 – 297, 302, 315, 318, 320, 322f., 326, 332, 404 Gambara - Gianfrancesco, Kardinal 104, 119, 326 - Niccolò, Gf. 59 Gambucini, Sebastiano, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f. Gaming - Kartäuserkloster 256 Garampi, Giuseppe, Präfekt des vatikanischen Archivs, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 18, 223, 311 Garms-Cornides, Elisabeth, Historikerin 7 Genf (Genève) 141, 150f., 181, 255, 312, 339 – 341

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Genua (Genova) 50, 106 - Republik 104, 120, 291, 301 - Beziehungen zu - Kaiserhof 76, 360, 374 - Rom 90 - außerordentl. Nuntiatur  Zacchia, Paolo Emilio Gesandtschaftswesen - kaiserliches  Kaiserhof, Beziehungen - päpstliches  Kollektorien; Legationen; Malta, Inquisition; Nuntiaturen - Fakultäten 34, 162, 200, 242, 277, 287, 319, 322, 391 Gesualdo - Alfonso, Kardinal 104, 326 - Ascanio, Ebf. v. Bari, ordentl. Nuntius in Brüssel und am Kaiserhof 163f., 169 – 171, 173, 182, 219, 221, 291f., 300f. Giacinto da Casale, Kapuziner, päpstl. Sondergesandter im Reich 178, 183 Gienger, Georg, kaiserl. Geh. Rat 41 Gillus zu Sonnberg, Hauptmann der kaiserl. Hartschiere 358, 369 Gindely, Anton, Historiker 157 Ginetti, Marzio, Kardinal, Legat am Kölner Friedenskongreß (1636 – 1643) 194, 202f. Giordano, Silvano, Kirchenhistoriker 7, 139, 194, 288 Girault, franz. Arzt und Chirurg 199 Giustiniani, Alvise, Patriarch v. Aquileja 65 Glatz (Kłodzko) - Jesuitenkolleg 405 Görlitz 99, 229 Görz (Gorizia) 65 - Minoritenkonvent 266 Götz, Leonhard, inneröster. Hofvizekanzler 159 Gonzaga 147 - Ferrante, Gouverneur des Herzogtums Mailand 106 Gottfried von Bouillon, Kreuzfahrer 132 Gran (Esztergom) - Erzbistum 250f., 327 - Erzbischöfe  Fehérkövi, István; Oláh, Miklós; Pázmány, Péter; Verancsics (Verantius) de Schybenik, Antonius

Granvelle, Antoine Perrenot de, Kardinal, kaiserl. Minister 26, 171 Grassi - Achille de, Rotaauditor, Bf. v. Montefiascone, außerordentl. Nuntius am Kaiserhof 24 - Orazio, Jesuit, Architekt und Astronom 189 Graubünden 366 Graz 77, 129, 135, 283, 306, 318, 322 - Dominikanerkloster 254 - Jesuitenkolleg 321 - Priesterseminar 64f., 248, 284, 328 - Nuntiatur  Innerösterreich Gregor V. (Brun), Papst 357, 367 Gregor XIII., Papst 3, 10f., 14, 36f., 49, 56, 58, 61 – 71, 73f., 76, 78, 88, 93 – 96, 99 – 102, 108f., 124, 140, 175, 223f., 237, 239f., 242, 248 – 250, 252, 256, 266, 280 – 282, 287, 291, 293 – 295, 300 – 302, 305f., 314, 320 – 322, 324f., 327, 322, 336f., 342, 394, 407f., 414f., 417, 418, 420  Boncompagni, Ugo; Kalenderreform - Familienpolitik 109 – 116 - antiosman. Politik 16, 122, 125 – 138, 246 Gregor XIV. (Niccolò Sfondrato), Papst 22, 141, 301 Gregor XV. (Alessandro Ludovisi), Papst 7, 16, 90, 139, 145f., 150f., 153, 165, 171, 174 – 184, 188, 197, 203, 216, 219, 225, 236, 280, 288, 290, 300f., 306 - Familienpolitik 148 Gregoriancz, Paul, Bf. v. Raab 44 Gregorovius, Ferdinand, Historiker 185f. Grenoble 340, 341 Grimaldi, Domenico, Vizelegat v. Avignon 276 Grimaldi-Cavalleroni, Girolamo, außerordentl. Nuntius am Kaiserhof 194, 202 Grimani, Marco, Patriarch v. Aquileja, außerordentl. Nuntius in Schottland 394 Gropper - Johannes, Kardinal 19 - Kaspar, Bruder von Johannes, Rotaauditor und Nuntius in Norddeutschland 19, 67f., 76, 256, 307, 313, 319f.

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Großwardein (Oradea) - Bistum 250 Gruter, Lambert, Bf. v. Wiener Neustadt 60, 73, 82 Guastavillani, Filippo, Kardinal, Nepot Gregors XIII. 94, 110, 320 Guglielmo Gonzaga, Hz. v. Mantua 76, 103, 343 Guidi di Bagno, Giovanni Francesco, ordentl. Nuntius in Brüssel und Frankreich 146, 188f., 275 Guidobaldo II. Della Rovere, Hz. v. Urbino 122f., 124 Guiducci, Federico, Agent des Nuntius Bartolomeo Portia in Rom 319 Guinigi, Fabio, Ebf. v. Ravenna 209 Gustav II. Adolf Wasa, Kg. v. Schweden 148, 185, 188, 192 Guzmán, Martín de, Obödienzgesandter Ferdinands I. bei Paul IV. 35 Györ  Raab Habsburg (Casa de Austria) 21, 175, 182, 185, 197, 212, 222, 282, 304, 308, 357 Hadrian VI. (Adrian Florensz Boeyens), Papst 21 Hagen, Johann Ludwig v., kaiserl. und päpstl. Bücherkommissar Hagenau 159 Hainburg - Minoritenkonvent 260 Halberstadt - Bistum 207 Hall i. Tirol 343 - Jesuitenkolleg 321 Hamburg 386 Hammer-Purgstall, Joseph, Diplomat, Historiker und Orientalist 157 Harrach - Ernst Adalbert v., Ebf. v. Prag, Kardinal 238 - Karl v., Gf. 167 - Leonhard (IV.) v., Frhr. v. Rohrau, kaiserl. Geh. Rat und Obersthofmarschall 82, 84, 87, 99, 373 Hattstein, Marquard v., Bf. v. Speyer 312 Haugwitz, Johann v., Bf. v. Meißen 227f., 230, 232

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Hauptinstruktionen 6f., 51, 174, 212, 283f., 350, 388 Hausenblasová, Jaroslava, Historikerin 79, 85f. Havlíčkův Brod  Deutsch Brod Hegenmüller, Johann, Dr., Reichshofrat 373 Heidelberg - Bibliotheca Palatina 174, 184 Heinrich v. Bourbon, Kg. v. Navarra, Kg. v. Frankreich (Heinrich IV.) 141, 191 Heinrich v. Luxemburg, Kaiser (Heinrich VII.) 89, 113 Heinrich v. Portugal, Ebf. v. Lissabon, Kg. v. Portugal 124 Heinrich v. Sachsen-Lauenburg, Administrator des Erzbistums Bremen sowie der Bistümer Osnabrück und Paderborn 69f. Heinrich v. Valois, Kg. v. Frankreich (Heinrich II.) - Konflikt mit Karl V. um Parma 25 Heinrich v. Valois, Hz. v. Anjou, Kg. v. Polen, später v. Frankreich (Heinrich III.) 49, 76, 340, 374 Helfenstein, Georg v., Gf. , kaiserl. Obödienzgesandter in Rom 44, 93, 101 Henri de La Tour d‘Auvergne, Fürst v. Sedan, Hz. v. Bouillon, franz. Militär und Politiker, Hugenottenführer 179 Herberstein, Felician, kaiserl. Hofkriegsrat 374 Hesiod, antiker Schriftsteller 412 Hessen-Darmstadt - Landgraf  Ludwig V. v. HessenDarmstadt Hildesheim - Bischof  Ernst v. Wittelsbach Hinderbach, Johannes, Kanoniker, kaiserl. Obödienzgesandter in Rom und Siena 97 Hodegius, Johann, Vizeabbreviator des Nuntius Fabio Chigi 204 Hoffaeus, Paul, Provinzial des Jesuitenordens für Oberdeutschland 321 Hoffmann, Hans Friedrich, Bamberger Vizedom v. Villach 65 Hofkirchen, Wilhelm v., kaiserl. Hofkriegsrat 373

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Hohenems (Altemps) - Hannibal v., Gf. 310 - Markus Sittikus v., Bf. v. Konstanz, Kardinal, Nepot Pius’ IV. 74, 281, 311 Hoos von Renchen, Ulrich, Vater von Stanislaus Hosius 45, 290 Hosius (Hoos), Stanislaus, Bf. v. Kulm, später Ermland, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 34 – 48, 54, 214, 281, 290f., 293, 300 Hradec Králové  Königgrätz Hunyadi, Johann (János), ungar. Staatsmann und Truppenführer 132, 134, 413 Hurtado de Mendoza, Francisco, span. Botschafter am Kaiserhof 51, 53, 79, 82, 87 Hurter, Friedrich, Historiker 157 Hus, Jan, Reformator 368 Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenordens 248 Ilsung 310 Imola 204, 292 Ingoli, Francesco, Sekretär der PropagandaKongregation 237, 238 Ingolstadt 333, 344 - Jesuitenkolleg 321 - Priesterseminar 64, 284 - Universität 159, 317 Inn 343, 364, 384 Innerösterreich  Steiermark - Beziehungen zu Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - Nuntiatur (Graz) 10, 33, 36, 62, 64 – 66, 68, 70f., 129, 140, 158, 175, 224, 242, 277, 287f., 302, 306, 352 - ordentl. Nuntiaturen  Da Ponte, Pietro Antonio; Malaspina, Germanico; Paravicini, Erasmo; Portia, Girolamo - Konflikt mit Aquileja 309 - Regent  Karl v. Österreich - Stände 130 - Türkenabwehr 70, 129f.  Militärgrenze Innozenz IV. (Sinibaldo Fieschi), Papst 223 Innozenz VIII. (Giovanni Battista Cibo), Papst 89f., 97f.

Innozenz IX. (Giovanni Antonio Facchinetti), Papst 301, 318 Innozenz X. (Giambattista Pamfili), Papst 12, 16, 147, 194, 197, 209, 285, 287, 290, 301 Innozenz XII. (Antonio Pignatelli), Papst 192 Innsbruck 27f., 42, 76f., 128, 135, 283, 308 – 310, 314, 343  Wilten - Franziskanerkloster Hl. Kreuz 219 - Jesuitenkolleg 321 Inquisition  Kurie, Kongregationen Isabella v. Portugal, Frau v. Karl V. 52, 74 Isenburg, Salentin v., Ebf. und Kf. v. Köln 67, 82, 313 Isola - Bischof  Alfieri, Martino Iwan III., Großfürst v. Moskau, Zar v. Rußland 76 Jaitner, Klaus, Historiker 6f., 139, 148, 186, 288, 290 Jankau - Schlacht von (1645) 207 Jansen (Jansenius), Cornelius, Theologe 199 Jedin, Hubert, Historiker 19 Jerin, Andreas, Bf. v. Breslau 217 Jerusalem - Eroberung von (1099) 132 Jindřichův Hradec  Neuhaus Joachim II. v., Brandenburg, Mgf. und Kf. 39, 227 Johann v. Brandenburg, Mgf. 227 Johann (Jan) III. Sobieski, Kg. v. Polen, Großfürst v. Litauen 361 Johann Georg I. v. Sachsen, Kf. 182, 238 Johann Wilhelm v. Jülich-Kleve-Berg, Hz., postulierter Bf. v. Münster 142, 307 Johanna v. Österreich, Ehz.in, Tochter von Ferdinand I., Frau von Großhz. Francesco de’ Medici 76 Johannes, Apostel und Evangelist 412 Johannes XXII. (Jacques Duèse), Papst 109 Johannes XXIII. (Baldassare Cossa), Papst 109, 113 Johannes Paul II. (Karol Wojtyła), Papst 196

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Johannes von Capestrano, Prediger 132 Johanniterorden  Malteserorden Juan d’Austria, natürlicher Sohn Karls V. 126, 138, 324 Jülich 316 Jülich-Berg - Herzogtümer 179 - Herzog  Wolfgang Wilhelm v. Wittelsbach Jülich-Kleve-Berg - Herzogtümer 67, 142, 313 - Herzog  Johann Wilhelm v. JülichKleve-Berg Julius II. (Giuliano della Rovere), Papst 95, 98 Julius III. (Giovanni Maria Del Monte), Papst 21, 24f., 28f., 63, 254, 336, 351 Jung, Thimoteus, Dr., Reichshofrat 373 Kärnten 25, 36, 65, 128, 257, 266, 348, 355 Kaiser  Reich Kaiserhof (Prag, Wien) 72 – 87, 350 – 387 - Beziehungen zu  Bayern, England, Ferrara, Frankreich - Mantua 360, 374 - Neapel  Seripando Girolamo - Osmanisches Reich 16, 33, 40, 49, 126 – 138  Adrianopel - Parma 103 – 120 - Polen 37, 45f., 49, 55, 76, 127, 247, 293 - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) 10, 188, 197 - päpstl. Vertretung am Kaiserhof - Legationen  Commendone, Giovanni Francesco; Millini, Giovanni Garzia; Sfondrato, Francesco - Nuntiatur 68 – 70, 225, 242f., 287 – 301, 350 – 387 und passim - außerordentl. Nuntiaturen  Capua, Annibale di; Grassi, Achille de; Grimaldi-Cavalleroni, Girolamo; Verospi, Fabrizio - ordentl. Nuntiaturen  Alberizzi, Mario; Baglioni, Malatesta; Biglia, Melchiorre; Bonomi, Giovanni Francesco; Borromeo, Vita-

471 liano; Buonvisi, Francesco; Caetani, Antonio; Caetani, Camillo; Caimani, Pietro; Carafa, Carlo; Delfino, Giovanni; Delfino, Zaccaria; De Marra, Placido; Farnese, Ferrante; Ferreri, Giovanni Stefano; Garampi, Giuseppe; Gesualdo, Ascanio; Grassi, Achille de; Grimaldi-Cavalleroni, Girolamo; Hosius, Stanislaus; Malaspina, Germanico; Malaspina, Orazio; Mattei, Gasparo; Melzi, Camillo; Palotta (Pallotto), Giovanni Battista; Pannocchieschi d’Elce, Scipione; Portia, Bartolomeo; Puteo, Antonio; Rocci, Ciriaco; Salvago, Giovanni Battista; Santacroce, Andrea; Santacroce, Ottavio; Sega, Filippo; Speciano, Cesare; Spinelli, Filippo; Vergerio, Pier Paolo; Visconti, Alfonso; Visconti Borromeo, Vitaliano - päpstl. Sondergesandtschaften  Mario, Traiano; Visconti, Carlo - kaiserl. Vertretung in Rom 9, 76, 92  Ridolfi, Ludovico - Agent  Ridolfi, Ludovico - ständige Gesandtschaften 76, 92, 324f.  Arco, Prospero d’; Dornberg, Veit v.; Thurm, Franz v.; - Sekretär  Bernerio, Giovanni Battista - außerordentl. Gesandtschaften  Trivulzio, Claudio - Obödienzgesandtschaften 9, 44, 76  Arco, Scipione d’; Aschhausen, Johann Gottfried v.; Flach v. Schwarzenberg, Philipp; Guzmán, Martín de; Helfenstein, Georg v., Hinderbach, Johannes; Lang, Matthäus; Piccolomini, Enea Silvio; Tonner von Truppach, Johannes - Rußland 76 - Savoyen 360, 374 - Schweden 197, 202, 208

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Register

- Spanien 360 - Botschafter am Kaiserhof  Borja, Juan de; Hurtado de Mendoza, Francisco; Luna, Fernandez de; Perrenot de Chantonet, Thomas; Vélez de Guevara y Tassis, Iñigo; Zúñiga, Baltasar de - Botschafter in Spanien  Khevenhüller, Johann - Toskana 360 - Venedig 76, 360 - Hofkammerrat 359, 373 - Hofkriegsrat 359, 373f. - Kaiser  Reich - Kammer 85, 358f., 370f. - Oberstkämmerer  Dietrichstein, Adam v.; Meggau, Leonhard Helfried v.; Rumpf zum Wielroß, Wolfgang Siegmund - Kanzlei 374 - Italienische Kanzlei - Sekretär  Barvitius, Johann - Kapelle 359, 360, 372 - Kapellmeister  Monte, Philipp de - Klosterrat 258, 328 - Küche 359, 372 - Obersthofmarschälle  Harrach, Leonhard (IV.); Schwarzenberg, Otto Heinrich v. - Obersthofmeister  Dietrichstein, Adam v.; Trautson, Johann - span./kath. Partei 48 – 60, 137 - Geheimer Rat 40, 77, 81, 84, 170, 359, 372 - Reichshofrat  Reich - Stallpartei 360, 374 - Oberststallmeister  Kuen-Belasy, Rudolf; Trivulzio, Claudio - Stellvertreter  Spinola, Ottavio - Tafel 359, 371f. Kalenderreform (1582) 61, 325 Kalocsa  Kollotschau Kamenz 229 Kammin - Bistum 207 K analtal 128, 355 Karl (der Große), Kaiser 179 Karl Gonzaga, Hz. (Karl I.) v. Nevers 188

Karl v. Luxemburg, Kg. v. Böhmen, Kaiser (Karl IV.) 89 Karl v. Österreich, Kg. v. Spanien (Karl I.), Kaiser (Karl V.) 20, 28, 36, 45f., 50, 74, 77, 121f., 134, 138, 171, 225, 243f., 270 - Abdankung 2, 31, 35f., 69, 96, 228 - Augsburger Reichstag von 1547/48 22f. - Augsburger Religionsfriede 29, 33 - Borgo Val di Taro 105f., 109, 113 - Investitur mit Neapel 98 - Kaiserkrönung 9, 31, 88, 95f., 106 - Passauer Vertrag 18, 30f., 33 - Treffen mit Ferdinand in Villach 26 - Verhältnis zu den Päpsten 21, 98, 147 Karl v. Österreich, Ehz., Sohn Ferdinands I., Regent v. Innerösterreich 37, 64 – 66, 77, 82, 123, 245, 262f., 282f., 305, 306f., 309 - Konfessionspolitik 65, 131, 135, 343 - Politik gegenüber dem Osmanischen Reich 122, 126 – 128, 133, 136, 138, 246 Karl v. Österreich, Ehz., Sohn Karls v. (Inner)Österreich, Bf. v. Brixen, Hochmeister des Deutschen Ordens 168 Karl v. Valois, Kg. v. Frankreich (Karl VIII.) 89 Karlstadt (Karlovac) 127 Karolinen 210 Kastriota, Georg  Skanderbeg Kathmann von Maurugk, Gregor, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 236f. Katterbach, Bruno, Kirchenhistoriker 288 Khevenhüller - Georg, inneröster. Obersthofmeister 130, 136 - Johann, kaiserl. Botschafter in Spanien 167 Khudabanda, Muhammad, Schah v. Persien 134, 324 Kirchenstaat 290, 301 Kirchner, Georg, Benediktiner 58 Kisamos - Bischof  Santacroce, Prospero Klausenburg (Cluj-Napoca) 248 Klesl, Melchior, Kardinal, kaiserl. Minister 15, 142f., 157, 159 – 165, 167 – 173, 183, 256, 265, 267f., 273, 329

Register

Klosterneuburg 331, 344 - Augustinerchorherrenstift 318, 333, 393 - Propst  Christiani, Kaspar Kłodzko  Glatz Knipping, Franz, Historiker 15 Knöringen - Heinrich v., Bf. v. Augsburg 208 - Johann Eglof, Bf. v. Augsburg 310 Koblenz 316 Köln 41, 198, 205, 283, 307, 315f., 318, 322, 332, 392f. - Erzstift und Kurfürstentum 50, 67f., 101, 177, 179, 224, 284, 313f., 316, 326, 356, 366 - Erzbischöfe und Kurfürsten  Ernst v. Wittelsbach; Ferdinand v. Wittelsbach; Isenburg, Salentin v.; Maximilian Heinrich v. Wittelsbach; Schauenburg, Adolf v.; Truchseß v. Waldburg, Gebhard - Friedenskongreß (1636 – 1643) 202 - Legation  Ginetti, Marzio - außerordentl. Nuntiatur  Machiavelli, Francesco Maria - Krieg (1583 – 1588) 3, 67, 298 - Nuntiatur 3, 10, 33, 36, 62, 67f., 70f., 140, 175, 224, 277, 287, 298, 302, 306, 352, 389, 392 - außerordentl. Nuntiaturen  Minucci, Minuccio; Portia, Bartolomeo - ordentl. Nuntiaturen  Albergati, Antonio; Alfieri, Martino; Bonomi, Giovanni Francesco; Buonvisi, Francesco; Carafa, Pier Luigi; Chigi, Fabio; Franciotti, Agostino; Montoro, Pietro Francesco - Pazifikationstag (1579) - außerordentl. Nuntiatur  Castagna, Giambattista Königgrätz (Hradec Králové) 240 Königsaal (Zbraslav) 233 Kohler, Alfred, Historiker 15, 42 Kolin (Kolín) 344 Kollektorien - Portugal  Accoramboni, Ottavio; Albergati, Antonio; Carafa, Dezio; Palotta

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(Pallotto), Giovanni Battista; Taverna, Ferdinando; Visconti, Alfonso - Spanien  Canobio, Giovanni Francesco; Mario, Traiano Kollotschau (Kalocsa) - Erzbistum 250 Kommunion sub utraque specie  Laienkelch Komorn (Komárno) 383 Kongregationen  Kurie Konklave  Kurie, Papstwahl Konstantin, röm. Kaiser 138 Konstantinopel 133, 279 Konstanz 41, 311, 322 - Bischof  Hohenems (Altemps), Markus Sittikus v. Konzilien - V. Laterankonzil 98 - Trient (1545 – 1563) 2, 10f., 19 – 21, 24f., 27, 28f., 35, 37, 40 – 47, 68, 71, 95, 97, 121f., 181, 199, 215, 218, 239, 248, 252, 254, 258, 277 – 279, 281, 283 – 285, 287, 340 - - Verlegung nach Bologna 22, 147 Korneuburg 268 Kosovo 210 Krain 36, 65, 257, 266 Krakau 34, 45, 281, 290, 291, 301 Krems - Dominikanerkloster 254 Kremsmünster - Benediktinerstift 256 Kristen, Zdenek, Historiker 213 Kroatien 133, 366 - Türkenabwehr  Militärgrenze Kruja 130 Kuen-Belasy - Johann Jakob, Ebf. v. Salzburg 65f., 82, 283, 307, 309f., 333 - Rudolf, kaiserl. Oberststallmeister 82, 333 Kulm - Bischof  Hosius, Stanislaus Kurie (röm. Hof, Papsthof) - Beziehungen zu  England, Frankreich, Genua, Kollektorien; Legationen; Malta, Inquisition; Nuntiaturen - Neapel 8, 89

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- Osmanisches Reich 49, 125f. - Persien 152 - Polen 292 - Portugal 8, 23, 29, 89 - Reich  Innerösterreich, Kaiserhof, Köln - Savoyen 8, 89f. - Schweden  Possevino, Antonio - Schweiz 90 - Spanien 8, 23, 40, 43, 49, 73f., 89, 124f., 128, 141, 185, 187f., 292 - span. Gesandtschaft in Rom 9 - Toskana 8 - Ungarn 11, 20, 242 – 253 - Urbino  Pavoni, Pietro - Venedig 8, 126, 128, 149, 152 - Engelsburgarchiv 101 - Engelsburgschatz 149, 190, 193 - Apost. Kammer 180, 353 - Kanonisierungen 152 - Kardinalskollegium 44, 169f., 390  Alberizzi, Mario; Albrecht v. Österreich; Alciati, Francesco; Aldobrandini, Pietro; Aleandro, Girolamo; Andreas v. Österreich; Barberini, Antonio d. Ä.; Barberini, Antonio d. J.; Barberini, Francesco; Barberini, Maffeo; Baronio, Cesare; Báthory von Somlyó, Andreas; Boncompagni, Filippo; Boncompagni, Ugo; Bonelli, Michele (Alessandrino); Borghese-Caffarelli, Scipione; Borja y Velasco, Gaspar; Borromeo, Carlo; Borromeo, Vitaliano; Buonvisi, Francesco; Caetani, Antonio; Caetani, Enrico; Campeggi, Lorenzo; Carafa, Carlo; Cesi, Federico; Cesi, Paolo; Commendone, Giovanni Francesco; Contarini, Gasparo; Corner, Luigi; Correggio, Girolamo da; Delfino, Zaccaria; Della Corgna, Fulvio; Del Monte, Giovanni Maria; Del Monte, Innocenzo; Dietrichstein, Franz v.; Farnese, Alessandro; Ferreri, Guido; Gallio, Tolomeo; Gambara, Gianfrancesco; Garampi, Giuseppe; Gesualdo, Alfonso; Ginetti, Marzio; Granvelle, Antoine Perrenot de; Gropper, Johannes; Guastavillani, Filippo; Harrach, Ernst Adalbert v.; Hohenems

(Altemps), Markus Sittikus v.; Hosius, Stanislaus; Klesl, Melchior; Ludovisi, Ludovico; Madruzzo, Carlo Gaudenzio; Madruzzo, Cristoforo; Madruzzo, Giovanni Ludovico; Mattei, Gasparo; Mazarin, Jules; Medici, Ferdinando de’; Melzi, Camillo; Millini, Giovanni Garzia; Morone, Giovanni; Palotta (Pallotto), Giovanni Battista; Pamphili, Camillo; Panciroli, Giovanni Giacomo; Pannocchieschi d’Elce, Scipione; Peretti di Montalto, Alessandro; Peretti di Montalto, Felice; Pázmány, Péter; Puteo, Giacomo; Reomano, Giovanni Suavio; Riario, Alessandro; Richelieu, Armand Jean du Plessis; Ridolfi, Ottavio; Rocci, Ciriaco; Rossetti, Carlo; Salvago, Giovanni Battista; Santacroce, Andrea; Santacroce, Prospero; Savelli, Giacomo; Sega, Filippo; Sfondrato, Francesco; Sforza di Santa Fiora, Alessandro; Sodano, Angelo; Spada, Fabrizio; Spinelli, Filippo; Truchseß v. Waldburg, Otto; Verancsics (Verantius) de Schybenik, Antonius; Visconti, Alfonso - Protektoren - Erbländer 9 - Reich 9 - Kongregationen - Deutschland (Congregatio Germanica) 37, 62 – 64, 66, 225, 233, 256, 280 – 282, 302, 307, 336 - Inquisition (Santo Officio) 29, 57, 241, 280f., 340  Buchzensur; Hagen, Johann Ludwig v. - Propaganda fide 145, 174, 180, 236f., 241, 280f. - Sekretär  Ingoli, Francesco - Mediationen 197f., 201 – 203, 209, 210, 284 - Päpste  Alexander VI.; Alexander VII.; Calixt III.; Clemens VII.; Clemens VIII.; Eugen IV.; Gregor V.; Gregor XIII.; Gregor XIV.; Gregor XV.; Hadrian VI.; Innozenz IV.; Innozenz VIII.; Innozenz IX.; Innozenz X.; Innozenz XII.; Johannes XXII.; Johannes XXIII.; Johannes Paul II.; Julius II.;

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Julius III.; Leo X.; Leo XIII.; Marcellus II.; Nikolaus V.; Paul III.; Paul IV.; Paul V.; Pius II.; Pius III.; Pius IV.; Pius V.; Sixtus V.; Urban VII.; Urban VIII. - Padre comune-Topos 12, 149f., 187, 193, 197, 202f., 284, 286 - Papstwahl (Konklave) 174, 191 - 1555 29 - 1559 35 - 1585 336 - Rota - Auditoren  Grassi, Achille de - kaiserl. Auditoriat 9 - Staatssekretariat 280, 392  Gesandtschaftswesen; Hauptinstruktionen; Nuntiaturberichte - (Staats)Sekretäre  Agucchi, Giovanni Battista; Borromeo, Carlo; Carafa, Carlo; Dandino, Girolamo; Del Monte, Innocenzo; Gallio, Tolomeo; Minucci, Minuccio; Panciroli, Giovanni Giacomo; Reomano, Giovanni Suavio; Sodano, Angelo Kurz von Senftenau, Jakob, Reichshofrat 373 Kuthassy, Johannes, Bf. v. Raab 350 Kuttenberg (Kutná Hora) 344 Laa a. d. Thaya - Minoritenkonvent 260 Ladislaus II. Jagiello, Kg. v. Böhmen und Ungarn 134 Laghi, Giovanni Battista, Guardian des Wiener Minoritenkonvents 267f. Laienkelch 23, 38f., 45f., 54, 244f. Lamberti, Michele, Agent des Nuntius Bartolomeo Portia in Rom 319 Lamormaini, Wilhelm, Beichtvater Kaiser Ferdinands II. 237 Lancellotti, Giovanni Battista, ordentl. Nuntius in Polen 275 Landi - Agostino, Gf., Fürst v. Borgo Val di Taro 105f., 109, 111, 326 - Claudio, Gf. Fürst v. Borgo Val di Taro 106 – 108, 111, 114 – 120, 326 - Federico, Gf., Fürst v. Borgo Val di Taro 107f.

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- Maria Polissena, Fürstin v. Borgo Val di Taro 108 - Ubertino I., Herr v. Borgo Val di Taro 111 - Ubertino II., Herr v. Borgo Val di Taro 113 Lando, Ottavio, kaiserl. Hofdiener 59 Lang, Matthäus, Bf. v. Gurk, kaiserl. Obödienzgesandter in Rom 98 Lasso - Margarita, Frau von Claudio Trivulzio 51, 83f. - Orlando di, Komponist 334 Latera 291, 301 Laubach, Ernst, Historiker 46 Lauban 229 - Magdalenerinnenkloster 227, 231 Laureo, Vincenzo, Bf. v. Mondovì, ordentl. Nuntius in Savoyen und Polen 303, 341 Lausanne 312 Lausitzen 217, 222 – 241, 357, 368  Oberlausitz, Niederlausitz - apost. Administratoren des Bistums Meißen für die Lausitzen  Blöbel, Christoph; Kathmann von Maurugk, Gregor; Leisentritt von Juliusberg, Gregor; Leisentritt von Juliusberg, Johann; Schrattenbach, Bernhard v.; Wiederin von Ottersbach, August; Wosky von Bärenstamm, Jakob Johann - Stände 99 Legationen - Frankreich  Barberini, Francesco; Caetani, Enrico - Reich - Kaiserhof  Commendone, Giovanni Francesco; Millini, Giovanni Garzia; Sfondrato, Francesco - Kölner Friedenskongreß (1636 – 1643)  Ginetti, Marzio - Königshof  Aleandro, Girolamo - Münsteraner Friedenskongreß  Münster - Regensburger Konvent (1524)  Campeggi, Lorenzo - Regensburger Religionsgespräch (1541)  Contarini, Gasparo

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Register

- Reichstage  Campeggi, Lorenzo; Madruzzo, Carlo Gaudenzio; Madruzzo, Giovanni Ludovico; Morone, Giovanni - Spanien  Boncompagni, Ugo; Bonelli, Michele; Riario, Alessandro - Toskana  Aldobrandini, Pietro - Ungarn  Dietrichstein, Franz v. Leipzig 240, 381 Leisentritt von Juliusberg - Gregor, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 233 - Johann, Dekan des Kollegiatstifts St. Peter in Bautzen, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 223, 228, 230, 231 – 233, 234, 240 Leitmeritz (Litoměřice) 240 - Bistum 240 Leo X. (Giovanni de’ Medici), Papst 21, 98, 260, 278, 335 Leo XIII. (Vincenzo Gioacchino Pecci), Papst 5, 210 Leopold v. Österreich, Ehz., Sohn Ferdinands III., Kg. v. Ungarn, Kg. v. Böhmen, Kaiser (Leopold I.) 108, 266, 336, 353, 361, 386 Lepanto 49, 61, 125f., 152, 304 Liegnitz 99 Linhartová, Milena, Historikerin 231 Linko, Peter, Alumne des Prager Jesuitenkollegs 406 Linz 27, 109, 214 - Jesuitenkolleg 405 - Konferenz von (1614) 159f. - Minoritenkonvent 260 Lippomano, Luigi, ordentl. Nuntius in Polen 29f., 36 Lissabon - Erzbischof  Heinrich v. Portugal Litoměřice  Leitmeritz Lobkowitz 216 - Christoph Popel v., kaiserl. Kämmerer 85 - Georg Popel v., böhm. Obersthofmeister 350 - Ladislaus II. Popel v., böhm. Obersthofmeister 358, 368 Löbau 229 Lohel, Johannes, Ebf. v. Prag 166

Lolarda, Francisca de, Hofdame der Kaiserin Maria 58 London 279, 376 Lothringen 318 Lucca 348, 361 - Beziehungen zu - Kaiserhof 76 - Rom 90 Ludovisi - Ludovico, Kardinal, Nepot Gregors XV. 148, 237 - Orazio, Bruder Gregors XV., Hz. v. Fiano und Zagarolo 148 Ludwig v. Bourbon, Kg. v. Frankreich (Ludwig XIII.) 191, 199 Ludwig V. v. Hessen-Darmstadt, Landgf. 182 Ludwig v. Wittelsbach, Kaiser (Ludwig IV. der Bayer) 113 Lübben 235 Lübeck - Bistum 207 Lüttich 199, 204, 316 - Bistum 67 Luna, Fernandez de, Conde, span. Botschafter am Kaiserhof 51 Lunigiana 104, 112 Luther, Martin, Reformator 8, 21, 244 Lutz - Georg, Historiker 148, 187, 189, 191, 289 - Heinrich, Historiker 4f. Luzago, Tito, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 399, 401f. Luzern 316 - Nuntiatur  Schweiz Lyon 340f. - Vertrag von (1601) 284 Machiavelli, Francesco Maria, außerordentl. Nuntius beim Kölner Friedenskongreß 202 Madrid 125, 290 - Konvent der Descalzas Reales 52, 78 - Nuntiatur  Spanien Madruzzo - Brigitte, Frau von Johann Trautson 137 - Carlo Gaudenzio, Bf. v. Trient, Kardinal, Legat beim Regensburger Reichstag

Register

(1613) 151, 158f., 169, 172, 173, 219, 221, 275 - Cristoforo, Bf. v. Trient und Brixen, Kardinal 46, 94, 121, 137f. - Giovanni Ludovico, Kardinal, Bf. v. Trient, Protector Germaniae, Legat am Kaiserhof, beim Augsburger (1582) und Regensburger Reichstag (1594) 92 – 94, 115f., 217, 220, 239, 257, 283, 308, 309, 318, 320, 324 Mähren 217, 237, 357, 364, 368, 383 - Landtag - - Olmütz (1577) 214f., 314, 390 Magdeburg - Erzbistum 207, 356, 366 Maggio, Lorenzo, Jesuitenprovinzial für Österreich, Böhmen und Mähren, Rektor des Wiener Jesuitenkollegs 57, 329 Mailand (Milano) 104, 115, 291, 301, 340, 384 - Erzbistum 294 - - Erzbischof  Borromeo, Carlo - Herzogtum 90, 153, 266, 290f., 301 Mainz - Erzstift und Kurfürstentum 3, 67, 177, 356, 366 - Erzbischöfe und Kurfürsten, Reichserzkanzler  Brendel von Homburg, Daniel; Schweikard von Kronberg, Johann Malaspina - Germanico, ordentl. Nuntius in Graz, am Kaiserhof, in Neapel und Polen, außerordentl. Nuntius in Siebenbürgen 65, 129, 276, 279, 291f., 299, 301, 351, 356 - Orazio, Mgf. v. Monti und Villafranca, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, außerordentl. Nuntius in Frankreich 52, 55, 78f., 112 – 114, 118, 121, 136, 137, 213f., 232, 242, 249, 251, 252, 279, 290, 291f., 301, 328, 342, 344f., 350f., 354, 399 Malta 207 - Inquisition 198 - Inquisitor  Chigi, Fabio Malteserorden 90 Maltitz, Johann v., Bf. v. Meißen 227, 228

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Mancini, Felice, Haushofmeister des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 395, 398 – 400 Manderscheid, Johann v., Bf. v. Straßburg 312 Mandosi, Prospero, Historiker 336 Manincore, Nicolò, Kaplan des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 399, 401f. Manrique, Diego, Stallmeister der Kaiserin Maria 59 Mantua 393 - Erbfolgekrieg (1628 – 1631) 148, 187f., 192 - Herzogtum 90, 103, 147 - Herzog  Guglielmo Gonzaga - Herzogin  Eleonore v. Österreich Marcellus II. (Marcello Cervini), Papst 21 Marchi, Giovanni de, Agent des Nuntius Bartolomeo Portia in Rom 319 Marcoaldo, Aluigi, Sekretär des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 395, 399, 401f. Margarete v. Österreich, natürliche Tochter Karls V., Hz.in v. Parma und Piacenza, Statthalterin der Niederlande 115 Maria de’ Medici, Frau Heinrichs IV. v. Bourbon, Kg.in v. Frankreich 191, 199 Maria Gonzaga, Nichte des Hz. v. Mantua Vincenzo II. 188 Maria v. Österreich, Tochter Philipps des Schönen, Schwester Karls V., Kg.in v. Ungarn, Statthalterin der Niederlande 26, 33, 243 Maria v. Österreich, Tochter Karls V., Frau Maximilians II., Kaiserin 14, 43, 48 – 60, 77 – 79, 82, 87, 95, 137, 252, 322, 337, 342 Maria Anna v. Österreich, Tochter Philipps III. v. Spanien, 1. Frau Ferdinands III., Kaiserin 379 Maria Clara von Spaur, Pflaum und Valör, Äbtissin v. Essen 205 Marienstern 223, 227, 230f., 232f., 236, 391 Marienthal 227, 230f. Mario, Traiano, urbinatischer Gesandter in Rom, päpstl. Sondergesandter in Graz und am Kaiserhof, Kollektor in Spanien 121 – 138, 246

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Marken (Marche) 292, 338 Marmirolo 343 Martinengo, Girolamo, ordentl. Nuntius beim röm. Kg. Ferdinand 24, 27f., 36, 245 Martinitz  Borsita von Martinitz, Jaroslav Maschi, Agent des Hz.s Francesco Maria II. Della Rovere 125 Maserotti, Michele, Generalkommissar der öster. Minoritenprovinz 267 Massimi, Vetruria de’, 3. Ehefrau von Onofrio und Mutter von Ottavio Santacroce 335, 337 Matelica 384 Mattei, Gasparo, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 194, 207f., 291f., 294, 300f. Matthäus, Apostel und Evangelist 412 Matthias Corvinus (Hunyadi), Kg. v. Ungarn 134 Matthias v. Österreich, Ehz., Sohn Maximilians II., Kg. v. Böhmen, Kg. v. Ungarn, Kaiser 73, 77, 82, 108, 157f., 160 – 162, 164 – 168, 170 – 173, 175, 218f., 226, 234f., 243, 245, 269, 292, 300, 324, 326, 329 - Bruderzwist 3, 20, 50, 269, 292 - Obödienz gegenüber Paul V. 89 Mauerbach - Kartäuserkloster 256 Maximilian v. Österreich, Ehz., Sohn Friedrichs III., Hz. v. Burgund, Kaiser (Maximilian I.) - Obödienz gegenüber dem Apost. Stuhl 96 – 98 - gegenüber Alexander VI. 98 - gegenüber Innozenz VIII. 97f. - gegenüber Julius II. 95, 98 - gegenüber Leo X. 98 Maximilian v. Österreich, Ehz., Sohn Ferdinands I., Kg. v. Böhmen, Kg. v. Ungarn, Kaiser (Maximilian II.) 30, 32, 48 – 50, 53, 69, 73 – 75, 80, 86, 91, 225, 243, 258, 262 – 266, 270, 294, 313, 328, 360 - Konfessionspolitik 69, 72, 215, 229, 234, 245 - Obödienz gegenüber Pius IV. 93f., 95, 96f., 99 – 102

- Religiosität 2, 10, 34, 37 – 39, 45, 54f., 60, 69, 72, 330 - Verhältnis zu Polen 247 Maximilian v. Österreich, Ehz., Sohn Maximilians II. und Bruder Rudolfs II., Hochmeister des Deutschen Ordens 50, 82, 142, 160, 161, 162 – 164, 167f., 170, 245, 322, 342, 344 Maximilian Heinrich v. Wittelsbach, Hz., später Kf. v. Bayern 90, 143, 146, 177 – 179, 183f. Maximilian Heinrich v. Wittelsbach, Ebf. und Kf. v. Köln 198 Mazarin, Jules (Giulio Mazzarini), Kardinal, franz. Premierminister 189, 199, 206 Mecklenburg 238 Medek, Martin, Ebf. v. Prag 403 Medici  Caterina de’ Medici, Maria de’ Medici - Ferdinando de’, Kardinal, später Großhz. der Toskana 94, 119 - Giuliano, tosk. Botschafter am Kaiserhof 167f. Meggau, Leonhard Helfried v., kaiserl. Oberstkämmerer 167, 171 Mehmed Pascha Sokollu, osman. Großwesir 324 Mehring, Heinrich, Abbreviator des Nuntius Fabio Chigi 204 Meißen - Bistum 207, 223f., 226 – 228, 232, 238, 240, 357, 368 - Bischöfe  Carlowitz, Nikolaus v.; Haug witz, Johann v.; Maltitz, Johann v. Meletios Pigas, griechischer Patriarch v. Alexandria und Konstantinopel 276 Melfi und Rapolla - Bischof  De Marra, Placido Melk - Benediktinerstift 256 Melzi, Camillo, ordentl. Nuntius in Florenz und am Kaiserhof, Kardinal 291f., 294, 298, 301 Mendoza - Catalina 58 - Francisco de, Domdekan v. Cuenca 57, 83

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Mercurian, Eberhard, General des Jesuitenordens 321, 340 Merseburg - Bistum 207 Mesmes, Claude, Comte d’Avaux, franz. Gesandter beim Westfälischen Friedenskongreß 206 Metternich, Lothar v., Ebf. und Kf. v. Trier 159, 169, 173 Metz - Bistum 209 Mezoun von Teltsch, Johann, Bf. v. Olmütz 215 Michelangelo  Buonarotti, Michelangelo Michele d’Asti, Visitator der öster. Dominikanerkonvente 263 Mignanelli, Fabio, außerordentl. Nuntius im Reich 336 Milano  Mailand Milensio, Felice, Augustiner, päpstl. Berichterstatter vom Regensburger Reichstag (1608) 28 Militärgrenze 65, 126, 130, 133, 246, 324 Millini, Giovanni Garzia, Kardinal, Legat am Kaiserhof 218, 220, 292 Miloni, Francesco, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400 – 402 Milvische Brücke - Schlacht (312) 138 Minden - Bistum 207 Minerbe 339 Minucci, Minuccio, Sekretär des Nuntius Bartolomeo Portia und des Kardinals Giovanni Ludovico Madruzzo, außerordentl. Nuntius in Köln, Staatssekretär unter Innozenz X. und Clemens VIII., Ebf. v. Zara 224, 313, 317f., 332, 333, 351, 389 Mirafiori - Vertrag von (1632) 189 Mocenigo, Alvise, venez. Gesandter bei Karl V., später Doge 138 Modena - Herzogtum 90, 103 Modesti, Giovanni Vincenzo, Sekretär der tosk. Gesandtschaft am Kaiserhof 345 Moggio - Benediktinerabtei 304, 305, 331

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Mohác - Schlacht von (1526) 126, 222, 225 Moncalieri 349 Mondovì - Bischof  Laureo, Vincenzo Monferrat 147 Monluel 341 Montaigne, Michel de, Schriftsteller 110 Montanari da Bagnacavallo, Giacomo, General der Franziskanerkonventualen 266f. Monte, Philipp de, kaiserl. Kapellmeister 359, 372 Montefiascone - Bischof  Grassi, Achille de Monti 291, 301 Montoro, Pietro Francesco, Bf. v. Nicastro, ordentl. Nuntius in Köln 174, 177 – 179, 181f., 184, 275, 279, 284 Monzón - Friede von (1626) 188, 190f. Moritz v. Sachsen, Hz. und Kf. 18, 24, 27f., 31 Morone, Giovanni, ordentl. Nuntius beim röm. Kg., Kardinal, Legat beim Augsburger Reichstag (1555), Bf. v. Ostia, Legat beim Regensburger Reichstag (1576), 29, 36, 73, 88, 94, 226f., 229, 239, 244, 254, 256, 261, 273, 281, 283, 302, 308f., 313, 314, 332 Morra, Lucio, ordentl. Nuntius in Flandern 143 – 145 Moskau/Moskowitisches Reich  Rußland Mühlberg - Schlacht (1547) 21, 122, 128, 134, 147 München 128, 283, 310, 313, 318, 331, 333 - Jesuitenkirche St. Michael 318 - Jesuitenkolleg 321 - Konferenz von (1619) 178 Münster 199f., 204 – 206 - Bistum 67, 313 - Friedenskongreß 195 – 210, 391 - Legation  Rossetti, Carlo - außerordentl. Nuntiatur  Chigi, Fabio - Minoritenkonvent 200, 392 Münsterberg, Hz. v. 223 Musotti, Alessandro, Bf. v. Imola 61

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Muti, Valeriano, ordentl. Nuntius in Neapel 114 Namur 115 Nantes - Edikt von (1598) 141 Napoli  Neapel Nardi, Cesare, Franziskanerkonventuale, Bf. v. Ossero 267 Nardò 205 - Bischof  Chigi, Fabio Narni 335 Naumburg 43 - Bistum 207 Neapel (Napoli) 255, 291, 301 - Erzbischof  Capua, Annibale di - Königreich 98, 110, 153, 290f., 301 - Beziehungen zu  Kaiserhof - Rom  Kurie (röm. Hof, Papsthof) - Nuntiatur 287, 352, 390 - ordentl. Nuntiaturen  Bastoni, Guglielmo; Capua, Annibale di; Malaspina, Germanico; Muti, Valeriano Negretti, Giacomo, genannt Palma il Giovane, Maler 123 Nemeth 247 Neubeck, Johann Kaspar, Bf. v. Wien 330, 344 Neuchâtel 312 Neufville, Nicolas de, Seigneur de Villeroy, franz. Staatssekretär 191 Neufville d’Alincourt, Charles de, franz. Botschafter in Rom 191 Neuhäusel (Nové Zámky) - Eroberung (1685) 361 Neuhaus (Jindřichův Hradec) - Jesuitenkolleg 406 Neuhaus, Adam II. v., böhm. Oberstburggraf 406 Neuzelle 227, 233 - Äbte  Dohna, Jaroslaw v.; Veinerus, Paulus Nicastro - Bischof  Montoro, Pietro Francesco Nicoletti, Andrea, Biograph Urbans VIII. 193 Niederkorn, Jan Paul, Historiker 142 Niederlande  Flandern

- Verhältnis zu Spanien 197, 208, 324 - Krieg gegen Spanien (1568 – 1648) 49, 76, 196  Köln, Pazifikationstag Niederlausitz - Landtage - Sorau (1577) 235 - Sorau (1611) 235 Niederösterreich 70, 282, 323, 329f. - Landhaus  Wien - Landtag - Wien (1577) 53, 99, 214, 314, 330, 390 - Stände 99, 247, 329 - Statthalter  Ernst v. Österreich Niethammer, Lutz, Historiker 388 Nikolaus V. (Tommaso Parentucelli), Papst 97 Nimwegen (Nijmwegen) - Friede von (1678/79) 209, 361 Ninguarda, Feliciano, Dominikaner, apost. Kommissar in Süddeutschland, ordentl. Nuntius in Süddeutschland 66, 129, 254, 256, 261, 263, 269, 320f., 333 Noflatscher, Heinz, Historiker 157 Nola 411 Nonantula - Benediktinerabtei 293f. Novara 349 Nürnberg - Reichsstadt 357, 367 - Reichstag (1524)  Reich Nuntiaturberichte 3, 5f., 8, 14, 20f., 48, 72f., 77, 79f., 103, 112 – 114, 116, 212f., 388f., 392 Nuntiaturen 20, 287 - Flandern (Brüssel) - außerordentl. Nuntiaturen  Sega, Filippo - ordentl. Nuntiaturen  Gesualdo, Ascanio; Guidi di Bagno, Giovanni Francesco; Morra, Lucio - Frankreich (Paris) - außerordentl. Nuntiaturen  Ceva, Francesco Adriano; Malaspina, Orazio - ordentl. Nuntiaturen  Accaioli, Roberto; Barberini, Maffeo; Bichi, Alessandro; Bolognetti, Giorgio; Castelli, Giovanni Battista; Corona,

Register

Tobia; Corsini, Ottavio; Dandino, Anselmo; Guidi di Bagno, Giovanni Francesco; Rucellai, Giovanni; Santacroce, Prospero; Scotti, Ranuccio; Spada, Fabrizio - Genua  Zacchia, Paolo Emilio - Neapel - ordentl. Nuntiaturen  Bastoni, Guglielmo; Capua, Annibale di; Malaspina, Germanico; Muti, Valeriano - Polen - ordentl. Nuntiaturen  Buonvisi, Francesco; Caligari, Giovanni Andrea; Capua, Annibale di; Lancellotti, Giovanni Battista; Laureo, Vincenzo; Lippomano, Luigi; Malaspina, Germanico - Portugal - ordentl. Nuntiatur  Santacroce, Prospero - Reich  Castagna, Giambattista; Commendone, Giovanni Francesco; Giacinto da Casale; Gropper, Kaspar; Machiavelli, Francesco Maria; Mignanelli, Fabio; Van der Vorst, Peter - Innerösterreich (Graz)  Da Ponte, Pietro Antonio; Malaspina, Germanico; Paravicini, Erasmo; Portia, Girolamo - Kaiserhof 20, 35 - außerordentl. Nuntiaturen  Capua, Annibale di; Grassi, Achille de; Grimaldi-Cavalleroni, Girolamo; Verospi, Fabrizio - ordentl. Nuntiaturen  Alberizzi, Mario; Baglioni, Malatesta; Biglia, Melchiorre; Bonomi, Giovanni Francesco, Borromeo, Vitaliano; Buonvisi, Francesco; Caetani, Antonio; Caetani, Camillo; Caimani, Pietro; Carafa, Carlo; Delfino, Giovanni; Delfino, Zaccaria; De Marra, Placido; Farnese, Ferrante; Ferreri, Giovanni Stefano; Garampi, Giuseppe; Gesualdo, Ascanio; Grassi, Achille de; Grimaldi-Cavalleroni, Girolamo; Hosius, Stanislaus; Malaspina, Germanico; Malaspina, Orazio; Mattei,

481 Gasparo; Melzi, Camillo; Palotta (Pallotto), Giovanni Battista; Pannocchieschi d’Elce, Scipione; Portia, Bartolomeo; Puteo, Antonio; Rocci, Ciriaco; Salvago, Giovanni Battista; Santacroce, Andrea; Santacroce, Ottavio; Sega, Filippo; Speciano, Cesare; Spinelli, Filippo; Vergerio, Pier Paolo; Visconti, Alfonso; Visconti Borromeo, Vitaliano - Köln - außerordentl. Nuntiaturen  Minucci, Minuccio; Portia, Bartolomeo - ordentl. Nuntiaturen  Albergati, Antonio; Alfieri, Martino; Bonomi, Giovanni Francesco; Buonvisi, Francesco; Carafa, Pier Luigi; Chigi, Fabio; Franciotti, Agostino; Montoro, Pietro Francesco - Königshof  Martinengo, Girolamo; Morone, Giovanni; Salvago, Giovanni Battista; Santacroce, Prospero; Vergerio, Pier Paolo - Norddeutschland  Gropper, Kaspar - Reichstage  Aleandro, Girolamo - Süddeutschland  Ninguarda, Feliciano; Portia, Bartolomeo - Savoyen (Turin) - ordentl. Nuntiaturen  Corona, Tobia; Costa, Pietro Francesco; Federici, Girolamo; Laureo, Vincenzo - Schottland  Grimani, Marco - Schweiz - außerordentl. Nuntiatur  Bonomi, Giovanni Francesco - ordentl. Nuntiatur  Rocci, Ciriaco - Siebenbürgen  Amalteo, Attilio; Malaspina, Germanico - Spanien (Madrid) - außerordentl. Nuntiaturen  Campeggi, Lorenzo; Zacchia, Paolo Emilio - ordentl. Nuntiaturen  Acquaviva, Giuseppe; Caetani, Camillo; Campeggi, Lorenzo; Carafa, Dezio; Facchinetti, Cesare; Ormaneto, Niccolò; Sega, Filippo - Toskana (Florenz)

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- ordentl. Nuntiatur  Melzi, Camillo - Ungarn 20  De Marra, Placido; Schioppa, Lorenzo - Venedig - ordentl. Nuntiatur  Capua, Annibale di; Pannocchieschi d’Elce, Scipione; Taverna, Luigi Nußdorf 364, 382 Oberlausitz - Landtag - Bautzen (1538) 227 - Bautzen (1577) 99, 214, 314, 390 - Bautzen (1611) 226, 232f. - Bautzen (1617) 235f. Obernburger, Peter, Dr., Sekretär der Reichshofkanzlei 137 Oberösterreich 70, 282, 323 - Landtag - Linz (1578) 99, 109, 214, 330 – 332 - Statthalter  Ernst v. Österreich Obödienz  Kaiserhof, Beziehungen zu Rom Österreich 11, 36, 98, 357, 368, 376, 383 Ofen (Buda) 244 - Eroberung (1686) 361 Oláh, Miklós, Ebf. v. Gran 244f., 251 Olmütz (Olomouc) 214f. - Bistum 327 - Bischöfe  Dietrichstein, Franz v.; Dubravius (Skála z Doubravy), Johannes (Jan); Mezoun von Teltsch, Johann; Pavlovsky von Pavlovitz, Stanislaus Oñate  Vélez de Guevara y Tassis, Iñigo Oñate-Vertrag (1617) 159, 163 Opitz, Josua, protestant. Prediger am Wiener Landhaus 329 Oradea  Großwardein Ormaneto, Niccolò, Bf. v. Padua, ordentl. Nuntius in Spanien 295 Orsini 335, 368 - Paolo Giordano 336 Ortenau 159 Osmanisches Reich (Pforte) - Beziehungen zu - Kaiserhof  Kaiserhof, Beziehungen

- Persien 127f., 131 – 134, 246, 323f. - Polen 126f., 247 - Rom  Kurie (röm. Hof, Papsthof) - Spanien 49, 124, 126 – 128, 133 - Venedig 126, 133, 279, 285 Osnabrück - Bistum 67, 207 - Administrator  Heinrich v. SachsenLauenburg - Bischof  Wartenberg, Franz Wilhelm v. Ost-Timor 210 Ottavio Farnese, Hz. v. Parma und Piacenza 25, 106 – 109, 111f., 115 – 120, 122, 326 Otto III., Kaiser 357, 367 Ovid, antiker Schriftsteller 412 Pacini, Simone, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 399, 401 Paderborn - Bistum 67 - Administrator  Heinrich v. SachsenLauenburg Padilla, Martín de, span. Flottengeneral 58 Padre comune-Topos 12, 149f., 187, 193, 197, 202f., 284, 286 Padua - Bistum 296 - Bischöfe  Corner, Federico; Ormaneto, Niccolò - Universität 27, 74, 291, 303f., 336 Päpste  Kurie (röm. Hof, Papsthof) Palazzolo, Cesare, päpstl. General 149 Palestrina - Fürst  Barberini, Taddeo Palma il Giovane  Negretti, Giacomo Palotta (Pallotto) - Giovanni Battista, Kollektor in Portugal, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 291, 293, 300f. - Giovanni Evangelista, Kardinal 293 Pamphili, Camillo, Kardinal, Nepot Innozenz’ X., später Fürst von Valmontone und Rossano 203 Panciroli, Giovanni Giacomo, Kardinal, Staatssekretär Innozenz’ X. 197

Register

Pannocchieschi d’Elce, Scipione, ordentl. Nuntius in Venedig und am Kaiserhof, Kardinal 290 – 292, 298, 301 Panza, Ludovico, Generalkommissar der öster. Minoritenprovinz 261 Pappenheim, Konrad v., Hauptmann der kaiserl. Trabanten 86, 358, 369 Paravicini, Erasmo, ordentl. Nuntius in Graz 158, 175, 226, 236 Paris 255, 269 Parma 25, 291, 301, 349 - Herzogtum 90, 104, 111 - Herzöge  Ottavio Farnese; Pierluigi Farnese; Ranuccio I. Farnese; Ranuccio II. Farnese - Herzogin  Margarete v. Österreich Pasquinaten 94, 185 – 187 Passau 27f. - Vertrag (1552)  Reich Pastor, Ludwig v., Historiker 46, 110, 127, 186 Paul III. (Alessandro Farnese), Papst 21, 24, 105, 121f. , 138, 147, 335 - Familienpolitik 21, 106 Paul IV. (Giampietro Carafa), Papst 2, 21, 29f., 32, 35, 48, 95, 182f., 228, 337 Paul V. (Camillo Borghese), Papst 7, 13f., 139, 142f., 145, 151 – 153, 156f., 159 – 161, 163 – 165, 180, 183, 197, 216f., 219, 225, 236, 288, 290, 299, 301 - Familienpolitik 13f., 114, 148 Pauw, Adriaan, niederl. Gesandter beim Westfälischen Friedenskongreß 203 Pavia - Universität 74, 291, 293 Pavlovsky von Pavlovitz, Stanislaus, Bf. v. Olmütz 217, 327 Pavoni, Pietro, Kämmerer Pauls V., päpstl. Gesandter in Urbino 276 Pazderová, Alena, Historikerin 213 Pázmány, Péter, Ebf. v. Gran, Kardinal 190 Pécs  Fünfkirchen Peñaranda  Bracamonte y Guzmán, Gaspar de Peretti di Montalto, - Alessandro, Kardinal 169 - Felice, Kardinal, später Papst 337  Sixtus V.

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Pernstein, Wratislaw v., böhm. Oberstkanzler 136, 342, 358, 368, 373, 403 Perrenot de Chantonet, Thomas, span. Botschafter am Kaiserhof 51 Persien 161  Osmanisches Reich - Schah  Khudabanda, Muhammad Perugia 291, 292, 301, 338, 414, 418 - Bischof  Bosio, Francesco - Kathedrale S. Lorenzo 339 - Porta Borgne 338 - S. Spirito 338 Pesaro 123 Peverelli, Giovanni Maria, Augustinereremit 328 Pezinok 383 Pfalz 89, 203, 312, 357, 367f. - Kurfürsten  Friedrich v. Wittelsbach (Friedrich III.; Friedrich V.), Ruprecht v. Wittelsbach - Erzamt (Erztruchsess) 357 Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688 – 1697) 381 Pfauser, Johann Sebastian, protestant. Prediger 39 Pforzheim 45 Philipp v. Österreich (der Schöne), Hz. v. Burgund, Kg. v. Spanien (Philipp I.) 97 Philipp v. Österreich, Kg. v. Spanien (Philipp II.) 49, 52, 53f., 58, 76f., 111, 119, 124, 127f., 304, 324 Philipp v. Österreich, Kg. v. Spanien (Philipp III.) 167 Philipp v. Österreich, Kg. v. Spanien (Philipp IV.) 202 Piacenza 104, 111, 117 - Bistum 111, 117 - Herzogtum 111 - Herzöge  Ottavio Farnese; Pierluigi Farnese; Ranuccio I. Farnese; Ranuccio II. Farnese - Herzogin  Margarete v. Österreich Piccolomini, Enea Silvio, Sekretär Friedrichs III., später Papst 95, 97, 357, 368  Pius II. Picchi, Domenico, römischer Agent des Nuntius Ottavio Santacroce 346, 348 Pierini, Gabriele, Familiar des Nuntius Ottavio Santacroce 349, 400f.

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Pierluigi Farnese, Hz. v. Parma und Piacenza 105f., 117, 120, 326 Pieve di Bedonia 106 Pilsen (Plzeň) 216f. Pinerolo 189 Pino, Gasparo, Familiar des Ottavio Santacroce 349, 400 Piombino 159 Pitigliano 16, 335 Pius II. (Enea Silvio Piccolomini), Papst 97  Piccolomini, Enea Silvio Pius III. (Francesco Piccolomini Todeschini), Papst 98 Pius IV. (Gian Angelo de’ Medici), Papst 2, 34 – 38, 40, 42f., 46, 74, 224, 229, 287, 290, 293, 300, 304f., 336, 351 Pius V. (Michele Ghislieri), Papst 14, 34, 49, 56, 61f., 115, 119, 123, 125f., 149, 151f., 154, 192, 239, 249, 294, 300, 304, 307, 321, 336f. Plzeň  Pilsen Poggiali, Cristoforo, Historiker 107 Pohlig, Matthias, Historiker 151 Polen 291, 301, 356, 366, 381 - Beziehungen zu  Kaiserhof; Kurie; Osmanisches Reich - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) 287 - Legation  Caetani, Enrico - ordentl. Nuntiaturen  Buonvisi, Francesco; Caligari, Giovanni Andrea; Capua, Annibale di; Lancellotti, Giovanni Battista; Laureo, Vincenzo; Lippomano, Luigi; Malaspina, Germanico - Könige  Báthory von Somlyó, István; Friedrich August I. v. Sachsen; Johann (Jan) III. Sobieski; Sigismund II. August Popel von Lobkowitz  Lobkowitz Pordenone 112, 291, 301, 303 Portia - Bartolomeo, ordentl. Nuntius in Süddeutschland, in Köln und am Kaiserhof 4, 66f., 78, 86, 108f., 112, 129, 140, 213f., 256f., 262 – 264, 270, 279, 282f., 291f., 294, 297, 300 – 334, 351, 389, 393f., 403, 414, 417 - Claudia, Mutter von Bartolomeo 303

- Elisabetta, Schwester von Bartolomeo 304 - Francesca, Schwester von Bartolomeo 304 - Giovanni Battista, Vater von Bartolomeo 303 - Girolamo, ordentl. Nuntius in Graz 140f., 274, 278, 284, 309 - Silvio, Onkel von Bartolomeo 304 - Verde, Schwester von Bartolomeo 304 Portugal - Beziehungen zu Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - Kollektorien  Accoramboni, Ottavio; Albergati, Antonio; Carafa, Dezio; Palotta (Pallotto), Giovanni Battista; Taverna, Ferdinando; Visconti, Alfonso - Nuntiatur 8 - ordentl. Nuntiatur  Santacroce, Prospero - Könige  Heinrich v. Portugal; Sebastian v. Portugal Possevino, Antonio, Jesuit, außerordentl. Nuntius in Schweden und Rußland 149, 321, 412 Prag (Praha) 34, 68, 76, 121, 136, 213, 255, 294, 322, 325, 330, 333, 343, 344, 354f., 357, 368, 376, 414, 417  Weißer Berg (Bílá Hora) - Altstadt 131 - Erzbistum 217f., 227, 368 - Erzbischöfe  Berka v. Duba und Leipa, Zbynko; Brus von Müglitz, Anton; Harrach, Ernst Adalbert v.; Lohel, Johannes; Medek, Martin - Hradschin (Burg, königl. Schloß) 131, 170, 403 - Allerheiligenkapelle 333 - Jesuitenkirche 405 - Jesuitenkolleg 53, 355, 357, 404f., 412 - Priesterseminar 63, 232, 248, 284, 328 - Kathedrale (Veitsdom) 337, 345f., 354, 403f. - Kleinseite 131, 403 - Nuntiatur  Kaiserhof

Register

- kaiserl. Residenz 68, 213, 243, 269, 353, 357 - St. Agnes 403 - St. Jakob 403 - St. Maria 403 - Strachov 403 - Universität 217, 220, 357, 368 - Wendisches (Sorbisches) Seminar 240 Prager Fenstersturz (1618) 164 Prager Friede (1635) 222, 238 Pratolino 343 Preßburg (Bratislava) 164, 253 - Reichstage  Ungarn Preußen 356, 366 Priesterseminare 62f., 66, 181, 219f., 248 – 250, 253, 277, 283f.  Dillingen, Graz, Prag, Wien Prodi, Paolo, Historiker 146 Prüfening 58 Pulgarn (Steyregg) - Hl. Geist-Kloster 405 Puteo - Antonio, Ebf. v. Bari, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 291, 293, 299, 301 - Giacomo, Ebf. v. Bari, Kardinal 34, 293 Pyrenäenfriede (1659) 197 Raab (Györ) 383 - Bistum 32, 250f., 327 - Bischof  Delfino, Zaccaria; Gregoriancz, Paul; Kuthassy, Johannes Raggi, Fabrizio, Kaplan Kaiser Maximilians II. 58, 59 Raimund von Toulouse, Kreuzfahrer 132 Rainer, Johann, Historiker 157 Rangoni, Ercole, Gesandter Ferraras bei Karl V. 25 Ranke, Leopold v., Historiker 5f., 110 Ranuccio I. Farnese, Hz. v. Parma und Piacenza 107f. Ranuccio II. Farnese, Hz. v. Parma und Piacenza 105, 108, 326 Ratzeburg - Bistum 207 Ravenna - Erzbistum 335 Regensburg 41, 91, 100, 184, 315, 329, 344 - Dom St. Peter 344

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- Kurfürstentag  Reich - Reichstage (1541; 1556/57; 1576; 1594; 1608; 1613; 1640/41)  Reich - Religionsgespräch (1541) 33 - Legat  Contarini, Gasparo Reggio 349 Rehlinger, Anton Christoph, Augsburger Stadtpfleger 344 Reich 355f. - Kaiser  Ferdinand v. Österreich (Ferdinand I., Ferdinand II., Ferdinand III.); Friedrich v. Österreich (Friedrich III.); Heinrich v. Luxemburg (Heinrich VII.); Karl v. Luxemburg (Karl IV.); Karl v. Österreich (Karl V.); Ludwig v. Wittelsbach (Ludwig IV. der Bayer); Matthias v. Österreich; Maximilian v. Österreich (Maximilian I., Maximilian II.); Otto III.; Rudolf v. Österreich (Rudolf II.); Sigismund v. Luxemburg - Kaiserinnen  Anna v. Österreich (Tirol); Eleonora Gonzaga; Eleonore Magdalena v. Pfalz-Neuburg; Maria v. Österreich; Maria Anna v. Österreich - röm. Könige  Ruprecht v. Wittelsbach; Wenzel v. Luxemburg - Kurfürsten/Kurkollegium 3, 68, 163, 170 – 173, 176 - geistliche 33, 159, 169, 176 - Pfalz 3 - Kurfürstentag von Regensburg (1630) 188 - weltliche 176 - Passauer Vertrag (1552) 2, 18 – 33, 36, 43, 228 - Regalien 69f., 282, 326 - Regensburger Fürstentag (1623) 178, 184 - Regensburger Konvent (1524) 32 - Reichshofkanzlei 84, 172, 366 - Reichserzkanzler  Brendel von Homburg, Daniel; Schweikard von Kronberg, Johann - Reichsvizekanzler  Vieheuser, Siegmund; Weber zu Bisamberg, Johann Baptist - Reichshofrat 77, 84f., 309, 359, 373

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Register

- Präsident  Schwarzenberg, Otto Heinrich v. - Reichsitalien 16, 103f.  Borgo Val di Taro, Correggio, Finale, Mantua, Modena, Pitigliano, Sabbioneta - Reichskammergericht 27 - Reichsstädte 181, 356f., 367 - Reichssteuern 356, 358 - Reichstage 355, 357f., 367, 369 - Augsburg (1547/48) 2, 22 – 24, 28 - Augsburger Interim 19, 21 – 24, 36 - Augsburg (1555) 2, 21, 28 – 30 - Augsburger Religionsfriede 1f., 4, 10f., 20f., 30, 35 – 37, 63, 69, 71, 140, 228, 244, 254, 282 - Legat  Morone, Giovanni - päpstl. Protest 29f., 208 - Augsburg (1582) 112, 115f. - Legat  Madruzzo, Giovanni Ludovico - Nürnberg (1524) 32 - Legat  Campeggi, Lorenzo - Regensburg (1541) 33 - Regensburg (1556/57) 27 - Regensburg (1576) 59, 73, 88, 273, 313, 314, 322, 332 - Legat  Morone, Giovanni - Regensburg (1594) 217, 220 - Legat  Madruzzo, Giovanni Ludovico - Regensburg (1608) 27f. - Regensburg (1613) 151, 159, 219 - Legat  Madruzzo, Carlo Gaudenzio - Regensburg (1640/41) 207f. - Speyer (1570) 309 - Worms (1521) 33 - außerordentl. Nuntius  Aleandro, Girolamo - Worms (1545) - Legat  Farnese, Alessandro Reichersberg - Augustinerchorherrenstift 256 Reinhard, Wolfgang, Historiker 10, 13f., 56, 148, 214 Renoux, Christian, Historiker 186

Reomano, Giovanni Suavio, Kardinal, Staatssekretär Pius’ V. 245 Repgen, Konrad, Historiker 4f., 187 Requesens, María de, Kämmerin der Kaiserin Maria, Frau von Antonio de Cardona, Schwiegermutter von Adam v. Dietrichstein 83 Restitutionsedikt (1629) 184 Revello 340 Rheidt (Rhetius), Johannes v., Jesuit 64, 307 Rhein 205, 315, 356, 366, 376 Riario, Alessandro, Kardinal, Legat in Spanien 124 Richelieu, Armand Jean du Plessis, Hz., Kardinal, franz. Premierminister 141, 191, 197, 199 Ridolfi - Ludovico, kaiserl. Agent in Rom 172 - Ottavio, Bf. v. Ariano, später Kardinal 171 Rijeka  Fiume Rijswijk - Friede von (1697) 209 Rill, Gerhard, Historiker 9, 16 Rimini 292 Ritter, Moriz, Historiker 157 Roberg, Burkhard, Historiker 142 Rocci, Ciriaco, ordentl. Nuntius in der Schweiz und am Kaiserhof, Kardinal 291f., 301 Rom 92, 100, 291, 320, 342, 348f., 378f., 381 – 385 - Accademia delle Notti Vaticane 305 - Celio 249 - Collegio Romano 74 - Collegium Germanicum 58, 63, 66, 231f., 248f., 256, 321 - Collegium Hungaricum 248 – 250 - Engelsburg 110, 190, 193 - Milvische Brücke 138 - Palazzo Doria-Pamphili 105 - Palazzo del Monte di Pietà 335 - Palazzo del Quirinale 151 - Palazzo Santacroce 335 - Pasquino 94, 185 – 187 - Paulinerkloster 248 - Platea de Pranca 335, 345 - Porta del Popolo 90

Register

- Quirinal 151 - Rione Arenula 335 - S. Maria in Aracoeli 122 - S. Maria Maggiore 151 – 156 - Sixtinische Kapelle 189 - St. Peter (Petersbasilika, Petersdom) 249 Romagna 292 Rosenberg 216 - Wilhelm v., böhm. Oberstburggraf 342, 350, 358, 368 Rossetti, Carlo, Kardinal, designierter Legat beim Münsteraner Friedenskongreß 194, 200, 202f. Rucellai, Giovanni, Cousin Leos X., Schriftsteller, ordentl. Nuntius in Frankreich 278 Rudolf v. Österreich, Ehz., Sohn Maximilians II., Kg. v. Böhmen, Kg. v. Ungarn, röm. Kg., Kaiser (Rudolf II.) 27, 30, 48f., 53, 55f., 67, 72 – 102, 121, 214f., 217f., 223, 231 – 233, 242f., 245f., 256, 269f.,282, 294, 299, 304, 321 – 325, 327, 332f., 336f., 342, 344f., 353, 354, 394, 403, 406f., 414, 419 - Besuch von Bautzen 229f., 235, 348 - Borgo Val di Taro 108f., 111, 116, 119 - Bruderzwist 3, 20, 50, 218, 269, 292 - Konfessionspolitik 60, 215, 234, 245, 252, 329 - Majestätsbrief (1609) 218f. - Krönung zum röm. König in Regensburg 91, 100 - Obödienz gegenüber Gregor XIII. 10, 44, 53, 70, 73, 87 – 102, 282, 325 - Politik gegenüber dem Osmanischen Reich 122, 126, 128, 130 – 138 - Religiosität 10, 52, 54, 60, 330 Rumpf zum Wielroß, Wolfgang Siegmund, kaiserl. Oberstkämmerer 81, 127, 131, 136, 333, 342, 358, 370 Rupertus, Hieronymus, Dekan des Kollegiatstifts St. Peter in Bautzen 234 Ruprecht v. Wittelsbach, Pfalzgf. bei Rhein, röm. Kg. 89 Rußland (Moskowitisches Reich) 161 - Beziehungen  Kaiserhof - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - außerordentl. Nuntiatur  Possevino, Antonio

487 - Zar  Iwan IV.

Sabbioneta - Herzogtum 103 - Herzog  Vespasiano Gonzaga Sacco di Roma 21 Sachsen - Herzogtum und Kurfürstentum 222, 237, 238, 329, 357, 367 - Kurfürsten  August v. Sachen; Friedrich (der Weise) v. Sachsen; Friedrich August I. v. Sachsen; Johann Georg v. Sachsen; Moritz v. Sachsen - Erzamt (Erzmarschall) 357, 367 Saint-Julien - Vertrag von (1603) 141 Saint-Lary, Roger de, Duc de Bellegarde und Marschall v. Frankreich 340f. Salem - Zisterzienserabtei 311 Salm, Nikolaus v., Gf., kaiserl. Hofkriegsrat 258, 373 Saluzzo 110, 116, 339 – 341 Salvago, Giovanni Battista, Bf. v. LuniSarzana, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 11, 141, 218f., 221, 226, 275, 291f., 301 Salzburg 283, 309f., 331, 333 - Erzbistum 26, 170, 356, 366f. - Erzbischof  Kuen-Belasy, Johann Jakob San Gregorio 336 San Severino 292 Sansovino - Francesco, Schriftsteller 123 - Jacopo, Bildhauer und Architekt 123 Santacroce - Andrea, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 336 - Claudia, Halbschwester von Ottavio, Nonne 335 - Fabio, Halbbruder von Ottavio 336 - Fabio, General der päpstl. Galeeren, Bruder von Ottavio 336, 345f., 348, 410, 415, 421 - Giorgio, Marchese v. Oriolo, Bruder von Ottavio 336, 345, 410, 415, 421 - Marcello 335 - Onofrio, Herr v. Oriolo, Fiano und Rota, Vater von Ottavio 335, 413, 417

488

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- Ottavio, Bf. v. Cervia, ordentl. Nuntius in Savoyen und am Kaiserhof 8, 11, 51, 137, 213f., 251, 291 – 294, 297, 300f., 303, 335 – 349, 351f., 354 – 356, 363, 374, 392, 394 – 421 - Paolo, Bruder von Onofrio 335 - Prospero, ordentl. Nuntius in Frankreich, beim röm. Kg. Ferdinand und in Portugal, Kardinal, Ebf. v. Arles, Bf. v. Albano 23, 36, 293, 336f., 339, 342, 346, 410, 415, 420f. - Scipione, Halbbruder Ottavios, Bf. v. Cervia 335, 337, 339, 346, 410, 415, 421 - Silvio, Neffe von Prospero, Ebf. v. Arles 336 Sarno - Bischof  Sfondrato, Francesco Sassari - Bistum 59 Savelli - Giacomo, Kardinal, Inquisitor 328 - Maria, zweite Ehefrau von Onofrio Santacroce 335 Savoyen - Herzogtum 291, 301 - Herzöge  Carlo Emanuele I.; Emanuele Filiberto - Beziehungen zu  Frankreich - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - Nuntiatur (Turin) 8, 287, 348, 352, 354, 390, 407 - ordentl. Nuntiaturen  Corona, Tobia; Costa, Pietro Francesco; Federici, Girolamo; Laureo, Vincenzo Sbrojavacca, Giulio, Gf. 304 Schäftlarn - Benediktinerstift 313, 317 Schauenburg, Adolf v., Erzbischof und Kurfürst v. Köln 19 Schenking, Johann, Augsburger Kanoniker 317 Scheyern - Benediktinerstift 317f. Schilling, Heinz, Historiker 10, 12f., 15 Schioppa, Lorenzo, ordentl. Nuntius in Ungarn 242 Schlesien 217, 237, 357, 368

- Landtag - Breslau (1577) 214f., 314, 390 - Stände 99 Schmalkaldischer Bund 121f. Schmidl, Johannes, Jesuit, Kirchenhistoriker 404 Schmidt, Oliver, Historiker 46 Schottland - außerordentl. Nuntiatur  Grimani, Marco Schranz, Wolfgang, Dr., inneröster. Hofvizekanzler 127f., 130, 136, 344 Schrattenbach, Bernhard v., apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 240 Schwarzenberg, Otto Heinrich v., Gf., Reichshofratspräsident, kaiserl. Obersthofmarschall 81, 358, 370, 373 Schwarzes Meer 366 Schweden 197 - Beziehungen zu  Frankreich - Reich 202 - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - außerordentl. Nuntiatur  Possevino, Antonio - König  Gustav II. Adolf Wasa Schweikard von Kronberg, Johann, Ebf. und Kf. v. Mainz 159, 169 – 173 Schweiz 306, 311f., 356, 366 - Beziehungen zu Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - Nuntiatur (Luzern) 36, 62, 68, 140, 277, 283, 287, 302, 352, 389 - außerordentliche  Bonomi, Giovanni Francesco - ordentliche  Rocci, Ciriaco Schwendi, Karl v., Frhr., Reichshofrat 373 Schwerin - Bistum 207 Scotti, Ranuccio, ordentl. Nuntius in Frankreich 194 Sedan 179 Sebastian v. Portugal, Kg. 124 Sega, Filippo, außerordentl. Nuntius in Flandern, ordentl. Nuntius in Spanien und am Kaiserhof, Kardinal 279, 290 – 293, 301, 304 Segovia - Bistum 58

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Semmering 348 Senj  Zengg Seripando Girolamo, Gesandter Neapels bei Karl V. Sermoneta 291, 301 Sertorio, Giovan Battista 58, 59 Sfondrato - Francesco, Kardinal, Legat am Kaiserhof 22f., 36 - Niccolò, Sohn von Francesco  Gregor XIV. Sforza di Santa Fiora - Alessandro, Kardinal 94 - Costanza, Frau von Giacomo Boncompagni 110 - Sforza, Oberbefehlshaber der päpstl. Truppen in Frankreich 152 Siebenbürgen 159, 242f., 248 - Fürsten  Bocskai, Stephan; Zápolya, Johann Sigismund - Landtag 243 - außerordentl. Nuntiaturen  Amalteo, Attilio; Malaspina, Germanico Siegburg 316 Siena 22, 90, 207, 291, 301, 349 Sigismund v. Luxemburg, Kaiser 89 Sigismund II. August, Kg. v. Polen 41, 45 Sinieński, Jan, poln. Gesandter bei der Pforte 127, 247 Sion  Sitten Sitten (Sion) 311, 315 Sitthard, Matthias, kaiserl. Beichtvater 43 Sixtus V. (Felice Peretti di Montalto), Papst 61f., 140f., 149, 152f., 190, 193, 288, 291, 299, 301 Skála z Doubravy, Jan  Dubravius, Johannes Skanderbeg (Georg Kastriota), albanischer Fürst und Truppenführer 132, 413 Slawonien 366 Slavata von Chlum und Koschumberg, Wilhelm, Gf. 237 Sodano, Angelo, Kardinalstaatssekretär 196 Soest 67, 307 Sora 119 - Herzog  Boncompagni, Giacomo Sorau - Landtage  Niederlausitz

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Spada, Fabrizio, ordentl. Nuntius in Frankreich, Kardinal 389 Spanien 170, 185 - Beziehungen zu  England; Frankreich; Osmanisches Reich - Reich 197 - Rom (Kurie, röm. Hof, Papsthof) - Kollektorien  Canobio, Giovanni Francesco; Mario, Traiano - Legationen  Boncompagni, Ugo; Bonelli, Michele; Riario, Alessandro - Nuntiatur (Madrid) 8, 158, 287, 317, 353 - außerordentliche  Campeggi, Lorenzo; Zacchia, Paolo Emilio - ordentliche  Acquaviva, Giuseppe; Caetani, Camillo; Campeggi, Lorenzo; Carafa, Dezio; Facchinetti, Cesare; Ormaneto, Niccolò; Sega, Filippo - Flandernkonflikt  Niederlande - Könige  Karl v. Österreich (Karl I.), Philipp v. Österreich (Philipp I.; Philipp II.; Philipp III.; Philipp IV.) Speciano, Cesare, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 11, 213, 216f., 220, 225, 233, 248, 279, 291, 292, 298f., 301, 304, 320, 350 Speyer 311, 315 - Bistum 67 - Bischof  Hattstein, Marquard v. - Reichstag (1570)  Reich Spinelli, Filippo, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 217, 220, 284, 291, 294, 301 Spinola 343 - Alfonso, Herr v. Garressio, Farigliano, Pruneto, Levice, Cagna, Dego und Gesvalla 76 - Ambrogio, span. Truppenführer in Flandern 143 - Ottavio, Stellvertreter des kaiserl. Oberststallmeisters 358, 370 Spinola Doria, Pablo, Marques de los Balbases, span. Botschafter am Kaiserhof 380 Spoleto 292 Sporeno, Francesco, Franziskaner 311, 319 Springer, Elisabeth, Historikerin 9 SS. Nazario e Celso

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- Benediktinerkloster 339, 342, 413, 417 St. Florian - Augustinerchorherrenstift 256 St. Gallen - Benediktinerstift 312 St. Georgenberg - Benediktinerstift 165, 183 Starnberg 332 Steiermark 36, 65, 128, 224, 257, 266, 315  Innerösterreich Stein a. d. Donau - Minoritenkonvent 260f., 264, 266, 268 Steinherz, Samuel, Historiker 31, 34, 39, 46f. Stöve, Eckehart, Historiker 141, 146f. Stolpen - Tauschvertrag von (1559) 230 Stotzingen, Ruprecht v., Frhr., Reichshofrat 373 Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) 243 Straßburg (Strasbourg) 311f. - Bistum 67 - Bischof  Manderscheid, Johann v. Strassoldo, Giovanni Battista di 304 Strein, Gabriel, Herr zu Schwarzenau, Reichshofrat 373 Strnad, Alfred A., Historiker 97 Süddeutschland - Nuntiatur  Ninguarda, Feliciano; Portia, Bartolomeo Sueton, antiker Schriftsteller 411 Sulmona - Fürst  Borghese, Marcantonio Szántó István (Arator), Jesuit 249 Szátmar 247 Székesfehérvár  Stuhlweißenburg Tamoni, Giacomo Filippo, Privatsekretär des Nuntius Ottavio Santacroce 348f., 395, 398 – 400, 402 Taro 104, 106, 112 Tasso, Torquato, Dichter 74, 303, 347 Taube, Joseph, Minorit 268 Taverna - Ferdinando, Kollektor in Portugal 274 - Luigi, Nuntius in Venedig und in Spanien 125, 149f. Taxis, Serafino de, Postmeister v. Augsburg 320

Termoli 74 Thun, Sigismund v., kaiserl. Gesandter beim Konzil v. Trient 44 Thurm, Franz v., kaiserl. Gesandter in Rom 35, 41 Thyraeus, Hermann, Jesuit, Provinzial der rheinischen Provinz 64, 307 Tigliamocchi, Pietro, Kämmerer von Ottavio Santacroce 349, 400f. Tinello, Eleonoro, Agent von Claudio Landi 116 Tirol 28, 36, 159, 164f., 364f., 383, 385 - Jurisdiktionskonflikt mit Trient 309 - Regent –> Ferdinand v. Österreich Todi 292 - Bischof  Cesi, Angelo Tokaj 364, 383 Toledo - Erzbistum 56, 58 - Erzbischof  Carranza, Bartolomé Tolomei, Ettore, italienischer Politiker 262 Tommaso da Celano, Franziskaner 259 Tonner von Truppach, Johannes, Dr., Reichshofrat, Obödienzgesandter Rudolfs II. bei Gregor XIII. 81, 91 – 94, 99f., 373 Torcello - Bischof  Delfino, Giovanni Toskana 104 - Beziehungen zu  Kaiserhof, Beziehungen - Rom  Kurie (röm. Hof, Papsthof), Beziehungen - Legation  Aldobrandini, Pietro - Nuntiatur (Florenz) 8, 287, 290, 352, 390 - ordentliche  Melzi, Camillo - Großherzöge  Cosimo I. de’ Medici; Cosimo III. de’ Medici; Francesco de’ Medici - Großherzoginnen  Cappello, Bianca; Johanna v. Österreich - Großherzogstitel 16, 49, 360 Toul - Bistum 209 Trauttmansdorff, Maximilian v., Gf., kaiserl. Gesandter beim Westfälischen Friedenskongreß 208

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Trautson - Johann, Frhr. zu Matrei, Sprechenstein, Schrofenstein und Falkenstein, Geh. Rat und kaiserl. Obersthofmeister 80, 84, 87, 99, 136f., 322, 342, 370, 372 - Paul Sixt, Reichshofrat, kaiserl. Stabelmeister 342, 358, 370, 373, 403 Trentino 365, 385 Tricarico - Bischof  Carafa, Pier Luigi Trient 40f., 43, 129, 136, 309, 315, 343, 349 - Bischöfe  Madruzzo, Carlo Gaudenzio; Madruzzo, Cristoforo; Madruzzo, Giovanni Ludovico - Konzil  Konzilien Trier 318 - Erzstift und Kurfürstentum 3, 67, 177, 313, 356, 366 - Erzbischöfe und Kurfürsten  Eltz, Jakob v.; Metternich, Lothar v. Triest (Trieste) 65, 130 - Minoritenkonvent 266 Trissino, Giangiorgio, Dichter 122 Trivulzio, Claudio, Gf., kaiserl. Oberststallmeister, außerordentl. kaiserl. Gesandter in Rom 51, 82f., 87, 91, 113, 358, 370 Troia - Bischof  Da Ponte, Pietro Antonio Truchseß v. Waldburg - Gebhard, Ebf. und Kf. v. Köln 67, 177, 298, 313 - Otto, Bf. v. Augsburg, Kardinal 27 – 30, 34, 46, 63, 208, 310 Tulln - Dominikanerinnenkloster 256 - Minoritenkonvent 260, 268 Tunis 126 Turin (Torino) 339 – 341 - Nuntiatur  Savoyen Tyrnau (Trnava) 76, 248, 251 Udine 319 Ulm, Hans Ludwig v., Reichsvizekanzler 161, 171, 172 Umbrien 338 Ungarn 44, 70, 97f., 102, 126, 212, 242 – 253, 260, 282, 323, 356, 364, 366, 376, 383

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- Beziehungen zu - Rom  Kurie, Beziehungen - Legation  Dietrichstein, Franz v. - Nuntiaturen 20  De Marra, Placido; Schioppa, Lorenzo - Bistümer 76 - Könige  Ferdinand v. Österreich (Ferdinand I., Ferdinand II., Ferdinand III.); Matthias Corvinus; Matthias v. Österreich; Maximilian v. Österreich; Rudolf v. Österreich - Königin  Maria v. Österreich - Reichstage 244f., 251, 253 - Preßburg (1526) 243 - Preßburg (1572) 247 - Preßburg (1578) 245, 247, 314, 323, 390 - Preßburg (1582) 247 - Preßburg (1583) 247 - Stände 99, 246, 251f. - Türkenabwehr 65, 152, 159, 234, 246 – 248, 250  Militärgrenze Urban VII. (Giambattista Castagna), Papst  Castagna, Giambattista Urban VIII. (Maffeo Barberini), Papst 7, 16, 145 f., 153, 183, 185 – 194, 197, 238, 240, 268, 294, 300 f.  Barberini, Maffeo - Familienpolitik 148f., 185f., 190, 192f. - Frankophilie 190f. Urbino 123, 292 - Herzog  Francesco Maria II. Della Rovere; Guidobaldo Della Rovere - päpstl. Gesandter  Pavoni, Pietro Uskoken 65 Vác  Waitzen Valentino de Cingulo, Generalkommissar der öster. Minoritenprovinz 260f. Valmontone 149, 192 Van der Vorst, Peter, außerordentl. Nuntius im Reich 393 Vasoli, Alessandro, Auditor der Kaiserhofnuntiatur, Nuntius am Kaiserhof ad interim 158, 163f., 166f., 171, 173 Vecchietti, Giovanni Battista, Kaufmann und Orientalist, designierter päpstl. Gesandter zum Patriarchen von Konstantinopel 276

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Register

Veinerus, Paulus, Abt v. Neuzelle 235 Vélez de Guevara y Tassis, Iñigo, Gf. v. Oñate, span. Gesandter am Kaiserhof 164, 166 – 168 Veltlin 143, 188, 203, 285 Venaissin 339 Venedig (Venezia) 29, 50, 112, 128f., 136, 291, 301, 308, 315, 320, 333, 335, 375 - Republik 32, 197, 279, 285, 290, 356, 366  Finalrelationen - Beziehungen zu  England; Osmanisches Reich - Innerösterreich 65 - Rom  Kurie (röm. Hof, Papsthof) - Nuntiatur 8, 287, 352, 390 - ordentliche  Capua, Annibale di; Pannocchieschi d’Elce, Scipione; Taverna, Luigi - Inquisition 328 - Mediation auf dem Westfälischen Friedenskongreß 197  Contarini, Alvise Ventimiglia - Bischof  Visconti, Carlo Venzone 128 Verancsics (Verantius) de Schybenik, Antonius, Ebf. v. Gran, Kardinal 251 Vercelli 339 - Bischöfe  Bonomi, Giovanni Francesco; Ferreri, Giovanni Stefano; Ferreri, Guido - Inquisition 340 Verden - Bistum 207 Verdun - Bistum 209 - Kanoniker 58 Vergerio, Pier Paolo, ordentl. Nuntius im Reich 213, 227, 243f. Verospi, Fabrizio, apost. Protonotar, außerordentl. Nuntius am Kaiserhof 140, 151, 158, 165, 173 – 175, 178 – 180, 183, 273, 276 Vervins - Friede von (1598) 141, 152, 198, 284 Vespasiano Gonzaga, Hz. v. Sabbioneta 103

Vieheuser, Siegmund, Dr., Reichshofrat, kaiserl. Geh. Rat, Reichsvizekanzler 84, 87, 99, 133, 136, 342, 358, 370, 373 Vignola - Markgrafschaft 110, 118 - Markgraf  Boncompagni, Giacomo Villach 18, 25, 128 - Bamberger Vizedom  Hoffmann, Hans Friedrich Villafranca 114 - Markgraf  Malaspina, Orazio Villeroy  Neufville, Nicolas de Vincenzo II. Gonzaga, Hz. v. Mantua 188 Vincenzo da Fabriano, Franziskaner 239 Visceglia, Maria Antonietta, Historikerin 15 Visconti - Alfonso, Kollektor in Portugal, ordentl. Nuntius am Kaiserhof, Kardinal 278, 291f., 298, 301 - Anna, Frau von Francesco Sfondrato 22 - Carlo, Bf. v. Ventimiglia, päpstl. Kondolenzgesandter bei Maximilian II. 74 Visconti Borromeo, Vitaliano, Titularerzbischof v. Adrianopel, ordentl. Nuntius am Kaiserhof 158, 162f., 169, 173, 219, 221, 291, 294, 297, 300f. Visé 204 Vivarius, Johannes, Jesuit, Dr. theol. 8, 346, 355, 403 – 421 Vizani - Camillo, Vater von Pompeo 354 - Pompeo, Schriftsteller, Vertrauter und Sekretär des Nuntius Ottavio Santacroce 297, 337, 343, 345 – 348, 354 – 361, 365 – 377, 394, 399f., 402 – 404, 406, 419 Vorderösterreich 36 Wagner, Walter, Historiker 391 Waitzen (Vác) - Bistum 251, 327 Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius v., Hz. v. Friedland und Sagan, Oberbefehlshaber der kaiserl. Truppen 238 Wallis 315 Warnsdorf, Niclas v., Rat und Gesandter Maximilians II. 39 Warschau 241

Register

Wartenberg, Franz Wilhelm v., Bf. v. Osnabrück 208 Weber, Christoph, Historiker 288 Weber zu Bisamberg, Johann Baptist, Dr., kaiserl. Geh. Rat, Reichsvizekanzler 84, 373 Weißer Berg (Bílá Hora) - Schlacht (1620) 3, 145, 151, 174, 176, 179f., 219 Wels - Minoritenkonvent 268 Welsperg, Johann, Frhr., Reichshofrat 373 Wenzel v. Luxemburg, Kg. v. Böhmen, röm. Kg. 89 Wesel 205 Westfälischer Friede (1648) 1, 4f., 12, 140, 147, 195 – 198, 200 – 208, 239, 281, 287 - päpstl. Mediator  Chigi, Fabio - venez. Mediator  Contarini, Alvise Widmer, Clemens, Provinzial der öster. Minoriten 268 Wiederin von Ottersbach, August, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 232, 234, 236 Wien 27f., 34, 37, 42, 68, 100, 135, 165, 214, 255, 266, 323, 325, 329, 344, 348, 353, 376, 393, 405  Favorita; Nußdorf - Am Hof 379 - Augustinerkonvent 264 - Belagerung (1683) 361 - Bischöfe  Brus von Müglitz, Anton; Fabri, Johannes; Neubeck, Johann Kaspar - Dominikanerkloster 262, 264, 328 - Prior  Fiegle, Michael - Graben 330 - Hofburg 324 - Hoher Markt 383 - Jesuitenkolleg 344 - Priesterseminar 63, 248, 284, 328, 344 - Kärntnertor 381, 386 - Klarissenkloster (Königinkloster) 51 - Landhaus 53, 76, 78, 329 - Minoritenkonvent 260f., 264, 266 – 268 - Nuntiatur  Kaiserhof - kaiserl. Residenz 68, 282, 290, 361 – 365, 378 – 387

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- Roten-Turm-Tor 383 - Stubentor 383 - Universität 44, 329 Wiener Neustadt - Bischof  Gruter, Lambert - Minoritenkonvent 260 Wilhelm v. Jülich-Kleve-Berg, Hz. 307 Wilhelm II. v. Nassau-Dillenburg, Gf., Prinz v. Oranien 324 Wilhering - Zisterzienserstift 256 Wilten - Prämonstratenserstift 317, 343, 393 Windische Mark 65 Winnenberg, Philipp v., Frhr. v. Beilstein, Reichshofrat 373 Winorze, Adam, Alumne des Prager Jesuitenkollegs, Archidiakon am Prager Veitsdom, Dekan v. Karlstein 406 Wittelsbach 158, 175, 282, 310, 367 Wittlich 316 Wojtyska, Henryk Damian, Kirchenhistoriker 46, 75, 288 Wolfgang Wilhelm v. Wittelsbach, Pfalzgf., Hz. v. Neuburg, Jülich und Berg 177 – 179 Wolfwieser, Acursius, Provinzial der öster. Minoriten 267f. Wolzogen, Hans, kaiserl. Postmeister 86 Worms - Bistum 67 - Edikt von (1521) 244 - Reichstag (1521; 1545)  Reich Wosky von Bärenstamm, Jakob Johann, apost. Administrator des Bistums Meißen für die Lausitzen 240 Wrocław  Breslau Württemberg - Herzogtum 26, 312 Würzburg - Bistum 208 - Bischof  Echter von Mespelbrunn, Julius Zaccagni, Antonio Maria, Agent des Nuntius Giovanni Delfino in Rom 296f. Zacchia, Paolo Emilio, außerordentl. Nuntius in Genua und Spanien 275

494 Zagarolo - Herzog  Ludovisi, Orazio Zagreb  Agram Zajankowsky, Paul, Dekan und Scholaster des Olmützer Domkapitels 215 Zápolya, Johann Sigismund, Fürst v. Siebenbürgen 38, 247 Zbraslav  Königsaal Zech, Adam, Augsburger Ratskonsulent 344 Zeeden, Ernst Walter, Historiker 10 Zengg (Senj) 130

Register

Zinzendorf zu Goggitsch und Feyregg, Joachim v., kaiserl. Gesandter bei der Pforte, Reichshofrat 324, 373 Zittau 227, 229 Zölibat 23, 41, 66, 68, 74, 227f., 283, 312 Zott von Pernegg, Christoph Philipp, Reichshofrat 359, 373 Zuccari, Federico, Maler und Architekt 123 Zúñiga, Baltasar de, span. Botschafter am Kaiserhof 160f., 167 Zwingli, Huldreich, Reformator 244